M eh H BE BERKER, u “ . RR OR UN) BR N RaNENn EN [RENT AN deu DER} Ü i iR Eh hi RO NE in UNO h Ua Ar R Busen EL ui 1 0 ON \ i N Hin DEREN NEE N! leur ae ANEICHRINZ 1% ANNE “ DR ENDE HOT: Ri IE IRORRS, RR ARRION? KIT? DRRTERIEAN ER ET) N ne KESHENE EN 1) u ICHUn BE TEN BENIRHRR “ W x EN MANN ER} h # x u % r NN) Bir ö , I HALLE ER f Dr % “ u ver hr .\ AR ey a I { aan jr aA Dix KR RER EN \ Kap ‘ Om KRTREN A IE, hate \ Busen I Ei FEINE HH } s } r Por 7 \ ft h \ HR Ta Ailrarscn En reg A ot en URN re? % h ! an Mt RR Ri 2 ur Ku u PER MR Ge A Pan 1 1 Ho N DEN) MANN A) Kann DR (2 \M NN une N BR. RN . DEN FR 38 De. E Je N B fd To Ba VE k HA A HM ER a nr ' BR “ R, Bun A s It, Dan un): 3 F m N “a SR A Ri hie ei N o Beh & ur a 5 En 1% Yin ur f De N N hi Ei ww 2 MN N 0) iR i ap v N nl vn f y IN N v Wi Bay N Ih, MEN sur 7) von | Bi u FH rg u i he u IV OR 2 a 20 ” i Kae KR . 3 "N I u SE N a EU Ann TG AM ir Men va iR a ih ii a Nee 1% DRIN EERRARNDEH Il BEN u a Ru Kr j BR hi ur u \ R er ‚M a . 8 Ba 5 # i 17 ar Bus Un N u Be ‚u Di 1 Sun hate IM A [ ü ABHANDLUNGEN DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. 1903. DREVARTVaN: | EL VaHnzLEFTaNd HIN = AATH HdR AIRECR 3 SIMaR FE HEEE = < Ta Kar ABHANDLUNGEN DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. AUS DEM JAHRE 1903. MIT 5 TAFELN. BERLIN 1903. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Inhalt. Öffentliche Sitzungen . . : a SE yir vrT Verzeichnils der im Jahre 1903 er Abnasdlangen Re Ier. S. 1m —xvın. Bericht über den Erfolg der Preisausschreibung für 1903 und neue Preisausschreibung . . . . . S. xyını—xxr. Verzeichnifs der im Jahre 1903 erfolgten blkonderen Geaherligungen aus akademischen Mitteln zur Ausführung wissenschaftlicher Un- ternehmungen . . . - N: b . . S.XXI-XXV. Verzeichnils der im Jahre 1903 Erschierienen im Auftrags oder mit Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen NVerkeme ee 5 S.xxvoxxie. Veränderungen im Personalstande der Akddenien im Tanks des Jahres CHEN 5 0 08 S. XxxIıx— xxx. Verzeichnils der Mitglieder Ei SEN am ee en a 1903 S. XXXI—XXXVIM. WALDEYER: Gedächtnilsrede auf Rudolf Virchow. . . : 2... Ged.Red. I. 1-52. Pıscuer: Gedächtnifsrede auf Albrecht Weber. . . 2 2 2 2.0» "I. ie Abhandlungen. Physikalisch-mathematische Classe. Physikalische Abhandlungen. Scuurze, F.E.: Caulophacus arcticus (Armauer Hansen) und Calyco- soma gracile F. E. Sch. nov. spec. (Mit 2 Tafeln) .- TREE: ‚Abh. IL a Re Mathematische Abhandlungen. ,.,. Auwers: Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog von 1309 darin beobachteten Sternen für das Aequinoc- [EILUINBETIEI2 a Eee. EADh TS: 80. Philosophisch-historische Classe. Burpacn: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhoch- deutschen Schriftsprache und des deutschen Humanismus. . . Abh.1. S. 1-62. Vi Anhang. Abhandlungen nicht zur Akademie gehöriger Gelehrter. Physikalische Abhandlungen. H. Grönroos: Die Museculi biceps brachii und latissimo -condyloideus bei der Affengattung Hylobates im Vergleich mit den entsprechen- den Gebilden der Anthropoiden und des Menschen. (Mit 3 Tafeln) Abh. I. S.1-102. H. Kayser: Die Bogenspeetren von Yttrium und Ytterbium . . . Abh.Il. S. 1-18. Philosophische und historische Abhandlungen. W. Frıevenssurg: Das Königlich Preulsische Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten Jahren seines Bestehens 1388— 1901 Abh. I. S.1-154. H. Gerzer: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. . . . . Abh.II. S. 1-102. Jahr 1909. Öffentliche Sitzungen. Sitzung am 29. Januar zur Feier des Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers und Königs und des Jahrestages König Friedrich’s I. Der an diesem Tage vorsitzende Secretar Hr. Vahlen eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache, ın der er den königlichen Beruf und wie die beiden Könige, denen die Feier galt, denselben auf- gefalst haben, zum Gegenstand eimer kurzen Betrachtung machte. Darauf wurden die Jahresberichte erstattet: über die »Samm- lung der griechischen Inschriften«e — über die »Sammlung der lateinischen Inschriften« — über die » Aristoteles- Commentare« — über die »Prosopographie der römischen Kaiserzeit« — über die »Politische Correspondenz Friedrich’s des Grofsen« — über die »Griechischen Münzwerke« — über die »Acta Borussica« — über den »Thesaurus linguae latinae« — über die » Ausgabe der Werke von Weierstrals« — über die »Kant-Ausgabe« — über die »Aus- gabe des Ibn Saad« —- über das »Wörterbuch der aegyptischen Sprache« — über den »Index rei militaris imperii Romani« — über die »Ausgabe des Codex Theodosianus« — über die »Ge- schichte des Fixsternhimmels« — über das »Thierreich« — über das »Pflanzenreich« — über die »Ausgabe der Werke Wilhelm von Humboldt’s« — über die »Humboldt-«, die »Savigny-«, die »Bopp-« und die »Hermann und Elise geb. Heckmann Wentzel«-Stiftung. In dem Bericht über die zuletzt genannte Stiftung waren als Bestand- theile enthalten die Berichte über die »Ausgabe der griechischen Kirchenväter« und über das »Wörterbuch der deutschen Rechts- sprache«, sowie ein vorläufiger Bericht über eine im Sommer 1902 VIII ausgeführte Forschungsreise im westlichen Kleinasien von Prof. Dr. A. Philippson. Zum Schlufs berichtete der Vorsitzende über die seit dem letzten Friedrichs-Tage (23. Januar 1902) in dem Personalstande der Aka- demie eingetretenen Veränderungen. Sitzung am 2. Juli zur Feier des Leibnizischen Jahrestages. Hr. Waldeyer, als vorsitzender Secretar, eröffnete die Sitzung mit einer Ansprache, in der er darauf hinwies, dals die Akademie in kurzem die Stätte, an welcher die Sitzung gehalten wurde, da sie dem Abbruch geweiht sei, verlassen müsse und erst nach einem längern Provisorium dahim zurückkehren werde, womit er einen kurzen Rückblick auf die 150 Jahre verband, dıe die Aka- demie m dem Gebäude Unter den Linden durchlebt hat. Darauf hielten die seit dem letzten Leibniz-Tage (3. Juli 1902) neu eingetretenen Mitglieder HH. Pischel, Schottky und Roethe, von denen der physikalisch-mathematischen Ülasse Hr. Schottky, der philosophisch -historischen Classe die HH. Pischel und Roethe angehören, ihre Antrittsreden, die von den beständigen Secretaren HH. Diels, Auwers und Vahlen beantwortet wurden. Das be- reits im Januar 1902 neu eingetretene Mitglied der philosophisch- historischen Ulasse Hr. Zimmer war auch in diesem Jahre durch Krankheit verhindert, der Sitzung beizuwohnen und seine Antritts- rede zu halten. Ferner wurden Gedächtnifsreden auf zwei der m den letzten Jahren verstorbenen Mitglieder der Akademie gehalten, von Hrn. Pischel auf Albrecht Weber und von Hrn. Waldeyer auf Rudolf‘ Virchow. Schlieislich verkündete der Vorsitzende das Ergebnils der Be- werbung um den Preis des Miloszewski’schen Legates und einen Beschlufs der philosophisch-historischen Classe betreffend die Eduard Gerhard -Stiftung. Verzeichnils der im Jahre 1903 gelesenen Abhandlungen. Physik und Chemie. van't Hoff und Dr. G. Just, der hydraulische oder sogenannte Estrichgips. (Cl. 8.Jan.; S. B. 26. Febr.) Hartmann, Prof. J., und Dr. G. Eberhard, über das Auftreten von Funkenlinien in Bogenspectren. Vorgelegt von Vogel. (Cl. 22. Jan.; S..B.) Hartmann, Prof. J.. über einen neuen Zusammenhang zwischen Bogen- und Funkenspectren. Vorgelegt von Vogel. (Cl. 26. Febr.; S.B.) Holborn, Prof. L.. und Prof. L. Austin, die Zerstäubung elektrisch geglühter Platinmetalle in verschiedenen Gasen. Vorgelegt von Kohlrausch. (Cl. 26. Febr.: S. B.) Hagen, Prof. E., und Prof. H. Rubens, über Beziehungen zwischen dem Reflexionsvermögen der Metalle und ihrem elektrischen Leitvermögen. Vorgelegt von Kohlrausch. (G.S.5.März; S. B.) Planck, über die optischen Eigenschaften der Metalle für lange Wellen. (G.S. 5. März; S. B.) van’t Hoff und Dr. H. Barschall, Untersuchungen über die Bil- dungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XAX. (Cl. 26. März: S. B.) Fischer. Synthese von Derivaten der Polypeptide. (G.S. 2. April; Ss. B.) Hagen, Prof. E., und Prof. H.Rubens, das Emissionsvermögen der Metalle für lange Wellen. Vorgelegt von v. Bezold. (G.S. 2. April; S. B.) Cohn, Prof. E., Metalloptik und Maxwell’sche Theorie. Vorgelegt von Warburg. (Cl. 16. April; S. B. 30. April.) x Planck, zur elektromagnetischen Theorie der selecetiven Absorption in isotropen Nichtleitern. (Cl. 30. April; S. B.) van’t Hoff und Dr. G. Just, Untersuchungen über die Bildungs- verhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXXI (Cl. 30. April; S.B.) Kohlrausch, über die Entwickelung der elektrischen Malseinheiten. (G.S. 7. Mai.) Jaeger, Prof. W., über die m der Darstellung und Festhaltung des elektrischen Widerstandsmalses erreichbare Genauigkeit. Vor- gelegt von Kohlrausch. (G.S. 7.Mai; S. B.) Gray, A.W., über Ozonisirung durch stille elektrische Entladungen in dem Siemens’schen Ozonapparat. Vorgelegt von Warburg. (Cl. 14. Mai; S.B. 11. Nov.) Planck, Metalloptik und Maxwell’sche Theorie. (Cl. 14. Mai; S. B.) Kutscher, Dr. F., und G. Ziekgraf, die Bildung von Guanidin bei Oxydation von Leim mit Permanganaten. Vorgelegt von Engelmann. (G.S. 28. Mai; S. B.) van’t Hoff und Prof. W. Meyerhoffer, Untersuchungen über die Bildungsverhältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXX. (Cl. 11. Juni; S. B. 25. Juni.) Kayser, Prof. H., die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium. Vorgelegt von Warburg. (Cl. 11. Juni; Abh.) Runge, Prof. C., und Prof. J. Precht, über die Wärmeabgabe des Radiums. Vorgelegt von Planck. (G.S. 23. Juli; S. 5.) von Hefner-Alteneck, über die unmittelbare Beeinflussung von Pendelschwingungen durch äulsere Kräfte. (Cl. 30. Juli; S..B.) van’t Hoff, und F. Farup, Untersuchungen über die Bildungsver- hältnisse der oceanischen Salzablagerungen. XXX. (Cl. 11. Nov.; SD.) Warburg, über die Ozonisirung des Sauerstoffs durch stille elek- trische Entladungen. (Cl. 11.Nov.; S.B.) XI Landolt, über die fraglichen Änderungen der Gesammtmasse che- misch sich umsetzender Körper. (G.S. 3. Dec.) Richarz, Prof. F., und Dr. R.Schenck, über Analogien zwischen Radioactivität und dem Verhalten des Ozons. Vorgelegt von van’'t Hoff. (Cl. 10.Dec.; S.B.) Geiger, A., künstliche Darstellung des Krugits. Vorgelegt von van’t Hoff. (G.S. 17.Dec.; S. B.) Mineralogie und Geologie. Romberg, Dr. J., geologisch-petrographische Studien in den Ge- bieten von Predazzo und Monzoni. Ill. Vorgelegt von Klein. (Cl. 22. Jan.; S.B.) Klein, die Meteoritensammlung der Königlichen Friedrich-W ilhelms- Universität zu Berlin am 5. Februar 1903. (G.S.5.Febr; S. B.) Salomon, Prof. W., über die Lagerungsform und das Alter des Adamellotonalites. Vorgelegt von Klein. (Cl. 12. März: S. B.) Tornquist, Prof. A., der Gebirgsbau Sardiniens und seine Beziehun- gen zu den jungen circum-mediterranen Faltenzügen. Vor- gelegt von Branco. (Cl. 11.Juni; S. B. 25. Juni.) Branco, die Gries-Breccien des Vorrieses als von Spalten unab- hängige, früheste Stadien embryonaler Vulcanbildung. (Cl. 16. Juli; S. B.) Branco, zur Spaltenfrage der Vulcane. (Cl. 16. Juli; S. 5.) Dannenberg, Prof. A., der Monte Ferru in Sardinien. I. Vorge- legt von Branco. (Cl. 30. Juli; S. B.) Bauer, Prof. M., vorläufiger Bericht über weitere Untersuchungen im niederhessischen Basaltgebiet. Vorgelegt von Klem. (Cl. 29.0Oct.; S.B. 5.Nov.) b* Xı1l Botanik und Zoologie. Schulze, F.E., Caulophacus arcticus (Armauer Hansen) und Caly- cosoma gracie F. E. Sch. nov. spec. (Cl. 8. Jan.: Abh.) Möbius, über gesetzliche Grundlagen der ästhetischen Betrachtung und Beurtheilung der Thiere. (Cl. 12. Febr.) Engler, über die Vegetationsformationen Ostafricas auf Grund einer Reise durch Usambara zum Kilimandscharo und über die landwirthschaftlich-biologische Station in Amanı. (Cl. 26. Febr.) Tobler, Dr. F., über Polymorphismus von Meeresalgen. Vorgelegt von Schwendener. (Cl. 26. März; S. B.) Lohmann, Dr. H., Untersuchungen über die Thier- und Pflanzen- welt sowie über die Bodensedimente des Nordatlantischen Oceans zwischen dem 38. und 50. Grade nördl. Breite. Vor- gelegt von Möbius. (Cl. 30. April: S. B. 14. Mai.) Anatomie und Physiologie. Grönroos, Dr. H., die Musculi biceps brachii und latissimo - condy- loideus bei der Affengattung Alylobates im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen. Vorgelegt von Waldeyer. (G.S. 19. Febr.; Abb.) Hertwig, O., neuere Ergebnisse der Keimblattlehre. (Cl. 16. April.) Engelmann, über den Stannius’schen Versuch. (G.S. 23. Juli.) Munk, über die Folgen des Sensibilitätsverlustes der Extremität für deren Motilität. (Cl. 26. Nov.;S. B.) Fritsch, Prof. Dr. G., die Retinaelemente und die Dreifarbentheonie. (G.S. 3. Dec.; Adh. 1904.) Waldeyer, über den »Processus retromastoideus«, eine besondere Bildung an der Hinterhauptsschuppe. (Cl. 10. Dec.) Krause, Prof. Dr. R., und Dr. S. Klempner, Untersuchungen über den Bau des Centralnervensystems der Affen. Das Nach- hirn vom Orang Utan. (Cl. 10 Dec.; Abk. 1904.) XIII Astronomie, Geographie und Geophysik. Müller, Prof. G.. und Prof. P. Kempf, ein neuer veränderlicher Stern von aulsergewöhnlich kurzer Periode. Vorgelegt von Nocel (G.3.5. Febr. S.D.) Reinke, Prof. J., die Entwickelungsgeschichte der Dünen an der Westküste von Schleswig. Vorgelegt von Engler. (Cl. 26. Febr.; S. B. 5. Mäız.) Vogel, Untersuchungen an Sternspectren. (G.S. 5. März.) Assmann, Prof. R, Beobachtungen am Aöronautischen Obser- vatorıum über Temperatur-Umkehrungen. Vorgelegt von v. Bezold. (Cl. 12. März; S. B.) Helmert, über die Reduction der auf der physischen Erdoberfläche beobachteten Schwerebeschleunigungen auf ein gemeinsames Niveau. Zweite Mittheilung. (G.S. 18. Juni; S. B.) von Richthofen, geomorphologische Studien aus Ostasien. IV. V. (Cl. 25. Juni; S. B. 30. Juli.) von Bezold und Prof. A. Schmidt, Vorschlag zu einer magnetı- schen Vermessung eines ganzen Parallelkreises zur Prüfung der Grundlagen der Gauls’schen Theorie des Erdmagnetis- mus. (Cl. 25. Juni; S.B.) Auwers, vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. (Ül. 11.Nov.; Abh.) Mathematik und Mechanik. Schwarz, Bestimmung aller derjenigen Minimalflächen, welche eine Schaar reeller Curven zweiten Grades enthalten. (Cl. 22.Jan.) Kötter, Prof. F., die Bestimmung des Drucks an gekrümmten Gleitflächen, eine Aufgabe aus der Lehre vom Erddruck. Vorgelegt von Müller-Breslau. (Cl. 26. Febr.; S. B.) XIV Frobenius, über die charakteristischen Einheiten der symmetri- schen Gruppe. (Cl. 26. März; S.B.) Frobenius, über die Primfactoren der Gruppendeterminante. II. (G.S. 2. April; S. B.) Frobenius, Theorie der hypercomplexen Grölsen. I. (Cl. 16. April; S. B. 30. April.) Frobenius, Theorie der hypercomplexen Grölsen. U. (Cl. 11. Juni; S.B.) Venske, Dr. O., zur Theorie derjenigen Raumcurven, bei welchen die erste Krümmung eine gegebene Function der Bogenlänge ist. Vorgelegt von Schwarz. (Cl. 16. Juli; S. B. 22. Oct.) Müller-Breslau, zur Theorie der Windverbände eiserner Brücken. (Cl. 29. Oct.; S.-B.) Schottky, über die Abel’schen Functionen von drei Veränderlichen. 1. s(628: 5>Nov:;#S7B2:) Frobenius, über einen Fundamentalsatz der Gruppentheorie. (G.S. 5.Nov.; S. B.) Schottky, über die Abel’schen Functionen von drei Veränder- lichen. II. (G.S. 19. Nov.; S. B.) Philosophie. Stumpf, über den Willensbegriff. IL. (Cl. 12. März.) Geschichte. Sachau, der erste Chalife Abu Bekr. Eine Charakterstudie. (G.S. 15. Jan.; S.:B.) Friedensburg, Prof. W., das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten Jahren seines Be- stehens 1888— 1901. Vorgelegt von Koser und Lenz. (G.S. 15. Jan.; Abh.) xV Fränkel, Prof. M., Beiträge zur griechischen Epigraphik aus Hand- schriften. Vorgelegt von v. Wilamowitz -Moellendorff. (Cl. 22. Jam, S.D.) Dilthey, über die ersten Jahre der Wirksamkeit von Niebuhr ın Berlin. (Cl. 12. Febr.) Harnack, einige Bemerkungen zum 5. Buch der Kirchengeschichte des Eusebius nach der neuen Ausgabe von Eduard Schwartz. (@lE12. Rebr.;S. 2.) Koser, über den Ausgang der Regierung Friedrich’s des Grofsen. (&>..19-Kebr.) Harnack, Ius ecclesiasticum. Eine Untersuchung über den Ur- sprung des Begriffs. (Cl. 26. Febr.; S. B.) Leipoldt, J., der Hirt des Hermas in saidischer Übersetzung. Vor- gelegt von Harnack. (G.S. 5.März; S. B.) Lenz, über norddeutsche Insurrectionspläne im Jahre 1507. (G.S. 23. April.) Dressel, griechische Münzen aus den neuesten Erwerbungen des Königlichen Cabinets. (Cl. 30. April.) Gelzer, Prof. H., Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. Vor- gelegt von Conze. (Cl. 11. Juni; Abh.) Mommsen, Inschrift aus Baalbek. (Cl. 30. Juli; S. B.) Frhr. von Soden, Prof. H., Bericht über die in der Kubbet m Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente. Vorgelegt von Harnack. (Cl. 30. Juli; S. 5.) Harnack, Forschungen auf dem Gebiete der alten grusinischen und armenischen Litteratur. Referat. (Cl. 30. Juli; S. B.) Diels und Dr. A. Rehm, Parapegmenfragmente aus Milet. (Cl. 11.Nov.; S. B. 14. Jan. 1904.) Hirschfeld, über den Endtermin der Gallischen Statthalterschaft Caesar’s. (Cl. 26. Nov.) Rechts- und Staatswissenschaft. Hirschfeld, die Monumenta des Manilius und das Ius Papirianum. (C1-8.Jan.:2S. D.) Schmoller, über Organe für Einigung und Schiedssprüche in Ar- beitsstreitigkeiten. (Cl. 22.Jan.; S. B.) Lenel, Prof. ©., zwei neue Bruchstücke aus Ulpian’s Disputationen. Vorgelegt von Mommsen. (G.S. 22.0ct.; S. B.) Nachtrag. Vorgelegt von Vahlen. (G.S. 19.Nov.; S. B.) Brunner, über die Klage mit dem todten Mann und mit der todten Hand im deutschen Gerichtsverfahren des Mittelalters. (G.S. 19. Noy.) Schmoller, Classenkämpfe und Classenherrschaft. (G.8. 17. Dee.;S. B.) Allgemeine, deutsche und andere neuere Philologie. Schmidt, die Mummenschanz im zweiten Theile des Faust. (G.S. 19. März.) Burdach, Walther’s Palinodie. (G.S. 28. Mai; S. B.) Burdach, Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhoch- deutschen Schriftsprache und des deutschen Humanismus. (Cl. 11. Juni; Abh.) Burdach, Studien zur deutschen Bildungssprache alter und neuerer Zeit. I. (Cl. 25. Juni.) Roethe, altdeutsche Worte mit kurzer Stamm- und langer Bil- dungssilbe. (Cl. 16. Juli.) Tobler, Bruchstücke altfranzösischer Dichtung aus den in der Kubbet in Damaskus gefundenen Handschriften. (Cl. 29. Oet.; S.B.) Classische Philologie. von Wilamowitz-Moellendorff, drei Schlulsscenen griechischer Dramen. I. II. (Cl. 16. April; S. B.) XVH von Wilamowitz-Moellendorff, drei Schluflsscenen griechischer Dramen. III. (Cl. 14.Mai; S.B.) von Wilamowitz-Moellendorff, über die Herkunft des Apollon. (GERIET uni.) Vahlen, über die Rede des Lysias in Plato’s Phaedrus. (Cl. 30. Juli; SB.) Archaeologie. Kekule von Stradonitz, über ein attisches Relief in den König- lichen Museen. (Cl. 14. Mai.) Conze, über die tektonıschen Formen der attischen Grabmäler im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. (G.S. 22. Oct.) Örientalische Philologie. Pischel und Dr. O. Franke, Kaschgar und die Kharosthi. I. (G.S. 5. Febr.; S. B.) Erman, zur Erklärung des Papyrus Harris. (Cl. 26. März; S.B. 16. April.) Geldner, Prof. K., das achtzehnte Kapitel des Vendidad. Vorge- legt von Pischel. (Cl. 26. März; S. B. 2. April.) Lange, H.O., Prophezeiungen eines aegyptischen Weisen aus dem Papyrus 1,344 in Leiden. Vorgelegt von Erman. (Cl. 14. Mai; S2D5) Pischel, die Inschrift von Paderiya. (G.S. 9. Juli; S. B.) Pischel und Dr.O.Franke, Kaschgar und die Kharosthi. II. (G.S. 9. Juli; S. B.) Hirschberg, Prof. J., über das älteste arabische Lehrbuch der Augenheilkunde. Vorgelegt von Sachau. (Cl. 26. Nov.; S. B.) Sachau, das Berliner Fragment des Müsä Ibn ‘Ukba. (Cl. 10.Dee.; S.B. 25. Febr. 1904.) XVII Bericht über den Erfolg der Preisausschreibung für 1903 und neue Preisausschreibung. Preisaufgabe aus dem von Miloszewski’schen Legat, erneuert für 1906. In der Leibniz-Sitzung des Jahres 1900 hat die Akademie tolgende Preisaufgabe aus dem von Hrn. von Miloszewski gestifte- ten Legat für philosophische Preisfragen gestellt: »Die Entwickelungsgeschichte des Hegel’schen Sy- stems soll mit Benutzung der auf der Königlichen Biblio- thek zu Berlin befindlichen Manuscripte Hegel’s darge- stellt und historisch verständlich gemacht werden. Hier- bei soll insbesondere berücksichtigt werden die Ausbildung seines Pantheismus, seiner dialektischen Methode, der An- ordnung der Kategorien in der Logik und seines Verfahrens, die Gestalten des geschichtlichen Lebens in einen philo- sophischen Zusammenhang zu bringen.« Diese Preisaufgabe hat eine Bearbeitung gefunden. Sie trägt das Motto: wec ridere nec lugere sed intelligere. Zunächst handelt es sich darum, die auf der Berliner Biblio- thek befindlichen Manuscripte chronologisch zu bestimmen, um sie für die Entwickelungsgeschichte benutzbar zu machen. Rosenkranz hat keine Rechenschaft über die Gründe gegeben, auf denen seine Vertheilung der Handschriften an die nach den Aufenthaltsorten von ihm abgegrenzten Lebensabschnitte beruht. Und schon der nächste Bearbeiter des Nachlasses, R. Haym, hat die chronologi- schen Bestimmungen von Rosenkranz an wichtigen Punkten wider- XIX legt. So mufs von denselben bei der erneuten historisch - kriti- schen Arbeit zunächst abgesehen werden: nur dals, da Rosen- kranz vieles in der Berliner Sammlung Fehlende benutzt hat, im Zusammentreffen mit ihm ein günstiges Indicum zu sehen ist. Der Verfasser hat nun die Handschriften, von denen besonders die aus der Berner und Frankfurter Zeit mit ıhren Correcturen, Umarbeitungen und Verweisungen schwer benutzbar sind, mit an- erkennenswerthem Fleilse durchgearbeitet und eine vollständige Darstellung ihres Inhaltes gegeben. Er hat auch an einem sehr wichtigen Punkte die bisherige chronologische Anordnung cornigirt. Die Richtigkeit der neuen Bestimmung erscheint unzweifelhaft, und die Entwickelungsgeschichte des Systems wird aus dieser Bestim- mung erheblichen Nutzen ziehen. Hierauf beschränkt sich in der Hauptsache die Förderung, welche die historisch -kritische Behand- lung der Manuscripte durch diese Arbeit erfahren hat. Tiefer als in diese haben Neigung und Talent des Verfassers ihn in die Ent- wickelungsgeschichte Hegel’s und die philosophische Kritik des Systems geführt. Er versucht das Leben des grolsen Denkers als einen von innen bestimmten und von Stuttgart und Tübingen ab continuirlich verlaufenden Entwickelungsvorgang zu erfassen. Liegt nun auch hierin gegenüber der übertriebenen Werthung des Einflusses anderer Denker auf Hegel ein entschiedenes Verdienst, so wird der Verfasser doch der anderen Seite des Sachverhaltes nicht gerecht; der Zusammenhang des Systems mit der philoso- phischen Bewegung von Kant ab ist von ihm nicht genügend untersucht worden. Dieselbe Einseitigkeit macht sich auch in der philosophischen Kritik des Verfassers geltend. Die Entwickelungs- geschichte selbst ist nicht gleichmälsig durchgeführt; es kann nur gebilligt werden, dals die Darstellung kürzer wird, wo die Be- deutung der Handschriften abnimmt, aber der Zusammenhang selber wird allmählich loser, schon die Darstellung des ersten er- c* ÄX haltenen Systementwurfs reiht zu äufserlich Auszüge aneinander, und wenn ein Hauptverdienst Hegel’s in der Verwerthung des geschichtlichen Standpunktes für die systematischen Einzeldisci- plinen der Geistesphilosophie liegt, so hätte ihre Ausbildung im Zusammenhang mit den früheren Stadien der Entwickelung He- gel’s gründlicher erforscht werden müssen. So kann bei aller An- erkennung des vom Verfasser Geleisteten dieser Arbeit der Preis doch nicht zugesprochen werden. Die Akademie wünscht jedoch, dafs das von ihr gestellte Thema damit nicht verlassen werde, und schreibt daher dieselbe Preisaufgabe von neuem aus. Der ausgesetzte Preis beträgt wiederum Zweitausend Mark. Die Bewerbungsschriften können in deutscher, lateinischer, fran- zösischer, englischer oder italiänischer Sprache abgefafst sein. Schrif- ten, die in störender Weise unleserlich geschrieben sind, können durch Beschlufs der zuständigen Classe von der Bewerbung aus- geschlossen werden. Jede Bewerbungsschrift ist mit emem Spruchwort zu bezeich- nen, und dieses auf einem beizufügenden versiegelten, innerlich den Namen und die Adresse des Verfassers angebenden Zettel äulser- lich zu wiederholen. Schriften, welche den Namen des Verfassers nennen oder deutlich ergeben, werden von der Bewerbung ausge- schlossen. Zurückziehung einer eingelieferten Preisschrift ist nicht gestattet. Die Bewerbungsschriften sind bis zum 31. December 1905 ım Bureau der Akademie, Berlin W.35, Potsdamerstr. 120, einzuliefern. Die Verkündigung des Urtheils erfolgt in der Leibniz-Sitzung des Jahres 1906. Sämmtliche bei der Akademie zum Behuf der Preisbewerbung eingegangene Arbeiten nebst den dazu gehörigen Zetteln werden ein Jahr lang von dem Tage der Urtheilsverkündigung ab von der XXI Akademie für die Verfasser aufbewahrt. Nach Ablauf der bezeich- neten Frist steht es der Akademie frei, die nicht abgeforderten Schriften und Zettel zu vernichten. Verzeichnils der im Jahre 1903 erfolgten besonderen Geldbe- willigungen aus akademischen Mitteln zur Ausführung wissen- schaftlicher Unternehmungen. Es wurden im Laufe des Jahres 1903 bewilligt: 2300 Mark dem Mitgliede der Akademie Hrn. Engler zur Fort- 4000 6000 1200 5000 8000 » führung der Herausgabe des »Pflanzenreich«. dem Mitgliede der Akademie Hın. Diels zur Fortfüh- rung der Arbeiten an einem Katalog der Handschriften der antiken Mediem. dem Mitgliede der Akademie Hrn. Koser zur Fort- führung der Herausgabe der Politischen Correspondenz Friedrich’s des Grolsen. dem Mitgliede der Akademie Hrn. Mommsen zur Fort- führung der Herausgabe des Codex Theodosianus. dem Mitgliede der Akademie Hrn. von Wilamowitz- Moellendorff zur Fortführung der Sammlung der grie- chischen Inschriften. der Deutschen Commission der Akademie, davon 5500 Mark zur Inventarisirung der mittelalterlichen Hand- schriften und zur Edition ungedruckter älterer Texte, 1300 Mark zur Vorbereitung von Ausgaben deutscher Autoren des 18. Jahrhunderts, 1200 Mark zur Förde- rung der Forschungen des Hm. Burdach über die Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache, die XXI 1000 Mark 1500 3000 4000 >00 800 1000 2000 2000 Sprache des jungen Goethe und die Ausbildung der modernen Litteratursprache. zur Förderung des Unternehmens des Thesaurus linguae latinae über den etatsmälsigen Beitrag von 5000 Mark hinaus. zur Bearbeitung der hieroglyphischen Inschriften der griechisch-römischen Epoche für das Wörterbuch der aegyptischen Sprache. dem Mitgliede der Akademie Hm. Landolt zu einer neuen Ausgabe seiner »Physikalisch-chemischen Ta- bellen«. dem Mitgliede der Akademie Hrn. Sch warz zur Herstel- lung eines Catalogs der Litteratur über Minimalflächen. dem Mitgliede der Akademie Hrn. Sachau zur Photo- graphirung einer bisher unbekannten syrischen Hand- schrift des syrisch-römischen Rechtsbuches. Hrn. Prof. Dr. Julius Bernstein in Halle zur Unter- suchung des thermischen Verhaltens des elektrischen Organs der Fische. Hrn. Prof. Dr. Friedrich Dahl in Berlin zur Erforschung der Spinnenfauna Deutschlands. Hrn. Prof. Dr. Arthur Dannenberg in Aachen zum Ab- schlufs seiner geologischen Untersuchung von Vulcan- gebieten auf der Insel Sardinien. Hrn. Privatdocenten Dr. Edwin S. Faust in Strassburg zu Untersuchungen über das Schlangengift. Hrn. Prof. Dr. Gustav Fritsch in Berlin zur Herausgabe eines Atlas mit Darstellungen der hauptsächlichsten Ty- pen der gegenwärtig in Aegypten lebenden Bevölkerung. Hrn. Prof. Dr. Norbert Herz in Wien zur Vollendung eines Sterncatalogs für die Zone —6° bis — 10°. XX1ll 1300 Mark Hrn. Prof. Dr. Franz Keibel in Freiburg i. B. zu einer 500 Ss00 500 2000 » Untersuchung über die Embryologie der Affen und des Menschen. Hrn. Prof. Dr. Gustav Klemm in Darmstadt zu einer geologischen Untersuchung des Tessinthals zwischen Nufenenpals und Bellinzona. Hrn. Prof. Dr. Hugo Kronecker in Bern zu Versuchen über Serum-Transfusion. Hrn. Privatdocenten Dr. Ernst Küster in Halle zu algo- logischen Untersuchungen. Hrn. Prof. Dr. Robert Lauterborn in Heidelberg zu Untersuchungen über die Thier- und Pflanzenwelt des Rheins. Hrn. Prof. Dr. Otto Lehmann im Karlsruhe zur Her- ausgabe eines Werkes über flüssige Krystalle. Hrn. Privatdocenten Dr. Rudolf Magnus in Heidelberg zu Untersuchungen über die Einwirkung von Giften auf glatte Musculatur. Hrn. Dr. Heinrich Poll in Berlin zu Nebennierenstudien an Ringelwürmern und anderen Wirbellosen. HH. Prof. Dr. Karl Runge und Prof. Dr. Julius Precht in Hannover zu Untersuchungen über das Spectrum des Radiums. Hrn. Prof. Dr. Hugo Hermann Schauinsland in Bre- men zur Herausgabe eines Werkes »Beiträge zur Ent- wickelungsgeschichte und Anatomie der Wirbelthiere«. Hrn. Prof. Dr. Julius Scheiner in Potsdam zu Unter- suchungen über die Temperatur der Sonnenphotosphäre. Hrn. Prof. Dr. Adolf Schmidt in Potsdam zur weiteren Herausgabe der von ihm bearbeiteten älteren erdmag- netischen Beobachtungen. XXIV 600 Mark Hrn. Prof. Dr. Friedrich N. Schulz ın Jena zur Unter- u | Bm DR 300 800 1250 1000 470 suchung der Secretionsverhältnisse der Säureschnecken des Golfs von Neapel und zur Beschaffung von Ma- terial für eine vergleichende Physiologie der Thierfarben. Hrn. Dr. John Siegel in Berlin zu einer Reise nach Süd- rulsland behufs Sammlung von Material zum Abschluls seiner Untersuchungen über Haemogregarina stepanovi. Hın. Prof. Dr. Robert Sommer in Gielsen zur Fortfüh- rung seiner Untersuchungen über Ausdrucksbewegungen. Hrn. Dr. Friedrich Tobler in Berlin zu Studien über Einzelwachsthum der Zelle und Veränderung des Ha- bitus am Pflanzenkörper. Hrn. Prof. Dr. Armin Tschermak in Halle zur Fort- setzung seiner Arbeiten über das Binocularsehen der Wirbelthiere. HH. Prof. Dr. Wilhelm Weltner und Dr. Max Samter in Berlin zum Studium der Biologie dreier von ihnen in den norddeutschen Seen aufgefundenen Krebsarten. Hrn. Privatdocenten Dr. Ferdinand von Wolff ın Berlin zum Abschlufs seiner geologisch-petrographi- schen Untersuchung des Bozener Quarzporphyrgebiets. Hın. Prof. Dr. Nathan Zuntz m Berlin zu physiologi- schen Studien im Laboratorium der Capanna Regina Margherita auf dem Monte Rosa. Hrn. Privatdocenten Dr. Hans Glagau in Marburg zu einem Aufenthalte in Paris zwecks Studien zur Ge- schichte Ludwig’s XVI. und über die Entwickelung der Geschichtsschreibung über die französische Revolution. Hrn. Privatdocenten Dr. Josef Horovitz in Berlin zu einer Reise nach London zwecks Vergleichung einer Handschrift für die Ausgabe des Ibn Saad. XV 500 Mark Hın. Oberlehrer Dr. Theodor Kükelhaus in Düssel- 3000 2000 2600 1000 800 1000 » » dorf zur Fortsetzung seiner Studien in Frankreich und Spanien über Richelieu’s Mitarbeiter Faucan. Hın. Bibliothekar Dr. Oskar Mann in Berlin als dritte und letzte Rate für seine Reise nach Vorderasien zum Studium der kurdisch-neupersischen Dialekte. Hrn. Dr. Max Reich in Berlin als Reiseunterstützung zum Zwecke der Fortsetzung seiner Untersuchung der handschriftlich erhaltenen Briefe des Erasmus. Hın. Prof. Dr. Friedrich Schulthels in Göttingen zur Herausgabe eines Lexicon syropalaestinum. Hrn. Prof. Dr. Friedrich Schwally in Gielsen zu einer Örientreise zum Zweck von Koranstudien und Unter- suchung von islamitischen Bauten. Hrn. Prof. Dr. Wilhelm Stieda in Leipzig zur Heraus- gabe des ersten Bandes eines Werkes »Briefe und Handelsbücher eines hansıschen Kaufmanns aus der Zeit von 1395 bis 1441«. Hrn. Prof. Dr. Ferdinand Tönnies in Eutin zur Aus- führung moralstatistischer Untersuchungen. Hrn. Prof. Dr. Ulrich Wilcken in Halle zur Vollendung einer von ihm vorbereiteten Sammlung der ptolemäi- schen Papyrusurkunden. Verzeichnils der im Jahre 1903 erschienenen im Auftrage oder mit Unterstützung der Akademie bearbeiteten oder herausgegebenen Werke. Das Pflanzenreich. Regni vegetabilis conspectus. Im Auftrage der Königl. preuls. Akademie der Wissenschaften hrsg.von A. Eng- ler. Heft 12—18. Leipzig 1903. XXVI Das Tierreich. Eine Zusammenstellung und Kennzeichnung der rezenten Tierformen. Begründet von der Deutschen Zoolo- gischen Gesellschaft. Im Auftrage der Königlich Preufsi- schen Akademie der Wissenschaften zu Berlin hrsg. von Franz Eilhard Schulze. Lief. 18. 19. Berlin 1903. Kronecker, Leopold. Vorlesungen über Mathematik. Hrsg. unter Mitwirkung einer von der Königlich Preufsischen Akademie der Wissenschaften eingesetzten Kommission. Tl. 2. Vorlesungen über allgemeine Arithmetik. Abschnitt 2. Vor- lesungen über die Theorie der Determinanten. Bearb. und fortgeführt von Kurt Hensel. Bd. 1. Leipzig 1903. Weierstrals, Karl. Mathematische Werke. Hrsg. unter Mitwir- kung einer von der Königlich Preufsischen Akademie der Wissenschaften eingesetzten Commission. Bd. 3. Berlin 1903. 4. Commentaria in Aristotelem graeca edita consilio et auctoritate Academiae Litterarum Regiae Borussicae. Vol. 5. Pars 5. Themistüi in metaphysicorum librum A paraphrasis hebraice et latine ed. Samuel Landauer. — Vol.5. Pars6. The- mistii (Sophoniae) in parva naturalia commentarium ed. Pau- lus Wendland. — Vol. 14. Pars 3. Ioannis Philoponi (Michaelis Ephesii) in libros de generatione animalium commentaria ed. Michael Hayduck. — Vol. 22. Pars 1. Michaelis Ephesiı in parva naturalia commentaria ed. Paulus Wendland. Be- rolini 1903. Supplementum Aristotelicum editum consilio et auctoritate Acade- miae Litterarum Regiae Borussicae. Vol. 3. Pars 2. Arısto- telis res publica Atheniensium ed. Friderieus G. Kenyon. Berolini 1903. Politische Correspondenz Friedrich’s des Grolsen. Bd.28. 29. Berlin 1903. XXVU Wilhelm von Humboldts Gesammelte Schriften. Hrsg. von der Königlich Preufsischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 1!=Abt. 1: Werke. Hrsg. von" Albert»Leitzmann. Bd. 1. 1785-1795. Bd. 10.11 = Abt. 2: Politische Denk- schriften. Hrsg. von Bruno Gebhardt. Bd.1.2. 1802-1813. Berlin 1903. Inscriptiones graecae consilio et auctoritate Academiae Litterarum Regiae Borussicae editae. Vol. 12. Inscriptiones insularum Maris Aegaei praeter Delum. Fasc. 5. Pars 1. Inserip- tiones Cycladum praeter Tenum ed. Fridericus Hiller de Gaertringen. Berolini 1903. 2. Kant’s gesammelte Schriften. Hrsg. von der Königlich Preufsischen Akademie der Wissenschaften. Bd.4 = Abth.1: Werke. Bd.4. Berlin 1903. Thesaurus linguae latinae editus auctoritate et consilio Academia- rum quinque Germanicarum Berolinensis Gottingensis Lip- sıensis Monacensis Vindobonensis. Vol. 1. Fasc. 6. Vol. 2. Fasc. 4.5. Lipsiae 1903. 4. Thilenius, @. Ethnographische Ergebnisse aus Melanesien. Th. 2. Halle 1903. 4. Sep.-Abdr. Vocabularium Iurisprudentiae Romanae iussu Instituti Savigniani compositum. Fasc. 4. Berolini 1903. Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahr- hunderte. Hrsg. von der Kirchenväter-Commission der König- lich Preufsischen Akademie der Wissenschaften. Eusebius Werke. Bd.2. Die Kirchengeschichte bearb. von Eduard Schwartz. Die lateinische Übersetzung des Rufinus bearb. von Theodor Mommsen. Hälfte 1. — Origenes Werke. Bd. 4. Der Johanneskommentar hrsg. von Erwin Preuschen. Leip- zig 1903. d* XXVII Ahlwardt, W. Sammlungen alter arabischer Dichter. Il. Die Diwane der Regezdichter Elaggag und Ezzafajan. Ill. Der Diwan des Regezdichters Rüba ben Elaggag. Berlin 1903. Ascherson, Paul, und Graebner, Paul. Synopsis der mittel- europäischen Flora. Lief. 22—28. Leipzig 1902—03. Excerpta de legationibus ed. Carolus de Boor. Pars 1.2. Bero- linı 1903. (Excerpta historica ıussu imp. Constantini Por- phyrogeniti confecta. Vol. 1.) Crönert, Wilhelm. Memoria graeca Herculanensis. Lipsiae 1903. Ibn al-Qift!s Ta’rıh al-Hukama. Hrsg. von Julius Lippert. Leipzig 1903. Ibn Qutaiba’s "Ujün al ahbär. Hrsg. von Carl Brockelmann. TI. 2. Stralsburg 1903. (Zeitschrift für Assyriologie. Bei- heft zu Bd. 17.) Kirchner, Johannes. Prosopographia Attica. Vol.2. Berolini 1903. Kromayer, Johannes. Antike Schlachtfelder m Griechenland. Bd. 1. Berlin 1903. Libaniı opera rec. Richardus Foerster. Vol.1. Fasc. 1.2. Lipsiae 1903. (Bibliotheca script. Graec. et Roman. Teubneriana.) Marquart, J. Östeuropäische und ostasiatische Streifzüge. Leip- zig 1903. Michaelsen, W. Die geographische Verbreitung der Oligochaeten. Berlin 1903. Proch Diadochi in Platonıs Timaeum commentaria ed. Ernestus Diehl. I. Lipsiae 1903. (Bibliotheca script. Graec. et Roman. Teubneriana.) Schauinsland, H. Beiträge zur Entwicklungsgeschichte und Ana- tomie der Wirbeltiere. I. Il. II. Stuttgart 1903. 4. (Zoo- logica. Bd. 16.) Schleiermachers Dialektik hrsg. von I. Halpern. Berlin 1903. XXIX Schmidt, Adolf. Archiv des Erdmagnetismus. Eine Sammlung der wichtigsten Ergebnisse erdmagnetischer Beobachtungen in einheitlicher Darstellung. Heft 1. Potsdam 1903. 4. Schulthefs, Friedrich. Lexicon syropalaestinum. Berolini 1903. Spuler, Arnold. Die Schmetterlinge Europas. Lief. 1—16. Stutt- gart 1I01—03. 4. Wernicke, Carl. Atlas des Gehirns. Abt. 3. 21 Sagittalschnitte durch eine Grofshirnhemisphäre hergestellt und erläutert von Otfried Foerster. Breslau 1903. quer-8. Veränderungen im Personalstande der Akademie im Laufe des Jahres 1903. Es wurden gewählt: zum ordentlichen Mitglied der physikalisch-mathematischen Classe: Hr. Friedrich Schottky, bisher correspondirendes Mitglied, be- stätigt durch K. Cabinetsordre vom 5. Januar 1903; zu ordentlichen Mitgliedern der philosophisch -historischen Ulasse: Hr. Gustav Roethe, bestätigt durch K. Cabinetsordre vom 5. Januar 1903, » Dietrich Schäfer, bestätigt durch K. Cabinetsordre vom 4. August 1903, Eduard Meyer, bestätigt durch K. Cabinetsordre vom 4. August 1903, Wilhelm Schulze, bestätigt durch K. Cabinetsordre vom 16.No- vember 1903; s Ss x XXX Hr. Hr. zu correspondirenden Mitgliedern der philosophisch-historischen Classe: . Benno Erdmann in Bonn am 15. Januar 1903, Wilhelm Windelband in Heidelberg am 5. Februar 1903, Oskar von Gebhardt in Leipzig am 9. Juli 1903. Gestorben sind: die ordentlichen Mitglieder der philosophisch-historischen Classe: , Ulrich Köhler am 21. October 1903, Theodor Mommsen am 1. November 1903; die auswärtigen Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe: ‘ George Gabriel Stokes in Cambridge am 2. Februar 1903, . Karl Gegenbaur ın Heidelberg am 14. Juni 1903; das auswärtige Mitglied der philosophisch-historischen Classe: Gaston Paris ın Parıs am 6. März 1903; die correspondirenden Mitglieder der physikalisch-mathema- tischen (lasse: .Josiah Willard Gibbs in New Haven am 28. April 1903, Luigi Cremona in Rom am 10. Juni 1903, Rudolf Lipschitz in Bonn am 7. October 1903; die correspondirenden Mitglieder der philosophisch -historischen Classe: Edward Byles Cowell in Cambridge am 9. Februar 1903, Karl Adolf von Cornelius in München am 10. Februar 1903. XXXI Verzeichnis der Mitglieder der Akademie am Schlusse des Jahres 1903. I. Beständige Secretare. Hr. Auwers - Wahlen - Diels . - Waldeyer . 1: der physikalisch-mathematischen Classe Hr. Arthur Auwers . - Simon Schwendener - Hermann Munk - Hans Landolt - Wilhelm Waldeyer - Franz Eilhard Schulze - Wilhelm von Bezold Gewählt von der phys.-math. Classe phil. phil. -hist. - -hist. - phys.-math.,. - Ordentliche Mitglieder Hr. der philosophisch -historischen Classe Adolf Kirchhoff . Johannes Vahlen . Eberhard Schrader . Alexander Conze Adolf Tobler . Hermann Diels . Heinrich Brunner Otto Hirschfeld . Eduard Sachau . Gustav Schmoller Wilhelm Dilthey . — Datum der Königl. Bestätigung 1878 April 10. 1893 April 5. 1895. Nov. 27. 1896 Jan. 20. Datum der Königlichen Bestätigung m 1 1860 März 7. 1866 Aug. 18. 1874 Dec. 16. 1875 Juni 14. 1877 April 23. 1879 Juli 13. 1580 März 10. 1881 Aug. 15. 1881 Aug. 15. 1881 Aug. 15. 1884 Febr. 18. 1884 April 9. 1884 Juni 21. 1885 März 9. 1886 April 5. 1887 Jan. 24. 1887 Jan. 24. 1887 Jan. 2 XXX der plıysikalisch-mathematischen Classe Hr. Karl Klein Karl Möbius Adolf Engler Hermann Karl Vogel . Hermann Amandus Schwarz Georg Frobenius Emil Fischer Oskar Hertwig . Max Planck . Friedrich Kohlrausch . Em Warburg 2: Jakob Heinrich van’t Hof . Theodor Wiühelm Engelmann Ferdinand Frhr. von Richthofen . Hr. Wilhelm Branco Robert Helmert . ar Friedrich von Hefner- Alteneck Heinrich Müller- Breslau . Friedrich Schottky . der philosophisch-historischen Classe am nn nn mm Hr. Adolf Harnack . Karl Stumpf. Erich Schmidt Adolf Erman Reinhold Koser . Max Lenz Reinhard Kekule von Stradonitz Ulrich von Wilamowitz- Moellendorff . Heinrich Zimmer Heinrich Dressel Konrad Burdach Richard Pischel . Gustav Roethe Dietrich Schäfer . Eduard Meyer . Wilhelm Schulze Datum der Königlichen estätigung 1857 April 6. 1888 April 30. 1890 Jan. 29. 1890 Febr. 10. 1892 März 30. 1892 Dec. 19. 1893 Jan. 14. 1893 Febr. 6. 1593 April 17. 1894 Jun: 11. 1595 Febr. 18. 1895 Febr. 18. 1895 Febr. 18. 1895 Aug. 13. 1895 Aug. 13. 1896 Febr. 26. 1896 Juli 12. 1896 Dee. 14. 1898 Febr. 14. 1898 Juni 9. 1899 Mai 3. 1899 Aug. 2. 1899 Dee. 18. 1900 Jan. 31. 1901 Jan. 14 1901 Jan. 14 1902 Jan. 13 1902 Mai 9. 1902 Mai 9. 1902 Juli 13. 1903. Jan. 5. 19037 Jan=5: 1903 Aug. 4. 1903 Aug. 4. 1903 Nov. 16. II. Auswärtige Mitglieder der physikalisch-mathematischen Classe der philosophisch--historischen Olasse Hr. Otto von Böhtlingk in Leipzig Hr. Albert von Koelliker in Würz- burg ee ehe 5 - Eduard Zeller in Stuttgart - Theodor Nöldeke in Strafsburg - Friedrich Imhoof-Blumer in Winterthur. - Theodor von Sickel in Meran - Pasquale Villari in Florenz . - Franz Bücheler in Bonn. Hr. Wilhelm Hittorf in Münster 1.W. Lord Kelvin in Netherhall, Largs Hr. Marcelin Berthelot in Paris - Eduard Suess in Wien . - Eduard Pflüger in Bonn NO IE RT Rochus Frhr. von Lilieneron in Schleswig ! ; Hr. Leopold Delisle in Paris, IV. Ehren-Mitglieder. m of Crawford and Balcarres in Haigh Hall, Wigan . Max Lehmann in Göttingen . - Km Boltzmann in Wien 5 Se. Majestät Oskar IJ., König von Schoeden ve No egen.. Hugo Graf von und zu el in Berlin . Hr. Friedrich Althof in Berlin - Richard Schöne in Berlin 2 = Elise Wentzel geb. Heckmann in Berlin . Konrad Studt in Berlin j - Andrew Dickson White in face N Y; XXX1 Datum der Königlichen 1885 N 592 395 1900 1901 1902 estätigung -— Nov. März Jan. März Jan. Nov. 30. 16. 14. 5% 14. 16. Datum der Königlichen Bestätigung 1883 1887 1888 1897 1900 1900 1900 1900 1900 1900 Juli Jan. Juni Sept. März März März März März Dee. 30. 24. XXXIV Sir Hr. V. Correspondirende Mitglieder. Physikalisch-mathematische Classe. ". Ernst Abbe in Jena Alexander Agassiz in re Mas ss. Adolf von Baeyer in München Friedrich Beilstein ın St. Petersburg Ernst Wilhelm Benecke in Strafsburg Eduard van Beneden ın Lüttich . Oskar Brefeld in Breslau Otto Bütschli in Heidelberg John Burdon- Sanderson in Oxford Stanislao Cannizzaro in Rom Karl Chun in Leipzig Gaston Darboux ın Paris Ant Richard Dedekind in Braunschweig . Nils Christofer Duner in Upsala . Ernst Ehlers in Göttingen . Rudolf Fittig in Strafsburg Walter Flemming ın Kiel Max Fürbringer in Heidelberg Albert Gaudry in Paris. Archibald Geikie ın London . Wolcott Gibbs in Newport, R. 1. : David Gill, Königl. Sternwarte am Cap der en He . Paul Gordan in Erlangen . Ludwig von Graf in Graz . Gottlieb Haberlandt in Graz Julius Hann in Wien Victor Hensen in Kiel ; Richard Hertwig in München . Wilhelm His in Leipzig. " Joseph Dalton Hooker in Seal : William Huggins in London '. Leo Koenigsberger in Heidelberg . Michel Levy in Paris i Franz von Leydig in Borenree 0. a T. Datum der Wahl mm em nn 1896 1895 1854 1888 1900 1887 1899 1897 1900 1888 1900 1897 1880 1900 1897 1896 1893 1900 1900 1589 1885 1890 1900 1900 1899 1589 1898 1898 1893 1854 1895 1893 1898 1887 Oct. Juli Jan. Dee. Febr. Nov. Jan. März Febr. Dee. Jan. Febr. März Febr. Jan. Oct. Juni Febr. ! Febr. Febr. Jan. Juni Febr. Febr. Juni Febr. Febr. 29. 18. de 24. April 28. Juni Juni Dee. Mai Juli Jan. Il, ik. 12. 4. 28. 20. Hr. Gabriel Lippmann in Paris. - Moritz Loewy in Paris . - Hubert Ludwig in Bonn - Eleuthere Mascart in Paris . - Dmitri) Mendelejew in St. Ba - Franz Mertens in Wien. e - Henrik: Mohn in Christiania . - Alfred Gabriel Nathorst in So Cchöln & - Karl Neumann ın Leipzig . - Georg von Neumayer in Neustadt, 8% Haardt : - Simon Newcomb in Washington . - Max Noether in Erlangen . - Wilhelm Pfeffer in Leipzig . - Ernst Pfitzer in Heidelberg - Ehmile Picard in Paris - Henri Poincare in Paris. - Georg Qwincke in Heidelberg . - Ludwig Radlkofer in München Sir William Ramsay in London Lord Rayleigh in Witham, Essex . i Hr. Friedrich von Recklinghausen in Sole - Gustaf Retzius m Stockholm . : - Wilhelm Konrad Röntgen in München . - Heinrich Rosenbusch in Heidelberg - George Salmon in Dublin - Georg ÖOssian Sars in Christiania - Giovanni Virginio Schiaparelli in Mailand . - Friedrich Schmidt in St. Petersburg . Hermann Graf zu Solms- Laubach in Strafsburg Hr. Johann Wilhelm Spengel in Gielsen . - Eduard Strasburger in Bonn - Johannes Strüver in Rom - Otto von Strwe in Karlsruhe . - ‚Julius Thomsen in Kopenhagen - August Toepler in Dresden . - Melchior Treub in Buitenzorg . - Gustav Tschermak in Wien . Sir Weillam Turner in Edinburg Hr. Woldemar Voigt in Ben ß - Karl von Voit in München . - Johannes Diderik van der Waals in te an R XXXV Datum der Walıl nn Sen 1900 1895 1898 1895 1900 1900 1900 1900 1893 1896 1883 1896 1889 1899 1898 1896 1879 1900 1896 1896 1885 1893 1896 1887 1873 1898 1879 1900 1899 1900 1889 1900 1868 1900 1879 1900 1881 1898 1900 1898 1900 Febr. : Dee. Juli Juli Febr. Febr. Febr. Febr. Mai Febr. Juni Jan. Dee. Jan. Febr. Jan. März Febr. Oct. Oct. Febr. 2 ‚Juni März Oct. Juni Febr. 2 Oct. Febr. Juni Jan. Dee. Febr. April Febr. März Febr. März März März Febr. Febr. AXXVI ", Eugenius Warming in Kopenhagen . Heinrich Weber in Strafsburg . August Weismann in Freiburg 1.B. . Julius Wiesner in Wien . Alexander William Willamson ın Hich Pitfold, ale Clemens Winkler in Dresden Adolf Wüllner in Aachen Ferdinand Zirkel in Leipzig Karl Alfred von Zittel in München . Philosophisch-historische Glasse. -, Wilhelm Ahlwardt ın Greifswald . Karl von Amira in München . Graziadio Isaia Ascoli ın Mailand Theodor Aufrecht in Bonn . Ernst Immanuel Bekker ın ee DR Otto Benndorf in Wien . F Friedrich Blass in Halle a. S. Eugen Bormann in Wien Ingram Bywater in Oxford Antonio Maria Ceriani ın Mailand Heinrich Denifle m Rom . . . Wilhehn Dittenberger in Halle a. S. . Louis Duchesne in Rom. Benno Erdmann in Bonn Kuno Fischer ın Heidelberg Paul Foucart in Paris Ludwig Friedländer in Shafsburg Oskar von Gebhardt in Leipzig. Theodor Gomperz in Wien . Franeis Llewellyn Griffith in Aahton ie, I 5 Gustav Gröber in Strafsburg . Wilhelm von Hartel in Wien Georgios N. Hatzidakis in Athen Albert Hauck in Leipzig ‚Johan Ludvig Heibery in en 5 Max Heinze in Leipzig . Richard Heinzel in Wien Antoine Heron de Villefosse in Paris . Datum der Wahl .