2 NH: ale) .e ER ARURRKINERK Hays. dal BANN, a Den i E NK HUN SÄULE AAN ER a, DHORENEAN NN SE wr Ka less: RER RER ENTE FRRARE nn KIRREEN RK ak. AN AERARN DAN ERROR RN { Rt Pt, Pe I a KEN AEARKEILEN y Are R MeeN ERDOHRRTEN rim am a ESTER), EEK ICE DR RR) har ae ER er een KR Y En B ARAr BR CHE ER EEHRICHRILK EN NNILIEN) BREI BERN KR RE E \ REN RSCHIT Kir ‘ EN RuXR na Ya lin u von dr ar een ara RER Year rt hr a ahın ne DEREN) AT Hard erh Haren NL) ‘ {) ER EHTR ENIEHS 2 ER Ra Ku LEN ER 1 kn MRRUNRE REN Ente DRATCR KEN PEN Y LEN LENNNL FE Vase RR EN, Eltını “u NE wi ey! 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AUS DEM JAHRE 1883. ; / Ei nggıs SEP 3 1894 ) vet / N DER NZ es \us a %) “ BERLIN. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1884. Buchdruckerei der Königl. Akademie der Wissenschaften (G. Vogt). Berlin, Universitäts- Strafse 8. Enhalt. Verzeichnils der im Jahre 1835 stattgehabten Sitzungen der Akademie und der darin gelesenen Abhandlungen . Verzeichnils der im Jahre 1883 gestellten Preikkufgahen oa Brei ten Preise Verzeichnils der im Jahre 18833 efeoleken en Geldbewillienn, gen aus akademischen Mitteln zur Ausführung oder Unterstützung wissenschaftlicher Unternehmungen Verzeichnils der im Jahre 1883 erschienenen, mit Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen Werke e Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe des Jahres 1883 Verzeichnifs der Mitglieder der Ads am Sehlanse ae Tube 1883 Abhandlungen. SCHRADER: Gedächtnilsrede auf Justus Olshausen Physikalisch-mathematische Olasse. Physikalische Abhandlungen. EICHLER: Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. (Mit 7 Tafeln) Abh. I. Mathematische Abhandlungen. HAGEN: Geschwindigkeit des Wassers in verschiedenen Tiefen, unter- sucht nach den von Brünings ausgeführten Messungen. (Mit 1 Tafel) . Se 1 - 5 Abh. I. KRONECKER: Über bilineare Formen mit vier ah Ball Philosophisch-historische Olasse. TosLer: Die altvenetianische Übersetzung der a des Dionysius Cato . ; Abh. I SCHRADER: Zur Frage nach Bet ee de albail,lopikelien Cultur un VII—XVI. n KVII—xIE. » KIX—XXI. DI SKU: 28006 n KXXIV—XXXI Ss. 1—21 Ss. 1— 99. Ss. 1—79. . 8. 1— 60. . 8. 1— 87. .8.1—49. N Abhandlungen nicht zur Akademie gehöriger Gelehrter. Physikalische Abhandlungen. STUDER: Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle um die ‚Eirde 1804 — 6. (Mit 27:Tatelnyu... 2. eÄbbaTaSsele 28: MARSHALL: Agilardiella radiata, eine neue Tetractinellidenform mit radjärem Bau. . (Mit 1 Tafel), user ale: RS 15: Jahr 18893. k Verzeichnifs der im Jahre 1883 stattgehabten Sitzungen der Akademie und der darin gelesenen Abhandlungen. Öffentliche Sitzungen. Sitzung am 25. Januar zur Feier des Jahrestages oO König Friedrich’s I. Der an diesem Tage vorsitzende Secretar, Hr. du Bois- Reymond, eröffnete die Sitzung mit einer Festrede, in welcher er die Urtheile der Engländer über Friedrich I. zusammenstellte, und den König gegen die besonders von Macaulay gegen ihn er- hobenen Anklagen in Schutz nahm. Zam Schlufs las Hr. Conze einen Bericht über das unter Führung des Hrn. Ingenieurs Sester von Hrn. Dr. Otto Puchstein im Auftrage der Akademie erforschte Grabdenkmal des Königs Antiochos von Kommagene auf dem Nimrud Dagh in Kurdistan, wozu Hr. Kiepert den Entwurf einer Wandkarte zur Verfügung gestellt hatte. VII Sitzung am 15. März zur Vorfeier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Hr. Auwers als vorsitzender Secretar eröffnete die Sitzung ınit einer Festrede, in deren Verlauf er einen Bericht über seine Expedition nach der Magellan-Strasse zur Beobachtung des Venus- Durchgangs am 6. December 1882 gab. Hierauf wurden die statutarisch vorgeschriebenen Jahres- berichte über die fortlaufenden grösseren literarischen Unter- nehmungen der Akademie verlesen. Hr. Mommsen trug den von Hrn. A. Kirchhoff über die griechische, so wie den von ihm selbst über die lateinische In- schriften- Sammlung, ferner den von Hrn. Prof. Hübner über die Paläographie der lateinischen Inschriften von Cäsar’s Tod bis auf Justinian erstatteten Bericht vor. Im Namen der akademischen Commission für die Heraus- gabe der Commentatoren des Aristoteles berichtete Hr. Diels über den Fortgang dieses Unternehmens. Hr. Duncker berichtete über die Herausgabe der politischen Correspondenz König Friedrich’s Il. sowie über die Fortsetzung der „Preulsischen Staatsschriften aus der Regierungszeit Friedrich’s II*. Der von Hrn. Weierstrafs über die Herausgabe der Werke Steiner’s, Jacobi’s und Dirichlet erstattete Bericht wurde mitgetheilt. Schliefslich folgte die gleichfalls statutarisch vorgeschriebene Berichterstattung der mit der Akademie verbundenen Stiftungen und wissenschaftlichen Institutionen. Der von der vorberathenden Commission der Bopp- Stiftung erstattete Bericht wurde vorgetragen. IX Hr. du Bois-Reymond, als Vorsitzender des Curatoriums der Humboldt-Stiftung für Naturforschung und Reisen, erstattete Bericht über die Wirksamkeit der Stiftung im verflossenen Jahre. Hr. Waitz verlas den Jahresbericht der Central-Direction der Monumenta Germaniae historica. Hr. Conze übergab den Jahresbericht der Central-Direction des Kaiserlichen Archäologischen Instituts. Die Vorträge dieser Sitzung sind sämmtlich in den Sitzungs- berichten abgedruckt. Sitzung am 28. Juni zur Feier des Leibniz’schen Jahres- tages. Hr. Mommsen eröffnete die Festsitzung mit einer kurzen Ansprache. Hr. Schrader hielt sodann die Gedächtnilsrede auf das - verstorbene Mitglied Hrn. Olshausen. Dieselbe ist in den Abhandlungen der Akademie veröffentlicht. Es folgte sodann die Verkündigung des nach dem Statut der von Frau Charlotte Stiepel, geb. Freiin von Hopfgarten er- richteten Charlotten-Stiftung zur Vertheilung kommenden Preises, worüber ein ausführlicher Bericht weiter unten folgt. Gesammtsitzungen der Akademie. Januar 11. Rammelsberg, Beiträge zur Kenntnils der vanadin- sauren und phosphorsauren Salze. (S. B.) Februar 1. Waitz, über die Überlieferungen der Annales Ber- tiniani. (8. B.) M. Mendelssohn, Untersuchungen über Reflexe. Vorgelegt von du Bois-Reymond. (8. B.) Februar 15. Weierstrafs, zur Theorie der elliptischen Functionen. (18: 2.) G. Fritsch, Bericht über die Fortsetzung seiner Untersuchungen an elektrischen Fischen. Vor- gelegt von du Bois-Reymond. (5. B.) März 1. Dillmann, Beiträge aus dem Buche der Jubiläen zur Kritik des Pentateuch-Textes. (S. 2.) März 29. Auwers, Mittheilungen über die Beobachtung des Venus- Durchgangs vom 6. December 1882 durch die vom Deutschen Reich ausgesandten Expeditionen. F. Kohlrausch, über ein Verfahren elektrische Wider- stände unabhängig von Zuleitungswiderständen zu vergleichen. Vorgelegt von v. Helmholtz. (8. B.) April 12. Wattenbach, Beiträge zur Geschichte der Mark Bran- denburg aus Handschriften der Königlichen Biblio- thek. (Fortsetzung.) (8. B.) Hagen, Resultate einer Untersuchung über die Ge- schwindigkeit des strömenden Wassers in ver- schiedenen Tiefen, nach den Messungen von Chr. Brünings. (Abh.) April 26. G. Kirchhoff, über die elektrischen Strömungen in einem Kreisceylinder. (s. 2.) Mai 24. Conze, Bericht des Hrn. Dr. Humann über seine im Sommer 1882 zum Zwecke der Abformung des Monumentum Ancyranum ausgeführte Reise. Juni 7. Virchow, Bemerkungen über Zeitbestimmung der italiä- nischen und deutschen Hausurnen. (8. B.) XI Kronecker, Bemerkungen über die Multipliecation der elliptischen Functionen. (S. B.) Juni 21. A. Kirchhoff, über die von Thukydides benutzten Urkunden (3. Abth.). (8. 2.) Juli 12. Munk, über die centralen Organe für das Sehen und das Hören bei den Wirbelthieren. (5. B.) H. Dessau, Auszüge aus den Handschriften des Pirro Ligorio über die römischen Sarkophagreliefs. Vor- gelegt von Mommsen. (SS. B.) A. Oberbeck, über die magnetisirende Wirkung elek- trischer Schwingungen. Vorgelegt von v. Helm- holtz. (8. B.) Juli 26. Duncker, ein angebliches Gesetz des Perikles. (S. 2.) Kronecker, weitere Bemerkungen über die Multiplica- tion der elliptischen Functionen. (8. B.) — Zur Theorie der Formen höherer Stufen. (5. B.) W. Voigt, über Bestimmung der Elasticeitäts-Constanten des Kupfers. Vorgelegt von G. Kirchhoff. (5. B.) October 25. Conze, Bericht über die zweite Expedition nach Kurdistan zur Erforschung des Nimrud Dagh. November 8. Duncker, über den Process des Pausanias. (5. 2.) Mommsen, numismatische Notizen. (8. B.) J. Weingarten, über die Differentialgleichung der . Oberflächen, welche durch ihre Krümmungslinien in unendlich kleine Quadrate getheilt werden können. Vorgelest von Kronecker. (8. 2.) November 22. Ewald, über die Beziehungen des taeniodon ellipticus Dunker zu eimigen damit verwandten Fossilien. Lepsius, über die Längenmaalse der Alten. (5. 2.) b* XI December 6. Schrader, zur Frage nach dem Ursprunge der alt- babylonischen Cultur (Fortsetzung). (Abh.) December 20. Kronecker, analytisch -arithmetische Entwicke- lungen. Sitzungen der physikalisch-mathematischen (lasse. Januar 18. Roth, über geröllführende Gneisse von Obermittweida im Sächsischen Erzgebirge, und über die Vor- kommen der Küste Labrador. (8. B.) Lipschitz, Untersuchungen über die Bestimmung von Oberflächen mit vorgeschriebenen, die Krüm- mungsverhältnisse betreffenden Eigenschaften. (S. B.) Februar 8 W. Dames, über eine tertiäre Wirbelthierfauna von der westlichen Insel des Birket-el-Qurun im Fajum (Aegypten). Vorgelegt von Beyrich. (8. B.) Th. von Heldreich, über die von ihm im vorigen Sommer in Thessalien unter nommene botanische Forschungsreise. Vorgelegt von Eichler. (5. B.) Peters, über Mantipus und Phrynocara, zwei neue Batrachiergattungen aus dem Hinterlasse‘ des Reisenden J. M. Hildebrandt von Madagascar. (S. B.) Februar 22. Pringsheim, nachträgliche Bemerkungen zum Be- fruchtungsaet von Achlya. Fr. Schmitz, Untersuchungen über die Befruchtung der Florideen. Vorgelegt von Pringsheim. (S. B.) XI E. Reusch, über eine neue Spaltungsrichtung am Gypsspath. Vorgelegt von Websky. (8. B.) Weierstrals, weitere Mittheilung zur Theorie der elliptischen Functionen. (8. B.) März 8. Hofmann, über das Conhydrin und seine Abkömmlinge. Kundt, über eine einfache Methode zur Untersuchung der Thermo-Elektrieität und Piezo-Elektrieität der Krystalle. (8. B.) April 5. du Bois-Reymond, über secundär-elektromotorische Erschemungen an Muskeln, Nerven und elek- trischen Organen. (8. B.) von Helmholtz, über Bestimmung elektrischer Momente mit der Wage. (8. B.) Quincke, über die Änderung des Volumens und des Brechungsexponenten von Flüssigkeiten durch hy- drostatischen Druck; und über die Dielektricitäts- Constante und die elektrische Doppelbrechung isolirender Flüssigkeiten. (8. 2.) Fuchs, über Functionen einer beliebigen Anzahl un- abhängiger Variabeln, welche durch Umkehrung der Integrale einer gleich grolsen Anzahl ge- gebener Functionen entstehen. (S. 2.) April 19. Kronecker, zur Theorie der elliptischen Functionen. (8:35) Lipschitz, Untersuchungen über die Bestimmung von Oberflächen mit vorgeschriebenem Ausdruck des Linearelements. (S. B.) Mai 10. von Helmholtz, 'Thermodynamische Folgerungen, die galvanısche Polarisation betreffend. (8. B.) IV Mai 31. Siemens, über Zulässigkeit der Annahme eines elek- trischen Sonnen-Potentials und dessen Bedeutung zur Erklärung terrestrischer Phänomene. (8. B.) Juni 14. Websky, über Jeremejewit und Eichwaldit vom Berge Soktuj in Daurien. (8. B.) B. Baginsky, zur Physiologie der Gehörschnecke. Vor- gelegt von Munk. (8. 2.) Juli 5. Schwendener, zur Theorie der Blattstellungen. (8. 2.) Juli 19. Eichler, zweite Hälfte seiner Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. (AbA.) Kronecker, über bilineare Formen mit vier Variabeln. (Abh.) Burmeister, Beschreibung des Panzers von Eutalus Seguini. (8. B.) Toepler, über einige Eigenschaften kreuzweise ver- bundener Magnetstäbe. (8. 2.) October 18. Landolt, über die Existenzdauer der unterschwefli- gen Säure in wässerigen Lösungen. (8. B.) Toepler, über die Bestimmung der magnetischen Horizontalintensität mit Anwendung der Wage. (8. B) November 1. J. Frenzel, Untersuchungen über die Mitteldarm- drüse (Leber) der Decapoden. Vorgelegt von du Bois-Reymond. (8. B.) H. Krause, über die Beziehungen der Grolshirn- rinde zu Kehlkopf und Rachen. Vorgelegt von Munk. (8. B.) November15. Beyrich, über die jüngere Tertiär-Formation des Nilthals bei Cairo. XV Hagen, über die wahrschemlichen Fehler der Con- stanten. (8. B.) November 29. Rammelsberg, über den Cuprodeseloizit, ein neues Vanadinerz aus Mexico. (8. B.) R. Weber, über den Einfluls der Zusammen- setzung des Glases auf die Depressions-Erschei- nungen der Thermometer. Vorgelegt von Hofmann. (8. B.) W. Marshall, Agilardiella radiata, eine neue Te- tractinellenform mit radiärem Bau. Vorgelegt von du Bois-Reymond. (AdA.) December 13. Weierstrals, zur Theorie der elliptischen Func- tionen. (S. B.) Sitzungen der philosophisch-historischen (lasse, Januar 18. Vahlen, über die Paetus-Elegie des Propertius. (S. 2.) Februar 8. Schrader, zur Frage nach dem Ursprunge der alt- babylonischen Cultur. 1. Theil. (4AdA.) Februar 22. von Sybel, über Vorbereitung und Ausbruch der polnischen Revolution von 1863. März 8. von Sybel, 2. Theil der Abhandlung über Vorbereitung . und Ausbruch der polnischen Revolution von 1863. April 5. Tobler, über die altvenetianische Übersetzung des Dionysius Cato. (Adh.) April 19. Diels, über die exoterischen Reden des Aristoteles. (S. B.) xXVI Mai 10. Schott, über eine chinesisch verfalste und in unserem Jahrhundert ans Licht getretene Erdbeschreibung unter dem Titel: #4 Iz JL MW Jing huan tschi jo, d. h. allgemeine Erdkunde in kurzer Dar- stellung. (8. 2.) Mai 31. Weber, über das Campakacreshihikathänakam, die Ge- schichte vom Kaufmann Campaka. (8. B.) C. Frey, über das Todesjahr des Arnolfo di Cambio. Vorgelegt von Wattenbach. (S. 2.) J. Schmidt, Bericht über seine im Auftrage der Aka- demie ausgeführte epigraphische Reise nach Algier und Tunis. Vorgelegt von Mommsen. (8. B.) Juni 14. Mommsen, über die Zahl- und Bruchziffern der Römer. Juli 5. Curtius, Studien über die Tempelgiebel von Olympia. (S. B.) U. Wileken, Arsimoitische Steuerprofessionen aus dem Jahre 189 n. Chr. und verwandte Urkunden. Vor- gelegt von Mommsen. (8. B.) Juli 19. Müllenhoff, über den südöstlichen Winkel des alten Germaniens. (5. B.) Weber, Nachträge zu seiner Abhandlung über die Ge- schichte des Kaufmanns Campaka. (8. B.) October 18. Zeller, über Antisthenes aus Rhodos. (8. B.) November 1. Freudenthal, über die durch Averroes erhaltenen Fragmente von Alexanders Commentar zu der aristotelischen Metaphysik. Vorgelegt von Diels. - Weber, Mittheilung des Hrn. Nöldeke über ein militärisch-politisches Fremdwort persischen Ur- sprungs im Sanskrit. (5. B.) XVII November 15. Vahlen, Juvenal und Paris. (S. 2.) G. Hirschfeld, Tavium. Vorgelegt von Kiepert. (8. B.) November 29. Waitz, über den sogenannten Catalogus Cononianus der Päpste. December 13. Conze, über eine Grabstatue aus Tarent. Die mit $. B. bezeichneten Vorträge sind in den Sitzungsberichten, die mit AdA. in den Abhandlungen aus dem Jahre 1883 abgedruckt. I. Verzeichnifs der im Jahre 1883 gestellten Preisaufgaben und ertheilten Preise. Verkündigung des nach dem Statut der von Frau Charlotte Stiepel, geb. Freiin von Hopfgarten, errichteten Charlotten-Stiftung für Phrlologie zur Vertheilung kommenden Preises. In der öffentlichen Sitzung am Leibniz-Tage des Jahres 1883 erfolgte die Verkündigung des nach dem Statut der von Frau Charlotte Stiepel, geb. Freiin von Hopfgarten, errichteten Charlotten- Stiftung für Philologie zur Vertheilung kommenden Preises. Es hat demselben entsprechend die Königliche Akademie am Leibniz- Tage des vorigen Jahres folgende Preisaufgabe veröffentlicht: Die Einrichtung der stadtrömischen Columbarien ist auf Grund der gedruckt vorliegenden Inschriften und Stiche daraufhin zu untersuchen, dals die Vertheilung der Nischen auf die einzelnen Wände, die Zählung der Grabplätze und 2 fe) r C XVII die darauf bezügliche Terminologie ihre Erläuterung finden. Es ist den Bewerbern überlassen, darüber hinaus die Ent- stehung der Columbarien und deren Chronologie überhaupt, ferner die Rechtsfrage zu erörtern, auf welchen Momenten die Erwerbung des Grabrechts theils für Genossenschaften, theils für Individuen beruht. Es ist der Akademie eine Bewerbungsschrift mit dem Motto: est honor et tumulis rechtzeitig eingereicht worden. Der Verfasser derselben hat sich in der exceptionell günstigen Lage befunden theils seine Arbeit in Rom abfassen, theils über den gesammten noch nicht edirten Apparat des Corpus inscr. lat. Bd. VI verfügen zu können. Er löst die ihm gestellte Aufgabe in recht befriedigender Weise und bringt namentlich neben dem epi- graphischen auch den architektonischen Theil der Untersuchung zu genügender Geltung und beide zu rechter Durchdringung und einheitlichem Resultat. Damit soll keineswegs gesagt sein, dals die Arbeit so, wie sie vorliegt, als eine abschlielsende bezeichnet werden darf, was übrigens auch der Verfasser selbst ausdrücklich anerkennt. Am befriedigendsten sind die beiden ersten Abschnitte, die Beschreibung der einzelnen Columbarien und die chronologische Zusammenstellung; hervorzuheben ist die Beschreibung des Colum- barıum Pamfili (©. I. L. VI n. 7814—7844), ohne Zweifel des ältesten bis jetzt bekannten der unter dem Namen der Columbarien gehenden stadtrömischen Sammtgräber, dessen bisher nur sehr un- vollkommen copirte Inschriften hier zuerst genügend wiedergegeben sind. Recht brauchbar ist auch der dritte Abschnitt über die Ein- richtung der Columbarien; indels ist die Beweisführung hier mehr- fach mangel- und zum Theil fehlerhaft. In noch verstärktem Grade gilt dies von dem vierten Abschnitt, der Erwerbung des XIX Grabrechts, den die Preisaufgabe allerdings nur zugelassen, nicht gefordert hat. Ist daher auch die Arbeit noch vielfacher Ver- besserung bedürftig, so erschien sie dennoch der Akademie schon in ihrer gegenwärtigen Gestalt als preiswürdig. Der Preis besteht in dem Genusse der zur Zeit 43 Procent betragenden Zinsen des Stiftungs-Capitals von 30000 Mark für die vier Jahre 1883 —1886. Die Eröffnung des zu der Bewerbungsschrift gehörigen ver- siegelten Umschlags ergab als Verfasser: Hrn. Dr. Christian Hülsen in Rom und ferner den Nachweis der Erfüllung aller statutenmälsig für die Bewerber vorgeschriebenen Bedingungen. Demnach ist‘ der Preis Hın. Dr. Christian Hülsen zuerkannt. nl. Verzeichnifs der im Jahre 1883 erfolgten besonderen Geld- bewilligungen aus akademischen Mitteln zur Ausführung oder Unterstützung wissenschaftlicher Unternehmungen. 3000 Mark dem Mitgliede der Akademie Hm. A. Kirchhoff zur Fortsetzung des Corpus Inseriptionum Graecarum. 3000 „ dem Mitgliede der Akademie Hın. Mommsen zur ferneren Herstellung von Supplementen zum Corpus Inseriptionum Latinarum. 1500 „ demselben zur Fortführung der Prosopographie der römischen Kaiserzeit. 73500 „ den Mitgliedern der Akademie HHrn. Zeller, Bonitz, Vahlen und Diels zur Fortsetzung der Arbeiten für c* 4500 Mark 1800 1000 1500 2500 1500 1000 1000 6000 eine kritische Ausgabe der griechischen Commentatoren des Aristoteles. den Mitgliedern der Akademie HHm. Droysen, Duncker und von Sybel zur Fortsetzung der Heraus- gabe der politischen Correspondenz Friedrich’s 1. dem Mitgliede der Akademie Hm. Weierstrals zur Fortsetzung der Herausgabe der Werke von Steiner und Jacobi. dem Mitgliede der Akademie Hrn. Weber Beihülfe zur Herausgabe des 17. Bandes der Indischen Studien. dem Hrn. Dr. von Heldreich in Athen zum Ab- schluls seiner Flora graeca classica. dem Hın. Dr. Johow in Bonn, fernere Beihülfe zu seiner botanischen Reise nach Guyana und Westindien. dem Hrn. Prof. Dorn in Darmstadt zu Untersuchungen über elektrische Widerstands-Eimheit. dem Hrn. Prof. Wiedemann in Leipzig zu Unter- suchungen über die Bestimmung elektrischer Mals- einheiten. dem Hrn. Prof. Kossmann in Heidelberg, zum Ab- schluls seine Untersuchungen über die Epicaridien. dem Hrn. Dr. Frenzel z. Z. in Neapel, zu Unter- suchungen über die Histologie und Physiologie der Dekapoden. dem Hrn. Prof. Schmitz in Bonn, zum Abschlufs seiner Untersuchungen über die Florideen. dem Hrn. Cl. Denhardt hierselbst, Zuschufs zu einer naturwissenschaftlichen Reise nach dem Tanafluls in Östafrica. XXI 1000 Mark dem Hrn. Dr. Ed. Schwarz in Göttingen für die Vor- 1800. 600 2000 300 1000 600 180 600 ” ” ” bereitüng einer kritischen Ausgabe der Scholien des Euripides. dem Hm. Dr. Purgold, zu einer Reise nach Olympia behufs Herausgabe der dortigen Inschriften. dem Hrn. Dr. de Boor hierselbst, zu einer Reise nach Rom zur Untersuchung der Handschrift Cod. Vat. Gr. 163, Chronik des Polydeukes. der Weidmann’schen Buchhandlung, Zuschufls zu einer neuen Ausgabe des Monumentum Ancyranum des Augustus. der Weidmann’schen Buchhandlung, Beihülfe zur Herausgabe des Werkes des Hrn. Dr. Lehmann -Filhes über Bestimmung von Meteorbahnen. der Hahn’schen Buchhandlung in Hannover, Beihülfe zur Herstellung des zweiten Heftes der Monumenta tachygraphica. dem Hm. Prof. Oldenberg hierselbst, Beihülfe zur Herausgabe des fünften Bandes des Vinaya Pitakam. der G. Reimer’schen Buchhandlung, Beihülfe zur Heraus- gabe des 1. Heftes des 5. Bandes der „Etruskischen Spiegel“ von Gerhard. dem Hrn. Prof. Dieterici in Charlottenburg zur Unter- stützung der Ausgabe des arabischen Textes der Ab- handlungen der Ichwan es Safa. XXI IV; , Verzeichnifs der im Jahre 1583 erschienenen, mit Unter- stützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen Werke. Corpus inscriptionum latinarum. Vol. IX. X. Berolini. Corpus inscriptionum atticarum. Vol. II. 2. Berolini. Commentaria in Aristotelem graeca. Vol. U. P. 1. Alexandri in Aristotelis Analyticorum priorum librum I. Commentarium. Ed. M. Wallis. Berolini. Politische Correspondenz Friedrich’s des Grolsen. Bd. 10. 11. Berlin. J. Steiner, Gesammelte Werke. Bd. 2. Berlin. Jacobi’s Werke. Bd. 2. Berlin. Weber, Indische Studien. Bd. 16. Leipzig. Lehmann-Filhes, Die Bestimmung der Meteorbahnen. Berlin. Schmitz, Monumenta tachygraphica. fasc. Il. Hannoverae. Gerhard, Etruskische Spiegel. Bd. 5, Heft 1. Bearbeitet von A. Klügmann und G. Körte. Berlin. Sachau, Reise in Syrien und Mesopotamien. Leipzig. Roemer, Die Knochenhöhlen von Ojeow in Polen. Cassel. Theophanes Chronographia rec. de Boor. Vol. I. Lipsiae. The Vinaya-Pitakam m the Pali language. Ed. by H. Oldenbere. Vol. V. London. Res gestae divi Augusti. Ex monumentis ancyrano et Apolloniensi iterum ed. Th. Mommsen. Accedunt tabulae undecim. Berolini. J. Euting, Sammlung der carthagischen Inschriften. Bd.I. Strals- burg. Xxxm V. Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe des Jahres 1883. Gewählt wurden: zum Ehrenmitglied: Earl of Crawford and Balcarres in Dunecht, Aberdeen, gewählt Hr: Bir: am 7. Juni 1883, bestätigt durch Königliche Cabinetsordre vom 30. Juli 1883; zu correspondirenden Mitgliedern der physikalisch-mathe- matischen Ülasse: '. Benjamin Gould in Cordoba am 7. Juni 1883, Simon Newcomb in Washington am 7. Juni 1883, zum eorrespondirenden Mitgliede der philosophisch -histo- rischen Classe: Carl von Noorden in Leipzig am 20. December 1883. Gestorben sind: die ordentlichen Mitglieder der physikalisch-mathematischen Ulasse: Wilhelm Peters am 21. April 1883, Peter Theophil Riels am 22. October 1885, Karl Bogislaus Reichert am 21. December 1883; die correspondirenden Mitglieder der physikalisch-mathe- matischen Classe: . Henry J. Stephen Smith in Oxford am 9. Februar 1883, Joseph Plateau in Gent am 15. September 1883; die correspondirenden Mitglieder der philosophisch -histo- rischen Classe: . Lorenz Diefenbach in Darmstadt am 28. März 1883, Arnold Schäfer in Bonn am 20. November 1883, Henri Martin in Paris am 14. December 1883, Carl von Noorden in Leipzig am 27. December 1883. XXIV Verzeiechnifs der Mitglieder der Akademie der Wissenschaften am Schlusse des Jahres 1883. I. Beständige Seecretare. Hr. du Bois-Reymond, Secr. der phys.-math. Classe. - Curtius, Secr. der phil.-hist. Classe. - Mommsen, Secr. der phil.-hist. Classe. - Auwers, Secr. der phys.-math. Classe. II. Ordentliche Mitglieder der physikalisch-mathematischen der philosophisch-historischen Datum der Königlichen Classe. Classe. Bestätigung. ii ee Hr. Leopold v. Ranke . . . 1832 Febr. 13. - Wilhelm Schtt . . . . 1841 März 9. Hr... Golf Hagen... ae N ADER na: - Richard Lepsius . . . . 1850 Mai 18. = Emelsdus:Bois-Reymond., 22 IS le Märzap: - Heinrich Kiepertt .. . . 1853 Juli 25. =hlemr. Ernst Beymich'“ 2 nen. nn erben 1808 - Auemale: =. Sul: Win. Ewald .....2.. 0 we kin ee. 1803 PAuseln: =. Karl. Kriedr:, Rammelsbergiı.. Yun... BIETE: =. Ernst. Boduand,. Kummer = ie Sa er. Sauer‘. - Karl Weerstra/Ss . . . . - I SaeNow:zilde = AlbrechtuWeber . 0 lo) Au. 24: XXV der physikalisch-mathematischen der philosophisch-historischen Datum der Königlichen Classe. Classe. Bestätigung. —— Hr. Theodor Mommsen . . . 1858 April 27. - Adolf Kirchhof \. . . . 1860 März 7. IH e090 10. Kn;onec ker 186er jan 23: -. Ernst Curtius . . . ... 1862 März 3. - Karl Müllenhof . . . . 1864 Febr. 3. = Aug. WalaeHopmaun ha rat. 1865 Mai 927. = Ani deners 0 ash, ee a line 1866 Aue: TE: - Joh. Gust. Droysen . . . 1867 Febr. 9. EB LSRISsiothue ee he oA nr22} - Hermann Bonitz . . . . 1867, Dee. 27. - Nathamael5Pringsheim ..... uns a 000 0 2 22.08. 17. - Gustav Robert Kirchhoff est sera lee 202 02001870. März 19. - Hermann von Helmholtz in ee als uni. - Eduard Zeller... . ... 1872 Dec. 9. - Max Duncker . . . .. 1873 Mai 14. = n,WernenStapensie Warn Buena: um RT Dec: 22. Er. Nud0 MI Lanchon re We Der > 20. Ichruft Area, Den 422: - Johannes Vahlen . . . . 1874 Dec. 16. Su Georg Maitz 7. » 4.2 1875, April 3. EEManas Weka 2 © a re ie, Sn SON Mar 22: - Eberhard Schrader . . . 1875 Juni 14. - Heinrich von Sybel . . . 1875 Dec. 20. - August Dillmann. . . . 1877 März 28. - Alesander Conze;,. aueh, . WISTA, Aprily23, = 4Sımonı Schwendener - =. 02 lan em a ne 13. er HormanneMunlı: 2 00 4 ae ee ee ee nut E30 ErzA 10: - August Wilhelm Eichler ee RO IN Ennz ld = Adolf Tobler “2.1881. Augs)la. - Wilhelm Wattenbach . . 1881 Aug. 15. - Hermann Dies. ... . .„. 1881 Aug. 15. =. Hans Bandolts. : = mundi) ee ee SL Auer 15. XXVI II. Auswärtige Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe. der philosophisch-historischen Olasse. Sir Henry Rawlinson ın Hr. Franz Neumann in Königs- LS - Robert Wilhelm Bunsen ın Heidelberg - Wilhelm Weber in Göttingen . - Hermann Kopp in Heidel- berg . - Richard Owen in London Sir George Biddell Airy in Greenwich . e Hr. Jean-Baptiste Dumas in Parts: . Hr. London Franz Ritter v. Miklosich in Wien . Lebrecht Fleischer ın Leipzig . Giovanni Battista de Rossi in Rom . a August Friedrich Pott ın Halle a. S.. Datum der Königl. Bestätigung. 1850 Mai 18. 1858 Aug. 18. 1862 März 3. 1862 März 24. 1863 Juli 11. 1874 April 20. 1874 Mai 13. 1875 Juli 9. 1877 Aug. 17. 1878 Dec. 2. 1879 Febr. 8. 1880 Aug. 16. ————n IV. Ehren-Mitglieder. Hr. Peter von Tschichatschef in Florenz . Hr. Graf Helmuth v. Moltke in Berlin. Don Baldassare Boncompagni in Rom Hr. Johann Jakob Baeyer in Berlin . - Georg Hanssen in Göttingen . - Julius Friedlaender ın Berlin - Carl Johann Malmsten in Upsala . S. M. Dom Pedro, Kaiser von Brasilien . 2 Earl of Crawford and Balcarres in Dunecht, Aiardenn XXVNI Datum der Königlichen Bestätigung. 1853 Aug. 22. 1860 Juni 2. 1862 Juli 21. 1865 Mai 27. 1869 April 1. 1875 Febr. 10. 1880 Dec. 15. 1882 Oct. 18. 1883 Juli 30. d* XXVII V, CGorrespondirende Mitglieder. Physikalisch-mathematische Classe. Datum der Wahl. ———————— nn. Hr.. ‚Hermann Abich in Wien ... un. 20.051858: Oct. 14. - Anton de Bary in Stralsburg . . . 2»... ...1878 Dee. 12. - Eugenio Beltrami in Pavia. . . .» ..........1881 Jan. 6. - P. J. van Beneden mn Löwen . »... .....1855 Juli 26. - George Bentham n Kew . .» 2... ..0.1855 Juli 26. -MEnnico) Bettiiin Pisa. ». ...,. Maikanall. uam aan 1881 Tanke: - Jean-Baptiste Boussingault in Paris . . . . . 1856 April 24. - Francesco Briosch in Mailand . . . . .... 1881 Jan. 6. - Ole Jacob Broch in Christiania . . . . .. . 1876 Febr. 3. - Ernst von Brücke in Wien .....7. wu. 2.1854 Apnil 27. - Hermann Burmeister in Buenos Ayres . . . . 1874 April 16. = Auguste Cahours in Paris . . 2 2 227222. 91867. Dee. 19. - Alphonse de Candolle in Genf . . . . .. . 1874 April 16. - Arthur Cayley in Cambridge. . . .» . . . . 1866 Juli 26. - Michel- Eugene Chevreul m Paris . . . . . . 1834 Juni 5. - Elvin Bruno Christofel in Stralsburg . . . . 1868 April 2. - Rudolph Clausius ın Bonn. . . » » 2... .. 1876 März 30. - James Dana in New Haven . . . 2 uleaorrulıı26. - Ernst Heinrich Karl von Dechen in Bonn. . . 1842 Febr. 3. - Richard Dedekind in Braunschweig . . . . . 1880 März 11. - Franz Cornelius Donders in Utrecht . . . . . 1873 Apni 3. - Henri Milne Edwards n Paris . . . » » .... 1847 April 1». - Gustav Theodor Fechner in Leipzig . . . . . 1841 März 25. - Louis-Hippolyte Fizeau m Paris. . . . . . . 1863 Aug. 6. - Edward Frankland ın London . . . . . . . 1875 Nov. 18. - Lazarus Fuchs in Heidelberg. . . . . . . . ‚1881 Jan. 6. - Heinrich Robert Göppert in Breslau . . . . . 1839 Juni 6. . Benjamin Apthorp Gould in Cordoba, R. A. Asa Gray in Cambridge, N. America Franz von Hauer in Wien . Friedrich Gustav Jacob Henle in Göttingen L Charles Hermite ın Paris Joseph Dalton Hooker in Kew . Thomas Huxley in London Joseph Hyrtl in Wien August Kekule in Bonn . Theodor Kjerulf in Christiania Albert von Kölliker in Würzburg . August Kundt in Stralsburg . Rudolph Lipschitz in Bonn. 2 Sven Ludvig Loven in Stockholm . Karl Ludwig in Leipzig Charles Marignae in Genf . Gerardus Johannes Mulder ın Bennekom bei Wa- geningen . 5 Karl Nägeli in a een ‚Simon Newcomb in Washington . Eduard Pflüger in Bonn Friedrich August von (Quenstedt in Tübingen. Georg Quincke in Heidelberg Gerhard vom Rath in Bonn } Ferdinand von Richthofen in Leipzig . Ferdinand Römer in Breslau . Georg Rosenhain in Königsberg. George Salmon in Dublin . Arcangelo Scacchi in Neapel . Ernst Christian Julius Schering in Göttingen Giovanni Virginio Schiaparelli in Mailand Ludwig Schläjli in Bern. - Hermann Schlegel in Leiden . Heinrich Schröter ın Breslau . Philipp Ludwig Seidel in München Karl Theodor Ernst von Siebold in München Japetus Steenstrup in Kopenhagen. George Gabriel Stokes in Cambridge . Otto Struve in Pulkowa . J XXIX Datum der Wahl. 1883 Juni 7. 1855 Juli 26. 1881 März 3. 1873 April 3. 1859 Aug. 11. 1854 Juni l. 1865 Aug. 3. 1857: Jan. 15. 1875 Nov. 18. 1881 März 3. 1873 April 3. 1879 März 13. 1872 April 18. 1875 Juli 8 1864 Oet. 27. 1865 März 30. 1845 Jan. 23. 1874 April 16. 1883 Juni 7. 1873 April 3. 1868 April 2. 1879 März 13. 1871 Juli 13. 1881 März 3. 1869 Juni 3. 1859 Aug. 11. 1873 Juni 12. 1872 April 18. 1875 Juli 8 1879 Oct. 23. 1873 Juni 12. 1865 Nov. 13. 1881 Jan. 6. 1863 Juli 16. 1841 März 15. 1859 Juli 11. 1859 April 7. 1868 April 2. Hr. Bernhard Studer in Bern James Joseph Sylvester in Baltimore . William Thomson in Glasgow . August Töpler ın Dresden . : Pafnutij Tschebyschew in St. Beigrabuä Gustav Tschermak in Wien Louis-Rene Tulasne in Paris . Gustav Wiedemann in Leipzig Heinrich Wild in St. Petersburg Alexander William Williamson in London . August Winnecke in Strafsburg Adolphe Würtz in Paris . Philosophisch-historische Classe, . Theodor Aufrecht in Bonn . George Baneroft in Washington . Samuel Birch in London Otto Boehtlingk in Jena . Heinrich Brugsch in Charloiterifnue b Heinrich Brunn in München . Franz Bücheler in Bonn. Georg Bühler in Wien Giuseppe Canale in Genua Antonio Maria Ceriani in Mailand Alexander Cunningham in London Georg Curtius in Leipzig . Leopold Delisle in Paris Wilhelm Dindorf in Leipzig Wilhelm Dittenberger in Halle Ernst Dümmler in Halle Emile Egger in Paris . e Petros Eustratiades in Athen . Giuseppe Fiorelli in Rom . Karl Immanuel Gerhardt in na Datum der Wahl. 1845 1866 1871 1879 1871 1881 1869 1879 1881 1875 1879 1859 1864 1845 1851 1855 1873 1866 1882 1878 1862 1869 1875 1869 1867 1846 1882 1882 1867 1870 1865 1861 Jans. Juli 26. Juli 13. März 13. Juli 13. März 3. April 29. März 13. Jan. 6. Nov. 18. Oct. 23. März 10. Febr. 11. Febr. 27. April 10. Mai 10. Febr. 13. Juli 26. Juni 15. April 11. März 13. Nor. 4. Juni 17. Nov. 4 April 11. Dee. 17. Juni 15. März 30. April 11. Nov. 3. Jan. .12. Jan. 31. Hr. Wilhelm von @Güesebrecht in München Konrad Gislason in Kopenhagen . Graf Giambattista Carlo Giuliari in Verona Aureliano Fernandez Guerra y Orbe in Madrid. Friedrich Wilh. Karl Hegel in Erlangen Emil Heitz in Stralsburg s Wilhelm Henzen in Rom Broer Emil Hildebrand in Stockhuhn Paul Hunfalvy in Pesth. Friedrich Imhoof- Blumer in Winterehnkt Vatroslav Jagie in St. Petersburg . Willem Jonckbloet in Wiesbaden Heinrich Keil in Halle Franz Kielhorn in Göttingen . Ulrich Koehler ın Athen £ Sigismund Wilhelm Koelle in Bohdch Stephanos Kumanudes ın Athen Konrad Leemans in Leiden Elias Lönnrot in Helsingfors . Giacomo Lumbroso in Palermo Johann Nicolas Madvig in ne Giulio Minervini in Neapel Ludvig Müller in Kopenhagen Max Müller in Oxford August Nauck in St. Palaekiare Charles Newton in London Theodor Nöldeke in Strafsburg . Julius Oppert in Paris Gaston Paris in Paris Karl von Prantl in München Rizo Rangabe in Berlin . Felix Ravaisson in Paris Adolphe Regnier in Paris Ernest Renan in Paris Leon Renier in Paris . Alfred von Reumont in Borischeid Bei Kader. Georg Rosen in Detmold Rudolph Roth in Tübingen Eugene de Roziere in Paris XXXI Datum der Wahl. 1859 1854 1867 1861 1876 1871 1853 1845 1873 1879 1880 1864 1882 1880 1870 1855 1570 1844 1850 1874 1836 1852 1866 1865 1861 1861 1878 1862 1882 1874 1851 1847 1867 1859 1859 1854 1858 1861 1864 Juni 30. März 2. April 11. Mai 30. April 6. Juli 20. Juni 16. Febr. 27. Febr. 13. Juni 19. Dee. 16. Febr. 11. Juni 15. Dec. 16. Nov. 3. Mai 10. Nov. 3. Mai 9. April 25. Nov. 3. Juni 23. Juni 17. Juli 26. Jan. 12 Mai 30. Jan. 31. Febr. 14. März 13. April 20. Febr. 12. April 10. Juni 10. Jans 7 Juni 30. Juni 30. Juni 15. März 25. Jan. 31. Febr. 11. XXX Datum der Wahl. ———[[[[ Hr. Hermann Sauppe in Göttingen . . » .» ......1861 Jan. 31. - .Welhelm Scherer in Berlin. . “ala « nr1875 \Aprili8. -!!Theodor Siekel in Wiens. .nand Sn RE. - Friedrich Spiegel mn Erlangen. . . ...........1862 März 13. - Aloys Sprenger in Heidelberg . . . ..... 1858 März 25. - Adolf Friedrich Stenzler in Breslau . . . . . 1866 Febr. 15. - Ludolf Stephani in St. Petersburg . . . . . 1875 Juni 17. - William Stubbs in Oxford . . . . 1882 März 30. - Theodore Hersant de la Villemarque in Qrlimpbrle 1851 April 10. - Louis Vivien de Saint-Martin in Versailles . . 1867 April 11. - Matthias de Vries in Leiden . . . . . ..... 1861 Jan. 31. - William Waddington in Paris . . . . ...... 1866 Febr. 15. -.. Natalıs de:'Wailly in. Paris ... ..... „lin .0 1858 )März123. - Friedrich Wieseler in Göttingen. . . 0 LTR Kebrn27. - William Dwight Whitney ın New Haven 4A. u: lSXaR Kehr$13- - Jean-Joseph-Marie- Antoine de Witte in Paris. . 1845 Febr. 27. - William Wright in Cambridge . . . . ......1868 Nov. 5. - Ferdinand Wüstenfeld in Göttingen . - - 1879 Febr. 27. - K. E. Zachariae von Lingenthal in Grofskmöhlen 1866 Juli 26. Von ERABI muh BE ul uusanılalk ma din me aaa H" SCHRADER. Gedächtnifsreden 1883. Gelesen am Leibniz’schen Jahrestage den 28. Juni 1883. I: der Nacht vom 28. auf den 29. December des verflossenen Jahres schied aus diesem Leben und aus unserer Mitte Herr Justus Olshausen, nachdem derselbe der Akademie seit dem Jahre 1860 als ordentliches Mitglied angehört hatte. Wenn es der um mehr denn ein Menschenalter jüngere College unternimmt, an diesem Orte dem Ent- schlafenen ein Wort der Erinnerung zu widmen und von dem Lebens- gange und der wissenschaftlichen Thätigkeit desselben in knapp bemes- senem Raume ein Bild zu geben, so weils er solches mit nichts Anderem zu rechtfertigen, als mit dem Hinweise auf die hohe Verehrung, welche derselbe dem Dahingeschiedenen stets gezollt hat, mit dem Hinweise nicht minder auf das langjährige persönliche Verhältnils, in welchem er zu dem- selben gestanden, mit dem Hinweise endlich auf die nähere Beziehung, welche seine eigenen Studien wenigstens zu einem Theile derjenigen haben, denen der Verblichene während seines Lebens seine wissenschaft- liche Thätigkeit vornehmlich zugewandt hat. Ich darf mich Ihrer wohl- wollenden Nachsicht im Voraus versichert halten! — Justus Olshausen wurde am 9. Mai 1800 zu Hohenfelde, Amt Steinberg in Holstein, wo sein Vater Detlev Joh. Wilh. Olshausen als Prediger wirkte, geboren und zwar als der dritte seiner Geschwister, sämmtlich Knaben: der älteste, Hermann, war der bekannte neutesta- mentliche Exeget und Professor der Theologie in Erlangen; der zweit- älteste, Wilhelm, nachheriger Rector der Gelehrtenschule in Schleswig; 1* 4 SCHRADER: der jüngere, Theodor, welchem Justus stets besonders nahe stand, ist durch den hervorragenden Antheil, den derselbe an der schleswig-hol- steinischen Bewegung der Jahre 1847 und folgende nahm, auch in wei- teren Kreisen bekannt geworden. Noch nicht vierjährig verlor Olshau- sen seine Mutter, die Schwester des Arztes Professors Philipp Gabriel Hensler, des Grofsvaters von B. G. Niebuhr’s zweiter Frau, Margarethe. Sie starb am 25. April 1804 zu Glückstadt, wohin Olshausen’s Vater inzwischen übergesiedelt war. Michaelis 1807 ward Olshausen in die unterste Classe (Tertia) der Gelehrtenschule zu Glückstadt aufgenommen, die nach den Aufzeichnungen, die Olshausen hinterlassen hat, eine An- stalt von allerdings sehr geringer Leistungsfähigkeit war. Wenn der Knabe dennoch nicht unerhebliche Fortschritte insbesondere in den alten Sprachen machte, so war dieses, wie Olshausen in seinen hinterlassenen Aufzeich- nungen hervorhebt, wesentlich der Aufsicht seines Vaters und des bestän- digen Verkehrs mit diesem zu verdanken, in dessen „nicht gar zu kleiner“ Bibliothek bereits den Knaben die fremdartigen Charaktere in „den hebräi- schen und auch syrischen und arabischen Büchern“ ganz besonders an- zogen. Um Michaelis 1810 wollten die Lehrer der Anstalt den noch nicht 11 jährigen Knaben nach Prima versetzt wissen, ein Antrag, der ein Halb- jahr später wiederholt ward, dem aber erst zu Michaelis 1811 seitens des Vaters Folge gegeben wurde. Olshausen besuchte die Prima bis Dec. 1815. In derselben liefs der Unterricht ebenfalls viel zu wünschen übrig, bis durch die Berufung des Adjunceten am Joachimsthaler Gymnasium zu Berlin, Jung- claussen, der den Unterricht kräftiger in die Hand nahm, eine wesent- liche Besserung dieser Zustände erreicht ward. Eine weitere erwünschte Veränderung, zugleich auch was die Verhältnisse der Familie betraf, brachte die Berufung des Vaters Olshausen’s als Superintendent des Fürstenthums Lübeck nach Eutin, wo er in der Prima des dortigen Gym- nasiums an den Lectionen des „geistvollen und gelehrten* Koenig Theil nahm, während er im Übrigen den Unterricht seines Vaters genofs. Michae- lis 1816, nicht 164 Jahr alt, bezog Olshausen die Universität Kiel, um Theologie und Philologie zu studiren. Wie er aber selber bemerkt, ist es ihm mit dem theologischen Studium niemals Ernst geworden; seine Nei- gung führte ihn vornehmlich sprachlichen Studien zu; vor Allem interes- sirte ihn das Hebräische, welches er bereits einige Jahre lang bei seinem Gedächtnifsrede auf Justus Olshausen. 5 Vater getrieben hatte und nun in Gemeinschaft mit seinem Bruder Wil- helm eifrig fortsetzte. Daneben betrieb er andauernd classische Studien bei dem Professor Heinrich, wie er denn auch Mitglied des philologi- schen Seminars war. Erst mit dem Schlusse des Sommers 1818 wandte er sich neben dem Hebräischen dem Syrischen und Arabischen zu, wie er selber berichtet, von dem bekannten Zend-Avesta-Übersetzer, dem Orientalisten Joh. Friedr. Kleuker „recht gut angeleitet“. Ostern 1819 gedachte er nach Jena zu gehen, um dort den ältesten Schüler Sylvestre de Sacy’s, Kosegarten, den nachherigen Greifswalder Orientalisten, zu hören. Bereits war eine Wohnung für ıhn gemiethet, als die unselige That Karl Sand’s für ihn „die bedauerliche Folge“ hatte, noch ein Se- mester in Kiel bleiben zu müssen. Michaelis 1819 ging er alsdann nach Berlin und wohnte dort bei Savigny, Pariser-Platz 3, mit seinen beiden älteren Brüdern, von denen Hermann bereits Repetent bei der theologi- schen Facultät, Wilhelm noch Student war. Olshausen berichtet, dafs es um die orientalischen Studien dazumal in Berlin traurig aussah. An den einzigen Vertreter der semitischen Sprachen, den Extraordinarius G. H. Bernstein, auch ein Schüler de Sacy’s, wandte er sich verge- bens, um bei ihm zu hören. Derselbe erklärte ihm — „faul wie er war“ — einfach, er habe nicht Lust Vorlesungen zu halten. Er fragte dann bei Friedr. Wilken, dem bekannten Persisten, an; dieser aber lehnte seine Bitte um eine Unterweisung ab, da er zu sehr mit Geschäften als Oberbibliothekar u. s. w. überhäuft sei. Schliefslich versuchte es Ols- hausen mit dem „trefflichen“ J. L. Ideler, der sich denn auch bereit erklärte, ihn gelegentlich der Erklärung von Sadi’s Gulistan in die Gram- matik des Persischen einzuführen. Olshausen rühmt seines Lehrers Sorgfalt und Gewissenhaftiskeit.e. An mitstrebenden Commilitonen war freilich grofser Mangel: aufser ihm hörten bei Ideler nur ein russischer Hofrath Purgold und ein Zweiter, der sich über die nähere Verwandt- schaft des Persischen mit dem Deutschen zu orientiren wünschte, und „andere Studirende mit gleichen Zielen gab es damals in Berlin nicht.“ Um so mehr war er erfreut, wenigstens im dem Theologiestudirenden Aug. Tholuck, dem bekannten späteren Hallenser Theologieprofessor, der mit seinem Bruder Hermann befreundet „und im Arabischen wohl geübt, auch mit dem Persischen nicht ganz unbekannt“ war, einen Ge- 6 SCHRADER: nossen zu finden, mit dem er ein paar Mal in der Woche Ibn Arabschäh’s Leben Timur’s lesen konnte. Im Übrigen war er gänzlich auf seine Privatstudien — vor Allem Arabisch und Persisch — angewiesen. Da- neben ging ein angenehmer Verkehr mit anderen Studirenden, insbeson- dere Holsteinern, unter ihnen Graf Joseph Baudissin und Friedrich Geibel, auch mit Bettina von Arnim her. „Die ganze Herrlichkeit“ sollte aber, wie er berichtet, nicht lange dauern. Denn schon im Februar 1820 begannen in Berlin auf Anlafs der Ermordung des Herzogs von Berry energische Nachforschungen nach den Zielen der allgemeinen deut- schen Burschenschaft. Unter der Hand wurde Olshausen aus Alten- stein’s Ministerium — Olshausen fügt bei: „doch nicht etwa durch Jo- hannes Schulze“ — der Wink gegeben, unverweilt Berlin zu verlassen, ein Wink, dem Folge gegeben wurde. Er kam glücklich in Eutin an, leider nicht ohne seinen Vater in schlechtem Gesundheitszustande und in grofser Sorge um seine Zukunft zu finden: die äufseren Verhältnisse im Hause des Vaters, der sich inzwischen anderweit verheirathet hatte und noch fünf Kinder im Alter von 13 Jahren bis zu 4 Monaten zu Hause hatte, während J. Olshausen’s jüngerer Bruder Theodor in Kiel stu- dirte, waren wenig günstige und legten Justus die Pflicht auf, sich nach einer Hauslehrerstelle umzusehen. Er fand eine solche bei dem Kammer- herrn Karl v. Ahlefeld auf Olpenitz bei Cappeln im Lande Schwansen, die er aber nur ein halbes Jahr inne hatte: noch ehe er sie angetreten, erhielt er die officielle Anzeige, dafs ihm der König von Dänemark ein Reisestipendium von 400 Speciesthalern jährlich auf zwei Jahre verliehen habe. So verliefs er denn Ölpenitz bereits im September 1820, um nach einem Aufenthalte in Eutin am 14. October über Hamburg, Bremen, Mün- ster, Cöln (Bonn), Aachen, Lüttich, Brüssel nach Paris zu gehen, wo er am 2. November Nachmittags 4 Uhr eintraf. Wir stehen hier an einem ersten grofsen Wendepunkte im Leben Olshausen’s. Dafs seine wissenschaftliche Thätigkeit — an eine im engeren Sinne praktische Verwerthung der erworbenen Kenntnisse scheint OÖlshausen niemals ernstlich gedacht zu haben — ich sage, dafs seine wissenschaftliche Thätigkeit den orientalischen Studien hinfort zugewandt wäre, war damit entschieden, und wenn Olshausen nach Paris d.h. aber Gedächtnifsrede auf Justus Olshausen. 7 zu Sylvestre de Sacy!) seine Schritte lenkte, so stand damit nicht minder fest, dafs zunächst vorzugsweise das Arabische und Persische, be- ziehungsweise der moderne Orient das Ziel seiner bezüglichen Bestrebun- gen sein sollte, wie er denn ausdrücklich bemerkt, dafs er erst gegen das Ende seiner Pariser Studienjahre bei dem „grundgelehrten“ Etienne Quatremöre eine Vorlesung über einen Theil des Propheten Jesaja und „mit vieler Befriedigung“ gehört habe. Es war selbstverständlich in er- ster Linie Sylvestre de Sacy, der „unvergleichliche Lehrer“, wie ihn Olshausen nennt, an welchen er sich anschlofs und unter dessen Lei- tung er insbesondere dem Studium des Arabischen und Persischen oblag (jenes las Sylvestre de Saey an der Ecole des langues vivantes pres la Bibliotheque du Roi, dieses am College de France). Aufserdem be- theiliste er sich im ersten Semester auch an dem, wie er mittheilt, „wenig oder vielmehr in keiner Weise förderlichen“ persischen Ourse Langles’ bei der Ecole, sowie an dem „gründlichen türkischen Curse des liebens- würdigen“ Professors Kieffer vom College de France. Mit der Frequenz der Zuhörer in diesen orientalistischen Cursen stand es in Paris nicht viel besser wie in Berlin. In der obersten Abtheilung des arabischen Cursus war Olshausen lange Zeit mit M‘. Garcin, der sich später „Garcein de Tassy“ nannte?), der einzige Zuhörer. An Orientalisten aus Deutschland fand Olshausen Niemand vor, als den Bibliothekar der herzoglichen Bibliothek zu Gotha, J. H. Möller, „der fleifsig arabische Historiker und Geographen copirte, um sie demnächst herauszugeben, aber freimüthig erklärte, arabische Grammatik zu studiren falle ihm nicht ein; und der deshalb auch nicht bei de Sacy hörte.“ Von sonstigen „Fachgenossen deutscher Nation, die ihm vom November 1820 bis April 1823 vorgekommen,“ erwähnt er nur noch den in so trauriger Weise bei seiner Reise durch Armenien und Kurdistan umgekommenen Gielsener Professor Fr. Ed. Schulz, derselbe, dem wir die ersten zuverlässigen Ab- schriften der armenischen Inschriften von Vän verdanken; er wurde be- 1) „Schon in den ersten Tagen konnte ich mich dem grolsen Gelehrten vor- stellen, dessen Ruf mich vornehmlich nach Paris zog“ (Olshausen). ?) Dieses — fügt Olshausen hinzu — „nur des Gleichklangs willen, wie er eingestand, mit dem illustren Namen S. de Sacy.* 8 SCHRADER: kanntlich 1829 von den Kurden erschlagen. Was im Übrigen den persön- lichen Verkehr Olshausen’s während dieses seines — ersten — Pariser Aufenthalts betrifft, so verdient noch hervorgehoben zu werden, dafs er während desselben auch in Beziehung zu Alexander von Humboldt trat, bei welchem er sich, aufser durch den Empfehlungsbrief eines Drit- ten, durch ein persisch abgefalstes Billet einführte, durch welches er ihn um eine Audienz bat. Bereits indessen war er von Humboldt’s Lehrer im Persischen, Baron Auguste Andrea de Nerciat, der im Jahre 1807 mit einer Gesandtschaft Napol&on’s nach Persien gekommen war und sich hier „eine gute Kenntnifs der persischen Umgangssprache angeeignet “ hatte, dem ersteren nachdrücklichst empfohlen. Humboldt nahm den jungen Gelehrten mit grofser Freundlichkeit und „Nachsicht“ auf und be- hielt ihn seitdem im Auge. Olshausen bemerkt in dankbarer Anerken- nung, dafs er „diesem einflufsreichen und hülfreichen Manne an Förde- rung in seiner Laufbahn mehr verdanke, als irgend Jemandem sonst.“ Mitten in dieser Zeit frischesten, fröhlichsten Arbeitens und zu- gleich regsten geistigen Verkehrs erreichte Olshausen Mitte Januar des Jahres 1823 die Nachricht von dem Tode seines Vaters. Ein Versuch Humboldt’s, ihm durch Verschaffung einer Hauslehrerstelle bei dem Duc de Broglie die Möglichkeit zu gewähren, seinen Aufenthalt in Paris noch zu verlängern, hatte nicht den erwünschten Erfolg. So ward denn im April 1823 die Rückreise nach der Heimath angetreten. Olshausen verliefs Paris begleitet von den besten Wünschen sei- ner dortigen Lehrer für seine Zukunft. Die Zeugnisse, welche ihm in üblicher Weise von denselben bei seinem Fortgange ausgestellt wurden, lassen die hohe Achtung erkennen, welche er sich seitens seiner Lehrer zu erwerben gewulst hatte. Einmüthig rühmen sie den Eifer und die Ausdauer Olshausen’s in seinen Studien, die Gründlichkeit seines Wis- sens, die Schärfe seines Urtheils, die Leichtigkeit der Auffassungsgabe und die Schnelligkeit seiner Fortschritte. Nicht minder rühmend gedenken sie aber auch einstimmig der qualites morales, qui donnent un noweau prix aux talens — wie sich de Sacy ausdrückt!). Der Verstorbene hat 1) Paris, am 24. März 1823. Gedachtmifsrede auf Justus Olshausen. 9 das von seinen Lehrern in ihn gesetzte Vertrauen und ihre gute Meinung von ihm nicht Lügen gestraft. Bald nachdem er nach Kiel zurückgekehrt war, ward seine Er- nennung zum Professor vorbereitet. Die Anstellungs- Urkunde, durch welche der „Candidatus Justus Olshausen“ zum Prof. extraord. der orientalischen Sprachen in Kiel ernannt wird, ist datirt vom 4. November 1823. Olshausen war damals noch nicht promovirt: erst drei Wochen später, am 29. November erwarb er sich mit der Inaugural-Dissertation de linguae Persicae verbo den Doctorhut. Die Abhandlung ist nicht im Druck erschienen. Auch noch für längere Jahre warten wir vergeblich auf eine Publication seitens des jungen Professors, und die erste Veröf- fentlichung, die er ausgehen liefs, betraf gerade nicht dieses Gebiet des Persischen. Augenscheinlich glaubte Olshausen, ehe er mit einer be- züglichen Arbeit an die Öffentlichkeit trat, im Interesse der Sache zögern und diese Publication in gründlicher Weise vorbereiten zu sollen. Die erste Druckschrift, die von Olshausen vorliegt, besteht in den „Emen- dationen zum Alten Testament, mit grammatischen und historischen Er- örterungen. Kiel 1826.“ Dieselbe läfst bereits klar und bestimmt er- kennen, in welcher Weise er vornehmlich dem Alten Testamente seine Kenntnisse und. seinen Scharfsinn zu Gute kommen lassen wollte. Den Text des Alten Testaments festzustellen, ihn von den Schlacken, die im Laufe der Jahrhunderte sich ihm angeheftet hatten, zu befreien und erst auf Grund eines so gereinigten und festgestellten Textes das Wesen des alttestamentlichen Hebraismus, zunächst in linguistischer Beziehung, zu eruiren, das war sein Absehen — schon damals, und ist es geblieben bis an sein Ende. Es soll keineswegs gesagt sein, dals Olshausen mit den in diesem Büchlein vorgeschlagenen Emendationen immer das Rich- tige getroffen habe (man wird im Einzelnen über diesen oder jenen Ver- besserungsvorschlag noch erheblich anders denken können): aber auf eine ganze Anzahl wunder Stellen des hebräischen Wortgefüges des Alten Te- stamentes den Finger gelegt zu haben, das Verdienst wird Olshausen ebenso verbleiben, wie das andere, auf diesem Gebiete gegenüber den von ihm nach ıhren Verdiensten mit Recht und rückhaltlos gewürdigten da- maligen alttestamentlichen Koryphäen Gesenius und De Wette eine Gedächtni/sreden 1883. 1. 2 10 SCHRADER: neue Bahn exegetisch-kritischer Forschung eröffnet zu haben. Aber die Schrift zeigt noch eine zweite bereits auf dem Titel mit angedeutete Seite: neben grammatischen verheilst sie auch historische Erörterungen. Auch sie sind nur die Vorläufer einer Reihe ähnlicher Untersuchungen geworden, welche sich so ziemlich durch die ganze literarische Thätigkeit Ölshausen’s hindurchziehen. Hervorgehoben zu werden verdient dabei gleicherweise die‘ Unabhängigkeit des Urtheils und der Scharfsinn, der schon damals divinatorisch erschlofs, was erst fast ein halbes Jahrhundert später zu wissenschaftlicher Evidenz erhoben werden konnte. Olshausen kommt hier gelegentlich der Behandlung einer schwierigen und wahr- scheinlich corrupten Stelle des 23. Oapitels des Buches Jesaja S. 41 fl. auf Volk und Land der Chaldäer zu sprechen und untersucht insbeson- dere die Frage nach den Sitzen und dem Ursprunge derselben. Entgegen der damals und zum Theil noch jetzt herrschenden Anschauung gelangt er zu dem Resultate, dafs es Chaldäer d.h. semitische Chaldäer ur- sprünglich lediglich in Babylonien gegeben habe; dafs das Ur der Chaldäer, von wo Abraham auszog, in Babylonien zu suchen, dafs in Babylon eine gemischte — semitische und unsemitische — Bevölkerung neben einander sals (wodurch sich auch die zum Theil unsemitische, fremdartige Form babylonischer Eigennamen erkläre), und dafs die chal- däisch-semitische Population von Babylon in der allerfrühesten Zeit „in einer vollkommenen Unterdrückung“ gelebt habe. Er schliefst die- ses mit feinem historischem Sinn aus den Nachrichten der Bibel über die Chaldäer, aus deren überlieferten Namen, endlich aus der Art, wie 1. Mos. 10 von dem Kuschiten Nimrod als babylonischem Herrschaftsgrün- der die Rede ist (5. 44. 45. 46. 47). Neben diesen alttestamentlich-semitistischen Studien giengen die des Persischen ununterbrochen her. Sie concentrirten sich mehr und mehr auf das (Alt-)Baktrische und auf das Mittelpersische, das sogenannte Pah- lavi, und es reifte allmählich der Plan einer kritischen Ausgabe des Zend- Avesta. Nach einer Reise nach Kopenhagen im Jahre 1825 erhielt er Michaelis 1826 einen Urlaub auf anderthalb Jahre zu einem zweiten Aufenthalte in Paris. So finden wir ihn denn — mit Unterbrechungen — vom September 1826 bis Januar 1828 in Paris, wo er die Vorbereitungen zu der späteren Ausgabe des Avesta traf. Nachdem er sich nach der Gedächtnifsrede auf Justus Olshausen. 11 Rückkehr dann noch während der Monate März und April desselben Jahres in Kopenhagen aufgehalten, ward an die Ausführung des Planes Hand angelest und im Jahre 1829 erschien unter den Auspicien des Kö- nigs Friedrich VI. von Dänemark das erste Heft des Vendidäd, die drei ersten und den Anfang des vierten Fargard dieses Theiles des Avesta enthaltend, durchaus lithographirt. Das Ganze war auf 7 bis 8 Hefte berechnet und sollte aulser einer Vorrede, einer Beschreibung der Codices und einem Varianten-Verzeichnisse noch des Ferneren einen grammatischen und lexiealischen „Apparat“ enthalten. Man sieht, es war ein grofsartig geplantes Unternehmen; vollendet ist dasselbe nicht: es ist über das erste Heft überall nicht herausgekommen. Olshausen selber hat sich später dahin ausgesprochen, dafs er glaube, recht daran gethan zu haben die Ausgabe nicht fortzusetzen, da er bei dem damaligen Stande dieser Stu- dien Vollkommenes und wirklich Befriedigendes nicht habe leisten können. Ob dem so, mag dahin gestellt bleiben. Die Studien selber liefs er darum indefs keineswegs fallen, und geradezu aufgegeben ist der Plan einer Fort- setzung wohl erst nach der gänzlichen Veränderung der sonstigen Ver- hältnisse, unter denen das erste Heft an’s Licht trat. Freilich, die nächste literarische Publication, welche Olshausen an’s Licht treten liefs, betraf abermals nicht das persische, sondern das semitische Gebiet; diesmal war es eine antiquarisch-geographische Untersuchung, welche er vorlegte: Zur Topographie des alten Jerusalem. Kiel 1833. Die Schrift ist durch neuere Forschungen auf diesem Gebiete überholt. Sie wird aber ihren Werth behalten durch den methodischen Gang der Untersuchung und durch die sorgfältige Sichtung und Prüfung des zu Gebote gestandenen Materials. In der Vorrede wird bereits hingedeutet auf ein weiteres Unternehmen, das auch schliefslich und wohl wesentlich auf Olshausen’s Betrieb zu Stande kam, die Herausgabe des dritten Bandes von Carsten Niebuhr’s „Reisebeschreibung nach Arabien und den umliegenden Ländern.“ Im Jahre 1837 lag der Band, von J. N. Gloyer und J. Olshausen edirt, fertig vor. Von Olshausen rühren insbesondere die zu der Niebuhr- schen Darstellung gegebenen Anmerkungen (S. 229—238) her, in welchen Olshausen neben manchen Berichtigungen, die er gab, besonders auch bemüht war, die genauere Aussprache von geographischen Namen zu er- mitteln und deren richtige Schreibung festzustellen. Heutzutage gilt eine 9% 14 SCHRADER: derartige genaue Wiedergabe fremder Namen in wissenschaftlichen Werken für etwas Selbstverständliches. Wie wenig dieses damals der Fall, lehrt ein Blick in die gleichzeitige Literatur. Auch hier finden wir Olshausen unter der Zahl der den Weg Weisenden. Die Herausgabe dieses Reisewerkes, die langjährige Beschäftigung mit Literatur, Geschichte und Geographie des Orients und insbesondere des heili- gen Landes liefs begreiflicherweise in dem gelehrten Forscher denWunsch auf- steigen, Land und Leute irgendwie auch aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Der langgehegte Plan kam zur Ausführung ı. J. 1841, wo Olshausen eine Reise nach Constantinopel, Kleinasien, Syrien und Palästina antrat. Gerade aber das Endziel seiner Reise, Jerusalem, erreichte er nicht: der Ausbruch der Pest forderte schleunige Umkehr, noch ehe das Reiseziel erreicht war. In einer anderen Beziehung war die Reise indefs nichts weniger als verfehlt: Olshausen lernte die lebenden orientalischen Idiome aus dem Verkehre mit den Einheimischen kennen und war so auch nach dieser Seite auf das Beste für eine Arbeit ausgerüstet, welche nach seiner Rückkehr vor Allem seine Thätigkeit in Anspruch nehmen sollte: die An- fertigung des Catalogs arabischer, persischer und türkischer Handschriften der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen, mit welcher er von der Dä- nischen Regierung betraut war. Olshausen nahm zu diesem Zwecke in den Jahren 1841—44 wiederholt längere Aufenthalte in Kopenhagen, bei deren einem ihm beiläufig auch die Entzifferung von Pahlavi-Legenden auf Münzen der letzten Säsäniden, den Münzen arabischer Chalıfen u. s. w. gelang, welche in Pahlavi-Schrift neupersische Wörter boten, Legenden, an deren Lesung man sich bis dahin vergebens abgemüht hatte. Im Jahre 1848 lag das gesammte Manuscript des Catalogs der arabischen Handschriften und im Wesentlichen desjenigen der persischen Codices druckfertig vor. Bereits waren 17 Seiten des arabischen Oatalogs gedruckt, als, wie es in der Vorrede der später erschienenen dänischen Publication heilst, tempora et belli casus humanıtatis studüis infaustissimi den Druck jäh unterbrachen. Erst 1851 erschien mit dem Verzeichnisse der hebräischen auch der von Ölshausen bearbeitete Catalog der arabischen Handschriften der Kopen- hagener Bibliothek (Codices orientales bibliothecae regiae Hafniensis. Pars II. 1851. 4. p. 33—188). Die ebenfalls bereits im Jahre 1848 im Wesentlichen druckbereit eingesandte Beschreibung der persischen Handschriften trat, Gedächtnifsrede auf Justus Olshausen. 13 von A. F. Mehren druckfertig gemacht, 1857 ans Licht (Codices orien- tales. Pars III. Hafn. 1857. 4. p. 1—48). Das für die mühsame Arbeit so verhängnifsvoll gewordene Jahr 1848 griff auch sonst tief ein in die Gestaltung der Lebensverhältnisse Olshausen’s. War der Lebensgang desselben bis dahin fast ausschliefs- lich der eines einzig seinem Berufe und seiner Wissenschaft lebenden Leh- rers und Gelehrten, und erschien auch das bürgerliche Leben desselben kaum einmal durch eine dunklere Wolke getrübt, so änderte sich dieses Alles mit einem Schlage in jenem ja auch in so manches anderen Ge- lehrten Geschicke tief eingreifenden Jahre. Es ist dieses vielleicht der passende Ort, über die persönlichen Lebensverhältnisse Olshausen’s bis zu diesem Zeitpunkte Einiges nachzubringen. Im Jahre 1828 hatte sich Olshausen mit Zo&, geb. Wiedemann, verheirathet. Die Ehe sollte nur von sehr kurzer Dauer sein. Schon nach einem halben Jahre ward ihm die Gattin durch den Tod wieder entrissen. Er verheirathete sich, in- zwischen (1830) zum Ordinarius befördert, am 24. Februar 1831 zum zweiten Male mit der Cousine seiner ersten Frau, Marie, geb. Michae- lıs, der Tochter eines Arztes und Enkelin des bekannten Orientalisten Joh. Dav. Michaelis, welche ihm eine Tochter und vier Söhne gebar. Die Ehe war eine in jeder Beziehung glückliche. Auch die gesellschaft- lichen Verhältnisse in der holsteinischen Universitätsstadt waren durchaus erfreuliche. In den gelehrten Kreisen Kiels herrschte in den dreilsiger und vierziger Jahren ein reges wissenschaftliches Leben, das von Män- nern wie J. M. Schultz, Eduard Osenbrüggen, Otto Jahn, Joh. Gust. Droysen, Georg Waitz, K.V. Müllenhoff, P.W. Forchhammer F.H. Hegewisch (F. Baltisch!) u. A. gepflegt wurde und welches in den „Kieler philologischen Studien“ gewissermalsen seinen literarischen Ausdruck fand (Bd. I, 1841). An dem, was die Universität anging, betheiligte sich Olshausen auf das Lebhafteste. Wie er als Docent ebenso beliebt als erfolgreich war, so bezeugt sein Verwaltungsgeschick, zugleich aber auch sein Ansehen, in welchem er in Universitätskreisen stand, die Thatsache, dals er nicht weniger als viermal zum Rector der Universität gewählt ward, wie er denn auch von Seiten der Regierung zur Theilnahme an der Verwaltung herangezogen ward. Wie sehr überhaupt die Regierung die Thätigkeit Olshausen’s schätzte, bewies sie durch seine Ernennung 14 SCHRADER: zum Etatsrath (1845), sowie durch die ıhm im Jahre 1840 zu Theil gewordene Verleihung des Danebrog-Ordens, eine Verleihung, die freilich später für ihn verhängnifsvoll werden sollte. Und damit nehmen wir den oben fallengelassenen Faden der Darstellung seiner späteren Lebens- geschicke wieder auf. Am 28. Juli 1848 ward Olshausen von der provisorischen Re- gierung mit der interimistischen Verwaltung der Geschäfte des Universi- täts-Curatoriums betraut; die definitive Übertragung erfolgte am 1. August d. J. Ebenso ward ihm die Leitung des Medicinalwesens zugewiesen. Gleichzeitig ward er zum Abgeordneten für den 2. Wahldistriet des Her- zogthums Holstein zur constituirenden Versammlung und ebenso Ende 1849 von demselben Wahlkreise zur constituirten Versammlung gewählt. Um diese Zeit, Ende 1849, sandte Olshausen der dänischen Regierung den ihm verliehenen Orden zurück und zwar durch Vermittelung der proviso- rischen Regierung. An Anerkennung im Lande fehlte es ihm nicht. Wie er bereits früher zum Vicepräsidenten der Landesversammlung gewählt war, so verlieh ihm unter dem 7. Juni 1850 die Stadt Kiel das Bürger- recht. Wie bekannt, scheiterte die Bewegung. Olshausen mulste bei der dänischen Regierung um Bestätigung in seinen bisherigen Ämtern ein- kommen. Sie ward ihm durch Verfügung des Ministers vom 9. Juni 1852 verweigert, insbesondere auch „mit Rücksicht auf die Einsendung der ver- liehenen Insignien des Danebrog-Ordens an eine insurrectionelle Regie- rung“. Schon vorher war er als Curator der Universität Kiel aufser Func- tion gesetzt. Die ihm so gewordene Mulse benutzte er zur Bearbeitung des von ihm übernommenen Commentars zu den Psalmen in dem exe- getischen Handbuche zum Alten Testament (Leipzig 1853), sowie zur Neu- herausgabe des Hirzel’schen Hiobcommentares (ebend. 1852). Es war Alexander von Humboldt, welcher ihm wieder zu einer gesicherten Lebensstellung verhalf!). Unter dem 2. Juli 1853 ward Olshausen zum Öberbibliothekar und ordentlichen Professor der orientalischen Sprachen in Königsberg ernannt, dieses mit dem 1) Das Schreiben, in welchem sich Humboldt bei König Friedrich Wilhelm IV für die Aufnahme Olshausen’s in den Preufsischen Staatsdienst verwandte, ist veröffent- licht im „Deutschen Reichsanzeiger und Kgl. Preufsischen Staatsanzeiger* 1883 Nr. 14, Dienstag 16. Jan.:(J. O. Nekrolog [von Ed. Sachau)). Gedachtnifsrede auf Justus Olshausen. T5 besonderen Auftrage einer vorzunehmenden Reorganisation der dorti- gen Bibliotheksverhältnisse, eine Aufgabe, der sich Olshausen mit in- nerer Liebe und vollstem Eifer hingab. Die nicht allzu reichlich bemes- sene Mufse benutzte er zur Ausarbeitung seiner hebräischen Grammatik, zu welcher er seit dem Jahre 1840 Vorarbeiten gemacht hatte. Die Vollendung des Werkes erlitt auch diesmal noch eine Verzögerung durch die auf Trendelenburg’s — zuletzt, wenn ich recht berichtet bin, abermals auf eine Anregung Alexander von Humboldt’s zurückge- henden — Vorschlag erfolgte Berufung nach Berlin als Geh. Regierungs- rath und vortragender Rath im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten (15. December 1858), eine Stellung, in welcher er, später zum Geh. Ober-Regierungsrath befördert, verblieb bis zu seiner unter dem 27. Februar 1874 bewilligten Verabschiedung aus dem Staatsdienste; schon vorher war ihm durch die zum 1. Oct. 1873 erfolgte Berufung des später zum Geh. Regierungsrathe ernannten Professors Göp- pert als Hilfsarbeiter im Cultusministerium eine Erleichterung der nament- lich durch das Hinzutreten der Universitäten der neuen Provinzen in den letz- ten Jahren sehr vermehrten Arbeitslast geworden. Am 4. November 1873 hatte er dazu sein 50Ojähriges Dienstjubiläum gefeiert. Die nach einem viel bewegten Leben wohl verdiente Ruhe ward ihm eine erwünschte und dankbar begrüfste Mufsezeit, um — nicht überbürdet mit „amtlicher Schrei- berei“* — erneut und mit frischem Eifer ausschliefslich wissenschaftlicher Thätigkeit sich zuzuwenden. Die Akademie verdankt diesen Jahren der Mufse Olshausen’s eine Reihe der beachtenswerthesten und dazu durch- weg auf das Sauberste ausgearbeiteten Beiträge zur orientalischen Philolo- gie und Alterthumswissenschaft. Noch in den letzten Wochen vor seiner tödtlichen Erkrankung war er mit einer Untersuchung über die Lautver- hältnisse des Pahlavi, näher mit einer Untersuchung des eranischen Theils des Pahlavi einerseits und des ältesten Neupersisch anderseits beschäftigt. Sein Ende kam ihm nicht unerwartet. Er war sich des Ernstes seiner letzten Erkrankung klar bewulst und gab sich keinerlei Ilusionen hin. Er entschlief sanft am 28. December 1882 Nachts gegen 12 Uhr. Seine Gattin war ihm — wohl der härteste Schlag, der ihn getroffen — be- reits am 29. August 1874 im Tode vorangegangen. Mit Olshausen ist einer der immer seltener werdenden Orien- 16 SCHRADER: talisten von uns geschieden, welche mit ihrem Wissen und ihren wissen- schaftlichen Arbeiten den indisch-arischen Orient nicht minder umspann- ten wie den semitischen, ein Gelehrter dazu, der in dem alten Semitismus gleicherweise zu Hause war wie in dem modernen, desgleichen auch im Persischen und Türkischen, und der endlich den linguistischen Untersuchun- gen kein minder lebhaftes Interesse entgegenbrachte, als den geschichtlichen und antiquarischen Forschungen. Nur wenige Theile der betr. Gebiete blieben für ihn ganz oder fast ganz verschlossen. Für das Äthiopische hat er sich nie recht interessirt, während er doch andererseits den ihm an sich viel ferner liegenden ägyptologischen Studien und Entdeckungen wenigstens bis zu einem gewissen Grade zu folgen bestrebt war. Auch dem Aramäischen ist Olshausen im Grunde niemals näher getreten, so sehr er gerade durch seine Pahlavi-Studien auf eine Heranziehung dieser Sprache oder Sprachen hingewiesen war. Es hängt dieses mit der ziem- lich allgemeinen Geringwerthung der aramäischen Studien während der ganzen ersten Hälfte dieses Jahrhunderts zusammen. Um so völliger wandte er seine Liebe dem Arabischen und Hebräischen zu. Was das Erstere anbetrifft, so sind es freilich nicht, wie man das bei einem Schü- ler de Sacy’s wohl zunächst erwarten könnte, die arabischen National- grammatiker, die ihn, wenigstens später, vornehmlich fesselten. Es leidet keinen Zweifel, dafs er sich mit ihnen eingehend bekannt gemacht hatte, wie er denn auch einschlägige Publieationen stets nach Kräften zu för- dern und zu solchen zu ermuntern bestrebt war. Aber zu erwärmen vermochte er sich für ihre eigenartigen und oft recht spitzfindigen Auf- stellungen nicht. Auch dafs er der Poesie der Araber ein innigeres und lebhafteres Interesse entgegengebracht hätte, ist mir wenigstens nicht be- kannt geworden. Seine ganze Liebe concentrirte sich auf die historische und noch mehr geographische Literatur der Araber. Diese entsprach sei- nem ganz besonders auch auf die Realien der Morgenländischen Wissen- schaft gerichteten Sinne in hervorragendem Maalse. Von der sorgsamen Lectüre bezüglicher arabischer Werke geben fast alle seine in dieses Ge- biet einschlagenden Abhandlungen Zeugnils. Dafs er freilich auch sonst auf dem Gebiete der arabischen Literatur sehr wohl orientirt war, be- weist statt alles Weiteren sein Katalog der Kopenhagener arabischen Handschriften. Gedachtnfsrede auf Justus Olshausen. 17 Wenn Olshausen dem Studium der arabischen Nationalgram- matiker ein lebhafteres Interesse nicht entgegenbrachte, so widmete er ein um so eifrigeres Studium von sich aus der arabischen Sprache nach ihrem grammatischen Baue und zwar dieses unter beständigem Hinblicke auf die verwandten semitischen Sprachen, insbesondere das Hebräisch. Die Anschauung, die er bei diesem vergleichenden Studium gewann, hat er niedergelegt und durchgeführt in seinem „Lehrbuch der hebräischen Sprache“ Buch I Laut- und Schriftlehre; Buch IH Formenlehre. Braunschweig 1861. Diese Anschauung aber gipfelt in dem Satze, dals das Arabische nicht aus einer Sprache habe hervor- gehen können, welche mit dem Hebräischen auf einer Stufe gestanden; vielmehr müsse umgekehrt das Hebräische aus einer Sprache hervorge- gangen sein, welche Zwillingsschwester des Arabischen war. Mit anderen Worten: nicht im Hebräischen, sondern im Arabischen liegt uns ein älte- rer Typus der semitischen Ursprache vor, und nicht sind die arabischen Formen aus dem Hebräischen, sondern die hebräischen aus dem Arabi- schen zu erklären. Damit trat er schroff einer anderen, an Ewald’s Namen geknüpften, weit verbreiteten Anschauung gegenüber, welche eben das Hebräische zum Ausgangspunkte der Betrachtung gemacht wissen wollte. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, in dem wissenschaft- lichen Streit Partei für oder wider zu ergreifen oder gar mit einem kur- zen Ja oder Nein einen Entscheid abzugeben. Es will uns scheinen, als ob beide Männer ein jeder in seiner Weise ein berechtistes Moment ver- traten, und dafs überhaupt mit allgemeinen Stichwörtern wie dem von der älteren oder jüngeren Gestalt einer Sprache hier wenig genützt ist. Im- merhin glaube ich mich offen dahin aussprechen zu sollen, dafs die Ewald- sche Anschauung, so wie dieser Forscher sie vorgetragen, nach Ols- hausen’s Darstellung schwerlich mehr haltbar ist. Es wird Sache der Zukunft sein, auf einer breiteren Basis eine die Gegensätze versöhnende Anschauung zu gewinnen und im Einzelnen durchzuführen. — Olshausen’s Werk ist insofern unvollendet geblieben, als der 3. Theil, welcher die hebräische Syntax behandeln sollte, nicht erschienen ist. Es entzieht sich jeder Vermuthung, welche Stellung Olshausen den bisherigen betreffen- den Arbeiten und insbesondere Ewald’s genialem Aufrifs derselben gegen- über eingenommen haben würde. — Hervorgehoben muls noch werden, dafs Gedächtnifsreden 1583. 1. 3 18 SCHRADER: Olshausen in seinem Lehrbuche durchgängig und energischer, als dieses seitens der früheren Grammatiker der hebräischen Sprache geschehen, bei Erklärung überlieferter grammatischer Formen die Vorfrage stellte, ob die überlieferte Form auch die ursprüngliche des Textes gewesen. Olshau- sen führte so nur consequent durch, was er in seinen früheren bezüg- lichen Publieationen, zu denen sich im J. 1836 noch die Observationes eriticae ad Vetus Testamentum (Kieler Universitätsprogramm) gesellt hatte, stets als das Nothwendige hingestellt hatte. — Durch eine solche sorg- same Textkritik sind auch Olshausen’s exegetische Publicationen in hervorragendem Maalse ausgezeichnet: ich meine seine Neubearbeitung des Hirzel’schen Hiobeommentars und seine Psalmenerklärung. Der bleibende Werth beider Publicationen liegt in diesen Bemühungen des Verfassers, die ursprüngliche Gestalt des Textes zu eruiren und so für die Exegese die sichere Grundlage zu gewinnen. Die historische Seite seiner Psalmenerklärung hat bekanntlich seiner Zeit viel Staub aufgeworfen und ist der Gegenstand der heftigsten Angriffe geworden. Wir müssen zugeben, dafs die letzteren zum Theil keine unberechtigten waren. Die summarische Art, mit welcher Olshausen den gröfsten Theil des Psalters in die maccabäische Zeit hinabrückte; die Unterschätzung des Zeugnilswerthes des Vorworts des Sirach-Buches; die so gut wie völlige Ignorirung der durch die Chronik an die Hand gegebenen gegentheiligen Instanz mufste nothwendig befremden. Es ist solches aber um so mehr zu bedauern, als das Hervorgehobene leider zur Folge gehabt hat, dafs dem Werke vielfach auch die Anerkennung versagt blieb, welche demselben in anderer Beziehung ganz fragelos gebührt. Aufser einem im Jahre 1870 erschienenen Beitrage zur Kritik des Genesistextes hat Olshausen Alttestamentliches ferner nicht veröflent- licht. Seit ihm wiederum gröfsere Mufse wurde, hat er seine wissen- schaftliche Thätigkeit weit überwiegend dem Osten der morgenländischen Welt zugewandt. Persien und das Zweistromland war das Gebiet, auf dem er sich seit der Fertigstellung seines hebräischen Lehrbuches vor- nehmlich bewegte und zu dessen immer gründlicherer Erforschung in lin- guistischer, historischer und antiquarischer Hinsicht er auch seinerseits beizusteuern bemüht war. Gleich die erste Arbeit, die Olshausen in einer Gesammtsitzung der Akademie vorlegte, bezog sich auf Mesopotamien Gedächtnifsrede auf Justus Olshausen. 19 und die babylonische Tiefebene. Es war die Abhandlung „Prüfung des Charakters der in den assyrischen Keilinschriften enthaltenen semitischen Sprache“ (1864). Zum ersten Male wird darin von einem Semitisten von Fach eine Kritik der Aufstellungen englischer und französischer Assyriolo- gen, insbesondere J. Oppert’s, betreffs der Sprache der dritten Keilschrift- gattung gegeben, eine Kritik, welche — unbeschadet der Anerkennung der Unvollkommenheit und des Unbefriedigenden des bis dahin Geleisteten — in der Hauptsache durchaus zu Gunsten der Entzifferer der assyrischen Keil- schriftsprache ausfiel, zugleich aber auch eine Reihe von Gesichtspunkten hervorhob, die für die weitere Forschung zu ebensoviel Fingerzeigen wur- den. Auch später noch bewahrte Olshausen diesen Studien ein lebhaftes Interesse, wovon verschiedene in der Akademie gelesene Abhandlungen und Aufsätze Zeugnils ablegen, in denen er gelegentlich auch diese Studien streifte. So namentlich dieses in jener Zusammenarbeitung verschiedener akademischer Vorträge, die er unter dem Titel: „Parthava und Pahlav, Mäda und Mäh“ erscheinen liefs und in welcher er die Identität der be- züglichen Namen kraft der umsichtigen und eingehenden Beweisführung zur Evidenz erhob und zugleich zur Feststellung des Sinnes des so viel- deutigen Wortes Pahlav reiche Beiträge lieferte. Die Arbeit bildete bis zu einem gewissen Grade den Ausgangspunkt und die Basis für eine Reihe weiterer auf Volk, Sprache, Geschichte und Geographie Persiens bezüg- licher Untersuchungen. An eine Abhandlung, betitelt „Zur Erläuterung einiger Nachrichten über das Reich der Arsaciden“ (Monatsbericht vom 19. April 1880), in welcher er sich mit der Feststellung der Bedeutung und des Ursprungs verschiedener persischer Würdenamen beschäftigt, reih- ten sich in kurzen Zwischenräumen die „Erläuterungen zur Geschichte der Pahlavi-Schrift“ (4. November 1880); die „Forschungen auf dem Ge- biete eranischer Sprachkunde“ (16. Juni 1881); endlich die Abhandlung: „Zur Würdigung der Pahlavi-Glossare und ihrer Erklärung durch die Par- sen“ (Juni 1882)!). Alle diese Abhandlungen, zu denen sich noch auf einem andern Gebiete die Ausführung „über die Umgestaltung einiger se- 1) Eine „kritische Durchsicht der Pahlavi-Glossare“, welche jedes Wort beson- ders behandelt und erklärt bringen sollte und welche ihn in den letzten Jahren vornehm- lich beschäftigte, ist unvollendet geblieben. 3*+ 20 SCHRADER: mitischer Ortsnamen bei den Griechen“ (1879) sowie einige kleinere Bei- träge zur Geographie des alten Orients gesellen, zeugen von der völligen Beherrschung des Stoffs und von einer fast jugendlichen Frische und Rü- stigkeit des achtzig- und mehrjährigen Greises. Klagte er auch selber in den letzten Jahren wiederholt über eine gewisse geistige Müdigkeit und die mangelnde Leichtigkeit des Arbeitens: den bis in sein Todesjahr hinein- reichenden Publicationen ist keine Spur davon anzumerken. Es war ein reiches, mannigfach bewegtes, wechselvolles Leben, dem der unerbittliche Tod am Schlusse des hinter uns liegenden Jahres ein Ziel setzte. Wenn irgend einer, so war der Verblichene dazu beru- fen, nicht blofs ein Gelehrter grolsen und gröfsten Stils zu werden — das war er —, sondern auch seinen Zeitgenossen und der Nachwelt den Reichthum seines Wissens und die Ergebnisse seines Forschens in ent- sprechenden literarischen Publicationen und grofsen wissenschaftlichen Werken zu überliefern. Zu einer völligen Auswirkung aber dieser seiner eigensten Natur ist es bei Olshausen nicht gekommen. Wieder und immer wieder wurden seine Absichten durchkreuzt je durch die Wendung, die seine persönlichen Verhältnisse nahmen. Grofse Pläne wurden geplant, grofse Unternehmungen ins Werk gesetzt — zur Ausführung sind jene nicht gekommen, und die begonnenen grölseren Arbeiten wurden, mit Ausnahme seiner Katalogisirungsarbeit, nicht zu Ende geführt. Bis zu einem gewissen Grade war daran freilich Olshausens ureigenstes Wesen Schuld, ich meine seine einst bei seinem Eintritte in die Akademie an dieser selben Stelle bereits von berufenster Seite hervorgehobene gren- zenlose Bescheidenheit und nicht minder seine bis an Peinlichkeit strei- fende äufserste Gewissenhaftigkeit: sein Bestreben, nur wirklich Fer- tiges und Vollendetes, in sich Abgerundetes und Zuverlässiges Andern zu bieten. War demgemäls eine gröfsere und umfangreichere Unternehmung zur Zeit nicht in allen Einzelheiten bereits durchaus und völlig nach Wunsch des Forschers auszuführen, so stand er lieber zunächst ganz von einer solchen Arbeit ab und begnügte sich selbstlos mit der Vorlesung eines kleinen und kleinsten Ausschnitts seiner einschlägigen Studien, bei welchem freilich er dann keine Mühe und keine Sorgfalt scheute, um den- selben auch wirklich omnıbus numeris absolutum der wissenschaftlichen Welt vorzulegen. Alle diese Specialuntersuchungen sind dazu Muster vol- Gedachtnifsrede auf Justus Olshausen. 21 lendetster wissenschaftlicher Methode, und nicht zum Wenigsten beruht gerade hierauf der Einfluls Olshausen’s auf seine Zeit, ein Einflufs, der um so höher anzuschlagen ist, als ihm jede kleinliche Geltendmachung seiner Person oder gar jene gewaltsame Art, den eigenen Ansichten zur Anerkennung zu verhelfen, wie wir solcher bei Gelehrten unserer Tage leider so oft begegnen, gänzlich unbekannt, sagen wir lieber von Haus aus zuwider war. Aber noch ein Weiteres war es, das ıhn an der raschen Hinausgabe seiner Forschungen, oft auch der Herausgabe derselben über- haupt hinderte, — und ich meine, auch das ist nicht ein Fleck auf sei- nem wissenschaftlichen Silberschilde, — seine durch nichts zu beeinflus- sende Wahrheitsliebe, die es ihm unmöglich machte, auch nur eine Zeile aus der Hand zu geben, für die er nicht als Mann der Wissenschaft ganz und voll einzutreten in der Lage gewesen wäre. Selbst in dem einen Falle, wo wir meinen, dafs er in der Skepsis weiter ging, als zu- lässig, und wir der Ansicht sind, dafs die durch diese Skepsis ihm gewor- dene Anschauung ihrerseits wieder zu einem ihn selbst gefangennehmen- den Dogma umschlug, war das ihn Bestimmende doch zuletzt das Stre- ben, gegenüber den Positivisten in der biblischen Kritik nichts aufzu- stellen, als was er hätte mit seiner wissenschaftlichen Überzeugung auch wirklich vertreten können. So steht der Entschlafene vor uns als die Verkörperung eines selbstlos arbeitenden, nur die Wahrheit suchenden und auf jeden Schein- erfolg im Voraus verzichtenden, wie wir ihn uns denken — deutschen Gelehrten. Gedächtnifsreden 1883. 1. 4 | Yn u, Bn; WR. auip re un Bi N, RR, mil, sine narıı anal, yo IS 2 gr ala, ads, frei, Ar er a Mm ir il. 'stalım dipabı ha adı Beh, 7 En d RR BR. zurlatlN ‚Ad „ oeıki ash. he ‚sale Zr 1a unın AR yılaildadenn ir im | apa apıanayıd) Adlar Nadı male Y Pi ai R Mn Let 2 er en DTREITOEUTEE NIT RTIU N an CODE 10T ai .ü or le ht eroluinnd un AL) Y% m lin Ko f lH RITEN m» (nalı en m Aw ‚a W ee E PR r f g ur 5 Mu Pe >} Ba ß i 1 | ll Aalen ee what # f N: { ö Ev j 2 Ba PT 225 u 'r b PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. AUS DEM JAHRE 1883. BERLIN. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1884. BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. vogT). RUE 9 DB ee ANTAANDEAHZRLT RIO AINAAARA AUHDDMOR Sta Li ‚Dahl | u r Grove sy VERA EREmAne aa R A ah n Ar « Y Inhalt. EICHLER: Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. (Mit VZoRateln)wr ee ee ar ADDSTESEL 99: RE, e; “ . i N % r 7 7 R I ’ N) I Ka Pr A N j rt er I i M f br { | N | | v u * 4 * 1 ri & . Y ni uw: En Ber h indes Abe E27 10 NUR es | A dm a Veran. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. Von H”" EICHLER. Phys. Cl. 1883. Abh. 1. 1 Gelesen in den Sitzungen der phys.-math. Classe vom 23. Nov. 1882 und 19. Juli 1883. Einleitung. ee User die Familie der Marantaceen liest bereits eine ansehnliche Reihe von Arbeiten vor. Aulser dem grolsen Bilderwerke von Roscoe und der mehr compilatorischen Monographie von Horaninow, besitzen wir eine vortreffliche, sowohl Morphologie als Systematik der Familie umfassende Bearbeitung von Körnicke!). Weiterhin liegen organo- graphische Untersuchungen von Lestiboudois, Nees von Esenbeck, Lindley, Arthur Gris und mir selbst vor?), die Entwickelungsgeschichte 1) Roscoe, Monandrian plants of the order Seitamineae, chiefly drawn from living speeimens in the botanie garden at Liverpool, Liverpool 1828, fol. mit 112 Tafeln. — Horaninow, Prodromus Monographiae Scitaminearum, Petropolis 1862, fol. mit 4 Ta- feln. — Körnicke, Monographiae Marantacearum Prodromus, I. Thl. in Nouv. Me- moires de la Soc. imp. des naturalistes de Moscou vol. XI (1859) p. 299 ff. tab. 6— 12, II. Thl. im Bulletin der nämlichen Gesellschaft 1362 n. 1. 2) Lestiboudois, Observations sur les Musac6es, les Seitamindes, les Cannes et les Orchidees, Annales des sciences naturelles, I. Ser. vol. XVII (1829) p. 113 ff. und ebendaselbst II. Ser. Vol. XVII (1842) p. 205 ff. — Nees von Esenbeck, über die Gattungen Maranta und Thalia, Linnaea Vol. VI (1831) p. 305 ff. tab. 3—5. — Lind- ley, Vegetable Kingdom 3. Ausg. p. 163. — Arth. Gris, Observations sur les fleurs des Marantees, Annales des sciences nat., IV. Ser. Vol. XII (1359) p. 193 ff. tab. 11— 14; Quelques observations sur la fleur des Cannees, Bull. de la Soc. bot. de France vol. VI (1859) p. 261 ff.; Note sur le fruit et la graine des Maranta indica, Thalia dealbata et 12 4 Kremmur: der Blüthe studirten Herm. Crüger und Baillon!), ihren Gefäfsbündel- verlauf Van Tieghem?), den Bestäubungsvorgang Hildebrand und Delpino°); systematische Novitäten wurden in neuerer Zeit namentlich durch E. von Regel und E. Morren*) bekannt gemacht, die letzte Gat- tungsdisposition gaben Bentham und J. D. Hooker°). Durch diese ver- schiedenen Arbeiten sind wir jedoch hauptsächlich nur mit dem Blüthen- und Fruchtbau der Familie, sowie mit den Unterschieden ihrer einzelnen Arten näher bekannt geworden; über die vegetativen und auch die Inflo- rescenzverhältnisse weils man nur das Handgreiflichste. Schon diese Lücke auszufüllen, schien mir eine nützliche Arbeit; es fand sich jedoch auch noch manches für Blüthen und Früchte hinzuzusetzen oder zu be- richtigen und zugleich führten die erhaltenen Resultate zu einer von den seitherigen theilweise abweichenden Auffassung über die systematische Gliederung der Familie. Meine Untersuchungen wurden schon vor längerer Zeit begonnen, konnten jedoch aus mancherlei Ursachen nur mit vielen und grofsen Un- terbrechungen gefördert werden und sind eigentlich auch gegenwärtig noch nicht zum befriedigenden Abschlufs gekommen. Zum Theil trägt hieran das Material die Schuld. An den getrockneten Herbarexempla- ren, die überdies bei den Marantaceen nicht allzu reichlich sind, läfst sich vieles gar nicht und anderes, namentlich in Betreff der bekanntlich hier sehr zarten Blüthen, nur mit grofser Schwierigkeit feststellen; die Calathea villosa, ebenda p. 737 fi.; Origine et mode de formation des canaux perisper- miques dans les Marantacees, ebenda vol. VII (1860) p. 237 fi., p. 375. — Eichler, Blü- thendiagramme I (1875) p. 172 fi. 1) Herm. Crüger (Trinidad) in Linnaea XXII (1849) p. 486 ff. tab. 3 p. p. (Ca- lathea lutea Spr.). — Baillon, Memoire sur la symetrie et l’organogenie florale des Ma- rantacees, Adansonia I (1860—1) p. 306 ff. tab. 11. 2) Van Tieghem, Recherches sur la structure du pistil et sur l’anatomie com- paree de la fleur (1571) p. 151 ff. tab. 6 p. p. 3) Hildebrand in Botan. Zeitung 1870 p. 617 ff. tab. 10 p. p. — Delpino, Brevi cenno sulle relazioni biologiche e genealogiche delle Marantacee, Nuovo Giornale bot. Italiano vol. I (1869) p. 293 ff. — Vergl. auch Hermann Müller, die Befruchtung der Blumen durch Insekten p. 86. 4) E. von Regel besonders in der Gartenflora, E. Morren in der Belgique horticole, in mehreren der neueren Jahrgänge. 