——— 1899 1896 1897 1899 1875 1900 1889 1887 1895 1888 1900 1887 1564 1897 1893 1900 1902 1887 1869 1890 1882 1893 1903 1585 1854 1900 1903 1893 1900 1900 1893 1900 1900 1896 1900 1900 1893 ‚Jan. Jan. März Juni Nov. Febr. März Oet. Juni Febr. Jan. März Febr. Juli Nov. Jan. Juli Nov. Nov. Dee. Juni Juli Jan. Jan. Jul Jan. Juli Oct. Jan. Jan. Oct. Jan. Jan. März Jan. ‚Jan. Febr. 19. 30. ‚uk 12. 18. 18. 2 “. Hr. Leon Heuzey in Paris Hermann von Holst in Freiburg i. .B. Theoplile Homolle m Athen Vatroslav Jagie in Wien . e William James in Cambridge, Mass. Karl Theodor von Imama- Sternegg in Wien Ferdinand Justi in Marburg Karl Justi ın Bonn : Panagiotis Kabbadias in Ather; Frederic George Kenyon in London . Franz Kielhorn in Göttingen . Georg Friedrich Knapp in Shafbiee Basil Latyschew in St. Petersburg August Leskien in Leipzig . Emile Levasseur in Paris Giacomo Lumbroso in Rom John Pentland Mahaffy in Dublin Frederic William Maitland in Cambridge Gaston Maspero in Paris a7. Adolf Michaelis in Stralsburg . Alexander Stuart Murray in London Adolf Mussafia in Wien Heinrich Nissen in Bonn Julius Oppert in Paris Georges Perrot in Paris . Wilhelm Radlof in St. Petersburg Victor Baron Rosen in St. Petersburg . Richard Schroeder in Heidelberg . Emil Schwer in Göttingen Emile Senart in Paris Eduard Sievers in Leipzig . GR: Christoph von Sigwart in Tübingen . Albert Sorel in Paris Friedrich von Spiegel in Miinchen Henry Sweet in Oxford . " Edward Maunde Thompson in Leron 2 ". Vilhelm Thomsen in Kopenhagen Hermann Usener in Bonn Girolamo Viteli in Florenz . Kurt Wachsmuth in Leipzig Heinrich Weil in Paris XXXVII Datum der Wahl 1900 Jan. 18. 1889 Juli 25. 1887 Nov. 17. 1880 Dee. 16. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1898 Juli 14. 1893 Nov. 30. 1887 Nov. 17. 1900 Jan. 18. 1880 Dee. 16. 1893 Dec. 14. 1891 Juni 4. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1874 Nov. 12. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1897 Juli 15. 1588 Juni 21. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1862 März 13. 1884 Juli 17. 1895 Jan. 10. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1893 Juli 20. 1900 Jan. 18. 1900 Jan. 18. 1885 Jan. 29. 1900 Jan. 18. 1862 März 13. 1901 Juni 6. 1895 Mai 2. 1900 Jan. 18. 1891 Juni 4. 1897 Juli 15. 1891 Juni 4. 1896 März 12. f 2 e Terre Tor XXXVINI Datum der Wahl . mn mn Hr. Julius Wellhausen in Göttingen . . . . 2....2....0..0.01900 Jan. 18. = Zudug)Wimmer in ‚Kopenhagen . .. .„".: Il Te. WAR HI A, - Wilhelm Windelband in Heidelberg . . . . „was. u Al. 1903.Eebr. 5. -! Wilhelm Wuündt ia Leipzig : .. - . 2... 2751900. Jan 18: Beamte der Akademie. Bibhothekar und Archivar: Dr. Köhnke. Wissenschaftliche Beamte: Dr. Dessau, Prof. — Dr. Ristenpart. — Dr. Harms. — i Dr. Czeschka Edler von Maehrenthal, Prof. — Dr. von Fritze. — Dr. Karl Schmidt. =2 E N as Pi a ? » Kern Gedächtnilsrede anf Rudolf Virchow. Von HE" W. WALDEYER. Sa, u N . B \ [22 P er he " ar) i pr Y ” ro } u 2 ı Pe nn \ un“ ya J y P = ”, I # 1 i eden. 1903. T. 1 En Gehalten in der öffentlichen Sitzung am 2. Juli 1908 [Sitzungsberichte St. NXXIV. S. 705]. 2 Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 14. September 1903. Die Aufgabe, deren Lösung mir heute als Akademiker wie als Freund obliegt: zu Rudolf Virchow’s ehrendem Gedächtnifs zu sprechen, wird man mit demselben Rechte eine leichte, wie eine schwere nennen können. Leicht ist sie durch die Fülle dessen, was das reiche, nunmehr abgeschlossene Leben des Verewigten an Werthem und Grofsem darbietet. Wahrhaftig, ein volles Menschenleben liegt da vor uns, in das man nach des Dichters Wort nur hineinzugreifen braucht, um es interessant zu finden. — Schwer, unendlich schwer wird sie, wenn es gilt, Alles in das rechte Licht zu rücken und in die kurze Spanne der zu Gebote stehenden Zeit ein würdiges und treffendes Charakterbild des hochbedeutenden Mannes hineinzusetzen, wie ein Porträt von Rembrandt oder Veläzquez in seinen Rahmen. Blicke ich auf die Fülle des sich Bietenden zurück, so gilt mit vollem Rechte von Rudolf Virchow das Wort: »Homo sum: humani nihil a me alienum puto«. Schon während der Studentenzeit beschäftigen ihn, wie die seiner Inauguraldissertation (le) angefügten Thesen erweisen, die verschieden- sten Fragen. Ich greife aus den acht von dem damals Zweiundzwanzigjährigen aufgestellten Sätzen drei heraus: »Nisi qui liberalibus rebus favent veram medicinae indolem non eognoscunt«! Wahrlich ein tieferer Gedanke als der, womit Mephistopheles den Geist der Medizin zu erfassen vermeint! — »Animus non aegrotat« heifst es weiter. In diesen beiden Sätzen ist, man darf es wohl sagen, Virchow’s Auffassung vom Leben und von der Wissenschaft, der er seine Kraft vorzugsweise widmete, nieder- gelegt; den hierin vertretenen Grundsätzen ist er bis zum Tode treu ge- blieben (2). Aber auch auf andere, weit abliegende Wissensgebiete wirft der junge Doctor seinen Blick, wenn er in der achten und letzten These sagt: »Pome- raniae petrificata glacie primordiali disjeeta«. Auch hierin liegt ı* 4 WALDEYER: etwas ungemein Charakteristisches für Virchow. Es gab kein Wissens-, kein Lebensgebiet, welches ihn nicht lebhaft interessirt hätte (2). Wie oft habe ich ihn auf gemeinsamen Fufswanderungen sein Auge auf die scheinbar unbedeutendsten Naturobjecete, die ihm am Wege entgegentraten, mitten in voller, lebhafter, ganz andere Dinge betreffender Unterhaltung richten sehen! Nichts entging ihm. Eine meiner ersten Begegnungen mit ihm wurde durch kleine Anneliden vermittelt, die er auf einem Spaziergange im Elsafs gesammelt hatte und mit nach Strafsburg brachte, wo er sie mir zur Bestimmung vorlegte. Schenkte er auch dem Kleinsten und scheinbar Unbedeutendsten seine Aufmerksamkeit, so blieb doch vor Allem die Erforschung des Menschen in allen seinen Beziehungen unentwegt das Ziel seines Lebens. So erklärt es sich, dafs er vom Anatomen und Pathologen zum Anthropologen wurde, und in diesem grofsen Zuge zur Menschenforschung wurzelt schliefslich auch Virchow’s Beschäftigung mit der Hygieine, seine grofse Thätigkeit in der Sorge für das Gemeinwohl, sein Interesse für sociologische Fragen, ja. sein Eintreten in die Arena der Politik. Von diesem Gesichtspunkte aus kann der so vielseitige Mann, dem man nicht selten diese zersplitterte Thätigkeit zum Vorwurfe gemacht hat, in seiner festgefügten Einheit be- griffen werden. Es war Rudolf Virchow’s Natur, die in ihrer folge- richtigen Entfaltung ihn zu allen diesen scheinbar so weit auseinander- liegenden Bethätigungen führte. Er hätte sich selbst verleugnen müssen, wenn er sich auf das Secirmesser und das Mikroskop hätte beschränken wollen. Und wir dürfen ihm dankbar sein, dafs er so weit ausgegriffen hat! Es konnte nieht ausbleiben, dafs bei dem Erfassen so vielfacher Gebiete und bei der entschiedenen, ja scharfen Art, wie Virchow seinen Stand- punkt vertheidigte und zu neuen Eroberungen vordrang, er viele und ent- schiedene Gegner fand. Er scheute aber den Kampf um die Wissenschaft und die hohen Güter der Menschheit nieht. Viel Feind, viel Ehr! Das gilt so recht von ihm. Und was er aufserhalb der Studirstube Gutes erstrebt, errungen und erstritten hat, wie er als Wohlthäter der Menschheit begriffen wurde, das that der schier endlose Trauerzug kund, der am 9. September des vorigen Jahres die Hülle des Entschlafenen vom Berliner Rathhause zur letzten Ruhestätte auf dem Matthäikirchhofe geleitete. — So glaube ich den Standpunkt gewonnen zu haben, von dem aus sich ein wahrheitsgetreues, einheitliches Bild Rudolf Virchow ’'s entwerfen läfst. Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. > Naturgemäls stellt sich, namentlich bei der Beurtheilung des Werde- und Lebensganges eines Gelehrten, zunächst die Frage auf, welche Ein- flüsse auf ihn eingewirkt haben mögen? Nicht selten wird solchen äufseren Einflüssen viel zu viel Gewicht beigemessen, und es werden Dinge aus dem Verborgenen hervorgeholt, bei denen man sich wirklich wundern muls, wie sie zur Erklärung dieser oder jener Arbeits- und Studienrichtung, oder einer ausgezeichneten Fähigkeit des Betreffenden hatten herangezogen werden können. Begabungen und Fähigkeiten sind wie Charaktereigenschaften an- geboren. Menschen, die sie in hervorragender Weise in ihrer ererbten Organisation besitzen, finden und schreiten ihre eigenen Wege, und ein soleher war Virchow. Menschen, denen sie mangeln, wird auch der bedeutendste Lehrer und Erzieher sie nicht geben oder ersetzen können. Immerhin aber ist nicht zu leugnen, dafs von Natur begabte Menschen durch ihresgleichen lebhaft angezogen, angeregt und auf bestimmte Forschungswege gelenkt werden können, auf denen sie dann weiter, immer aber in ihrer Eigenart, wandeln. Dafs unser Virchow, der in bescheidenen bürgerlichen Verhältnissen in der kleinen Stadt Schivelbein in Pommern aufwuchs, sich stets als ein wohlbeanlagter, geweckter Knabe zeigte, wird von allen aus der Zeit stammenden beglaubigten Nachrichten bezeugt (la). Der uns erhaltene zur Abiturientenprüfung verfafste deutsche Aufsatz über das Thema: »Ein Leben voll Arbeit und Mühe ist keine Last, son- dern eine Wohlthat«, welches Virchow’s Lebensprogramm bis zu seinem Todestage geworden und geblieben ist, zeigt den Ernst und die Reife seines Denkens in hervorragender Weise. Und als knappes, drastisches Schlufswort für die Erhärtung von Virchow’s früh sich zeigender Begabung, der auch das »Corpus sanum« entsprach, führe ich die Worte an, welche der mit der körperlichen Untersuchung des 17+Jjährigen Abiturienten in Schivel- bein behufs Aufnahme desselben in das Friedrich Wilhelms -Institut (1b) be- traute Bataillonsarzt Schacks in seinem an den Director des Instituts, Generalstabsarzt Dr. von Wiebel, eingesandten Berichte schrieb, und welche in gekürzter Fassung lauten: »Dieser junge Mann besitzt alle An- lagen aufser Krankheitsanlagen« (3). Buchstäblich wahr bis zum Ende blieben diese Worte, denn nicht Krankheitsanlagen waren es, die am 5. September 1902 Virchow den Tod brachten, sondern die Folgen eines Unfalles (le). 6 WALDEYER: Der an Leib und Seele gesunde und reich beanlagte 18 jährige Jüng- ling bezog im Herbste 1839 als Zögling des genannten Militärärztlichen Bil- dungs-Institutes, der jetzigen Kaiser Wilhelms- Akademie, unsere Univer- sität, bei der er nun mit einer nur 7jährigen Unterbrechung (1849 bis 1856), in fast allen Stufen des akademischen Lebens, als Student, Assi- stent, Privatdocent — die aufserordentliche Professur wurde übersprun- gen — und ordentlicher Professor, verblieben ist. Unter den Docenten, deren Vorlesungen der junge Virchow besuchte, waren eine ganze Anzahl bedeutender Männer, die auf ihn hätten einwirken können: der Chemiker Eilhard Mitscherlich, der Botaniker Link, der Anatom und Physiologe Johannes Müller, diese drei auch Mitglieder un- serer Akademie; dann die berühmten Kliniker Johann Lukas Scehönlein und Johann Friedrich Dieffenbach. Dafs unter allen diesen einzig und allein Johannes Müller, einer der Giganten der biologischen Naturwissen- schaften, auf einen Kopf, wie den Rudolf Virchow 's, Einflufs gewann, kann nicht befremden. Johannes Müller war unzweifelhaft der Bedeutendste unter allen Genannten und seine Lehraufgabe die, welche den Neigungen seines lernbegierigen Schülers am meisten entgegenkam; zudem umfafste sie derzeit, wenn wir von der speciellen Krankheitslehre und den therapeutischen Fächern absehen, noch die gesammte Biologie des Menschen: Anatomie, vergleichende Anatomie, Entwicklungsgeschichte, Physiologie und auch die pathologische Anatomie. In dieser wurde später Virchow Johannes Müller’s Nachfolger, der, um seinen berühmten Schüler für Berlin zurück- zugewinnen, freiwillig auf sein Lehramt in der pathologischen Anatomie verzichtete, obwohl er noch in voller Arbeitsfähigkeit stand und in der genannten Diseiplin selbst Bedeutendes geleistet hatte. Bei dieser um- fassenden Lehrthätigkeit seines grofsen Meisters erhielt Virchow den ge- sammten Unterricht über den normalen Menschen und noch ein Stück darüber hinaus in das Gebiet der menschlichen Pathologie, wie aus einem Gusse, und das mufs bei der eigenartigen, für denkende Zuhörer ungemein fesselnden Lehrweise Johannes Müller’'s auf den congenialen Schüler einen tiefwirkenden Einflufs gehabt haben. Die immer mehr fortschreitende Zersplitterung unserer Wissensgebiete in einzelne Abtheilungen mit beson- deren Docenten läfst eine solche Einwirkung nicht mehr aufkommen. Von Virchow selbst haben wir persönliche Zeugnisse über das, was ihm Johannes Müller war: In der meisterhaften Gedächtnifsrede, welche er Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. M in der Aula der Universität am 24. Juli 1858 auf seinen grolsen Lehrer hielt, heilst es: »Zu so grofsem Werke hat man mein schwaches Wort berufen. Wäre der Wille die That, wie gerne hätte ich dann die schöne Aufgabe ge- sucht! Denn nicht Vielen war es vergönnt, wie mir in jedem wichtigen Ab- schnitte der eigenen Entwickelung sich an der Seite unseres Meisters zu sehen. Seine Hand war es, die die ersten Schritte des medieinischen Lehrlings leitete; sein Wort war es, das mir die Doetorwürde zusprach; von dieser Stätte, von der jetzt sein kaltes Bild auf uns herniederblickt, durfte ich in sein warmes Auge schauen, als ich, wieder unter seinem Decanat, meine erste öffentliche Vorlesung als Privatdocent hielt. Aus der grofsen Zahl seiner Schüler war ich der einzige, der, auf seinen eigenen Vorschlag, neben ihm im engeren Kreise der Facultät zu sitzen gerufen war, dem er einen wichtigen Theil seines alten Gebietes freiwillig überliefs« (4). Und noch einmal, im Jahre 1899, ergriff der Achtundsiebenzigjährige das Wort zu Ehren seines Lehrers, als diesem in seiner Vaterstadt Coblenz ein Stand- bild errichtet wurde: »Wir Schüler von Johannes Müller« sagte er da (5) »haben seine Methode für die vorzüglichste gehalten. Ich weifs nichts Bedeutungsvolleres den Schülern anzugeben, als diese Methode kennen zu lernen und darnach zu handeln. Es war die Methode der wirklichen Beob- achtung, der Autopsie«. Hiermit bekennt sich Virchow direet als Schüler Müller’s auf der Bahn der objeetiven Naturforschung. Und diese Bahn hat er niemals verlassen und stets hat er sie seinen zahlreichen Schülern als den einzig gangbaren Weg in der Biologie hingestellt. Auch noch nach der Studentenzeit sieht sich Virchow als Schüler Müller’s an und holt dessen Rath ein. Er erzählt davon in einer An- merkung zu seiner erwähnten Gedächtnifsrede (4), dafs er, bereits seit drei Jahren promovirt und Assistent Froriep’s bei der pathologischen Anstalt der Charite, seit Kurzem, als Froriep’s Nachfolger, Proseetor der Charite, sich mit der Untersuchung derjenigen Veränderung der Milz beschäftigt habe, die von ihm später als »Sagomilz« bezeichnet wurde. Er sei über die Natur der betreffenden Veränderung nicht klar geworden und fährt nun wörtlich fort: »Ich wanderte also mit einer solchen Milz zu Müller, um bei ihm, der die Milzstructur speciell untersucht hatte, sowohl Auf- klärung über den follieulären Ursprung der Körner, als Andeutungen über die Natur der Veränderung zu suchen. Müller kannte die Veränderung nicht, er war selbst zweifelhaft, ob sie von den Follikeln ausginge; er S WALDEYER: sagte: »das ist sehr sonderbar, das müssen Sie untersuchen!« Als ich ihm auseinandersetzte, dafs ich das schon gethan hätte, dafs ich aber mit dem Resultat nieht zufrieden sei, sagte er: »dann müssen Sie weiter untersuchen, das wird gewifs sehr interessant sein«. »Erst sieben Jahre später gelang es mir, so berichtet Virchow weiter, die Jodreaction der Substanz zu finden, und sie den nachher so vielfach gefundenen Amyloidsubstanzen anzureihen«. Unzweifelhaft geht aus Allem diesen hervor, das Johannes Müller es war, der den grolsen natürlichen Gaben Virchow’s die richtigen Wege wies. Die damals in den Hörsälen der praktischen Mediein und in den Kliniken zumeist vertretenen Anschauungen konnten den jungen Forscher, der bald gewohnt wurde, an Alles das kritische Secirmesser anzulegen, in der That nicht befriedigen. Ich glaube auch nicht, dafs Robert Froriep, den Virchow sehr hochschätzte und ihm stete Dankbarkeit bewahrt hat, namhaften Einfluls auf seine Ausbildung geübt hat, obwohl Virchow zwei Jahre, von 1844— 1846, dessen Assistent und dann, 1846, sein Nach- folger in der Prosectur der Charite wurde. Denn Letzterer hat bald seine eigene Methode der pathologisch-anatomischen Technik und der feineren Untersuchungsweise ausgebildet; sie ist in der Folge für die ganze Welt die malsgebende geworden (6). Von nun an wandelte unser Meister seinen eigenen Weg! Rasch führte ihn dieser zur höchsten akademischen Stellung. Bald nach Über- nahme der Charite -Prosectur erfolgte Virchow ’'s Habilitation an der hie- sigen Universität mit der öffentlichen Antrittsrede: »de ossificatione pa- thologiea«. Wir wissen, dals er in Folge seines freimüthigen politischen Verhaltens, Ostern 1849, seines Amtes an der Charite enthoben wurde (7). Doch erfolgte bald darauf, da die ärztlichen Vereine einhellig darauf dran- gen, seine Wiederanstellung, allerdings auf Widerruf. Schon im Herbst desselben Jahres finden wir aber den damals 2Sjährigen, als ersten Ordi- narius für pathologische Anatomie an einer deutschen Universität, in Würz- burg, wo er in den sieben Jahren seiner fruchtbarsten Thätigkeit auf dem Gebiete der normalen und pathologischen Anatomie den Grundstein seines unvergänglichen Ruhmes legte. Bereits 1856 (9. Juni) wurde er als Ordi- narius nach Berlin zurückberufen und hat nun als solcher volle 46 Jahre an der hiesigen Universität in bedeutsamster und segensreichster Weise gewirkt. Unterm 18. November 1859 trat er als ordentlicher Professor für Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. N) pathologische Anatomie in den Lehrkörper der jetzigen Kaiser Wilhelms- Akademie ein, und am 24. December 1860 in die Wissenschaftliche Depu- tation für das Medieinalwesen; am 22. December 1873 ward er der Unsere! Wenn ich nunmehr zu meiner Hauptaufgabe, der Darstellung der wissen- schaftlichen Lebensarbeit Virchow’s übergehe, so ziemt es an dieser Stelle insbesondere und in erster Linie auf seine Würdigung als Akademiker Gewicht zu legen und zu zeigen, was er uns war und wie die Verbindung mit der Akademie auch fördernd auf ihn und seine Gelehrtenarbeit ein- gewirkt hat. Fast ein Menschenalter hat Rudolf Virchow der Akademie der Wissenschaften angehört. In seiner Antrittsrede vom Leibniztage 1874, demselben Wochentage wie heute, am 2. Juli, unter dem Vorsitze Theodor Mommsen’s, der damals seine ihr Licht weit vorauswerfende Rede über den Werth akademischer Associationen hielt, betont Virchow, dafs er als »Pathologe« in die Akademie aufgenommen werde. Er dankt nicht nur für sich persönlich, sondern auch im Namen der von ihm vertretenen Wissenschaft, der »Pathologie«. Seit fast einem Menschenalter habe man Nichts von der Pathologie mehr in der Akademie vernommen. Er weist damit auf einen Vortrag Johannes Müller’s hin, welchen dieser in der Akademie über den Bau der krankhaften Geschwülste, 1836, in Form eines Auszuges aus seinem bekannten gröfseren Werke gehalten hat. In der Antwort du Bois-Reymond'’s ist von Virchow auch nur als Pathologen die Rede; seine Arbeiten auf anthropologischem Gebiete — und dieselben waren damals schon sehr bedeutende — werden nur gestreift. Beide, Virchow sowohl wie du Bois-Reymond, führen aus, dafs die Pathologie nunmehr den Zusammenhang mit der Gesammtentwiekelung der Naturwissenschaften wiedergewonnen habe und deshalb sehr wohl in den Rahmen der akademischen Fächer hineinpasse. Es ging nur merkwürdiger Weise Virchow geradeso, wie 30 Jahre früher seinem grofsen Lehrer Johannes Müller. Wie dieser hat auch er kaum von pathologischen Dingen in der Akademie gehandelt. Wir be- sitzen nur aus der ersten Zeit seiner Mitgliedschaft, 1875 und 1876, zwei freilich bedeutsame Mittheilungen pathologischen Inhalts: »Über die Ent- stehung von Knorpelgeschwülsten an Knochen« und über die »Bildung von Knocheneysten«. Die umfangreichere Abhandlung, welche Virchow 20 Jahre später (1896) las: » Anlage und Variation« behandelt sehr schwie- Gedächtnifsreden. 1903. T. 2 10 WALDEYER: rige Probleme, welche der allgemeinen Biologie angehören und an der Grenze stehen, da, wo sich Anatomie, Physiologie, Pathologie und all- gemeine Anthropologie berühren. Die Ursache dieser Erscheinung, dafs beide Forscher nur in verein- zelten Fällen pathologische Fragen in der Akademie zur Sprache gebracht haben, ist bei Beiden allerdings verschieden. Johannes Müller hat die Pathologie überhaupt nur als Nebenfach betrieben. Die krankhaften Ge- schwülste, über welche er ein bedeutendes, leider unvollendet gebliebenes Werk hinterlassen hat, stehen in ihrer anatomischen Grundlage, auf deren Erforschung Müller fast allein eingegangen war, inmitten zwischen nor- maler und pathologischer Anatomie, und Müller war es, welcher diese Grenzstellung zuerst aufgedeckt hat. Müller’s klarer Blick erkannte je- doch bald, dafs die Kraft eines Mannes, und sei sie auch noch so be- deutend, schon in damaliger Zeit, nach der Begründung der Zellenlehre durch seinen Schüler Schwann und nach den rapiden Fortschritten, welche die Pathologie unter den Händen seines anderen Schülers Rudolf Virchow machte, nicht mehr ausreichen würde, das wichtige Gebiet der Pathologie in gleichem Entwickelungsschritte mit den übrigen von ihm vertretenen biologischen Disciplinen vorwärts zu bringen. Aus dieser Einsicht erkläre ich mir — und es wird stets ein Ruhmestitel Müller’s bleiben — dafs er auf die Zurückberufung Virchow’s nach Berlin drang und ihm frei- willig seine Stellung auf diesem Gebiete abtrat. Und so hatte er denn auch frühzeitig aufgehört sich mit der Pathologie eingehender zu be- sehäftigen. Bei Virchow kommen andere Gründe in Betracht. Er hat die Patho- logie vollkommen beherrscht bis an sein Lebensende; davon geben zahl- reiche Veröffentlichungen und Demonstrationen in den ärztlichen Gesell- schaften Berlins genügenden Aufschlufs; aber er hatte schon einige Jahre zuvor, ehe er in die Akademie aufgenommen wurde, angefangen sich mit anthropologischen Dingen zu beschäftigen und hatte hier einen, wenigstens in Deutschland noch kaum beackerten Boden gefunden. Wie es ihm nun gelungen ist die Pathologie von Grund aus zu reformiren, so gelang ihm das fast müheloser noch bei der Anthropologie, für welche man ihn auf deutschem Boden nicht nur als Reformator, sondern geradezu als wissen- schaftlichen Begründer ansehen darf. Und wir erlebten das vorher kaum jemals Erfahrene, dafs ein und derselbe Mann nach mehr als zwanzigjähriger Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 11 treuer und fast unübersehbarer Forscherarbeit auf dem einen Gebiete sich einem zweiten zuwendet, in dem er fortab dieselbe Arbeit leistet: ein Bahnbrecher für beide Wissenschaften! Der grofse Erfolg, den Virchow in der Anthropologie schnell errang, spornte ihn naturgemäls zu weiterer Thätigkeit an, rifs ihn hin weiter erobernd vorzudringen, wie den Forschungs- reisenden auf unbekanntem Gebiet. Von allen Seiten flols ihm bald das Material zu, schier unerschöpflich; was Wunder, dafs er da aus dem Vollen schöpfte und uns gab, zumal die Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte zweifellos den übrigen in der Akademie vertretenen Diseiplinen näher liegen, als die Pathologie. Manches, was Virchow aus pathologischer Umrahmung noch nach 1874 veröffentlicht hat, hätte sehr wohl seinen Platz in den Schriften der Akademie finden können. Aber die zahlreichen medieinischen Zeitschriften, und voran seine eigenste Schöpfung, das Archiv für patholo- gische Anatomie, »Virchow’s Archiv«, forderten auch ihre Rechte. Wenden wir uns nun in eingehenderer Besprechung zu dem, was Virchow der Akademie an wissenschaftlichen Gaben geboten hat, so sind dies, abgesehen von den drei schon erwähnten Arbeiten, fast siämmtlich Ver- öffentlichungen anthropologischen, ethnologischen und urgeschichtlichen In- halts (8). Schon im Jahre nach seiner Aufnahme las er eine seiner bedeutend- sten anatomisch-anthropologischen Abhandlungen: »Über einige Merkmale niederer Menschenrassen am Schädel«. Damit eröffnete er eine Reihe weiterer Mittheilungen über somatische Anthropologie wie: »Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen mit besonderer Berücksichtigung der Friesen«, » Weitere Mittheilungen über friesische und niederländische Schädel«, »Zur Kraniologie Ilyriens«, »Über den Schädel des jungen Gorilla«, »Über die ethnologische Bedeutung des Os malare bipartitum«, »Über mikronesische Schädel«, » Alttrojanische Gräber und Schädel«, »Über alte Schädel von Assos und Cypern«, » Über krankhaft veränderte Knochen alter Peruaner«, » Über südmarokkanische Schädel«, »Über ostafrikanische Schädel« und »Über grie- chische Schädel aus alter und neuer Zeit und über einen Schädel aus Me- nidi, der für den des Sophokles gehalten ist«. Die Mehrzahl dieser Mittheilungen bieten mit das Beste, was unser Mitglied in der somatischen Anthropologie veröffentlicht hat. Vor Allem von Bedeutung sind, wie erwähnt, die erste Abhandlung vom Jahre 1875 über die Merkmale niederer Menschenrassen, dann die Beiträge zur Anthro- pologie der Deutschen und weitere Mittheilungen über friesische und nieder- I* 12 WALDEYER: ländische Schädel. Durch die erste Abhandlung wurde die Aufmerksam- keit der Fachgenossen überhaupt erst auf die Bedeutung solcher Merkmale am Schädel gelenkt, wie der Stirnfortsatz der Schläfenschuppe, das Os Incae am Hinterhauptbein und die schmalen Nasenbeine. Der Stirnfortsatz der Schläfenschuppe kommt weit häufiger bei nichtarischen als bei arischen Stämmen vor. Die vorderen temporalen Schaltknochen, die »Ossa epi- pterica«, sind zwar verwandte Bildungen, doch nicht dem Stirnfortsatz gleich- werthig. Dem Inkaknochen liegt ein Bestehenbleiben oder eine späte Obli- teration der normalen Quernaht der Hinterhauptsschuppe zu Grunde; es handelt sich also um eine Hemmungsbildung: besonders häufig finden wir sie hei einzelnen altperuanischen Stämmen und demnächst bei den Malayen. Grofses Verdienst erwirbt sich hier Virchow durch die erste scharfe Unter- scheidung des echten Os Incae von ähnlichen Bildungen derselben Gegend, die früher oft verwechselt worden waren. Die durch auffallend schmale Nasenbeine, wie beim Orang, bedingte »Katarrhinie« ist gleichfalls häufig bei einzelnen Malayenstämmen beobachtet worden. Virchow macht besonders darauf aufmerksam, dafs diese affen- ähnliche (pithekoide) Form der Nasenbeine auch durch pathologische Vor- gänge bedingt werden könne. In dieselbe Abtheilung von Arbeiten gehört die Mittheilung über das zweigetheilte Jochbein. Es wird darin die Angabe von dem beson- ders häufigen Vorkommen dieser bemerkenswerthen Bildung bei Ainos und Japanern bestätigt und darauf hingewiesen, dafs Spuren dieser Zwei- theilung sich häufig auch an den Jochbeinen anderer Rassen finden. Diese Arbeiten haben zu vielen weiteren Untersuchungen nach der gleichen Richtung hin Anregung gegeben; es bleibt indessen, wie überall, Vieles zu thun übrig, um sicher festzustellen, welches Alles Merkmale niederer Schädelformen seien und ob die von Virchow aufgestellten dauernd die Probe bestehen werden. Wann aber wird mit einem Schlage ein grofses Problem völlig gelöst? Sehr werthvoll ist die in den Untersuchungen über deutsche und friesische Schädel begründete Erkenntnifs, dafs die Dolichocephalie kein speeifisches Merkmal altdeutscher Schädel sei. Auch wird hier zum ersten Male die Wichtigkeit der Höhenuntersuchungen von Schädeln und die daraus sich ergebenden Typen, die Chamäcephalie und Hypsicephalie, wie Virchow die niedrige Schädelform, bez. die hohe, benannt hat, dargelegt. Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 13 In der Arbeit über den jungen Gorillaschädel ist die erste genaue Beschreibung eines solchen jungen Anthropoidenschädels gegeben, zugleich mit Hinweisen auf das Verhalten zu menschlichen Kinderschädeln. In den andern genannten Abhandlungen und kürzeren Mittheilungen begegnen wir Virchow bei einer einfacheren Arbeit, der des Beschreibens einzelner Schädel verschiedener Völker, einer Arbeit, die man vielfach als eine nutzlose bezeichnet hat, und die ein Virchow, wenn sie einmal gethan werden mülste, wohl Anderen hätte überlassen können. Nicht blofs in den Schriften der Akademie, sondern auch an vielen anderen Orten noch hat Virchow solche Beschreibungen geliefert, die uns Tausende von Schädeln verschiedener Stämme kennen lernen. Es kann aber keinem Zweifel unter- liegen, dafs solche Arbeit gethan werden mufs, falls wir überhaupt einmal dazu kommen wollen, die anthropologische Seite der Schädelformen wissen- schaftlich zu begreifen. In der Botanik, in der Zoologie, in der Minera- logie, Erdkunde und Astronomie, ja in allen Wissenschaften, giebt es ähnliche Arbeit; sie liefert die nothwendige Unterlage für die weitere und tiefer gehende Forschung. Wenn Virchow nimmer müde ward, Schädel auf Schädel zu messen, wie sie ihm zukamen und wie er sie sich zu- sammensuchte, oft mit der gröfsten Mühsal, dann hatte er dabei einmal die stille Hoffnung, durch die Massenkenntnils vielleicht zu einer wissen- schaftlichen Auffassung vorzudringen, das andere Mal reizte es sicherlich den hochinteressirten Sammler, seine Detailkenntnifs zu vermehren und seine Mefsmethoden weiter zu erproben. Frage sich doch Jeder, wie es ihm selbst ergeht, wenn er sich einmal in ein Forschungsgebiet hinein- gearbeitet hat. Virchow hat zum mindesten seinen Nachfolgern ein schätz- bares Material überliefert und, was besonders betont werden mag, ihm flossen nun, als bekannt wurde, dafs er Alles gewissenhaft selbst unter- suchte und die Ergebnisse auch kundgab, von allen Seiten die seltensten Objeete zu. Somit ist durch diese mühsame Arbeit des grolsen Forschers unserer anthropologischen Sammlung eine solche Menge von werthvollen Schädeln zugegangen, wie sie kaum andere Sammlungen haben dürften. — Dafs alle die genannten Arbeiten über Schädel und anderes osteologisches Material von höherem Werthe seien, soll nicht behauptet werden; manches mag berechtigter Kritik unterliegen und ihr nicht Stand halten. Die übrigen der Akademie vorgelegten Arbeiten bewegen sich theils auf dem Gebiete der Prähistorie, wie die »über einen neuen Bronzewagen 14 WALDEYER: von Burg an der Spree«, über die »Zeitbestimmung der italiänischen und deutschen Hausurnen« und über die »ethnologische Stellung der prähisto- rischen und protohistorischen Aegypter nebst Bemerkungen über Färbung und Entfärbung der Haare«, — theils auf dem Gebiete der Ethnologie, wo- hin aufser der letztgenannten Arbeit zu rechnen sind die grofse Abhand- lung »über die Weddas von Ceylon«, die Schrift »über die Sakalaven« und verschiedene andere Mittheilungen, welche Madagaskar betreffen; ferner die Arbeiten »über die Verbreitung des blonden und des brünetten Typus in Mit- teleuropa« und »über die eulturgeschichtliche Stellung des Kaukasus, unter besonderer Berücksichtigung der ornamentirten Bronzegürtel aus transkauka- sischen Gräbern« sowie die zwei Mittheilungen »über die Bevölkerung der Philippinen«. Verschiedenes aus geographischem, eulturhistorischem und geschichtlich-medieinischem Felde behandelt dann Virchow in seinen Ar- tikeln »über das alte Troja und die moderne Troas« im Anschlusse an die Schliemann’schen Grabungen, »über das plötzliche Verschwinden der beiden Lavaseen in dem Krater des Vulcans Kiliauea auf Hawaii« und in der werthvollen Mittheilung »über den Hospitaliter-Orden vom Heiligen Geist, insbesondere in Deutschland«. — Als eine Frucht seiner Reise nach Aegypten bringt er der Akademie seine »Besprechung der Mumien der Könige im Museum zu Bulaq«. — Zum letzten Male als Akademiker sprach er in der Classen-Sitzung vom 30. November 1899 »über ein Flachbeil aus Jadeit von der Beeker Haide am Niederrhein« (Sitzungsberichte 1899, S. 370— 378). Mit der Beschreibung des merkwürdigen Bronzewagens von Burg an der Spree wird im Zusammenhange mit anderen von Virchow untersuchten deutschen prähistorischen Bronzefunden die Frage nach der Herkunft der- selben erörtert. Mit guten Gründen darf man diese nach dem Süden, und zwar noch in vorrömische Zeiten verlegen. Rückschlüsse auf in alten Zei- ten bestehende Handelswege in unseren Gegenden knüpfen sich daran. Zu den Mittheilungen mit ähnlichem wissenschaftlichen Hintergrunde, wie diese, gehört auch die »über die italiänischen und deutschen Hausurnen«, sowie die erwähnte letzte Mittheilung über das Jadeit-Flachbeil vom Niederrhein, welche als sehr werthvoll bezeichnet werden darf. Im An- schlusse an eine Reise nach dem Kaukasus, die im Wesentlichen Bronze- problemen galt, ergab sich der in der Akademie mitgetheilte Nachweis, dafs wir unser Bronzeeulturzeitalter nicht auf jene Gegenden, die niemals erölsere Culturvölker gesehen haben, zurückführen dürfen. (Gredächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 15 Ich verweile hier einen Augenblick bei den Besprechungen einzelner Fundobjeete, um darauf hinzuweisen, wie es eine charakteristische Eigen- art Virchow’s und einer seiner grofsen geistigen Vorzüge ist, dafs er bei den tausenden soleher oft unbedeutend erscheinenden Dinge, die er im Laufe der Zeit beschrieben hat, niemals den Zusammenhang mit allgemein wichtigen Fragen und Gesichtspunkten verlor und Alles mit seinem wahr- haft staunenswerthen Gedächtnisse und Orientirungsvermögen stets zusam- menhielt. Er brachte es noch fertig, bis in sein höchstes Alter hinein das gesammte riesengrolse anthropologische, ethnologische und prähistorische Material neben dem pathologischen wohlgeordnet zu überblicken und jeder- zeit zur Verwerthung bei einer Debatte oder Niederschrift bereit zu haben. Unwillkürlich wird man dabei an die scheinbar gänzlich ungeordnete Auf- stapelung der Broschüren und Bände in seiner grofsen Bibliothek erinnert, in der er aber vollständig Herr und Meister war. Die Mittheilung über die alten Aegypter, sowie der Bericht über die Königsmumien im Museum zu Bulaqg bringen, abgesehen von einer trefi- lichen anthropologischen Beschreibung der Mumien, als wichtigstes Ergebnifs die endgültige Feststellung einer ägyptischen Steinzeiteultur, die noch von Lepsius bestritten worden war und deren Nachweis auch Virchow selbst bis dahin noch nicht erbracht schien. Die grofse Abhandlung über die Weddas auf Ceylon zeigt den rich- tigen Blick, mit welchem Virchow bedeutsame ethnologische und anthro- pologische Probleme aufzudecken, zu erkennen und als solche in das rechte Licht zu setzen wulste. Dafs in dem nur noch in spärlichen Resten er- haltenen Wedda-Völkchen ein solches Problem vorliege, stand ihm klar vor Augen und er setzte alle Arbeit daran, sich das nöthige litterarische und anthropologische Material zu einer Bearbeitung zu verschaffen. Leider stan- den ihm an letzterem nur drei Schädel zu Gebote, die ihm durch Ver- mittelung des derzeitigen deutschen Consuls in Colombo. Hrn. Freuden- berg, zugegangen waren; aufserdem zur Vergleichung noch drei Singha- lesen- und drei Tamilen-Schädel. Er benutzt aber eingehend und in streng kritischer Weise alles in der Litteratur, namentlich der englischen, nieder- gelegte Material und kommt zu dem Ergebnifs, dafs die Wedda-Schädel ungewöhnlich kleine sind und Beispiele echter Nannocephalie darbieten. Die Wedda könnten als eine einfache Rasse angesehen werden, welche höchst wahrscheinlich verwandtschaftliche Beziehungen zu älteren dravi- 16 WALDEYER: dischen oder gar vordravidischen Stämmen Indiens haben. Die Singhalesen dagegen müfsten als eine gemischte Rasse angesehen werden. Mit beson- derem Nachdrucke wird darauf gedrungen, dafs unverzüglich eine genaue Speecialforschung der spärlichen, aber ethnologisch so wichtigen Reste der Weddas unternommen werden sollte. Und diese Mahnung hat reiche Frucht erbracht! (9) In ähnlicher Weise sind die allerdings kürzer gefafsten Untersuchun- gen über die Sakalaven und Philippinen-Völker gehalten. Die ganz kurze nach brieflichen Mittheilungen Dr. Arnings gegebene Vorlage über das plötzliche Verschwinden der in Form zweier Seen auf- gestauten glühenden flüssigen Lava in den grofsen Kraterbecken des Ki- liauea auf Hawaii, des Halemaumau- und Neuen Sees, in der Nacht vom 6. zum 7. März 1886 will nur der Akademie von diesem sehr bemerkens- werthen Ereignisse Kenntnifs geben. Eingehender möchte ich bei den aus eigener Anschauung Virchow s in theilweise lebendiger Schilderung gegebenen Vorträgen über die heu- tige Troas, mit denen Ausblicke auf die Schliemann'schen Ausgrabungen verknüpft sind, verweilen. Sie ergaben sich aus der Freundschaft Vir- chow’s mit Schliemann, dem »selfmade Man« in des Wortes strengster Bedeutung, einer Freundschaft, welche der Prähistorie zum höchsten Nutzen gereicht hat. Schliemann war von Gladstone auf Virchow als einen der besten Urnenkenner verwiesen worden, und Virchow’s unwidersteh- lichem Einflusse ist es zu danken, wenn Schliemann in die richtigen Bahnen gelenkt wurde und schliefslich der kundigen Hand Dörpfeld's die weiteren Ausgrabungen zu Hissarlik in Oberleitung übergab. So kam denn auch Schliemann zur wohlverdienten Anerkennung und schliefslich unsere Museen zu Schätzen, die ihnen für alle Zeiten zur gröfsten Zierde gereichen. Und dabei wollen wir nicht vergessen, dafs bei diesen Unter- nehmungen sich der stille Werth der Zugehörigkeit zu einer Körperschaft, wie die Akademie es ist, zeigt. Virchow hat stets mit seinen Collegen in der Akademie, den Historikern, Philologen, Chemikern, Botanikern, Zoologen, Anatomen, Mineralogen und Geologen, freundliche Fühlung ge- gehalten, indem er frei nahm und gern gab, wo er dessen bedurfte oder Andere seine Meinung zu hören wünschten. Sehr gern hat die Akademie auch in ihren äufseren und in ihren Ver- waltungs- Angelegenheiten Virchow’s oft zum rechten Wege führenden Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 17 Rath gehört, wie denn sein richtiges Empfinden und schnelles, scharfes Durchdringen der Sachlagen, selbst der verwickeltsten, von allen Seiten anerkannt werden. In mehreren Commissionen der Akademie, so bei der Humboldt-Stiftung und bei der Graf Loubat-Stiftung, war er ein sehr thätiges Mitglied, und als es galt, im Jahre 1899 in Wiesbaden den Grund zu legen zu der grofsen Association der Akademien, wurde Rudolf Vir- chow mit in die dreigliedrige Abordnung gewählt, welche unsere Aka- demie zum Werke entsandte. Um die Bedeutung Virchow’s für die Akademie voll zu würdigen, mufs noch daran erinnert werden, dafs seine Aufnahme wiederum eine Erweiterung des Arbeitsplanes der Akademie bedeutet. Wenn ich sage »wiederum«, so soll das anlehnen an die früheren Zeiten, in denen häu- figer Pathologen, selbst praktische Ärzte Mitglieder der Akademie waren und Mittheilungen pathologischen Inhaltes machten. Ganz neu ist die Anthro- pologie mit Virchow in dieses Haus, in welchem wir heute die letzte Fest- sitzung feiern, eingezogen. Auch für die Zukunft wird es der Akademie von Vortheil sein und ihr wohl geziemen, wenn sie, sobald die richtigen Kräfte sich finden, den von Rudolf Virchow so ruhmvoll vertretenen Disciplinen wiederum eine Stätte bereitet. In die Geschichte der Akademie zurückblickend, müssen wir zwar offen sagen, dafs nicht wenige ihrer Mitglieder für die Akademie eine gröfsere Bedeutung gehabt haben, als sie Virchow zuerkannt werden darf; doch das eine wird bleiben: »Nennt man die besten Namen, wird auch der seine genannt!« Als Mitglied der Akademie und ihr zu Virchow ’s Gedächtnifsfeier berufener Redner könnte ich hier abschliefsen; aber dann würde mein Ver- such, dem grofsen Todten gerecht zu werden, ein allzu sehr verstümmelter Torso bleiben. Seine weitaus gröfste Bedeutung hat Virchow aufserhalb der Akademie erlangt; aber er brachte sie, wie du Bois-Reymond treffend sagt, der Akademie als »Morgengabe« mit, und so ziemt es wohl, noch einen Augenblick bei Virchow’s reichem Leben und bei seiner er- staunlichen und grofsartigen Arbeitsleistung im Ganzen zu verweilen, um das Bild, soweit es meinen unzulänglichen Kräften möglich ist, vollendet Gedächtnifsreden. 1903. TI. 3 18 WALDEYER: in den Rahmen zu setzen. Doch kann es sich nur um Umrisse handeln, welche die Hauptergebnisse von Virchow’s Forschungen zusammenfassen und sondern. In dem Eingangs gegebenen Überblicke von Virchow’s Lebens- und Werdegange trat es bereits hervor, dafs wir ihn nach seinen wissenschaft- lichen Leistungen als Anatomen, als Pathologen und als Anthropologen einschätzen müssen. Dazu kommt eine nicht hoch genug anzuschlagende Thätigkeit auf dem Felde der öffentlichen Gesundheitspflege, und da sich Virchow mitten ins öffentliche Leben gestellt hat, würde das Bild ver- blassen. wollten wir von da aus nicht auch wenigstens einen Lichtstrahl auf dasselbe werfen. Bei der Schilderung des Wirkens von Rudolf Virchow in der Aka- demie mufsten wir ihn fast ausschliefslich als Anthropologen, Ethnologen und Prähistoriker betrachten ; wir wollen zunächst auf diesem Gebiete bleiben, und hier die Schilderung ergänzen. Das ist vor Allem durch Erwähnung der zahlreichen Erweiterungen und Verbesserungen des anthropologischen Messungsverfahrens zu thun, welche wir Virchow verdanken. Auf seine Anregung, zum grofsen Theile wenigstens, ist die sogenannte Frankfurter Verständigung zur Festsetzung einer »Horizontale« für Schädelmessungen angenommen worden. Wenn ich anschliefsend hieran erwähne, dafs eine beträchtliche Anzahl der jetzt üb- lichen anthropologischen Termini auf Virchow zurückzuführen ist, so wird damit die grofse Ausdehnung seiner Thätigkeit auf alle Gebiete der an- thropologischen Diseiplinen weiter in’s Licht gestellt. Er war es ferner, dem wir den Nachweis der norddeutschen Pfahlbauten, insbesondere bei dem jetzigen Wollin, dem alten Jumneta (Vineta), sowie ihre gründliche Durchforschung verdanken; auch zeigte er das jüngere Alter derselben gegenüber den gleichen Ansiedelungen des Südens und wies durch eine genaue Untersuchung der Töpfereireste ihre Gleiehaltrigkeit mit den Burg- wallniederlassungen nach. Wir verdanken seinen Forschungen weiterhin das Ergebnifs, dafs die sogenannten Wendenkirchhöfe bereits der vor- slavischen Zeit angehören. Aufser den schon bei der Besprechung der akademischen Thätigkeit Virchow’s behandelten somatisch-anthropologischen Forschungen, liegen noch eine grofse Reihe von sonstigen Veröffentlichungen aus diesem Gebiete vor, von denen eine besonders hervorgehoben zu werden verdient, das Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 19 grofse Werk über die Crania Americana. Abgesehen von einer genauen Charakteristik der bis jetzt vorgefundenen Schädeltypen liegt der Werth des schön ausgestatteten Bandes in der gründlichen Darstellung der künst- lichen Schädeldeformationen. Erwähnt wurden vorhin seine Untersuchungen der alten Handels- wege, auf denen doch unbestreitbar die Cultur in unsere Gaue vorgedrun- gen ist. Es war dies eine Lieblingsforschung Virchow’s: dem Bernstein- handel, dem Feuersteinhandel ging er nach und spürte die Hacksilberwege auf. Durch die eingehende Beschäftigung mit der Ethnologie und der Prä- historie des Kaukasus, der Troas und Aegyptens wurde unser Mitglied auf die Erforschung des Ostens geführt, die ihm noch am Abende seines Lebens, dank der Umsicht und Energie der von ihm instruirten und ausgesandten jungen Forscher, eins seiner schönsten und liebsten Ruhmesblätter bringen sollte, die Ermittelung des alten chaldischen Reiches, durch dessen einstmalige Gelände später Xenophon mit seinen Zehntausend zum Theil seinen Weg nehmen mulfste. Virchow ruhte aber damit nicht, sondern übernahm noch die Oberleitung einer neu entstandenen Deutschen Gesell- schaft zur Erforschung Kleinasiens, insbesondere Anatoliens und Kappa- dociens. Da traf ihn der Tod! Noch dreier seiner verdienstvollsten Forschungen und Organisationen auf anthropologisch-ethnologischem Gebiete sei gedacht: der Hausfor- schung, der Gründung des Trachtenmuseums in Berlin und des grofsen Unternehmens der Untersuchung der deutschen Bevölkerung in den Schulen nach der Vertheilung der Blonden und Brünetten. Dies Werk mufs mit verbesserten Methoden auf’s Neue aufgenommen und erweitert werden, und bezüglich des so werthvollen Trachtenmuseums kann ich an dieser Stätte und zu dieser Stunde den Nothschrei nicht unterdrücken, dafs man doch einmal durch Errichtung eines würdigen Heims für die so schätzbare Sammlung die brennende Ehrenschuld den Manen Virchow'’s abtragen möge. Höher noch als der Anthropologe ragt der Anatom und Pathologe Virchow! Wenn ich Virchow zu den Anatomen zähle, so berechtigt mich dazu ein Dreifaches: einmal ist seine Hauptarbeitsrichtung in der Patho- logie die histologisch-anatomische. Zum zweiten hat er mehrere sehr werth- volle, zum Theil bahnbrechende normal-anatomische Untersuchungen ge- J% 63} 20 WAULDEYER: liefert, die zunächst zu besprechen sein werden, und endlich zeigt der Übergang Virchow’s zur Anthropologie und insbesondere seine andauernde Beschäftigung mit der somatischen Anthropologie, wie stark seine anato- mische Studienneigung war. Zweierlei Einwirkungen auf‘ den in die medieinischen Studien eintreten- den Jünger haben offenbar mitgewirkt, den schon beim Knaben hervortre- tenden Sinn für die Beobachtung naturwissenschaftlicher Objecte weiter zu entwickeln und ihm eine bestimmte Richtung zu geben, das war die in demselben Jahre, als er die Universität bezog (1839), durch Schwann und Schleiden begründete Zellenlehre und der vorhin eingehend gewür- digte Einflufs Johannes Müller’s, der das mit der Zellenlehre eröffnete Forschungsgebiet, welches bestimmend und befruchtend auf die gesammte Biologie einwirkte, selbst eifrig pflegte. Das erklärt auch die hauptsäch- lichste Forschungsrichtung Virchow’s in der Pathologie, die ich vorhin als eine anatomisch-histologische bezeichnen durfte. Virchow’s Untersuchungen in den normal anatomischen Diseci- plinen, zu denen ich die Entwickelungsgeschichte rechne, betreffen in erster Linie die Zellen und ihre Genese, dann die von unserm ver- storbenen Mitgliede C. B. Reichert in eine Gruppe zusammengefafsten Bindesubstanzgewebe (10), die Pigmente, Pigmentgewebe und krystallinischen Bildungen (11), das Nervengewebe (12), dann entwickelungsgeschichtliche Fragen (13). Hieran schliefse ich das, was Virchow von zoologischen Objecten bearbeitet hat (14). Nur in knappen Umrissen sei das Wichtigste, was in den genannten Gebieten er- worben wurde, skizzirt. Voran allen steht das in die bindende Formel »Omnis cellula a cellula« gefafste Ergehnifs vieljähriger Studien Virchow ’s über die Entstehung der Zellen, jener Elementarorganismen, aus denen sämmtliche organische Wesen bestehen. Schleiden und Schwann hatten die Meinung verfochten, dafs die Zellen nach Art krystallinischer Nieder- schläge in einem halbflüssigen, allem Lebendigen zu Grunde liegenden Bil- dungsmateriale, welches mit dem Namen »Blastem« belegt wurde, ent- ständen. Kein Geringerer als Henle blieb noch geraume Zeit später An- hänger dieser Lehre: wenigstens liefs er sie neben der anderen, die Virchow zuerst als allgemein gültig hingestellt hat, noch gelten. Allerdings hatte schon Robert Remak (15) 1841 als Erster eine Entstehung von neuen Zellen aus alten durch Theilung der letzteren bestimmt beobachtet und Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 21 beschrieben, und andere Forscher, vor Allem unser auswärtiges Mitglied, A. von Kölliker, waren ihm mit Nachweisen aus dem Gebiete der Em- bryologie (Furchungsprocefs) gefolgt; doch bis zur Verallgemeinerung dieser Lehre und Übertragung derselben auf die Zellenneubildung bei völlig aus- gebildeten Organismen war noch ein weiter Schritt, und es bedurfte sicher- lich einer Fülle von Beobachtungen, um ihn thun zu lassen. Virchow hatte unausgesetzt in diesem Sinne geforscht, und insbesondere die pathologischen Zellbildungen, von denen die ältere Lehre ganz besonders zu gelten schien, untersucht. Vielfach waren ihm dabei Bedenken aufgestofsen, da er früher selbst die freie Zellbildung aus Blastemen vertheidigt hatte. Man erkennt in Verfolgung seiner Veröffentlichungen seinen abwägenden kritischen Geist, der sich nicht leicht entschliefst, einer Doctrin zuzustimmen, bevor er sie nicht hinlänglich gesichert weils. Genau so geht es Virchow hier, wie später bei der Descendenzlehre; nur kam der jüngere Forscher rascher zum Entschlufs und wagte den kühnen, folgenschweren Ausspruch, der als ein Grundgesetz der Biologie gilt, an dem keine Zeit mehr rütteln wird (16). Würden wir Virchow nur diese eine Verallgemeinerung einer grofsen Er- kenntnifs verdanken, die er mit knapper Klarheit und voller Überzeugung hingestellt hat, sie würde genügen, seinen Namen für alle Zeiten in der Geschichte der Wissenschaft zu erhalten! Das positive Ergebnifs seiner mannigfaltigen Untersuchungen der Binde- substanzen ist der sichere Nachweis von Zellen in allen Gliedern derselben als dauernder Bestandtheile. Dieser Nachweis hatte eine folgenschwere Bedeutung, indem er die Vorbedingung für die eben besprochene Erkennt- nifs der Zellengenese bilde. Virchow wurde hierbei in eine Jahre lang sich hinziehende litterarische Fehde mit seinem ebenbürtigen Gegner Henle verwickelt, die mit zu den reinigendsten und bemerkenswerthesten Contro- versen in unserer anatomischen Litteratur gehört; Virchow behielt in der Hauptsache Recht (17). — Im Vorbeigehen sei des Nachweises gedacht, dafs die krystallähnlichen Dotterelemente der Fische Eiweilsbildungen sind, ferner der werthvollen Entdeckung der aus alten Blutresten im Körper sich bildenden, von Virchow als »Hämatoidinkrystalle« bezeichneten Gebilde. Die Anatomie des Nervensystems bereicherte Virchow mit zwei Entdeckungen ersten Ranges, mit der Erkenntnils, dafs im gesammten Centralnervensystem eine feine Zwischensubstanz vorhanden ist, die er 22, WALDEYER: zwar noch zur Gruppe der Bindesubstanzen rechnete, deren Eigenart er jedoch bald erfasste und betonte, indem er sie mit einem besonderen Namen, Neuroglia (Nervenkittsubstanz), belegte, ferner, dafs um die ar- teriellen Hirngefäfse eine besondere Lymphscheide vorhanden sei, die als der Virchow-Robin sche Raum bezeichnet wird. Für die Anatomie, Physiologie und Pathologie ist Beides von gleicher eminenter Wichtig- keit (18). — Aus den entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen ragen die über die Bildung der Placenta und vor Allem die über die Ent- wickelung des Schädelgrundes hervor. Virchow, wenngleich früher anderer Ansicht, stellt sich in der betreffenden späteren Placenta- Arbeit auf die Seite derjenigen, welche annehmen, dafs die Zotten des kindlichen Chorion nach Schwund der Wandungen der mütterlichen Gefäfse in deren Liehtung eindringen und so gewissermalsen im mütterlichen Blute schwim- men, dem sie unmittelbar die nöthigen Ernährungsbestandtheile entnehmen. Ich bin seiner Zeit Virchow darin entgegengetreten: die neuesten Unter- suchungen bestätigen indessen die Richtigkeit seiner Ansicht. Eine Fülle von Anregungen und neuen Feststellungen giebt die Mono- graphie über die Entwickelung des Schädelgrundes, die auch des- halb für die Beurtheilung von Virchow’s Lebensgang so wichtig ist, weil, so scheint es mir wenigstens, die Beschäftigung mit diesem packenden Thema, welches wiederum durch Beobachtungen über den Kretinismus bei unserm Autor in Aufnahme gekommen war, Virchow zur Anthropo- logie geführt hat. Diese junge Wissenschaft, mit der sein Forschen sich fortan vermählte, liefs ihn nun nieht mehr los (19). Er betrachtet in der zur Rede stehenden höchst beachtenswerthen Schrift das Problem von um- fassenden Gesichtspunkten aus und stellt sich die Aufgabe der Erkenntnils des Zusammenhanges zwischen Schädelform, Gesichtsform und Aufbau des Gehirns. Das Os basilare bildet den Angelpunkt der Entwieklung; Ände- rungen der Ausbildung des Grundbeins bringen nothwendig auch Ände- rungen in der Gesichts- und Gehirnbildung mit sich. Ich mufs es mir ver- sagen, hier auf eine weitere Analyse des Buches einzugehen; es wird stets zu denen gezählt werden dürfen, an deren Inhalt man vielleicht wird vieles abzuändern haben, zu dem vieles hinzukommen muls, welches aber niemals veralten wird. In der Frage nach der Existenz eines Schwanzes beim Menschen hat Virchow mit Ecker und His klärend und abschliefsend gewirkt. Beim Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 23 menschlichen Embryo ist entschieden eine unbezweifelbare Schwanzanlage vorhanden; die bei Erwachsenen nicht gar selten zu beobachtenden sch wanz- förmigen Anhänge der Steifsbeingegend müssen aber verschieden beurtheilt werden. Virchow lehrte hauptsächlich zwei Formen unterscheiden, die »weichen Schwänze«, d.h. diejenigen ohne axiales Knochenskelet, und solche mit Wirbelrudimenten » Wirbelschwänze«. Von zoologischen, zumeist gleichzeitig in das pathologische Gebiet fallenden Entdeckungen sind bedeutungsvoll der Nachweis der thierischen Natur desEchinococeus multilocularis (14a), einer äulserst merkwürdigen Form dieses so gefährlichen Blasenwurmes, die man bisher für eine einfache Gallertgeschwulst gehalten hatte, und das Auffinden der Entwicklung der ge- schlechtsreifen Trichinen im Darm sowie die Feststellung des Einwanderns der jungen Trichinen in das Innere der gestreiften Muskelfasern durch das Sarkolemma hindurch (14d-g). Ich berühre nebenher die kleine Mittheilung über Aurelia aurita (l4e), welche gelegentlich eines Badeaufenthaltes in Misdroy entstanden ist, charakteristisch genug für Virchow, der vom Beob- achten und Nachforschen nicht lassen konnte. Auch auf dem Felde der pathologischen Botanik verdanken wir Virchow eine bedeutsame Entdeckung, die der Mycosis aspergillina der Lungen. Um die gewaltige, bahnbrechende Thätigkeit Virchow’s auf seinem Hauptgebiete, der Pathologie, in ihrer vollen Bedeutung zu erkennen, brauchen wir ebenso wenig wie bei der anthropologischen Arbeit auf alle die fast unüberblickbaren Einzelforschungen einzugehen. Wie grolfsartig die Wirkung Virehow’s auf dem Felde der Pathologie gewesen ist, läfst sich an einigen wenigen Schöpfungen klar ersehen: Ich meine die Entdeckung der Amyloidsubstanz, die in der vorhin erzählten Begegnung mit Johannes Müller zur Aufklärung der Sagomilz wurzelt (20), dann die Entdeckung der Leukämie (21), durch welche die moderne, zu so hohen Erfolgen führende Hämopathologie hauptsächlich in’s Leben gerufen wurde, die Untersuchungsreihe über die Erkrankungen der Blutgefälse, die durch die Schlagworte Thrombose und Embolie gekennzeichnet wird (22), die Kritik der Rokitansky schen Krasenlehre (23), das grofse Werk über die krankhaften Gesehwülste (24) und die Hauptschöpfung Ru- dolf Virchow’s, die Cellularpathologie (26). Sein Jugendwerk, die Untersuchung über die Gefäfskrankheiten, be- gann unser Meister noch als Assistent Frorieps, angeregt durch dessen 24 WALDEYER: Rath, über Venenentzündung, Phlebitis, zu arbeiten. Das war damals durch einen — nebenbei gesagt, sehr unüberlegten — Ausspruch Cruveilhier's »La phlebite domine toute la pathologie«, ein sehr viel discutirtes Thema. Der kaum seinen Universitätsstudien entwachsene Forscher sah bald, dafs die bisherige Auffassung der Gefälsentzündungen eine völlig irrige war. Und wie geht er nun energisch, methodisch und zielbewulst, zugleich aber völlig selbständig vor! Erst wird das Blut nach allen Richtungen hin, namentlich nach der Seite seiner Gerinnungserscheinungen durch- forscht, dann die Gefäfse, dann kommt die genaue Beobachtung am Se- eirtisch, und die ganze Untersuchung gipfelt in einer Experimentalfor- schung, die immer ein Vorbild für die experimentelle Pathologie bleiben wird. Der Erstling zeigt, dafs er schon ein Meister war, dafs er Schulung und Methode besafs, aber auch den heiligen Eifer! Wiederholt hat mir Virchow’s späterer erster Diener am pathologischen Institute. der schon damals angestellt war, erzählt, dafs der junge Doctor bis in den grauenden Tag hinein an seinem Arbeitstische gesessen habe und dafs man ihn häufig daran habe erinnern müssen, es sei nun endlich Zeit das Mahl einzunehmen. Was bei dieser Arbeit herausgebracht wurde, war auch der Entbehrungen und der Nachtwachen werth: ein gänzlich neues Gebiet von gröfster allge- meiner Bedeutung für die gesammte Pathologie wurde aufgedeckt, das der Embolieen. Gleichzeitig wurde das Gebiet der Thrombose erheblich ge- klärt und der Grund zu einer richtigen Darstellung der entzündlichen Ver- änderungen der Gefäfse gelegt. Ich gestehe, dafs mir diese Arbeit Vir- chow’s immer die liebste und interessanteste gewesen ist, in die ich gern wieder einmal hineinblicke und es dann auch nicht bei dem blofsen Blicke bewenden lasse. Durch die herbe, aber sachlich wohl begründete Kritik des Roki- tansky’schen Handbuches beseitigte der junge Virchow mit einem Schlage die Gefahr, die bei dem hohen Ansehen, in welchem der grofse Wiener Pathologe stand und auch stehen bleiben wird, der Pathologie durch das rein speculative Gebäude der Krasenlehre, einer Tochter der alten Humoralpathologie, drohte. Jeder krankhafte Zustand sollte nach Rokitansky auf einer voraufgehenden krankhaften Mischung des Blutes, kpacıs, beruhen und es wurden nun rein theoretisch eine Reihe von sol- chen verschiedenen Krasen unterschieden. Wahrlich gehörte kein geringer Muth dazu. als ganz junger, eben angehender Forscher einem Manne, wie Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 25 Rokitansky, entgegenzutreten, um diese Schemen aus der Welt zu schaffen. Der kühne, aber wohldurchdachte Wurf gelang vollkommen: Rokitansky vertheidigte sein Lehrgebäude nicht, und aus der nächsten Auflage seines Werkes waren die Krasen verschwunden! Die grofsen Verdienste, welche Rokitansky sonst sich erworben hat, sind von Virchow stets bereit- willigst anerkannt worden (23). Das monumentale Werk über die krankhaften Geschwülste (24) ist das ansehnlichste Werk des Meisters, die Frucht einer zwanzigjährigen Arbeit und einer Erfahrung auf diesem schier unübersehbarem Gebiete, wie sie damals sicher Keinem zu Gebote stand: denn die zahlreichen Fälle, auf welche sich das Werk stützt, sind nicht blofs beobachtet, sondern nach Virchow’s Art durchgearbeitet. Er hatte die Dinge nur nicht zu Papier gebracht; das geschah erst, wie vordem bei der Cellularpathologie, auf Grund von stenographirten, dann sehr sorgfältig redigirten Vorträgen. Einzelne bisher unbekannte oder falsch gedeutete Geschwulstformen, wie das Gliom und das Psammom, werden beschrieben, alles Andere wohl geordnet und streng geschieden, was insbesondere seiner Zeit wohl jeder Pathologe bei dem proteusartigen »Sarkom« angenehm empfunden haben mag (25). Das Werk ist unvollendet geblieben, da Virchow, wieder seiner ab- wägenden, kritischen Natur folgend, sich nicht zu einer bestimmten Äufse- rung über die Krebsgeschwülste, deren Genese sehr in Frage stand, ent- schliefsen mochte. Seine bisherige Lehre hatte Widerspruch erfahren, dessen Berechtigung er anerkannte; er mochte jedoch.seine frühere Meinung nicht ohne ein »nonum prematur in annum« opfern. Den Gipfelpunkt der ruhmvollen Leistungen Virchow'’s bildet seine Aufstellung der Cellularpathologie als Grundlage alld; pathologischen Denkens und Forschens (26). Sie ist nicht wie eine Minerva aus seinem Haupte entsprungen, sondern die Frucht reifer Prüfung der bisherigen humoralpathologischen, naturphilosophischen (vitalistischen) und neuropa- thologischen Systeme, die in ihrer Unzulänglichkeit erkannt wurden, einer- seits, und der cellular- und allgemein-histologischen Forschungen Vir- chow'’s andererseits. Der Ausspruch: omnis cellula a cellula, die Unter- suchungen über die Bindesubstanzen, über die Gefäfsentzündungen und vieles Andere sind nur Etappen auf dem Wege zur Cellularpathologie, die der unermüdliche Wanderer bewufst durchmafs. Die Cellularpathologie stellt Gedächtnifsreden. 1903. T. A 26 WALDEYER: ein völlig neues System der Pathologie auf; sie besagt, dafs die wesent- lichen krankhaften Veränderungen und Vorgänge sich nicht in den flüssigen Theilen des Körpers (Blut, Lymphe, Gewebssaft) abspielen, auch nicht ausschliefslieh vom Nervensystem aus angeregt werden, sondern an den seit Schwann und Schleiden als die formalen Elementarbestandtheile des Körpers anerkannten Gebilden, den Zellen, einsetzen und ihren Ablauf nehmen. Damit fällt auch die naturphilosophische Vorstellung, dafs die Krankheiten gleichsam Wesen seien, die vom erkrankenden Körper Besitz ergriffen, hin. In den 40 Jahren, die seit dem Erscheinen der Geschwulstlehre und der Cellularpathologie verflossen sind, ist natürlich mancherlei von dem, was Virchow aufgestellt hat, als nicht haltbar erwiesen worden, vieles Neue ist hinzugekommen, welches eine mehr oder minder vollständige Än- derung von Diesem und Jenem bedingte, was derzeit aufgestellt worden war. Vor Allem sind es die Waller-Gohnheim’sche Wanderungstheorie der entzündlichen Vorgänge und die Bakteriologie, welche erstere ein Stück der alten Humoralpathologie wieder herstellte, welche letztere u. A. die ganze Lehre von der Tuberculose und Scrofulose umänderte und durch die mit ihr verknüpfte Entdeekung der Toxine und Antitoxine der Humoral- pathologie gleichfalls wieder Boden gab. In beiden Fällen hat Virchow nach reiflicher Prüfung einer offenen Anerkennung sich nicht entzogen (28).' Wie konnte auch der Meister, welcher die Pathogenese der Trichinose so gut entwickelte und die Myecosis aspergillina beschrieb, die Bakterien als Krankheitserreger nicht gelten lassen? Doch bleibt von dem Grundstocke seiner Geschwulstlehre wie von der Cellularpathologie so viel bestehen und wird fürder bestehen bleiben, dafs beide als weithin leuchtende Marksteine in der Geschichte der Mediein für alle Zeiten erglänzen und auch ihre actuelle Bedeutung sich dauernd erhalten werden. Wie in der Pathologie, so ist naturgemäfs auch in dem anderen grolsen von Virchow gepflegten Gebiete, der Anthropologie, Manches noch zu seinen Lebzeiten anders aufgefalst worden. Gewifs: Die von ihm aufge- stellten Mefsmethoden haben das ihrige geleistet, neue, den weiteren Ver- tiefungen in die offenen Probleme entsprechende, müssen an ihre Stelle treten; gewils, unser grolser Forscher hat sich in manchen Punkten geirrt, ! 2. Citat His. S. 44 Alin. 2. Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 27 so wohl in der Beurtheilung der Neanderthaler Schädel: aber es gilt auch von Virchow: »ynpdokw Ö'aei moAAa Öidarköuevos!« Er hat sich, ob- wohl nicht leicht, in manchen Punkten überzeugen lassen. Und end- lich, wenn er in der Frage der Descendenzlehre, über welche er zu verschiedenen Malen sich äufserte, sowie in der Auffassung des Lebens- problems eine gewisse Unsicherheit erkennen liefs und Neigung zum Neo- Vitalismus verrieth, kann man ihm das, der einer der besonnensten For- scher und kritischsten Denker war, gegenüber so grofsen Problemen verargen? Selbst in kleinen Dingen gab Virchow nur zögernd, und immer wieder kritisch erwägend, nach; das lag in seiner innersten Natur begründet. Wenn man ihm von einzelnen Seiten andere Motive hat unter- schieben wollen, wie etwa Scheu vor den letzten Consequenzen, Rücksicht- nahme auf menschliches Gefallen oder Mifsfallen, so kann dagegen nicht laut genug Protest erhoben werden. Rudolf Virchow hat wie Wenige den Muth persönlicher Überzeugung und des Eintretens für dieselbe ge- habt von seinem ersten selbständigen Handeln an, und er hat ihn mit in’s Grab genommen. Diese Empfindung kam mir vor Allem, als die treue Gattin auf meine Bitte mich an das Todtenlager führte und ich zum letzten Male auf die wie ehern festgefügten Züge blickte, mit deren Sprache ich im Leben so vertraut gewesen war! — Bei der Universalität seines Geistes gelangte Virchow zu einer Thätigkeit, die an die der grofsen Polyhistoren erinnert. Wir haben vor- hin schon erwähnt, dafs er wiederholt zu den wissenschaftlicehen Grund- fragen der Biologie: Auffassung des Lebens, Erblichkeit, Descendenz- lehre u. a. sich geäufsert hat. Aber auch geschichtlichen Studien ging er gern nach, wie seine Aufsätze zur Alterthumskunde seiner Vaterstadt, die er schon als junger Medieiner verfafste, darthun (27). Auch seiner tüchti- gen geographischen und sprachlichen Kenntnisse, die er öfter in fast pe- dantischer Weise seinen Schülern gegenüber handhabte, mag hier gedacht sein. Fand er Zeit zur Ausarbeitung, so ist sein Stil meisterlich, wie ins- besondere seine Gedächtnifsreden auf Johannes Müller und Schönlein erweisen. Vielfach ist die Meinung verbreitet, dafs Virchow als akademischer Lehrer kein Lob verdiene. Man sagt, dafs er — abgesehen von Unregel- mäfsigkeiten, die er im Einhalten seiner Vorlesungsstunden in den letzten Jahren oft auf sich lud — nicht selten von dem geraden, auf das Ziel 4° 28 WALDEYER: steuernden Gedankengange abgewichen sei, um abseits Liegendes, was er im Gange der Darstellung berührt hatte, in epischer Breite auszuspinnen; diese Eigenthümlichkeit trat auch bei manchen öffentlichen Vorträgen, die er auf Congressen und wissenschaftlichen Versammlungen hielt, hervor. Virchow pflegte sich kaum jemals auf einen dieser Vorträge im Einzel- nen vorzubereiten. Hatte er sich im Allgemeinen zurechtgelegt, was er sagen wollte, so war er sicher, die Gedanken so in Hülle und Fülle sich zuströmen zu finden, dafs er um das Material nicht besorgt zu sein brauchte. Und ich erkläre mir aus diesem gleichsam spontanen Zuströmen auch das häufige Abschweifen vom Hauptthema. Aber, merkwürdig! Virchow fand immer wieder den richtigen Weg dahin zurück. Und so war es auch bei den Vorlesungen. In usum Delphini waren sie freilich nicht gehalten! Virchow ’s Vortragsweise war mehr für Gereiftere bestimmt und diese brachten auch reichen Gewinn aus der Fülle des Vorgebrachten heim. Übrigens ist aus der Würzburger Zeit zu berichten, dafs Virchow ’s Vor- lesungen hoch geschätzt und stark besucht waren, so dals sogar die Zu- hörer vor der geöffneten Thür und unter den geöffneten Fenstern lauschten, so gut es gehen mochte (28). Obductionen hat Virchow in den letzten Jahren seines Lebens nur wenige noch selbst vorgenommen, doch liefs er sich die Ergebnisse be- richten, sah die gewonnenen Objekte genau durch und hat bis zum Tage seines Unfalles die Auswahl und Aufstellung der dem Museum zuzuwei- senden Präparate stets persönlich überwacht. Überhaupt war die Sorge für das Pathologische Museum eine der Hauptthätigkeiten Virchow’s neben seiner litterarischen. Damit ist aber auch eine Sammlung geschaffen worden, wie sie nirgendswo ähnlicher Bedeutung und ähnlichen Werthes mehr vor- handen ist. Sie umfafste beim Tode Virchow’s rund 23000 Nummern, erstreckt sich in gleichmäfsiger Weise auf alle Zweige der Pathologie und gewinnt ihren Hauptwerth dadurch, dafs sie zum weitaus gröfsten Theile — rund 20000 Präparate — von einem und demselben Manne, und zwar von dem Schöpfer der gegenwärtig herrschenden Grundsätze und Methodik in der Pathologie zusammengetragen, eigenhändig aufgestellt und beschriftet worden ist. Hierzu kommt ferner, dafs ein erheblicher Theil dieser Prä- parate von Virchow selbst in kleineren Mittheilungen, die an leicht zu- gängigen Stellen, wie in seinem Archiv und in den Verhandlungen der Berliner medieinischen Gesellschaft — abgedruckt in der allgemein ver- Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 29 breiteten »Berliner klinischen Wochenschrift« — sich finden, oder in seinem grofsen Geschwulstwerke nach Abstammung, Befund und Bedeutung genau beschrieben sind (29). Wir gedachten bereits der gleich werthvollen Sammlung, welche Vir- chow der Berliner anthropologischen Gesellschaft hinterlassen hat; sie um- fafst bis zu 4000 Rassenschädel und Rassenskelete zum Theil der selten- sten Art (30). Erstaunlich war endlich Virchow’s Gelehrten-Arbeit in wissen- schaftlichen Vereinen und bei der Herausgabe fachmännischer Zeit- schriften und Berichte. Frühe schon trat er an die Spitze der Berliner medieinischen und anthropologischen Gesellschaft, der Deutschen anthro- pologischen Gesellschaft, der Deutschen pathologischen Gesellschaft und der Gesellschaft Deutscher Ärzte und Naturforscher, deren Reorganisation wesentlich ihm zu verdanken ist. Wir werden Virchow ’s Bedeutung auf diesem Felde erst recht inne, wenn wir uns dessen erinnern, dals er in allen den genannten Vereinen wirklich thätig war, ja der Thätigsten einer. Fast in jeder Sitzung der medicinischen und anthropologischen Gesellschaft leitete er die Verhandlungen persönlich; zumeist hatte er auch etwas vor- zutragen oder zu demonstriren bis in die letzte Zeit seines Lebens hinein. Dabei mufs ausdrücklich seines grofsen Organisationstalentes gedacht werden, wie sich das insbesondere bei der erwähnten Umgestaltung der Deutschen Naturforscher- und Ärzte- Versammlung gezeigt hat. Aber auch bei allen übrigen Vereinen hat er in gleicher Weise seine Spuren für lange Dauer hinterlassen, und wenn einmal schwierige Zwischenfälle eintraten, so wandten sich fast unwillkürlich aller Augen zu dem ruhigen greisen Gelehrten auf der Sella eurulis mit der Zuversicht, dafs er Alles in das richtige Geleise bringen werde — und so geschah es denn auch. Wem von uns, die derzeit mitwirken durften, werden nicht die Abende — ja, man müfste von manchen sagen, die Nächte — in unvergelslicher Erinnerung bleiben, in denen Virchow, fast schon ein Siebenziger, mit Jugendlicher Frische und Unermüdlichkeit die Vorbereitungen für den grofsen internationalen medieinischen Congrefs ordnete, der vor 13 Jahren in Berlin tagte? Wie oft ist sein Rath für derartige Veranstaltungen und Organi- sationen nicht auch von aufserhalb in Anspruch genommen worden! Schon seit dem Jahre 1847 ist Virchow als Begründer und Herausgeber periodischer Zeitschriften auf den Plan getreten. Es erschien damals der 30 WALDEYER: erste Band des von ihm und B. Reinhardt unternommenen » Archivs für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin«, welches nach dem bald darauf erfolgten Tode Reinhardt’s von Virchow allein bis zum 166. Bande weitergeführt wurde; noch auf dem letzten Kranken- lager war der todmüde Mann für sein wissenschaftliches Lieblingskind thätig. Wahrlich: ein »Monumentum aere perennius« kann man von dieser Schöpfung sagen! Zwei Menschenalter medieinischer wissenschaftlicher Ar- beit spiegeln sich aus diesen zahlreichen Bänden wieder, gelenkt oder sicher- lich doch beeinflulst von dem Geiste des wunderbaren Mannes, der sie an’s Licht gebracht hat. Die Spalten der ersten Bände füllte Virchow fast ganz allein — und wie! In kurzer Zeit wendete diese aufräumende und schaffende, diese unerschrocken und zielbewulst vorgehende Arbeit ihm Hunderte von Mithelfenden zu, und als der Begründer dieses Welt- archivs aus dem Leben schied, konnte er das tröstliche Bewufstsein mit in sein Grab nehmen, dafs auch in Zukunft diese seine Schöpfung gesichert bleiben werde; er hatte sie auf feste Fülse gestellt, und so stand sie, als er sie verlassen mulste. Als Virehow das Archiv in’s Leben treten liels, war er 26 Jahre alt, Proseetor an der Charite, eben im Begriffe sich als Privatdocent an der Universität zu habilitiren; er und Reinhardt standen ganz allein, wenigstens hatten sie keinen »Namen« hinter sich. So hatte auch seiner Zeit Reil sein Archiv gegründet, welches später von Meckel, Johannes Müller, Reichert und du Bois-Reymond weitergeführt wurde, so Max Schultze das »Archiv für mikroskopische Anatomie«, Gegenbaur sein »Morphologisches Jahrbuch«. Vielfach pflegt man heutzutage vorsichtiger zu sein, wenn es auch an blühenden Einzelgründungen noch nicht fehlt. Es erscheint sicherer, eine Reihe von Mitarbeitern zu gemeinsamer Arbeit unter der Leitung eines oder weniger Herausgeber zu verpflichten, und wer wollte das tadeln? Es liegt im Zuge der Zeit, das corporative Arbeiten; doch thun uns für die grofsen Fortschritte, als kräftiger, belebender Sturm- hauch, die ganz auf eigenen Füfsen stehenden Männer, die Reformatoren, Noth; hoffen wir, dafs sie auch in Zukunft unserm Vaterlande nicht fehlen werden, wie wir ihrer bisher nicht ermangelten! Im Jahre 1848 fügte Virchow mit seinem Freunde Leubuscher eine Wochenschrift » Die medieiniseche Reform « hinzu, welche aber, insbeson- dere der Berufung nach Würzburg wegen, mit dem Ende ihres ersten Jahr- (Gredächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 31 ganges schon zu erscheinen aufhörte. Die »Reform« war, wie es ihr Name besagte, der bessernden Umgestaltung des gesammten öffentlichen, staat- lichen, wie socialen Medieinalwesens gewidmet. Ihr wenn auch nur kurzes Bestehen ist für die Beurtheilung der Stellung Virchow’s zum öffentlichen Leben und für seine Charakterisirung im Ganzen von voller Wichtigkeit (31). Zwanzig Jahre später, anläfslich des internationalen anthropologischen Congresses in Kopenhagen und der Ärzte- und Naturforscher-Versamm- lung in Innsbruck (1869) wird wesentlich durch Virchow’s Eingreifen die »Deutsche Anthropologische Gesellschaft« und ihr Organ, das »Correspon- denzblatt der deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Ur- geschichte« gegründet, und in derselben Weise die »Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte« mit der ihr dienenden » Zeitschrift für Ethnologie«. Hier ist auch noch das kurz zuvor, haupt- sächlich durch Alexander Ecker’s und Lindenschmit’s Bemühungen begründete »Archiv für Anthropologie« zu nennen, zu deren Herausgebern Virchow seit 1870 (IV. Band) bis zu seinem Tode (XXVIM. Band) gleich- falls gehörte, wenn ihm auch für dieses Archiv und für das Correspon- denzblatt die Hauptarbeit durch Ecker, Lindenschmit und Semper, später von Johannes Ranke abgenommen wurde. Dagegen hat Virchow bis zu seinem Ende fast die ganze Arbeitslast für die Zeitschrift für Ethnologie getragen. Es sei ferner nicht vergessen, dafs er über ein halbes Jahrhundert hinaus in hingebendster Weise seine Sorge dem grolsen medieinischen Referat- Unternehmen, welches als Fortsetzung des »Canstatt’schen Jahres- berichtes« später — und mit Recht — seinen Namen trug, gewidmet hat. Soll ich noch einmal, am Ende der Schilderung der wissenschaftlichen Thätigkeit Rudolf Virchow’s, sein Bild auf diesem Hintergrunde in schar- fen Umrissen zeichnen, so glaube ich das nicht besser thun zu können, als mit den Worten, die ich ihm bald nach seinem Tode in einem kurzen Nachrufe (32) widmete: »Wohl überlegend, dann aber muthvoll zur That, so finden wir ihn nach dem Wahlspruche unseres grolsen Strategen: »Erst wägen, dann wagen!« Virchow reinigte erst überall das Feld in der Wissenschaft, wo er es von falschen Lehren, Speculationen und altem Ballast überwuchert fand, vorbedacht zwar, aber dann unerschrocken und unbeugsam, mit scharfer Kritik, unbekümmert darüber, gegen wen er sie richten mufste, ohne Sorge für sich; er reinigte gründlich! Dann aber baute er auch auf. und ehe er abzureilsen begann, hatte er schon die 32 WALDEYER: Kelle, den Mörtel und die Bausteine zum Umbau in Bereitschaft — und was dann der Werkmeister baute, war niemals geringwerthig, meistens gut, oftmals für die Ewigkeit! Damit charakterisire ich den ganzen Mann in seinem zielbewufsten Handeln wie in seinem streng logischen Denken. Was er nicht leiden konnte, war Halbheit und Flachheit, Unüberlegtheit im Sprechen und Thun, alle Denkbequemlichkeit«. Wir verlassen nun den Gelehrten und Arbeiter im Dienste der Wissen- schaft, um uns noch das schöne und erwärmende Bild vorzuführen, welches Virchow in seiner socialen und staatsbürgerlichen Thätigkeit, wie als Mensch zeigt. Wir haben schon vorhin seines Abiturientenaufsatzes gedacht, welcher den Ernst der Lebensauffassung ahnen läfst, der ihn stets durchdrungen hat. Ein beredtes Zeugnils hiervon sowie von seiner humanen, dem Interesse des allgemeinen Wohles zugewendeten Gesinnung giebt die merkwürdige Schrift, welche der damals Siebenundzwanzigjährige nach der im Auftrage der Regierung 1845 ausgeführten Reise zur Untersuchung der vom Fleekfieber heimgesuchten Gegenden Oberschlesiens herausgegeben hat. Diese Schrift ist nach meinem Empfinden eines der werthvollsten Documente, welche uns Rudolf Virchow zu seiner Charakterisirung hinterlassen hat. Wir erblicken hier den freimüthigen Mann, der er geblieben ist bis zum Grabe, in voller Klarheit, wir gewahren seine schon früh erwachten socialen In- teressen und lernen den Scharfblick voll würdigen, mit welchem er den Untergrund der Volksseuchen in den socialen Mängeln und Vernachlässi- gungen erkennt. Und wie richtig hat sich ein grofser Theil dessen, was Virchow in dieser Schrift dargethan hat, erwiesen, wie Vieles, was er damals verlangte — u. A. ein »Gesundheitsamt« —, ist jetzt von der Regierung eingeführt worden! Von der Zeit ab hat Virchow keine Gelegenheit mehr vorbeigehen lassen, selbst unter den gröfsten Opfern an Zeit und Mühen, im Dienste der Humanität zu wirken. Eine ganze Menge von eommunalen Einrich- tungen, die nach dieser Seite hin geschaffen sind, namentlich in den Ge- bieten der Hygiene und der Ausgestaltung von Krankenhäusern, verdankt ihm ihre Entstehung; auch von auswärts her wurde sein Rath für solche Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 33 Dinge oft erbeten. Wie bereits angedeutet wurde, müssen wir sein Ein- treten in die communale Verwaltung, wie in die Politik, in letzter Instanz aus diesem seinem einheitlichen Bestreben, sowohl durch Forschung wie durch Bethätigung zur Hebung des socialen Wohles der Menschheit bei- zutragen, begreifen. Ein ganz hervorragender Zug war bei Virchow die Achtung vor Recht und Gesetz. Wiederholt habe ich Gelegenheit gehabt, Zeuge der Äufserung dieser seiner Gesinnung zu sein (33). — Frei von allen chau- vinistischen Anwandlungen liebte Virchow aufrichtig sein weiteres und engeres Vaterland, sein Deutschland, sein Preufsen, sein Pommern, seine Mark. seine zweite Vaterstadt Berlin, seine Akademie, seine Universität und so auch sein Heim in der stillen Strafse, wo er so lange Jahre gelebt hat und gestorben ist (le). Und die Seinigen wissen, was sie an ihm ver- loren haben! (34) Vor Allem aber hing er an der wissenschaftlichen Anstalt, die er hier gründen konnte, der ersten in Preufsen, die seitdem vorbildlich ge- worden ist für den grofsen Kreis der später erbauten Pathologischen In- stitute. Es war die letzte grofse und nachhaltige Freude seines reichen Lebens, dafs es ihm vergönnt war, noch das für die Institutssammlung nach seinem Plane hergestellte neue Gebäude einrichten und das Museum darin unterbringen zu können. In unserer Erinnerung stehen noch die beiden festlichen Tage der Eröffnung und des 80. Geburtstages Virchow’s, an welchen er sein Museum den zu seiner Beglückwünschung Herbeige- eilten zeigen konnte. — Zum Museum führte auch sein letzter Gang hier in Berlin! Als er nach seinem Unfall so weit wieder hergestellt war, dafs er ausfahren und, wenn auch mit Unterstützung, gehen konnte, liefs er sich zu dem hiesigen radiographischen Universitätsinstitute bringen und dort trotz aller Schmerzen und allen Ungemaches eine Röntgen- Aufnahme von seinem gebrochenen Beine machen. Dann mufste man ihn in seine Sammlung führen, wo er Platz nahm und sich alle dort vorhandenen Prä- parate vorlegen liefs, die sich auf seine Verletzung bezogen und die er nun mit dem Röntgogramm verglich, um, wie er sagte, klar zu sehen, was ihm widerfahren sei. Am anderen Tage verlie(s er Berlin, um in Teplitz’ Thermen völlige Heilung und in Harzburg’s Waldluft Stärkung für weitere Arbeit zu suchen. Das war vergebens. Man mufste ihn ungenesen hierher in sein Heim zu- Gedächtnifsreden. 1903. TI. 3 5 34 WALDEYER: rückbringen. Seine ihm so liebe Arbeitsstätte, die durch ihn für alle Zeiten uns und der ganzen Welt werth und theuer geworden ist, sollte er nicht wiedersehen. Bald schlofs er die Augen für immer! Rudolf Virchow ist der letzte unserer Todten, deren in diesen alten, ehrwürdigen, schlichten Räumen, in denen er so oft unter uns weilte, gedacht wird; wahrlich, eines Würdigeren konnte man beim Scheiden nicht gedenken! In das scharfe Forscherauge können wir nicht mehr blicken, nicht mehr in die wie eines Sehers durchgeistigten Züge; die Erde hat ihr Recht ge- nommen! Aber sein ungeachtet aller Vielseitigkeit in sich einheitlich gefügtes Bild halten wir fest, und so mag und wird es der Nachwelt erhalten bleiben: Ein Mann aus einem Gusse, dessen reiches Leben und Weben sich mit aller Folgerichtigkeit aus seiner inneren Natur ergab: gesund an Seele und Leib, scharfsehend und scharfdenkend, arbeitsfreudig und lebens- froh, klar und wahr, recht und gerecht, im edelsten Sinne des Wortes ein ganzer Mensch! (35) Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 35 Anmerkungen und Zusätze. la. Schivelbein ist eine an der Rega in der preufsischen Provinz Pommern an der Bahnstrecke Stettin—Danzig, zwischen Pommerisch-Stargard und Köslin gelegene Kreisstadt von (jetzt) etwa 6000— 7000 Einwohnern. Rudolf Ludwig Karl Virchow wurde daselbst am 13. October 1821 geboren. Sein Vater, Karl Ludwig, lebte dort als Kaufmann und Stadtkämmerer, seine Mutter, Johanna, war eine geborene Hesse. Die Geschichte der Familie lälst sich nicht weiter zurück verfolgen, so dafs über die Abstammung des Namens nichts bekannt ist. Erwähnt mag sein, dafs in Pommern ein Dorf, welches den Namen »Virchow« führt, sich findet, und zwar rokm SO. von Falkenburg, nahe der Grenze von Westpreulsen und 56m SW. von einem anderen Dorfe »Wurchow«, welches seinerseits unmittelbar an einem See, dem »Virchow-See« gelegen ist. Letzterer liegt nördlich vom Vilmsee, gleichfalls unweit der westpreufsischen Grenze und der westpreulsischen Stadt Baldenburg. Der Name deutet auf slavischen Ursprung. Der Virchow-See und die beiden Dörfer Virchow und Wurchow sind auf der Vogel’schen Karte des Deutschen Reiches und auf dem betreffenden Blatte des Debes’schen Handatlas angegeben. Rudolf Virchow besuchte die Elementarschule seiner Vaterstadt und erhielt dort von den Predigern Privatunterricht, der ihn für das Gymnasium vorbereitete. 1835 mit 134 Jahren trat er in dasselbe (zu Köslin) ein und bestand bereits vier Jahre darauf, zu Ostern 1339, mit 173 Jahren als Erster unter acht Prüflingen das 'Abiturientenexamen. Schon hierdurch, aber auch durch direete Nachrichten, vergl. Becher (III)! S.ı wird bezeugt, dals Virchow eine ausgezeichnete Befähigung besals; namentlich that er sich in den Sprachen hervor, nahm am hebräischen Unterrichte auf dem Gymnasium Theil, obwohl es schon damals feststand, dafs er Mediein studiren wolle, und erlernte das Italiänische ohne Lehrer im Sommerhalbjahre 1839, in der Zwischenzeit vom Gymnasium zur Universität. lb. Im Herbst 1839 wurde Rudolf Virchow in das Militärmedieinische Friedrich Wilhelms - Institut, die derzeit sogenannte »Pepiniere« aufgenommen, worin er bis 1843 blieb, während welcher Zeit er die vorgeschriebenen Vorlesungen und medieinisch - praktischen Übungen, Kliniken u. A. an der Berliner Universität besuchte. le. Am 23. October 1843 promovirte Virchow mit seiner Inauguraldissertation: »De rheumate praesertim Corneae«, absolvirte dann seine medieinische Staatsprüfung als Unterarzt der Charite (Eintritt 1. April 1843) und wurde 1844 Assistent des damaligen Prosectors an der Charite, Robert Froriep. Als Froriep kurze Zeit darauf nach Weimar übersiedelte, wurde Virchow (ı1. Mai 1846) zu seinem Nachfolger ernannt, habilitirte sich am 6. No- vember 1847 als Privatdocent an der Universität, wurde 1849 vorübergehend seiner Stelle ! Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Nummern des am Schlusse folgenden Litteratur- verzeichnisses. or 36 WALDEYER: als Proseetor der Charite enthoben und nahm zum Herbst 1349 die ordentliche Professur für pathologische Anatomie in Würzburg an, die erste ordentliche Professur, welche für dieses Fach in Deutschland errichtet wurde. Unterm 9. Juni 1856 wurde Virchow als ordentlicher Professor für dasselbe Fach und als Director des Pathologischen Instituts der Charite wieder nach Berlin zurückberufen, wo er sein Lehramt mit dem Beginne des Winter- semesters 1856 antrat und bis zu seinem am 5. September 1902, ı Uhr Mittags, erfolgten Tode behielt. Am 18. November 13859 erfolgte die Ernennung Virchow’s zum ordentlichen Professor an dem Königlichen Friedrich Wilhelms-Institute, an der Anstalt, als deren Zög- ling er 20 Jahre zuvor eingetreten war. Am 24. December 1860 wurde er Mitglied der Wissenschaftlichen Deputation für das Preulsische Medieinalwesen und am 22. December 1873 Mitglied der Königlich Preulsischen Akademie der Wissenschaften. ld. Rudolf Virchow vermählte sich am 14. August 1850 mit Ferdinande Amalie Rosalie (genannt Rose) Mayer, Tochter des angesehenen Frauenarztes, Geheimen Sanitäts- rathes Dr. Karl Wilhelm Mayer zu Berlin, welcher Ehe sechs zur Zeit noch lebende Kinder entstammen, drei Söhne und drei Töchter. le. Rudolf Virchow besals eine vortreffliche, zähe Gesundheit ohne äulfserlich be- sonders kräftig zu erscheinen; er war körperlich wie geistig von erstaunlicher Leistungs- fähigkeit; kaum jemals war er ernstlich krank gewesen. Der Unfall, welcher ihm mittelbar den Tod brachte, ein linksseitiger Schenkelhalsbruch dicht am Trochanter, ereignete sich am Abend des 4. Januar 1901, als er sich zu einer Sitzung der Gesellschaft der Erdkunde begeben wollte, beim Absteigen von einem Pferdebahnwagen. Vergl. darüber Werner Körte (XXV]). Der am 5. September 1902 Entschlafene wurde am 9. September, Vormittags ıı Uhr, vom Berliner Rathhause aus, wo eine Trauerfeier stattfand, unter Betheiligung, man darf wohl sagen der ganzen Stadt, und zahlreicher von auswärts her erschienener Abordnungen auf dem Matthäikirchhofe zur Ruhe bestattet. Virehow’s Wohnungen in Würzburg waren belegen zuerst in der Eichhornstralse, später im Hause »Backmund« in der Theaterstralse. In Berlin wohnte er nach seiner Rück- kehr von Würzburg zunächst (1856 — 1862) aın Leipziger Platz ı3, dann in der Hohenzollern- stralse ı und seit October 1864 bis zu seinem Tode in dem ihm gehörigen Hause Schelling- stralse 10. Er liebte die stille ruhige Stralse mit dem nahen von schönen Bäumen einge- rahmten Landwehrkanal; wenige Schritte brachten ihn von da zu einer der ersten Verkehrs- adern Berlins, der Potsdamer Stralse, deren hochragenden Baumbesatz er hatte pflanzen und heranwachsen sehen. Als vor wenigen Jahren die Bäume der nothwendigen Verbreiterung der Stralse zum Opfer fallen mulfsten, empfand er dies schmerzlich; der ganze Stadttheil war ihm eben eine engverbundene Heimat geworden. Öfters sprach er mit mir darüber, wenn wir aus den Facultäts- und Vereinssitzungen zusammen nach Hause wanderten. In der Schellingstrafse war natürlich Rudolf Virchow in jedem Hause bekannt; es hat ihm seiner Zeit zu seinem 80. Geburtstage die grölste Freude gemacht, dals ihn bei seiner Rück- kehr von der Feier im Pathologischen Institute am ı2. October 1901 die zur Schellingstralse gehörige Kinderschaar vor seinem Hause mit Blumenspenden und artigen Glückwünschen empfing. Diese sinnige Ovation seiner Nachbarn hat ihn, so schien es mir nach der Weise, wie er sie mir berichtete, tiefer und herzlicher berührt als alles Andere. 2. Über zwei der im Text angezogenen Thesen sowie über die Bedeutung der damit gethanen Aussprüche für Rudolf Virchow’s Lebensauffassung hat Letzterer sich selbst, wie folgt, geäulsert. Er sagt in der Antwort auf die Begrülsung, welche ihm anlälslich seines Gedüächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 37 fünfzigjährigen Doctorjubiläums seitens der Berliner Anthropologischen Gesellschaft zu Theil wurde (Zeitschrift für Ethnologie, 25. Band, Berlin 1893, S. 360ff.): »Die letzte These, die über die Eiszeit in Pommern, stand mit dem sonstigen Vorgange (seil. der medicinischen Doctorpromotion m.) in einem ebenso losem Zusammenhange, wie die erste, welche lautet: »Nisi qui liberalibus rebus favent, veram medicinae indolem non cognoseunt«. Aber beide lassen einigermalsen erkennen, dals die Grundzüge meines Wesens schon damals festgestellt waren. Denn ich darf diese Thesen auch jetzt noch vertheidigen. Die kleine Abhandlung, in der ich die Anwendung der eben erst aufgestellten Gletschertheorie von Agassiz auf meine heimische Provinz versuchte, war schon geschrieben; sie ist Manu- skript geblieben, aber ich habe das Vergnügen gehabt, in dieser Gesellschaft den Gedanken von Neuem aufzunehmen und etwas zu seineın Siege beitragen zu können. In der Mediein bin ich so weit gekommen, dals ich mit einiger Befriedigung auf meine Vergangenheit zurück- blicken kann. Auch unsere grolse medieinische Gesellschaft hat es sich nicht nehmen lassen, mir bei der jetzigen Gelegenheit, unter besonderer Berufung auf Ihren Vorgang, das Diplom eines Ehren - Präsidenten zu überreichen. Aber ich darf hinzufügen, dals, obwohl ich durch mein ganzes Leben die Probe dafür abgelegt zu haben glaube, dafs es möglich ist, neben einander Politik und Mediein zu treiben, ich doch unverbrüchlich daran festgehalten habe, der Wissenschaft ihre volle Unabhängigkeit von der Politik zu wahren.« »Woran mir gelegen war, das war und ist die volle Harmonie der individuellen Ent- wickelung. Sie tritt bei uns Gelehrten nicht so sehr hervor in der Grölse der eigenen wissen- schaftlichen Leistung, als vielmehr in der Art, wie der Einzelne seine Stellung unter den Collegen und unter den Menschen überhaupt gestaltet. Eine liberale Grundstimmung er- leichtert die Anerkennung des fremden Verdienstes, auf welcher die Unbefangenheit der allgemeinen Schlulsfolgerungen berulit und ebenso auch die Schätzung der kleineren Mit- arbeiter, deren Hülfe in der Colleetivarbeit der naturwissenschaftlich arbeitenden Diseiplinen nicht entbehrt werden kann. Sie führt im Grolsen zu jener Toleranz, welche neben den schärfsten Gegensätzen der Überzeugungen bestehen kann, in kleineren Verhältnissen aber zu der Collegialität, welche das Zusammenwirken von Menschen ganz verschiedener Über- zeugung in derselben Genossenschaft ermöglicht. « In diesen Worten ist Manches gesagt, was zur Charakteristik Rudolf Virchow's ge- hört. Aber es mu/s doch bemerkt werden, dals neben jener Toleranz, die man ihm im Grolsen und Ganzen nicht absprechen kann, eine oft sarkastisch hervortretende Schärfe seines Urtheils stand, welche den toleranten Grundzug vielfach, namentlich für die Fernerstehenden, verdeckte. 3. Der betreffende, vom 23. April 1839 datirte Bericht, welcher mir von der Direction der Kaiser Wilhelms - Akademie in beglaubigter Abschrift zur Verfügung gestellt wurde — ich spreche hier dafür aufrichtigen Dank aus — macht nicht nur dem jungen, damals 17$jährigen Virchow, sondern auch dem Bataillonsarzte Schacks (3. Bataillon 9. Landwehr- Regiments), Verfasser des Berichtes, alle Ehre. Der Schlulssatz lautet wörtlich: »Regsamen Temperaments, talentvollen Geistes, kräftigen, fest auf Vermehrung der Kenntnisse gerichteten Willens, scheinen von Anlagen nur allein die Krankheitsanlagen es zu seyn, die dem jungen Manne gänzlich abgehen, und es lälst sich daher bey einer so ungewöhnlich glücklichen Geistes- und Cörperbildung eine dereinstige unbeschränkte Brauchbarkeit des p. Virchow für den Königlichen Dienst als Militair-Chirurgus zuversichtlich erwarten«. Hr. Schacks spricht sich in diesem Gutachten, welches an seine vorgesetzte Behörde gerichtet ist, natürlich nur darüber aus, worüber er sich allein dienstlich zu äufsern hatte, über die Brauchbarkeit 38 WALDEYER: Rudolf Virchow’s für den Dienst als Militär -Chirurgus, wie die damalige Bezeichnung war. Damals konnte er noch nicht vorausschauen, wie weit der junge Mann, dem er ein so glänzendes Zeugnils ausstellt, über das genannte Ziel dereinst hinausgehen werde. Es scheint fast, als habe er eine Vorahnung gehabt. — Die im Texte gegebene kürzere Fassung habe ich der Gedächtnilsrede Marchand's entlehnt (XXX). 4. Johannes Müller. Eine Gedächinilsrede, gehalten bei der Todtenfeier am 24. Juli 1858 in der Aula der Universität Berlin. Berlin 1858. 8. Aug. Hirschwald. (S.4 und Ann. Nr. 42). 5. Johannes Müller zum Gedächtnils. Mit einer Abbildung des Denkmals in Coblenz. Archiv f. mikrosk. Anat. u. Entw.