5) Bentham et Hooker, Genera plantarum vol. III pars II (1833) p. 656 ff. - Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. B) Pflanzen der Gewächshäuser aber bilden nur den kleineren Theil der Fa- milie, blühen aufserdem selten und fruchten fast nie. Um so werthvoller waren mir daher schöne Suiten von Blüthenständen und selbst ganzen Pflanzen in Alkohol, welche mein Freund, der um die botanische Erfor- schung Brasiliens hochverdiente Dr. A. Glaziou zu Rio de Janeiro, mir zu wiederholten Malen einsandte; auch bin ich Hrn. Gartenbaudirector Gaerdt hierselbst für mehrfache Beiträge lebenden Materials verpflich- tet. Endlich mufs ich mit Nachdruck hervorheben, dafs auch die hand- schriftlichen Aufzeichnungen aus dem Nachlasse des verewigten Alexan- der Braun, welche die K. Akademie der Wissenschaften angekauft und dem botanischen Museum zur wissenschaftlichen Verwerthung überwiesen hat, mir von erheblichem Nutzen bei dieser Arbeit gewesen sind. Ich werde hier dıe Marantaceen in dem engeren Sinne auffassen, in welchem sie schon bei Horaninow und neuerdings wieder bei Ben- tham und Hooker dargestellt sind, und wonach nicht nur die Musaceen und Zingiberaceen, sondern auch die Gattung Canna als gleichwerthige Abtheilungen ihnen gegenüber gestellt werden!). Zwar zeigt (anna mit den Marantaceen eine nähere Übereinstimmung, als die beiden andern Gruppen, sodals die Gleichstellung mit denselben nicht ganz berechtigt erscheinen dürfte; doch sind andererseits wieder die Unterschiede zwi- schen (anna und den Marantaceen grölser, als sie bei den Gattungen der letztern unter einander vorkommen. So haben diese durchweg nur leiige Övarfächer, (anna mehreüge; auch bestehen charakteristische, später noch hervorzuhebende Differenzen ın den Blättern, Infloresceenzen und im An- droeceum. Würde daher (anna bei den Marantaceen belassen, so mülste sie hier eine besondere Tribus darstellen und so mag sie denn überhaupt an gegenwärtigem Orte aufser Betracht bleiben. Es kann dies um so eher geschehen, als ich über (anna bereits früher einmal ziemlich einge- hend gehandelt habe?) und das wenige, was ich jetzt zuzusetzen finde, bei Gelegenheit werde einfügen können. 1) Dafs diese Gruppen von Bentham und Hooker nur als Unterabtheilungen einer gemeinsamen Familie Scitamineae aufgefalst werden und nicht, wie es sonst üblich ist, als eigene Familien, ist an gegenwärtigem Orte gleichgiltig. ?2) Eichler, über den Blüthenbau von Canna, Botan. Zeitung 1873 n. 12—16, Taf. 2. Vergl. auch meine Blüthendiagramme I p. 172. 6 EICHLER; In Betreff der anzuwendenden Nomenclatur will ich mich für’s Erste streng an Körnicke’s oben citirte Monographie anschliefsen, da sie einestheils die neueste, anderntheils die wissenschaftlich beste Über- sicht über die Familie bietet. Die ohne Autoren angeführten Namen sind also stets in Körnicke’s Sinne zu verstehen; wo neuere Arten ge- nannt werden, ist der Autor hinzugefügt. Durch dies Verfahren entsteht allerdings ein Mifsstand -insofern, als ich später im systematischen Theile mehrfach von Körnicke’s Umgrenzung der Gattungen abweichen und daher die Namen theilweise ändern muls; doch erscheint mir diese In- convenienz geringer, als wenn gleich von vorneherein Namen gebraucht würden, die ihre Legitimation erst später erhalten können. I Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. A, Zur Morphologie. I. Der Wuchs. Die Marantaceen besitzen sämmtlich ein unterirdisches, ausdauern- des Rhizom, aus welchem zum Zweck der Laub- und Blüthenbildung sich oberirdische, nach einer gewissen Zeit wieder absterbende Triebe erheben. Das Rhizom bietet wenig Bemerkenswerthes. Es setzt sich zusam- men aus kürzern oder längern dickeren oder dünneren Sprossen, welche zunächst Niederblätter tragen und sodann, indem sie sich über den Bo- den erheben, mit mehr oder weniger raschen Schritten zur Laubbildung übergehen. Indem aus den Niederblatt-Achseln neue Sprosse gleichen Verhaltens entspringen, bildet sich das Rhizom weiter und zwar in sym- podialer Form. Bei manchen Arten, z. B. Maranta arundınacea, entwickeln sich einzelne Zweige des Rhizoms zu langen Stolonen; bei andern, wie Ma- ranta bicolor, wenden sie sich nach abwärts und schwellen am Gipfel zu Knollen an, welche unter Emporkrümmung ihrer Spitze neuen Trieben den Ursprung geben und natürlich auch zur Vermehrung der Stöcke be- nutzt werden können. Solche Knollen scheinen, nach verschiedenen Ab- bildungen zu urtheilen, auch noch bei andern Arten vorzukommen; ich habe jedoch, der Schonung des Materials wegen, nicht weiter danach gesucht. Man darf mit ihnen nicht die knolligen Anschwellungen verwechseln, welche hin und wieder, z.B. bei Maranta leptostachya, an den Spitzen ächter Wurzeln (der aus den Rhizomknoten entspringenden Nebenwurzeln) vorkommen. Die oberirdischen Sprosse bringen meist Laub und Blüthe zugleich, nur bei einigen (alathea-Arten sind diese Formationen auf verschiedene Sprosse vertheilt, indem gewisse Rhizomäste nach den Niederblättern nur Laub, andere gleich die Inflorescenz entwickeln, die demnach „aus der Wurzel“ zu kommen scheint. Bei (alathea zebrina bringt dabei nach 8 EICHLER: A. Braun’s Darstellung!) der Blüthensprofs aus der Achsel seines ober- sten Niederblatts späterhin noch einen besondern Laubsprofs, der sich an der Fortbildung des Rhizoms nicht betheiligt (ef. Fig. 6); ob dies noch bei andern der „rhizanthischen“ Marantaceen so geschieht, ist mir nicht bekannt geworden, die Regel jedoch bildet es nicht. Die oberirdischen Triebe haben allgemein, zum mindesten bei den Pflanzen unserer Gewächshäuser, nur 1- oder höchstens 2jährige Dauer, nach welcher sie bis zum Boden herunter absterben, einerlei ob sie zur Blüthe gekommen sind oder nicht. In Bezug auf ihren Wuchs zeigen sie folgende Hauptabänderungen. A. Sämmtliche Laubblätter bleiben infolge Stauchung der Inter- nodien grundständig (bilden eine „Bodenlaube“); die Pflanze erscheint somit stengellos oder nur durch engen Zusammenschlufs der Blattschei- den, ähnlich wie bei Musa, mit einem Scheinstengel ausgestattet. Blüht der Sprols, so zeigen sich drei Modificationen. a. Die Blüthen erscheinen in terminaler Inflorescenz ohne Laub- blätter am Schaft (Fig. 1, wenn man sich das schaftständige Laubblatt wegdenkt). Dies ist die Regel in der Gattung Thalia und bei vie- len Calatheen, wie Ü. villosa, orbreulata, undulata Lind. et Andre etc. — Der Schaft ist oft nur sehr kurz, sodafs die Inflorescenz in der Boden- laube sitzend erscheint. b. Die Inflorescenz ist terminal, mit 1 oder wenigen schaftständi- gen Laubblättern (Fig. 1). Dies Verhalten bildet den Übergang zu B, a. Wir finden es bei Calathea Lietzei E. Morr., wolacea, Warscewiezu, Ma- ranta setosa, Owiabensis, Moritziana, Ischnosiphon laxus, obliquus und vie- len andern. Aus dem Winkel des schaftständigen Laubblatts kann bei (a- lathea eine, die ganze Pflanze wiederholende Auszweigung entspringen (C. Lietzei E. Morr. u. a.). c. Die Inflorescenzen entspringen in den Laubachseln; die Haupt- axe streckt sich daher auch beim Blühen nicht. Dieser Fall ist mir bis- lang nur bei Maranta leptostachya begegnet. B. Die untern Laubblätter stauchen sich zur Bodenlaube, die obern rücken auf gestreckten Internodien in die Höhe. Die Inflorescen- !) Individuum der Pflanze p. 105 Taf. 6 Fig. 2. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 9 zen sind hierbei stets terminal. Wieder bieten sich bei diesem Verhalten zwei besondere Abänderungen. a. Die Laubblätter des entwickelten Stengels stehen einzeln an den Knoten, d.h. sind sämmtlich durch gestreckte Internodien von ein- ander entfernt. In solchem Falle findet regelmäfsig Auszweigung aus ihren Achseln statt; es entsteht dadurch oberwärts ein aus den Winkeln aller Laubblätter verzweigtes Gerüste (Fig. 3). Je nachdem die Zweige schwächer, gleich stark oder stärker sind als der relative Hauptsprofs, varıirt der Habitus des Zweigsystems zwischen dem Monopodialen (Ma- ranta arundinacea, phrymiordes), dem Gabeligen (Mar. divarıcata, noctiflora, Fig. 3) und dem Sympodialen (Mar. foliosa). Bei Maranta bicolor und einigen Nächstverwandten (M. leuconeura E. Morr. u. a.) bildet der Sten- gel mit einer gewissen Regelmälsigkeit nur 2 oder 3 Laubknoten mit gleichstarken und gabelig abgehenden Verzweigsungen, bevor er zur Blüthe kommt; dabei bleiben diese Pflanzen immer niedrig, während die erst- genannten sich meterhoch und mehr über den Boden erheben können. b. Die Laubblätter des entwickelten Stengels stehen zu 2 oder mehreren an dem nämlichen Knoten, d. h. werden hier durch gestauchte Internodien in der betreffenden Zahl zusammengehalten. Es wiederholt sich somit gewissermalsen die Bodenlaube absatzweise am entwickelten Stengel. Zweiblättrige Knoten begegnen bei I/schnosiphon Surinamensıs und gracilis (Fig. 5), dreiblättrige bei Maranta Tonckat (Fig. 4) und nicht selten auch bei Marantopsıs Schottiana, drei- und mehrblättrige zeigen Ma- rantopsis lutea (Fig. 2), Maranta sangwinea, pilosa und Steudneri (C. Koch). Bei allen diesen Pflanzen werden jedoch ın den obersten, der Inflorescenz vorausgehenden Knoten die Blätter minder zahlreich, zuletzt einzeln (F ig. 2,5). Die Arten mit vielblättrigen Knoten, wie Marantopsis lutea und Maranta sanguinea, erhalten bei der fächerartig 2zeiligen Stellung dieser Blätter, deren Zahl bis auf 8 steigen kann, und durch die Länge der gestreckten Internodien einen sehr charakteristischen Habitus; man sieht hier zuweilen, die Bodenlaube miteingerechnet, 3 oder 4 Blattfächer in hohen Etagen übereinander (Fig. 2). Bei mehrblättrigen Knoten bringen nicht alle Blätter Sprosse aus ihren Achseln, sondern gewöhnlich nur die 1 oder 2 untersten; Maranta Phys. Cl. 1883. Abh. 1. D 10 EICHLER: Tonckat macht regelmäfsig nur aus dem untersten ihrer zu dreien an dem nämlichen Knoten vereinigten Blätter einen Zweig. Indem dessen erstes Laubblatt einzeln und grundständig verbleibt, und erst die folgen- den wieder auf gestrecktem Internodium sich zu dreien vergesellschaften, werden die Knoten scheinbar 4blättrig und obenein noch durch das, eine Niederblattscheide darstellende Vor- oder Grundblatt des Zweiges vermehrt (Fig. 4). Betrachten wir die Inflorescenzen, obwohl sie einen zusammenge- setzten Bau zeigen,. hier als einfache Sprosse und bezeichnen dieselben mit Z, so, ist nach dem Vorstehenden die grofse Mehrzahl der Maranta- ceen laxig nach dem Schema NLZ; eine Ausnahme würde, soweit meine Erfahrungen reichen, nur Maranta leptostachya bieten, deren Inflorescenzen axillar sind und also die Pflanze 2axig machen nach der Formel: I. NL, U.Z aus L. Die rhizanthischen Marantaceen würden zweierlei Sprosse I. Ord- nung besitzen, die einen mit NL, die andern mit NZ; bei Maranta ze- brina käme dazu nach Braun’s Darstellung noch ein bereichernder NL- Zweig aus dem obersten Niederblatte des Inflorescenzsprosses. Diese Ver- hältnisse beziehen sich jedoch sämmtlich nur auf die entwickelten Pflan- zen; die Keimung und die etwa durch diese bewirkten Modificationen konnte ich, da mir keimfähige Samen nicht zu Gebote standen, weder selbst untersuchen, noch sind dieselben anderweitig bekannt. Il. ‚Die Blätter. Wie bereits im vorigen Abschnitt bemerkt wurde, haben wir bei den Marantaceen in der vegetativen Region zweierlei Blätter, Nieder- und Laubblätter. Die Stellung derselben ist, soweit meine Erfahrungen rei- chen, ursprünglich immer zweizeilig-alternirend und bleibt so auch meist für die Dauer; zuweilen indefs kommt eine nachträgliche Verschiebung vor, durch welche die ursprüngliche Distichie in spiralige Stellungen über- geführt wird!) (Taf. II Fig. 9; Calathea yulchella, zebrina, Maranta Rie- 1) Spiralstellung der Laubblätter schon in der Anlage ist mir nicht begegnet, doch will ich damit nicht behaupten, dafs sie überhaupt nicht vorkomme. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 21 deliana u.a.). Es sei gleich bemerkt, dafs sich die zweizeilige Alternanz gewöhnlich auch auf die Hochblätter der Inflorescenzen fortsetzt; nur bei einer Anzahl von Arten der Gattungen Calathea und Phrynium ordnen sich die Hochblätter spiralig und zwar hier schon in der Anlage. Die Niederblätter, soweit sie am Rhizom vorkommen, bieten wenig Interesse; von denen, welche am Grunde oberirdischer Zweige begegnen, soll im nächsten Abschnitt noch specieller die Rede sein. Erstere stellen einseitig offene, weilsliche, meist kurze und bald vergängliche Scheiden dar; beim Übergange zu den Laubblättern strecken sie sich, werden grün, entwickeln schliefslich an der Spitze Spreitenanfänge und erweisen sich so, wie gewöhnlich, als Analoga der Laubblattscheiden. Ihre Ränder greifen gewöhnlich übereinander, doch ohne Constanz in der Deckungs- richtung. Die Laubblätter besitzen allgemein Scheide, Stiel und Spreite. Er- stere, stets von relativ ansehnlicher Entwickelung, ist wie bei den Nie- derblättern auf der Vorderseite offen; in den Stiel geht sie bald allmäh- lich über, bald mit plötzlichem und zuweilen in stipelartige Ohren vor- springendem Absatz (letzteres z. B. bei Maranta foliosa). Der Stiel varürt je nach den Arten von Meterlänge bis zum Verschwinden und oft auch bei ein und derselben Species insofern, als die entwickelteren Blätter im Verhältnifs viel längere Stiele erhalten, als die weniger entwickelten; seine Form ist im Allgemeinen eylindrisch. Ehe er in die Spreite eintritt, bil- det er ganz regelmälsig ein gelenkartiges, häufig verdicktes Glied, das, wie bereits Körnicke hervorgehoben hat!), so bezeichnend für die Ma- rantaceen ist, dafs sie schon durch dies eine Merkmal von allen übrigen Scitamineen, auch von’den sonst so ähnlichen Cannaceen unterschieden werden können. Dies Glied ist stets vorhanden, auch wenn sonst der Blattstiel nicht entwickelt ist; mitunter, z. B. bei /schnosiphon obliquus und Verwandten, grenzt es sich durch einen Haarring gegen den untern Theil des Petiolus ab, in andern Fällen geschieht der Übergang allmälich. Die Spreiten der Laubblätter, stets ganzrandig und in ihrer Ge- stalt zwischen dem Kreisförmigen und Linealen veränderlich, werden be- kanntlich bei allen Angehörigen der Scitamineengruppe von einem kräfti- 1) Marantac. Prodr. I p. 356. 9% 1 EICHLER: gen Mittelnerven durchzogen, welcher nach rechts und links zahlreiche, feine, parallele Seitenadern entsendet!). Im Jugendzustand ist die Spreite von einer Seite her eingerollt — ebenfalls ein der ganzen Scitamineen- gruppe gemeinsames Merkmal —; an der Rollung betheiligen sich auch die Scheiden und zwar, von zufälligen Ausnahmen abgesehen, in mit der Spreite übereinstimmendem Sinne?). Auch beim Welken rollen sich die Spreiten ein, dann aber von beiden Seiten. Es ist nun eine bei den Marantaceen ganz allgemeine Erschei- nung, dafs von den beiden, durch die Mittelrippe geschiedenen Blatthälften die eine breiter wird als die andere. Bald zeigt sich dies vorwiegend an der Basıs (Maranta Tonckat, noctiflora u. a. — Taf. I Fig. 3, 4), bald hauptsächlich an der Spitze (Ischnosiphon obliquus, Surinamensis etc. — Fig. 3), bald ist die eine Seite im Ganzen breiter als die andere (Oalathea zebrina u. a. — Fig. 1,6). Die Differenz ist häufig nicht sehr auffallend, immer jedoch besteht sie und kann zuweilen auch einen Grad erreichen, dafs das Blatt fast Begonien -artig schief er- scheint. In der Knospenlage wird regelmälsig die breitere Hälfte von der schmäleren umschlossen, so dafs man noch an !) Die weilsen, gelben oder rosenfarbenen Streifen, welche bei manchen Arten die Oberseite der Blätter, ähnlich wie Nerven, und oft in sehr gefälliger Art durchziehen, rühren davon her, dafs an den betreffenden Stellen das unterliegende Parenchym mit zahl- reicheren und grölseren, lufthaltigen Intercellularräumen versehen ist, als an den zwischen- befindlichen grünen Streifen; auch ist an den hellen Streifen das, bei den Marantaceen allgemein vorhandene Hypoderm grolszelliger als an den grünen. Rosafärbung der Strei- fen hat ihren Grund, wie gewöhnlich, in Anwesenheit einer entsprechenden Farbstofflösung in den Zellen der Epidermis, während das Hypoderm immer farblos bleibt. Auf ähnliche Art werden auch die dunkeln, mitunter fast schwarzen Flecken und Zeiehnungen zu Stande gebracht, welche sich bei zahlreichen Arten auf der Oberseite der Blätter vorfinden und denselben ebenfalls oft ein sehr elegantes Ansehen verleihen; es ist auch hier eine Farb- stofflösung, gewöhnlich violett, in den zugehörigen Epidermiszellen vorhanden. Die Un- terseite der Blätter erscheint hiergegen gewöhnlich gleichfarbig, grün bis weilslich oder andererseits rosenroth bis violett (wiederum alsdann aus gleicher Ursache, wie oben); be- sondere Streifungen und Zeichnungen sind hier in der Regel nicht zu bemerken. ?) Wie es auch in andern Familien, Gräsern etc. die Regel ist, von der jedoch einige Araceen-Gattungen (Calla, Rhaphidophora, Tornelia, Monstera, Scindapsus) eine Aus- nahme machen, indem bei ihnen Scheide und Spreite in entgegengesetztem Sinne gerollt sind. Cf. A. Engler, Morphologische Verhältnisse der Araceen, Noy. Act. Nat. Cur. Bd. XXXIX p. 208. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 13 den entfalteten Blättern nach der Differenz der beiden Seiten die ursprüng- liche Rollung bestimmen kann. — Auch diese Verhältnisse haben in der Seitamineengruppe eine weitere Verbreitung; bei den Musaceen finden sie sich in ganz deutlicher Form wieder, bei den Cannaceen und Zingibera- ceen ist allerdings die Differenz der beiden Spreitenhälften meist nur we- nig ausgeprägt; wo sie jedoch besteht, wird in der Knospe regelmäfsig die breitere Hälfte von der schmäleren umrollt. Bei einem Theil der Marantaceen besteht nun die Regel, dafs die successiven Blätter abwechselnd in entgegengesetztem Sinne gerollt sind; ist das eine rechts gerollt, so das nächste Iınks, das dritte wieder rechts u. s. £.1). Danach fallen denn auch breite und schmale Blatthälften bei aufeinanderfolgenden Blättern auf abwechselnd entgegengesetzte Sei- ten; der Sprols im Ganzen jedoch zeigt infolge der distichen Blattordnung sämmtliche breite Hälften auf der einen, sämmtliche schmale Hälften auf der andern Seite (Taf. I Fig. 2, 4; Taf. II Fig. 7). Bei zweizeiligen Blät- tern ist dies bekanntlich die gemeine Regel, wie sie bei den Degonten, den Üupuliferen, Ulmen, Linden, von der Schiefheit der Blätter abgesehen auch bei den Gräsern mit gerollter Vernation, bei den meisten Araceen und vielfach anderwärts beobachtet wird. Unter den Marantaceen finden wir derartige Blätter, die wir als antitrop bezeichnen wollen, bei Ma- rantopsıs lutea und Schottiama, bei Maranta sanguinea, Tonckat, Porteana und noch einer Anzahl anderer Arten der nämlichen Gattung. Diesem Verhalten gegenüber steht die zweite Hälfte der Maranta- Arten und, mit Ausschluls von Marantopsis, die Gesammtheit aller übri- gen Gattungen der Familie; bei ihnen sind sämmtliche Blätter in gleichem Sinne gerollt und mögen daher homotrop heifsen. Nach der Entfaltung sind mithin die gleichnamigen, d. h. breiten oder schma- len Blatthälften, zwar bei jedem einzelnen Blatte nach der nämlichen, bei den aufeinanderfolgenden Blättern jedoch nach abwechselnd entgegenge- setzten Seiten des Stengels gerichtet (Taf. I Fig. 1, 3, 5, 6; Taf. II Fig. 8). Hierbei zeigt sich eine merkwürdige Thatsache: durch die ganze Familie !) Zur Bezeichnung der Rollung denken wir uns in das Blatt hinein, mit dem Gesicht gegen die Axe, und nennen es rechtsgerollt, wenn die rechte Seite übergreift, und linksgerollt im entgegengesetzten Falle. 14 EıIcCHLEr: hindurch so gut wie ausnahmslos sind bei Homotropie die Blätter rechts gerollt und haben daher auch sämmtlich die schmalen Hälften rechts, die breiten links (Taf. I Fig. 1,3, 5,6; Taf H Fig. 8). Ausnahmen hiervon sind mir in zweierlei Form begegnet. Einmal derart, dafs mitten zwischen den normalen Blättern ein einzelnes steht, das linksgerollt und linksschmal ist; dies habe ich bei verschiedenen Ar- ten, sowohl von Maranta als Calathea, aber immer nur als zufällige Aus- nahmserscheinung beobachtet. Zweitens, dafs ganze Exemplare umgekehrt gebildet waren, d.h. also die schmalen, in der Rollung äufsern Blatthälf- ten links zeigten; dies ist mir bei /schnosiphon lawus vorgekommen!). Es könnte dazu noch ein dritter Fall gefügt werden, dals nämlich sämmt- liche Exemplare einer und derselben Art dies letztere Verhalten zei- gen, wenn nicht die Möglichkeit bestünde, dafs die betreffenden Speci- mina in dem einzigen mir begegneten Falle dieser Art (bei einer neuen Species von /schnosiphon, die ich /. Martianus nenne), da sie von dem nämlichen Sammler und dem nämlichen Fundorte herrühren?), von einem und demselben Stocke abgenommen wären. Jedenfalls berühren solche vereinzelte Vorkommnisse nicht wesentlich die allgemeine Regel, dafs bei den Marantaceen mit homotropen Blättern diese letztern zugleich rechts- gerollt und rechts-schmal sind. Es verbindet sich mit dieser Regel noch eine zweite. Falls näm- lich bei homotropen Arten die Distichie der Blätter zur Spirale übergeht, sei es durch nachträgliche Verschiebung, wie in den oben p. 10 angeführ- ten Beispielen, sei es durch ursprüngliche Divergenzveränderung, wie in den Inflorescenzen vieler Ualathea- und Phrynium-Arten, so wird diese Spirale ausnahmslos rechtswendig?) (Taf. II Fig. 9; Taf. Ill Fig. 32). !) Bei den Exemplaren Spruce n. 1821 und denen, welche Martius bei Bahia und am Japurä (Alto Amazonas) gesammelt hat. 2) Sie sind von Martius bei der Barra do Rio Negro, jetzt Villa de Manäos aufgenommen. °) Die Spiralwendung bezeichne ich nach der herkömmlichen De Candolle’schen Terminologie, die bekanntlich dem sonstigen Gebrauch entgegengesetzt ist. Ich mufs zwar den Ausführungen Nägeli’s („Über rechts und links“, Beiträge zur wissenschaft- lichen Botanik I p. 53) beipflichten, dafs dies sowohl unzweckmälsig, als namentlich bei Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 15 Da nun bei den homotropen Marantaceen der linke Blattrand immer der innere oder anodische ist, so folgt mithin die Rollung der Blätter dem sogenannten kurzen Wege der Blattspirale. Diese Verhältnisse, so einfach und leicht zu beobachten sie sind, haben gleichwohl bisher noch so gut wie keine Beachtung gefunden!), Sie sind aber nicht nur an sich bemerkenswerth, sondern auch verwend- bar für die so schwierige systematische Gliederung der Familie. Eine ähnliche Constanz in Gestalt, Rollung und Spiralrichtung der Blätter wird sonst im Pflanzenreiche, wenigstens soweit die Phanerogamen in Betracht kommen, nur noch bei den mit den Marantaceen nächstverwandten (an- naceen und Musaceen, nicht jedoch bei den Zingiberaceen und auch sonst nirgends wieder beobachtet. Für Canna und Musa ist die constante Rechtsrollung der Blätter schon seit längerer Zeit bekannt?); sie besteht aber auch bei den übrigen Gattungen der Musaceen, mit Ausnahme nur von Hehcoma, deren Blätter antitrop sind und hierin ein bequemes Un- terscheidungsmerkmal von Musa bieten, mit der Heliconia in den Gärten oft verwechselt wird. Die Ungleichseitigkeit der Blätter ist bei (anna nur wenig, bei den Musaceen hauptsächlich an der Basis ausgeprägt, in- dem dieselbe auf der ursprünglich innern (gedeckten) Seite tiefer herab- lauft als an der andern, welche letztere also bei den homotropen Gattun- gen constant die rechte, bei Heliconia abwechselnd nach links und rechts gelegen ist. Spiralstellung der Blätter wird nur bei Musa beobachtet, wo sie für die Laubblätter meist die Divergenz 2 zeigt, um in den In- florescenzen zu 4, 75 oder verwandten Stellungen überzugehen; bei Blättern auch ungerechtfertigt ist, indem man sich in die Blätter hineindenkend, mit dem Gesicht gegen die Axe, und nun in der Spirale aufsteigend, bei einer botanisch linken Spirale sich nach rechts bewegt und umgekehrt; doch würde ein Aufgeben der alten Ter- minologie zu grolser Verwirrung führen. 1) Nur für Calathea zebrina hat Braun (Individuum 1. c.) sowohl die Rechts- rollung der Blätter als die Rechtsläufigkeit der Spirale angemerkt und auch hervorgeho- ben, dals die linke Blatthälfte breiter ist als die rechte. ?) A. Braun, über einige merkwürdige Eigenschaften der Gattung (anna, im Amtlichen Bericht über die Naturforscher-Versammlung zu Königsberg vom Jahr 1860 p- 277; Eichler über den Blüthenbau von Canna, Botan. Zeitung 1873 — für Canna; Wydler, Flora 1851 p. 117 und Wittmack, Dissertation über Musa Ensete (1867) p- 26 — für Musa. 16 EICHLER: Canna, deren Laubblätter distich stehen, ordnen sich die Hochblätter in den Blüthenständen nach 4. Auch bei diesen beiden Gattungen sind die Spiralen constant rechtsläufig!); in allen übrigen Fällen stehen Laub- und Hochblätter in 2zeiliger Alternanz. Letzteres ist auch die gewöhnliche Stellung bei den Laubblättern der Zingiberaceen; doch begesnet bei (o- sts spiralige Anordnung und zwar nach der merkwürdigen, anderwärts unter den Phanerogamen nicht wieder beobachteten Divergenz 1 oder 12), ohne Constanz indefs in der Richtung. Es möge hier noch hinzugefügt werden, dass auch die oben her- vorgehobene Rollung der Blätter nach dem kurzen Wege der Spirale, wo eine solche vorliegt, eine Eigenthümlichkeit der Marantaceen und nach dem vorhin Angeführten auch der Musaceen darstellt; in allen übrigen bekannten Fällen nämlich geht bei spiralig gestellten und gerollten Blät- tern die Rollung nach dem langen Wege, derart, dafs die „Hebungsseite“ des Blattes im Kathodos der Spirale liegt?). Fragen wir schliefslich noch, welche Ursachen diese Differenzirung von Rechts und Links bei den Marantaceen und Musaceen und welche biologische Bedeutung dieselbe etwa haben könnte, so muls ich hier die- selbe Unwissenheit bekennen, in der wir uns überall noch befinden, wo es sich bei Pflanzen um eine Constanz von Rechts und Links handelt. Soleher Fälle giebt es bekanntlich sehr viele — ich erinnere nur an die windenden Stengel, die gedrehten Blumenkronen u. s. w. —; nirgends aber noch ist es gelungen, über das Thatsächliche der Erscheinung hin- aus zu ihrer Erklärung aus mechanischen oder biologischen Gründen fort- zuschreiten. So müssen wir denn auch das Rechts und Links bei den Blättern jener beiden Pflanzengruppen vorläufig als unerklärte Eigenthüm- lichkeit derselben hinnehmen. 1) Cf. Wydler, Braun, Wittmack und Eichler ll. ce.; s. auch Braun, Ord- nung der Schuppen an den Tannenzapfen p. 301. ?) Bereits notirt von Braun, Tannenzapfen p. 329 und von Wydler, Flora 1851 p. 117. 3) Vergl. Wydler, Flora 1. ce. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 17 Anhangsweise sei es gestattet, hier die mir bekannt gewordenen Vorkommnisse eines constanten Rechts und Links bei Pflanzen oder Pflanzentheilen zusammenzustellen. Aufser der Literatur und eigenen Beobachtungen habe ich mich hierfür namentlich auch der Aufzeichnungen in Alexander Braun’s handschriftlichem Nachlasse bedient; die Liste macht jedoch durchaus keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Es sei noch voraus- geschickt, dafs, wo Gattungs- oder Familiennamen genannt werden,, nur solche Arten der betreffenden Gruppen gemeint sind, welche überhaupt unter die einschlägigen Rubriken fallen. A. Windende Stengel. Vergl. hierzu insbesondere: Hugo Mohl, über den Bau und das Winden der Ranken- und Schlingpflanzen, Tübingen 1827; L. H. Palm, über das Winden der Pflanzen, Tü- bingen 1828; Darwin, on the movements and habit of climbing plants, Journ. Linn. Soc. vol. IX (1868) p. 1 ff. — Einiges auch in De Candolle’s Prodromus, bei den be- züglichen Familien. Links: Rechts: Filices: Lygodium, mit Ausnahme weniger Arten, bei welchen sowohl Links- als Rechtswindung vorkommt (8. u.) !). Liliaceae (s. lat.). Bowiea, Thysanotus, Ruscus, Rhipogonum, | Geitonoplesium, Lapageria. Roxburghia. Amaryllidaceae: Alstroemeria. Dioscoreaceae. Dioscorea Batatas, alata u.a. Dioscorea sativa, villosa etc. Rajania brasiliensis. Rajania hastata. Helmia trifoliata, convolvulacea u. a. Helmia dumetorum, multiflora. Tamus, Testudinaria. Urticaceae: Humulus. Aristolochiaceae. Polygonaceae: Polygonum. Basellaceae. Lauraceae: (Cassytha (doch C. flava mit gemischter Windung, Ss. u.). | 1) Es ist bei Zygodium allerdings nicht der Stengel, welcher windet, sondern der hier be- kanntlich stengelähnliche, gemeinsame Blattstiel. Phys. Cl. 1883. Abh. 1. 3 18 Links: Lardizabalaceae. Menispermaceae. Ranunculaceae: Aconitum volubile. Violaceae: Anchietea. Ternstroemiaceae: Actinidia. Malpighiaceae. Polygalaceae: Securidaca, Comesperma. Celastraceae: Celastrus. Pittosporaceae. Euphorbiaceae: Dalechampia, Tragia, Plu- kenetia. Passifloraceae. Combretaceae. Leguminosae.!) Convolvulaceae (incl. Cuscuteae). Asperifolieae: Tournefortia. Lentibulariaceae: Utrieularia volubilis. Bignoniaceae. EICHLER: Rechts: Schizandraceae. Dilleniaceae. Rhamnaceae: Berchemia. Sawifragaceae: Roussaea. Plumbaginaceae: Plumbago. Acanthaceae: Thunbergia, Adhatoda. Verbenaceae: Petrea u.a. Jasminaceae. Loganiaceae. Apocynaceae. Asclepiadaceae. Campanulaceae: Cyphia (andere mit wech- selnder Windung s. u.). Cucurbitaceae: Ceratosicyos. Compositae: Mutisia, Senecio, Microglossa u. a. (Mikania mit wechselnder Win- dung Ss. u.). Olerodendron Thomsonae. Gentianaceae: Orawfurdia. | Rubiaceae: Manettia, Paederia, Uncaria u. a. Caprifoliaceae: Lonicera. !) Auch Abrus precatorius, der von Mohl als rechtswindend angegeben wird; cf. A. Braun, über den schiefen Verlauf der Holzfaser, p- 439 in Anm. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 19 Pflanzen mit wechselnder Windungsrichtung, bald rechts bald links, an verschie- denen Sprossen oder auch an den nämlichen und unabhängig von der Blattstellung, sind folgende (vergl. dazu A. Braun, über den schiefen Verlauf der Holzfaser, Monatsber. der Akad. d. W. zu Berlin 1354 p. 439 in Anm.): Lygodium scandens und japonicum; Medeola asparagoides und Asparagus vertieillatus; Loranthus (Struthanthus) complexus (Eichl.); Mühlenbeckia complexa, varians, appressa, sagittifolia; Cassytha flava; Hippocratea Schimperiana; Solanum Dulcamara; Campanula lanceolata, Codonopsis rotundifolia; Valeriana Phaseoli; Mikania cordifolia und speciosa. Ganz besonders schön ist die wechselnde Windung ausgeprägt bei verschiedenen Loa- saceen, wie Loasa aurantiaca, Cajophora lateritia und Scyphanthus elegans. B. Gedrehte, nicht windende Stengel. Links: Rechts: Charäceae. Eriocaulaceae, Blüthenschäfte. Xyridaceae, Blüthenschäfte, Chamagrostis, Schäfte. Lavandula pinnata, Rachis. Über innere, zuweilen auch äulserlich sichtbare Drehungen von Holzstämmen vergl. die Zusammenstellung von A. Braun in der Abhandlung über den schiefen Ver- lauf der Holzfaser. Derselben sind auch die obigen Beispiele entnommen. C. Spirale der Blätter. Links: Rechts: Chondriopsis tenuissima; Polysiphonia fibrata, | Die homotropen Marantaceae und Musaceae Brodiaei, sertularioides, elongata (nach im Falle von Spiralstellung der Blätter; Kny, üb. Axillarknospen bei Florideen). Hochblätter von (anna. D. Gestalt der Blätter. Links breit — Rechts schmal: Die homotropen Marantaceae und Musaceae, sowie (anna. E. Gedrehte Blätter. (Alles nach Braun Mpt.) Links: | Rechts: Eriophorum. | Apera Spica venti, Setaria glauca, Festuca Lolium linicola, Briza minor, Brachypodium, rubra u. Verw., die meisten Getreide- Festuca pratensis u. a. Arten der Gat- arten, wie Gerste, Weizen, Roggen. tung, Hierochloa odorata. | Allium nutans, fallax, ursinum, Moly u. a. 3*+ Links: Allium sativum, Scorodoprasum, Porrum, ca- rinatum u.a. Gladiolus psittacinus. Thrinax humilis (die Segmente). Pincenectitia tubereulata (die hängenden Blät- ter). Carlina (die Involueralblätter). F. Aestivatio EICHLER: Rechts: Nareissus poeticus, Muscari botryoides, Al- stroemeria (diese durch Rechtsdrehung resupinirend). Butomus umbellatus. Xerotes flexifolia. Typha. Aldrovandia vesiculosa (cf. Caspary in Bot. Ztg. 1859). Arten von Protea, Persoonia, Leucadendron, Hakea u. a. Proteaceen; durch Rechts- drehung ihre Blätter vertikal stellend. convolutiva.!) Als links bezeichnen wir die Convolution, wenn die betr. Blätter, vom Rücken her betrachtet, mit dem linken Rande übergreifen, und als rechts im umgekehrten Falle. Die zuweilen angewandte und eine umgekehrte Terminologie mit sich bringende Betrach- tung der Blätter von der Axe her ist hier so wenig gerechtfertigt, als in andern Fällen. Links: Rechts: a. Laubblätter. Die Einzelblätter der homotropen Maranta- ceen und Musaceen, sowie von (anna; Blattquirl von Paris quadrifolia. b. Kelch (K) und Krone (C). Tigridia, K. Viele Bromeliaceae, K. Philesia buzifolia, C. Mirabilis, Oxybaphus, Perigon; Bougainvillea, | Perigonröhre nach dem Verblühen. Papaver Argemone, K. Philadelphus, C. Turneraceae, C. Paris quadrifolia, K. Iris, K und © (nieht ganz constant). Tigridia, C. Viele Bromeliaceae, C. Philesia buxifolia, K. Caryophyllaceae $ Diantheae, C (mit einzel- nen Ausnahmen). Papaveraceae, K, meist. Limnanthaceae, C. Onagraceae, C (exel. Lopezia). !) Vgl. hierzu besonders Eichler, Blüthendiagramme. Beiträge zur Morphologie und Links: Heterocentron u. a. Melastomaceae, K. Ardisia u. a. Myrsineae, C. Eranthemum, Whitefieldia, Thunbergia u. a. Acanthaceae, C. Systematik der Marantaceen. 21 | Rechts: Haloragis, Myriophyllum, C (mit Ausnah- men). Melastomaceae, C. Ericaceae $ Ericeae, C. Epaeris, C. Anagallis, Trientalis, die meisten Lysima- chien, C. Armeria, C. Convolvulaceae, ©. Datura, C. Ohionanthus, Nycetanthes, C. Gentianaceae, C (meist). Loganiaceae. Geniostoma, C. Fagraea, Potalia, C. Apocynaceae. Vinca, Allamanda, Hancornia, Plumiera, Aspi- dosperma, Tabernaemontana u. a., C. Anpocynum, Nerium, Echites, Dipladenia u.a., C. ‚pocynum, > A Asclepiadaceae. Verschiedene Periploceae, C. G. Gedrehte Links: Cypripedium laevigatum, die innern Petala, excl. Labell. Phaseolus, die Carina. Lopezia, das Filament. Campanula patula und Phyteuma camescens, die Antheren. (Braun, Mpt.) Dianthus, die Griffel. Secamone, Oxypetalum, Periploca u. a., C. Blüthentheile. Rechts: Triekopilium tortile, sämmlliche Petala mit Ausnahme des Labells. \ Erythraea und Chironia, die Antheren. | Juncus Jacquini, castaneus, trifidus, Luzula campestris, die Narben. (Braun, Mpt.) Narben von Begonia: der rechte Schenkel. der linke Schenkel. EICHLER: H.. Gedrehte Früchte, Samen und Sporen. Links: Ailanthus glaudulosa, Spitzen der Fruchtflü- gel. (Braun, Mpt.) Fraxinus sambucifolia, der Fruchtflügel. Prosopis (Strombocarpus) pubescens, Frucht. Erodium, Fruchtschnäbel. Rechts: Streptocarpus polyanthus, Frucht. Phalaenopsis Schilleriana, desgl. (Braun, Mpt.) Medicago, Früchte, meist.!) Dryas octopetala, die Gesammtheit der Frucht- schwänze. (Braun, Mpt.) Cyrtanthemum hirsutum, Besleria lutea u. a. Gesneriaceae, Samenschale. (Braun, Mpt.) Characeae, Berindungsschläuche der Sporen. Aufgesprungene Hülsen der Leguminosae: linke Fruchtklappe. rechte Fruchtklappe. I. Gedrehte Haare und Emergenzen. Links: Haare von Pulsatilla. Borsten des Receptaculums von Cnicus bene- dietus. Spreublättchen von Centaurea Scabiosa, Ja- cea, phrygia und paniculata, beim Trock- (ef. Wichura, Verhandlung. der Cultur nen. Schles. Gesellschaft für vater]. 1852 p. 81.) Paleae von Blechnum magellanicum Mett. und Lomaria Boryana Schlecht. (Braun, Mpt.) K. Drehungen Links: Seta von Orthotrichum, Grimmia, Weissia, Didymodon, Dieranella, Syntrichia subu- lata, Encalypta ciliata, streptocarpa und vieler anderer Moose. (Braun, Mpt.) | Rechts: Haare des Callus von Calamagrostis lanceo- lata. Haare von Luzula silvatica, pilosa, campestris (beim Anfeuchten sich links aufdrehend). Paleae von Aspidium stramineum Kaulf. und Polypodium hispidum Wiälld. (Braun, Mpt.) vermischter Art. Rechts: Seta von Polytrichum, Syrrhopodon, Bryum Dwvalü, Encalypta vulgaris, Dieranum scoparium, Hypnum loreum, rusciforme u. vieler anderer Moose. (Braun, Mpt.) !) Cf. Urban, über Keimung, Blüthen- und Fruchtbildung in der Gattuug Medicago, Berlin 1873, p. 18 £. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 23 Unten rechts, oben links gedreht ist die Seta bei Aulacomnion palustre, Mnium cinclidioi- des, Tetraphis pellucida, Trichostomum tortile, Barbula muralis, rigida, aloides, Diera- num heteromallum, Hypnum undulatum, H. Crista castrensis u.a. Unten links, oben rechts gedreht begegnet die Seta bei Funaria hygrometrica und Physco- mitrium pyriforme. Auch Kapsel, Haube, Deckel und Peristom zeigen bei vielen Moosen constante Drehungs- richtungen. (Alles nach Braun Mpt.) Links: Die Elateren der Equisetaceen; desgleichen die spiraligen Verdickungen in den Zel- len des Sporensacks der nämlichen Fa- milie (Braun in Sitzungsber. der Ge- sellschaft naturf. Freunde vom 13. Dee. 1855). Spirotaenia, das Chlorophyliband (Braun Ito)s Oseillaria, Spirillum, die meisten Spirulinen, Windung und Drehung der Fäden (Nä- geli, Beiträge zur wiss. Bot. I p. 95). Drehung der Schwärmsporen von Uhlamido- coccus und Oedogonium (Braun, Verjün- gung p. 227); bei Chlamidococeus indels nach Wichura, Abhandlung. d. schles. Gesellschaft f. vaterländ. Cultur 1852 p. 73, bald rechts, bald links. Schwärmsporendrehung von Trentepohlia au- rea (N. Wille in Botaniska Notiser 1878 p- 168).1) Drehung der Spermatozoiden bei den Far- nen (Nägeli l.c., auch Braun). Rechts: Die schraubigen Verdickungen in den ERlate- ren der Lebermoose (Braun, Sitzungs- berichte 1. e.). Spirogyra und Sirogonium, die Chlorophyll- bänder (Braun |. c.). Spirulina Jenneri, Windung und Drehung der Fäden (Braun in Bot. Ztg. 1852 p- 396). Drehung der Coenobien (Braun, Verjüngung 1. c.); nach Nä- geli nicht ganz constant. Drehung der Schwärmsporen von Vaucheria (Unger, die Pflanze im Moment der Thierwerdung p. 31; Braun, Verjün- gung 1]. e.). von FPandorina Drehung der Schwärmsporen von Ulothrix speciosa, Stigeoclonium insigne, Tetraspo- ra lubrica (Nägeli, Beitr. zur wiss. Bot. I p. 97); die Schwärmsporen von Ulothrix zonata drehen nach Dodel (Pringsheim’s Jahrb. X p. 62) vorwie- gend links, doch auch abwechselnd links und rechts. Drehung der Spermatozoiden bei den Cha- raceen (Braun). ’) Nach Wille, brieflich. 94 EICHLER: IE 7 Die Zweise, Unter dieser Überschrift wollen wir nur die vegetativen Verzwei- gungen betrachten, die der Inflorescenz angehörigen sollen im nächsten Abschnitt besprochen werden. Von den unterirdischen, das Rhizom fort- bildenden Verzweigungen war bereits im I. Abschnitte die Rede; dem dort Gesagten habe ich hier blos noch hinzuzufügen, dafs diese Zweige immer nur einzeln in den Winkeln ihrer Deckblätter entspringen und aulser einem adossirten Vor- oder Grundblatt mindestens noch 1, öfter jedoch zahlreiche Niederblätter entwickeln, bevor sie zur Laubbildung übergehen. Ihr Grundblatt ist stets steril, die folgenden Blätter können sämmtlich Achselsprosse erzeugen. Die oberirdischen Zweige bilden sich, wie oben p. 9 bereits ange- merkt wurde, bei 1 blättrigen Knoten meist aus den Achseln sämmtlicher Blätter; sind die Knoten mehrblättrig, so bringen in der Regel nur die un- tersten Achseln Zweige zu Stande!). Dies gilt nicht blos für den ent- wickelten Stengel, sondern auch für die, ja gleichfalls einen „mehrblättri- gen Knoten“ darstellende Bodenlaube. Bei mehrblättrigen Knoten, die Bodenlaube mit eingerechnet, habe ich meist nur einen einzigen Zweig in den Winkeln der fertilen Blätter angetroffen; bei 1blättrigen Knoten sind jedoch ganz gewöhnlich 2, 3 und selbst 4 Sprosse in der nämlichen Blattachsel vorhanden, von wel- chen allerdings in der Regel nur einer kräftig entwickelt wird (bei Ma- ranta bicolor und Verwandten jedoch oft auch 2), während die anderen mehr oder weniger im Knospenzustande verbleiben. Ersterer steht im- mer zu oberst, die übrigen folgen, schrittweise kleiner werdend und zu- letzt oft ganz rudimentär, nach abwärts in einer geraden oder etwas ge- bogenen Medianzeile. Sie nehmen sich auf den ersten Blick aus, wie se- rıale Beisprosse; doch wird sich zeigen, dafs sie dies nicht sind. Die Zweige beginnen allerwärts mit einem adossirten Grundblatt, das stets steril, durch den Druck gegen die Abstammungsaxe 2kielig und !) Die obern Blätter können hierbei jedoch Knospen in den Achseln haben. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 25 mit wenigen Ausnahmen exact grundständig ist!). Hierauf können sofort die Laubblätter folgen, oder es kommen vor letzteren erst noch 1 oder mehrere Niederblätter zur Entwickelung, die wir hier Zwischenblätter nennen wollen. Am öftesten ist nur 1 Zwischenblatt vorhanden; 1—3 finden sich bei Maranta sangwinea und Ischnosiphon gracihs, 1—2 bei Ma- ranta pilosa und Marantopsıs lutea; höhere Zahlen als diese sind mir nur bei Zweigen aus der Bodenlaube vorgekommen und auch hier nur ver- einzelt (z. B. bei Maranta setosa). Ist das erste Blatt nach dem Grundblatt ein Nieder- oder Zwischen- blatt, so steht es entweder median nach vorn oder bei Abweichung von der Mediane im vordern Halbkreis bis zum Transversalen (Taf. II, Fig. 10, 12—15); ist dagegen das erste Blatt ein Laubblatt, so steht es im hinteren Halbkreis, ebenfalls vom Medianen (Fig. 11) bis zum Trans- versalen variirend. Handelt es sich um Arten mit homotropen Blättern, so ist bei Anwesenheit eines Zwischenblatts die rechte Hälfte des vor- deren Halbkreises (der rechts-vordere Quadrant) das Gebiet, in welchem sich das Zwischenblatt bewegt (Fig. 12, 13, 14); beim Fehlen desselben haben wir dagegen das erste Laubblatt im Quadranten hinten nach links (Fig. 11, 17). Da nun dies eine Stellung ist, welche das erste Laubblatt zufolge der Distichie auch erhalten würde bei Anwesenheit eines Zwischen- blatts im rechts-vorderen Quadranten (vergl. Fig. 11 mit 10, 17 mit 21) und da sie ohne dasselbe mit den Regeln der Blattstellung nicht verein- bar wäre, weil das Laubblatt mehr weniger genau dem Grundblatt super- ponirt sein würde, anstatt von ihm hinwegzufallen?), so wird die An- nahme nahe gelest, dafs beim Fehlen eines Zwischenblatts dasselbe unter- drückt sei. Ob entwickelt oder nicht, würde mithin das Zwischenblatt 1) Auf kurzem Internodium aus der Tragblattachsel emporgehoben ist es z. B. bei Maranta bicolor. 2) Es giebt allerdings, wie man weils, einige Fälle, in welchen Vorblatt und nächstfolgendes Blatt des Zweiges einander superponirt sind: (alla, Raphidophora, Ste- notaphrum, Tofieldia, Colehicum, Bulbocodium; allein sie alle erscheinen als Ausnahmen, die einer Erklärung bedürfen. Der in meinen Blüthendiagrammen Bd. II p. 179 nach Cas- pary dargestellte Fall von Superposition zweier consecutiver Blätter bei Nelumbo ist mittlerweile von Warming auf das normale Verhalten zurückgeführt worden (Kopenha- gener Videnskabelige Meddelelser 1879/80 p. 444 ff. tab. 8). Phys. Cl. 1883. Abh.I. 4 26 EICHLER: bei den homotropen Marantaceen immer seinen Platz im rechts-vorde- ren Quadranten haben; der Weg vom Grundblatte aus geschähe daher, wenn nicht gerade mit 4 Divergenz, wie in Fig. 10, unter Wendung nach Rechts (Fig. 12, 13). Es kommt sonach hier wieder die bereits im vorigen Abschnitt betonte Regel zum Vorschein, dafs beim Auftreten spiraliger Blattstellung oder, was dasselbe ist, bei Divergenzen die kleiner sind als 4, die Richtung der Spirale bei den Marantaceen immer eine rechtsläufige ist. Dafs das Zwischenblatt in den Fällen, wo es fehlt, wirklich nur unterdrückt ist, bewahrheitet sich noch durch eine andere Erscheinung. Das Grundblatt ist, wie wir sahen, immer steril; das Zwischenblatt kann jedoch einen Axillarsprols erzeugen. Indem derselbe nach einem adossir- ten Grundblatt ebenfalls ein Zwischenblatt bringt, das den Procefs wie- derholen kann, so entsteht dadurch eine sichelartige Sprofskette, welche bei medianer Stellung des Zwischenblatts das Bild von Fig. 16 bietet; jeder Zweig ist hier von dem nächstälteren durch ein 2kieliges Grund- blatt y gesondert, die Zwischenblätter z der verschiedenen Generationen liegen alle auf der Vorderseite. Indem hierbei die Zwischenblätter und ihre Achselproducte ebensowohl der Basis benachbart bleiben, wie die Grundblätter (ef. Fig. 17«), so kommen auf diese Art jene Zeilen der nach abwärts sich verjüngenden Achselsprosse zu Stande, von welchen oben die Rede war. Ganz dieselben Sprolsaggregationen aber werden auch dort angetroffen, wo Zwischenblätter fehlen; die Secundansprosse entstehen dann ohne entwickelte Deckblätter und das Bild einer Sprofs- zeile gestaltet sich wie in Fig. 17. Von dem unterdrückten Zwischenblatt ist ein Rudiment in den be- treffenden Fällen nicht nachzuweisen. Trotzdem halte ich die Annahme eines Abortus durch die oben angeführten Thatsachen für hinlänglich begrün- det; will man sie nicht zulassen, so bleibt unverstanden, erstlich, warum beim Fehlen des Zwischenblatts das erste Laubblatt über dem Grundblatt steht, zweitens, wie jene axillaren Sprolsaggregationen, denen Zwischen- blätter fehlen (Fig. 17), zu Stande kommen. Das vorstehend Auseinandergesetzte bezieht sich zunächst nur auf die Marantaceen mit homotropen Blättern. In der Hauptsache gilt es jedoch auch für die antitropen Arten, nur dals bei diesen statt der Be- Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 27 ziehung auf rechts und links, eine solche zur Symmetrie der Abstam- mungsaxe eintritt. Falls nämlich hier die Distichie-Ebene der Achsel- sprosse von der Mediane abweicht, so gestalten sich dieselben nicht, wie bei den homotropen Arten, ebenbildlich gleich, sondern abwechselnd spie- gelbildlich gleich, wie solches ja auch zufolge der Antitropie bei den suc- cessiven Blättern und damit den ganzen einander gegenüberliegenden Blattzeilen der Fall ist. Ist das erste Blatt ein Zwischenblatt, so steht es hierbei regelmälsig auf Seite der breiten Blatthälfte (Fig. 14, 15), ist es ein Laubblatt, auf der schmalen; da nun ferner, wie im vorigen Falle, bei den axillaren Sprolsgruppen Zwischenblätter bald vorhanden sein kön- nen, bald fehlen, so rechtfertigt sich auch hier die Annahme, dafs bei Abwesenheit eines Zwischenblatts dasselbe unterdrückt sei. Das Zwischenblatt der homotropen Marantaceen steht bei Abwei- chung von der Mediane, wie wir sahen, immer rechts von derselben, sei es entwickelt oder nicht; es ist das die Seite der schmäleren, in der Knospe äufsern Hälfte des Tragblatts (cf. Fig. 12, 13). Bei den antitro- pen Arten jedoch steht es umgekehrt auf Seite der breiteren Blatthälfte, welche in der Knospe die innere ist (Fig. 14, 15). Seine Stellung dürfte mithin nicht von äufserlich mechanischen Verhältnissen des Tragblatts, etwa von dessen Form oder Druck bestimmt werden, sondern in innern Ursachen ihren Grund haben, die uns vorläufig unbekannt sind. Ich er- innere daran, dafs sich gelegentlich auch ein einzelnes Blatt verkehrt rol- len kann, ohne dafs die folgenden dadurch beeinflulst werden (ef. p. 14); dies ist gleichfalls einer blos mechanischen Erklärung der hier vorkom- menden Verhältnisse nicht günstig. Durch das Zwischenblatt, resp. das erste derselben, ist die Stel- lung der nun folgenden Blätter bestimmt, da hier immer 2zeilise Alter- nanz besteht; beim Fehlen des Zwischenblatts hat man vom untersten Laubblatt an auf ersteres zurückzuschliefsen. Anwesenheit, resp. Fehlen der Zwischenblätter, ist für die einzelnen Arten constant; die Gattungen betreffend, so zeigt Maranta (im Körnicke’schen Sinne) bei den homo- tropen Arten sich ohne Zwischenblatt, bei den antitropen variabel; letz- teres ist auch bei Marantopsis, einer gleichfalls antitrop beblätterten Gat- tung der Fall, indem M. lutea 1—2 Zwischenblätter besitzt, M. Schot- tana derselben entbehrt; bei den übrigen Gattungen ist fast stets zum 4* 28 EICHLER: mindesten, aber auch am öftesten, 1 Zwischenblatt vorhanden. In der Gröfse des Winkels, welchen die Distichie-Ebene des Zweiges mit der Mediane bildet, herrscht im Allgemeinen keine Beständigkeit; selbst bei einer und derselben Art, z. B. Maranta sanguinea, kann derselbe von 0° bis zu 90° varliren. Dabei geschieht es häufig, dafs die ursprüngliche Stellung durch nachträgliche Drehungen verändert wird, so dafs z. B. ursprüngliche Me- dianstellung der Blätter später zum Transversalen übergeht (Maranta Tonckat, noctiflora u. a.) oder umgekehrt, (gelegentlich bei Maranta Steud- neri, sanguinea, Marantopsıs lutea etc.). Es bleibt noch festzustellen, welche Beziehungen die Rollung und Ungleichseitigkeit der Blätter der Zweige zu denen der relativen Haupt- axen zeigen. Hierbei brauchen indefs blos die antitropen Arten berück- sichtist zu werden, da ja bei den homotropen die Blätter, wie am Hauptstengel, so auch an allen Zweigen rechts-gerollt und rechts-schmal sind. Für die antitropen Marantaceen aber besteht zunächst die Regel, dafs bei transversaler Distichie alle deckenden, schmäleren Blatthälften gegen das Tragblatt, alle gedeckten, breiteren gegen die Abstammungsaxe hin gerichtet sind!); bei der Entfaltung richten sich oft zugleich die breiten Seiten alle nach unten, die schmalen nach oben (namentlich hübsch bei den aus der Bodenlaube keimenden Zweigen von Maranta Porteana, sanguinea, compressa, Luschnathiana u. a. zu sehen). Denkt man sich nun von jener Transversalstellung aus die Blattebene des Zweigs derart gedreht, dafs die Seite der breiteren (gedeckten) Blatthälften sich der gleichnamigen Seite der Abstammungsaxe zukehrt (cf. Fig. 14, 15), so erhält man den Übergang durch schräge zur medianen Distichie, wie er sowohl bei ursprünglichem Vorhandensein dieser Stellüngen, als bei nach- träglicher Drehung beobachtet wird. Noch sei erwähnt, dafs die angegebenen Rollungsregeln, sowohl bei antitropen als homotropen Arten, wesentlich nur für die Laubblätter gel- ten; die Zwischenblätter zeigen darin keine Constanz und was das Grund- blatt betrifft, so pflegt dasselbe mit Vorliebe seine Ränder in entgegen- gesetztem Sinne als beim zugehörigen Tragblatt übereinanderzulegen (s. Fig. 10, 11). 1) Beim ersten Blatt zuweilen Ausnahmen beobachtet, z. B. bei Marantopsis lutea. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 29 IV. Die Blüthenstände. Die Blüthenstände, über deren Stellung an der Pflanze im Ganzen bereits Eingangsı kurz die Rede war, folgen im Allgemeinen dem botry- tischen Typns: an einer gemeinsamen Axe ist eine gröfsere oder gerin- gere Zahl von Hochblättern aufgereiht, aus deren Achseln Blüthen oder richtiger Gruppen von solchen entspringen. Durch Verzweigung aus den Winkeln der untern Hochblätter und Wiederholung des Vorgangs an den Zweigen kann die Inflorescenz rispig, sowie durch Nebenzweige aus den Winkeln der obersten Laubblätter noch weiter bereichert werden; bei (ala- thea bleibt sie jedoch der Regel nach einfach ährig, kopfig oder zapfen- förmig. Die Anordnung der Hochblätter ist in den meisten Fällen, bei den antitropen Arten stets, 2zeilig alternirend, in Fortsetzung der voraus- gehenden Distichie der Laubblätter; bei vielen Calathea- und Phrymium- Arten wird sie jedoch spiralig, nach 2, & und höheren Divergenzen und zugleich, wie schon früher (p. 14) hervorgehoben, mit constanter Rechts- wendung der Spirale, sowohl an der Hauptspindel als an deren Verzwei- gungen, wo solche (wie bei den aus 3 Generationen von Ähren zusammen- gesetzten Köpfen des Phrynuum capıtatum) vorhanden sind. Die Hochblätter zeigen zwar oftmals, wie die Blattscheiden, eine Deckung der Ränder, namentlich bei 2zeiliger Anordnung, doch bestehen darın im Allgemeinen die bei den Laubblättern auseinandergesetzten Re- geln nicht. Nur in wenigen Fällen begegnet in Übereinstimmung mit den Laubblättern eine constante Rechtsdeckung, z. B. bei /schnosiphon obliquus und /. Arouma; bei der ebenfalls homotropen Maranta bicolor zeigen je- doch die Hochblätter mit ziemlicher Regelmäfsigkeit antitrope Deckung. Bei den Maranten aus den Körnicke’schen Untergattungen Sa- ranthe und Xerolepis, in geringerem Grade auch bei dem Subgenus Stromanthe, sowie in den Gattungen Marantopsis und Thalia, erscheinen die Hochblätter bei 2zeiliger Stellung einseitig zusammengeschoben (Fig. 21). Diese Convergenz besteht schon in der Anlage (s. Fig. 59 Taf. V) und wird zuweilen, z. B. bei Marantopsis lutea und Maranta lep- 30 EICHLER: tostachya, späterhin dadurch noch verstärkt, dafs die Hochblätter sich auf der Divergenzseite von der Rachis ablösen und an dieser vorbei nach einwärts biegen (vergl. Fig. 22a u. b). Es sind theils homotrope, theils antitrope Arten, bei welchen derart einseitige Inflorescenzen vorkommen; die Convergenz der Hochblätter findet in ihnen stets nach der nämlichen Seite hin statt, sowohl an der Hauptaxe, als an sämmtlichen etwa vor- handenen Verzweigungen. Die antitropen Arten zeigen hierbei die Regel, von der mir eine Ausnahme nicht begegnet ist, dafs die Öonvergenz stets nach der Seite der schmalen Blatthälften hin erfolst (Fig. 21a u. b); bei den homotropen kann ein gleiches natürlich nicht stattfinden, da hier die homologen Blatthälften auf abwechselnd verschiedenen Seiten des Sten- gels stehen; auch gelang es nicht, eine constante Beziehung etwa zum letztvoraufgehenden Laubblatt zu ermitteln, nur bei den axillaren Ähren der Maranta leptostachya fand ich die Convergenz immer nach der lin- ken, breitern, ursprünglich innern Seite des Tragblatts hingewendet. Die geschilderte Convergenz ist, wo sie überhaupt vorkommt, ebenso merklich bei aufrechten, wie bei geneigten und hängenden Inflo- rescenzen und fällt durchaus nicht immer mit hinten und vorn, oben und unten zusammen!). Die Bezeichnung „dorsiventral“ läfst sich daher für diese Inflorescenzen eigentlich nicht gut anwenden; doch will ich einen andern Namen dafür nicht vorschlagen. In der Verzweigungsweise der Blüthenstände herrschen dieselben Regeln wie bei den Laubaxen. Das adossirte 2kielige Grundblatt ist stets vorhanden; bei den Arten, die an den Laubzweigen ein Zwischenblatt ha- ben, wird ein solches meist auch an den Blüthenstandszweigen angetroffen und fehlt hinwieder hier, wenn es dort mangelt?). Seine Stellung ist am öftesten median odr schräg nach vorn, seltner transversal (Marantopsis hutea, Thalia dealbata, Fig. 18, doch bei letzterer nicht regelmäfsig); das nun folgende, gewöhnlich durch ein Internodium abgerückte und die Di- 1) Bei Medianstellung der Brakteenzeilen, dem gewöhnlichen Fall, ist es viel- mehr ein rechts und links, nur bei Transversalstellung ein hinten und vorn. 2) Bei Maranta sanguinea fehlt es an den Inflorescenzzweigen, obwohl die Laub- zweige 1—3 Zwischenblätter besitzen; bei Marantopsis lutea zeigt es eine Neigung zum Schwinden und bleibt zuweilen bei den obern Zweigen der Inflorescenz aus. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. sl stichie der weiter anschliefsenden Braeteen einleitende Hochblatt steht ihm meist diametral gegenüber, also nach hinten (Fig. 19) 1). Dieselbe Stellung zeigt das erste Hochblatt auch dann, wenn das Zwischenblatt fehlt (Fig. 20); wiederum ist daraus auf Unterdrückung des letztern zu schlies- sen. Und ebenso schliefslich, wie an den Laubzweigen, kann auch das Zwischenblatt der Inflorescenzzweige eine sichelartige Weiterverzweigung derselben einleiten?) (Fig. 18—20); ja dies geschieht in den Blüthenstän- den sowohl viel allgemeiner wie bei den Laubzweigen, als auch zu hö- hern Graden hinauf, sodafs man z. B. bei Thalia dealbata, Ischnosiphon obliquus, Maranta sanguwinea u. a. nicht selten 4, 5 und selbst 6 solcher Sichelzweige antrifft. Stimmt dies alles im Wesentlichen mit der Verzwei- gungsart der Laubsprosse überein, so begegnet doch eine Abweichung darin, dafs die Stellung des Zwischenblatts und seiner Achselproducte bei den homotropen Arten auch links nach vorn sein kann (Fig. 18) und dafs sie überhaupt nicht den bei den Laubsprossen kennen gelernten Re- geln folgt, bis auf die eine, dafs das Zwischenblatt auch bei den Inflo- rescenzen immer der vordern Hälfte der Tragblattachsel angehört. Das Grundblatt ist auch an den Blüthenstandszweigen stets steril; die Achselsprosse der Zwischenblätter werden immer wieder zu Blüthen- standszweigen, niemals zu Einzelblüthen (resp. Blüthenpaaren), die nun folgenden Hochblätter können das eine wie das andere bringen. Ent- wickeln sie Zweige und Blüthen zugleich, so bilden erstere die obern, letztere die untern Glieder eines wiederum sichelartigen Sprofsverbandes (Fig. 24). Wenden wir uns nun zu den letzten Auszweigungen der Inflo- rescenz, zu den Blüthen. Dieselben stehen immer paarweise in den Hoch- blattachseln, niemals einzeln; dabei bald in einem, bald in mehreren oder vielen Paaren, im letztern Falle die Paare in einer vertikalen oder, wenig gebogenen Zeile übereinander und nach unten, gegen das gemeinsame 1) Bei Ischnosiphon Parkeri scheint, nach Untersuchungen an trockenem Mate- rial, die Distichie-Ebene der Hochblätter sich mit der von Grund- und Zwischenblättern zu kreuzen. 2) Bei Marantopsis lutea bilden auffallender Weise die Sichelzweige eine ziem- lich genaue Medianzeile, während die Zwischenblätter transversal stehen, also seitlich von ihren Achselsprossen. 3% EICHLER: Deckblatt hin, schrittweise sich verjüngend (Fig. 26, 29—31). Sie stel- len auch hier wieder sichelartige Sprofsketten dar, in denen die Deckblät- ter der einzelnen Sprosse (die „Zwischenblätter“) bald entwickelt sind (Fig. 29— 31), bald unterdrückt (Fig. 26, 33), während die Grundblätter (g) stets angetroffen werden. Nur geht Fehlen und Vorhandensein des Zwischenblatts hier in den Blüthensicheln nicht genau parallel mit dem Verhalten der Laub- und Inflorescenzzweige; bei Calathea ist allerdings das Zwischenblatt ganz regelmäfsig vorhanden, bei den übrigen indefs kommt es nur für einzelne Arten oder als Zufälligkeit vor. Die Zahl der die Sicheln zusammensetzenden Blüthenpaare kann noch grölser werden, als die der Inflorescenzzweige; bei gewissen Arten von Calathea trifft man 12 und darüber (Fig. 29). Am öftesten sind es ihrer 2—5 (Fig. 26, 30-33); Thalia, viele Ischnosiphonen, Phrynium dichotomum, Marantopsıs lutea, einige Maranten aus der Körnicke’schen Untergattung Saranthe u. a. haben regelmäfsig nur eins (Fig. 22, 25, 27). Da die Blü- thenpaare, entsprechend ihrem Alter, in den Sicheln schrittweise von oben nach unten sich entfalten, so dauert die Blüthezeit einer Inflorescenz in Fällen ersterer Art oft sehr lange. Von den beiden Blüthen jedes Paares steht die eine rechts, die andere links zur Mediane; selten drehen sie sich nachträglich in letztere selbst hinein (Maranta arundınacea — Fig. 33). Bald sind sie mit einem gemeinsamen Stiele versehen (Arten von Maranta, Phrynium ete. — Fig. 25), bald fehlt derselbe oder ist sehr kurz (Üalathea, Ischnosiphon, Thalia ete.). Ist er vorhanden, so wird das Grundblatt des nächstuntern Paares durch den Druck dieses Stieles in gleicher Art 2kielig, wie die Grundblätter der Laub- und Inflorescenzzweige (Fig. 17, 25, 33); fehlt ein gemeinsamer Stiel und stehen also zwei völlig getrennte Blüthen hinter dem Grund- blatt, so prefst sich dieses nicht nur links und rechts neben ersteren vor- bei, sondern auch in den Raum hinein, den sie zwischen sich lassen, und wird auf diese Art 3kielig. So finden wir bei Calathea und Ischnosiphon sanz regelmälsig die Grundblätter aller Secundanpaare mit 3 Kielen aus- gestattet, 2 seitlichen und einem mittleren; nur das Grundblatt des Pri- manpaares zeigt, da die hinterliegende Axe einfach ist, blos die beiden Seitenkiele (Fig. 29—31). In der Blüthensichel von Maranta bicolor (Fig. 26) sehen wir bei den obern Paaren, die einen gemeinsamen Stiel Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 33 besitzen, die Grundblätter 2kielig; bei den untersten, deren Stiele sich zum Verschwinden verkürzen, tritt noch eın schwacher Mittelkiel auf. Ähnlich auch in andern Fällen gleicher Beschaffenheit. Einen eigenthümlichen Fall zeigt Phrynium parviflorum, Fig. 34; statt des gewöhnlichen 2kieligen Grundblatts stehen hier zwei 1kielige Blättchen hinter dem (einzigen) Blüthenpaar, in einer Öonfiguration, dafs sie, verbunden gedacht, das 2kielige Grundblatt wiederherstellen würden. Ob hier etwa eine Spaltung vorliegt, mufs dahingestellt bleiben; nicht je- doch kann daran gedacht werden, für die gewöhnlichen Grundblätter etwa eine Verwachsung aus zweien anzunehmen. Aufser mancherlei Er- scheinungen, welche uns die Kiele nur als eine Druckwirkung erkennen lassen, widerspricht dem schon die Thatsache, dafs die Grundblätter in der Anlage immer einfach sind (vergl. die oberen Figuren auf Taf. V). Die beiden Blüthen jedes Paares sind, wie wir im nächsten Ab- schnitt noch genauer sehen werden und wie im Übrigen schon längst bekannt ist, jede einzelne für sich zwar asymmetrisch, zu ein- ander aber symmetrisch gebildet. Nur hat die eine gewöhnlich ein längeres Specialstielchen als die andere oder ist allein mit einem sol- chen versehen, während die zweite desselben entbehrt; doch können, na- mentlich wo der gemeinsame Stiel fehlt, auch beide Blüthen gleichmälsig sitzend werden (Calathea-Arten, oft auch bei I/schnosiphon u. a.). Wir wollen die Blüthe mit kürzerem oder fehlendem Stielehen als untere, die andere als obere bezeichnen (u und o in den Figuren). Der gemeinsame Stiel, wo er vorhanden ist, gabelt sich gleichsam in die beiden Special- pedicelli (Fig. 25); bei beträchtlicher Längenverschiedenheit der letztern erscheint wohl auch, infolge Aufrichtens des längeren Stielchens, die obere Blüthe terminal, die untere seitlich. Die Entfaltung der beiden Blü- then geschieht entweder gleichzeitig oder bei der untern etwas früher. Innerhalb einer und der nämlichen Sichel pflegen sämmtliche obere Blüthen auf der einen, sämmtliche untere auf der andern Seite von der Mediane zu stehen (Fig. 26); in der besondern Lage dieser Seiten herrscht jedoch vielfach keine Beständigkeit. Nur hin und wieder lassen sich gewisse Regeln erkennen: so stehen bei den oben besprochenen dor- siventralen Inflorescenzen die untern Blüthen immer auf der Convergenz- seite (Fig. 22), bei den gebogenen Zeilen von Maranta bicolor hiergegen Phys. Cl. 1883. Abb. I. 5 34 EICHLER: auf Seite der Convexität des Bogens (Fig. 26); Calathea angustifoha hat dieselben constant auf der linken, in Anbetracht der Rechtswendung der Hochblattspirale also anodischen Seite; auch ist Maranta arundinacea darin beständig, dafs die untern Blüthen bei der nachträglichen Verschie- bung aus der ursprünglichen Querstellung median hinter die oberen zu stehen kommen (Fig. 33). Die Blüthen der Paare entbehren gewöhnlich besonderer oder „Specialdeckblätter“; doch giebt es einige Fälle, in welchen solche regel- mälsig und an beiden Blüthen angetroffen werden (Calathea Baraquıinıana Regel, undulata Lind. et Andre, albicans Brongn. — Fig. 30, 31), und an- dere, wo sie nur gelegentlich und nur an einer oder der andern Blüthe auftreten (Calathea Warscewiezu, Ö. pardina, Maranta Riedehiana und Lusch- nathiana). Hiergegen sind Speecialvorblätter für die einzelnen Blüthen ein häufigeres Vorkommnils; dabei hat entweder jede Blüthe eins, oder blos eine Blüthe jedes Paares, oder aber es sind nur einzelne Blüthen der Si- chel damit ausgestattet. Noch öfter schliefslich fehlen sie ganz und über- dies können bei manchen Arten, namentlich der Gattung Calathea, solche Blättchen bald vorhanden sein, bald fehlen. Sie zeigen die Gestalt schma- ler, oft flügelartig gekielter Schüppchen; ihre Stellung ist gewöhnlich schräg nach hinten auf den einander zugekehrten Seiten der beiden Blü- then (Fig. 27, 29, 31); bei Maranta setosa befinden sie sich jedoch mit- ten zwischen den beiden Blüthen, mit Rücksicht auf jede einzelne also adossirt, und werden hier zufolge der Raum- und Druckverhältnisse un- gleich 2kielig (Fig. 35 v, u. v,). — Nach dem oben Gesagten ist auf An- oder Abwesenheit dieser Blättchen ein besonderer systematischer Werth nicht zu legen; doch scheinen sie bei den Maranten aus den Gruppen Euma- ranta und Stromanthe, bei Thalia und Marantopsıs constant zu fehlen, ihre constante Anwesenheit kann ich nur für einzelne Arten, wie Phry- naum dıichotomum, Calathea pardına, undulata u. a., nicht jedoch für ganze Gattungen constatiren. Bei Thalia, Calathea, Ischnosiphon und den meisten Phrynium-Ar- ten endet die Inflorescenzaxe steril zwischen den obersten Hochblät- tern!); bei Maranta jedoch, Marantopsıs und bei Phrymum dichotomum !) Die bei gewissen Calatheen, z. B. (. capitata, schopfig vergrölsert, für ge- wöhnlich jedoch mehr weniger redueirt werden. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 35 schliefst sie mit einem ähnlichen Blüthenpaare ab, wie solche in den Hochblattachseln stehen (Fig. 27, 28). Die untere der Blüthen dieses Terminalpaars steht in Fortsetzung der Distichie der voraufgehenden Hochblätter dem obersten derselben mit 4 Divergenz gegenüber und hat zuweilen, z. B. nicht selten bei Marantopsis lutea, noch ein eigenes, oft reducirtes Deckblatt (Fig. 28 d,); die obere Blüthe entbehrt eines solchen und bildet anscheinend den Abschlufs der Inflorescenzaxe (Fig. 27, 28), sie kann jedoch, wie bei Phrymum dichotomum zusammt der untern Blü- the ein eigenes Vorblatt besitzen (Fig. 27). Das Terminalpaar öffnet seine Blüthen früher als die obersten Seitenpaare. Fragen wir nun, m welchem Verhältnifs die beiden Blüthen jedes Paares zu einander und zur Gesammt-Inflorescenz stehen. Nach dem soeben dargelesten Verhalten im Terminalpaare, wo also die obere Blüthe endständig, die untere seitenständig erscheint, möchte man ähnliches auch für die Seitenpaare vermuthen und die obere Blüthe als Primansprofs in der Brakteenachsel, die untere als Seitenzweig an demselben betrachten. Dafür könnte noch die Analogie mit anna sprechen, wo unzweifelhaft ein derartiges Verhältnils statthat!). Doch ist diese Auffassung aus meh- reren Gründen nicht zulässig. Einmal steht entgegen das oben erwähnte Vorkommen von Deckblättern an beiden Blüthen der Seitenpaare und von einem Vorblatte an der obern Blüthe auch des Terminalpaars?). Sodann bietet die gegeneinander symmetrische Disposition der beiden Blüthen eine Schwierigkeit; denn wäre die untere ein Seitensprofs der obern, so sollten in den Seitenpaaren ihre Medianen und damit auch ihre Symme- trie sich kreuzen. Schliefslich, wäre die untere Blüthe ein Seitenzweig der obern, so könnte man erwarten, dafs sie sich später als diese entfal- tet und nicht, wie es in Wirklichkeit geschieht, gleichzeitig oder vor der- selben. In Anbetracht dieser verschiedenen Umstände dürfte es richtiger sein, beide Blüthen als einander gleichwerthig zu betrachten und zwar 1) Vergl. Eichler, über den Blüthenbau von Canna, Botan. Zeitung 1875. 2) Wollte man dies Vorblatt etwa nur als ein oberstes steriles Hochblatt an der Hauptaxe ansehen, so mülste es dem letztvoraufgehenden Hochblatt, resp. der untern Blü- the des Gipfelpaares, gegenüberstehen, anstatt, wie es thatsächlich der Fall, mit dem Rücken gegen dieselbe hingewendet (ef. Fig. 27). 36 Eine iEeR% beide als seitlich an einer gemeinsamen Axe, die ihrerseits bei Seitenpaaren aus dem Winkel des, beiden Blüthen gemeinsamen Trag- blatts ihren Ursprung nimmt, bei Terminalpaaren das Ende der Rachis bildet. Das einzige Bedenken, das dieser Auffassung entgegensteht, möchte darin liegen, dafs niemals zwischen den beiden Blüthen eine En- digung dieser gemeinsamen Axe sichtbar ist und dafs, wie die Entwicke- lungsgeschichte zeigt, die Blüthen sich durch eine Art Dichotomie aus der gemeinsamen Anlage hervorbilden (s. Taf. V Fig. 49, 50, 58, 59, 60). Indefs wird solches auch bei den Blüthenpaaren von Lonicera beobachtet, wo kein Zweifel über die seitliche Stellung beider Blüthen sein kann, und kommt auch sonst noch vor, sowohl in Fällen, wo beide Sprosse gleichwerthig sind, als auch in solchen, wo, wie z. B. bei Vitis, der eine als Seitenzweig des andern zu betrachten ist!). Bei Zugrundelegung obiger Ansicht würde die Inflorescenz der Marantaceen beim Fehlen eines terminalen Blüthenpaars 3axig sein nach dem Schema: I. H,I.h, II. AZ, wobei die h an den Axen II und IH, abgesehen von Grund- und Zwischenblatt bei ersteren, für gewöhnlich nicht ausgebildet würden; bei Anwesenheit eines terminalen Blüthenpaars würden jedoch in diesem letztern die Blüthen schon an den Axen II er- scheinen. Bei den (annaceen und Musaceen haben wir hiergegen durch- weg nur 2axige Blüthenstände nach dem Schema I. 7, H. AZ, und das- selbe scheint auch bei den Zingiberaceen der reguläre Fall zu sein; dabei schliefst in diesen Familien allgemein die Hauptaxe der Inflorescenzen ste- rıl ab. V. Die Blüthe. a) Ausserer Bau. Die Blüthe der Marantaceen gehört bekanntlich zu den eigenthüm- lichsten und complieirtesten unter den Monoeotylen. Doch weicht sie vom gewöhnlichen Typus dieser Abtheilung wesentlich nur im Androe- 1) Vgl. deswegen namentlich Warming, Forgreningsforhold hos Fanerogamerne, Kopenhagen 1872. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 37 ceum ab, indem dasselbe das Ansehen einer inneren Corolle zeigt und nur eine einzige und dazu blos monotheeische Anthere besitzt. Kelch und Krone!) sind überall normal und im Wesentlichen durch die ganze Gruppe hindurch von übereinstimmender Beschaffenheit. Der Kelch be- steht aus drei freien, unter sich gleichen oder nur wenig verschiedenen Blättehen, die in der Knospe gewöhnlich nach 4 decken; die Krone bil- det unterwärts eine kürzere oder längere Röhre, ihre freien Abschnitte alterniren mit den Kelchblättern und decken constant noch 4, wobei das äufserste gewöhnlich etwas breiter ist als die beiden andern. Das Androeceum ist stets mit der Krone bis zum Schlunde ver- schmolzen, erst am Schlunde sondern sich die einzelnen Theile sowohl von der Krone als untereinander oder bleiben auch unter sich noch ein Stück weiter vereinigt (Phrynium diehotomum u. a.). Im einfachsten Falle (Taf. IV Fig. 36— 38) besteht das Androeceum nur aus 3 Gliedern. Dieselben liegen vor den drei Petalen und werden dargestellt von einem fruchtba- ren Stamen (sl), einem kapuzenförmigen (k) und einem schwieligen Blätt- chen (sw), ersteres stets vor Petalum 1 gelegen, das Kapuzenblatt vor Pet.2 und das Schwielenblatt vor Pet. 3, wenn wir die Kronenlappen nach ihrer Deckungsweise von aulsen nach innen fortschreitend bezeich- nen. Dieser einfachste Fall liegt bei den Körnicke’schen Gattungen Marantopsis und ‚Monostiche vor, sowie bei der von Jorissenne neuer- dings aufgestellten Kerchovea?), die jedoch mit Körnicke’s Marantopsis zusammenfällt. Denken wir uns aufserhalb jener 3 Theile und zwar al- ternirend mit Pet. 1 und 2 noch ein viertes Blatt von petaloider Beschaf- fenheit (Fig. 39 —41, /fl.), so resultirt das Verhalten von Calathea, Thalıa und /schnosiphon; entwickelt sich dazu noch ein fünftes, ebenfalls peta- loides Blatt in Alternanz mit Pet. 1 und Pet. 3 (Fig. 42—45, /fl,), so er- halten wir das Androeceum von Maranta und Phrynium. Mehr als diese 5 Blättehen kommen bei den Marantaceen nicht vor?). Die besondere Beschaffenheit der genannten Blättchen wird später 1) Als Kelch bezeichnen wir den äufseren, etwas derberen und nicht selten grü- nen, als Krone den inneren, zarteren und stets corollinisch gefärbten Quirl der Blüthenhülle. 2) Belgique hortieole 1882 p. 201 tab. 8. 3) Zwei Kapuzenblättchen, welche Bentham und Hooker als gelegentliches Vorkommnils bei /schnosiphon und andern angeben, sind mir niemals begegnet. 38 EinedniEr.: im systematischen Theil noch näher zur Besprechung gelangen, für jetzt sei darüber nur Folgendes bemerkt. Zunächst machen sie in ihrer Ge- sammtheit die Blüthe auffallend unsymmetrisch. Das fruchtbare Stamen gliedert sich in eine monotheeische, bilocellate Anthere und ein petaloi- des, zuweilen nur sehr schmales Anhängsel (ap in den eitirten Figuren); erstere ist stets gegen Pet. 3 und das Schwielenblatt hin gerichtet, das Anhängsel gegen Pet. 2 und das Kapuzenblatt. Am Kapuzenblatt unter- scheidet man einen Haupttheil, der oberwärts durch Wölbung und Ein- biegung des einen Randes die eigentliche Kapuze bildet; vom andern Rande gehen 1, selten 2, zahn- oder lappenförmige Anhängsel aus (Fig. 435, 45c, 46a, 48a). Der Kapuzentheil ist stets gegen das fertile Sta- men hin gewendet, der Rand mit den Anhängseln gegen das Schwielen- blatt. Das Schwielenblatt, von manchen Autoren auch Labellum genannt, stellt ein breites, oft ausgerandetes, zuweilen dreilappiges Blättchen dar, das auf der Innenseite schwielenförmige Anschwellungen zeigt; bald rechts und links, bald nur auf der dem fertilen Staubblatt zugekehrten Seite, die Schwielen häufig in Form besonderer Leisten, Kämme oder Lappen vorspringend, zuweilen jedoch auch kaum angedeutet (Fig. 36d, 39a, 43c, 455, 465, 47b, 485). Die.äufseren Blättchen endlich, die ich Flügelblät- ter nenne, sind von gewöhnlicher petaloider Beschaffenheit und meist ver- kehrt ei- oder herzförmig; bald überragen sie die innern Theile beträcht- lich (Fig. 43a), bald nur wenig oder gar nicht (Fig. 39a, 45«), und bei den Maranten, welche Körnicke zur Untergattung Stromanthe rechnet, werden sie auf schmale Zipfel redueirt (Fig. 47a u. e). Ovar und Griffel wollen wir vorläufig noch aulser Betracht lassen und hier nur bemerken, dafs ersteres immer unterständig und 3gliedrig ist, die Carpelle der gemeinen Regel entsprechend episepal, bald alle 3 frucht- bar (Fig. 38, 41, 81, 117), bald nur dasjenige, welches mit Pet. 1 und 2 alternirt (Fig. 44, 73). Die fruchtbaren Fächer sind stets nur leiig. Der Griffel (gr in den Figuren) ist mit den Blättchen des Androeceums und der Kronröhre bis zum Schlunde verschmolzen und zwar constant auf derjenigen Seite, welche dem fruchtbaren Fache der leiigen Formen ent- spricht, also mit Pet. 1 und 2 alternirt; der obere freie Theil biegt sich nach der entgegengesetzten Seite hinüber. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 39 Wir sahen im Abschnitt IV, dafs die Blüthen der Marantaceen immer paarweise beisammen stehen und dafs die beiden Blüthen jedes Paares symmetrisch zu einander gebildet sind; beide zusammen stellen somit die Zygomorphie wieder her, die jeder einzelnen von ihnen versagt ist. Und zwar ist bei den seitlichen Paaren die Disposition fast ausnahms- los derart, dafs die Petalen 1 der beiden Blüthen einander zugewendet, die Petalen 2 schräg nach vorn, die Petalen 3 schräg nach hinten stehen, woraus sich alles andere von selbst ergiebt (cf. Fig. 38, 41, 44). Nur in einem einzigen Falle, bei Maranta setosa, fand ich hiervon eine Abwei- chung, indem die Blüthen aus jener ersteren Stellung gleichsam um je 120° verschoben waren, derart zwar, dafs Pet. 1 die Stelle von Pet. 2 der andern einnahm, Pet. 2 die Stelle von Pet. 3 u. s. w. (cf. Fig. 35). Es wird auf diesen Fall später zurückzukommen sein!). — Auch bei termi- nalen Blüthenpaaren sind, wie bei den seitlichen, die Petalen 1 einander zugewendet und alle übrigen Theile symmetrisch zu einander gestellt; doch fällt hier die bei den Seitenpaaren bestehende Beziehung auf hinten und vorn weg, bei Terminalpaaren dorsiventraler Inflorescenzen jedoch zeigte sich, dals die auf der ÜConvergenzseite der Bracteen befindliche Hälfte gerade wie bei den Seitenpaaren als Unterseite, die nach der Di- vergenzseite gerichtete Partie als Oberseite ausgebildet ist, so dafs hier sämmtliche Blüthen der ganzen Inflorescenz annähernd die nämliche Stel- lung zur Rachis erhalten. Zufolge der angegebenen Stellungsverhältnisse ist bei sämmtlichen Marantaceen die Spirale der Petalen in der linken Blüthe der Seitenpaare stets rechts-, in der rechten linkswendig, und ebenso folgen sich Staub-, Kapuzen- und Schwielenblatt bei der linken Blüthe in rechtswendiger, bei der rechten in linkswendiger Spirale (cf. Fig. 38, 41, 44). In der linken Blüthe hat das fruchtbare Stamen die Anthere rechts, das Anhängsel links?), am Kapuzenblatt ist die Kapuze rechts, das Anhängsel links, bei !) Auch bei Phrynium parviflorum scheint, nach der Stellung des fruchtbaren Ovarfachs zu urtheilen (Taf. III Fig. 34), ein ähnliches Verhalten vorzukommen; doch habe ich hier die Disposition der übrigen Blüthentheile nicht untersuchen können. 9) Ich betrachte auch diese Blättchen zur Bestimmung von rechts und links stets vom Rücken her. 40 Einie/EiLiERE einseitiger Verdickung des Schwielenblatts steht die Schwiele links. In der rechten Blüthe ist alles umgekehrt. — Die Flügelblätter schliefslich, falls ihrer zwei vorhanden sind, stehen einwärts nach vorn und hinten; ist, wie bei Calathea und Thalia, nur eins vorhanden, so fällt dasselbe in beiden Blüthen nach vorn. Von den Sepalen habe ich nicht gesprochen, da ihre Richtung sich aus der Alternanz mit den Petalen ohne Weiteres ergiebt; ihre Deckungsordnung aber ist sehr unbeständig und selbst bei ein und der nämlichen Art variabel, doch befindet sich am öftesten das nach vorn gelegene Kelchblatt zu äufserst, das seitwärts gelegene zu in- nerst und das hintere halb aufsen, halb innen, sodafs die Spirale des Kelchs der der Krone gegenläufig erscheint (s. Taf. V). b) Deutung der Blüthe. Entwickelungsgeschichte. Gefäfsbündel- Verlauf. Bei der Deutung der Marantaceenblüthe, d.h. der Zurückführung ihrer Abweichungen vom normalen Bau der Monocotylen auf diesen letz- tern, ist nach der im Vorhergehenden gegebenen Darstellung wesentlich nur das Androeceum m Betracht zu ziehen. Das normale Monoecotylen- Androeceum verlangt bei 3—+-3 gliedriger Blüthenhülle auch zwei 3zählige Kreise von Staubblättern, alternirend unter sich und mit dem Perianth; bei den Marantaceen sind aber selbst im Falle sröfster Vollständigkeit nur 5 Glieder vorhanden, welche als Staubblätter angesprochen werden kön- nen und von diesen fallen 3 über die Petalen, während von den Kelch- blättern nur 2 je ein Blättchen des Androeceums über sich haben; es können aber auch eins oder beide dieser episepalen Blättchen fehlen, so- dals zuletzt nur der den Kronentheilen superponirte Kreis übrig bleibt. Die nächstliegende Deutung ist nun offenbar, dafs die an der Sechszahl fehlenden Glieder nicht ausgebildet (unterdrückt) seien und dals die vor- handenen Glieder sich zu petaloiden Staminodien entwickelten, bis auf die eine Hälfte eines einzigen derselben, welche sich zu einer monotheei- schen Anthere gestaltet. Dies ist denn auch die Auffassung, welche schon Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 41 im Jahre 1836 von Lindley angedeutet!) und zu der später auch Kör- nicke geführt wurde, nachdem er den Sachverhalt genau untersucht und die Ansichten, welche vordem (d. ı. vor 1859) von verschiedenen Autoren geäulsert und theilweise sehr abweichender Art waren, einer eingehenden Kritik unterzogen hatte. Die Sorgfalt und Gründlichkeit, mit der Kör- nicke hierbei zu Werke gegangen, überhebt mich an dieser Stelle auf jene ältere Literatur zurückzukommen; ich kann gleich an Körnicke, welchem im Übrigen auch verschiedene spätere Autoren, wie Arth. Gris, Delpino u. a. gefolgt sind, anknüpfen. Seine Deutung ist also, um sie zu präeisiren, folgende: Das fertile Stamen nebst Anhängsel, das Kapu- zenblatt und das Schwielenblatt stellen ebensoviele selbständige Blätter des Androeceums dar und bilden dessen innern, epipetalen Kreis; die Flügelblätter gehören dem äufsern Kreise an, in welchem sie ebenfalls selbständige Blätter repräsentiren. Der innere Kreis ist sonach immer vollzählig entwickelt; vom äufsern jedoch fehlt mindestens 1 Glied, bei einigen Gattungen 2, bei andern alle 3 ?). Körnicke gründete seine Ansicht wesentlich nur auf vergleichende Untersuchung der Verhältnisse, wie sie in der fertigen Blüthe vorliegen, die Entwickelungsgeschichte hatte er aufser Betracht gelassen. Dieselbe wurde erst um etwa 1 Jahr später von Baillon studirt?) und lieferte diesem Forscher Anlafs zu einer wesentlich abweichenden Deutung. Das Androeceum der Marantaceen soll nach Baillon überall nur einen einzi- gen und zwar epipetalen Kreis darstellen, der äufsere episepale ganz feh- len; die Flügelblättchen, wo sie vorkommen, seien durch Dedoublement aus den innern Gliedern entstanden und zwar der einzelne Flügel von Calathea, Thalia ete. durch Dedoublement des Kapuzenblatts, während bei den zweiflügeligen Gattungen (Maranta ete.) auch noch das Schwielen- blatt sich spaltete. Eine Unterstützung dieser Ansicht scheint die von 1) Natural system of botany p. 325. 2) Auf die Deduetionen Körnicke’s in Betreff der Aufeinanderfolge der An- droeceumblättehen wollen wir, da sie rein speeulativer Natur sind und thatsächlicher Un- terlagen entbehren, hier nicht eingehen. 3) Adansonia I (1860/1) p. 306 ff. tab. 11. — Die schon im Jahre 1849 von H. Crüger gegebene Entwickelungsgeschichte von Calathea lutea (Linnaea XXII) ist zu unvollständig, um hier in Betracht kommen zu können. Phys. Cl. 15883. Abh. I. (E 49 ErecHLEr: Payer gelieferte Entwickelungsgeschichte der Canna-Blüthe!) zu geben, wo die nämlichen Verhältnisse, wie bei den Marantaceen, nur mit etwas ver- schiedenartiger Ausbildung der einzelnen Blättchen, angetroffen werden und wo Payer auch die nämliche Entstehungsweise gefunden haben will; zu der gleichen Auffassung gelangt dann schliefslich auch Van Tieghem durch Untersuehung von Zahl, Anordnung und Verlauf der Gefäfsbündel sowohl in der Blüthe von Canna als in denen der Marantaceen?). Durch eigene Untersuchung der Blüthenentwickelung von (anna glaubte ich im Jahre 1873 ebenfalls feststellen zu können?), dals em Theil der Glieder des Androeceums durch Spaltung entstünde. Und zwar sollten sie alle, mit Ausnahme nur des als selbständiges Blatt auftreten- den „Labellum’s“, aus einer einzigen, vor Petalum 1 gelegenen Staminal- Anlage ihren Ursprung nehmen, das ganze Androeceum sich also auf nur 3, dem innern Kreise angehörige Glieder reduciren. Bei der unzweifel- haften Homologie des Blüthenbaues von Canna mit dem der eigentlichen Marantaceen, dehnte ich obige Deutung auch auf diese letztern aus; es sollte hier also nur das dem Canna-Labell entsprechende Schwielenblatt einfach bleiben, alle übrigen Blättchen durch Spaltung einer vor Petalum 1 sich bildenden Gesammtanlage hervorgehen. Diese Ansicht wurde mir indefs späterhin wieder zweifelhaft und ich gab die Möglichkeit einer Auf- fassung in Körnicke’s Sinne zu, wobei ich zugleich in Aussicht stellte, dafs ich die Sache weiter verfolgen würde®). Die erneuten Untersuchungen nun, welche ich angestellt habe, ge- ben die Gewilsheit, dafs nur die obengenannte Lindley-Körnicke’sche Ansicht es ist, welche den thatsächlichen Verhältnissen entspricht. Ich habe dabei sowohl die Entwickelungsgeschichte, als den Gefäfsbündelver- lauf in’s Auge gefalst und will zunächst die erstere beschreiben. Vergl. dazu Taf. V. Bei Maranta (Stromanthe) sanguinea stehen die Blüthenpaare über den Achseln der Deckblätter in durchschnittlich 4— 5 gliedrigen media- nen Sicheln, jedes Paar begleitet von einem adossirten, 2kieligen Grund- o oO 1) Organogenie de la fleur p. 677 t. 145. 2) Anatomie comparee de la fleur |. e. 3) Botan. Zeitung 1873 1. e. #) Blüthendiagramme I p. 176. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 45 blatt, aber ohne Zwischenblatt. Fig. 50 stellt die drei jüngsten Paare einer noch im Knospenstande befindlichen Sichel dar. Das vorderste Paar erscheint noch als einfacher Höcker, hinter welchem sich das Grund- blatt g, als ein ebenfalls noch einfacher Zellgewebswulst erhebt; von einem Zwischenblatt ist selbst auf diesem jugendlichen Stadium keine Spur wahr- zunehmen. Hinter g, ist das zweitjüngste Blüthenpaar sichtbar; man kann hier schon die Anlagen der einzelnen Blüthen unterscheiden, indem sich der vorher noch einfache Höcker durch eine Furche über den Scheitel gleichsam dichotomirt hat, wobei jedoch eine der beiden Hälften — es ist die, welche später die obere Blüthe des Paares liefert — gleich an- fangs etwas höher ist als dıe andere. Das zugehörige Grundblatt y, er- scheint immer noch einfach; doch kann es auf diesem Stadium und selbst schon früher, wie Fig. 49 darthut, auch die Anfänge der späteren Kiele zeigen. Zugleich sieht man in Fig. 49, wie über der Anlage der obern Blüthe das Grundblatt sich etwas mehr emporzieht, sodafs der Gipfel un- gleich 2lappig erscheint; dieser Gipfel bekleidet sich demnächst, an der gröfseren Ecke anhebend, mit zahlreichen, späterhin vertrocknenden Pa- pillen, und ziemlich gleichzeitig beginnt ein Vorwachsen der Seitentheile des Grundblattes um die jungen Blüthenanlagen herum (Fig. 50 bei 9,), sodals diese zuletzt völlig von demselben eingehüllt werden. Die einzelnen Blüthenanlagen zeigen weder Special-Deck- noch Special-Vorblätter; die ersten Gebilde, die man an ihnen wahrnimmt, sind die Kelchblätter. Dieselben treten in der nämlichen Disposition auf, die sie auch im fertigen Zustande zeigen (Fig. 51); deutliche Intervalle zwischen ihrem Auftreten sind nicht zu constatiren, auch macht sich spä- terhin keine constante Differenz in ihrer Ausbildung bemerkbar, wenn- gleich ziemlich oft das vordere Sepalum den beiden andern etwas voraus- eilt. Aus unten noch anzugebenden Gründen sind sie jedoch in der Fi- gur 52 mit aufeinanderfolgenden Zahlen s, s, s, bezeichnet. Fast gleichzeitig mit dem Sichtbarwerden der Kelchblätter erhebt sich der zwischen ihnen befindliche, flachgewölbte Axenscheitel in seinem ganzen Umfang zu einem breiten, niedrigen Kreiswall, aus welchem sich sofort, alternirend mit den Sepalen, drei mit ihren Ecken aneinander- stolsende Wülste herausmodelliren. Dieselben sind gleich anfangs von ungleicher Stärke; der auf der Commissuralseite beider Knospen gelegene 6* 44 EICHLER: (p,) ist am dicksten und zwar besonders an der nach oben oder hinten gelegenen Ecke; mittlere Stärke zeigt der Wulst schräg nach vorn (P,); der schräg nach hinten gerichtete (p,) ist am schwächsten. Der erste, dickste Wulst zerfällt rasch durch eine Längsfurche in 2 Segmente, von welchen das innere breiter ist als das äulsere (Fig. 51 links); hiernach geschieht das gleiche beim zweiten und zuletzt beim dritten Wulste (Fig. 52 links). Diese äufseren Abschnitte werden zu den Petalen, die dem- nach hier in derselben Ordnung entstehen, in welcher sie sich später decken; die innern Segmente bilden sich, wie sofort gezeigt werden soll, zu Gliedern des Androeceums aus, der gemeinsame Kreiswall, aus dem innere und äufsere Segmente hervorgehen, ist die Anlage des für Krone und Androeceum gemeinsamen, hier bei Maranta sanguwineas nur kurzen Basilartubus. Das innere Segment über Petalum 1 zeigt sich, wie wir sahen, gleich anfangs an seiner obern Ecke dicker als an der untern; diese Dif- ferenz nimmt rasch und erheblich zu, die stärkere Ecke wächst zu einem eircumseripten, alle übrigen Anlagen bald beträchtlich überragenden Kör- per heran und wird zur Anthere, die schwächere Hälfte gestaltet sich zum petaloiden Anhängsel derselben (Fig. 52 stu. ap). Der Wulst über Petalum 2 buchtet sich in der Folge zwar ein wenig am Scheitel ein, bleibt aber sonst ungetheilt und entwickelt sich zum Kapuzenblatt (Fig. 52 k); desgleichen findet auch beim innern Segment über dem dritten Kronentheil eine Spaltung nicht statt, dasselbe wird in integro zum Schwie- lenblatt (sw). Auf diese Art kommen die drei innern Glieder des Androeceums zu Stande; die beiden äufsern, welche bei Maranta sanguinea nur schmale kurze Zipfel darstellen (s. Taf. IV. Fig. 47), werden erst sichtbar, nach- dem die Anlagen der drei ersteren vollkommen deutlich geworden sind. Sie erscheinen alsdann an der Aufsenseite jener ersteren, in den Ecken rechts und links vor Petalum 1, den hier befindlichen Kelehblättern s, und s, superponirt, in Gestalt schmaler halbmondförmiger Protuberanzen (Fig. 52 fl, und fl,). Hiermit ist das Androeceum angelegt; die weitere Entwickelung betrifft nur die Ausbildung der einzelnen Theile zur fertigen Gestalt. Die Anthere bleibt noch lange erheblich gröfser als die übrigen Anlagen Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 45 (s. Fig. 69a) und wird erst gegen die Entfaltungszeit der Blüthe von den- selben überholt; ihre monotheeische Beschaffenheit erklärt sich daraus, dafs sie nur die eine Hälfte der Staminalanlage vorstellt, während die andere zum petaloiden Anhängsel wird. Das Kapuzenblatt zieht sich am einen Rande zu dem, nachher herabrückenden, zahnförmigen Anhängsel empor (vergl. Fig. 695, 70a u. b nebst Erklärung); das Schwielenblatt bringt die dieklichen Kämme, mit denen es im fertigen Zustand inner- wärts besetzt erscheint, in Form lokaler Gewebewucherungen hervor (Fig. 7la,b). Die Flügelblättchen bleiben bis kurz vor der Entfaltung der Blüthe unverhältnifsmälsig klein (Fig. 69@ bei fl; das zweite /l, ist zu dieser Zeit auch nicht grölser); sonst bietet ihre Ausbildung nichts Bemerkenswerthes. Betreffend die Entwickelung von Ovar und Griffel, so habe ich die erstere hier nur soweit untersucht, um mich zu überzeugen, dafs sie von der bei andern Arten genauer studirten, keine Abweichungen bietet. In dem vertieften, schon frühzeitig unter die Kelchinsertion herabsinken- den ÖCentrum der jungen Knospe sprossen in Form stumpfer Leisten die Scheidewände hervor, um sich rasch in der Mitte zu vereinigen. Nur das eine, mit Pet. 1 und 2 alternirende Fach erzeugt ein Ovulum; die beiden andern bleiben völlig steril und reduciren sich in der Folge auf schmale Spalten. Das Ovulum erscheint im Grunde des Fachs als ein sich nach aufsen neigendes Zäpfchen, an welchem demnächst 2 Integu- mente in der gewöhnlichen Folge sichtbar werden. In den Scheidewän- den bilden sich grofse Septaldrüsen aus, über welche später noch einiges bemerkt werden soll. Der Griffel entsteht in Form dreier Protuberanzen, die mit den Scheidewänden alterniren und sich rasch miteinander vereini- gen; die dem fruchtbaren Fach entsprechende Protuberanz überragt um ein weniges die beiden andern und wird in der Folge zum Obertheil der Narbe, während die beiden andern sich zu den Seitenlippen gestalten (vgl. hierzu Taf. VII Fig. 99— 101). Im Wesentlichen übereinstimmend verläuft der Entwickelungsgang von Maranta bicolor (Fig. 53-55) und dürfte überhaupt bei allen 2flügeligen Formen derselbe sein. Von Arten mit nur einem Flügelblatt untersuchte ich verschiedene Calatheen (C. grandıfolia, Warscewiezu, albicans), sowie Thalia dealbata. Krone und Androeceum werden genau wie bei Maranta 46 ErICcHLer: sanguinea angelegt, nur unterbleibt die Bildung des zweiten, oberen Flü- gelblatts. Statt einer speciellen Schilderung verweise ich auf die Figu- ren 56—72 nebst Erklärung. Die Entwickelung des Ovars ist bei Tha- lia die nämliche wie bei Maranta; Calathea bildet in jedem der 3 Fächer ein Ovulum, sonst stimmt gleichfalls alles überein. Vom Kelche erscheint bei Thalia das unpaare, nach aufsen hin gerichtete Blatt merklich später als die beiden andern; überdies tritt hier der ganze Kelch erst auf, wenn der zum Corollentubus werdende Kreis- wall schon deutlich geworden ist (ef. Fig. 60—62). Es mag das mit der geringen Gröfse zusammenhängen, die der Kelch im ausgebildeten Zustande bei dieser Gattung besitzt. Corolle und Androeceum sind in der ersten Anlage bei allen Marantaceen, die ich untersuchte, zum Ver- wechseln ähnlich; auch gleicht sich im Allgemeinen der spätere Entwicke- lungsgang, namentlich möchte ich hervorheben, dafs überall die Anthere bis kurz vor der Entfaltung unverhältnifsmäfsig grofs ist (s. besonders Fig. 67, 72). Das Anhängsel des Kapuzenblatts entsteht jedoch, abweichend von Maranta sanguinea, bei den übrigen, soweit ich sie untersuchte, als seitlicher Auswuchs am Rande desselben (vergl. die Figg. 65—68c); bei Thalia bilden sich zwei solcher Zipel übereinander (Fig. 645). Die Unterschiede in Grund- und Deckblättern, welche Calathea und Thahia gegenüber Maranta bieten, interessiren uns an dieser Stelle zwar nur wenig, doch sei darauf hingewiesen, wie die 3kielige Bildung an den Grundblättern bei Calathea schon in frühester Jugend und zwar augen- scheinlich infolge der bestehenden Druckverhältnisse Platz greift (Fig. 58). Zugleich sehen wir in dieser Figur, welche auf Calathea albicans sich be- zieht, aufser den Gesammtdeckblättern der Blüthenpaare (den „Zwischen- blättern“ 2), auch noch Specialdeekblätter ß für die einzelnen Blüthen jedes Paares, und rückwärts bei » für eine derselben ein Specialvorblatt. Thalia hat blos ein einziges Blüthenpaar in der Deckblattachsel, mit ados- sirtem, an den Ecken mehr gerundetem als gekieltem Grundblatt (Figur 59 —61,g); das Zwischenblatt, das bei den Bereicherungszweigen der Infloreseenz noch vorhanden ist, wird an den Blüthenpaaren nur aus- nahmsweise wahrgenommen. Nochmals möchte ich an dieser Stelle auf die Kelehbildung zu- rückkommen. Die Aufeinanderfolge der drei Sepalen beim ersten Ent- Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 47 stehen war, wie wir sahen, nicht ganz zweifellos festzustellen, doch er- schien bei Thaha das unpaar-seitliche Glied etwas später als die beiden andern, und von diesen erwies sich bei Maranta sanguwinea und auch an- derwärts das untere meist etwas geförderter als das obere. Hiernach die Kelchspirale bestimmt, so würde dieselbe vom vordern Sepalum zum hin- tern und dann zum unpaar-seitlichen gehen, in welcher Ordnung oftmals auch die Deckung stattfindet (cf. p. 40). Nun haben die Blüthen in den betreffenden Fällen entweder gar kein Special-Vorblatt oder dasselbe auf der gemeinsamen Rückseite; diesem stände mithin das erste Kelchblatt gegenüber. Bei Maranta setosa jedoch haben die Blüthen ihr Vorblatt, wie wir p. 34 sahen, auf der Commissuralseite, also adossirt und dabei 2kielig (Taf. II Fig. 35). Angenommen nun, dafs auch hier das erste Kelchblatt sich dem Vorblatt gegenüberstelle, so wird es an die Stelle, wo sonst Sep. 3 sich befindet, hinfallen; alles übrige dann entsprechend verschoben, so mufs die Stellung von Fig. 35 zu Stande kommen, jede Blüthe daher um 120° verschoben erscheinen, die linke Blüthe in rechts- wendiger, die rechte in linkswendiger Drehung. Da diese Verschiebung nur bei adossirtem Vorblatt vorkommt, so sehe ıch darin eine Unter- stützung meiner obigen Annahme von der Succession der Kelchblätter in den gewöhnlichen Fällen; wenigstens dürfte dadurch erwiesen werden, dafs die normale Stelle von Sepalum 1 schräg nach vorn ist, während allerdings über die Stelle von Sep. 2 Zweifel bleiben. Da jedoch nach anderweitigen Erfahrungen das erste Kronenblatt gewöhnlich dem letzten Kelchblatt gegenüber sich bildet, so würde von Petalum 1 zurückgerech- net sich der Platz von Sep. 3 da ergeben, wo wir ihn angenommen haben). Die obige Untersuchung zeiste uns, dafs jedes Glied des Androe- ceums als selbständiges Blatt entsteht; von einem Dedoublement, wie Baillon es wollte, ist nicht die Rede. Baillon’s Figuren sind überdies schon an sich unmöglich; das einzelne Flügelblatt von Thalia und Cala- thea soll nach denselben durch Spaltung der schräg nach hinten, über 1) Hiernach würden in meiner Darstellung über die Succession der Kelchblätter von (anna (Botan. Zeitung l.c.) die Plätze von Sep. 2 und Sep. 3 vertauscht werden müssen. 48 EICHLER; Pet. 3 gelegenen Anlage sw sich bilden; es hat aber seine Stellung gar nicht dort, sondern auf der Vorderseite zwischen den Petalen 1 und 2. Bail- lon’s Irrthum ist augenscheinlich dadurch entstanden, dafs er die Ein- buchtung, welche die Anlage des jungen Schwielenblatts als Beginn der zukünftigen Ausrandung zeigt (wenngleich nicht in so prononeirter Form, wie Baillon es abbildet), für ein Dedoublement angesehen hat. — Be- treffend die sonstigen Einwände, welche Baillon gegen die Selbständig- keit jedes einzelnen Androeceumblättchens erhebt, so kann ich denselben viel Gewicht nicht zugestehen. Er sagt z. B., die einzelnen Glieder des Androeceums seien nicht genau den Theilen der Blüthenhülle superponirt; doch läfst sich dies nur für die fertige Blüthe bis zu einem gewissen Grade einräumen, im Jugendzustande ist die Superposition genau und die spätern Verschiebungen, wo sie überhaupt vorkommen, rühren von der petaloiden und ungleichseitigen Ausbildung der Blättchen her. Wenn Baillon ferner bemerkt, dafs die äufsern Staminodien oftmals von den innern gedeckt würden, während sie doch, wenn sie wirklich einen äussern Kreis vorstellten, ihrerseits die letztern decken mülsten, so ist daran nur so viel richtig, dafs in der That zuweilen der Antheren- sichtige Rand des Schwielenblatts zugleich über die Anthere und den an- liegenden Rand des vorderen Flügelblatts hinweggreift!) (Fig. 40); doch ist dies einestheils nicht der gewöhnliche Fall, und sodann beweist ein derartiges Übergreifen von Randpartieen, die doch erst sehr spät zur Ausbildung gelangen, nichts gegen die Thatsache der ersten Entstehung, welche uns die Flügelblättchen stets und mit Entschiedenheit aufserhalb der 3 innern Glieder zeigt. Auch bleibt das obere Flügelblatt, wo es vorkommt, stets unbedeckt. — Wenn schlielslich Baillon aus der un- symmetrischen Gestalt der einzelnen Staminalblätter vermuthen zu dürfen glaubt, dafs es sich hier nicht um ganze, sondern um getheilte Organe handele, so ist darauf um so weniger Gewicht zu legen, als gerade die Flügelblätter symmetrische Ausbildung zeigen und zugleich eine ganz an- dere Gestalt, als diejenigen Blätter, durch deren Spaltung sie Baillon entstehen lälst. Doch will ich letztern Umstand nicht eben betonen, da eine ungleichartige Ausbildung auch statt hat bei der Anthere mit ihrem 1) Vergl. auch Körnicke, I. Abhandlung p. 317. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 49 Anhängsel, dem einzigen Organ im Marantaceen-Androeceum, wo man von Dedoublement sprechen kann, namentlich dann, wenn Anthere und Anhängsel ganz von einander getrennt sind. Die Schwierigkeiten, welche ich mir selbst durch Übertragung der aus der Entwickelungsgeschichte der Canna-Blüthe gewonnenen Anschauun- gen auf das Androeceum der eigentlichen Marantaceen bereitet habet), lassen sich heben, wenn man die Entwickelungsgeschichte von (anna in anderem Sinne deutet, als ich es damals gethan habe. Denn an der Ho- mologie der beiderseitigen Blüthenorganisationen kann allerdings nicht gezweifelt werden; wir haben bei (anna die nämlichen Theile, wie beim Marantaceen-Androeceum und in der nämlichen Stellung wie dort; die Unterschiede bestehen lediglich nur darin, dafs das Kapuzenblatt der Ma- rantaceen bei (anna als Labellum ausgebildet ist, das Schwielenblatt die Gestalt eines Flügelblattes angenommen hat, und dafs dies letztere mit den äulsern Flügelblättern — deren bald 2 vorhanden sind, wie bei Ma- ranta, bald nur 1 wie bei Calathea und Thalia — und auch mit dem fruchtbaren Staubblatt am Grunde ein Stück verwachsen ist. Diese Ver- wachsung aber ist es gerade, welche die Möglichkeit einer Umdeutung der von mir beschriebenen Entwickelungsgeschichte in einem, mit der obigen Darstellung übereinstimmenden Sinne zulälst, ja sogar in Anbetracht der bei den Marantaceen so klar vor Augen liegenden Verhältnisse zur Noth- wendigkeit macht. Vergleicht man nämlich meine Darstellung von (anna mit der oben für Maranta ete. gelieferten, so wird man völlige Überein- stimmung bemerken, bis auf den einen Umstand, dals bei (anna die am Grunde verwachsenen Theile des Androeceums sich alle aus einer gemein- samen Anlage herausmodelliren. Ich deutete dies damals als Spaltung; nach dem jedoch, was wir jetzt bei den Marantaceen kennen gelernt ha- ben, ist es nichts anderes als congenitale Verwachsung. Bei Blattvereini- gungen wird eine derartige gemeinsame Entstehung bekanntlich sehr all- gemein beobachtet und liegt in der obigen Entwickelungsgeschichte auch darin vor Augen, dafs die am Grunde verschmolzenen Kronen- und Staub- blätter mit einem gemeinsamen Kreiswall in die Erscheinung treten. 1) Botan. Zeitung |. c. Phys. Cl. 1883. Abh. I. 7 50 EICHLER: Es bleibt schliefslich noch das Verhalten der Gefäfsbündel in der Marantaceen-Blüthe zu besprechen, auf welches gestützt Van Tieg- hem zu einer ähnlichen Anschauung, wie Baillon, über die Constitution des Androeceums geführt wurde!). Zwar kann ich schon dem Grundge- danken Van Tieghem’s nicht beipflichten, wonach Zahl, Gröfse und An- ordnung der Gefäfsbündel die der zugehörigen Blätter bestimmen soll, sondern halte vielmehr das Umgekehrte für richtig; immerhin jedoch kön- nen unter Umständen aus dem Gefälsbündelverhalten schätzbare Finger- zeige für die Deutung schwieriger Organisationen gewonnen werden. Zunächst werde ich die Verhältnisse beschreiben, wie sie sich bei Maranta leuconeura E. Morr. (= Mar. Massangeana Hort.), also einer Form mit 2 äufsern Staminodien, darstellen. Vergl. dazu Taf. VI Fig. 73— 80. In das stumpf 3kantige Ovar (Fig. 73) treten in der Peripherie 12 Gefäfsbündel ein, von welchen 3 etwas stärkere (s, s, s,) in den Ecken, 3 andere (p,P,P,) in der Mitte der Seiten des Ovars ihren Platz neh- men, die übrigen 6 eine intermediäre Stellung zwischen den 6 ersteren erhalten. Alternirend mit diesen Primärbündeln trifft man weiter oben im Ovar noch 12 kleinere und nicht immer deutliche Bündelchen, über deren Herkunft ich mir nicht ganz klar geworden bin (Fig. 73). Das Innere des Ovars zeigt einen stärkeren Strang in der Raphe des (einzi- gen) Ovulums und noch einige schwächere rechts und links in der Um- randung jeder Septaldrüse. Zu den am Gipfel des Ovars (Fig. 74) sich ablösenden, nach der oben angenommenen Spirale bezifferten und sich bei der dargestellten Blüthe in dieser Ordnung auch deckenden Kelchblättern s, s, s, gehen zu- nächst äufsere, schon oben im Ovar sichtbare Zweige der Eckenbündel als Mittelstränge, sowie Abzweigungen der benachbarten kleineren Bündel als Seitenstränge. Im centralen Theil bleiben zurück erstlich die 3 Bün- del in der Mitte der ÖOvarseiten, in den Figuren nach der Ordnung der correspondirenden Petalen mit p,p,p, bezeichnet, und sodann, den Se- palen superponirt, eine Gruppe von je 2 oder 3 Bündeln, die sich mit den ersteren zusammen unter annähernd gleichen Abständen in einen 1) Anatomie comparee de la fleur 1. ce. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. öl Kreis ordnen. Im Centrum des Ganzen, um den hier bereits sichtbaren engen Griffelcanal herum, bleiben von den innern Bündelchen zunächst noch 6 wahrnehmbar, zur Hälfte im Ungefähren vor den Kelchblättern, zur Hälfte mit ihnen alternirend. Letztere, gleich von Anfang an schwä- cher, erlöschen noch im Ovar selbst, die 3 episepalen bleiben erhalten, gehen in den Griffel und durchziehen denselben seiner ganzen Länge nach, wobei der über dem ersten Kelchblatt s, gelegene, der zugleich dem fruchtbaren Carpell entspricht, bedeutend kräftiger wird, als die beiden andern. Durch die Kronröhre (Fig. 75), mit welcher wir den Griffel auf der Seite von Sepalum 1 verwachsen sehen, verlaufen die bezeichneten peripherischen Bündel anfangs ohne andere wesentliche Veränderung, als dafs die episepalen Gruppen s, s,s, sich collateral um 1 oder 2 Zweige vermehren, und dafs sodann die Bündel 9, p, p, nacheinander in der Ord- nung ihrer Ziffern nach aufsen hin je einen schwachen Zweig abgeben (Fig. 76). Man bemerkt hier auch, was übrigens bereits in Fig. 75 er- sichtlich war, dafs die Bündel p, und p, merklich stärker werden, als alle andern. Die sich aus dem Tubus absondernden Kronblätter (Fig. 77) er- halten als Mittelbündel die äufsern Zweige der zugehörigen p-Bündel, ihre seitlichen Stränge aus den benachbarten s-Gruppen; für das Androe- ceum verbleiben die drei Stränge p,p,p, und alternirend mit ihnen in- nere Zweige aller drei s-Gruppen, so zwar, dafs über s, und s, etwa 4, bei s, in der Regel nur 2 Bündel sich befinden, von welch letzteren der eine, stärkere genau mit Petalum 1 und 2 alternirt, während der schwä- chere nach p», hin gelegen ist (Fig. 78). Die einzelnen Glieder des Androeceums werden nun von diesen Strängen in folgender Weise versorgt (vgl. Fig. 79, 80): Die Anthere erhält das Bündel p,, ohne dafs sich dies theilt; das Anhängsel, das bei vorliegender Art sehr schmal ist, bleibt bündellos [P, (sd). Das Kapuzenblatt erhält als Mittelbündel den Strang p, und seit- wärts rechts und links Zweiglein aus den hier angrenzenden s-Gruppen [p, (M)]- 52 EICHLER: In gleicher Weise erhält das Schwielenblatt den Strang p, als Mit- telbündel und als Seitenbündel ebenfalls Zweige aus den benachbarten beiden s-Gruppen [p, (sw)]. Das Flügelblatt 1 wird von dem stärkeren der beiden Stränge aus der Gruppe s, versehen [s,(/l,)]; der schwächere war in das Kapuzenblatt gegangen. In gleicher Weise erhält der Flügel 2 den stärksten und zugleich am weitesten gegen p, vorgeschobenen Zweig aus der Gruppe s, [s, (A,)]; in beiden Flügelblättern theilt sich der eintretende Strang dem- nächst collateral in mehrere Zweiglein. In der Hauptsache übereinstimmend verhalten sich nun auch die übrigen Marantaceen, von denen ich, was Arten mit 2 äufsern Stamino- dien betrifft, noch Maranta sanguwinea, von solchen mit 1 äufsern Stamino- dium Calathea Warscewiezii und pacifica Lind. et Andre, von Arten ohne äufsere Staminodien Monostiche Hookeri und Marantopsis hutea genauer unter- sucht habe. Es würde zu weit führen, alle Einzelheiten hier zu beschreiben; bei Maranta sanguinea besteht nur darin eine bemerkenswerthere Diffe- renz von M. leuconeura, dals auch das Antherenanhängsel ein Gefäfsbün- del erhält, das sich aus der angrenzenden Gruppe s, abzweigt, und dafs die s-Gruppen etwas zahlreichere Bündelchen enthalten, als bei jener Art. Bei Calathea (Taf. VI Fig. 81—84) fehlt das Flügelblatt 2; die von der Gruppe s, beim Abgang des Androeceums noch vorhandenen Bündel, de- ren es bei Calathea pacrfica etwa 4 sind, bei Calathea Warscewieziü nur ein einziges (Fig. 83, 84), gehen dann hier allesammt zum Schwielenblatt. Im Griffel bleiben, wie bei Maranta, nur 3 episepale Stränge erhalten; von denselben giebt jedoch der über Sep. 1 gelegene einen kräftigen Zweig nach aufsen hin ab, der sich etwas gegen p, hin verschiebt und gemeinsam mit den 3 andern den Griffel bis zur Narbe durchzieht. Dies auch von Van Tieghem bemerkte und von ihm als accessorisch bezeich- nete Bündel finde ich überall bei Calathea, sonst aber nur bei Monostiche wieder, die indels, wie wir später sehen werden, mit Calathea zu verei- nigen ist. Dafs aulserdem Calathea im Ovar für jedes seiner 3 Ovula auch ein besonderes Raphebündel aufweist, im Unterschied von den blos leiigen Maranten, ist so zu sagen selbstverständlich; die Septaldrüsen wer- den von mehreren ganz schwachen Bündelchen eingerahmt. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 53 Betreffend schliefslich die Gattungen Monostiche und Marantopsıs, welche gar keine äufsern Staminodien oder Flügelblätter besitzen, so geht bei diesen die episepale Bündelgruppe s,, welche sich sonst auf das un- 1 tere Flügelblatt, den benachbarten Rand des Kapuzenblatts und eventuell auch in das Antherenanhängsel vertheilt, nur zu diesen beiden letzteren Gebilden, da eben das sonst zwischeninne liegende Flügelblatt fehlt (Fig. 85 — 88); im Übrigen stimmt Marantopsis mit Maranta, Monostiche mit Calathea überein. Um es kurz zu recapituliren, so sind also nach dem Vorstehenden für das Androeceum der Marantaceen 3 epipetale und 3 episepale Bün- del, resp. Bündelgruppen bestimmt. Erstere liefern die Medianstränge der 3 innern Staminalblätter, resp. beim fruchtbaren Stamen den Strang der Anthere; die 3 episepalen Gruppen gehen da, wo äufsere Staminodien fehlen, in die jeweils benachbarten Randparthieen der 3 innern Staminal- blätter, beim fruchtbaren Stamen aber nur in dessen petaloides Anhäng- sel; wo äufsere Staminodien vorhanden sind, versorgen sie zugleich auch diese. Aus einem solchen Verhalten ist nun allerdings zu schlielsen: ein- mal, dafs das Androeceum der Marantaceen nach dem gewöhnlichen 3—+3- zähligen Monoecotylentypus gebaut ist, und sodann, dafs die 3 Glieder: Anthere mit Anhängsel, Schwielenblatt und Kapuzenblatt, den innern Kreis repräsentiren. Dagegen liefert es keinen Anhalt für die Vorstellung, dafs die äulsern Staminodien, wo sie vorkommen, durch Spaltung von Schwie- len- und Kapuzenblatt entstanden seien, sondern spricht vielmehr für die Annahme, dafs diese Theile selbständige, dem äufsern Staminalkreise an- gehörige Blätter repräsentiren. Denn sie werden, wie wir sahen, von Gefäfsbündeln der zugehörigen Sepalengruppen versorgt, und wenn Van Tieghem angiebt, dafs das einzelne Staminodium von Calathea seine Ge- fälsbündel durch Abspaltung aus dem Bündel p, erhielte, während das zweite Staminodium der Maranten von dem Bündel p, aus versorgt würde, so ist dies eben der Punkt, in welchem ich Van Tieshem durch obige Darstellung zu berichtigen mich genöthigt sehe. Nach allem Vorstehenden betrachte ich es als festgestellt, dafs die Ansicht vom Marantaceen-Androeceum, welche ich gleich Eingangs als 54 EICHLER: die nächstliegende bezeichnete, auch die der Natur entsprechende ist, dafs nämlich 2 dreizählige, unter sich und mit den vorausgehenden Kreisen alternirende Cyklen anzunehmen sind, von welchen der innere stets voll- zählig, der äufsere aber entweder gänzlich unterdrückt oder nur mit 1 oder 2 Gliedern entwickelt ist. Dabei sind alle Theile zu petaloiden Blättchen verbildet, bis auf die eine Hälfte eines Gliedes des innern Krei- ses, welche eine halbe und somit monotheeische Anthere darstellt. Eine solche Structur des Androeceums findet sich im ganzen Pflan- zenreiche blos bei (anna, sonst nirgends wieder. Die nächstverwandten Zingiberaceen haben zwar ebenfalls nur ein einziges fruchtbares, dem in- nern Kreise angehöriges Staubblatt, und die übrigen Glieder des Androe- ceums, soweit sie entwickelt sind, erscheinen petaloid verbildet; aber je- nes Staubblatt ist beiderseits fruchtbar, mit normaler ditheeischer Anthere. Die vierte und letzte Gruppe der Scitamineen, die der Musaceen, entfernt sich schon weiter, indem hier bekanntlich alle 6 Glieder des Androe- ceums entwickelt sind, eins als steriles Schüppchen oder Fädchen, die übrigen 5 fruchtbar. Reduction des Androeceums auf ein einziges ferti- les Stamen findet sich dann noch, soweit Monocotylen in Betracht kom- men, beim Gros der Orchideen, manchen Gramineen und CUyperaceen, bei Philydrum und vereinzelt noch anderwärts wieder; unter den Dicotylen begegnet sie bei den meisten Vochysiaceen, einigen (aesalpinieen, bei Cen- tranthus, Lopezia, Hippuris und auch sonst noch in verschiedenen Fami- lien; in allen Fällen jedoch ist das betreffende Staubblatt vollständig und mit dithecischer Anthere ausgestattet. Halbseitige Ausbildung von Staubblättern, mit monotheeischer Anthere also und Sterilisirung der zwei- ten Hälfte, haben wir bekanntlich bei Sala, verschiedenen Acanthaceen, Selagineen, in eigenthümlicher Art bei den Uueurbitaceen und auch sonst noch da und dort; eine ausgesprochene Petalisation der zweiten Hälfte, wie sie sich bei den Marantaceen und Cannaceen findet, begegnet jedoch meines Wissens ebenfalls nirgends wieder und erscheint daher für diese Gruppen als eine charakteristische Eigenthümlichkeit. Rechnen wir dazu noch die Asymmetrie jeder einzelnen Blüthe bei den Marantaceen und die zygomorphe Gestaltung der beiden Blüthen jedes Paares zu einander, so erhalten wir eine weitere Besonderheit der Familie; diese erscheint je- Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 55 doch auf die Marantaceen beschränkt, indem bei den Cannaceen, wie ich bereits früher gezeigt habe!), sämmtliche Blüthen der Inflorescenz eben- bildlich gleich sind. VI. Die Bestäubung. Eine so eigenthümliche und complieirte Blüthenstructur, wie wir sie im Obigen kennen gelernt haben, weist auf Besonderheiten im Be- stäubungs-Mechanismus hin und in der That sind solche vorhanden. Auch besitzen wir darüber bereits einige Angaben von Gris, Hilde- brand und eine etwas ausgeführtere Darstellung von Delpino?); ob- wohl ich denselben nur wenig hinzuzufügen habe, so mag es doch nicht ohne Interesse sein, das Verhalten an dieser Stelle auseinanderzusetzen. Der Griffel bildet sich, wie wir sahen, sowohl bei den 3fächerigen und 3eiigen, als bei den Ifächerigen und leiigen Gattungen aus den Gipfeln aller 3 Carpelle. Desgleichen betheiligen sich alle drei an der Narbenbildung, aber in ungleicher Weise. Die über dem Sepalum 1 ge- legene Carpellspitze (n, in den Figuren 8I9—101) wird zu einer Art Ober- Iippe, die allerdings meist nur wenig hervortritt; die Spitzen über den Sepalen 2 und 3 (r, und n,) bilden Seitenlappen oder eine Unterlippe, wobei die Spitze n, mehr oder weniger hinter n, zurückzubleiben pflest (ef. Fig 89— 101 nebst den Erklärungen). Das Griffelende erhält da- durch eine ungleichseitige Beschaffenheit; sehr auffallend ist dieselbe bei Thaha, wo die aus der Carpellspitze 2 hervorgegangene. Unterlippe sehr lang und tief herabgezogen wird, während die Spitze 3 sich auf einen kurzen Seitenzahn an ersterer reducirt (Fig. 92—94). Bei Maranta sind die drei Lappen des Griffelendes weniger ungleich (Fig. 99—101), doch übertrifft z. B. bei Maranta bicolor der zweite (n,) die beiden an- dern sowohl an Länge als Breite und stellt sich gleichsam als eine Sei- 1) Botan. Zeitung |. e. 2) An den oben p. 4 angeführten Orten. 56 EICHLER: tenlippe dar (Fig. 89— 91). Calathea und Ischnosiphon zeigen gewöhnlich nur eine einseitige Ausrandung oder Schiefheit der Narbe, zugleich unter deutlicherem Hervortreten der Oberlippe, die bei manchen Arten fast zungenförmig emporgezogen wird (cf. Fig. 95 — 98). Entsprechend dem Umstande, dafs die beiden Blüthen jedes Blü- thenpaares gegenläufig sind, so befindet sich auch die von dem Zurück- bleiben des dritten Narbenlappens herrührende kleinere Lippe des Griffel- endes in den beiden Blüthen auf entgegengesetzten Seiten und zwar bei der linken Blüthe links, bei der rechten rechts am Griffel, diesen von derjenigen Seite her betrachtet, mit welcher er dem Krontubus angewach- sen ist und welche zugleich die convexe Seite seiner Krümmung bildet. Das Diagramm Fig. 108 wird dies Verhalten verdeutlichen; die Figuren 8s9—101 sind sämmtlich linken Blüthen entnommen. Die Lappen des Griffelendes stellen nun nicht die Narbe selbst dar; diese liest vielmehr in einer becken- oder triehterartigen, mit epi- thelartigem Gewebe ausgekleideten Vertiefung zwischen ersteren. Dorthin muls also der Pollen gelangen, wenn er seine befruchtende Funktion er- füllen soll. Nun macht der Griffel etwas rückwärts von seiner Endigung eine scharfe Biegung und bildet hier einen knie- oder scheitelförmigen Vorsprung (Fig. 91,96, 98, 101). Zwischen diesem und der Oberlippe ist öfter eine Abplattung wahrnehmbar, von Gris Platform genannt (Fi- gur 94, 99, 101), und dieselbe endigt in manchen Fällen, z. B. bei Tha- lia (Fig. 94) und bei Maranta sangwinea (Fig. 100, 101), mit einer eircum- seripten Drüse gl, welche einen klebrigen Saft absondert, während bei gewissen (alathea-Arten der vorgezogene und etwas verdickte Rand der Oberlippe die Ausscheidung besorgt (Fig. 97, 98), und in wieder andern Fällen, z. B. ‚bei Maranta bicolor (Fig. 90, 91) und Üalathea wolacea (Fig. 96), eine solche secernirende Stelle überhaupt nicht markirt ist!). 1) Körnicke möchte, im Widerspruch mit Gris, diese Drüse, resp. die ihr entsprechende Stelle des Griffelendes für die eigentliche Narbe halten; doch mündet eines- theils der Griffeleanal im Grunde der oben erwähnten Vertiefung, anderntheils hat Gris in letzterer die Pollenkörner ihre Schläuche treiben sehen. Auch ist der Körnicke- schen Ansicht nicht günstig, dafs bei Vornahme künstlicher Bestäubung durch Einfüh- rung einer Bleistiftspitze oder dergl., erst in die eine Blüthe, um den Pollen hier ab- zuholen, dann in eine andere, um ihn dort abzusetzen, der Pollen mit ziemlicher Regel- Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 57 Vor Entfaltung der Blüthe ist der Griffel noch wenig gekrümmt (von dem Knie am Scheitel abgesehen) und wird vom kapuzenförmigen Staminodium 4 (Fig. 102) und dem fruchtbaren Staubblatt si? derart ein- geschlossen, dafs nur die Narbe n zwischen beiden Theilen hervorschaut. Hierbei liegt die Anthere mit ihrer Bauchseite der Platform, resp. der dieser entsprechenden Stelle des Griffelendes an; sie öffnet sich jetzt, ebenfalls noch vor Entfaltung der Blüthe, und deponirt ihren Pollen an eben jene Stelle, wo derselbe durch seine Klebrigkeit haften bleibt und infolge des stattfindenden Drucks seine, hier allerwärts auffallend grofsen Körner in eine Schichte, meist sehr regelmäfsig neben einander, zu ord- nen pflest (Fig. 96, 105)!). In die Narbenöffnung selbst kann auf diese Art der Pollen nicht gelangen, um so weniger, als die vom Zurückblei- ben des dritten Narbenlappens herrührende Ausbuchtung auf der der An- there abgekehrten Seite liegt (Fig. 102, 108); nur zufällig und ausnahms- weise dürfte es geschehen, dafs einzelne Körner über den Rand der Narbe hinaus in deren Trichter geprefst würden. Wenn jetzt die Blüthe sich öffnet, so biegt sich das fruchtbare Stamen vom Griffel hinweg, bei manchen Calatheen zugleich die Anthere hinter dem petaloiden Anhängsel versteckend (Fig. 107); der Griffel je- doch bleibt für’s Erste noch im Kapuzenblatt eingeschlossen, mit dem Scheitel in dessen oberer Wölbung festgehalten und infolge stärkeren Wachsthums seiner Rückseite bogenförmig gespannt. Auf die Gegenseite stellt sich das Schwielenblatt, sodals im Ungefähren eine lippenartige Configuration entsteht; sind Flügelblätter vorhanden, so breiten sich die- selben mehr ‘oder weniger nach aufsen (s. Taf. IV Fig. 42, Taf. VII Fig. 104). Im Grunde des Kronentubus wird, jedenfalls aus den Septal- drüsen, Nektar secernirt; der Zugang zu demselben führt nur zwischen Kapuzen- und Schwielenblatt hindurch. Hier aber streckt sich das ohr- oder hakenförmige Anhängsel des Kapuzenblatts vor (Fig. 104), derart, mälsigkeit in jene Vertiefung deponirt wird. Die Aufgabe der Drüse dürfte vielmehr, wie schon Delpino ausgesprochen hat, darin bestehen, durch Anschmieren des klebrigen Saftes an den Rüssel des besuchenden Insekts, diesen zum Mitnehmen des Pollens befä- higter zu machen. !) Vergl. auch die Abbildungen von Gris in Ann. Sc. nat. IV. Ser. vol. IX tab. 6 fig. 12 u. 17. Phys. Cl. 1883. Abh. 1. 8 58 EICHLEr: dafs ein eindringender, nicht allzu feiner Gegenstand nothwendig an dasselbe anstolsen mufs. Schon eine leichte Berührung genügt, die Ka- puze ein wenig zu lüpfen, und sofort schlägt der Griffel elastisch hervor. Er schlägt auf das gegenüberstehende Schwielenblatt hinüber, klemmt sich zwischen dessen Schwielen oder, wenn dieselben eine Tasche bilden, mit dem Kopf in diese hinein und bleibt nun so fest angedrückt liegen (Fig. 106). Er wird dabei mehr oder weniger halbkreisförmig und die Narbenöffnung ganz nach unten gebogen; auch geschieht es nicht selten, dafs der Griffel mit dem Kopfe an dem Schwielenblatt vorbei fährt, ohne hier festgehalten zu werden, in welchem Falle er sich spiralig einrollt. Auf alle Fälle versperrt der Griffel nach seinem Losschlagen den Eingang zur Kronröhre; das Kapuzenblatt biegt sich mehr oder weniger zurück. Vom Pollen, den die Anthere am Griffelkopf abgelagert hatte, kann bei dieser Bewegung nichts in die Narbenöffnung gelangen; er wird entweder auf dem Schwielenblatt abgesetzt, da wo der Griffelkopf auf- schlägt (Fig. 105), oder an dem Gegenstand, der das Losschlagen veran- lafste, falls der Griffelkopf denselben trifit. War nun etwa an diesem Gegenstand schon Pollen von einer andern Blüthe vorhanden, so wird derselbe beim Herabfahren des Griffels in die vorangehende Narbenöffnung eingestrichen (Fig. 91), der vom nachfolgenden Griffelkopf mitgebrachte Pollen aber an derselben Stelle wieder abgesetzt. Durch Einführung eimer Bleistiftspitze kann man sich davon unschwer überzeugen, wenn- gleich das Experiment nicht immer mit gleicher Regelmäfsigkeit und Sı- cherheit gelingt. In der freien Natur sind es jedenfalls Insekten, welche die Bestäubung ausführen, doch ist darüber nur wenig bekannt!); der seltne Ansatz von Frucht in unsern Gewächshäusern dürfte sich aus dem Mangel geeigneter Bestäuber erklären. Dafs dennoch hin und wieder hier Fruchtbildung Statt findet, kann ebensowohl in vereinzeltem Insektenbe- such, als in einer, ja nicht absolut ausgeschlossenen Selbstbefruchtung sei- nen Grund haben. 1) Thalia dealbata soll in Italien, wo sie im Freien blüht, von Bienen besucht werden, nach Delpino; bei einer anderen Art beobachtete Fritz Müller in seinem Garten zu Blumenau in Brasilien (wo übrigens die Pflanze auch wild vorkommt) eben- falls Eucera-artige Bienen als Bestäuber. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 59 Durch den ganzen, vorstehend beschriebenen Mechanismus wird Selbstbestäubung verhindert oder doch sehr erschwert, Fremdbestäubung begünstigt. Wir sehen nun auch deutlich den „Zweck“, der mit der eigenartigen Ausbildung der Androeceumblättchen verfolst wird. Die Kapuze nebst dem Antheren-Anhängsel dient dazu, den Griffel bis zum Losschnellen festzuhalten!), das Öhrchen der ersteren, um das Losschnel- len bei Berührung herbeizuführen; das Schwielenblatt soll den Griffelkopf zum Zweck des Verschlusses der Kronröhre nach stattgehabter Bestäu- bung festhalten und hat zu dem Ende entweder in toto eine dickliche, dem Drucke des Griffels Widerstand leistende Consistenz, oder ist mit besondern Vorsprüngen und Taschen ausgestattet, an, resp. in welchen der Griffelkopf festgehalten wird. Die Funktion der Flügelblättchen läfst sich dahin verstehen, dafs sie den anfliegenden Insekten einen Landungsplatz bieten, auch locken sie wohl durch ihre Gröfse und mitunter (z. B. bei Maranta bicolor) durch „Saftmale“ an; wo sie fehlen oder sehr reducirt sind, müssen die Kronblätter ihre Funktion übernehmen. Die Ungleichseitig- keit des Narbenrandes schliefslich dürfte ebenfalls aus der sonstigen Blü- theneinrichtung sich erklären lassen; wie Figur 108 ohne weitere Erläu- terung verständlich machen wird, mufs nämlich beim Hinüberschnellen des Griffels zum Schwielenblatt die Narbe auf diese Art mit ihrer vollen Öffnung am Kapuzen-Anhängsel herstreichen, dort also, wo der das Losschnel- len bewirkende Reiz stattfmdet und wo bei Insektenbesuch gerade der- jenige Körpertheil des Insekts getroffen wird, der von einem vorausge- henden Blüthenbesuche her mit Pollen behaftet war, letzteres in gleicher Weise, wie er jetzt, nach Passiren der Narbenöffnung und Einstreichen des Pollens in dieselbe, von dem nachfolgenden Griffelkopf von neuem mit Pollen versehen wird. Der bezügliche Körpertheil des Insekts dürfte wohl meist der Rüssel sein; Delpino spricht zwar auch von Sternum und Abdomen, doch ist der Pafs zwischen Schwielen- und Kapuzenblatt, !) Das Antheren-Anhängsel kann allerdings dieser Aufgabe nur nachkommen, wo es ansehnlicher entwickelt ist, in welchem Falle es sich auch mitunter (z. B. bei Ma- ranta arundinacea) wie eine zweite Kapuze um die erste zusammenschliefst (vielleicht da- her die Angabe Bentham-Hooker’s vom Vorkommen zweier kapuzenförmiger Stamino- dien?); wo das Anhängsel, wie bei Maranta bicolor und den meisten Calatheen, sich auf einen schmalen Zahn oder Saum redueirt, dürfte es funktionslos sein. 60 \ Ente HLER«E wo das Auslösen des Griffels erfolgen muls, im Allgemeinen so eng, dals ein nur mittelgrofses Insekt seine Brust oder gar sein Abdomen nicht hinein zwängen kann, oder doch nicht anders, als dafs der Griffel schon vorher losschlüge. Ob der Griffel auch ohne fremde Intervention aus der Kapuze herausschnellen kann, weils ich nicht mit Sicherheit zu beantworten; starke Erschütterung kann es indefs bewirken. Doch dürfte hierdurch Selbstbestäubung nicht veranlalst werden, da die Narbenöffnung früher am Schwielenblatt aufschlägt, als der den Pollen mitbringende Griffelkopf. Gris meint zwar, dafs durch die rasche Bewegung der Pollen fortge- schleudert werden und so auch in die eigene Narbe gelangen könne; in- defs vermag ich mir dies nicht so recht vorzustellen und überdies ist der Pollen so klebrig, dals er fest am Griffelkopfe haften bleibt. Und wenn Gris bei Maranta sanguinea durch Schütteln der Inflorescenz einigen Er- folg für den Fruchtansatz bemerkt haben will, so hebt er doch selbst hervor, dafs andere Blüthenstände auch ohne diese Procedur Früchte ge- macht hätten; es muls sonach dahin gestellt bleiben, ob nicht beiderseits etwa schon in der Knospe Selbstbestäubung oder vielleicht später ein unbemerkter Insektenbesuch stattgefunden hatte. Weiter als bis zur Bestäubung habe ich ebenso, wie meine Vor- sänger, den Befruchtungsakt nicht verfolgen können. Das Material er- wies sich zu schwierig. Spontaner Fruchtansatz fand zu selten und zu vereinzelt statt und die künstlich bestäubten Blüthen fielen mir alle ab. Letzteres möchte den Argwohn erwecken, dafs in den obigen Angaben über den Bestäubungsprocels vielleicht doch etwas Wesentliches versehen wäre. Ich will dies nicht für absolut unmöglich halten; doch kann ich mir die Verhältnisse nicht anders zurechtlegen als geschehen. Auch habe ich nicht in Erfahrung gebracht, dafs andere mit künstlicher Bestäubung hier etwa glücklicher gewesen wären; von Bastarden finde ich nur einen einzigen erwähnt!), zwischen Maranta ewimia Regel und M. VandenHeckei Verschfflt. (beides eigentlich Calathea-Arten), ohne dals etwas Näheres über das Zustandekommen desselben bekannt wäre. Hier bleibt demnach noch eine Lücke auszufüllen. 1) Bei W. ©. Focke, die Pflanzen-Mischlinge p. 383. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 61 VI DITeTTucht. Wir sahen schon im V. Abschnitt, dafs das Ovar bei allen Maran- taceen aus 3 Carpellen besteht, welche bei einem Theil der Gattungen sämmtlich fruchtbar sind, während bei einem andern Theil nur das über dem ersten Kelchblatt gelegene ein Ovulum hervorbringt. Es lassen sich aber immer drei, durch vollständige Scheidewände von einander getrennte Fächer nachweisen; bei den 3eligen Gattungen sind dieselben einander gleich (Taf. VII Fig. 117), bei den leiigen werden die beiden sterilen Fächer auf enge, oft nur mit Hülfe des Mikroskops erkennbare Spalten redueirt (Taf. VI Fig. 73); selten, wie z. B. bei Phrynium parviflorum, erhalten sie nahezu dieselbe Weite, wie das fruchtbare Fach (Taf. II Fig. 34) !). Die Scheidewände entstehen, wie gewöhnlich, in Gestalt leistenför- miger, sich im Öentrum mitsammen vereinigender Sprossungen aus der Övarwand. Doch zeigen sie mit letzterer im ausgebildeten Zustand oft nur an einer schmalen Stelle in der Mitte ihres Querschnitts noch Zu- sammenhang, gleichsam als ob sie sich rechts und links von der Ovar- wand abgespalten hätten (Fig. 117). Wenn man die Verbindungsstellen übersieht, so kann man, wie es bei Körnicke geschehen ist, nicht um- hin, die Scheidewände für selbständige, vom Centrum des Fruchtknotens ausgehende Bildungen (die Körnicke „Placentarkörperchen“ nannte) an- zusehen. Dafs im Übrigen kein wirkliches Abspalten von der Ovarwand vorliegt, sondern die Erscheinung nur durch plötzliches Anschwellen der Scheidewände unmittelbar an ihrer Ursprungsstelle zu Stande kommt, be- darf kaum der Erwähnung. Die Scheidewände enthalten bei sämmtlichen Marantaceen je eine Septaldrüse?). Auf dem Querschnitt erscheint dieselbe, je nach der 1) Schon von Körnicke, Marantae. Prodr. I p. 349, constatirt. ?) Vergl. dazu A. Brongniart, M&moire sur les glandes nectariferes de l’ovaire dans diverses familles des plantes monocotyledones, Ann. sc. nat. IV Ser. vol. II (1854) p- ft. 62 ETCHLER: Länge und Breite der Scheidewand, von runder bis länglicher Form; sie wird rechts und links von einem oder mehreren schwachen Gefäfsbün- deln flankirt und aufserhalb derselben mitunter noch von einem Kranze rundlicher, mit einem dunkleren Inhalt erfüllter Zellen umsäumt. Ihre sonstige Beschaffenheit entspricht ganz der Darstellung, welche Brongni- art für Canna geliefert hat!); sie zeigen in der Mitte einen in der Rich- tung der Scheidewand verlaufenden Spalt, dessen Ränder durch Vorsprin- gen der begrenzenden Zellen undulirt erscheinen; letztere sind stark in die Quere gestreckt und mit hellem, durchscheinendem Nektar erfüllt, der zur Blüthezeit in die Spalte ausgeschieden wird und dieselbe dadurch mehr weniger erweitert. Diese Drüsen durchziehen die Septa der ganzen Länge nach, verjüngen sich nach oben und münden schliefslich mit en- gen, leicht zu übersehenden Ausführungsgängen in den Grund der Blu- menröhre?). Sie zeigen sich schon in ganz jungen Ovarien, deren Schei- dewände sich kaum in der Mitte erreicht haben; der Spalt in ihrer Mitte rührt davon her, dafs die beiden, das Septum zusammensetzenden Car- pellplatten an der betreffenden Stelle nicht mitsammen verwachsen?). Beim Austrocknen des Ovars pflegt das weiche saftige Gewebe der Septaldrüsen mehr oder weniger zu verschwinden; die dadurch entstehen- den Höhlungen sind zuweilen für wirkliche Fächer des Fruchtknotens ge- halten worden.*) Aus dem Fruchtknoten entwickelt sich eine, mit wenigen Ausnah- men nicht über 14cm Länge erreichende Frucht; der Kelch nebst den vertrocknenden innern Theilen bleibt dabei stehen (Fig. 109 etc.) oder fällt zuletzt hinweg, bei Phrynium diehotomum scheint dies schon ziemlich frühzeitig zu geschehen (Fig. 120). Die Gestalt der Frucht varüirt vom Kusligen (Phrynium dichotomum, Fig. 120, Thalia dealbata u. a.) durch Tonnen- und Birnform (Maranta, Marantopsis, Calathea, Fig. 109, 111) DISC pa1sHtab. Ach: *) Die Gänge liegen innerhalb der kleinen, mit den Septen correspondirenden Gefälsbündel, welche man auf Querschnitten im obern Theil des Ovars sieht (ef. Taf. VI Fig. 74, 82) und welche dann im Grunde der Kronröhre erlöschen. 3) Vergl. dazu eine im Erscheinen begriffene Dissertation von P. Gralsmann über die Septaldrüsen. #) Z. B. von Lemaire bei Maranta spectabilis, Jard. fleur. IV t. 401. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 63 zum Langgestreckten (/schnosiphon, Fig. 113); enthält sie 3 oder 2 Sa- men, so erscheint sie durch Vorwölben derselben mehr oder weniger 3 — 2knöpfig (Calathea, Phrynium capitatum, Phr. brachystachyum u. a., Fig. 109). Das Pericarp zeigt bald mehr fleischige Consistenz, bald ist es leder- oder krustenartig (Maranta, Phrynium dichotomum ete.), bei Ca- lathea und Ischnosiphon meist schwach pergamentartig und im Trocknen leicht zerbrechlich, bei Thalia hautartig dünn. Bei 3eiiger Anlage des Ovars kommen gewöhnlich alle 3 Ovula zur Reife; Fehlschlagen eines oder zweier derselben wird nur gelegentlich angetroffen, bei Phrymium dicho- tomum geht jedoch aus dem 3eligen Ovar regelmälsig eine blos 1samige Frucht hervor. Um näher in die Details der Fruchtbildung einzugehen, sind meine Untersuchungen wegen der verhältnifsmäfsigen Seltenheit von Früchten, sowohl in den Herbarien als in den Gewächshäusern, nicht umfassend genug; auch hat sich mir dabei eigentlich nichts von besonderem Inter- esse ergeben. Nur über das Aufspringen der Früchte möchte ich noch einiges bemerken. In manchen Fällen bleibt die Frucht dauernd geschlossen (Phry- num dichotomum u. a. Arten dieser Gattung) oder zerbricht zuletzt in unregelmälsige Stückchen (das hautartige Pericarp von Thalia). Meist jedoch findet, wenn auch mitunter erst sehr spät, eine gesetzmälsige De- hiscenz statt, und zwar immer mit Klappen vom Scheitel her. Bei 3sa- migen Früchten erfolgt dieselbe loculicid in der gewöhnlichen Form (Ca- lathea, Phrynium capitatum u. a., Fig. 10951). Enthält die Frucht nur 1 Samen, so ist die Dehiscenz zwar gleichfalls fachspaltig, doch mit mehre- ren Modificationen. Im einfachsten Falle entstehen 3 gleiche und voll- ständige Klappen (Ischnosiphon laxus), oder aber es ist eine derselben schmäler als die beiden andern und oftmals auf einen linearen Strei- fen redueirt (Ischnosiphon obliquus, Fig. 113, Ischn. leucophaeus, ovatus u. a. Arten dieser Gattung). Die schmale Klappe liest dabei immer auf !) Auch in der afrikanischen Gattung Trachyphrynium Benth. soll die 3- oder 2samige Frucht bis zum Grunde mit 3, resp. 2 Klappen aufspringen (Bentham und Hooker, Gen. plant. III p. 652); ob dies jedoch ebenfalls loculieid geschieht, ist mir nicht bekannt geworden. 64 ErTcHuLErR: der Rückseite des Samens, da wo sich ursprünglich die sterilen Fächer nebst dem Complex der 3 Scheidewände befinden. Übergänge zwischen den beiden Fällen, wie sie z. B. bei /schnosiphon Arouma begegnen, ma- chen es wahrscheinlich, dafs auch die schmale Klappe, geradeso wie die zwei breiten, aus den beiden benachbarten Hälften zweier differenter Car- pelle — hier würden es die beiden sterilen sein — zusammengesetzt ist. Eine dritte Modification treffen wir bei Marantopsis lutea (Fig. 111) bei Maranta Tonckat, arundinacea, sanguimea!) u. a.; sie dürfte überhaupt charakteristisch für diese beiden Gattungen sein. Die Klappen haben wieder eine gleiche oder annähernd gleiche Breite, aber zwei derselben trennen sich nur zur Hälfte oder mitunter auch gar nicht von einander, während die dritte tiefer und nicht selten bis zur Basis hinabreicht (Fig. l1la,b). Von den beiden ersteren Klappen gehört die eine der Rück- seite des Samens an und ist bei ungleicher Breite die schmälere (ent- spricht der schmalen Klappe der oben erwähnten I/schmosiphonen); die andern, wie auch die tiefer getrennte, liegen rechts und links nach vorn. Dies verschiedene Verhalten der Klappen ist schon vorher in der Frucht- knotenwand ersichtlich, indem die superficiellen Furchen, welche die spä- teren Dehiscenzstellen markiren, neben der vollständigeren Klappe tiefer eindringen, als zwischen denjenigen beiden, die sich weniger von einander sondern (Fig. 111c). Im Übrigen kommt es auch bei /schnosiphon vor, dafs die schmale Klappe nicht vollständig von einer der breiteren abge- löst wird. Noch bleibt zu bemerken, dafs bei den Isamigen Früchten die beiden sterilen Fächer nebst dem Complex der 3 Scheidewände, welche im jugendlichen Ovar noch ziemlich ansehnlich sind, in der Reife durch die vorwiegende Entwickelung des Samens ganz zusammengedrückt und auf eine schmale, mitunter kaum merkliche Leiste redueirt werden, die im Innern der Fruchtknotenwand hinaufläuft (Fig. 1115, c) und bei stär- kerer Ausbildung durch ihren Druck wohl eine Raphe-ähnliche Furche an dem Samen hervorbringen kann. 1) Für Maranta sanguinea nach den Angaben von Gris, Ann. sc. nat. IV Ser. vol. XII p. 212 t. 14 p. p. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 65 VIII. Der Same. Über die Samenbildung der Marantaceen liegen aufser in den, Ein- gangs dieser Abhandlung genannten Schriften, einige Angaben von Schlei- den und’ Vogel vor!) und ganz kürzlich hat auch Fritz Müller zu Blumenau in Brasilien einen einschlägigen Aufsatz veröffentlicht?). Im Jugendzustande sind die Samen überall in dieser Familie sehr uniform, späterhin zeigen sie jedoch bemerkenswerthe Verschiedenheiten. Die Structur der Ovula kann durch die Figuren 115—117 (Taf. VII) illustrirt werden. Sie stehen, wie schon früher bemerkt, stets einzeln in den Fächern, sind vom Grunde aufrecht, mit ihrem Rücken nach der Axe hin, mit dem Körper nach aufsen gewendet?) („apotrop“ nach J. G. Asardh’s Terminologie) und halten in ihrer Form die Mitte zwischen dem Anatropen und dem Kamptotropen (Fig. 115, 116«). Ein eigent- licher Funiculus fehlt, das Ovulum ist an der Basis lediglich in einen kurzen, dieken Stiel verschmälert. Integumente sind 2 vorhanden, von denen das äulsere dicker, das innere dünner ist; letzteres macht ein Stückchen rückwärts von der Mikropyle eine kreisförmig um den Nucel- lus herumlaufende Einbuchtung. Die Chalaza liest etwa in halber Höhe; das Gefäfsbündel der Raphe schliefst dort mit stumpfem Ende ab. Der aus diesem Ovulum erwachsende Same varıirt mit der Gestalt der Frucht vom Kugelisen zum Langgestreckten (vergl. Fig. 109—122); bei 3- oder 2samigen Früchten erscheinen die einander zugewendeten Seiten der Samen entsprechend abgeplattet, die freien Aulsenseiten pfle- sen mit stumpfer Kante vorzuspringen (Fig. 1095). Auch die einzelstän- digen Samen von Maranta, Marantopsis und Ischnosiphon zeigen sich auf der, gegen die sterilen Fächer hingewendeten Seite (ihrer Rückseite) ab- seflacht oder doch minder convex als auf der gegenüberliegenden (Fig. 1) Schleiden und Vogel, über das Albumen, Nov. Act. Nat. Car. vol. XIX pars II (1842) p. 57 t.40 p. p. 2) Fritz Müller, Kosmos, VII. Jahrg. (1383) p. 277 ff. t. 1 p. p. %3) Fritz Müller l.c. nennt im Widerspruch mit der üblichen Terminologie die Aufsenseite den Rücken, die innere die Bauchseite. Phys. Cl. 1883. Abh. I. 9 66 EICHLER: llle, 113c); bei den gleichfalls einzelständigen Samen von Thalia und Phrynium dichotomum ist dies weniger oder gar nicht zu bemerken (Fig. 121, 122). Am Scheitel sind sie bei Maranta und Marantopsis gewöhnlich abgestutzt (Fig. 112), bei Calathea und Ischnosiphon mehr oder weniger nach rückwärts vorgezogen (Fig. 110c); an der Basis befindet sich in den meisten Fällen ein Arillusartiges Gebilde, über das nachher noch specieller die Rede sein soll. Die Aufsenseite zeist sich oft von mehr oder weni- ger regelmäfsigen Längsfurchen durchzogen (Maranta, Marantopsis, Isch- nosiphon lawus, Phrynium diehotomum u. a.; Fig. 112, 118, 119, 121); bei Calathea sind es meist Querrunzeln (Fig. 110), bei /schnosiphon obliquus und lZeucophaeus zahlreiche kurze und ziemlich regelmälsig gestellte Quer- furchen (Fig. 1135). Die Testa ist von krustiger Beschaffenheit, ihre Farbe im Trocknen grau oder schwärzlich, ohne oder mit nur schwachem Glanz; im frischen Zustand erschien sie in den wenigen Fällen, die mir vorgelesen haben, braun, der Arillus, der im trocknen Zustand überall eine bräunliche Farbe zeigt, gelblich weils!). Im Innern zeigen die Sa- men einen weilsen, mehligen Eiweilskörper vom Charakter des Peri- sperms?), und in einem hippocrepischen Canal desselben (dem Embryo- sacke) den gleichfalls hippocrepisch gebogenen Embryo, der einen eylin- drischen, am Radicular-Ende etwas verdickten, am Üotyledonar -Ende meist verdünnten Körper darstellt®). Das Radieular-Ende des Keimlings stöfst unmittelbar an die Testa an, die an der betreffenden Stelle ein, dem Radicular-Ende entsprechen- des kreisförmiges Stück zu einer Art Deckel differenzirt (von Gris „Em- bryostege“ genannt) und dessen Rand zu einer kurzen Scheide um die Radieula emporzieht (Fig. 110ec, 112c, 114, 116, 121, 122). Einen ähn- lichen Deckel findet man auch bei (anna und Musa; er wird hier beim Keimen von dem austreibenden Embryo abgesprengt und dasselbe dürfte denn auch bei den Marantaceen der Fall sein. Wie ein Vergleich der Figuren 116@ und 5 mit Fig. 110c verständlich machen wird, ent- !) Bentham u. Hooker, Gen. plant. III p. 650, sagen von Maranta, dals der „Arillus exterior*, d.h. wohl der nach aufsen gerichtete Theil des Arillus, grün sei. 2) Cf. Schleiden und Vogel l. ce. 3) Bei trocknen Samen liegt derselbe so lose im Embryosack, dals er beim Durchschneiden leicht herausfällt. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 67 steht dies Gebilde lediglich aus dem, durch die oben erwähnte Kreisfalte abgegrenzten Vordertheil des innern Integuments; die Kreisfalte wird, durch überwiegendes Wachsthum des hinterliegenden Nucellar- Gewebes, tiefer und enger, bildet eine den Scheitel des Embryosacks umfassende Duplicatur (Fig. 1165) und diese wird dann, durch Differenzirung ihres Gewebes gegen die äufsere Partie der Testa hin, zu der erwähnten Scheide, der mittlere, gerade über dem Embryosack gelegene Theil zum Deckel. Aus den Figuren 116 und 110c ist zugleich ersichtlich, wie der Arillus zu Stande kommt. Es ist derselbe keine eigentliche Neubildung, sondern der fleischig gewordene Basaltheil des Ovulums. Die fleischige Umbildung greift gewöhnlich einerseits bis zur Chalaza und noch etwas über dieselbe hinaus, andererseits bis etwa zu der Region, wo das innere Integument seine Einfaltung macht. Alles, was von hier an abwärts und zugleich aufserhalb des innern Integuments gelesen ist, wird zum Arillus einbezogen und auch vom innern Integument noch der, das äufsere Inte- gument durchsetzende Mikropylarschnabel; man sieht daher, besonders deutlich auf jüngeren Zuständen, sowohl das Gefäfsbündel der Raphe, als den Mikropylarkanal durch den Arillus sich hindurchziehen (Fig. 116a, b; Fig. 110e). Von diesem fleischigen Basaltheil des Samens werden nun ganz regelmäfsig im Verlaufe des Reifens noch zwei, nach rückwärts gerichtete Fortsätze oder Anhängsel entwickelt. Bei /schnosiphon und gewissen Ma- ranten, 2. B. M. Uwabensis, stellen dieselben ganzrandige, bei Marantopsis und den meisten Arten von Maranta fransig- oder fingerartig gelappte Öhrchen dar (Fig. 1135, 112); bei Calathea verlängern sie sich zu schmal dreieckigen Zipfeln, welche kreuzweise oder schräg über einander liegen (Fig. 110); bei gewissen Maranten, wie M. setosa und Luschnathiana!), wer- den sie zu langen, schmalen Bändern, welche parallel neben einander an der Rückseite des Samens hinaufsteigen und bei grölserer Länge noch über den Scheitel hinweggreifen (Fig. 118, 119). In der Gattung Thalia 1) Auch bei Fritz Müller’s „Marantacee mit weilsgestreiften Blättern aus dem Affenwinkel hei Blumenau“, s. Fritz Müller l.c., Fig. 25—39. Ir 68 Eimlekiuin.rt: wird hiergegen der Arillus sehr reducirt (Fig. 122«) und bei gewissen Phrynium- Arten, wie z. B. Phr. diehotomum, gar nicht mehr ausgebildet (Fig. 121) 1). Es ist von vorneherein nahe liegend, dafs dieser Arillus bei der Ausstreuung der Samen eine Rolle spielen mufs, und Fritz Müller hat für einige Fälle gezeigt, in welcher Weise dies geschieht. Bei Calathea (bei Fr. Müller Phrymium genannt) wird durch die, bei voller Reife sich elastisch zurückkrümmenden Lappen des Arillus die noch geschlossene Frucht an der Basis abgesprengt, zwischen den Deckblättern hervorge- trieben und dann aufserhalb derselben zum Öffnen gebracht; bei Maranta und Marantopsis geschieht, nach meinen eigenen Beobachtungen, das Öff- nen der Früchte, die sich hier meist aufserhalb der Deckblätter befinden, zuerst und der Arillus treibt dann durch seine Federkraft den Samen hin- aus. Die nur schwache oder mangelnde Ausbildung des Arillus bei Tha- ha und Phrymium diehotomum dürfte damit zusammenhängen, dafs hier überhaupt die Früchte nicht aufspringen; doch fehlt der Arillus auch bei Phrynium capitatum, dessen Früchte sich 3klappig öffnen. Wir müssen nochmals in das Innere des Samens zurückkehren. Das Ovulum, sahen wir, ist halb ana-, halb kamptotrop, der fertige Em- bryo aber zeigt sich hufeisenförmig gekrümmt. Dies rührt davon her, dafs sich das Ovulum nach der Befruchtung wesentlich nur in kampto- troper Form weiterbildet; der Vergleich der Figuren 116a,5 und 110e wird dies deutlicher machen, als Worte es könnten. Durch diese kamp- totrope Fortbildung wird bewirkt, dafs die Chalaza in den Nucellus vor- dringt, indem sie von dem, sich besonders auf der Rückseite vergröfsern- den Nucellus gleichsam überwallt wird (s. Fig. 1165); sie stellt zuletzt einen, in den meisten Fällen schlank keulenförmigen Fortsatz dar, der sich vom Grunde der Testa aus zwischen die Schenkel des Embryo bis zu halber Höhe des Samens oder darüber erhebt (s. Fig. 110c, 112e, 114 1) Bei dem afrikanischen Thaumatococcus Danielli Benth. wird der Arillus in Bentham-Hooker’s Gen. plant. l. c. als „erassus, mucilaginosus, siceitate durus nitidis- simus, semen omnino involvens“ beschrieben, bei gewissen Phrynium- Arten aus der Gruppe der Subbaccatae als „in vivo mucilaginosus, seminis dimidium obtegens“. Beide Vorkomm- nisse sind mir nicht aus Autopsie bekannt und ich mufs es dahin gestellt sein lassen, wie sie zu Stande gebracht werden. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 69 ete.). Im frischen Zustande ist dieser Fortsatz mit Gefälsbündelgewebe, namentlich Spiralgefälsen erfüllt; beim Trocknen schrumpft dasselbe zu- sammen und der Fortsatz stellt sich als einen Canal dar, der nur noch mulmig-faserige Gewebsreste enthält. Bei Calathea und Ischnosiphon, soweit hier Samen untersucht wer- den konnten, bleibt dieser „Perispermkanal“, wie er von Gris genannt worden ist, völlig einfach; bei Maranta jedoch, Marantopsıs und bei Phry- nium theilt er sich gewöhnlich unterhalb des Embryo in zwei gabelartige, mit letzterem gekreuzte Zweige, zwischen welchen der Embryo sich hin- durchbiegt. Der Querschnitt an der Biegungsstelle giebt dann ein Bild wie Fig. 121e, in welchem man rechts und links vom Embryo die Durch- schnitte der beiden, bei Phrynium flachgedrückten, bei den übrigen mehr cylindrischen Gabelzweige sieht; etwas weiter abwärts ist der Kanal noch einfach (Fig. 121d). Ein Längsschnitt durch den Samen in der Ebene des Keimlings zeigt uns natürlich ebenfalls nur einen einfachen Kanal (Fig. 1215), bei einem Längsschnitt senkrecht zum Embryo wird die Ga- bel sichtbar (Fig. 121c). Bei Thalia endlich theilt sich der „Kanal“ gleich über der Basis in zwei eylindrische Schenkel, welche sich rechts und links neben den Embryo stellen, mit diesem parallel aufsteigen und sich auch wieder mit ihm zurückbiegen, sodafs man auf Querschnitten, die beide Schenkel des Embryo treffen, 4 Kanäle zu Gesichte bekommt (Fig. 122c), auf einem medianen, wie auch auf dem transversalen Längs- schnitt aber nur ein kurzes Kanalstück an der untersten Basis (Fig. 1222). Ich habe die Entwickelungsgeschichte dieser gespaltenen Chalazen wegen Materialmangels nicht verfolgen können; sie lälst sich aber kaum anders vorstellen, als dafs die Chalaza, ähnlich wie der Embryosack, activ in das Nucellargewebe vordringt, unter früherer oder späterer Bildung zweier Schenkel, d.h. Lokalisirung des Wachsthums rechts und links an ihrem Scheitel. Hiermit stimmt auch das Wenige überein, was Gris über die Bildung der „Perispermkanäle“ bei Thalia dealbata mitgetheilt hat!). Ak- tives Vordringen der Chalaza dürfte im Übrigen auch wohl dort statt- haben, wo der Perispermkanal einfach bleibt. Gespaltene Chalazen in der Form, wie sie bei den einschlägigen 1) Bulletin de la Societe botanique de France vol. VII (1860) p. 875. 70 EICHLER: Marantaceen vorliegen, sind mir sonst im Pflanzenreiche nicht bekannt geworden; die einfachen „Perispermkanäle“ haben jedoch bei den (entro- spermen und anderwärts häufige Analoga. Einigermalsen vergleichbar sind auch die kamptotropen Früchte der Menispermaceen, nur dafs bei diesen das reifende Ovar die kamptotrope Krümmung vollzieht und der sich zwischen die Schenkel des Samens eindrängende Fortsatz von der Ovarwandung ausgeht!). Noch möchte ich darauf aufmerksam machen, dafs auch die oben beschriebene Entstehung des Arillus, durch fleischige Umbildung der ganzen Samenbasis, einschliefslich der untern Partie des äufsern Integuments und des Mikropylarschnabels des innern, ein eigen- thümlicher Vorgang ist, der wenige Analoga haben dürfte. 1) Vergl. Eichler, Versuch einer Charakteristik der natürlichen Pflanzenfamilie Menispermaceae, Denkschr. der k. bayer. botan. Gesellschaft zu Regensburg vol. V pars I (1864) p. 6, 34. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 71 B. Zur Systematik. Die Systematik der Marantaceen, speciell ihre generische Gliede- rung, hat immer viel Schwierigkeiten gemacht, theils weil sich die Gat- tungen habituell nicht sehr scharf gegen einander abheben, theils weil man sich zu ausschliefslich an die Charaktere der Blüthen hielt und die übrigen unbeachtet liefs. Vor Körnicke (1858) war der Zustand gera- dezu chaotisch; kaum eine Gattung war kenntlich umschrieben, alles lief unter den verschiedensten Namen durcheinander. Körnicke gebührt das Verdienst, wenigstens insoweit Ordnung geschaffen zu haben, als er seine Gattungen mit präcisen Charakteren versah und die Arten mit Con- sequenz und auf genaue Untersuchung hin darunter vertheilte. Freilich hat er damit nicht bewirken können, dafs die Confusion in den nachfol- genden Publicationen, sowie in botanischen Gärten und den Katalogen der Handelsgärtner, ein Ende genommen hätte; hier wird auch heutzutage noch, mit Ausnahme etwa nur von Thalia dealbata, die Jedermann gelten läfst, alles entweder unter Maranta zusammengeworfen, oder bestenfalls unter Maranta, Phrynium und Calathea vertheilt, ohne dafs man jedoch, wie es scheint, sich viel Sorge um die eigentlichen Unterschiede dieser Gattungen und damit um die Richtigkeit der getroffenen Bestimmungen machte. 2 EICHLER: Körnicke gab nachstehende Disposition der von ihm unterschie- denen Gattungen: 1. Ovar'leüg: A. Äufsere Staminodien 2 . . . . Maranta L. B. x » 1. a. Kronröhre sehr kurz und weit; Anthere frei (vom Anhängsel). Frucht oval, häutig, nicht auf- springend; Samen stumpf-gerundet Thaha L. b. Kronröhre sehr lang und eng; An- there bis zur Mitte mit dem An- hängsel verwachsen; Frucht läng- lich, am Scheitel aufspringend; Samen oben spitzeckig . . . Ischnosiphon Keke. ©. Äufsere Staminodien 0 . . . . Marantopsis Keke. II, REES RERERE Phrynium par- A. Äufsere Staminodien 2°. . . . Phrynium Willd. B- a r 1 Ualathea G. F.W. Meyer. ©. @ & Monostiche Keke. Wie man sieht, ist diese Eintheilung einfach und klar; man kann oO auch alles danach unterbringen. Nur sind die Gattungen, zu welchen sie führt, theilweise nicht natürlich. Körnicke hat eben auch zu ausschliefs- lich die anthologischen Charaktere berücksichtigt. Einestheils vermag ich Marantopsis und Monostiche nicht als selbständige Genera: anzuerkennen, anderntheils werden unter Maranta sowohl, als unter Phrynium, heterogene Typen zusammengefalst. In beider Hinsicht befinde ich mich in Über- einstimmung mit der neuesten Bearbeitung der Familie in dem so eben erschienenen Schlufsbande von Bentham und Hooker’s Genera planta- rum; Marantopsis wird hier zu Maranta, Monostiche zu Calathea gebracht, Maranta aber in 3 Gattungen zerlegt (Maranta L., Stromanthe Sond., Myrosma L. fil.), und Phrynim in 4 (Phrynium Willd., Ulnogyne Salısb., Trachyphrynium Benth., Thaumatococeus Benth.)!). Hierbei hat Bent- 1) Die Gattung Marantochloa A. Gris (Bull. Soc. bot. Frane. VII (1860) p. 320), mit nur einer Species, M. Comorensis Ad. Br., von der Insel Reunion, ist von Bentham Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 75 ham aufser den Charakteren von Blüthe und Frucht wesentlich noch die Inflorescenzen in Betracht gezogen!). Indefs auch Bentham’s Eintheilung kann ich nicht in allen Stücken folgen. Dabei mufs ich jedoch die 4 letztgenannten, aus Körnicke’s Phrynium gebildeten Gattungen, welche sämmtlich der alten Welt ange- hören, aufser Betracht lassen, da zu einer Kritik derselben das mir zur Verfügung stehende Material bei weitem nicht ausreicht; ich werde mich vielmehr auf die amerikanischen Formen beschränken, die allesammt in den übrigen Gattungen einbegriffen sind. Letztere erscheinen zugleich ausschliefslich amerikanischen Ursprungs, bis auf 2 (mir nicht bekannte) Arten von Calathea, die nach Bentham ihre Heimath im tropischen Westafrika haben sollen. Zunächst gebe ich hier einen Schlüssel der Gattungen (also nur der amerikanischen), die ich meinestheils zu unterscheiden vermag, und werde dann zu einer näheren Besprechung derselben übergehen. Clavis generum americanorum. A. Ovarıum lovulatum, a. Staminodia externa 2, rarius nulla. I. Corollae tubus elongatus. Bractearum series opposito-distichae. Caulis ramo- sus, foliis ad nodos solitariis, fere semper HomoTRap TURNED Om oe arontanlı. Il. Corollae tubus brevissimus, amplus. Brac- tearum series plus minusve unilaterales (dorsiventrales). 1. Plantae caulescentes. Folia antitro- pa, ad nodos bina plurave. Bra- übersehen worden. Nach der Beschreibung stimmt sie, bis auf den kürzeren Kronentubus, mit Clinogyne Benth. überein und mülste, wenn sie sich etwa als zugehörig zu derselben erweisen sollte, die Priorität vor Clinogyne haben. 1) Ich spreche von Bentham allein, weil die Bearbeitung der Marantaceen nur von ihm herrührt, ohne Mitwirkung Hookers’s; cf. Bentham, on the joint and ‘separate work of the authors of the Genera plantarum, Linnean Society’s Journal vol. XX (1883) p- 308. Phys. Cl. 1883. Abh. I. 10 74 b. Staminodium externum 1. Ovarıum 3ovulatum. num 1, raro nullum. gatus. EICHLER: cteae membranaceae, deci- duae, plq. coloratae. Sta- minodia externa saepius parva v. nulla . Caulis varius. Folia anti- tropa. Bracteae conspicue unilaterales, imbricatae, pergamaceae, persistentes, florum parıa 4—2 foven- tes. Staminodıa externa petaloideo-dilatata . . . 3. Plantae acaules, scapis nu- Folıa ho- motropa. Bracteae conspi- dis v. 1folıatıs. eue unilaterales, membra- naceae, deciduae v. rarlus persistentes, florum parı uno tantum instructae. Staminodia externa prae- cedentis .. . - Folia con- stanter homotropa. lr. [5] Folia homotropa Bra- cteae deciduae. Staminodu cucul- Fruetus Tubus corollae brevissimus. lati appendix duplex. indehiscens. ÜChalazae processus in crura 2 hippocrepica divisus. Bra- cteae persistentes. Staminodii cu- Fru- etus trivalvis. Chalazae processus Tubus corollae elongatus. ceullati appendix simplex. reetus indıvisus . Se ma Staminodium exter- Oorollae tubus elon- . II. Stromanthe Sond. . III. Ctenanthe Eichl. (n. g.) . IV. Saranthe (Keke.)Eichl. V. Thalıa L. VI. Ischnosiphon Kceke. VII. CalatheaG.F.W.Meyer. l Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 7: I. MARANTAL. Diese Gattung muls sich auf den Typus von Maranta arundimacea L. gründen, der einzigen Art, welche Linn unter dem Namen Maranta auf- führt. Es schliefsen sich daran diejenigen Arten der Körnicke’schen Section Eumaranta, welche vom Autor (]. ce.) unter der Rubrik A) durch einen „tubus corollae longiuseulus“ charakterisirt werden; die Arten der Rubrik B) mit „tubus corollae brevissimus“ bleiben ausgeschlossen. Die Gattung charakterisirt sich zunächst durch ihren Wuchs. Über der Bodenlaube wird ein Stengel gebildet mit lauter 1blättrigen Knoten und mehr weniger reichlicher, oft aus den Achseln sämmtlicher Blätter erfolgender Verzweigung!). Die Blätter sind der Regel nach homotrop, rechtsgerollt und rechts-schmal; nur bei einer einzigen Art, der. Maranta Ruiziana Keke., habe ich sie antitrop gefunden. Die Pflanze stimmt sonst so vollständig mit den andern überein, dafs ich mich nicht entschliefsen kann, sie auf dies eine Merkmal hin — obwohl bei allen übrigen Gattun- gen Constanz in der Art und Weise der Blattrollung besteht — von er- steren abzutrennen. Ein Zwischenblatt ist,weder an den Laub-, noch an den Inflores- cenz- und Blüthenzweigen vorhanden; es folgt an ersteren auf das Grund- blatt sofort die Laubformation, das unterste Laubblatt dem Grundblatt mehr weniger genau superponirt. Die Inflorescenzen erscheinen terminal an Stengel und Zweigen und stellen an sich einfache, aber oft durch sichelartig gestellte Neben- zweige aus dem Winkel des obersten Laubblatts bereicherte Ähren von Blüthenpaaren dar. Letztere stehen ebenfalls sichelartig zu 2—4 in den Winkeln der zweizeilig geordneten, nicht oder nur wenig dorsiventralen, persistirenden Brakteen, deren Zahl zwischen 1—8 (meist 2—5) varürt; aulserdem ist stets noch ein Terminalpaar vorhanden. Die beiden Blü- then der Paare haben ungleiche Specialstielchen und einen, zur Blüthe- 1) Dals oben p. 9 gesagt wurde, bei lblättrigen Knoten fände regelmälsig aus allen Achseln Verzweigung Statt, ist ein Versehen; es geschieht allerdings sehr häufig, doch bei manchen Arten auch nur aus einem Theil der Blätter. 10* 76 EICHLER: zeit die Braktee oft überragenden gemeinsamen Stiel; Specialdeckblät- ter sind nirgends, Specialvorblätter nur gelegentlich vorhanden (oft z. B. bei M. arundimnacea an der untern Blüthe). Über die Beschaffenheit von Blüthen, Früchten und Samen habe ich dem, was durch Körnicke und Andere bereits bekannt ist, nichts Wesentliches zuzusetzen. Das unterscheidende Merkmal der Blüthen ge- genüber den 3 folgenden Gattungen liegt, wie bereits oben im „Schlüssel“ hervorgehoben wurde, in der bedeutenderen Länge des Corollentubus, der den Kelch immer mehr oder weniger überragt; dabei pflegt er an der Basis etwas schief oder gekniet zu sein. Aufserdem sind die äulfsern Staminodien hier immer ansehnlich entwickelt und in Form breiter, pe- taloider Flügel über die innern emporgehoben; bei den andern Gattungen, die wir von der Körnicke’schen Maranta abtrennen, kommt dies nur vereinzelt vor, der Regel nach überragen hier die äulsern Staminodien die innern nur wenig oder nicht. In der Beschaffenheit des Schwielen- Staminodiums finde ich noch einen, indefs nicht ganz constanten Unter- schied insofern, als bei den 3 folgenden Gattungen dies Blättchen inner- wärts einen, vom Antherensichtigen Rande meist schräg nach der Gegen- seite herablaufenden, oft 2lappigen Kamm zeigt, während bei Maranta (in unserm Sinne) dieser Kamm entweder gerade herabläuft (z. B. bei M. arundinacea) oder ganz fehlt (M. bicolor). Gegenwärtise Umgrenzung von Maranta stimmt im Wesentlichen mit der in Bentham-Hooker’s Genera plantarum überein; nur mufs Marantopsis Keke., welche Bentham als Synonym einrechnet, ausgeschlos- sen und zu Stromanthe gebracht werden, wie dort gezeigt werden soll. Ich lasse nun noch eine Charakteristik der Gattung in botanischem Latein und die Aufzählung derjenigen Arten folgen, die ich aus Autopsie als sicher hierhergehörig bezeichnen kann. Marınza Linn. (Gen. pl. p. 331 n. 826, anno 1737; Koernicke Prodr. II p. 32, quoad sectionis Eumaranta partem A; Benth. et Hook. Gen. pl. III p. 649, excl. Maranto- pside Keke.) Corollae tubus calyce longior, basi saepe gibbus v. subgeniculatus. Stami- nodia exteriora 2 reliquis longiora, late petaloidea, labelliformia; staminodium eueullatum auricula simpliei latiuscula deflexa; staminodium callosum crista interna unilaterali, v. eeristatum. Staminis fertilis appendix brevis v. longior, antherae non adnata. Ovarium lovulatum, loculis 2 minimis vacuis; stigma lateraliter oblique bilabiatum. Fructus obli- Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 77 que obovoideus, pericarpio carnoso v. coriaceo, tarde imperfeeteque trivalvis. Semen tri- gono-subrotundum, vertice truncatum, testa longitrorsum rugosa, arillo brevi integro v. fimbriato-lobulato, chalazae intra perispermium processu recto simpliei v. breviter bieruri. — Herbae caulescentes ramosae, foliis ad nodos solitariis fere semper homotropis (dextror- sum convolutis et in latere dextro angustioribus), mesophyllis!) ad omnes ramificationes, etiam inflorescentiae, deficientibus. Inflorescentiae in caule ramisque terminales simulat- que e foliis summis axillares, simplieiter spieiformes; braeteae opposito-distichae, persi- stentes, florum paria 4—2 foventes, rachi insuper florum pari solitario terminata. Pedi- celli communes in florum paribus evoluti, pedicellis specialibus inaequilongis v. altero de- fieiente; prophylla („Grundblätter“) bicarinata; mesophylla nulla, etiam bracteae bracteo- laeque speciales plq. deficientes. Species mihi cognitae: 1. Maranta arundinacea L. (Keke. Prodr. II p. 34)?). » indica Tuss. (Keke. 35). Vix a praecedente diversa. h protracta Miqg. (Keke. 36). ” divaricata Rose. (Keke. 36). d. n gibba J. E. Smith (Keke. 37). 6. n noctiflora Regel. et Keke. (Keke. 37). de o cordata Kceke. (l. c. 39). 8. n phrynioides Keke. (l. ce. 40). I - Pohliana Keke. (l. c. 44). £ Ruiziana Keke. (l. c. 45). I. 5 foliosa Keke. (l. c. 47). 12. > bicolor Ker. (Kceke. 48). 13. - leuconeura E. Morr. Belg. hortie. 1875 p. 172 t.9 (= M. Mas- sangeana hort.). 14. + Kerchoveana E. Morr. Belg. hort. 1879 t.5 (suadente el. Re- gel in Gartenflora 1850 p. 179 forsan varietas antecedentis). Omnes hae species in America tropica patriam habent, duabus quidem (M. arun- dinacea et M. indica) in antiquo orbe etiam provenientibus, sed forsitan, quum rhizomatis gratia, feeulam „Arrow-root“ dietam praebentis colantur, ibidem e cultura aufugis. [85 Obs. Maranta Friedrichsthaliana Keke., planta Guatemalensis, a el. Koernicke inter M. phrimioidem et M. Pohlianam posita, in colleetionibus mihi suppetentibus non ex- tat. — Maranta cuspidata Rose., species Afrieana, a el. Koernicke dubitanter prioribus adsociata, teste el. Bentham ad Clinogynem pertinet et forte eadem est ac Cl. filipes Benth. (Benth. et Hook. Gen. pl. Ill. 651). !) Nomine „mesophylla“ illa folia salutamus, quae inter prophyllum dorsale „Grundblatt“ et folia frondosa forma vaginarum occurrere possunt et quae supra in textu germanico „Zwischenblätter“ appellavimus. Nomen quidem „mesophyllum“ jam alio sensu in usu est, ad significandum parenchyma foliorum, sed hoc loco perperam intelligi nequit. 2) Literaturam et synonymiam illarum specierum, ad quas Koernicke, Monographiae Maran- tacearum Prodromus (vel abbreviatione „Keke.“) eitatur, hoc loco, quum in opere illo perfecte jam tractata sit, negligimus. Idem etiam in generibus sequentibus fiat. 78 f EICHLER: II. STROMANTHE Sonp. Den Typus dieser Gattung bildet die in den Gewächshäusern als Maranta sanguinea verbreitete Pflanze, auf welche im J. 1849 Sonder das Genus Stromanthe gründete. Es gruppiren sich um dieselbe mehrere andere Arten, welche von Körnicke theilweise mit ersterer zusammen in seiner Maranta-Section Stromanthe aufgeführt, theils in eine besondere Gattung Marantopsis gebracht werden, sowie noch eine Species aus der Section Eumaranta (Maranta Tonckat Aubl.). Die Differenzen von Stromanthe gegenüber Maranta sollen sowohl in der rispigen Inflorescenz mit gefärbten, zuletzt abfälligen Brakteen lie- gen, als in der kurzen weiten Kronröhre und der geringeren Entwicke- lung der beiden äufsern Staminodien; Bentham stellt darauf hin Stro- manthe als selbständige Gattung wieder her. Es sind jedoch noch wei- tere Unterschiede vorhanden. Schon der Wuchs gewährt eine charakteristische Differenz. Wäh- rend bei Maranta die Blätter des entwickelten Stengels immer einzeln an den Knoten stehen, sind sie bei Stromanthe zu zweien oder mehreren an denselben vereinigt; nur die obersten, unmittelbar der Inflorescenz vor- ausgehenden Blätter stehen auch einzeln. Die Zweige, wo solche über- haupt gebildet werden, kommen dabei nicht aus den Achseln aller Blät- ter, sondern nur aus den 1 oder 2 untersten der einzelnen Aggregatio- nen. Die Blätter sind ferner constant antitrop. Zwischenblätter finden sich bei gewissen Arten (Sfr. sanguinmea, hutea) wohl an den Laub- und bei letzterer oft auch an den Inflorescenzzweigen, nicht jedoch bei den Blüthenpaaren; bei den übrigen fehlen sie allerwärts. Die Inflorescenzen, terminal an Stengel und Zweigen und, wie bei Maranta, durch Nebenzweige aus den Winkeln der obersten Laubblätter bereichert, zeigen öfters eine rispige Zusammensetzung, indem die untern Hochblätter statt der Blüthenpaare Bereicherungszweige entwickeln (Str. hıtea u. a.), oder, wie bei Str. sangwinea und Schottiana, Bereicherungs- zweige und Blüthenpaare zugleich, erstere dann die obern, letztere die untern Auszweigungen der Sichelgruppen darstellend (vgl. Taf. II Fig. 24). Durch Wiederholung dieses Processes an den Secundanaxen kann, wie Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 79 2. B. bei Str. sangwinea, die Inflorescenz sehr reich verzweist werden; bei Str. Tonckat und Porteana bleibt sie jedoch gewöhnlich einfach und bei Str. Schottiana findet meist nur an der Basis eine schwache Verzweigung Statt. Die Hochblätter zeigen nur geringe, bei Str. hıtea jedoch deut- lichere, einseitige Convergenz (Dorsiventralität); sie sind meist gefärbt, roth oder orange, bei Str. Tonckat nach Roscoe’s Abbildung jedoch auch grün, und sind früher oder später abfällig, auch bei Str. Porteana, wo es Körnicke zweifelhaft war. Die Zahl der in ihren Achseln enthaltenen Blüthenpaare beträgt meist mehrere (2—6) in medianer Sichel, bei Str. lutea jedoch nur eins. Gemeinsame und Specialpedicelli sind vorhanden, doch bei Str. /utea nur kurz; Specialdeck- und Specialvorblätter fehlen allerwärts. Dafs auch die Zwischenblätter in den Blüthensicheln fehlen, wurde oben schon erwähnt; die Grundblätter sind 2kielig. Alle Verzwei- gungen des Blüthenstandes schliefsen mit terminalem Blüthenpaar. Die Merkmale von Blüthe und Frucht mögen aus der unten fol- genden Charakteristik der Gattung ersehen werden. Die äufsern Stami- nodien bieten eine Stufenreihe. Bei Stromanthe Tonckat sind sie, wie bei den ächten Maranten, petaloid und gröfser als die innern; Körnicke zieht daher diese Art zu der Section Kumaranta, von der sie jedoch durch ihre 3blättrigen Stengelknoten, die antitropen Blätter und ihre kurze weite Kronröhre abweicht und sich als eine ächte Stromanthe erweist!). Bei Stromanthe Hjalmarssoni, die Körnicke selbst zu dieser Gruppe rechnet, sind die äufsern Staminodien nach Körnicke’s Beschreibung zwar schon redueirt, aber immer noch etwas gröfser als die innern; bei Str. sanguinea und Porteana werden sie jedoch schmal und klein, und bei Str. lutea und Schottiana fehlen sie ganz. Letztere beide Ar- ten wurden daraufhin von Körnicke zur eigenen Gattung Marantopsıs erhoben; da jedoch sonst kein Unterschied von den übrigen Stromanthe- Arten besteht, die habituelle Übereinstimmung aber so grols ıst, dals 1) Von den beiden andern Arten, welche Körnicke mit Maranta Tonckat zu- sammen in die zweite Gruppe seiner Section Eumaranta mit „corollae tubo amplo bre- vissimo“ stellt, gehört die eine, Maranta Klotzschiana Keke. (aus Brasilien), wohl bes- ser zur Gattung Saranthe; die andern, M. Blumei Keke. (aus Java), ist nach Bentham (Gen. pl. III. 650) zu dessen Gattung Clinogyne zu rechnen. 80 EICHLER; man Mühe hat, z. B. Stromanthe Porteana und. Marantopsis Schottiana überhaupt zu unterscheiden, und da schliefslich obige Abstufungen in der Entwickelung der äufsern Staminodien jene Differenz nicht allzu belang- reich erscheinen lassen, so halte ich es für geboten, Marantopsis mit Stro- manthe zusammenzuziehen. Nicht unerwähnt möge dabei bleiben, dafs bei Strom. Porteana mir Blüthen vorgekommen sind, bei denen eins oder das andere der äulsern Staminodien fehlte, wenn mich nicht das hier al- lein disponible Herbar-Material getäuscht hat. Die kürzlich von Jorissenne in der Belgique hortic. 1882 p. 201 tab. 8 aufgestellte Gattung Kerchovea fällt mit Körnicke’s Marantopsıs und daher mit Stromanthe zusammen; die einzige Species, Kerchovea flo- ribunda, ist identisch mit Str. Schottiana'). Auch hier lasse ich eine lateinische Charakteristik der Gattung, nebst Aufzählung ihrer sichern Arten folgen. SznomAantnEe Sonder (Hamburger Gartenzeitung V p. 225, anno 1849; Benth. et Hook. Gen. pl. III 650, incl. Marantopsis Keke. — Marantae seet. Stromanthe, sectionis Eumarantae species, et genus Marantopsis Koernicke Prodr. II p. 54 et 97. — Kerchovea Jorissenne in Belgique horticole 1582 p. 201 tab. 8). Corollae tubus brevissimus amplus basi aequalis. Staminodia exteriora 2 interioribus longiora v. saepius abbreviata angusta v. nulla; staminodium eucullatum auricula simpliei deflexa v. ascendente; staminodium cal- losum intus erista plg. obliqua, saepius inaequaliter biloba instructum. Staminis fertilis appendix antherae non adnata eamque superans. Ovarium stylusque Marantae; stigma apice glandula instruetum. Fructus et semen Marantae, valvis pericarpü binis plg. altius cohaerentibus, chalazae processu ad apicem constanter bieruri. — Herbae caulescentes plq. ramosae, foliis ad nodos, saltem inferiores, binis pluribusve (ad 8), antitropis, ramis ubi adsunt ex inferioribus nodorum axillis 1—2 tantum provenientibus, mesophyllis nune evo- lutis, saepius nullis. Inflorescentiae in caule ramisque terminales simulatque e foliis summis axillares, panieulato-ramosae v. rarius simplices. Braeteae obscure v. rarius ma- nifeste dorsiventraliter distichae, plg. coloratae, eitius tardiusve delabentes. Florum paria in bractearum axillis 6—2 v. rarius 1, pedicello communi pedicellisque speeialibus (sub- inde perbrevibus) instructa, bracteis bracteolisque specialibus semper deficientibus, pro- phyllis dorsalibus bicarinatis, mesophyllis nullis. Species mihi visae: 1. Stromanthe Tonckat Eichl. (Maranta Tonckat Aubl., Keke. Prodr. II. 49)?). 2. n sanguinea Sond. (Maranta sang. Keke. 56). Var. spectabilis (Maranta spect. Keke. ]. c.). 1) Bentham, Gen. pl. III p. 1226, zieht sie zu Stromanthe Porteana, von wel- cher sie jedoch durch das gänzliche Fehlen der äufsern Staminodien abweicht. ?) Cf. adnotationem 2 in p. 77. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 81 3. Stromanthe lutea Eichl. (Maranta lutea Jacq., Marantopsis lutea Keke. 97). 4. n Porteana A. Gris (Maranta Port. Keke. 57). d. > Schottiana EBichl. (Marantopsis Schotliana Keke. 99; Ker- chovea floribunda Joriss. Belgique hortie. 1. c.). Omnes hae species in America tropica endemicae sunt. Obs. Maranta Hjalmarssoni Keke., ex Honduras, ab auetore Stromanthes sec- tioni adscripta, mihi non suppetit. — Stromanthe Lubbersiana E. Morr., Belgique horticole 1382 p. 21 tab. 1 (= Phrynium Lubbersianum hort. Makoy), ob folia antitropa et ad nodos bina plurave congesta, verisimiliter hujus generis est, sed flores adhue incogniti. — Stro- manthe setosa A. Gris, Bull. Soc. bot. France VI (1858) p. 348, ad Cienanthem transpo- nenda est. — Stromanthe ewimia (Aut.?), a cl. Regel in Gartenflora 1378 p. 103 sub Ma- ranla commemorata, mihi incognita est. — Stromanthe amabilis E. Morr., Belgique horticole 1375 p. 271 t. 15—17 fig. 2, statu sterili tantum eognita, forte ad Stromanthem Porteanam ducenda est, ceui folii forma et colore haud absimilis. IH. CTENANTHE n. gen. Unter diesem Namen, gebildet aus »reis, zrevis — Kamm, und @vSy — Blüthe, fasse ich eine Anzahl Arten zusammen, die bei Kör- nicke unter der Maranta-Section Saranthe, bei Bentham in der Gat- tung Myrosma stehen und welche von Stromanthe hauptsächlich durch ausgeprägt dorsiventrale, ährige Inflorescenzen mit derben, stehenbleiben- den Brakteen sich unterscheiden. Da die Brakteen gewöhnlich dicht ge- drängt, dachziegelig einander deckend und mit abstehenden Enden ver- sehen sind, so erhalten dadurch die Ähren ein kammartiges Ansehen (ef. Taf. II Fig. 21), worauf der Gattungsname hindeuten soll. Den Kör- nicke’schen Sectionsnamen Saranthe will ich für diejenigen Arten reser- viren, welche bei Körnicke in der ersten Abtheilung der Untergattung stehen; der Name Myrosma, den Bentham braucht, bezieht sich ursprüng- lich auf eine Art, die ich zu Saranthe bringe. Die Blätter sind auch hier constant antitrop. Im Wuchs finden sich Verschiedenheiten: bald wird ein Laubstengel entwickelt und dann mit mehrblättrigen Knoten, wie bei Stromanthe (so bei Üf. pilosa, Steudneri und oft auch bei (ft. setosa); bald kommt nur ein Blüthenschaft zu Stande mit 1 oder 2, an der Inflorescenz stehenden Laubblättern (Üf. Kumme- riana, Luschnathiana). Zwischenblätter sind sowohl an den Laub-, als Phys. C1. 1883. Abh. 1. 11 82 EICHLER: an den Inflorescenzzweigen vorhanden, bei letzteren stets nur 1, an den Laubzweigen zuweilen auch 2 und 3 (Ct. pilosa). Die Blüthenstände stellen also kammförmige, ausgeprägt dorsiven- trale Ähren dar, meist einfach und nur durch Nebenzweige aus dem Win- kel des obersten Laubblatts bereichert, zuweilen indefs auch durch Ver- zweigung aus den 1 oder 2 ersten, alsdann beträchtlich vergröfserten Hochblättern der Hauptaxe (Ct. setosa). Alle Ähren sind mit ihrer Con- vergenz- (Bauch-) Seite nach einer und derselben und zwar nach der Seite der schmalen Blatthälften hingewendet (cf. p. 30). An der Basis der In- florescenzzweige ist, wie oben schon bemerkt, stets ein Zwischenblatt ent- wickelt, welches die sichelartige Weiterverzweigung einleitet; in den Si- cheln der Blüthenpaare, die in den Achseln der nach dem Zwischenblatt folgenden Brakteen auftreten, fehlen Zwischenblätter durchaus und sind nur die adossirten 2kieligen Grundblätter vorhanden. Auch hier schlies- sen die Ähren (überall?) mit einem terminalen Blüthenpaare ab, in wel- chem die untere Blüthe, wie es scheint ziemlich regelmälsig, mit einem Deckblatt versehen ist (was auch bei Stromanthe lutea u. a. Arten dieser Gattung zuweilen beobachtet wird; s. Taf. III Fig. 28). Die Brakteen haben eine derbe, im Trocknen fast pergament- oder lederartige Beschaffenheit und bei den lebend gesehenen Arten eine grüne Farbe; aus breiter, die Rachis fast umfassender Basis ziehen sie sich meist in eine kurze stumpfe Spitze aus und falten sich mehr weniger eng um ihre Blüthen zusammen. Sie bleiben dauernd stehen. Die Zahl der Blüthenpaare beträgt 4—2. Sowohl gemeinsame als Speeialpedicelli werden kaum oder gar nicht entwickelt, so dafs die Blüthen nur wenig zwischen den Brakteen hervorragen; dagegen erschei- nen öfters Specialvorblätter an einer oder beiden Blüthen der Paare und auch zuweilen ein Specialdeckblatt (gelegentlich z. B. bei Üt. Luschnathriana). Die äufsern Staminodien sind stets entwickelt und breit-petaloid, doch nicht viel gröfser als die innern; die übrigen Merkmale der Blüthe stimmen mit Stromanthe überein. Die Frucht zeigte in den, allerdings nur wenigen Fällen, in welchen sie vorlag (Ct. Luschnatlnana und setosa), ein dünneres Pericarp, als in den beiden vorigen Gattungen; der Samen war mit grölserer Regelmäfsigkeit gefurcht und höckerig; desgleichen bot der Arillus eine Differenz, indem er sich in zwei schmale, am Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 83 Rücken des Samens hinaufsteigende Bändchen auszog (cf. Taf. VII. Fig. 118, 119). Da dieselben offenbar dazu dienen, den Samen zwischen den eng zusammenschliefsenden und persistenten Brakteen aus der geöffneten Frucht hervorzuschnellen !), so möchte ich glauben, dafs es ein für Üie- nanthe eonstanter Charakter ist; wir hätten darın dann noch einen wei- tern guten Unterschied gegenüber den andern Gattungen. Wie Ütenanthe hier umschrieben ist, so fallen unter dieselbe von Körnicke’s Section Saranthe die Arten der zweiten Gruppe, charakteri- sirt durch „bracteae chartaceae, rigidiores, persistentes, 8 florae“ (richti- ger allerdings 8—4 florae). Wir lassen nun wieder die lateinische Gat- tungsdiagnose und die Aufzählung der Species folgen. CTENANTHE Bichl. n. gen. (Marantae sect. Saranthe Keke. Prodr. II. 58, pro parte. — Myrosma Benth. et Hook. Gen. pl. 11I. 651 pro parte). Flores ut in Stromanthe; staminodia vero exteriora 2 constanter obvia, latiuscula, interioribus parumper longiora. Fruetus, ubi notus, pericarpio tenui, fere papyraceo, vertice imperfecte trivalvis. Semen fere Stromanthes, magis regulariter tamen sulcatum tubereulatumque; arillus in laeinias duas angustas, ad seminis dorsum adscendentes demumque elastice reflexas productus. — Herbae caulescentes foliis ad nodos 2 pluribusve congestis, vel acaules et scapum flora- lem tantum 1—-2foliatum emittentes. Folia antitropa. Rami, ubi adsunt, mesophyllis 1 v. rarius 2—3 instructi, ad nodos plurifolios ex axillis inferioribus tantum provenien- tes. Inflorescentiae terminales, spicas simplices v. rarius compositas, saepius vero rami- fieationibus e folii floralis axilla pronatis locupletatas referunt, prophyllo bicarinato et mesophyllo solitario ad ramificationes obvio. Bracteae pergamaceae v. fere coriaceae, viri- des, persistentes, confertae, imbricatae, distinete unilateraliter convergentes (dorsiventrales), florum paria 4— 2 foventes. Pedicelli communes specialesque in florum paribus subnulli; prophylla bicarinata; mesophylla desunt; bracteolae speciales ad singulos flores saepius, bracteae speciales rarius evolutae. Species mihi visae: 1. Otenanthe glabra Eichl. (Maranta glabra Kceke. 