-Geschichte, 55. Band, Bonn 1900 (S. III). 6. Dafls Virchow mancherlei von R. Froriep gelernt hat, ist selbstverständlich, ebenso, dals er als Froriep’s Assistent zunächst nach dessen Weise die Obductionen vor- zunehmen hatte. Man vergleiche darüber den Abschnitt: »Pathologische Anatomie« in Lexis: »Die deutschen Universitäten« Bd. II, Berlin, Asher 1893. Virchow schreibt daselbst (S.25r): »Erst die Berufung des Chirurgen Rust von Wien brachte den Gedanken zur Reife, eine besondere pathologische Proseetur in der Charite einzurichten. Phoebus und nach ihm Rob. Froriep wurden mit dem neuen Amt betraut. Als Assistent des Letzteren und seit 1846 als sein Nachfolger, lernte ich die Kunst des Secirens und die Verwerthung der Be- funde«. Man wolle aber nicht übersehen, dals Virchow hier auch sagt »als sein Nach- folger«. Schon dies lälst auf das im Text (S.8) Gesagte zurückschlielsen. Insbesondere aber erweist sich letzteres als zutreffend durch Virchow’s Äulserung S.ı und 2 seines Buches: »Die Seetions-Technik im Leichenhause des Charite - Krankenhauses«. 4. Aufl. Berlin 1893. A. Hirschwald. 8. Wenn Virchow seine »Gesammelten Werke« später Froriep mit sehr anerkennen- den Worten in der Vorrede widmet und erwähnt, dals ihm Froriep ein Thema zu einer ersten selbständigen Arbeit gestellt habe, so spricht das für Virchow's Pietätsgefühl, der mit Recht einen so hervorragenden Mann, wie Froriep es war, ehrte und achtete. Aber weder aus der Widmung und Vorrede, noch aus der Darstellung der Arbeit selbst geht im Geringsten hervor, dals Froriep, abgesehen von der Stellung des Themas, irgend einen Einfluls dabei ausgeübt habe. Es ist hier wohl auch am Platze, der Beziehungen Virchow’s zu Schönlein zu gedenken. Dals der hochbedeutende Kliniker, der in demselben Jahre, in welchem Virchow immatrieulirt wurde, 1339, sein Berliner Lehramt antrat — er stand damals erst im 46. Lebensjahre — auf den begabten und strebsamen Schüler nachhaltig eingewirkt haben muls, ist als sicher anzunehmen, selbst wenn es uns Virchow nicht bezeugt hätte. Letz- terer sagt (Gedächtnilsrede auf Johann Lucas Schönlein, gehalten am 23. Januar 1865, dem ersten Jahrestage seines Todes, in der Aula der Berliner Universität. Berlin 1865, A. Hirschwald, Anm. 32, S. gr): »Da ich meine medieinischen Studien in Berlin machte, so habe ich auch das Glück gehabt, den neuen Professor noch in seiner frischesten Zeit zu hören, und ich erkenne dankbar an, dals ich die mächtigste Anregung von ihm erhalten habe.« In nähere Beziehungen zu Schönlein ist Virchow indessen nicht getreten; es scheint vielmehr, dals wiederholt Gegensätze zwischen Beiden vorhanden waren. So wider- setzte sich Schönlein dem Vorschlage des Militär -Medicinalstabes, dafs der junge Virchow an seiner Klinik als technischer Assistent für chemische und mikroskopische Untersuchungen angestellt werden solle, ebenso wie später eine Zeit lang seiner Wahl zum Nachfolger Frorieps. In der Folge gestaltete sich das Verhältnils Beider freundlicher. Bei den von Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 39 Virchow ausgeführten Sectionen war Schönlein fast stets zugegen und folgte deren Er- gebnissen mit vollem Interesse. Weder auf die Berufung Virchow’s nach Würzburg, noch auf die Rückberufung nach Berlin hat Schönlein nach Virchow's eigenem Zeugnils irgend einen Eintluls geübt; doch war der Facultätsvorschlag für Berlin damals ein ein- stimmig gefalster. Vergl. die oben eitirte Gedächtnilsrede Virchow’s auf Schönlein. 7. Als den Grund seiner zeitweiligen Amtsenthebung giebt Virchow selbst (Ge- dächtnifsrede auf Schönlein, Anm.) sein Verhalten bei den politischen Wahlen an. — Dals Virchow von vorn herein liberalen Anschauungen huldigte, geht aus der ersten These seiner Doctordissertation hervor. Man wolle hierzu auch unsere Anm. 2 vergleichen, in der er selbst sagt, dals die These aus einem Grundzuge seines Wesens hervorgegangen sei und mit der Doetorpromotion nur in losem Zusammenhange gestanden hätte. Hierzu kamen die trüben Eindrücke, die er gerade in der politisch so bewegten und für Europa so bedeu- tungsvollen Zeit, an der Wende der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur zweiten, in den vom Flecktyphus schwer heimgesuchten Gegenden Öberschlesiens erhielt. Er war von der Regierung zusammen mit dem Öbermedieinalrath Barez in die durchseuchten Gegenden gesendet worden, speciell mit der für ihn gestellten Aufgabe der wissenschaftlichen Unter- suchung der verheerenden Krankheit. Virchow kam in seinem der Regierung erstatteten Berichte seiner Aufgabe nach, soweit dies nach einem ı4tägigen Aufenthalte an Ort und Stelle, wo weitere Hülfsmittel nicht zur Hand waren, und naclı dem damaligen Stande unserer Seuchenkenntnisse möglich war. Der Eindruck des socialen Elends aber, unter welchem die in krassester Unwissenheit und Uneultur derzeit dahinlebende Bevölkerung niedergedrückt war, hatte eine tiefe Spur in dem Herzen des frei denkenden von humanen Empfindungen beseelten und das Interesse des Ganzen stets festhaltenden jungen Forschers hinterlassen. Zweifellos haben diese Eindrücke auch auf das damalige politische Verhalten Virchow’s eingewirkt. Es geht dies u. a. aus der gleichzeitig mit dem offieiellen Berichte an die Regierung erschienenen Schrift »Mittheilungen über die in Oberschlesien herrschende Typhus-Epidemie«, Berlin 1848, Georg Reimer, hervor. 8. Die genauen Citate der im Texte besprochenen Akademieschriften Virchow'’s findet man (bis auf die letzte über das Jadeit-Flachbeil, welche nicht mehr aufgenommen werden konnte) in A. Harnack’s »Geschichte der Königlich Preußsischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Berlin 1900«, im 3. Bande S. 273 ff. unter dem Namen »Virchow«. Ferner sind sie mitgetheilt, und zwar nach Jahrgängen geordnet, in der von Jul. Schwalbe herausgegebenen » Virchow - Bibliographie, 1843 —ı901«, Theil II, bearbeitet von ©. Strauch. 9. Ich meine hier das musterhafte und hochbedeutende Werk der Herren Paul und Fritz Sarasin: »Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon, Bd. III: Die Weddas von Ceylon und die sie umgebenden Völker; ein Versuch, die in der Phylogenie des Menschen ruhenden Räthsel der Lösung näher zu bringen. Wiesbaden 1892 — 1893, Kreidel’s Verlag«. In der Vorrede, S.2, findet sich folgender Satz: »Wenn auch schon vorher durch das Studium der Litteratur, namentlich des Virchow’schen Werkes, unser Interesse auf das Volk hingelenkt worden war, so wurde uns doch erst durch die directe Anschauung klar, dafs hier ein Stamm von allerhöchster Bedeutung vorliege«. Im Allgemeinen finden die Brüder Sarasin die Angaben Virchow's zutreffend; nur sind ihm einige Ver- sehen vorgekommen. In dem Hauptpunkte, dafs die Wedda alt- oder vordravidische Menschen- formen darstellen, stimmen unsere Autoren mit Virchow überein, ferner damit, dals die Singhalesen ein fernerstehendes Mischvolk bilden. Gegen Virchow führen die Brüder Sarasin aus, dals die Tamilen den Weddas näher verwandt seien als die Singhalesen. 40 WALDEYER: Auch sie, vergl. das aus der Vorrede Erwähnte, stimmen mit Virchow bezüglich der hohen Bedeutung der Weddaforschung zusammen. Endlich möchte ich auch noch auf einen anderen Punkt der Übereinstimmung von prineipieller Bedeutung hinweisen. Virchow äulsert sich, S. 39, in seinem Wedda-Werke dahin, dafs das Studium der Sprachen nur als Hülfsmittel der Untersuchung verwendet werden könne, die Linguistik vermöge nicht die Entscheidung in Rassenfragen zu geben; dieser Auffassung stimmen die Brüder Sarasin durchaus zu (a. a. O. S. 355). 10.2 a) Knochen- und Knorpelkörperchen. Verhdl. Würzb. phys.-med. Gesellsch. Bd.I. 1850. b) Über die Interzellularsubstanz. Verhdl. phys.-med. Ges. in Würzburg. Bd.1l. 1851. c) Die Identität von Knochen-, Knorpel- und Bindegewebskörperchen, sowie über Schleimgewebe. Ebenda. S.150 u. S. 314. d) Über den menschlichen Glaskörper. Arch. IV. 1852. S. 468 und V. 8. 278. 1853. e) Das normale Knochenwachsthum und die rachitische Störung desselben. Arch. V. S. 409. 1853. f) Zur Streitfrage über die Bindesubstanzen. Arch.V. S.409. 1853. g) Die Bindegewebsfrage. Arch. XVI. S.ı. 1859. ll. a) Über Hämatoidin und Bilifulvin. Liebig’s Ann., Bd.78, u. Würzb. Verhdl.I. 1850. b) Über krystallinische thierische Farbstoffe. Verhdl. phys.-med. Ges., Würzburg, 1851. Bd. Il. ce) Über die Dotterplättchen bei Fischen und Amphibien. Zeitschr. f. wiss. Zool., 1892. BalullV. u — Chromatophoren beim Frosch. Arch.VI. 133. 1854. e) Über die forensische Untersuchung trockener Blutflecken. Arch. XII. S. 334. 1857. f) Pigment und diffuse Melanose der Arachnoides. Arch. XVI. S.180. 1359. 12. a) Über eine im Gehirn und Rückenmark des Menschen aufgefundene Substanz mit der chemischen Reaction der Cellulose. Arch.VI. S.135. 1854 u. S. 268 ebend. b) Über das ausgebreitete Vorkommen einer dem Nervenmark analogen Substanz in den thierischen Geweben. Arch.VI. S. 562. 1854. c) Gesammelte Abhandlungen. Frankfurt aM. Meidinger. 1856. Anm. Nr.3, — S. 890, zu dem Wiederabdrucke des Aufsatzes: »Über das granulirte Ansehen der Wandungen der Hirnventrikel« (Zeitschr. für Psychiatrie, 1846, S. 242). d) Über die Erweiterung kleinerer Gefälse. Arch.Ill. 1851. S. 427 (insbesondere S. 445). Robin kam erst — allerdings ohne Virchow’’s Mittheilung zu kennen — 1859 auf den betreffenden Fund. Vergl. hierzu: Fr. Boll, Arch. f. Psychiatrie und Nervenkrankheiten, 1873, Bd. IV: 13. a) Über den Bau der Placenta. Würzb. Verhdl. Bd. IV. 1853. (2 Mittheilungen.) b) Über Schädelbildung. Würzb. Verhdl. Bd. VI. 1855. c) Untersuchungen über die Entwicklung des Schädelgrundes im gesunden und krankhaften Zustande und über den Einflufs derselben auf Schädelform, Gesichtsbildung und Gehirnbau. Berlin 1857. kl. Fol. 6 Tafeln. d) Über Schwanzbildung beim Menschen. Arch. Bd.79, 1880, u. Bd. 83, 1881. ! Unter der abgekürzten Bezeichnung: »Arch.« oder auch »Archiv« ist das von Virchow selbst herausgegebene »Archiv für pathologische Anatomie«, Berlin, Georg Reimer, zu verstehen. = Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 4l 14. a) Über die multiloeuläre, uleerirende Echinokokkengeschwulst (Alveolarcolloid) der Leber. Würzb. phys.-med. Verhdl. VI. 1855. b) Helminthologische Notizen: ı. Zur Verbreitung der Entozoen. Arch. Xl. 8.79. 1857. 2. Die Kalkkörper der Tänioiden. Ebend. S. 82. c) Über den Bau der Ohrquallen. Verhdl. der Karlsruher Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärzte, 1858. 8.217. (Virchow tritt für die Bedeutung der Randorgane als Gehörorgane ein, beschreibt die Entwicklung der Nesselorgane und die Muskelfasern, die er, wie von Kölliker, als ge- streifte ansieht, zeigt, dafs die Nesselorgane auf Alkalien ähnlich reagiren wie die Cilien u. A. m. d) Recherches sur le developpement de Trichina spiralis. Gaz. hebd. Nr. 46. 1859. e) Note sur leTrichina spiralis. Ann. des Se. natur. (zoologiques) XIII. p. 108. 1860. f) Über das natürliche Vorkommen der Trichinen. Arch. XXXI, 8.554, 1865 und XXXV, S. 201, 1866. g) Die Lehre von den Trichinen. 3. Aufl. 1866. Zu den genannten, in Gruppen zu ordnenden Arbeiten normal-anatomischen Inhaltes kommen als einzeln stehende noch hinzu: a) Einige Bemerkungen über die Circulationsverhältnisse der Nieren. Arch. XU. S. 310. 1857 und b) Über das Epithel der Gallenblase und über einen intermediären Stoffwechsel des Fettes. Arch. Bd. XI. S. 574. 1857. ec) Über die Theilung der Zellkerne. Arch. Bd. XI. S.89. 1857. d) Zur Chemie der Nebennieren. Arch. XII. S.481. 1837. e) Die Gefälse des Uterus. Verhdl. der Ges. f. Geburtsh. in Berlin. 1857. Die unter a aufgeführte Mittheilung bringt die wichtige Entdeckung der sogenannten Arteriolae rectae verae in der Niere, d.h. von Arterien der Marksubstanz der Niere, welche aus den Arteriae arcuatae, interlobulares und afferentes entspringen, also aus Arterien, deren Blut die Glomeruli noch nicht passirt hat. Oft bestritten, hat sich doch dieser Nach- weis Virchow’s durch neuere Untersuchungen als richtig gezeigt. Vergl. u. A. Golubew, Internat. Monatsschr. f. Anat. u. Physiol., Bd. X, S. 541. — Die Arbeit über das Epithel der Gallenblase erbringt den Befund von ceutieularen Säumen an den Epithelzellen, ähnlich wie an denen des Darmkanals. Zu d (Nebenniere) sei angeführt, dals hier Virchow (gleichzeitig mit A. Ecker) den wichtigen Nachweis von Nervenzellen im Parenchym der Nebenniere liefert. 15. Medieinische Vereinszeitung des Vereins für Heilkunde in Preulsen 1841. (Ver- ınehrung embryonaler rother Blutkörperchen durch Theilung.) 16. Der Ausspruch »omnis cellula a cellula« (nicht »e cellula«, wie bald hier, bald dort, s. u.A. Kölliker, Gewebelehre, 6. Aufl.. S. 43, fälschlich eitirt wird) findet sich im Archiv für pathologische Anatomie, Bd.8, S.23, 1855. Es heifst da: »Ich formulire die Lehre von der pathologischen Generation, von der Neoplasie im Sinne der Öellularpathologie einfach: Omnis cellula a cellula! Man vergleiche vor Allem zur Geschichte dieser fundamentalen Erkenntnisse die An- gaben v. Kölliker’s (Handbuch der Gewebelehre, 4. Aufl., S. 19, 1863, und 6. Aulfl., S. 42/43, 1889; insbesondere aber: Erinnerungen aus meinem Leben, Leipzig, Engelmann, 1899, 8, S.197), des wohl ältesten der noch lebenden Zeugen aus dieser grolsen Zeit biologi- Gedächtnifsreden. 1903. I. 6 42 WALDEYER: scher Forschung, die an die Namen Johannes Müller’s, Schleiden’'s, Schwann'’s, Remak’s, Reichert’s, Henle’s, Rudolf Virchow’s und den seinen geknüpft ist. Richtig ist ja, dals Virchow an dem angeführten Orte die Verallgemeinerung nur für die pathologische Zellenbildung ausspricht. Aber man wolle nicht vergessen, dals, wie bereits im Texte bemerkt wurde, die pathologischen Zellbildungen vielfach als das stärkste Boll- werk für die Lehre von der freien Zellenbildung, der Zellenbildung aus Blastemen, ange- sehen wurde, ferner, dals Virchow selbst seinen Ausspruch zum guten Theile mit auf seine normal-anatomischen Studien über die Bindesubstanzen gründete und endlich, dals seitdem fast widerspruchslos, von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, der Virchow ’sche Satz als selbstverständlich auch für die normale Zellengenese gültig angesehen wurde. Die Verdienste Anderer: Bergmann’s, v. Bischoff’s, Reichert’s, Remak’s und insbeson- dere v. Kölliker’s auf diesem letzteren Gebiete seien dabei ausdrücklich anerkannt. 17. Es sei mir gestattet, hier aus dem mir im Manuseripte gütigst zur Einsicht über- lassenen betreffenden Theile der »Lebenserinnerungen« unseres correspondirenden Mitgliedes, Hrn. W. His, einen Abschnitt mit Zustimmung des Autors anzuführen: »Ich habe das Glück gehabt, in einer entscheidenden Periode Schüler von den beiden Männern gewesen zu sein, die für den Ausbau der Zellenlehre am eingreifendsten gewirkt haben, von Robert Remak und von Rudolf Virchow, und durch die mir von Letz- terem gestellte Aufgabe, die histologische Bearbeitung der Hornhaut, bin ich in die damals brennenden Fragen persönlich mit verwickelt worden. Da darf ich denn hervorheben, dals im Beginn der 5oer Jahre die Abstammungslehre der Zellen noch nicht im Vordergrunde der Verhandlungen gestanden hat. Es handelte sich damals noch darum, festzustellen, dals Zellen und unmittelbare Zellenabkömmlinge in bestehenden Geweben allgemein nachweisbar seien, und gerade nach der Richtung hin hatte ja Virchow mit seiner Bindegewebslehre einen entscheidenden Schritt gethan. Diesen Schritt konnte auch der durch manche Jahre fortgeführte zähe Widerstand Henle’s nicht rückgängig machen.« 18. Die betreffenden Arbeiten Virchow’s führen die unter Nr. ır2c und d dieser Anmerkungen mitgetheilten Titel, wobei zugleich auf Robin's Antheil an der Entdeckung der Lymphscheiden um die Hirngefälse hingewiesen ist. — Den Namen »Neuroglia« ge- braucht Virchow zuerst in einer Anmerkung (der dritten) zu dem Wiederabdrucke seiner Arbeit vom Jahre 1846 »Über das granulirte Ansehen der Wandungen der Hirnventrikel« (Archiv für Psychiatrie S. 242) in seinen »Gesammelten Abhandlungen«, Frankfurt a. M., Valentin Meidinger, 8, 1856, S. 890. L. Besser irrt, wenn er in seiner Arbeit über Neuroglia, Archiv, Bd. 36, S.305, 1866, angiebt, dafs Virchow bereits 1846 den terminus »Neuroglia« gebraucht habe. Wahrscheinlich liegt indessen bei Besser nur ein Druckfehler — 1846 statt 1856 — vor. Vergl. zur Geschichte der Neuroglia: Kölliker, Gewebelehre, 4. Aufl., Leipzig 1863, und vor Allem Weigert, (., »Beiträge zur Kenntnils der normalen menschlichen Neuroglia«. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1895, Bd. XIX. Ferner: H. Held: »Über den Bau der Neuroglia und über die Wand der Lymphgefälse in Haut und Schleimhaut. Abhandl. der mathematisch -physikalischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, XXVIN. Bd., Nr. IV, Leipzig, B. G. Teubner, 1903. — Den ersten Nachweis, dals die Neuroglia nicht bindegewebigen Ursprunges ist, wie seiner Zeit Virchow und die meisten Autoren der nächsten Zeit nach ihm meinten, sondern mit dem echten Nervengewebe ektodermaler Abkunft ist, führte W. His in seinem Programm: »Häute und Höhlen des Körpers«, Basel 1865. Dann glaube ich A. Goette nennen zu sollen. (Entwickelungsgeschichte der Unke. Leipzig 1375, Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 43 Leopold Vofs, S. 280 und 298.) Eingehendere und völlig sichere Begründung lieferten darauf Vignal und W.His sen. in späteren Arbeiten. Siehe Weiteres bei Weigert und Held. Ich will nicht unterlassen zu erwähnen, dals Virchow auch die Entdeckung der Flimmerung des Epithels der Hirnventrikel (beim Kaninchen — s. Gesammelte Abhandl. S.889 Anm. 2 und Archiv VI, 1853) zuzuschreiben ist. Kurz darauf stellte sie Fr. Leydig in einer mit Virchow zusammen vorgenommenen Untersuchung auch beim Menschen (Hingerichteten) fest (1853). Dals das Epithel selber ein Flimmerepithel sei, war schon früher angenommen worden, jedoch nicht sicher erwiesen. Siehe R. Virchow’s Mitthei- lung in der Allgemeinen Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. 3 von Jahre 1846, S. 242, insbeson- dere S. 247. 19. Vergl. darüber auch J. Orth: »Rudolf Virchow. Gedächtnilsrede, gehalten in der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschaft am 29. October 1902«. Berliner klinische Wochenschrift, 1902, Nr. 44, Sep. - Abdr. S. 17. 20. Über amyloide Degenerationen. Würzb. phys.-med. Verhal.VII, 1856, ferner Archiv XT, 183 ,1857. 21. Leukämie. Würzb. phys.-med. Verhdl. II, 1851, ferner Archiv VII, 174, 1854. 22. Thrombose und Embolie, Gefälsentzündung und septische Infeetion. Gesammelte Abhandlungen zur wissensch. Mediein, Frankfurt a. M., 1856, S. 2rg. 23. Siehe Medicinische Vereinszeitung des Vereins für Heilkunde in Preufsen. 1846, Nr. 48 und 50 (Polemik gegen Rokitansky). — Ferner: »Hundert Jahre allgemeiner Pathologie.« Berlin 1895, S. 25 (Anerkennung Rokitansky’s). 24. Vorlesungen über Pathologie. 2., 3. und 4. Band. Onkologie. Auch unter dem Titel: Die krankhaften Geschwülste. Berlin, A. Hirschwald, 1.— 3. Band, ı. Hälfte. 1863 bis 1867. 25. Die Namen »Gliom« und »Psammom« werden zum ersten Male verwendet in den betreffenden Capiteln der »Onkologie«. Vergl. für Gliom ebenda Bd. Il, S. 123; für Psammon bezeugt dies Virchow selbst, s. Archiv, Bd. 160, S. 32 und Onkologie Bd. II, S. 106. 26. Vorlesungen über Pathologie. ı. Band. Die Cellularpathologie in ihrer Be- gründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, A. Hirschwald, 1. Auflage 1858; 5. und letzte 1893. 27. Zur Erinnerung an Rudolf Virchow. Drei historische Arbeiten Virchow’s zur Geschichte seiner Vaterstadt Schivelbein.. Von Neuem herausgegeben von der Gesell- schaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. Mit sechs Abbildungen. Berlin, A. Asher & Co., 1903, 8, 83 Seiten. Die Titelabbildung zeigt R. Virchow in seinem 28. Lebensjahre, als er nach Würzburg berufen ward; sie ist von seiner Gattin als sehr ähnlich bezeichnet worden. Die übrigen Abbildungen geben das jetzt abgerissene Geburts- haus Virchow’s und Strafsen, Thore u. A. von Schivelbein, sowie eine Gesammtansicht der Stadt im 17. Jahrhundert, aus Matthäus Merian’s »Topographia«. 28. Ich besitze über den grolsen Erfolg, den Virchow als Lehrer in Würzburg hatte, einen Brief vollster Anerkennung von W. His, seinem treuen Schüler; ferner waren mir zur Durchsicht übergeben zwei von Letzterem nach Virchow’s Vorlesungen über all- gemeine Pathologie und über specielle pathologische Anatomie niedergeschriebene Collegien- hefte. Diese zeigen, dals Virchow damals in wohlgeordneter Weise den ganzen Stoff beider Vorlesungen — bei der speciellen pathologischen Anatomie fehlen nur die Generations- organe — klar und anschaulich zum Vortrag gebracht hat. Ferner darf ich hier aus 6* 44 WALDEYER: W, His’ »Erinnerungsblättern« nachstehende Abschnitte mittheilen, die besser als alles Andere geeignet sind, Virchow’s hohe Bedeutung als Lehrer zu charakterisiren: »Die treibende Kraft der Facultät (seil. in Würzburg) ist trotz seines noch jugend- lichen Alters R. Virchow gewesen. Ihn erkannten die Collegen als unbestrittenen Führer an und um ihn haben sich auch alle strebsamen Elemente der Studentenschaft gesammelt. Sein wachsender Ruhm zog aus immer weiteren Gebieten tüchtige Schüler herbei. Der Kreis der Virchow’schen Schüler hielt aber auch im täglichen Verkehr gut zusammen; wir wulsten uns unter gemeinsamer Flagge verbunden und freuten uns, inmitten einer kräftig fortschreitenden wissenschaftlichen Strömung uns zu befinden. « Und weiter schreibt His: »Meine Ergebnisse (es handelt sich um die Untersuchung der Cornea) sind vielleicht nicht so ausgefallen, wie Virchow von Anfang ab mochte er- wartet haben. Indessen hat Virchow zwar seine Schüler zu Arbeiten angeregt, er hat ihnen aber in der Art der Bearbeitung stets volle Freiheit gelassen. Auch hat er meines Wissens niemals, wie dies manche Institutsvorstände thun, deren Manuscripte umredigirt. Ich habe es immer als einen der schönsten Ehrentitel von Virchow angesehen, dafs aus seinem Laboratorium die Arbeiten Cohnheim’s über die Entzündung hervorgegangen sind, die doch seine eigene Lehre von der Rolle der Gewebszellen eine Zeitlang völlig bei Seite geschoben haben. « Will man noch einen anderen competenten Zeugen aus dieser Zeit, so mag Karl Gegenbaur genannt sein, dessen Urtheil über Virchow’s Bedeutung als Forscher und Lehrer in Würzburg genau zu dem eben Mitgetheilten stimmt (s. Nr. XVII, Litt.-Verz.). Viele Jahre noch in der späteren Berliner Zeit erhielt sich R. Virchow diesen Ruhm; dies zeigen vor Allem der volle Besuch, den seine Vorlesungen über Cellularpathologie und über Geschwulstlehre in den Kreisen der Berliner Ärzte gefunden haben, und die zahlreichen Ärzte und Studirenden des Auslandes aller Welt, die Virchow’s wegen die Berliner Universität aufsuchten. Wenn später die im Texte erwähnten Schwächen sich zeigten, so war daran zum grolsen Theile die Überlastung schuld, welche dem grofsen Gelehrten und seinem wachsenden Ruhme sich an die Fersen heftete, und schliefslich haben auch so fest- gefügte Männer wie Rudolf Virchow an der Bürde des Alters zu tragen! 29. Vergl. hierzu: 1. R. Virchow, Das neue Pathologische Museum der Universität zu Berlin. Berlin 1901. A. Hirschwald. 2. O. Israel, Das Pathologische Museum der Königlichen Friedrich Wilhelms-Universität zu Berlin. Berliner klinische Wochenschrift, 1901, Nr. 41. Virchow ist auch der Schöpfer der Methode, in welcher jetzt allgemein der prak- tische pathologisch-anatomische Unterricht gegeben wird: Sectionstechnik, demonstrative und mikroskopisch - anatomische Übungseurse. Bis kurz vor seinem Ende hat er vor seinen Praktikanten zu Beginn der Übungseurse jeweils noch eine Obduction lege artis ausgeführt. Dagegen hat er in den letzten 2o Jahren mehr und mehr die Leitung der Curse selbst, ins- besondere der mikroskopischen, seinen Assistenten überlassen; am demonstrativen Cursus pflegte er noch persönlich Theil zu nehmen. Die letzte Obduction, welche ich von Virchow selbst ausführen sah, war die Kaiser Friedrich’s Ill., 16. Juni 1888 im Neuen Palais zu Potsdam. 30. Virchow bewahrte die Rassen-Schädel und -Skelete im derzeitigen Pathologischen Institute, und zwar soweit sie Platz fanden, in seinen beiden Arbeitszimmern auf. Es schien, als ob er sich nicht von ihnen trennen könne und sie immer um sich haben müsse. Manch- mal war es fast schwierig, sich durch alle diese Schädel, die theilweise am Boden unter- Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 45 gebracht werden mulsten, Tische und Stühle dicht belegten, und durch alle die Knochen- gerüste sich einen Weg zu ihm an seinem einfachen Schreibtische zu bahnen. Im Vor- zimmer fand man dann regelmälsig seinen treuen, verständnilsvollen Zeichner, Emil Eyrich, dessen früher Tod von Allen aufrichtig bedauert wurde, die ihn kennen gelernt hatten in seiner schlichten und gewissenhaften Art. Eyrich hatte durch jahrelange Beschäftigung mit anatomischen und anthropologischen Dingen ein grofses Interesse an den einschlägigen Ob- jeeten gewonnen, so dafs es ihm Freude machte, sie zu zeichnen, wobei er nicht nur das Auge des Künstlers, sondern auch des Kenners verwenden konnte. Gern habe ich diese Gelegenheit ergriffen, des treuen Mitarbeiters — er war es auch mir — zu gedenken! 31. Es wird genügen, zur Charakterisirung der der »Medicinischen Reform« gestellten Aufgabe die Titel einiger darin veröffentlichten Artikel mitzutheilen. Sie beginnt mit einem Programm: »Was die ‚Medieinische Reform‘ will«. Es folgen: »Die öffentliche Gesundheits- pflege« (vier zusammengehörige Aufsätze), dann: »Der medicinische Universitäts - Unterricht«, »Der medieinische Congrels«, »Der Armenarzt«, »Das Militärmedieinalwesen«, »Die medi- einische Gesetzgebung«, »Der Staat und die Ärzte«, »Die ärztliche Prüfung«. — In dem aus der Feder Virchow’s stammenden Schlulsworte heilst es: »Die medicinische Reform, die wir gemeint haben, war eine Reform der Wissenschaft und der Gesellschaft. Wir haben ihre Prineipien entwickelt; sie werden sich ohne Fortbestehen dieses Organs Bahn brechen. Aber jeder Augenblick wird uns beschäftigt finden, für sie zu arbeiten, bereit, für sie zu kämpfen«. Und in dem einführenden Programm finden wir den Satz: »Die Ärzte sind die natürlichen Anwälte der Armen, und die sociale Frage fällt zu einem erheblichen Theile in ihre Jurisdietion«. — Goldene Worte, die glücklicherweise von Tag zu Tag mehr Beach- tung finden! 32. Berliner klinische Wochenschrift. 1902. Nr. 37. 33. Als Beispiel diene folgendes Erlebnils: Wir waren im Jahre 1891 auf einer An- tlıropologenfahrt in Ost- und Westpreulsen begriffen und wanderten an einem schwülheilsen Augusttage durch den Flugsand der kurischen Nehrung einem ziemlich entfernten anthro- pologisch werthvollen Ziele zu. Virchow nahm den bestehenden Weg, auf dem es im weichen Sande, unter glühendem Sonnenbrande sich nur beschwerlich fortkommen liefs, und ich blieb bei ihm. Einige Zeit waren wir so schlecht und recht hingewandert, als die zu unserer Gesellschaft gehörigen Damen in einiger Entfernung von uns auf einer neben dem Wege herlaufenden Dünenkette erschienen und deren Kamm entlang gingen. Der Kamm und der Abhang der Dünen zum Wege hin war mit Dünenhafer bepflanzt, um den Sand zu festigen, und es war verboten, die bepflanzten Stellen zu betreten. Als die Gesellschaft unser mühevolles Einherstapfen bemerkte, rief die Führerin, die angesehendste Dame des Ortes, von dem wir ausgegangen waren, uns zu, wir möchten doch nach oben kommen, da ginge man viel leichter. Virchow erwiderte, dals man dort nicht gehen dürfe und forderte die Damen auf, nach unten auf den Weg zu kommen. Die Führerin aber meinte, dals unter den augenblicklichen Umständen man gehen könne, wo man wolle und wanderte mit den Übrigen weiter im Dünenhafer. Virchow blieb erstaunt einen Augenblick stehen und wiederholte dann laut und kategorisch seine Aufforderung, den verbotenen Weg zu verlassen; aber man achtete nicht darauf. Da drehte er kurz um und sagte ärgerlich, indem er eine nicht ganz parlamentarische Bemerkung über jene ungesetzliche Führerin hinzufügte: »Das kann ich nicht ansehen; mir ist nichts mehr zuwider, als Mifsachtung von Recht und Gesetz! Kommen Sie, wir wollen umkehren! Und so geschah es; er wäre auch nicht mehr einen Schritt vorwärts zu bringen gewesen. — So litt Virchow auch niemals, dals 46 WALDEYER: man in schwierigen Fällen bei einer der von ihm geleiteten Gesellschaften den Statuten irgendwie zu nahe trat. Er nahm sie stets beim Wort und wulste doch auf dem geraden Wege meist aus der Schwierigkeit herauszukommen. 34. Rudolf Virchow hat ein glückliches Leben als Mensch, Gatte und Vater gehabt. Schwere Kümmernisse sind ihm ferngeblieben. Er, das Familienhaupt eines gesunden blühen- den Geschlechtes schied, wie es Altersrecht ist, zuerst aus dem Leben, die Seinen in tiefer Trauer, doch ohne Sorgen zurücklassend. Die schönen Feste der silbernen und goldenen Hochzeit konnte er mit seiner Gattin an frohen Tagen begehen. Schwer war für die Seinen nur die Arbeitslast, die ihnen den Gatten und Vater so selten frei liefs. Diese Freiheit kam nur in den wenigen Herbstwochen, welche sich an den regel- mälsigen Besuch der anthropologischen Versammlungen anschlossen. Dann konnte man Virchow im Kreise der Seinen und im Kreise der Freunde herzlich lebensfreudig sehen und mit Vergnügen seiner mit attischem Salz gewürzten Unterhaltung folgen. Virchow liebte das Leben mit dem Schönen und Erfreuenden, was es bietet; mit den Fröhlichen war er froh! An Würdigungen und Ehrungen hat es Virchow nicht gefehlt. Statt alles Übrigen mögen die Worte seines Königs, Kaiser Wilhelm II., hier Platz finden, die nach Virchow’s Hinscheiden an die trauernde Gattin gerichtet wurden: »Die Kunde von dem Hinscheiden Ihres Gatten hat Mich mit aufrichtiger Theilnahme erfüllt, und spreche ich Ihnen und den Ihrigen mein wärmstes Beileid zu dem schweren Verluste aus. Möge Gott der Herr Sie in Ihrem grolsen Schmerze trösten und der Ge- danke Sie aufrichten, dafs den grolsen Forscher, Arzt und Lehrer, dessen Lebensarbeit der deutschen Mediein neue Bahnen erschlossen, mit der ganzen gebildeten Welt sein König in dankbarer Gesinnung betrauert.« 35. Ich will es mir nicht versagen hier die schönen und treffenden Worte herzu- setzen, mit denen unser correspondirendes Mitglied Hr. von Recklinghausen seinen Nachruf auf Rudolf Virchow (Nr. XLII, Litt.-Verz.) schlielst, um so mehr, als sie ganz mit der Auffassung stimmen, zu der mich eine 36 jährige Bekanntschaft mit unserm ge- meinsamen dahingeschiedenen Meister und Freunde gebracht hat. »Was war wohl«, sagt von Reeklinghausen, »der tiefere Grund dieses allgemeinen Vertrauens, das man Virchow entgegenbrachte? Überhaupt, worin lagen denn die starken Wurzeln seiner Kraft? Nicht allein in den grolsen wissenschaftlichen Leistungen, nicht allein in seinem ungewöhnlich scharfen kritischen Sinn oder in der unermüdlichen Bereitschaft in Rath und That — meines Erachtens vertraute man ihm wegen der grolsen Überzeugungs- treue und der ausgesprochenen Festigkeit des Glaubens an sich selbst, die bei allen seinen Actionen so leuchtend zu Tage traten. Hilf dir selber, so hilft dir Gott! Das war sein Wahlspruch. Schon die Veröffentlichungen über den schlesischen Hungertyphus athmen diese felsenfeste Zuversicht auf die Richtigkeit und Zuverlässigkeit des von ihm objectiv Beobachteten; man lernt aber daraus zugleich Virchow’s Tapferkeit kennen und bewundern, wie er keine Scheu trägt, die objeetiv erkannten Übelstände der Autorität gegenüber beim richtigen Namen zu nennen und die Ausrottung der Wurzel des Übels zu verlangen. Wie ein Heros vom fatalistischen Zwange, so wird Virchow durch das unerschütterliche Ver- trauen auf die eigene Kraft getrieben, bei jedem passenden Anlals die erkannte Wahrheit zu verkünden und heldenhaft zu vertheidigen, mit der Beharrlichkeit, die kein Ermatten kennt. Die zwingende Macht der Thatsache, die Virchow offenbart hat, ruft ihn immer wieder in die Arena der Discussion; unablässig ist er bemüht. den Gegner davon zu über- zeugen; nichts liegt ihm ferner, als der Versuch, diesen mit glänzenden Worten zu über- Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 47 reden. Gerade dadurch aber bekam seine Rede den faseinirenden Einfluls auf seine Zuhörer, namentlich auch ım persönlichen Verkehr. Das habe ich oft genug an mir selbst wahr- nehmen können. So wie Virchow hat kein anderer Lehrer oder Schriftsteller auf mich den actuellen Eindruck gemacht, die Wirklichkeit richtig erkannt und das Wesen der Dinge, die er besprach, erfalst zu haben. In dieser Beziehung wülste ich neben unserm Hoch- meister des Denkens nur noch den allgewaltigen Beherrscher der Seelen: Bismarck zu nennen, der nach meinem Empfinden wohl noch ein grölserer Meister im Wägen des realen und idealen Werthes der Dinge war, ebenso mächtig des geeigneten Wortes, den Nagel auf den Kopf zu treffen, wie unser Virchow. Nach den hier bezeichneten Zügen des Charakters und der geistigen Anlage begreifen wir es, dals Virchow der Mitwelt als ein Fürst im Reiche der Gelehrten erschien; die Nachwelt wird sein Bild übernehmen als das eines gewaltigen Sehers und Bekenners der Wahrheit; für alle Zeiten bleiben wird er ein Admirabile constantiae et fortitudinis exemplum.« 48 WALDEYER: Litteratur. Aulser den Schriften und Reden Rudolf Virchow'’s selbst, welche die beste Quelle für seine Beurtheilung als Forscher und Gelehrter und für seine Wirksamkeit im öffentlichen Leben bilden, standen mir persönliche Erfahrungen, wie sie ein reger Verkehr, der seit 1879 — ich darf es wohl sagen — zu einem freundschaftlichen sich erhob, und eine Reihe Briefe Virchow’s zu Gebote. Dazu kamen authentische Nachrichten seitens der Familie Virchow’s, die mir durch dessen Sohn, Professor Dr. Hans Virchow, gütigst übermittelt wurden. Weiterhin erhielt ich über Verschiedenes Auskunft von den HH. Geheimrath Professor Dr. Wilhelm His (Leipzig), Professor Dr. OÖ. Israel (Berlin), Geheimrath Professor Dr. J. Orth (Berlin), Professor Dr. Johannes Ranke (München) und Geheimrath Professor Dr. Ferdinand von Richthofen (Berlin) sowie von der A. Hirschwald'’schen Buchhand- lung (Berlin). Allen Genannten spreche ich aufrichtigen Dank aus! Benutzt wurden ferner: I. Andrian-Werburg, Ferd., Freiherr von, Virchow als Anthropologe. Mittheilun- gen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XXXII, 1903, S. 336. ll. Bartels, M.. Zum Gedächtnifs Rudolf Virchow’s. Nachrichten aus dem Museum für Deutsche Volkstrachten und Erzeugnisse des Hausgewerbes. Bd. Il, Heft 1, 1903. III. Becher, W., Rudolf Virchow. Eine biographische Studie. 2. Autl., Berlin 1894, S. Karger. IV. Beneke,R., Rudolf Virchow +. Naturwissenschaftliche Rundschau. XVII. Jahrg., 1903, Nr. 2, 3 und 4. V. Berliner Ärzte-Correspondenz. 1902, Nr. 37. (Todesanzeige mit kurzer Würdigung der Hauptverdienste Virchow’s.) VI. Bollinger, ©., Rudolf Virchow zum Gedächtnils. Münchener medic. Wochen- schrift. 1902, Nr. 39. VII. Buschan, G., Rudolf Virchow. Stettiner Generalanzeiger. 1902, Nr. 211. VI. Chiari, H., Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. Prager medic. Wochenschrift. XXVN. Jahrg., Nr. 43, 1902. IX. Cohn, Hermann, Virchow’s Verdienste um die Schulhygiene. Zeitschrift für Schulgesundheitspflege. XV. Jahrg., 1902. Verlag von Leopold Vofs, Hamburg und Leipzig. X. Correspondenzblatt der Deutschen anthropologischen Gesellschaft. Jahrgang XXXII, 1902, Nr.9. (September.) — Enthält die kurze Todesanzeige mit einem guten Porträt Virchow’s nach Photographie, ferner das Telegramm, welches am 5. August 1902, also 4 Wochen vor Rudolf Virchow’s Tode, von der damals in Dortmund tagenden Deutschen anthropologischen Gesellschaft an ihren Ehrenpräsidenten abgesendet wurde. Dasselbe lautet: »Die heute eröffnete Versammlung der Deutschen anthropologischen Gesellschaft empfindet schmerzlich die Abwesenheit ihres hochverehrten unersetzlichen Führers, welcher zweiund- Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 49 dreifsig Versammlungen den Stempel seines Genius aufgedrückt hat. In innigster Theilnahrme für die anthropologische Gesellschaft. Andrian. Waldeyer. Ranke. XI. Correspondenzblatt der Deutschen anthropologischen Gesellschaft. r. Jahrg. Nr. ı, Mai 1870, Braunschweig, Friedrich Vieweg und Sohn. (Enthält die Nachrichten über die Gründung der Deutschen anthropologischen Gesellschaft.) XIl. Desvernine, Dr. Carlos M., Virchow. Notas biograficas. Revista de la Aso- eiaciön medico-farmaeeutica de la Isla de Cuba. Ano III, Num. ı, Septiembre 1902. XIUI. Deutsche Medicinische Wochenschrift. Nr. 37. 11. Sept. 1902. (Todes- anzeige mit gutem Porträtbild und kurzem Nachruf.) XIV. Drill, Dr. R., Virchow als Reactionär. »Das freie Wort.« Frankfurter Halb- monatsschrift für Fortschritt auf allen Gebieten des geistigen Lebens. 2. Jahrg., Nr. 13. 5. October 1902. Frankfurt a.M., Neuer Frankfurter Verlag. XV. Erismann, Virchow als Hygieniker. Deutsche medieinische Wochenschrift, Fest- nummer zu Ehren Rudolf Virchow’s. Nr.41, 10. October ıgor. (Mit Bildnils, demselben wie in Nr. 37 vom ı1. September 1902 — s. VIII — zu den einleitenden Worten der Redaction.) XVI. Fuentes, A. S., Rudolf Virchow. Revista de la Asociaciön medico -farma- ceutica de la Isla de Cuba. Ano II. Noviembre 1901. (Ausführlichere Würdigung der wissenschaftlichen Leistungen Virchow’s mit biographischen Notizen und zwei Bildnissen anlälslich der Feier seines 80. Geburtstages.) XVDH. Gegenbaur, (., Erlebtes und Erstrebtes. Leipzig 1901. W. Engelmann. 8, 8.47Ft. XVIl. Grawitz, P., Das Rudolf Virchow-Museum in Berlin. Deutsche medicinische Wochenschrift. Festnummer zu R. Virchow’s 70. Geburtstag. Nr. 42, 13. October 1891, S. 1178. XIX. Guttmann, S., Rudolf Virchow. Ebenda S. 1187. XX. Heuboner, J.O.L., Eröffnungsrede. Berichte über die Versammlung der Gesell- schaft deutscher Naturforscher und Ärzte zu Karlsbad, 22. bis 26. September 1902. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1902. XXI. Israel, Oskar, Zu Rudolf Virchow’s achtzigstem Geburtstage. Ärztliche Monatsschrift. 1901, Heft 10. XXII. Derselbe, Das Pathologische Museum der Königlichen Friedrich -Wilhelms- Universität zu Berlin. Deutsche medieinische Wochenschrift, 1901, Nr. 41. XXI. Derselbe, Rudolf Virchow. 1821—1902. Deutsche Rundschau, 29. Jahrgang, Heft 3, December 1902, S. 361. XXIV. Kastan, J., Rudolf Virchow. Ein Gedenkblatt zu seinem 80. Geburtstage. Mit Bildnils. Der »Welt-Spiegel«. Illustrirte Halbwochenchronik des »Berliner Tageblatts« Nr. 81, Jahrgang 1901, 10. October. XXV. Klebs, Edw., Rudolf Virchow. Gedenkblätter zu seinem 70. Geburtstage, gewidmet von einem alten Schüler. Deutsche medieinische Wochenschrift. Festnummer. Nr. 42, 13. October 1891, S. 1165. XXVI. Körte, W., Rudolf Virchow’s Unfall und Krankheit. Berliner klinische Wochenschrift, 1902, Nr. 43. XXVI. Leyden, E. v., Gedächtnilsrede auf Rudolf Virchow. In: Gedächtnifsfeier für Carl Gerhardt und Rudolf Virchow im Verein für innere Mediein zu Berlin am 27. October 1902. Leipzig. 8, 1903, Georg Thieme. XXVII. Lissauer, A., Virchow als Anthropologe. Deutsche medieinische Wochen- schrift. Festnummer zu Ehren Rudolf Virchow’s. 1901, Nr. ar. Gedächtnifsreden. 1903. 1. 7 50 WALDEYER: XXIX. Lissauer, A., Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. In: »Gedächtnilsfeier für Rudolf Virchow. Berlin 1902. A. Asher & Co.« (Mit Bildnifs und Ansprachen von M. Bartels und W. Waldeyer.) XXX. Marchand, F., Rudolf Virchow als Pathologe. Gedächtnilsrede, gehalten am 21.Öctober 1902 in der Medieinischen Gesellschaft zu Leipzig. München 1902. F. Leh- mann. (Sep.-Abdr. aus der Münchener medieinischen Wochenschrift. 1902.) XXXI. Medical Standard. Chicago, U.S. A. Vol. XXV, October 1902, Nr.1o: »The death of Rudolf Virchow«. (Gutes Bildnils; kurze Angabe der Lebensdaten und Ver- dienste Virchow’s.) XXXU. Medicinische Reform. Berlin. Wochenschrift für sociale Medicin. Nr. 37, 13. September 1902. »Rudolf Virchow.« (Mit Bildnils und Abdruck der Rede des Predigers Kirmss an der Bahre Virchow’s.) XXXII. Die goldene Rudolf Virchow-Medaille. Rechenschaftsbericht des Geschäfts- führenden Ausschusses. Berlin 1893. (Mit Abbildung und Beschreibung der vom k. k. Kammermedailleur Anton Scharff in Wien hergestellten goldenen Denkmünze.) XXXIV. Neumann, S., Virchow’s Arbeiten über seine Geburtsstadt Schivelbein. Medieinische Reform. Berlin. Nr.43, 1902 XXXV. New York Medical Journal. Vol. LXXIV, Nr.ı6, October 19. 1901, P-748: »The Virchow Anniversary«. (Kurzer Hinweis auf das Lebenswerk R. Virchow’s gelegentlich seines 80. Geburtstages.) XXXVI. Orth, J., Rudolf Virchow. Gedächtnilsrede, gehalten in der Sitzung der Berliner medieinischen Gesellschaft am 29. Oetober 1902. Berliner klinische Wochenschrift 1902, Nr. 44. XXXVI. Derselbe. Gedächtnilsrede auf Rudolf Virchow, gehalten in der Gesell- schaft der Charite-Ärzte am 6. November ı902. Ebenda 1903, Nr. 6. XXXVII. Pagel, J., Zu Rudolf Virchow’s 80. Geburtstage. Deutsche medieinische Presse Nr.19, V. Jahrgang, 1902 (Virchow-Nummer). (Mit Abbildungen von Virchow’s Geburtshaus in Schivelbein, vom neuen Pathologischen Museum der Charite, 2 Porträts Virchow’s als Achtundzwanzigjähriger und Fünfundvierzigjähriger und 2 Photographien: Virchow in seinem Arbeitszimmer und im Kreise seiner derzeitigen Assistenten.) XXXIX. Posner, €C., Nachruf für Rudolf Virchow. Virchow’s Jahresbericht der gesammten Mediein für 1901, Bd. Il, ı. Abtheilung. Berlin, A. Hirschwald. 1902. XL. Ranke, Joh., Bericht über die ll. gemeinsame Versammlung der Deutschen und der Wiener anthropologischen Gesellschaft, zugleich XXV. Allgemeine Versammlung und Stiftungsfest der Deutschen anthropologischen Gesellschaft in Innsbruck vom 24. bis 23. August 1894. Correspondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethno- logie und Urgeschichte 1894, Nr.9, 10, ıı und ı2. (Zur Geschichte der Begründung der Gesellschaft.) XLI. Derselbe. Das 25 jährige Jubiläum der Münchener Gesellschaft für Anthro- pologie, Ethnologie und Urgeschichte am 16. März 1895. (Zur Geschichte der Begründung der Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Ur- geschichte.) Sonderabdruck. XL. Reeklinghausen, F. von, Nachruf an Rudolf Virchow, gesprochen beim Beginn der Tagung der Deutschen pathologischen Gesellschaft in Karlsbad am 22. September 1902. Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medicin (Vir- chow’s Archiv) Bd.171, 1903, S.2. (redächtnifsrede auf Rudolf Virchow. 5l XLIN. Ribbert, H., Rudolph! Virchow, der Schöpfer der Zellularpathologie. Deutsche medicinische Wochenschrift. Festnummer. Nr. 4r, 10. Oetober 1901. XLIV. Rose, A., Nekrologos on Virchow. Read before the Eastern Medical So- ciety at the meeting October 17, 1902. »The Post- Graduate«, November 1902. In neu- griechischer Übersetzung erschienen in der Wochenschrift: '"ZaarmıyE, Eönnepis Eßöouadiaa' Aeunoow Kumpov, 25 Oktwßpiov kai 2 Noeußpiov 1902. XLV. Schmeltz, J. D. E., Rudolf Virchow. 13. October 1821 bis 5. September 1902. In Memoriam. Internationales Archiv für Ethnographie. Bd. XVI, 1903. (Mit dem Bildnisse Virchow'’s). XLVI. Schmidt, M.B., Worte der Erinnerung an Rudolf Virchow. Gesprochen in der Sitzung des unterelsässischen Ärztevereins am 20. December 1902. Archiv für öffent- liche Gesundheitspflege in Elsals-Lothringen. XXII. Band, 8. Heft, 1903. XLVN. Schwalbe, J., Virchow-Bibliographie 1843 — 1901. Bearbeitet von W.Becher, J. Pagel, J. Schwalbe, €. Strauch und Th. Weyl. Berlin 1901, 8. Georg Reimer. (Verzeichnils sämmtlicher gedruckter Veröffentlichungen R. Virchow’s von 1843 — 1907; es fehlen nur wenige Titel.) ır8 Seiten Text und 6r Seiten Sachregister. XLVII. Toldt, K., Nachruf. Mittheilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. XXXII. 1903. XLIX. Virchow, R., Artikel: »Pathologische Anatomie« in Lexis: »Die deutschen Universitäten«, Bd. II, S. 241. Berlin 1893, 8. A. Asher & Co. L. Derselbe, Die Eröffnung des Pathologischen Museums der Königlichen Friedrich Wilhelms- Universität zu Berlin am 27. Juni 1899. Mit einer Ansicht und 4 Grundrissen. Berlin 1899, 4. A. Hirschwald. LI. Derselbe, Das neue Pathologische Museum der Universität zu Berlin. Mit 5 Grundrissen. Berlin 1901. A. Hirschwald. LI. Vof[s, A., Zur Erinnerung an Rudolf Virchow. Nachrichten über deutsche Alterthumsfunde. Mit Unterstützung des Königlich Preufsischen Ministeriums der geist- lichen u. s. w. Angelegenheiten herausgegeben von A. Vols und dem Vorstande der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. ı3. Jahrgang. 1902. Heft 5. (Ergänzungsblätter zur Zeitschrift für Ethnologie.) LIll. Waldeyer, W. und Posner, (€., Bericht über die Feier von Rudolf Virchow’s achtzigsten Geburtstag am 13. October 1901. (Als Manuscript gedruckt. Ein Exemplar befindet sich in der Universitäts - Bibliothek zu Berlin.) LIV. Waldeyer, W., Festrede zu R. Virchow’s 80. Geburtstage, gehalten bei der Feier im Sitzungssaale des Preulsischen Abgeordnetenhauses, ı2. October ıgor. National- Zeitung, 1901, Nr. 564. LV. Derselbe, Rudolf Virchow. Gedenkrede, gehalten bei der Trauerfeier im Rathhause am g. September 1902. Deutsche medieinische Wochenschrift, 1902, Nr. 38, 18. September. LVI. Derselbe, Rudolf Virchow +. Berliner klinische Wochenschrift, 1902, Nr. 37. LVN. Walsh, J., Virchow and conservative Philosophy among German Seientists. »The Messenger.« Monthly Magazine, vol. XXXIX, January 1903. Nr.ı. New-York, The Messenger Office, 27— 29 West ı6!h Street. ! Ich gebe hier den Namen in der Schreibweise wieder, wie er in der eitirten Stelle gedruckt steht. Virchow selbst schrieb stets correct »Rudolf« und es verdrofs ihn, seinen Rufnamen mit einem »ph« geschrieben oder gedruckt zu sehen. 52 WALDEYER: Gedächtnifsrede auf Rudolf Virchow. Leicht hätte die Zahl der hier aufgezählten Drucksachen auf das Doppelte und mehr ge- bracht werden können, wenn ich hätte die sämmtlichen medieinischen, anthropologischen und hygieinischen Fachzeitschriften durchsuchen wollen. Ich habe aber nur das aufnehmen mögen, welches mir zugesendet worden war, und dasjenige Berliner Druckmaterial, von welchem ich die zuverlässigsten Nachrichten erwarten durfte. So fehlen die Nekrologe des weitaus grölsten Theiles der amerikanischen, der australischen, der englischen, scandinavischen, russischen, belgischen, holländischen, französischen , japanischen und italiänischen Zeitschriften. Für die vorliegende Gedächtnilsrede durfte ich aber auch thatsächlich Neues, durch welches eine empfindliche Lücke hätte geschlossen werden können, nicht erwarten, und so habe ich mich auf die wichtigsten Schriften Virchow’s — dieselben sind nicht im vor- stehenden Litteraturverzeichnisse aufgeführt — und auf die Vergleichung des hieraus und durch persönlichen Verkehr Erfahrenem mit dem, was die hier mitgetheilte Litteratur bot, beschränkt. Immerhin dürfte es nicht ohne Interesse sein — und sei es auch nur, um den gewaltigen und aulserordentlichen Einfluls festzustellen, den Virchow auf die Entwickelung der medieinischen und anthropologischen Diseiplinen gewonnen hat —, dals ein Verzeichnifs der dahin gehörigen Veröffentlichungen zusammengebracht würde. Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Von H"” PISCHEL. Gedächtnisreden. 1903. II. Gehalten in der öffentlichen Sitzung am 2. Juli 1903 [Sitzungsberichte St. XXXIV. S. 720]. Zum Druck eingereicht am 7. Januar 1904, ausgegeben am 26. Januar 1904. Die Worte des Gedenkens, die ich nach altem Brauche heute hier Albrecht Weber nachrufe, gelten nicht bloß meinem Vorgänger in der Akademie und an der Universität. Fünf und vierzig Jahre lang hat Weber an ein- flußreicher und verantwortlicher Stelle gestanden und nicht nur sachlich die Entwicklung der indischen Philologie stark beeinflußt, sondern auch per- sönlich weit über Deutschlands Grenzen hinaus in den Werdegang aller jüngeren Sanskritisten eingegriffen, zum großen Teile ihn bestimmt. Mit den meisten älteren Sanskritisten aller Länder verband ihn innige Freund- schaft, was auf sein Urteil nicht immer ohne Einfluß geblieben ist. So bedeutet eine Darstellung seines Lebens zugleich einen Rückblick auf die Geschichte der von ihm vertretenen Wissenschaft während eines Zeitraumes von mehr als einem halben Jahrhundert. Albrecht Weber wurde geboren am 17. Februar 1825 zu Breslau, wo sein Vater Professor der Nationalökonomie an der Universität war. Seine Erziehung erhielt er in der Klosterschule Roßleben in Thüringen, die er 1842, erst 17 Jahre alt, verließ, um die Universität seiner Vaterstadt zu beziehen. Seiner Neigung folgend, widmete er sich dem Studium der orien- talischen Sprachen, vor allem dem des Sanskrit unter Stenzlers Leitung. Sein Hang zur Vielseitigkeit, den später seine Arbeiten wiederspiegeln, tritt gleich bei Beginn seines Studiums hervor. Neben Sanskrit hörte er auch Vorlesungen über mehrere semitische Sprachen, klassische und neuere Philo- logie, Geschichte, Philosophie und Naturwissenschaften. In gleichem Um- fange betrieb er seine Studien in Bonn, wohin er sich 1844 begab. Dort waren namentlich Lassen, Gildemeister und Ritschl seine Lehrer. Von Bonn ging er 1845 für ein Semester nach Berlin, wo er besonders Bopp hörte, und kehrte dann nach Breslau zurück. Hier erwarb er sich am 18. Dezember 1845 die Doktorwürde mit seiner Dissertation: » Yajurvedae 1+ 4 R, PiscHhrE: specimen cum commentario«. Die Arbeit erschloß das ebenso wichtige wie schwierige und umfangreiche Gebiet der Sakralliteratur. Alle Fortschritte, die wir seitdem darin gemacht haben, gehen auf Weber zurück, der stets der unerreichte Meister in diesem Zweige der indischen Literatur geblieben ist. Die Dissertation zeigt bereits alle Eigenheiten von Webers Arbeits- weise. Der 9. Adhyaya der Vajasaneyisamhita wird erst in Nagarıschrift gegeben, dann in lateinischer Umschrift, deren eifriger Verteidiger Weber stets gewesen ist. Dann folgt eine lateinische Übersetzung und sehr um- fangreiche Adnotationes, die Webers Belesenheit in hellstes Licht setzen, zugleich aber schon seine Vorliebe fürs Etymologisieren zeigen, die sich aus der damaligen Richtung der indischen Philologie erklärt. Weber hat sich nie davon freimachen können. In seinen Vorlesungen über den Rg- und Atharvaveda spielten die Etymologie der dunklen vedischen Worte und die Annahme von Textverderbnissen, wenn der Text sich einer voraus- gesetzten Erklärung nicht fügen wollte, die Hauptrolle. Weber hielt daran mit großer Zähigkeit fest und wies jeden Versuch. den Veda auf andere Weise zu erklären, zurück. Das starre Hängen an dem, was er einmal ausgesprochen hatte und für richtig hielt, war ein Grundzug seines Cha- rakters. Unter Umständen konnte er auch gegen seine besten Freunde schroff werden, und er wachte ängstlich darüber, daß seine Ansichten von ihnen genau so wiedergegeben wurden, wie er es wünschte. Aber er war auch immer bereit, für seine Freunde einzutreten und jeden Angriff auf sie abzuwehren. Er wurde bald und blieb immer der Mittelpunkt des Kreises, dessen Mitgliedern die indische Philologie ihr rasches Emporblühen zum größten Teile verdankt. Ein Reisestipendium der Akademie der Wissenschaften ermöglichte es Weber, nach der Promotion auf zwei Jahre nach Paris, London und Ox- ford zu gehen, um die handschriftlichen Schätze der dortigen Bibliotheken auszunutzen, worauf man damals angewiesen war. Vor allem wollte er das Material zu einer Ausgabe des weißen Yajurveda und der zu ihm ge- hörenden Schriften sammeln, eine Aufgabe, zu der ihn Stenzler angeregt und die er mit seiner Dissertation zu lösen begonnen hatte. Er begnügte sich aber damit nicht. Als er 1848 nach Deutschland zurückkam, brachte er eine riesige Masse sorgfältiger Abschriften von Manuskripten mit sich, die von seiner Arbeitskraft und seinem unermüdlichen Fleiße beredtes Zeugnis ablegten. Bald nach seiner Rückkehr habilitierte er sich in Berlin, Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. 5) mit dem er sein ganzes Leben hindurch verbunden blieb. 1856 wurde er hier außerordentlicher, 1867 ordentlicher Professor für altindische Sprache und Literatur. Seit 1857 war er Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Ohne Verzug ging er nach seiner Habilitation an die Verwertung sei- nes Materials. Von 1849—1ı859 erschien, zum Teil auf Kosten der East India Company, seine große, jetzt längst vergriffene Ausgabe des weißen Yajurveda in den drei Teilen: Väjasaneyisamhitä, Satapathabrähmana und Katyayanas Srautasütra mit reichlichen Auszügen aus einheimischen Kom- mentatoren. Bereits in das Jahr 1849 fällt auch die Gründung der Indi- schen Studien, von denen bis 1898 im ganzen 18 Bände erschienen sind. Sie waren als eine Zeitschrift für die Kunde des indischen Altertums ge- plant. Abgesehen von Band 6 und 7, die Aufreehts Ausgabe des Rgveda enthalten, ist kein Band erschienen, der nicht zum größten Teile von Weber selbst herrührt. Manche sind sein ausschließliches Eigentum, wie der 8., der die Metrik der Inder behandelt, der ı1. und ı2., die die erste vollständige Ausgabe des schwarzen Yajus in der Rezension der Taittirıyas enthalten, der 13., der 16. bis auf 6 von 479 Seiten, der 18. mit Ausnahme des Index. In diesen Indischen Studien steckt eine Fülle von Arbeit, Gelehrsamkeit und Scharfsinn, die uneingeschränkte Bewunderung verdient. Weber scheute keine Mühe, um sich in Gebiete einzuarbeiten, die ihm seiner ganzen Natur nach fernlagen, wie die Metrik, und durch Indices, die an Genauigkeit und Vollständigkeit unübertrefflich sind, sorgte er da- für, daß jeder sich leicht über den Inhalt einer Abhandlung vergewissern und die darin niedergelegten Anschauungen schnell überblicken und wieder- auffinden konnte. Von größter Wichtigkeit für Webers literarische Tätigkeit war, daß durch die Liberalität Friedrich Wilhelm IV. von der Berliner König- lichen Bibliothek die Handschriftensammlung des Sir Robert Chambers angekauft wurde. Weber wurde die Katalogisierung übertragen. Bereits 1853 erschien sein Verzeichnis, das im Gegensatz zu den späteren Bänden (1886, 1888, 1892), in denen er die Neuerwerbungen behandelte, eine maßvolle Beschränkung in Auszügen aufweist und vorbildlich für ähnliche Arbeiten geworden ist. Die Durcharbeitung der Handschriften legte Weber den Gedanken an eine indische Literaturgeschichte nahe. Noch vor der Veröffentlichung seines Kataloges erschienen 1852 seine » Akademische Vorlesungen über 6 R. Pıseuer; indische Literaturgeschichte«, die er im Wintersemester 1851/52 gehalten hatte. Weber beschränkte sich darin nicht auf die vedische Literatur, die ihm damals am nächsten lag, sondern er zog auch die klassische Zeit in den Bereich seiner Betrachtung. Er hat nicht, wie später Max Müller in seiner »History of Ancient Sanskrit Literature«, versucht, dem trockenen Stoff der vedischen Literatur Leben einzuhauchen. Aber seine Vorlesungen gaben zum ersten Male ein Gesamtbild dieser weitverzweigten Literatur und waren lange die einzige Quelle, aus der man sich über viele Einzel- heiten belehren konnte. In dem Abschnitte über die klassische Literatur hat Weber zuerst erfolgreich die irrtümlichen Ansichten über das hohe Alter derselben bekämpft und den Weg gewiesen, den die weitere Forschung einzuschlagen hatte. Eine zweite Auflage erschien 1876, ein Nachtrag dazu 1878. Leider hatte sich Weber nicht dazu entschließen können, den Text umzuarbeiten, sondern alles Neue in die Anmerkungen verwiesen, die oft mit dem Texte im Widerspruch stehen. Auch wer an der Form Anstoß nimmt, wird aber zugeben müssen, daß die Anmerkungen die Ergebnisse der Arbeiten von 1852 — 1876 treu und vollständig wiedergeben und ein sehr wertvolles Material auch für die Geschichte der indischen Philologie enthalten. Aus der Beschäftigung mit den Berliner Handschriften ist ferner eine sehr große Zahl von Abhandlungen hervorgegangen, die meist in den Monats-, später Sitzungsberichten, und den Abhandlungen der Akademie veröffentlicht worden sind, zu deren fleißigsten Mitgliedern Weber gehört hat. Unter diesen Abhandlungen ragt besonders hervor die in zwei Teilen 1866 und 1867 erschienene Arbeit: »Über ein Fragment der Bhagavati«. Weber hatte mit richtigem Blicke schon frühzeitig die große Wichtigkeit der. Sekte der Jaina erkannt, deren Stifter Mahavıra ein Zeitgenosse und Konkurrent Buddhas gewesen ist. Bereits 1858 hatte er in seiner Schrift »Über das Catrunjaya Mähätmyam« zur Aufklärung der Geschichte der Jainas beigetragen, soweit es mit diesem modernen Machwerk möglich war. In der Abhandlung über die Bhagavati veröffentlichte er zuerst ein Bruchstück aus den alten heiligen Schriften der Sekte in der Original- sprache, der Ardhamagadhı, mit Übersetzung. Er bestimmte zuerst, meist richtig, den Lautwert einzelner Zeichen der schwer zu lesenden Hand- schriften und gab einen Abriß der Grammatik des bis dahin fast ganz unbekannten Präkritdialektes. Die rege Tätigkeit, die jetzt auf diesem Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. / Gebiete entfaltet wird, ist Webers Vorgange zuzuschreiben. Er selbst hat die Kenntnis der Sekte noch gefördert durch die umfangreichen Ar- tikel »Über die heiligen Schriften der Jaina« im 16. und 17. Bande der Indischen Studien und die überreichen Auszüge im 2. Bande des Verzeich- nisses der Berliner indischen Handschriften. In zwei anderen Abhand- lungen verfolgt Weber Gedanken, die er immer mit besonderer Liebe ge- pflegt hat. In der Abhandlung »Über die Krishnajanmäshtami« (Krishna’s Geburtsfest) aus dem Jahre 1868 sucht er indischen Einfluß auf das Christen- tum, in der Abhandlung »Über das Rämäyana« 1870 griechischen Einfluß auf Indien nachzuweisen. Er selbst hat im Laufe der Jahre die über- triebenen Vorstellungen, die er anfangs von diesem Einflusse hatte, wesent- lich eingeschränkt. Auf alle Fälle haben diese Schriften sehr anregend gewirkt und sie bleiben durch das reiche Material, das in ihnen zusammen- getragen ist, eine Fundgrube für spätere Forschungen. In gleicher Rich- tung bewegen sich Webers Arbeiten über die indische Astronomie, in denen er babylonischen Einfluß verfocht. Durch seine Abhandlung »Über das Saptacatakam des Häla« (Leipzig 1870), der 1881 eine vollständige Ausgabe mit deutscher Übersetzung folgte, wurde Weber der Neubegründer der Prakritphilologie. In den letzten Jahren wandte er sich wieder vor- zugsweise der vedischen Literatur zu, mit Glück, soweit die Sakralliteratur in Frage kam. Die Kenntnis derselben hat er auch außerordentlich ge- fördert durch die Beiträge, die er in uneigennützigster und aufopferndster Weise für das Petersburger Wörterbuch durch viele Jahre hindurch lieferte. Die auf Webers Materialien beruhenden Artikel gehören zu den besten des Wörterbuches. Den Umfang von Webers Lektüre beweisen die zahl- reichen Rezensionen, die er mit einigen anderwärts schon veröffentlichten kürzeren Abhandlungen in den drei Bänden der Indischen Streifen 1868, 1869 und 1879 zusammenstellte. So sehr Weber auch durch seine umfangreiche literarische Tätigkeit in Anspruch genommen war, so fand er doch immer Zeit, ältere und jüngere Fachgenossen mit seinem Rate zu unterstützen. Darauf beruht der große Einfluß, den er als Lehrer gehabt hat, weniger auf seinen Vorlesungen, die engbegrenzt waren. Jeder aber, der zu Weber mit der festen Absicht kam, Sanskrit zu studieren, wird sich dankbar erinnern an die Stunden ge- meinsamer kursorischer Lektüre von Sanskrittexten, an die sonnabendlichen Spaziergänge nach dem Grunewald, die Abende auf Tivoli, die einfache 8 R. Pıscuen: Gedächtnisrede auf Albrecht Weber. Geselligkeit in seinem gastlichen Hause, bei der es nie an interessanten Männern und an anregender Unterhaltung fehlte. Weber hat auch an dem kirchlichen Leben seiner Zeit regen Anteil genommen. Viele Jahre hindurch war er ein eifriges Mitglied der Gemeinde- organe von St. Jakobi. Die elf Hefte »Protestantische Zeitstimmen«, die einen Beitrag zur Geschichte der evangelischen Landeskirche in Preußen während der Jahre 1879— 1901 darstellen sollten, zeigen, daß er, unbe- kümmert um die Gunst der herrschenden Partei, seinen kirchlich -freisin- nigen Anschauungen stets offen Ausdruck gegeben hat. Nicht immer war er in der Form geschickt. Aber sein ehrlicher Enthusiasmus, seine über- zeugt protestantische Gesinnung und das gänzliche Fernhalten von allem, was nach Strebertum aussehen konnte, nötigte auch seinen Gegnern Ach- tung: ab. Die letzte Zeit seines Lebens war durch Krankheit sehr getrübt. Besonders hart traf den rastlos arbeitenden Mann ein schweres Augen- leiden, das sich bis zu fast völliger Erblindung steigerte und seinem lite- rarischen Schaffen zuletzt enge Grenzen zog. So kam ihm der Tod am 30. November 1901 als Erlöser. Webers Leben ist Mühe und Arbeit gewesen. Jahrzehntelang hat er in keineswegs glänzenden Verhältnissen gelebt, ohne den Mut zu ver- lieren und die Spannkraft des Geistes und Körpers einzubüßen. Sein In- teresse war allen Zweigen seiner Wissenschaft gleichmäßig zugewandt, und keiner seiner Altersgenossen konnte sich mit ihm an Belesenheit und Be- herrschung des Stoffes messen. Solange es eine indische Philologie gibt, wird sein Andenken nicht erlöschen. PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. AUS DEM JAHRE 1903. MIT 2 TAFELN. BERLIN 1903. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. zer u v = oa | a EEE (1 r E AR i ALIEN ATI ma chen ; rain EM virazkl EI ee ng: 5 klar END .n eh AN Re ET Pam el: layer El metitiuh 3 tiert ae wohe Yan ia er Kanes HOEOAUSEe ME. var ale .- je RR ware N ni L a BT ir ii Sul ar al _. aitE a; IIRLGIS er Aa HA H Jar aA " ä ‘a Aare SAAL Era Mulnt lt Were A “u u 13 EL 4] } ‚Ikincharänng I a4 ie en ha: a ie: Au Y Karen. Nasen OHEEE BA Hedaisle HoRerAnd Bi. vr Ta Ienieh nd ? K rende en vl ‚Eoet ALM a Ns alselanad Kanone. u BAR STANDBEIN: np Fanı vr aaa," dansk DHOSO 1a Vozaikiinr # Inhalt. urze, F.E.: Caulophacus areticus (Armauer Hansen) und Calycosoma ‚gracile F. E. Sch. nov. spec. (Mit 2 Tafeln) . . . . ..... Abh.L 81-9. al gchn IroeV 2 . e uB-, 2 5 u ® or ge? han issaafl oo) Ei oe BRETT, = (tell CR ntaszon. das. U al a IR 3 Caulophacus arclticus (Armauer Hansen) und Calycosoma gracile F. E. Sch. nov. spec. Von H" FRANZ EILHARD SCHULZE. Phys. Abh. 1903. T. 1 I " n x 5 i _ vn B . f _ Eu . E Wk vr By # es = Is 7 > i ö E | Di 4; = art ” + t irı ng 1.8 ‘741 wre \ ads terre FETT d sn (TORTEN TIDSHTTE,) 2EWWIY BARLITHINLEL NH En SD rc FT r # f aA Fa 4) 1 ’ £ Gelesen in der Sitzung der phys.-math. Classe am 8. Januar 1903 [Sitzungsberichte St. II. S. 13]. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 23. Februar 1903. 25 As Charakterthiere sehr grofser Meerestiefen gewinnen die Angehörigen der Hexaectinelliden-Gattung Caulophacus F.E. Sch. ein hervorragendes Interesse, welches noch erhöht wird durch die auffällige, bei den Spongien sonst ganz ungewöhnliche Hutpilzform ihrer meisten Arten. Zu den bisher aufgestellten und unter Beigabe von Abbildungen aus- führlich beschriebenen vier Caulophacus-Species, nämlich C. pipetta F. E. Sch., C. latus F. E. Sch., C. elegans F. E. Sch., ©. agassizi F. E. Sch. will ich jetzt noch eine fünfte mit der Bezeichnung (©. arcticus (Armauer Hansen) hinzufügen. Caulophacus arcticus (Armauer Hansen). Tafel 1. ös handelt sich um eine zwar schon einigermafsen bekannte, aber noch nicht ausreichend studirte und bisher an unrichtiger Stelle im System unter- gebrachte Form. . G. Armauer Hansen hat in seiner Bearbeitung der Spongien, welche von der Norwegischen »Norske Nordhavets Expedition« in den Jahren 1876 bis 1878 erbeutet sind', im Jahre 1885 eine Hexaetinellide mit der Bezeichnung Hyalonema arctium Armauer Hansen beschrieben. Durch gütige Vermittelung des Hrn. Custos Dr. Apellöf sind mir aus dem Museum in Bergen, wo das von Armauer Hansen abgebildete Original- ! "TheNorwegian North-Atlantie Expedition. 1876—1878. Zoology. Spongiadae. Christi- ania. 1885. 1* 4 F. E. ScHuuıze: exemplar nebst einigen anderen Stücken derselben Art aufbewahrt wird, die jener Darstellung zu Grunde liegenden Objecte zur Untersuchung an- vertraut. Bevor ich hier das Ergebnifs meiner eigenen Studien mittheile, will ich die von Armauer Hansen selbst a.a.O. S. 19 gegebene und mit einigen Ab- bildungen, Tab.V, Fig. 10a—e und Tab. VH Fig. 20 und 21 seines Werkes, erläuterte Beschreibung des betreffenden Materiales hier wörtlich anführen: » Hyalonema arcticum n.sp.« »This specimen was shrivelled, owing to the evaporation of the alcohol, by reason of an imperfeet elosing of the vessel in which it was contained. There are several specimens with hollow, round stems, of somewhat variable thickness, measuring up to 3°” in length, and which at the one extremity are seated, as if depressed in a very loose, almost cotton-like substance. Pl. VI, fig. 20 illustrates this extremity in one of the specimens, and fig. 21 illustrates a fragment of the eotton-like substance. The colour of the shrivelled specimens is light-grey, and the colour is, pretty exactly. repeated in the illustration. The shrivelled trunk or stem is eomposed, exelusively, of long spieules, such as are illustrated in Pl. V, fig. 10, a and a!. Many of them have an enlargement in the middle, in which a division of the canal ofthe axis is, distinetly, seen (fig. 10a). Both extremeties ofthese spicules are Zr sp (fig. 10,b). In the eotton-like substance there is, in addition to there spicules also found: ı) very large har tr sp spieules (fig. 100); 2) har? sp spi- eules (fig. 10, d); and 3) ha(r-+ R.sp) fig. 10,e). Judged by the form of these spieules, the specimen must be a Ayalonema.« »Habitat: Station Nro. 35.« Für die Station Nro. 35 der Norske Nordhavets-Expedition ist auf S. 24 des eitirten Werkes angegeben: »5.Juli; 63° 17’N, 1° 27’W; 1977” tief; Bo- dentemperatur — 1,0°C.:; Grund: Biloculina-Clay. Fangapparat: Dredge.« Das eine der drei mir aus dem Bergener Museum zur Untersuchung ge- liehenen trockenen Stücke gleicht vollständig der auf Tafel VII des eitirten Wer- kes in Fig. 20 gegebenen Abbildung. Es besteht aus einem ziemlich derben, etwa fingerdicken, röhrenförmigen, oberen Stielende nebst dem sich daran- schliefsenden, stark zerrissenen Basaltheile des mehr lockeren, am unversehr- ten Schwamme wahrscheinlich scheibenförmig ausgebreiteten Schwammkör- pers. Ich darf daher wohl annehmen, dafs es auch wirklich das von Armauer Hansen selbst zu seiner Beschreibung und Zeichnung benutzte Original- Exemplar seines Hyalonema arcticum ist. Da jedoch die Abbildung Fig. 20 der Tafel VII das Stück in umgekehrter Stellung, nämlich das abgebrochene untere Daulophacus arctie. (Armauer Hansen) u. Calıycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 5 Cauloph t A H Cal, ( le F.E.S y Stielende aufwärts gerichtet, widergiebt, so wäre es nicht ausgeschlossen, dafs der Autor hier das abgebrochene obere Stielende als verjüngten Ober- theil eines Hyalonema-Körpers auffalste. Doch möchte ich dies nicht an- nehmen, sondern lieber eine mehr zufällige Verkehrung der Figur ver- muthen. Dagegen stellen die beiden anderen Stücke, welche wahrscheinlich eben- falls von Armauer Hansen untersucht, aber von ihm nicht abgebildet wur- den, von mir jedoch hier auf meiner Tafel Tin Fig. ı und 2 lebensgrofs in Umrissen skizzirt sind, fingerdicke, röhrenförmige Stiele dar, welche von der Unterlage abgerissen sind und leider beide den am Oberende sitzenden Körper fast ganz verloren haben. Der eine (Fig. ı) dieser beiden ziemlich festen Schwammstiele besitzt an seinem zur Befestigung bestimmten Unter- ende eine höckerige kolbenförmige Anschwellung von Daumendicke, während der übrige, schwach S-förmig gebogene, 1— 14" dicke und etwa 15° lange Haupttheil, im Ganzen ziemlich glatt und offenbar nur durch das Eintrocknen etwas geschrumpft, einen nahezu kreisförmigen Querschnitt hat. Sein schwach verdicktes Oberende zeigt an der unregelmäfsig rauhen Bruchstelle mm ein etwa 3”"” weites kreisrundes Röhrenlumen. Es ist möglich, dafs die Befestigung dieses Stieles nicht durch Aufwachsen an einer ganz festen Unterlage, sondern durch Einbettung des kolbenförmigen Unterendes in eine mehr lockere Bodenmasse bewirkt war, wie ich sie ähnlich bei einigen der arktischen Spongien der Nordpolar-Expedition der »Helgoland« beschrieben habe. Da an dem Oberende von dem verlorenen Schwammkörper so gut wie nichts erhalten ist, liels sich auch hier kein bestimmter Anhalt über dessen Form gewinnen. Das dritte Exemplar, Fig. 2 der Tafel I, stellt einen viel stärker geboge- nen, ziemlich festen, röhrenförmigen Stiel von etwa 7°” Länge dar, welcher der Unterlage mit einer stark verbreiterten, unregelmäfsig höckerigen, unten ebenen Basis direet aufsals. Dicht oberhalb der letzteren zeigt der Stiel einen nur etwa 6”" breiten kreisförmigen Querschnitt, verdiekt sich aber aufwärts allmählich, so dafs er in der Nähe des stark zerrissenen und recht lockeren mm Oberendes einen Querdurechmesser von etwa 15"" erreicht. Wenn auch im Allgemeinen diese beiden einfachen Stiele an ihrer Aufsen- fläche so stark abgerieben sind, dafs man von einer zusammenhängenden Dermalmembran kaum noch etwas mit blofsem Auge erkennen kann, so lassen sich doch hier ebenso wie bei dem von Armauer Hansen a. a. 0. abgebil- 6 F. E. Scuurze: deten Stücke bei der mikroskopischen Untersuchung immerhin noch einige der hexactinen Autodermalpinule nachweisen, welche in Gestalt und Gröfse völlig übereinstimmen mit den an der äufseren Oberfläche des noch erhaltenen Scheibenrestes vorkommenden und von dem ersten Untersucher Armauer Hansen auch in der Fig. 10e seiner Tafel V naturgetreu in einem Exemplare abgebildeten Dermalpinulen. Als Megasklere sind zuerst zu nennen kräftige parenchymale Oxy- hexaetine verschiedener Gröfse bis zu 1"" Durchmesser und darüber, deren allmählich sich verschmälernde, ziemlich gleichlange Strahlen in der Nähe des Centrums 20— 30 u dick sind und am Distalende entweder zugespitzt oder leicht abgerundet enden. Während sie im Allgemeinen als glatt bezeichnet werden können, zeigen sich in der Nähe des Distalendes häufig kleine spitze Dornen oder doch Rauhigkeiten, welche auch schon von Armauer Hansen in seiner Fig. 10c der Tafel V dargestellt sind. Übrigens sind sie nieht sehr häufig und auch nicht immer völlig regelmälsig gestaltet. Zuweilen zeigen die Strahlen eine schwache einfache Biegung und variiren auch wohl etwas in der Länge. Die bei Weitem gröfste Menge der parenchymalen Megaskleren be- steht jedoch aus etwa 5”"” langen und 10— 304 dieken, schwach gebogenen Diactinen, welche, nach den Enden allmählich sieh verschmälernd, entweder in eine stumpfe Spitze oder in eine längliche kolbige Verdickung auslaufen und in der Regel im Centrum eine mehr oder minder deutlich abgesetzte spindelförmige Verdiekung zeigen. Die beiden Enden sind fast stets mit kleinen spitzen Höckern mehr oder weniger dicht besetzt. Der diese Nadeln der ganzen Länge nach durchziehende Axenkanal wird in der Centralver- diekung regelmäfsig von zwei kurzen rechtwinkelig gekreuzten Kanälen quer geschnitten, welchen aber hier nur selten besondere äufserlich vor- ragende Höcker entsprechen. Die Lagerung dieser bald ganz isolirten, bald zu Zügen oder Bündeln vereinten Parenchymalia im Körperparenchyme ist ziemlich unregelmäfsig. Aufser den senkrecht und parallel zur Oberfläche orientirten Zügen giebt es viele, welche mit jenen ganz beliebige Winkel machen. Nur im Stiele prä- valiren die längsgerichteten Nadelzüge, ohne dafs jedoch auch hier schräge oder zur Oberfläche senkrecht gerichtete ausgeschlossen wären. Während sie noch in dem oberen trompetenförmig verbreiterten Theile des Stieles ebenso wie in dem eigentlichen (scheibenförmigen) Körper selbst völlig frei und lose dem Weichkörper eingebettet liegen, treten schon etwas weiter abwärts im Caulophacus arctie. (Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 7 Stiele vereinzelnte Verlöthungen von sehr nahe benachbarten oder unmittelbar sich berührenden Nadeln durch verbindende Kieselmasse stellenweise ein, und zwar ebensowohl bei den sich unter verschiedensten Winkeln kreuzenden als bei den parallel liegenden Nadeln. So selbstverständlich es nun er- scheint, dafs die lamellöse Kieselmasse, welche die sich unter irgend einem Winkel kreuzenden Nadeln verbindet, nur an der Kreuzungstelle selbst auf- tritt, so merkwürdig muls der Umstand auffallen, dafs bei den parallel liegen- den Nadeln diese letzteren niemals in ganzer Länge gleichmäfsig, sondern stets nur durch leitersprossenartig getrennte kurze Verbindungsbrücken, Synap- tiecula, verbunden sind, deren concave Seitenränder zur Bildung rundlicher. oft nahezu kreisförmiger Lücken führen. Je weiter man in dem Stiele abwärts geht, um so reichlicher werden ebenso wie bei vielen anderen Stiel-bildenden Hexactinelliden diese Verlö- thungen und um so zahlreicher die Synaptieula, bis schliefslich am unteren Stielende ein dichtes Balkengerüst mit immer enger werdenden Maschen zur Bildung einer festen, fast steinharten Masse führt, welche da, wo sie Fremd- körpern, bez. der festen Unterlage anliegt, sich zu einer nur von kleinen runden Löchern durchbohrten Grenzplatte gestaltet. Derartige Basalplatten habe ich bei zahlreichen Hexactinelliden da, wo sie festen Körpern aufsitzen und auch an solchen Stellen nachweisen können, wo eingedrungene fremde Körper reizend wirken und abgekapselt werden sollen. Nur in der ja auch sonst manche Eigenthümlichkeiten zeigenden Abtheilung der Amphidiscophora s. Hyalonematidae fehlt die Neigung zur Verlöthung der Kieselnadeln gänz- lich. Es stimmt dies mit der Thatsache überein, dafs bei keiner Amphidis- cophore die bei den Hewasterophora so häufig im Alter auftretenden und bei manchen Gruppen derselben (den Dictyonina) sogar von Jugend auf typisch sich bildenden Diktyonalgerüste zu finden sind. Zu den Megaskleren sind endlich auch die recht verschieden grofsen hypodermalen Oxypentactine zu zählen, welche in ihrem ganzen Bau den parenchymalen Oxyhexactinen gleichen, nur viel rauher und nicht blofs am Ende, sondern auch im Mitteltheil der Strahlen mit spitzen Höckerchen besetzt sind. Ähnlich sind die pentactinen Hypodermalia. Die parenchymalen Intermedia bestehen hier wie bei allen bisher stu- dirten Caulophacus- Arten aus mikroskleren stacheligen Disecohexactinen. bez. ähnlichen Hemidiseohexastern und echten Discohexastern. Die ersteren, welche, wie schon oben erwähnt, zu den Charakternadeln der fe) RB. E! SCHULZE: Gattung Caulophacus gehören, kommen besonders häufig in der Nähe der beiden Grenzmembranen vor. Ihre ziemlich schlanken, gleichlangen, geraden Strahlen sind (mit Ausnahme des centralen Endes) ganz mit kleinen, spitzen, etwas eentrad gerichteten Stacheln besetzt, welche in der Mitte des Strahles am längsten sind, gegen dessen Distalende an Länge abnehmen. Das äulserste Distalende jedes Strahles wird durch eine bei den einzelnen Nadeln etwas verschieden grofse, (6—12 u), bei den Strahlen derselben Nadel aber immer gleich grofse convexe Querscheibe mit gezahntem Rande gebildet, welche wie ein in der Mitte verdicktes, beiderseits glattes Uhrglas mit mehr oder weniger lange, keilförmig zugespitzten Randzähnen aussieht. Die Zahl der letzteren variirt von 4—6. Je weniger in einem Wirbel stehen, um so länger und breiter pflegen sie im Verhältnifs zum dickeren Central- theil der Scheibe zu sein (Tafel I Fig. 9 und 10). Nicht selten trifft man Nadeln, bei welchen zwar im Übrigen alle Verhältnisse dieselben sind wie bei diesen stacheligen Discohexaetinen, jedoch eines oder selbst einige der 6 Strahlen eine Gabelung erfahren, wobei dann die beiden Endstrahlen fast stets gleich lang sind und gleichen Winkel mit der Hauptstrahlaxe machen. Gewöhnlich haben dann die Gabeläste gleiche Länge wie der zugehörige Hauptstrahlstumpf. Doch kann ausnahmsweise die Theilung weiter einwärts erfolgen. Auch kommen Fälle vor, in welchen die beiden Gabeläste nicht gleichwerthig bez. gleich gerichtet sind, sondern der eine ganz oder nahezu in der Richtung des Hauptstrahles fortläuft, der andere mehr seitlich absteht, also wie ein Seitenast des ersteren erscheint. Alle derartigen Nadeln, bei welchen ein oder einige (aber nicht alle) Haupt- strahlen sich gabeln, bezeichne ich als Discohemihexaster. Sollte der Fall eintreten, dafs alle Hauptstrahlen Endstrahlen tragen, wie dies bei anderen Caulophacus- Arten vorkommt, so heilsen die betreffenden Nadeln Disco- hexaster. Ich bin genöthigt, hier etwas näher auf die Terminologie dieser Nadeln einzugehen, weil Ijima in der jüngsten seiner trefflichen »Studies on the Hexactinellida«, Contribution II (The genera Corbitella and Heterotella)', eine Bezeichnung für gewisse hierher gehörige Nadelformen vorschlägt und anwendet, welche ich bedaure nieht annehmen zu können. ! Journal of the College of science, Imperial University Tokyo. Vol. XVII, Article 9. 3. Juli 1902. Caulophacus arctie. (Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 9 Die von mir vorgeschlagenen Bezeichnungen der betreffenden Nadeln als »Discohexactin« und »Discohexaster« bez. »Discohemihexaster« beziehen sich ausschliefslich auf die Gestalt und sollen keine Theorie irgend welcher Art ausdrücken. Ich kann daher Nadeln mit 6 einfachen Strahlen, wie sie Ijima in Fig.13 der zu seiner soeben eitirten Arbeit gehörigen Tafel, Marschall 1875 für seine Hudietyon (richtiger Corbitella) elegans abgebildet hat, und ich selbst im Jahre 1887 für die verschiedenen Caulophacus sowie hier in Fig. 8 der Tafel I abgebildet und beschrieben habe, nicht als »Disco- hexaster« gelten lassen, weil für diesen Begriff die Endtheilung sämmt- licher Hauptstrahlen in zwei oder mehrere Endstrahlen gefordert ist. sondern mufs sie als Discohexactine benennen, da sich am Ende jedes der einfachen Strahlen eine terminale Querscheibe befindet. Wie weit sich bei diesen und anderen Hexaetinen der Achsenkanal vom gemeinsamen Centrum aus in die 6 Strahlen erstreckt, ist in den wenigsten Fällen mit Sicher- heit festzustellen; aber selbst, wenn sich derselbe genau erkennen und sein Ende innerhalb des Strahles in irgend einer Entfernung vom Distalende genau ermitteln läfst, bleibt es zweifelhaft, ob letzteres, nämlich das des Achsen- kanals entbehrende Ende, die Bedeutung eines einfachen Seitenstachels, wie sie ja in Menge an der Seite des Strahles vorkommen, hat, oder aber eine direete Fortsetzung des Hauptstrahles darstellt. In jedem Falle aber ist keine Endtheilung des Hauptstrahles in zwei oder mehrere Endstrahlen vor- handen, wie es doch für einen Hexaster angenommen ist. Eine Schwierig- keit in der Beurtheilung einzelner Nadeln, ob Hexactin oder Hexaster, könnte höchstens in ähnlichen Fällen entstehen, wie sie Ijima auf der zu seinem Aufsatze gehörigen Tafel in den Fig. 20— 23 wiedergegeben hat, welche er mit Recht als »Spiny-Mierohexactins« bezeichnet, obwohl man bei einigen, z.B. bei den von ihm in Fig. 20 und 22 dargestellten Nadeln in Zweifel sein könnte, ob es sich um blofse Seitendornen der Haupt- strahlen, ähnlich wie in seiner Fig. 9, oder um Endgabelung der betreffen- den Hauptstrahlen zu Endstrahlen handelt. Im letzteren, hier allerdings wohl ausgeschlossenen Falle würde ich sie ebenso als Hexaster und zwar als Oxyhexaster benennen wie die bekannten Oxyhexaster im Parenchyme von Farrea occa. Wenn Ijima nun diese Nadeln (Fig. 20— 22) von Heterotella corbieula (Bowrbk) ebenso wie die in seiner Fig. 3 und 9 dargestellten Nadeln der Corbitella speciosa (Quoy et Gaimard) als Hexactine bezeichnet, so setzt er Phys. Abh. 1903. T. 2 10 F. E. ScHuvunze: voraus, dafs sich die Achsenkanäle bis zum Distalende sämmtlicher 6 Strahlen erstrecken. Wie will er das aber bei der grolsen Feinheit der betreffenden Strahlen erkennen oder entscheiden? Es scheint mir daher auch schon aus praktischen Gründen empfehlenswerther, bei der alten Bezeichnungsweise zu bleiben und alles das Hexaetin zu nennen, was 6 einfache Strahlen hat, mögen nun die Achsenkanäle sich bis zum Distalende derselben verfolgen lassen oder nicht, und nur dasjenige als Hexaster zu bezeichnen, bei dem alle 6 Strahlen sich am Ende in zwei oder mehrere Endstrahlen spalten. Der Name Hemihexaster bleibt dann zweckmäfsig solchen Nadeln, bei welchen nur ein oder einige Strahlen sich in Endstrahlen spalten, der oder die übrigen dagegen einfach bleiben. Demnach erscheint es mir gerechtfertigt, die auf meiner Tafel I in der Fig. 8 abgebildete Parenchym-Nadel von Caulophacus arcticus ebenso wie die entsprechenden aller anderen Caulophacus auch ferner als Discohexactin aufzuführen, dagegen eine ähnliche Nadel, bei welcher sich einer der im Übrigen einfachen Strahlen wie in der Fig.ıı gegabelt hat, Discohemihex- aster zu nennen. Nadeln der Art, bei welchen sämmtliche 6 Hauptstrahlen sich spalten, und welche also als Discohexaster zu bezeichnen wären, habe ich in den mir zu Gebote stehenden Fragmenten von Caulophacus arctieus nieht gefunden, während dagegen andersartige Diseohexaster mit glatten Hauptstrahlen und Büscheln von feinen Endstrahlen mit ganz kleiner End- scheibe gerade hier recht häufig sind und jetzt näher beschrieben werden sollen. Diese zweite Art von Discohexastern, welche auch bei allen übrigen bekannten Caulophacus- Arten in verschiedener Ausbildung vorkommt und sich, wie gesagt, durch ihre glatten Hauptstrahlen von der vorhin erwähnten unterscheidet, ist hier in mehrfachen allerdings geringfügigen Modifieationen vertreten, welche aber sämmtlich den Charakter gemein haben, dafs der stets schlanke Hauptstrahl entweder etwas länger oder gleichlang, niemals aber erheblich kürzer ist, als die zugehörigen Endstrahlen. Die Varia- tionen beziehen sich zunächst auf die absolute Gröfse der Nadeln, von welchen zwei Extreme zu 140 und 1804 Durchmesser ziemlich gleich häufig sind, während Zwischenstufen seltener gefunden werden. Gewöhnlich haben die Endstrahlen ungefähr die gleiche Länge wie ihr Hauptstrahl (Fig. 3 und 5), nicht selten sind sie etwas kürzer (Fig. 4). Bald sind sie nahezu gerade (Fig. 4 und 7), bald in ihrem Basaltheil mehr oder minder ausgebogen und im Übrigen gerade (Fig. 5) oder ganz leicht S-förmig gebogen (Fig. 3 und 6). Caulophacus arctic. (Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 11 Zuweilen sieht man sie deutlich im Wirtel gestellt, d.h. in einer Kegel- mantelfläche angeordnet, einen freien Mittelraum umschliefsend (Fig. 6), in anderen Fällen quasten- oder büschelförmig, so dafs auch die Mittelpartie von Endstrahlen durchsetzt ist (Fig. 5). In allen Fällen aber sind sie im Vergleiche zum Hauptstrahl sehr dünn und erscheinen bei starken Vergröfse- rungen mit sehr feinen spitzen Dornen besetzt (Fig. 6). Die an der Distal- fläche etwas convexen Endscheibehen sind so klein, dafs es mir nicht ge- lungen ist, die Zahl ihrer Randzähnchen festzustellen. Eine deutliche End- verbreiterung der Hauptstrahlen konnte ich nieht nachweisen, doch führt in einigen Fällen die randständige Wirtelbildung der hier entspringenden Endstrahlen zu einer blumenkelchähnlichen Formation (Fig. 6). Von Dermalpinulen sind trotz der mangelhaften Erhaltung der äufsersten Körperschicht eine gröfsere Anzahl vorhanden. Durch die Ei- form ihres stark verdiekten Pinulstrahles gleichen sie den Dermalpinulen von Caulophacus latus, Caulophacus elegans und Caulophacus pipetta im Ge- gensatze zu den mit langgestrecktem schmalen Pinulstrahle versehenen Dermalpinulen von Caulophacus agassizi. Es sind sämmtlich Hexactine, deren 4 etwa Ioo u lange, mäfsig starke, gerade Tangentialstrahlen eben- so wie der ähnliche aber verschieden lange (40— 100 u und darüber) innere Radialstrahl mit Ausnahme ihres glatten Proximaldrittels mit etwas distad gerichteten kleinen spitzen Stacheln ziemlich dicht besetzt sind und am Distalende sich zuspitzen. Der 60—120 u lange und 20 —50 u breite Pinulstrahl hat einen etwa 20 u langen glatten Basaltheil von der Dicke der übrigen 5 Strahlen, welcher sich aber aufwärts bald er- heblich verdiekt und bis zum Ende reichlich mit kräftigen, etwas empor- gebogenen, schräg aufwärts gerichteten, schuppenartig sich deckenden Seitenstacheln von 1I0O—30 u Länge besetzt ist. Die letzteren umschliefsen am Ende gewöhnlich knospenartig das konisch zugespitzte aber nicht in Form eines besonderen Centralkonus abgesetzte Strahlende (Tafel I Fig. ı3 und 16). Seltener als die sehr auffälligen Dermalpinule sind die Gastralpinule, welche sich durch die Länge ihres mit verhältnifsmäfsig kurzen Seiten- stacheln versehenen Pinulstrahles auszeichnen. Es sind dies grolse Oxypent- actine oder (seltener) Oxyhexactine, deren 4 mälsig starke, gerade und bisweilen schwach abwärts gerichtete Tangentialstrahlen eine Länge von 300 u erreichen, sich allmählich zuspitzen und mehr oder minder reichlich 2% r4 12 F. E. Scuvurze: mit schwach distad gerichteten spitzen Dörnchen besetzt sind. Ähnlich, jedoch erheblich kürzer ist der innere Radialstrahl, falls er überhaupt ent- wickelt ist. Gewöhnlich findet sich an seiner Stelle nur ein halbkugeliger glatter Buckel (Tafel I Fig. 15). Der 250—500 u lange, gestreckte Pinulstrahl der Gastralpinule hat einen 6— 10 u dieken glatten Basaltheil von 20— 30 u Länge, welcher unter allmählicher Diekenzunahme in den schwach spindelförmig verdickten und mit kürzeren oder längeren Seitenstacheln besetzten Haupttheil übergeht. Die Breite des letzteren, welcher am freien Ende in eine mehr oder weniger schlanke Endspitze ausläuft, erreicht 15— 30 u. Die Stacheln sind gewöhnlich querabstehend mit schwach hakenförmiger Aufwärtsbiegung (Tafel Il Fig. 15) oder schräg emporgebogen und im letzteren Falle etwas länger (Tafel I Fig. 14). Einige kleinere schmächtige und kurz bedornte Oxypentactine mit 4 geraden Sou langen Basalstrahlen und einem auf 1590—200 u verlänger- ten Radialstrahl, welche ich vereinzelt antraf (Tafel I Fig. ı2), möchte ich als Canalaria ansehen. Vergleicht man die eben beschriebene Caulophacus-Form mit den 4 bisher bekannten Arten, so fällt eine weitgehende Übereinstimmung mit dem von mir im Challenger-Report S. 124 und auf Pl. XXIV dargestellten Caulophacus latus F. E. Sch. zumal in der Spieulation auf. Ob auch die Gestalt der Körperscheibe gleich oder ähnlich war, läfst sich nach den ge- ringen Fragmenten von Caulophacus arctieus nicht mehr entscheiden. Hin- sichtlich der Nadeln aber ist hervorzuheben, dafs die Megasklere sich voll- ständig gleichen, ebenso von den Mikroskleren die stacheligen parenchy- malen Discohexactine. Auch die kurzen, gedrungenen Dermalpinule und die langen, schlanken Gastralpinule zeigen grofse Ähnliehkeit. Abweichend ist allerdings bei den parenchymalen Diseohexastern die Form der Endstrahlen- büschel, welche sich bei Caulophacus latus als schlank kegelförmig, bei Caulo- phacus arclicus als erheblich breiter darstellen. Die auf der Tafel XXIV meines Challenger-Report in der Fig. 8 dargestellte Nadel eines Oxyhemi- hexaetin ist wahrscheinlich nicht zugehörig, sondern eingeschwemmt. Der Speeiesunterschied zwischen Caulophacus arcticus und dem im indischen Antaretie gefundenen Caulophacus latus beruht also hauptsächlich auf der verschiedenen Gestalt der Endstrahlbüschel der parenehymalen Disco- hexaster. imig. Die Hauptstrahlen Gaulophacus arctie. (Armaue ısen) u. Cahycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 1: Cauloph ctic. (Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 13 Bestimmungsschlüssel der bekannten Caulophacus-Arten nebst Angabe der Fundorte. Tiefe Boden- Name Fundort in beschaffen- Expedition Metern heit Diatomeen- Schlamm Ind. Antaretic. SW von Australien — 53° 55'S; 108° 35'E Challenger- Station 157. Körper pfeifenkopfähn- lich. Die Hauptstrahlen der Discohexaster sind über doppelt so lang als die Endstrahlen. ©. pipetta F. E. Sch. Körper flach scheibenför- der Discohexaster sind nicht länger als die Endstrahlen. 2. Rother Thon NW Paeifie. E von Japan — 35°41'N; 157° 42'E C. elegans F. E. Sch. Die Hauptstrahlen der Challenger- Discohexaster sind sehr Station 241. kurz und dick mit kelch- förmiger Verbreiterung. Körper linsenförmig. Die Hauptstrahlen der Discohexaster sind schlank eylindrisch. 3. Albatrofs- Station 2572. Die Hauptstrahlen der| ©. ayassizi NW Atlantic. Grauer Discohexaster sind nur — 40° 29'N; 66° 04'W + so lang als die End- strahlen. Körper linsen- Schlamm förmig. Die Hauptstrahlen der Discohexaster sind un- gefähr ebenso lang wie die Endstrahlen. 4. Die Endstrahlen bilden | €. latus SW Indocean. 2926 | Diatomeen-| Challenger- schlanke kegelför-| F.E. Sch. Pinguin -Inseln Schlamm | Station 147. mige Büschel. — 46° 16'S; 48° 27'E Die Endstrahlen bilden| €. arctieus NE Atlantic. 1977 | Biloculina- Norveg. breite Büschel. F. E. Sch. Shetlands- Inseln Thon Nord-Atlantie. — 63° ı7'N; 7° 27'W Expedition Station 35. 14 E. E. Scuuıze: Grölsere Differenzen treten, auch abgesehen von der Körperform, zwischen Caulophacus arcticus und den übrigen drei bisher beschriebenen Arten derselben Gattung auf, so z. B. allein schon hinsichtlich der paren- chymalen Diseohexaster, welche bei Caulophacus elegans ganz kurze und kelehförmig verbreiterte Hauptstrahlen mit je einem breiten Büschel langer 'auher Endstrahlen, bei Caulophacus agassizi kurze dünne Hauptstrahlen mit fast dreimal längeren Endstrahlen und bei Caulophacus pipelta dreimal längere Hauptstrahlen als Endstrahlen besitzen. Auch die Dermalpinule weichen bei Caulophacus agassizi durch ihre langgestreckte Form wesent- lich ab. Um eine leichte Übersicht der Fundorte sämmtlicher 5 bekannten Caulo- phacus-Arten zu geben, habe ich die Tabelle auf S.ı3 zusammengestellt, welche auch zugleich den Bestimmungsschlüssel liefert. Es zeigt sich also, dafs die Gattung Caulophacus nicht auf einen Bezirk beschränkt ist, sondern in allen drei Oceanen, und zwar eben- sowohl nördlich wie südlich vom Aequator, auch beiderseits in höheren Breiten in nahe verwandten Arten vorkommt. Die Beschaffenheit des etwa 2000— 4000 m tiefen Meeresgrundes wird an allen Fundstellen als schlammig oder thonig angegeben und besteht in einigen Fällen wesentlich aus Diato- meenschalen. Calycosoma gracile F. E. Sch., nov. spec. Tafel I. Durch die Güte des Hrn. Dr. Hanitsch, Curator des Raffles Museum in Singapore erhielt ich eine in Spiritus conservirte Hexactinellide zur Unter- suchung, welche die Form eines dünnwandigen Spitzkelches von 85"" Höhe und 55”” mm oberer Öffnungsbreite hat. Das untere, bis auf 4”” Durchmesser verschmälerte Ende ist zwar abgebrochen, findet aber höchst wahrschein- lich seine direete Fortsetzung in dem gleichdicken röhrenförmigen Aste eines gegabelten Y-förmigen Stengelstückes, welches sich neben dem Spon- gienkörper in dem nämlichen Glase befand (Tafel II Fig. 1a). Die Kelehwand ist an der äufseren wie inneren Fläche ziemlich gleich- mälsig eben, mit Ausnahme von zwei äufseren Höckern, deren einer sich Caulophacus arctie. (Armauer Hansen) u. Cahjcosoma gracile F. E.Sch.n.sn. 15 y 5 ji mm etwa 15" oberhalb des unteren Bruchendes in Form eines etwas gebogenen rundlichen Buckels von 4—5"" Durchmesser erhebt, während der andere, etwas längere, aber weit schmalere, mehr fingerförmige Fortsatz etwa in der Mitte der Kelchhöhe seitlich vorragt (Taf. I Fig. ı). Die rein konische Form des Kelches wird etwas gestört durch eine stärker zunehmende Erweiterung des oberen Drittels und geringe Zuspitzung des untersten Endes. In der Nähe des unteren Bruchendes, welches zwar kein deutliches Röhrenlumen, aber eine weichere, nur aus einem lockeren Nadelfilze bestehende Oentralmasse und eine festere Rindenschicht aufweist, findet sich eine an der Fig.