1. c. 63)°). 2. - Luschnathiana Eichl. (Mar. Luschn. Keke. 64). 3. 5 compressa Eichl. (Mar. compr. A. Dietr., Keke. ]. e.); vix a praecedente diversa. 4. ” pilosa Eichl. (Mar. pilosa Schauer, Kceke. 1. c. 65, exel. syn. Thalia Steudneri C. Koch). !) Ich sah hin und wieder Samen, bei welchen sich die Arillusbändchen gerade gestreckt hatten und noch in der offenen Fruchtschale steckten, während der Samen selbst vor derselben lag. Vergl. auch die Angaben von Fritz Müller im Kosmos 1883 p. 282. 2) C£. adnot. 2 in p. 77. 11 Ui 84 EIcHLeEr: 5. Otenanthe Steudneri Eichl. (Thalia Steudneri ‘C. Koch in Hort. Berolin.). 6. & setosa Eichl. (Mar. setosa A. Dietr., Keke. 1.e.). 2 7: 3 Kummeriana Eichl. (Mar. Kummeriana E. Morr. in Belgique hort. 1875 p. 275)!). Omnes habitant in America tropica. £ r IV. SARANTHE (Kexe.) Eıcar. Indem wir hierher die erste Gruppe von Körnicke’s Mahantas Section Saranthe rechnen, scheint es angemessen, diesen Namen als Gat- tungsbezeichnung beizubehalten. Aufserdem ziehen "wir auch die vierte der Körnicke’schen Untergattungen, Xerolepis, hierher, deren Name eigentlich für die vorige Gattung, Ütenanthe, ganz passend gewesen wäre. Saranthe theilt mit Öfenanthe die dorsiventralen Ähren, mit meist dicht gedrängten, dachziegelisen Brakteen; doch sind letztere im Allge- meinen von dünnerer, meist hautartiger Consistenz und fallen bei einem Theil der Arten ab. Aufserdem haben sie nur ein einziges Blüthenpaar in der Achsel!). Dies würde jedoch zur Aufstellung als eigene Gattung noch nicht hinreichen, wenn nicht hinzukäme, dafs hier die Blätter wie- der homotrop sind und Zwischenblätter, zum wenigsten an den Ver- zweigungen der Inflorescenz, fehlen. Durch die Homotropie der Blätter wird zugleich ein Unterschied von Stromanthe gegeben. Ein oberirdischer Laubstengel wird hier nirgends entwickelt, son- dern entweder nur ein einfacher Blüthenschaft mit einem Laubblatt un- ter der Inflorescenz oder, wie bei Sar. leptostachya, axillare Blüthenschäfte, die vor den eigentlichen Hochblättern nur einige spreitenlose Scheiden tragen. Der Blüthenbau ist ganz wie bei Ütenanthe, nur fehlen der Regel nach sowohl Special-Deck- als Vorblätter. Die Frucht habe*’ich nur bei Saranthe Cwiabensis angetroffen; sie ist ähnlich wie bei Ütenanthe, der Arıl- lus jedoch erscheint auf eine ungetheilte Schwiele reducirt. !) Ad hane speciem refero plantam a el. Glaziou e Rio de Janeiro sub n. 8044 missam, quam cl. Bentham, nescio quo "asu, in Gen. pl. III. 654 ad Calatheam duxit et Calatheam Glaziovi appellavit. 2) Gelegentlich die unterste Braktee der Ähren auch 2, z. B. bei Sar. Riedeliana. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 85 Bentham erklärt eine der hierhergehörigen Arten, die Saranthe Moritziana (= Thalianthus maeropus Kl.), für dieselbe Pflanze wie das alte Myrosma cannaefolium L. fil.!) und stellt daraufhin die Gattung My- rosma L. fil. wieder her, indem er dazu die Körnicke’schen Maranta- Sectionen Saranthe und Xerolepis, also unsere gegenwärtigen Gattungen Ütenanthe und Saranthe, einbezieht. Ist obige Identification richtig, so muls der von Linne fil. seiner Myrosma zugeschriebene Charakter, in welghem von zahlreichen Samen in einer 3fächerigen Kapsel gesprochen wird, fehlerhaft sein; auch palst der Name Myrosma, d.h. nach Balsam riechend, wohl für viele Zingiberaceen, doch für keine einzige Maranta- cee. Ich halte daher mit Körnicke (Prodr. I. 357) dafür, dafs dieser Name ganz aufzugeben sei?). Wiederum folgt dig Gattungsdiagnose, nebst Aufzählung der sichern Arten. SırantuE Eichl. (Marantae sect. Saranthe Kcke. Prodr. II 58, pro parte. — My- rosma Benth. et Hook. Gen. pl. III. 651 pro parte, an etiam Linn. fil.2) Flores ut in Ctenanthe itemque.fructus (ubi noti), excepto arillo ad callum brevem indivisum redueto. — Herbae s. d. acaules, anthesi in scapım productae terminalem, sub inflorescentia 1folia- tum, vel rarius e foliis basilaribus scapos axillares, infra spicam vaginis tantum obsessos emittentibus. Folia homotropa. Infloreseentiae simplieiter spicatae v. paniculatim e spi- eis compositae saepiusque spieis secundariis e folii floralis axilla auctae, ramis prophyllo instructis, mesophyllo destitutis. Bracteae distinete dorsiventraliter distichae, membrana- ceae v. tenui-chartaceae, deeiduae v. persistentes, Horum pari uno tantum instructae. Pedicelli communes specialesque breves v. subnulli; bracteae bracteolaeque speciales so- lemniter defieientes, prophyllo dorsali bicarinato v. complicato, mesophyllo deficiente. 1) Supplementum plant. syst. veget. p. 80 (1781). 2). Nach Roscoe’s Versicherung soll die von diesem Autor unter dem Namen Phrynium Myrosma abgebildete Pflanze mit dem Myrosma cannaefolium L. fil. identisch sein. Sie hat in der That mit Saranthe Moritziana (= Myrosma cannaefolium nach Bent- ham’s Angabe)- viel Ähnlichkeit, nur stehen die Brakteen nach allen Seiten hin und nicht dorsiventral 2zeilig. Roscoe’s Abbildung wird danach von Lindley, Körnicke und auch von Bentham zu Calathea gezogen, womit jedoch einige Angaben in Roscoe’s Text, z. B. 2 äufsere Staminodien, nur 1 Blüthenpaar ohne Zwischenblatt, welch letzteres bei Calathea nie fehlt, nicht übereinstimmen, während allerdings die 3samige Frucht, von der Roscoe spricht, wieder auf eine Calathea hinweist. Wenn hier nicht Versehen vor- liegen, sei es von Seiten des Zeichners, sei es von Roscoe.selbst, so weils ich mit der Pflanze nichts anzufangen; im Übrigen hat sie auch Körnieke mit keiner der ihm sonst bekannt gewordenen Calatheen identificiren können. 56 KnoHiLeR: Species mihi visae: a. Bracteae deeiduae. Calyx corolla multo brevior. 1. Saranthe Klotzschiana Eichl. (Maranta Klotzschiana Keke. Prodr. II. 50) 1). 2. „ Riedeliana Eichl. (Maranta Riedeliana Keke. ]. c. 59). 3. = leptostachya Eichl. (Mar. leptost. Rgl. et Keke.; Keke. 1. ce. 60). 4. 5) pygmaea Eichl. (Mar. pygm. Keke. 61). b. Bracteae persistentes. Calyx corollae subaequilongus. (Xerolepis Keke.) 5. Saranthe Moritziana Eichl. (Mar. Moritziana Keke. ]. e.). 6. n Cuiabensis Eichl. (Mar. Owiab. Keke.). Us = unilateralis Eichl. (Mar. unilat. D. Dietr., Keke. 69), ex ha- bitun cum duabus praecedentibus eonveniente; specimina suppetentia ad examen accuratius non idonea sunt?). Patria omnium in America tropica. Obs. Marantam glumaceam Van Houtte, a el. Koernicke in affınitate Saran- thes pygmaeae (v. Ss. n. 4) positam, non vidi. — Maranta hexantha D. Dietr. (Thalia hevan- tha Poepp. et Endl.), quam el. Koernieke in seetionem suam Xerolepis, pone M. unila- teralem (v.s. n. 7) collocavit, pluribus notis a reliquis recedit, e. gr. florum paribus ad bracteam ce. 3; sed speeimina suppetentia ad examen accuratius non suffieiunt. Cl. Bent- ham plantam dubie ad Stromanthem transponit (Gen. pl. III. 650). Es erübrigen noch die drei Gattungen THALıa L., IsCHNOSIPHON Kceke. und ÜALATHEA G. F. W. Meyer. Doch kann ich mich über diesel- ben kurz fassen, da ich den von Körnicke gegebenen Darlesungen, die ziemlich unverändert auch in Bentham-Hooker’s Genera plantarum übergegangen sind, nur wenig hinzuzusetzen finde. Alle drei Gattungen haben homotrope Blätter; auch sind Zwischen- blätter vorhanden (meist nur 1), sowohl an den Laub-, als an den Inflo- rescenzzweigen, wo solche begegnen. Dagegen wird an den letzten Ver- zweigungen, den Blüthenpaaren, nur bei Calathe« das Zwischenblatt regel- 1) Cf. adnot. 2 p. 77. 2) Etiam deseriptio plantae in Poeppig et Endlicher, Nov. gen. et spec. II. 24 t. 132, ubi nomine Thaliae unilateralis publiei juris facta est, ad affinitatem perfeete dijudieandam non sufficit. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 87 mälsig angetroffen; in der Gattung /schnosiphon ist es, je nach den Arten, bald entwickelt, bald nicht, und bei Thalia fehlt es durchgehends!). Den Wuchs betreffend, so bietet /schnosiphon fast alle Abänderun- gen, die wir bei den obigen 4 Gattungen kennen gelernt haben: ent- wickelten Laubstengel mit 1blättrigen oder mit mehrblättrigen Knoten, mit reichlicher, spärlicher oder mangelnder Verzweigung, sowie den Fall, dafs über der Bodenlaube nur ein 1blättriger Blüthenschaft zur Entwicke- lung gelangt. Bei Thalia bleibt der Blüthenstengel gewöhnlich nackt, d.h. ohne Laubblätter; seltner sind seine untersten 1 oder 2 Blätter mit Spreite ausgestattet. Bei Calathea haben wir bald nackte, bald 1- oder 2blättrige Blüthenschäfte aus der Bodenlaube, oder es erscheinen die In- florescenzen als besondere laublose Sprosse aus dem Rhizom und die Laubformation ist auf besondere Axen verwiesen?). Gestreckte und ver- zweigte Laubstengel, wie bei Maranta und Stromanthe, kommen in dieser Gattung nicht vor; doch kann wohl aus dem „folium florale“ der Blü- thenschäfte, das sonst, wo es vorkommt, nur Inflorescenzzweige ent- wickelt, hier bei Calathea auch ein Laubsprofs seinen Ursprung nehmen, ja dies scheint, falls überhaupt die Achsel des Schaftblatts fertil ist, hier die Regel zu sein (Calathea Lietzei, Warscewiezü, violacea u. a.). Die Inflorescenzen stellen Ähren dar, einfach (Calathea) oder, wie bei Thalia und mehreren Ischnosiphonen, rispig zusammengesetzt. Bei Thalia sind die Brakteen (nebst ihren Blüthen) deutlich dorsiventral und zugleich abfällig (bei Fruchtansatz erst mit der Reife, andernfalls schon gleich nach der Blüthezeit); in den Gattungen /schnosiphon und Calathea sind sie allerwärts persistent und entweder in gewöhnlicher Art 2zeilig, oder, wie bei den meisten Calatheen, rechtsläufig-spiralig. Bei Ischnosi- phon pflegen sie sich fast röhrenartig um die Rachis zusammenzurollen und geben dadurch den Ähren ein eigenthümlich straffes, schlankes An sehen; bei Calathea stehen sie mehr oder weniger von der Rachis ab und lassen die Ähre dadurch breiter, oft kopf- oder zapfenförmig erscheinen. !) Nur ausnahmsweise und unvollkommen kann es auch bei Thalia zur Ent- wiekelung gelangen. ?) Zuweilen bringen letztere nur ein einziges Laubblatt, wie bei Calathea zingi- berina Keke. 88 Bine) HILIE. RI: In allen drei Gattungen schliefsen die Inflorescenzspindeln steril ab, ohne terminale Blüthenpaare. Die Blüthen sind allerwärts sitzend oder nur die eine in den Paa- ren mit einem kurzen Specialstielchen versehen. Dadurch werden bei Entwickelung mehrerer Paare die untern (secundanen) Grundblätter 3 kie- lig (vergl. oben p. 32). Dies ist bei /schnosiphon und Calathea überall wahrnehmbar, da hier stets 2 oder mehrere Blüthenpaare in den Achseln der Brakteen gebildet werden!); bei Thalia, die sich auf ein einziges Blü- thenpaar beschränkt, fehlen mit den secundanen Blüthenpaaren auch die secundanen Grundblätter. Specialdeck- und Specialvorblätter der einzelnen Blüthen fehlen bei Thalia durchaus, ebenso bei manchen Calatheen; bei andern Arten sind beide vorhanden (Cal. Baraquimiana, undulata u. a.), in den meisten Fäl- len jedoch werden, wie auch bei /schnosiphon, nur Specialvorblätter und auch diese häufig nur an einzelnen Blüthen der obersten Paare ange- troffen. Der Krontubus ist bei Thaha kurz und weit, bei Calathea und Ischnosiphon lang und dünn, ganz besonders in letzterer Gattung, die da- nach ihren Namen hat (iryvos dünn, rıdwv Röhre); die freien Abschnitte der Krone bieten nichts bemerkenswerthes. Von äulsern Staminodien ist bei allen 3 Gattungen nur eins vorhanden, alternirend mit Petalum 1 und 2, breit-petaloid und die innern Staminodien überragend. Bei einigen Arten, die sich sonst in allen Stücken wie ächte Calatheen verhalten, fehlt jedoch dasselbe und Körnicke hat daraufhin eine besondere Gat- tung Monostiche gegründet; wir können dem Merkmal indefs auch hier keinen generischen Werth beimessen und ziehen daher, in Übereinstimmung mit Bentham, Calathea und Monostiche zusammen. Allerdings habe ich Übergänge, z. B. in der Form, dafs bei ein und der nämlichen Art das äulsere Staminodium bald vorhanden wäre, bald nicht, nicht beobachtet; ich fufse lediglich auf der sonstigen, auch im „Habitus“ bestehenden Übereinstimmung von Monostiche mit Calathea, die eine Trennung unna- türlich erscheinen läfst?). 1) Bei zweien zuweilen das untere rudimentär, aber das zugehörige Grundblatt doch immer deutlich entwickelt. 2) Habituell gleichen die beiden Monostiche-Arten Körnicke’s (M. colorata und Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 89 Die sonstigen Verhältnisse der Blüthe betreffend, so verweise ich auf Körnicke’s Darstellung. Die prägnantesten Differenzen der drei Gattungen untereinander und von den vorhergehenden bestehen darin, dafs das Kapuzenblatt bei Thalia zwei Öhrchen besitzt, von lineal-pfriem- licher Form, während Calathea und Ischnosiphon nur eines zeigen, in Gestalt eines abstehenden, an den Rändern eingerollten Zahns oder Ha- kens. Weiterhin bleibt das Anhängsel des fertilen Staubblatts bei Thaha von der Anthere frei; in den beiden andern Gattungen ist es mehr oder weniger mit derselben verschmolzen. Zeist sich somit in beider Hin- sicht eine nähere Beziehung von Thaha zu Maranta und Verwandten, und andererseits eine innigere Übereinstimmung von Ischnosiphon und Calathea, so rückt Ischnosiphon durch das, wie bei T’hahia und den übri- gen, nur leiige Ovar wieder näher an diese letzteren heran und von Calathea, die in jedem der 3 Ovarfächer ein Ovulum entwickelt, hinweg. Wenn es jedoch richtig ist, was Bentham bei Calathea angiebt, dafs hier ebenfalls mitunter nur 1 Ovulum angetroffen werde, so erscheint jene Differenz minder belangreich und sogar die, lediglich nur hierauf begrün- dete Unterscheidung zwischen Calathea und Ischnosiphon etwas unsicher. Mir ist im Übrigen dieser Fall bei Calathea nicht vorgekommen. Von Frucht und Samen der drei Gattungen war schon oben in den Abschnitten VII und VIII die Rede. Thalia weicht nicht nur durch ihre nicht aufspringende Frucht von Calathea und Ischnosiphon ab, bei wel- chen 3klappige Dehiscenz Statt findet, sondern namentlich auch durch den Chalazafortsatz (den „Perispermkanal“), der bei letztern Gattungen einfach bleibt und sich gerade aufrecht zwischen auf- und absteigenden Schenkel des Embryo vorstreckt, während er bei Thalia sich gleich über der Basıs in 2 Schenkel theilt, die sich rechts und links neben den Em- bryo stellen und dessen hippokrepische Krümmung mitmachen. Dies Merkmal, das ich bei sämmtlichen Arten von Thalia constatiren konnte, unterscheidet die Gattung zugleich von allen übrigen Marantaceen. — Es möge schliefslieh auch noch auf die oben p. 55 beschriebene Narbe von Thalia hingewiesen werden, an welcher der eine Seitenlappen in Hookeri) hauptsächlich den von Körnicke unter den Nummern 50—52 aufgeführten (a- latheen (C©. altissima, comosa und pachystachya). Phys. Cl. 1883. Abh. 1. 12 90 EreHLEr: Form einer Unterlippe bis fast zum Blüthengrunde herabgezogen ist; dies bildet gleichfalls eine ausschliefsliche Besonderheit dieser, überhaupt sehr gut umschriebenen und mit keiner andern zu verwechselnden Gattung. Ein Verzeichnifs der Arten von Thalia, Ischnosiphon und Calathea unterlasse ich hier zu geben; es könnte, abgesehen von der Einbeziehung der Monostiche zu Calathea, und Einschaltung einer Anzahl späterer (a- latheen, wesentlich nur eine Wiederholung der Körnicke’schen Listen sein. Einige Neuheiten, deren ich mehrere, wie auch für die übrigen Gattungen habe, sollen in meiner, demnächst herauszugebenden Bearbei- tung der Familie in der Flora Brasiliensis beschrieben werden. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 91 Erklärung der Abbildungen. Taf. I. Halbschematische Darstellungen einiger Wuchsverhältnisse; die Blätter sind allerwärts von der Oberseite dargestell. — Fig. 1. Calathea longibracteata Lindl.; aus der Bodenlaube erhebt sich ein lblättriger Blüthenschaft; Blätter homotrop. — Fig. 2 Stromanthe lutea Eichl. (Marantopsis lutea Keke., Maranta lutea Jaeq.).. Der aus der Bodenlaube sich erhebende Stengel trägt hier auf gestreckten Internodien zuerst einen vielblättrigen, dann einen 2-, zuletzt einen 1blättrigen Knoten. Die Blätter sind antitrop; 9 Grundblatt, z Zwischenblatt, /, erstes Laubblatt, 7, erstes Hochblatt der Zweige. — Fig. 3 Maranta noctiflora Rgl. et Keke. Der entwickelte Stengel hat lauter 1blättrige Knoten; Blätter homotrop; Verzweigung aus den Achseln sämmtlicher Laubblätter des entwickel- ten Stengels; 9 Grundblatt der Zweige, Zwischenblätter fehlen. — Fig. 4 Stromanthe Tonckat Eichl. (Maranta Tonckat Aubl.). Der entwickelte Stengel hat lauter 3blättrige Knoten; Blätter antitrop; Zweige meist nur aus dem untersteu der 3 Blätter jedes Kno- tens (doch nicht selten auch aus den beiden untersten), beginnen mit Grundblatt g, dem das erste Laubblatt wegen Unterdrückung des Zwischenblatts superponirt und zugleich dieht genähert ist, die 3 folgenden Laubblätter bilden dann wieder eine, auf gestrecktem Internodium emporgehobene Triade. — Fig. 5 Ischnosiphon gracilis Keke. Die Laubblät- ter des entwickelten Stengels stehen zu zweien an den Knoten, nur das oberste ist ein- zeln. — Fig. 6 Calathea zebrina Lindl. Die Inflorescenz schliefst einen, blos mit Nieder- blättern besetzten Rhizomsprols ab; aus dem obersten Niederblatt n kommt ein Zweig mit Grundblatt 9, Zwischenblatt z und einigen Laubblättern. (Fig. 6 nach A. Braun, Individ. p. 105 tab. VI Fig. 2.) Taf. I. Fig. 7,8. Schemata der Rollung und Ungleichseitigkeit zweier aufeinanderfol- gender Blätter, 7 bei Antitropie, 8 bei Homotropie. Fig. 9. Schema der zu rechtsläufiger Spirale verschobenen Laubblatt-Distichie von Calathea zebrina Lindl. Fig. 10—17. Grundrisse von Zweiganfängen nebst zugehörigem Tragblatt und Abstammungsaxe, Fig. 10—15 für Einzelzweige, Fig. 16 u. 17 für Zweigsicheln; g bedeu- tet Grundblatt, z Zwischenblatt, 2 Laubblatt; in den Sicheln von Fig. 16 u. 17 sind g, 2; /, die betreffenden Blätter des Primanzweigs, 93, 2, ete. die des Secundanzweigs. Fig. 10 Cala- thea villosa Lindl. var. pardina (homotrop, Distichie der Zweigblätter median, Zwischen- 12* 99 ErCcHLER: blatt entwickelt); Fig. 11 Maranta noctiflora Rgl. et Keke. (Zwischenblatt unterdrückt, sonst wie vorige); Fig. 12 Calathea Warscewiezü Keke., Achselsprofs eines der, meist zu zweien entwickelten schaftständigen Laubblätter (Distichie der Zweigblätter schräg, sonst wie Fig. 10, welch’ letzteres Verhalten, wie auch das der Fig. 13, bei dieser Art ebenfalls vor- kommt); Fig. 13 Calathea orbieulata Lodd. (Zweig aus der Bodenlaube, Distichie transversal). — Fig. 14 Stromanthe sanguinea Sond. Antitrop, Distichie der Zweigblätter schräg (auch trans- versal und median), Zwischenblätter 2 (auch 1 und seltner 3). — Fig. 15 Ctenanthe Steudneri Eichl. (Thalia Steudneri C. Koch). . Antitrop, Distichie der Zweigblätter ursprünglich trans- versal, nachher oft mehr weniger in die Mediane gedreht, Drehungsrichtung gegenüberlie- gender Zweige symmetrisch; näheres s. oben p. 28. L, 2, L, ete. consecutive Laubblätter der Hauptaxe, !' 1” die ersten Laubblätter des Zweigs aus der Achsel von Z,, Iı !, die am Achselsprols von Z,. — Fig. 16 Calathea Lietzei BE. Morr., Zweigsichel in der Achsel des schaftständigen Laubblatts, Distichie genau median, Zwischenblatt entwickelt; Fig. 17 Maranta bicolor Ker, Zweigsichel im Winkel gewöhnlicher Laubblätter, Distichie mehr weniger schräg, Zwischenblatt unterdrückt. Beide Arten homotrop. Fig. 18— 24. Grundrisse uud halbschematische Gesammtbilder von Blüthenstän- den; ö überall Hauptaxe der Inflorescenz, i, i, etc. Verzweigungen derselben, g, 9, etc. die zu letzteren gehörigen Grundblätter, 2,2, ete. die Zwischenblätter. — Fig. 18 Thalia de- albata Fraser, Gruppe von Infloreseenzzweigen im Grundrifs. — Fig. 19@ Inflorescenz von Ischnosiphon Arouma Keke., 19b Grundrifs dazu; d, u. d, Hochblätter an der Hauptaxe, i, Zweig aus der Achsel von d,; i, u. i, 2gliedrige Zweigsichel aus d,. Zwischenblatt der Zweige entwickelt. — Fig. 20a Infloresceenz von Maranta bicolor Ker; L Basis des Laub- blatts, welches den Inflorescenzzweig i, in der Achsel hat. Zwischenblatt unterdrückt, bei 9, noch ein Grundblatt, dessen Sprols nicht entwickelt ist. Fig. 205 Grundrifs zu 20a. — Fig. 21 Ctenanthe Luschnathiana Eichl. (Maranta L. Rgl. et Keke.). L,L, die beiden letzten Laubblätter, antitrop; die Infloreseenz ö nebst dem aus der Achsel von Z; entspringenden, an der Basis mit Grund- und Zwischenblatt ausgestatteten Bereicherungs- zweig i, stark dorsiventral, die Convergenz der Brakteenzeilen bei Hauptaxe und Zweig nach der Seite der schmalen Blatthälften hingewendet (die Ungleichseitigkeit der Blätter ist zum Zwecke grölserer Deutlichkeit etwas übertrieben). — Fig. 22@ halbschematischer Querschnitt durch die dorsiventrale Ähre von Saranthe Riedeliana (Keke.) Eichl., bevor die Brakteen sich auf der Rückseite abgelöst und an der Rachis vorbeigebogen haben; Fig. 225 desgleichen von Saranthe leptostachya (Rgl. et Keke.) Eichl., nachdem letzteres geschehen ist; u untere, o obere Blüthe der Blüthenpaare; in a die Grundblätter 2kielig, in b einseitig gefaltet, Zwischenblätter beiderseits fehlend. — Fig. 23 Saranthe leptostachya (Rgl. et Keke.) Eichl., « die Ähre von der Rückseite, untere Brakteen nebst den Blüthen abgefallen, mittlere sich an der Basis ablösend und einbiegend, oberste noch unverändert; Fig. 6 ein Stück der Rachis von der Bauchseite, mit den Narben der abgefallenen Brak- teen und Blüthenpaare. Nicht schematisirt, a etwa Naturgröfse. — Fig. 24 Stromanthe sangwinea Sond., Grundrils einer Sichel aus dem untern Theile der Inflorescenz; die bei- den obersten Glieder der Sichel stellen Bereicherungszweige, die beiden unteren Blüthen- paare dar. Zwischenblätter fehlen. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 93 Tat. I. Inflorescenzverhältnisse, Fortsetzung. Fig. 25. Maranta divaricata Rosc., Blüthenpaar mit Deckblatt d und Grundblatt g; a von vorn, b im Grundrils; « untere, o obere Blüthe (wie auch in den folgenden Fi- guren). Fig. 26. Maranta bicolor Ker, Blüthensichel, «@ von der Seite (ca. 3mal vergr.), b im halbschematischen Querschnitt; d, Deckblatt der Sichel (in a zurückgebogen), d, in Fig. «a noch ein oberes Deckblatt; Zwischenblätter fehlen; gg, ete. die Grundblätter der successiven Blüthenpaare, die beiden untersten mit schwachem Mittelkiele. Fig. 27. Clinogyne grandis Benth. (= Phrynium dichotomum Keke.), terminales Blüthenpaar nebst oberstem Seitenpaare in der Achsel des Deckblatts d; b Grundrifs zu a. v Vorblatt der unteren Blüthe, vo, das der obern. Fig. 28. Stromanthe lutea (Jaeq.) Eichl., terminales Blüthenpaar nebst einem seit- lichen im Winkel des Deckblatts d. Die untere Blüthe u des Terminalpaares hat hier noch ein eigenes Deckblatt d,, das indels sonst meist fehlt oder sehr reducirt ist. Fig. 29. Grundrifs der Blüthensichel einer Calathea aus Rio de Janeiro (Gla- ziou n. 7499). Die Zahl der Blüthenpaare beläuft sich auf 10 und darüber; Zwischen- blätter entwickelt, Grundblätter alle 3kielig mit Ausnahme .des primanen. Die einzelnen Blüthen der Paare haben je 1 Speecialvorblatt, aber keine Specialdeckblätter. Fig. 30. Calathea Baraquiniana Regel, Grundrifs einer Blüthensichel. Die einzel- nen Blüthen der 2—3 Paare haben Specialdeckblätter £, aber keine Speeialvorblätter. Fig. 31. Calathea albicans Brongn., Grundrifs einer Blüthensichel. Die einzelnen Blüthen haben sowohl Speeialdeckblätter 2, als je 1 Speeialvorblatt v (zuweilen jedoch letzteres auch nur an einer der beiden Blüthen, s. Taf. V Fig. 53). Fig. 32. Calathea spec. (Maranta concolor Hort. Berol.), @« Inflorescenz in Natur- gröfse, nebst Andeutung der beiden obersten Blätter Z, und Z, der Bodenlaube; Fig. 5 Grundrils zu a. Die Brakteen stehen in einer rechtsläufigen # Spirale. Fig. 33. Maranta arundinacea Linn., Grundrifs einer Blüthensichel mit in die Mediane gedrehten Blüthenpaaren. Die untere Blüthe vw der Paare, welche oft ein Spe- eialvorblatt vo hat, kommt bei der Drehung immer nach hinten zu stehen. Zwischenblät- ter fehlen. Fig. 34. Phrynium parvifleorum Roxb., Grundrils eines Blüthenpaars mit 2 Grund- blättern g und g,. Von den Övarfächern nur das in jeder Blüthe seitwärts nach aufsen gerichtete fruchtbar. Fig. 55. Ctenanthe setosa Eichl. (Phrynium setosum Rose., Maranta setosa A. Dietr. Keke.; Myrosma setosum Benth.), Grundrifs einer Blüthensichel, mit speciellerer Ausfüh- rung der Blüthen des Primanpaars. Die Blüthen haben je ein adossirtes, ungleich 2kie- liger Specialvorblatt, durch welches die Stellung der Blüthentheile eine Verschiebung er- fährt (vgl. dazu den Grundrifs Taf. IV Fig. 44). 94 BronuerR: ab, WR Verhältnisse der Einzelblüthen. Es bedeuten überall die Buchstaben 9, 9,9; die Kronenlappen in der Reihenfolge ihrer Deckung (und Entstehung), st fruchtbares Staub- gefäls, ap Anhängsel desselben, k kapuzenförmiges, sıw schwieliges Staminodium, 1 flügel- förmiges (äufseres) Staminodium, /l, vorderes, /l, hinteres äuseres Staminodium, wenn de- ren 2 vorhanden sind, gr Griffel. Fig. 36—538. Calathea Hookeri Eichl. (Monostiche Hookeri Keke.), als Beispiel einer Art ohne äulsere Staminodien. 36a ganze Blüthe, wenig vergröfsert, d Kelchblatt, ce Kronenblatt; 36d Androeceum aus einer rechten Blüthe, ausgebreitet; Fig. 37 Quer- schnitt desselben nebst den Kronenlappen und dem Griffel gr, aus der Knospe; Fig. 38 Grundrifs eines Blüthenpaars, bei » ein Specialvorblatt der linken Blüthe. — Nach Spi- ritusmaterial. Fig. 39 —41. Calathea spee.. aus Rio de Janeiro (Glaziou n. 19), als Beispiel einer Art mit 1 äufsern Staminodium. Fig. 39a Androeceum ausgebreitet, aus einer rech- ten Blüthe, ca. 4mal vergröfsert; 395 Staubgefäls mit Anhängsel, von der Rückseite, mehr vergröfsert; Fig. 40 Querschnitt des Androeceums nebst Kronenlappen und Griffel gr, aus der Knospe; Fig. 41 Grundrifs eines Blüthenpaares; die Blüthe links hat bei v ein Specialvorblatt. — Nach Spiritusmaterial. Fig. 42 —44. Maranta bicolor Ker, als Beispiel einer Art mit 2 äulsern Sta- minodien. Fig. 42 ganze Blüthe (eine rechte), eben entfaltet, etwa 4mal vergröfsert; Fig. 43a Krone und Androeceum derselben, aufgeschlitzt und ausgebreitet, mehr vergr.; 435 Stamen mit Anhängsel und Kapuzenblatt, 43c Schwielenblatt aus der nämlichen, beide von innen, noch mehr vergr.; Fig. 44 Grundrifs eines Blüthenpaars. — Nach dem Leben. Fig. 45. Saranthe leptostachya (Rgl. et Keke.) Eichl.; a Androeceum (aus einer rechten Blüthe) ausgebreitet, etwa 4mal vergröfsert; 5 Schwielenblatt derselben, der seit- liche Lappen zurückgeschlagen; ce Kapuzenblatt. — Nach dem Leben. Fig. 46. Maranta arundinacea L.; a Staubblatt nebst Anhängsel und Kapuzen- blatt, 5 Schwielenblatt, beides aus einer rechten Blüthe, vergr. — Nach dem Leben. Fig. 47. Stromanthe sanguinea Sond.; «a ganzes Androeceum aus einer linken Blüthe, ca. 4mal vergr., von aufsen; b Schwielenblatt daraus, von innen, c die übrigen Theile nebst dem Griffel gr, ausgebreitet, ebenfalls von innen. — Nach dem Leben. Fig. 48. Thalia dealbata Fraser; a Kapuzenblatt, d Schwielenblatt, beides aus einer rechten Blüthe, von innen, ca. 3mal vergr. — Nach Herbarmaterial. "Tapııvs Entwickelungsgeschichte der Blüthen. Bedeutung der Buchstaben wie auf Taf. IV; d Deckblätter der Blüthenpaare, g Grundblätter derselben. Fig. 49 —52. Stromanthe sanguinea Sond. Fig. 49 Anlage der beiden untersten Paare aus einer Blüthensichel, nebst ihren Grundblättern (Zwischenblätter fehlen); Fig. 50 die 3 untersten Paare aus einer andern Sichel. Vergr. beider Figuren 5%. — Fig. 5l ein Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 95 junges Blüthenpaar von oben (20), die Kelchblätter sind sichtbar geworden und auch die gemeinsamen Anlagen für Krone und Androeceum, namentlich in der Knospe links. — Fig. 52 ein weiter entwickeltes Paar, die beiden Anlagen (von denen hier die rechte die geförderte, obere ist) getrennt und etwas auseinandergerückt. In der Anlage links sind aulser den Petalen erst die 3 innern Glieder des Androeceums sichtbar, in der Anlage rechts sieht man bei /, und /l, auch die Anfänge der beiden äufsern Staminodien. Ver- gröfserung 1. Fig. 53—55. Maranta bicolor Ker. Fig. 53 junges Blüthenpaar; die Kelchblät- ter sind angelest, Krone und Androeceum in der Knospe links erst mit gemeinsamen Pri- mordien sichtbar, in der Knospe rechts modelliren sich Petalum 1 und fertiles Stamen aus der gemeinsamen Anlage heraus. — Fig. 54 eine rechtsseitige Knospe, etwas weiter entwickelt als die in Fig. 53. — Fig. 55 zwei zusammengehörige, aber künstlich getrennte und auseinandergerückte Knospen. In beiden, besonders aber in der linken, welche hier (umgekehrt wie in Fig. 53) die geförderte ist, sieht man die Anlagen von Kelch, Krone und sämmtlichen Gliedern des Androeceums; die beiden äufsern Staminodien /l, und /l, tre- ten erst nach Sichtbarwerden der innern als Neubildungen auf (über den Sepalen 1 u. 2). Vergr. 410, Fig. 56, 57. Calathea grandifolia Lindl. Fig. 56 junges Blüthenpaar von oben, im Wesentlichen wie Fig. 53. — Fig. 57 rechtsseitige Anlage, weiter entwickelt, Kelch, Krone und sämmtliche Glieder des Androeceums sind angelegt. das (einzige) äulsere Sta- minodium /l entsteht zuletzt von allen als Neubildung über Sepalum 1. Vergr. beider Figuren 49. Fig. 58. Calathea albicans Brongn. Die 2 untersten Blüthenpaare einer jungen Sichel, das unterste noch ungetheilt, beim obern die Sepala so eben auftretend. g, Grund- blatt des obern, gs Grundblatt des untern Paares, beide 3kielig; 2, Zwischenblatt des obern Paares und zugleich Deckblatt des untern. Bei @ sieht man die hier entwiekelten Speeialdeckblätter der beiden obern Blüthen, bei » ein Speeialvorblatt für eine derselben. Vergr. 139, Fig. 59 —64. Thalia dealbata Fraser. Fig. 59 Spitze der Inflorescenzaxe mit den jüngsten Anlagen; d‚—d, successive Deckblätter, in den Achseln mit den (noch un- getheilten) Anlagen der Blüthenpaare, bei g die Grundblätter der letztern. — Fig. 60 einzelnes jugendliches Blüthenpaar mit Deck- und Grundblatt, von oben betrachtet; die gemeinsamen Primordien für Krone und Androeceum beginnen sich zu entwickeln. — Fig. 61 das nämliche, ohne Deckblatt, etwas weiter vorgeschritten. — Fig. 62 noch weiter . entwickeltes Knospenpaar (Deck- und Grundblatt entfernt), die Knospe links gerade vom Scheitel, die rechts gelegene mehr von der Seite gesehen; Kelch, Krone und innere Glie- der des Androeceums sind angelegt, vom äufsern Staminodium ist noch nichts wahrnehm- bar. — Fig. 63 eine linke Knospe, in welcher auch das äufsere Staminodium /l sichtbar geworden ist. — Fig. 64a Schwielenblatt und 5 Kapuzenblatt aus einer noch jungen (rech- ten) Knospe, in @ schon die Schwielenleiste, in b die beiden Anhängsel sichtbar. Vergr. von Fig. 59—63 = 4", von Fig. 64 = %. Fig. 65—68. Calathea grandifolia Lindl. 65@ Anthere mit Anhängsel ap und Flügelblatt /, Fig. b Schwielenblatt, Fig. ce Kapuzenblatt, aus einer linken Knospe; Fig. 66 das nämliche, etwas weiter entwickelt; Fig. 68 Längsschnitt durch eine rechte Knospe, 96 EICHLER: geführt durch die Mitte von Petalum 1 (Fruchtknoten noch nicht ganz geschlossen, Ka- puzen- und Schwielenblatt im Verhältnifs zu der, durch den Schnitt gestreiften Anthere noch klein, Flügelblatt und Staminal-Anhängsel durch den Schnitt entfernt); Fig. 68a An- there mit Anhängsel, D Flügelblatt, c Kapuzenblatt, d Schwielenblatt, aus einer noch wei- ter entwickelten, wieder linken Knospe: Die Anthere ist in den Figuren 65, 66 und 68 immer vom Rücken dargestellt, die Theile in den Figuren d, ce und d von der Innenseite. Vergr. der Figg. 65, 66 ca. $, von Figg. 67, 68 ca. 9. Fig. 69— 71. Stromanthe sangwinea Sond. 69a Anthere mit Anhängsel ap und dem, letzterem anliegenden äufsern Staminodium /l aus einer jungen (linken) Knospe, b zu- gehöriges Kapuzenblatt, beides von der Innenseite. — Fig. 70a u. b weiter entwickelte Kapuzenblätter, gleichfalls aus linken Knospen und von der Innenseite; das Anhängsel, anfangs die obere rechte (von aufsen betrachtet linke) Ecke darstellend, rückt nachher durch stärkeres Wachsthum der andern Hälfte in seitliche Stellung herab. — Fig. 71a jüngeres, 715 älteres Schwielenblatt, aus rechtsseitigen Knospen, um das Auftreten der innern Schwielenleisten zu zeigen. Vergr. von Fig. 69 ca. 3, Fig. 70a ca. %, 705 ca. 2, 71 ca. 9. Fig. 72. Maranta bicolor Ker. Jugendliches Androeceum aus einer linken Knospe, a von der Seite des Sepalums 3 (Commissur von Kapuzenblatt % und Schwielenblatt sw), b von der entgegengesetzten Seite. Die Anthere ist bedeutend grölser, als alle übrigen Theile. Vergr. %. Matzovır Gefäfsbündelverlauf. Die Figuren sind sämmtlich mit dem Sepalum 1 nach oben, dem Petalum 3 nach unten orientirt; Ss, 838; bezeichnen die den Medianen der drei Kelehblätter entsprechenden Stellen, 9,97; die Stellen, welche mit den Medianen der 3 Kronblätter zusammenfallen. Bedeutung der Buchstaben k, sw, st u. s. w. wie auf Taf. IV und V. Fig. 73—80. Maranta leuconeura E. Morr. (= M. Massangeana hort.), als Bei- spiel einer Art mit 2 äufsern Staminodien (1, und jl, in Fig. 79 u. 80), suecessive Quer- schnitte, von unten nach oben fortschreitend, durch eine linke Blüthe, resp. Knospe; 73 in der Mitte des Ovars; 74 an der Abgangsstelle der 3 Kelchblätter; 75 durch die Basis der Kronenröhre; 76 im obern Drittel der Kronröhre; 77 an der Abgangsstelle der Pe- talen; 78 ein wenig höher, wo die 3 Petala vollständig frei geworden sind; 79 noch et- was höher, wo die Blättchen des Androeceums sich auszugliedern beginnen, die umgeben- den Petala weggelassen; 80 abermals etwas höher, wo die Theile des Androeceums sich nahezu völlig gesondert haben, Petala ebenfalls weggelassen. Vergr. aller Figuren ca. %. Fig. 81 — 84. (alathea Warscewiezüüi Keke., als Beispiel einer Art mit 1 äufsern Staminodium (/l in Fig. 84), successive Querschnitte durch eine linke Blüthenknospe; 81 in der Mitte des Ovars, Ovula in der Nähe ihrer Anheftungsstelle getroffen, so dals nur ihr kurzer dieker Funieularstiel nebst dem Gefälsbündel (im Querschnitt) sichtbar ist, aus dem obern Fache das Eichen herausgefallen; 82 an der Abgangsstelle der Sepalen, die sich hier insofern metatopisch decken, als der untere Rand von Sepalum 3 über den von Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 97 Sep. 2 hinweggreift; 83 im obern Theil der Kronröhre, wo sich das Gefälsbündelsystem der 3 Petalen schon völlig von dem des Androeceums gesondert hat, während von den Petalen selbst nur erst p, sich auszugliedern beginnt; 84 ein etwas höherer Schnitt, der die Petalen vollständig und die Theile des Androeceums wenigstens in der Hauptsache individualisirt zeigt (gr in Fig. 83 u. 84 ist das „accessorische* Griffelbündel). Vergr. der Figg. 31 —84 ca. ®. Fig. 85—88. Calathea Hookeri Eichl. (Monostiche Hookeri Kcke.), als Beispiel einer Art ohne äufsere Staminodien, successive Querschnitte durch eine rechte Blüthen- knospe; 85 im obern Theil des Ovars; 86 an der Abgangsstelle der Sepalen, die hier wieder eutopisch decken; 87 etwas höher, die Sepalen fast völlig individualisirt, Kronen- röhre sichtbar; 88 oben in der Knospe der Petalen und der Androeceumblättchen, von welchen nur das fruchtbare Stamen st noch mit dem Schwielenblatt sw zusammenhängt, während alle übrigen Theile völlig gesondert sind. Vergr. ca. 2. Bar Ava Narbe, Bestäubung, Frucht und Same. Fig. 89— 101 zur Narbenbildung. Sämmtliche Figuren aus linken Blüthen, resp. Knospen entnommen, bei @ immer (mit Ausnahme von Fig. 95 u. 97) die Narbe von der einen, bei 5 von der entgegengesetzten Seite gesehen; n,n,n; die drei mit den in gleicher Art bezifferten Sepalen correspondirenden Narbentheile; vergl. dazu das Diagramm Fig. 108. — Fig. 89— 101 Maranta bicolor Ker; 39 Griffel und Narbe aus einer jugendlichen, 90 aus einer der Entfaltung nahen Knospe, 91 aus der entfalteten Blüthe, nach Vornahme künstlicher Bestäubung, durch welche eine Anzahl Pollenkörner in die Narbenöffnung ge- bracht wurde. — Fig. 92 — 94. Thalia dealbata Fraser; 92 aus ganz junger, 93 aus halb- entwickelter Knospe, 94 aus der entfalteten Blüthe. In Fig. 94 ist die, eigentlich gerade am Griffel herabgeschlagene Narbe künstlich hinaufgebogen, vom Griffel nur der oberste Theil gezeichnet; gl die Drüse. — Fig. 95. Calathea grandifolia Lindl., junger Griffel, « von der Seite, b von oben. — Fig. 96. Calathea violacea Lindl., oberer Theil des Griffels aus der entfalteten Blüthe, oben auf der „Platform“ Pollen. — Fig. 97, 98. Calathea gran- difolia Lindl., suecessive Entwickelungsstadien der Narbe, Fig. 98 aus der entfalteten Blüthe. — Fig. 99— 101. Stromanthe sanguinea Sond., Griffel und Narbe, 99 aus ganz junger, 100 aus halbentwickelter Knospe, 101 aus der entfalteten Blüthe, gl die Drüse. Fig. 102—108 zur Bestäubung. Fig. 102, 103. Calathea Baraquiniana Rgl., 102 Staub- und Kapuzenblatt mit dem zwischen ihnen eingeschlossenen Griffel aus junger (rechter) Knospe, bei a von der einen, bei b von der andern Seite; Fig. 103 Staubblatt st, Kapuzenblatt % und Griffel nebst Narbe n aus einer der Entfaltung nahen (gleichfalls rechten) Knospe, auseinandergenommen; die Anthere hat ihren Pollen auf die „Platform“ des Griffels abgesetzt. — Fig. 104— 106. Calathea rufibarba Fenzl; 104 der obere Theil einer (linken) Blüthe, eben geöffnet, Griffel noch im Kapuzenblatt k zurückgehalten; 106 eine andere (gleichfalls linke) Blüthe, in welcher der Griffel aus dem Kapuzen- zum Schwielenblatt sw herübergeschlagen ist (etwas mehr vergr. als Fig. 104, die Petala nur Phys. Cl. 1883. Abh. 1. 13 98 EICHLER: angedeutet); 105 das Schwielenblatt aus 106 herausgelöst, von innen, bei po der vom Griffel deponirte Pollen. — Fig. 107. Calathea spec. (aus Rio de Janeiro, von Glaziou in Alkohol geschickt), Staubblatt nach Öffnen der Blüthe; die Anthere anth biegt sich hinter das Anhängsel ap zurück. — Fig. 108. Diagramm eines Blüthenpaares mit Andeu- tung des Herüberschnellens des Griffels vom Kapuzen- zum Schwielenblatt, sowie der Narbenbildung; es ist für eine lflügelige Art, etwa eine Calathea, gedacht. Fig. 109—122. Frucht und Same. Fig. 109, 110. Calathea spec. (aus Rio de Janeiro von Glaziou unter Nr. 9 in Alkohol geschickt). 1094 ganze Frucht, wenig vergr., b im Querschnitt, die Dehiscenz- stellen schematisch eingetragen; 110 der Same, a von vorn, etwa 2mal vergrölsert, b von der Rückseite, c im medianen Längsschnitt; ar der Arillus. Fig. 111, 112. ‚Stromanthe lutea Eichl. (Maranta lutea Jacg., Marantopsis lutea Kceke.); 111a die aufgesprungene Frucht mit Samen, wenig vergr.; 1115 die beiden un- vollständigen Klappen, nach Entfernung der vollständigen und des Samens; l11c Quer- schnitt durch eine noch nicht ganz reife Frucht (Samen indefs schon ziemlich ausgebildet); da, wo die flachere Furche im Pericarp ist (in der Ecke links unten), trennen sich die Klappen nur theilweise oder gar nicht. — Fig. 1124 Samen von der Seite, 1125 der- selbe vom Rücken, 112c derselbe im medianen Längsschnitt; ar Arillus. Fig. 113, 114. Ischnosiphon obliquus Keke. 113a@ Frucht noch geschlossen, we- nig vergr.; 1135 dieselbe aufgesprungen (Orientirung umgekehrt wie in a, sodals die in dieser auf der Vorderseite sichtbare schmale Klappe in 5 nach hinten liegt); 113c Quer- schnitt durch die Frucht (Orientirung von 113«a), Klappen schematisch eingetragen; Fig. 114 medianer Längsschnitt durch den Samen. Fig. 115 —117. Calathea spec. (aus Rio de Janeiro, Glaziou n. 19); 115 Längs- schnitt durch das Ovar; 117 Querschnitt durch dasselbe; 116«a ein jüngeres, b ein etwas weiter entwickeltes Ovulum im Längsschnitt, letzteres als Mittelstufe zwischen 116a und 110c. Fig. 118. Samen von Ütenanthe Luschnathiana (Rgl. et Keke.) Eichl. mit halb zurückgeschlagenen Arillusbändern; Fig. 119 Samen von Ctenanthe setosa (Rose.) Eichl., mit noch anliegenden Arillusbändern. Vergr. ca. #. Fig. 120, 121. Clinogyne grandis Benth. (Phrynium dichotomum Keke.); Fig. 120 ganze Frucht, wenig vergr.; 121 Samen derselben, a im Ganzen, b im medianen Längs- schnitt, ce im transversalen Längsschnitt, d im Querschnitt bei dem Zeichen — der Fig. 5, e im Querschnitt beim Zeichen > der Fig. b. Fig. 122. Thalia geniculata L.; a Samen von unten (ar Arillus), ca. 3mal ver- grölsert, 5 derselbe im medianen Längsschnitt, 122c im Querschnitt beim Zeichen X der Figur 1225. Beiträge zur Morphologie und Systematik der Marantaceen. 99 Berichtigungen. ” Seite 9 Zeile 5 von oben statt „regelmäfsig*“ I. „sehr häufig“. „LOS ee Here rdesgleichen® „48 „20 „ „ hinter „hinweggreift“ zuzusetzen: „oder dafs letzteres auf beiden Seiten vom Schwielenblatt gedeckt wird“. Be, % Ba om be, BE ni 0 A 8 a hauahitn Malaga. Maslh! ANA ARE ZN % primär win mia. + a he Pe N TEN > ME 0 Auchan Parts‘ im VI vi KA 05 ar Be lan Be a 2 uns Men Le re I a dh | Re 0,17 KR Er RR N ee AL 1ua n \ a ln ven Vet ring Rainer 5 WA ae ‚be Var a ee aa an NN Te öl sh Re Kin ur hahet rag | a a Heller‘ Kirsgaahiadtl hund Me Made, Ranu Beer er Ze I 37 NIHME, D2 2,55 ya REN | u ee tz ARE: Ws La er enihr Ah SEHE Khao al er OPR a ” m BT A neben FR ah w ana a wi: BF h, 2N us: abi Da E f de u Ya 257% " + Da Ben IE ENT. DREI PERLE Ne "he Br N Uwe Wr al I; he N A Mil, Pan = Kur a2 u re, Ve ee u Mu Ct Br u ; wi y wche,, won Me. Me ah eg nr Vai Y8 Mare ) a ea Lola ge re en a Ns Usa kalls kan NET: PER Dun rn Pr £ Püonhle ah a vn Per am Yale / Yasa, ee In al PR! IT ke I I nz Br haut j x " 5 1 FA Abhandlungen der Berl_Akad.d. Wiss. 1883. AS Äutor del. Fichler, Marantaceen. =: u 7, Arte ER N 4 _Q 5) ED Zr) NN RN > ri \ SS x Eu “ —JI MW 5 3 / S 2 N SI © N R ® e : . = nn ; re gg N { L— Rn » =. / DS) SI r er PER » % VARRS > e Ss” Sl ) Eichler, Marantaceen. < rn = —— Fa 3 a NS x N x RN S J ” >» ex > Abhandlungen der Berl. dkad.d. Wiss. 1883. Autor del. INS) Abhandlungen der Berl_dkad.d. Wiss. 1883. N Eichler, Marantaceen. Abhandlungen. der Berl. Akad.d. Wiss. 1883. dutor del. Eichler, Marantaceen. CLaue lith.. ve Ve gen. der Berl Akad.d. Wiss. 1882. ” Pen & [42 i Eae lich. Bichler, Marantaceen. Abhandlungen. der Berl. Akad.d. Wiss. 1883. Autor del. Eichler, Marantaceen . Ü Lane Gth. Abhandlungen der Berl Akad.d. Wiss 1933. ur Autor del. GLane ih, . Eichler, Marantaceen. 2 MATHEMATISCHE ABHANDLUNGEN KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. AUS DEM JAHRE 1889. BERLIN. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1884. BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (6. vor). ästtral. Mu alle = DABUNG Kan AA a IM MENTOR bau Inhalt. HAGEN: Geschwindigkeit des Wassers in verschiedenen Tiefen, unter- sucht nach den von Brünings ausgeführten Messungen. (Mit ea ee ee en FAUNA Sl 79: KRONECKER: Über bilineare Formen mit vier Variaben . . . . » U. S: 1— 60. Br: Bas Sr ’ Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen, untersucht nach den von Brünings ausgeführten Messungen. Von H'" HAGEN. Math. Cl. 1883. Abh. 1. 1 Gelesen in der Gesammtsitzung am 12. April 1883. 1. Veranlassung und wissenschaftliche Bedeutung der in Rede stehenden Geschwindigkeits-Messungen. Sa langer Zeit hat man sich bemüht, das Gesetz zu entdecken, nach welchem die mittlere Geschwindigkeit des strömenden Wassers vom relativen Gefälle und von der Wassertiefe abhängt, doch ist dieses bisher nicht gelungen. Aus den allgemein gültigen Gesetzen der Hydrodynamik läfst sich die Aufgabe nicht lösen, da ein Umstand, der den wesentlich- sten Einflufs auf die Erscheinung ausübt, der nähern Untersuchung sich noch ganz entzogen hat. Dieses sind die anscheinend höchst unregelmäfsi- gen innern Bewegungen des Wassers. In engen Röhren oder sehr flachen Rinnen, besonders wenn sie nur langsam durchströmt werden, fehlen diese Bewegungen freilich, und alle im Wasser schwebenden Körper folgen der allgemeinen Richtung der Strömung. Leitet man dagegen durch eine Glasröhre von nur 1 Zoll Weite Wasser hindurch, das mit Sägespänen vermengt ist, so bemerkt man, wie diese, von den verschiedensten Wirbeln gefalst, Wege durch- laufen, die viel länger, als die Röhre sind. Es leidet keinen Zweifel, dafs hierdurch, so wie auch durch die Reibung zwischen den in verschie- denen Richtungen sich bewegenden Massen ein grolser Theil der lebendi- gen Kraft consumirt wird, den das Wasser beim Herabgleiten in der ge- 1 lie 4 HAGEN: neigten Röhre, oder überhaupt durch das Gefälle gewinnt. Auch in gröfsern Wasserläufen und in Strömen fehlen dieselben nie. Sie werden besonders stark an scharfen Uferecken, neben Buhnen u. dgl. Auch wenn man Geschwindigkeits-Messungen an demselben Punkte mehrfach wieder- holt, pflegen dieselben stets verschiedene Resultate zu geben, woher die Strömung keineswegs immer dieselbe bleibt, oder in aller Strenge eine sleichförmige ist. Stürzt das Wasser über ein Wehr, so beschränken die Wirkungen des Sturzes sich allein auf die unmittelbar dahinter belegene Stelle. Hier bilden sich die heftigsten Bewegungen, welche die Sohle und die Ufer angreifen, in geringer Entfernung ist die Strömung aber wieder eben so ruhig, als wenn das Wehr gar nicht existirte. Noch auffallender zeigen sich diese Erscheinungen in Gebirgsgegenden, wo man oft Bächen be- gegnet, die eine steile Wand herabstürzen, sobald sie aber die Thalsohle erreicht haben, auf derselben eben so weiter fliefsen, als ob sie das Thal gar nicht verlassen hätten. Die innern Bewegungen sind sonach sehr verschieden, und so auch ihre Einwirkungen auf die lebendige Kraft, von der die Geschwindigkeit in der Richtung des Stroms abhängt. Wenn es sich um die Anlage von Entwässerungs-Canälen, Strom- durchstichen und dergleichen handelt, so beabsichtigt man, möglichst re- gelmäfsige Wasserläufe darzustellen, worin eine starke Änderung der Ge- schwindigkeit und überhaupt die Veranlassung zu heftigen innern Bewe- gungen möglichst vermieden wird, so darf man erwarten, dafs die Erfah- rungen, die man an schon bestehenden Stromstrecken dieser Art gemacht hat, in den neuen Anlagen, wie auch bei Stromregulirungen sich wieder- holen werden. In diesem Fall handelt es sich nicht mehr um die Dar- stellung eines allgemein gültigen Gesetzes, sondern nur um ein solches für ziemlich regelmäfsige Strecken. Die dabei zum Grunde zu legenden Beobachtungen müssen aber mit Sorgfals ausgeführt und namentlich die Geschwindigkeiten und die relativen Gefälle hinreichend sicher gemessen werden. Dieses ist bisher meist nicht geschehn, wie im Folgenden nachgewiesen werden wird. Überdiefs darf während dieser Messungen auch der Wasserstand und mit demselben das Gefälle sich nicht ändern. Die unter Leitung von Brünings am Schlufs des vorigen Jahr- Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. ) hunderts in den Niederlanden ausgeführten Messungen entsprechen zwar nicht vollständig diesen Anforderungen, da keineswegs eine wissenschaft- liche Verwerthung derselben beabsichtigt wurde, die einzelnen Reihen der- selben zeigen aber so regelmälsige Änderungen der Geschwindigkeit, wie man in spätern ähnlichen Messungen dieser Art vergeblich sucht. Dieses ergiebt sich besonders deutlich, wenn man sie graphisch aufträgt. Die beikommende Zeichnung stellt diejenige Reihe dar, welche unter Allen die gröfste Anzahl von Beobachtungen umfafst, und auf die gröfste Was- sertiefe sich bezieht. Der Zug der sogenannten Geschwindigkeits- Curve, oder derjenigen Linie, deren Abscissen die Abstände vom Grunde und deren ÖOrdinaten die Geschwindigkeiten sind, läfst sich in den mit kleinen Kreisen umschlossenen Punkten mit solcher Sicherheit erkennen, wie wohl in keiner der sonst ausgeführten ähnlichen Messungen. Auf die Eigenthümlichkeiten dieser Curve werde ich später zurückkommen, hier mag nur bemerkt werden, dals andre unter den vorliegenden Rei- hen sich noch vollständiger, als diese an das daraus abgeleitete Gesetz anschliefsen, wie aus Vergleichung der wahrscheinlichen Beobachtungs- fehler sich ergeben wird. Diese Beobachtungen wurden nicht etwa zu wissenschaftlichen Zwecken, sondern allein im Interesse der eingedeichten Ländereien ange- stellt. Verschiedene Provinzen der damaligen Batavischen Republik hat- ten vielfach Beschwerde darüber geführt, dafs dieser und jener Arm des Rheins bei Anschwellungen übermäfsig belastet und dadurch ihre Deiche zu sehr gefährdet würden. In dieser Beziehung hatte man schon 1745 sich dahin geeinigt, dafs von der ganzen Wassermenge des ungetheilten Rheins die Whaal zwei Drittel, der Pannerdensche Canal, also der weiter abwärts belegene Rhein, nur ein Drittel, und von diesem wieder die Yssel den dritten Theil aufnehmen solle. Um diese Verhältnisse darzustellen hatte man die verschiedenen Arme neben den Trennungspunkten in entsprechen- der Weise verengt oder verbreitet, ob aber die ganze Wassermenge in diesen Verhältnissen wirklich vertheilt sei, war bisher nicht geprüft wor- den und wurde vielfach in Abrede gestellt. In Folge dessen wurde un- ter Leitung des General-Directors des Wasserstaates Christian Brü- nings im April 1790 bei mittlerem, und im April 1792 bei hohem Was- serstande die durch gewisse Queerprofile in den verschiedenen Strömen 6 HAGEN: hindurchfliefsenden Wassermengen gemessen und unter einander verglichen. Zu diesem Zweck wählte man in jedem Profil verschiedene Lothlinien, die nach Mafsgabe der Breiten der betreffenden Stromstrecken 5 bis 10 Ruthen von einander entfernt waren. In jeder dieser Lothlinien wurden alsdann in Abständen von 6 Zoll die Geschwindigkeiten von nahe unter dem Wasserspiegel bis nahe über dem Grunde gemessen. In dieser Weise sind im Ganzen 105 Beobachtungsreihen ausge- führt, die zunächst sehr sicher erkennen lassen, in welcher Beziehung die Geschwindigkeiten der über einander liegenden Wasserschichten zum Ab- stande derselben vom Grunde stehn. Sie sind also vorzugsweise geeignet, den Ausdruck für die Geschwindigkeits-Curve zu finden. Indem aber in manchen dieser Queerprofile die Tiefen, also auch die Längen der darin gewählten Lothlinien sehr verschieden sind, so kann man auch unter der Voraussetzung, dafs das Gefälle bei Messung der Geschwindigkeiten in allen Lothlinien eines Profils ungeändert dasselbe geblieben ist, aus die- sen Beobachtungen entnehmen, welchen Einflufs die Wassertiefe auf die Geschwindigkeit hat. Die Eingangs gestellte sehr wichtige Frage nach dem allgemeinen Gesetz des strömenden Wassers läfst sich freilich aus diesen Beobachtungen nicht beantworten, da die Messung der relativen Gefälle der Ströme an diesen Stellen nicht in der Aufgabe lag, vielmehr die Wassermengen direct gemessen werden sollten. Brünings liefs diese Messungen mit einem von ihm selbst ange- ordneten Apparat ausführen, den er Strommesser nannte, und der nicht unmittelbar die Geschwindigkeit, vielmehr den Druck mals, den das strö- mende Wasser gegen eine ihm entgegen gerichtete Planscheibe ausübte. Im Folgenden wird dieser Apparat eingehend beschrieben werden. Indem ich beabsichtigte, aus diesen Beobachtungsreihen ganz me- thodisch und mit voller Schärfe das Gesetz, dem die Geschwindigkeits- Curven sich anschliefsen, herzuleiten, kam es zunächst darauf an, den in Aussicht stehenden sehr zeitraubenden Rechnungen die Geschwindigkeiten, wie die Messungen sie ergeben hatten, richtig und frei von allen Druck- fehlern und sonstigen Entstellungen zum Grunde zu legen. Ich ersuchte daher das königliche Ingenieur-Institut im Haag, dessen Mitglied zu sein, ich die Ehre habe, um eine zuverläfsige Copie der Original-Beobach- tungen. Hierauf hatte der Vorsitzende des Instituts, der Minister für Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 7 Handel und den Wasserstaat, Hr. Klerck, die aufserordentliche Güte, ein Exemplar der 1798 gedruckten Berichte und Verhandlungen in Be- treff der Vertheilung des Rhein-Wassers unter die verschiedenen Ströme in den Niederlanden mir zukommen zu lassen, worin auch die gewünsch- ten Messungen enthalten sind. Der Titel dieses aus zwei Folio-Bänden Text und einem Bande Karten bestehenden Werkes lautet: Verzameling van Rapporten, Verbaalen en verdere Stukken betreffende de Doorsnydingen en Werken, welken sedert de Conventie van den Jaare 1771 op de Boven- Rivieren tusschen Emmerik en Arnhem syn aangelegd, zo tot bevordering van derzelver Vaarbarheid, als om door eene geregelde Verdeeling van het Opperwater, de Överstroomingen (by open Rivier) te voorkomen. In den Haag 1798. In allen Berichten und sonstigen Mittheilungen dieser Sammlung ist von der Messung der relativen Gefälle an den Stellen, wo die Queerschnitte liegen, gar nicht die Rede. Solche sind also nicht ausge- führt, wozu auch keine Veranlassung vorlag. Eben so sucht man ver- geblich dieselben in Wiebeking’s allgemeiner Wasserbaukunst, wenn frei- lich hier für längere Stromstrecken in den Niederlanden die Gefälle mit- getheilt werden. Hiermit steht die Angabe Eytelwein’s in dessen Untersuchungen über die Bewegung des Wassers (Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften 1813 und 1814) in directem Widerspruch, indem aus eben diesen Geschwindigkeiten und den dabei gemessenen Gefällen jenes oben erwähnte allgemeine Gesetz hergeleitet wird. Auch die Gefälle sol- len aus Wiebeking’s allgemeiner Wasserbaukunst entnommen sein, wo sie jedoch in diesen Maafsen gar nicht mitgetheilt sind. Funk hatte 1808 seine Beiträge zur allgemeinen Wasserbaukunst veröffentlicht, und daselbst mit diesen Geschwindigkeiten auch die Gefälle, wie sie Eytelwein benutzte, mitgetheilt. Woher er die letzten entnom- men, sagt er nicht, macht auch keinen weitern Gebrauch von denselben. Bei näherer Untersuchung ergeben sich indessen aus diesen Gefällen so viele an sich höchst unwahrscheinliche Combinationen, dafs ihr Zusam- mentreffen vermuthen läfst, sie seien nicht wirklich gemessen, weil dabei immer zufällige Fehler vorkommen, die solche Übereinstimmung verhin- dern. In meinen Grundzügen der Wahrscheinlichkeits-Rechnung habe ich 8 HAGEn: nachgewiesen, man könne nicht nur Millionen und Milliarden, sondern einen Betrag, der sich durch eine Zahl von 21 Ziffern ausdrückt, gegen 1 darauf wetten, dafs diese Gefälle nach der damals als allgemein gülti- gen Formel Eytelwein’s c—= 9,9 Vta berechnet sind, wo ce die ‚mittlere Geschwindigkeit und f die mittlere Tiefe in Rheinländischen Fulsen, « aber das relative Gefälle ausdrückt. Es stand also bereits fest, dafs Funk ohne es zu erwähnen, und im vol- len Vertrauen auf die allgemeine Gültigkeit jener Formel nach derselben seine Mittheilung vervollständigte, Eytelwein aber sich hierdurch täu- schen liefs, und aus den nach seiner Formel berechneten Gefällen den Einflufs derselben auf die Geschwindigkeiten herzuleiten versuchte. 2. Die üblichen Geschwindigkeits-Messungen. Am einfachsten milst man die Geschwindigkeit des strömenden Wassers, wenn man schwimmende Körper treiben läfst. Indem diese nicht tief eintauchen, so ergiebt sich daraus nur die Geschwindigkeit der obern Wasserschichten. Dabei tritt auch der Übelstand ein, dafs in Folge der innern Bewegungen, und wohl noch mehr durch die Zähigkeit der Oberfläche des Wassers, die Schwimmer, selbst in regelmälsig geformten Strombetten und in geraden Strecken nicht parallel zu den Ufern sich bewegen, sondern meist derjenigen Linie sich nähern, in der die Strö- mung am stärksten ist. Man kann demnach durch sie nicht in aller Schärfe die Geschwindigkeiten an den verschiedenen Stellen des gewähl- ten Queerprofils bestimmen. Um die Abweichung von der allgemeinen Richtung der Stromstrecke auf das geringste Mafls zu beschränken, müs- sen die beiden abgesteckten Visirlinien, bei deren Durchgang die Zeiten beobachtet werden, nicht zu weit von einander entfernt sein. Dieses ver- bietet sich auch schon dadurch, dafs bei weitern Abständen die Geschwin- digkeit, mit welcher der Schwimmer den Zwischenraum durchläuft, sich leicht ändert. Jedenfalls mufs aber die Zwischenzeit hinreichend grofs sein, damit ein Fehler von einer Secunde, der sich wohl nicht vermeiden läfst, das Resultat nicht zu sehr entstellt. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. ) Der Stab des Cabeo, der cylindrisch geformt, und jedesmal so durch eingelegte Bleischeiben beschwert sein muls, dafs sein unteres Ende möglichst wenig vom Grunde entfernt bleibt, ohne denselben auf seinem Wege zu berühren, ist ein brauchbares Instrument. Seine Bewegung ent- spricht unmittelbar der mittleren Geschwindigkeit aller über einander lie- genden Wasserschichten, die ihn berühren. Er treibt indessen eben so, wie der einfache Schwimmer, nicht in der Richtung der beiderseitigen Ufer. Aufserdem darf man ihn gemeinhin auch nicht genügend dem Grunde nähern, weil er alsdann diesen leicht irgendwo auf seinem Wege berührt und alsdann festgehalten oder seine Bewegung verzögert wird. Humphreys und Abbot bedienten sich bei ihren vielfachen Mes- sungen eines an einem Schwimmer hängenden Körpers, der specifisch etwas schwerer als das Wasser war, und daher in stehendem Wasser je nach der Länge des ihn mit dem Schwimmer verbindenden Fadens loth- recht unter dem letzteren schwebte. In gleicher Weise wurden auch von Cunningham die Geschwindigkeiten in verschiedenen Tiefen des Ganges- Canals in Ostindien gemessen. Eines ähnlichen Apparats, nämlich zweier mit einander verbundenen Wachskugeln, von denen eine etwas beschwert war, so dafs sie im Wasser schwebend von der andern getragen wurde, bediente sich schon Mariotte und machte dabei die wichtige Entdeckung, dafs in der freien Seine jedesmal die in der Oberfläche schwimmende Kugel der andern voraneilte, dafs aber die in der Tiefe schwebende diese über- holte, sobald beide an einem Brückenpfeiler vorbeitrieben. Bei Benutzung ähnlicher Apparate bemüht man sich gemeinhin, dem schwereren und vom Schwimmer getragenen Körper eine möglichst grofse Ausdehnung zu geben, damit die Strömung auf ihn vorzugsweise einwirkt und sonach auch der Schwimmer, der eine viel kleinere Angriffsfläche dem Wasser bietet, mit der Geschwindigkeit derjenigen Wasserschichten, die den un- tern Körper treffen, fortgetrieben wird. Um dieses zu erreichen, belastet man den letztern so wenig, dafs er nur so eben im Wasser niedersinkt. Hierdurch bildet sich aber ein höchst nachtheiliger Übelstand, der bei diesem Apparat sich nie ganz umgehn läfst. Wenn im offenen Strom der Schwimmer voraneilt und den an ihm hängenden Körper nach sich zieht, so wird er wegen des schrägen Zuges denselben heben, und zwar um so mehr, je leichter dieser ist. Man milst also, wenn auch der Stols Math. Cl. 1883. Abh. 1. 2 10 HıAeEn: gegen den Schwimmer so klein sein sollte, dafs er unbeachtet bleiben dürfte, die Geschwindigkeit in einer geringeren Tiefe, als die Länge des Fadens angiebt. Wollte man aber auch mit Rücksicht auf die Einwir- kung des Wassers auf den obern Schwimmer die Geschwindigkeit der- jenigen Wasserschicht ermitteln, in welcher der untere Körper treibt, so würde man doch immer nicht wissen, welche Neigung der Faden wäh- rend der Beobachtung angenommen und wie er sich dabei vielleicht auch gekrümmt hatte. Die Tiefe, in welcher diese Geschwindigkeit stattfindet, bleibt also unbekannt. Bei uns wird zur Messung der Geschwindigkeiten der tieferen Wasserschichten allgemein der Woltman’sche Flügel benutzt, der un- bedingt ein sehr brauchbares Instrument ist und der ebenso wie der Schwimmer die Geschwindigkeit unmittelbar mifst, indem sich diese aus der Anzahl seiner Umdrehungen ergiebt. Das Verhältnifs zwischen einer Umdrehung zur Länge des Weges, den das dagegenstolsende Wasser zu- rücklegt, ergiebt sich leicht aus der Neigung der Flügel gegen ihre Dre- hungs-Ebene und aus dem Abstande derselben von der Achse. Die Rei- bung pflegt, wenn der Apparat sorgfältig ausgeführt ist, so geringe zu sein, dals man wenigstens bei mäfsigen Geschwindigkeiten davon ganz absehn darf. Das Rad, das mit seinen Zähnen in die Schraubengänge der Flügelwelle eingreift und die Umdrehungen der letztern zählt, darf in diesem Fall nicht mittelst eines Getriebes oder einer Schraube noch ein zweites Rad in Bewegung setzen, das wieder die Anzahl der Umdre- hungen des ersten Rades angiebt. Dieses ist auch entbehrlich, da man bei einiger Aufmerksamkeit und besonders, wenn man durch einen vor- hergehenden, auf wenige Secunden beschränkten Versuch die Geschwin- digkeit schon ungefähr kennen gelernt hat, nicht zweifelhaft sein wird, wie oft das Rad sich umgedreht hat. Jedenfalls empfiehlt es sich aber, den Flügel dadurch zu prüfen, dafs man ihn in stehendem Wasser lang- samer und schneller eine bestimmte Strecke hindurchführt und jedesmal die Anzahl der Umdrehungen der Flügelwelle abliest. Man ersieht als- dann, welcher Länge des Weges eine Umdrehung entspricht und zugleich, ob diese bei verschiedenen Geschwindigkeiten dieselbe bleibt oder ob die Reibung schon von Einflufs ist. Sollte dieses sein, so sind die hierdurch veranlafsten Fehler leicht zu erkennen, und man mufs dieselben zur Be- Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 11 richtigung der Messungen für verschiedene Geschwindigkeiten tabellarisch zusammenstellen. Bei Benutzung dieses Instruments wird oft von der festen Auf- stellung desselben abgesehn. Man schraubt es nur an eine Stange, die man frei in der Hand hält, und sie bis zu derjenigen Tiefe herabdrückt, in der man die Geschwindigkeit messen will. Um ein Klemmen des Ra- des gegen die Schraubengänge zu verhindern, wodurch die Bewegung vollständig unterbrochen werden könnte, mufs, wie auch wohl immer geschieht, dafür gesorgt werden, dals der kleine Rahmen, der das Rad trägt, nicht über einen gewissen Punkt hinaus der Flügelwelle genähert werden kann und dafs ferner die Zähne des Rades wie auch die Schrau- bengänge in scharfe Schneiden auslaufen. Alsdann ist ein nachtheiliges Zusammentreffen dieser Schneiden fast undenkbar. Bei der vielfachen Benutzung meines Flügels ist solches niemals vorgekommen. Sehr unpassend verbindet man zuweilen diesen Apparat mit einer grofsen Fahne, die ihn stets in die Richtung der stärksten Strömung stellt. Die Geschwindigkeit in dieser Richtung wird aber nie gesucht, es handelt sich vielmehr allein um die Geschwindigkeit, mit der das Wasser normal gegen die Ebene des Queerprofils sich bewegt. Diese allein bezeichnet die Wassermenge, die der Strom abführt. Bei grölserer Tiefe und besonders bei stärkerer Strömung mufls man daher den Flügel so sicher fassen, dafs er seine Richtung nicht verändern kann. In neuster Zeit wird der Flügel auch mit einem elektrischen Ap- parat verbunden, wodurch jede Umdrehung dem Beobachter bemerklich gemacht und sonach die spätere Ablesung entbehrlich wird. Man kann alsdann, sobald die Messung in einer gewissen Tiefe beendigt ist, unmit- telbar darauf eine solche in andrer Tiefe vornehmen. Der Apparat ver- liert indessen dabei seine Einfachheit, die ihn doch vorzugsweise empfiehlt, und die sichere Benutzung desselben erfordert gröfsere Übung und Auf- merksamkeit, während zugleich seine Beweglichkeit durch vermehrte Rei- bung beeinträchtigt wird. Die Geschwindigkeit des strömenden Wassers läfst sich andrerseits auch aus dem Druck erkennen, den es auf eine ihm zugekehrte Ebene ausübt. Dieser Druck kann mittelst verschiedener Vorrichtungen so über- tragen werden, dals man, während er noch wirksam ist, ihn bequem messen 9% 19 HAGEN: und zugleich die Schwankungen wahrnehmen kann, denen er unterworfen ist. Bei solchen Apparaten ist es auch nicht erforderlich, nach jeder Messung sie auszuheben und neu einzustellen, vielmehr darf man sie un- mittelbar” darauf für andere Tiefen benutzen. Vorrichtungen dieser Art waren schon früher von Italienischen Hydroteeten angegeben und benutzt. Der Apparat, den Brünings wählte, gehört auch zu dieser Classe. Endlich wäre noch der Pitot’schen Röhre zu erwähnen, in wel- cher der Druck des strömenden Wassers gegen den ihm zugekehrten offe- nen horizontalen Schenkel durch das Ansteigen des Wassers in dem damit verbundenen lothreehten Schenkel bezeichnet wird. Mit manchen dabei angebrachten Verbesserungen wird dieses Instrument auch gegenwärtig noch in Frankreich, doch, wie es scheint, nur bei mälsigen Tiefen benutzt. 3. Der Strommesser von Brünings. Die Akademie der Wissenschaften in Haarlem hatte einen Preis ausgesetzt auf die Erfindung eines Apparats, womit man die Geschwin- digkeit des Wassers in beliebiger Tiefe sicher messen könne. Diese Auf- gabe löste Brünings und erhielt den Preis. Mehrere Jahre später (1798) veröffentlichte er die betreffende Denkschrift unter dem Titel: Verhande- hing over de snelheid van het stromend water en de meddelen om dezelve op allerlei diepte te bepalen. Unmittelbar darauf erschien in deutscher Sprache eine wörtliche Übersetzung dieser Schrift von Kröncke, dem Mitherausgeber des ersten Bandes von Wiebeking’s Wasserbaukunst, Brünings beschreibt darin und beurtheilt in sehr angemessener Weise die bisher zu diesem Zweck benutzten Instrumente und erläutert diesel- ben durch beigefügte Zeichnungen. Sodann giebt er den von ihm als besonders brauchbar erachteten Apparat an, der sehr eingehend erklärt und durch Zeichnung dargestellt wird. In einem Nachtrage erwähnt Brü- nings, dals mit dem letzteren die Messungen am Rhein und in dessen Abzweigungen ausgeführt sind. Er spricht auch sein Bedauern aus, dafs bei Abfassung der Denkschrift ihm der Flügel seines Freundes Woltman noch nicht bekannt gewesen und er desselben nicht erwähnt habe, er sagt Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 13 jedoch nicht, dafs er diesen seinem eigenen Apparat vorziehe und ihn zu jenen Messungen benutzt haben würde. Ich gehe nun zur Beschreibung dieses Instruments über, das Brü- nings den Strommesser (Stroommeter) nannte. Derselbe bestand we- sentlich aus einer dem Strom entgegen gerichteten Planscheibe, die sich leicht vor- und zurückschieben liefs, jedoch durch eine Leine zurückge- halten wurde, die aufwärts geführt und.in bequemer Höhe über Wasser mit dem kürzeren Arm eines Hebels verbunden war. Der Zug, den diese Leine erfuhr, wurde durch ein Gegengewicht gemessen, das am längern Hebelarm hängend so weit verschoben wurde, bis das Gleichgewicht sich darstellte. Die Planscheibe, die den Druck des dagegenströmenden Wassers aufnahm, war in quadratischer Form aus Kupferblech ausgeschnitten und mals 6 rheinl. Zoll in ihren Seiten. In ihrem Mittelpunkt falste sie, nor- mal dagegen gerichtet, eine sorgfältig prismatisch bearbeitete kupferne Stange von 9,5 Zoll Länge und 6 Linien Höhe und Breite, die auf zwei horizontalen Rollen ruhte und zwischen vier verticalen Rollen, ohne ihre horizontale Stellung oder ihre Richtung zu verändern, leicht hin- und her- geschoben werden konnte. Der Strom drückte die Scheibe zurück, an ihr hinteres Ende schlofs sich indessen ein Queerarm an, den in entgegen- gesetzter Richtung eine Leine zurückhielt, die über eine Rolle lothrecht aufwärtsgeführt war. Auf diese Leine übertrug sich also der Druck des strömenden Wassers. Die leichte Platte, an der die Führung der Scheibe wie auch die Rolle befestigt war, wurde an das untere Ende einer gezahnten Stange angeschroben, die aus kürzeren Stücken von 5 Fufs Länge bestehend bis auf 30 Fuls sich verlängern liefs. Durch ein Getriebe, das in die Zähne der Stange eingriff, konnte die Scheibe bis zu derjenigen Tiefe versenkt werden, in der man die Geschwindigkeit messen wollte. Die Latte aber, in allen ihren Theilen sorgfältig aus Mahagoniholz ausgeschnitten, war an der Rückseite schwalbenschwanzförmig gestaltet und ruhte in einer ent- sprechenden Rinne eines hinreichend langen Pfahls von Kiefernholz. Jene Leine, welche die Scheibe dem Strom entgegendrückte, wurde über der erwähnten Rolle durch eine leichte Kette ersetzt, die an jeder beliebigen Stelle von einem Haken gefalst werden konnte, der an dem 14 HAGEN: kürzern Arm eines am Pfahl befestigten Hebels hing. Der längere Arm dieses Hebels, an der obern Seite mit einer Reihe neben einander befind- licher und mit Nummern bezeichneter Kerben versehn, war durch ein leichtes Gegengewicht belastet, durch dessen Verstellung das Gleichgewicht dargestellt und der Druck des Wassers gegen die Scheibe gemessen wurde. Aufser diesem hing aber noch ein schwereres Gegengewicht an einer be- stimmten Stelle desselben Hebelarms, das den überwiegend gröfsten Theil des Drucks gegen die Scheibe aufhob. Das hierdurch dargestellte Gleich- gewicht war indessen keineswegs ein stätiges, vielmehr traten dabei sehr heftige Schwankungen ein. Um trotz dieser die passendste Stellung des kleinen Gegengewichts zu finden und um zugleich die Ausdehnung der Schwankungen zu beurtheilen, war über der aus einer scharfen Schneide bestehenden Drehungsachse des Hebels vor einem eingetheilten Kreisbogen ein aufrecht stehender Zeiger angebracht, aus dessen Stellung man sich auch überzeugen konnte, dafs der Hebel eine horizontale Lage einnahm. Indem das Gewicht der am Hebel hängenden Kette bei den Mes- sungen in verschiedenen Tiefen sich änderte, so wurde nach vorhergehen- den Proben ein drittes, sehr kleines Gegengewicht noch an diejenige Stelle des längern Hebelarms gehängt, wo es bei der jedesmaligen Tiefe das Gleichgewicht mit der Kette darstellte. Die Entfernungen der beiden ersten Gewichte von der Achse des Hebels ergaben sonach unmittelbar den Druck des Wassers gegen die Scheibe. Dabei ist noch zu erwähnen, dals diese Kette, indem sie von jener Rolle nach dem Hebel ansteigt, der Einwirkung der Strömung dadurch vollständig entzogen wurde, dals sie in einer zweiten und zwar stromabwärts gekehrten Rinne des Pfahls schwebte. Jedenfalls war es Bedingung, diesen Apparat nicht nur ganz fest, sondern auch in die Richtung des Stroms genau einzustellen. Jener starke Pfahl war daher sorgfältig prismatisch und zwar mit quadratischem Queer- schnitt bearbeitet und wurde durch eine entsprechende, mit Eisenschienen umgebene Öffnung in der schwimmenden Brücke umfafst. Am untern Ende war er mit einem Schuh versehn, der in eine scharfe Spitze auslief. Die beiden Fahrzeuge, welche die Brücke trugen, waren 44 Fuls lang, 9,5 Fufs breit und tauchten 1 Fufs tief ein. Sie waren in der Art mit einander verbunden, dafs zwischen ihnen ein Canal von 12 Fufs Breite Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 15 frei blieb. In der Mittellinie desselben und zwar nahe an seinem strom- aufwärts gekehrten Ende stand der Pfahl. Die Fahrzeuge waren aber nicht nur gegen den Strom, sondern auch seitwärts so sicher verankert, dafs sie sich nicht bewegen konnten, also auch der Pfahl seine lothrechte Stellung wie seine Richtung während der Messung stets beibehielt. Um ihm diese in voller Schärfe geben zu können, waren alle Ankertaue durch Flaschenzüge angespannt, so dafs geringe Änderungen in der Lage der Fahrzeuge bequem und sicher sich ausführen lielsen. Sobald der Pfahl eingerichtet war, wurde die gezahnte Latte in die Rinne eingeschoben, die Planscheibe, die den Druck des Wassers auf- nahm, eingestellt, das Getriebe wie der Hebel an den Pfahl angeschraubt und die jedesmal erforderlichen Ansatzstücke zur Verlängerung der ge- zahnten Stange mit dieser verbunden. Brünings untersuchte zunächst die Reibung der verschiedenen Theile des Apparats, er fand dieselbe aber vergleichungsweise zum Wasser- druck so geringe, dafs sie unbeachtet bleiben durfte. Die Geschwindigkeit des gegen die Scheibe stolsenden Wassers berechnete er unter der Vor- aussetzung, dals die Geschwindigkeitshöhe dem Druck entspricht. Wenn diese Annahme nach manchen Beobachtungen auch nur im Allgemeinen, nicht aber in aller Strenge richtig ist, so dürften die dadurch veranlals- ten Fehler, den andern unvermeidlichen gegenüber, kaum in Betracht kommen. Einige Versuche, diese Geschwindigkeit mit der durch schwim- mende Körper gemessenen zu vergleichen, zeigten genügende Übereinstim- mung. Einen andern Beweis für die Gültigkeit dieses Verfahrens fand er auch darin, dafs die hiernach berechnete Wassermenge des ungetheilten Rheins nahe mit der Summe derjenigen seiner drei Arme übereinstimmte. Es kann nur befremden, dafs dieser Apparat, soviel bekannt, seit jener Zeit nie wieder benutzt, vielmehr durch den Woltman’schen Flügel vollständig verdrängt ist. Wenn letzterer allerdings den Vorzug hat, dafs er unmittelbar die Geschwindigkeit milst, so läfst jener schon während der Messung den Druck und die Schwankungen desselben deutlich erken- nen, so dals man im Stande ist, mit grofser Sicherheit seinen mittleren Werth abzulesen, und dazu kommt noch die Bequemlichkeit, dafs man nicht, um das Resultat zu erfahren, das Instrument jedesmal ausheben darf. Mit einigen nicht gerade wesentlichen Verbesserungen, dem heuti- 16 HAGEN: gen Stande des Maschinenbaues entsprechend, ausgeführt, dürfte dieser Apparat zu genauen Geschwindigkeits-Messungen sich vorzugsweise em- pfehlen, doch mülste die Beziehung zwischen dem Druck und der Ge- schwindigkeit des Wassers noch näher untersucht werden, da wahr- scheinlich die Größse und Form der Scheibe einigen Einfluls auf den Druck gegen die Flächen-Einheit hat. Bei Berechnung der Geschwindigkeiten benutzte Brünings, wie aus der Beschreibung des Strommessers sich ergiebt, siebenstellige Loga- rithmen-Tafeln und grofsentheils werden die dabei gefundenen Resultate auch vollständig mitgetheilt, so dafs die Geschwindigkeiten bis auf den hunderttausendsten Theil eines Zolls genau angegeben sind. Die Verglei- chung dieser Geschwindigkeiten, die in voller Übereinstimmung ihrer Werthe sich stets wiederholen, ergiebt indessen, dafs die Ablesungen äulsersten Falls nur Differenzen von ein Drittel Zoll erkennen lassen. Die Schärfe der Messungen wird daher nicht nur vollständig gewahrt, sondern schon überschritten, wenn man nur die erste Decimalstelle, also den zehnten Theil eines Zolls beibehält. Dieses ıst in den folgenden Mittheilungen geschehn. Die zur Ermittelung der Wassermengen angestellten Messungen wur- den 1790 ungefähr bei mittlerem Wasserstande in 6, und 1792 bei hohem Wasserstandge in 8, also zusammen in 14 Queerprofilen gemacht. Die Wasserstände und die Änderung derselben während der Messung beziehn sich immer auf den Pegel bei Arnheim, doch bleiben diese Mittheilungen für das Jahr 1790 sehr unvollständig. Diese Queerprofile sind nach den von Brünings gewählten Bezeichnungen unter Beifügung der Jahreszahl die folgenden: 1. Profil A. 1790. — Im ungetheilten Rhein, 320 Ruthen ober- halb des Austritts der Whaal wurden vom 15. bis 19. April beim Wasserstande von 3'6" in Abständen von 104 Ruthen in 12 Loth- linien von 7 bis 16 Fuls Tiefe die Geschwindigkeiten gemessen. 2. Profil B. 1790. — In der Whaal, 250 Ruthen unterhalb der Abzweigung aus dem Rhein, am 20. bis 21. April beim Wasser- stande von 3'9" und in Abständen von 9,75 Ruthen sind in 8 Lothlinien bei Tiefen von 6,75 bis 16,5 Fuls die Geschwindig- keiten gemessen. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 17 3. Profil ©. 1790. — Im Pannerdenschen Canal, 40 Ruthen unterhalb der Trennung von der Whaal. Am 21. April, Wasser- stand 3'9", in 5 Lothlinien von 8,5 bis 10 Fufs Tiefe, die 7,5 Ruthen von einander entfernt. 4. Profil D. 1790. — Im Nieder-Rhein, 975 Ruthen oberhalb der Yssel-Mündung. Am 22. April. Wasserstand 3’9". In 7 Loth- linien, die 6 Ruthen von einander entfernt und 8,5 bis 11 Fuls tief waren. Profil E. 1790. — In der Yssel, 160 Ruthen unterhalb ihres Austritts aus dem Rhein. Am 23. April bei Wasserstand 3’9" 4 Lothlinien von 3,75 bis 4,5 Fuls Tiefe, die 4,75 Ruthen von einander entfernt. 6. Profil F. 1790. — Im Unter-Rhein, 135 Ruthen unterhalb der Yssel-Mündung. Am 23. April bei 3’9" Wasserstand. 6 Loth- linien von 7 bis 9 Fufs Tiefe, 7 Ruthen von einander entfernt. 7. Profil A. 1792. — Nieder-Rhein, 1130 Ruthen oberhalb der Yssel-Mündung. Am 13. und 14. April beim Wasserstande von 14'4". 8 Lothlinien in Tiefen von 15 bis 20 Fufs, die 8 Ruthen von einander entfernt. Während der Messung fiel das Wasser 3 Zoll. “ 8. Profil Z. 1792. — Unter-Rhein, 135 Ruthen ünterhalb des Austritts der Yssel. Am 16. April bei Wasserstand von 11’10". 7 Lothlinien von 10,5 bis 21 Fuls Tiefe in Abständen von 8 Ruthen. Das Wasser fiel während der Messung 7 Zoll. 9. Profil ©. 1792. — In der Yssel, 160 Ruthen unterhalb ihres Austritts aus dem Rhein. Gemessen am 17. April bei 10'11” Wasserstand. 5 Lothlinien von 10,25 bis 11 Fufs Tiefe, die 5 Ru- then von einander entfernt waren. Das Wasser fiel 4 Zoll. 10. Profil D. 1792. — Im Pannerdenschen Canal, 275 Ruthen unterhalb des Austritts der Whaal. Am 19. bis 22. April, durch- schnittlich beim Wasserstande von 9'0V5, der aber, wie es scheint, [1 während der Messung sogar um 16 Zoll sank. 7 Lothlinien in Abständen von 7 Ruthen mit Tiefen von 10 bis 14 Fuls. Math. C1. 1883. Abh. 1. 3 18 HA6En: 11. Profil E. 1792. — Im ungetheilten Rhein, 320 Ruthen ober- halb des Austritts der Whaal. Am 23. bis 26. April bei dem wäh- rend der Messung unveränderten Wasserstande von 9'3". Es wurden in Abständen von 10 Ruthen 14 Lothlinien in Tiefen von 12 bis 23 Fuls gemessen. 12. Profil F. 1792. — In der Whaal, 250 Ruthen unterhalb ihrer obern Mündung. Am 26. bis 27. April durchschnittlich beim Was- serstande von 8'10”, der während der Messung 6 Zoll sank. 10 Lothlinien in Abständen von 9,75 Ruthen, mit Tiefen von 12 bis 20,5 Fuls. 13. Profil @. 1792. — Nieder-Rhein, 975 Ruthen oberhalb der Yssel-Mündung. Am 30. April bei Wasserstand von 7'575, der 2,5 Zoll während der Messung sank. 7 Lothlinien in 7 Ru- then Abstand mit Tiefen von 10 bis 13,5 Fufs. 14. Profil 7. 1792. — In der Yssel, 160 Ruthen unterhalb ihres Austritts aus dem Rhein. Gemessen am 1. Mai bei Wasserstand 73,5, der um 1 Zoll sich senkte. 5 Lothlinien in 5 Ruthen Abstand mit Tiefen von 7 bis 74 Fuls. Es liegen sonach für 105 Lothlinien ebenso viele Beobachtungs- reihen vor. In jeder sind in Abständen von 6 zu 6 Zoll unter einander die Geschwindigkeiten in Zollen gemessen. Dabei ist das damals in den Niederlanden übliche Rheinländische Fufsmafs benutzt. Jede Reihe be- sinnt 1 Fufs unter dem Wasserspiegel und endet meist 1 Fufs 3 Zoll über dem Grunde, doch konnten die Beobachtungen mehrfach, wie gesagt wird, wegen des starken Sandtreibens in der Nähe des Grundes nicht so weit fortgesetzt werden. Einige wenige Reihen setzen sich dagegen so weit fort, dafs nach der jedesmal angegebenen Tiefe der Lothlinie der untere Rand der Scheibe den Grund berührte. Im Folgenden habe ich diese Beob- achtungen zwar mit aufgenommen, sie jedoch als unsicher in den Rech- nungen nicht berücksichtigt. Dasselbe ist auch bei denjenigen Messungen in der Nähe des Wasserspiegels geschehn, die bei Vergleichung der Ge- schwindigkeiten hier eine merkliche Verringerung derselben, im Allgemei- nen um mehr als 1 Zoll erkennen liefsen. Diese waren, wie schon die erwähnten Erfahrungen von Mariotte zeigten, durch die daneben befind- Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 19 lichen feststehenden Körper veranlafst, fanden also im freien Strom nicht statt. Aufserdem hatte ich mich auch durch einen besondern Apparat davon überzeugt, dafs im freien Strom die Geschwindigkeit der obern Wasserschichten niemals geringer als die der darunterliegenden ist, dafs aber eine Verzögerung eintritt, sobald ein vor Anker liegendes Schiff oder ein sonstiger Körper, welcher der Strömung nicht folgt, in der Nähe sich befindet. Hier bildete der feststehende Mefs- Apparat, sowie auch noch mehr die beiden Fahrzeuge, die ihn trugen, das Hindernifs, und so konnte es nicht fehlen, dafs solche Verzögerungen unter gewissen Umständen sich zeigten. Brünings giebt für die einzelnen Geschwindigkeits-Messungen nicht die Abstände vom Grunde, sondern vom Wasserspiegel an, und zwar nicht die des Mittelpunktes der Scheibe, sondern die des obern oder des untern Randes derselben. Bei den Beobachtungen im Jahr 1790 mals er die Ab- stände des obern und im Jahr 1792 die des untern Randes der Scheibe von der Oberfläche des Wassers. Hierdurch erklärt es sich, dafs nach der Reduction auf den Mittelpunkt der Scheibe, wobei also immer 3 Zoll zugesetzt oder abgezogen werden mufsten, die Abstände, gemessen in der Einheit von 6 Zoll, nicht ganze Zahlen, sondern mit dem Zusatz von ein Halb versehn sind, wie die folgenden Tabellen zeigen. 4. Untersuchung derjenigen Beobachtungsreihe, welche unter allen die ausgedehnteste ist. Um im Allgemeinen ein Urtheil darüber zu gewinnen, wie die Geschwindigkeiten der über einander liegenden Wasserschichten mit dem Abstande vom Grunde zunehmen, stellte ich mehrere der längsten Beob- achtungsreihen, die also in tieferem Wasser gemessen waren, graphisch dar, indem ich die Abstände vom Grunde als Abseissen (x) auf eine Verti- cal-Linie und die Geschwindigkeiten rechtwinklig an diese als Ordinaten (y) auftrug. Es liefsen sich alsdann mit mehr oder weniger Sicherheit Cur- ven zwischen die letztern legen, die ohne Ausnahme von der halben Pa- rabel sich wesentlich dadurch unterschieden, dafs sie nicht im Scheitel- 2 3) 30 HAGEN: punkt, also bei «= 0, sondern in einer mälsigen Entfernung vom Grunde die stärkste Krümmung zeigten. Es mufs aber bemerkt werden, dafs diese Eigenthümlichkeit bei den sämmtlichen Beobachtungsreihen sich wieder- holte. Unmittelbar über dem Grunde sind nach dem Zuge der Curven, welche die Beobachtungen andeuten, die Geschwindigkeiten so grols, dals sich hier fast gerade Linien bilden, während jenseit jener stärksten Krüm- mung die Zunahme der Geschwindigkeit sehr schnell sich vermindert und bei grölsern Wassertiefen beinahe ganz aufhört. Hiernach war zu vermuthen, dafs die Curve ungefähr dem ein- fachen Ausdruck RR entsprechen werde, wobei n einen noch unbekannten Exponenten bezeich- net, der aber jedenfalls gröfser als 2 ist, und p emen gleichfalls noch unbekannten Factor darstellt, der wahrscheinlich von dem relativen Ge- fälle des Stroms an dieser Stelle bedingt wird. Um mich zu überzeugen, ob dieser Ausdruck passend sei, ver- suchte ich ihn zunächst an diejenige Beobachtungsreihe anzuschlielsen, die unter allen die längste und zugleich im tiefsten Wasser ausgeführt war. Sie bezieht sich auf die l4te Lothlinie im Profil £ vom Jahr 1792, also im ungetheilten Rhein zur Zeit des Hochwassers. Diese Reihe ge- hört unbedingt zu denjenigen, in welchen die Geschwindiskeiten sich recht zufriedenstellend an einander anschliefsen, wıewohl sich aus dem Folgenden ergeben wird, dafs bei mehreren andern Reihen der wahr- scheinliche Beobachtungsfehler noch etwas geringer ist. Die nachstehende Tabelle enthält die betreffenden Beobachtungen, nämlich die mit x überschriebene Spalte die Abstände vom Grunde, ge- messen in der Einheit von 6 Zoll, und die nächste Spalte y die daselbst gefundenen Geschwindigkeiten, ausgedrückt in Zollen. Die Bedeutung der Zahlen in den beiden folgenden Spalten wird später angegeben werden. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 21 Profil E (1792). Lothlinie 14. Tiefe 23 Fufs. ° X Yy 37 y ” Y I 37 | 45,5 | 559 Bas 58,0 en 44,5 65,2 66,8 65,5 22,5 58,0 Se 57.2 43,5 65,2 66,5 65,2 21,5 58,0 56,6 56,7 42,5 65,2 66,2 64,9 20,5 56,1 56,0 56,1 41,5 66,3 65,8 64,6 19,5 56,1 55,4 55,6 40,5 65,1 65,4 64,3 18,5 54,8 54,7 55,0 39,5 65,1 65,1 64,0 17,5 54,8 54,0 54,4 38,5 65,7 64,7 63,7 16,5 54,1 53,3 53,7 37,5 65,7 64,3 63,3 15,5 59,7 52,5 53,1 36,5 64,0 63,9 63,0 14,5 52,0 51,7 52,4 35,5 62,9 | 63,5 62,6 13,5 52,0 ' 50,9 51,6 34,5 61,7 63,1 62,3 12,5 48,4 50,0 50,8 33,5 61,7 62,7 61,9 11,5 50,6 49,1 50,0 32,5 59,9 62,2 61,5 10,5 50,0 48,1 49,1 31,5 60,5 61,8 61,2 9,9 45,3 47,0 48,1 30,5 59,3 61,3 60,8 8,5 45,3 45,8 47,1 29,5 60,5 60,9 60,4 75 | 46,9 44,5 45,9 28,5 60,5 60,4 59,9 6,5 43,6 43,1 44,6 27,5 60,5 59,9 59,5 5,5 40,1 41,5 43,1 26,5 59,9 59,4 59,1 4,5 38,3 39,6 41,4 95,5 59,3 58,9 58,6 3, 36,3 37,4 39,4 24,5 59,3 58,3 58,2 2,5 34,2 34,6 36,8 Die erste Beobachtung, welche in diesem Fall eine starke Verzö- gerung der obern Wasserschichten durch den Mefs-Apparat und die bei- den Fahrzeuge erkennen läfst, mufste bei der Unsersuchung ausgeschlos- sen bleiben. Es kam darauf an, aus den übrigen Beobachtungen und zwar unter gleichmälsiger Benutzung derselben die wahrscheinlichsten Werthe des Factors p und des Exponenten n zu berechnen. Der Aus- druck Vz DE gestattet indessen nicht die unmittelbare Anwendung der Methode der kleinsten Quadrate. Die Zerlegung von n in einen Näherungswerth « und die Correction desselben A führte auch nicht zum Ziel, da bei Be- 23 HAGEN: nutzung des Taylor’schen Lehrsatzes die Factoren von A stets solche Werthe hatten, dafs, wenn Ah nicht nahe unendlich klein war, die ver- meintliche Oorrection nur zu noch gröfseren Abweichungen führte. Hiernach ging ich zum logarithmischen Ausdruck logy = „logp + „loga über, woraus sich unmittelbar die beiden Bedingungs-Gleichungen er- gaben: llogy] = m.» „logp —+ [loge] - R und [log y -logx] = [loge] - „logp —+ [log« - loga] Die Paranthese [ ] bezeichnet die Summe der aus allen einzelnen Beobachtungen sich ergebenden Logarithmen oder deren Producte. m ist aber die Anzahl dieser Beobachtungen. Aus den in der Tabelle mitgetheilten Werthen von & und y findet man [log&] = 55,126 logy] = 74,859 [log . logx] = 74,936 [logx .logy] = 96,945 aufserdem m — 43 Hieraus ergaben sich die beiden Unbekannten „logp — 1,4484 und — = 0,2286 also logp = 6,3365 und N — Haan Man erhält also die Gleichung der Curve, an welche die Beobach- tungen am besten sich anschliefsen y"—= 2170300. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 23 Indem es auf die genaue Angabe des Factors p in der vorliegen- den Untersuchung nicht ankommt, da das relative Gefälle, von dem ohne Zweifel p vorzugsweise abhängt, gar nicht gemessen ist, so beschränke ich mich darauf, im Folgenden nicht p, sondern nur den Werth von logp anzugeben. Nach vorstehender Formel berechnete ich nunmehr die Geschwin- digkeiten in den betreffenden Abständen vom Grunde. Diese Geschwin- digkeiten enthält die dritte, mit Y überschriebene Spalte der Tabelle. In der beikommenden Zeichnung ist die Curve, deren Ordinaten diese Y sind, durch die ausgezogene Linie bezeichnet. Man bemerkt, dafs dieselbe sich befriedigend an die vorliegenden Beobachtungen anschliefst. Aus den Dif- ferenzen zwischen y und Y ergiebt sich aber, dafs der wahrscheinliche Beobachtungsfehler, also derjenige, der ebenso oft überschritten, als nicht erreicht wird, gleich 0,775 Zoll ist, während der mittlere Werth der Ge- schwindigkeiten 56 Zoll beträgt. Hiernach ist der wahrscheinliche Fehler nur 1,4 Procent der gemessenen Geschwindigkeiten. Eine ähnliche Schärfe ist wohl bei Messungen dieser Art nie wieder erreicht worden. Auch in Betreff der Krümmung der Curve schliefst sich die ge- wählte Gleichung sehr befriedigend an die Beobachtungen an. Die Coor- dinaten desjenigen Punktes, der in der schärfsten Krümmung liegt, seien x und y, diejenigen des Mittelpunktes des Berührungskreises « und ß, so wie der Radius des letzteren —y. Alsdann ergeben die bekannten Aus- drücke für die Gleichung U Dr 1 pP? + n?y2r 2 n—2 n(n—ı)p. ze az — Bea (PH? y er wm n (P+ n2yan-2y% nn —1)p? De, yz= Setzt man dy—= 0, so ergiebt sich für den Punkt der schärfsten Krümmung die Geschwindigkeit y a en Y Eier 94 HAGEN: und hieraus läfst sich der zugehörige Abstand vom Grunde oder «x finden. Durch Einführung der Werthe n — 4,3147 und logp = 6,3365 erhält man Do y = 40,9 ed, — 3858 = 25,1 { y— In die beigefügte Zeichnung ist der Krümmungshalbmesser des klein- sten Berührungskreises eingetragen, und zwar trifft derselbe die Curve in dem Punkte ihrer schärfsten Krümmung. Es mag noch erwähnt werden, dafs die mittlere Geschwindigkeit Ze 7 ist, also für diese Lothlinie v — 54,86 Zoll, wobei die Tiefe aber wieder in der Einheit eines halben Fulses gemessen, daher £— 46 gesetzt werden mulste. Brünings, der das arithmetische Mittel aus allen gemessenen Ge- schwindigkeiten als die mittlere Geschwindigkeit ansah, fand v — 56,05 Zoll. Obwohl aus Vorstehendem ein durchaus befriedigender Anschluls der Beobachtungen an das angenommene Gesetz sich ergiebt, so darf doch nicht unerwähnt bleiben, dafs bei der ausgeführten Rechnung nicht die Bedingung zum Grunde gelegt ist, dafs die Summe der Fehlerquadrate der gemessenen Geschwindigkeiten, vielmehr diejenige der Logarithmen dieser Geschwindigkeiten ein Minimum wird. Die gröfsten und kleinsten Geschwindigkeiten dieser Reihe, sowie auch in allen übrigen, verhalten Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 25 sich indessen äufsersten Falls zu einander nur etwa wie 1 zu 2. Wenn daher auch nicht vermieden werden konnte, dafs die geringsten Geschwin- digkeiten vorzugsweise Geltung erhielten, so sind die hieraus entstehenden Fehler doch nicht von Bedeutung. Nichts desto weniger geben sich solche dennoch dadurch zu erkennen, dafs, wenn auch nicht in dieser Reihe, doch in mehreren andern der wahrscheinliche Fehler der Geschwindig- keiten bei Einführung eines bestimmten Werthes für n etwas geringer ist, als wenn man die Werthe von n und p nach der Methode der kleinsten Quadrate suchte. Im letzten Fall wurde aber die Summe der Fehler- quadrate von logy berücksichtigt, die der Summe der Fehlerquadrate von y nicht entspricht. Aus dem Folgenden wird sich ergeben, dafs die bedeutendsten der von Brünings mitgetheilten Beobachtungsreihen auf einen bestimmten, und zwar durch eine einfache Zahl bezeichneten Werth des Exponenten hindeuten, nämlich auf De —E5 In Betreff der vorliegenden Beobachtungsreihe bleibt also noch zu unter- suchen, in wie weit dieselbe sich diesem Exponent anschliefst. Unter Ein- führung der Werthe von x und y der einzelnen Beobachtungen ergiebt sich aus der Gleichung 5 5 Yy— Vp Ve der wahrscheinlichste Werth von p u, el [Vz .Vx] für die vorliegende Beobachtungsreihe also N __ 4462,5 \YP= 1a woraus man findet tlogp = 1,4868 und logp —= 7,4339 Berechnet man hiernach die Geschwindigkeiten oder die y für die verschiedenen Abstände vom Grunde x, so ergeben sich dieselben, wie sie Math. Cl. 1883. Abh.l. 4 26 Hısen:' in der mit F’ überschriebenen Spalte der vorstehenden Tabelle angegeben sind. Aus diesen findet man den wahrscheinlichen Beobachtungsfehler u’ — 0,94 Derselbe ist allerdings etwas gröfser als früher, doch bleibt er verglei- chungsweise gegen andre Beobachtungen dieser Art noch immer sehr ge- ringe und milst nur 1,80 Procent des Mittelwerthes der Geschwindigkeiten. Die durch diese F' gelegte Curve ist in derselben Figur durch die unter- brochene Linie angegeben. Auch in Bezug auf die Lage und Gröfse der stärksten Krümmung schliefst der Exponent 5 sich an die Beobachtungen genügend an. Man hat nämlich alsdann unter Beibehaltung der obigen Bezeichnungen PIE: U —aA —— 20.p y°? y-B—,, +2. 3 SER TREOE SON 3 120%922 y> Der Werth von y ergiebt sich aber aus der Gleichung ll ESS woraus auch das betreffende 2 = — gefunden wird. Indem logp = 7,4339 so erhält man BI—IMAND y— 42,1 GI a, 28,0 y — 28,0 Auch dieser Krümmungshalbmesser ist in gleicher Weise wie der erste und zwar durch die unterbrochene Linie in die Figur eingetragen. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 27 Der Ausdruck der mittleren Geschwindigkeit verwandelt sich, wenn n —= 5 ist, in 5 5 (Ei 3Yp . Vt also für die vorliegende Beobachtungsreihe ist e— 94.31 was mit dem früher gefundenen Werth sehr nahe übereinstimmt. Es mufs erwähnt werden, dafs genau in der hier bezeichneten Weise auch für die übrigen benutzten Beobachtungsreihen die Rechnun- gen durchgeführt sind, so weit sie sich auf die Unbekannten n, p und p', sowie auch auf die wahrscheinlichen Fehler » und w bezogen. 5. Feststellung des Exponenten ». Der für jene längste Beobachtungsreihe gefundene wahrscheinlichste Werth des Exponenten, nämlich 4,3747 erregt insofern Bedenken, als die Ausdrücke für andre Naturgesetze wohl immer nur Exponenten enthalten, die einfache ganze Zahlen oder einfache Brüche sind, dazu kommt noch, dafs die andern von Brünings beobachteten Reihen ganz verschiedene Exponenten ergeben, die meist gröfser als dieser sind, und sich sogar bis auf 27 stellen. Man bemerkt indessen eine auffallende Beziehung zwischen den Exponenten n und den Factoren p. Letztere werden näm- lich jedesmal sehr grofs, sobald die n hohe Werthe annehmen. Hieraus ergiebt sich schon, dafs ihre wahrscheinlichen Fehler sehr grofs sind. Eine wesentliche Änderung derselben gegen ihre wahrscheinlichsten Werthe ist daher im Allgemeinen keineswegs unstatthaft. Je gröfser der Exponent n ist, um so geringer wird die Zunahme der Geschwindigkeiten oberhalb des Punktes der schärfsten Krümmung. Sucht man daher den wahren Werth von n, so mufs man solche Beob- achtungsreihen zum Grunde legen, aus denen sich am auffallendsten er- giebt, ob die obern Theile der Geschwindigkeits-Curven steiler oder fla- cher ansteigen. Die vorliegende Frage läfst sich also am sichersten aus 4* 98 HAGEN: aus den in besonders tiefem Wasser gemessenen Geschwindigkeiten her- leiten. Hiernach benutzte ich bei dieser Untersuchung nur diejenigen Beob- achtungsreihen, die sich auf Wassertiefen von mindestens 18 Fufs bezogen. Es waren 14 solche gegeben und zwar nur in den Messungen des Jahres 1792. Von diesen längern Lothlinien liegen 3 ım Profil A 1 aa „1.1 Aa, re und 6, Zr Nachstehend sind die betreffenden Beobachtungen wieder vollstän- dig und zwar unter Beibehaltung der obigen Bezeichnungen mitgetheilt. x sind die Abstände vom Grunde, gemessen in der Einheit eines halben Fulses, y die beobachteten Geschwindigkeiten in Zollen, Y die unter Zu- grundelegung der wahrscheinlichsten Werthe von n und p berechneten Geschwindigkeiten, und » die wahrscheinlichen Fehler derselben. Wird dagegen n = 5 gesetzt, so ergiebt die Rechnung die mit p’ bezeichneten wahrscheinlichsten Werthe von p und hieraus wieder die Geschwindig- keiten F’ mit ihren wahrscheinlichen Fehlern w'. Profil A (1792). Lothlinie 6. Tiefe 19 Fufs. x Y 3% yı ® Yy I ayı I 27,5. | 52,7. | 56,0.| 57,0 36,5 60,5 58,4 60,3 6, 92,7 99,7 56,6 o Ki or {er} - - a I u Le} 1 We} = -1 Dvvv vw or © 31,5 55,5 57,1 58,6 21,5 52,7 54,0 54,3 30,5 59,3 56,8 58,2 20,5 52,0 53,6 53,8 29,5 56,8 56,6 57,8 1955 52,7 53,2 53,2 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 29 w Y % 2A ®& Y NE 2% | 17,5.| 554 | 52,4 | 52,1 9,5 | 484 | 479 | 46,1 16,5 | 5%7 | 519 | 51,5 85 | 4465 | AG | 451 155 | 51,5 | 51,5 | 50,8 751 46,92 46.3..1.2440 14,5 | 484 | 51,0 | 50,2 || 135 | 52,0 | 50,4 | 49,5 5.5 | 43,6 | 442 | 41,3 12,5 | 193 | 49,9 | 48,7 4,5 | 43,6 | 29,9 | 39,7 11:5 | 469 | 49,3 | 49 5.) das | AA ı ae 10,5 | 46,9 | 48,6 | 47,0 nr log p' = 7,541 logp —= 10,467 w — 1,68 Ya 30 Protil 441792), Lothliniesa* Tiefe 19 Puls: X Yy 3 37 © Yy 3% Y2. I 37,5 |, 568 | 19,5 56,8 BE 30.00 1.60.53 61,8 64,7 18,5 | 59,3 96,7 56,5 35,5 60,5 61,6 64,4 17,5 | 59,3 56,3 | 55,9 34,5 61,7 61,4 64,0 16,5 54,1 95,8 55,2 33.5 62,9 | 61,1 63,6 15,5 96,1 54 | 94,0 32,5 | 61,7 | 60,9 63,3 14,5 | 54,1 | 54,9 53,8 31,5 59,9 60,7 62,9 13,5 54,1 34,4 53,1 30,5 60,5 60,4 62,5 12,5 51,5 53,9 52,3 29,5 61,1 60,2 62,0 11,5 51,5 53,9 51,4 985 595 59,9 61,6 10,5 52,7 | 52,7 50,5 27,5 | 60,5 | 596 | 61,2 9,5 | 52,7 | 52,0 | 49,5 26,5 60,5 59,3 60,7 5,5 52,7 51,3 48,4 25,5 55,5 59,0 60,3 7,5 | 852,7 50,5 47,2 24,5 57,4 58,7 59,8 6,5 51,5 49,6 45,8 23,5 57,4 58,4 59,3 5,0 49,3 48,5 44,3 22,5 57,4 58,1 58,8 4,5 | 45,8 47,5 42,6 21,5 57,4 57.8 58,2 39 | 46,1 45,8 40,5 205 | 508 | Ha | 5 2,5 | 41,9 | 43,8 | 37,9 a log p' = 7,493 logp = 12,424 w — 2,00 “==. 1,03 30 Profil A (1792). HAGEN: Lothlinie 8. Tiefe 20 Fufs. ® Y 7 Y' ® Y 2 39,5 | 46,9 20,5 52,7 49,4 38,5 51,5 54,0 56,2 19,5 51,5 49,0 37,5 51,5 53,8 | 55,9 18,5 50,0 48,7 36,5 50,0 53,6 55,6 27,5 50,0 | 48,3 35,5 51,5 53,4 55,3 16,5 48,4 47,9 34,5 52,0 53,2 54,9 15,5 48,4 47,5 33,5 54,1 53,0 54,6 14,5 50,0 | 47,0 32,5 52,7 52,7 54,3 13,5 | 48,4 | 46,5 31,5 55,5 52,5 54,0 12,5 46,9 | 46,0 30,5 54,1 5252 53,6 11,5 45,3 45,5 29,5 54,1 52,0 53,3 10,5 45,3 | 44,9 28,5 52,7 51,8 52,9 9,5 41,9 | 44,3 27,5 52,7 51,5 52,5 8,5) | 48,6 43,6 26,5 52,0 51,2 52,1 1,5 42,8 42,8 95,5 51,5 50,9 51,7 6,5 42,8 42,0 94,5 50,6 50,6 51,3 5,5 38,3 | 41,0 23,5 49,3 50,3 50,9 4,5 36,3 39,8 2955|; 48440 550;0 50,4 =) 36,3 38,4 21,5 52,7 | 49,7 50,0 2 34,2 36,6 | n = 7,048 lo — ls logp — 10,624 w — 1,55 BI Rs Profil 8 (1792). Lothlinie 6. Tiefe 21 Fulfs. 41,5 | 41,9 40,5 | 45,3 39,5 | 46,1 38,5 | 45,3 37,5 | 43,6 36,5 | 41,9 35,5 | 43,6 34,5 | 43,6 Yy Y 42,0 41,8 41,5 41,3 41,0 40,7 40,4 40,1 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. & Y 24 25,5 ı 41,9 | 39,8 24,5 | 41,0 | 39,5 23,5 | 38,3 | 39,2 22,5 | 410 | 389 21,5 | 39,2 | 38,5 20,5 | 36,3 | 38,2 19550 38385 378 18,5 | 36,3 | 37,4 17,5 | 36,3 | 37,0 16,5 | 35,3 | 36,6 1555 | 36,3 | 36,1 14,5 | 35,3 | 35,6 N = logp W — Profil Z (1792). Lothlinie 11. Tiefe 19 ya E35 Y 40,0 13,5 | 35,3 39,7 12,5 | 353 39,4 11,5. | 34,2 39,0 10,5 | 35,3 38,7 9,5 | 32,0 38,3 85 | 30,9 37,9 7.5.51 33.1 37,5 6,5 | 32,0 37,1 Da az 36,7 4,5 | 29,6 36,2 353. ZEN 35,7 9.001 log p' = 6,604 6,740 w' — 1,05 1,08 2 | Yy 4 Y. 6% | Yy 37,5 59,9 19,5 3359 36,5 61,7 61,3 61,2 18,5 54,8 35,5 62,9 61,0 60,9 17,5 53,4 34,5 62,3 60,7 60,6 16,5 | 53,4 33,5 59,9 60,3 60,2 15,5 | 52,0 32,5 59,9 59,9 59,8 14,5 50,6 31,5 58,0 59,6 59,5 13,5 49,5 30,5 58,0 59,2 59,1 12,5 46,9 29,5 58,0 58,8 58,7 11,5 45,3 28,5 57,4 58,4 58,3 10,5 45,3 27,5 57,4 57,9 57,9 95 45,3 26,5 er 57,5 57,4 5,9 45,3 25,5 58,7 571 57,0 75 45,3 34,5 56,8 56,6 56,6 6,5 43,6 23,5 56,8 56,1 56,1 543 41,9 PR) 56,1 55,6 55,6 4,5 39,2 975 55,5 55, 55,1 338 39,2 20,5 55,5 54,6 54,6 259 a l n — 4,943 logp — (8 logp = 7,275 w = 0,85 | Y 35,2 34,6 34,1 33,5 32,8 32,1 31,3 30,5 29,5 28,3 27,0 Fufs. sl HAGEN: Profil E (1792). Lothlinie 12. Tiefe 20,5 Fufs. x y 6 y' ® y Y y' 40,5 59,3 20,5 56,8 579 56,9 39,5 63,6 65,6 | ‚64,8 19,5 94,5 96,6 56,3 38,5 63,6 | 65,2 64,5 18,5 | 96,1 56,0 | 55,7 37,5 62,3 64,9 64,2 17,5 54,1 55,4 55,1 36,5 61,1 64,5 63,8 16,5 95,9 94,7 54,5 35,5 61,7 64,1 63,4 15,9 94,1 94,0 53,8 34,5 61,7 63,8 63,1 14,9 52,7 93,2 53,1 33,5 63,6 63,4 62,7 13,5 50,6 52,4 52,3 32,5 63,6 63,0 62,3 12,5 51,5 51,6 51,5 31,5 63,6 62,6 62,0 11,5 51,5 50,7 50,6 30,5 62,9 62,1 61,6 10,5 49,3 49,8 49,7 29,5 61,1 61,7 61,2 9,5 50,0 48,6 | 48,7 28,5 58,7 61,3 60,7 3,9 49,5 47,6 47,7 27,5 59,9 60,8 60,3 1,5 45,4 46,4 | 46,5 26,5 60,5 60,4 | 59,9 6,5 47,5 45,0 45,2 35,5 60,5 59,9 | 59,4 9,9 44,5 43,5 43,7 24,5 59,9 59,4 58,9 4,5 41,0 41,7 42,0 93,5 59,9 | 58,9 58,4 3,9 37,8 39,6 39,9 22,5 | 59,3 | 58,3 | 57,9 2,5 | 36,3 | 36,9 | 37,3 21,5 59,3 57,8 57,4 n = 4,796 logp' = 7,462 logp = 7,116 a — 0,94 u — 1,02 Profil E (1792). Lothlinie 13. Tiefe 20,5 Fufs. 7 Y IE 27 ® Y 3% 2a 40,5 58,7 33,5 70,0 68,1 69,7 39,5 70,6 69,9 72,0 32,9 69,5 67,8 69,5 38,5 Tas, | 68:6. mar 31,5 69,0 67,5 68,8 37,5 69,5 69,4 71,3 30,5 68,5 67,1 |: 684 36,5 68,5 69,1 70,9 29,5 68,5 66,8 67,9 35,5 67,4 68,8 70,5 28,5 68,5 66,4 67,5 34,5 69,5 68,4 70,1 27,5 67,9 66,0 | 67,0 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 33 x Y 4 we x Y y r I 265 | 679 | 65,7 | 665 135 | 599 | 59,0 | 581 25,5 | 668 | 65,3 | 66,0 12,5 | 555 | 583 | 572 24,5 | 652 | 649 | 65,5 1135, | Salz || vozi6 || (56 23,5 | 64,6 | 64,4 | 64,9 10,5 | 55,5 | 56,8 | 55,3 22,5 | 64,6 | 640 | 64,3 9,5 | 55,5 | 55,9 | 542 21,5 | 61,7 | 63,5 | 63,8 8,5 | 541 | 54,9 | 53,0 205 | 61,7 | 63,0 | 63,2 75. | | Kae | 19,5 | 599 | 62,5 | 63,5 65 | 515 | 523,6 | 502 18,5 59590. 10262,0 61,9 5,9 51,5 51,2 48,6 175: | 61,1 Ka6ıs =|- 61,2 45 | 523,7 | 496 | 46,6 16,5 | 593 | 60,9 | 60, 3,5 | 50,0. | 47,7 | 44,4 15,5 | 59,3 | 60,3 | 59,7 2,5 | 46,9 | 452 | 415 14,5 DOSE 09,10 20859 N 6 log p' = 7,691 logp = 10,093 ae ll.2il le Profil E (1792). Lothlinie 14. Tiefe 23 Fuls, ist bereits im 4ten Abschnitt mitgetheilt, dabei ergab sich n = 4,375 log p' = 7,434 log p = 6,336 w' — 0,94 w — 0,78 Profil F (1792). Lothlinie 1. Tiefe 18 Fufs. % Yy 37 374 z Y 2 a 35,5 | 41,9 265 | 298 | 13,9 | 45,8 34,5 | 41,9 25,55 | 43,6 | 43,7 | 45,5 33,5 | 498 24,5 | 43,6 | 43,6 | 45,1 32,5 | 445 | 448 | 477 23,0 | 286 | 2 | Art 31,5 | 43,6 | 44,7 | 474 22,5 | 44,5 | 43,2 | 44,3 30,5 | 43,8 | 44,5 | 471 21,5 | 438 | 43,0 | 43,9 29,5 | 43,6 44,4 46,8 20,5 43,6 42,8 43,5 28,5 | 43,8 | 442 | 46,5 a A 27,5 | 43,6 | 44,1 | 46,2 18,5 | 41,9 | 42,3 | 42,6 Math. Cl. 1883. Abh. 1. 5 34 & Y Y y m Y 16 a | 42,2 9,5 | 40,1 16,5 | eidıo | Aue | AUT 85) Aa 156... 419. |. Ass] 412 7.5 | 3858 14,5 | 41,9 | 41,3 | 40,6 6,5 | 36,3 13:5 | a2 | 40 | 40,0 5,5 | 86,8 125 | duo | Bon | 394 4,5 | 36,3 11,5 | 41,0 | 40,3 | 38.8 35 | 8558 10,5 | 41,0 | 39,9 | 38,1 2,5 | 34,2 BI IM logp' = 6,881 logp = 14,652 w — 1,87 or — MO Profil F (1792). Lothlinie 2. ® Yy Ya 2 En Y 37,5 | 54,1 19,5,.\4.50,0 36,5 58,0 56,2 5 18,5 91,5 35,5 56,1 55,9 56,8 17,5 50,6 34,5 56,8 55,6 56,5 16,5 90,0 33» 54,1 55,3 56,1 15,5 | 48,4 32,5 54,8 55,0 55,8 14,5 | 49,3 31,5 53,4 54,7 55,4 13,5 46,9 30,5 53,4 54,4 Ho 12,5 45,3 29,5 53,4 54,1 54,7 11,5 45,5 28,5 | 54,1 53,8 54,3 10,5 42,5 27,5 52,7 53,4 53,9 9,5 | 43,6 26,5 15207 53,1 53,5 8,5 | 41,9 25,5 54,1 52,7 53,1 7,5 | 41,9 24,5 52,7 52,4 52,7 6,5 39,2 23,5 52,7 52,0 | 523 5,9 | 98,8 9235. 5%0 56 | A158 4,5 38,9 31,5 51,5 51,2 51,4 3,9 38,3 20,5 | 537 | 507 | 509 2,5 | 36,3 u — 5,651 log p' — 7,22 logp = 8,325 DL — 03 w — 0,80 HAGEN: Tiefe 19 Fufs. y' 37,3 36,5 35,6 34,6 33,4 32,1 30,6 28,6 Y' 50,4 49,8 49,3 48,7 48,1 47,5 46,8 46,1 45,3 44,5 43,6 49,7 41,6 40,4 39,1 37,6 35,7 33,4 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil F (1792). Lothlinie 3. Tiefe 20,5 Fulfs. x Yy Ya Y 2 Y 7, y' 40,5 58,0 20,5 52,7 53,8 53,7 39,5 62,3 63,0 61,3 19,5 54,1 53,1 53,2 38,5 64,0 | 67 61,0 18,5 | 54,1 Sa md 3.5 | 605 | 63 60,6 17.5. | 520.1 57 | 59 36,5 | 61,1 61,9 60,3 16,5: | 59,7. |: 50 | Hi 35,5 | 61,1 61,4 | 60,0 15,5 | 57 50,2 50,8 34,5 | 60,5 | 61,0 | 59,6 14,5 | bu5 | 494 | 50.1 33,5 | 60,5 | 60,6 | 59,3 13,5 | 50,0 | 48,6 | 49,4 32,5 | 593 | 60,1 58,9 1 oa Asın 31,5 | 58,7 | 59,7 [7 58,6 11,5 | 46,9 | 46,7 | 47,9 30,5 | 58,7 59,92 «158,2 20,59 1..50;50,5| 45,7 | A7,0 Dans) zadza: ||, 35857 | Soras 9,5 | 48,4 | 44,6 | 46,1 28,9 97,4 58,2 57,4 8,9 47,8 43,5 45,1 27,5 55,5 57,7 57,0 1,5 43,6 42,1 43,9 36,5. .| 295,5 57,2 56,6 6,5 38,3 | 40,7 42,7 25,5 | 548 | 56,7 56,2 5,5 39,2 3%1 1 AL,3 24,5 | 54,8 56,2 55,7 4,5 37.3 | 372 39,7 23,5 54,1 55,6 5542 359 32,0 35,0 37,7 395 | 54 33.0 | 547 25. 2a ea 353 21,5 | 52,7 | 544 | 54,2 m Aa log p' = 7,340 logp = 5,822 w — 1,39 as — 1630 Profil F (1792). Lothlinie 4. Tiefe 20 Fufs. @ Y N 4 ® y Y y' 39,5 | 53,0 31,5 59,3 60,4 60,2 38,5 60,5 63,0 62,6 30,5 59,9 60,0 59,8 37,5 | 60,5 62,7 62,3 29,5 59,3 59,6 59,4 36,5 59,3 62,4 61,9 23,5 59,3 59,2 59,0 35,5 59,9 62,0 | 61,6 27,5 | 59,3 | 58,8°| 58,6 34,5 | 59,9 | 61,6 | 61,3 269 a 585 581 33,5 61,1 61,2 60,9 25,5 58,0 57,8 57,7 32,5 60,5 | 60,8 | 60,6 24,5 | 57,4 | 57,3 57,2 5* 35 HAGEN: © Yy 37 Id © Yy Y iv" 23,5 | 56,1 | 56,8 | 56,8 12,5 | 51,5 | 49,8 | 50,0 22,5 | 56,1 | 56,3 | 56,3 11,5 | 50,6 | 40,0 | 492 21,5 | 56,8 | 55,8 | 55,8 10,5 | 50,0 | 48,1 | 48,3 20,5 | 58,7 | 55,3 | 55,3 95.) 50:01. Aral A735 19,5 | 555 | 547 | 54,7 85 | 484 | 46,0 | 46,3 18,5 | 541 | 541 | 541 5 | 484 | 44,8 | 452 175 | 54,8 | 53,5 | 53,5 65 | 23,6 | 485 | 43,9 16,5 | 534 | 52,8 | 52,9 5,5 | 21,9 | 42,0 | 49,4 15.5 | 51,5 | 51 | 522 45 | 36,3 | A0ls | 408 14,5 | 51,5 | 514 | 515 ale 2 | Sue 13,5 | 50,6 | 50,6 | 50,8 2,5 | 342 | 35,6 | 36,3 n — 4,801 log p' = 7,399 logp = 7,054 ie — 1 1,16 Profil F (1792). Lothlinie 5. Tiefe 18 Fufs. & Yy Y 34 & Y Y Y 35,5 | 58,0 185 | 53,4 || 581 55,2 34,5 59,9 60,6 62,5 17,5 99,9 54,6 54,6 33,5 60,5 | 60,3 62,2 16,5 | 56,8 | 54,1 | 54,0 33,5 | 599 60,0 61,8 15,5 99,9 93,6 53,3 315 | 599 | 597 | 614 14,5 | 52,0 | 53,1 52,6 30,5 | 61,1 59,4 | 61,0 13,5 | 54,1 52,5 | 51,8 29,5 60,5 59,1 60,6 12,5 52,0 51,9 51,0 28,5 60,5 58,8 60,2 11,5 50,0 51,2 50,2 27,5 60,5 58,5 59,8 10,5 50,6 50,5 | 49,3 96,5 | 598 58,2 59,3 9,9 49,3 49,7 48,3 35,5 | 58,7 57,8 58,9 8,9 47,8 48,9 47,2 24,5 54,1 57,5 58,4 15 | 48,4 | 48,0 | 46,1 23,5 54,8 57,1 57,9 6,5 46,9 46,9 44,8 22,5 55,5 56,7 57,4 5,5 | 45,9 45,7 43,3 21,5 55,5 56,3 56,9 4,5 43,6 44,4 41,6 20,5 54,8 55,9 56,3 3,5 | 43,6 | 42,7 39,6 19,5 55,5 55,5 55,8 2,5 41,0 | 40,6 37,0 N, 16,909 log, p' = 7,443 logp = 10,151 w — 1,35 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 37 Profil F (1792). Lothlinie 6. Tiefe 18 Fufs. a m, 20 un x y Y v 35,5 ı 52,0 19,5 | 52,0 | 49,7 | 50,1 34,5 56,8 55,5 56,2 18,5 50,6 49,2 49,6 33,5 54,8 5353 55,9 17,5 50,0 | 48,7 | 49,1 32,5 55,5 54,9 55,5 16,5 48,4 | 48,1 48,5 31,5 54,8 | 54,6 55,2 15,5 | 46,9 | 47,5 | 47,9 30,5 54,1 54,2 54,8 14,5 46,9 46,9 47,3 29,5: | 52:0 | 53,9 | 54,5 15,5 | 45,3 | 46,3 | 46,6 9855 54,1 53,5 54,1 12,5 44,5 45,6 45,9 27,5 52,7 53,2 53,7 11,5 45,35 | 44,9 | 45,1 26,5 53,7 52,8 53,3 10,5 45,3 44,1 44,3 255 | 541 52,4 52,9 9,5 45,5 43,2 | 43,4 24,5 51,5 52,0 | 52,5 8,5 44,5 | 42,3 | 42,5 23,5 52,7 51,6 52,1 7,5 41,9 41,3 41,4 22,5 51,5 51,1 51,6 6,5 | 39,2 40,1 40,2 91.5 50,0 50,7 51,1 5,5 39,2 38,8 38,9 20,5 ABA NTEOOINE0,G 4,5 36,3 37,4 37,4 n = 5,136 loep — 7.211 logp = 7,424 EN — NS a.) Zur leichteren Übersicht und bequemeren Vergleichung der gefun- denen Resultate sind dieselben nachstehend zusammengestellt. Profil | Loth- | Tiefen | h i (1792) | linie DEE SER A N) 6,811 | 10,467 | 1,36 | 7,341 | 1,68 A zo 7,791 | 12,424 | 1,03 | 7,493 | 2,00 A 8 20 7,048 | 10,624 | 1,34 | 7,161 | 1,55 B 6 2 5,091 6,740 1,08 6,604 1,05 E 11 19 4,943 | 7,275 | 0,85 | 7,373 | 0,83 E 12 20,5 | 4,796 | z116 | 1,02 | 7,462 | 0,94 E 13 20,5 | 6,337 | 10,093 | 1,18 | 691 | 1,47 E 14 23 4,375 | 6,336 | 0,78 | 7,434 | 0,94 F 1 18 9,787 | 14,652 | 0,61 | 6,881 | 1,87 F 2 19 5,651 | 8,325 | 0,80 | 7,220 | 0,84 F 3 20,5 4,123 5,822 1,30 7,340 1,39 F 4 20 4,801 | 7,054 | 1,16 | 7,399 | 1,12 F 5 Te nse | 10,151 10.017 1777443 | 1,35 F 6 18 5,136 | 7,424 | 0,79 | zaıı | 0,78 38 HA6Es: Die Exponenten n schwanken zwischen 4,12 und 9,79, sind also sehr verschieden. Ihr mittlerer Werth stellt sich auf 5,95. Am gröfsten wird derselbe in der ersten Lothlinie des Profils F, doch ist diese Beob- achtungsreihe schon in andrer Beziehung sehr zweifelhaft. Die spätere Mittheilung der ähnlichen Resultate für die sämmtlichen Lothlinien ein- zelner Profile zeigt nämlich, dafs oft in der ersten und letzten Lothlinie die Geschwindigkeiten in gleichem Abstande vom Grunde etwas geringer sind, als in den dazwischen stehenden, woraus folgt, dafs die Ufer ebenso wie die Sohle eine gewisse Verzögerung veranlassen. Dieses geschieht auch in der bezeichneten Lothlinie, und zwar ist der Unterschied der Geschwin- digkeit bei gleichen Werthen von = gegen die nächste und die folgenden Lothlinien in diesem Profil übermälsig grofs. Während er in der Nähe des Grundes etwa 3 Zoll beträgt, wächst er mit der Höhe und steigert sich bis nahe 15 Zoll. Es mufs also an dem daneben befindlichen Ufer oder vielleicht auch in der Sohle, die sich an dieser Stelle plötzlich hob oder senkte, besondere Veranlassung zur Verzögerung, namentlich der obern Wasserschichten gewesen sein. Gemessen wurde nur die Geschwin- digkeit in der Richtung normal gegen die Profilfläche, und sonach veran- lafsten die innern seitwärts oder auf- und abwärts gerichteten Bewegun- gen keinen Fehler bei Bestimmung der abgeführten Wassermenge, wohl aber entstellen sie die Geschwindigkeits- Curve, und da die gegenwärtige Untersuchung sich nur auf möglichst geregelte Stromstreeken bezieht, so dürfen Messungen neben einem unregelmäfsigen Ufer, welches so auffallende Abweichungen veranlafst, derselben nicht zum Grunde gelegt werden. Fällt diese Beobachtung aus, so stellt sich der mittlere Werth des Exponenten auf 5,65 und es entsteht die Frage, ob man 5 oder 6 wäh- len soll. Indem es bei den vorliegenden Messungen nicht darauf ankam, ob Unregelmäfsigkeiten in den Ufern oder der Sohle vorhanden waren, und ob hierdurch die innern Bewegungen verstärkt wurden, so blieben wohl andre Rücksichten bei der Wahl der Profile entscheidend, und sonach ist zu erwarten, dals auch andre Beobachtungsreihen und zwar jedesmal die- jenigen, welche die gröfsern Werthe für n ergeben, schon bedenklich sind. Hiernach erscheint es passend n —=5 zu setzen, wodurch auch die aus- gedehnteste und sehr regelmäfsig fortschreitende Reihe E 14, die einen noch kleineren Exponent ergiebt, möglichst berücksichtigt wird. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 39 Endlich findet diese Annahme auch noch in andrer Weise ihre volle Bestätigung. Es ergiebt sich nämlich aus Vorstehendem, dafs der Exponent n» die Form der Curve, also die Lage des Punktes der stärk- sten Krümmung und die Neigungen der beiden anschliefsenden Theile be- dinst, aber von dem relativen Gefälle des Stroms an dieser Stelle ganz unabhängig ist. Letzteres hat dagegen den wesentlichsten und wahrschein- lich alleinigen Einfluls auf den Factor p. Darf man daher voraussetzen, dafs in allen Lothlinien eines Queerprofils das Gefälle dasselbe ist, so mülste auch p denselben Werth annehmen. Nach vorstehender Zusammen- stellung treffen in die Profile A, E und F schon 3, 4 und 6 Lothlinien, und man bemerkt, wie für diese in jedem Profil die Werthe von logp’ sich einander nähern, sobald man n —=5 setzt. Viel auffallender wird sich dieses noch darstellen, wenn man im Folgenden die Resultate der Rechnung für alle Lothlinien eines Profils mit einander vergleicht. Ich muls aber hinzufügen, dafs ich mehrfach versuchte, unter der Voraus- setzung, dals n = 6, die Factoren p’ zu berechnen, dals diese aber weni- ser mit einander übereinstimmten, als die für n—5 gefundenen. Jeden- falls schliefsen an die letzte Voraussetzung die vorliegenden Beobachtungen sich so genau an, dafs man mit Rücksicht auf die in vielfacher Beziehung möglichen Störungen nur die volle Bestätigung derselben finden kann. Indem dieses Gesetz der Geschwindigkeits-Curve aus denjenigen Reihen hergeleitet ist, welche die ausgedehntesten waren, oder sich auf die grölsten Wassertiefen bezogen, so beruht es zugleich auf solchen, welche die gröfsten hier gemessenen Geschwindigkeiten umfassen. Da in diesen Messungen die Geschwindigkeiten innerhalb sehr beschränkter Grenzen liegen, so erscheint es nothwendig, das Gesetz noch an den- jenigen zu prüfen, in welchen der Factor p den geringsten Werth an- nımmt. Dieses erkennt man daran, dafs ın bestimmten Abständen vom Grunde oder bei gewissen & die Geschwindigkeiten y sich als besonders klein herausstellen. Hiernach wählte ich zu diesem Zweck diejenigen Beobachtungs- reihen, in welchen bei & = 10,5 die y kleiner als 36 Zoll, zugleich aber die Wassertiefen mindestens 8 Fufs waren. Die Einführung der letzten Bedingung ergab sich als nothwendig, weil bei geringeren Tiefen kein Gesetz sicher zu erkennen war. Hiernach blieben nur fünf Reihen übrig, 40 HAGEN: die sämmtlich bei mittlerem Wasserstande, also im Jahr 1790, gemessen waren. Es sind folgende: Profil B, Lothlinie 5, Tiefe 13 Fuls. Bei x = 10,5 ist y — 35,3 N; # 6 ER 5 5 n».y = 29.6 er a il re lea M = ni 28,4 ED. = 2 naar 8,8, H F 2, 4 = 34,2 ” F ” 6 ” I D) ” ” Su 30,8 Indem jede dieser Reihen in gleicher Weise, wie vorstehend, be- handelt wird, so erhält man Profil B (1790). Lothlinie 5. Tiefe 13 Fufs. © y I y © y Y Y} 24,5 41,9 39,4 41,6 12,5 35;3 36,5 36,4 23,5 39,2 39,2 41,3 11,5 353 36,1 35,8 22,5 39,2 39,0 40,9 10,5 35,3 35,8 35,1 21,5 37,8 38,8 40,6 9,5 33,3 35,4 34,4 20,5 37,3 38,6 40,2 8,5 34,2 34,9 33,7 19,5 38,3 38,4 39,8 755 35,3 34,4 32,9 18,5 38,3 38,1 39,3 6,5 35,3 33,9 31,9 17,5 37,3 37,9 38,9 5:57 | «3908 33,2 | 30,8 16,5 37,3 37,6 38,5 4,5 32,0 32,5 29,6 15,5 37,3 37,4 38,0 3,5 33,1 31,6 28,2 14,5 36,3 37,1 37,5 2,5 30,9 30,4 26,3 13,5 35,3 36,8 37,0 1,5 30,9 28,7 23,8 a 8,823 los p' == 6,709 logp —= 12,685 A ie) DE Ele Profil B (1790). Lothlinie 6. Tiefe 10 Fufs. if [3 32. om rl gte | | | 18,5 | 35,3 | 33,2 34,1 15,5 | 33,1 | 32,3 .| 32,9 17,5 | 34,2 | 32,9 | 33,7 14,5 | 32,0 | 32,0 ı 32,5 16,5 | 34,2 | 32,6 | 33,3 18,5% 209 | 31,6 | 39,0 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 41 € Yy Y %: ® Yy 7 M 12,5 | 296 | 312 | 315 6 | 2 | 21 | 26 11,5 | 29,6 | 30,8 | 310 5,5 ı 271 | 27,4 | 26,7 10,5 | 29,6 | 30,4 | 30,4 5 | aa aa a7 95 | 29,6 | 299 | 29,8 35 || 95 | 2 35 | 28,9 | 294 | 29,2 25 | 27 | 22 | 29,8 7,5 | 271 Dias =t \98,4 n = 6,272 logp' = 6,394 logp — 8,275 w — 0,84 ar — EN) Proml D. (1790). Lothlinie 1. "Tiefer Ruls. X Y 2 ya X Y 3% ya 20,5 | 32,0 | 31,6 | 32,5 10,5 | 28,9 | 28,5 | 28,4 19,5 | 30,9 | 31,4 | 32,2 95 | 28,9 | 28,1 | 27,9 ee a a SR Nr EI RA re 73 20a 30.9 4.1 131,5 TS r2Q), | 20 ae Ten 1,309 | 30.6 | 3%1 65 | 271 | 26,5 | 25,8 EB WE RE a a 14,5 | 29,6 | 30,0 | 30,3 4,5 | 242 | 25,0 | 24,0 13,5 | 29,6 | 297 | 29,9 35 | 242 | 24,0 | 23,8 12,5 | 28,9 | 29,3 | 29,4 2,5 | 22,6 | 223,8 | 21,3 5 | 28.9..| 98,9 | 28,9 n — 6,442 log p' = 6,247 logp = 8,354 Wr =0.62 wo — 0,46 Profil D’ (1790). Lothlinie 2. Tiefe 8,5 Kuls. j | ® Yy | Da Br | Yy a ER 3% | ya Fu aa FI a a a 15,5 | 35,3 | 35,97 | 37,4 11,5 | 34,2 | 34,5 | 35,3 14,5 | 35,3 | 35,6 | 36,9 10,5 | 34,2 | 34,0 | 34,6 13,5 | 36,3 | 35,2 | 36,4 9,5 | 34,2 | 33,6 | 33,9 12,5 | 35,3° | 34,9 | 35,9 sea 7 33,1 | 33,2 Math. (1.1883. Abh. I. 6 42 HAGEN: © Yy Y | u a Y ”" 15 | a3 | 325 | 394 3,5 | 28,9 | 29,8 | 27,8 65 | 32,0 | 31,9 | 31,5 2,5 | azı | 28,0 | 26,0 55 | 309 | 31,2 | 30,4 1,5 | 27,1 | 2361 | 235 45 | 29,6 | 30,6 | 29,2 0 37,1 | n—. 1,821 logp' = 6,676 log p = 10,202 o' — 0,91 w—= 0,44 Die letzte Beobachtung in dieser Reihe ist deshalb in der Rech- nung nicht berücksichtigt, weil nach der angegebenen Tiefe der untere Rand der Scheibe den Grund so eben berührte. Profil F (1790). Lothlinie 6. Tiefe 9 Fufs. 2 Yy B7 Di a Yy 3% 3 —aBE TE ae IT ERE ic | ae | sa | 3%0 35 | 2962| 298 15 | 351 | 8 8856 5 | 296 | 291 | 2391 1a | 331 |.,2289 | 33.2 RR 5 | 2 | | 5 | | 25 | 2 12,5 | 32,0 | 32,0 | 32,2 a5 | 7 | 25 | 268 5 | 808 | 365 | az un | 20 | 202 San 105: 1909 | 5 2,5 | 12 | 241 | 23,3 9,5 | 30,9 | 30,4 | 30,5 n = 5,428 log, p' = 6,442 logp = 7,075 u — 0,36 u 0587 Zusammenstellung der Resultate. Profile | Loth- | Tiefen | | 3 | i (1790) | linie | rl T a I f f I B.\ 5.13 | 8,393) 12,685..0,23 6.2090 20823 B 6 10 |, 6,272 | 8,275 | 0,80: | 6,394 | 0,84 D 1 11 6,442 | 8,354 | 0,46 | 6,247 | 0,62 D 2 8,5 |. 7,327 | 10,202 | 0,44 | 6,676 0,91 F 6 9 5,428 | 7,075 | 0,37 | 6,442 | 0,36 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 43 Man ersieht, dafs zwar in jeder von diesen Reihen der Exponent n einen Werth annimmt, der gröfser als 5 ist, dafs aber bei Einführung des- selben die je zwei Reihen, sowohl in Profil B wie D, für logp’ Werthe ergeben, die einander viel näher stehn, als diejenigen von logp. Dazu kommt noch, dafs die Beobachtungsfehler w nur mäfsig bleiben, also der Voraussetzung n — 5 nicht widersprechen. 6. Geschwindigkeits-Messungen im ungetheilten Rhein zur Zeit des Hochwassers. Profil £ (1792). Unter den vierzehn Profilen, in welchen die hindurchfliefsenden Wassermengen gemessen wurden, befinden sich fünf, deren Lothlinien auffallend verschiedene Tiefen haben. Dieses sind A (1790), B (1790), b (1792), E (1792) und F (1792). Dieselben bieten Gelegenheit zu unter- suchen, welchen Einflufs die Tiefe auf die Geschwindigkeit der über ein- ander liegenden Wasserschichten hat. Dabei mufs man aber die Voraus- setzung machen, dafs während der Messung in sämmtlichen Lothlinien jedes Profils das relative Gefälle des Stroms an dieser Stelle, welches man nicht kennt, sich nicht ändert. Diese Voraussetzung gilt aber nicht mehr in voller Strenge, sobald in dieser Zeit der Wasserstand nicht der- selbe blieb. Bei Mittheilung der Messungen im Profil # (1792) wird aus- drücklich erwähnt, dafs der Wasserstand während derselben sich nicht geändert habe, für die übrigen Profile sind dagegen solche Änderungen nachgewiesen oder es fehlen darüber die Mittheilungen. Indem nun das erwähnte Profil überdiefs unter allen das ausgedehnteste ist und die sicher- sten Resultate daraus zu ziehn sind, so erscheint es angemessen, dasselbe zuerst zu untersuchen. Die Beobachtungen selbst, sowie die daraus zunächst gezogenen Resultate sind in gleicher Weise unter denselben Bezeichnungen, wie die im vorigen Abschnitt mitgetheilten, nachstehend angegeben. 44 Profil E (1792). Lothlinie 1. Tiefe 13 Fufs. % Y Y 25,5 38,3 24,5 40,1 41,0 23,5 | 40,1 | 40,8 22,5 | 40,1 | 40,6 2155 39,2 40,3 20,5 | 40,1 | 40,0 19,5 | 40,1 | 39,7 18,5 | 40,1 | 395 1765 39,2 39,2 16,5 39,2 38,9 1555 38,3 38,5 14,5. |. 38,3 | 38,1 n = logp — abs: HAGEN: 40,3 39,9 39,4 38,9 38,4 0,49 ii 10,085 ® Y 13,5 | 373 1235.4;).,.3353 1165 | ..3%3 105. |. 308 35.0303 8,5 | 36,3 725, 1,353 6,5 | 34,2 5,5 -|/ 38,1 a5) 381 3,5 | 29,6 2,5 | 29,6 log p' = 6,760 0. — 1,06 Profil E (1792). Lothlinie 2. fi Y Ya 32,5 | 46,9 Saal 501, | 53:8 30,5. | 53,4 | 53,3 29:5 53,4 53,0 28,5 54,1 52,7 27,5 54,8 52,4 26,5 52,7 52,1 25,5 50,0 51,8 24,5 | 50,0 | 51,4 23,5 | 50,6 | 51,1 22,5 48,4 50,7 21,5 | 50,0 | 50,4 20,5 | 50,0 | 50,0 19,5 | 50,0 | 49,6 18,5 | 50,0 | 49,1 17,5 | 50,0. |..48,7 n logp w Y' Tiefe 16,5 Fufs. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil E (1792). Lothlinie 3. Tiefe 15,5 Fufs. @ Y Y x er Y Y %w 305 | 597 15,5 45,3 | 47,3 | 473 29,5 54,1 52,9 53,8 14,5 45,3 46,7 46,7 38,5 54,1 52,6 53,4 13,5 41,9 46,1 46,0 37,5 52,7 52,2 53,0 12,5 41,0 45,5 45,5 26,5 52,7 51,9 52,6 11,5 42,8 44,8 44,5 25,5 52,7 51,6 52,2 10,5 42,8 | 44,1 43,7 24,5 52,7 51,2 51,8 9,5 41,9 43,4 42,8 23,5 52,7 50,8 51,4 8,5 41,9 42,5 41,9 22,5 51,5 50,4 50,9 7,5 41,9 41,6 40,9 21,5 50,6 50,0 50,5 6,5 40,1 40,6 39,8 20,5 51,5 | 49,6 50,0 9,9 40,1 39,4 38,4 19,5 50,0 | 49,2 49,5 4,5 | 38,3 38,0 36,9 18,5 50,0 | 48,8 49,0 3,0 38,3 36,4 35,1 17,5 48,4 48,3 48,5 2,5 36,5 34,5 32,8 16,5 46,1 | 47,8 47,9 7908 log p' = 7,182 logp = 8,838 A) Dr ale) Profil E (1792). Lothlinie 4. Tiefe 14 Fufs. = Yy % 37 m Y % WW. 27,5 46,9 | 15 | 453 | A 47,8 265 | 54,1 | 329,5 | 53,9 135 | 469 || Auı | Al 35,5 52/7 322 53,5 12,5 46,9 46,5 46,4 24,5 54,1 51,9 53,1 11,5 46,9 45,9 45,6 9355 5957 5145 52,6 10,5 45,3 45,5 44,8 39,5 51,5 51,2 52,1 9,5 45,3 44,6 43,9 21,5 50,0 50,8 51,7 8,5 43,6 43,7 42,9 20,5 50,0 50.4 512 7,5 41,9 42,8 41,9 19,5 50,0 50,0 50,7 6,5 43,6 41,9 40,7 18,5 48,4 49,6 50,2 5,0 40,1 40,8 39,4 17,5 48,4 49,1 49,6 4,5 39,2 49,5 37,8 16,5 | 48,4 48,7 49,0 3,9 38,8 37,9 36,0 15,5 46,9 48,2 48,4 2,5 36,3 35,9 33,6 46 Profil Z (1792). Lothlinie 5. HAGEN: ® Yy 3% ” 28,5 43,4 273 48,4 26,5 | 52,7 | 51,8 | 599 355 | 523,7 | 51,5 | 595 245 | 51,5 | 512 | 52,1 2335 | 515 | 50,8 | 51,7 22,5 | 50,6 | 50,4 | 51,3 21,5 | 46,9 | 49,1 | 50,8 20,5 | 49,3 | 49,7 | 50,3 {gi5. | Are | Als. | Apig 18,5 | ars | 48,9 | 49,3 17,5 | 46,9 | A84 | 48,7 iss | 293 | Ars | agı 15,5 | 46,9 | 47,4 | 47,5 n = 6,014 logp — 8,887 Dr 20493 Profil E (1792). 2 Y 314 Br 25,5 | 45,4 | 24,5 | 541 | 534 | 55,5 3355. | 5a | 331. | 551 22,5 | 541 | 59,8 | 54,6 21,5 | 541 | 53,5 | 541 20,5 | 530 | 52,1 | 53,6 1955 | 5165. | Sn, || 531 18,5 | 50,6 | 513 | 59,5 17,5 | 50,6 | 509 | 51,9 16,5 | 50,6 | 50,5 | 513 15,5 | 50,6 | 500 | 50,7 14,5 | 50,0 | 49,5 | 50,0 7 6.956 logp = 10,595 8 — 065 Lothlinie 6. ® Y 14,5 | 46,9 235 | a6 12,5 | 43,4 11,5 | 46,1 10,5 | 43,6 9,5 | 45,3 s5 | 45,3 75 | 41,9 6,5 | 39,2 5,5 | 38,3 4,5 | 38,3 3,5 | 36,3 2,5 | 36,3 log,p' = 7,195 w.— 1,14 ® y 13,5 | 50,0 12,5 | 50,0 11,5 | 48,4 10,5 | 46,9 9,5 | 46,9 35 | 45,3 7,5 | 45,3 6,5 | 43,6 5,5 | 41,9 4,5 | 41,9 3,5 | 38,3 5 | 388 | ) log p' = 7,334 0, 0.87 | Tiefe 14,5 Fufs. Tiefe 13 Fufs. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil E (1792). Lothlinie 7. & Y 4 % 23,5 | 50,6 22,5 59,9 21,5 | 568 | 536 | 57,5 20,5 | 56,8 | 571 | 570 19,5 | 55,5 | 56,5 | 56,4 18,5 | 54,8 | 55,9 | 55,8 15 | 548 | 55,3 | 55,2 16,5 | 54.8 | 54,6 | 545 19,0 53,4 993,9 93,8 14,5 | 52,7 | 532 | 53,1 13,5 | 541 | 594 | 52.4 1 4,92] logp = 7,331 w — 0,60 Profil E (1792). x Y >% vr 23,9 50,6 22,5 42,7 56,9 56,3 55,7 55,2 54,6 53,9 53,2 52,5 51,8 6,649 10,232 1,01 Lothlinie 8. logp' = 17,441 Be I Tiefe 12 Fufs. 2 Yy Y ” 12,5 | 52,0 | 51,6 | 51,6 11,5 | 50,6 | 50,7 | 50,7 10,5 | 50,0 | 49,8 | 49,8 9,5 | 50,0 | 48,8 | 48,8 | A| ar 5 | Aa | Kb | Aa 65 | 45,3 | 452 | 452 55 | 45,3 | 43,7 | 43,7 45 | 0 | 2 | 3,5 | 39,2 | 39,8 | 40,0 >» | Se | Br | Br log, p' — 7,464 wlr—=r0,58 Tiefe 12 Fufs. & Yy Y Y 12,5 | 50,6 | 50,6 | 510 11,5 | 47,8 | 50,0 | 50,2 10,5 48,4 49,3 49,3 mache age A a rear 75 | 46,1 | 168 | 46,1 65 | 46,1 | 45,8 | 44,8 55 | 461 | 47 | 233 4,5 | 46,1 43,4 41,6 355 | ER 235..| 392. |: 39@..| 1320 48 Profil E (1792). Lothlinie 9. Tiefe 13 Fufs. HAGEN: © y y Ft 25,5 50,6 24,5 54,8 56,8 56,0 23,5 55,5 56,3 5555 22,5 54,1 Ba | 91,5 55,5 55,1 54,5 20,5 52T 54,5 54,0 19,5 53,4 53,9 53,5 18,5 5 | Da 52,9 17,5 520 | BR 52,3 16,5 BT | 530 5147 15,5 na | 2563 ia 14,5 5155 50,5 50,4 n — 4,451 logp — 6,419 A —— 008) Profil E (1792). Br | Y Yy Yu 30,5 5 29,5 5 5 28,5 54,8 55,5 56,7 27,5 54,8 55,1 56,3 26,5 55,5 54,8 55,9 2555 55,5 54,5 5545 94,5 56,8 54,1 55,0 23,5 56,1 53,7 54,5 32,5 54,8 53,4 54,0 21,5 SH 5350 | 5356 20,5 52,7 52,6 53,1 19,5 5155 5959 52,5 18,5 51,5 51,8 52,0 1765 50,0 51,3 51,4 16,5 50,0 50,8 50,8 I mr —I0N1SA od — 321 (TS x 3,5 2,5 log p' = 7,313 j 2 w Y 51,5 48,4 50,0 46,8 ’ Y 49,7 48,8 47,9 46,9 45,9 44,8 43,5 42,1 40,6 38,8 36,7 34,0 Lothlinie 10. Tiefe 15,5 Fufs. y 50,3 49,7 49,1 43,5 47,9 47,2 46,4 45,6 44,7 43,7 42,5 41,1 3955 37,4 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 49 Für die folgenden Lothlinien in diesem Profil sind die beobachte- ten, wie die unter beiden Voraussetzungen berechneten Geschwindigkeiten bereits mitgetheilt, nämlich für die l4te im vierten und für die 11te, 12te und l3te ım fünften Abschnitt. Um die gefundenen Resultate bequem mit einander vergleichen zu können, sind dieselben in nachstehender Tabelle unter Beifügung der Tie- fen £ noch zusammengestellt. Loth- | | BeHRNNEN Imeltinrat n , logp 2 I logp'ı w ı I 13 | zug | 10,085 | 0,49 | 8,760. | 1,06 2 | 16,97 | OSLABES ONE TB UT gesägt 7/12 W419 4 | 14 6,206 | 9,253.| 0,72 | 7,235 | 0,96 5 | 145 | 6,014 | 8,887.| ;0,93 .| 7,195 |, 1,14 El al 6,936 | 10,595 | 0,65 | 7,334 | 0,87 7 12 4,921 | 7,331 | 0,60 | 7,464 | 0,58 Sr. a2 6,649 | 10,232 | 1,01 | 7,441 | 1,31 Se 4,451 | 6,419 | 0,83 | 7,350 | 0,85 10 15,5 | 6,184 | 9,327 | 0,78 | 7,313 | 0,92 11 19 4,943 | 7,275 | 0,85 | 7,373 | 0,83 12 20,5 | 4,796 | 7,116 | 1,02 | 7,462 | 0,94 13° 20,5 196,337} 10,093 | 1,18% 7,6091") 1,47 14 23 4,375 | 6,336 | 0,78 | 7,434 | 0,94 Mehrmals stellt sich hier der wahrscheinliche Fehler der Geschwin- digkeiten etwas gröfser heraus, wenn mit dem Factor auch der Exponent gesucht, als wenn letzterer als bekannt vorausgesetzt wurde. Dieses ist dadurch veranlafst, dafs im ersten Fall nur die Bedingung eingeführt wer- den konnte, dafs die Summe der Fehlerquadrate der Logarithmen der Geschwindigkeiten ein Minimum sei. Zwischen dem Factor p und dem Exponent n» bemerkt man, so- bald die wahrscheinlichsten Werthe beider berechnet sind, insofern eine gewisse Beziehung, als beide immer zugleich gröfser oder kleiner als die Mittelwerthe werden. Dabei schwanken die logp zwischen 6,3 und 10,6, wogegen sie aber, sobald n —=5 gesetzt wird, zwischen den viel nähern Grenzen 6,8 und 7,7 bleiben. Unter der Voraussetzung, dafs die Math. Cl. 1883. Abh. I. 7 50 HAGEN: Gefälle dieselben, also die Factoren constant sein sollten, ergiebt sich, dafs der Exponent ungefähr richtig gewählt ist. Aus dem Gesetz, wonach in einer Lothlinie die Geschwindigkeiten mit dem Abstande vom Grunde zunehmen, folgt schon, dafs die mittleren Geschwindigkeiten in einer Lothlinie bei tiefem Wasser gröfser als bei flachem sind, was durch die Beobachtungen auch bestätigt wird. Es fragt sich indessen, ob, hiervon abgesehn, die Geschwindigkeiten noch in andrer Weise von den Wassertiefen abhängen, oder ob zwischen den Wer- then von p’ und von ? noch eine gewisse Beziehung stattfindet. Die vor- stehende Tabelle deutet allerdings eine solche an, indem bei grölsern Tiefen auch der Factor sich vergrößsert. Dieses Resultat ist indessen keineswegs sicher, und besonders wird es dadurch zweifelhaft, dafs für die 14te Lothlinie, wo ? den gröfsten Werth annimmt, p’ sogar kleiner ist als bei der 7ten und Sten Lothlinie, die sich auf die geringste Tiefe beziehn. Dabei mag sogleich bemerkt werden, dafs auch aus den andern Queerprofilen, worin die Tiefen der Lothlinien auffallend verschieden sind, eine solche Beziehung keineswegs mit Sicherheit sich erkennen lälst. In zweien dieser Profile wachsen zwar ganz entschieden die Werthe von p’ mit den f, ebenso entschieden zeigt aber ein anderes Profil das Gegentheil. Nunmehr fragt es sich, ob es möglich sei, bei passender Wahl des Factors, der in diesem Fall mit p" bezeichnet werden mag, die sämmt- lichen in einem Profil gemessenen Geschwindigkeiten hinreichend genau durch dieselbe Formel darzustellen. Zu dieser Untersuchung eignet sich vorzugsweise das hier in Rede stehende Profil, weil es unter allen das einzige ist, von dem ausdrücklich gesagt wird, dals während der Messungen in demselben der Wasserstand sich gar nicht verändert habe, woher man annehmen darf, dafs die sämmt- lichen Beobachtungen bei gleichem relativem Gefälle gemacht wurden. Das- selbe empfiehlt sich auch dadurch, dafs es die meisten Lothlinien und die gröfsten Tiefen umfafst. Der wahrscheinlichste Werth von logp" ist der mittlere von den vierzehn logp'. Diese haben aber keineswegs gleiche Gewichte, man mulfs daher jeden mit der Anzahl der betreffenden einzelnen Beobachtungen multiplieiren und die Summe dieser Producte durch die Anzahl der Beob- achtungen in allen Lothlinien dividiren. Man hat hiernach Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. und logp — o TA 399, +logp" = 1,4674 Die Geschwindigkeiten sind daher Y" — 99,334 Yx Sl und für die verschiedenen Abstände vom Grunde ergeben sich für alle Lothlinien im Profil # (1792) die folgenden Geschwindigkeiten: E Yu 44,5 62,7 43,5 62,4 42,5 62,1 41,5 61,8 40,5 61,5 39,5 61,2 38,5 60,9 37,5 60,6 36,5 60,3 35,9 5959 34,5 59,6 33,9 59,2 32,5 58,8 31,5 58,4 30,5 58,1 [1 mvoann oo = y' 50,1 49,4 49,6 47,8 46,9 46,0 45,0 43,9 42,7 41,3 39,6 37,7 35,2 Vergleicht man diese Y" mit den beobachteten y, so ergiebt sich die Summe der Fehlerquadrate gleich 9056,5 und da die Anzahl der einzelnen Beobachtungen 399 ist, so stellt sich der wahrscheinliche Feh- ler auf 3,2 Zoll oder zum mittleren Werth der Geschwindigkeiten auf 6 Procent. Obwohl bei der Mehrzahl neuerer Geschwindiskeits - Messungen selbst diese Sicherheit nicht erreicht werden dürfte, so bleibt das Re- sultat dennoch nicht befriedigend. Die starken Abweichungen sind in- dessen keineswegs Beobachtungsfehler, sie werden vielmehr durch die auf- 7* 52 H'A'G En" fallend viel gröfseren oder kleineren Geschwindigkeiten in zwei Reihen veranlafst. In den übrigen zwölf Reihen beschränken sich die Fehler auf Theile eines Zolls oder auf wenige Zolle, in der ersten Lothlinie blei- ben dagegen die gemessenen Geschwindigkeiten stets sehr bedeutend und durchschnittlich sogar um 12 Zoll hinter den berechneten zurück, in der 13ten Lothlinie sind aber jene durchschnittlich um 10 Zoll gröfser, als diese. Schon im vorigen Abschnitt wurde eines ähnlichen Falls erwähnt, da in Profil F (1792) die Geschwindigkeiten der ersten Lothlinie von de- nen der zweiten und der folgenden wesentlich abwichen. Vielleicht gab hierzu die unregelmälsige Gestaltung des daneben befindlichen Ufers Ver- anlassung. Diese Erklärung würde bei Profil Z auch für die erste Loth- linie gelten, für die 13te palst sie aber nicht. In diesem und in allen ähnlichen Fällen, deren noch einige andre in den Messungen von Brü- nings vorkommen, rührt aber die Anomalie wahrscheinlich von der Ver- schiedenheit der Tiefen her. Es ist ersichtlich, welchen wesentlichen Ein- Aufs eine starke Vergrölserung oder Verminderung der in der Richtung des Stroms hinter einander liegenden Tiefen auf die Bewegung der daselbst fliefsenden Wassermasse haben muls. Unregelmälsigkeiten dieser Art ge- hören aber nach der Eingangs gegebenen Erklärung nicht hierher, da nur die gleichförmige Bewegung in regelmälsig geformten Strombetten einfachen und allgemein gültigen Gesetzen unterliegen kann. Noch mag erwähnt werden, dafs die Summe der Fehlerquadrate der Iten und 13ten Lothlinie zusammen sich auf mehr als zwei Drittel der ganzen Summe, nämlich auf 6500,9 stellt. Schliefst man diese beiden Reihen aus, so verringert sich unter Bezugnahme auf die kleinere Anzahl der Beobachtungen der wahrscheinliche Fehler auf 1,86 Zoll oder auf 3 Procent der mittleren Geschwindigkeit, und dieses dürfte ohne Zweifel als ein befriedigendes Resultat anzusehn sein. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 53 7. Geschwindigkeits-Messungen im ungetheilten Rhein bei mittlerem Wasserstande. Profil A (1790). Die beobachteten und berechneten Geschwindigkeiten in diesem Profil sind folgende: Profil A (1790). Lothlinie 1. Tiefe 16 Fuls. z a a | ZE Y 3% 1 30,5 ı 52,7 | 155 520 | 568 | 32:0 29,5 56,1 | 56,0 59,2 14,5 54,8 51,4 51,3 28,5 Se Ba 58,8 13,5 52,0 51,0 50,6 97,5 53,4 55,5 | 58,3 12,5 52,0 50,5 49,8 26,5 53,4 55,2 57,9 11,5 51,5 50,0 49,0 25,5 54,8 55,0 57,4 10,5 48,4 49,5 48,1 24,5 55,5 54,7 57,0 9,5 46,9 48,9 47,2 23,5 55,5 54,5 | 56,5 8,5 | 45,3 | 48,2 46,1 22,5 53,7 54,2 56,0 25 44,5 47,5 45,0 21,5 54,8 53,9 55,5 6,5 44,5 46,7 43,7 20,5 54,1 53,6 55,0 5,5 46,9 45,8 42,3 19,5 52,7 53,2 54,4 4,5 45,3 44,7 40,6 18,5 53,4 52,9 53,9 3,5 43,6 43,4 38,6 14,5 54,1 52,6 53,3 255 a Re 16,5 55:5 52;2 52,7 1,5 41,0 342 | 326 n== 8,386 log p' = 7,390 logp = 13,189 w' — 2,18 el 5 Profil A (1790). Lothlinie 2. Tiefe 15 Fufs. w Y Y ya x A N 98,5 | 50,0 24,5 | 50,6 | 49,8 | 52,4 27.54 |, 50,0 Days Anz | 29,6 | 520 26,5 | 51,5 | 50,2 53,2 22,5 | 46,9 | 49,4 | 51,5 25,5 |, 50,6: | 50,06 | s2rs 21,5 | 48,4 49,1 91,1 4 ® Yy Y IK 20,5 | 48,4 | 48,9 | 50,6 19,5 | 48,4 | 48,6 | 50,1 18,5 | 48,4 | 48,4 | 49,6 17,5 | 46,9 | 48,1 | 49,0 16,5 | ars | ars | 48,4 15,5 46,9 47,9 47,8 er 13,5 | 49,3 | 46,8 | 46,5 eg | | ao 11,5 | 48,4 | 46,0 | 45,1 a 3201 logp = 14,730 w= 0,95 Profil A (1790). HAßsEn: loap. — nel ae} x Eu. 3 r' 10,5 | 61 | 45,5 | 443 9,5 | 445 | 45,1 | 43,4 85 | 453 | 145 | 29,4 7,5 | 43,6 | 44,0 | 41,4 65 | 298 | 43,3 | 40,2 5,5 | 41,9 | 42,6 | 38,9 45 | 308 | Az) ars 3,5 | 39,2 | 40,6 | 35,5 2,5 | 41,9 | 39,2 | 33,2 logp' = 7,209 BDA Lothlinie 3. Tiefe 13 Fufs. a Y 3% a 10,5 ı 453 | 452 | 452 11,5 | 15,3 | 44,8 | 44,5 10,5 | 43,6 | a4, | 43,7 9,5 | 445 | 43,9 | 49,8 8,5 | 49,8 | 43,4 | 41,9 75 | 39,2 | 42,8 | 40,8 65 | 41,0 | 42,1 | 39,7 5,5 | 40,1 | 41,4 | 38,4 4,5 | 40,1 | 40,5 | 36,9 3.5, |, 39:2. 30.4 | sd 2,5 | 392 | 37,9 | 32,8 1,5 | an,3 | 35,9 | 29,6 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil A (1790). Profil A (1790). Lothlinie 5. Tiefe 7 Fufs. u Yy Ya 2 17,5 | 49,8 jes, | 43,6: | 4210| 256 85.) 29,06) 2a As 14,5 | 445 | 43,4 | 44,5 13,5 | 42,8 | 43,0 | 43,9 12,5 | 43,6 | 49,6 | 43,2 11,5 | 44,5 | 42,1 | 43,5 Fl) logp = 11,561 ww 0,98 x Y IE | r' 12,5 | 4B0 | Am8 | ası 11,5 | 410 | 41,5 | 43,4 10,5 | 41,9 | 41,2 | 42,6 5 |. 450 | “08 | Al 85 | 40,1 | 40,5 | 40,4 n = 11,940 logp = 18,259 w— 0,49 Profil A (1790). ® Y >% 2 12,5 | 39,2 11,5. | 450, |, 408: |. 43,3 10,5 | 40,1 | 406 | 43,5 95 | 392 | 402 |. 47 8,5 | 41,0 | 39,8 | 40,8 7,5 | 40,1 | 39,4. | 39,8 —.11,180 log p = 16,958 w= 0,63 x 10,5 9,5 8,5 7,5 6,5 5,5 4,5 Y 41,9 38,3 38,3 39,2 39,2 39,2 38,3 log p' = 7,079 w" x 7,5 6,5 5,5 4,5 3,5 log p' = 7,125 w" Lothlinie 6. 1,99 yo Y 41,0 39,2 39,2 37,3 38,3 — 1,42 Tiefe 7 Fufs. Lothlinie 4 Tiefe 9,5 Fufs. y! 39,8 38,7 37,4 35,9 34,2 y'! 38,7 37,4 35,9 34,1 31,9 95 56 Profil A (1790). Profil A (1790). Lothlinie 9. Tiefe 8,5 Fuls. HA6@ER: Lothlinie 7. T 8,5 7,5 6,5 5,5 4,5 3,9 log p' w x y Y y' 19:5 | AO) A 11,5 41,9 41,5 44,0 10,5 | 41,0 | 412 | 43,2 9,5 | 41,0 | 40,8 | .42,3 35 | 410 | 40,4 | 414 75 | 41,0 | 399 | 409,4 m — 15265 logp = 17,164 or 10381 Profil A (1790). Lothlinie 8. | Ei Y D% 2 14,5 42,8 41,1 44,4 1855 41,0 40,9 43,8 12,5 40,1 40,8 45,1 11,5 | 38,3 | 40,6 | 494 10,5 41,0 40,4 41,6 95 | 41,0 | 402 | 40,8 ”— 218512 logp — 33,550 BRAUT z y Y y' 15,5 39,2 | 14,5 | 41,0 | 40,4 | 44,2 13:5 | 8,0 | aa |. (ass 12,5 41,0 40,0 42,9 11.50 1% 20.0: | 98.8. 01.40.1 OD A 39,6 41,4 9,5 | 38,3 | 39,3 | 40,6 25% 36,3 | "aoıı | "ya n—# 193889 logp = 24,282 a \Ü.y Tiefe 7 Fufs. —#4l56 Y 36,3 38,3 37,3 38,3 36,3 35,3 = 96 Tiefe 8 Fuls. Y 41,0 39,2 39,2 39,2 38,3 39,2 7,07 2,13 Y 36,3 6 y- 39,4 38,9 38,2 37,3 36,2 34,6 Y 38,8 38,4 38,0 37,5 36,9 36,2 35,0 IL 39,2 37,9 36,5 34,7 32,4 29,3 7 38,7 37,6 36,4 34,9 33,2 31,1 28,0 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil A (1790). Lothlinie 10. Tiefe 8,5 Fuls. 2 Yy Ay 2 & Yy 3% Y 9 ds | a | 2 8,5 | a0 | 393 | 392 ja) A101 | aa Asie 75 | 373 | 39,0 | 382 135 | 41,0 | 40,7 | 430 65 | 38,3 | 38,6 | 37,2 12,5 | 41,0 | 40,5 | 43,4 5,5. | 38,38 | 381 |. 359 11,5 , 392 | 4082 | Az 25 ara aan | 385 10,5 39,2 39,9 40,9 3,9 37,3 36,9 32,8 a el an 2,5 | 36,3 | 36,0 | 30,7 a 13,103 log p' = 7,039 logp —= 20,922 ar 1591 a— Va Profil A (1790). Lothlinie 11. Tiefe 9,5 Fufs. & TE rn X © y Y Y' 17,5 | 41,0 | Gas 20; |, AL6 |, Als 16,5 | 42,8 8,5 39,2 | 41,0 | 40,9 15,5 44,5 44,3 46,1 ° 1,5 39,2 40,4 39,9 14,5 44,5 43,9 45,5 6,5 39,2 39,6 38,8 13,5 44,5 | 43,5 44,9 5,5 37,3 38,8 37,5 12,5 42,8 43,1 44,2 4,5 37,3 37,8 36,0 11,5 43,6 | 42,6 43,5 3,9 37,3 36,6 34,3 10,5 43,6 42,2 42,7 2,5 36,38 | 35,1 31,0 n == 1,314 log p' = 7,130 logp = 12,676 a — 1,21 == (N, Profil A (1790). Lothlinie 12. Tiefe 10 Fufs. @ Y z, 3 © Yy M y 18,5 | 41,9 42,7 46,5 14,5 41,9 42,0 44,3 17,5 41,9 | 42,6 46,0 13,5 41,0 41,3 43,7 16,5 42,8 42,4 45,5 12,5 41,0 41,6 43,0 15,5 |: 42,8 | 423,2. | 44,9 HL 54 Ds 41,,,41,3 114.4055 Math. C1. 1883. Abh. I. 8 97 58 Hasen: © Y Y a4 © Y | Y | Ir 10,5 40,1 41,1 41,5 9,9 39,2 | 39,3 | 36,5 9,51 -41,9 | 40,8 | 40,7 4,5 ar" 85 | 41,9 | 40,5 | 39,8 35° | sans | 358 757 Au Aal | 388 25 | 363 | Sa 312 Ba») AO) az aa 15 | 363 | 35,9 | 28,1 n = 14,275 los. — 1.071 logp = 23,013 w' — 2,45 = 0453 Zur bequemeren Vereleichung ist hier wieder beisefüst die q gelus Zusammenstellung der Resultate für Profil A (1790). Loth- | ' t Bize n logp | w logp' u 1 16 8,386 | 13,189 1,15 7,390 2,18 2 15 9,497 | 14,730 | 0,95 7,209 | 2,04 3 13 9,237 | 14,193 0,79 7,181 1,91 4 9,9 7,770 , 11,561 0,98 7,079 1,22 d 7 11,940 | 13,259 0,49 7,125 1,42 6 7 11,180 | 16,958 | 0,63 | 7,123 | 1,50 7 7 11,265 | 17,164 | 0,81 | 7,156 | 1,96 8 8 21,512 | 33,550 | 0,75 | 7,076 | 2,13 9 8,5 | 15,839 | 24,282 | 0,93 | 7,063 | 2,39 10 8,5 | 13,703 | 20,922 | 0,61 | 7,039 | 1,91 11 9,5 | 7,814 | 19,676 | 0,73 | 7,130 | 1,21 12 10 14,275 | 23,013 | 0,53 | 7,071 | 2,45 Man bemerkt, dafs in diesem Profil dieselben Erscheinungen wie bei £ (1792) sich wiederholen, nur dafs hier die innern Bewegungen noch stärker und daher die Voraussetzung, dals n — 5, etwas zweifelhafter wird. Dennoch treten bei Einführung derselben die Werthe der Factoren nahe zusammen, indem ihre Logarıthmen zwischen 7,04 und 7,39 blei- ben, während sie früher zwischen 11,56 und 33,55 schwankten. Eine gewisse Abhängigkeit dieses Factors von der Tiefe wird auch hier angedeutet und zwar wieder in der Art, dafs beide gleichmälsig sich Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 59 verändern. Die letzten Reihen, bei welchen die Tiefen wesentlich gröfser werden, lassen indessen eine entsprechende Vergröfserung des Faetors nicht erkennen und so gewinnt es den Anschein, als ob während der Messung das Gefälle sich änderte, und deshalb der Factor ganz unab- hängig von der Tiefe sich nach und nach verringerte. Diese der Reihen- folge der Lothlinien nahe entsprechende Änderung des Factors könnte auch vermuthen lassen, dafs das relative Gefälle in der ganzen Breite des Profils nicht dasselbe, vielmehr an einer Seite gröfser als an der andern se. Wenn indessen ein solcher Unterschied auch wirklich existirte, der, soviel bekannt, noch nie erwiesen ist, so möchte derselbe wohl stets so geringe bleiben, dafs er die hier bemerkten Änderungen nicht veran- lassen könnte. 8. Geschwindigkeits-Messungen in der Whaal bei mittlerem Wasserstande. Profil 3 (1790). Die in diesem Profil gemessenenen und dafür berechneten Geschwin- digkeiten sind folgende: Profil B (1790). Lothlinie 1. Tiefe 16 Fufs. a Bl a u > ae | y y 7 30,5 | 46,1 | 46,4 | 46,1 19,5 | 445 | 2,1 | 421 29,5 | 44,5 | 46,1 | 45,8 18,51 45, AT | Aal 28,5 | 45 45,8 4d,4 17,5 1.4335 | 41,2 | 412 Ds Anse| Anm, Aal 16:92, 49:90 | ‚40er | 1A0ıT 26,5 |. 43,8 | 45,0 | 144,8 15,5 || 42,8 | 40,1 | 40,2 25,5 | 44,5 | 44,7 | 44,4 14,5 | 41,9 | 39,5 | 39,7 24,5 | 43,6 | 44,3 | 44,1 a a 23,5 | 43,6 | 43,9: | 48,7 12,5. | 39,2 | -38,8-|--38,5 5) 465 | 235 | As in5 | 88 | BE | 378 21,5 | 43,6 | 43,0 | 42,9 105 | 238 | 565 | 328 20,5 | 44,5 | 42,6 | 42,5 9,5 | 36,3 | 36,1 36,5 g5* 60 Profil B (1790). Lothlinie 2. Tiefe 16,5 Fufs. HAGEN: x 4,5 3,5 2,5 log;p' w' eu 16,5 15,5 14,5 & Y Y ya 3,5 | 39,0 | 352 | 35,7 7,5 | 29,6 | 34,3 | 34,8 6,5 | 28,9 | 33,2 | 33,8 5,5 | 29,6 | 32,0. | 39,7 n — 4,620 logp = 6,217 w— 1,54 x Y DZ r 31,5 42,8 30,5 | 46,9 | 47,4 | 50,0 29,5 | 46,9 | 47,2 | 49,6 28,5 | 46,1 | 47,0 | 49,2 27,5 | 46,1 | 46,8 | 48,8 26,5 | 44,5 | 46,6 | 48,4 25,5 | 45,3 | 46,3 | 48,0 245. 46,9, | Asıı en 23,5 | 461 | 45,9 | 47,3 22,5 | 46,1 | 45,6 | 46,9 21,5 | 453 | 54 | 464 20,5 | 46,1 | 45,1 | 46,0 19,5 | 44,5 | 44,8 | 45,5 18,5 | 44,5 | 44,5 | 45,0 175 | 165 | 442 | 445 n= 8,083 logp = 12,059 a 0,66 Profil B (1790). Lothlinie 3. ”n Y 3% y 31,5 | 484 | 47,6 | 49,5 30,5 | 484 | 174 | 49,2 295 | 50,0 | az2 | a8;8 28,5.| 50,0 | 46,9 | 48,5 Is 29,6 30,9 30,9 — 6,832 1,54 Y 43,6 43,6 43,6 42,8 44,5 43,6 42,8 42,8 41,0 40,1 38,3 37,3 36,3 35,3 35,3 '— 7,002 a1 Be 30,7. | 31,4 29,1 | 29,9 27,0 | 28,0 Tiefe 16,5 Fufs. %' 44,0 43,5 42,9 49,3 41,7 41,0 40,2 39,4 38,6 37,6 36,5 35,3 34,0 32,3 30,2 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Er Y Y 23,5 | 45,3 | 45,6 22,5 | 46,9 | 45,3 21,5 | 46,9 | 45,0 20,5 | 46,1 | 44,7 19,5 | 45,3 | 44,4 18,5 | 43,6 | 44,1 145: | A300 7 16,5 | 43,6 | 43,3 15,5 | 43,6 | 42,9 14,5 | 42,8 | 42,4 13,5 | 41,0 | 423,0 12,5 | 41,0 | 41,5 7 logp w Profil B (1790). Lothlinie 4 Tiefe 16 Fufs. Fr! 46,7 46,3 45,9 45,5 45,0 44,5 44,0 43,5 43,0 42,4 41,8 41,1 — 6501 — 9,746 — 1,45 ıyı x Yy Y. u 11.5.1590 41.0,| 40a 10,5 | 38.3 | 40,5 | 39,7 5.82 | An 388 Sin 1.3081 3 ag 7,5. (Ma I is845u ll 37,1 65 | Br | 36 5,5 | 342 | 36,7 | 34,9 45 | 342 | 35,6 | 335 35 | 963 032,3 | 751,9 2,5 | 36,3 | 39,7 | 29,8 15 | 322 | 308 | 96.9 log p' = 6,974 Be ® Y 37 y 15:50 1121,04, 21988 | ;41,9 14.5, ,|..41.9° | A235, 413 13,5 | 392 | 40,9 | 40,7 12,5 | 39,2 | 40,4 | 40,1 145 | 363 | 39:9. | 394 a0 aa | aa | ser GB 2303 | u | 379 &5 |. 388 | 8850 | 381 15 |,3%3. |. 842. | ss 6,5 36,3 36,4 35,2 5,5 | 35,3 | 35,5 | 34,0 A553 | 342 | 39,7 a BER BE aD er 2,5 | 30,9 \' 31,2 | 29,1 1,5 | 30,9 | 28,8 | 26,2 log p' = 6,918 a" — 1,00 61 62 HAGEN: Die Geschwindigkeiten der ten und 6ten Lothlinie sind bereits im fünften Abschnitt mitgetheilt worden. Profil B (1790). _Lothlinie 7... Tiefe 6,75 Fufs. n — 20,034 logp' = 6,252 logp = 27,411 le 0 #076 Profil 5 (1790). Lothlinie 8. Tiefe 7 Fufs. x Y Y Y m Y Di I« [ I 29,5 | 357 | 253 | 273 65 | 242 | 24,0 | 24,0 15 | 37 | 251 | 26,9 55 | 242 | 23,7 | 232 10,5 | 24,2 | 24,9 | 26,4 45 | 242 | 233 | 29,3 95 1 242 | 24,7 | 235,9 35 | 223,6 | 22,9 | 21,2 85 | 212 | 25 | 2553 2,5 | 296 | 22,3 | 19,8 75 | 242 | 24,3 | 94,7 2355. 2100| 2a | dzia 7 — 12,814 logp' = 6,085 logp = 16,884 De 5 a 9,96 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 63 Zusammenstellung der Resultate für Profil B (1790). Loth- | : r nik t | n logp | w log p u 1 16 4,620 | 6,217 | 1,54 6,832 1,54 2 16,5 8,083 | 12,059 | 0,66 7,002 1,58 3 16,5 6,701 9,746 | 1,45 6,974 1,51 4 16 6,301 | 9,103 | 0,88 6,918 1,00 Bi) 13 8,823 | 12,685 | 0,73 6,709 1,79 6 10 6,272 | 8,275 | 0,80 6,394 0,84 7 6,75 | 20,034 | 27,411 | 0,46 6,252 1,72 8 7 12,814 | 16,884 | 0,36 6,085 | 1,25 Die aus diesem Profil gezogenen Resultate stimmen so sehr mit denen des Profils A (1790) überein, dafs die bei letzterem gegebenen Erklärungen hier nur wiederholt werden können. Die Werthe der Fac- toren treten einander bei Einführung der fünften Potenz viel näher, als nach der ersten Rechnung, in welcher die wahrscheinlichsten Werthe der Exponenten n gesucht und benutzt wurden. Ferner sind für die Loth- linien von gröfserer Tiefe die Factoren p' wieder entschieden grölser als in flachem Wasser, aber auch in diesem Profil verändern sich die Tiefen übereinstimmend mit der Reihenfolge der Lothlinien, und es bleibt zwei- felhaft, ob die relativen Gefälle vielleicht nach und nach geringer wurden. 9. Geschwindigkeits-Messungen im Unter-Rhein bei Hochwasser. Profil B (1792). Die in den verschiedenen Lothlinien dieses Profils gemessenen Geschwindigkeiten, sowie auch die unter zwei Voraussetzungen dafür be- rechneten, sind folgende: 64 Profil B (1792). Lothlinie 1. Tiefe 10,5 Fufs. Profil B (1792). Lothlinie 2. Tiefe 11 Fulfs. © Y | 2% 20,5 | 44,5 | 19,5 | 45,3 | 44,9 18,5 | 46,9 | 44,7 17,5 | 46,1 | 44,4 16,5 | 45,3 | 44,1 15,5 | 45,3 | 48,8 14,5 | 43,6 | 43,5 135 | 238 | 93% 12,5 | 41,0 | 42,9 11,5 ı Au | 08 n = logp = ES in Yy 3% 31,5. | 5155 20,5 | 52,7 | 50,3 19,5 | 52,0 | 50,0 18,5 | 51,5 | 49,6 17,5 \,50,6 ‚| 49,9 16,5 | 45,3 | 48,8 15,5.) ABA) AB4 14,5 | 48,4 | 48,0 13,5 | va8,A |, 4775 12,5 | 46,9 | 47,0 n = los — I HAGEN: y' 47,9 47,4 46,9 46,4 45,8 45,2 44,6 43,9 43,1 7,497 14,308 0,82 Yz 52,2 51,7 51,2 50,6 logp' = 7,114 lm % 41,0 | 42,1 | 42,3 41,9 | 41,6 | 41,5 41,0'| AL, | 406 41,0 | 40,6 | 39,6 39,2 | 40,0 | 38,5 38,3 | 39,3 | 37,2 ars | 38,5 | 35,7 33 (8ER | 284,0 563 | ar | Bl 36,3 | 34,2 | 28,7 len Y 46,5 45,9 45,3 44,6 43,8 43,0 42,0 40,9 39,4 37,7 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil, B (1792), | & y Y m 23,5 | 48,4 5 | 50,0 | Kon | 50,7 21.5 | 500: | A488: | 50.3 30,5. | 50,0: | 48.4 | 49,9 19,5: |. 28,9 | As | 403 485 | Ada | Anz| A8,8 17,5 | 48,4 | 47,3 | 48,2 je5 | ABA | A609 | 477 15,5 | 46,9 46,4 47,1 14,5 | 455 | 46.0 | 46,5 13,5: |, 43,6. |. 45,5 145,8 n 6,710 Profil B (1792), logp = 10,039 0,71 yZ 52,1 51,7 51,3 50,9 50,4 50,0 49,5 49,0 48,5 48,0 47,4 46,8 46,2 X Y Ii7 BA ee a ge Bu Rn 12,5 | 43,6 | 45,0 | 45,1 115 | 43,6 | 442 | dm 10,5 | 43,6 | 48,8 | 43,6 "| ar | EBD: |. Auer 5 ı 10 | 05 | Ki 75: aa u | Mor el Au) Au | "396 55 Aa || 398 38 4,5 | 38,3 | 38,6 | 36,8 3,5 || "3833: |. 809 || 'S5.0 2,5 | 36,8 |. 35,4 | 39,7 ep 1.172 0) == ,05 Lothlinie 4 Tiefe 13,5 Fufs. 2, Yy 21° Y 13,5 | 453 | 45,5 | 45:5 12,5 | 45,3 | 45,1 | 448 11,5 | 46,9 | 44,7 | 441 10,5 | 45,3 | 44,2 | 43,3 en | Aa Ro 56,9] ans 75 | 41,9 | 42,6 | 40,5 6,5 | 40,1 | 41,9 | 39,3 5,52.1..40,1|...41,1..) 39m 4,5 |) 40,10 | As | 1365 zo As jnagio mer 25 | 383 | 37,5 | 39,5 8,723 logp = 13,275 Math. Cl. 1883. Abh.I. 0,80 log p' — 7,161 & —HERD Lothlinie 3. Tiefe 12 Fufs. 66 HA6En: Profil B (1792). Lothlinie 5. Tiefe 16 Fufs. a Y Y Y' m Yy 2 Y sI5 |. Aus | 439 | 469 16,5 | 43,6 | 41,0 | 41,2 30,5 | 47,8 | 43,3 | 46,6 15,5 | 40,1 | 40,7 | 40,7 29,5 | 46,9 | 43,6 | 46,2 14,5 | 41,0 | 40,4 | 40,2 98,5 | 43,6 | 43,4 | 45,9 13,5 | 38,3 | 40,1 | 39,6 375 | 26 | 25 | 6 195 | 383 | 308 | 380 26,5 | 43,6 | 43,1 | 45,3 105 | 8091| 50 || 388 25,5 | 43,6 | 42,9 | 45,9 05 | 383.| 39,0 | 346 24,5 | 43,6 | 49,7 | 44,6 95. | 803 sb. | 360 235 | 101 | 29,5 | 442 85 | Ss | 38 | Sn 22,5 | 41,9 | 129,3 | 43,8 75 a | er | 35 15 |" | 2a | 34 65 | 365 | 871 | 328 20,5 | 39,2 | 41,9 | 43,0 3,5. 38,3 | Sea Ban 19,5 | 38,3 | 417) 296 Tran | 357 18,5 | 11,91 se ee 3a | 17.5. 20,1 MAR, mar 25 | 36,3 | 33,5 | 28,2 u. 9,346 log p' = 6,856 logp = 13,854 w — 9,04 w— lEA6 Die Geschwindigkeiten in der Lothlinie 6 sind bereits im fünften Abschnitt mitgetheilt. Profil B (1792). Lothlinie 7. Tiefe 16 Fufs. X Yy y% y x y Y y' 31,5 | 42,8 235 44,5 43,6 45,9 30,5 44,5 44,4 | 48,4 22,5 43,6 43,5 45,5 29,5 44,5 44,3 48,1 21,5 42,8 43,4 45,1 28,5 44,5 44,2 47,7 20,5 42,8 43,2 44,7 Da) 43,6 44,0 47,4 19,5 42,8 43,1 44,3 26.55 04956 43,9 47,0 18,5 42,8 42,9 43,8 2 44,5 43,8 46,7 17,5 41,9 42,8 43,3 24,5 | 44,5 43,7 46,3 16,5 42,8 42,6 42,8 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 67 ® Y u, 3 a Y 3% wm 15,5 | 43,6. | 49,4 | 49,3 85:4 A016 a0; | 375 14,5 | 29,8 | 222 | 41,7 5 | 40L | 40,4 | 366 era, | ao ae 6,5 | 40,1 ! 40,0 | 35,5 25 | 41,9.| 418 | 205 5,5 | 40,1 | 39,5 | 344 5 | 4a | A| 3 4,5 | 38,3 | 39,0 | 33,0 10,5 | 41,0 | 41,3 | 39,1 35 | 303 | 383 | Si 9,5 | 40,1 | 210 | 38,3 25 | 368 | 35 | 298 n — 14,813 logp' = 6,940 logp = 22,916 Bl 82 w= 0,47 Zusammenstellung der Resultate für Profil B (1792). Lei t | n | log | ) | 1 / | ß linie | | | SP | 7 08P | = 1 10,5 | 7,497 | 14,308 | 0,82 | 7,114 | 1,77 2 IE 251115029 | 12T || u2rgeı 1347 3 12 6,710 | 10,039 | 0,71 | zi7& | 105 4 ER ER OR R H a 5 16 | 9,346 | 13,854 | 1,36 | 6,856 | 2,04 6 21 | 5,091 | 6,740 | 1,08 | 6,604 | 1,05 7 16 [14,813 | 22,916 | 0,47 | 6,940 | 2,23 Auch in diesem Profil stimmen die aus den sieben Beobachtungs- reihen sich ergebenden Factoren p oder p’ viel näher unter einander über- ein, wenn n=5 gesetzt wird, als wenn man die sehr verschiedenen wahr- scheinlichsten Werthe der Exponenten in die Rechnung einführt. Diese Factoren p' scheinen aber in inniger Beziehung mit den Wassertiefen zu stehn, und zwar in der Art, dafs sie für gröfsere Tie- fen kleiner werden. Die Änderungen beider erfolgen in diesem Profil mit einer Regelmälsigkeit, wie solche in den übrigen nicht entfernt sich zeigt, in welchen mit mehr oder weniger Wahrscheinlichkeit die entgegen- gesetzten Änderungen sich zu erkennen gaben. Wenn letztere vermuthen liefsen, dafs diese Factoren mit den Tiefen oder den Längen der Loth- linien wachsen, so nehmen sie hier sehr entschieden bei gröfseren Tie- 9* 68 HAGEN: fen kleinere Werthe an. Hieraus ergiebt sich, dafs eine Beziehung zwi- schen p’ und £ aus den vorliegenden Beobachtungen sich nicht nachwei- sen läfst, vielmehr nur der Zufall eine solche in verschiedener Weise veranlalste. 10. Geschwindigkeits-Messungen in der Whaal bei Hochwasser. Profil F (1792). Die Geschwindigkeiten in den sechs ersten Lothlinien dieses Pro- fils sind bereits im fünften Abschnitt mitgetheilt. Profil F (1792). Lothlinie 7. Tiefe 15 Fuls. 3 Yy Y Yı w Y Ya 24 29,5 | 53,0 | 51,1 |. 50,3 15,5, || 45,3, | 442 | 44,2 28,5 | 50,6 | 50,7 | 49,9 14,5 | 46,1 | 43,5 | 43,6 27,5 |, 49,3 | 50,3 | 49,6 13,5. | 43,6 | 42,8 | 43,0 26,5 | 46,1.) 49,9 | 49,2 12,5 | 45,3 | 49,1 | 49,3 25,5 | 46,9") 49,5 | 48,8 11,5% 110 a3;0 As] “6 24,5 | 47,8 | 49,0 | 48,4 10,5 | 41,0 | 40,5 | 40,9 RAN SER In IN Bhlsı0 Ja ler U oa ae 5 a 5 23,5 | 49,3: | 48,1 | 47,6 8,5 | 39,2 | 38,6 | 839,2 21,5.|,46,9 |, 476 | 47,2 154 369853 20,5 ‚| 46,9. .| 47,1: |. 46,8 6,544) 34,21, 3658, |,.3751 19,5 | 46,1 | 46,6. | 46,3 5,5 | 34,2 | 35,0 | 35,9 18,5 | 46,1 | 46,0 | 45,8 4,5 | 34,2 | 33,5 | 34,5 17,5 | 46,1 | 45,4 | 45,3 3,5 | 30,9 | 31,6 ‘| 32,8 16,5 | 46,1 | 44,8 | 44,8 D 11028-411129 n — 4,447 log. p' = 7,036 logp = 6,126 w ==;1,07 a — 10 Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. Profil F (1792). 1 Yy Y 24,5 | 46,9 | 47,9 23,5 | 43,6 | 475 22,5 | 453 | 40 215 | a6 | 465 20,5 | 46,9 | 46,0 19,5 | 43,6 | 45,4 18,5 | 419 | 448 175 | 298 | 44,3 16,5 | 45,3 | 43,7 15,55 | 44,5 | 43,0 14,5 | 429,8 | 422,3 N = logp = Be Profil F (1792). Ss 08 = | € | Aal, 47,0 46,6 46,2 45,7 45,3 44,9 44,4 43,9 43,4 42,9 42,3 4,276 5,795 1,60 Lothlinie 9. ® Y 13,5 | 43,6 12,5 | 49,8 11,5 | 41,9 10,5 | 41,0 9,5 | 41,0 85 383 7,5 | 392 6,5 | 39,2 5,5 | 36,3 4,5 | 30,9 2.540,90 2, 29,1 log p' = 6,969 Bir Wed v y 12,5 | 41,9 11,5 | 40,1 10,5 | 41,0 9,5 | 38,3 8,5..| 38,3 79H 36.3 6,5 | 33,1 5,5 | 34,2 4,5 | 323,0 3,9 30,8 2,5 | 29,6 log p' = 6,905 w' — 0,98 Lothlinie 8. Tiefe 13 Fufs. Tiefe 2,5 Fufs. yr 39,9 39,2 38,5 37,7 36,9 36,0 35,0 33,8 32,5 30,9 28,9 69 70 HAGEN: Profil F (1792). Lothlinie 10. Tiefe 12 Fuls. x Y % Yu m Y 3% D 335 | Aoltı 12,5 | 37,3 | So | 389 225 | 1336 | 44,9 | 43,8 11,5 | 392 | 38,2 | 38,3 215 43,6 44,4 43,4 10,5 37,3 37,4 37,6 20,5 44,5 | 43,9 43,0 9,5 34,2 36,5 36,8 19,5 43,6 | 43,4 | 49,6 8,5 35,3 39,9 36,0 18,5 43,6 42,8 42,1 7,5 39,3 34,4 35,1 i75.| 2288 | A253 | 266 6,5 | 32,0 | 33,2 | 34,1 16,5 | 42,8 41,7 41,1 959 30,9 31,9 33,0 15,5 20 | AT 40,6 4,5 29,6 30,4 31,7 165 | 210 | Age AOL 3,5 | 28,4 | 28,6 | 30,2 13,5 | 41,0 | 39,7 39,5 2,5 | 28,4 | 26,4 | 28,2 n = 4,150 log p' — 6,853 logp = 5,472 w — 0,96 ar 0,15 Zusammenstellung der Resultate für Profil F (1792). Loth- | | ; ; linie | n | logp | u logp' | w 1 18 9,787 | 14,652 | 0,61 6,881 1,87 2 19 5,651 8,325 | 0,80 7,220 0,84 3 20,5 4,123 5,822 1,30 7,340 1,39 4 20 4,501 7,054 1,16 7,399 1,12 5 18 6,559 | 10,151 0,91 7,443 1,35 6 18 5,136 7,424 | 0,79 7,211 0,78 7 15 4,447 6,126 1,05 7,036 1,07 6) 13 4,276 5,195 1,60 6,969 1,51 te) 12,5 9,444 7,617 | 0,94 6,905 0,98 10 12 4,150 5,472 | 0,75 6,853 0,96 Auch in diesem Profil weichen die Factoren p, wenn der Expo- nent —=5 angenommen wird, viel weniger von einander ab, als wenn für jede Lothlinie der wahrscheinlichste Werth des Exponenten gesucht und in Rechnung gestellt wird. Die Factoren p’ werden aber im All- Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 71 gemeinen auffallend kleiner bei geringeren Wassertiefen, doch bleibt es wieder zweifelhaft, ob hierzu vielleicht eine stetige Änderung des rela- tiven Gefälles während der Geschwindigkeits-Messungen Veranlassung gab, oder ob an sich schon das Gefälle an einer Seite grölser als an der an- dern war. 11. Resultate der vorstehenden Untersuchungen. Durch die vorliegenden, hier mitgetheilten Beobachtungen sollte nur die Wassermenge gemessen werden, die jedes der angegebenen Pro- file durchflofs. Zur Messung der relativen Gefälle lag keine Veranlassung vor. Diese sind daher unbekannt geblieben, und der Beantwortung der besonders wichtigen Frage, in welcher Weise die mittlere Geschwindigkeit vom Gefälle abhängt, konnte daher nicht näher getreten werden. Dagegen lassen die zahlreichen, in den eimzelnen Lothlinien ange- stellten Messungen sehr sicher auf das Gesetz schlielsen, nach welchem die Geschwindigkeiten der über einander liegenden Wasserschichten mit dem Abstande vom Grunde zunehmen. Der Mefs- Apparat war aber so eingerichtet, dafs er nur die normal gegen das Queerprofil gerichtete Ge- schwindigkeit angab, die hier, wie in allen sonstigen Fällen, wohl allein nur gesucht wird. Trägt man diese Geschwindigkeiten als Ordinaten, die Abstände vom Grunde aber als Abscissen auf, so bildet sich die soge- nannte Geschwindigkeits-Curve. Dafs die sichere Kenntnifs dersel- ben mit jener ersten Frage in naher Beziehung steht, unterliegt wohl kei- nem Zweifel, und man darf sie als einen wichtigen Schritt zum Ver- ständnifs der ganzen sehr complicirten Erscheinung ansehn. Man hat die- ses bereits anerkannt und sich vielfach bemüht, das von Humphreys und Abbot angegebene Gesetz der Curve als richtig darzustellen und die Übereinstimmung desselben mit einigen Beobachtungen nachzuweisen. Selbst in den neusten Untersuchungen über die Bewegungen des Wassers, sowohl bei uns, als auch in englischen Schriften, ist dieses geschehn, doch sind die dafür gegebenen Beweise nicht nur sehr zweifelhaft, son- dern das Gesetz selbst stellt sich auch bei näherer Betrachtung als un- 94 HAGEN: möglich heraus, da es undenkbar ist, dafs in einem freien und breiten Strom die obern Wasserschichten langsamer als die darunter befindlichen sich bewegen sollten, von denen sie doch getragen werden. Die mit viel gröfserer Schärfe und in weiterer Ausdehnung von Brünings aus- geführten Messungen widersprechen vollständig jenem vermeintlichen Ge- setz, deuten dagegen mit grofser Sicherheit ein anderes viel einfacheres und leicht erklärliches Gesetz an. Wenn man von den kleinen Anomalien, etwa bis zu 1 Zoll, ab- sieht, die unvermeidliche Beobachtungsfehler sind, so zeigt ein grolser Theil dieser Beobachtungsreihen, dafs die in der Richtung des Stroms gemessenen Geschwindigkeiten bei weiterer Entfernung vom Grunde sich fortwährend vergrölsern, oder dafs sie sich wenigstens nicht vermindern, wenn auch die Vergröfserung der Geschwindigkeit nicht mehr sicher zu erkennen ist. Bei andern Reihen, wie auch in der für Profil & (1792) Lothlinie 14, graphisch dargestellten Curve zeigt sich nahe unter dem Wasserspiegel plötzlich eine sehr starke Verzögerung, die bei der sonsti- gen Übereinstimmung der Beobachtungen mit der nach einem bestimmten Gesetz dazwischen gezogenen Öurve nur durch eine äufsere Einwirkung veranlafst sein kann. Diese Einwirkung rührt aber nach vielfachen son- stigen Erfahrungen von Körpern her, die von der Strömung nicht gefalst werden und daher die obern Schichten zurückhalten. Im vorliegenden Falle sind dieses die beiden Fahrzeuge, die den Mefs-Apparat tragen, viel- leicht auch der Mefs-Apparat selbst. Die beobachtete Verzögerung ist also durch die Messung veranlalst und verschwindet, sobald der Mefs- Apparat wieder entfernt wird. Nach allen einzelnen Beobachtungsreihen stellt sich die Geschwin- digkeits-Curve als eine Linie dar, welche in der Achse den Grund er- reicht. Bei weiterer Entfernung vom Grunde entfernt sie sich auch immer weiter von der Achse, obwohl sie bei grolser Wassertiefe schliefslich nahe parallel zu derselben gerichtet ist, also die Zunahme der Geschwindigkeit sich nicht mehr mit Sicherheit erkennen läfst. Von einer halben gewöhn- lichen Parabel unterscheidet sich aber diese Curve dadurch, dafs ihre stärkste Krümmung nicht in die Achse trifft, sondern in einem gewissen geringen Abstande über dem Grunde liegt. Die Beobachtungen konnten natürlich nicht bis zum Grunde fortgesetzt werden, mulsten vielmehr zu- Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 73 weilen schon 2 Fufs über demselben wegen des starken Sandtreibens ab- gebrochen werden; gewöhnlich sind sie bis 15 Zoll über dem Grunde fortgesetzt, und man bemerkt, dafs alsdann die Geschwindigkeiten schon sehr bedeutend, also die Curve hier nahe horizontal gerichtet ist. Bei x = 0 ist also der Krümmungs-Halbmesser sehr grofs. In einer mälsi- gen Entfernung vom Grunde krümmt sich aber die Öurve jedesmal sehr auffallend und nimmt von hier ab eine steilere Richtung an, während ihre Krümmung nach und nach immer schwächer wird. Diese Eigenthümlichkeiten veranlafsten mich zu versuchen, ob die Ourve sich vielleicht dem einfachen Ausdruck Ya, Dr anschliefst. Zunächst wurde in dieser Beziehung die längste Beobachtungs- reihe, nämlich die der 14. Lothlinie des Profils E (1792) geprüft. Um jede Willkür zu vermeiden, berechnete ich unter Zugrundelegung der sämmtlichen 43 einzelnen Messungen nach der Methode der kleinsten Quadrate die wahrscheinlichsten Werthe des Exponenten n und des Fac- tors p. Ich fand 1 — ale und p = 2170000 Wenn ich aber nach diesen Werthen für dieselben Abstände vom Grunde die Geschwindigkeiten berechnete, so ergaben sich dieselben, wie in der mit Y überschriebenen Spalte in der im 4ten Abschnitt mitgetheilten Ta- belle angegeben ist. Der wahrscheinliche Beobachtungsfehler betrug nur 0,77, also sehr nahe drei Viertel Zoll. Dieses Resultat war ohne Zwei- fel sehr befriedigend, da die Geschwindigkeiten durchschnittlich 56 Zoll mafsen. In der beikommenden Figur ist die Curve, wie diese Rechnung sie ergab, durch die ausgezogene Linie bezeichnet. Demnächst berechnete ich die Coordinaten desjenigen Punktes der Curve, wo sie am schärfsten gekrümmt oder ihr Krümmungs-Halbmesser ein Minimum ist, sowie auch die Coordinaten des Mittelpunktes dieser Krümmung. Beide sind durch ihre Endpunkte der ausgezogenen geraden Linie in der Figur bezeichnet. Auch hieraus ergiebt sich wieder eine genügende Übereinstimmung mit den Beobachtungen. Math. Cl. 1883. Abh. 1. 10 74 HAGEN: Demnächst kam es darauf an zu prüfen, ob die übrigen Beobach- tungsreihen sich gleichfalls an jenen für die Geschwindigkeiten gefunde- nen Ausdruck anschliefsen. Im Ganzen wurden in 105 Lothlinien diese Messungen ausgeführt, darunter befinden sich indessen verschiedene, die nur wenig ausgedehnt sind und sonach zu keinem sichern Resultat füh- ren können, während andrerseits es auch entbehrlich erschien, die sehr zeitraubenden Rechnungen auf die sämmtlichen Lothlinien auszudehnen. Hiernach habe ich nur diejenigen Reihen berücksichtigt, welche zur Beant- wortung mancher wichtigen Fragen besonders geeignet waren. Dieses sind die in den grölsten Tiefen, von mindestens 18 Fuls, angestellten Messun- gen, sodann diejenigen, in welchen bei genügender Ausdehnung die Ge- schwindigkeiten besonders geringe sind, und endlich die in allen Loth- linien derjenigen 5 Queerprofile ausgeführten Beobachtungen, welche auf- fallend verschiedene Wassertiefen umfassen, aus denen sich also entnehmen liefs, ob und welchen Einflufs die Wassertiefe bei gleichem Gefälle auf die Geschwindigkeit hat. Hiernach wurden für 57 Beobachtungsreihen die wahrscheinlich- sten Werthe der Exponenten und der Factoren, und unter Zugrundelegung derselben für die gleichen Abstände vom Grunde die Geschwindigkeiten berechnet. Aus der Vergleichung der letztern mit den beobachteten Ge- schwindigkeiten ergab sich, dafs der wahrscheinliche Beobachtungsfehler 40 mal unter 1 Zoll blieb und in keinem Fall 2 Zoll erreichte. Die Exponenten » wie auch die Factoren p nehmen nach diesen Rechnungen sehr verschiedene Werthe an. Der Exponent n schwankt meist zwischen 5 und 7, während er im Minimum sich auf 4,1 stellt und im Maximum sogar zweimal gröfser als 20 wird. In noch höherem Grade ändert sich der Factor p, der ohne Zweifel vom relativen Gefälle abhängt. Bei Vergleichung beider Unbekannten läfst sich leicht erkennen, dafs, so- bald die eine einen ungewöhnlich grofsen Werth annimmt, die andre sich gleichfalls auffallend vergrölsert. Die wahrscheinlichen Fehler ihrer Werthe stellen sich aber sehr bedeutend heraus, woher wesentliche Änderungen derselben zulässig bleiben. In den Gesetzen andrer Natur-Erscheinungen pflegen die Exponen- ten nicht nur constant, sondern auch einfache ganze Zahlen oder einfache ächte Brüche zu sein. Im vorliegenden Fall ist dagegen die Erscheinung Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 75 sehr complieirt und unterliegt der Einwirkung äufserer Umstände, die grolsentheils noch wenig bekannt sind. Man mufs daher erwarten, dafs die Gesetze, denen sie sich anschliefst, nicht so einfach sind als jene. Unter diesen Einwirkungen sind namentlich die innern Bewegungen des Wassers von grofser Bedeutung. Es ist bereits erwähnt, wie sehr sie die lebendige Kraft consumiren, welche das Wasser beim Herabfliefsen gewinnt, uud wie sehr dadurch die Geschwindigkeit in der allgemeinen Richtung der Strömung vermindert wird. Von der Heftigkeit dieser innern Bewegungen scheint der Exponent n vorzugsweise abhängig zu sein. Je stärker sie sind, um so mehr wird die strömende Wassermasse in sich vermengt, und um so mehr gleichen die Geschwindigkeiten in der Richtung der fortschreitenden Bewegung der über einander liegenden Schichten sich aus. Diese Geschwindigkeit y wird also in den tiefer lie- genden Schichten vergröfsert, in den obern dagegen vermindert, und hier- nach stellt sich der oberhalb der schärfsten Krümmung befindliche Theil der Geschwindigkeits-Curve steiler aufwärts, als wenn die innern Bewe- gungen schwächer sind. Diese veränderte Form der Ourve bedingt aber einen gröfsern Werth des Exponenten. Dieser ist daher nicht constant, und so lange die Gesetze, denen die innern Bewegungen folgen, nicht er- gründet sind, läfst sich sein Werth nicht allgemeingültig bezeichnen. Es handelt sich indessen gewöhnlich nur um Strom- und Canal- strecken, die ziemlich reselmäfsig geformt sind, in welchen daher beson- ders heftige innere Bewegungen nicht vorkommen. Man darf sonach er- warten, dafs in allen Fällen dieser Art die Exponenten ungefähr dieselben bleiben. Dazu kommt aber noch, dafs ein geringer Fehler bei Bestim- mung ihrer Gröfse keinen wesentlichen Einflufs auf das Resultat der Rech- nung hat. Man ersieht aus den Zusammenstellungen der beobachteten und der berechneten Geschwindigkeiten, dafs die wahrscheinlichen Beob- achtungsfehler w und w' oft ziemlich nahe zusammenfallen, obwohl der Exponent n im letzten Fall gleich 5 gesetzt wurde, während derselbe im ersten gewöhnlich viel gröfser war. Dabei fragt es sich aber, ob bei Ausführung der vorliegenden Messungen die gewählten Queerprofile wirklich in ziemlich regelmäfsigen Stromstrecken lagen. Dieses wird freilich nicht bestimmt ausgesprochen, auch war es keineswegs ein nothwendiges Erfordernils, da der Apparat 10* 76 HAGEN: nur die normal gegen die Profilfläche gerichtete Geschwindigkeit mals, und sonach die innern Bewegungen, wie stark sie auch sein mochten, unbeachtet bleiben durften. Nichts desto weniger ist anzunehmen, dafs man bei der ganz freien Wahl die Profile in die regelmäfsigsten Strom- strecken verlegte. Wenn aber hier, wie früher erwähnt, stellenweise starke Änderungen der Tiefe vorkamen, wodurch in einzelnen Lothlinien die Geschwindigkeiten bei gleichen Abständen vom Grunde viel gröfser oder kleiner waren, als in den übrigen Lothlinien derselben Profile, so ist dieses wohl ein Übelstand, der sich nie ganz vermeiden läfst. Über- haupt darf man nicht erwarten, bei Untersuchung der Bewegung des Wassers gegen verschiedene zufällige Einwirkungen sich so zu sichern, wie dieses wohl möglich ist, wenn nur die Wirkungen bekannter Kräfte in Betracht kommen. Zur Ermittelung des passendsten Werthes des Exponenten benutzte ich diejenigen 14 Beobachtungsreihen, die in Wassertiefen von mindestens 18 Fufs angestellt waren, da die Sicherheit der zu erwartenden Resul- tate von der Anzahl der zum Grunde liegenden Messungen bedingt wird. Hierzu kommt aber noch, dafs bei tieferem Wasser die Geschwindigkeits- Curve sich weiter aufwärts erstreckt, also die Richtung ihres obern Theils, und mit dieser auch der Exponent sich sicherer erkennen läfst. Hieraus ergab sich als wahrscheinlichster Werth n = 5,65. Indem in der ausgedehntesten Beobachtungsreihe, nämlich in der Lothlinie 14 des Profils E (1792), die auch eine sehr befriedigende Über- einstimmung der einzelnen Messungen unter sich zeigt, der wahrschein- lichste Werth des Exponenten sich nur auf 4,37 gestellt hatte, aufserdem es aber auch zweifelhaft blieb, ob die gewählten Queerprofile überhaupt in recht regelmäfsige Stromstrecken verlegt wurden, und dadurch der Exponent denjenigen geringern Werth erhielt, den die technische Anwen- dung der gefundenen Resultate fordert, so schien es passend, den Ex- ponent gleich 5 zu setzen. Die Richtigkeit dieser Voraussetzung bestätigt sich noch in andrer Weise. Der Factor p steht nämlich nach den vorliegenden Beobachtun- gen in keiner Beziehung zur Wassertiefe. Dieses ergiebt sich aus seinen Werthen für die 5 Profile, in welchen die Wassertiefen auffallend ver- schieden waren. Er ist daher allein vom relativen Gefälle abhängig und Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 77 verändert sich nicht, so lange dieses dasselbe bleibt. Da nun während der Ausführung der Messungen in Profil # (1792), in welchem die Wasser- tiefen nahe in dem Verhältnifs von 1:2 verschieden sind, das Wasser weder stieg noch fiel, so ist für dieses am meisten zu erwarten, dafs auch die betreffenden Messungen bei gleichem Gefälle angestellt wurden. Aus den Mittheilungen des sechsten Abschnitts ergiebt sich aber, dafs die Werthe von p sehr nahe zusammenfallen, sobald n —= 5 gesetzt wird. Noch mehr rechtfertigt sich dieser Werth des Exponenten dadurch, dafs die beobachteten Geschwindigkeiten in jenen 12 Lothlinien dieses Profils sich befriedigend darstellen, sobald »n—=5 und für p ein gemeinsamer Werth eingeführt wird. Auch die andern 4 Profile, in welchen die Wassertiefen auffallend verschieden sind, bei denen aber die Änderungen des Wasserstandes auch Änderungen des Gefälles während der Messungen vermuthen lassen, nä- hern sich die Factoren jedesmal einander, sobald der Exponent gleich 5 gesetzt wird. Mehrfache Versuche, dafür 6 zu wählen, ergaben zwar keine we- sentlich verschiedenen Resultate, doch wurden alsdann meist die wahr- scheinlichen Beobachtungsfehler #' etwas gröfser, und die Factoren p' wichen stärker von einander ab, als bei der Annahme n = 5. Endlich mufs noch darauf aufmerksam gemacht werden, dafs bei Annahme dieses Werthes des Exponenten unter den 57 berechneten Beob- achtungsreihen, sich nur 6 befinden, in welchen die wahrscheinlichen Beobachtungsfehler gröfser als 2 Zoll sind und im Maximum sich auf 2,45 Zoll stellen. Von diesen Überschreitungen fallen aber 5, und dar- unter auch die grölste, in das Profil A (1790), das zuerst gemessen wurde, und worin die Abweichungen der Geschwindigkeiten unter einander auf besonders starke Unregelmäfsigkeiten im Strombette schliefsen lassen. Hiernach darf man wohl annehmen, dafs in ziemlich regelmäfsigen Stromstrecken die Gesehwindigkeiten durch den Ausdruck yY—p® befriedigend dargestellt werden. Die in dieser Weise für jene Lothlinie 14 in Profil # (1792) sich ergebende Curve und deren Krümmung zeigen die unterbrochenen Linien in der beigefügten Zeichnung. 78 HAGEN: Dieses Resultat gewinnt noch dadurch an Bedeutung, dafs es zeigt, wie eine einzige Geschwindigkeits-Messung genügt, um die mittlere Ge- schwindigkeit der ganzen Lothlinie zu finden. Diese mittlere Geschwin- digkeit v einer Lothlinie von der Tiefe ? ist, wie bereits im vierten Ab- schnitt angegeben wurde, also, wenn n = 5, = 3Ypt Hat man in einer gewissen Tiefe, also in einem bekannten Ab- stande x vom Grunde, die Geschwindigkeit y gemessen und kennt sonach y und x, so ergiebt sich y> r: und hieraus nach vorstehendem Ausdruck auch v. Es dürfte sich beson- ders empfehlen, die Geschwindigkeit der Oberfläche durch frei treibende Schwimmer zu messen. Nennt man diese Geschwindigkeit c, so ist jene 5 a also ganz unabhängig von der Wassertiefe. Endlich läfst sich auch die mittlere Geschwindigkeit unmittelbar messen; dieselbe ist nämlich einem gewissen y gleich, und es fragt sich daher nur, wie grofs das zu diesem y = v gehörige x ist. n Ne Vp& n n nl daher dieses n n a ( let RS oder, wenn n —= 5, © AH NT In dem Abstande 0,4.? vom Grunde oder in der Tiefe 0,6. unter dem Wasserspiegel kann man sonach unmittelbar die mittlere Geschwindigkeit messen. Geschwindigkeit des strömenden Wassers in verschiedenen Tiefen. 79 Noch in andrer Beziehung läfst sich unter Umständen aus dem gefundenen Ausdruck der Geschwindigkeits-Öurve ein wesentlicher Vor- theil ziehn. Oft ist es nämlich nöthig, die bei einem gewissen Wasser- stande gemessene Wassermenge auf einen etwas höhern oder niedrigern Wasserstand zu reduciren. Bei den vorliegenden Messungen trat dieses Bedürfnifs in der That ein, und Brünings nahm an, dafs nicht nur die Gefälle, sondern auch die mittleren Geschwindigkeiten der Lothlinien bei der veränderten Wassertiefe dieselben geblieben seien. Die erste Vor- aussetzung bleibt wohl immer bedenklich, die zweite ist dagegen nach den Resultaten dieser Beobachtungen nicht ganz richtig. Aus diesen er- giebt sich, dafs bei gleichen Gefällen in zwei Lothlinien, deren Tiefen ? und £-+ r sind, die mittleren Geschwindigkeiten sich verhalten wie 5 ey Vt S Vt —+-T und wenn r vergleichungsweise gegen ? so klein ist, dafs man die höhern ex SER Potenzen von = vernachlässigen darf, so hat man vv —=1:1+- re Ka 51 also ° da m. le ie aha Kann en DraRee. hi Te ee fa | R r r > ae en Ri ne Dir nr Bu DL, j ; < 6 Y = 5 urdlich Wald ac wg n InuE char Gira, nos: Dianitw. bi nansiih un down er, a ru ehe jünrs ir pa, An ler co grob kn bi ri er ir = ee 55 " I j Ne J ji RN in - ; Male u an r | ' k 7 a n Ir a ZRT i BINTM: Te DA 4 Mi Fl Ki li ine ah Wi klin Mabak phane ro anal. AA! rn ae h ie ’ vs \ ’ 7 x 0000911% = Rh 0000, 1E = ey "YoZz 9 Uuoa ZayUuls pa wssounb puma woA wobumanjpurg GO. 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Und in diesem Hinweis auf die Richtung, in der die Fort- schritte der Zahlentheorie zu suchen sind, besteht vielleicht der wichtig- ste Nutzen, den die Anwendung der Analysis auf die höhere Arithmetik gewährt, da bei Beschäftigung mit dieser Disciplin die Gefahr sehr nahe liest, sich in mülsige Speeulationen zu verlieren, falls man nicht den Weg systematischer Untersuchung einschlägt, wie er von Gaufs der Wissen- schaft vorgezeichnet ist. Aber so werthvoll auch die durch die Analysis gewonnenen arithmetischen Resultate sind, so ist doch die auf diesem * Anmerkung. Die vorliegende Abhandlung habe ich in der Gesammtsitzung der Akademie am 13. December 1866 vorgetragen (vgl. Monatsbericht vom December 1866). Ich habe beim jetzigen Abdruck des damals vorgelegten Manuscriptes nur einige erläu- ternde Ausführungen hinzugefügt (vgl. Sitzungsbericht vom 19. Juli 1883). il= a KRONECKER: Wege gewonnene Erkenntnifs in gewisser Hinsicht mangelhaft. Grade das Wunderbare, welches den mit Hülfe der Analysis erlangten Re- sultaten anhaftet, zeigt, dafs die natürliche Quelle der Erkenntnifs noch nicht gefunden ist, und um diesen den analytischen Methoden anhaftenden Mangel zu beheben — nicht um blofs eine neue Herleitung bekannter Resultate zu gewinnen — lohnt es den rein arithmetischen Weg zur Ergründung derselben zu suchen. Dafs hierdurch die wissenschaftliche Erkenntnifs in der That wesentlich gefördert wird, zeigt sich am deut- lichsten bei jenen Dirichlet’schen Ausdrücken für die Anzahl der ver- schiedenen Classen quadratischer Formen und bei ähnlichen Beziehungen zwischen verschiedenen Zahlen, welche unter dem Begriffe der „Anzahl“ gewisser zahlentheoretischer Bestimmungen auftreten. Ein solcher Zusam- menhang zwischen der Anzahl verschiedener Arten von Bestimmungen lälst nämlich eine Beziehung zwischen diesen Bestimmungen selbst vermuthen, und wenn diese wichtigere Beziehung gefunden ist, so ergiebt sich die für die Anzahl als blofses Corollar. Freilich ist bisher bei den Dirichlet’schen Ausdrücken für die Classenanzahl der quadratischen Formen vergebens nach solchen Beziehungen gesucht worden, aber bei denjenigen, welche mir die Theorie der complexen Multiplication der elliptischen Functionen geliefert hat, ist mir durch die Analysis selbst zugleich ein Hinweis auf die arithmetische Quelle der erlangten Resultate gegeben worden. Ich habe dadurch einen rein arithmetischen Beweis jener Formeln für die Classenanzahlen quadratischer Formen von negativer Determinante gefun- den, welche ich auf Grund der analytischen Herleitung in früheren Mittheilungen gegeben habe, und ich habe die Beweismethode selbst nach mannigfachen Bemühungen der Fremdartigkeit ihres analytischen Ur- sprungs in ähnlicher Weise entkleidet, wie es Dirichlet bei der Verein- fachung des Jacobi’schen Beweises für die Darstellung der Zahlen als Summen von vier Quadraten gethan hat“). *) Sur l’equation ?