ı der Tafel II nicht sichtbare ovale, gruben- förmige Vertiefung von wenigen Millimetern Weite und glattem Grunde. Das Triehterlumen des kelehförmigen Körpers verengt sich gegen den Stieltheil so bedeutend, dafs es schliefslich nieht mehr deutlich bleibt und sein Ende in der schon erwähnten lockeren Centralmasse des Bruchendes findet, welche auch in dem abgebrochenen Stielstück das ursprüngliche Röhrenlumen erfüllt. Da sich an allen unversehrten Regionen der inneren wie der äufseren Kelchwandiläche ein sehr feines Gitternetz mit annähernd quadratischen mmı Maschen über die meistens 1—2"”"” weiten rundlichen Eingangs- bez. Aus- gangsöffnungen ausbreitet (Tafel II Fig. 2), so vermuthe ich, dafs eine solche dermale bez. gastrale Hautgittermembran sich auch über jene Öffnungen im Leben ausgespannt hat, welche diese zarte und leicht zerstörbare Decke jetzt nicht mehr erkennen lassen, was sowohl an der äufseren als auch an der inneren Fläche in manchen Regionen vorkommt. Die Dieke der Kelchwand, welche im unteren Theile (etwas oberhalb des Stieles) 4”” beträgt, nimmt aufwärts ganz allmählich bis zu dem scharf- randigen, aber mit keinem besonderen Marginalnadelsaume ausgezeichneten, gleichmäfsigen oberen Kelchrande hin ab. In gleicher Weise nimmt auch die Weite der die Wandung rechtwinklig durchsetzenden Zuleitungs- und Ableitungskanäle aufwärts bis gegen den oberen Rand hin ab, so dafs deren Öffnungen schliefslich in der Nähe des letzteren mit blofsem Auge kaum noch erkannt werden. Von Megaskleren fallen durch ihre Gröfse gestreckt spindelförmige, gerade oder schwach gebogene, seltener etwas gekniete Oxydiactine von 3—5"" Länge und 60—100 u grölster (etwa in der Mitte befindlicher) Dieke auf. Sie liegen ziemlich reichlich in verschiedener Orientirung, parallel den 16 F. E. ScHuLze: beiden Grenzflächen der Kelehwand und auch meistens in deren Nähe, seltener in der Mitte zwischen beiden. In der Nähe des unteren Kelchendes sind sie vorwiegend und im Stieltheile ausschliefslich längs gerichtet. Ihre Ober- fläche ist stets ganz glatt. Die beiden Enden sind einfach zugespitzt. Der Achsenkanal, an dem ich nirgends ein Achsenkreuz wahrnehmen konnte, reicht bei den dünneren und kürzeren, also wahrscheinlich noch nieht ganz aus- gewachsenen Nadeln bis an die Endspitzen, wird dagegen bei den gröfsten und stärksten Exemplaren in der Regel am Ende von mehrfachen Kiesel- lamellen kappenartig überlagert, wodurch dann natürlich ein stärkeres Längenwachsthum ausgeschlossen erscheint. Die bei Weitem gröfste Zahl der megaskleren Parenchymalia besteht aus viel dünneren (4—20 u), geraden oder schwach gebogenen Diactinen, welche nur selten terminal einfach glatt zugespitzt sind, vielmehr gewöhn- lich an den beiden abgerundeten oder schwach kolbig verdiekten Enden mit kleinen, spitzen, querabstehenden Höckern dicht besetzt sind, während der übrige Theil ganz glatt, oder höchstens (ausnahmsweise) in der Mitte (durch eine schwach abgesetzte ringförmige Verdickung (bez. durch 4 oder 2 Höcker) ausgezeichnet ist. Letzteren Bildungen entspricht dann regel- mäfsig ein kleines Achsenkanalkreuz. Gar nicht selten kommen ferner im Parenchyme auch rechtwinklig zu len Grenzflächen gestellte glatte Oxyhexactine verschiedener Gröfse (bis mm zu 1””5) vor, deren zupespitzte Strahlenenden ebenfalls ganz glatt erscheinen. Hier und da findet sich zuweilen ein glattes Tauactin, wie ich mit Ijima' fortan solche Triactine mit drei in derselben Ebene liegenden Strahlen nennen will, deren unpaarer dritter Strahl ähnlich wie bei einem T ganz oder an- nähernd rechtwinklig zu den beiden in einer nahezu geraden Linie ver- laufenden Strahlen gerichtet ist. Sehr selten kommen glatte Stauractine vor. Beim Übergang von dem Körper in den Stiel ordnen sich die megaskle- ren Diaetine beiderlei Form zu längsgerichteten Bündeln, zwischen welchen dann in gröfserer Zahl kleine mehr oder minder rauhe Oxyhexactine auf- treten. Indem diese verschiedenen Elemente dann im Stiele selbst theils un- mittelbar durch Verlöthung, theils mit gesonderten Synaptieulis bis zur ver- breiterten Basalplatte hin immer reichlicher und fester sich verbinden, ent- t Die ursprünglich von Ijima vorgeschlagene Bezeichnung »Thetactin« hat er selbst später (Journal of the college of seienee. Tokio. Vol. XVIl. 9. p. 8) passend in »Tauactin« umgeändert, nach Vorschlag von R. v. Lendenfeld (Zool. Centralblatt 8. 1901. S. 564). Caulophacus arctie. ( Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F. E.Sch.n.sp. 17 steht im unteren Stielende und dessen basaler, der Unterlage direkt auf- sitzender Verbreiterung jenes engmaschige Balkengerüst mit nur kleinen rundlichen Lücken, welches bei Hexactinelliden überall da zu finden ist. wo steinharte Fufsplatten oder starre Stielbildungen gefordert werden. Die zur Stütze der Dermalschicht in regelmäfsiger Anordnung quadra- tische Maschen bildenden Hypodermal-Oxypentactine haben kräftige, gerade Strahlen von etwa 400 u Länge, welche nur an dem etwas zugespitzten, aber nicht kolbig verdickten Ende mit kleinen spitzen Höckern besetzt, im Übrigen aber ganz glatt sind. Besondere differenzirte Hypogastralia fehlen ganz. Von parenchymalen Mikroskleren kommen vor: Oxyhexaster, Onychaster und Strobiloplumieome. Die beiden ersteren, welche im Ganzen Choano- some zwischen den Kammern reichlich zu finden sind, haben einen Durch- messer von 8o—100 u und gleichen sich auch im Übrigen völlig bis auf das Vorhandensein oder Fehlen der querabstehenden Endkrallen. Bei beiden sind die kräftigen Hauptstrahlen sehr kurz und gehen mit einer schwachen Endverbreiterung in je 3, seltener je 2, mächtig starke, mit einer basalen Ausbiegung divergirende, im Übrigen aber ziemlich gerade, allmählich sich zuspitzende Endstrahlen von etwa 40 u Länge über, welche bei den Oxyhex- astern am Ende in eine feine Spitze auslaufen (Tafel II Fig. 6), bei den im Allgemeinen reichlicher vorhandenen Onychastern dagegen am dünnen Distal- ende je 3, seltener 4, quer oder etwas distad gerichtete, sehr feine, spitz auslaufende Krallen tragen (Tafel II Fig. 7). Die letzteren divergiren unter gleichen Winkeln und sind entweder gerade oder (häufiger) schwach nach aulsen umgebogen. Minder reichlich als diese Hexaster finde ich die erheblich kleineren, nur 40—-50 u grofsen Strobiloplumicome in der subdermalen und subga- stralen Trabeeularschicht unregelmäfsig vertheilt. Die kurzen, an der Basis cylindrischen Hauptstrahlen schwellen zu einem kugeligen, etwa 4 u dieken Knopf an, welcher sich am Distalpole noch in einen geraden fingerförmigen, am Distalende abgerundeten End- zapfen von 44 Länge und 2 u Dicke fortsetzt. Während das Basalstück und der fingerförmige Fortsatz ganz einfach glatt sind, entspringen von der Seite der kugeligen Verdiekung mehrere, 3—4, Wirtel von dünnen, S-förmig gebogenen Seitenstrahlen, welche distad in der Weise an Länge zunehmen, dafs die stark gegen einander gebogenen und so zugleich den 5} Phys. Abh. 1903. TI. 3 18 F. E. Scuvrze:; innersten Wirtel darstellenden obersten Strahlen etwa dreimal länger sind als die den äufsersten Wirtel bildenden unteren (Tafel II Fig. 8 und 9). Schliefslich sind noch die an beiden Kelehwandflächen reichlich und in regelmäfsiger Anordnung vorhandenen Pinule zu besprechen, welche hier sämmtlich hexactin sind. Die sowohl die Aufsenfläche des kelchförmigen Körpers als des Stieles deckenden Dermalpinule haben einen 100 bis 150 u langen und etwa 30 u breiten Pinulstrahl, dessen basaler Abschnitt in der Länge von etwa 20 u glatt ist, während der Haupttheil mit allmäh- lich bis zur Mitte des Strahles an Länge und Stärke wachsenden und sodann bis zu dessen schlanker konischer Endspitze wieder an Länge abnehmenden schräg emporgerichteten Seitenstacheln besetzt ist. Die als Terminaleonus zu bezeichnende, selbständig vorstehende, glatte Endspitze hat hier nur eine Länge von 6—8 u. Die 4 querabstehenden geraden, etwa 60 u langen Tan- gentialstrahlen sind in ihrer distalen Hälfte mit kleinen, spitzen, quer oder schwach distad gerichteten Höckern besetzt, in ihrer medialen Hälfte glatt. Sie enden sämmtlich zugespitzt. Ganz ähnlich, nur etwas länger (etwa 8o u) und stärker ist der einwärts gerichtete Radialstrahl (Tafel I Fig. 4). Die Gastralpinule unterscheiden sich von den Dermalpinulen durch den etwas schmächtigeren, frei vorragenden Pinulstrahl, welcher meistens etwa 160 u lang ist, hier und da aber eine noch bedeutendere Länge, bis zu 260 u, erreicht und auch mit einem längeren Terminalconus (40 u und darüber) abschliefst. Die auf dem Marginalrande ‚stehenden Hexactin- pinule gleichen den Gastralpinulen oder sind höchstens noch etwas länger als diese. Die mir von Hrn. Dr. Hanitsch über die Provenienz des hier be- schriebenen Exemplares von Calycosoma gracile freundlichst gemachten Mit- theilungen besagen, dafs dasselbe an einem Telegraphenkabel safls, welches bei der Sunda-Insel Timor unter 10°30' S, 126°30'E aus 421" Tiefe her- aufgeholt war. Vergleicht man nun die vorstehende Beschreibung der neuen Calyco- soma-Species mit der Darstellung, welche ich im Jahre 1900 in meinem Werke: » Amerikanische Hexactinelliden« S. 27—30 und Tafel IV Fig. 1—9 von der bis daher einzigen Art derselben Gattung, Calycosoma validum F. E. Sch., gegeben habe und welche sich auf ein von der Albatrofs- Expedition im nordwestlichen Atlantic, an der Albatrofs-Station 2573, süd- Caulophacus arctic. (Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F. E.Seh.n.sp. 19 östlich von Massachusetts — 40°34'18"N, 66°09' W' in 3186” — auf sandig-schlammigem Grunde erbeutetes Exemplar bezog, so fällt zunächst eine überraschend weitgehende Ähnlichkeit beider von so weit entfernten Orten stammenden Stücke auf. Auch dort handelt es sich um einen dünn- wandigen, aber ziemlich derben konischen Kelch von Handhöhe, welcher beiderseits, d. h. sowohl innen wie aufsen, mit Pinulen gleichmäfsig be- setzt ist und in der Spieulation dem hier beschriebenen sehr ähnlich ist. Dafs es sich trotzdem vernothwendigt, beide Formen als verschiedene Arten zu sondern, wird sich aus der folgenden Aufzählung ihrer wesentlichsten Differenzen von selbst ergeben. Zunächst weicht die Form des neuen malayischen Calycosoma doch in mehrfacher Hinsicht ab von derjenigen des atlantischen. Denn wenn man auch absieht von dem dünnen festen Stiel des Calycosoma gracile, welcher bei Calycosoma validum wahrscheinlich (wenngleich nicht ganz sicher) fehlte, so steht doch auch die schlanke Triehterform des ersteren im Gegensatz zu der plumpen, stark ausgebauchten Sackform des letzteren. Und während bei Calycosoma validım die dermale Aufsenfläche des weichen, ja schlaffen Körpers reichlich mit Büscheln von diaktinen Prostalia lateralia versehen ist, erscheint die Dermalfläche der viel festeren Kelehwand von Calycosoma gra- cile völlig nackt und glatt. Zwar zeigen die Megasklere grofse Übereinstimmung in Form, Grölse und Anordnung (wie denn auch bei beiden eigenartig differeneirte Hypo- gastralia ganz fehlen), doch finden sich bei den parenchymalen interme- diären Mikroskleren, besonders aber bei den Dermal- und den Gastral- pinulen beachtenswerthe Unterschiede. Während nämlich bei Calycosoma validum zwischen den parenchymalen Oxyhexastern gar nicht selten gleichartige Derivatoxyhexactine vor- kommen, fehlen solche bei Calycosoma gracile ganz. Dagegen kommen andrerseits die bei Calycosoma gracile so häufigen Onychaster bei dem nor- dischen Calycosoma validum nicht vor. Wichtige Unterschiede sind auch zu bemerken bei den Dermal- und Gastralpinulen. Bei beiden Kategorien findet sich eine auffällige Differenz in der Ausbildung des Stachelbesatzes, welcher bei Calycosoma validum aus zahllosen, ziemlich gleichmäfsig über die ganzen Nadeln vertheilten kleinen spitzen Höckern besteht, während bei Calycosoma gracile sich starke, ziem- lich lange, schräg distad abstehende Stacheln an dem Mittel- und Endtheil 20 F. E. Scenrusze: des bedeutend breiteren Pinulstrahles entwickelt haben; wie denn auch hier überall ein bei Calycosoma validum fehlender Apikalstachel vorkommt. Hervorzuheben ist auch der Umstand, dafs die bei Calycosoma validum nicht selten zu findende Verkümmerung des inneren Radialstrahles der Dermalpinule, welche dort bis zur Entstehung von Pentactinpinulen füh- ren kann, bei Calycosoma gracile ganz fehlt. Berücksichtigt man nun die wesentlichsten Unterschiede zwischen diesen beiden geographisch so weit getrennten und auch in recht verschiedener Tiefe gefundenen, aber doch ähnlichen und zweifellos nahe verwandten Formen, so fällt zunächst auf, dafs es nicht die parenchymalen Mega- sklere sind, welche den Unterschied machen, ebenso wenig aber auch die allerkleinsten Nadeln, die Strobiloplumieome, vielmehr aufser den Prostalia lateralia und den Derivat-Oxyhexactinen von Calycosoma validum nur die Onychaster von Calycosoma gracile und der Charakter der die Grenzflächen deekenden Pinule. Hinsichtlich der Onychaster ist jedoch zu beachten, dafs sie sich von den daneben vorkommenden Oxyhexastern nur durch die kleinen quer oder schräg abstehenden Endkrallen unterscheiden. Dafs aber diese Differenz nur eine geringfügige sein kann, lehrt der Umstand, dafs in anderen Fällen bei ein und derselben Species, z. B. bei Aphrocallistes beatrix J. E. Gray, unter verschiedenen Localverhältnissen und sogar bei verschiedenen In- dividuen desselben Fundortes bald Oxyhexaster, bald Onychaster in gleicher Lagerung zu finden sind, — wie ich dies in diesen Abhandlungen 1895 S. 80 nachgewiesen habe. Hiernach scheint es also, als ob bei manchen Hexactinelliden die wahr- seheinlich durch differente Standorte bedingten Unterschiede sich zunächst und hauptsächlich auf die oberflächlich gelegenen, also auch wohl den ändernden Einflüssen der Aufsenwelt am ersten und am meisten zugängi- gen Körpertheile und speciell deren Nadeln erstrecken — eine Vorstellung, welche ich schon früher einmal ausgesprochen habe bei Gelegenheit der Verwerthung der verschiedenen Skelettheile für die Beurtheilung der Ver- wandtschaftsverhältnisse bei den Hexactinelliden. Da sich durch Auffindung einer zweiten Species innerhalb eines bis- her nur aus der Kenntnifs einer einzigen Art hergeleiteten Gattungsbegriffes dieser letztere in der Regel wird ändern müssen, so empfiehlt es sich, die zuerst von mir in meinen » Amerikanischen Hexactinelliden« S.99 nur Caulophacus arctie. (Armauer Hansen) u. Calycosoma gracile F.E.Sch.n.sp. 21 auf Grund der einzigen damals bekannten Art aufgestellte Gattungsdiagnose von Calycosoma F. E. Sch. unter Berücksichtigung auch der zweiten Species einer Revision zu unterziehen. Es läfst sich jetzt der Gattungscharakter folgendermafsen definiren: Calycosoma F.E.Sch. »Sack- oder trichterför- mige Asconematiden, deren Wand sich nach dem scharfen oberen Öffnungs- rande allmählich verdünnt. Als parenchymale Megasklere kommen vorwie- gend Diactine mit abgerundeten feinstacheligen Enden, starke glatte Oxy- diaetine und glatte Oxyhexaectine (selten Tauactine und Stauractine), ferner glatte oxypentactine Hypodermalia in Betracht. Als Mikrosklere des Choa- nosomes sind stets Oxyhexaster vorhanden, daneben können entweder Derivat-Oxyhexactine oder Onychaster vorkommen. Im Subdermal- und Subgastralraum finden sich Strobiloplumicome. Die Dermalpinule be- stehen aus rauhen oder stacheligen Oxyhexactinen, neben welchen Oxy- pentactine vorkommen können. Die Gastralpinule sind ganz ähnlich, nur schlanker und stets oxyhexactin. Im Basaltheile bez. Stiele tritt eine Ver- bindung der Skelettheile durch Verlöthung und Synaptieula bis zur Bildung eines festen engmaschigen Gerüstes ein.« Die beiden Species lassen sich kurz so charakterisiren: 1. »Calycosoma validum F.E.Sch. Handhoher, sackförmiger Körper mit weiter Öffnung, aus dessen dermaler Aufsenfläche zahlreiche Büschel diaktiner Prostalia lateralia radiär hervorragen. Als Mikrosklere des Choa- nosomes kommen Oxyhexaster und vereinzelt Derivat-Oxyhexactine vor. Gefunden in Nordwest-Atlantie, südöstlich von Massachusetts in 3186" Tiefe auf sandigem Schlamme. 2. Calycosoma gracile F.E.Sch. Gestielter, schlank-trichterförmiger., fingerlanger Körper mit glatter dermaler Aufsenfläche. Im Choanosome finden sich als Mikrosklere neben Oxyhexastern zahlreiche Onychaster ähn- licher Gestalt. Gefunden bei der Sunda-Insel Timor an einem Telegraphen- draht in 421" Tiefe.« Phys. Abh. 1903. 1. 4 F. E. Scnunze: Caulophacus arc. (Armauer Hansen) u. s. w. Tafelerklärung. Tafel l. Caulophacus arctieus (Armauer Hansen). Fig. ı und 2. wahrscheinlich scheibenförmiger Körper ab- gerissen ist. Natürliche Grölse. Kleinere Form der parenchymalen Vergr. 3°. mit Endstrahlenbüschel be- Fig. 3. Discohexaster. Fig. 4: setzter Strahl Kin Vergr. Fig. 5. Grölsere Form der parenchymalen Diseohexaster. Vergr. ®°. Fig. 6. Ein Discohexaster - Strahl mit End- strahlenbüchel. Vergr. =, Fig. 7. Ein Discohexaster-Strahl mit un- | gewöhnlich stark divergirenden Endstrahlen. r =. a, 300 Merci > Fig. 8. Parenchymales Discohexactin. Ver- gr. 3. Fig. 9. Vierzackige Terminalscheibe eines » . r 600 Discohexactin. Vergr. —- Fig. 10. Sechszackige Terminalscheibe eines 600 Discohexactins. 12 Fig. ı1. Gegabelter Strahl eines Discohemi- Vergr. hexaster. Vergr. %°. Fig. ı2. Stacheliges Oxypentactin. Ver- | 300 gr. =. Umrisse zweier Stiele, deren | eines anderen Discohexaster. Fig. 13. Dermales Hexactinpinul. Vergr. Fig. 14. Gastrales Hexactinpinul. Vergr. Fig. ı5. Gastrales Pentactinpinul. Vergr. — - Fig. 16. Dermales Hexactinpinul. Vergr. Tafel I. Calycosoma gracile F. E. Sch., n. sp. Fig.ı. Körper in natürlicher Grölse. Fig. 1%. Zugehöriges Stielstück. Natürliche Grölse. Fig. 2. Dermalpartie, bei fünffacher Ver- grölserung gezeichnet. Fig. 3. SenkrechterWanddurehschnitt. Com- 108 binationsbild. Vergr. —- Fig. 4. Dermalpinul. Vergr. °”. Fig. 5. Gastralpinul. Vergr. °°° Fig. 6. Oxyhexaster. Vergr. ®”° Fig. 7. Onychaster. Vergr. °°. Fig. 8. Ein Strahl eines Strobiloplumico- ınes mit Seitenstrahlen im optischen Längs- schnitt. Vergr. > Fig. 9. Strobiloplumieom. Vergr. 2” Fig. 10. Megaskleres Oxydiactin. Ver- gr. ©. |. d.Wissensch. Phys. Abh. 1903. ee ER: wer BET EIER AA ee 2 Yy ı ANY, 5 Y >) N N br, ] E \y ) wW I” \ [ Ir: 15. E.Laue, kch. Inst, Benin S Caulophacus arcticus (Armauer Hansen) FE Schulze: Caulophacus arcticus (Arm.Hansen) und Calycosoma gracile F E.Sch,n.sp. Taf. 1. Phys. Abh. 1903. d.Wissensch. ID Ion ass Te al Burlns. Unsh E.Laue, lıh Calycosoma gracile F. E.Sch,n.sp. FE.Schulze: Caulophacus arcticus (Arm.Hansen) und Calycosöma gracile FE.Sch.n.sp. Taf. U. a2 3 3 | > | b 2 ” MATHEMATISCHE ABHANDLUNGEN KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. AUS DEM JAHRE 1903. BERLIN 1903. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. ei ULaR ı% A h ri Ela VER ac 77 SR TI A Er Fnhart: ERS: Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Cata- log von 1309 darin beobachteten Sternen für das Aequinoetium 1825 Abh. I. S. 1-0. Ri; A, ‘ [e m Berne rpladegnsd Enten here ira arme (een Be R ' eA \ > Eac -y Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen und Catalog von 1309 darin beobachteten Sternen für das Aequinoctium 1825. Von H" AUWERS. Math. Abh. 1903. 1. 1 Vorgelegt in der Sermns der phys.-math. Classe am 11. November 105 [Sitzungsberichte St. XLVI. S. 999]. Zum Druck eingereicht am ‚gleichen Tage: Ausgegeben am 1. März 1904. Aur der Königsberger Sternwarte kamen im vergangenen Jahre bei einem zufälligen Anlafs die Originale von 14 Beobachtungsreihen wieder zum Vor- schein, die im Verlauf des Bessel’schen Zonen-Unternehmens in den Monaten Sept. 1330—-Febr. 1831, zwischen den unter den Nummern 496 und 497 mitgetheilten Zonen angestellt, aber in die veröffentlichte Sammlung nicht aufgenommen sind und die dann gänzlich in Vergessenheit gerathen, aufser- halb der Königsberger Sternwarte 71 Jahre lang überhaupt unbekannt ge- blieben waren. Der gegenwärtige Director der Sternwarte Hr. Struve hatte die Gefälligkeit, diese Originale an das Bureau der akademischen Commission für die Geschichte des Fixsternhimmels einzusenden, zunächst damit dort nachgesehen würde, ob die 14 Zonen noch einen quantitativ erheblichen Bei- trag zu dem allgemeinen Sterncatalog würden liefern können — um danach zu beurtheilen, ob ungeachtet eines gewissen Mifstrauens, welches die Unter- drückung dieser Zonen durch Bessel gegen ihre Reduetionswürdigkeit erregen mufste, eine Bearbeitung noch wünschenswerth erscheinen möchte. Es schien sich nun sogleich herauszustellen, dafs ein äufserer Umstand die Benutzung dieser Zonen verhindert hatte, zu einem Milstrauen gegen die Beobachtungen also von vorn herein ein Anlafs nicht vorlag. Die 14 Zonen gehören einer Periode an, in welcher die gewöhnlichen Beobachtungen am Meridiankreise, mit Einschlufs aller Zeitbestimmungen, dem Gehülfen Anger übertragen waren; die Handschrift aber, in welcher die Antrittsbeobach- tungen der 14 Zonen aufgezeichnet sind, fand ich der mir durch vielfache Einsicht in Bessel’sche Originale genau bekannten Bessel’schen Handschrift so vollkommen gleich, dass die Herkunft der Zonen von Bessel nicht in Zweifel zu ziehen, vielmehr anzunehmen war, er habe dieselben, ebenso wie die in den Jahren 1832 und 1833 beobachteten Zonen in die lau- fenden Meridianbeobachtungen von Busch, zwischen Anger’sche Zeithe- 1» 4 AUWERS: stimmungen eingeschaltet. Dann war zur Reduction der Reetascensionen die Kenntnifs der persönlichen Gleichung zwischen den beiden Beobach- tern erforderlich, und ich glaubte in Mangel dieser Kenntnils den Um- stand erblieken zu sollen, der Bessel an der Benutzung der Zonen ver- hindert hätte, indem versäumt worden wäre rechtzeitig, als im September 1830 die Zonenbeobachtungen wieder aufgenommen wurden, die persönliche Gleichung zu bestimmen, der plötzliche Abgang Anger's von der Sternwarte im März 1831 dann aber verhindert hätte diese Bestimmung noch nachzu- holen. Bessel hat dann die betr. Himmelstheile nochmals durchbeobachtet, und darauf jene 14 Zonen als für das Ganze nicht weiter erfordert bei Seite gelegt. Die Umstände, unter denen das Königsberger Zonenunter- nehmen zum Abschlufs gelangte, schienen mir vollständig zu erklären, dafs er die durch die neuen Beobachtungen ersetzten Zonen solcher Art einfach unterdrückt hat und auch nicht später wieder auf dieselben zurück- gekommen ist; die Annahme, dafs er sie auch abgesehen von dem Fehlen eines nothwendigen Reductionselements für nicht völlig vertrauenswürdig gehalten hätte, erschien durch den Umstand geradezu ausgeschlossen, dafs nach allen mir vorliegenden Angaben bis auf einen Anfang zur Verwand- lung der Mikroskop-Ablesungen in angenäherte Deeclinationen überhaupt noch nichts zur Reduetion geschehen war, während nur eine vollständige Durehführung der Reduction erst über die Zuverläfsigkeit der Beobachtun- gen Aufschlufs geben konnte.' Hierbei habe ich übersehen, dass Bessel seine Gleichung mit Anger thatsächlich bestimmt hat. Während über alle seine Vergleichungen mit ! Erst nach Abschluls meiner Bearbeitung bemerkte Hr. Struve einen Anhang zu dem Manuscript der Königsberger Redaction des Zonenjournals, aus welchem hervorgieng, dals die Reduction der r4 Zonen in Königsberg, augenscheinlich in unmittelbarem Anschluls an die Beobachtung, bereits weitergeführt war, indem sich an jener Stelle die Antritte für den Mittel- faden (aufser für 3 Zonen) und die genäherten Declinationen, mit provisorischen Annahmen für Fadenintervalle und Aequatorpuncte, abgeleitet finden. Dabei sind auch für eine Anzahl von Sternen Rohvergleichungen der Durchgangszeiten und der genäherten Deelinationen mit früheren Zonen vorgenommen. Frühere Kenntnils von diesen Reductionsanfängen wür- de aber auch noch keinen Anlals gegeben haben, für die Unterdrückung der Zonen einen andern Grund zu suchen als die für Bessel — in obiger Annahme — bestehende Unredueir- barkeit der Rectascensionen; die Reduction bricht an einer Stelle ab, wo über die Ver- läfslichkeit der Beobachtungen noch kaum etwas ermittelt werden konnte. Nur die zuweilen vorkommenden starken Unterschiede zwischen wiederholten Beobachtungen einzelner Sterne in derselben Zone konnten bereits bemerkt werden und auffällig erscheinen. Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 5 anderen Beobachtern ausführliche Nachweise in den Einleitungen zu den ver- schiedenen Abtheilungen der Königsberger Beobachtungen gegeben werden, findet sich nur an einer etwas versteckten Stelle — im Meridiantagebuch 1829 Aug. 21 — die Angabe, dafs er die Culminationen 0:90 früher als Anger beobachtet habe. Wenn nun diese Bestimmung auch dem Beginn der frag- lichen Zonenbeobachtungen um mehr als ein volles Jahr voraufgeht, so würde Bessel sie dennoch ohne Zweifel ebenso unbedenklich zur Reduction der Beobachtungen benutzt haben, wie er für die Zonen von 1832 und 1833 die Reductionstafeln mit der nur im März 1832 bestimmten Gleichung gegen Busch ohne weitere Prüfung der Unveränderlichkeit des damals ge- fundenen Werths hat berechnen lassen. Thatsächlich bestand also für Bessel eine Unredueirbarkeit der 14 Zonen nicht, und man muss andere Gründe für die Unterdrückung derselben vor- aussetzen, ohne jedoch, auch nachdem die Zonen redueirt vorliegen, einen bestimmten Grund irgend mit Wahrscheinlichkeit bezeichnen zu können. In jedem Fall bleibt das völlige Stillschweigen der Königsberger Bände über die ansehnliche Beobachtungsreihe so auffällig, dafs man versucht wird schliefslich an ein nur zufälliges Vergessen zu denken. Ohne wie gesagt in meinen ersten Überlegungen so weit zu gehen, und ohne an der Herkunft der Zonen von Bessel selbst zweifeln zu können, hielt ich es nur für die Erfüllung einer unzweifelhaften Pflicht, wenn ein allem Anschein nach nur aus äufseren Gründen unvollendet bei Seite ge- legtes und dann im Lauf der Zeit in Vergessenheit gerathenes Stück Bessel- schen Werkes sogleich nachdem es wieder zu Tage gekommen war in ab- geschlossener Bearbeitung den Astronomen übergeben würde. Da die Königs- berger Sternwarte, wegen dort mehr unmittelbar dringender Aufgaben, diese Bearbeitung nicht in nächste Aussicht stellen wollte, habe ich mich nicht enthalten können, nachdem die vergessenen Zonen einmal zufällig in meine Hände gelangt waren, ihre Reduetion sogleich auszuführen, und theile mit Zustimmung des Hrn. Struve an dieser Stelle die Ergebnisse mit, wenngleich sich dieselben schliefslich als keineswegs völlig befriedigende herausstellen. Es ist seit dem Erscheinen des zweiten der Weifse’schen Cataloge be- kannt, dafs die Königsberger Zonenbeobachtungen an der Sicherheit, welche sie am Beginn in Anspruch nehmen durften, im Lauf der Durchführung des Unternehmens leider beträchtliche Einbufse erlitten haben, und die Re- duetion der 14, nahe am Ende der ganzen Reihe liegenden Zonen ergibt. 6 AUWERS: dafs dieselben thatsächlich erstens überhaupt, auch an dem Malsstabe der unbefriedigenderen nördlichen Zonenhälfte gemessen minderwerthig, zudem aber, wenn nicht in ganzer Ausdehnung so doch streckenweise, mit einer auffallend grofsen Anzahl völlig unbrauchbarer Beobachtungen durchsetzt sind. Ich bin nicht zweifelhaft den Grund hiervon in dem Umstande zu suchen, dafs das Instrument nieht mit genügendem Übergewicht in seinen Lagern eingelegen hat, und bei dem Durchmustern der Zone vielfach aus denselben gehoben wurde. Daraus ergibt sich die Nothwendigkeit eines beträchtlichen Mafses von Vorsicht bei der Benutzung der abgeleiteten Örter, von denen nicht wenige als ersichtlich gänzlich (in manchen Fällen aber auch wohl durch Zähl- oder Ablesungsfehler) entstellt bei Seite ge- lassen werden müssen. Ungeachtet des auch dann noch sich ergebenden verhältnifsmäfsig grofsen Betrages des m.F. darf indefs in dem Zuwachs von 1553 Beobachtungen zu der Reihe der Bessel’schen Zonen ein wirklicher Gewinn erblickt werden, für unsere »Geschichte des Fixsternhimmels« ein um so gröfserer, als die in Rede stehenden Zonen über 500 Sterne enthalten, die trotz der vollständigen, zum Theil mehrfachen Wiederholung der Beob- achtung derselben Himmelsstriche in den Königsberger Zonen sonst nicht vorkommen und grofsentheils überhaupt noch nicht weiter im Meridian beobachtet sind. — Da es sieh nur darum handelt, zu der grolsen Reihe der in den Königs- berger Bänden mitgetheilten Zonen einen verhältnifsmälsig wenig umfang- reichen Nachtrag hinzuzufügen, ist es ausgeschlossen diesen für sich in an- derer Weise zu bearbeiten; vielmehr sind genau die von Bessel gegebenen Vorsehriften zu befolgen. Auch für die Veröffentlichung ist die von ihm gewählte Form beizubehalten, obwohl es besser gewesen sein würde — wo- von Bessel aus Rücksicht auf den zur Verfügung stehenden Raum Abstand genommen hat — die Beobachtungen der Rectascensionen ebenso original- semäfs wiederzugeben wie es für die andere Coordinate, zu grolser Er- leichterung und Sicherung der bei einer derartigen Beobachtungsreihe un- vermeidlich vielfach nothwendig bleibenden Emendation, geschehen ist. Bessel hat wiederholt die Absicht geäussert, ein besonderes Buch über die Zonen herauszugeben, »um ihre Anwendung so bequem und sicher als möglich zu machen«, ist aber niemals dazu gekommen diese Absicht aus- zuführen, wodurch ohne Zweifel mancherlei für die Bearbeitung und Be- nutzung der Zonen wesentliches bekannt geworden sein würde, was jetzt, Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 7 neben den überaus knappen Mittheilungen Bessel’s in den Einleitungen der Königsberger Bände — insbesondere Abth. VII — und im ersten Bande der »Astronomischen Nachrichten« und einigen Ergänzungen derselben durch die allmählich versiegende persönliche Überlieferung, nur vermuthungsweise festzustellen ist oder, theilweise, allein Demjenigen bekannt wird, welchem die Originale der Zonen zugänglich sind. Es scheint mir nicht blofs im historischen Interesse zu liegen, bei dem gegenwärtigen Anlals von diesen noch niemals genauer beschriebenen oder in einem Beispiel bekannt ge- gebenen Originalen eine Probe mitzutheilen und daran einige Bemerkungen zu knüpfen, die sich bei Einsicht in die Beobachtungshefte dargeboten haben. Von diesen haben mir selbst zunächst nur die hier bearbeiteten 14 Stücke vorgelegen, dafs aber — bez. wie weit — die Bemerkungen, zu denen sie Anlafs geben, gleichmälsig auf die ganze Reihe der Zonen Anwendung finden, wurde dann durch Hrn. Struve’s Einsichtnahme in eine grölsere über die ganze Reihe von 1820— 1833 vertheilte Anzahl von Originalheften festgestellt. Das Folgende ist eine Wiedergabe der ersten Doppelseite der Beob- achtungen in der Zone vom 24. Sept. 1830. (Linke Seite) (Rechte Seite) 8 19 54,3 52 | 1654 | [23 44,0 | | 51 | 1645 8 25 12,4 | | | 48 | 1403 | 27 41,3 | | 44 | 1215 | |29 2,3] 39 | 1315 8 29 43,0 | 35 | 1109 31 2,3] | 27 | 1045 8 31 52,3 | | | 23 | 1335 | [33 28,4 | 53 | 1540 To. | 35 41,3 | 2 | 1574 36 21,6| 365 | 37 | 1398 36 54:4 | 37 .\ 1393 | 8 | 139° 1,3 22 | 1420 | | |40 26,3 | | 61 | 1355 42 46,3 | | | | 43 | 1245 7|44 7:8 41 | 1067 Mi | 45 41,3 | | | 4m 1062 8 | | [46 54,2 | 43 | 899 | 149 8,3 | | 33 | 1252 20, |50 49,3 | | 25 1073 52 31,5 | 65 | 1235 8 53 39,9 2 | 1012 54 33:5. | 68 | 849 55 50,5 | | 60 | 759 58 37,0) | 50 943 59 35,6 | | 42 | 1206 | o 84| | 2 | 1215 8 112,3] | 36 | 1490 7 4 43,2 \ Dupl. praee. 42 | 1340 30. 6 19.0| | 47 | 1267 S AUWERS: Die hier »original« gedruckten Ziffern sind durch starkes Überschreiben aus anderen ursprünglich eingetragenen geändert (23 aus 22 oder 24, 1315 aus 1305). Der in Cursivdruck wiedergegebene Eintrag ist im Orig. wieder ausgestrichen, der Schreiber hatte erst in der falschen Zeile einzutragen an- gefangen. (Thatsächlieh ist der Stern mit dem vorher beobachteten iden- tisch, wurde aber zufällig ein zweites Mal aufgefunden, ohne dafs dabei die Identität erkannt werden konnte.) Die Beobachter benutzten lose Blätter in kl. 8° mit einer Liniatur von 30 Horizontallinien und einer aus der vorstehenden Probe ersichtlichen Columneneintheilung. Die »linke Seite« dieser Probe ist die Rückseite des ersten für die Zone benutzten Blatts, auf dessen Vorderseite die meteoro- logischen Ablesungen und die Vergleichungen der Ablesungen durch das Zonenmikroskop mit der gewöhnlichen Kreisablesung stehen. Zeitangaben finden sich bei diesen Ablesungen nicht, so dafs man nur annehmen kann, dafs die meteorologischen Ablesungen, wenn nicht Zuziehung des laufen- den Meridianjournals anderes nachweist, und die Vergleichungen für den Zonenbogen immer, in unmittelbarem Anschlufs an die Zone. die eine vorher, die andere nachher, gemacht sind, aber in Zweifel bleibt, wohin man die Vergleichung zu setzen hat, wenn sie, wie bei den vorliegenden Zonen in einem Fall, nur einmal vorgenommen ist. Der Gehülfe schrieb, während Bessel jene Rückseite des ersten Blatts mit den Antritten von 30 Sternen ausfüllte, die zugehörigen Ablesungen auf‘ der Vorderseite des zweiten Blatts ein, und reichte nach dem 30. Ein- trag dasselbe an Bessel, der dann auf der Rückseite die Antritte der folgen- den 30 Sterne notirte, u.s.w. Es hat also nach je 30 Beobachtungen eine Controle des Zusammenbleibens der beiden Beobachter stattgefunden, die wie einige Beispiele in den vorliegenden Blättern zeigen nicht unnöthig, aber auch mit Sicherheit wirksam gewesen ist. Man ersieht, dafs — was mir wenigstens noch nicht bekannt gewesen ist — die Gröfsenschätzung nur eingetragen wurde, wenn der Beobachter die Gröfse entschieden heller (oder schwächer) als 9 schätzte; die leer ge- lassenen Stellen sollen, wie die Königsberger Bände zeigen, mit »9« aus- gefüllt werden. Diese Feststellung ist von Wichtigkeit, da ganz ohne Zweifel Fälle vorgekommen sind, wo der Eintrag einer von 9 abweichen- den Gröfse lediglich vergessen worden ist; man kann daher, wenn man für einen hellen Stern in den Königsberger Zonen die Grölse 9 angegeben Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. ' findet. nicht mit voller Sieherheit schliefsen, dafs derselbe zur Zeit der Königsberger Beobachtung nur 9” gewesen sei. Jenes Verfahren hat sich allmählich herausgebildet: in den beiden ersten Zonen hat Bessel bei allen Sternen die Grölsen angeschrieben, in Zone 3 beginnt gelegentliches Fort- lassen der 9, und weiter wird dieses allgemein. Bekanntlich schrieb Bessel eine ausgezeichnet schöne und gleichmälsige Handschrift, und man findet diese auch in den — offenbar immer bei genü- gend heller Beleuchtung gemachten — Einträgen auf den Zonenblättern durch- weg wieder. Gleichwohl bedarf es zur richtigen Lesung der Antrittsnotirungen ganz besonderer Aufmerksamkeit und manchmal ist volle Sicherheit nicht zu erlangen. Diefs gilt insbesondere für die hier bearbeiteten Zonen, bei denen sich der Beobachter am Fernrohr meistens eines sehr harten und mit scharfer Spitze tief in das grobe Papier, manchmal ohne deutliche Färbung, ein- schneidenden Bleistifts bedient hat, und ein Verlesen überaus leicht vor- kommen kann, zumal wenn ein Strich mehr oder weniger mit einer der ziemlich starken lithographirten Verticallinien zusammenfällt, oder wenn man nicht sehr sorgfältig darauf achtet, dafs das Licht richtig auf das einge- grabene Zifterbild fällt.‘ Die Einträge der Kreisablesungen bieten, sobald man sich an die Eigenthümlichkeiten der, in den ı4 Heften z.B. ı und 7 viel- fach kaum unterscheidenden Handschrift gewöhnt hat, keine Schwierigkeiten, nur ergibt das nachträglich vorgenommene Zusammenheften der Blätter stellenweise Unbequemlichkeiten für die Lesung der vielfach ganz am innern Rande stehenden Stricheinträge. Gegen Lesefehler hatte ich indefs Schutz durch den Umstand, dafs sich auf den rechten Seiten der vorliegenden Hefte bereits von dem Schreiber selbst die Verwandlung der Ablesungen in Kreistheilung vorbereitet findet: es ist allemal für den ersten Stern der Ab- stand vom Nullpunct des Bogens auf 0!’O1 ausgerechnet und neben jeder fol- genden Ablesung die Differenz gegen die vorhergehende auf 0!oı berechnet eingetragen. Ich habe diese Angaben zu einer — da ich mit einem andern Werth für die Mikrometertheile gerechnet habe jedoch nur beiläufigen — Controle meiner Verwandlung benutzt. ! Mit dem übermälsig harten Blei, dessen Gebrauch wenigstens heute das Lesen der ver- blichenen Zahlen sehr stark erschwert, pflegten einige der Gehülfen Bessel’s zu schreiben; seine eigenen Aufzeichnungen sind nur in seltenen Fällen auch bei aufmerksamer Betrachtung nicht unzweifelhaft lesbar. Das litlhographirte Netz mit Linien von gelegentlich störender Breite findet sich in den Heften von Zone 67 ab, die vorher benutzten Blätter haben Bleistiftlinien. Math. Abh. 1903. T. 2 10 AUWERS: Der Gebrauch eines Formulars mit fünf verschiedenen Columnen für (die Fäden muls als unzweckmälsig bezeichnet werden: die sehr häufig in len Bessel’schen Zonen vorkommenden Fehler von ı Intervall würden wohl in weitaus gerolser Mehrzahl vermieden worden sein, wenn der Beobachter die Antritte in einer einzigen Columne unter einander, jedesmal mit ausdrück- licher Bezeichnung des benutzten Fadens niedergeschrieben hätte. Allein in den vorliegenden 14 Zonen finden sich 30 Fälle, in denen die Reduetion und Vergleichung ergibt, dafs der Eintrag in die Nebeneolumne übertragen werden muls; aulserdem kommen noch einige Fälle vor, wo der Beoh- achter noch während des Niederschreibens sein Versehen gewahr geworden ist und die Berichtigung gleich ausgeführt hat. Die den eingestellten Theilstriech nachweisende erste Columne der »rech- ten Seite« gibt nicht, wie man nach Abth.VII S.XXXV annehmen sollte, unmittelbar abgelesene, sondern erst durch eine kleine Rechenoperation er- haltene Zahlen. Der zur Abzählung der in 3' Abstand auf einander fol- genden Striche der Kreistheilung dienende Hülfsbogen, welcher jedesmal so angeklemmt wurde, dals seine Mitte der Mitte der Zone entsprach, hatte eine 5°15' lange grobe Theilung von 15' zu 15' mit Bezifferung der Striche von © bis 21. Der Gehülfe hatte also bei jeder Ablesung die dem eingestellten Theilstrich zunächst vorangehende Zahl auf dem Hülfsbogen (in der Regel eine der Zahlen 6 bis 15) mit 5 zu multiplieiren und zu dem Produet die Anzahl der weiteren Intervalle der Kreistheilung hinzu- zufügen, um die so erhaltene Summe als Anzahl der 3'-Intervalle vom Nullpunet der Zone bis zum eingestellten Strich einzutragen. Obwohl die so zwischen Ablesung und Eintrag eingeschaltete Operation überaus einfach war, kann die Einschaltung zumal in Anbetracht des eiligen Verfahrens bei den Zonenbeobachtungen doch nur als unzweckmälsig bezeichnet werden, und es ist zu verwundern, dafs die Theilung des Hülfsbogens nicht gleich der vorzunehmenden Abzählung auf der Kreistheilung entsprechend mit 0, 5, IO...125 beziffert worden ist. Was die Mikroskopablesungen anbetrifft, so theilt mir Hr. Struve, dem ich diese näheren Mittheilungen über die Einrichtung des bei den Zonen benutzten Hülfsapparats als Antwort auf einige Fragen betreffs der Möglich- keit gewisser Ablesungsversehen verdanke, folgendes mit. »Die ganzen Revolutionen werden durch eine Scale abgelesen, die auf dem festen Rah- men des Mikroskops angebracht ist, während der Index sich mit dem Schlitten Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 11 fortbewegt. Die Scale ist direct auf Messing eingeritzt, aber ziemlich deut- lich, und geht von o bis 30, jeder 5° Strich ist weiter ausgezogen, O IO 20 30 sind beziffert. Die Schraubentrommeln, ebenfalls aus Messing, sind in gewöhnlicher Weise von o bis 100 getheilt, die Ziffern scharf und nicht zu verwechseln. Meiner Ansicht nach sollte ein aufmerksamer Beobachter nicht leicht ein Versehen begehen. Bei der Ablesung der ganzen Rev. an der Scale wird zudem wahrscheinlich eine Loupe benutzt worden sein: hier kann aber wohl noch am ersten ein Versehen vorkommen. « Ich hatte verschiedentlich Fehler der Declinationen von nahe 4 Rev. bemerkt, und deshalb vermuthet, dafs Undeutlichkeit der Ziffern auf den Schraubentrommeln Versehen um diesen Betrag, Verwechslung, z. B. von 3 und 8, veranlafst hätte. Nach Hrn. Struve’s Angaben wird es aber wenig wahrscheinlich, dafs man es bei solchen Fehlern, und überhaupt bei Ab- weichungen, die ein Vielfaches von 10 Trommeltheilen ausmachen, mit Ab- lesungsfehlern zu thun hat. Man wird sie vielmehr nur als Schreibfehler der Einträge hypothetisch berichtigen können, wenn nicht, wie es bei den hier behandelten Zonen wohl regelmäfsig der Fall ist, die Abweichung wahr- scheinlicher einer Aushebung des Instruments zuzuschreiben ist und damit uneorrigirbar bleibt. — Über das Verfahren bei der Reduction der 14 Zonen ist folgendes zu bemerken. Für die Abstände der Seitenfäden vom Mittelfaden habe ich die von Bessel in der Einleitung der XVII. Abth. (1831) angegebenen Werthe be- nutzt, für Kr. W., in welcher Lage alle 14 Zonen beobachtet sind, F. ı 28°888 F.2 14:494 F.4 14°489 F.5 29.058 In der Abtheilung von 1830, in welches Jahr die ersten vier Zonen fallen, sind etwas abweichende Werthe angegeben, ich habe aber von Anfang an die später bestimmten benutzt, die als Verbesserungen der früheren für das seit ı830 März ır unverändert gebliebene Netz anzusehen sind. Zur Reduction auf den Meridian hat man nach den Angaben des Meri- diantagebuchs anzuwenden 1830 Sept. 21—28 n-—0.267 c' —0.039 Dee. 14 —0.540 0.028 1831 Jan. 17— 22 —0.357 +0.176 Fehr. 25 —0.282 0.087 Für die Uhreorrection finden sich ebenda die Bestimmungen von Anger: DE 12 ÄUWERS: stdl. Gang stdl. Gang 1830 Uhızt. Autm xx 1831 Uhuzt. Autm ** : beob. ang. ; beob. ang. Sept. 20 1737" +26.914 7 > Jan. 104,5. 16% —29.25 1) 5 ZINSEN 26.866 9 m +0:001 1720252 38.623 4 et —0.053 22 20 0 26.918 4 Be 18 23 41 39.837 3 B —0.053 2302 26.920 2 a 19.348 41.330 4 es —0.060 24 2.34 26.743 4 Be —0.005 ZOESEHTT 42.865 4 Br „ 9.079 26 22 56 26.64 I FR 2 3 26 44.678 5 81 —0.073 2 h +0.002 2 0.074 L 27.23.2 26.685 4 22% 3,33 46.463 3 7 —0.063 28 19 56 26.601 I Be —0.002 23.9 41 48.570 2 0.053 29 ı7 38 26.580 8 Febr. 19 8 27 80.160 2 _,o Dee. ıı 22 55 + 1.105 4 eo DEON 2 88.260 4 7 0.058 14 4 20 — 1.425 2 m —0.036 März Seas: 96.768 5 ‚059 19 22 I — 5.9006 5 o> Zur Verwandlung der Mikroskopablesungen ist für die veröffentlichten Zonen 306—498. d.i. für den die hinzukommenden Beobachtungen ein- schliefsenden Zeitraum 1825 Aug. 23— 1831 März 27, unverändert der Werth ı" = 100’—= 34"1038 benutzt. Nach den Angaben von Luther Abth. XXX VII I. S. VIlL ist aber nicht wohl zu bezweifeln, dafs sowohl die lange unverän- derte Beibehaltung dieses Werths als seine gleichmäfsige Benutzung für beide Mikroskope auf Übersehen seitens der Gehülfen zurückzuführen sind, welche die Verwandlung ausgeführt haben. Luther findet für Kr. W., Zone 404—498 ı" = 34'2204, und da sich aus den 28 zwischen Zone 496 und Zone 497 fallenden Vergleichungen 526?o = 180!07 oder ganz nahe überein- stimmend ı" = 34'23 ergibt, habe ich den auf eine gröfsere Anzahl von Vergleichungen gegründeten Luther’schen Werth für die Verwandlungen angenommen. Es ist indefs darauf aufmerksam zu machen, dafs die nach- träglich noch vermittelst der Zonen-Originale zu gewinnenden Bestimmungen kaum weiter als etwa innerhalb eines halben Procents für verläfslich erachtet werden können, da in fast sämmtliche Einzelbestimmungen für eine Periode oder gar für eine Kreislage der unbekannte Fehler eines und desselben 3'-Intervalls der von Reichenbach bei der Theilung des Kreises benutzten Hülfslamelle eingeht. Die dem Nullpunet der Zählung entsprechende Kreisablesung findet sich in ı2 von den ı3 Zonen, für welche eine Vergleichung sowohl am Anfang als am Ende ausgeführt ist, am Ende gröfser. Die Unterschiede sind: Sept. 21 +0!82 nach 2!'ı, scheinh. stdl. Änd. +0"39 24 #0.922 » 24 » +0.38 28 +1.28 » 2.3 ” +0.56 Dee. 14 40.92 » 2.0 ” +0.46 Jan. 17 +2.61 » 21 - +1.24 18 +0.56* » 2.4 n +0.23 * corr. aus +2127 "„ +2.49 = 2.2 " -H1.13 19 +1.65 » 21 +0.79 n —0.23: » 2.2 b —0.11 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 13 Jan. 20 +0!42 nach 17, scheinb. stdl. Änd. +o'25 21 +0.96 » 2.3 » +0.42 22 #H1.35 » 08 » -+0.17 Febr. 25 +1.09 » 2.0 - +0.54- Im Mittel findet sich, wenn man in den Unterschieden eine, in der Hauptsache nicht zu bezweifelnde, der Zeit proportionale Änderung er- blieken will, die stündliche Änderung = +0!56. Durchweg mit diesem Mittelwerth zu rechnen wäre wohl vorzuziehen gewesen, indem die Ab- weichungen von demselben vollständig den zufälligen Ablesungsfehlern zu- eeschrieben werden können: da aber in den Bessel’schen Reductionstafeln für die Zonen in dem Gliede d, wie Nachrechnungen gezeigt haben, durch- weg die für jede Zone beobachtete Änderung des Nullpuncts eingeschlossen ist, habe ich auch hier für jede einzelne Zone den Nullpunet zwischen den Bestimmungen am Anfang und am Ende linear interpolirt, mit Aus- nahme der zweiten Zone vom 19. Januar, für die ich vorgezogen habe einen eonstanten Mittelwerth anzunehmen. In den drei ersten Zonen sind unten gleich die neben den Ablesungen aufgeführten genäherten Declinationen mit dem veränderlichen Nullpunet gerechnet, und die Änderung ist in das Glied d der zugehörigen Reductionstafeln nicht aufgenommen; ich hatte anfänglich übersehen, dafs Bessel seinen Astr. Nachr. Nr. 2 u. 18 gegebenen Vorschriften für die Berechnung der Tafeln, denen ich, wenngleich ich mich nicht genau derselben Form der Rechnung bedient habe, doch der Sache nach lediglich folgen wollte, später den auf die Berücksichtigung der Nullpunets-Änderung bezüglichen Zusatz hinzugefügt hat. Die Reductionstafeln waren selbstverständlich wieder mit den Con- stanten der Tab. Reg. zu berechnen. Für die Refraction habe ich ange- nommen, dafs die Angaben für Barometer und Thermometer ungeänderte Ablesungen sind, demnach zu den Barometerständen noch (nach Abth. VIII S.IX) +10 und zu den Thermometerständen die aus der Tafel Abth. VI S.X zu entnehmende Correcetion hinzuzufügen war. In einem Punct habe ich zu den Bessel’schen Reductionsvorschriften einen Zusatz gemacht. Bessel hat die Reduction der eingestellten Decli- nationen auf den Meridian nirgends anbringen lassen, wohl nur zufällig, indem erst bei dem Übergang zu den höheren Declinationen der späteren Zonen der Gegenstand überhaupt einige praktische Bedeutung erlangte, und dann nicht daran gedacht wurde den Berechnern die entsprechende Zusatzvorschrift zu geben. In Betracht kommt diese Reduction allerdings 14 AUWERS: überhaupt nur für die, an Häufigkeit sehr zurückstehenden Beobachtungen in der Nähe der beiden äufsersten Fäden des Netzes: da sie aber für diese in den nördlichsten Zonen nahe an die halbe Secunde heranreicht, habe ich sie in solchen Fällen nieht übergehen zu dürfen geglaubt, und der Gleich- förmigkeit halber durchweg angebracht. — Das Glied % der gereehneten Reduetionstafeln enthält die der vorhin gegebenen Zusammenstellung gemäls angenommenen Anger'schen Uhreorree- tionen. Damit waren zunächst die Rectascensionen für 1825.0 zu berech- nen, um dann durch Vergleichung mit den Bestimmungen der nämlichen Sterne in den übrigen Königsberger Zonen, oder durch Vergleiehung mit anderen Autoritäten, eine noch als Mittelwerth der persönlichen Gleiehung hinzuzufügende constante Correction zu ermitteln. Da Bessel in der Beob- achtung der Durchgänge allen Beobachtern, mit denen er sich verglichen hat, wenigstens von 1820 ab, nahe um eine volle Secunde voraus ge- wesen ist, erwartete ich für diese Correetion wiederum einen Werth von etwa +#ı° zu finden, zumal da der erste Überblick über die Reihe der von Bessel und von Anger da wo ihre Beobachtungen zusammenstolsen ge- fundenen Uhreorreetionen sogleich ersehen liefs, dafs Anger ungefähr ebenso wie die übrigen verglichenen Beobachter von Bessel abwich. Ich war deshalb im höchsten Grade überrascht, als die Vergleichung das Ergebnifs lieferte, dafs eine beständige Abweichung der mit den Anger’'schen Uhrcorreetionen bestimmten Rectascensionen von den mit eigenen Bessel’schen, oder mit Busch’schen um die mittlere Gleiehung Be.