+wW+v+w’—= 4m. Extrait d’une lettre de M. Lejeune- Dirichlet a M. Liouville. Liouville’s Journal, 2. Ser. I. Band 1856. on Über bilineare Formen mit vier Variabeln. $1. Man kann die bilinearen Formen in arithmetischer Beziehung ebenso behandeln, wie die quadratischen, vorausgesetzt, dafs man nur solche Transformationen zuläfst, welche für beide Systeme von Variabeln iden- tisch sind. Auf diese Transformationen bin ich erst bei allgemeineren Untersuchungen gekommen, über welche ich der Akademie am 15. Octo- ber d. J. eine Mittheilung gemacht habe“), aber sie haben auch schon für den einfachsten Fall der Formen mit 2 Systemen von je 2 Variabeln eine interessante Bedeutung. Wenn die bilineare Form: Ax,y, + Bay, — Or, Y, + D3,Y, durch die Substitution (; a) in dıe Form: Aw, y, + Bay, — O'%y, +D%,Y, übergeht, so gelten zwischen den Coefficienten der beiden Formen fol- gende Relationen: Aa®+(B—()ay+Df—=4, Aaß—+ Bad— Ohy+Dyd—=B', Ae«ß+ Boy — lad + Dyd = —(", AB + (B—C)ßd—+ DE = D!. Bezeichnet man die Determinante der bilinearen Formen mit A, so ist: A — (ed — By)?.A'; es ist aber aufserdem noch derjenige aus den Ooäffieienten der Form ge- bildete Ausdruck zu berücksichtigen, auf welchen die vorhin erwähnte allgemeine Theorie der bilinearen Formen geführt hat, nämlich die Deter- terminante: A(u+v) , Bu—ÜCv Bv—Cu , D(u+v) d.h. A(u+v)’ — (B+Ü)’uv oder (AM) (u—v) + 9(u+v), wenn 5 die negative Determinante der quadratischen Form (A, 4(B—C),D) *) Vgl. den Monatsbericht vom October 1866, S. 597 u. figde. 6 e KRONECKER: bedeutet. Diefs ist also eine „determinirende quadratische Form“, welche bei der Untersuchung der bilinearen Formen hinzuzunehmen ist. Nennt man zwei bilineare Formen mit ganzzahligen Coöfficienten äquivalent, sobald sie durch eine Substitution mit der Determinante 1 in einander übergehen, und unterscheidet man hierbei genau wie bei den quadratischen Formen durch das Vorzeichen der Determinante die eigent- liche und die uneigentliche Äquivalenz, so sieht man, dafs das zu einer und derselben determinirenden Form gehörige System unter einander nicht äquivalenter bilinearer Formen mit dem Systeme quadratischer Formen der Determinante 9 im Wesentlichen übereinkommt. Da nun die Anzahl der Werthe von #, welche bei gegebenem Werthe von A eine positive determinirende Form ergeben, begrenzt ist, so folgt, dafs die Gesammt- anzahl aller unter einander nicht äquivalenter bilinearer Formen einer be- stimmten positiven Determinante endlich ist, wenn man nur diejenigen nimmt, für welche auch die determinirende Form positiv ist. Die arith- metische Herleitung dieser Classenanzahl bilinearer Formen ist es, welche den Gegenstand der folgenden Paragraphen bildet, und es leuchtet schon nach den bisherigen Ausführungen ein, dafs diese Classenanzahl nichts anderes ist, als die Summe von Classenanzahlen quadratischer Formen für eine gewisse Reihe negativer Determinanten, die sich nur um voll- ständige Quadrate von der Determinante der bilinearen Form unter- scheiden. Diese Betrachtung wirft ein ganz neues Licht auf den Zusam- menhang der einzelnen Determinanten jener Reihe, sie liefert dafür eine unmittelbare zahlentheoretische Bedeutung und zeigt die naturgemälse Ver- bindung zwischen den einzelnen Gliedern der Reihe von Determinanten auf, zu welcher mich lange vorher die Methoden der Analysıs geführt hatten. Aber diese Methoden haben zugleich die Anleitung dazu gegeben, die Unterscheidungen in besondere Arten von Äquivalenz der quadrati- schen oder der bilinearen Formen noch weiter zu führen, als es durch Gauls im Gegensatz zu Legendre geschehen ist, und es wird diese weitere Unterscheidung jetzt vor allen Dingen anzugeben sein, um dar- nach den wahren Begriff der Classenanzahl festzustellen. Es dürfte hier auch der Ort sein, mit kurzen Worten die allgemeinsten Gesichtspunkte für die Unterscheidungen zu entwickeln, welche man bei dem arithme- tischen Begriffe der Äquivalenz von Formen überhaupt machen kann. % Über bilineare Formen mit vier Varrabeln. 7 Ich knüpfe hierbei an die Methode an, welche ich in meiner Mit- theilung vom 15. October d. J. für die Zerlegung eines beliebigen ganz- zahligen Substitutionssystems in elementare gegeben habe*). Wenn ein sol- ches Substitutionssystem von der »nten Ordnung die Determinante + 1 hat, aber sonst keinerlei einschränkenden Bedingungen unterworfen ist, so kann es in eine Folge von n elementaren Systemen zerlegt werden, von denen n—1 nur eine Permutation der Variabeln x, ,... x, bewirken, während das nte die Transformation x, —+ x, für x, ergiebt. Da nun jede Unterscheidung in verschiedene Arten von Äquivalenz auch für diese ele- mentaren Systeme gelten muls, andrerseits aber wegen der Zerlegung jedes beliebigen Systems in elementare eine solche Unterscheidung der elemen- taren Systeme selbst auch für die allgemeine Bestimmung der Äqui- valenz hinreichend ist, so brauchen eben nur diese letzteren untersucht zu werden. Zu diesem Behufe werde ich die verschiedenen Arten von Äquivalenz als „unvollständige“ bezeichnen, um diese neue Begriffsbestim- mung von der Gaufs’schen „uneigentlichen Äquivalenz“ zu unterscheiden. Eine Zusammensetzung einer endlichen Anzahl bestimmter Systeme, wel- che unvollständige Äquivalenz constituiren, muls stets ein solches ergeben, für welches vollständige Äquivalenz stattfindet, denn die Anzahl der Ar- ten soll endlich sein, und das identische System (x, = x,) muls natür- lich stets als ein System für vollständige Äquivalenz gelten. Hiernach bleiben nur folgende Bestimmungen möglich: erstens kann erst die Zu- sammensetzung von v Systemen («| = 2,—+x,) vollständige Äquivalenz ergeben, und zweitens kann erst eine gewisse Folge von Systemen der ersten Art zu einem Systeme für vollständige Äquivalenz führen. Die er- stere Bestimmung liefert eine Unterscheidung der Transformationssysteme nach den verschiedenen Resten, welche die Zahlenelemente modulo v las- sen, die letztere Bestimmung ergiebt eine Unterscheidung nach den ver- schiedenen Permutationen der Variabeln, welche man erhält, wenn man nach der Zerlegung eines beliebigen Systems in elementare alle diejeni- gen wegläfst, welche zu der Transformation © = x,-+-x, gehören. Grade diese letztere Weise der Unterscheidung vollständiger und unvollstän- diger Äquivalenz ist sehr bemerkenswerth, weil sie bei der Behandlung *) Vgl. den Monatsbericht vom October 1866, S. 608 und figde. 8 KRONECKER: der Formen einem wesentlichen Mangel abhilft, den dieselbe gegenüber der Theorie der complexen Zahlen bisher gehabt hat, und weil sie auch auf die nicht zerlegbaren Formen aller Grade gleichmäfsig Anwendung findet. Das Bedürfnifs zu dieser oder jener Weise der Unterscheidung verschiedener Arten von Äquivalenz ist freilich einzig und allein aus der behandelten Theorie zu entnehmen, und zwar in der Weise, dafs man jene Unterscheidung so weit zu entwickeln hat, bis fernere Unterschei- dungen nur eine Vervielfachung — aber keine andere Modifieation — der Ölassenanzahl ergeben *). In dem hier zu behandelnden Falle ist nur eine Unterscheidung nach der ersteren von den oben angegebenen Weisen nöthig, und zwar eine solche, welcher die verschiedenen Charaktere der Substitutionsele- mente modulo 2 zum Grunde liegen, genau so wie es bei der Transfor- mation der elliptischen Functionen erforderlich ist. Nur die arithmeti- sche Bedeutung dieser verschiedenen Arten von Äquivalenz tritt durch die vorstehenden allgemeineren Ausführungen ans Licht, und es zeigt sich na- mentlich, dafs zwar für die Betrachtung quadratischer Formen einer und derselben Determinante, wie sie eben bei Gaufs nur vorkommt, die von ihm gemachte Unterscheidung genügt, dafs aber die Anzahl der verschiede- nen Olassen bilinearer Formen einer und derselben Determinante, wel- che zugleich ein Aggregat von Classenanzahlen quadratischer Formen ver- schiedener Determinanten ist, bei Einführung jener Arten von unvollstän- diger Äquivalenz noch alterirt, und dass defshalb nach dem oben Gesag- ten eben diese Einführung nöthig wird. $ 2. Wenn man die Substitutionssysteme Bee je nach den verschiede- y nen Resten unterscheidet, welche die Elemente modulo 2 haben, so giebt es sechs verschiedene Arten solcher Systeme, welche durch folgende, ihnen modulo 2 congruente, charakterisirt sind: 1,0 0 16 ag 0,-1 1240 Ko ; " Mi ; , i ee) Ä (\ : h) : kann) *) Vgl. die Ausführungen am Schlusse des $ 24 (S. 107) in meiner Festschrift zu Herrn Kummer’s Doctor-Jubilaeum. Journal für Math. Bd. 92. Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 9 Diese haben sämmtlich die Determinante +1, und jedes System e kann aus demjenigen dieser sechs Systeme, durch welches es charakteri- 10 sirt wird, und aus einem durch 8 ) charakterisirten Systeme zusammen- ß BR gesetzt werden. Denn wenn [””°) dasjenige von den sechs Systemen $ an‘ jenig y bezeichnet, welches dem gegebenen Systeme (5) modulo 2 congruent ist, d. h. für welches: Velen er. (mod. 2) ist, so läfst sich offenbar ein System IS) bestimmen, für welches: 9) y9 yo %) \yı 9 d.h. «= 9 + Bıyı , B= wbı + Boca, y=Yyhth-tdyı , d= ee ehen N und dabeı: BE 0 Sr ee (mod. 2) wird. Ebenso wie für die Determinante +1, giebt es auch sechs mod. 2 verschiedene Arten von Substitutionssystemen mit der Determinante — 1; diese sind durch die Systeme: 0,1 Br ua 1 2700 0%1 (ei) ; = u j Di) ö 5) i (\ s ı) [ kına) charakterisirt. Die aufgestellten zwölf Systeme bezeichnen zugleich die verschie- denen Arten der Äquivalenz der mittels derselben transformirten Formen; und es soll demgemäls aufser jener von Gaufs herrührenden Unterschei- dung zwischen eigentlicher und uneigentlicher Äquivalenz noch eine fer- nere Unterscheidung von „vollständiger“ und „unvollständiger“ Äquivalenz eingeführt werden. Es sollen nämlich zwei Formen einander vollstän- dig äquivalent genannt werden, wenn sie mittels einer durch das erste 0.8 10 der ersteren sechs Systeme charakterisirten, also dem Systeme al mO- dulo 2 congruenten Substitution in einander transformirt werden können. Math. C1. 1883. Abh. II. 2 10 KRONECKER: Andernfalls soll die Äquivalenz als eine unvollständige, und zwar als eine eigentliche oder uneigentliche unvollständige Äquivalenz bezeichnet werden, je nachdem die Determinante der Substitution, mittels deren die eine Form in die andere transformirt wird, den Werth —+1 oder —1 hat. Wendet man diese Begriffsbestimmung auf binäre quadratische For- men negativer Determinante an, so gehören zu jeder Form: aa? 2bxy—cy’ oder (a,b,c), in welcher alle drei Coöfficienten @,b,c positiv vorausgesetzt werden, folgende 5 ihr eigentlich aber unvollständig äquivalente Formen: n (C,;—b,0a) ; (a,b—a,a—2b-+-c) ; (e,c—b,a—2b-c) ; U) i { (a—2b+c,a—b,a) ; (a—2b+c,b—c,c); sowie die 6 der Form (a,db,c) uneigentlich und unvollständig äquivalen- ten Formen: gen (a,—b,c); (e,b,a); (a, a—b, a—2b—+ec);(c,b —c, a—2b—+-c); 2 (a—2b+c,b—a,a) ; (a—2b+c,c—b,c). Unter diesen Formen können einige nur .dann zugleich einander vollstän- dig äquivalent sein, wenn sie überhaupt Transformationen in sich selbst zulassen. Es sind also nur die Ambigen zu untersuchen. Von den 12 einander im Allgemeinen nicht vollständig oder eigentlich äquivalenten Formen sind nun für Ambige je zwei einander vollständig äquivalent; aber in den Fällen, woa=c= 25 ist, sogar je 6 und in den Fällen, wo «= c und 4 —=0 ist, je 4. Diese besonderen Fälle begründen, wenn nur die einander vollständig äquivalenten Formen zu einer und derselben Classe gerechnet werden, die Verschiedenheit der Anzahl dieser Classen von der Anzahl derjenigen Classen quadratischer Formen, welche gemäls der Gaufs’schen Definition alle einander eigentlich (vollständig oder unvollständig) äquivalenten Formen umfassen. Über bilimeare Formen mit vier Variabeln. 11 53. Auch auf die Reduction der Formen hat die Unterscheidung zwischen vollständiger und unvollständiger Äquivalenz einen wesentlichen Einfluss, da nicht für jede Form eine ihr vollständig äquivalente existirt, welche den gewöhnlichen Lagrange’schen Bedingungen reducirter Formen: em = (0b), genügt. Aber es läfst sich für jede Form eine ihr vollständig äquivalente bestimmen, deren Coöfficienten a, , b, , «, die Bedingungen: 2 2 2 2 sb ’ ab, erfüllen. Denn wenn a 2a22b>0 genügen, diese Form (a,b, c) selbst, so wie die übrigen 11 oben aufge- stellten ihr unvollständig äquivalenten Formen „Reducirte“, in dem hier eingeführten Sinne, sind. Denn alle 12 „zusammengehörigen“, unter ein- ander unvollständig äquivalenten Formen: (a,b ,0;(e, b, a) ; (a, =(b—a),a—2b-.c); €) (e, &(c—b) , a—2b-+e); (a—2d5+c,&(a—b),a) ; (a —2db+c,(b—e),c) haben dann die Eigenschaft, dafs der absolute Werth des mittleren Co&f- ficienten nicht gröfser ist als der absolute Werth jedes der beiden äufse- ren Coöffieienten. Da nun jede positive Form (a, b', c') mittels irgend einer Substitution (5) der Determinante = 1 in eine den Bedingungen: c>a>2b>0 genügende Lagrange’sche Reducirte (@,b,c) transformirt werden 14 vKRONECKER: kann, und da eine der 12 Substitutionen, mittels deren die 12 zusam- mengehörigen Formen (X) in die erste derselben, nämlich in (a,b, c), übergehen, jener Substitution ® ;) „ähnlich“ und zugleich modulo 2 con- gruent sein muss, so folgt unmittelbar, dass jede Form (a', b', c') in eine 10 01 übergehen, also dieser Form vollständig äquivalent sein mufs. Alle diese 12 zusammengehörigen Formen (X) sind aber, wenn (a,b,c) den Bedin- gungen: dieser 12 Formen mittels einer durch ( ) charakterisirten Substitution c>2a>z2b>V0 genügt, Reducirte (in dem hier eingeführten Sinne), und es ist daher in der That jede Form («a‘,d', c') einer Form (a,,b,,c,), welche den Be- dingungen: Isl=1&1, Iol=1%l genügt, vollständig äquivalent. Überdies hat sich gezeigt, dass eine sol- che Form (a, ,b,,c,), falls sie positiv und also a, und ce, positiv ist, eine der 12 zusammengehörigen, unter einander vollständig äquivalenten Re- ducirten bildet, von denen eine zugleich eine Lagrange’sche Reducirte mit lauter nicht negativen Coefficienten ist. Es soll nun zweitens gezeigt werden, dass für jede „Aeducirte® (a,;d,,c,) mit lauter nicht negativen Coöfficienten, d.h. für jede Form, deren Coöfficienten den Bedingungen: ao, 25, 0m cc ben genügen, stets eine der 6 zusammengehörigen Formen: (a, ’ b, ’ C) 3 (& ’ ’ a) ; (a, ’ ,— 4, ’ — 26,4 6) 3 (c WC b, ’ a,— 25, 6,) 3 (a, —25,+ Co» 00, ’ a) 3 (— 25,4% ’ b,—& ’ 6) ’ eine Lagrange’sche reducirte positive Form (@,b,c) ist, dass also de- ren Coöfficienten die Ungleichheits-Bedingungen: c>a>]|2b| erfüllen. — Der Voraussetzung nach ist (a, ,b,,c,) eine Form, in welcher die Coöfficienten den Bedingungen genügen: Über bihineare Formen mit vier Variabeln. 15 0E Vega: Dabei können folgende Fälle eintreten: Ban ae, Tale ane rn ec, »V-U-c.=3 IR LE ERS NR Tee 2 und es ist dann je nach den sechs unterschiedenen Fällen je eine der sechs Formen: 1, (a, , b, ’ 2) ’ 3, (a, ’ 6,4, ’ NEN ) 5, (,— 25,46, > in a)» 2,6, 9 5, u 28,46%), (m, 28, 7%,5, in An und zwar in der entsprechenden Reihenfolge, eine Lagrange’sche Redu- cirte. $ 5. Es ist im vorigen Paragraphen gezeigt worden, dafs sich stets eine Lagrange’sche Reducirte unter den ersten 6 mit (a, ,b,,c,) zusammen- gehörigen Formen befindet, wenn (a, , db, ,c,) keinen negativen Üoöfficien- tem hat und eine Aedueirte (im hier eingeführten Sinne) ist. Wenn also eine andere Redueirte mit lauter nicht negativen Coöfficienten (a, , b, ,€,) der Reducirten (a,,b,,c,) vollständig äquivalent ist, so mufls nicht nur unter den 6 ersten”) mit (a,, 5, ,c,) zusammengehörigen Formen, sondern auch unter den 6 ersten von denjenigen, welche als mit (a, ,b,,€,) zu- sammengehörig bezeichnet sind, eine Lagrange’sche Reducirte von (a, ,b,, ce) vorkommen. Giebt es mehr als eine Lagrange’sche Redu- eirte, so unterscheidet sich die eine von der andern nur durch das Vor- zeichen des mittleren Coöfficienten“*), und da genau derselbe Unterschied zwischen je einer der 6 ersten und je einer der 6 folgenden ***) zusam- mengehörigen Formen besteht, so folgt zunächst, dass eine und dieselbe Lagrange’sche Reducirte von (a) ,d,,c,) sowohl unter den 12 zusam- mengehörigen Formen von (a) ,b,,c,) als auch unter denen von (a, ,b,,€,) *) Es sind dies die oben mit (W) bezeichneten Formen. **) Vgl. Gaufs, Disquisitiones Arithmeticae art. 172. ***) Es sind dies die oben mit (2(”) bezeichneten Formen. 16 KRONECKER: vorkommen muls, und hieraus folgt endlich, dafs die Form (a, ,b},c,) selbst sich unter den 12 mit (a, ,b,,<,) zusammengehörigen Formen be- finden mufs. Es ergiebt sich daher, dafs überhaupt zwei verschiedene, (im hier eingeführten Sinne) re- dueirte, positive Formen d. h. zwei Formen, deren äufsere Cotfi- cienten positiv und nicht kleiner als der absolute Werth des mitt- leren sind, nur dann einander vollständig äquivalent sein können, wenn sie zugleich „zusammengehörige Formen“ sind, d. h. wenn beide unter den 12 zusammengehörigen Formen: (a, &b,0);(c,&b,a) ; (a,=_(b—a) ,a—2e.bd-+.c); (e, E(e—eb) , a—2:.b—+c) ; (a—2.db+c,&(a—eb), a); (a—2e.b+c, = (eb—c), ec) vorkommen, in denen, wie oben, e= 1 und zwar das Vorzei- chen von 5 ist. Die allgemeine Frage, ob irgend zwei Redueirte einander vollständig äqui- valent sein können, ist hiernach auf die speciellere zurückgeführt, in wel- chen Fällen eine Reducirte (a, ,b,,€,) in eine mit ihr „zusammengehörige“ 2 a e 8 10 Rediucirte durch eine der Substitution " congruente Substitution übergehen kann. Da aufserdem ein solcher Über- ) ähnliche und zugleich mod. 2 gang mittels einer jener 11 Substitutionen bewirkt werden muls, welche von irgend einer Form zu den 11 ihr unvollständig (eigentlich oder un- eigentlich) äquivalenten führen, so mufs die Form (a, , b,,€,) in sich selbst transformirbar sein; deren Lagrange’sche Reducirte muss daher eine Jorma anceps sein, und ihr mittlerer Coefficient mufs entweder gleich Null oder dem absoluten Werthe nach gleich dem halben ersten Coeffi- cienten sein. Demgemäfs ist nur zu untersuchen, ob und welche der mit: (@,0,c) oder (@5b,b,e) zusammengehörigen Formen einander vollständig äquivalent sind. Unter den mit (@,0,c) zusammengehörigen kommen die 2 Formen: RD) je zwei Mal und die 8 Formen: (a, &a,a+c) ; (,&c,a+e) ; (a+c,=a,a) ; (a+c,=c,ec) Über bilineare Formen mit vier Variabem. 17 je ein Mal vor. Jede dieser 8 Formen ist ihrer entgegengesetzten voll- ständig äquivalent; denn die Form (@,«@,a@-+-c) geht mittels der Substi- z 1a=80N y. R = er tution r - ) in (a,—qa,a-+-c) über. Die 12 zusammengehörigen Formen werden also hier durch 2 Paar identische und durch 4 Paar einander vollständig äquivalente Formen gebildet und ergeben also nur 6 einander nicht vollständig äquivalente Formen. — Für den speciellen Fall a c erhält man die Form: (a0, @) vier Mal und die 4 Formen: (a, ==40.20) , Gase usa), von denen je 2 entgegengesetzte einander vollständig äquivalent sind, je zwei Mal. In diesem speciellen Falle giebt es also nur 3 einander nicht vollständig äquivalente zusammengehörige Formen. Unter den mit (25,b,c) zusammengehörigen Formen, in denen b>0 ist, kommt jede der sechs Formen: EbRe=,to)i; (e,=eEb,28) 5, (e,=e(b->6),0)s von denen keine der andern vollständig äquivalent ist, zwei Mal vor. Aber für den speciellen Fall ce = 2b kommt jede der Formen: (aba, ==n.,.2D) sechs Mal vor. Die Anzahl der einander nicht vollständig äquivalenten zusammengehörigen Formen ist also in diesem speciellen Falle nur gleich zwei. Hiernach findet nur zwischen Redueirten (a, , 4, , €) » (% 5; — > &) sowie zwischen Redueirten (a, ,C,, 6) > (4; — €, , %,) vollständige Äquiva- lenz statt, d.h. also nur zwischen Reducirten, die einander entgegenge- setzt sind, und deren mittlerer Coöfficient seinem absoluten Werthe nach gleich einem der beiden äulseren ist. $ 6. Fafst man nur diejenigen quadratischen Formen einer negativen Determinante —9, welche einander vollständig äquivalent sind, in eine Classe zusammen, so ist die Anzahl der verschiedenen Olassen, gemäls Math. Ol. 1885. Abh. 11. 3 18 KRONECKER: den in den vorhergehenden Paragraphen enthaltenen Ausführungen, genau gleich der Anzahl der Redueirten (a,,b,,c,), wenn man von je zwei Redueirten (a,, &a,,c,) sowie von je zwei Reducirten (a,,€,,€,) nur je eine beibehält. Eben dieselbe Olassenanzahl wird hiernach durch die Anzahl der Zahlensysteme (a, ,b,,c,) ausgedrückt, welche die Gleichung: ou — I erfüllen, und für welche db, zugleich zwischen den Werthen —a, und 4-+a, und zwischen den Werthen Z—c, und 4—+c, liest. Die Anzahl dieser Zahlensysteme ist aber offenbar gleich der Anzahl der Systeme (a,b,c), wofür: ac—b—9, c>azb>0 ist, wenn man diese Systeme im Allgemeinen 8fach, in den Grenzfällen ce=a oder a=bdb oder b=0: 4fach, im Falle c=a und 5b=0 aber: 2 fach zählt. Denn aus diesen Zahlensystemen (a,b,c), wofür c2a2b>0 ist, gehen jene Zahlensysteme (a,,d,,c,) hervor, indem man erstens, falls ce >a ist: ,=4,.o=t, oder w— 4, =—C, oder w—c, —aU oder „= — €, = —4 nimmt, und indem man zweitens für jede dieser 4 Annahmen b, = b oder db, = —b setzt, falls ba>b>0 wird, wenn diese Systeme ım Allgemeinen 4fach, sure ra odenna,—, baden 5 — 02.0. . Zach, Kurse a, und 0 lfach gezählt werden. Eine analoge Bestimmung kann auch für die Function F(n) gegeben wer- den. Hierfür ist zuvörderst zu bemerken, dafs stets, wenn in einer Form (a,b,c) wenigstens einer der äulseren Coöfficienten ungrade ist, genau in dem dritten Theil der mit (@,b,c) zusammengehörigen Formen die *) An der eitirten Stelle meines Aufsatzes (Journal für Mathem., Bd. 57, S. 251) ist die entsprehende Relation in der hier angegebenen Weise zu berichtigen. ae 20 KRONECKER: Summe der beiden äufseren Coöffieienten grade ist. An Stelle der Be- dingung, dafs mindestens einer der beiden äufseren Öoöfficienten ungrade sein soll, kann also die Bedingung, dafs deren Summe ungrade sein soll, eingeführt werden; die Anzahl der verschiedenen Classen einander nicht vollständig äquivalenter Formen (a@,b,c), für welche diese Bedingung: a-+-c=1 (mod. 2) erfüllt ist, wird alsdann durch sF(n) ausgedrückt. Hiernach kann F(r) dadurch definirt werden, dals 2F(n) gleich der Anzahl der Systeme von Zahlen a,b,ce ist, wofür: ac—b—=n,c>azb>z0,a-+c=1 (mod. 2) wird, wenn diese Systeme im Allgemeinen 2fach, aber;-für; u = b oder 30 azb>0,a+c=1 (mod. 2) ist, können in drei Gruppen getheilt werden, je nachdem: a>2b oder a<2ba=zb>o0 und a+c=1ı (mod. 2) ist, entspricht im Allgemeinen ein zweites (ad, b', c'), in welchem, wenn a ungrade ist, "—=c—b und a’ der kleineren, c’ aber der gröfseren von den beiden Zahlen a«—2b-+c und c gleich zu nehmen ist. In analoger Weise sind, wenn c ungrade ist, für b', ad’, c' die Zahlen: a—b,a—2b+c,a zu nehmen. Solche zwei entsprechende Systeme (a,b,c) liefern eine und dieselbe Lagrange’sche Reducirte; aber die beiden Systeme sind in besonderen Fällen identisch. Um dies genauer darzulegen, seien (a, , b, , C,) die sämmtlichen Systeme von Zahlen, welche die Bedingungen: 2 — u, — db =Nn, ,v>w,25,20, W+,=1 (mod. 2) erfüllen, und (a, ,b,,c,) die Systeme von Zahlen, für welche 2 . . a,—b=n,e>2a>2b,>0 und nicht a, und c, zugleich grade . 0. . » x ist. Setzt man nun für irgend eines der Systeme (a, ,b,,c,): oder: u =, zb, uber, oder: ER LE an a ee so sind die für a,,b,,c, festgesetzten Bedingungen: 2 ——— , >= ld N > a0 stets erfüllt, aber die Bedingung @,—+ c,= 1 (mod. 2) nur bei genau 2 von den gemachten Annahmen. Geht man andrerseits von einem der Systeme (a,,b,,€,) aus, so wird stets durch eine und nur durch eine 22 KRONECKER: der gemachten 3 Annahmen ein System (a, ,b,,e,) definirt, welches den dafür festgesetzten Bedingungen genügt. Je einem System (a,,b,,c,) entsprechen daher genau je zwei Systeme (a,,d,,c,); und dies findet auch für die Grenzfälle: a Mo gderd, — 0 c=a, oder a —=2b, oder 5, —0 statt, wenn man die Zahlensysteme (a,b,c) überhaupt zweifach, in die- sen Grenzfällen aber nur einfach zählt. In den Grenzfällen: a,— b, oder d), = 0 wird nämlich stets 5, —=0, während für die Grenzfälle: rn odenNg 2, die 2 entsprechenden Systeme (a, ,b,,,) mit einander identisch werden, nämlich: (a,,d,,C) = (a, —d, ,2(a, —b,)) für, = e, (Ne für sa und jedes dieser Systeme ist zweifach zu zählen, sobald nicht a, — b oder 5, = 0 wird, ein Fall, der nur eintritt, wenn: 0) a, — ce, und 5, —0 ako 06, , 20, wird. In diesem einzigen Falle entspricht also einem nur einfach zu zählenden Systeme (a, ,b,,c,) auch nur ein einziges, ebenfalls einfach zu zählendes System (a,,b,,c,). Sobald daher Systeme: (&,0.,0) unter den Systemen (a, ,b,,c,), oder also Systeme: (@, @% 20) unter den Systemen (a,,d,,c,) vorkommen, d. h. also sobald n — da @ = n sein muls — ein ungrades Quadrat ist, wird die Anzahl der Sy- steme (a,,d,,c,) um eine Einheit kleiner als die doppelte Anzahl der Systeme (a, ,b,,C,)- Die Anzahl der Systeme (a, ,b,,c,) ist, wenn jedes dieser Systeme zweifach, in den Grenzfällen a —=c, ,a =2b, , b, = 0 aber einfach gezählt wird, genau gleich der oben mit F(n) bezeichneten, im Gaufs- schen Sinne genommenen Classenanzahl der eigentlich primitiven und der Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 23 davon abgeleiteten positiven Formen der Determinante —n. Die Anzahl der Systeme (a,,b,,c,) dagegen ist, vorausgesetzt dafs auch hier jedes der Systeme zweifach, in den Grenzfällen a, — b, oder b, = 0 aber ein- fach gezählt wird, gleich dem dritten Theil der Classenanzahl der eigent- lich primitiven und der davon abgeleiteten positiven Formen der Deter- minante —n, wenn nur die einander vollständig äquivalenten Formen in je eine Olasse zusammengefalst werden. Da diese Classenanzahl ge- mäls $ 6 durch 6F(n) ausgedrückt wird, so folgt aus der obigen Ent- wickelung, dafs: 2F(n) = 2F(n)— ı oder 2F(n) = 2F(n) sein muls, je nachdem n eine ungrade Quadratzahl oder eine andere Zahl ist. Dies ist aber genau die Beziehung zwischen den beiden zahlentheo- retischen Functionen F(r) und F(n), welche in meinem oben citirten Aufsatze (S. 250 und 251) durch die Bestimmungen ausgedrückt ist, dafs je nachdem n eine ungrade Quadratzahl oder eine andere Zahl ist: F(4n) = 2F(n) —ı oder F(4n) — 2F(n) und allgemein Bin) — E(in) — 2E(r) sein soll. $ 8. Ebenso wie es für die quadratischen Formen geschehen ist, soll nun auch für die bilinearen Formen eine Unterscheidung verschiedener Arten von Äquivalenz eingeführt werden. Es soll demgemäls eine bili- neare Form: * ma Y ” ” Ax,y, wie Bay, BR Ca,y, Eu Da,y, dann und nur dann als „vollständig äquivalent“ einer Form: ’ „! ’ I „! ’ D) a ’ Na ’ ZEYı —iE B U, Y, — Ü L,Y, Er D L,Y, bezeichnet werden, wenn die eine in die andere durch eine Substitution: N = axı + Pa, u Yı — ay, +ßy, ’ eh 10 21 7 re a 7 a u 7 34 KRONECKER: d.h. also durch eine für beide Systeme von Variabeln identische Substi- tution Ks) übergeht, deren ganzzahlige Coöfficienten den Bedingungen: ed ıy=ı,e=d=1,P=y=o0 (mod. 2) genügen. Eine solche Substitution ist daher der Substitution (v 4 sowohl „ähnlich“ als auch modulo 2 congruent. b>} oO Bei jeder Substitution (5) mit der Determinante ı bleiben die Werthe von: B-+C und AD+BC ungeändert, so dafs B+C=B2B-+0, AD+-BC = AD-—-B'C' wird, während zwischen den Werthen von: A,B—C,D und A, Bb'—(C', D' genau dieselben Relationen bestehen, wie zwischen den Üoefficienten der beiden Formen: Aa? + (B— Ü)ay+Dy ,„ Aa” + (Bb— (ONay'— D’iy” , «8 wenn die erste in die zweite durch die Substitution @ AN transformirt ist. Wird, wie im $1, AD+BC=3,A—1B+0’ = gesetzt, so ist 9 der negative Werth der Determinante der quadratischen Form: (A ’ 3(B—() ’ D) ’ und man erhält offenbar Repräsentanten aller Classen bilinearer Formen der Determinante A, wenn man für B—+ (© alle Werthe nimmt, deren ab- soluter Betrag kleiner als 2YA ist, und alsdann bei jedem dieser Werthe für A, B—C,D alle Werthsysteme setzt, welche aus Repräsentanten: Aa? + (B— O)ay —+ Dy? quadratischer Formen der Determinante — A—+4(5B+-()* hervorgehen. Ist B-+Ü ungrade, so sind, um die Gaufs’sche Aufstellung der Formen beizubehalten, jene Formen noch mit 2 zu multiplieiren. Da nun oben im $6 die Olassenanzahl quadratischer Formen der Determinante —n mit 12G(n) bezeichnet worden ist, und diejenige, bei welcher die Formen Über bilineare Formen mit wer Variabeln. 35 mit zwei graden äulseren Ooöfficienten ausgeschlossen sind, mit 12F(n), so setzt sich die Classenanzahl der bilinearen Formen der Determinante A aus allen denjenigen Werthen von: 12(6 (n) — F(n)) zusammen, bei denen n —= 4A — (B-+-Ü)’ und B+( ungrade ist, und aus allen denjenigen Werthen von: 12G(n) , bei denen n—=A—1(B+Ü) und B+Ü grade ist. Es ist aber all- gemein”): G(4n) — F(4n) = G(n),, und es wird daher die Anzahl der verschiedenen QÜlassen bili- nearer Formen der Determinante A durch die Summe: 12% (6 (4A — A?) — FAA—M)) (-2VYa4(B—()’ sein muls, und die Coöffieienten redueirter bilinearer Formen sind daher einzig und allein an die Bedingungen: |4l=451B—0] , |D|=418—C] , AD>o gebunden, d.h. an die Bedingungen, dafs die beiden äufseren Coäfficien- ten gleiches Vorzeichen haben sollen, und dafs deren absoluter Werth von demjenigen der halben Differenz der beiden mittleren Coöfficienten nicht übertroffen werden darf. Doch ist noch hinzuzufügen, dafs nicht zu- gleich |A| und |D| dem Werthe 4|B— | gleich werden darf, da als- dann |AD| nicht gröfser als der Werth von +(B— 0), sondern demsel- ben gleich wäre. Nach $5 sind nur in den beiden Grenzfällen: 14 = 31B—C] , IDI = 318 —C| zwei Reducirte einander vollständig äquivalent, nämlich diejenigen zwei, welche sich nur durch das Vorzeichen des Werthes der Differenz B— Ü von einander unterscheiden; es ist demnach nur je eine dieser beiden Formen unter die Repräsentanten der verschiedenen lassen bilinearer Formen aufzunehmen. Da überdies je zwei bilineare Formen derselben Determinante AD BC durch Veränderung des Vorzeichens aller Coeffi- cienten aus einander entstehen, so braucht man nur alle Zahlensysteme (A,B,C,D) zu suchen, welche den Bedingungen: AD+BO=A ,A>21B—-0>=0,D=241B—-0)>20,4D>0, genügen, und im Allgemeinen die 4 Formen: EBSICHDyS A) DB, 0,0) 1, BD, LO (C il) ) in den Grenzfällen aber, ww A=4(B—0) oder D=4(B—C) oder B—(C= 0 ist, nur die erste und letzte der 4 Formen unter die Reprä- Über bihineare Formen mit vier Variabeln. 97 sentanten der verschiedenen Classen bilinearer Formen aufzunehmen. Die Anzahl der Olassen wird hiernach gleich der doppelten Anzahl der durch die Bedingungen: 8) AD+BC=A,A>4(B—-O)>o, Dz1(B—-0)>o und der durch die Bedingungen: (8) AD+-BC=A,A>3B—0)20,D>y3B—O)20 bestimmten Systeme. Denn die den Ungleichheitsbedingungen: A>4(B—-O)>o, D>4(B—(C)>o genügenden Zahlensysteme kommen in den beiden Arten jener Systeme vor, diejenigen aber, für welche einer der Grenzfälle A—= 4(B—0) oder D=4(B—() oder B—- 0 = 0 eintritt, sind nur in einer jener beiden Arten inbegriffen. Dabei ist zu bemerken, dafs nicht zwei dieser Grenz- fälle zugleich eintreten können. Denn da AD >0 ist, kann nicht eine der beiden Zahlen A,D gleich (,B—Ü) und B—C=0 sein; ferner kann auch nicht: A=D=4(B—() sein, weil dieser Fall — der übrigens nur eintreten könnte, wenn AD+-BC, d. h. also der Werth von A ein vollständiges Quadrat ist — wie schon oben bemerkt worden, durch die Bedingung: AD>1(B—0) ausgeschlossen wird. Den Bedingungen (B) ist hiernach noch die Ungleichheitsbedingung: A—B+-0+-D>o hinzuzufügen, und wenn man die Anzahl der verschiedenen Classen bili- nearer Formen der Determinante A mit Ü/(A) bezeichnet, so wird CI(A) gleich der doppelten Anzahl der den Bedingungen: (8) A>4B—C)>o, Dz4(B—-()>o, A-B+Ü+D>o, und der den Bedingungen 8) A>4B-0=0, D>4B—0)20 genügenden Formen: Az, y, + Bay, — Oa,y, + Da,y, 4* 38 KRONECKER: der Determinante A, oder — was dasselbe ist — der denselben Bedin- gungen genügenden Lösungen der Gleichung AD+- BC =. Aus diesen Lösungen mögen nun zuvörderst alle herausgehoben werden, für welche: A=B+C+D ist, und es möge die Anzahl derjenigen, für welche die Bedingungen (8°) erfüllt sind, mit M, die Anzahl derjenigen, welche den Bedingungen (®') genügen, mit N bezeichnet werden. Alsdann wird: ICKA)— M—N gleich der Anzahl der den Bedingungen (DYASL(B-0)>05.D=4B-C)>0,0-+DS4—B,; C-HD>B—A und der den Bedingungen: (©) A>4(B—(0)>20, D>4(B—-C)>0, C+DZA—B,C+D>B—A genügenden Lösungen der Gleichung: AD+-BC=A. Diese Lösungen (A,B,C,D),, (4',B',0',D') .... stehen paarweise in fol- gender Beziehung zu einander: —DM DB — 0. Dom ie und wenn für die eine Lösung Ü+ D>A—B ist, so wird für die an- dere C’+D'< A'— B' und umgekehrt. Man braucht hiernach nur die- jenigen Lösungen zu bestimmen, bei denen an Stelle der Bedingung C+D=ZA—B die Bedingung: C+-D>A—B erfüllt ist, und also, wenn diese mit der Bedingung O+ D>B-—A vereinigt wird: C+D>Z=(A—B), oder, was dasselbe ist: C+-D>]|A—B|. Man erhält jedoch dabei nur genau die Hälfte der den Bedingungen (D°) und (D') genügenden Lösungen. Es wird sonach: ICKH)— M—N gleic» dem Doppelten der Anzahl der den Bedingungen: Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 39 (&) Ae1(B—0)>o, Dze4’B—-O)>o0,C+D>Z(A—B), und der den Bedingungen: (1) A>4(B—-O)20, D>4B—-O)>0, C+D>XL(A—b) genügenden bilinearen Formen Ax,y, + Bay, — Ox,y, + Dx,y, der De- terminante A. Alle diese Formen können nun offenbar so ermittelt werden, dafs man zuerst sämmtliche den Bedingungen: (E,) A>4(B—-0)>o ; C+D>=(A—B) (E,) A>UB—-()z0 ; 0(+D>L(A—B) genügenden Formen aufstellt, und alsdann diejenigen weglälst, bei denen mit den Bedingungen (&,) noch die Ungleichheit: D<4(B—(0) besteht, sowie diejenigen, bei denen mit den Bedingungen (&,) noch die Bedingung: D=48 0) erfüllt ist. Werden also die Anzahlen aller bilinearen Formen . Az,y, ie Bzx,y, Dez Cx,y, iz Dx,Y, der Determinante A unter den Bedingungen 1, A=4B—-()>0;C+D>&(A—B) 2, A>4UB—()20; C+D>&(A—b) 3, Ae1UB—-0)>o; C+D>=(A—DB) ; D<}(B—(0) 4, A>UB—-(0)20; 0+D>=Z(A—B; D nn Sfhund BEQ IR - 5 zu bestimmen, sind unter den bilinearen Formen, welche den obigen Bedin- gungen: )» A2e4B-0O>o ; C(+D>=(4—B) 2) A>4(bB—-O)=0 ; C+D>=(A—-D) 32 KRONECKER: genügen, noch diejenigen gesondert zu betrachten, in denen A=B, A>B,Ao, D<-O in den beiden letzteren, oben (S. 29) mit 3) und 4) bezeichneten Fällen: 3) A414 B—-O)>o ; C+D>=(A—B) ; D< 4) A>YB—-0=0 ; C+D>#E(4-5) DE bedeuten. Hiernach wird: P=P-+P,+P, 9 Qa=qd+Ut+% ; R=R+R-+R „ S=S+9, +9; und die Bedeutung dieser einzelnen Formenanzahlen wird durch die Anzahl der Darstellungen von A in folgenden Ausdrücken gegeben: P, sooft A=A(C+D) mit den Bedingungen 1. Ra EN A ED) R 2. Bi 020, ABU A AR Sulz» WATER N 4. P,Q,» A=(A—B)’-+(B—C)(A—B)+A(C+D—A+B) „ 1oder2. P,Q%,» &A= (B-A)’+(@24A-B+0)(B-A)-+A(C+D+A—B) „ loder 2. RS,» A = (C+Dy’+(B-0-2D)(C+D)+-D(C+D+A—B) „ 3.oder 4. RS,» A= (0+DY’—+(B—0)(C+D)—D(C+D—A+B) „ 3 oder 4. Setzt man nun: 4uü=4—-B,A=A, y=-A+B+C0+D, d4=B—C, a=B-A,ß®ß=A, y»—=4A-B+C+D,&—=2A—B-+C, „,=(60+D,ß%=D,y=4A—-B+C0+D,%&—=B—Ü0-—:2D, a—=C0+D,.A=—Dyi = -—-A+B10-D ,a—=B—(C, so erhalten die Zahlen P,Q,R,S folgende Bedeutung: die Anzahl der Lösungen der Gleichung: A—d+ad+ By Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 33 ist P wenn 4. >0,,y,>®, 2.2 A4>0, Q, “ >>>, m „ergo tea >ire), u tens 28 20, Roy 0 50, 2, I ee, ed, 2, ne nu, MB —0n ua >00, >, a EEE ELITE EEE Hieraus zeigt sich zuvörderst, dafs: P=Q, ‚,BR=4 , R=R und also: PHrQ— RS = Se et ee ist. Aber es finden zwischen den Zahlen P,Q@, R,S auch noch andere weniger nahe liegende Beziehungen statt. Um diese aufzuzeigen, bilde ich aus einem Systeme a,ß,y,® ein zweites: «', @', y', ö' mittels der Relationen: a« — « : Q =! y=2ma+y ,„ $!'—=2mßB+6 wo m positiv so anzunehmen ist, dafs y >o und<2« wird. Der Fall y' — 2«@ tritt nur ein, wenn y ein Vielfaches von 2« ist. Diesen Fall ausgenommen, erfüllen die Zahlen «', @',y',8' die Bedingungen: a0 ,Y>0,@ 0,0, ya wenn a >0,y>o,ß>o,d>o ist. Aber wenn für ö nur die Bedingung d>0 angenommen wird, so kommt für m = 0 noch der Fall 0 >0 hinzu. Ebenso läfst sich umgekehrt aus dem Systeme «',@',y',8' ein System « ‚®@,y,2 ableiten, sobald man m so bestimmt, dafs: ame ed undia=o, oder dafs dabei oa ,d>o wird. Es entspricht also einer jeden von denjenigen Lösungen der Gleichung: Math. Cl. 1883. Abh. I. 5) 34 KRONECKER: Az —- ad—+ By D) deren Anzahl mit R, bezeichnet worden ist, eine und zwar nur eine der- jenigen, deren Anzahl durch P, ausgedrückt ist; ebenso entspricht auch jeder der letzteren Lösungen mit Ausnahme derjenigen, in welchen y ein Vielfaches von 2« ist, eine und nur eine der ersteren. Es wird daher, wenn K die Anzahl der den Bedingungen: = @+rad+ßy,e>0,y>0,2L2d>o0, y=0 (mod. 2«) genügenden Zahlensysteme («, ®,y,6) bedeutet: 32, = KR, 5 “ Q=L1-+5,; wenn L die Anzahl der Systeme (@,@,y,s) bedeutet, welche die Bedin- gungen: und ebenso ist: A — oh ad Ba. aD. Yo. ’ ’ b} ’ y=0 (mod. 2«) erfüllen. $ 12. Aus den zwischen den Zahlen ?,Q, R,S stattfindenden Beziehungen: PO PB =Q iR = Beuys ‚=—X&+R,Q=1+S, welche im vorigen Paragraphen entwickelt worden sind, ergiebt sich die Gleichung: RR P+Q—- R—-S=2(K+-D)+-PR+QU—-R,—N: Ebenso ergiebt sich daraus für die in $ 10 definirten Zahlen P,Q,R,S die Gleichung: PO FIRE SESKREIDEEOF IR 8, wo K,L,P,,Q,,R,,S, die den Anzahlen X,L,P,,Q,, R, , 8, entspre- chenden, durch Hinzufügung der Bedingungen: Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 35 A+D=ı,B+Ü=o (mod. 2) eingeschränkten Anzahlen bedeuten. Es wird aber K und Z gleich Null, da y gleich: - + (A—B)+C+D ist, und also, wenn A,B,Ü,D die Bedingungen: A+D=ı,B+Ü=0 (mod. 2) erfüllen, nicht grade, folglich auch nicht durch 2« theilbar sein kann. Die obige Gleichung reducirt sich also auf folgende: I, P+HQ—-R-5S=PB+Q—R—S, und die Formel am Schlusse des $ 10 geht in: () OI(A) —— da a Q, U R, Az S,) über, während die am Schlusse des $ 9 entwickelte Formel durch An- wendung der obigen Gleichung (I) in: (GI TENA)— 2(M+N)+4@K-+2L+-P,+0Q)— 4(R, +9) transformirt wird. Die durch die Formeln (8) und (6) gegebenen Ausdrücke für die Classenanzahlen bilinearer Formen sind merkwürdiger Weise, genau wie die von Dirichlet für die Classenanzahlen quadratischer Formen nega- tiver Determinante gegebenen Ausdrücke, Differenzen von Anzahlen, so dafs es hier wie dort nicht die brauchbaren Formen selbst sind, de- ren Anzahl unmittelbar bestimmt wird. Vielmehr wird im vorliegenden Falle zuvörderst die Anzahl von gewissen bilinearen Formen bestimmt, welche die — eigentlich nur zu zählenden — redueirten unter sich enthalten, nämlich die Anzahl aller bilinearen Formen, welche durch die Bedingungen*): Aze4,B—-0)>0;C+D>=2(A—5Bb,;A=B definirt werden. Die so definirten Formen enthalten aufser den reducir- ten, an die fernere Bedingung: *) Vgl. die Bedingungen 1, in $. 9. Die 36 KRONECKER: geknüpften Formen, genau nur diejenigen von allen durch die Bedingun- gen”): A2z4B—-0O)>0; 0+D>=(A—B) ; D<4(B—0) definirten Formen, welchen keine der ersteren im oben ($ 11) präcisirten Sinne „entspricht“, und diese Formen sind es, deren Anzahl ebenfalls bestimmt wird. Die erstere Anzahl wird durch 2X—+ P,, die letztere durch R, gegeben; die Differenz der beiden Anzahlen 2K+P,— A, bil- det somit den einen, die analoge Differenz 2L-+Q,— 5, den andern Theil der zu bestimmenden Anzahl reducirter bilinearer Formen: Az, y, ir Bay, vs CR, 4 re Da,y, b) deren Coöfficienten den Ungleichheitsbedingungen: (&), A>1B >00; DE4B- 0) os, 04H Zar (Ei) A>4B—0O)=0; D>4B—-O)=z0; C+D>=(A—5) genügen, und deren Anzahl sich oben unmittelbar durch die Differenz: 22.0 Rs bestimmte, indem die zu zählenden bilinearen Formen als der Überschufs der den Bedingungen: 1) A>24B—-0()>o0; C+D>=(A—DB) 2) A>4B—-()20; 0+D>=(A—5) genügenden über die den Bedingungen: 3) A24B-0)>0; C+D>#+(4—B) ; D<4(B—0) 4) A>4B—0)>20; 0+D>=#(A—B) ; D< XB—0) genügenden Formen definirt wurde. Die Herleitung der Finalausdrücke für die mit C/(A) und CI(a) bezeichneten Classenanzahlen erfordert nur noch eine nähere Bestimmung für die in den obigen Formeln (#) und (6) vorkommenden Zahlen X,LZ, M,N,P,Q;R,,S,P,%,&,,S,, wie sie in den folgenden Paragra- phen gegeben werden soll. *) Vgl. die Bedingungen 3, in $ 9, Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 37 &13, Nach $ 11 bedeutet X die Anzahl der Zahlensysteme («,®,y, 2), welche die Bedingungen: (KR) A=dHado+ly,e>0,y>o0,2B2d>o, y=0 (mod. 2«) erfüllen und Z die Anzahl der den Bedingungen: BB A=d®+Had+ly,a>0,y>0,2ß>I20, = 0 (mod. 2«) genügenden Systeme («,®,y,8). Setzt man demgemäls: — ING, so wird: A=ual(ce+ at 2mß) und wenn man noch die Bezeichnungen: a—=9d,a+d+2mß—d einführt, so gehen die obigen Bedingungen (KR) und (X) in folgende über: H A—=a,d>ıI>o, mßo, A=d,d>9>n, mb=d-— 93m 1), m>0. Hiernach können in beiden Fällen für d nur alle gröfseren, d.h. alle den Werth von YA übersteigenden positiven Divisoren von A und für 9 die complementären (kleineren) Divisoren genommen werden. Ferner kann ß, wenn d—d ungrade ist, in beiden Fällen die sämmtlichen Werthe: 1532,35 0. 4(d—0—1) annehmen, und für jeden dieser Werthe giebt es einen und nur einen den Ungleichheitsbedingungen ($) und (8) ‚genügenden Werth von m. Die Gesammtanzahl der den Bedingungen (8) und der den Bedingungen (%) genügenden Werthsysteme (m, ®) ist demgemäls: d—9—1. Wenn aber d—d grade ist, so kann unter beiden Bedingungen (KR) und (®): 38 KRONECKER: B=1,2,3,.. 1(d—9)—L, unter den zweiten Bedingungen (2) aber noch ß = 4(d—8) genommen und für jeden dieser Werthe ein und nur ein zugehöriger Werth von m bestimmt werden. Es ist also auch in diesem Falle die Gesammtanzahl der zulässigen Werthsysteme (m, ß): d—9—1. Hieraus folgt, dafs: K+L=%X%(d—d—ı) (=A,d>9>0) d ist, wo das Summenzeichen — wie in der eingeklammerten Bedingung angedeutet ist — sich auf alle Paare complementärer positiver Divisoren (d,9) von A bezieht. $ 14. Nach $ 9 bedeutet M die Anzahl der Zahlensysteme (A,B,C, D), welche den Gleichungen: AD+-BC=A ,;, A=B-+-CU-+D unter den Bedingungen: Mm A>4B—-O)>o, Dz4B—-0)>o, A—B+C+D>o genügen, und N die Anzahl der Lösungen derselben Gleichungen unter den Bedingungen: (R A>4B—C)=z0o, D>4YB—(C)>o. Setzt man den Werth D= A— B—C in die Gleichung AD+-BC—=A ein, so wird M die Anzahl der Lösungen der einen Gleichung: (A—B)(A—() =A unter den Bedingungen: (M) A=4(B—-0)>0 ’ Am B—- 0=N2—0) ’ A B=6 ’ und N die Anzahl der Lösungen derselben Gleichung unter den Bedin- gungen: R) A>4UB—-0)20 , A—-B—- C>YHB-O). Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 39 Setzt man: A—Bb—=9,4—-(=d, so gehen die Bedingungen (M) und (N) in folgende über: (M-) 0<34B—0(), A—B—C>1L(B—C) entstehenden Bedingung: d+09o>B-—(C, unter Berücksichtigung der Bedingungen: B_—- 60, dd — A=S>6, resultirt. Die Anzahl der für bestimmte Werthe von d und d den obigen Bedingungen genügenden Zahlen A ist, wenn d—d ungerade ist, sowohl für (Mo) als für (N,) genau gleich 29; wenn aber d—0 gerade ist, so ist jene Anzahl für die Bedingungen (M,) gleich 29-+1, und für die Bedingungen (N,) gleich 28 — 1. Die Zahlensysteme d und d unterliegen den Bedingungen: (M,) B=A,dI9>o0) [) wird, wenn w für den Fall, dafs A ein vollständiges Quadrat ist, gleich: —1-+2VA; sonst aber gleich Null genommen wird. 40 KRONECKER: $ 15. Nach $ 11 bedeutet P, die Anzahl der Lösungen der Gleichung A=A(0+D), unter den Bedingungen A21(B—-0)>9,C+D>=(A—B),A=B, oder also: 2 ASOKSA Hılßi=- DE> on; und ebenso istQ, die Anzahl der Lösungen derselben Gleichung A=A(C+D) unter den Bedingungen: —A<ÜCo. Die Bedingung O-+D>>0 erfordert wegen der Gleichung A= A(C+D), dafs auch A>0 sein muß. Da nun für A jeder positive Divisor von A und alsdann je nach den beiden Bedingungen für C jeder von den Werthen: —A „—A+1,.., A—1 —A+1, —A+2,... , A genommen werden kann, so wird: ne, == 4®(A) ’ wenn, wie in meinem oben citirten Aufsatze*) ®(A) die Summe sammtlcher Dünsoren von A bedeutet. Mit R, war in $ 11 die Anzahl der Zahlensysteme (A, B,0) be- zeichnet, welche den Bedingungen: A=BÜ0,A241B—-0)>0,0>=(4A—b) genügen, mit S, diejenigen, für welche: A=BÜ0,A>1B—-C)>0,C0C>=(A—D5) wird. Diese Bedingungen gehen aus der Gleichung A—= AD-+-BÜ und aus jenen mit (3) und (4) bezeichneten Ungleichheiten hervor, wenn dort D= 0 gesetzt wird. Die Bedingung 0 >= (A— 5), oder also: *) Journal für Mathematik Bd. 57, S. 248. Über bihineare Formen mit vier Variabeln. 41 C>A—BudC>B-A, gestattet, für A alle Werthe B—-C+1ı,B—-(C+?2,.. B+(l-ı zu nehmen, deren Anzahl 2 — 1 ist. Dieselbe Bedingung erfordert, dafs ( positiv sei; es mufs also auch, da BÜ=A ist, B positiv sein. Ferner mufs bei den ersteren Bedingun- gen B>(, bei den letzteren > sein. Hiernach sind für B alle grös- seren, oben mit d bezeichneten, Divisoren von A und für Ü die com- plementären kleineren, mit d bezeichneten, zu nehmen. Überdies gestatten die zweiten Bedingungen für den Fall, dafs A ein vollständiges Quadrat ist, noch die Annahme: Demgemäls wird: R,=3(29—1), Ss, =wt%(2d — 1) @=A,d>3>0), a e) wo w die am Schlusse des vorigen Paragraphen festgesetzte Bedeutung hat. $ 16. Setzt man die in den vorhergehenden drei Paragraphen ermittel- ten Werthe von K,L,M,N,P,,Q,,%,,S, in die Gleichung (6) von $ 12 ein, so wird: Ul(A) = 2(w +49) + 42%, (d—0— 1) + 45(A)) — 4w + 23,(29—1)). Wenn nun, wie in meinem mehrfach eitirten Aufsatze*): Y(A) den Betrag bedeutet, um welchen die Summe der Diviso- ren von A, die größer als YA sind, die Summe derjeni- gen übersteigt, die kleiner als YA sind, so wird: »(d- 9) = EA), 289 — B(A)-— YA) (VA) Wa=A,g>9>0), wo das letzte Glied (YA) wegfällt, wenn A kein vollständiges Quadrat *) Journal für Mathematik Bd. 57, S. 248. Math. Cl. 1583. Abh. II. 6 42 | KRONECKER: ist. Führt man endlich die hier angegebenen Ausdrücke von Y(d— 0) und &09 in den obigen Gleichungen ein, so resultirt die Hauptformel: @) CK) = 12(8(2) + YA) +2M , in welcher W, gleich Eins oder Null zu nehmen ist, je nachdem A ein vollständiges Quadrat ist, oder nicht. Sı1T. Nach $ 10 und $ 11 ist P, die Anzahl der Zerlegungen von A in die zwei Divisoren A und A—- B-+-C-—+D für: A>4B—0O)>0o,C+D>Z(A—b), A+-D=1,B=C (mod. 2), oder, da hier A=B ist, die Anzahl der Lösungen der Gleichung: A—=A(C+D), bei dnen A+-D=1,A=( (mod. 2), A+ÜC>=0, C—+D>0 wird. Es mufs also für O-+D irgend ein ungrader Divisor von A und alsdann U nur so gewählt werden, dafs C=A(mod.2) und C+4A>0 und C wird. Hiernach hat Ü die Werthe: —4A,—4-+2 yon +A—2, deren Anzahl genau A ist, IR es wird also: Ben wo ft alle ungraden Divisoren von A und A deren complementäre Diviso- ren bedeutet. Bei der Ermittelung der in $ 10 und $ 11 mit Q, bezeichneten An- zahl tritt anstatt der Gleichung A—= 4(B—() die Gleichung B—= ( als zulässig ein. Demnach hat Ü die Werthe: —A+2,—A+4,.. +4, deren Anzahl, ebenso wie oben, genau A ist, so dafs P = Q, wird. Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 43 Wenn nun m der gröfste ungrade Divisor von A und: AH ist, und wenn ferner, wie in meinem mehrfach eitirten Aufsatze*): X(A) die Summe aller ungraden Divisoren von A bedeutet, so wird: _ 4 Er an ya). Nach $ 10 und $ 11 ist R, die Anzahl der Zahlensysteme (45,6), für welche: A—=B-CundA=ı,B=Ü (mod. 2), A2z4(B—-()>o, (l>L(A—B) ist. Da Ü also positiv sein muls, so kann auch B nur positive Werthe erhalten, und gemäls den Bedingungen: — eh können für B alle grölseren, für Ü die complementären kleineren Di- visoren von A genommen werden, für welche die Öongruenz B= Ü (mod. 2) besteht. Alsdann erhält man für die Auswahl der positiven ungraden (einem bestimmten Systeme 3, entsprechenden) Zahlen A die einzigen Bedingungen: C>4A-B,(C> da die Bedingung A>4(B—C) hierbei mit erfüllt ist. Es gilt also für A nur die Bestimmung: Bı- 06>4A>B-—-6, und da B=( grade ist, so sind für A die Zahlen: B—-C-+1,B—C-+3, ... B+Ü—1 A+-B,A=ı (mod. 2), zu nehmen, deren Anzahl gleich Ü ist. Daher wird: & EA) R, > Zt e) wenn die Summation auf alle kleineren Divisoren (' von A erstreckt wird, welche ihrem complementären Divisor für den Modul 2 congruent sind. *) Journal für Mathematik Bd. 57, S. 248. n% 6b 44 KRONECKER: Die in $ 10 und $ 11 mit S, bezeichnete Anzahl der Zahlensysteme (A,B,C) ist genau gleich R,, da die Gleichung: B— Ü=0,, welche bei den Bedingungen für S, an die Stelle der beı den Bedingungen für R, vorkommenden Gleichung: A= }(B— 0) als zulässig eintritt, wegen 5> nicht wirklich erfüllbar ist, und da andrerseits bei den Bedingungen für AR, die Gleichung A= 4({B—() durch die Bedingungen A> B— Ü>>0 ausgeschlossen wird. Ist A ungrade, so ist die Bedingung = ( (mod. 2) für alle Di- visoren erfüllt, und es resultirt daher bei Anwendung der oben in $ 15 und $ 16 eingeführten Bezeichnungen ®(A), Y(A) die Gleichung: R= 3-3) vQ)) 0 0 Ist A grade, aber nicht durch 4 theilbar, so ist: R, = S, =(. Ist endlich A durch 4 theilbar, so sind beide Divisoren B, (U grade zu nehmen, d.h. es sind nur sämmtliche Divisoren von LA, doppelt genom- men, für B,Ü zu setzen, so dafs in diesem Falle die Gleichung: R— 8, — 244) — 44) 0 zur Bestimmung von R, und S, resultirt. $ 18. Setzt man die im vorhergehenden Paragraphen ermittelten Werthe van, 45.06 R, s S, in die Formel des $ 12: ® UN ER A ein, so erhält man die Gleichungen: L01(A) —. 2"!X(A) — 26(n)+2Y(n), wenn A=4n = 2m, (D) 40I(A) —= 4X(A) — A#®(m) ; wenn A=2m, 1CI(A) = #(A) + Y(A) > wenn A=m Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 45 ist, und n eine beliebige ganze positive Zahl, m aber eine ungrade po- sitive Zahl bedeutet. In dem ersten dieser drei Fälle läfst der Ausdruck noch eine Vereinfachung zu. Da nämlich für den Fall k > 2: $ (22m) = AT —ı)®(m) = @T—ı)X(A) ist, so erhält man: 2HIX(A) = AX(A) +48 (1A), also: (DD) LC0lKA) = 4X(n) + 2®(n) + 2%(n) , wo, wie oben, n —= 4A gesetzt ist. $ 19. Nimmt man die Bedingung B+ = 0 (mod. 4) hinzu, so hat man im $ 11 die Einschränkungen zu machen, dafs die Zahlen: — 4a +Aı 14 ,;„ ++ ,;„ a +1 ,„ 3 +4 grade sein sollen. Bei den einander „entsprechenden“ Systemen: a,®,y,d und «a, @', y', d' erfüllen alsdann auch gleich viele jene einschränkende Bedingung. Denn wegen dieser Bedingung kann ein und dasselbe System («, ß,y,e) nur dann zugleich unter denjenigen Systemen, welche den Index 1, und un- ter denjenigen, welche den Index 2 haben, vorkommen, wenn © grade ist, und in diesem Falle kommt auch das „entsprechende“ System («,@,y—2ma,d-+2m£) zugleich unter den Systemen («1,1 ,Yı, di) und (a3, @3,y3,%) vor. Wenn aber @ ungrade ist, so kann, weil dann nur eine der beiden Zahlen: —a+ß—18 y «+19 grade ist, ein und dasselbe System «,@,y,‘ nur unter einem der bei- den Systeme (&,ßı,Yı, I) , (@2,@s,Y2, 0) vorkommen, und ebenso muls das „entsprechende“ System («', @', y', 8’) unter einem und nur einem der beiden Systeme («1 , Qi ,yı, 91) , (a, @ ,y2, 3) enthalten sein. Hieraus folgt, dafs auch unter der weiteren einschränkenden Bedingung: B+-Ü=o (mod. 4, 46 \ KRONECKER: wenn die alsdann aus P,Q,R,S,P,,Q,,R,,S, entstehenden Anzahlen mit: "gl &| eo] EU 1 | SI | aa besteht. Es ist nun: p, die Anzahl der Lösungen von A— A(C-+-D) für: A+Ü=o(mod.4) , A+-D=1 (mod. 2), a en da überhaupt bei den mit P, bezeichneten Anzahlen = 0 zu setzen ist. Für C+D ist daher irgend ein ungrader Divisor von A zu nehmen, und alsdann ist © nur so zu wählen, dafs: C+A=0 (mod. 4) , C+A>0 und EA ar wenn 2°, wie in $ 17, die höchste in A enthaltene Potenz von 2 und X(A) BEXLA) , die Summe der ungraden Divisoren von A bedeutet. Bei der Ermittelung der Werthe von R,,s, treten nur einige Mo- dificationen der in $ 17 enthaltenen Ausführungen ein. Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 47 Es soll nämlich nunmehr: A=B(, A ungrad, B+Ü=0 (mod. 4), Az4B—-O)>o,C0>=(A—B) sein, oder also: B+0>4AzB—C,B-+Üz=o0 (mod. 4. Wenn zuvörderst A ungrade und zwar: 1, A=--1 (mod. 4) ist, so kann B—+- niemals durch 4 theil- bar sein, und es wird also: Rh=I,=0: Wenn 2, A=—ı (mod. 4) ist, so findet für jedes Paar complemen- tärer Divisoren B und © die Congruenz B+-Ü= 0 (mod. 4) statt, und es ist also genau wie oben: R—=3— 40) — 2A). Wenn 3, A=2 (mod. 4) ist, so ist niemals B+ Ü= 0 (mod. 4) und also: Ist endlich 4, A=0 (mod. 4), und wird, wie oben, A — 4n gesetzt, so müs- sen für B,Ü die sämmtlichen Divisoren von rn, doppelt ge- nommen, gesetzt werden, während zugleich: 4B+1C0=0 (mod. 2), B+t>AzB—C wird, und es zeigt sich also, dafs genau die Doppelten der am Schlusse des $ 17 ermittelten Zahlen als Werthe von AR, und S, resultiren, dafs nämlich: Sl | Pii | für n ungrade: (mn) — Y(n), 0 e) FE 22) 23) ’ o 1 SE o 0 1, Ol | (05) | für n= 2 (mod. 4): für n= 0 (mod. 4) BI | Ä {) {) wird. 48 KRONECKER: $ 20. Durch die im vorhergehenden Paragraphen ermittelten Werthe von N ER läfst sich nunmehr die Anzahl derjenigen Classen bilinea- rer Formen irgend einer Determinante A bestimmen, bei denen einer der beiden äufseren Coöffieienten ungrade und die Summe der beiden inne- ren durch 4 theilbar ist. Bezeichnet man diese Classenanzahl mit Ol(a), so ist nämlich gemäfs der Formel (#) des $ 12: Ca) eeorn 5), und es ergeben sich daher folgende Werthe von CA): 1, für A=m= 1 (mod.4): (m) 2, für A=m= — 1 (mod. 4): Y(m) 3, für A=2m= 2 (mod.4): 2%(m) oder X(A) 4, fir A=4m=4 (mod. 8): 2#(m) + 2YW(m) 5, für A—=sm=s (mod. 16): s®(m) Di abo 7A —— NOUPE 3X(n) +4®(n) +4YWn) , welche letztere Formel aus: 2"X(n) — 4®(n) + 4XW(n) durch Benutzung der Relation: 2*X (m) = 3X (m) + 8$ (2"*m) erhalten wird. . $ 21. Die Anwendung der für die Classenanzahl der bilinearen Formen gefundenen Ausdrücke auf die der quadratischen ergiebt sich unmittelbar, wenn man diese Ausdrücke mit jenen vergleicht, welche am Schlusse des $ 8 gegeben worden sind. Dort war’ nämlich: CKA) = 12%(6(4A — h?) — FAA—A)) (-2VA F(m—ıah?) = 4#(m) oder = 4%(m) , h R) je nachdem m = ı oder = 3 (mod. 4) ist, I F(2am — ah?) = ®(m), h Math. Cl. 1883. Abh. II. 7 50 KRONECKER: während die drei letzten Werthe von LUKA) in $20 zu den drei Rela- tionen: >F (16n — Ah?) —= 4X(n) +2%(n) + 2Y(n), RN) EF@m—aN) = 10m), £r (am —4h?) = ®(m) + Y(m) führen. Diese Relationen (R”) gehen freilich aus den mit (RW) bezeichne- ten mittels der Fundamental -Relation: F(4r) = 2F(n) unmittelbar hervor; aber eben diese Fundamental-Relation ist anderer- seits, wie ausdrücklich hervorgehoben werden mufs, ebenso unmittelbar aus der Verbindung der Formelsysteme (X) und (X) herzuleiten. Auch ist zu bemerken, dafs die andere Fundamental -Relation: G(4n) = F(4n) + G(n) in ähnlicher Weise aus der Verbindung der Formel (R) mit den Formeln (W) abgeleitet werden kann. $ 22. Es soll nunmehr gezeigt werden, wie aus den vorstehenden Ent- wickelungen jene interessante Beziehung zwischen der Zerlegung der Zahlen in die Summe von 3 Quadrate und der ÜUlassenanzahl quadrati- scher Formen von negativer Determinante folgt. Es ist nämlich diese Beziehung in dem Ausdrucke für die Classenanzahl der bilinearen Formen implieite enthalten, so dafs also in den obigen arithmetischen Deductio- nen ein neuer Beweis für jenen erwähnten Satz liegt, der von Legendre auf dem Wege der Induction gefunden aber erst von Gaufs mittels der Theorie der ternären Formen bewiesen worden ist. Setzt man oben in der Formel (R) des vorhergehenden Paragra- phen A=n und subtrahirt alsdann diese Formel von der ersten der drei mit (W) bezeichneten Formeln, so kommt: Über bihneare Formeln mit vier Variabeln. 51 (@Flan —h?) — G(An—A)) = 2X(n) (-2ynZa<2yn, h oder wenn für jede ganze positive Zahl n: 2F(n) — G(n) = E(n) gesetzt wird: (NR°) I En —h) —IEN NEE) Nun finden für die hier an Stelle von F(n) und G(n) eingeführte zahlen- theoretische Function E(n) die einfacheren Beziehungen statt: E(4n) —=E(n), E(n) =F(n) wenn n=1,2 (mod. 4) ist, E(n) =%F(n) wenn n = 3 (mod. 8) ist, E(n) = 0 wenn n= 17 (mod. 8) ist. Hiernach wird: I, E(4an—4ah?) = YE(n—#’) a=0,+1,+2,..; h’) I En—#) = 2X(n) b=0,#1,42,..;h?® Sn), falls n grade ist, während für ungrade Zahlen n: SE Ein—h)— 2X(n) —2> Fin %) ei ; N k=EE1, een wird. Da nun: I F(an—K°) = YF(an—g?) — N F(An—44°) HN FEIWEER,. EN oder also: (1-98 =%. ; i2 Fün— 2) = BFlan 9) 23m) " k g 7 ist, und der Ausdruck auf der rechten Seite der letzten Gleichung gemäls m%* 52 KRONECKER: der ersten und dritten der mit (W) bezeichneten Formeln des $ 21 den Werth: 2X(n) hat, so resultirt für ungrade Zahlen n die Relation: (RR) I E(n—R’) = 3X (n) A=0,+1,4+2,..;h2Sn). h Die beiden Relationen (R°°) und (R°) können in die eine Gleichung: 3E(n—R?) = 2(2 + (—1)")X(n) R=0,+1,42,..;h Sn) h vereinigt werden. Da nun 8(2-+(—1)")X(n) nach jenem von Jacobi am Schlusse seiner „Fundamenta“ bewiesenen Satze*) genau die Anzahl der Zerlegungen von n in vier Quadrate angiebt, so ist 12%,E(n — PR) De en 1 gleich der Anzahl der Systeme von Zahlen h,h,,h,,h,, wofür: n—=W#"+-M+l—+h wird. Diese Anzahl ist aber offenbar gleich der Gesammtanzahl der Zer- legungen aller positiven Zahlen a, G=0,+1,4+2,..) in Summen von drei Quadraten. Wenn daher die Anzahl der Zerlegun- gen einer Zahl m in drei Quadrate mit A(m) bezeichnet wird, so ist: IA(n —h’) = 12%E(n —#’) &=0,41,42,..;h? Zn), h h und da man in dieser Formel von einer beliebigen Zahl n ausgehen kann, so folgt, dafs für jede Zahl n: A(n) = 12E(n) ist, und dafs also durch 12E(r) die Anzahl der Zerlegungen einer Zahl n in drei Quadrate ausgedrückt wird. Dieses Resultat ist mit demjeni- gen übereinstimmend, welches Gaufs im Art. 291 der Disqq. arithm. ge- geben und dort nur je nach den verschiedenen Zahlformen von n ver- schieden formulirt hat. Dafs sich daraus auch die Anzahl der Zerlegun- gen einer Zahl » in drei Triagonalzahlen ergiebt, bedarf kaum der Er- wähnung. Die Anzahl dieser Zerlegungen wird durch die Function F(8Rr —+ 3) ausgedrückt. *) Vgl. auch die auf S. 4 eitirte Dirichlet’sche Herleitung des Jacobi’schen Satzes. Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 53 $ 23. Die sechs im $ 21 mit (R) , (WR) , (W”) bezeichneten Formeln, de- ren arıthmetische Herleitung ein Hauptzielpunkt der vorhergehenden Ent- wickelungen gewesen ist, stimmen ihrem Inhalte nach vollkommen mit den ersten sechs von den acht Formeln überein, welche ich in meinem mehrfach ceitirten Aufsatze*) angegeben habe. Um dies nachzuweisen, bemerke ich zuvörderst, dafs bei Einfüh- rung der zahlentheoretischen Functionen F(r) und G(n) an Stelle von F(n) und @(n)**) jene sechs Formeln meines früheren Aufsatzes folgende ‚Gestalt annehmen: ) EFan—h) = 2X) HE) +), MD) ZFem—i) = 28m), Am EN F@m—h) = 0, (IV) 3EGm— 1) = Em) + 34m), (N 2EFM—N) — 3m) +-Ym), (VD 28 -'F(m— 1) — 1)" (Em) — Elm). Hierbei bedeutet, ebenso wie durchweg im Folgenden, n eine beliebige positive ganze Zahl, m eine beliebige positive ungrade Zahl, und die Summationen sind auf alle Werthe: Me ee zu erstrecken, für welche das Argument der Functionen F und @ nicht negativ wird. *) Journal für Mathematik Bd. 57, S. 248. kasa, OS1201: 54 KRONECKER: Ich bemerke ferner, dafs die für die Funetionen F und & beste- henden Fundamental-Relationen, welche schon oben im $ 6 S. 19 ange- geben sind, nämlich: F(4n) —= F(4n) für jede beliebige Zahl n, F(4n) = 2F(n) und G(4n) = F(4n)—+ G(n) für jede positive Zahl n, G(n) = F(n) für n= ı oder 2 (mod. 4), und 36 (n) = (5 — (— 1)?" "®)F(n) für n = 3 (mod. 4), durch folgende fünf Formeln dargestellt werden können: (U,) &Flan—ah?) — 2% F(n— A’) = 0 h h A=0, 1,82, ;h? Zn) (BB) Glan — ah?) — SFlan— ah”) —Y G(n—h’) — 0 h h h (W,,) ZGlen —k’) — 2% Flsn — RK) = 0 k= +1,43, 45,..;k?<8n), k k (Win) Zo@m—h) — ZF@Am—#) —=0 h=0,+1,42,..;h?<2m), h h 4m (WR, ) 3x S (am — k?) — A Fam —)—=0 «=+1,43,45,..;6?<4m). k k Endlich bemerke ich, dafs die sechs mit (R) , (W) , (A) bezeich- neten Formeln des $ 21 sich unmittelbar durch folgende ersetzen lassen: (R,) ZGean— N) = 2X(n)+2®(n)+2Y(n) h (SS) ZFan—N) = 2X(n) + ®(n) + Y(n) h (S,.) ZF(2m—h’) = 2% (m) h &) EN F@m— ir) — 0 ı (S,) 2% F(m — h?) = # (m) + Y(m) h A=zOE Er) (2) 2EN' Em) = (YET Em) En) (h —W) ===), 6 = RZHn)n kh=0, 21, E32)“ R) _ 9) BR (WB, 2) zz ee) = 0 zeigt, aus zwei andern jener sechs Formeln, (S,,) und (S,,), mit Hülfe der Fundamental-Relationen zusammensetzen lälst. 56 KRONECGKER: Um nunmehr die Äquivalenz der beiden Formelsysteme: (@,dD " (ID 9 (IV), (V), (VD) ’ (Rn) 2 (S,n) 9 (Szn) > um) 9 (So 2 (Z,)) darzuthun, bedarf es, da: D=(&,), D= (&,.) , (ID = 8.) , M= (65), VD = (@, ist, nur noch des Nachweises, dafs die Formel (IV) aus dem Formelsy- steme: ; (RR, .) ’ (S,.) B) (So) ? (T,n) b) (Sn) , (Z,)) ’ und ebenso die Formel (R,,„) aus dem Formelsysteme: (©, , ID, IV), (V), (VD) abzuleiten ist, und dieser Nachweis wird einfach durch die Gleichung: (IV) m N, n) AT} 4(S,.) nz (S,) En; (U,) zz; 3(8,) u ) geführt. Hier bedeuten auch (1), (I), ... ebenso wie (R,„), (Syn) > -- die Differenzen der auf beiden Seiten der betreffenden Gleichung stehen- den Ausdrücke. Die mit (D, (ID, (ID, (IV), (V), (VD bezeichneten Formeln für die Classenanzahlen quadratischer Formen von negativer Determinante, wel- che mir ursprünglich die Theorie der complexen Multiplication der ellip- tischen Functionen geliefert hat, haben also in der That durch die Theo- rie der bilinearen Formen mit vier Variabeln ihre arıthmetische Be- gründung gefunden. $ 24. Die Classenanzahlen der bilinearen Formen mit vier Variabeln lassen sich in sehr eleganter Weise als Entwickelungscoöfficienten darstel- len. In der That folgt aus der Hauptformel (P) 8. 42: 5 , n ala +2 er +04) , (&) ZOUm).z =, nen R=1,2,3,4,..). N Aber für diejenigen bilinearen Formen, bei denen wenigstens einer der beiden äulseren Coöfficienten ungrade und die Summe der beiden mittle- ren grade ist, soll die Darstellung der im $ 10 mit C/(A) bezeichneten Über bihineare Formen mit vier Variabeln. 57 Classenanzahlen als Entwickelungscoöfficienten direct aus dem dort ge- fundenen Ausdrucke: hergeleitet werden. Dabei bedeuten M@,2,8, beziehungsweise die An- zahlen der den Bedingungen 1, 2, 3, 4 im $9 S. 29 genügenden bilinea- ren Formen: Az,y, Zur Bay, we Ca,y, = Dx,y, der Determinante A, deren Coöfficienten überdies die Congruenzbedin- gungen: A+D=ı, B+Ü= 0 (mod. 2) erfüllen. Wenn demgemäfs die ganzen Zahlen A,B,C,D den Bedin- gungen: AD+BC=A,4A+D=1,B+ÜC=o0 (mod. 2), —A+B+C+D>o, A—B+C+D>o, und dann noch entweder den Bedingungen: AB CE oder 2, 24 —B+C0>o, B—(Czo0 oder:3, B=-C0—2D>o0, B—(C>o oder 4, B—-C0—23D>o ,„ B—(Czo0 unterworfen werden, so erhält man im ersten Falle P, im zweiten Q, im dritten R und im vierten S Systeme von Zahlen (A,B,(0,D). In den beiden letzten Fällen findet sich a. a. OÖ. (S. 29) aufser den hier aufgenommenen Ungleichheitsbedingungen noch die folgende: diese konnte aber weggelassen werden, da sie vermöge der Gleichung: A—4(B—-0O) = A—B+C+D+4(B—C—2D) aus den Ungleichheitsbedingungen: el ZIERN a von selbst folgt. Math. C1. 1885. Abh. II. 3 58 . KRONECKER: Setzt man nun: = —A+B-+0+D,u =4A—-B-+C+D, 1 =2A— B+Ü+1,m = B—Ü—1ı,n=[24—2B-+1l|, %—=23A— B+Ü—1,%» =B—C+1,»=|24—2B-— 1], = B—-0—2D—-ı,wW=B—C—ı, »—=20—+23D-+1, ne B—-0—3D41,M=B- 6-1, „= 20 2D—ıa so sind vermöge der obigen Bedingungen die Zahlen A, #,v sämmtlich ungrade und positiv, und es bedeuten P,Q,R,S beziehungsweise die Anzahlen der Systeme positiver ungrader Zahlen: (As Aus basti). (Ars da, ka, Va) 5 (A, 5 An Ban a) Ay. für welche va-F 9A. 4 2Uße = AA—1I («—=1,2,3,4) „=|er—r+1|l,» = | —r—ı|, wer HH Hl, vi wird. Es ist daher, wenn nunmehr die von A abhängige Zahl P mit P(A) bezeichnet und unter x eine Variable verstanden wird: i 2 - Ar, k, Ph, = 153,5, „2A, +2 +y? = 5 RN Eu ER ER dt and >.2 ıtzpBı FVi —_ 23; P(A)z* En ( Ark, Ay Kyyvı Zr WEG. 10 1954 = A) ’ gamSe, Hiernach ist: zen—a+ı)? = je > RR) = 22, P(n).2 D und ebenso: aaa un l IDOL „an Per er Fa 2, QA(n).2 ’ Ayn zeat et? >= he >3 Zr) (Pr F =) —— 2; R(n) In A,ı un e md ni n Rt? Dr > PP er zen 22, In) .2*", wo die Summationen links auf alle positiven ungraden Zahlen A,%, die Summationen rechts aber auf alle positiven Zahlen n zu erstrecken sind. Über bilineare Formen mit vier Variabeln. 59 Nach $ 10 S. 31 ist aber: Clin) = 6(Pn) + An) — Rn) — 8 (n)) ; es resultirt daher die Formel: za-utlU? L zanN? _ „ar? _ „ata-1? 2 z Clan) 2" — ne > T (2? 4 a Gr ER ze) 9 RK (n=1,2,3,4,..;%,p=1,3,5,7,...) durch welche die Classenanzahlen C/(n) als Entwickelungseoöfficienten dargestellt werden. Der Ausdruck auf der rechten Seite der aufgestellten Formel ist offenbar nichts Anderes als der von v» unabhängige Theil der Reihe: I 6 Ey EA, Kyv ri E7 (ee Be aan A,p,v=1,3,5 2“ cos(A— ut ev +E)vor — cos(A+n-tev+e)or ,2 Kath 7} ’ oder also, da: I (cos(A—H-hEv HE) UR— COS (AHNM-+EV+E) Ur) — 881nAvr sin uvr COSV vr CosUr £,2 ist, das erste, von » unabhängige Glied in der Entwickelung von: ZELL unudr 2 (3) 6» - mn ag an TE 22 COSVUR.COSUR A,mv=1,3,5,..) A,M,Vv nach cosinus der Vielfachen von vr. Setzt man nun 2!—g und alsdann gemäfls der Bezeichnung in Jacobi’s Fundamente: > AN SIB 2sinKor kK Zar —_ gm = PIE 77 7 2 R,pv=1,3,5,..), Be — H((@v-1)&K) so geht die Reihe (3) oder (2) in: (39) er Te v—+-1)K).sin’am2vK.cosvr über, und es ist diese mit (3°) bezeichnete Function von v, in deren Entwickelung nach cosinus der Vielfachen von vr das erste, von v unab- hängige Glied gleich: Bu 60 KRONECKER: Über bilneare Formen mit vier Variabeln. sECIMm).e" oder HNOUn).g" (n=1,2,3,4,...) wird. Da aber eben dieses erste Glied auch resultirt, wenn man die mit (3°) bezeichnete Function von v von Null bis Eins integrirt, so wird: >— n=» — ER? ri (3) RE a Her+ 1)K).sin’am2vK.cosurdv , n=1 TR und die rechte Seite dieser Gleichung stellt in elegantester Weise dieje- nige Function von q dar, deren Entwickelung nach positiven Potenzen von q die Classenanzahlen bilinearer Formen als Coöfficienten ergiebt. Gemäls der Bemerkung am Schlusse des $ 8 wird: Clan) = 12% F(n— RP) (—- Yn,F(n).g n=1,2,3,4,...) Setzt man den Ausdruck auf der rechten Seite in der obigen Formel (3) ein, so resultirt die Gleichung: n Zur Frage nach dem Ursprunge der altbabylonischen Bi Cultur. | Von A H” SCHRADER.- Philos.-histor. Cl. 1883. Abh. I. 1 Gelesen in der Sitzung der philos.-histor. Classe am 8. Februar 1883 und in der Gesammtsitzung am 6. December 1883. L Schon bald nach den ersten erfolgreichen Versuchen der Entziffe- rung der dritten Keilschriftgattung und damit der Schrift der assyrisch- babylonischen Keilinschriften erhob sich die Frage nach dem Ursprunge dieser eigenartigen Schrift mit ihrem dem Wesen des Semitismus so wenig entsprechenden syllabarischen Charakter und vollends mit ihrem Ideogram- matismus, eine Frage, die sich bald aus nahe liegenden Gründen zu der weiteren nach dem Ursprunge der bezüglichen Literatur und weiter Qultur überhaupt zuspitzte. Abgesehen von einem sehr begreiflichen Schwanken im Beginne der Entzifferung entschieden sich die Fachmänner ohne jede Ausnahme für die Ansicht von dem nichtsemitischen Charakter und Ur- sprung dieser OCultur und insbesondere von dem nichtsemitischen Ursprung der Schrift mit ihrem aus dem Wesen des Semitismus nicht zu erklären- den syllabarisch-ideogrammatischen Charakter. Die noch von Layard entdeckten, von Norris, Smith und Späteren dann veröffentlichten Syl- labare — die zweicolumnigen ebenso wie die dreicolumnigen — bestätig- ten für sie diese Annahme. Boten die dreicolumnigen Syllabare in ihren rechts von den zu erklärenden Zeichen sich findenden phonetisch geschrie- benen Wörtern augenscheinlich den Sinnwerth des betreffenden Zeichens, so konnten die Columnen links von demselben bei einer ganzen Gruppe dieser Syllabare nur die Lautwerthe der betreffenden Zeichen enthalten, so jedoch, dafs daneben entschieden auch Zeichenwerthe in der linken Columne vorkamen, welche nicht Sylbenwerthe, dann vielmehr Sinnwerthe 1* 4 SCHRADER: Zur Frage waren und nur dieses sein konnten. Weitere Untersuchungen, zum Theil auf neuere Funde solcher Syllabare gegründet, gaben an die Hand, dafs auch diese dreicolumnigen Syllabare wieder verschiedenartig waren. Zu denjenigen, welche in der dritten rechten Columne die verschiedenen Sinn- werthe der Zeichen boten, gesellten sich solche, welche lediglich die Na- men der betreffenden Zeichen aufführten, deren Werthe in der ersten, linken Columne verzeichnet waren. Und wiederum hoben sich unter diesen dreicolumnigen Syllabaren als eine besondere Gruppe solche aus, die wie rechts offenbar semitische Sinnwerthe, links unzweifelhaft ebenfalls Sinnwerthe, aber solche von jedenfalls überwiegend andersartigem Typus boten. Dafs man es hier irgendwie mit Wörtern zu thun hätte, stand für die Fachmänner fest; dafs aber diese Wörter nicht solche semi- tischen Ursprungs waren, konnte vielleicht bei dem einen oder andern zweifelhaft sein: bei der überwiegenden Mehrzahl schien dieses zu Tage zu liegen. Der Biliteralismus dieser andersartigen Wörter drängte sich unmittelbar auf: die Wörter oder Wurzeln von triliteralem, d. h. semiti- schem Charakter, welche inmitten derselben auftraten, erweckten durch ihre bei einer Reihe von ihnen ganz unverkennbaren semitischen Anklänge den Verdacht, fremdsprachlicher Art, von aufsen her importirtes Gut zu sein. Und was so schon durch diese dreiecolumnigen Syllabare nahegelegt war, ward für die Fachmänner bestätigt durch die zweicolumnigen Syl- labare, insbesondere eine Gattung derselben. Auch diese zweicolumnigen Syllabare enthielten zum Theil rechts lediglich ein semitisches Wort, links ein andersartiges. Aber eine ganze Reihe von solchen boten in beiden Columnen nicht blofs einzelne Wörter, sondern zugleich ganze kürzere oder selbst auch längere Sätze, Phrasen würden wir sagen. Und verglich man nun diese sicher semitischen Sätze oder Phrasen der rechten Columne mit denjenigen der linken, so trat dem Untersuchenden nicht blofs eine Reihe ganz andersartiger Zeichen und Zeiehengruppen — wir sagen, um nicht zu präjudieiren, hier eben nicht „Wörter“ — entgegen, sondern auch die ganze Anordnung der jedesmal entsprechenden Zeichen war eine wesent- lich andere als diejenige, welche in der rechten, semitischen Columne vorlag, beziehungsweise nach dieser zu erwarten war. Die den semitischen Wörtern der rechten Columne im Einzelnen und an und für sich entspre- chenden Zeichen oder Zeichengruppen boten sich in einer ganz andern nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 5 Folge dar, als wie es nach der ersteren zu erwarten stand: was gemäls der rechten Columne hätte zuerst gestellt sein sollen, erschien zuletzt ge- stellt und umgekehrt, dieses aber wieder keineswegs durchgehends, son- dern nur in bestimmten, bald festzustellenden Fällen. Hatte man es nun in der linken Columne mit todten Zeichenbildern, starren Hieroglyphen zu thun, so mufste nothwendig eine solche Änderung der Ordnung der Zeichen überraschen. Es schien dieses erklärlich lediglich, wenn sich unter den für rein hieroglyphisch gehaltenen Zeichengruppen eine Sprache und dazu ein Idiom von andersartigem Charakter barg, als dasjenige der rechten d. i. semitischen Columne war. Fortgesetzte Untersuchungen sowohl dieser linken Columnen der Syllabare, als auch derjenigen zusam- menhängenden Texte, welche in einer ersten, oberen Zeile jene anders- artigen Zeichen und Zeichengruppen, in.der zweiten, darunterstehenden die semitischen Wörter und Sätze boten, bestätigten und ergänzten die gefundenen Resultate und führten zu dem Gesammtergebnisse, dals wir es bei dem Idiom der linken Columnen u. s. w. insbesondere mit einer agglutinirenden Sprache zu thun hätten, über deren näheren Zusam- menhang mit anderen Sprachzweigen: dem altmedischen (?) Idiom (Sprache der zweiten Keilschriftgattung), dem elamitischen Idiome, oder auch dem semitischen Sprachstamme Sicheres zunächst sich nicht ausmachen lasse. Gegen diese Schlufsfolgerung erhob sich nun Jos. Halevy in einer Ab- handlung im Journ. Asiatique 1874, überschrieben: Observations eritiques sur les pretendus Touranıens de la Babylonıe (Juniheft 461 ff.). Die Ver- öffentlichung führte zu weiteren literarischen Auseinandersetzungen, an denen sich aufser OÖppert, Lenormant und A. H. Sayce auch der Vor- tragende betheiliste (s. die Abhandlung: „Ist das Akkadische der Keil- inschriften eine Sprache oder eine Schrift?“ in Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Bd. XXIX, Jahrg. 1875, S. 1 ff). Soweit nun Halevy gegen den verschiedentlich behaupteten Turanismus des Akka- dischen — wie die Sprache der linken Columne benannt ward und nach unserer Ansicht wegen IH Raw]. 36 I Rev. Z. 12 auch benannt werden sollte, wenn man nicht dem volleren Namen: Sumerisch-Akkadisch den Vorzug geben will, — ich sage, soweit sich Halevy gegen den behaupteten Tu- ranısmus dieser Sprache wandte, glaubte ich ihm, insofern damit eine bestimmte linguistische Einreihung ausgesprochen war, Recht geben zu 6 SCHRADER: Zur Frage sollen !). In meiner oben eitirten Abhandlung S. 52 ist solches noch des Näheren dahin präcisirt, dafs zwar „die grammatische Struetur dieser Sprache in den grofsen Hauptsachen zu Tage liege: ihre Einreihung in die bekannten Gruppen von Sprachen aber nicht gelingen wolle.“ Fest steht lediglich, dafs die Sprache zu der „Gruppe der agglutinirenden Idiome“ gehört (S. 52)?). Unabhängig von dieser Frage nach der lin- guistischen Verwandtschaft der betreffenden Sprache ist die andere nach dem allgemeinen Charakter derselben, sowie die Vorfrage, ob in der linken Columne der Syllabare und den Öberzeilen der bilinearen Texte überhaupt eine Sprache enthalten ist? — Der Erörterung dieser Frage ist meine vorhin angezogene Abhandlung gewidmet. Dieselbe kommt zu dem Resultate, dafs die entgegenstehende Ansicht Hal&evy’s, dafs wir es bei den betreffenden Texten nicht mit einer Sprache, denn vielmehr mit einer künstlichen Schrift zu thun hätten, scheitere 1) an dem lautlichen Charakter derjenigen Sprache, welche die Erfindung der Keilschrift dritter Gattung zu ihrer Voraussetzung hat, insofern das Schriftsystem der Babylonier dem Wesen einer semitischen Sprache nicht entspricht (8. 5 —7); nicht minder 2) an den Lautwerthen der Zeichen der linken Co- lumnen, welche — von klar zu Tage liegenden und sich unschwer er- klärenden Ausnahmen abgesehen, — sich nicht auf assyrisch -semitische, denn vielmehr auf andersartige, nichtsemitische Wörter zurückführen und auf Grund dieser erklären lassen (S. 7—14); des Ferneren 3) an dem Umstande, dafs die Zeichen der linken Columnen keineswegs, wie man es bei der Halevy’schen Annahme des ausschliefslich hieroglyphisch-ideo- grammatischen Charakters der betreffenden Texte zu statuiren hätte, in- variabel sind, vielmehr auch phonetisch sich auseinanderlegen und zugleich !) Vgl. hiermit meine Bemerkung auf dem Londoner Orientalisten- Congrels vom Jahre 1874 (Transactions and proceedings of the sec. Congress of Orientalists p. 422): pn... that the Turanian character of the second kind of Cuneiform Inseriptions and of the so-called Accadian language of old Babylonia was not certain and it would be best to avoid this name in order to prevent misunderstanding.“ ?2) Oppert in seiner Schrift: Touranien ou rien (Journ. Asiat. 1874) und Le- normant in seinem Werke: la langue primitive de la Chaldee et les idiomes Touraniens, glaubten ihrerseits mit Entschiedenheit für den Turanismus und den finnisch-tatarischen Charakter dieser Sprache eintreten zu sollen. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 7 lautlich varüiren (neben mah auch mah-ki und mah,; neben gal auch gu-la u.s. w.) (8. 14—16). Nicht minder 4) ergiebt sich dieses, so führte ich aus, aus der unverkennbaren Flexion beziehungsweise den lautlich varıı- renden Bildungselementen, insbesondere bei den verbalen Bestandtheilen der betreffenden Zeichengruppen beziehungsweise Sätzen dieser linken Co- lumnen. Ich wies hin auf den Wechsel von ın-lal-t und ni-lal-i, bannanin- sar und ban-rürü, vb-tur! und abba-si u. a. m., lautliche Varianten, welche selbst in den für invariabel erklärten, weil für hieroglyphische Zeichen- bilder angesehenen Wurzelwörtern klar und sicher uns entgegentreten, wie bei gi-na und gr-in, hr (l. dug) -ga und hr (l. dug) -ge u. s. w. (S.17— 20). Dafs im Übrigen 5) rein ideogrammatische Zeichen bereits auch in der alten Sprache bezw. in der andersartigen Schrift nebenherliefen, ward von uns nicht geläugnet und auf die sinnvolle Erklärung solcher Zeichen, nament- lich durch G. Smith, ausdrücklich hingewiesen (S. 20—21). Damit aber habe die Frage, ob die linksseitigen Columnen ideographische Zeichen oder eine lebendige Sprache enthalten, nichts zu thun: Ideogramme könne es in der einen Schrift ebensowohl gegeben haben wie in der andern. Dieser negativen Ausführung schlofs sich eine positive an, in welcher der Nach- weis angetreten wurde, dals der Satzbau in diesen linken Columnen u. s. w. dem Wesen einer semitischen Sprache durchaus zuwiderlaufe und dafs dadurch die angenommene lediglich graphisch -bildliche Wiedergabe eines assyrisch-semitischen Satzes kategorisch ausgeschlossen werde (S. 21 — 25). Es wurde das Gleiche in Bezug auf die in der linken Columne uns entgegentretende Wortbildung beziehungsweise Wiedergabe der in den semitischen Columnen uns begegnenden Flexion gezeigt, welche nämlich der letzteren, der semitischen, direct ins Angesicht schlage: hier Suffigirung, dort Präfigirung und wohl gar Infigirung (S.25—29). Der Schlufs der bezüglichen Ausführung konnte hiernach nur dahin lauten, -dals die Flexion des Verbums der linken Columne eine semitische nicht sei und dieselbe auf die Erfindung eines Semiten nicht zurückgehe. Und an dieser Anschauung muls der Vortragende festhalten. Die selbe gegen die inzwischen erhobenen Einwände von Neuem ins Licht zu setzen ist die Aufgabe der nachfolgenden Ausführung. Wir knüpfen dabei an an eine Untersuchung Stanislas Guyard’s, welche dieser Gelehrte in der Revue de l’histowre des religions (Annales du 8 SCHRADER: Zur Frage Musee Gwimet), Par. 1882, veröffentlicht hat und welche überschrieben ist: bulletin critique de la religion Assyro-Babylonienne. Der im Vergleich zum Inhalte der Abhandlung etwas befremdliche Titel ist wohl nur des Ortes wegen gewählt, wo die Abhandlung Aufnahme gefunden hat. In Wirklich- keit bildet nicht sowohl die Religion als die Schrift und Sprache der alten Babylonier den Gegenstand der Abhandlung und eben deshalb haben wir hier mit derselben uns zu beschäftigen !). Stanislas Guyard hat richtig erkannt, dafs, will man über eine Frage, wie die hier vorliegende, ob nämlich etwas eine Schrift oder aber eine Sprache sei, zur Klarheit kommen, man seinen Ausgang nehmen muls von dem Baue der Sprache, welche irgendwie in Schriftzeichen vorliegt oder als vorliegend zu erwarten ist. Ist etwas eine eine Sprache wieder- gebende Schrift, so mufs diese Schrift dem Wesen dieser Sprache irgend- wie sich anschmiegen, mufs diesem Wesen entsprechen; sie muls dieses in einem um go höheren Maafse, wenn die betreffende Schrift von dem die betreffende Sprache redenden Volke, wie das Guyard annimmt, auch erfunden ist. Nach Guyard rühren die linken Columnen der Syllabare, die oberen Zeilen der doppelzeilisen Texte, die alten unilinguen, angeb- lich in Ideogrammen geschriebenen Inschriften sämmtlich wie die späteren phonetisch geschriebenen, unzweifelhaft semitischen assyrischen Texte von den semitischen Babyloniern her; eine andere Volksschicht als Semiten will Guyard und will auch Halevy in Babylonien nicht anerkennen. Was schon die alten Hebräer mit mehr oder weniger Klarheit erkannt hatten 1) Auf die von Hal&vy sowohl in einer späteren ebenfalls im Journal Asiatique erschienene Abhandlung: Nowvelles considerations sur le syllabaire cumdiforme (1876), als auch in den in der Revue de philologie et d’eihnographie 1878 erschienenen Aufsätzen: la nowvelle evolution de l’Accadisme, versuchte Rechtfertigung der aufgestellten These glauben wir hier zunächst nicht besonders eingehen zu sollen, da dieselben wesentlich- Neues nicht beibringen und da von uns bereits anderweit wenigstens die Hauptausführung des Genannten des Näheren gewürdigt ist (s. Jenaer Literaturzeitung 1879 S. 273 fle.). Im Verlauf auf die eine oder andere der darin vorgebrachten Meinungen zurückzukommen, dürfen wir uns vorbehalten. Wir thun solches auch bezüglich des Genannten Etude sur les documents philologiques assyriens in dessen Melanges de critique et d’histoire relatifs aux peuples semitiques, Par. 1883, welche dem Vortragenden erst nach Lesung des ersten Theiles dieser Abhandlung zu Gesicht kam und deshalb nur noch beim Druck desselben mitberück- sichtigt werden konnte. nach dem Ursprunge der altbabylomischen Cultur. 9 und was sie durch die Bezeichnung des Babyloniers Nimrod als eines Sohnes des Kusch, nicht des Sem, so bestimmt zum Ausdruck brachten, sie, die doch Assur mit ebenso grolser Bestimmtheit an die Spitze aller Nach- kommen Sems stellten: nämlich, dafs in Babylonien eine Zwiespältigkeit der Bevölkerung vorliege !), wird von Stanislas Guyard ebenso wie von Halevy geläugnet. Ihnen ist diese Bevölkerung eine einheitliche und zwar eine semitische, in nichts Wesentlichem von der assyrischen ver- schiedene. Die semitischen Assyrer bezw. Babylonier allein können, sie müssen nach den Genannten demgemäls auch die Keilschrift erfunden haben. Ist dem aber so, so steht zu erwarten, dafs in jenen ältesten Codifieirungen ihrer Gedanken diese Gedanken, auch was den Ausdruck derselben in Worte betrifft, sich wiederspiegeln werden, d.h. aber, dafs zunächst die äulsere Wortfolge in der Schrift dieselbe sei, wie in der gesprochenen Sprache; dals nach dieser Richtung Schrift und Sprache sich decken. So ist es der Fall, Ausnahmen, wie sie überall vorkommen, natürlich aufser Betracht gelassen, bei allen ideographischen Schriften, so ist es der Fall auch in den von sonst ganz ideographisch geschriebenen späteren und spätesten, wirklich semitischen babylonischen Keilinschriften. Die letzteren sind zum Theil wie die allerältesten durchaus oder ganz überwiegend in Ideogrammen geschrieben und weisen so auf den ersten Blick genau denselben Typus auf, wie die allerältesten. Durchweg aber ist hier Wortfolge und grammatische Construction die als die semitische bekannte und demnach auch hier zu erwartende. Transeribirt man solche Texte, unter lediglicher phonetischer Auflösung der Ideogramme, so tritt durchweg der semitische Charakter der Grammatik und der Diction zu Tage. Die Wahl der Tempora, die Flexion, wie sie da, wo die phone- tischen Complemente auftreten, mit Sicherheit sich bestimmen lälst, die Rection des Verbums, die Anhängung der Pronomina suffixa, die Stellung des Objects, der Platz, der den Verhältnifswörtern eben als Präpositionen angewiesen wird u.s. w.: alles zeigt semitischen Typus, und ganz von sich selbst schreibt sich ein solcher Text, unter gänzlicher Beibehaltung der Wortfolge, um in einen Text von rein semitischem Aussehen. Wie ich 1) Bereits J. Olshausen hatte das wahre Sachverhältnifs in seiner Schrift: Emendationen zum Alten Testament, mit grammatischen und historischen Erörterungen. Kiel 1826, S. 44—47 erkannt und bestimmt ausgesprochen. Philos.-histor. Cl. 1883. Abh. Il. 2 10 SCHRADER: Zur Frage aber schon vor Jahren in dieser Hinsicht auf die gerade damals entdeckte und von mir in der Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesell- schaft (XXIX S. 37 flg.) nach Dr. Hausknecht’s Papierabklatsch ver- öffentlichte rein assyrisch-semitische Inschrift verwies, neben welcher ver- schiedene parallele in der nichtsemitischen Sprache verfalste Inschriften desselben Königs vorhanden waren, so ist uns inzwischen eine Inschrift Hammurabi’s bekannt geworden, welche auf einem und’ demselben Steine einen Erlafs dieses Königs in den beiden verschiedenen Schriftgattungen beziehungsweise Sprachen nebeneinander bietet — in derselben Weise, wie dieses mehr denn ein Jahrtausend später bei den dreisprachigen In- schriften der Achämenidenkönige Statt hat!). Die Zeichen an sich thun es hier keineswegs. Zwei Inschriften können, von dem entscheidenden Passus abgesehen, genau die gleichen Zeichen bieten und dennoch unter Umständen die eine der einen, die andere der andern Sprache zuzuweisen sein. Einen einleuchtenden Beleg hierfür bietet das schon früher von uns angezogene inschriftliche Zwillingspaar des Königs Singasid, I Rawl. 3 No. VII a und db. Die Inschrift a ist fragelos eine semitische. Sie lautet: > Sin-ga-&i-id d.ı. 1. Singasid 2. abal NIN. SUN 2. Sohn des Nin-Sun (?) 3. sar Uruk 3. König von Erech 4. ba-nu 4. Erbauer 5. ikal Anu 5. des Tempels des Anu. Die Wahl des Participiums banuv R. band?), die Stellung desselben vor den regierten Accusativ, beziehungsweise Genitiv ikal „Tempel“; die Ana- logie endlich der Inschrift des assyrischen Königs Samdi-Rammän IR. 6 Nr. I, welche in ganz analoger Weise: ba-nı ikal Asur bietet (Z. 5—7), lassen darüber keinen Zweifel; und es war ein völlig vergebliches Be- mühen Lenormants, das ba-nuv, indem er es in zwei selbständige Ele- mente zerlegte, aus dem nichtsemitischen Babylonisch zu erklären. Was 1) S. Amiaud in Recueil de travaux relatifs « la philologie et & l’archeologie egyptienne et assyrienne I (1879) Livr. 4; vgl. auch im Journ. Asiat. VII, 20 (1882) p. 231 ss. 2) Dafs das betreffende Zeichen ein us sei, wie ich früher annahm (Zeitschr. d. Deutschen Morgenländ. Gesellsch. XXIX S. 40), ist doch angesichts der Parallelen wenig wahrscheinlich. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Qultur. 11 ihn zu dieser Annahme und diesem Deutungsversuch bewog, war augen- scheinlich die Wahrnehmung, dafs von demselben Könige eine zweite In- schrift (die Inschr. 5) ganz ähnlichen Inhalts existirte, die ebenso fragelos nicht blofs in seinen, sondern auch in unseren Augen in der nichtsemi- tischen Sprache Babyloniens verfafst ist. Wir setzen auch diese Inschrift, in einer verbesserten Transcription, nochmals her: 1. Sin-ga-si-id d.i. 1. Singasid, 2. nitah ag-ga 2. starker Held, 3. lu-gal Unu- ki- ga 3. König von Unu-Erech, 4. lu-gal Ga(?)