—-Bu. eorrigirten, Uhrcorreetionen abgeleiteten überhaupt nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Bei der Vergleichung der in Rede stehenden mit anderen Königs- berger Zonen stöfst man, bei beiden Coordinaten, auf die Schwierigkeit, dafs die Unterschiede sehr stark hin und her springen, und eine Menge von Fällen vorkommen, in denen es zweifelhaft bleibt, ob man solche von ı° oder von entsprechendem Betrage in Deel. als Versehen der Beobachter ansehen und berichtigen darf, oder nur der allgemeinen, durch die un- sichere Einlagerung des Instruments verursachten Ungenauigkeit der Beob- achtungen zuzuschreiben hat: von dieser Unsicherheit sind nicht allein die ı4 Zonen selbst, sondern ersichtlich vielfach auch die, gröfstentheils aus dem letzten Beobachtungsjahr herrührenden Vergleichszonen betroffen. Man kann deshalb auch die Mittelwerthe der für die einzelnen Combinationen abzuleitenden Unterschiede verhältnilsmälsig stark variiren, je nachdem Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 15 man, unvermeidlich willkürlich, die Grenze festsetzt, jenseits welcher die Einzelunterschiede fortzulassen, oder mit mehr oder weniger wahrschein- lichen aber in den seltensten Fällen sicheren Correeturen zu versehen sind, und bis zu welcher sie ohne weiteres mitgenommen werden müssen. Ich habe die von den einzelnen vergleichbaren Zonen für die 14 als Nr. 496% bis 496° einzureihenden (die hier nur mit den Buchstaben a..o bezeichnet werden mögen) gelieferten Gorrectionen, mit den Daten des II. Weifse’schen Catalogs, wie folgt gefunden, indem ich die mehr als ı' bez. 10" von dem ohne sie gebildeten Mittelwerth abweichenden Einzel- unterschiede ausgeschlossen, Correeturen aber — aulser einigen nicht zweifel- haften von ı" des Mikroskops — überhaupt nicht vorgenommen habe: Zone a Zone b Zone © aus 306 —o.31 —o!t- 5.4 aus 390 +0.24 —ı!4 6 aus 390 +o:21 —2!2 5 310 -+0.06 —o.6 26.27 398 -+0.20 +0.7 3 398 -+0.16 —0.3 5 312 -+0.02 +2.0 5.4 447 —0.10 —5.8 I 532 -+0.40 —0.8 23.25 327 —0.36 +1.5 3 532 +0.12 —0.5 18,19 535 +0.60 +2.0 376 +0.27 #37 5 534 +0.60 +3.0 4 536 0.00 -—0.7 21 versch. +0.02 —2.2 5.6 535 +0.09 —3.1 4 versch. +0.13: +0.4 2 +0.05 —0.3 39,40 RO Fr EEE) +0.26 —0.5} 46,45 +0.16 —ı.2] 43,41 +0.3 +0.4) Zone d Zone e Zone £ aus 44I +oı +1! 2 aus 390 —0.30 — 3!7 43 aus 390 —0:35 —3!0 14,12 442 +0.II +2.5 9 398 —0.33 — 1.6 7.6 398 —0.04 —0.6 8,7 443 -+0.26 +1.2 42,39 447 #+0.10 —10.5 3 532 -+0.I10 +0.7 43,42 444 —0.21 —13 5 532 +0.03 — I.I 50 534 +0.27 #5.4 3 528 +0.28-+44.5: 4 534 +0.02 +25 43 535 —0.13 —2.5: 8 529 -+0.04 +0.8- 19,16 535 -+0.09 — 3.I- 10 536 -—o.12 +0.1 38,35 OB 40.9 68,62 536 213 39 versch. —0:13 496,5 —0.06 — I. 80,76 —0.03 —0.3} 87,77 + 0.2 -++0.4) Zone & Zone h Zone i aus 402 —o:25 —0!4 9 aus 439 —023-43'8 4 aus 452 —0:36 —o!7 4 403 —0.42 —2. 8 532 —0.15 +2.4 5 490 —0.24 —0.5 4 404 —0.39:- 40.8: 4 534 -—0.08 +1.3: 62,60 505 —0.37 —5.2 18 517 +0.21 +15 8,9 536 —0o.2I +0.6 4 509 -++0.01 —3.0 43,45 518 —0.28 +0.2 54 versch. —0.54:+3.8 6 5I5 —0.14 —1.9 5 525 —0.15.+1.3 6,7 720.09 -F1.5] 75,70 516 —0.18 —6.3 7,5 versch. —o.14: —o. I 4 oe 5I9g —0.38 —3.2 23,25 =, 3.137879 +0.8 Zone k Zone | Zone m aus 332 +0:06 —o!5 5 aus 492 —0:04 +1!8 5 aus 333 +0°97-+50 2 337 -—0.03 —I.I 15 505 ° +0.17 —4.6 3 447 +0.25- —6.4 6 340 —0.24 —3.4 6 509 -+0.42 0.0 9 532 -+0.16 —O.5 5 506 +0.03 —I.2 47 5IT +0.24 +#2.4 9 535 +0.II +1.7 23,22 versch. —0.14 +0.8: 4 516 +0.05 —0.9 60,62 536 +0.25—22 4 SEI F07537= 7:4050,57 522, 3 9:050 8157252551 +0.15 +0.4} 28.27 versch. +0.03-—1.1- 2 +0.6 +0.07 —0.1] 93.95 +0.8| 16 AUWERS: Zone n Zone 0 aus 492 —o:2I -+6!4 I aus 452 +0.23 +1'o 6 5Il -+0.30 +2.5 42,37 490 +0.18 —o.5 3 5I4 -+0.47 —2.4 18 505 +0.28 —6.2 17 516 -+0.23 —4.0 12 509 +0.26 —ı1.5 39.38 522 +0.23 —0.5 Io 5I5 +0.09 —5.9 7 ++0.30 —0.2| 72,67 516 +0,21 21 5 -+0.2\ 519 40.12 —0.7 I5 522 -+0.27 +2.4 8 versch. +0.16 — 2,— +0.22 —1.3| 68.65 +0.9 Für 8 Zonen liefern mehrere Vergleichszonen nur je ı oder 2 Ver- gleiehungen, die hier zu einem Mittel vereinigt sind. Die in den Vergleichungen mit verschiedenen Zonen vorkommenden Sterne sind zum Theil dieselben. Wird eine jede in den Zonen a..o vor- kommende Bestimmung sogleich mit dem Mittel aus allen Bestimmungen desselben Sterns in den übrigen Zonen verglichen und dann das Mittel ohne Unterscheidung der Gewichte der so erhaltenen Einzelcorreetionen gebildet, so erhält man die am Fufs vorstehender Täfelchen bereits gege- benen Werthe. Dabei ist das Material nicht völlig genau identisch; ich habe bei dieser zweiten Vergleichung eine Anzahl stark abweichender Rect- Ss ascensions-Unterschiede um ı° oder 2° corrigirt und dann mitgenommen, überhaupt aber die Fehlergrenze von 1° bez. 10" nicht wie bei der anderen Berechnung einfach mechanisch festgehalten, sondern je nach der anschei- nenden Lage des Falls etwas enger oder weiter gezogen. Zu den für Ad gegebenen Mittelwerthen sind noch beiläufig die dar- unter gesetzten Correetionen hinzuzufügen, um die in der Einleitung zum II. Weifse’schen Catalog für einige der Vergleichszonen nachgewiesenen Verbesserungen zu berücksichtigen. Das Mittel der für die 14 Zonen so gefundenen Correetionen ist +0:063 —0!24 Die erwartete persönliche Gleichung verschwindet also, wenngleich sie sich in einigen der Zonen angedeutet findet, im Mittel bis auf einen Rest, der ebenso wie der im Mittel verbleibende Declinationsunterschied voll- ständig den zufälligen Fehlern der unter einander verglichenen Zonen zu- geschrieben werden kann. OÖ. Struve hat in seiner Vorrede zum II. Weilse' schen Catalog nicht ohne Erfolg den Versuch gemacht, die für einzelne Zonen erforderlichen Verbesserungen vermittelst der nahe gleichzeitigen Dorpater Beobachtungen Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 17 zu bestimmen. Diefs Mittel versagt hier, indem sich nur 28 der in den 14 Zonen beobachteten Sterne in den Positiones mediae finden und im ganzen 35, nur für 4 Zonen mehr als 3. Vergleichungen liefern. Man kann damit indefs eine Vergleichung mit dem Pulkowaer Catalog für 1855 verbinden. Dieser liefert 30 gemeinschaftliche Sterne, von denen 27 von den bereits in den Pos. med. vorkommenden verschieden sind; bis auf 3 in Zone a ent- haltene, die aber nur 16 Jahr später in Pulkowa beobachtet sind, können dieselben alle mit gut bekannten Eigenbewegungen auf 1831 gebracht werden. Zusammen mit den Sternen der Pos. med. — deren Örter hier unmittelbar dem »Catalogus generalis«e entnommen wurden und nur die summarische Reduction —I.o für Deel. erhielten — geben diese 55 Objecte aus 66 Vergleichungen die weiter unten für die einzelnen Zonen aufge- führten Verbesserungen, deren Mittel —0:021I +1!.14 wird. Schliefslich habe ich noch für die einzelnen Zonen die, bei dem grolsen Epochenunterschied allerdings nur mit geringer Sicherheit und wiederum nicht frei von Willkür zu erlangende, Reduction auf die Zonencataloge der Astr. Ges. aufgesucht. Diese Bestimmung wurde auf die in den übrigen Königsberger Zonen nicht vorkommenden Sterne, und nur wenige andere wieder aufgenommene, gegründet, indem ich ursprünglich allgemein nur für diese Sterne die Vergleichung mit den A.G.-Catalogen ausgeführt hatte, für andere nur in besonderen Fällen, wenn nämlich die Vergleichung mit anderen Bessel’schen Bestimmungen Zweifel übrig gelassen hatte. Als Ge- sammtmittel finden sich aus den 14 Einzelresultaten die Werthe —0:024 —0!66 oder nach Abzug des Unterschiedes der Aequinoctien Aa = —0.08. Hier- von werden etwa —0:03 dem Fehler der Struve’schen Praecession zuzu- schreiben sein, andererseits würde man den negativen Unterschied wieder grölser erhalten, wenn man die parallaktischen Bewegungen abziehen könnte, die für die grofse Mehrzahl der verglichenen Sterne in RA. das + Zeichen erhalten. Eine Übersicht über die auf den verschiedenen Wegen für die ein- zelnen Zonen gefundenen Reductionen gibt die folgende Zusammenstellung: ws Math. Abh. 1903. TI. IS AUWERS: Reduetion auf Kön. Zonen auf AG.-Zonen auf Pos. med. u. Pu. 1855 für Aa Aö +* Aa A ik Aa Ad Zone a +0:05 —0!3 39.40 +0:09 +13 46.41 0:00 +2!6 4 Beh +0.16 —0.8 43.41 +0.08 —2.2 17.15 -+0.08 +1.9 2 ® +0.26 —o.2 46,45 +0.10 —I.4 23,2 +0.23 +0.8 I d +0.18 +0.9 68,62 +0.02 —0.4 26,27 +0.18 +1.1 3 © —0.06 —ı.6 80,76 —0.17-—1.9 29,31 —0.33 +1.4 4 f —0.03 +0.1 87,77 —0.25 —I.O 31,34 — 0:07: +1.7 4 g —0.22 0.0 75,76 —0.35 +0.4 41,43 —0.26 +2.5 6 h —0.09 +1.3 75.70 —0.35 —I.0 26 —0.03:-+1.9 4 i —0.14 —2. 78,79 —0.25 —2.0- 44,43 —0.41 —2.3 7 k +0.03 —1.4 59,58 —0.14 —0.I ıgt —0.16 —ı.I 10 3, +0.07 -+0.7 93,95 +0.10 0.0 39,38 +0.02 +1.5 6 m -+0.15 +I.o 28,27 +0.29 —I.4 14 +0.04 +2.0 4 on +0.30 0.0 72,67 +0.42 #I.o 47 40.29 +1.9 5 0 -+0.22 —o.4 68,65 +0.08 —0.5 54,52 +0.14 +0.1 6 Die Zonen a, d, g und k stehen in der Reihe der 14 Zonen ganz iso- lirt. Zwischen den übrigen ergeben sich noch Vergleichungen, aus denen folgende Mittel gebildet werden können: b—ce -+0o%o2 —0!3 19 i—l -+0:66 +1!2 6 b—e —0.26 —1.9 17.15 i—0 +0.50 +2.2 44,45 b—f -—0.14 +1.5 26,23 I—n +0.35 —1.3 6 b—h —0.09 -+1.9 I l—0o -+0.40 +2.4 7 e—e —0.40 —2.2 27,28 c—f -—0.32-+1.3 25,26 m—b +0.14 —0.7 2 e—h —0.04 —3.2 1 m—c +0,61 —1.3 I e—f -+0.02 +1.3 47,45 m—-e —0.43 #0.9 4 e—h 0.36 —ı.I m—f —0.37 —o.1I 7 f—h +0.09- —1.I 2 Dureh Verbindung dieser Zwischenvergleichungen mit den vorstehen- en Werthen der Reduction auf die unmittelbar vergleichbaren Königs- berger Zonen haben sich die folgenden Zahlen ergeben: Gorr. Z.a -+0:05 —0!3 Corr. Z.h —0:08 +0!3 » b +0.12 —0.6 "001 —0.23 —2.3 ”" nn C +0.27 —0.4 „ » k +0.03 —ı.4 ‚ d +0.18 +0.9 » = | +0.08 +0.1 > e—0.09 —1.8 ” »m -+0.18 +1.1 ” » £ —0.04 -+0.5 ” » 1 -+0.32 —0.4 "»ong —0.22 0.0 ».» 0 +0.27 0.0 Diese Aa sind in dem Gedankengange der bis hier geführten Unter- ' Für diese Zone kann eine angenäherte Reduction auf A.G.C. frei von EB. bestimmt werden. Die Zone enthält 22 Sterne, für welche der Berliner Catalog EB. angibt, und nach - Abzug dieser EB. wird im Mittel Berl.—Z.k = —o!ı4- —ı!2. Jedoch ist AG.Berl. Nr. 860 besser auszuschlielsen, da die EB. nur ganz geringes Gewicht hat, und die beiden Bessel’schen Beobachtungen, in Z. 377 und Z.k, sich stark unterscheiden. Ferner erfordert die Beob- achtung von Nr. 866 in Z.k wahrscheinlich die Corr. —ı°. Damit wird dann aus 21 Sternen AG.Berl.—Zone k = —o:15 —r'o; aber auch hier bleibt der ın.F. des gefundenen Resultats noch beträchtlich: #0°07 #1!o. Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. IS, suchung, abgesehen von den weiter in denselben enthaltenen Fehleran- theilen, als Tageswerthe der persönlichen Gleichung zu interpretiren und demnach an die zunächst mit Übergehung der persönlichen Gleichung berechneten Rectascensionen anzubringen. Diels ist bei Aufstellung des hier am Schlufs gegebenen Catalogs geschehen, wobei für die Zonen a und & in Folge gleichgültiger Versehen die Reductionen +0:03 bez. —0!21 angewandt werden. Die Ad anzubringen liegt dagegen kein berechtigender Umstand vor, aufser für Zone i, bei welcher die Nullpunetsbestimmung verdächtig, und deshalb eine nachträgliche Correctur der berechneten De- celinationen zulässig erscheint. Ich habe eine solche mit dem abgerundeten Betrage von —2.o bei Aufstellung des Catalogs angebracht. Bei 9 von den 14 Zonen hat die erforderlich gefundene Reduetion Aa las Zeichen, welches sie haben mülste, wenn die Zonen von Bessel be- obachtet wären, aber selbst die gröfsten vorkommenden Beträge sind noch viel zu klein, um mit der thatsächlich vorhanden gewesenen Gleichung Bessel— Anger identifieirt werden zu können. Für die Bestimmung dieser Gleichung sind 5 Zeitsternbeobachtungen von Bessel zwischen den Anger- schen Beobachtungen 1329 Juli 25, Aug. ı3, Aug. ıS vorhanden, welehe den Betrag, um den Bessel die Durchgänge früher beobachtete: 0:93 Gew. 1.7 0.90 » 08 0.85 Ep ee) geben, im Mittel 0:90, wie sich K.A.B. XV S.49 angegeben findet. Die laufenden Meridianbeobachtungen gestatten ferner noch an vier Stellen eine ziemlich sichere Vergleichung und geben den Unterschied: 1828 Juli 27 0:89 oder 1.04 » Aug. ıı/ı2 0.84 » 0.79 1829 Juni 9g/I0 0.98 » 0.97 » Juni 14/15 1.05. wo man die an erster Stelle gegebenen Werthe streng nach den Angaben der Tagebücher erhält, die an zweiter Stelle stehenden, wenn man, wie es in diesem Fall vorzuziehen ist, eine Trennung der Aufstellungsperioden an der Stelle des Beobachterwechsels nicht vornimmt. Mit halbem Gewicht für die Bestimmungen von 1828, bei denen das eine Mal für Bessel, das andere Mal für Anger nur ein einzelner Zeitstern in Rechnung kommt. wird dann das Mittel = 0:98. In den Jahren 1827 und 1830 geben zwei weitere Stellen, an denen die Beobachter einander abgelöst haben und die Uhreorreetionen über das 3* 20 ÄAUWERS: zwischenliegende Intervall mit Sicherheit übertragen werden können, mit den Daten des Tagebuchs den Unterschied beträchtlich gröfser: 1827 Mai ı0/rı 1°30- 1830 Juli 7/9 1.48- Beide Mal hat indefs Bessel, ehe er das Instrument an Anger übergab, dasselbe umgelegt und eine neue Aufstellungsperiode begonnen, wobei der Anschlufs zweifelhaft bleibt, zumal an der ersten der beiden Stellen, wo das Azimuth bei der Umlegung absichtlich verändert wurde. Statt des Mittels 1:39- finde ich bei anderm Reductionsverfahren 0:76. Die richtigen Annahmen über die Aufstellung des Instruments liegen wohl in der Mitte zwischen den, das eine Mal die Nivellements, das andere Mal die Ein- stellungen auf das Meridianzeichen bei Seite lassenden. Jedenfalls erscheint ein Werth von 0:94 für die persönliche Gleichung, wie er aus den Vergleichungen von 1828 und 1829 gefunden wird, inner- halb =o!ı gesichert und innerhalb verhältnilsmäfsig eng anzunehmender Grenzen einer möglichen Schwankung als anwendbar für die ganze Periode der Anger’schen Beobachtungen. Es verblieb also, nachdem die Reduction der 14 Zonen auf die ver- elichenen Zonen sich im Mittel nur = +0:06 gefunden hatte, eine Differenz von 0:88, zu deren Erklärung sich schliefslich nichts anderes darbot als die Annahme, dafs diese Zonen gar nicht von Bessel sondern von Anger beobachtet wären, so weit abliegend auch zunächst die Vermuthung er- schien, dafs Anger’s Schrift zufällig eine so täuschende Gleichheit mit der Bessel’sehen gehabt haben sollte. Eine sorgfältige Vergleichung der Ein- träge in den Original-Tagebüchern des Meridiankreises 1827 — 1831, die Hr. Struve dann auf mein Ersuchen vornahm, hat nun in der That ergeben, dafs sich die beiden Handschriften bei der (ausschliefslich in lateinischen Lettern vorkommenden) Buchstabenschrift nur in einzelnen geringfügigen Besonderheiten, bei der Zahlenschrift gar nicht von einander unterscheiden. Weiter stellte sich heraus, dafs die Handschrift, in welcher die Kreisable- sungen bei den 14 Zonen eingetragen sind, nicht wie ich angenommen hatte die Anger’sche, sondern diejenige von Busch ist, der bereits 1830 gelegent- lich bei den Meridianbeobachtungen aushülfsweise beschäftigt gewesen ist. Damit war der Sachverhalt aufgeklärt: die 14 Zonen sind von Anger, mit Assistenz von Busch, beobachtet." Das Verhalten der Reetascensionen ! Auf dem Titelblatt des S.4 erwähnten Ms. (A. 12 des Archivs der Sternwarte) findet Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 21 stellt allein, nach Beseitigung des durch die Handschrift verursachten Zweifels, diese Thatsache fest; überdiefs macht jedoch Hr. Struve auf den Umstand anfmerksam, dafs es bei den an vier Tagen, 1831 Jan. ı8, 19, 21, 22 zwischen 4"50”" und 7”10” beobachteten Zonen überhaupt ausgeschlossen war, die Beobachtung Bessel zuzuschreiben, weil dieser ausweislich des Heliometer-Tagebuchs gleichzeitig mit Beobachtungen des IV. Saturnstra- banten beschäftigt war. Die Folge dieser Feststellung ist in Betreff der Bearbeitung der Zonen lediglich die, dafs die oben ermittelten Speeialcorreetionen der einzelnen Zonen nicht mehr als Tageswerthe der persönlichen Gleichung Bessel— Anger zu interpretiren sind. Es bleibt aber unverändert berechtigt oder sogar erforderlich, bei der Aufstellung des Catalogs dieselben, so wie es ge- schehen ist, in Rechnung zu bringen, womit man einerseits eine thatsäch- lich berichtigende innere Ausgleichung der Anger’schen Zonen erzielt, ande- rerseits eine etwa zwischen Bessel und Anger bestehende Helligkeitsgleichung der RA. wenigstens summarisch eliminirt. In ersterer Hinsicht zeigt die im ganzen vorhandene Übereinstimmung, mit welcher drei verschiedene von einander ganz unabhängige Controlen die Reduetionen für die Zonen nach S.ı8 ergeben, dafs diese Reduetionen unzweifelhaft sehr nahe mit den ermittelten Beträgen den Tagesfehlern der Anger’schen Zonen zur Last zu schreiben sind. Was die Helligkeitsgleichung betrifft, so würde die mittlere Abweichung —0:06 der Anger’schen Reetascensionen der Zonen- sterne von den Bessel’schen nachträglich Bessel’s — übrigens so viel ich sehen kann auf zureichende Gründe nicht gestützte, und nur Olbers gegen- über brieflich geäulserte — Vermuthung bestätigen, dafs Anger die Durch- gänge schwacher Sterne relativ früher beobachtet hätte. — Es ist in den vierzehn Zonen verhältnifsmäfsig häufig — im ganzen 43 Mal — vorgekommen, dafs ein an einem der ersten Fäden beobachteter Stern beim Zurückführen des inzwischen nach der Zonengrenze zu bewegten sich bereits von Wichmann vermerkt: »Am Ende dieses Bandes sind noch einige Zonenbeob- achtungen angehängt, die, wie es scheint, von Anger beobachtet, aber ausgeschlossen sind. Sie können in zweifelhaften Fällen doch von Nutzen sein.« Dieser Bemerkung würde ich, auch wenn ich sie vor Beendigung meiner Bearbeitung kennen gelernt hätte, kaum Gewicht beigemessen haben, da Wichmann zu seiner Vermuthung über die Herkunft der Zonen wahr- scheinlich nur eben durch den Umstand geführt worden ist, dals Bessel dieselben nicht benutzt, und wiederholt hatte. x IN 2 AUWERS: Fernrohrs nochmals aufgefunden und dann eine zweite Beobachtung an einem der letzten Fäden ausgeführt wurde. Die Häufigkeit grofser Unterschiede bei diesen Doppelbeobachtungen ist sogleich auffallend, und wenn man auch die 4 stärksten für jede Coordinate ausschliefst, indem bei denselben Ver- zählungen um 1° vorgekommen sein möchten und Irrthümer in der Ablesung der Mikrometertrommel oder ihrer Notirung wahrscheinlich vorgekommen sind, so erhält man als Mittel von 39 solcher Differenzen, bis zu 0°87 bez. 9:5, noch die übergrolsen Werthe 0:326 und 3:00, entsprechend einem w.F. ı B. innerhalb der einzelnen Zone von #0:195 #1'79. Für die vorher von Bessel mit Anger von 1828 ab beobachteten Zonen (395—496) finden sich für 87 Doppelbeobachtungen die Mittel der Unterschiede = 0:220 und 1.42, nachdem nur je ı weiterer Werth (1.09 bez. 8.2) ausgeschlossen ist — die grölsten Unterschiede sind sonst 0:62 und 5.3. In den späteren Zonen Nr. 497—536 finden sich nur noch 18 Doppelbeobachtungen, mit Unter- schieden bis 0.55 und 7'8, durchschnittlich 0°209 2'806. Den näherungsweise vollständigen w.F. einer Zonenbeobaehtung, so wie er aus den Unterschieden der Bestimmungen desselben Sterns in der Hauptsache in verschiedenen Zonen sich ergibt, hat Bessel selbst am An- fang der Arbeit, aus 41ıI in den Zonen 11—39 erhaltenen Beobachtungen von 194 Sternen, = =#0:155 #1!01 gefunden. Später hat sich die Genauig- keit der ersten, in den ersten 34 Jahren durchbeobachteten Abtheilung der Zonen in RA. als beträchtlich gröfser herausgestellt, während sie sich für Decl. voll auf dem von Bessel am Anfang ermittelten Stande gehalten hat; als w.F. einer Beobachtung ist für diese Periode, nach der Weifse-Struve- schen Ausrechnung aus nahe 10000 Beobachtungen von 4776 Sternen, bei- läufig =0:115 #1'03 anzunehmen. In der nördlichen Zonenhälfte aber hat die Sicherheit in bedauerlichem Mafse abgenommen: für diese findet O. Struve aus 11483 Beobachtungen von 5381 Sternen w.F. = #0!150 1.62. Für den südlichsten T'heil der nördlichen Hälfte, die A.G.-Zone 15° bis 20°, fand ich aus 1214 mehrfach beobachteten Sternen #0!149 1.46 — Werthe, die sich durch eine genäherte Ausscheidung der con- stanten Fehler der einzelnen Zonen auf #0:123 #1!09 vermindern liefsen. Die Abweichungen der bei der Vergleichung der 14 Zonen unter ein- ander erhaltenen Einzelunterschiede von dem Mittel für jede Combination Ss geben aber, nach Ausschlufs von 15 über 1’ und Io über 10" betragenden, als w.F. ıB., nach 208 bez. 210 Vergleichungen, &o!210 #&2!12, ein Re- Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 23 sultat, welches um so niederschlagender erscheinen muls, als der so sich ergebende Betrag noch nicht wie bei den vorhin aufgeführten Werthen den Antheil enthält, welcher als ceonstanter Zonenfehler hinzutritt. Nichts besseres erhält man aus den Vergleichungen mit den anderen Königsberger Zonen. Hier findet sich zunächst der w.F. der Vergleichung von zwei Beobachtungen = #0!257 #2'71. Ich habe nun prüfen wollen, ob vielleicht für die Beobachtungen der letzten Jahre überhaupt geringere Genauigkeit anzunehmen wäre. In den Stunden 1" und 2" fand ich für 158 Vergleichungen einer Beobachtung in den zwischen Nr. 497 und Nr. 536 liegenden Zonen mit einer Beobachtung aus älteren Zonen als durch- sehnittliche Unterschiede 0.269 und 2'88, und für 122 Vergleichungen inner- halb der Zonengruppe Nr. 497—536 0.261 und 2'832, also jedenfalls keinen Unterschied zu Ungunsten der letzten Zonengruppe. Alle Vergleichungen zusammen geben 0:265 und 2'835 oder für den w.F.ıB. #0:160 #1!72, nur um nicht zu verbürgende Beträge gröfser als nach Struve durchschnitt- lich für den ganzen II. Weilse'schen Catalog. Stellt man diese Werthe selbst den oben angegebenen w.F. ı Diff. gegen- über, obwohl sie zu diesem Behuf eigentlich erst noch verkleinert werden mülsten. so erhält man als Minimalwerth für den zufälligen Beobachtungs- fehler in den 14 hier bearbeiteten Zonen, zu welchem der wahrscheinliche eonstante Zonenfehler noch hinzutritt, 0.201 #2!09. Die Vertheilung der Fehler rechtfertigt nachträglich genügend voll- ständig, dafs Abweichungen von ı° oder 10" und mehr, als wahrscheinlich durch besondere Irrthümer, oder durch ausnahmsweise grolse Verstellungen des Instruments hervorgebracht, ausgeschlossen sind. In dieser letzten Rech- nung fielen von 860 Aa und 852 Ad wegen Überschreitung jener Fehler- grenzen je 36 fort. Bei einem w.F. ı Diff. #0:257 bez. &2'7 sollten aber von 824 bez. 816 Differenzen liegen, bez. sind beobachtet: zwischen Theor. Beob. zwischen Theor. Beoh. 0:00 U. 0.13 220 251 oloru. 113 215 226 0.13 ” 0.26 194 167 I.asunı 2% 193 182 0.26 » 0.38- 153 148 2.7 4.0- 153 134 0.38- » 0.51: 112 114 4.0: 5.4 110 131 0.51» 0.77 109 112 5.4 8.1 109 117 0.77 » 1.00 28 32 3.2 » 10.0 24 26 über 1300 7 Be über 10!o 11 Es werden also nach Ausmerzung der ganz entstellten Beobachtungen die Werthe #o:21 #2!ı als thatsächlich nahe zutreffende Bestimmungen der zufälligen w.F. der Coordinaten für die 14 Zonen angesehen werden 24 AUWERS: können. Dieser bedauerlich erofsen Unsicherheit im einzelnen steht als günstiger Umstand gegenüber, dafs die hinzukommenden constanten Zonen- fehler, bez. die noch in den Oertern verbliebenen Theile derselben, hier, abgesehen vielleicht von etwas grölseren Beträgen für die Deelinationen aus 3 oder 4 Zonen, nur relativ gering zu veranschlagen sind. Übersicht der Zonen. Nr. Tag D Reetascension 496° 1830 Sept. 21 = 320 4 TORE bis’ 22: noM 496” > eTZE FR T30 1 ENTONE RE AL 496° » » 28 +30 A N 4961 » Dee. 14 +42 OO EE 496° 1831 Jan. 17 +30 [829,5 335 496 » » 18 +30 To 3036 496# a RE 3A, nf 530 074 496" » 010,0 -5320 „127,003 3034 496‘ 2 ke +40 le 496* » » 20 +18 ZU OWL 496! » ze Be A453 7 496” » 222 +23 MASaa2 496" » Dj 7544: 0. ne a 496° » Febr.25 +40 Bd 7ER? Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 25 Reduetionstafeln. Zone 496 1830.72 D=+32° | zer , | —0°350 | —ı’ 20" om | +12‘562 @ = 2 a Be Fe, FT a8 I % a9) < 09,5 /: Be in i 9. 5 —65.138 —0.375 21020 +11.467 2 0, | #0.212|| —2 2.26 7 i Ve a 21 30 +10.849 +0.204 | —2 10. . ! >" & — 636 ‚20 —65.052 —0.360 22 0 +10.213 +0.198 || —2 DD i zu d kommt Corr. für Änd.d. o-P.: +0"02 +0'39 (t— 21) Bas DE Are ber —61:450 —o.151 | —2' Zone 496b 1830.73 D=-+30° Br re : h om —0.127 ers 2 Nr —0.163 | —2 ıT. > : a a 2 —0.196 | —2 BI | E 7 —0.261 || —ı | —54.2 —0, De — —0.224 | —I 4.294 0.29 \—0.249| —I : 2 2v —67:041 —0.412|| —ı" —0.270| —I iR —67.458 —0.429 7 zes] = 67.743 —0.439 nn Änd.d. o-P.: -+0"38 (t— 2.5)" |. 6 —67.890 —0.444 \ Si —67.896 —0.438 ö ve —67.763 —+-11.63 : —+-13.21 —+-16'20 1077 oo —+-16.60 mn Zone 496k —62°928 —63.378 —63.789 —64.153 —64.465 +11!29 | +12.73 +13.96 +14.96 I I 3 3 4 zu d kommt Corr. für Änd.d. o-P.: +0"56 (t— 2.5)" 56( 5 Zone 496! 1831. 7 d 2 ——e 4° SAeQ “: Zone 496 1830.95 D=+42 71.358 8 ; 2 ocıse m I _20°268 —0°064 n "ic — 71.666 . .4 © —1159 # = u "6 > aan — 166 | +17.23 Sal — 1125 =e123 N ? { a —XM| _° +17.22 —22.552 _,,,, 0.180 : z .48 | a eine 99 116.91 — 23.626 201 0,234 B 22 : —71.712 — 24.633 ee —0.286 —25.553 , |-0.333 | —ı 50. . 57 | Zonen 496" und 496" 1831.06 D= -+28° bez. Db- ww 197} o0o0o —0:139 —0.175 —0.208 —66:195 —66.901 —67.566 — 706 Zone 496° 1831. — 58772 5 En 39.518 _ /' —60:217 0; —60.859 —61.433 —h65 —73:672 —0:487 73-993 —0.499 — 74.161 —0.503 — 74-169 —0.498 — 74.021 —0.486 L9S BL 05 Bu SE SE 97} o 0 = oaoWm [977 oo Zonen 496f und 496= —59:254 — 60.030 —60.775 _ —61.475 _ —62.118 —62.693 _ —63.193 +30° bez. +34° sag | #1°67 | #1.67 | | +1.66 | —ı113:660 __,, | —0:408 +1.67 | 5 — 114.023 Er —0.421 |+1.69 | — 114.263 Er —0.427 SET — 114.374 —0.425 +1.75 — 114.358 —0.416 -UN [0 =] Ne Giunk nun OD Zone 496° 1831.15 w oo DU W > ° + 16 PwWuhuh-—- ven sSoweHnr db Math. Abh. 1903. 1. 4 26 AUWERS: Beohachtete Zonen 496° 496°. Die ı4 Zonen werden hier in durchweg gleicher Anordnung mitge- theilt wie die in den Bessel’schen Beobachtungsbänden veröffentlichten. Nur bei den Nebenangaben finden sich einige formale Unterschiede: bei der Bestimmung des Nullpunets ist die o/oı beibehalten, und die Werthe: Uhreorr. + Red. auf Mer., die bei Bessel für die längeren Zonen in stünd- lichen Intervallen angegeben sind, werden hier immer nur für zwei Epochen, nahe am Anfang und am Ende jeder Zone, angesetzt; es ist zwischen den aufgeführten Werthen stets linear zu interpoliren. Alle aus Correeturen oder Ergänzungen . des Orig. hervorgegangenen Zahlen sind durch Cursivdruck kenntlich gemacht, die ursprüngliche Lesart ist dann aus der letzten Columne des Textes zu ersehen. Sonst in dieser Columne vorkommende Bemerkungen sind, wenn sie der Reduction an- gehören, ebenfalls durch Cursivdruck von den aus Orig. entnommenen Ver- merken unterschieden. Die am Fufs der einzelnen Zonen stehenden Be- merkungen sind sämmtlich solehe der Reduetion. "53:40 | 1859 +33° ı2' 19!0 . Fad. 59.082 1726| 33 33.6 2 31.00 1666 33 13.1 340 | 1667, 33 35 13. Ead. 16.30 || 36 1742| 31 1 KOr2T 21.40 1917) 31 .o || Or. 28” 33-54 1693 32 1.64 | 2003| 32 19.40 1357, 31 19.13 || 59 ı142| 32 5 | 3.27 || 1124 33 .4 | Or. Fad. 48.73 1034|. 31 3 j Derselbe 48.77 |, 1074, 31 | 48.39 | 42 903) 31 | 35.30 645) 31 3 46.54 902 30 7 59.16 || 630) 30 4: .6 || 15.48 || 631| 3ı | 26.95 | 5791-31 | 23.01 || 1048, 31 7 28.20 996 32 3.21 1342| 32 45.26 1131) 31 17.96 1177| 31 36.80 | 1236 31 20.70 1065, 31 20.60 | 1066| 31 31.30 | 1094 31 14.43 || 877) 30 43-2 || 17.40 | 1007, 30 27.7 || Or. Fad.4 496". 1830 September 21. 334°45' 8:87 —ı°37'22!12 333° 7'46°75 Barom. Therm. 336 45 8.75 —3 37 22.70 45:95 333090 +17°8 63°8 334 45 9.12 —I 37 21.10 48.02 h 336 45 10.49 —3 37 24-17 46.32 20" 0" +26:658 Mittel 333° 7'46"76 22 o 26.660 Aequator 303 45 3.54 oPunet +29°22'43"22 (20"57" 5. stdl. +0"39) OO. DubewL "Bob BmnoRAno arm on RW {e +] c 195m 38Frı 56 57 57 oı = -ow DeEO-(PRWH | | Derselbe a- wnwob I Derselbe \ IN) 9 9 8 8 9 8 8 8 8 | Derselbe wur ID O- - uU RIM DR NO In in SO n- aan oo in > o\ DEU BD RWVODEDPRDWLNI ER PF DO OO WOODVOIOOOCWRODO RO ı TOD On On WPD DWELRR LER DB LS LLRUN LS D 0 © 0-1 -1 O-1-1-1 -wpbUWWV DD D Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 27 20" 57" 56°70 1104 +32°50' ı! ! Unter F. ı eingetr.; Bem. »2. Faden« begründet. 59 0.40 1092 32 56.8 || 2 Eintrag 21”16°42; vielleicht hat 16°4 beriehtiet werden 2 2 IS > 8.6 | MDerRe ee muss aber mit dem ungeänderten Eintrag ; N gem ; 22.03 1387| 32 ui: 3 Ohne Zweifel derselbe Stern, bei der 1. Beob. Mikr. 22.03 1259 32 .o | ; 1387 zu corr. 1287 (+32°57' 3:7). 30.75 12751132 .5| 4 7.310 gibt © 17"2 grösser (nahe mit Leid. 8920 stim- 23.40 1243| 32 i mend), Mikr. 1452 zu corr. 1502? 48.96 | 1314 32 } 5 Wahrschemlieh derselbe Stern, F.2 +10° und bei der 3.01 1359, 32 : 2. Beoh. vielleicht Mikr. zu corr. (1086 oder 1064 — dann Ö 23.61 | 1506 32 .6| 30° 55' 54!9 oder 47"5)- 11.38 | 1746 33 ee 6 Deel. falsch ; Corr. Mikr. 942 st. 842 würde noch einen 47-30 | 1330| 31 .4 | Fehler von etwa —ı2" übrig lassen. 55.60 | 1262 32 55. 7 27.310 u.376 geben —0.89 +53'7 und nach der vermuthe- 24-71 1071, 31 . ten Correetur noch +19!5, die Beob. ist wohl gänzlich verfehlt 10.21 || 1298 32 .4 || s Nach Z. 377 und Leid. —2° zu corr. 33.40 1377 32 49.13 D 43-40 1404 31 8 | 29.40 1529 32 - 496". 1830 September 24. 1452| 33 .2 || Bem.* 1470| 32 3 || 332°45'10'26 —ı°37'24!"18 331° 7'46"08 Barom. Therm. 1527| 31.55, 25- 334 45 9.20 —3 37 21.78 47-42 335263 +14°%3 47°1 1252,31 7| 332 45 11.25 —I 37 23.49 41:16 335.58 +14.0 44.8 1290 1,31 9| 334 45 9.69 —3 37 22.12 47-57 aa 3 i | Derselbe N Mittel 331° 7'47'21 om +26°552 1092| 30 KEN Ein! Aequator 303 45 3.61 4 0 +26.537 1136| Ik Bem. 5 o Punet +27°22'43"60 (2”30”, stdl. +0738) 36| 30 ru 3 = Dean Hnn OO DD @n-I WW m O0 ON WW DB — N D - [3 | 1 191 31 ; \t Derselbe 1204| 31 | 910 30 4 842 32 : .5 || Bem.® 1207| 30 || 1331 32 | Or. Fad. 4 SH1oT8), 32 5 | Derselbe 1611 32 1869 31 0 | 1881 30 1425 32 1423 32 1365, 30 4 1399 1503 1371 . I 1096 | 1089 | 1200 . | | ao IPrgmc4°3o | 52 1654|+30° 8' gl2 23 27.26 1645 25 29.13 1403 27 41.30 | 1215 28 45.66 1315 29 43.00 | 1109 30 45.76 || 1045 32 8.82 1335 32 54.79 1540 | 35 24.63 | 42 1574 | 36 38.23 ee j |! Derselbe! 7 DNSDUNDUDDND DD @-ı In nn w - wu PU 36 37.77 1293 38 28.20 2 1420 40 9.48 | 51 1355 19.54 1245 | sag een n |} Derselbe 41.30 | 1062 | 20.77 | 399 & 7 | 8.30 | 1252 8 51.7 || Or. Fad. 4 49.30 \\ 1073 14.64 | 1235 1012 848 759 943 1206 1215 1490, 29 1340 .9 | Dupl. praee. 1267 1124| 8 8 9 9 8 2) 9 9 8 8 9 8 8 3 8 9 9 dl 9 9 9 8 9 7 9 7 7 9 8 8 9 8 8 9 2) 8 9 9 9 Be 97| 9 9) 7 9 [ee e} | Derselbe 1-1 1 1010 .9| 1292 ‚6 | 1396 || 61 1496? 7 1237, | 1198 979 1157 1419 1419 1629 1498 1507 1221 I Derselbe FOND RL HUT DD DT WDRNNDWDWDHT BR RU LVO LPRPR LFD LP PU DLPWDPLUODLPRPNIWULRLRHLRD DW RO -IOOOODOOO OHIO O@I—IO-I OO OO OD ROD m © mıO BEER LEDRO BP LOG DH PU PR PN DW FW DW DD =D 0 \ı 0 00 0 oo m 0 DOı\O 28 AUWERS: 6 | 4 | 2% gM30%28 | 61 1420|430° 33" 49"3 die Corr. aber wahrscheinlicher als eine starke EB. nur 8 | 4 10 44.69 | 48 1287| 29 54 3.8 in Deel. 8 ||5 13 4.64 | 38 1260| 29 23 54.4 | ® Mikr. wird entweder 1278 oder 1328 zu berichtigen sein. u 2 15 24.00 || 36 1214| 29 17 38.9 || Or. Fad. 4 Erstere Corr. würde befriedigende Übereinstimmung mit Z. e 7.:)|’4 16 35.48 || 61 1041| 30 31 39.7 hervorbringen, weiter aber zur Annahme einer starken EB. 9 |a 19 17.47 | 63 1156| 30 38 19.1 || nur in Deel. (von nahe +0'3) nöthigen. Wahrscheinlicher ist 9.13 22 8.40 | 48: 945| 29 52 6.9 || Or. 23” deshalb hier d nur —ı7!"ı zu corr.. und in Z.e etwa 10" verfehlt. 9 |4 23 41.68 | 37 960| 29 19 12.0 3 Corr. beruht auf‘ B.D. 8|| 37 25 38.30 | 33 arrolı 298 5.5 9 5 2 en a 2: 2 a Be \ Derselbe ee B S | 2 . | 32 "|| 2 Se N ap r 9 |4 29 8.69 | 35 1055| 29 13 44.6 | 49 a 1 | 2 22 See | & au = 4 er | 332°45' 844 —ı°37'22"81 331° 7'45'63 Barom. Therm. 2 r 132522097] VEN STEEL | 334 45 8.50 —3 37 22.80 45.70 339%31 +14°1 46% 2 34 14.17 || 66 1000| 30 46 25.8 2 = N [75 x || 332 45 8.25 —I 37 21.44 46.83 338.86 +13.1 44.1 | 20]. 36 29-3521. 04 323 N3oMar Tal) 33445 8.13 —3 37 21.09 47.04 8 |3| 37 40.40 || 60 1124| 30 29 8.3| 223,0 07775 Mi; E ae et # 751 38 6.60 || 58 1446| 30 24 58.2 | Mittel 331° 7'46'30 1° 0" +26.392 8 |4 39 6.82 | 56 1591|. 30 19 48.0 | Aequator 303 45 3.61 4 0 -+26.386 7-8 || 3 4I 34.20 | 46 1534| 29 49 28.6 || oPunet +27°22'42"69* (2"29"%s, stdl. +0'56) 8 |s5| 2 21.63 | 39 ı301| 29 27 8.6 || * versehentlich gerechnet mit 42!79 s |4, 432956 || 38 1475| 29 25 84 | 7 |3| 45 45.20 || 19 1586) 28 28 46.4 | 7 || 3 | Maı®s13o 45 1370 +29°45' 31!0 | 7 2, 47 21.88 | 66 1644| 30 50 6.2 | Sales 25 29.20 | 48 1427| 29 54 50.5 8 |4| 4751.56 || 63 1577| 30 40 43.3 || 8 || 3 2] 22.40 | 46 1471| 29 49 5.6 9 || 3 |, 49,29:50 || 65 1259| 30 44 54.6 8 |3 | 28 237.40 || 24 1514| 28 43 20.3 || Or. 33° SEES 50 15.72 || 52.7151] 30 517.4. 7all3 29 43.10 | 34 1633| 29 13 57.6 8 |3| 53 4.30 || 47 1252| 29 50 52.2 | 7 ||4| 32 8.99 || 34 1758| 29 14 43.9 9 | 3| 54 29.40 | 41 1125 29 32 8.7 | 8-9 | 2 34 2.76 | 52 1397| 30 6 40.3 || 9|4| 56.144 || 29 969, 28 55 15.3 | 9 | 2 36 5.24 || 63 1206 30 38 34.9 9 |5 57 19.95 | 44 1180 29 41 27.3 | a 9.2 37 37.04 || 50 1001) 29 58 24.8 8 || 4 58 49.55 | 64 1378 30 42 35-3 | Bem.? 7 |2.4 38 25.50 || 49 1176| 29 56 24.7 8 | 3 | 3° ı 18.00 || 33. 1719|) 29 ı1 32.0'| s | 3 40 19.40 | 50 954) 29 58 8.8 8 |4 1 35.70 | 33 1632| 29 ıı 22| 914 41 32.65 | 41 837 29 30 28.7 u |\%5 2 59.90 | 21 1777| 28 35 51.6 | 9 |a 43 15.40 | 35 872| 29 12 40.7 9 | 4 5 14.59 | 47 1535 29 52 29.0 9 | 3 |. 44 56.001 29 1091) 28 55 55.7 9 || 3 7 14.00 || 26 1583| 28 49 45.5 | Tull3 45 50.30 || 28 1139| 28 53 12.2 9 | 4 9 21.20 | 59 I510 30 28 20.5 9 |4 48 11.432|| 30 1452| 29 o 59.2 || 9 | 4 11 39.59 || 47 1742| 29 53 39.9 | 9 |4 49 6.811] 32 ı8ı5 29 9 3.4 | 914 13 32.72 | 43 1454 29 40 1.4 | 9 |2.4 50 34.20 || 32 1439| 29 6 54.8 | 9 || 4 14 28.79 | 35 1190 29 14 31.0 | 9 | 3 52 18.80 | 39 1352| 29 27 25.1 | 8 | 2.| 217 36.50 || 34 1394| 29 12 40.7 | Derseibe 8-9|3 | 53 48.30 | 32 1203 29 5 34.1 | 8 14 17 35.40 | 34 1395 29 12 41.2 |) 8a 56 3.54 | 54 1159| 30 ıı 19.0 | 13 19 29.50 | 39 1346 29 27 24.5 | n 9 || 3 58 7.40 || 64 1365| 30 42 29.6 713.5] 27 22.26 | 38 1561| 29 25 38.0 | Or. F.3 u.4 9 | 3 59 52.00 | 42 1228| 29 35 42.7 || Or.43 6-7 13.5 24 41.43 | 72 1397 31 641.9 | 7 4 | 2 0 55.88 | 37 972| 29 19 15.1 9 | 3 26 38.40 | 71 1332| 31 3 19.8 | 7 |4 2 54.61 | 46 940) 29 46 4.2 | 9 | 3 27 58.00 | 67 1196 30 50 33.2 6 | 3 4 4.40 | Ag 1142| 29656 13.3 || 9 | 4 29 7.14 | 65 1410| 30 45 46.4 || 9 |4 5 11.46 || 63 1264| 30 38 55.0 9 4 30 15.12 | 68 1256 30 53 53.8 | 6-7 || 4 6 5352 | 55 1366| 30 i5 30.0 | SI 23234 1830250217 2089507 9 |5 6 39.37 | 54 1499 30 13 15.5 | 8| 1 33 49.52 | 36 1139| 29 17 13.5 1 Derseibe 9 |2.5 8 54.65 | 35 1472| 29 ı6 6.3| 8 3 33 50.00 || 36 1162| 29 17 21.6 | 9 |2 zo 40.00 | 35 1506| 29 16 17.9 | Or.Fad. 4° 9 || 4 34 56.64 | 30 807) 28 57 20.1 [) | 4 11 46.70 | 33 1704 29 Iı 25.7 || 94 36 30.70 | 35 736| 29 ı1 55.8 8 |s5 13 2.944 37 1800 29 23 58.6 | 9.4 37 54.74 | 42 1157| 29 35 19.9 | 8-9 | 4 14 30.29 | 47 1701) 29 53 24.7 8-9| 5 38 53-97 a2: 0202297797397 alla" 15 42.55 | 52 1759 30 8 44.6 9 || S 39 39.10 | 35 1044 29 13 41.0 | 6-7 | 5 16 35.76 | 60 1574| 30 31 41.2 7 \2.5)| 41 16.77 | 33 8251 29 6 26.4 oa 19 58.54 | 53 1586 30 10 45.4 ! Or. hat Mikr. 1398 und 1393: ohne Corr. Ca.969 -— R.Z. | 9 | 4 20 41.69 | 48 1285| 29 54 2.4 | =+0:10 —38'6. Der Sterm ist sonst nicht beobachtet, 9 ||2.4 22 8.20 | 47 1479) 29 52 5.8 | aaa" 1°62 1469| +29° 19" 5"4 || anscheinend ist erst 28°%ı emgetragen und daun ı in o cor- 24 56.30 1183 27.6 rigirt, möglich ist aber auch 28°9 zu lesen. 25 26.61 1331| 18.2 | 3 Die Correetur beruht nur auf B.D. 27 46.30 1207 35-8 * RA. zu klein, wohl (entweder +1° oder) +2° zu corr. 28 21.30 1394 39.8 | 5 Unter F.3 eingetr.. Verm. »4?« wird durch B.D. be- 29 51.98 1221 40.6 | stätigt. 31 29.27 1430 52. || 32 48.30 1357 9.85 1240 f 5.92 1185) 28.3 | 496“. 1830 December 14. 40.78 1125 7.6 17.30 883 | 344°%45' 5'65 —ı°34'36!50 343°10'2g"15 Barom. Therm. 34.00 | 872 | 346 45 5.506 —3 34 36.84 28.72 35.01 1062 344 45 8.58 —ı 34 39.58 29.00 50.62 141 346 45 8.27 —3 34 39.57 30.70 29.40 1483 Mittel 343°10'29"39 3.61 Be | Aequator 303 45 4.19 5 | IEDTEAR es 1821 9.9 o Punet +39°25'25'20 14.00 1680 31.07 1455| 0.6 | 4.00 1243 48.4 29.64 | 4I 1125 8.0 16.33 1176) 25.4 50.30 1296 6.5 41.86 | 1078) 51.9 | 26.14 1056| 44-4 53.12 |) 1354| 26.4 6.00 | 1045| 40.7 | 39.23 1258 53.6 | 38.30 1544 31.5 | 27.00 1343 22.71| 47.63 || 1486 11.6 35.68 1446 57-9 | 17.23 1276| 59.8 | 35.65 || 1059 45-6 48.87 1332| 19.0 32.07 1601 51.0 56.38 1578 43-2 40.65 | 1592| 48.0 | 6.46 | 1825 77 27.00 1610) 54-2 | 14:43 || 1618) 56.9 | 23.00 | 1578| 43-3 \ 35.70 | 1383| 36.5 | 42.32 1403| 43-4 | 13.70 1421| 49.6 | 36.28 | 1363| 29.7 || 57-53 | 1705, 26.7 | 8.30 1413 46.9 34-59 1429 52.0 21.67 1523| 24-5 | 9.33 1310. 11.6 8.30 1203 35.1 16.18 1206, 36.0 56.74 1375 33-9 | 33-42 | 1259 54.2 39.60 | 1444 57-6 a vo au ı 0 m wm @ıO I LOSE SE BEE 05 8 0 N vw r +vu bwwiuin- [777 ot gmar:a7 || 71 10304430 4' 51.00 || 67 8832| 42 51 40.00 | 767) 42 40.00 | 946| 42 8.46 1136| 42 30.21 || 864| 41 44.20 1081) 4I 7 24.89 | 1342| 42 47.68 | 1392| 41 3 1 1s52 212 "7 |} Derselbe 0.47 | 1340| 42 7 | 23.75 1512| 42 :6 | ABER |KOORELSAINN42 3 |} Derselbe 48.24 || 1206 42 Spa 50.66 1034| 41 37.20 1331 55.30 || 1586. 10.56 ‚65 1307!| 41.77 | 66 1318) 32.00 | 1161 48.44 | 1450 48.12 1468 14.46 1148 19.42 958 54.20 || 833| 54.31 || 830 18.20 928 | 741| 891 1275 1128 1156) 990 993 1315 1244 1169 1161) 1396 1450 1608 DO \0 mwıo BDA DNDWFR LI in in o\ ' D | | 3 3 je | 3 | 4 4 3 I 2 4 | 2 3 4 3 3 2 4 ON ROOVODVOO OO O0 [$} 3 | Dpl. 10" praee. Me I nn on I Derselbe e "uunpan OAETDNTIEN TE TENE DRI FN -I- UV r- 10 mM -\D 0 “wu -Ww 80 | N Derselbe | ww I Derselbe [0° 2,057 RU NNNAPRPUD N ON \ Derselh: | | N Derselb« -1T voo00 nn L 0000 a0 nı0000.© BRERDPLULWLLONT DRUnRARLDn! O-IDODRDOD RO -AI-IOOO DO DRAG WIND MD ! Ist wohl +1° zu corr. 2 Die Lesung des Antritts: 48”®28°o ist nicht ganz sicher; DDPRBPRWDH N DD NDS DDP DW DR RDLRLAND: Be ineocnen I ' [+] xD 30 ÄAUWERS: = 3 o'sg"agt20 | 41 1591 se ar | 8 | 2| 1'57°3391 | 57 Bee aa ana! 16:0 || -9 || 2 56 13.89 48 1527| 41.59 7-0.|| 18 5° 1.30 [5 9| 42 23 21.0 9 | 2| 58 1.32 | 37 1407| 41 24 26.6 | 8 |4, 58 19.43 || 54 1073 42 13 32.3 | 7 13-5 58 32.37 | 48 1304 41 56 51.3 9 ar 59, Ars | 53 1047| 42 10 23.4 8 „|| 3) |ITIW01 2.20.42 En 41 39 36.6 || 9 | 3 | 2 © 16.00 || 31 2139| 41.4 55.0 6 |3| 0 47.10 | 33 z182) 4 ı1 9.7 9.| 3 I 7.00 | 40 1248| 41 32 32.3 8 |5| z 736 | 34 1208| 4ı ı4 18.5 || Or. Fad. 4 7-83 I 47.00 || 36. 1352| 41 21 7.5 9% | 2 16.25 \ 33 924 41 941.4 Or. Fad. 3 93 3 2.00 || 40. 1100| 41 31 41.6 24 3 26.17 | 25 | 40 45 43-7 971,47] 3 28.96 | 39 971) 41 = 57-4 | || 25 o 2.5 | 2 5 17-44 | | 2% 3 3 | ae ee 4 47 | 2e De | 41 2 Se 4 5 57.67 | 4b 1271 41 50 40.0 I 5 5 19.39 | 43 1126| 41 40 50. 7114| 6 50.49 | 50 1341| 42 3 40 7-03 | 6 55.70 | 4I IIII) 41 34 45-4 8 | 3 1 ae | 72 ae 43 10 39 | Dpl. 8" 9 |4 1 52.25 | 32 1329| 41 8 59.9 7 -5| .98 || 57 1266| 42 2 .3 | r 3 13°) 10 er | = 1573 42 ie 2 | ; Fe a +28!2, | 2 II 21.31 6 1333| 42 21 1.2 | nach Lorr. —0.0). 4 I a | DR » 4 | 2. 529 gibt 0 13'7 grölser, mit Bo. 1408 stimmend; 8 | 3| 12 59.10 | 43 921) 41 39 40.4 || Mikr. zu lesen 1155? e s|3| 14 6.30 | 48 1129| 41 55 51.5 3 Die Correetur erscheint nicht zweifelhaft, läfst aber 9 | 3 En en | 41 ae 41 35 17.1 | RA. noch 2° zu klein; 30" 9°4 zu lesen? 7 | I 16 28.53 | 38 1174 41 26 6,5 || Or.15" 55:0, gel. 8 | 2 16 49.48 | 48 1192 41 56 13.0 [.50:0 7 || 5 16 49.78 | 66 980 4249 0. | 7-8 3 | 18 13.00 || 70 834) 43 0 10.6 | 8-9|4 | 19 5.75 | 46 1200| 41 50 15.7 | 496°. 1831 Januar 17. 7814| 20 1.58 144 1394 41.45 22.1 | 322 21 42.54 | 38 1547 4128 14.5 | 332°45'11!56 —ı°34'47.45 331°10'24:11 Barom. Therm. en 2 23 17753.1069,26apykas an 20.0 334 45 13.43 —3 34 47.45 25.98 334196 4% 1321 12 | 24 23:355h39t75caMkartzuı ers 332 45 12.42 —I 34 45.74 26.68 335.76 -56 8.9 8 | 3, 24 36.00 | 39 1534 41 31 10.1 334 45 12.67 —3 34 44.02 28.65 8-91 4 | 24 59.68 | 37 1485| 41 24 53.3 || ; s : EarorsEn hm s 8 234 26 10lon |Ik6o 1207 BE | Mittel 331°10'26'35 1° 0" — 38633 > = > 2 3 | Sau: = = 9 |4| 26 28.58 | 64 1191) 4244 12.6 Sn 43 ae 8 | 2 27 54-76 | 66 925| 42 48 41.6 oEunet +27 25 21.25 9 |\4 27 57-00 || 36 1080| 41 19 34.7 || 9 | 3 | 29 39.00 || 47 1105| 41 52 43.3 | Bem. > 9 || 2 129" 2792 24 1057 +28°43' 22.9 | 9 |2| 30 7.40 | 47 1160| 41 53 2.0 || Or. Fad.4? 9 |4 30 46.69!1|| 34 1204| 29 14 13.2 | 6 |i2.4 31 33.95 || 45 2 4146 1.9 | 6-7 | 2 2 46.20 | 33 1327| 29 ı1 55-3 || 922 2 43.85 | 47 853) 41 51 17.0 92155 33 14.00 | 34 1324 29 14 54.3 9 | 4 33.10.57 | 45 1140| 41 46 55.2 || 74 34 Se 53 ER 30 „ 2.6 | Bem.? 9 \4| 34 1.48 || 57 1240| 42 23 29.4 9 | 4 35 8.25 || 51. 1487) 30 50.0 78 | I 38 nr. 712 66 1441| 42 51 37.9 |.Derselbe 9 | 3 37 10.20 | 62 1334| 30 38 57.7 | 84 36 I1.54 | 66 1423| 42 51 32.0 | " 8-9 || 2 38 26.23 || 74 1096 31 13 36.2 || 94 37 20.73 | 54 1179| 42 14 8,6 | 84 39 29.58 | 48 1290 29 56 42.6. | 9 || 2 39 4.29 | 67 1277| 42 53 41.7 9 | I 41 5.40 | 33 1525| 29 13 28 | 9 | 4 40 16.72 || 35 1044| 4I 16 22. om ı2 41 37.08 | 42 1237| 29 38 24.5 8 | 3 2 38.30 | 30 8891| 4ı 0 29.4 9 || 4 42 6.35 || 39 1058 29 28 23.2 8 ı4| 43 7.33 | 61 870) 42 33 22.8 9 || 2 43 34.64 | 62 1093 30 37 35.2 | 9 | 3 “ 34.00 | 26 916) 40 48 38.7 | 2 || 3 44 40:50 | 54 1357) 30 15 5.6 1 2 46 22.32 | 31 967) 41 3 56.0 -9|| 4 45 30.53 || 70 1105| 31 I 39.3 8-9| 2 41 19.48 | 35 8797| a1 15 25.2 | 8 || 3 46 43.70 | 66 964) 30 48 51.1 | 20 8 | 2 47 50.58 | 35 1092| 4ı 16 38.8 | 72 47 57-17 | 54 856 30 12 14.1 H1") (Bemerk. 74 48 5.57 || 65 1310| 42 47 53.4 7 |4 48 8.23. || 55 728) 30 14 30.3 |j\ [verfällt) 9 |3 49 11.30 EI Ion 2152, 10.7 9 | 2 50 12.08 155 ns 30 14 58.0 | 9 4 49 55-59 4 65 2 42 21.1] 9 3 50 55.30 Isar 30 32 44.I| 9 | 3 51 5.00 | 63 775! 42 38 50.4 || 8 |4 51 25.21 | 60 1089 30 31 33.8 | 9 | 2| 52 II.ı2 | 64 825| 42 42 1.4 | 8-9 | ı 53 24.18 | 39 921) 29 27 36.2 | 8 |5 2 14.38 | 34 826) 4ı ı2 7.5 9 |4 54 6.93 | 30 787, 28 59 50:5 | 9 |4| 53 42.75 | 53 929] 42 9 43.0 | 814 54 54.61 | 32 811 29 5 58.7 j Sn 9 |4 54 54-94 | 40 1044| 41 31 22.4 9 |4 55 38.59 | 48 858) 29 54 14.8 |Or.F.4 56%ol3; 9 31 56 13.40 | 29 958) 40 57 53.0 8 || 2 57 9.80 | 54 741) 30 11 34.8 [5° eorr. | 1258m3 1°81 || | 3P0M30%43 || 29 1252|+28°59' 2 31.37 1139| 30 | 1182 30 1207| 30 1123| 29 5 1019 30 910 30 30 | R “I | 29 .6.|N 29 30 30 29 29 30 29 30 29 29 29 31 30 30 30 oO Ma] I 1045| 28 1322| 30 1169 30 915 1002 1230 1023 1045 | 1216 : \ Derselbe 1219 | ON O0. © @n-ı An wm b x OQStıun u» OO 0 © Derselhe o0vo0 [7 oEnt So «Bo EN) - [#57 1452 | 1405 | 1550 | 1790 : | -—_ + w -- in in 1677 | 1350| | 1421 .5 || 1158 A | 1003 1185 1484 1490) 1733 1051 895 2 1178 1412 1079 1077 979 1053| 992] [SS E) &uo Sn v > $) [5 Bem. 6 DD oa ! \ [97 a De UN PD DD DD N DD DPD HDD ID DD HDD HD DADL+HWDIDH RD NN DWDH URN TH N END WW nr. Hunu.- “nn nn m=ı ON DOOOO OO \O0-1D\0 | 7: 398 gibt mit Ca. 1814 Stimmend & 15" kleiner, Mikr, ga 5 verschrieben für 1103 (Corr. —10!3)? 1330 1222 965 5 | 923 © |! Derselbe 496°. 1831 Januar 18. 908 || 805 7 | 1164 1184 1338| - 1957 mean 8» —1034'45'74 331°10'23.961 Baron. Thern. —3 34 47-20 25.16 —I 34 42.66 25.29 1244 —3.34.45.05, Fr 24.96 1042| Mittel 331°10'24'84 1366 j Aequator 303 45 5.10 4 © —40.069 1352 : o Punet +27°25'19:74 1154 1458| .2 | a sms 72 1078+31° 7'. 28:62] 1086 i 17 23.39 || 70 1202| 31. 2 11.o 1252) 2 ; 18 53.40 || 54 1137| 30 13 48.8 ww ww 9 6 7 7 8 9 7 9 9 7 8 7 22 8 | 9 | 7 9 9 7 8 I 8 | 9 9 7 9 9 9 8 9 9 7 7 9 8 7 9 6 9 9 8 9 9 7 9 7 7 7 8 8 8 9 9 9 9 9 9 7 9 DD DO DD ULDWDAD- DORT PDA NT DU UD HR - 32 AUWERS: m r & DO II O0 OO ID X@=I 1605 +29°10' 2 1487| 6 974 45 1120 1047 937 192 892) | nace 9 ||-Derselbe 862) 992 1056 1163 1265 994 1089 1 179M32°50 | 43 1250|+29°41' 275 || 20 37.65 1293| 29 42.2 21 10.30 | 1314| 23 49.4 22 57-71 | 1470 45 42.1 24 28.97 | TIO47 29, 197.5 24 48.60 | 1108 31 38.6 28 28.70 || 1062 49 23.2 29 9.58 || 1197) 56 30 15.39 122 9 14 49.39 1213 14 48.40 | 1312| II 16.39 | 1324| 14 1.39 L161 10 | 8.95 | 932 38.6 45.89 | 2 47-8 | Or. 52 44-44 || 37 Sa 44.86 | 858 13.1 IE 32.03 | 7143| 38.31 || 58 1038 1.70 | 1001 29.56 | 1088 7-66 1039 35-47 | 1123| 42.00 1393 51.94 | 1459, 47.25 | 1154| 26.50 998 30.39 || 34 1061| 17:30 | 1029 29.81 | 978 55-96 | 1279| 26.17 | 1113 19.86 | 1360 2.15 | 1163 46.83 || 1034 48.48 | 57 973 5 43.93 | 948 10.72 | 1254 25.63 | 41 1479 33.00 5 .5 | 39.34 || | .ı Or. Fad. 4 32.37 | . 1.42 v ang: 35°0 1.52 .9 || F.5 Or. 4""40:0; 32.95 | .8 | Dupl. 4’ 6.40 36.70 | 57-75 3:32 37-39 | 91.33 21272 0.76 | 0.85 | 11.59 || 11.67 || 8.56 18.94 59.40 | 13.71 58.10 |) + uhWNWWn WW o ae -I 1 a | Or. Fad. 4 Bem. ® | Or. Fad. 3 Or. 1682 o 1 DOoı ROHIDOO OR OA O-IODODOO OO 9 8 | 9 8 9 9 7 8 9 9 9 9 8 9| 9 >| | 8 0% o# Ne} \D vooo00\0%0 n A SI DO OO OO TO O-TON OD NO in in in ın DD ons un PWwWN OD © wm-I | Or. 45.0 DU NDDPUIFLEND -WN Rn N nn DU N DB DUMM WED DD DRDWDP LUD DPI PD PAR LU DU Bw POP DWWSNDPRUND END N DI DER AEDAERNDN N WR RW DOKN LUG PReDRUNILLRDL- OD n=-I-I DD \ 0 DO \ O0 0 00 snıhwwn- Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 9 || 2 | 31 749%06 || 52 1157/+30° 7' 55:6 9 | 3 | 18 29.30 || 26 1462| 28 5ı 40.0 7\3| 19 7.00 | 45 1241| 29 47 24.4 9 | 2 20 3.008 44 1470| 29 45 42.7 7 | 3 | 20 37.30 | 38 1448| 29 27 35.2 7-8| 2 22 29.74 || 38 1147| 29 25 52.2 | 8-9| 5 | 22.43.34 || 67 1226| 30 53 19.0 | onlE3 25 20.30 || 24 1308| 28 44 47.3 8|2| 26 29.64 | 38 1048| 29 25 18.3 9 | 3 | 26 46.80 || 36 1156| 29 19 55.3 9 | 3 | 27 30.40 || 36 1350| 29 2I 1.7 9 || ı 29 40.00 || 27 1260| 28 53 30.7 9 | 2| 29 55.55 || 27 1363| 28 54 6.2 9 || 2 30 40.07 | 29 1384) 29 o 13.3 |) 9|4| 31 0.45 | 27 ı417| 28 54 24.6 || Or. 24 8 3 a8 38.10 | 28 1419| 28 57 25.3° 92172712 2732733:75 | 27 1186| 28 53 5-5 | Derselbe oula ı -32%33:15 27 1189| 28753 6:6 9|4 33 45.52 || 30 1427| 29 3 28.0 | F.5? (Bemerk. 