-na-nu-uww 4. König von(?) Gananuv(?), 5. d-gal 5. den Tempel Baeng 1) GR 1), 7. mu rü 7. ich erbauete. Der Inhalt, sieht man, ist ein demjenigen der Inschrift « im Wesentlichen analoger, nur dafs hier der König noch das fehlende Epitheton nitah agga = „starker Held“ hat, und derselbe weiter aufser als König von Unu- Erech auch als König von Gananuv(?) bezeichnet wird. Die Aussage im zweiten Theile der Inschrift ist, vom verlöschten Namen des betreffenden Tempels abgesehen, dem Kerne nach dieselbe wie die entsprechende der Inschrift a, nur dafs hier statt des Participiums (bänuv) das Verbum fini- tivum mu rü, dem ein semitisches abni entsprechen würde, sich findet. Und dennoch, wenn wir vom Titel absehen, worüber sogleich, wie ganz anders ist der sprachliche Typus dieser Inschrift im Vergleich zu dem- jenigen der ersteren! In der ersteren Inschrift ein Partieipium bänuv, das den Semitismus an der Stirn trägt: ihm folgt nach semitischer Weise das abhängige Nomen ikal u. s. w.:; hier dagegen haben wir Voranstellung des Accusativs d-gal und Folge des Verbum finitums und zwar in der ersten Person, während man die dritte erwartete?). Dazu wird das Zeichen !) Die Lesung nam-lugal-...ni = „seines Königthums“ (Lenormant) ist doch zu gewagt, als dafs wir dieselbe als eine wirkliche Heilung des corrupten Textes auf die Dauer betrachten könnten. 2) Derartige Wechsel der Person in der Darstellung finden sich in den grölseren, historischen Inschriften ja freilich auch gar nicht so selten; wie aber bei kleineren In- schriften in solchen Fällen verfahren ward, das lehren uns Inschriften wie diejenigen IR. 8 No.5; 48 No.5. 6 68I (vgl. I, 17 mit II, 26) u. a. m., d. h. es wurde von vorn- 3% 12 SCHRADER: Zur Frage für diese erste Person —= mu nicht etwa, wie dieses nach semitischer Weise zu erwarten wäre, dem Verbalstamme sei es präfigirt (Imperfect), sei es suffigirt (Perfect), vielmehr demselben frei und gänzlich lose und selbständig vorausgestellt. Aber — wendet man ein — beweist nicht gegen unsere Theorie in entscheidender Weise der Umstand, dafs, was wir als Eigenthümlichkeit der Inschriften anderer Art d. h. der angeblich nicht- semitischen Inschriften bezeichnen und für diese geltend machen, auch in den von uns für semitische erklärten Inschriften sich findet? Begegnen wir nicht — um bei unserem Inschriftenpaare stehen zu bleiben — in der für semitisch erklärten Inschrift bei der Bezeichnung des Singasid als „König von Erech“ $ar Uruk, nämlich in der Schreibung sar Unu-ki-ga klärlich jenes verrätherischen, nur aus der ideogrammatischen (für uns akkadischen) Schreibung erklärlichen ga (vgl. St. Guyard p. 10, der solches in einem 'analogen Falle bezüglich der Schlufssylbe gi (Axt) in der Schreibung tabtab-ba-kit (gl!) |Guy. arba-gi in den Hammurabi-In- schriften] geltend macht)? — Gewils liegen in beiden Fällen Schreibungen vor, welche sich aus dem Semitischen schlechterdings nicht erklären lassen. Ist auch zwar jenes ga nicht mit Lenormant als eine postposi- tive Partikel im Sinne von cehu de zu erklären — es ist einfach die pho- netische Ergänzung zu dem akkadıschen Namen für Uruk-Erech, nämlich Unugga —, so würde doch ein Semit von sich aus niemals so geschrie- ben haben (es findet sich ja ohnehin gerade genau so auch in der von uns für akkadisch erklärten Parallel-Inschrift Nr. 5), und ebensowenig würde derselbe in der Redensart „König der vier Gegenden“, assyrisch sar kıbräti arba-ı (mit Varr.), wenn er dieses ideogrammatisch hätte ausdrücken wollen, von sich aus /ugal ubda IV. kit (gi) geschrieben haben. Hieran müssen wir, im Gegensatze zu Guyard, der dieses für möglich hält, entschieden festhalten, ganz abgesehen davon, dafs das durch gi (kit) angeblich wiedergegebene genitivische ? in arbai ja herein die Inschrift in der ersten Person aufgesetzt. Wo aber in der dritten Person an- gehoben ward, ward auch in dieser fortgefahren (vgl. IR. 7 No. 7 Sanherib u. a. m.). Die Inschriften Nebucadnezar’s mit dem schliefsenden anaku gehören natürlich nicht hierher. 1) Vgl. hierzu Amiaud’s Edition und Transseription der nichtsemitischen Ham- murabi-Inschrift im Journ. Asiat. VII, 20 (1882) p. 236 Z. 20. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 13 dann natürlich auch bei dem substantivischen Arbräti durch ein solches ideo- grammatisches Art (gi) nach semitischer Coordinationsweise hätte wieder- gegeben werden müssen. Sind aber die betreffenden Schreibungen aus dem Semitischen überall nicht zu erklären und begegnen sie dennoch auch in Inschriften, die wir nothwendig für semitische erklären müssen (s. oben), so kann die Erklärung der Antinomie nur eine geschichtliche sein — sind doch die betreffenden Aussagen solche, die sich in den typisch festausgeprägten Titeln der Könige finden, welche eben bei den Nicht- semiten und einstigen Reichsgründern durch den Gebrauch sanetionirt waren. Diese nahm man unverändert und pure in der starren Schreibung der alten Inschriften auch in die semitischen Inschriften herüber, indem man im Übrigen diese dem Semitismus der geredeten Sprache gemäls abfalste. Es beschränkt sich dieses Verfahren übrigens keineswegs auf solche alte Königstitel; locale festausgeprägte Bezeichnungen werden in derselben Weise lediglich herübergenommen, so das Ud-unu-ki-ma-ta „(Tempel) in Larsav“ IR.4 Nr. XV, 2 Z. 11.12. Die Beibehaltung des locativen postpositiven fa ın der festgeprägten Bezeichnung ist in derselben Weise zu beurtheilen, wie die desselben /@ in dem bekannten, in die assy- rischen Inschriften übergegangenen (ET „I]T —= kita im Sinne von 3u- peu: in der, der akkadischen selbständig gegenübertretenden, semitisch- assyrischen Schrift hat bekanntlich das für sich dastehende „If ta gar nicht die allgemeine locative Bedeutung, denn vielmehr die ganz bestimmte „aus“: es entspricht durchaus und ausschliefslich dem assyrischen z3tu. Wesentlich dasselbe gilt auch insbesondere noch von dem bei Hammurabi ebenso wie bei anderen alten babylonischen Herrschern am Schlusse dieser titularen Epitheta wiederholt auftretenden /ugal (an) ab-da tabtab-ba, welches einem assyrischen $ar kubräti arbat! (auch arbai, arba-i, arba') ent- sprechen würde. Freilich glaubt Guyard gerade von dieser Ausdrucks- weise abermals einen und zwar ganz besonders einleuchtenden Beweis für seine Ansicht hernehmen zu können (a. a.O. p. 9), insofern das Wort für „vier“ im Akkadischen durch das Zeichen 3 mit nachfolgendem ba ge- schrieben werde, welches letztere natürlich nur irgendwie phonetische Er- gänzung sein kann und welches Guyard (mit Halevy s. unten) für die phonetische Ergänzung des semitischen Worts für 4 — arb« »=°8 glaubt halten zu können. Schon ein Blick auf die bekannten historischen Inschriften 14 SCHRADER: Zur Frage der Assyrerkönige Sam$i-Rammän (I, 34) und Tiglath-Pileser II. (II R. 67, 1), die sich in ihren Titeln der hier in Betracht kommenden ideogra- phischen Bezeichnung des Zahlworts für 4 5 bei ihren Betitelungen in ihren Inschriften bedienen, hätte denselben indefs stutzig machen sollen: niemals erscheint hier das in den altbabylonischen Königsinschriften vor- liegende Complement ba; statt dessen vielmehr — und ganz correet — das zu dem semitischen Femininum arbat! —= ryans gehörende Complement ti (II R. 16 Nr. 5, 27 mit nasalem Auslaut 4m, tiv), oder aber ein zu einem masc. arbai!), arbai?) gehörendes complementäres 2. Diesem letz- teren begegnen wir auch bei Tiglath-Pileser I., Oyl. col. I, 29. 37; IV, 46. Daneben findet sich auch noch die vollere Aussprache ar-ba-ım ?), wel- cher wir sowohl in der Hammurabi-Inschrift des Louvre (Z. 5) als auch auf jener Alabastervase König Naram-Sin’s, I R. 3 Nr. VII, 5, begegnen, welche mit den übrigen Monumenten der französischen mesopotamischen Expedition im Tigris versank, deren Inschrift aber glücklicherweise durch eine Copie, welche Fresnel von derselben genommen, erhalten ist; als endlich auf der von mir nach Dr. Hausknecht’s Papierabklatsch ver- öffentlichten Inschrift des Königs Dungi (2), s. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft XXIX, 37. Wo das semitische Zahlwort ohne alle Flexion auftritt (als arba’ —= yzn), wie z. B. bei Sargon Oyl. 2; Khorsabad-Inschrift 14, erscheint dasselbe sowohl mit dem auslautenden Hauchlaute, als auch ganz phone- tisch = ar-ba- ((>TKl T &>T) geschrieben (s. a. d. aa. 0O.). Niemals erscheint hier (und überhaupt in einem semitischen Texte) als phonetisches Complement die Sylbe da und niemals erscheint anderseits das auch in den semitischen Texten auftretende Ideogramm $# in diesen 1) Asurnäs Col. I, 10 wechselt mit I arba-i ein TI! arba-ta, welchem letzteren wir auf dem Obelisk Salmanassar’s II, 16 begegnen. 2) Dieser grammatisch correctesten Aussprache begegnen wir in durchweg pho- netischer Schreibung in der semitischen Inschrift eines altbabylonischen Königs, V Rawl. 33 Col.1,41: >TK] IT Aa>T I. 3) Man hüte sich übrigens beiläufig, das auslaufende im, iv hier für die Plural- endung zu nehmen. Es ist das vielmehr lediglich die mit dem Lippennasal versehene masculine genitivische Casusendung, welche der nominativen auf um, uwv entspricht und der Feminin-Endung tim, tiv parallel läuft. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 15 Texten mit dem phonetischen Complemente ba, wie dieses in den uni- linguen, nichtsemitischen altbabylonischen Texten der Fall ist. Ein graphisches UB. DA. >= —=T kann also nie und nimmer durch ein assyrisches kıbratw AR-ba erklärt werden. Die Sylbe da hinter dem Zahlzeichen für 4 mufs nothwendig einen andern Ursprung haben. Das durch dieses ba ergänzte Zahlwort kann überhaupt nicht das bekannte semi- tische Wort!) für „vier“ gewesen sein. Wir zweifeln nicht, dafs P. Haupt und Theoph. Pinches längst das Richtige gesehen haben, wenn sie das fragliche ba als die phonetische Ergänzung eines nichtsemitischen tabtabba d.h. aber eines durch Wiederholung des Zahlworts für 2 = tab, welches durch II R. 39, 9e. f. an die Hand gegeben wird, entstandenen Zahlwortes für „vier“ betrachten ?). Der versuchte Nachweis des Vorkommens eines semitischen Com- plements in den akkadisch-sumerischen und vor Allem unilinguen altbaby- lonischen Texten wird hiernach als gelungen nicht bezeichnet werden können. Aber wie, wenn die akkadisch-sumerischen Wörter selber, d.h. aber für unsere Gegner die ideographische Schreibung für sich den Beweis lieferte, dafs nicht, wie man bisher überwiegend meinte, die assyrischen Zeilen der bilinguen Texte die Übersetzung der darüber stehenden anders- artigen Zeilen sind, denn vielmehr, dafs die sogenannten akkadischen Zeilen überall die ideographische Wiedergabe der darunter stehenden as- syrischen Zeilen sind, mit andern Worten: dafs die akkadischen Texte nur die ideographische Wiedergabe des assyrisch-semitischen Wortlauts reprä- sentiren? — Stanisl. Guyard glaubt den Beweis dafür in den Händen zu haben zunächst in der Wiedergabe des assyrischen Zmuttu, feminines Substantiv der Wurzel /amänu, wovon limnu „böse“, durch das ideogra- phische SAL. HUL $£= «P-]P-T der Texte (s. Abhandl. p. 21). Die That- sache ist ganz richtig und es ist zweifellos, dals eine solche ideographische Bezeichnung eines femininen Abstractums durch ein Ideogramm mit davor- geordnetem Ideogramm für das Femininum — >, wofür man ein ideo- 1) Mit Bestimmtheit und meines Wissens zuerst ist dieses von mir bereits 1875 in meiner oben citirten Abhandlung (Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesell- schaft XXIX, 34) ausgesprochen. 2) S. P. Haupt, Sintfluthbericht S.27; Theoph. Pinches in PSBA. 1882 p. 112. 16 SCHRADER: Zur Frage graphisches NAM. HUL erwarten sollte, nur auf einen Semiten zurück- gehen kann. Es wird das bestätigt durch das Auftreten der betreffenden Begriffsbezeichnung in dem semitischen Sintfluthberichte col. III, 11. 12. Dieser Umstand aber giebt zugleich die Lösung des Räthsels an die Hand. Denn der semitische Verfasser (oder Übersetzer) der Sintfluthgeschichte konnte, indem er eine ideogrammatische Bezeichnung des betreffenden Be- griffs wählte, den Wunsch haben, seinen Lesern dadurch zu Hülfe zu kommen, dafs er durch das vorgesetzte Weiberideogramm darauf aufmerk- sam machte, dafs das betreffende assyrische Wort hier in seiner weib- lichen Form in Aussicht genommen sei. Durch die Hand solcher semi- tischen Tafelschreiber sind ja aber auch z. B. die bilinguen Hymnen hindurchgegangen, bei denen es deshalb auch nicht überraschen kann, solehen und ähnlichen Übertragungen assyrisch-semitischer Wörter in den- selben zu begegnen, wie diese ja denn bekanntlich in den akkadischen Zeilen auch wohl die assyrisch -semitische Adverbialendung :$ bieten (Gu - yardp.15)!). Nur in den unilinguen, in der von den Verfertigern selber herrührenden Gestalt uns überkommenen akkadischen Inschriften, z. B. denen der altbabylonischen Könige, haben wir solche Erscheinungen nicht zu er- warten, und in ihnen sucht man sie ebendeshalb auch vergeblich. Anders wieder verhält es sich mit den beiden anderen Beispielen, auf die sich Guyard beruft. Dieselben sind entlehnt einer von Theo- philus @. Pinches in den Proceedings of the Soc. of Bibl. Arch. Jahrg. 1881 vom 11. Jan. p. 37 folgg. veröffentlichten Namenliste. Es ist eine doppelsprachige Liste der altbabylonischen Herrscher, der mythischen vor- fluthlichen und der historischen nachfluthlichen. Unter den in derselben aufgeführten Eigennamen begegnen wir (S. 37) auch einem solchen, lautend Azag-Bau, den die semitische Verdolmetschung durch Bau-illit „Bau ist erhaben“ wiedergiebt. Vor diesem Namen findet sich nun in der akkadischen beziehungsweise ıdeographischen Columne anstatt des männ- lichen Personendeterminativs, des verticalen Keils Y, das Weiberdeter- minativ {> sal = > (ff >T 21T eITT=, woraus sich ergiebt, dafs wir es hier mit einer Königin zu thun haben. Stanisl. Guyard nun aber bringt das Determinativ mit dem adjectivischen Ideogramme für den 1) Vgl. über letztere Erscheinung P. Haupt, sumer. Familiengess. I p. 36.. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 17 Begriff „glänzend“, „erhaben“ zusammen und lälst sal-azag nur das aus dem Assyrischen rückübersetzte semitische illit, ein feminines Adjectiv, sein. Nun hätte schon ein Blick auf Col. H Nr. 21 derselben Liste ihn an dieser Aufstellung bedenklich machen sollen. Denn hier haben wir einen ganz analog gebildeten Namen: assyrisch Sirat-kibit-Marduk „Er- haben das Gebot Merodachs“. Wäre also jene beabsichtigte Andeutung des femininen Adjectivs bei der Wahl des weiblichen Determinativs der Grund gewesen, so hätte auch hier jenes Determinativ {> dem Namen voraufgehen müssen: wir suchen ein solches aber vergeblich. Der Name ist geschrieben: Tel ea >=] >! ayıT IT, mit dem männ- lichen Personendeterminativ! Und wiederum, wenn der Name Bau-illit, wie Stanisl. Guyard annimmt, derjenige eines Mannes, eines Königs war, so hätte müssen einem weiblichen Determinativ sal noch das Mannesdeter- minativ, wie bei allen übrigen Namen, voraufgehen. Gerade dieses Deter- minativ aber fehlt (s. oben) und dieses Fehlen des männlichen Personen- determinativs lest gegen Guyard’s Auffassung ein entschiedenes Veto ein. Noch ein drittes, dieser selben Liste entnommenes Beispiel glaubt Guyard für seine Ansicht anführen zu können. Nr. 23 der zweiten Co- lumne begegnen wir dem Namen T »»-T -]] >= £= d. i. En-gi-sal = assyrisch Tanitti- Bil „Ruhm Bels“, bei welchem Namen in der akkadisch- ideographischen Wiedergabe desselben das feminine Substantiv tanittu R. m As durch gi-sal, d. i. durch das mit dem femininen Determinativ ver- sehene ideographische gi ausgedrückt wäre. Hier hätte aber Guyard von seiner Aufstellung schon der Umstand abhalten sollen, dafs ja hier das Determinativ hinter dem dazu gehörigen ideographisch geschriebenen adjectivisch zu nehmenden gi = nddu stehen würde: es heifst ja nicht sal-gi, sondern gi-sal! Das sal muls hier eine andere Bedeutung und einen andern Zweck als den eines weiblichen Determinativs haben, ebenso wie es einen solchen andern Zweck in dem Namen Col. III, 7 haben muls, wo es mitten im Worte erscheint und wo an eine weibliche Determinirung gar nicht zu denken ist. Dasselbe sollte augenscheinlich dazu dienen, das gi näher zu präcisiren und dasselbe von einem andern oder mehreren anderen gi mit anderen Bedeutungen zu unterscheiden, vgl. nur II, 18, wo wir dem bekannten gi-gal —= hbsi oder Nr.22, wo wir einem gr-dü begegnen. Auch dieses letzte von Guyard angezogene Beispiel versagt somit durchaus. Philos.-histor. Cl. 1883. Abh. II. 3 18 ScHuraDer: Zur Frage Es mag uns verstattet sein, über die denkwürdige Liste, die wir im Vorhergehenden wiederholt anzuziehen in der Lage waren, noch ein Paar weitere Worte hinzuzufügen, insofern, wie wir meinen, gerade sie geeignet ist, die Grundlosigkeit der gegnerischen Ansicht auch positiv zu erhärten. Sind die hier aufgeführten und zugleich phonetisch tran- scribirten Namen, wie J. Halevy und Stanislas Guyard behaupten, nichts als lediglich für das Auge bestimmte Zeicheneomplexe, das Gegen- theil also von gehörten, dem Ohre zugänglichen Lautgruppen d. h. Wör- tern, so müssen — diese Forderung stellen wir kategorisch — diese Zeichenbilder als solche invariabel sein. Wenn ein Zeichen X, also z. B. >=1- — gal den Begriff „grofs“ versinnbildet d.h. ideographisch ausdrückt, so haftet dieser Begriff eben an dem Bilde, d. h. an diesem Zeichen. Schreibe ich anstatt dieses Zeichens die Zeichen Y+Z = SuB =]<] d. i. ga-al, so verändere ich durchaus das gesehene Bild: was ich sehe, sind ja zwei ganz verschiedene Bilder unter sich und im Vergleich mit dem vorhergehenden dritten. Es ist deshalb correct und consequent, wenn die aus Ideogrammen und phonetisch geschriebenen Wörtern sich zusammensetzenden assyrisch-semitischen Texte in solchen Fällen das be- treffende sogenannte ideogrammatische Zeichen starr stehen lassen und in keiner Weise verändern oder abwandeln.. Wenn dagegen umgekehrt in den akkadischen Texten mit dem Zeichen =]-, dem unveränder- lichen, ein e]/fa e<] ga-al oder gar fs »=T gu-la wechselt, bei dem Niemand sich das Bild des ursprünglichen Zeichens irgend zu vergegenwärtigen im Stande ist, so ist daraus mit logischer Con- sequenz zu schliefsen, dafs diese Zeichen überhaupt nicht den Zweck haben, als gesehene Bilder, als Ideogramme zu fungiren, dals die- selben vielmehr, wie alle sonstigen lautlich varıırenden Zeichengruppen, gehört sein wollen, mit anderen Worten, dafs wir es bei denselben über- haupt nicht mit Zeichen, denn vielmehr mit Sylben, beziehungsweise Wörtern zu thun haben. Machen wir nun von dem Ausgeführten die Nutzanwendung auf unsere Liste! Dieselbe enthält unter Andern Col. I Z. 14—22 eine Reihe von Königsnamen, die uns zum guten Theil schon sonst bekannt sind, sofern sie uns in den zusammenhängenden Texten be- gegnen. Diese Namen erscheinen nun hier in der rechten Columne as- syrisch verdollmetscht, links dagegen in der bisher bekannten, nach dem Ursprunge der altbabylonischen Qultur. 19 von uns als eine phonetische betrachteten Schreibung und Aussprache. Es kommen dabei insbesondere in Betracht die Namen Hammurabi, Kurgalzu, Ulamburjäs und Burnaburjäs, endlich Naze-uru(? s. u.)-ta$. Ohne jede Aus- nahme hatte man diese Namen für phonetisch geschriebene und zwar für solche einer nichtsemitischen Sprache gehalten, und wenn nun hier in dieser Liste diesen Namen assyrische gegenüber gestellt werden, so hat man consequent diese assyrischen als die semitische Verdollmetschung jener andersartigen gehalten. Wenn also z. B. Burnaburjä$ durch kıdin [bel mätäti] erläutert wird, so hat man gemeint, dals der Sinn des Namens Burnaburjä$ in jener andern Sprache: „Diener des Herrn der Länder“ bedeute. Nach Stanislas Guyard wäre aber diese Ansicht eine höchst unberechtigte. Nicht gehörte, ausgesprochene Namen sind es, die wir in der ersten Columne vor uns sehen, sondern Zeichengruppen ohne Schall, Bilder und Bildergruppen, die nur gesehen, nicht gehört wer- den sollten. Nun hätte aber schon gleich der erste dieser Namen oder Namenbilder an dieser Theorie bedenklich machen sollen! Der Name Hammurabi, geschrieben Ha-am-mu-ra-bi, hat so ganz den Typus eines phonetisch geschriebenen Namens, dafs bislang auch nicht ein einziger Assyriologe auf den Einfall gekommen war, den Namen für ein Ideogramm zu halten. Es kommt hinzu, dafs sogar in jener grofsen assyrischen In- schrift des Königs, welche im Louvre aufbewahrt wird und in welcher die phonetische Schreibung der assyrischen Wörter in grofser Consequenz durchgeführt ist, wiederum nur diese Schreibung uns begegnet. Schliefs- lich, wäre der Name ein ideographischer, so hätten wir die verblüffende Erscheinung, dafs dieser Namen und so beiläufig eine sehr beträchtliche Anzahl auch der übrigen dieser Namen, in Ideogrammen geschrieben wären, die als Ideogramme für semitisch-assyrische, beziehungsweise babylonische Wörter und Begriffe sonst gar nicht vorkommen! Hat schon das auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit für sich? — Das entscheidende Veto aber legen die übrigen Namen ein. Kurgalzu wird geschrieben EI TI fr TI d.i. Ku-ur-gal-zu. Wäre der Name ein ideogram- matisch geschriebener, so mülste er immer nur in dieser Schreibung vor- kommen, oder aber die betreffenden Ideogramme mülsten durch andere, gleichwerthige Ideogramme ersetzt erscheinen, wie ja denn z. B. der Name Sargon, assyrisch Sar-ukin, bald T „Er >MTa ——T, bald T ‚Em al, ax . 3% 20 SCHRADER: Zur Frage bald T >—f, auch mit 7,4 und ähnlich geschrieben wird, weil sowohl „Er und «(, auch 5% ideographische Äquivalente sind, als auch von Ta > und IT das Gleiche gilt. Beides trifft bei dem Namen Kur- galzu unserer Liste gerade nicht zu. Wohl aber wechselt mit der Schrei- bung Kurgalzu die andere: Ku-ri-gal-zu (T EI Tl Er IM (I Rawl. 4 Nr. XIV, 2 2.153 2.3 u. ö.). Wo bleibt da das für die ideogrammatische Schreibung nothwendige starre Bild JE] [-J, da es auf den eigenen Inschriften des Königs durch die Zeichen JE] »TI«T ersetzt wird? — Dasselbe wiederholt sich genau so bei dem Namen Burnaburjäs, geschrieben TEY 1 EW zE=]f Ip>— Mit demselben wechselt auf den eigenen Inschriften des Königs die Sehreibung: TEY >T 8 »-T« ZEIT — — Bur-na-bu-ri-ja-as, also dieses mit der Auflösung des Zeichens EY bur in die beiden: %>- und »TX = bu-ri und der Variante DT > ja-as anstatt D—]r Ir » = ja-a-as, Differenzen, welche dem Wesen einer ideogrammatischen Schreibung direct zuwiderlaufen. Dafs das Aus- geführte auch von dem mit demselben burjd$ zusammengesetzten Namen U-lam-bur-ja-a-as gilt, liegt zu Tage. Was endlich den Namen Nazı- Uruta3(?), geschrieben | > »Ta ziazy [PT betriftt, so kennen wir bereits längst aus der sogenannten synchronistischen Tafel II R. 65, 11a einen Kassifürsten T >T »Tfa& > zIfa EE Nazibugas, der sich ge- gen den rechtmäfsigen Herrscher Karachardas auflehnte, welcher selber wieder mit seinen Vorgängern Burnaburjas und Karaindas, sowie mit einem späteren Könige des Namens Nazi-Uruda’is (?) einen dem Typus nach glei- chen Namen führte. Bei dieser Lage der Dinge aber!), entgegen den sonst 1) Nachschrift. Das Ausgeführte hat seither eine unerwartete Bestätigung zu- gleich und Ergänzung durch die Auffindung eines bilinguen, kossäisch-semitischen Glos- sars gefunden, welches von Theoph. G. Pinches und Friedr. Delitzsch ans Licht gezogen wurde (s. den Bericht bei Friedr. Delitzsch, die Sprache der Kossäer, Leipz. 1884, S. 24). Bestätigt wird durch dasselbe, dafs jene kassitischen Namen in der That | auch solche eines besonderen von dem semitischen verschiedenen Idioms und eines nicht- semitischen Volkes sind; ergänzt wird dasselbe durch den nunmehr documentarisch ge- gebenen Beleg, dafs die Elemente dieser Namen nicht aus dem Altbabylonischen (Sumerisch- Akkadischen), denn vielmehr aus einer besonderen, von dieser wieder verschiedenen Sprache zu erklären sind. Die Elemente, aus denen die der aufgeführten Namen Nazibugas, Bur- naburjds u. 8. w. zusammengesetzt erscheinen, entpuppen sich theils als Wörter appellativer nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 21 geltenden graphischen Gesetzen und entgegen der Unmöglichkeit, die be- treffenden Wörter als Zeichenbilder aus dem Assyrisch-Semitischen zu be- greifen, diese Namen dennoch für verkappte semitische Bildungen zu er- klären, vermag ich für wissenschaftlich zulässig nicht zu erachten. Doch damit leiten wir bereits zu einem zweiten Theile über, in welchem wir die Frage zu erörtern haben werden: ob sich — wie dieses bei der gegnerischen Ansicht anzunehmen nothwendig wäre — die betreffenden angeblich ideographischen Wortbilder aus dem Semitischen nun auch wirklich erklären lassen oder aber ob dieses nicht der Fall? Bedeutung, theils als selbständige Bezeichnungen von Göttern u.s. w. Nazi wird erklärt (Rev. 38) durch assyrisch silluv „Schatten“, „Schirm“; burjäs‘ wird in der Aussprache ubrija$ als Äquivalent des assyrischen Gottes Rammän hingestellt (Av. 6); das darin wohl sicher mit Delitzsch zu suchende jasu wird erläutert durch mätuv „Land“ (Rev. 34); das als Eigenname eines Königs der Chanban-Dynastie erscheinende janzi erscheint durch das Av. 24 ihm gleichgestellte assyrische $arru „König“ als ein Titel wie 7342 und Piru bei Hebräern und Assyrern. Vielleicht steckt, wie das der Genannte vermuthet, in dem Ka- I« — tukulluv „Dienst“, „Vertrauen“ der erste Theil der kassitischen Namen Karaindas und Karahardas. Da nun in der oben (im Texte) besprochenen Namenliste die entsprechenden Namen Simmassihu, Burnaburjäs, Ulamburja$s, Nazi-[marad?]-das, Milisihu (u. ähnl.), Ka-[ra?]-Bil, Ka-[ra?]-burjds, Nazi-burjas in durchaus analoger Weise erklärt wer- den, so erhellt ebensowohl die Zuverlässigkeit der Angaben des neugefundenen bilinguen Wörterverzeichnisses, als nicht minder der fragelos bilingue Charakter der obigen Na- menliste, ein Charakter derselben, der selbstverständlich nicht auf diese kossäischen Na- men kann beschränkt werden, sondern ebensowohl auch allen übrigen Namen der Liste, also auch den nichtkossäischen: akkadischen oder altbabylonischen, Namen vindieirt werden muls. Die Doppelsprachigkeit der angeblich lediglich graphisch von den assyrisch-semi- tischen verschiedenen altbabylonischen Inschriften wäre damit gewährleistet. [5] [557 SCHRADER: Zur Frage IE Indem wir uns der Erörterung dieser Frage zuwenden und uns insbesondere anschicken, zu untersuchen, zu welchen Resultaten die von uns bestrittene Ansicht zunächst für den lexikalischen Bestand der an- geblich assyrisch-semitischen Sprache der linken Columnen und sonstigen parallelen Texten führt, haben wir vorab zwei Vorfragen zu erledigen, deren Beantwortung für alles Folgende von mehr oder weniger funda- mentaler Bedeutung ist. Die eine bezieht sich auf die Syllabare, ihre verschiedenen Arten und allgemeine Beschaffenheit; die andere auf. das, was man billig von dem Charakter zweier Sprachen zu erwarten hat, welche, wie wir annehmen, von zwei in engster Berührung mit einander lebenden und verkehrenden Bevölkerungen gesprochen wurden. Bereits in meiner Abhandlung vom Jahre 1875 habe ich darauf hin- gewiesen, dals es eine ganze Gruppe von Syllabaren gebe, bei denen die Lautwerthe der Zeichen wie bar, pap, mas, tim u. s. f. als Scheinsubstan- tive und mit der substantivischen Endung u ausgestattet in der rechten, hier dritten Columne wiederkehren (ZDMG. XXIX, 9£.). F. Delitzsch hat dann diese Beobachtung des Weiteren dahin bestätigt, dals diese in dem englischen Inschriftenwerke mit den andersartigen dreicolumnigen Syllabaren zusammengeworfenen und unterschiedslos diesen bei- und an- gefügten Syllabare sämmtlich besonderen Thontäfelchen angehören, Täfelchen, die mit jenen anderen gar nichts zu thun haben und eine Sippe für sich bilden. Wie sich dann aus den gelegentlich beigeschriebenen Bemerkungen des assyrischen Tafelschreibers ergiebt, sind jene substan- tivirten Lautwerthe in diesem Falle einfach die Namen der betr. Zeichen und irgend eine lexikalische Verwendung und Ausbeutung derselben ist von vornherein ausgeschlossen und verboten!). Was sodann die andere 1) Eingerichtet sind dieselben bekanntlich so, dals, wenn einem Zeichen verschie- dene Lautwerthe zukommen, der dem Zeichen den Namen gebende Sylbenwerth unter den verschiedenen dem Zeichen zukommenden Werthen zuletzt aufgeführt wird und der- selbe alsdann in der dritten, rechten Columne substantivirt wiederholt wird. Ich bemerke nach dem Ursprunge der altbabylomischen Oultur. 23 Gruppe von dreicolumnigen Syllabaren betrifft, diejenigen mit beigeschrie- benen „sumerischen und assyrischen Sinnwerthen‘“, so liegt zu Tage und ist längst erkannt, dafs die rechte, dritte Columne die semitischen, die linke, erste die andersartigen, nach unserer Meinung nichtsemitischen Werthe enthält. Wenn das Zeichen AN gleich an der Spitze des Syllabars (Del. ALS. 46 Z. 1. 2) links mit a-na, rechts mit $amüd, welches „Himmel“ bedeutet, erklärt wird, so ist letzteres mit arab. sis, ol, hebr. Draw u. s. w. identisch, ist also ein semitisches Wort, während ana jedenfalls von vornherein jeden, nur keinen semitischen Typus in dieser Bedeutung „Himmel“ aufweist. Dasselbe gilt von der zweiten, beigeschriebenen Er- klärung desselben Zeichens durch das semitische vu „Gott“ >x ete. in der rechten, anderseits durch das nichtsemitischen Typus aufzeigende dingir der anderen ersten Columne. in derselben Bedeutung. Und so in hunderten von ähnlichen Fällen. Zwischen denselben sind nun aber in der ersten, linken Columne vereinzelt Wörter eingestreut, welche entschieden anders- artig sind und ebenso offenbar semitischen Typus an sich tragen. Dahin gehört, um ein Paar Beispiele herauszugreifen, das Wort adama Sb IV, 225, welches einem adamatu in der dritten Columne gegenübersteht und gemäls dem parallelen sarkı —= „hellroth“, sowie anderseits gemäls dem Ideogramm BAT. MI (ge) soviel wie „dunkelroth“ bedeuten mufs (Del.) und dann unmittelbar an das semitische 072 „roth sein“ erinnert. Dasselbe gilt von timminna „Grundstein“ — tminnu (311), R. Yas; des Ferneren von bansur = pa'suru „Schaale“ (269), R. Sw2?; ingar —= ikkaru „Grund“, R. 8 5)? (290); üllat „Macht“ — semit. illat, R. = (79); sılım = sulum, R. Eu Aw u.s. w. (186) u.a. m. Diese und ähnliche Wörter aus einer nichtsemitischen Sprache erklären zu wollen, wie dieses in der That versucht ist, ist in unsern Augen ein vergebliches Bemühen. Ein soleher Versuch unterscheidet sich, meinen wir, in nichts von demjenigen der Vertreter der von uns bekämpften Ansicht, augenscheinlich unsemiti- sche Wörter als semitische in Anspruch zu nehmen, wie wir das Letztere hierzu lediglich noch, dafs es allerdings nicht ganz zutrifft, wenn Del. die betr. Werthe ausschlie(slich als „sumerische und assyrische Sylben enthaltend“ bezeichnet. Man kann Werthe wie dingir und ilu, die sumerischen und assyrischen Namen für „Gott“ Col. II, 14. 15, doch in diesem Falle nicht wohl als „Sylbenwerthe“ bezeichnen. 24 SCHRADER: Zur Frage unten des Näheren ins Licht setzen werden. Dahingegen liegt unter Voraussetzung der semitischen Herkunft der Wörter einerseits, des son- stigen andersartigen Charakters der Sprache der linken Columnen ander- seits kein Hindernifs vor anzunehmen, dals diese Wörter Lehnwörter aus dem Babylonisch-Assyrischen, also dem Semitischen sind. Die ver- änderte vocalische und theilweise auch consonantische Aussprache — vgl. silim gegenüber Sulum; tmminna gegenüber timinmu; bansur gegenüber passuru u. a. m.t) — bestätigt nur diese Annahme: wie Semiten dazu kommen sollten, ihre eigenen semitischen Wörter aus graphischen Rück- sichten in der Aussprache umzumodeln (Guyard), ist unerfindlich. Nicht in diese Klasse gehören übrigens natürlich jene semitischen Wörter, wel- che insbesondere in der ersten Gruppe von Syllabaren, wie oben bemerkt, als Namen der aufgeführten Zeichen erscheinen, wie wenn das unzwei- felhaft semitische „tukullu“ als Name des Zeichens KU in der Schreibung Zukul in der linken Columne auftritt (Sa I, 24); ilam ferner als Name für das Zeichen NUM, dem Ideogramm für dlamu R. ms „hoch sein“ (Sa XVI, 12), u.a. m. Ob selbst Wörter wie pisan(nu), sukkalllu), puluk(ku) u.a. m., die in Sb in der linken Columne und zugleich in der rechten erscheinen (242; 77; 179), dagegen im Übrigen semitischen Typus auf- weisen, wirklich in der anderen Sprache als solche im Gebrauch waren, ist nicht mit der Sicherheit zu behaupten, wie dieses in der Regel ge- schieht. Erst das wirkliche Vorkommen in den zusammenhangenden nichtsemitischen Texten könnte darüber einigermalgen sichern Aufschlufs geben. Sind aber assyrisch-semitische Wörter in das nichtsemitische Alt- babylonisch übergegangen, so steht bei dem regen Verkehr der beiden Nationalitäten von vornherein anzunehmen, dafs das Gleiche werde auch für das semitische Assyrisch-Babylonisch in Bezug auf das nichtsemitische 1) In dieselbe Kategorie scheint mir doch auch das akkadische ibila (Syll. 307) gegenüber dem assyrischen abal „Sohn“ zu gehören, das ich, mit Delitzsch, Haupt u. A., für nichtsemitischen Ursprungs zu erklären geneigt war (KAT? 45). In einem zusammenhangenden akkadischen Texte ist das Wort noch nicht gefunden worden und in akkadischen Eigennamen erscheint als Wort für „Sohn“ bezw. „Kind“ nicht dieses Wort, denn vielmehr das andere dö. Schliefslich als von vornherein unsemitisch kann man jedenfalls den Typus des Wortes nicht bezeichnen. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 25 Altbabylonisch Statt gehabt haben, und längst hat man denn auch alt- babylonische Lehnwörter im semitischen Babylonisch-Assyrischen an- genommen und aufgezeigt. Wörter wie die Präposition mukhr „auf“, „über“ neben einem ächtsemitisch-assyrischen :/ in derselben Bedeutung; Ahullu „böse“, „schlecht“ neben einem ächtsemitisch-assyrischen limnu; gallu „grols“ neben einem ächtassyrisch-semitischen rabü u. a. m. müssen an sich und in ihrem Vorkommen neben unzweifelhaft semitischen Wörtern in den zusammenhängenden assyrischen Texten überraschen. Die Aus- kunft, dafs dieses alte resp. veraltete semitische Wörter seien, welche all- mählich in desuetudinem gekommen seien (Guyard), gewissermalsen semitische Wörter zweiter Classe repräsentirten — eine Ansicht, auf die wir unten noch weiter zurückzukommen haben — wird schwerlich den Mann vom Fach befriedigen. Sie lassen sich begreifen einzig als in’s Babylonisch-Assyrische aufgenommene Fremdwörter. Die linken Co- lumnen der Syllabare geben an die Hand, dafs es solche der nichtsemi- tischen, altbabylonischen Sprache, solche des Sumerisch - Akkadischen sind. Denn eben in diesen linken Columnen begegnen wir jenen und anderen solchen den gleichen Typus aufweisenden Wörtern. Es leuchtet nun aber umgekehrt ein, dafs, erscheinen einen solchen Typus aufzeigende Wörter zugleich auch in der rechten Columne, lediglich mit der assyrischen Nominalendung « versehen und etwa nur leicht verändert, es von vorn- herein anzunehmen steht, dafs sie eben aus dem Altbabylonischen in’s Assyrische übergegangen sind. Dahin gehört z. B. das Wort für „Kupfer“ sabar (zabar), welches im Assyrischen als siparru erscheint: in keiner semitischen Sprache heilst so d. 1. sipar(ru) das Kupfer; es ist der Name augenscheinlich aus dem Altbabylonischen in’s Assyrisch-Semitische her- übergenommen und bei diesem Übergange, was den Zischlaut anbetrifft, verändert und durch die angefügte assyr. Nominalendung semitisirt!). Mit k 0 — . n . dem arabischen ° „Kupfer“ darf dasselbe nicht zusammengestellt werden; denn dieses hat eine gutsemitische Etymologie, sofern es das „gelbe Metall“ bezeichnet, während dieses von dem assyrisch-semitischen siparru nicht gilt. Das Wort ist im Arabischen dazu auch kein Lehnwort, wie solches z. B. sie . I 3 7-4 } >), vergleiche babylonisch - assyrisch agurru „gebrannter Ziegel“ oder 1) So urtheilt auch P. Haupt in SFG. I, 42 Anm. Phil.-histor. Cl. 1885. Abh. 1. 4 26 SCHRADER: Zur Frage si is: m:2> „Backstein“, vgl. babylonisch-assyrisch lıbittu, im Ara- bischen, Aramäischen und Hebräischen denn doch sicher sind, vgl. auch „Ziegel“ aus lateinisch tegula bei uns. Wäre jenes sıparru ein semitisches Wort, beziehungsweise wäre es als solches von den semitischen Assyrern oder semitischen Chaldäern zu den Arabern gekommen, so hätte es bei diesen nothwendig = resp. &% mit » oder 0% lauten müssen und hätte nicht ‚> lauten können: im Assyrischen d. i. Semitischen weist es ja ein 0, nicht ein x auf! — Das Gleiche gilt von der poetischen Bezeich- nung des „Meeres“ abzu = assyrisch absü, welches Wort, als ein semi- tisches unbegreiflich, eine klare akkadische Ableitung hat: das auch sonst gerade in Verbindung mit einem Worte für „Wasser“ (akkad. @) in a-abba „Wasserbehälter“ d. ı. „Meer‘‘ vorkommende ab wird durch das assyrische bitu, zu aber durch «dü „Wissen“, „Weisheit“ erklärt, also dafs das Ganze „Behausung der Weisheit“ bedeutet, gemäls der durchgehen- den Anschauung der Babylonier, dafs die unergründliche Tiefe des Meeres der Grund und Urquell aller Weisheit sei (s. P. Haupt in KAT? 8. 5 flg.). Dafs hierher auch das bekannte @yal „Grofshaus“ d. ı. Palast, semitisirt als ikallu, gehört (s. das Syllabar Höllenf. d. Istar S. 148), versteht sich. Bei der Ableitung des Wortes aus dem Semitischen, etwa von der Wurzel >= n->, >>> ist das anlautende 7 schlechterdings nicht zu begreifen. Guyard, der auch dieses Wort als ein semitisches glaubt reclamiren zu sollen, erklärt sich die Wiedergabe des Wortes in der linken Columne durch die Zeichen i—+-gal in der Weise, dals er diese als ein Zeichenspiel betrachtet: „c'est tout simplement un rebus“ (p. 16). Nun giebt es unter den assyrischen Sylbenzeichen auch ein solches (JM), welches den Lautwerth € hat und dem zugleich die Bedeutung „Haus“ zukömmt, und aufserdem ein anderes (ET>-), welchem der Lautwerth gal eignet und das „grofs“ bedeutet. Diese, meint Guyard, habe man zusammen- gefügt und so jenes d-gal— „Grolshaus“ (maison grande) gewonnen, damit aber zugleich auch das assyrische Wort ekal „Tempel“ allographisch ganz genau ausgedrückt „sauf le leger changement de k en g.“ In diesem „leger changement de k en g“ liegt nun aber eben die Schwierigkeit. Gewils nämlich hat von Sprache zu Sprache eine Veränderung auch der con- sonantischen Aussprache nichts Auffallendes und ist durch zahlreiche Bei- spiele zu erhärten. Wir weisen, um auf dem uns hier näher angehenden nach dem Ursprunge der altbabylonischen Oultur. 27 Gebiete zu bleiben, nur hin auf hebräisch 7150 aus Sarukin (mit >); 739 aus Sakan (desgl.); "02v aus dıpsar, dipsar (mit 7); man aus Dumuzi (mit ) u.a.m. Zu einer lautlichen Umänderung aber lediglich in und für die Schrift lag nicht der geringste Grund vor, auch nicht in diesem Falle. Die Assyrer besafsen sehr wohl ein Zeichen, um die Sylbe kal (mit k) graphisch genau wiederzugeben, ein Zeichen zudem, mit dem sie noch aulserdem ganz gewöhnlich den ideographischen Begriff „gewaltig“, „grofs“, „ausgedehnt“ ausdrücken — erklären sie doch selber in ihren Syllabaren das betreffende Ideogramm zTff d. i. KAL unter anderem durch astu, vgl. hebr. vw>, „weit ausgedehnt“ sowie durch :tlü „erhaben“ R. „>s. — Warum nun wählten die Tafelschreiber nicht dieses, von selbst sich ihnen darbietende Zeichen, um den angeblichen Rebus zu Stande zu bringen, und statt desselben vielmehr ein anderes, das phonetisch gerade nicht palst? — Was überhaupt eine solche, nach Guyard selber, für die Assyrer mit Händen zu greifende „Geheimschrift“ eigentlich sollte, die Antwort darauf bleibt uns der Betreffende schuldig. — „Ü’est de la meme Fagon qu'on obtient pour le dieu de la mer Ia nom qui rappelle le Ia des Hebreux, une lecture Ba avec le sens „maison des eaux“ fährt Guyard fort (p. 16). Nun mufs ich zuvor bemerken, dafs hier augenscheinlich ein Qnd pro quo vorliegt. Schwerlich kennt irgend ein mit dem Hebräischen nur etwas näher vertrauter Gelehrter im Alten Testament und sonst einen Gott /a; Guyard meint klärlich das verkürzte Tetragrammaton Jahve in der Aussprache Jö — ”, Jehö — m u. s. w. und bringt nun dieses mit dem babylonischen /a = EA der Inschriften, dem Namen des „Wassergottes“, zusammen. Darüber ist kein Wort zu verlieren. Der Gott EA ist sicher und fragelos, wie sich aus der von Damascius mitgetheilten mythologischen Genealogie ergiebt, mit dem Gotte "Aos der griechischen Schriftsteller, dem Gemahle der Aavxn, identisch — bekanntlich wird auf den Inschriften HA ausdrücklich als Gemahl der Davkina bezeichnet. Mit dem hebräischen Jahve hat das Wort schlechterdings nichts zu thun; und wer es dem- gemäfs unternimmt, den Namen des babylonischen Gottes aus dem Semi- tisch-Hebräischen zu erklären, geht sicher in die Irre. Nach Analogie von altbabylonisch zu-ab, sprich abzu, assyrisch absü ist dazu ohnehin wahr- scheinlich mit Delitzsch statt da vielmehr a€ zu sprechen, in welchem Falle die griechische Wiedergabe des Namens ("Acs) sich mit der keilschriftlichen 4* 28 SCHRADER: Zur Frage (A&) noch völliger decken würde. — Als noch einen weiteren Beleg für seine Theorie beruft sich Guyard auf die Wiedergabe eines assyrischen Wortes mastaru in der angeblichen Bedeutung von sort un style, soit quelgue autre ustensile de scribe (p. 16). Dasselbe sei (II. Rawl. 45, 11. 7) als (is) mas —+ dar einfach in der linken Columne allographisch wiedergegeben; das Wort sei nämlich semitischen Ursprungs und von der Wurzel satäru he- bräisch-arabisch "uwW ete. abzuleiten. Nun würde es für uns nach dem oben Ausgeführten durchaus nicht als aufserhalb der Grenzen des Mög- lichen liegend erscheinen, dafs auch ein rein semitisches Wort wie mastar „Schreibgriffel“ in das Akkadische herübergenommen wäre; selbst die Möglichkeit, welche Friedr. Delitzsch gelten zu lassen geneigt ist, wäre vielleicht nicht ausgeschlossen, dafs der assyrische Tafelschreiber, in Ver- legenheit, für sein assyrisches Wort ein entsprechendes nichtsemitisches Äquivalent herzusetzen, sich begnügt habe, dasselbe seiner assyrischen Form entkleidet in die akkadische Columne einzureihen (ähnliche Nachlässiskeiten und Inconsequenzen assyrischer Tafelschreiber sind ja auch sonst sicher zu statuiren). Allein, was die Hauptsache ist, den Be- weis dafür, dafs das betreffende Wort wirklich „Schreibgriffel“* oder etwas ähnliches bedeutet, hat Guyard nicht erbracht, und die Umgebung, in welcher das Wort in dem betreffenden Syllabar vorkommt, führt ebenfalls nicht auf eine derartige Bedeutung. Das Wort kann somit ebensowohl auch ein gnesio-akkadisches und in’s Semitisch-Assyrische herübergenom- menes Wort, vorläufig ganz unbekannter Bedeutung, sein. — In analoger Weise sucht Guyard des Weiteren das Ideogrammaton für den Namen eines babylonischen Tempels, der sogenannten Pyramide: sakıl, geschrieben sak-ı, zu erläutern. Er erklärt denselben für einen gnesio-semitischen und bestimmt ihn als „Kopf — hoch“ — „hohe Spitze“ bedeutend: sak vergleicht er mit einem semitischen sak& „hoch sein“ (wohl an aramäisch 7>0, 70 denkend) und :/ bringt er mit dem Worte el@ hebräisch >> zu- sammen. Aber abgesehen davon, dafs wir dadurch nur zu dem zweifel-, haften, tautologischen Begriffe: „hohe Höhe“ nicht zu dem anderen „hohe Spitze“, „hohes Haupt‘ gelangen würden, so kommt sak als Substantiv im Assyrischen ja gar nicht vor, und „hoch“ wiederum kann ja nicht :/, sondern mülste, als von einer triliteralen Wurzel herrührend, 74% heifsen (Fälle wie nds anstatt nast ‚können aus naheliegenden Gründen natürlich nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 29 hier nicht herangezogen werden). Guyard betrachtet nämlich, woran wir hier ausdrücklich erinnern müssen, den Namen als einen wirklich im Gebrauch gewesenen, soll er sich doch in dem bekanntlich sehr modernen Buche über die nabatäische Agricultur als Askul erhalten haben! Wir fragen schliefslich billig: wenn der Name nur die verkappte, symbolische Wiedergabe eines assyrisch-semitischen in sak-ı meinetwegen verkürzten Wortes sakü-ilü war, warum setzen die Assyrer in ihren Syllabaren — nach Analogie des oben besprochenen angeblich assyrischen mastarı — mastar — in der rechten Öolumne als Verdolmetschung von sak-ıl nicht ein sakü-ill oder wenigstens sak-ilü an, bieten vielmehr die Syllabare das ja freilich unzweifelhaft semitische zikkurratu d.i. „Thurm* ete.? — Aber hat Guyard nicht den formellen Beweis für die Richtigkeit seiner Ansicht in den Händen und zwar in einer Aussage der assyrischen Tafelschreiber selber, die keinen Zweifel darüber läfst, dafs auch in deren Augen die Zeichen der linken Columne eben nur Bilder, Hieroglyphen, nicht gesprochene Worte waren? — Er beruft sich für diese Ansicht auf eine Stelle im V. Bande des Rawlinson’schen Inschriftenwerkes V R. 12 No. 3 Z. 50, welche bietet: un... TA | sa dug-ga ta | i-tu-[u) Dieses übersetzt Guyard: „TA — ce qui est en parole — istü“, so dafs der Sinn herauskommt: „TA, welches gesprochen lautet ı5t«“. Diese Übersetzung mufs aber beanstandet werden. Betrachtet man, wie das Guyard thut, das anlautende $a der mittleren Columne als das se- mitische Relativum sa, so rührt die Notiz von einem assyrischen Tafel- schreiber her, der also seine Bemerkungen in assyrischer, d. i. semitischer Sprache macht. Guyard falst nun das zweite fa (der mittleren Columne), welches er von dem ersten T’A (der linken Columne) gänzlich trennt, als die ideographisch geschriebene Präposition ina d. i. „in“, und übersetzt demgemäls dugga-ta — assyrisch ina kıbiti als „im Worte“ oder „als Wort“. Guyard hat aber dabei übersehen, dafs wenn in assyrischen d. h. semitisch-assyrischen Texten das Ideogramm 7'A zum Ausdruck der Präposition verwandt wird, sie erstlich niemals „in“, sondern „aus*—=stu bedeutet, und sodann, dafs bei dem Ausdruck dieser Präposition durch das Ideogramm dieses letztere stets — wie in allen anderen solchen Fällen — 30 SCHRADER: Zur Frage an der Stelle erscheint, wo das assyrisch-semitische Wort sonst stehen würde d.i., da wir es mit einer Präposition zu thun haben, vor dem Worte kıbit! = dugga. Es hätte heilsen müssen sa TA dugga — assyrisch 3a ıstu (nicht ina!) kibit. So, wie die Worte dastehen, könnten sie, immer die mittlere Columne als semitisch betrachtet, nur übersetzt werden: ro Der Verfasser würde danach sagen, dafs das ia geschriebene und welches ia gesprochen wird | »stü. in der nichtassyrischen Sprache auch ta zu sprechende Wort im Assy- rischen 23tü lautet. Der Tafelschreiber hätte es, so könnte man weiter annehmen, für gut befunden, gerade hier diese Bemerkung einzufügen, weil er im Folgenden in der mittleren Columne lediglich zu sehende numerische Bezeichnungen, die Zeichen für die Begriffe „Mal“!), für 1, 2, 3 und 60 mittheilt, die eben für sich ebensowenig aussprechbar waren, wie das lediglich „ideographische“ ta. Die Stelle würde auch so evident beweisen, dafs das in der linken ersten Columne sich findende TA für das assyrische 25tu eben ursprünglich nicht ein graphisches, denn vielmehr ein lautliches war, welches in einer bestimmten Weise (als ta!) zu sprechen wäre, und würde somit die von@uyard bestrittene Ansicht lediglich bestätigen. — Aber sind wir denn sicher, dafs das in Rede stehende 3a dugga ta der mittleren Columne auch wirklich semitisch zu deuten und aus dem Assyrischen zu erklären ist? — Guyard nimmt dieses wegen des 5a als selbstverständlich an. Dafs diese Annahme aber, da es sich bei der betreffenden Thontafel (pl. 12 Nr. 5) um eine mittlere Columne handelt, von vornherein wenig Wahrschemlichkeit für sich hat, wird sich auch Guyard nicht verschweigen: selbst bei seiner generellen Ansicht erscheint stets die mittlere Columne als die durch die linke und rechte Columne erklärte allographische Columne: für ein erklärendes sa ist somit hier kein Ort. Wenn ferner sa dugga ta zu übersetzen wäre: „ce qui est en parole* (Guyard — s. oben), so wäre das unmittelbar vorher- gehende (Z. 29): 5a dugga, das mit jenem doch schwerlich irgendwie zu combiniren, auffällig: denn das bei Guyard’s Erklärung geforderte locative 1) Es ist dieses der horizontale Keil »—-, welcher durch adu, ein in der Bedeu- tung „Mal“ aus den Hymnen bekanntes Wort, erklärt wird. Der Ursprung dieses Wortes ist dunkel. nach dem Ursprunge der altbabylomischen Cultur. 3l ta fehlt hier! Man sieht, auf diesem Wege ist überall nicht weiter zu kommen, und Sayce und Pinches werden den richtigen Weg beschritten haben, wenn sie auch hier die mittlere Columne als die durch die rechte einfach zu erklärende allographische beziehungsweise nichtsemitische halten und demgemäss die ganze Zeichen- resp. Wortfolge 3a dugga beziehungs- weise $a dugga ta als durch das in der dritten Columne gebotene am-ta-$t beziehungsweise .5tu [dıtto] d.i. @stu amtası halten, so dunkel der Sinn dieses semitischen amtası (R. nun?) bis jetzt noch ist!). Wir wenden uns nach diesen Vorbemerkungen und von den ge- wonnenen Ergebnissen derselben gelegentlich Gebrauch machend, zu dem eigentlichen Gegenstande dieser weiteren Ausführung, zu der Prüfung der als semitisch reclamirten, von uns für solche nichtsemitischen Ursprungs erklärten Wörter. . Bereits Hal&vy hatte in seinen recherches critiques (1876) I. p- 178 ss. den Versuch angetreten, die in den beiden Columnen ent- haltenen Wörter beziehungsweise Sylben aus dem Semitischen zu erklären und sie als gnesio-assyrische zu erweisen. Dafs dieser Versuch — von den Wörtern augenscheinlich semitischen Ursprungs, von denen wir oben redeten, abgesehen — milslungen, darüber dürfte wohl heutzutage bei Assyriologen und Nichtassyriologen ein Zweifel nicht mehr sein. Versuche, wie die, das Ideogramm für „Schiff“, lautlich md, als aus einem angeb- lichen assyrischen »2, das dann wieder dem bekannten si, dem ägyp- tischen Namen für „Papyrus“, gleichgesetzt wird, verkürzt zu erklären (Halevy p. 188 Nr. 124); das Ideogramm für den Begriff „machen“ kak (beziehungsweise r&) — band, ipisu mit kakku „Waffe“ zusammenzubringen (p- 189 Nr. 136); das ninivitische Zeichen für die Sylbe mal 35T, welches dermalen in der äufseren Form mit dem ursprünglich davon augenschein- lich ganz verschiedenen jungbabylonischen Zeichen für den Begriff „Haus“, ninivitisch JJf, zusammentrifft, mit diesem auch in der Bedeutung zu- sammenzustellen und den Lautwerth mal dieses Zeichens von einer se- mitischen Wurzel x°=2 „voll sein“ abzuleiten, so dals das „Haus“ als „das Volle“ bezeichnet wäre (ebendas. 139: Hal&vy giebt den Bedeutungs- 1) Vermuthungen über die Bedeutung bei Pinches in Proceed. Soc. B. A. 6. Juni 1882 p. 115. 32 SCHRADER: Zur Frage übergang an auf: „remplir, completer, habiter“!); das Ideogramm für den Begriff „männlich“ us, mit ussu, beziehungsweise 2554 „Grund“, „Fundament“ zusammenzustellen und diesen „Grund“ „fondement“ als euphemistische Bezeichnung des männlichen Geschlechtsgliedes (denomination euphemique du membre virıl) und dann als Ausdruck der Begriffe „mäle, gargon, serviteur“ zu definiren (p. 191 Nr. 156); das Ideogramm für „Seite“, „Ufer“ tk mit einer semitischen Wurzel 77, wovon Jr „Mitte“ zusammenzu- stellen, woraus dann wieder die Bedeutungen „vodte, relief, front, cou, rivage* geschlossen werden (ebendas. Nr. 159); das Ideogramm für den „Stern“, mul, abermals auf das semitische x>% „voll sein“ zurückzuführen und als „assemblage d’etoiles, constellation, etoile* zu erläutern (p. 192 Nr. 167); das Ideogramm (7) für „erhaben“, „majestätisch“ (niemals „schön “!), mit dem semitischen 7, 8 „schön, anständig sein“ zusammenzustellen und gar mit dem Namen des Gottes /au ("Aos!!) zusammenzubringen, dazu gar das- selbe ? wieder als „sgjour, demeure“ zu erklären (Hal&vy denkt nämlich an hebräisch x „Wohnung“), während doch das betreffende Zeichen niemals in der Bedeutung „Wohnung“ in den assyrischen oder nichtassyrischen, altbabylonischen Texten vorkommt (p. 192 Nr. 177); ferner das Ideo- gramm für den Begriff „Vater“ nämlich ad, assyrisch abu, als „pacte, alliance* zu erklären und mit semitisch 77 zusammenzustellen, dazu diesen Begriff „pacte*, „alliance“ weiter zu dem andern „proche, parent, pere, frere, enfant“ zu verdichten (p. 193 Nr. 179); das Ideogramm für kardnu „Wein“ = gistin als „plante de force“ (Nr. 212 und 219: gıs sei—= ara- mäisch so? „Holz“ und din wird von der Wurzel 7:7 abgeleitet) zu er- läutern u. s. w. u. 8. w. — diese und ähnliche Versuche, jene dunklen und unbekannten Wörter und Wurzeln als semitische zu erweisen, werden auf den Beifall der Fachmänner niemals rechnen können. Sehen wir recht, so hat sich Halevy selber inzwischen von der Unzulänglichkeit seines Verfahrens überzeugt. Die Abhandlung, auf welche wir unten näher einzugehen haben werden, nimmt in dieser Richtung einen wesent- lich anderen Standpunkt ein. — Wir kommen zu Stanislas Guyard’s bezüglichen Versuch. Der- selbe hat sich nicht verschwiegen, dafs mit einem solchen, die Sylbenwerthe bald als selbständige Wörter, bald als Worttheile nehmenden, dazu über die Regeln semitischer Etymologie mehr oder weniger kühn sich hinweg- nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 33 setzenden Verfahren schlechterdings nichts zu erreichen sei. So hat er denn die linkscolumnigen Wörter, die auch er für semitische hält, als solche aus dem Semitischen und als assyrische geglaubt erklären zu sollen. Untersuchen wir, mit welchem Erfolge? — Aus den dreicolumnigen Syllabaren wissen wir, dafs das Ideogramm für den Begriff „stark“, „mächtig“ assyrisch danmı, durch ag erklärt wird. Das Wort findet sich, wie andere derartige Sylben, mit der semi- tischen Nominalendung « versehen als aggu auch in assyrischen Texten. Wir unsererseits schliefsen daraus, dafs das Wort, wie andere derselben Art, d.i. wie andere gleich unsemitischen Aussehens und die ebenfalls in den nichtsemitischen Texten und Columnen vorkommen, aus der nicht- semitischen Sprache ins Assyrische herübergenommen sei. Nach Guyard ist das Wort semitischen Ursprungs. Es hängt als „fort“, „violent“ be- deutend, mit der Wurzel agägu —= „etre violent, se mettre en colere“ zu- sammen, ist von dieser abzuleiten. Allein das Wort aygu bedeutet ja gar nicht „heftig“, „zornig“, also dals das arabische a „brennen“ (zunächst vom Feuer gesagt) zu vergleichen wäre, denn vielmehr, wie schon bemerkt, „stark“, „mächtig“, „gewaltig“. Die beiden Begriffe „heftig“, „zornig“ einer- seits, „stark“ anderseits liegen in ganz verschiedenen Gedankensphären und können etymologisch keineswegs ohne Weiteres combinirt werden. Gu- yard fügt hinzu: „pour LAB ou RIB (zwei weitere Werthe des betreffen- den Zeichens) le mot assyrien n’est pas encore trowe; il se trouvera, nous n’en doutons pas“ — auch wir nicht, wenn man in dieser Weise ganz verschiedenartige Begriffs-Sphären glaubt combiniren zu können. Das Ideogramm für den Begriff „Gott“, assyrisch lu, und das andere für „Himmel“ samd& wird in den linken Columnen erklärt durch an, ana. Wir schliefsen daraus, dafs in der nichtsemitischen Sprache Chal- däa’s die Gottheit, beziehungsweise der Himmel, an, ana hiels. Nach Guyard muls hierin ein semitisches Wort stecken. Ein solches findet sich nun aber bekanntlich in den semitischen Sprachen nicht. Für Gu- yard verschlägt das nichts: ihm ist es „um mot assyrien, tombe en desue- tıde“, das sich aber noch erhalten habe im Namen des Gottes Anu — ein Name, der aber selber wieder innerhalb des Semitischen keine Ab- leitung hat. — Das Ideogramm für „Gott“ wird bekanntlich noch durch ein zweites Wort in der linken Columne erläutert, dinger lautend, eine Philos.-histor. Cl. 1883. Abh. Il. B) 34 SCHRADER: Zur Frage Aussprache, welche — gemäfs jetzt hinlänglich bekannten Lautgesetzen — mit der anderen dimir wechselt (II. R. 4 Nr. 755 vgl. m. 33, 34 e. f.). Auch dieses Wort soll semitischen Ursprungs sein. Es ist lehrreich zu sehen, wie das Guyard beweist. Zunächst wird aus den angeführten beiden Aussprachen oder Formen eine niemals vorkommende und einfach nicht existirende Mischform dimgir zurecht gemacht (p. 12), alsdann wird diese, mit welcher auch so noch nichts anzufangen ist, in die andere dimgir (mit t anstatt d) umgewandelt, und alsdann dieses fimgir mit dem assy- rischen Worte magäru „gnädig sein“ (Guyard „exaucer*) zusammen- gebracht und (als eine Bildung mit vorgefügtem ?) durch „der Erhörer“ — „Gott“ erklärt („designe la divinite comme Üetre qui ewauce*). Es leuchtet ein, dafs man auf diese Weise aus Allem Alles machen kann. Wer ferner, meint Guyard, sieht nicht, dafs das als gallu, gallat und gallit in die assyrischen Texte übergegangene „Ideogramm“ beziehungs- weise akkadische Wort für den Begriff „grofs“, assyr. rabü, mit dem Lautwerthe gal, das arabische \> ist (p. 13)? — Sieht man näher zu, so hat das arabische \> keineswegs den allgemeinen Begriff „grols“, wie das assyrische rabü (= gal). Es eignet demselben bekanntlich sprachgebräuchlich vielmehr der Begriff der „‚Erhabenheit‘“, des „Glanzes“, der „Majestät“. Das arabisch-semitische ‚\> bezeichnet lediglich den Begriff: „grofs von Ansehen“ (im idealen Sinne), nicht den: „grols von Umfang“. Die beiden Wörter decken sich in der Bedeutung keineswegs, wie das bei dem Ideogramm @AL und dem assyrischen rab& in der That der Fall ist. Die formale Übereinstimmung der Wörter darf hier ebensowenig zu ihrer Identificirung verleiten, wie eine solche (sicher auch nach Guyard) denen erlaubt war, die auf die lautliche Übereinstimmung zwischen dem akkadischen dingir „Gott‘“ und dem türkischen tengri hin, das Akka- dische für eine „türkisch-tartarische‘“‘ Sprache erklärten. Dasselbe gilt von den des Weiteren angezogenen Adjectiven mahhu „hoch“ und hullu „böse“. Freilich wird hier bei jenem eine Zusammenstellung mit einer semitischen Wurzel auch nicht einmal versucht, und dem für letzteres angezogenen ‚> ef. hebräisch >> eignet gerade nicht die durch das assy- rische /imnu und dem allophonischen hul gesicherte Bedeutung des „feind- lich gesinnt seins“ (die Bedeutungen der entsprechenden Wörter in nach dem Ursprunge der altbabylonischen Qultur. 35 den abgeleiteten Stämmen können natürlich hier nicht herangezogen werden). Dies die etymologischen Versuche, an einer Auswahl von Beispielen angestellt. Wir haben von demselben kein einziges als wirklich über- zengend und beweiskräftig erkennen können. Dafs dieses bei den von Guyard nicht in Erörterung gezogenen hundert und aber hundert Laut- werthen beziehungsweise Wörtern nicht anders stehen würde, wird wohl schwerlich Jemand bezweifeln. Aber einmal zugegeben, dals dem so, dafs wirklich die auf solchen bedenklichen Etymologien aufgebaute Er- weisung jener linkscolumnigen Wörter als semitischer gelungen wäre, zu welchem seltsamen Resultate würden wir dann gelangen? — Nach Guyard und jetzt auch Halevy (vgl. dessen melanges de eritique et d’histoire (1883) p. 293 ss., 297 ss. 300 ff. etc.) sind die obigen und alle übrigen in der linken Columne anzutreffenden theils noch im Gebrauch befindlichen, theils zu Sylbenwerthen herabgesunkenen Wörter solche reinsemitischen Ursprungs, die aber mit der Zeit im wirklichen Assyrisch-Babylonischen ausser Gebrauch gesetzt, in Abgang gekommen wären (tombes en desuetude — sagt Guyard; Halevy a. a. OÖ. nennt solche Wörter und Wurzeln mots hieratiques). Wir hätten so gewisser- malsen eine doppelte Reihe von assyrischen Wörtern: eine solche von Wörtern, die noch später in Gebrauch, und eine zweite parallele von solchen, die gänzlich oder theilweis aufser Gebrauch gekommen. So ziemlich zu jedem assyrischen Worte würde sich ein Alterego einstellen, ein Wort, das in den Texten garnicht oder nur verstohlen sich blicken läfst, dessen Existenz lediglich durch die Syllabare bezeugt wäre. Sollten die Genannten wirk- lich meinen, dafs eine so seltsame Theorie bei den Semitisten auf Beifall zu rechnen habe, so wenig auch diese sonst es in Abrede stellen würden, dals es in der semitischen Sprache neben den in Gebrauch stehenden Wörtern auch etliche veraltete und aufser Gebrauch gestellte giebt? Und wie merkwürdig! Während die in den zusammenhängenden fragelos se- mitischen Texten vorkommenden Wörter und Wurzeln durchweg den triliteralen Charakter aller semitischen Wurzeln an der Stirne tragen (die Beispiele quadrililitarer Wurzeln, die zwischendurch laufen, bestätigen nur die Regel), sind die in den linken Columnen der Syllabare auftreten- den Wörter, mit den oben besprochenen Ausnahmen und abgesehen von 5* 36 SCHRADER: Zur Frage einer verschwindend kleinen Minderzahl, sonst sämmtlich einsylbig und biliteral! Innerhalb des Assyrisch-Babylonischen also — wie in keiner anderen semitischen Sprache sonst — Biliteralismus neben Triliteralismus! Welcher Semitist schüttelt hierzu nicht den Kopf? Es nützt auch nichts, wenn man diese befremdliche Theorie dadurch annehmbarer zu machen sucht, dafs man mit Halevy zwischen einem „hieratischen“ und einem „demotischen“ Assyrisch unterscheidet (s. oben), so nämlich, dafs jene aufser Gebrauch gekommenen Wörter, wie gal „grofs“ neben rabl, lugal „König‘‘ neben $arru; hulim „Bock“ neben bıbbu; kr (aus kinge) „Erde“ neben irsit u. s. w. die „‚hieratischen“, die anderen danebenstehenden die „demotischen“ Wörter seien. Diese Übertragung der vom Ägyptischen hergenommenen Ausdrücke „hieratisch“ und „‚demotisch‘ auf das Assyrische ist eine von vornherein schiefe und durchaus zu verwerfende. Die Be- zeichnungen „hieratisch“ und „demotisch“ sind bei den Ägyptologen von der in den verschiedenen Zeiten verschiedenen Schrift hergenommen. In unserem Falle aber würde es sich um die im Laufe der Zeit wesentlich veränderte Sprache handeln, insofern die als „hieratisch“ bezeichneten Wörter wie gal „grols“, hul „böse“, muh „hoch“ lediglich in der späteren Zeit in Abgang gekommene semitische Wörter bezeichnen würden. Die Bezeichnung ist um so ungeeigneter, als die wirklich hieratische Schrift, nämlich die altbabylonische, auch in den allerspätesten Inschriften, z. B. des Nebukadnezar und noch der Seleuciden, für eine bestimmte Art von In- schriften im Gebrauch war und dieses dazu bei in reinbabylonisch- assyrischer d. i. semitischer Sprache abgefafsten Inschriften. — Bei der vorhergehenden Erörterung ist eine Classe von Wörtern aulser Betracht geblieben, welche kraft ihrer graphischen Wiedergabe innerhalb der Keilschriftsprachen eine Sonderstellung einnehmen. Es sind dies die Zahlwörter. Bekanntlich werden in den Keilschriften — den arıschen, wie den anarischen — die Zahlen überwiegend oder vielmehr in der Regel nicht durch die ausgeschriebenen Zahlwörter, wie z. B. im Hebräischen oder Arabischen, denn vielmehr durch Zahlzeichen aus- gedrückt und wiedergegeben. In Folge dieser Übung war uns bis ganz vor Kurzem z. B. das assyrische Wort für die Zahl „neun“ zsit (Pinches) noch völlig unbekannt, und ist es uns bis zur Stunde noch nicht ge- nach dem Ursprunge der altbabylonischen Oultur. 37 lungen, die Zahlwörter für die Zahlen 70, 80, 90 mit Sicherheit namhaft zu machen. Auch sonst waltet hier noch mancherlei Dunkelheit. Es kann daher bei der ganzen Natur der altbabylonischen Schrift noch viel weniger überraschen, dafs in dieser die lautliche Bestimmung der Zahl- wörter sehr erhebliche Schwierigkeiten bereite: Nur mit Hilfe oft sehr verwickelter Combinationen gelingt es, mit einiger Wahrscheinlich- keit diesen lautlichen Werth zu bestimmen, und dafs dabei die Unter- suchung ihrerseits nicht selten fehlgreift, auch die Resultate mehrfach unter einander differiren, überrascht nicht; selbst wenn sich ausnahms- weise neben einem zum Ausdruck einer bestimmten Zahl dienendes Wort noch ein zweites solches finden sollte, würde das nichts besonders Überraschendes haben, es kommt das auch sonst vor; „etonnant“ (Halevy, melanges de eritique et d’histowre, 1883 p. 412) würde lediglich erscheinen, dafs nicht blofs ein oder auch zwei verschiedene Wörter zum Ausdruck eines und desselben Zahlbegriffs dienen, sondern dafs deren wohl gar vier, fünf, ja sechs verschiedene Wörter neben einander im Gebrauch gewesen wären. In Wirklichkeit führt sich die angeblich vier-, fünf- und sechsfache Bezeichnung einer und derselben Zahl einfach auf die Zusammenstellung der Vermuthungen Verschiedener durch Halevy zurück, der alle für einen und einen für alle verantwortlich macht. Wie sich die Sache in Wirklichkeit verhält, wird die nachfolgende Betrach- tung lehren. Es kommt Halevy auf das Doppelte an, einmal die Nichtexistenz jener angeblichen Zahlwörter in ihrer Mehrzahl darzuthun und sodann die übrig bleibenden als solche‘ semitischen Ursprungs aufzuzeigen, be- ziehungsweise die Wörter als lediglich künstlich fingirte zu erweisen. Prüfen wir das Einzelne! — Für die Zahl „eins“ fand Halevy bei den verschiedenen Gewährsmännern verzeichnet: ıd, dis, ge, a$. Das erste hat Halevy vermuthlich auf die Autorität von Fr. Lenormant und A. H. Sayce hin verzeichnet (s. Lenormant, eiudes accadıenes I, 83; la langue primitive de la Chaldee (1875) p. 151; A. H. Sayce in SBA. Proc. 1882 p. 106 flge.). Die Angabe basirt augenscheinlich auf Behistun- Inschrift Z. 12, wo neben dem masculinen 5tin „eins‘“ (geschrieben T »-]] d. i. ıSti-in) sich ein feminines Zahlwort für „eins‘“ mit dem Complement « 38 SCHRADER: Zur Frage T MD) findet, welches letztere, wıe es in einem semitischen Texte vor- kömmt, auch nichts’ anderes als eine semitische feminine Endung, die bekannte Femininendung +? selber sein kann, sei es nun dafs wir das femi- nine Zahlwort auf vstinıt (Bezold) oder auf idıt vom masculinen {du — arabischen Se, hebräischen 78 zu bestimmen haben. Dafs aber ein sowohl durch die Behistunstelle als durch die Stelle der Inschrift Asur- näsirabals ?) als ein phonetisches Complement verbürgte »? nicht ein selbständiges und dazu nicht-semitisches, akkadisch-sumerisches Zahlwort sein kann, leuchtet ein. ?) — Nicht besser steht es um das Wort gı, welches als eine akkadische Bezeichnung der Zahl „eins“ colportirt wird. Dieselbe basırt lediglich auf der Angabe eines Syllabars (II. R. 33, 32 e. f.), welches T als Äquivalent des Begriffs Sarrı „König“ durch die Glosse gr erläutert. Diese Glosse aber beweist nichts für den Lautwerth des Zeichens, wenn es zum Ausdruck der Zahl ‚eins‘ dient. — Bleiben als muthmafsliche akkadische Namen des Zahlwortes: a$ und dis. Von denselben ist der erstere am besten verbürgt und zwar dieses durch den Wechsel des 1) Nämlich, um dieses hier beiläufig zu bemerken, die in der Behistuninschrift a. a. OÖ. sich findenden Zeichenbilder +] einerseits, EU anderseits sind nichts anderes als die aus den gesondert geschriebenen Zeichengruppen r -]] und T ZW babyl. T EIAT zusammengezogenen graphischen Äquivalente: beide Male ist, was in der Regel ganz übersehen wird (vgl. selbst Norris diet. 210), das Zahlzeichen r in die die phonetischen Complemente bildenden Zeichen -]] und ZU hineingestellt, so jedoch, dafs im zweiten Falle der einbezogene vertikale Keil r mit dem in der babylonischen Form als Zeichen ETAT bereits vorhandenen ersten vertikalen Keil einfach zusammen- gesunken ist. Asurnäs. I, 118: r >! (assyrische Form) beseitigt jeden Zweifel. ?) Ob dasselbe in Zusammensetzung mit tin als a$ + tdn und zwar in der gleich- mälsig erweichten Aussprache istin (vgl. oben!) ins Assyrische und als “nös "ins He- bräische übergegangen ist (wie Delitzsch annimmt), mag hier dahin gestellt bleiben. Angesichts des Umstandes, dafs sich dieses Zahlwort weder bei den Südsemiten noch bei den Aramäern findet, und dals wie die Assyrer so auch die Hebräer daneben noch die W. m vgl. assyr. ahadu „der eine — der andere“ (gleich und neben zdu? s. i. Text) im Gebrauch haben, endlich nö», istin innerhalb des Semitismus keine genügende Ableitung hat, scheint uns diese Hypothese keineswegs so unwahrscheinlich, wie dieselbe zum Theil erachtet wird. ?) Das Syllabar V Rawl. 12, 32 (Nr. 3), welches in seiner linken, vorletzten Columne ..... id (oder it) bietet, ist hier überall bei Seite zu lassen. nach dem Ursprunge der altbahylonischen Cultur. 39 Zeichens | mit dem andern »— — as (s. Del. Ass. Lesest. II. A. 47 Anm. 3). Der weitere Name dis (Pinches u. A.) gründet sich zunächst nur auf den sonst feststehenden Lautwerth des Sylbenzeichens T (— dis), erhält aber allerdings eine Stütze durch den Umstand, dafs dem assyrischen tin! — ıstinis „allein“ in eimer bilinguen Hymne (bei Del. A. L. 74 Rev. 5/6) ein [PT 7 tas-bi zu entsprechen scheint. Das Zeichen Y hätte seinen Lautwerth dis, den es in den assyrischen Inschriften führt, eben seiner Eigenschaft als Ideogramm auch des akkadischen Zahlworts zu verdanken, wie das in analogen Fällen Statt hat. Sicher freilich ist mir diese ganze Combination noch keineswegs. Das Resultat ist, dafs sicher ver- bürgt als akkadisches Zahlwort für „eins“ lediglich a$ erscheint, dieses vielleicht auch von dis gilt; «d (oder ed) und ge aber sind definitiv zu eliminiren, und Halevy’s Versuch (p. 414), :d aus dem Semitischen zu erklären, wird damit gegenstandslos.!) Als angebliches akkadısches Wort für „zwei“ erscheint zunächst, nach Lenormant, Sayce u. A., kas, beziehungsweise kas. Dieser Ansatz stützt sich auf den Umstand, dafs augenscheinlich im persischen Texte der Behistuninschrift dem persischen duvitja Beh. 55 das Zeichen & entspricht, das man als kas für das phonetische, nichtsemitische Äqui- 1) Als milslungen mufs Desselben Versuch bezeichnet werden, das in den akka- dischen, niemals in semitisch-assyrischen Texten als Äquivalent des Zahlworts auftretende »— als eine rein ideographische Bezeichnung zu erklären (a. a. 0.416: „le troisiöme (pho- neme — as) exwprime la lecture du clou horizontal »—“). Wäre »— die ideographische Bezeichnung für „eins“, so mülste nach derselben Analogie der wiederholte Horizontalkeil: — 77 das Zahlzeichen für „zwei“ sein. Dieses aber findet sich in den zusammenhängen- den, bilinguen Texten niemals. In der Stelle II. R. 39 Nr. 2 Z. 9 a.b. & —= $unniü aber ist 7 augenscheinlich phonetisch tab zu lesen, wie durch das analoge tabtab-ba (=2+2= 4) mit der phonetischen Ergänzung ba einerseits (s. unten), durch das pi$ (EHO — Sullis (vgl. mörss „drei*) Z. 10 anderseits unmittelbar an die Hand gegeben wird. Es kommt hinzu, dals wo dieses ®—- zum Ausdruck des Begriffs „eins“ dient (z. B. IV. R. 19, 46/47 a.; ebendas. 54/56 b. und sonst) dasselbe nicht im engeren und eigentlichen Sinne als Numerale erscheint, denn vielmehr in einem weit unbestimmteren Sinne, in Vergleichungeu wie — gemäfs den assyrischen Äquivalenten —: kima_ istin; kima kani idi, oder in der adverbiellen Ausdrucksweise idissu „allein“ u. s.f. »— ist hier gar nicht das Zahlzeichen, denn vielmehr als a$ das phonetisch geschriebene akkadische Zahlw ort selber. Dals »— jemals in der Weise des senkrechten T als reines Zahlzeichen verwandt wäre, dafür ist mir kein Beispiel bekannt. 40 SCHRADER: Zur Frage valent für ein semitisches säni hielt. Nun aber zeigt das Beh. 51 für „dritter“, persisch iritja, auftretende &<] evident, dafs wir es mit einem blofsen (babylonischen) Ideogramm zu thun haben: jenes angebliche akkadische Zahlwort ist also einfach zu eliminiren. Dahingegen entspricht dem gewöhnlichen Ideogramm für „zwei“ = [[ in den akkadischen Texten regelrecht ein mina (in der Verbindung minna-bi „zweimal dasselbe“ (Lenormant) wiederholt in den Syllabaren) Sa 16 bei Del. L.5 p. 36; für > = assyrisch „EJ (Suff.) s. die Syllabare passim. Es entspricht dieses jenem Zahlenideogramm aber nur dann, wenn demselben der Begriff „zwei Mal“ eignet. Minna, beziehungsweise mina, ist also nicht das einfache akkadische Wort für die Zahl „zwei“, denn vielmehr das Multiplicativum. Welches das einfache betreffende Zahlwort war, ersehen wir aus II R. 39, 9 e. f., wo = d. ı. tab mit vorhergehendem al „sprechen“ (= „wiederholen“ !) dem assyrischen sıumni R. mw ent- spricht. Das Zahlwort für „zwei“ lautete danach Zab!), und von diesem Zahlworte hat dann wie das Zahlzeichen für eins als Sylbenzeichen den Lautwerth as, so dieses den Lautwerth ab erbalten, in ganz analoger Weise, wie das Zeichen ef, im Assyrischen eigentlich /, aber als Ideo- sramm — bitu, den Lautwerth bit; das andere >=TIER, eigentlich sak, aber als Ideogramm — rf'su, den Lautwerth rs u.s. w. erhalten hat. Die Ansetzung von pı$ als Zahlwort für „drei“ ist durch Sa 124 und JIR. 39, 10, e. f. (s. Pinches 112 u. vgl. oben) gegen jeden Zweifel gesichert: es wird beidemal dem assyrischen salaltı, bezw. sulhs R. w>w gleichgestellt. Nach Halevy soll dieses pxs lediglich eine graphische Bizarrerie sein. Das betreffende Zeichen X — ps oder bis sei nämlich aus br und as entstanden (le sıgne pis ou pes ou plutöt bes est contract de bi „deux“ et de as „um*). Nun aber kann aus den betreffenden Zeichen, nämlich > > kommende >=f( entstehen, und aufserdem kommt ein Zeichen = oder FS für „drei“ (in Wirklichkeit durch JJY bezeichnet) niemals vor, von dem Ansatze bi als Name für „zwei“ dabei ganz abgesehen. Wie nun? — und »-, wohl ein & oder %%4, niemals aber das hier in Betracht ’ > >» ’ 1) Nach Pinches p. 112 bietet übrigens das Duplicat des betreffenden Thon- täfelchens, bez. Rm. 345, die Variante tag EI) die wir demnach als dialektische Neben- form zu betrachten haben. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 41 Wir kommen zu der Zahl vier, welche, da sie in den altbaby- lonischen unilinguen, dann auch assyrischen Inschriften graphisch durch Wiederholung des Zeichens &= tab = = d. ı. tabtab ausgedrückt wird, vermuthlich auch so = tabtab gelautet haben wird (P. Haupt, Theoph. Pinches), eine Vermuthung, welche dadurch ihre Bestätigung erhält, dafs dem betreffenden Zahlzeichen in den Inschriften und gerade den allerältesten nichtsemitischen die Sylbe ba als phonetisches Complement folgt: E= a] = tabtab-ba!). Für das Nähere s. o. S. 353 ff. 2). Auch jetzt erneuert Hal&vy noch die Ansicht, dafs jenes ba ein pho- netisches Complement zu dem semitischen arba, das zu arba (wie es 1) Die von Pinches noch weiter vorgetragene Vermuthung, dafs es daneben noch ein zweites Wort 5a oder san gegeben habe, das „vier“ bedeutete, stützt sich wohl lediglich auf den Umstand, dafs das gewöhnliche assyrische Zeichen für „vier“: drei Keile oben und einer darunter — m in der äulseren Form mit dem Zeichen Y zusammen- fällt oder von den Schreibern mit demselben zusammengeworfen ist. Dafs daraus aber kein Schlufs auf die Aussprache des Zahlwortes im Akkadischen zu ziehen, dürfte ein- leuchten. Über Lenormant, der an $anabi = 40/60 erinnert, s. Pinches a. a. O. Anm. 2. ?) Da beiläufig dieses Zahlzeichen 77 in den assyrischen Texten, wie ge- zeigt, ganz gewöhnlich für den Begriff „vier“, assyrisch arba’, verwandt ward, ist dasselbe wie dieses in ähnlichen Fällen auch sonst geschieht (wir erinnern wiederum an et bit neben i, alles ri$ neben sak u.a.m.) nur regelrecht, wenn dasselbe auch rein pho- netisch mit dem Lautwerthe arba verwandt wird, z. B. dieses in dem Stadtnamen Arbaha, geschrieben GM FFT-na d.i. Arba-ha, wofür sich aber auch ganz phonetisch Ar- rap-ha geschrieben findet (Del. PD. 124). Nach Halevy freilich (414 Anm.) soll der Name halb phonetisch halb ideographisch zu lesen, mit Arba-nun zu transeribiren und mit „vier Herren“ zu übersetzen sein, so dals wir einen Namen wie Arba-ilu „(Stadt der) vier Götter“ (= Arbela) erhalten würden. Wie Halevy zu dieser Deutung ge- langt? — Einfach so, dafs er dem phonetischen Zeichen ha, welches als Ideogramm den Sinnwerth nüönu „Fisch“, hebr. 7» hat, den anderen rubö „erhaben“, im Sinne von „Herr“ vindieirt, ein Sinnwerth, für welchen die Assyrer bekanntlich regelrecht ein anderes Zeichen, nämlich -TIT-, in Gebrauch haben. Das letztere bestreitet Halevy natürlich nicht. So wird nun ein dunkelster aller assyrischen Texte und darinnen ein ganz dunkler Gottes- name herbeigezogen, um — abermals auf labyrinthischen Wegen das zu beweisen, was eben bewiesen werden mulste! IV R.28 No. 3, 58 findet sich ein Gottesname Nin-a-ha, der, da er sonst nicht vorkommt und durchaus ideographisch geschrieben ist, mancherlei Deutungen zuläfst. Die nach den Zeichen nächstliegende ist bilit mi‘ nüni „Gebieterin des Wassers des oder der Fische“, als Beiname z.B. der Derketo, der die Fische heilig waren, eine ganz passende Bezeichnung. Nach Halevy besagt der Name: „Herrin der grofsen Wasser“ Philos.-histor. Cl. 1883. Abh. II. 6 42 SCHRADER: Zur Frage niemals geschrieben vorkommt) geworden, gehöre, „vier“ in den für uns nichtsemitischen Inschriften mit dem semitischen Worte arba wieder- gegeben sei. Wir müssen an dem, was wir in dieser Hinsicht im ersten Theile der Abhandlung ausgeführt haben, entschieden festhalten, und können auch — wie wir das schon im Jahre 1875 ausgesprochen haben!) — nicht der Meinung Lenormant’s beitreten, dafs das semitische arba in’s Akkadische übergegangen sei. So sicher in den durch die Hand der ninivitischen Tafelschreiber hindurchgegangenen akkadiıschen Texten Se- mitismen zu Tage treten, so sicher sind die von den altbabylonischen Königen selbst aufgesetzten nichtsemitischen Texte von Semitismen frei. Die phonetische Ergänzung ba verstösst dazu durchaus gegen die Übung der Assyrer: sie kann nicht von einem Assyrer oder semitischen Babylonier herrühren. Es bleibt, da die Assyrer ein anderes Wort für „vier“ als arba, irbittu nicht haben, nur die Annahme nichtsemitischen, akkadischen Ursprungs für das betreffende Zahlwort übrig. Für das akkadische Zahlwort für „fünf“ schemt sich?) mit Zu- hilfenahme der Glosse II R. 24, 50c die Lesung a zu ergeben (Pinches 112flg.; vgl. Haupt AS. 34 Anm. 31). Nach Halevy ist dieses « nur die verkappte Wiedergabe des Zahlzeichens selber, nämlich W, das in der babylonischen Schrift bekanntlich auch den Werth ja hat, welcher Laut- werth dann von Halevy sofort wiederum dem anderen « gleichgesetzt wird! — (bölit mi rubüti), während doch ha in keinem Texte und keinem Syllabar durch rab& oder rub& jemals erklärt wird! Um solches dennoch einigermalsen wahrscheinlich zu machen, wird eine Stelle in einem anderen bilinguen Stücke herangezogen, in welcher nicht etwa ha durch rubü erklärt wird, denn vielmehr das Zeichen -T1Y- —= NUN als Ideogramm bezw. als akkadisches Wort in der semitischen Zeile phonetisch durch nunu wiedergegeben wird (II R. 19, 65/66), wodurch also nur das bestätigt wird, was wir längst wulsten, dafs nämlich das Zeichen -T17- den Lautwerth nunu hatte. Dafs dieses als nunu in den assyrischen Text der betreffenden Stelle herübergenommene -T7- den „Fisch“ be- zeichnet, darauf weist im Zusammenhange nichts. — Die ohne Citat angeführte Phrase ha-na-ku —= ana nüni ist natürlich, wenn so lautend, nach Haupt SFG. I (1879) p. 48 fie. zu erklären. 1) S. ZDMG. XXIX, 34. 2) Bestimmter können wir uns nicht ausdrücken, da die die Zahlwörter für „fünf“ (und „sechs“) betreffenden Angaben Pinches’ ohne ein von uns zu controlirendes Citat beigebracht sind. nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 43 Die Richtigkeit der Aussage der Glosse, betreffend das Zahlwort für „fünf“, würde sich durch den akkadischen Namen für die Zahl sechs be- stätigen, welche die alten Babylonier als die um eins erhöhte und mit Hin- blick auf die Hand mit den fünf Fingern als Einheit genommene Zahl fünf betrachteten, demgemäfs auch als fünf + eins = a —+ as d.ıi. dä$ be- zeichneten (Pinches a.a.O.). Auch dieses Zahlwort glaubt Halevy lediglich graphisch nehmen und erklären zu sollen. Man habe nur, meint Halevy, das Zeichen für „fünf“ —= ja (nach Halevy a), das oben an- gezogene Zeichen W aus der vertikalen Lage in die horizontale zu bringen —= Fr (in welcher Lage und Gestalt es als Zahlzeichen niemals vor- kommt!), und ihm dann noch einen sechsten horizontalen Keil, den Keil >— mit dem Lautwerthe as, beizugesellen, — >>, und man hätte jenes angebliche ös! Auf die Thatsache, dafs diese Bezeichnung für „sechs“ in Wirklichkeit wiederum niemals vorkommt, wird wie vorhin nicht weiter reflectirt. Die Zahlwörter für die Zahlen 7—10 und ebenso diejenigen für die Zehner sind bis jetzt mit Sicherheit nicht zu bestimmen. Die für dieselben vermutheten Namen basiren auf den den betreffenden Zeichen sonst zukommenden Lautwerthen. Es gilt das namentlich auch für die zwanzig, für welche man man und ns, die bekannten Werthe des Zeichens (4, angesetzt findet: man brachte dabei insbesondere man, wie nahelag, mit dem oben besprochenen Worte für „zwei‘ (richtiger „zwei- mal“) — mina zusammen. Sicheres ist damit nicht gewonnen. Mit Hilfe scharfsinniger Combinationen gelangt Pinches noch zu einem dritten Worte für „zwanzig“, nämlich $ana, welches in Sussana —20 —1, ebenso in Sanabi (nach Haupt für Sussanabı) = #9. — 3, auch in i$$ana — 200 (?), d.i. 3x 60 +20 enthalten (a. a. 0. 113). Es ist möglich, dafs Pinches das Richtige vermuthet. Wie immer es sich aber auch damit verhalten möge: man hüte sich, dieses sana mit hebräisch Schendim D’2& zusammenzubringen. Dagegen legt kategorisch die assyrische Wiedergabe des akkadischen Wortes für 29: sanabi im Assyrischen als $inip (UI R. 70, 3a) Einsprache ein: es wird Niemandem gelingen, diese Bezeichnung, die mit ihrem auslautenden br bezw. ıp fremdländischen Ur- sprung verräth und welche als 5:0 auch auf einem aramäisch-assyrischen 6* 44 SCHRADER: Zur Frage Gewichte gesichert ist (ABK. 176; KGF. 75), als einen Namen semi- tischer Herkunft zu erweisen !). a Als Zahlwort für „dreifsig‘‘ vermuthet Pinches (8. 113) sepu. Halevy (p. 414, vol. 418) nimmt keinen Anstand, das Wort sofort aus dem Semitischen zu erklären: sepu sei das bekannte assyrische st'pu „Fuls“. Wie aber die assyrischen Tafelschreiber, die doch verständige Männer waren, dazu sollten gekommen sein, die Zahl „dreissig“, auch nur im Rebus, in so wunderlicher Weise als „„‚Fufls“ zu bezeichnen, ist doch nicht wohl einzusehen. Die erste höhere Zahleinheit der Babylonier ist bekanntlich der Sössos surros — 60. Den Namen mit dem bekannten semitischen Zahl- worte für „sechs“, assyrisch 32554 zusammenzustellen, liegt nahe. Trotz allem äufseren Schein — nach Halevy ist Sussu nur eine „legere variante du numeral assyrien usuel $155@ „soiwante* (das bekanntlich nie vor- kommt), können wir die Richtigkeit dieser Annahme nicht zugeben. Die nächsthöheren Einheiten — ich erinnere an die Namen für „zehn“, „hundert“, „tausend“ — wohl so ziemlich in allen Sprachen der des Deeimalsystems sich bedienenden Völkern pflegen nicht durch aus den Namen der Einheiten hergenommene neue Namen, denn vielmehr durch unabhängig von denselben gebildete selbständige Sammelwörter bezeichnet zu werden. Auch beim Sexagesimalsystem wird es nicht anders gewesen sein. Die Bezeichnung der 60 mit einem von der „Sechs“ selber her- genommenen Namen würde aber auf dem Decimalsystem, nicht auf dem Sexagesimalsystem beruhen, und jenes, nicht dieses zur Voraussetzung haben. Auch die lautliche Wiedergabe des Namens der betreffenden Ein- heit bei den Griechen als rüurcos legt gegen die Ableitung von einem aus dem semitischen s7S3u entstandenen Sussu entschieden Protest ein. Im Semitischen ist radical und der Schreibung nach der Vokal des Wortes in 375$u kurz, im Griechischen ist bei swrros der entscheidende Vokal lang. Dieser Umstand schliefst nach unserem Dafürhalten jede Combination mit 1) Ich muls beiläufig bezweifeln, dafs mit Hal&vy mit diesem $anabi, sinip das 1IR. 34, 13. 14 einem ideographischen BU gegenübergestellte sanapu zusammenzustellen sei. Schon der Wechsel der betreffenden Zischlaute innerhalb des Assyrischen erregt Bedenken. nach dem Ursprunge der alibabylonischen Cultur. 45 dem semitischen ww (ovuiw) aus. Das Wort kann lautlich nur asemitischen, in diesem Falle akkadisch-sumerischen Ursprungs sein.!) Die Namen für „hundert“, „tausend‘ und die entsprechenden höheren Einheiten sind hier selbstverständlich bei Seite zu lassen, da sie ja gar nicht in das Sexagesimalsystem gehören, ihre Erklärung demgemäfs auch nur aus dem Assyrisch -Semitischen, nicht aus dem Akkadischen zu erwarten steht, wie, wenigstens für die Zahl „hundert“, d. i. mi vgl. se- mitisch 872 u. s. w. solches auch der Fall ist. Die wirklich höheren Ein- heiten des Sexagesimalsystems: nämlich die 600 und die 6>< 600, be- ziehungsweise 60x 60=3600 tragen auch, wie zu erwarten, nichtsemi- tische Namen, jene den Namen neru, diese den anderen $ar. Dieselben sind aus dem Semitischen nicht zu erklären: Halevy’s Heranziehung von assyrisch niru „Joch“ für jenen, assyrisch Säru = semitisch >w „Thor“ für diesen richtet sich selber. Das Resultat der vorstehenden Betrachtung ist hiernach, dafs für das Akkadische die nachfolgenden Zahlwörter als gesichert zu betrachten sind: eins akk. as zwei „ tab (Var. tag) drei jmipes: vier „ tabtab (bezw. tagtag) [fünf ee] [sechs zn das] [dreifsig u Sta] sechszig., 3 Süß sechshundert nr: dreitausendsechshundert „„, sar Aufserdem begegnen uns noch als Bruchzahlen: sussana =? —4; sanabı —=41 —2; issana—=3x60+20=200 (?). Ob noch als weitere akka- dische Zahlwörter dis (ts) für „eins“, mina („zweimal“‘?), Sana für „zwan- zig‘ anzusetzen sind, muls (s. oben) vorläufig noch dahingestellt bleiben. 1) Gegen ABK. (1872) S. 231 Anm. 1. — Das Richtige bei F. Delitzsch, Soss, Ner, Sar, in Zeitschr. f. ägypt. Sprache und Alterthumsk. 1878 S. 56 ff., insbes. 65 flg. 46 SCHRADER: Zur Frage Wer das vorstehende Resultat unbefangen prüft, wird zugestehen müssen, dafs dasselbe mit den allgemeinen linguistischen Ergebnissen nicht in Confliet geräth und dafs die angebliche Vielwortigkeit des Akkadischen bezüglich der Numeralia nicht existirt. Dahingegen hat sich der Versuch, die Bezeichnungen der Zahlen als verkappte semitische Umformungen, be- ziehungsweise als auf Zeichenspielen beruhend zu erklären, als mifslungen herausgestellt. Wir schliefsen hieran in theilweiser Ergänzung unserer Aus- führungen im 1. Theile dieser Abhandlung und im Himblick auf die be- züglichen Aufstellungen Halevy’s in dem oben citirten Werke Melanges de eritique etc. eine erneute Erörterung der für die uns beschäftigende Frage vornehmlich in Betracht kommenden grammatischen Erscheinungen im Akkadischen: die Postposition der Verhältnifswörter (ta, ku (su?)), die Infigirung der pronominalen sonstigen „Suffixe“ und die vom se- mitischen Standpunkte aus unerklärliche Abwandlung des Verbums (vgl. hierzu bei Halevy p. 317 ff., auch p. 400 ff.). Zunächst die Postposition etlicher Verhältnilswörter, gegenüber der durchgängigen Präposition derselben im Assyrisch-Semitischen, glaubt Halevy als eine exception d’ordre secondaire erklären zu können, welche durch die Nothwendigkeit einer Unterscheidung der betreffenden Ver- hältnilswörter von gleichlautenden Wörtern (oder Zeichen) mit anderen Bedeutungen (... amenee par le beson de dıstinction) bedingt sei. Aber sollten die alten babylonischen Gelehrten, die auf die von Halevy dargelegte Weise mit der grölsten Leichtigkeit tausende und aber tausende „hieratische‘“‘ Bezeichnungen erfanden, nicht für so häufig ge- brauchte Wörter, wie die wenigen hier in Betracht kommenden semitischen Präpositionen sind, nicht haben auch noch einige wenige Zeichen hinzu- erfinden können, anstatt für dieselben eine auf semitischem Gebiete ganz unerhörte Hinterordnung der Verhältnilswörter eintreten zu lassen? — Er- staunlicher noch ist die Art, wie Halevy es unternimmt, die Infigirung der Pronomina bei Verbalformen, wie sie in den linken Columnen vorliegt, als etwas ganz harmloses, ja als „la construction requliere assyrienne“ hin- zustellen (p. 400). Wenn in den hieratischen Texten zwar „er wiegt“, assyr. z5kul, durch ın-lal, aber „er wiegt ihn oder ihm“, assyr. 2$kulsu, durch in-nan-lal, nicht durch ?nlal-an oder en-lal-nan wiedergegeben werde, so nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 47 sei das daraus zu erklären, dafs das Assyrische ja auch sonst ordne: sujet, regime, verbe: jenes in-nan-lal sei im Grunde nichts Anderes, als wenn der Assyrer sage: su suata ıskul „er ihn wiegt“. Dabei hat Ha- levy nur das Eine übersehen, dafs der Assyrer in diesem Falle sich ge- rade nicht so ausdrückt! Gewils, wenn das „regime* ein Nomen (Sub- stantiv, Adjeetiv, Eigenname) ist, steht im Assyrischen der Regel nach das Subject voran, der Accusativ in der Mitte, das Verbum zu dritt; emen Satz wie: „Nebuzaradan wog eine halbe Mine Silbers dar‘ giebt der Assyrer regelrecht durch: Nabü-zör-iddina BAR mana kaspi ($kul!) wieder; die Ausnahmen bezüglich dieser Wortstellung haben wieder be- sondere Ursachen, die die Grammatik darzulegen hat. Das Assyrische geht in dieser Übung, Subjeet und Objeet dem Verbum vorzuordnen, weiter, als irgend eine semitische Sprache, weiter als selbst das Ara- mäische und Äthiopische; der Anordnung der Satztheile im Arabischen ist die assyrische diametral entgegengesetzt (vgl. bereits ABK. 304), ein Umstand, über dessen Grund und Ursache man selbst wieder weiter re- flectiren mag. Wir sagen also: sicherlich wird wie das Subject so das Object, wenn es ein Nomen ist, regelrecht dem Verbum vorgefügt; aber gleicherweise wird so wenig wie irgend im Aramäischen und Äthio- pischen, ebensowenig auch im Assyrischen, wenn ein personales Pro- nomen das Object bildet, dieses durch ein selbständiges Pronomen ausgedrückt und dann dem Verbum statt an- vielmehr vorgefüst. Die regelrechte Wiedergabe eines pronominalen Accusativs ist wie in allen anderen semitischen Sprachen, so auch im Assyrischen die durch das Pronomen suffixum zu Stande kommende. Wenn also die Erfinder der sogenannten „hieratischen‘ Schrift und Sprache Halevy’s den pro- nominalen Accusativ in besonderer hieratischer Weise hätten wiedergeben wollen, so hätten sie — wollten sie nicht ihren eigenen Semitismus ver- läugnen — auch dementsprechend eine hieratische Bezeichnung wählen, 1) Dals dazu Ausdrucksweisen, wie die der Achämenideninschriften: Urimizda Sarrütav anaku iddannu „Auramazda verlieh mir die Herrschaft“ Beh. 24 und ähnliche, welche vielmehr, wie ich bereits ABK. (1372) S. 299 ausgeführt habe, lediglich eine Ver- schlechterung der Sprache bezeichnen, nicht zum Beweise des Gegentheils herangezogen werden dürfen, versteht sich. 48 SCHRADER: Zur Frage diese „hieratische“ Bezeichnung selber aber an ihrem durch den Semitis- mus des Assyrischen ihm angewiesenen Platze, also hinter dem Ver- bum belassen müssen. Die Vorordnung konnte nur von Jemand erdacht werden, der selber kein Semit war. Wir kommen zum „hieratischen“ Verbum. Halevy gesteht selbst zu, dals hier .„une des plus grosses difficultes“ vorliege, welche, so schreibt er, „mavant inspire bien des explıcations forcees au debut de mes etudes hieratiques“ (p. 318). Inzwischen glaubt er die Lösung derselben gefun- den zu haben. Wenn die Syllabare das assyrische ıddin „er giebt“ durch das hieratische ın-si, das assyrische vddinsu „er giebt ihm“ durch in-nan-si; ütadın durch ba-ab-si wiedergeben, den assyrischen Wurzelstamm nadanı „geben“ durch das Element si, die anlautende pronominale Subjects- bezeichnung 3.P. =? durch ın, das Suffix $u („ihn“, „iıhm“) durch das Infix nan ausdrücken, so haben die Erfinder des priesterlichen Systems (du systeme sacerdotal) nach Hal&vy das assyrische ıddin-5u oder inaddın-Su, sowie das andere ittadın ihrerseits zerlegt in das Suffix su „ihm“, Suatu „ihn“, nin „irgend was“ oder nıbu „Sache“ und nadanu „geben“; denn Halevy ist geneigt zu glauben, dafs die hieratischen Objectsbezeichnungen nm (nan) in in-nan-si und nb (nab) ın hieratisch bab-si aus einem assy- rischen nın „etwas“ und einem assyrischen n2bu „Sache“ entstanden seien: diese Substantive fragwürdigster Gestalt wären dann zur Wiedergabe sei es des Subjects, sei es des Objectspronomens bei der „hieratischen‘ Verbal- bildung verwandt,und so seien, nämlich durch die assyrischen Priester- gelehrten, jene hieratischen Verbalformen zu Stande gekommen, welchen wir in den Syllabaren begegnen. Hal&vy bezeichnet diese „decomposition“ der betreffenden assyrisch-semitischen Verbalformen als basirend auf einer „analyse tres simple et tres naturelle“; uns erscheint eine solche angeblich von den alten Babyloniern vorgenommene Analyse das Gegentheil von „‚Ein- fachheit“ und das Unnatürlichste, was man sich denken kann, ganz abge- sehen von der Infigirung des „regime“ anstatt der durch den Semitismus vorgeschriebenen Suffigirung, die auch so ein unerklärtes Räthsel bleibt. Und nun gar das verschiedene, doppelte Präfix in, ni einerseits, ab, abba, bab andererseits, während doch im Assyrischen jedes Imperfekt in derselben Weise anlautet! Man sollte meinen, die Priestergelehrten hätten schon das Äufserste an Räthselschrifterfindung geleistet, wenn sie die ver- nach dem Ursprunge der altbabylonischen Cultur. 49 bale Subjeetsbezeichnung einmal (nämlich durch n) in jener seltsamen Weise „hieratisch“ wiedergegeben hätten. Sie begnügten sich aber damit nicht, sondern erfanden, nach Halevy, gar noch eine zweite derartige Subjectsbezeichnung hinzu — und warum? — lediglich um durch dieses hieratische Doppelpaar das „demotische‘“ pronominale Doppelpaar suasu und Sası „er“ — nachzuahmen (vl faut voir dans ces formes bizarres une tendance a imiter la forme redoublee demotique Suasu ou Sasu „hua® 8.319 oben). Um die sänzliche Unzulässigkeit einer solchen Annahme sich zu vergegenwärtigen, hat man festzuhalten, dafs, wie vorher bemerkt, in dem Aufbaue des assyrischen Verbums weder ein suasu noch ein sasu irgend eine Stelle hat, dieses gerade so wenig, wie für ein analoges Demonstra- tivam in dem Aufbau des Verbums in irgend einer anderen semitischen Sprache ein Platz ist. Das Ausgeführte wird genügen, um über die Haltbarkeit der Ver- suche, Schrift und Sprache der linkscolumnigen, sowie der entsprechenden unilinguen Inschriften als eine „hieratische“ Schrift und auch Sprache zu erklären, ein Urtheil sich zu bilden. Wir sind nichts weniger als der Mei- nung, als ob es uns bereits gelungen wäre, alle uns in den bilinguen Texten und den altbabylonischen Königsinschriften entgegentretenden Schwierigkeiten graphischer und linguistischer Art überwunden und alle sich uns hier entgegenthürmenden Räthsel gelöst zu haben. Aber dafs eine Überwindung jener und Beseitigung dieser nur auf dem von uns innegehaltenen Wege zu erwarten sei, dürfte aus der vorstehenden Betrach- tung ebensowohl erhellen, wie dafs der Versuch, dieselben auf dem von unseren Gegnern beschrittenen Wege zu heben, nicht zum Ziele geführt hat und führen wird. Welcher Nationalität immer das Volk, welchem Babylonien den Ursprung seiner Cultur verdankt, gewesen sein mag: dals es nicht Semiten waren, auf welche dieselbe zuletzt zurückzuführen, das dürfte die vorstehende Untersuchung zu ihrem Theile von Neuem an’s Licht herausgestellt haben. Philos.-histor. Cl. 1883. Abh. 11. 7 u! ag k RUN: My Re we li We ae za ae eh nu ee ee & are DE IREE IE EHE ee Baar Km ne rk MER a RER TR EEG BILnch MELLE: i A RT te es ARE Tine ir Bw EHRE, SR BR ET RR AO ER ee Be Set AR Re DE RR nit 1 % nie mb ab ER Baphaneh® ME ER Du SWR SR" vr SHIT" nt üs gina) st ® a | vn ae rl lumlene, Aeipele Far ee risrong ee | Nu ar na ar Be Airpärron. hie Diner nn. chriffarfintiung tenlilik Ae wi i It aha, U SIR ee 1 M WM TR ) fi IN, y' un 2 3HAN HEN ne 7 0. Verbesserungen des Drucks. ARKAI 8 (Abhandlung II der philosophisch - historischen Classe.) 8.23 2.23 statt pa’suru lies passuru. »„ 24 „ 16 streiche dem und statt „s lies >y. „ 31 „ 80 statt accadienes lies accadiennes. ir CR I { in 5 # ‘ 7 ö D L EIN 5 x ” N N y N N RER a 1 ri j . ö ey ANHANG ZU DEN ABHANDLUNGEN DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN. ABHANDLUNGEN NICHT ZUR AKADEMIE GEHÖRIGER GELEHRTER. AUS DEM JAHRE 1883. BERLIN. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1884. BUCHDRUCKEREI DER KÖNIGL. AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN (G. VOGT). TE RCHERTIETNBEITERTN DE UND 5: \ JE f r % | a “a SSIHAL MAIL AUA EB > | KABURT Bi UNTTAHDRYHZEIH ag MUSTAHA zauomlorz on Sc HINTER « 5 4 ö ‚sus DK \ Br + ER \ j y a ie . . »zttImmwi 41H le ST SERAUAUE.. imab% sad BEN HT ! ’ . hl a Inhalt. Physikalische Abhandlungen. STUDER: Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle um die Erde 1874 76. (Mit 2 Tafeln). . . .. . AbhT S.1 98. MARSHALL: Agilardiella radiata, eine neue Tetractinellidenform mit een 1Sn, (Ava Il MERAN) So CORE em W u a Be Ey IN u s r 2 \ „ " { > ” k % ß ‚ . ‘ JE vr 7 we a; f ‚ ” ‚ 4 “ . : v " Don Ü 1 4 E j j j N PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN. Isopoden, gesammelt während der Reise S.M.S. Gazelle um die Erde 1874—-76. Bearbeitet von 12:9 5> 0 DYER> Professor der Zoologie in Bern. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1883. I. 1 Eingereicht in der Sitzung der phys.-math. Classe am 1. November 1883. D:: Ausbeute an /sopoden während der Reise der Corvette Ga- zelle ist nicht eine sehr grolse. Es wurden im Ganzen 28 Species gesam- melt. Von diesen fanden sich die meisten in der südlichen gemälsigten Zone in dem als magelhaenisches zu bezeichnenden Gebiete der Kerguelen- insel, der Magelhaensstrafse und der Ostküste Patagoniens, während die Tropenzonen nur wenige Formen lieferten. Als an Arten und Individuenzahl in der magelhaenischen Zone her- vorragend, sind namentlich die Seroliden und die Sphaeromiden zu nennen, welche in den Gewässern Kerguelens der Krebsfauna den wesentlichen Charakter geben. In gröfseren Tiefen bis 100 Faden waren es nament- lich wieder Serohden neben eigenthümlichen Idotherden, welche häufig an- getroffen wurden. Die Zahl der neuen Arten, welche hier beschrieben werden, beläuft sich auf neun, eine Art, Arcturides cornutus, bildet den Vertreter einer neuen Gattung, welche ein Bindeglied zwischen den Arcturina und den Idotheina darstellt. Bei Aufzählung der Arten bin ich der von Gerstäcker vorgeschlagenen Eintheilung gefolgt. (Bronn, Klassen und Ordnungen, V. Bd. Arthropoda I]. Abtheilung, pag. 194 und folgd.) Nur sind hier die Tanaiden, nach dem Vorgange von Sars, als Isopoda chehfera den Isopoden angeschlossen. (S. Sars, Revision of Gruppen Isopoda cheli- fera. Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. VII. Bd. I. Heft. Chri- stiania 1882.) 1* 4 DTUDER: Sectio I. ISOPODA ANOMALA. I. Fam. ANCEIDAE. “ Anceus Rısso. 1. A. antarcticus n. sp. Vorläufig bezeichne ich mit diesem Namen eine Anceide von wel- cher ich nur eine Larve, die der Pranizd-Form entspricht, erhielt. Eine ausreichende Diagnose wird erst aufgestellt werden können, wenn beide Geschlechter in ausgebildetem Zustande bekannt sind. Immerhin zeigt die vorliegende Form schon genügende Merkmale, welche sie von den bekann- ten unterscheiden lälst. Der 4”” lange Körper hat eine länglich ovale Form und gleicht im allgemeinen Habitus der Praniza caeruleata Montagu. Der Kopf ist relativ breit, so breit wie lang, mit seitlich stark vortretenden Augen. Die drei verschmolzenen Brustsegmente nehmen 2"" ein. Das Postabdo- men zeigt stark verbreiterte Glieder und endet mit einer triangulären, spitzen Schwanzplatte. Die Pedes spurii überragen die Schwanzplatte, sind am Rande gezähnt und tragen lange Borsten. / Die beiden Fühlerpaare sind an Länge wenig verschieden. Die ersten Antennen, 1,3”” lang, reichen bis zur Hälfte der Geiflsellänge der zweiten, sie sind siebengliedrig, das letzte Glied wie das vorletzte sehr kurz, mit zwei langen Borsten, das vierte rudimentär. Die zweiten An- tennen haben einen viergliedrigen Schaft mit siebengliedriger Geilsel, die am Ende lange Borsten trägt. Das; erste Beinpaar trägt wenig Stacheln und ist nicht gezähnt an Wem verkürzten drittletzten Gliede. Die End- klaue ist schwach gebogen. Ä Von P. caeruleata unterscheidet sich diese Art durch die Form des Kopfes, die bei ersterer verlängert ist, die Fühler und das erste Beinpaar, das am drittletzten Gliede gezähnt ist. 60 Faden. Ost-Patagonien. Isopoden, gesammelt während der Reise S.M.S. Gazelle etc. 5 Sectio II. /SOPODA GENUINA. I. Fam. ÖnıscoDEA. Porcelho Latr. 2. P. scaber Latr. Diese weit verbreitete Art fand sich in Capstadt häufig unter Steinen vor. Sie möchte dorthin wohl mit europäischen Pflanzen verschleppt sein. Eine Assel, die ich ziemlich häufig auf Ascension auf der Höhe des Green mount vorfand, ist nach Herrn Budde-Lund, welcher die Güte hatte, die gesammelten Exemplare zu untersuchen, ebenfalls diese Art. 3. P. pruimosus Brandt. Seltener als die vorige. Unter Pflanzen auf Ascension. Ich verdanke die Bestimmung dieser Art ebenfalls Hrn. Budde-Lund. Armadillo Latr. 4. A. tongensis Budde-Lund. Studer in litt. Das Exemplar ist leider defekt. Herr Budde-Lund, welcher diese Art untersuchte, theilte mir die nachstehende Diagnose mit. Öblonge ovalis, valde convexus, sublaevis, nitidus, punctalis. Antennae exteriores.... Oculi magni, ocelli 17—18. Clypeus lobis majoribus, triangulis. Epistoma convexiusculum, margine superiore curvato, frontem non superante. Trunei annulus primus margine laterali crassiore, paulisper revo- luto, post minus profunde et subaequaliter fisso, interiore epimeri parte paulo breviore. Epimera annulı secundi valde oblique fissa, parte interiore minima. Margo posterior annulorum priorum utrinque levissime sinuatus. Epimera annulorum 6—7 etiam caudae annulorum 3—4—5 dupli- catura infra munita, praesertim in caudae annulo tertio permagna. Caudae annulus analis brevis, satis latior quam longior, medio ma- nifesto coarctato. Articulus basalis pedum analıum fere ejusdem longitu- 6 STUDER: dinis et latidudinis, ramus exterior minimus, superiori lateri articuli ba- salis procul ab apice insertus, rami interiores breves. Color subuniformis, pallidus, capite et lateribus obscurior. Long. 8”®, Dat. 3,6°7. Alt. 297, Obs. Haec species a Spherillone Vitiensi Dana (Expl. Exp. Orust. 721. tb. 47. f.£) forsitan non diversa, quod e desceriptione manca non liquet. Ich erhielt das Thier auf Vawau im Tonga-Archipel. Die Farbe war braun, vom vierten Ringe an zeigte sich zu beiden Seiten der Mittel- linien auf jedem Segmente ein gelber Fleck. II. Fam. SEROLIDEA. Serohs Leach. Trotz der in neuerer Zeit nachgewiesenen Vorkommnisse von Serohs- Arten in den Gewässern Brasiliens bis 10° S. B. und Californiens bei San Diego in 33° N.B., mufs doch als Hauptverbreitungsgebiet der Arten dieser Gattung die magelhaenische Region mit Kerguelen bezeichnet wer- den. Dem entsprechend wurden auch in diesem Gebiete während der Reise der Gazelle sechs Arten dieser interessanten Gattung erlangt, wovon sich eine als neu für die Wissenschaft erwies. Die Serolis leben mit Vorliebe auf Sandgrund, in den sie sich mit ihren flachen Körper bis auf die Schwanzplatte einbohren. Ihre Nahrung scheint hauptsächlich aus den in dem feinen Sande vertheilten organischen Stoffen, Diatomeen und organischem Detritus zu bestehen. Ihre Locomotion geschieht weniger durch Schwimmen, als durch ruckweise Bewegungen auf dem Sandgrunde, wobei die weitabstehenden Fülse als Stützpunkt benutzt werden. Die beiden Geschlechter zeigen im ausgebildeten Zustande eine ziemliche Gröfsendifferenz. Das Männchen ist immer gröfser als das Weib- chen. Die Begattung findet so statt, dafs das Männchen mit der Klaue des zweiten Beinpaares das Weibchen am Vorderrand des Kopfschildes falst. Häufig durchlöchert dabei die Klaue die dünne Chitinwand. Mit den übrigen Fufspaaren klammert es sich dann an die seitlichen Epime- ren des Weibchens und bringt den Begattungsgriffel am zweiten Adomi- nalfufspaar mit der weiblichen Geschlechtsöffnung in Berührung. Die » Isopoden, gesammelt während der Reise S. M.S. Gazelle etc. 7 Brutplatten entwickeln sich beim Weibchen erst nach der Begattung, beim Männchen treten die Begattungsgriffel und die verlängerten zweiten Greif- beine erst mit der Geschlechtsreife auf. Die Eier sind bei allen darauf untersuchten Arten relativ sehr grofs, leider konnte ich bei keiner die Entwicklung verfolgen. Grube’ (Beitrag zur Kenntnils der Gattung Serolis, Archiw f. Naturg. 41. Jahrg. I. Bd. 1875) sondert die Arten der Gattung in zwei Gruppen. In der ersten sind ein oder zwei der freien Postabdominal- Segmente in Epimeren verlängert, während solche bei den Vertretern der zweiten Gruppe fehlen. Zu der ersten gehören: 5. S. cornuta Studer. (Beiträge zur Kenntn. niederer Thiere von Kerguelensland. Archiv f. Naturg. 1879. pag. 21. Taf. II. Fig. 1—7.) Habitus wie bei Serolis trilobitordes Eights, unterscheidet sich von dieser dadurch, dafs hinter jedem Auge ein stumpfer kegelförmiger Höcker vor- handen ist und das Schwanzschild in der Mittellinie eine Reihe von nur drei bis fünf spitzen Stacheln zeigt. Ich halte dabei nicht für unmöglich, dafs bei einer genauen Vergleichung mit zahlreicheren Exemplaren von Serohs trilobitoides die Art sich mit dieser identisch erweisen werde. Mir stand zur Vergleichung nur die ziemlich mangelhafte Abbildung in Audouin und Milne-Edwards Arch. du Mus. II. pag. 59. pl. 2. fig. 11, die von Eights copirt ist, zur Verfügung. Die Art wurde von mir nach kleineren, noch nicht geschlechtsreifen Exemplaren beschrieben. Nach den in Berlin aufbewahrten Stücken er- reicht das Weibchen eine Gröfse von 42”" Länge und 35"" Breite. Die Brutplatten sind wohl entwickelt und decken sich mit ihren Innenrändern in der Medianlinie. Die erste rechte deckt den Innenrand der linken, die zweite linke den Innenrand der ersten rechten, die zweite linke wird wieder von der zweiten rechten bedeckt, die vierte rechte bedeckt den Innenrand der vierten linken. Der durch die dünnen Blätter gebildete Brutraum enthält grofse, rosenroth gefärbte Eier von ovaler Gestalt. Ihre Länge beträgt 2"", die Breite 1,6"”. In meiner oben angeführten Beschreibung gab ich auf der Mittel- linie des Schwanzschildes drei nach hinten gerichtete Stacheln an, das grolse Exemplar hat nach vorn zunächst einen grofsen Stachel, nach einem 8 STUDER: Zwischenraum folgen auf dem Kiel fünf immer mehr an Gröfse abneh- mende Stacheln bis zum Endstachel. Bei den Crozet-Inseln in 120 Faden Tiefe, B. 47° 55’ 2" S., L. 66° 41'2" O0. West von Kerguelensland in 60 Faden. 6. 8. Schythei Lütken. Naturhist. Foren. Vidensk. Meddelelser 1858. pag. 58. Tab. IA. Fig. 12 u. 13. Grube, Beitr. zur Kenntn. der Gattung Serolis. Arch. f. Naturg. 41. Jahrg. I. Bd. pag. 220. Taf. V. Fig. 1. Diese von den genannten Autoren vorzüglich geschilderte und ab- gebildete Art fand sich reichlich an der Küste Patagoniens in 45 und 50 Faden Tiefe vor. Das gröfste erlangte Exemplar, ein Männchen, mifst 30”" in der Länge, das Weibchen 28"”". Beide sind aus 45 Faden Tiefe. Die Exemplare aus 50 Faden sind kleiner, Weibchen mit Eiern im Brut- raum messen 20”". Die Brutplatten decken sich ventral in der Median- linie des Körpers wie bei der vorigen Art und umschliefsen einen Brut- raum, der rosenroth gefärbte Eier enthält. Diese sind kuglig mit einem Durchmesser von 1,5”". Die jüngsten Exemplare, die erlangt wurden, messen 10”". Sie weichen vom ausgebildeten Thier nicht ab, nur sind die Geschlechtsdifferenzen noch nicht ausgeprägt. 7. Serohs septemcarinata Miers. Miers, Ann. Mag. nat. hist. 1875 und Transıt of Venus Exped. Zoology. Crustacea Taf. XI. Fig. 3. S. ovalis Stud. Beitr. zur Kenntn. niederer Thiere von Kerguelens- land. Arch. f. Naturg. 1879. pag. 24. Taf. III. Fig. 8&—10. Diese Art von Miers nach einem auf den Orozet-Inseln gefun- denen Exemplar beschrieben, ist identisch mit der von mir l. ce. angeführ- ten und abgebildeten S. ovalis. Ich fand nur Ein Exemplar, ein Weibehen mit vollkommen entwickelten Brutplatten, welche die Eier bergen, zwischen Florideen in 1 Faden Tiefe in Kerguelensland. Die Art mufs selten sein, da ich trotz wiederholten sorgfältigen Untersuchungen der dortigen Buch- ten mit dem Schleppnetz nicht mehr Stücke erlangen konnte. Zu der zweiten Gruppe mit nicht in Epimeren verlängerten Seg- menten des Postabdomens gehören: 8. 8. Orbignyana Aud. u. Milne-Edwards. Von dieser Art wurden drei Männchen in der Magelhaensstrafse bei Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle ete. 9 Punta Arenas in 1—2 Faden Tiefe erlangt. Das Gröfste ist 33" lang, aber noch nicht vollkommen ausgebildet. Der Begattungsgriffel ist erst halb so lang wie das Schwanzschild und der zweite Greiffufs, mit ausgebilde- ter einschlagbarer Klaue, übertrifft an Gröfse noch nicht die Schreitfüfse. 9. S. latıfrons White. Miers, Catalogue of the Stalk and Sessıle-eyed Orustacea of New- Zealand. London 1876. Taf. III. Fig. 7. Studer, loc. cit. Arch. f. Natur- geschichte 1879 S. 26. Taf. III. Fig. 11—23. Dieses ist die häufigste Serolisart von Kerguelensland, sie wurde bis dahin in allen untersuchten Buchten und Fjorden dieses Landes in grolser Menge angetroffen, von 4—1 Faden Tiefe auf Sandgrund. Sehr eigen- thümlich sind hier die pedes spurii ausgebildet, welche von dem oberen Seitenwinkel des Schwanzschildes entspringen. Sie stellen einen langen, gebogenen Stachel dar, welcher nach aufsen einen kleinen Seitenstachel trägt. Der Stachel wird bei Gefahr aufgerichtet und durch einen besonderen Mechanismus in dieser Stellung im Gelenke festgehalten. Die morpho- logische Bedeutung dieses Gebildes geht aus dem Verhalten des pes spurius bei S. Orbignyana, Schythei und cornuta hervor. Beim Basalgli@l desselben zieht sich die innere untere Ecke in einen spitzen Fortsatz aus, der bei S. Orbignyana sich bis zur Hälfte der Länge der blattartigen Anhänge er- streckt. Bei Serolis convexa (s. Fig. 15) ist dieser Fortsatz sehr lang ge- worden, und nur noch ein blattartiger, dünner seitlicher Anhang übrig, der noch weich und mit Wimpern besetzt ist. Von hier ist nur noch ein kleiner Schritt zu der Bildung von S. /atifrons, wo auch der seitliche An- hang zu einem stachelartigen Gebilde erhärtet ist. Die Serolis latifrons scheint noch weit nach Osten hin verbreitet zu sein, das Exemplar des British Museum, welches von Miers beschrieben wurde, stammt von den Aukland-Inseln, Rendez-vous Cove, südlich von Neu-Seeland. 10. 5. convexa Cunninsham. (Taf. I. Fig. La. b. e. d.) Cunningham, ZRept. Fish. Molluse. Orustac. obtained during the voyage of H. M. 5. Nassau 1865— 69. Linn. Trans. AXVI. pag. 498. Taf. 59. Fig. 3. Von dieser Art wurden einige Exemplare beiPunta Arenas in der Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1883. 1. 2 10 STUDER: Magelhaensstrafse erlangt, welcher Fundort auch Ounningham seinen Typus geliefert hat. Da die citirte Abbildung nicht sehr genau ist, so gebe ich hier eine neue Darstellung dieses Thiers, das sehr nahe mit S. plana d’Orb. verwandt ist. Das Männchen ist 23”" lang und 18"”" breit. Gröfste Breite in der Gegend des ersten und zweiten freien Brustsegmentes. Das erste Greif- fulspaar (Fig. 1c) zeigt ein länglich ovales Handglied, das am Innenrande mit steifen Borsten besetzt ist, das Carpalglied ist vor dem Hinterende eingelenkt, an seinen oberen innern Rand ist es verbreitert und zeigt beim Männchen ein ovales Polster von Haaren, die am Rande des Polsters höher sind, als in der Mitte, 2”". Diese Haare bestehen in einem Schaft, von dem von halber Höhe an kleine Fiedern abgehen (Fig. 1d). Es verhält sich somit dieses Polster ganz wie bei S. Gaudichaudi. Die Nath des Kiemen- deckels verläuft horizontal und theilt denselben in einen oberen kleineren und unteren etwas grölseren spitz zulaufenden Theil. Die Uropoden ent- springen seitlich am oberen Drittheil des länglich ovalen Schwanzschildes und bestehen in einem gebogenen Stachel, der bis an das Ende des Schildes reicht undgin dem hohlkehlenartigen Rande desselben geborgen werden kann. Seitlich nach aufsen entspringt ein beweglicher dünner bewimperter Anhang. Beim Weibchen, das 23”" lang und 18” breit ist, sind die 4 Paare Brutplatten wohl entwickelt und decken sich in der Mittellinie mit ihren Innenrändern. III. Fam. AsSELLINA. Janthe Bovallius. (Dihang tll Svenska Vet. Akad. Handlingar Bd. 6. No. 4.) Diese Gattung wurde von Bovallius für eine nordische Isopode aufgestellt, welche sich von der nächstverwandten Gattung Janıra dadurch unterscheidet, dafs ein dreigliedriger Palpus an den Mandibeln vorhanden ist. Der von Bovallius beschriebene Typus stammt aus der Baffinsbay aus 98 Faden. Die nun zu beschreibende Form zeigt, dafs die Gattung auch antarktische Vertreter hat. 11. J. Bovalli n. sp. (Taf. I. Fig. 2a. b. ce. d.) Die vorliegende neue Art, von der leider nur ein defectes Exem- plar mit abgebrochenen Uropoden gefunden wurde, unterscheidet sich von Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle ete. 17 J. speciosa Bov. durch die geringere Gröfse, den flacheren, nur in der Medianlinie kielartig erhabenen Körper, die stumpfen Höcker, die in der Medianlinie liegen und den abweichend gestalteten Schwanzschild. Der Körper ist länglich oval, in der Gegend des 3. und 4. Seg- mentes am breitesten. Der Kopf ist stark verbreitert, 1,5”" lang, länger als das erste freie Segment, aber etwas schmaler. Er besitzt einen medianen, gleichseitig dreieckigen Stirnschnabel. Die Seitenecken des Kopfes ziehen sich in zwei spitze Fortsätze aus, deren Spitze den Stirnschnabel fast um etwas überragt. Vor den Augen bilden diese noch zwei kleine stumpfe Zähne. Der Scheitel ist convex und durch eine seichte Furche von den Seitentheilen abgegrenzt. Die Augen stehen auf kleinen kegelförmigen Höckern weit von eimander getrennt. Die Brustsegmente sind annähernd gleich lang, das 2., 3. und 4. ungefähr von gleicher Breite, dann successive allmählich an Breite ab- nehmend. Dieselben sind in der Medianlinie erhaben, jedes trägt einen stumpfen Höcker, nach den Seiten flachen sie sich ab und sind an den vorspringenden Rändern tief ausgeschnitten, so dafs sie flache Lappen bilden. Das erste Segment zeigt einen hinteren Lappen, das zweite, dritte und vierte zwei gleich grofse durch den Einschnitt getrennte Lappen, das fünfte einen gröfseren vorderen und einen kleinen hinteren Lappen, beim sechsten und siebenten ist nur noch je ein nach hinten gerichteter Fortsatz entwickelt, mit einem kleineren Zahn am unteren Rand, welcher den hinteren Lappen andeutet. Abdominalsesmente und Schwanzschild bilden zusammen eine ein- fache Platte von breiter schildförmiger Gestalt, die einen stumpfen Kiel zeigt und am hinteren Ende in einen medianen Dorn ausläuft. Durch einen tiefen Ausschnitt, aus dem die Uropoden entspringen, getrennt, stehen rechts und links davon zwei Seitendornen. Die Ränder der Platte tragen feine Zähne. Die inneren Antennen (Fig. 2b), an der Basis des Rostrums an- geheftet, bestehen aus einem dreigliedrigen Schaft, an dem das erste Glied eylindrisch ist, das zweite Glied etwas länger aber dünner, das dritte kurz. Die Geifsel besteht aus acht Gliedern, wovon das zweite sehr verlängert ist, mehr als doppelt so lang als das erste. Die äufseren Fühler zeigen einen fünfgliederigen Schaft, an dem das erste und zweite Glied kurz, die 9% y 12 STUDER: beiden folgenden lang und nach aussen verdickt, das letzte schlank und eylindrisch sind. Das zweite Glied und das vierte zeigen an ihrem distalen Rande einen kräftigen Zahn. Die Geifsel besteht aus 20 kurzen ring- förmigen Gliedern. - Von den Mundtheilen sei die Mandibel hervorgehoben (Fig. 2c), welche zehn kräftige gesägte Borsten trägt und einen aus drei langen Gliedern bestehenden Taster, dessen letztes Glied am Ende mit Haaren besetzt ist. Die Beine der freien Brustringe sind alle ziemlich von gleicher Länge, die drei ersten nach vorn, die vier letzten nach hinten gerichtet. Der sehr kurze Dactylus trägt bei allen eine doppelte Klaue, wovon die äulsere etwas länger als die innere. In Bezug auf die übrigen Verhältnisse stimmt die Art mit J. speciosa überein. Länge des Thieres 10"". Länge des Kopfsegmentes 1,5"". Länge des Schwanzschildes 2””. Gröfste Breite des Thieres 4"”. Gröfste Breite des Schwanzschildes 2,5 "”. Fundort: B. 47° 1’ 6" S., L. 63° 29' 6" W. 63 Faden. V. Fam. IpornEıpar. Sbf. 1. ARCTURINA. Arcturus Latr. 12. A. furcatus Studer. (Taf. I. Fig. 3a. b..c..d..e:) Sitzungsberichte d. Ges. naturf. Freunde in Berlin 1882. pag. 57. Die Art steht Arcturus Baffinv Westw. aus dem Nordmeere am nächsten. Der bei den gröfsten Exemplaren 35—38”" lange, cylindrische Körper ist in der Gegend des vierten Segmentes am dicksten. Die Seg- mente nehmen vom ersten bis zum vierten an Länge zu, so dafs das vierte in jeder Hinsicht am meisten entwickelt ist. Die beiden folgenden Seg- mente sind bedeutend kürzer als die ersten und heften sich an die vor- hergehenden in einem Winkel an, so dafs der Körper in der Gegend zwischen 4. und 5. Segmente winklig geknickt erscheint, wobei der Winkel dorsalwärts geöffnet ist. Die ersten drei Abdominalsesgmente sind getrennt, aber nicht beweglich verbunden, die folgenden mit der Schwanzplatte zu einem länglich ovalen Stück verschmolzen. Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle etc. 13 Der Kopf erscheint breit, sein vorderer Rand seitlich in zwei spitzige Lappen ausgezogen. Die Augen seitlich hervorstehend. Zwischen den Augen stehen zwei hornartige Stacheln, die etwas nach aulsen gebogen sind. Dahinter noch zwei niedere Dornen. Die folgenden Segmente besitzen an dem oberen Seitenrand je einen kegelförmigen, spitzen Stachel, welcher vor dem Hüftgliede der Extremitäten gelegen ist und namentlich an den vier vorderen Segmenten durch eine feine Furche von seiner Basis deutlich abgegrenzt erscheint. Wir dürfen diese wohl als Epimeren betrachten. Von diesen Seitenstacheln an zieht sich nach der Medianlinie jedes Seg- ments eine Reihe kleinerer Dornen, von denen nur zwei, nahe der Me- dianlinie, stärker hervorragen und namentlich bei jüngeren Individuen die Länge der auf dem Scheitel sitzenden Dornen erreichen, die sie gewisser- malsen auf den freien Segmenten wiederholen. Auf den vorderen Seg- menten bis zum vierten liegen noch Querreihen von niederen Dornen vor der erwähnten Reihe. Die Schwanzplatte ist stark gewölbt und trägt zu beiden Seiten der Mittellinie und am Rande je drei Längslinien von nach hinten stehenden Dornen, am Ende der Platte ragen zwei lange spitze divergirende Stacheln gabelförmig nach hinten vor. Diese Beschrei- bung bezieht sich wesentlich auf das männliche Thier und auf jüngere Formen. Das Weibchen (b) zeigt in seinem vorderen Körperabschnitt ver- schiedene Abweichungen. Die vier vorderen Brustsegmente sind mehr der Quere nach verbreitert, und die Zunahme der Grölse vom ersten bis vierten ist viel bedeutender. Die Seitenstacheln sind viel schärfer ent- wickelt und höhere Rückendornen sind nicht vorhanden. Die Körperringe erscheinen von Querreihen gleichmälsig entwickelter Granula überzogen. Die Endgabel der Schwanzplatte ist kürzer. Von den Fühlern übertreffen die äufseren die Länge des Körpers; sie bestehen aus einem viergliederigen Schaft und dreizehngliedriger Geilsel. Das erste Glied ist kurz, mit zwei seitlichen Endzähnen, das zweite cylindrisch, mehr als doppelt so lang als das erste, das dritte doppelt so lang als das zweite, mit einem Zahn am distalen Ende. Das vierte so lang als das dritte. Die Geifsel besteht aus dreizehn Gliedern, die vom ersten an distalwärts an Länge und Breite abnehmen. An der ventralen Seite der Fühler stehen Reihen von kleinen Dörnchen, am 14 STUDER: zweiten und dritten Gliede eine Doppelreihe bildend. Die inneren Fühler reichen bis zur Hälfte der Länge des zweiten Gliedes des äufseren, sie be- stehen aus vier schlanken, eylindrischen Gliedern, von denen das erste dicker und kürzer ist, als das folgende. Die Extremitäten zeigen das ge- wöhnliche Verhalten. Die zwei ersten Glieder der vier vorderen Fufspaare sind auf der Innenseite mit scharfen Dornen versehen. Die Pedes spurii bilden klappenartige Deckel, die thorartig sich in ihrem Gelenk wie um eine Angel nach aufsen bewegen, sie sind wie das Schwanzschild, mit nach hinten geriehteten Dornen besetzt. Die Brut- platten (Fig. d) sind beim Weibchen an den vier vordersten Extremitäten vorhanden und decken sich mit ihren Rändern in der Medianlinie. In der Abbildung sind sie etwas von einander entfernt gezeichnet worden. Das vorderste kleinste Paar deckt mit seinem unteren Rand den oberen Rand des zweiten, bei den folgenden wird immer der Hinterrand von dem Vorderrand des nächstfolgenden bedeckt. Der Brutraum enthielt in grofser Anzahl Junge, die noch auf einem sehr niederen Grade der Entwickelung waren. Die Segementirung des Körpers ist noch wenig ausgesprochen; dagegen sind die Fühler und die sieben ersten Extremitätenpaare schon vollkommen entwickelt, während die folgenden noch gleichartig gebildete Doppellappen darstellen, aus denen weder Deckklappen, noch Kiemen- blätter differenzirt sind. Das Mifsverhältnils zwischen beiden Fühlerpaaren tritt noch nicht so stark hervor, wie bei dem Erwachsenen. Die inneren Fühler sind fast halb so lang wie die äulseren. Das erste Extremitäten- paar ist bereits kürzer als die folgenden, dagegen zeigen die drei nächsten Paare gegenüber den drei letzten noch gar keine Differenz. Länge 35”". Äufsere Antennen 45”". Schwanzschild 8". Die Art fand sich nördlich von Kerguelen in 60 Faden Tiefe. Ferner in dem Grunde der Buchten dieser Insel in 10—30 Faden, so im Winterhafen, im Royal Sound, immer vereinzelt. Es wurden im ganzen 6 Stück erlangt. Am nächsten steht die Art dem A. Coeppingeri Miers aus der Magelhaensstrafse, Trinidad Channel 30 Faden. (Miers zo0log. Collections made during the survey of H. M. S. Alert, Orustacea. Proc. zool. Soc. 1881. Seite 75.) Diese unterscheidet sich aber durch die etwas verschiedene Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle etc. 15 Skulptur des Körpers, die kürzeren inneren Antennen, und die nur Sgliedrige Geilsel der äufseren Fühler. Sbf. 2. IDOTHEINA. Arcturides Studer. Studer, Sıtzungsb. naturf. Freunde. Berlin, April 1882. pag. 57. Körper linear, cylindrisch, die durch tiefe Einschnürungen von einander getrennten Segmente mit kurzen, kegelförmigen Epimeren. Der Kopf auf dem ersten Brustringe nicht beweglich. Die Hinterleibssegmente mit der Schwanzplatte zu einem Stück verwachsen. Äufsere Fühler lang, viergliedrig, mit kurzer Geifsel, nach der Ventralseite beweglich und als Greiforgane funktionirend. Innere Fühler sehr klein, viergliedrig. Das erste Beinpaar viel kürzer als die folgenden, als Beikiefer dienend, die folgenden drei nach innen einschlagbare Greifbeine, die mit einer schwach gebogenen Kralle endigen. Die folgenden drei Paare etwas länger, nach hinten gerichtet, wahre Schreitbeine. Die Pedes spurii bilden klappen- artige Deckel über den Kiemenfülsen. 13. A. cornutus Studer loe. cit. (Fig. 4a. b. c. d. e.) Körperlänge 20””. Äufsere Antennen 15””. Die Körpersegmente eylindrisch glatt, das Kopfsegment nur unvollkommen vom ersten Thoracal- segment getrennt, mit zwei aufrechtstehenden, etwas vorwärts gekrümmten Stacheln. Die folgenden Segmente nehmen bis zum vierten an Gröfse zu; die darauf folgenden kürzer. Die Schwanzplatte schmal, stark gewölbt vor dem nach unten hohl- kehlenartigen Ende eingeschnürt. Die Beine am Innenrande mit steifen Borsten besetzt. Diese Art vereinigt in eigenthümlicher Weise die Arcturinen mit den J/dotheinen. Namentlich ist die Beschaffenheit der Antennen und die Differenzirung des Körpers in zwei Abschnitte, wovon der vordere mit Greiforganen, der hintere vom fünften Brustsegment an mit Schreitbeinen versehen ist, ganz wie bei Arcturus. Der Kopf ist nur durch eine Ringfurche vom ersten freien Brust- segmente gesondert und nicht beweglich; sein Stirnrand tief eingebuchtet, läuft seitlich in zwei vorspringende Spitzen aus. Die Augen stehen seit- lich, zwischen ihnen erhebt sich der Scheitel, um in zwei nach vorn ge- 16 STUDER: bogene hornartige Stacheln auszulaufen. Die folgenden Segmente sind eylindrisch und durch tiefe Furchen von einander getrennt, am schärfsten das vierte vom fünften Segment, doch findet hier keine Knickung statt, wie bei Arcturus. Das vierte Segment ist das grölste, von da an nehmen dieselben an Gröfse immer mehr ab. Epimeren sind als seitliche über dem Hüftgliede der Beinpaare stehende, kleine kegelförmige Höcker erst vom zweiten freien Segmente an ausgebildet, am deutlichsten an den drei letzten. Die Abdominalsegmente bilden mit der Schwanzplatte ein länglich ovales Schild, das stark convex ist und sich vor seinem Endtheil einschnürt. Die vollkommene Verschmelzung der Hinterleibsringe hat die Art mit den Vertretern der Gattung Erichsonia Dana gemeinsam. Die äufseren Fühler stellen wahre Greiforgane dar, sie schlagen sich nach der Ventralseite ein und sind an der Unterseite mit zwei Reihen von steifen Borsten versehen. Das Endglied der dreigliedrigen Geifsel ist klauenartig, das erste Glied des Schaftes ist kurz und dick, das zweite eylindrisch schlank, das dritte doppelt so lang als das zweite, das vierte wenig länger als das dritte. Die viergliedrigen inneren Fühler reichen nur bis ein Drittheil der Länge des zweiten Gliedes der äufseren Fühler. Von den Beinpaaren ist das erste kurz, ein Drittheil kürzer als das zweite, und bildet nur eine Art Beikiefer. Sein Carpus ist relativ breit, wie die übrigen Glieder mit steifen kurzen Haaren an der Innenseite be- setzt. Das zweite, dritte und vierte heften sich an den vorderen Ventral- rand der Segmente und sind nach vorn gerichtet, schlagen sich als Greif- füfse nach innen ein. Sie sind kurz, an der Innenseite mit kurzen steifen Borsten versehen und tragen eine wenig gekrümmte Klaue. Die drei hinteren Beinpaare sind länger, entspringen vom hinteren Theil des Seg- mentes und sind mehr nach hinten gerichtet, tragen aber auch, wie die vorderen Gliedmalsen, steife Borsten am Innenrande der Glieder. Ihnen kommt mehr die locomotorische Funktion zu. Die am nächsten verwandte Gattung ist Üleantıs Dana, Sbg. von Erichsonia, aber bei dieser ist der Kopf frei auf dem ersten Leibesring be- weglich und besteht das Flagellum der äufseren Fühler nur aus einem Stück. Länge 20”". Grösste Breite 3”". Äufsere Antennen 15”". Schwanz- platte 5", Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle etc. 17 Fundort: L. 64°. 51" 7" O., B: 47° 18' 5"-S. 115 Faden. Ein Exemplar. Idothea Fab. 1]. Miersü n. sp. (Fig. 5a. b.) Körper länglich oval, vom ersten bis dritten Brustsegment an Breite zunehmend, von da an sich allmählich nach hinten verschmälernd. Die Hinterleibsringe vollkommen zu einer Schwanzplatte verwachsen, die einen stark gewölbten, schildförmigen Caudalschild darstellt, der am Ende seicht ausgeschnitten ist. Die Epimeren treten namentlich vom zweiten bis fünften freien Segmente als stumpfe deutlich abgegrenzte Knoten vor. Die Segmente sind dorsal mit höckerartig vorspringenden Schuppen bedeckt, die an den Seiten am meisten hervortreten und sich nach dem Rücken allmählich abflachen, bis sie in der Medianlinie fast ver- schwinden. Die äufseren Antennen sind lang, viergliederig mit kurzer zweigliedriger Geilsel, nach der Ventralseite beweglich, an der Unterseite mit langen Haarborsten versehen. Das erste Glied ist kurz, das zweite, dritte und vierte lang eylindrisch, doppelt so lang als das erste, alle von annähernd gleicher Länge. Die Geilsel besteht aus zwei Gliedern, wovon das letzte klauenförmig; alle sind an der Innenseite mit steifen Haaren besetzt. Die inneren Antennen sind viergliedrig und reichen nur bis zum Anfang des zweiten Gliedes der Äufseren.. Die Beine sind kurz, das erste Paar kürzer, als die folgenden, auch hier sind die vier vorderen nach vorn, die drei hinteren nach hinten gerichtet, am Ende mit schwach ge- krümmten Klauen versehen. Beim Weibchen sind das erste bis vierte Fufspaar mit blattförmigen Brutplatten versehen. Länge 9”". Schwanzschild 2”". Äufsere Fühler 6”". Fundort: B. 47° 1'6" S., L. 63° 29 6" W. Ostküste Südamerikas. 63 Faden. Fam. SPHAEROMIDAE. Sphaeroma Latr. 15. Sph. gigas Leach. Sehr häufig an allen Küsten von Kerguelensland, an Macrocystis und unter Steinen. Christmas harsour, Foundery branch, Betsy Cove, Royal Sound ete. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1883. 1. 3 18 STUDER: Ursprünglich war die Art von den Falklandsinseln und Cap Horn “ bekannt. Das Berliner Museum besitzt sie noch von den Auklandsinseln, südlich von Neu-Seeland. 16. Sph. lanceolatum White. Fand sich häufig in der Magelhaensstralse, so in den Baien von Desolation Island, in Tuesday-harbour und in Port Angosto, ferner bei Punta Arenas. Miers betrachtet diese Art als Varietät von Sph. gigas, sie scheint sich von dieser aber durch schlankeren Körper und die Form des Schwanz- schildes zu unterscheiden. 17. Sph. tristıs Heller. Urustaceen der Novara-Expedition pag. 142. Taf. XL. Fig. 12. Das vorliegende Exemplar stimmt gut mit der Beschreibung und Abbildung Hellers, nur finden sich bei meinem Exemplar auf den Tu- berkeln, namentlich am Schwanzschild, steife Haare vor, deren Vorhanden- sein Heller nicht erwähnt. Die Art fand sich bei Salwatti in der Galevostrafse. Heller’s Exemplare stammen von den Nikobaren. Uymodocea Leach. 18. ©. Darwin Cunningh. (Fig. 6a. b.) Cunningh. Report on the Reptiles, Fishes etc. of the Nassau Voyage. Trans. Lin. Soc. Vol. XXVIH. 1871. pag. 59. Fig. 1a. b. Die Abbildung, welche Cunningham von dieser Art giebt, läfst die Art unschwer erkennen, ich hielt es aber bei der etwas rohen Aus- führung derselben nicht fürüberflüssig, hier eine genauer hergestellte zu geben. Der Körper erscheint gestreckt mit annähernd parallelen Seiten. Der Kopf sehr breit, stark nach vorn gewölbt, der Stirnrand schnabel- artig verlängert, zwischen die Basis der Antennen tretend. Die Augen stehen auf kleinen Höckern. Von den Körpersegmenten ist das erste am gröfsten, doppelt so lang, als die sechs folgenden, die ziemlich gleiche Länge haben. Auf die sieben Segmente folgen zwei zu Einem verschmolzene Hinterleibssegmente, deren Mitte stark aufgetrieben ist. Der darauf folgende Schwanzschild Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle etc. 19 erscheint stark gewölbt und nach unten umgebogen mit einem mittleren vorspringenden Höcker, an der Spitze mit einem Ausschnitt. Die inneren Antennen sind kurz und erreichen nicht den Rand des Kopfschildes. Der Schaft ist dreigliedrig mit breitem Basalglied, das an Sphaeroma erinnnert. Die äufseren Antennen mit viergliedrigem Schaft und langer Geifsel. Die Uropoden haben einen kurzen Aufsenast, kaum halb so lang, wie der innere, der blattförmig ist. Die ganze Oberseite zeigt schwachgrubige Vertiefungen, die Ober- haut ist sehr fest und kalkig. Ganze Länge 9"". Grölste Breite 6". Schwanzschild 4””. Breite seiner Basis 6". Die Art fand sich in B. 47° 1’ 6" S. und L. 63° 29' 6" W. in 63 Faden. Cunningham erhielt sie in Ost-Feuerland. Dynamene Leach. 19. D. Eatoni Miers. Ann. Mag. Nat. Hıist. 1875. XVI. 73. Häufig in den Buchten von Kerguelensland an Macrocystis. Cassıdına M. Edw. 20. ©. emarginata Guer-Menev. Guer. Menev. Icon. Regne Animal. Cunningham loe. cit. Die Art fand sich nicht selten in der Magelhaensstrafse zwischen Algen; so in der Tuesday Bay, Port Angosto, bei Punta Arenas. Guerin-Meneville citirt sie von den Falklandsinseln und der Westküste Patagoniens. Cunningham von der Magelhaensstrafse, Miers von Kerguelensland, Royal Sound und Swainsbay. Diese Art zeigt erhebliche sexuelle Unterschiede. Das Männchen ist gröfser als das Weibchen, breiter und flacher. Das Weibchen ist viel schmaler und stärker gewölbt. Jüngere Exemplare haben mehr die weib- liche Form. Diese letzteren scheinen, wie Miers zuerst gezeigt hat (Transit of Venus Expedit. Zoology, Urustacea) identisch mit der von Dana (United. States exploring exped. Urustacea) beschriebenen (. latıstylis. Männchen: Länge 32”", Breite 21””. Weibchen: Länge 27", Breite 10“. 3% 230 STUDER: 21. ©. maculata n. sp. (Fig. 7a. b.) Körper Sphaeroma-ähnlich, stark gewölbt und platt. Der Kopf kurz und stark verbreitert mit weit von einander entfernten, auf niederen Höckern sitzenden Augen. Der Stirnschnabel kurz und stumpf. Die Leibessegmente vom ersten bis siebenten ziemlich gleich breit, mit seitlich zahnartig vorspringenden Epimeren, drei freie kurze Hinter- leibssegmente. Schwanzschild dreieckig, sich rasch zuspitzend. Die äufseren Fühler reichen bis zum Hinterrand des ersten Brust- segmentes, mit viergliedrigem Schaft und zwölfgliedriger Geifsel. Die inneren Fühler um ein Drittheil kürzer, das Basalglied nicht sehr breit, die Geilsel elfgliedrig. Die Beine sind schwach behaart, unter der End- klaue entspringt noch eine kleine Nebenklaue. Die Uropoden überragen den Schwanzschild nicht. Die Innen- lamelle reicht bis nahe an die Spitze desselben, ist lanzettförmig spitz mit convexem Aulsenrand und concavem Innenrand. Die Aulsenlamelle klein, oval, hat nur ein Drittheil der Länge der Aufsenlamelle. Länge 11”". Breite 6,5"". Schwanzschild 4”". Farbe schwarzbraun mit weifslichen Flecken zu beiden Seiten der Mittellinie. Die Art unterscheidet sich von Ü. emarginata durch die Form des Schwanzschildes, die Schmalheit des inneren Astes der Uropoden und die Länge der Fühler. Betsy Cove, Kerguelensland zwischen Florideen. Nesaea White. 22. N. Latreilü Leach. Zwei Exemplare, Männchen und Weibchen von Pariti auf Timor, und aus der Meermaidsstrafse, beide Male in geringer Tiefe auf Sandgrund. Sie stimmen gut mit der von Desmarest gegebenen Beschreibung und mit einem Exemplar der Berliner Sammlung, das aus dem rothen Meer aus einer Tiefe von 30 Faden stammt. Nur sind die vorliegenden Exem- plare länger 20”". Beim Männchen ist auf dem vorletzten Segmente in der Median- linie ein Stachel entwickelt, der beim Weibchen auf einen kurzen, stumpfen Höcker reducirt ist. Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. 5. Gazelle etc. 21 Beim Einrollen des Körpers werden die Segmente durch einen eigenen Mechanismus in ihrer Lage fixirt. Jedes Segment besteht aus einem dorsalen erhabenen Halbring, der mit platten Schuppen und Här- chen besetzt ist und bei ausgestrecktem Körper allein sichtbar ist, nach vorn setzt er sich in eine breite, platte Gelenkfläche fort, auf welcher sich der davor gelegene Ring der Länge nach verschieben kann. Diese Fläche ist in der Längsachse stark gewölbt, die Convexität in der Mitte am stärksten. Beim Zusammenrollen des Körpers wird der nach vorn gelegene Ring über diese gewölbte Fläche geschoben und bleibt jen- seits der höchsten Firste fixirt, bis diese durch Abplattung des Körpers deprimirt wird, so dafs der Ring sich darüber wieder zurückschieben kann. Fam. AE6IDaE. 1. Sbf. CIROLANINA. Oirolana Leach. 23. Ü. longicornis Studer. Ürustaceen von Westafrika. Abhandl. d. K. Akad. d. W. 1883. Tafelbay, Cap der g. H. 50 Faden. 24. CO. laevis n. sp. (Fig. 8a. b.) Langgestreckt, länglich oval, die gröfste Breite in der Gegend des vierten und fünften Segmentes, stark gewölbt mit glatter Oberfläche. Die Segmente sind von ziemlich gleicher Gröfse mit spitzen nach hinten gerich- teten Epimeren, die vom 5.—7. sind am längsten. Kopf verbreitert, frei, die länglichen Augen nehmen den Seitenrand ein. Der Schwanzschild dreieckig, mit stumpfer Spitze, am Ende mit feinen Haaren besetzt. Die äufseren Antennen reichen bis zum Hinterrande des zweiten Brustsegmentes und haben einen fünfgliedrigen Schaft mit vierzehn- gliedriger Geilsel. Die inneren Fühler mit dreigliedrigem Schaft, dessen Ende bis zum ersten Drittheil des fünften Gliedes der äufseren Antenne reicht. Die Spitze der Geifsel reicht bis nahe an den Rand des ersten Brustsegmentes. Beine nur mit spärlichen, vereinzelten Haaren. Die Uro- poden reichen über die Spitze des Schwanzschildes, ihre beiden Äste sind von gleicher Länge, beide lanzettförmig, der äufsere schmaler, als der innere. Ihr Rand ist mit Cilien besetzt. 19} 15} STUDER: Länge 10”". Gröfste Breite 5””. Schwanzschild 2”". Breite seiner Basıs 3”. Die Art weicht von der ihr am nächsten stehenden ©. Rossi Miers hauptsächlich durch die Form der Fühler ab. Östlich von Queensland aus 90 Faden Tiefe. 2. Sbf. AEcına. Rocinela Leach. 25. R. Deshayesiana Ouv. Stimmt in allen Charakteren mit der Mittelmeerform. Fundort: B. 15° 40' N., 23° 5’ 8" W. 38 Faden. Fam. CYMOTHOIDAE. OUymothoa Fabr. 0. recta Dana. (Explor. exped. Urustacea.) Die Charaktere stimmen gut mit den von Dana angegebenen, nur erscheint das Thier etwas kürzer und breiter, als in der Abbilsung und der Schwanzschild mehr abgerundet, als viereckig. Fand sich an der Zunge von Balıstes brasihiensis angeheftet in Neu- Britannien. Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle etc. 23 Anhang. Isopoda chelifera Sars. G. H. Sars, Revision af Gruppen Isopoda chelifera. Archiv for Mathematik og Naturvidenskab. 7. Ba. 1. Heft. 1882. Christiania. I. Fam. APrsSEUDIDAE Sars. Apseudes Leach. 27. A. spectabihs n. sp. (Fig. 9a. b. c.d. e. f. g.) Körper verlängert, von vorn nach hinten allmählich an Breite ab- nehmend. Kopfabschnitt grofs und breit, flach, auf der Oberseite deut- lich gefeldert. Die Stirn bildet einen schwach nach unten gerichteten Schnabel mit einem Mittel- und zwei stumpfen Seitenzähnen. Er besitzt eine mediane Furche, welche sich bis auf die Scheitelmitte zieht. Augen fehlen. Die folgenden freien Segmente nehmen vom ersten bis sechsten an Länge und Breite allmählich ab, sie bestehen aus einem recht- winkligen Mittelstück und seitlichen breit ovalen lappenartigen Epi- meren, von denen jede einen vor dem Hüftglied des Beines gelegenen spitzen, nach vorn gerichteten Dorn trägt. Die Hinterleibssegmente sind kurz, seitlich verbreitert, die Epimeren schmale, nach aulsen und hinten gerichtete Fortsätze, die keine Haare tragen. Die Schwanzplatte ist lang und schmal, länglich viereckig und ab- gerundet. Die äufseren Antennen (d) bestehen aus einem langen cylin- ‘ drischen Basalstück, dessen Basis von einer spitzen Schuppe überragt wird, das zweite Glied ein Drittheil der Länge des ersten, das dritte halb so lang und breit als das zweite. Von den beiden vielgliedrigen Geilseln ist die innere viel kürzer als die äufsere und doppelt gefiedert. Die inneren Antennen reichen bis zur Hälfte der Länge des Fla- sellums der äufseren, das erste Glied ist stark und kurz, das verlängerte zweite trägt an seinem Ende eine längliche ovale Schuppe, die mit langen 24 STUDER: Cilien umgeben ist. Die Mandibeln sind schlank, am verjüngten und ein- gekrümmten Ende mit hornartigen Zähnen versehen. Vor der Spitze geht nach innen ein schlanker Fortsatz ab, der eine einfache verhornte Schneide hat. Der Taster ist kurz, dreigliedrig, das letzte Glied mit einem Büschel von längeren Haaren. Das erste Beinpaar (Chelipeden) kräftig, länger, als die folgenden. Es trägt am Oberarm nach innen zwei spitze gekrümmte Zähne. Die Hand länger als der Carpus, dick, der unbewegliche Finger mit einem Zahn auf der Schneide. Das zweite Fulspaar so lang wie die folgenden mit stark verbreitertem und gezähntem Tarsus. Die Abdominalfüfse mit zwei gleich entwickelten länglich gestreckten Ästen, die mit langen Borsten versehen sind. Die Uropoden lang und schlank, mit zwei gegliederten Borsten versehen, von denen die innere über die Hälfte der Körperlänge erreicht. Körperlänge 14”". Kopfstück 4"". Abdomen 3"". Schwanzplatte 2”", Breite des Kopfstückes 4””. In Bezug auf die Körpergröfse stimmt diese Form mit Apseudes spinosus Sars aus dem Nordmeere, weicht aber schon durch die Be- schaffenheit ihres glatten Hinterleibes ab. Ap. Latreillx unterscheidet sich durch Form der Scheere und der Schwanzplatte. Fundort: Kerguelensland. Im Grunde der Buchten auf Schlamm. Farbe hell weifslich. II. Fam. TAnAIDAE Sars. Tanaıs Edw. 28. T. Willemoesü n. sp. (Fig. 10a. b. c. d. e. f.) Körper schlank und schmächtig, mit glatter Oberfläche, die Körper- ringe sehr ungleich. Vom Kopfstück bis zum dritten freien Ringe all- mählich verschmälert, dann wieder etwas breiter werdend mit parallelen Seiten, um erst in der Gegend’ des vierten Hinterleibsringes sich bis zum Ende des Schwanzschildes zu verjüngen. Die Brustsegmente sind nament- lich in der mittleren Leibesregion sehr scharf von einander gesondert. Das Kopfstück hat die gröfste Breite, es entbehrt der Augen voll- ständig uud besteht aus einem mittleren grubigen Abschnitt, der sich Isopoden, gesammelt während der Reise S. M. S. Gazelle ete. 25 zwischen den Fühlern ventralwärts wenig verlängert und zwei blasig auf- getriebenen Seitentheilen, welche die Seiten des Kopfes bilden. Das nächste freie Segment, welches das erste Schreitfulspaar trägt, ist unge- mein verkürzt, darauf folgen zwei Segmente, das vordere etwas breiter, als das hintere, stark verbreitert und kurz mit niederen Seitenhöckern, welche über den Hüftgliedern der Beine liegen und den Epimeren ent- sprechen. Die drei letzten freien Brustringe sind mehr verlängert, nehmen vom vierten, der am längsten ist, bis zum sechsten allmählich an Länge ab. Sie setzen sich nach den Seiten in etwas nach hinten gerichtete Fort- sätze fort, die den Epimeren entsprechen. Von den Abdominalsesmenten sind die drei ersten wohl entwickelt und beweglich, während die drei hinteren sehr gekürzt erscheinen und an Breite gegenüber den drei vor- deren zurückstehen. Die Schwanzplatte ist kurz, am Ende abgerundet. Beide Antennenpaare sind von annähernd gleicher Länge, nur die inneren bedeutend schlanker als die äufseren. Die Aufsenantennen, deren Basis nach aufsen eine kleine Schuppe zeigt, sind dreigliedrig, das erste Glied am längsten, die beiden nächsten verkürzt, das Endglied trägt ein Büschel von haarartigen Borsten. Die inneren Antennen sind fünfgliedrig, das Basalglied ziemlich lang, darauf das zweite verkürzt, das dritte und vierte verlängert, das fünfte kurz mit einem Bürstenbündel. Die Mandibeln sind kräftig mit verhornter stark gebräunter Spitze. Die Gnathopoden blattförmig mit langem, viergliedrigem Taster. Scheerenfülse lang, die Hand schmal mit schlanken, erst an der Spitze sich berührenden Fingern. Das zweite Fulspaar ist schlank, nicht länger als die folgenden Fufspaare, mit wenig gekrümmter Klaue. Die Abdominalfülse tragen einen inneren schmal lanzettförmigen, und einen äufseren nach unten verbreiterten grölseren Ast, beide mit langen Haaren besetzt. Die Uropoden stellen lange fadenförmige Anhänge dar, mit einem einfachen cylindrischen Basaltheill und einem achtgliedrigen Geilsel- faden. Ein Weibchen trug zwei kuglige Eiersäcke, welche innerhalb der Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1883. 1. 4 ID 6 STUDER: Hüftglieder der Beine, zwischen dem vierten und fünften Beinpaare an der Ventralseite ansalsen. Ganze Länge 16”". Länge des Kopfstückes 3""”. Breite desselben 4"”, Freie Brustringe 9"". Gröfste Breite 4””. Abdomen 4””. Fühler 4", Uropoden 5"", Fand sich im Nord-Westen Kerguelens in 120 Faden Tiefe. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 5. Fig. 6. Isopoden, gesammelt wahrend der Reise S. M. S. Gazelle ete. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. Serolis convera Cunningh. a. Von oben in natürlicher Gröfse. b. Von unten „ ” ” c. Greiffufs des Männchens. d. Haar aus dem Polster am Carpus des männlichen Greiffulses. Janthe Bovalli n. sp. a. Ganzes Thier von oben, 3,5 mal vergrölsert. b. Antennen. ec, Mandibel. d. Schreitbein. Arcturus furcatus Stud. a. Männchen von oben. b. Weibchen von oben. c. Männchen von der Seite. 27 d. Unterseite der vier ersten Brustsegmente des Weibehens mit Brutplatten. e. Jugendstadium aus dem Brutraum. Arcturides cornutus Stud. a. Von oben. b. Von unten, c. Von der Seite. d. Zweiter Fuls. e. Äulsere Antenne von unten. Idothea Miersü n. sp. — a. Von oben. b. Von der Seite. Tafel I. Oymodocea Darwinü Cunningh. a. Von oben. b. Kopf von vorn. 4* 28 STtuDer: Isopoden, gesammelt während der Reise 5. M. S. Gazelle ete. Fig. 7. Cassidina maculata n. sp. a. Von oben. b. Kopf von vorn. Fig. 3. Cirolana laevis n. sp. a. Von oben. b. Antennen. Fig. 9. Apseudes spectabilis n. sp. . Von oben. Von der Seite. Ende der Schwanzplatte mit den Uropoden. . Antennen. Greifhand. Erstes Schreitbein. 9. Abdominalfufs. Fig. 10. Tanais Willemoesi n. sp. RESTE EN a. Von oben. b. Weibehen von unten mit Eiersäcken. c. Antennen. d. Greifhand. e. Thoracalbein. J. Abdominalfuls. Taf.l. Phys. Abh.nieht zur Akad.gehör. Gelehrter. 1883. C.FSchmidtn.d Nat. gexu [777 Phys. Abh.nicht zur Akad.gehör. Gelehrter. 1883. Taf.ll. CF! Schmidt n.d.Nat.gex.u.Lth, RN 28 Is ur NAT, 4 Kup‘ Agilardiella radiata, eine neue Tetractinellidenform mit radıärem Bau. Von WILLIAM MARSHALL, Privatdocent in Leipzig. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1883. I. 1 Vorgelegt in der Sitzung der phys.-math. Classe am 29. November 1883. ars dem auf der Gazellen-Expedition gesammelten Spongien- material, das mir auf Veranlassung des Herrn Professor Studer in Bern von der Direction des Berliner Königlichen Museums zur Bearbeitung gütigst anvertraut wurde, finde ich in drei fast ganz gleichen Exemplaren eine neue Tetractinellide, die einen auffällig regelmäfsigen radiären Bau hat und eine eingehendere Beschreibung zu verdienen scheint. Die vorliegenden, in Aleohol conservirten Exemplare sind finger- förmige, sich nach oben in verschiedenem Grade aber immer schwach verjüngende Kegel mit abgerundeter Spitze, sanft gebogen; das grölste Individuum mifst (Krümmung mitgemessen) 5,5°" in der Länge bei einem Durchmesser von 1,5”. Am untern Ende, das bei allen Exemplaren ab- gebrochen zu sein scheint, ragt ein centraler Büschel feiner Längsnadeln ‚hervor. Wahrscheinlich haben die Schwämme locker im Sandboden ge- steckt, denn ihre Oberfläche ist mit Sandpartikelchen, Muschelfragmenten und anderem Detritus bedeckt, die in der oberen Hälfte der Quantität und Qualität nach nur gering vertreten sind, im unteren Theile aber zahlreicher und ansehnlicher werden, ja das letzte Drittel förmlich ineru- striren, wobei Steinstückchen von mehr als 5”" Durchmesser nicht fehlen. Auf der. Oberfläche aller Exemplare, unmittelbar unter der abgerundeten Spitze beginnend, verlaufen abwechselnd niedrige Längswülste und seichte Längsfurchen und zwar nicht gerade, sondern schräg etwas mehr als einen halben Spiralumlauf bildend. Die Breite dieser alternirenden Erhöhungen 1* 4 MARSHALL: und Vertiefungen ist, je nachdem sie der Spitze oder dem Wurzelende der Spongie näher liegen, verschieden, nach letzterem zu breiter und zwar die Furchen bis 2,5”"”; die Wülste erscheinen etwas schmäler, aber da beide, Wülste und Furchen nach und nach in einander übergehen, lassen sich bestimmte Maafse von ihnen nicht angeben. Die Wälle und Thäler sind je in der Achtzahl vorhanden und bilden beide keine Anastomosen, wohl aber ereignet es sich gelegentlich einmal, dafs ein Längswulst sich auf eine kurze Strecke theilt, um aber bald sich wieder zu vereinigen, so dafs nur accidentell die Achtzahl der Furchen und Wülste verändert wird. Auf der Oberfläche der Wülste ragen von Strecke zu Strecke (circa 0,5 bis 1"" weit auseinander) die Spitzen von Nadeln resp. von Nadelbündeln heraus. Bei einem Querschnitte durch den Schwamm fällt sofort auf, dafs sein Inneres keine mehr oder weniger solide, nur von dem Gastrovaseular- system durchsetzte Masse bildet, dafs es vielmehr der Länge nach von einem System Röhren durchzogen ist; von diesen Röhren, neun an der Zahl, liegt eine runde central, die übrigen acht sind in regelmäfsigen Ab- ständen von einander peripherisch um diese herumgruppirt. Die mittlere Röhre ist die engste; die peripherischen haben eine schwankende Gestalt und Gröfse, meist stellen sie auf dem Querschnitte gleichschenklige an den Enden abgerundete Dreiecke dar, deren Scheitelwinkel centripetal liegt. Nur da, wo eine eben erwähnte Auseinanderweichung der Längswülste vorkommt, verläuft unter der so zu Stande gekommenen s. z. s. secun- dären Längsfurche auf einer kurzen Strecke eine überzählige neunte Längs- röhre. Am obern Ende des Schwammes sind alle Längsröhren, auch die centrale, geschlossen, unten aber offen, jedoch ist es, wie hervorgehoben, nicht unwahrscheinlich, dafs der Wurzeltheil beschädigt ist. Die Scheide- wände zwischen den peripherischen Röhren sind von Öffnungen, die bis 0,5”" Durchmesser und verschiedene, meist runde Gestalten haben können, unregelmälsig durchsetzt, so dals zwischen dem Inhalt der peripherischen Längsröhren eine fortwährende Communication stattfinden kann. Die Oberfläche des Schwammes sowie die Wandungen sämmtlicher neun Röhren zeigen sich dem Auge als aus einer homogenen, festen Masse bestehend, die beim Eintrocknen ein weilses, kreidiges Ansehen gewinnt. Bei Anwendung des Mikroscops erkennt man, dafs die Hauptmasse der j Agdardiella radiata, eine neue Tetractinelhidenform mit radıdrem Bau. 5 Rinde aus kleinen, 0,007—0,01”" im Durchmesser habenden Kieselstern- chen mit sehr kurzen, gedrungenen Strahlen in verschiedener Zahl, ge- bildet wird,- die so nahe an einander liegen, dafs Zwischensubstanz kaum wahrzunehmen ist. Die Auskleidung der peripherischen Röhren hängt nach aufsen mit der allgemeinen Rindenschicht des Schwammes conti- nuirlich zusammen, die der mittleren nur oben am Scheitel. Die ganze, zwischen den Röhren und ihren aus Kieselsternen gebildeten Hüllen ge- legene Körpermasse des Schwammes ist auffallend arm an weicher orga- nischer Substanz und besteht fast ganz aus Kieselnadeln, die merkwürdig angeordnet sind. Im innersten Theil der Spongie, um den centralen Hohlraum und seinen Mantel herum liegen nicht sehr zahlreiche spitz-spitze Einaxer von ansehnlicher Länge, — einzelne Exemplare mafsen bis 2,5°", vielleicht aber kommen ihrer von der Länge des ganzen Schwammes vor. Die noch übrigen Nadeln sind Dreistrahler, die immer so liegen, dafs einer ihrer Strahlen und zwar der unpaare zwischen die periphe- rischen Hohlräume eindringt und bisweilen über die Oberfläche des Schwammes hervortritt. So bilden die Dreistrahler die trennende Wand zwischen den peripherischen Hohlräumen, die radiären Septen zwischen den interradiären Röhren oder besser einen Theil derselben, da jene diese nicht in ihrer ganzen Continuität durchsetzen, vielmehr gruppenweise bis zu vierzig Stück, zusammentreten; die Zwischenräume zwischen den Nadelsruppen sind lediglich von der sternstrotzenden Haut, durch die ge- rade an diesen Stelle die Communictionskanäle der peripherischen Röhren hindurchtreten, überspannt. Die beiden anderen Schenkel der Dreistrahler sind nur ausnahms- weise winklig gegen einander gebogen, bilden vielmehr meist eine gerade oder schräg gekrümmte durchgehende Nadelaxe, die immer in dem die centrale Magenröhre umgebende Nadelmantel gelegen ist, aber in ver- schiedener Weise: die Dreistrahler sind nämlich von zweierlei Art, solche deren unpaarer radialer Strahl der längste, wenigstens nie der kürzeste ist und zweitens solche bei denen gerade das Umgekehrte der Fall ist. Die erstern liegen mit allen Strahlen in der Quer- die letztern mit allen Strahlen in den durch das Schwammindividuum gelegten Längsebenen. 6 MARSHALL: Maafse und Formen der Nadeln sind schwankend: es können die Schenkel eine sehr verschiedene Längsentwickelung haben und mit Aus- nahme der stets gestreckten radialen mannigfach gekrümmt und gebogen sein; bei den Längsnadeln können die eine Axe bildenden vereinigten Schenkel zusammen bis 2°” messen. Im obern Theil des Schwammes erscheint der obere centrale Strahl der Längsdreistrahler reducirt, im untern der untere und in der Mitte sind meist beide gleich oder fast gleich entwickelt. Sehr selten finden sich neben den Dreistrahlern noch Vierstrahler, die dann in gewissem Sinne die Eigenschaften der beiden Dreistrahlerarten combiniren: Drei kurze Strahlen, unter ihnen der radıäre, liegen in einer Ebene, ein vierter verlängerter steht senkrecht zu ihnen und verläuft in der Längs- richtung des Schwammes und zwar immer nach dem aboralen Pol zu. Die Dreistrahler sind mit ihren Schenkeln dicht verfilzt und sind nicht leicht zu isoliren, beim Kochen mit Kalilauge zerbrachen fast alle mehr oder weniger: weit bessere Resultate wurden nach Anwendung von unter- chlorigsauerm Kalı (eau de Labaque) oder von unterchlorigsauerm Natron (eau de Javelle), wie es Noll empfohlen hat, erzielt. Über die Verhältnisse des Canalsystems läfst sich nicht viel sagen: die äufsere Rinde ist in den Längsfurchen von sehr zahlreichen, ovalen (Längsdurchmesser in der Wachsthumsrichtung des Schwammes) Öffnungen von höchstens 0,3”" Weite siebartig durchbrochen und sind diese Öff- nungen, die wir einmal als Einströmungsöffnungen zweiter Ordnung be- zeichnen wollen, nicht von besonders differenzirten Gewebselementen, Spindelzellen ete. umgeben; an eingetrockneten Rindenstückehen werden sie deutlich, während sie an feuchten nur ausnahmsweise hie und da wahrnehmbar sind. Sie führen direct auf dem kürzesten Wege in die peripherischen Längsröhren, in deren, dem centralen Theil des Schwammes zunächst liegenden Grunde sich weitere sehr kleine runde Öffnungen (von höchstens 0,01”"" Weite) in geringerer Anzahl finden, die als Ein- strömungsöffnungen erster Ordnung anzusehen sind und in Öanälchen führen, die nur eine kurze Strecke weit verfolgt werden können und sich bald im Gewirre der Längsnadeln verlieren. Von ähnlichen Canälchen ist auch die Wand des innern Längshohlraums durchsetzt. Die ersteren werden als zu- die letzteren als abführende Canäle, der eentrale Hohlraum als Magen aufzufassen sein und dürften die Geifselzellen bei frischen oder genügend Agdlardiella radıata, eine neue Tetractinelidenform mit radiärem Bau. 7 conservirten Exemplaren zwischen oder in der Nähe von den Längsnadeln zu suchen sein. Die weiche organische Substanz des Schwammes tritt gegenüber den Skeletelementen ganz enorm zurück und war das Material nicht der- art behandelt, dafs irgend eine genauere Erkenntnifs des histologischen Baues möglich hätte werden können. Auch nach der Entfernung der Kieselsubstanz mittelst Flufssäure gelang es nicht an den Residuen feinere Structurverhältnisse zu studiren. Erwähnen will ich noch, dass die Untersuchung unseres Schwammes mit erheblicheu Schwierigkeiten verbunden ist. Mit dem Microtom ist ihm nicht beizukommen, es zerreissen in Folge der Nadelverfilzung die Schnitte regelmäfsig und versuchte ich nach langen, vergeblichen Be- mühungen neben der Behandlung mit unterchlorigsauern Natron und Kalı, noch eine andere Methode, die mir bei Untersuchung sehr hartnäckiger Tethyen und anderer Rindenschwämme schon von grolsem Nutzen ge- wesen war. Mit Hämatoxylin gefärbte Stücke wurden mit kochendem Canadabalsam oder Damarharz vollständig durchharzt und dann ganz wie Gesteinstücke geschliffen. Ich kann versichern, dafs man durch diese Me- thode, die ich 1878 von Herrn Dr. Teuscher in Jena bei Corallen, Spon- gien etc. anzuwenden gelernt habe, überraschend schöne Präparate erhält. Schliffe durch in angegebener Art behandelte Tethyen von 3°” und mehr Durchmesser gehören zu den schönsten microscopischen Objecten, die man sehen kann: die zahlreichen, hellstrahlenden Kieselsternchen in der dunkel- violetten Grundsubstanz der Rinde, deren feinsten zelligen und faserigen Elemente zugleich scharf hervorgetreten, gewähren einen ganz überraschen- den Anblick. — Die Diagnose des neuen Schwammes, für den ich den Namen Agllardiella radiata (Asilardus latein. für Eilhard) in Vorschlag bringe, würde folgendermalsen zu lauten haben: monozoische Tetractinellide von radiärem Bau; mit Antimeren nach der Grundzahl 4 (Duplum 8) und centraler Magenhöhle. Radien von unpaaren Schenkeln dreistrahliger Kieselnadeln gebildet, in den Inter- radıen der Länge nach verlaufende Hohlräume mit einer von win- 8 MARSHALL: zıgen Kieselsternchen erfüllten Rinde ausgekleidet und überdeckt; zwei Formen von Dreistrahlern, kleinere in der Quer- und gröfsere in der Längsrichtung des Schwammes gelegen, daneben spitz-spitze der Länge nach arrangirte Einaxer. Vaterland: Nord-Neuseeland, aus einer Tiefe von 45 Faden. Expedition von S. M. Sch. Gazelle, Sammelnummer 695. Legen wir uns die Frage vor, wie kam die auffallende Symmetrie von Agrlardıella radiata zu Stande und was haben namentlich die peri- pherischen Höhlungen, durch die und deren Scheidewände der Schwamm in so hohem Grade an eine Koralle mit ihren perigastrischen Fächern und Septen erinnert, zu bedeuten? so scheint mir die Antwort hierauf nicht schwer zu geben. Ich habe bei einer früheren Gelegenheit!) gezeigt, dafs das Gastro- vascularsystem der Spongien in seiner ersten Anlage unter Umständen mit radıiären Ausbuchtungen des Gastralraums der eben festgesetzten Larve beginnen kann, und hieran anknüpfend möchte ich für unsere Agrlardıella ähnliche Vorgänge in der Jugend annehmen. Während aber die radiäre Anordnung des Canalsystems bei den wenig formbeständigen, polyzoischen Monactinelliden sich bald verlor, ist dies bei der formbeständigen, mono- zoischen Tetractinellide nicht der Fall gewesen. Die Ausbuchtungen des centralen Magenraums haben sich hier zu Canälen entwickelt, die über- einander gelagert die Leibeswand in acht regelmälsigen Reihen durch- brochen haben und zwar in den von mir als „Einströmungsöffnungen erster Ordnung“ bezeichneten Hautporen. Die dreistrahligen Skeletnadeln haben sich dann mit dem unpaaren Strahle den eintretenden Wasserströmungen nach einem bekannten Gesetz (Haeckel, Kalkschwämme I pag. 298) gruppen- weise entgegen arrangirt. Über die hervorragenden Enden der Nadelgruppen wuchs das dermale Sternskelet (Rinde) hinweg, überzog, die Communi- cationscanäle aussparend, die zwischen denselben befindlichen Lücken und verwuchs schliefslich nach aufsen von den interradialen Längsfurchen und blieb von den, für den Haushalt der Spongie unumgänglich nothwendigen Ein- 1) Z. w. Z. B. XXXVI. pag. 230. Agrlardiella radıata, eine neue Tetractinelhdenform mit radıiirem Bau. 9 strömungsöffnungen zweiter Ordnung durchbrochen. Es werden jedenfalls die Innenseiten der acht peripheren Längsröhren ebenso wie die Ober- fläche des ganzen Schwammes von Eetoderm überkleidet gewesen sein, nachweisbar war dasselbe an den untersuchten Exemplaren nicht mehr. Die „peripherischen Fächer“ von Agzlardiella sind also nichts als Subdermal- räume, entstanden durch Verwachsungserscheinungen der Rinde, wie sie ähnlich aber weniger regelmäfsig bei Tethya vorkommen und schon vor Jahren von Lieberkühn !) ganz ähnlich von Spongella beschrieben wurden. Dieser au: gezeichnete Forscher constatirt beim Sülswasserschwamm die Anwesenheit grolser zwischen „Oberhaut und Innenparenchym“ gelegener sackartiger Höhlungen, in die das Wasser von aufsen durch veränderliche Poren (unsere Einströmungsöffnungen zweiter Ordnung) eintritt, um von ihnen durch eine Anzahl kleinerer Poren (unsere Einströmungsöffnungen erster Ordnung) erst in das Canalsystem der Spongie zu gelangen. Diese Verhältnisse gleichen den bei Agulardıella beobachteten sehr, nur dafs hier die Höhlungen der ganzen Länge der Spongie nach sehr regelmälsig ge- lesen sind. Es bliebe jetzt nur noch zu erörtern, ob dieser radıäre symmetrische Bau ein wirklich rein zufälliger ist oder ob ıhm eine im Thier selbst vor- handene tiefere Ursache zu Grunde liest. Einer radiären Symmetrie bei ganzen Spongien oder bei Theilen von ihnen wird in der Litteratur öfter gedacht. In älteren (d. h. vor O. Schmidt’s bahnbrechender Bearbeitung der adriatischen Spongien erschie- nenen) Werken, besonders in solchen über fossile, sind gelegentlich radıäre Spongien abgebildet: so bei Courtillier?), um ein frappantes Beispiel hervorzuheben, eine sehr schöne Lithistide (s. n. Scyphia alata) mit vier kreuzständigen flügelartigen Längs-Verbreiterungen. Im Jahre 1862 be- schrieb ©. Schmidt?) seine Axinella polypoides, bei der namentlich an trockenen Exemplaren die Gruppirung der Ausströmungslöcher sehr be- merkbar ist; „sie befinden sich nämlich in sternförmiger Anordnung gruppenweise in flachen Vertiefungen, indem gemeinlich um ein mittleres 1) A. f. Anal. u. Phys. 1857. pag. 376 ff. 2) Annales d. I. Soc. Linn. de Maine und Loire, Vol. IV. pag. 7. 1361. °) 8. Spongien d. adriat. Meeres pag. 62, 1862. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1885. II. 1837 10 MARSHALL: Loch die andern im Kreise umherliegen, wodurch die Oberfläche das Aus- sehn eines zusammengesetzten Polypenstocks mit weitläufig zerstreuten In- dividuen bekommt.“ Schmidt bildet (l. c. Tab. VI., Fig. 4) ein Exemplar dieses Schwam- mes ab, an dem 12 Gruppen von Ausströmungsöffnungen vollständig sicht- bar sind; bei allen stehn 8 (bei einer einzigen Ausnahme nur 7) schlitz- förmige Löcher um ein rundes centrales. Bei einem grossen, trockenen Exemplare mit mehreren Zweigen, das die Leipziger Sammlung von Schmidt selbst besitzt, sind die Verhältnisse etwas andere: auch hier liegen die Ausströmungsöffnungen in seichten Grübchen gruppenweise zu- sammen, in der Mitte eine centrale stets runde Öffnung, die tief in die Schwammmasse unverzweigt eindringt und um diese herum meist fünf, (sehr selten weniger, bisweilen mehr bis neun) peripherische, die sich bald in 4—9 Canäle auflösen. In den wenigsten Fällen und nur an den dieken Stellen der Äste (Fig. 12a) verlaufen diese „Magenräume“ centri- petal, meist vielmehr tangential an der Oberfläche und senden von hier aus Canäle in die Tiefe. Namentlich in dem dünnen Stieltheile des mir vorliegenden Schwammes verzweigen sich die peripherischen, zusammen- hängenden fünf Magenräume ganz oberflächlich weithin als seichte Halb- röhren (Fig. 125). Es ist wohl möglich, dals das betr. Exemplar stark macerirt ist und dafs dem zu Folge etwaige Decken der Magenräume, die in frischem Zustande vorhanden waren, verloren gegangen sind. Im Jahre 1867 hebt v. Middendorff in seiner sibirischen Reise!) die sternförmige Anordnung der Oscula bei Spongra (Lubomirskia) baica- lensis hervor, die von späteren Beobachtern, 1872 von Grube?) und später von Dybowsky°), bestätigt wird; der letztere erwähnt, die sternförmigen Oseula wären den mit Septen versehenen Kelchöffnungen der Polypen ähnlich. An einem von Pallas selbst herrührenden Originalexemplare hiesiger Sammlung sehe ich, dals das Arrangement der Ausströmungs- öffnungen sich ähnlich wie bei Ax. polypoides O. Sch. verhält; es sind nicht etwa einzelne Oscula, die durch vorspringende Septen ein stern- 1) Vol. IV. pag. 1065. 2) Ber. über d. Thätigkeit der naturw. Sektion d. schles. Gesellsch. f. vaterl. Cult. 1882. pag. 36. 3) Mem. de l’acad. imp. d. sc. de St. Petersb. T. XXVII, No. 6. pag. 11. 1880. Agtlardiella radıata, eine neue Tetractinellidenform mit radıärem Bau. 11 förmiges Ansehen gewinnen, es steht vielmehr um ein centrales Osculum eine schwankende Anzahl peripherischer herum. Harting!) erwähnt im Jahre 1870, dals um die Einströmungs- öffnungen von Poterion herum radıäre Streifen, der optische Ausdruck ein- getrockneten Sarcodefalten vorkämen und bemerkt hierzu: „peut-etre MM. Haeckel et Miklucho-Maclay verront-ils dans ces plis rayonnants une confirmation de leurs idees sur les affınites des &eponges avec les polypes. Quand & moi, je ne crois pas que ces plis puissent &tre compares & aucune partie du corps d’un polype, soit aux bras, soit aux plis m£- senteriaux. Ü’est une simple analogie de form, rien de plus.“ Interessant ist es, wie Haeckel die radiäre Symmetrie der Spon- sien beurtheilt. In seiner generellen Morphologie?) stellt er Spongulla ge- radezu als den „realen Typus“ der Anaxonien, der axenlosen Lebewesen hin, aber in den „Kalkschwämmen“ kommt er öfters auf einen radıären Bau der Schwämme zu sprechen. Er führt zunächst (B. I, pag. 114) aus, dafs bei den Spongien die Magenhöhle zugleich dasjenige morphologisch und physiologisch wichtigste Organ sei, um welches sich alle übrigen Körpertheile, wie um ein Öentralorgan gruppiren. So sei (pag. 115) bei den Syeonen der schlauchförmige Körper der einzelnen Schwammpersonen in völlig regelmälsiger Weise aus einer grossen Anzahl von gleich weiten, konischen oder eylindrischen Schläuchen dergestalt zusammengestellt, dafs die centrale Haupthöhle oder Magenhöhle allenthalben von einem Kranze von regulären Radial-Canälen umgeben zu sein scheine. Man könne da- her diese radialen Kalkschwämme ebenso gut „Strahlthier“ nennen, wie etwa die Korallen?) nur habe diese Bezeichnung überhaupt keine streng- wissenschaftliche Bedeutung, weil „strahlige Formen“ durch die verschie- densten Ursachen entstanden sein und daher die verschiedenste morpho- logische Bedeutung haben könnten. Aus der Ontogenie der Spongien gehe unzweifelhaft hervor, dafs jede einzelne Spongien-Person eigentlich ein Stock t) Natuurk. Verhandl. provine. Utrecht. Genootschap. Vol. II. 1870 pag. 11. ®2) B.I. pag. 648. 3) Unsere Agilardiella würde sich noch weit besser mit einer Tubipore als mit einer Koralle vergleichen lassen. Die Ähnlichkeit zwischen beiden ist eine ganz über- raschende. Man vergleiche z. B. die Querschnitte durch Tubipora Hemprichii bei v. Koch in der „Anatomie der Orgelkoralle.“ Jena 1374. Taf. I. Fig. 2—7. 12 MARSHALL: von vielen Ascon-Personen sei, welche durch eine sehr regelmäfsige, stro- biloide Gemmulation auf der Oberfläche einer einzigen ursprünglichen Ascon-Person entstanden und gewöhnlich mehr oder weniger verwachsen seien. Nun scheine es zwar (pag. 129) als ob bei den Syconen durch die radiäre Struktur der Magenwand, welche eben in Folge strobiloider Knospung entstanden sei, eine höhere Grundform angedeutet wäre; indessen käme es doch nieht zur Ausbildung constanter Kreuzaxen, welche erlaubten, die Spongien den eigentlichen „Strahlthieren“ (Radiata im Sinne Curvier’s) sleichzusetzen und demgemäls auf die Grundform der Kreuzaxigen (Stau- raxonia) zu reduciren. Haeckel sieht sich daher (pag. 118) „bis auf Weiteres“ veranlafst, dıe Personen aller Schwämme für monaxon und in- articular anzusehen, bei denen weder wirkliche Antimeren, noch wirkliche Metameren zum Ausdrucke kamen. Auf der Seite vorher wird dieser Ansicht viel bestimmter Ausdruck verliehen mit den Worten: „wenn also nunmehr festgestellt ist, dals wirkliche Antimeren und Metameren bei den Kalkschwämmen überhaupt nicht vorkommen“ ete. Man sieht aus den eitirten Stellen, dafs Haeckel einen bei Spon- sien gelegentlich vorkommenden radiären Typus durchaus nicht übersehen hat, aber derselbe scheint ihm etwas unbequem zu sein, er weils offenbar nicht so recht, was er damit anfangen soll und ist zu vorsichtig, aus dem- selben, so nahe es auch liegt, für die Bestätigung der Leuckart’schen Theorie von der Coelenteraten-Natur der Spongien Capital zu schlagen. Eine sehr interessante radıäre Tetractinellide von Rio de Janeiro be- schrieb dann im Jahre 1879 Selenka!) unter den Namen Tetilla radiata. Bei diesem Kieselschwamm führt ein endständiges Osculum in einen trichterförmigen Hohlraum, von welchem zunächst vier kurze und weite Kanäle entspringen, deren jeder sich wieder gabelt. Der nahe liegende Gedanke in dieser Spongie aber den Übergang zu den Cnidarien sehen zu wollen, wäre nach Selenka gewils falsch; denn einmal erstreckt sich die radıäre Symmetrie lediglich auf die erwähnten Längscanäle, ohne dafs die Geilselkammern oder die peripherisch gelagerten Theile des Schwamm- körpers im Mitleidenschaft gezogen würden, dann aber sei die Ausbildung der Radiärkanäle wohl nur durch die Ausbildung eines Wurzelschopfes 1) Z.s. w. Z. B.XXXIIl. pag. 469. Agılardıella radiata, eine neue Tetractinellidenform mit radıdrem Bau. 13 hervorgerufen und bedingt und noch wenig consolidirt. Es stellt dem- nach diese Form, nach unserem Verfasser, wahrscheinlich eines der End- glieder in der Reihe der Kieselschwämme dar, bei welchem die Radiär- symmetrie sich neu herangebildet hat und zu einer gewissen Öonstanz ge- langt ist. Auch Selenka stimmt mithin mit Haeckel in dem Punkte überein, dafs ein bei Spongien gelegentlich auftretender radıärer Bau neben- sächlich sei, jedenfalls für die Zugehörigkeit dieser Geschöpfe zu den Üoe- lenteraten nichts beweise, vielmehr auf eine Neuanpassung sui generis hinauslaufe. Bedauerlich ist es, dafs unser grölster Spongiologe F. E. Schulze seine Ansichten über diese Verhältnisse nicht dargethan hat: ich erinnere mich wenigstens nicht, dafs er auf der Naturforscherversammlung in Eisenach, als er zwei radıäre Monactinelliden demonstrirte, hierauf zu sprechen gekommen wäre, er constatirte einfach die Thatsache und ent- hielt sich aller weitern Speeulationen!). Aus dieser Zusammenstellung ersehen wir, dals radiäre Symmetrie alle möglichen Theile betreffen kann: die allgemeine Körperform bei Sey- phia alata und bei der einen Schulze’schen Monactinellide?), die Mund- öffnungen bei Azxınella polypordes und den Lubomirskien (aber kaum bei Polystomella Lacazı), die Einströmungsöffnungen bei Poterion, die Magen- räume bei Tetlla radiata und bei der zweiten Schulze’schen Monacti- nellide, das Canalsystem wenigsten in der Anlage bei derLarve von Reniera, — dafs aber diese radıäre Symmetrie nirgends so schön zum Ausdruck kommt, als bei Agulardiella radıata, wo Einströmungsöffnungen, Skeletbau, Subdermalräume und Leibesform dem radiären Typus folgen und zwar höchstwahrscheinlich in gegenseitiger Correlation, wobei das Arrangement des Canalsystems die den Ausschlag gebenden Momente gebildet haben wird. Ich halte aber dieses Arrangement durchaus nicht für zufällig, glaube vielmehr, dafs gerade in ihm der Hauptbeweis der Verwandtschaft der Spongien mit und der Zugehörigkeit zu den radiären Coelenteraten liest; dafs die radiäre Symmetrie bei Spongien so selten und nur Ausnahme ist, die gelegentlich als Rückschlag auftritt, mag darin seinen Grund haben, dals die Spongien auf einer sehr frühen Stufe von den übrigen Üoelen- 1) Bericht im Zool. Anz. 1882, pag. 532. aD l.ic. 14 MARSHALL: teraten sich abzweigten, auf einer Stufe als diese Symmetrie, die doch wohl aus der bilateralen hervorging, von den gemeinsamen Ahnen noch nicht lange erworben und denselben noch nicht vollkommen in succum et sanguinem übergangen war; dafs sie bei den Schwämmen sich nicht weiter entwickelte, dürfte wohl seinen Grund in den Veränderungen des coelen- terischen Apparates und in der so überaus hoch ausgebildeten Sessilität haben. Ich halte mithin das gelegentliche Auftreten radiärsymmetrischer Formen bei Spongien für durchaus nicht zufällig und durch Neuanpassung erworben, sondern für einen tief in der Spongiennatur begründeten Rück- schlag auf einen, den Schwämmen und den übrigen Coelenteraten zu- kommenden, radiärsymmetrischen Ahnen. Agıdlardiella radiata, eine neue Tetractinelhdenform mit radiärem Bau. 15 Erklärung der Tafel. Durchgehende Bezeichnungen: R. Radien. 1. R. Interradien. @. Magenraum. z. ©. zuführende R a.C. abführende } Pas, R. S. Radialsepten. Te. Interradialcavitäten. Eo. Einströmungsöffnungen 2ter Ordnung. ©. C. Communicationscanäle zwischen den Interradialcavitäten (durch die Radialsepten hindurch). L.N. Längsnadeln. TEN Mo, „ aus dem obern DINZm, 5 » „ mittleren ? Theil des Schwammes. MEINE: = 27, ‚uatern @. N. Quernadeln. Fig. 1. Agilardiella radiata, Exemplar in natürlicher Gröfse. » 2. Spitze desselben 2mal vergrölsert. » 3. Dieselbe durch einen Längsschnitt halbirt. }. „» 4. Querschnitt. 2. » 9. Längsschnitt. 3° (etwas schematisirt!). »„ 6. Querschnitt. 3%. „» 7. Schematischer Querschnitt. » 8. Oberfläche der Interradien mit den Einströmungsöffnungen 2ter Ordnung. ®. „ 9 Skeletnadeln. %. „ 10. Skeletnadel von sehr seltener Form, die als Längs- und Quernadel zugleich fun- girt. ®. „ 11. Sternchen (Fleischnadeln). 23. „ 12. Axinella polypoides O. S. zwei Ausströmungsöffnungen, a. aus einem dickeren, b. einem dünneren Asttheile +. u Y Dans an hl j ’ A KA I “ “ ill ah IMMER, yargauı t ne Ja: si 1 Di TAN in Ei he) MPN an ya am) EPSON N pm oa E98 SUP PPYF Og.0p wbunpwygp A a je a ae Amt et ga u “ di. x f \ w Da # T- “ N % * Br Pa ö Ps u us Nr AR AN" PR AR he A A Ve AL A he ha DE HE MI 9 h Y Verena“ En Feen Hin 9, 14 An a A nee KERN RR ARD RN GER SHARE RER IR EN RR SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIES SR ten er Rn Keane Ko TER he PIO IOD PAAR AR RE RFÄRE RAT een he R irren \ ee ee min) " RER DEREN LICH EN HEN RN RAN ; r N A ö Et / ’ TE Perenen ji r vr ANER Para nn Hnnipıs '® Alrıs were + neun »r ERLNERG » , N , » N AAN ARTEN AENEEN . , A en, AA RN ’ N > vr he NT ee ee ne ’ DC i En een ein ar ie erh Ü Bi NR lern A AR “ NS Furt f * ERENDungenen ONWHAAR her ver, ade up A h vn ’ Ertinieen Rn dreh ee iR), R 1 ET Re HA RE DB ER VER IRRR ERG BINNEN " n IN a > fi . 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