814 34 15.41 | 32 1316| 29 8 50.0 |verfällt) 9 |4| 34 57.68 || 35 1222| 29 ı7 17.8 || ! 9 |5 | 35 27.08 || 35 1198) 29 ı7 9.5 | Or. F.5 36" 124; 8 |4 | 36 42.91 || 32 1303| 29 8 45.6 |) [5° corr. ! Abl.30 845 (= 1°34'49!16); dafür 835 angen. Die unver- besserte Lesart würde Kreisangabe für o 4'6 kleiner geben als die zugehörige Vergleichung am Nordrand der Zone; da der Unterschied von 2 zusammengehörigen Vergleichungen im Durchschnitt nur = 1!o ist, kann eine so grosse Abweichung nur durch eine irrige Ablesung verursacht sein. " 2 Nach Z. 390 u. 438 13" zu klein; Mikr. zu corr. 1122 (Corr. +15?1)? 3 Beide —ı° zu corr.? * 7.532 gibt 12!6 mehr; Mikr. zu corr. 1089 (Corr. +17!1)? 5 Nach Z. 390 u. 532 13" zu gross; Mikr. zu corr. 1077 (Corr. —ı5'7)? 6 2.532 gibt 13'7 mehr; da der Gehülfe selbst über Abl. nachträglich einen Zweifel gehabt hat, ist es wahrscheinlich, dass Mikr. zu berichtigen ist 1321 (Corr. +14!4). ? Nach Z. 532 u. 536 15'6 zu klein; Mikr. zu lesen 1330 (Corr. +20'5)? 8 F.2 19” 46.3 wohl zu corr. 56:3, dann 29° 567. ® 2. 398 gibt 22'5 mehr; Mikr. zu corr. 1469 (+17!1)? 496°. 1831 Januar 18. 336°%45'12!13 —ı°34'49!16 335°10'22'97 Barom. Therm. 338 45 8.94 —3 34 46.08 22.86 338.19 —3°%6 10° 336 45 12.07 —ı 34 46.76 25.31 338.60 —4.3 338 45 9.20 —3 34 43.68 25.52 Mittel 335°10'24!16 Som yosryT Aequator 30345 4.95 70 —40.253 oPunet +31°25'19!21 m 4753" 50%31 | 57 EM Bı 24 262 53 49.48 | 53 1566| 34 13 15.0 54 55.40 || 49 1706| 34 2 3.0 || 9 9 92 | I 4 3 Math. Abh. 1903. T. VOOOOOO 00% 0 -ı EHI ITITEIT IT IS INN) ERIFTEHFSICHTIKTINITINIT IE, © 1 I ı oo DS 80 —I-T\0 0 VODODO-IOOOD DSND II DO DE DDPULLL LUD DD Hm PD DUAL NL DSDS DD RDTT EN ED RU S N DR N FH NT SWR in WW Raw 4°55"44°20 59 [0 Bnto Bte 2 ES SEEN Bu Des u u SE NE NEN [97 [oa] = = DUDUNDUDUND [5] vw DO VO-I Tin in BD Ww www voo 32 40.69 19.80 13.00 | 34.36 14.80 53.36 53.12 9.80 38.30 53-67 43.60 9.91 51.60 18.05 52.89 32.27 14.50 58.83 40.93 58.46 19.23 36.79 8.91 13.86 21.07 | 41-30 38.05 5.91 41.00 23.40 | 38.82 | 53.21 22.49 55.30 0.68 9.92 |. 1.84 34-73 33.13 23.54 471.54 9.80 12.01 49.23 33.32 48.10 || 47-67 6.30 33-95 12.63 7.78 3.17 8.30 | 25.02 32.27 14.30 28.40 8.60 49.20 54.00 1698|+33° 1663| 33 1665| 34 1494, 35 1647| 32 1494 34 1107 34 1039| 34 810) 33 7165| 33 865| 33 1217| 33 1259| 33 1484 33 1238| 33 1179| 33 1438| 32 1249| 32 1186| 34 1319| 34 1202| 34 1230| 34 1039| 34 I11l4 34 929| 33 849) 33 803| 33 904| 34 820 34 931) 34 1088| 34 1004| 34 946 34 922| 33 1026| 34 1249| 33 1057| 33 992633 824| 32 1129| 33 1196| 33 1016| 33 1093| 32 1022| 33 1071| 33 874, 33 817, 34 678| 34 690) 34 859| 34 7163| 34 1080 34 952| 34 1165| 35 1199| 35 1382| 35 1184| 33 976| 32 1006 32 1026| 33 867| 33 - - [0° 7 nERRHHen N in owwurn vo. Oo win = no win Mus ON OL DhuühFOoOLRROSDO Hu Ho Ron anÜ [971 | Or. 1'"" weniger N Derselbe Or. Fad. 4. — |Bem. 1 Or. Fad. 2 34 AUWER 2 | 60480 | 1031|+32°40' 120 || | 48.00 1249| 33 26 26.6 | Bem.® 41.48 | 1075| 34 I 27.0 | 52.93 || 1058| 33 58 21.2 | 5 35.00 1255| 33 59 28.7 || 26.48 || 987| 34 056.9 | 20.77 840| 33 27 6.6 || 0.79 | 40 1121| 33 31 42.7 |) 25.05 | 869 32 51 16.5 | 5.85 851| 34 21 10.3 25.50 989| 33 36 57-7 | 1.50 | 1166| 33 22 58.2 || 58.74 1155| 34 25 54-4 20.33 zo82| 34 31 29.2 || Or. 1182 | 56.33 939 32 57 40.5 ! Statt den Faden zu ändern, könnte man auch die Zeit — 10° corrigiren, und erhielte dann eine in beiden Coordinaten schlecht stimmende Wiederholung der Beobachtung des vorigen Sterns. Die Berichtigung des Fadens. mit welcher die Beob- E.2 4036; | achtung auf B.D. 38° 982 führt, ist aber viel wahrscheinlicher, [+70° corr.| werm sie auch, weil dieser Stern nicht weiter beobachtet ist, nicht als unzweifelhaft hingestellt werden kann. 2 F.4 45"21°34; damit gerechnet, vielleicht hat indess 21°3 corrigirt werden sollen 2174. 3 Wahrscheinlich —30° zu corr. Zu dem ungeänderten Ort findet sich, nach Angabe von Prof. Deichmüller, kein Stern am Himmel, während man mit Corr. —30° bis auf eine Dilferenz Bonn 1903.17 — R.Z. = —ı:31 +8!6 den Ort eines von Argelander in B.D. nieht aufgenommenen, aber als gYı am Himmel vorhandenen, 1903 Jan. 17 und 20 von Prof. Deichmüller im Meridian beobachteten Sterns erhält. Dieser ist in der neuen Ausgabe der B.D. unter Nr. 1355 der Zone +33° an Stelle des früher aufgeführten, nicht ganz zweifel- freien Objeets eingestellt. an Fr | Or. Fad. 2 “2 oo m wı0 -ı f [o-} oO mo 0 wo OO0\.0\ oo ı Ne) an vi in tn in o- An kw 0.0 D-ı in + Een wer nn, un NDNWeNnWDF I o ° (ee) i [ER ER 3 3 TEE NEE NEN? DUDUNNDDNDDLUDNKD ° 496". 1831 Januar 19. 334°45' 6139 —ı°34'44"37 333°10'22"02 Barom. Therm. 336 45 6.89 —3 34 43.00 23.89 340014 —328 12% 334 45 7.57 —1 34 43.68 23.89. 340: 32:4 8:8 336 45 9.69 —3 34 44.36 25.33 Mittel 333°10'23178 ı" 30" — 413208 Aequator 303 45 5.03 3 30 —41.328 oPunct +29°25'18!75 sun. vw VO OD X -I7DO OO OO DO 26557 | 69 11531432958’ 53.1 | 27 55.16 | 65 1421) 32 48 | 29 58.94 | 25 1295 30 47 30 5-35 1352) 31 31 20.90 || 1403| 31 32 25.64 | 1180 33 34 59.00 | 1276 31 35 24.38 1076 31 37 12.56 1138| 32 5 37 37.12 | 59 1157| 32 Ne) “man mL vom uv&@uhn!»d je oAto ZEN ; je «ie +] DSWOD AD OST DON On au oc So + vının - 1 Or. 1395 | 3 || 2 || 4 | 7 4 I v2 | 2 4 I 3 4 PS 5 4 3 | 173 | 2 2 2 2 Sl | 3 3 | 5 | 3 3 3 4 lı 3 4 | 5 | | 2 5 15 3| 2 4 [2 | I | 4 [3 | | 3 | | 3 | 4 4 5 [3 5 4 || 3 4 | II 3 voo00\o0 DO ODO0\9 btw wer. vovoowovo oo No) a I m I Es} Tovsosonowov wo ®o Ne} -ı ao Do x 5 oo PP N DT DPD DU UI PRUMTM UND APARLFLDUDDON DAMM BD PR DS DW DW END PRDPRUD DL D N N WWW 1 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 35 138946°%30 || 55 957/+32° 15! 4672 || 4 | 2"42"28%21 || 50 1294|+32° 2’ gı"5 39 48.30 | 68 1202) 32 56 10.1 7-84 44 6.37 | 54 Ilı5) 32 13 40.2 41 45.40 | 60 1421| 32 33 25.0 9.3 45 16.90 | 52 882| 32 6 20.6 ee sal2| Ananas as de snısanı B | u) H 1099 2 5 ‚I 5 10a | 25 1323 3000 05 a . . . | S . | 48 29.34 | 33 1558 31 13 ı1.8 | 9 | 2 51 26.07 | 47 1136| 31 52 47.4 | 49 35.40 || 50 1184| 32 2 3.9 | 9 | 3 5I 37-30 || 49 1039| 31 58 14.3 | 50 = SITI3SIE 32827 AR 95 52 13.15 || 38 966) 31 24 49.0 | 51 10.3 31 1122| :31 4 42.6 || 9: | 2 54 37.15 | 56 790| 32 17 49.0 || 52 4.40 | 29 951] 30 57 44.2 | 9 |2| 55 28:57 || 48.756) 31.53 37-4 53 4.21 || 62 807| 32 35 54-8 |) 8 4 55 47.02 | 39 726) 31 26 27.1 54 | 2 730| 32 29 28.5 | 7-85 56 8.37 || 37 1107| 31 22 37-3 54 38.70 704| 32 53 19.4 | 94 57 5-33 | 36 1362| 31 21 4.8 57 7.60 | 72 762| 33 .5 39.4 | 93 58 10.30 || 57 1384| 32 24 12.4 |ı 58 6.41 | 29 898| 30 57 26.0 9 5 58 52.45 || 48 1356| 31 57 25 || 59 17-93 IB 7164| 32 32 2 | 3 4 59 59.75 || 46 1243| 31 50 24.0 | 24 41722,30 1 1022| 32 34 8.5 | Ze 62 sen 12an Ka 207 | 2 20.26 || 57 2 32 22 45.0 9|5| I 28.63 || 39 1032| 31 28 11.6 | 3 18.20 | 37 902 31 2% 27-4 = 5 2 a 39 a 31 2 5.0 | 4 25.93 | 32 1174| 31 0.4 | 4 3 31.18 | 42 1306| 31 38 45.6 5 20.20 || 30 ıı71l 31 1 59.5 || 8 | 2 5 Dee 50 ı210| 32 2 on | 6 39.50 || 67 1090| 32 34 31.7 | 9 12.4 6 3.50 || 54 1122) 32 13 42.7 || 8 6.61 | 72 1206| 33 8 114 | 9 | 3 6 52.30 || 50 946 32 042.5 | 8 11.73 2 1256| 32 59 28.5 | 9 | 4 7 35.32 | 50 800| 31 59 52.4 || 9 23.20 | 65 1335) 32 47 55.6 9 3 8 34.20 || 50 1157| 32 1 ,54-7 | 10 0.30 | 65 1626| 32 49 35.2 || 83 9 16.40 || 5I Tor 32054 eG 11 13.93 || 64 1310) .32 44 47.0 | 8 |z Io 27.43 | 47 1345| 31 53 58.7 | Or. F.2 ° | Der- 12 19.93 || 63 1396 32 42 16.2 | Dem. ! 8 |5 10 27.77 || 47 1336| 31 53 55.6 | \selbe 2 a 4 an 31 r 54.8 8 | 4 11 so-&3 55 ae 2°.2752.3 h 4 1551 30 46 9.2 | 702 13 22.58 || 58 1632|) 32 28 37.2 15 47.00 || 42 1439| 31 39 31.2 || 7-8|| 3 13 49.30 || 57 1277 28230357 | Or. Fad.y 16 in 42 a8) 31 38 FE | 9 | 3| 15 27.30 | 45 1157) 31 as 54-7 | 17 24.70 | 36 1518) 31 2ı 58.2 | 7 || 5 I5 40.45 || 32 1195 31 1.4 || 2: N 30 = zı 2 43.3 | 8 | 4 | Be 47:25 || 34 106) 31013: 37.2 | 18 43.36 | 31 1438| 31 30.8 | 714 18 21.17 | 54 1067) 32 13 23.8 || 20 42.70 e2 1404| 32 39 19.2 | 9 |4 19 De es 1338| 31 32 56.5 | 21 4.50 || 60 1434| 32 33 29.4 || 914 20 37.83 | 58 1531| 32 28 2.6 | 22 3.09 | 62 1666| 32 40 48.8 | 93 22 31.00 || 69 1354| 33 0 2.1 || 23 40.85 | 56 1391) 32 21 14.7 ZU ns) 23 19.30 || 65 1202| 32 47 ıo.1 || 24 46.59 | 70. 1365| 33 3 5.8 7 | ı 25 12.66 || 38 1369| 31 27 6.9 || 25 24.59 | 70 1513| 33 3 56.4 | 9213 25 34.30 2 1247 31 8255| 26 32.89 | 55 1669| 32 19 49.6 | 92 29 28.12 | 53 1145| 32210) 50.50 27 39.52 || 52 1404| 32769 18.9 | 9 || 3 30 13.40 || 54 1415| 32 I5 23.0 27 21.14 | 26 1602 30 52 26.7 | ou lz 31 10.70 || 40 1592| 31 34 23.5 29 16.72 || 63 1240| 32 4ı 23.0 | 9 |4 23.26.47 32011771. 31788. Sr.5H|| 29 31.15 | 66 1477| 32 51 44.1 | 914 3319:38 2 0939| 31 6 40.0 | 30 2.43 || 65 1291| 32 47 40.2 | 8-95 | 3+ 1.90 | 51 1266| 32 5 31.7 | 31 54.38 | 48 1137| 31 55 47.8 | v 33 17.68 | 38 1040 31 25 14.6 | ! Lei. 874 — K.Z.=—ı1?05 +39'1, also wohl Mikr. zu 34 14.94 | 33 1312| 31 ı1 47.6 | corr. 1496; Stern nicht weiter beobachtet. 34 33.30 | 42 1407 31 39 20.2 | ? Ursprünglich richtig unter F. ı eingetragen. 35 22.44 | 24 1629| 30 46 36.1 36 52.66 | 34 1729 31 I7 10.3 | | 37 58.61 | 67 1667| 32 55 48.9 | 38 50.74 | 74 1572| 33 16 16.6 | 39 50.33 | 73 1696| 33 13 59.0 |) 40 28.60 | 71 1518) 33 6 58.1 | 40 50.89 | 52 1328| 32 8 53.1 | 41 29.28 || 42 1512| 31 39 56.1 | 36 AUWERS: 496. 1831 Januar 19. Sl 5t37"42%63 || 46 1290|-+39° 50' 412 7 |4, 37 49.83 | 38 1547| 39 28 9.4 342°45' g!or —ı934'43"34 341°10'25'67 Barom. Therm.| 8 1322539 1.60 | 39 1502| 39 30 54.1 344 45 11.14 —3 34 46.76 24.38 340159 49 08 | 2 |T| 40 57:23 | 67 1463| 540,54 20.0 342 45 10.14 —I 34 44.37 25:7] 340.67 —5.6 4ı 8 | 2 41 30.69 || 68 1204| 40 56 12.0 | 344 45 9.89 —3 34 46.08 23.81 ee au Tora aoke2 es Mittel 341°10'24'91 Nom Ar an || ? 42 59.01 | 56 1274| 40 20 360 Aequator Sea 45 He - o ae 8-9| 3 | 43 37:50 |.31' 2440| 39506 32:9 EEE 8 2=| 44 50.14 || 58 1162| 40 25 57.7 oPunct +37°25'20!13 Ss |ı | 46 25.37 | 48 1238| 39 56 23.4 u SR 8 | ı 47 43.84 | 43 1171) 39 41 05 8 || 2 | 452" 5.40 | 55 1372|+40°18' 9:5 8 |3| 48 9.70 | 44 1333| 39 44 56.3 9 | 2 | 52 42.86 || 52 1213| 490 8 15.2 9 | 2 49 15.67 | 31 1320| 39 5 51.7 9 | 2| 3 39.36 || 52 1124| 40 7 44.7 || 7 |5 49 15.75 || 46 1435| 39 51 30.8 8 |5 53 39.92 | 44 1093| 39 43 33-8 | 8 |ı 2 19.91 | 45 1435| 39 48 30.8 8 |ı | 55 27.90 || 45 1367| 39 48 7.5 ||Or.F.ı 55%oi3;| 8 || 2 53 19.91 || 48 1545| 39 58 8.7 9 | 3| 55 39.60 || 42 1526) 39 40 2.3 | [20° corr.| 8 2 54 23.77 | 36 1609| 39 22 30.4 8 IT | 56 54.80 || 4I 1573| 39 37 18.0 | s|4| 54 45-19 | 63 1260 40 41 FULE2 8 |3 | 56 52.50 || 43 1493| 39 42 51.1 | 8 |4| 56 9.14 || 73 1448| 41 12 35.5 8-9 | 3 57 30.60 || 42 1285| 39 38 39.9 6-7| 3 | 57 10.20 | 70 1556| 4I 4 12.6 | . 9 | 3 58 46.7011 37 940 39 21 41.8 | 8 |2| 58 33.37 | 59 1723| 40 32 9.6 3 I 9 6.90 | 31 955 39 3 46.6 || 8 | 3| 59 28.00 || 61 1348| 40 36 1.4 || 9 | 4 | 4 59 51.17 | 29 896 38 57 26.6 8 |4 | 59 55.93 | 60 1454| 40 33 37.6 9 ı3|5 1 17.30 || 39 1193| 39 29 8.4 8 |2|6 ı 37.58 | 67 1348| 40 54 1.3 7-83 | 2 11.40 | 49 1169 39 59 0.2 9 |4 I 56.16 | 65 1439| 40 48 32.5 7-8|| 2 | 3 11.23 | 5o 1191| 490 2 7.6 || 8 | 3| 3 18.00? 32 1271| 39 8 35.1 || 8 |2| % 829 48.1138| 39 55 49.5 8 |ı | 43918 || 44 1529| 39 46 3.0 | 9 | 2 5 6.05 | 29 1196| 38 59 9.3 8-9, 3 | 5 6.00 | 68 1563| 40 58 15.0 || 9114| 5 45.70 | 26 1345| 38 51 0.3 7-8|| 2 | 6 7.48 | 68 1208| 40 56 13.4 |) 9 | 3| 6 58.00 || 36 1540|, 39 22 7.1 | 3 | 6 46.20 || 65 1121) 40 46 43.7 || 8 1 8 15.38 || 37 1270| 39 23 34.4 8-9| 2 | 7 44.28 | 61 al 40 34 45.9 | 9 \ı| 8 57.68 || 33 1344| 39 IT 59.7 9 |z 8 52.68 | 59 924 40 27 36.2 | Or. Fad.2 8 3| 9 8.90 | 32 1449 39 9 36.0 9 | 3 9 26.60 || 57 1217] 40 23 16.6 8 |2| ı1o 2.26 | 38 1287| 39 26 40.5 |) 8 | 3 | 11 23.30 || 52 971] 40 ,6 52.4 || Te 10 56.95 | 37 1331| 39 23 55.5 Tanz 12 29.09 | 62 798) 40 35 53.1 || 8-9 || 3 | ı1 8.30 || 36 1224| 39 20 19.0 8 | 3| 13 1.20 | 60 3800| 40 29 53.9 || 9 | 2| 12 5.68 || 32 ır05| 39 7 38.2 |) 8 |4 | 13 30.96 | 59 828) 40 27 3.4 | 9 | 3 | 12 39.30 || 30 1156| 39 1 55.7 7|ı| ı5 412 || 50 993] 40 o 59.6 9 | 4 132,72.30111833 1356| 39 ı2 4.1 | 7 |2| 15 33.35 | 45 962) 39 45 49.3 9 |ı| 25 7.96% 51 1325| 40 5 53.2 || 78|3| 16 1.00 | 31 985) 39 3 57.2 | 9 3 | 15 23.50 | 39 1238| 39 29 23.8 8 | ı | 17 33:28 || 34 908 39 12 30.5 8 | 5 | 15 4802 | 25 1390| 38 48 15.4 a|ı| 181458 |45 8471| 39 45 9.4 | Or. 55° 9 |5| 17 9.99 || 30 1192) 39 2 7.7 7 ||5 | 17 47.97 | 31 968| 39 3 50.0 8-9 | 4 | 18 21.30 | 33 1368| 39 ı2 8.2 | Sel,35] 19 6.40 | 31 1022 39 4 99 8 | 3 | 19 36.30 | 43 1222) 39 41 18.3 7 |3 | 19 59.70 | 47 962) 39 51 49.3 7||4| 19 42.67 | 43 1217| 39 41 16.5 || 9 ||4| 21 13.09.50 .971|. 40 0 52.3 9 | 2 21 28.17 | 67 1209 40 53 13.8 72 | °22747.202|,4102974130833! 53:3 94 | 22 1.17 | 65 ıoı1| 40 46 6.0 | 9|2| 23 28.00 | 41 1200| 39 35 10.7 9 |3| 23 33.20 | 56 955) 40 18 46.9 | 8 | ı | 25.35.43 17421509 |, arıı5 56.1 |Du la 9 |3 | 24 59.20 || 28 9go2| 38 54 28.7 |Fad.? (Bemerk.| 9 |4 | 25 38.02 || 74 I5ır) 4ı ı5 57.1 | RS 9 |2 26 17.92 | 28 742] 38 53 34.0 | [perfälly| 9 4 | 27 35.69 | 34 1400 39 15 19.9 | Fad.? (Bemerk. 9 || 2 27 16.07 | 32 638| 39 4 58.4 6-7 2 | 29 11.53 |171 1485| 4L 6 48.2 [verfältt) 9 5 27 35.36 | 47 661) 39 50 5.9 || 7 \3 | 29 38.00 | 55 1480| 40 18 46.6 9 || 3 28 56.80 | 46 636) 39 46 57.8 | 8 |5 | 30 9.25 | 57 1231| 40 23 21.3 | 8 | 3 29 29.30 | 45 679| 39 44 12.5 | 8 | 5 | 30 59.34 | 58 1102| 40 25 37.1 8: |4 30 5.31 || 41 694| 39 32 17.5 9 |2| 2 49.87 | 46 1282 39 50 38.7 | 9 5 30 42.93 | 29 8883| 38 57 23.6 || | 34 10.46 || 40 1218| 39 32 16.5 |) 8 5 2 13.23 | 47 1191) 39 53 7-3 | 7 I 35 2.24 | 32 1208) 39 8 13.1 N Derselde 8 5 33 16.38 | 56 1077| 40 19 28.3 || 7 |4| 35 2.02 | 32 1209| 39 8 13.8 N ; 7 | 3 34 42.00 || 58 1128) 40 25 46.1 | 814 | 36 5.52 | 68 1124| 40 55 44.7 9 || 2 36 22.03 || 28 1049| 38 55 19.0 8 | 2 | 37 34.98 || 67 1413| 40 54 23.6 =. SQ Taer >, j, a Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. | ab44®ı9°gı || 62 1358|-H18° 39" 178 2 | 6b38"2 1° | ° 3 | 38 2798 | 56 1490] 40 21 490. le ee 4 3910.05.) 1716| 40 1.3 | 3 | ; hE a 33 1u88| a 5 | 20 0.74 | 60 1593| 40 34 249 | 1) es 4 59.22 1334 56.5 || 9 | = 13 ee 5 en oe 2, [3 | 48 25.50 | 34 1400| 17 15 16.2 F Sen 1 a 7 3 49 9.40 | 32 1258 ı7 8 27.6 ; Se Sn Be 9 3 | 4 an || 29 1419|, 177.0 22.7 || Or. Fad.4 EA ns Bu 2: 1 | 514 ze | 36 1267) 17 20 30.6 8 | 2| 17.80 907 30.4 I#| Soma eT ee as T7.57 552 8 | 2 38.08 | 1096 35.1 | 3 | 5 | 33 a | SEEN IE 8 la 1-32 || 54 1335| 56.9 SS a3 Tal wus 23, SAL 9 | 3 24.60 | 37 1369 8.6 Bl 7 \2 55.25 1556, 12.5 ulm Seren 753 1, AN 306 8 | 2.| 29.18 1690 58.4 5 I | =“ Pe IS 2 9 |4 57-46 1434 31.5 | : I ee Hi 1387| 17 39 11.8 | Or. Fad.3 el 2 128 SE | 2 5 | 3943972 || 52 23801778 3 39:3 | 9 |3| 11.70 1402 20.7 | El ee Be 2a 22.82 1586 22.8 | - 6 |: | 2 Ei ee 7|\4 22.40 | 1580, 20.7 I ee 8 | : | 3 is ee 7 4 eao6 1505 55.0 I erselbe 5 | 3 | 3 9: 5 | 34 1496, 715 49:0 s |4 47.13 1356| 39 51 41 || Be ee 2 I Wohl ı° zu grofs. | 8 | i | 5 RR | 3 BE n. ER 2 Corrigirter Eintrag; nur bei sehr genauer Untersuchung | 8 | 3 | 9 30.40 | 40 1480) ' a = erkennt man, dass die übergeschriebene Zahl 20°2 (und nicht elle! Io 54.45 | 58 est 8 23 a 28°2) ist; daran ist aber noch Corr. +10° anzubringen. Ur- | 8 | 2 IT 39.59 | 80 162 | 18 34 32.1 sprünglicher Eintrag nieht mehr zu erkennen. b 9 5 It 52.83 5 es 18 ” 298 . ? 2.516 gibt 13°6 mehr, in Übereinstimmung mit Bo.4797; | 9 | 3 13 21.00 | 31 16 la ; is Mikr. zu lesen 1254 (Corr. +17!r1)? = “ 8 5 13 42.0 | 5 u N Be * Wohl ı° zu klein. | 8 | 5 | 15 ae | 38 BE re ei 2 : = ae eines Schreibfehlers verbessert. 84, 16 33.54 || 32 1425| 17 = = | r. Fad.4 0”"49:0, dafür gel. 29:0 air 18 8.75 | 52 1567| 18 10 13.3 || E 3 | : | 18 59.94 55 1388| 18 18 12.1 | 4 { | 20 52.40 || 52 1491| 18 .4 | 496“. 1831 Januar 20. : || 3 | 21 59.30 || 53 Tee 18 5 Es | 241 22 48.56 | 5 | 320°%45' g9’40o —1°34'47"79 319°10'21!61 Barom. Therm.| 9 | 4 23 ee 3 an IE 3 ne 322 45 8.15 —3 34 45.73 2242, 90-0 eco ln 25 1946 a5 II 17 17 320.45 9.82 —ı 34 47.79 22.03 Kurs Bela 2622 304156 Karola a ane 322 45 3.57 —3 34 45.73 22.8 h,,m s 8 k Is Balr 3x 3 15130 228 ago 42818 3| 27 24.20 || 34 1422| 17 ı5 23.7 Mittel 319°10'22"22 4 30 —42.958 9 | 3 28 21.40 || 36 1460 17 21 36.7 | Aequator 303 45 5.09 =) | 29233276 11304 135514177723 70:2 | oPunet +15°25'17!13 5 R| Y u | 2 Bi m | I en n R | 59. 26 1200| 16 50 7.8 || "ad.? (Bemerk. g. für Anf.; 6°27" abgel. 340.63 —9°o0, 222 | 8 || 2 | 33 30.19 || 36 1223| 17 20 15.6 |) [verfättt) 1 nen oo aonarge. alrar 2 | 2 | 2 5.00 | E 2 18 21 | = 31 50.23 || 47 1128| 17 52 43.1 || Ss | | 7 4 32 22.96 | ai 1160, 18 5 Sr | & N a en | er > N” 18 806 93] 34 12.90 || 33 1260| 17 ıı 28.3 8 : | i 2 = IE ve | } 13 | 34 58.10 | 26 1224 16 50 16.0 salT | > 1885 8 | 15 = 3 |4| 35 37.16 oO 1423) ı 3 24.0 | | | 5 ee N ner Bon 5 Se 37 3513| 52 ı170 ı8 7 57.3 8 | 3 | a se Er an is ı ne la | 38 48.79 | 46 924 17 48 33.3 8 || 46508 | Dr 7.1 | Or F A 5 | I .84 | 32 1257 17 8 27.1 || Or. Fad.s5 ä 3 | RE ei RE | 3 4 1.40 || 56 1386) ı8 21 11.4 7114), 41 53.42 8 no 18 23 2 = | : % en F Sun ! 8 | 3 | 42 52.40 || 61 1560| 18 37 11.0 || NO En N See 23. 45.,59.2 1 95. x03 F508F- 8 || 3 | 43 38.00 | 64 1356| 18 45 1.2 || N 2 Le SI Dr2 9 |4| 52 24.67 || 71 1605| ı9 7 26.3 38 ÄAUWERS: m Fur CET, +41°25' 2"g | 25 44.25 9 20.5 | n,., 25 43.51 ae |) Derselbe 27 58.73 15 28 6.63 34 29 53.58 29 58.86 31 59.94 32 19.30 25.20 14.30 47-63 5 5.5.00 4.70 24.09 36.56 49.36 0.18 57-47 12.10 22.30 44.00 35.20 26.00 13.40 46.48 27.20 47.40 16.41 53.44 40.28 57.40 40.20 59.48 | :© |} Derselbe 11.00 ih) 13.43 14.50 1.60 57.19 41.30 I 41.70 43.30 50.97 10.24 25.64? 59.95 24.40 53-53 59.30 38.80 32.00 52.12 39.51 6.30 2.28 5-77 | L 17 37:34 .8 | Or.Fad.s 19 14.00 || 20 15.40 21 29.00 | | 3R53"4 1580 1634|+16° 52' 36"3 || | 54 26.96 || 1494| 16 48 48.4 |) 55 43.30 1435| 17 3 28.2 57 34-30 1320| I8 4ı 59 3.15 1282) 16 53 59 53.35 1360 16 51 20.02 | 1498| ı8 27 40.20 1725| 17 59 43.00 1541| 16 49 33.87 | 26 1330| 16 50 39.59 | 1047| 18 52 17.70 998| 18 33 38.08 1315| 18 32 14.20 1289, 18 56 59.57 || 1289 17 50 u Sag Sa SL 25 Er Su 257 ° naar uwun nw#rw2 2 vo m wm nm-ı om m WI =T DO-T=T 00 00 00 ' [6] 496!. 1831 Januar 2ı. 344°45' g’ı5 —1°34'47'79 343°10'21"36 3arom. Therm. 346 45 8.66 —3 34 48.13 20.53 337.79 -ıo00ı 2°1 344 45 9.26 —ı 34 46.76 22.50 337.68 —10.3 0.5 346 45 7:39 —3 3446.08 2131 Mittel 343°10'21"42 5 0® 445877 Aequator 303 45 4.72 7 © -45.023 o Punet +39°25'16!70 Ne} | a"s3" 51339 1227|+41° 47.80 1357 32.30 1226 17.50 1217) 0.30 1045 34.20 868 10.90 1012 53.18 1156) 49.61 1264 10.65 4 1382 19.17 1420 43.44 1694 26.00 1392) 30.30 1437 36.08 1458 11.00 1547 55-39 1384| 34-42 1101 .4 || Fad.? (Bem.}) 21.56 1021 26.00 1167 18.90 953 30.27 1045 0.60 || 52 1264| 39.85 1170 45.56 || 52 1071 39.00 1051 38.30 1068 41.61 940) 1.30 1165 14.16 1120 51.78 1274 1.68 1489) 9 8 9| 8 8 9 9 8 8- 8 8 7 9 8 7 w Ne) [027 I un vw ın Su anNoOo mn DD -W NDWDDRRDPRPLRWD PER NND DW DUNST D - — = DDDAUD DW DDWDWDPWD.» BA TLETEAITTEIT III A DELHI TIER TE ee "HDD WWW DWNR LEN NW DW Er PHUnD- Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 7-8|| ı | 6"23"15°62 || 73 1229|+43° 11" 1618 | 9 |3 | 23 45-30 || 56 1232| 42 20 18.3 | 8 || 3 24 42.30 || 50 1308| 42 2 44.3 | 9 |I3| 25 37-208 34 1495| 41 15 48.3 || Dupl. 15" 8 |s5 26 36.55 | 37 1519| 41 24 56.1 | zu 27 29.07 || 43 1535| 4143 1.6 7 |2, 29 14.24 || 31 1490| 41 6 46.5 || 8 |4 29 29.22 || 4I 1330| 41 35 51.7 | 8 | 2 2 20.28 | 73 1297| 43 IT 40.4 8 |3 32 51.30 || 73 1371| 43. 12 5.9 || 5 33 13.62 | 25 1249| 40 47 23.7 8 |4| 34 47.82 | 28 1215| 40 56 12.1 | Or.Fad.5 8 Iı3| 36 8.40 || 28 1158| 40 55 53.0 Ss ||l2 37 13.48 | 34 1449| 41 15 32.4 | 8 |3 | 37 33.80 | 34 1285| 41 14 36.4 8 |ı 38 52.98 || 33 1138| 41 10 45.7 8 | 2 39 29.19 | 28 1381| 40 57 9.2 6-7| 5 | 39 34-62 || 48 1582) 41 58 17.6 | 78|5|40 42.04 || 44 1475| 4145 41.0 | 7-8|| 2 43 4.83 | 31 12386) 41 5 36.7 | 7 |4| 43 27-46 | 72 1330 43 8 51.7 | als 45 12.24 | 24 1317| 40 44 47.0 7-8| 1 | 46 39.61 | 30 1292| 41 2 38.2 | 7 |3| 46 44.00 | 48 1055) 41 55 17.7 N 3: | 48 6.30 || 60 1184| 42 32 1.9 | 8 |3) 49 18.00 | 56 gg1l 42 18 55.8 || 8-9| 2 50 22.37 || 27 1208| 40 53 10.0 ||Or.F.2 50" 13°2 8 || 2 51 31.06 | 65 1302| 42 47 42.1 [20° vorr. 9 |3 | 52 18.00 || 59 1028| 42 28 8.5 | 8s|4| 2 44.36 | 59 1050| 42 28 15.9 9 | 2 53 56.74 || 52 1140 42 746.7 | 8-9 | 4 54 36.59 | 63 1311 42 41 45.2 | 8 | 2 55 55.76 || 53 1468 2 12 39.0 || 812 56 57.40 | 47 1306 41 50 52.4 || Or. F.4, Mikr. 8 | 3 58 17.50 | 47 1213| 41 53 11.8 | |806 (Bem. t) 9 || 5 59 35.12 || 58 1287, 42 26 36.7 || 9 |4 | 7 1 30.65 || 39 1220| 41 29 14.1 | 8 | 2 2 58.76 | 66 1039) 2 49 12.1 83 3 53.30 || 56 1290| 42 20 38.1 8\3| 4 32.30 || 57 1136| 42 22 454 | 7|4| 448.43 | 54 1055| 42 13 17.3 uw: 6 39.82 || 34 1222) 41 14 14.5 | 6lal 7 2.45 || 33 1102| 4ı 10 33.6 | Fadens ist unbegründet. Da- ohne dafs die erforderliche Weder Lal.. ! Der Zweifel wegen des F gegen ist die Decl. -Abl. falsch, Öorreetur mit Sicherheit bezeichnet werden könnte. die Aenderung ıı51 noch 1201 scheint zulässig zu sein; Par. und Bo. würden etwa ı181 verlangen. 2 Scheint +2 (oder +1°?) corrigirt werden zu müssen. 3 Wohl +1° zu coır. * Antr. erst richtig unter F.2 eingetragen. Der Betrag der für Deel. erforderlichen Verbesserung bleibt zweifelhaft, indem für 47 806 auch 48 806 zu lesen sein könnte (Ö dann 8!9 grölser), jedoch ist die angenommene Verbesserung der Mikrometerablesung wahrscheinlie her. 496". 1831 Januar 22. 330°%45'12732 —ı°34'52!92 329°10'19"40 Barom. _ Therm. 332 45 14.57 —3 34 52.92 21.65 334140 —922 x Mittel 329°10'20"52 Aequator 303 45 5.16 1b zom _ 465324 o Punet +25°25'15736 2 30 —46. ls m * ang. für Anf., Th. 5%8; 3tıg" 334b31 —8°g, 9 | 3 | 148m38°301|| 62 1431|4+28° 39' 25’0 7 3 49 10.30 || 43 1372) 27 42 49 | 8 | 3) 50 48.20 || 25 1523) 26 48 56.5 | ı|2| 2 4.88 | 57 1614| 28 25 27.6 | 8 |5 52 1.97 | 63 1705, 28 43 58.6 || 8 | 3 53 30.30 || 68 1306| 28 56 42.3 || 8 | 4 54 14.63 | 69 1339| 28 59 53.5 || 8 |4 55 1.4! || 77 1308| 29 5 42.9 |Or.67 8 |4 | 55 50.95 | 55 1056) 28 16 16.7 9 |4| 57 7.80 | 48 ı192| 27 56 3.2 93 58 14.20 || 39 1027| 27 28 6.8 9ı4/|2 0 22.03,| 307281, 27. 2 33.71 9 | 2| I 39.63 || 38 1406| 27 27 16.4 8 | 4 2 7.71 || 71 1503) 29 6 49.6 6-7 || 4 3 21.75 || 79 1510) 29 30 52.0 8 | 2 | 5 13.86 | 41 1465| 27 36 36.6 8 |5 5 35-54 | 32 1474| 27 9 39-5 9 |#| 7 8.13 | 30 1265| 27 2 28.2 |) 7|3| 8 25.00 || 49 1026 27 58 6.5 || Dpl. 8" seq. 7|ı 9 56.88 | 47 992) 27 51 54.6 | 8 | 3 10 24.40 || 50 1236| 28 2 18.3 7 | II 48.71 | 48 ı512| 27 57 52.5 | 7-8) 3| 11 46.40 || 44 1387| 27 45 10.0 || art 13 9.77 || 26 1229| 26 5o 15.7 || 84 13 13.27 | 25 1031| 26 46 8.1 || 8 |4| 14 18.89 | 37 1090| 27 22 28.3 || 8 || ı 15 52.74 | 51 965| 28 3 45.3 5 15 36.85 || 59 1165| 28 28 53.8 | 7 | 5 16 24.74 2 1051 29 7148 | 8 | 5 | 17 5.02 | 73 1050| 29 Io 14.4 7 | U 19 4.27 2 1016| 29 7 2.8 7 2-5| 19 40.86 | 73 1099| 29 IO 31.4 8 4 21 21.77 22 2 as 45 37-7 \ 7 22 29.00 | 26 10 26 49 20.0 TR 8 j 23 11.12 | 46 1071 27 49 21.8 Kad.? (Bem:’) ler 23 57:70 | 74 1083| 29 ı3 26.0 |! Or. Fad.4 9 |4| 245459 | 75 950| 29 15 40.4 || Or. Fad. 3? 9 | 3 27 10.20 || 46 1143| 27 49 46.4 || 814 27 51.56 || 53 1038) 28 ıo 10.5 9 | 4 28 54.89 || 36 1039 27 19 10.8 || 814 29 47.71 || 33 1252| 27 Iı 23.7 7.2 31 5.78 || 71 1075| 29 4 23.2 8-9 | 2 320428 | 31 1213) 27 5 104 | 6-7 || 2 34 1957 || 29 1265, 26 59 28.0 | 8 | 1 35 20.51 | 35 I401| 27 18 14.5 8 | 2 35 56.74 | 52 1316| 28 8 45.7 | ! Vermuthlich 20° zu gross; Corr. führt auf B.D. 28° 328, für welchen x 9"3 indess weiter keine Ortsbestimmung vorlie gt. 2 Bem. verfällt bezüglich der drei ersten Sterne, ist be- gründet für den vierten und noch auf den folgenden auszu- dehnen. 3 Corr. beruht auf B.D. 40 496". 1831 Januar 22. 346°45'14"oı —ı°34'52"58 345°10'21'43 348 45 15.26 —3 34 53.26 346 45 15.88 —ı 34 52.92 348 45 15.07 —3 3451.89 23.18 Mittel 345°10'22'39 Aequator 22.00 22.96 23.18 303 45 4.68 o Punet +41°25'17'71 . für Anf.; 7Pzı" 333055 —9%5, 408 55 34.00 Ex [e.] IVO Om nm mn ı DD mn wm nn m m m co 8-9 | DONE DD NWDRW DLR "WU HU UI Wh DD un mm. nm wann www un www N D vw a - —ı (in [> * ang 65 28 33 1494 +44° 1223 1224 1225 ı191) 1296 1494 1638 1394 1335| 1140 1212 1370 1611 1530 1455 1166 1389 1586| 1317, 1346) 1568 139 1267?) 1499 1660, 1299 1607 1603 1522 1720 1400 1261 1058 1330 1276 990 1170 1387 1392 1539 1442 1514 1622 1615 1688 1613 1582 1338 1350 42 43 43 45 48' 4818 56 11 23 23 14 30 48. 34 21 41 37 8 12 37 28 27 13 54 22 47 17 4 29 12 49 35 S) ÄAUWERS: Barom. Therm 334.05 —g°o 5°4* 52 om —46°654 7 0 -46.780 16.1 | 16.5 | 16.9 5.3 || Or. 32 32.6 || 30.2 55-3 | Decl.? 29.6 | 18.6 | 55.6 59.6 m | Or. 28°0 11°2 an on m-I m OD 0 MO —I 8 || 8 7-8 Q 1 1 Ko BE Noitoite cite ce) nen Bin DW WDR NRW DD UWUN DW WW DW DU + Dun w DW N UDWDWDRPRH- OD N Ar Un In DD | 546 "20‘53 8 I [I [SS N) + uw ıh 14.60 6.20 18.13 47:99 || 30.24 24.43 56.97 13.69 0.00 20.30 16.10 18.50 27-55 22.29 13.40 5-30 53-45 59.17° 55.30 31.49 46.00 44.70 21.00 40.30 58.91 8.31 47.67 25.59 15.40 6.10 33.89 17.30 32.30 | 8.30 7-81 47-20 42.00 17.41 34.38 7.00 15.63 11.53 20.95 24.47 57.13 1116+45° 1150 1220 949) 1116 1298) 1333 1485 1250 1456 1291 1436 1679 1582 1697 1728 1541 1478 1423 1480 1626 1655 1556 1651 1683, 1248 1323 1456 1456 1566 1710 1647 1732 1332 1638 1635 1775, 1609 1587 1641| 1635| 1505 1268 1216 951] 1246 122 1210 1447, 1487 1166 1042 1071| 1156 1402 1346 1253 1424 1290 1120 1069 45 44 43 43 43 43 44 I Bem.? Deel.? | Derselbe h Derselbe 1214 +39° 44' 13:0 1239| 39 32 1440 38 1173 1186 1065 1129 1432 1597 1552] 1520 1546, 1475 1385 1619 1749 1430 1511 1228 1190 925 923| 1007 1086 9:3] : } in Derselbe 1105 1358| 1210 1362 1342 1466 1494, 122 1015 1102| 1091| 1174 ee 2 |} Derselbe 1164 1159 1331| | 1340 “© I} | 6" 54"39°75 || 67 1024|+44° 52" 8!0 || 43.20 || 63 | 43-45 | 55 3.36 | 25 5.30 || 35 31.60 | 55 | 52 | 55 26 76 DW DOD DBWELRDWMN ID m wm-ıI\ 0 © DD ubuıw nn —- on wann ° ! Bo. 4712— R.Z. = 0:00 +20!6; da der Stern keine nerkliche E.B. hat, ist wohl Mikr. zu corr. 1589 (+17'1). ® Erst unter F.4 eingetr. 48"58°5, dann in die folgende Col. übertragen und dabei verschrieben 48°5. 3 Z.5ıı gibt 26’0 weniger, wird aber Corr. +ı" er- halten müssen. * 7. 511 + 14.9, Bo. 5096 + 10!6; vielleicht muss Mikr. 1591 gelesen werden (Corr. +17!1). 5 Wohl +2° zu corr. 6 Nach Z. 489 u. 5ı1 15" zu klein; Mikr. 969 zu lesen (+17"1)? (0 uno -- ar — =8 107° w.O\ in = "Ho- DOoweun DDR D RW DW Aw RU DR win in oo v 496°. 1831 Februar 25. LS 0 Eu SE NE] DOULUNO 342°45' 5'04 —ı°34'43!00 341°10'22!04 Barom. Therm. 344 45 7.23 —3 34 45.73 21.50 333098 —ı?3 17°3 342 45 6.78 —I 34 43-34 23.44 (7"36”) 344 45 5.28 —3 3443.00 22.28 Mittel 341°10'22"7371 st om _1M28i353 Aequator 30345 4.78 70 -—ı 28.439 oPunet +37°25'17"53 su 3m.6538 || 50 1220/440° 2' 44.57 | 36 965 0.40 | 35 1023 22.76 | 33 970 32.30 | 30 1009 0.38 | 28 920 54.82 919 48.54 753 42.00 811 53.27 685 51.40 598 4.77 | 613, 54.00 | 796 11.34!) 741 55.86 | 693) 0.60 1017| 58.90 | 57 Iızı] 30.00 | 1267| 3.00 1193 51.50 1339 32.94 1535) 4.39 1278 20.14 1181 42.86 5 1150 | ! Derselbe OT DR DRO- ı 1373) 1252| 1312| 5 1399 1192 1439 1487 1563 1488 1345 1165 1074 1223 1035 1185 1260 1083 II O-QS1O-1-1 0 © nr Ne) Es ; ao 1 1 [101 @ı m @nı0 on [5 IE 72 2 | 5 1625 | \4 2 | 3 | |2| 5 4 I | 3 1 5 3 4 4 | 3 2 3 3 5 3 vn m mo D 00 » ouW ww nn - nn in oa wm Oo BR$+ORITSSSO NIS DD ADRARRT TA ESSEN FE DDUUNNDNDLLD ob vw wı cn on nm “in a N oO NO vv IP} °© Math. Abh. 1903. 1. 6 3 || 5 | 4 | 3 3 | 3 [2 4 || 3 | 4 2 42 | 630m 56860 || 20.24 | 35.92 56.06 5 30.19 || 28.33 | 9.40 21.18 8.30 || 11.59 | 45.70 46.09 20.85 23.27 23.00 10.62 38.25 1168|+39° 22' 57"2 || 31.8 || 1094 990 1257, 1185| 1445| 1592) 1401 1258 1392 1599 1352 1072) 975| 1084 870) 921) 55-9 AUWERS: [o.-Bie <) oo mo vo —ı\0 [eos AREBERNES DDwubpunWhneMmw " | 7 | l Scheint | Ot45"35°47 22.22 || 38.58 | 4.10 24.00 || 11.37 40.15 30.61 40.35 | 38.60 57-15 9.39 | 57-51 || 30.20 14.30 | —ı° corrigirt werden 2 \Fad II} müssen. .? (Bemerk. |verfältt) 4 DD @O- oa mp wn - Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 43 Catalog. Die Praecessionen für 1825 sind mit den Struve’schen Constanten, und für die noch anderweit in den Zonen beobachteten Sterne mit Mittelörtern berechnet. In Col. Bem. sind die Vermerke des Orig. wiedergegeben und ferner alle bei der Reduction corrigirten Beobachtungen kenntlich gemacht. Zur leichteren Auffindung der Sterne in den AG.-Catalogen, und zur Identifieirung der in diesen nicht vorkommenden, sind die Nummern der Bonner Durchmusterung beigefügt; daneben sind die B.D.-Grössen behufs Vergleichs mit den Königsberger Schätzungen aufgeführt. Die letzten Columnen geben eine Vergleichung der Oerter mit den AG.-Catalogen. Wenn ein Stern in zwei derselben vorkommt, ist allemal derjenige Catalog verglichen, zu dessen eigentlicher Zone der Stern nach seinem B.D.-Ort gehört. | | ; Bonner A.G. — Kön.Z. RA. ı825 | Praec. Deel. 1825 ı | Durch- EZ E re | | 8 musterung | AEp.| Aa A 8 ot gm 26:99 +381173 | +43° 1'54"4 \+20l045 | d | 81 43° 44 | Bo | 51°5 |+13.94 +17!1 7 9 30.49 | 3.1227 | 42 49 3.5 20.041 || d || 5.9 42 48 - || 44.9 | +#0.02 + 1.2 8 10 19.46 | 3.1269 | 42 42 24.2 20.038 | d 8.9 42 53 » 141.9 | —0.42 — 3 8 11 19.43 | 3.1323 | 4243 25.5 | 20.035 | d| 8.0 42 57 | 48.5 | —0.37 — 3:3 8-9 11 47.86 | 3.1349 | 42.44 30.5 20.032 | d |) 8.37 420001 | ar20| — 09»64- 27.0 9 o 13 9.62 |+3.1395 || +41 36 56.5 | -+20.026 | d | 9.0 41 46 » || 39.9 | +0 32 + 5.9 8 14 23.58 3.1445 | 41 5 10.5 20.019 | d | 7:9 41 50 | 50.8 | +0.18 — 1.2 9 17 4.07 3.1636 | 42 51 41.5 20.003 | d | 8.9 43 33 » || 53.4 | +0.53 — 2.6 9 19 26.85 3.1713 | 41 24 57.8 19.986 ld || eorr. | 8.4 41 69 » || 39.8 | —0:76 — 0.4 9 21 39.50 3.1866 | 42 24 41.0 19.969 | | 81 42 92 424 | -F0:391—17.5 9 40.67 | 38.2 | - | » > —0.78 — 4-7 6-7| o 23 2.74 |+3.1944 | +42 31 40.2 |-+19.957 | d | 6.5 42 99 5 | 41.9 | —0.19 — 1.5 9 24 25.59 | 3.2017 | 42 29.479 | 19.945 | d | 8.5 42 104 | » ||a1.9 | +1.29 — 5.6 3 27.16 | | 55.5 | » „ n —0.28 —13.2 9 26 29.57 | 3.2074 | 41 25 55.8 19.925 | d | 8.8 41 9ı | 44.0 | —0.93 — 6.3 7 28 16.03 3.2172 4133 37-9 19.906 d 8.0 41 96 „ || 48.3 | —o.21 + 0.5 8 29 33.98 | 3.2314 | 2 56 6.4 | 19.892 | d 8.7 43 125 » || 42.3 | —0.19 + 2.2 | I | I | 9 oO 30 49.21 |+3.2371 | +42 45 31.0 |+19.877 I d | (8.7) 42 139 sq- » | 44-9 | +0.18 + 9.9 9 32 20.36 | 3.2455 | 42 43 34.9 19.859 d | 8.9 42 150 "47-4 | —0.43 + 0.7 9 33 10.62 | 3.2446 | 41 56 40.8 19.849 | d | 8.3 42 153 „146.4 | —0.93 + 7-2 9 34 26.71 3.2502 41 46 25.5 19.832 | d | 8.8 4ı 120 | 54.3 | —0.20 — 9.1 9 27-03 | 19.5 I Ssstll ee | 2 Zos2— 31 7 35 52.93 | 3.2620 | 42 26 37-0 19.813 d | 8.0 42 161 » | 46.4 | —0.54 — 6.3 mo nm mm w SI 00% vo oo 0 © I o@ ı oo oo 1 Ne} 9 | 7 8 aaO 0 wm N > =-1 0 = I oa m wo No) SI oo -ı o" 36" 57.82 38 39 40 4 42 45 wa (nn 0 Du - in in (in (an 2 m -ı ın 32.54 32.65 56.50 46.67 | 55:47 56.25 15.84 15.86 45-59 45.63 | 14.46 | 11.73 12.09 51.77 35-51 30.31 3.3360 | +3-3413 12.75 | 212071 51.67 |+3.3612 | 39.09 | 10.06 39.87 | 24.79 | 45.04 53.89 3-83 48.88 | 35.09 | 27.87 23.50 27.23 |+3.4158 | 3:4344 | 3.4301 | 3.4358 45:52 | 58.48 13.38 36.30 43.42 51.70 | 3.3379 || 3.3379 | 3-3427 | 3.3486 3.3644 3.3727 | 3.3771 | 3.3758 | | 43.3780 || 3.3828 3.3841 3.3928 | 3.4089 3.4423 | ı +3-4399 56.59 | 5.63 23.57 26.51 |+3-4556 | 3:3341 | 26.70 | 49.84 3.4415 | 3:.4506 3.3300 | 3.4520 || 3.4641 3:.4765 | 3.4862 |) DD {mn a nn w 0 [3 SEES) E | D in oı nn + 1 0 AUWERS: +19:798 | 19.775 | 19.755 | 19.742 | 19.724 | #19.707 || 19.669 | 19.643 | 19.615 || 19.598 | | +19.580 || 19.567 | 19.552 | 19.535 19.515 | +19.466 19.427 19.416 19.383 19.365 || \+19.358 | 19.332 19.304 19.257 ||| 19.243 | \+19.221 | 19.197 || 19.170 19.137 | 19.104 |+19.098 | | 19.060 19.030 || 18.998 18.996 | +18.963 || | 18.955 | | 18.953 | 18.953 || 18.913 |) || Bem. Bonner Durch- musterung A.G. -— Rön.Z. oo no mn 0 SD =1 00 0000 oO” mo mio 0 DD @-1 mio © 0 0 Vierzehn Ns 53:60 | +3:3307 | 3272 \| 18 30 42.72 37:86 38.52 | 0.61 10.51 19.45 57.55 57-84 54-49 29.12 33.52 48.71 0.17 12.81 36.49 35-37 35.40 52.68 53.60 5.15 53.62 28.57 28.69 | 31.27 33.72 47-54 9-54 29.19 29.65 51.90 57-52 3.89 15.38 15.68 43-97 47-88 49.24 49.28 49.37 19.37 | 3.3271 3-4739 3.3284 3.4712 | +3.3364 | 3.3291 | 3.4814 3:3385 3.512 on 3.3352 3.3471 | 3-3417 3.4950 3.4960 +3.4964 3.3516 3.5198 3.3885 3.5240 +3.3899 3.3563 | 3.5324 | 3.5091 3-3559 +3.3598 | 3.3468 3.3564 3-3725 | 3.3783 +3.3550 3.5261 3.5285 3-3567 3.3861 unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. Deel. 1825 +30° 11" 24'2 29 41 29 4ı 3925 2.5 +18!g11 18.892 18.887 18.860 | 18.860 | +18.849 | 18.844 13.809 18.789 18.760 +18.742 18,740 18.732 | 18.726 18.720 +18.707 | 18.676 18.667 | 18.667 | 18.660 +18.634 18.616 | 18.613 18.612 18.605 +18.593 18.582 | 18.570 18.566 18.563 | +18.557 18.556 | 18.539 | 18.538 Bem. coIT. | eorr. Bonner Durch- musterung 85 30°224 71-5 29 243 0 0 oo» #0 + 0. D DD wo na © oo a 1027 1927 Ne} = [$} Ko} DUB “vo un a- sn a 45 Cat. | AEp.| Aa Aö il l Lei | 4123 | —0:76 — 4'4 Ca || 50.9 | —o.01 — 6.2 Boze | an:7 | 013 +r.2 lg — 2 Bo | 48.9 | #004 + 0.2 Lei | 41.6 | +0.83 + 0.7 Ca || 55.9 | +0.06 — 4.7 Bo | 44.3 | +0.05 — 2.4 Ca | 47.9 | +0.45 — 2.4 » | 47.6 | +0.16 — 4.8 Bo || 45.9 | —0.05 — 0.8 Ca || 49.2 | +0.49 — 6.7 Lei | 41.6 | +0.37 — 7.8 Ca || 48.0 | —0.06 — 0.8 Bo | 44:3 | —0.16 — 2.1 | Bo | 47-9 | #0.54 + 0.2 Lei || 64.7 | #0.02. + 3.1 » 11 64.7 | —0.01 — 3.2 Bo ll 53.2 | +0.17,— 5.5 Lei | 42.9 | —0.02 — 4.7 Lei || 41.2 | +0.10: — 9,7 Ca | 55.2 | —0.64 + 0.8 , 54.9 | —0.76 — 7-4 Bo 53-4 | +0.23 — 2.6 » || 50.3 | +0.39 — 3.2 Ca || 55.2 | —0.71 — 1.6 Lei || 41.3 | +0.70 — 8.5 Ca || 43.4 | #1.73 — 7-3 ” | 43-7 | +1.28 —ı5.0 Lei || 41.2 | 40.24 — 0.2 \ | Ca || 53.9 | +0.42 — 4.7 Bo || 55.2 | +0.30 +13.3 » 52.3 | +2.23 — 5.2 Ca 49.8 | +1.52 —10.6 » | 50.1 | +0.17 —11.7 » | 50.1 | #0.12 — 5.5 ” 49.8 | +0.04 —13.3 Lei. || 49.9 | —0.26 — 1.6 46 AUWERS: Bnroun vo. une =I [o) : Bonner A.G. — Kön.Z. RA. ı825 | Praee. | Praee. : || Bem. 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Deel. 1825 | Praec. k Durch- | musterung 9 1 dom Fr232 | 43°4007, |\ 30013 42"8) | + 180179 | f | Dawson ae 9 40 6.34 | 3.3872 | Z9RTOT AUS | 18.075 | e | 9.4 29 308 | — — 7 40 15.45 3.4053 30 31 18.9 | 18.170 || b | 8.5 30 286 | Lei || 53:3 | —o!ıo — 62 8 40 25.36 | 3.3980 | 29 55 59.0 | 18.163 | e | 8.0 30 287 » || 41.6 | —0.18 214.0 8 | 40 29.19 3-3995 | 30 2 12.5 | 18.161 | f | 8.1 30 288 | 41.4 | —0.10 — 4.3 | | | 9 | 1 40 37.97 |+3-3943 | +29 36 3.6 |+ı8.155 | e | 8.5 29 309 Ca || 51.3 | —0.08 — 4.7 9 40 43.50 3.4340 | 3 29911007:2 13.152, mh) 9.0 32 330 | Lei | 41.2 | —0.47 —4.8 9 | A n=2 3.3935 | 29 26 24 18.138 | e | 9.3 29 313 Ca | +0.35 -+1.2 9 7-34 | 25 55:2 | I a. nun | 62.0 | +0.24 +83.4 9 | 41 38.33 | 3.3956 | 29 28 18.6 | 18.118 | ce | 9.0 29 316 » | 58.3 | —0.13 +1.5 8 42 14.58 | 3.5723 | 40 58 21.7 18.095 | d | 8.0 41 362 Bo | 4 | —0.47 —0.3 | || || | 8 ı 42 35.00 |+3.4134 | +30 35 25.5 |+18.082 || f | 8.7 30 292 | Lei | 41.4 | -0.21 —ı1.9 9 35.38 16.0 | e | nl hr » || 41.4 | —0.59 — 2.4 8 42 43.33 3.6027 | 42 31 16.6 18.077 | d 8.0 42 392 Bo || 48.4 | —0.61 + 0.1 9| 43 8.38 3.4176 | 30 46 7.0 18.061 | h |) 9.3 30 293 | Lei || 44.9 | +0.10 + 4.9 9 | 43 21.39 3.3967 | 29 10 30.7 | 18.053 | e |) 9.0 29 317 | Ca || 51.2 | +0.37 — 2.0 9 43 25.56 3.4028 29 36 40.8 | 18.050 | b | 9.1 29 318 “ | 58.3 | —0.10 —55.2 | | | | 9 I 43 41.25 |+3.4117 | +30 12 46.3 | +18.041 | es 9.1 30 294 | 9 41.54 57-9 | I7£ | nn — | -— | — > 9 44 10.22 3.5776 | 4o 46 31.3 | 18.022 || d 9.1 40 401 Bo || 42.2 | —0.68 + ı.ı 8-9 44 31.17 3.4250 | 30 59 21.0 18.008 | e | 8.7 31 334 | Lei || 42.9 | +1.09 — 3.4 9 32.06 | 17.8 | h nn En —_ 42.8 | 40.20 — 0.2 2 44 51.53 | 34045 | 29 25 19.9 | 17.995 | f 8.9 29 320 | Ca | 52.9 | +0.44 + 4.8 9 45 2.00 3-3978 28 53 45.8 | 17.989 | | 2 29 322 | 52.6 | +0.76 — 1.3 | || | | | 9 | 1 45 16.36 ee | +31 6 58.0 |+17.980 | h|| 9.5 31 336 | 8 45 44.34 3.4259 | 30 46 33.0 | 17.961 e 8.2 30 298 | Lei || 41.3 | #0.11 + LI 8-9 | 44.57 42.3 | h|| nn » 41.2 | —0.12 — 8.1 7 45 46.81 3.4082 29 29 35.9 | 17.959 | £ | 7.5 29 324 | Ca | 51.6 | +0.45 0.0 7 47.00 40.3 | ı b | „ » » » || 51.9 | 40.27 — 4.5 7 47.30 | | 38.8 | | * | non „| —0.04 — 3.0 7 45 56.30 | 3.3998 | 28 51 24 | 17.954 | ec | 8.3 29 326 » 5 —0.39 + 1.8 7 45 58.47 | 3.5904 41 149.4 | 17.952 | d 7.0. 41 374 Bo || 4 8 | —0.46 + 0.8 8 ı 46 26.03 |+3.4113 | +29 34 42.8 | +17.934 | £ 8.2 29 330 | Ca | 51.9 | +0.29 + 0.8 8 | 26.75 | 43.2 b_|| »onon » || 52.2 | —0.42 + 0.4 8-9 46 55.56 3.5983 | ANETZLTO.T 17.915 | d |) 9.0 4I 379 Bo | 50. | +0.84 — 6.7 7 | 46 57-84 3.4210 | 30 9 55.6 | 17.913 | e 7.8 30 303 | Lei || 42.4 | #0.53 — 1.5 7 47 8.89 3.4221 | 30 ı2 12.0 | 17.906 | e | 3.0 30 304 52.8 | +0.16 — 1.4 9| 47 11.79 | 3.4003 28 37 5.8 | 17.904 | m | corr. | 9.3 28 328 - Sol Kr 47 26.64 | +3-6010 En 32,8 +17.895 | d | 8.5 41 383 Bo | 49.7 | 40.01 —IO.5 9 | 47 27-42 | 3.4370 31 10 54.5 17.894 | | 8.9 31 342 Lei || 49.9 | +0.60 — 9.7 9 | 47 29.94 | 3.4089 | 29 ıı 4.2.| 17.892 | f 9.5 29 334 | — - _— + 7 47 41.38 | 3.6313 42 45 48.9 | 17.885 || d 8.0 42 409 30 45.4 | —0.16 + 0.4 7 48 3.86 | 3.3897 27 39 44.9 | 17.870 || m 7.7 27 311. | Ca || 45.5 | +0.28 — 1.4 a RR - A - \o 48 AUWER I ©. Bonner A.G. — Kön.Z. Deel. 1825 | Praee. | Durch- FENETWD musterung 9 ıh 48m 16°86 | +3°4084 | +28°58' 5372 | Hı7"86r || £ | go 29%339 1 Ca || 4629 | +0lı4 — 46 9 17.39 | | 50.3 c | "| mugn | 47.2 | —0.38 — 1.7 9 48 29.36 | 3.4075 | 28 52 35.6 17.853 | f | 8.8 29 340 » || 50.6 | —0.75 + 3.7 9, 48 33.35 | 3.4524 31 59 47.7 | 17.850 | h | 8.7 32,358 | Lei || 41.2 | -0.51 — 3.0 9 48 47-07 3.6379 | 42 50 6.1 17.841 | d | 8.9 42 419 Bo | 49.9 , —0.86 — 0.4 9 49 12.69 3.4284 | 30 12 40.3 17.824 | e || 9.1 30 312 — ke | _— — 9 | 1 49 12.74 |+3.4129 | +29 6 54.9 |+17.823 | c | 9.0 29 343 Ca | 47-9 | +0.88 —ı2. 9 14.30 44-3 b || corr. n te » 147.9 | —0.68 — 1.6 g || 49 19.22 | 3.4563 | 32 5 30.2 | 17.820 | h 9.1 32 362 | — | _—0— 9 || 49 31.35 3.6284 | 42 40 17.1 17.812 | d || 9.5 42 420 — | — —_— 8 | 49 41.80 3.3821 26 46 36.1 17.805 | m 8.5 26 336 Ca | 44.9 —0.14 — 4.2 9 | 49 55.31 | 3.4349 | 30 30 20.6 17.795 I £ | 8.9 30 314 | Lei || 41.3 | 40.62 + 2.1 9 | 55.86 | 26.8 | e non » || 41.3 | +0.07. — 4.1 9 | ı 50 8.39 |+3.4434 || +31 2 25.8 |+17.786 | h 8.3 31 350 | 41.3 | +0.01 + 6.7 8 || 50 25.51 3.4362 | 30 29 23.9 17-775 | £ | 8.5 30 317 | 41.4 | +0.36 — 6.6 8 25.75 16.7 IE n » || 41.4 | +0.12' -+..0.6 9 | 50 40.11 3.4166 29 4 46.7 17.765 as 8 29 346 Ca | 48.6 | —0.02 — 2.6 9 50 40.74 | 3.6426 | 42 36 46.7 | 17.756 | d 4 42 42 — | RE 7 so 55.32 | 3.4119 | 28 4 43.1 17.755 b | 8.2 28 337 Ca || 49.2 | +0.05 — 0.3 8 55.36 | | 40.5 | m | | 48.8 | +0.02 + 2.3 7 I 50 58.30 |+3.4077 | +28 23 9.2 |+17.752 | m 7.7 28 338 47:2 | +0.49 + 1.4 9 57T 2.39 | 3.4444 | 30 55 27.6 | 17.750| h | 8.7 31 352 | Lei || 41.2 | —0.07 + 2.8 9 | 51 46.81 3.6489 2 40 4.0 17.720 | d | 24 Bo | 46.0 | —0.90 — 2.8 8 || 5I 50.32 3.6196 AU 10 72:9 Tanz I ade || 8.5 4I 392 » 49.9 | 40.94 + 1.7 A 52 2.02 3-4723 || 2 33 40.1 17.709 | h | 8.0 32 365 | Lei | 41.2 | —0.37 — 4.0 9 | 1 52 19.13 |+3.4453 | +30 42 49.3 | +17.697 f 8.6 30 320 » || 41.3 | —o.In — 3.3 9 20.42 41.8 | b ” non » 041.6 | —1.39 + 4.2 8 52 23.64 3.4191 | 28 54 24.9 17.695 | m | 8.1 29 349 Ca || 48.5 | —0.21 + 1.3 9 52 24.65 3.4266 29.25 18.0 17.694 Co 8.5 29 350 | 51.6 | —0.II + 1.3 8-9 24.79 | 18.5 he ı ” non 51.3 | —0.25 + 0.8 9 53, GıL.arT 3.4464 30 38 42.0 17.668 feAil 9.28 22 | 9 53 2.00 3:4739 32 27 14.0 17.668 | h | 9.0 32 370 | Lei 412 —0.63 + 0.7 9 ı 53 7.57 |+3.4219 | +28 57 32.6 +17.664 | e | 8.6 29 352 Ca | 47.0 | +0.02 — 5.4 8 7:94 36.4 m nm | 46.9 | —0.35 — 9.2 9 53 18.48 3.6452 d2 739% 17.657 | 4 || 8.9 42 436 | Bo | 46.0 | +0.22 — 9.7 8 53 28.71 3.4537 31 2 26:5 17.650 b | 8.3 31 359 | Lei | 42.8 | —o 37 +44 7-8 53 36.41 3.4820 | 32570 Sa 17.645 hl 71.7 326374 43-3 | —0.26 — ı.I 9 53 46.09 | 3.4470 | 30 31 58.0 17.638 | £ | 8.6 30 324 41.3 | +0.44 — 04 8-9| 1 53 54.17 4% 4256 | +29 3 27.3 |+17.632 | ec | 7.9 29 355 Ca || 51.9 | +0.60 + 4.4 8 | 54.69 | 26.0 m COIT. » „on ” 51.5 | #0.09 + 5.7 8 55.22 41.2 en ” h 51.6 | —0.45 — 9.5 9 54 22.37 | 3.4532 | 30 49 30.1 17.612 | b | 9.5 30 325 — — —_— g| 54 30.74 | 3.6379 41 29 18.8 17.606 | d || 2 4I 400 =. = —_— — 9 54 39.10 | 3.4396 29 51 58.3 17.600 | e || corr..| 7.8 30 326 | Lei || 41.3 | —o.or — 5.1 8 | 54 43.19 3.4452 30 13 28.6 17.598 f | 8.35 302327 » | 41.3 | +1.30 — 6.8 Gr. | RA. 1825 % I oO 08.00 O0. .0%0 Do SI OO 8 08.0 8| 9. 9 | 9 9 8 9 8 9 9 | 9 9 8 a 7 7 | 7 don 8 Vierzehm unbekannt "44:30 54 47-73 55 49.25 | 3.6327 | 56 1.16 3.4526 3-4404 3.4108 \+3.6670 3.4336 3.6698 3-4322 +3.4321 3.4918 +3.4097 3.4680 3.6529 3:4978 | 1 59 59.87 |+3.4717 22770:7,0.48 0 32.93 3.4196 0 42.59 3.6662 I 70.82 3:4459 I 151 | 3.4492 | 1.63 | 20°7 12:93 \ 73.4719 | I 17.84 3.4988 ı 22.61 | 3.6652 || 2 14.79 | 3.4556 | 2 15.86 3.4851 || Math. Abh. 1905. T. +3:4159 | 3-4470 | 3.4146 | 3.4935 | | +3.4484 || 3.4629 3.6678 | 3.4625 3.6700 | 3.4525 || 3.4504 | Deel. 1825 +17:597 | 17.594 17.551 17.542 17.540 | | +17-537 || 11-534 17.526 |) 17.498 17-496 | | +17.462 17.448 | 17.447 | 17-431 | 17.427 || | +17.411 17.392 17.371 17.340 17-327 17.311 17.272 17.271 | +17.494 || 17-478 || 17.475 | 17-474 | 17-462 | 17.377 || 17.373 17-348 | 17-326 || |+17.318 | 17-314 || gebliebene Königsberger Zonen. Bonner Durch- musterung g9”o 28° 348 8.3 30 328 9.0 41 402 9.1 28 355 33 361 333 334 358 366“ 333 2 448 361 449 361 451 364 337 381 453 339 41) A.G. — Rön.Z. | AEp.| Aa 44.2 || 40.3 44-5 53-2 53.2 53.2 44-9 | 42.5 | +0.31 || 42.5 | —0.30 | 42.0 | —o.19 | 46.0 | —0.92 | 55-4 | +0.09 | 53.2 | —o.18 11"53:22.120:30 | 40.3 | +0.13 43.3 | —0.76 1 43.3 | -0.26 NeR7-30]2.0:5< 41.2 | —0.41 + ° =; Do vv sin on © an oo wu nn @ wm {un au 2 oo ıı w in a-ı OO SIT 00 Note) 8 9 9 9 8 6 7 \ w [97 [97 nn au Praee. +3.6745 | 3.4618 3.6751 3-4848 || 3.4313 | +3.5309 5 | 3-4707 | | 3.4515 | 3.4939 3:5006 | Deel. 1825 40.7 0.8 56.4 56.5 47.8 21.2 EORBENT ne << AUWERS: Praee. 17.1525) 17.13 17.12 17.120 17.102 || +17.098 17-097 17.096 17.079 | 17.075 | +17.074 || 17.069 17-054 | 17.050 | 17.045 | +17.043 | 17.036 | 17.013 16.994 || 16.972 | +16.966 | 16.964 16.962 16.950 | 16.936 || Alle 3 Beob. mit Ca 1194 (? 232 pr.) vergl.; vielleicht ist | | Zone aber || | Bem. corr. | 9.0 | Dpl. 4" 7-3 \Dpl.pr.] » | | 9.5 | | | | | 8.7 | 8.8 | Dpl. 8"] 6.8 [seq- | 9.1 in Z. e und f 41° 29 41 31 27 327 Bonner Durch- musterung 424 374 417 388 397 388 372 A.G.— Kön. 7. Vatzıı AEp. 40:4 49.3 | 49.0 41.2 | 41.9 409.3 40.6 41.2 41.8 44.0 | 40.6 44-9 41.6 43.9 57.0 57.0 43-8 62.5 43-8 52.9 53.2 41.3 53.8 41.6 41.3 Aa Ad +0:12 +11"6 —0.26 — 4.8 —0.61 — 0.3 —0.73 — 6.5 +0.21 -+ 2.6 —0.28 — —0.42 — 2.5 —0.13 — 3.1 —0.17 + 6.4 —0.03 + 0.2 —0.26 — 2.3 —0.28 — 3.2 +0.34 — 3.0 +0.03 — 4.0 med. beobachtet (= pr. +0:23 +1"4) Baer vo uo now 0 .-ı DD Oo=-1 111 nn -1 nn & & 197 [9 [97 vw 157 RA. 1825 Vierzehn Praee. +3:4696 | 3.5334 | 3-4505 3.4541 | 3.4756 +3.4863 | 361 106 377 773 w& on wm WW Be in un +3.4832 3.4838 3-4393 3:4384 3.4842 +3.5050 3.4843 3.4509 | 3-4950 | 3.4724 +3.4966 3.5280 3.4661 3.5085 3.5288 +3.4814 | 3.4853 unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. Deel. 1825 +29 Praee. +16:910 | 16.908 16.886 16.885 | 16.882 +16.878 | 16.857 | 16.854 16.854 16.829 +16.822 | 16.822 16.820 16.817 | 16.814 | +16,811 | 16.766 | 16.765 | 16.733 16.703 || +16.697 | 16.691 | 16.690 16.685 16.673 | +16.672 16.664 16.654 16.639 16.631 | +16.611 16.600 16.596 | 16.574 16.570 Zi one | | Bem. COTT. cort. Bonner Durch- musterung gm 3 29° 393 51 A.G.— Kön.Z. AEp. 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Prace. Deel. 1825 Praee. S 3em,. Durch- 1 el : N musterung = AEp. 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Durch- Ale u ;: | | N || musterung © | AEp.| Aa M I m Mm | al 34M 13510 | +3°5009 || #+27° 16' ‚8:8 | +15.686 | mı || 50°9 | +04 1 34 15.30 3.5280 | 28 42 53.0 15.684 | ec || 55.3 | +0.08 34 19.13 | 3.5673 30 44 35.7 | 15.680 | f |) . || 41.3 | +0.24 19.34 36.5 e || D non » 41.3 | +0.03 19.41 | 33-7 (he! nn in ” 41.2 | —0.03 19.43 | 35.6 | b | ar » 11 41.6 | 9.05 34 34.28 3.3269 | 7 EL AA 15.667 | k | 6.5 17 426 Be || 39.5 | —0.18 34 49.21 | 3.5180 | 28 6 aı.ı 15.653 | m | 8.3 28 456 Ca || 51.2 | +0.46 35 10.73 |+3.5467 | +29 34 20.3 |+15.633 | f | 8.6 29 461 | 53.6 | +0.16 KISS 77 | 28.7 I e | | 53.6 | —0.48 35 49.53 3.5815 | 3115 89 | 15.598 | h | 8.4 31 477 | Lei || 41.2 | +0.27 35 56.07 3.3617 | 19 2 53.2 15.592 k || 8.3 19 415 Be | 39.5 | +031 36 10.83 3.5420 | 29 ır 46.1 | 15.579 | f | 9.5 29 464 | 36 1131 | 3.5384 | 29 0353| 15578 | e | 8.7 29 465 | Ca | 56.3 | —0.09 36 32.10 +3-3471 | +18 5 39.9 | +15.559 || k | 8.3 18 344 Be | 39-4 —0.12 36 34.60 3.5716 30 39 18.4 15.557 | b 7:9 30.444 | Lei || 41.6 | —o.16 34.60 | 22.2] | e ne ana | —0.16 36 55.22 3.6184 32 53 49.5 15.538 | h | BES 33E 512 | 43:2 | —0.06 37 as 3.5397 | 28 58 5.9 | 15.532 | f || 9.2 29 470 Ca | 61.0 | —0.33 37 15.53 | 3.5397 28 56 17.0 | 15519 | f | 7-4 29 471 | 58.4 | 0.00 | | | | 37 45.66 +3.5708 | +30 27 19.0 +15.494 | b 83.3 30.447 | Lei || 42.3 | +0.55 45.66 | | 23.54 | e | » n | 42-5 | +0.55 45.95 | 17-3 IM@ » ” | 42.8 | +0.26 37 45.78 | 3.3436 | 1746 15.9 | 15.491 | k 8:8 17 438 | Be | 39.5 | —0.09 37 47.28 | 3.6281 | 33 14 17.9 | 15.490 | h 9:5033.574 10 ze | AN 38 11.86 3.5706 30 23 8.9 15.466 || b | 7.2 30 448 Lei || 41.6 | +0.93 12.23 | | 11.3 | ve | non » | 41.3 | #0.57 38 44.70 | 3.3413 | 17 32 56.8 | 15.436 | k 6.0 17 442 | Be | 39.5 | 0:34 38 46.84 |-+3.6302 | +33 ı2 0.7 |+15.434 | h | 1Ias0s2H Lei | 42.1.| +0,32 39 12.09 | 3.5715 | 30 17 59.0 | 15.410 | b | 8.5 30 449 » 1 41.6 | +0.35 13.29 | | 18 1.0 | e | non || 41.3 | —0.85 39 13.56 3.5628 | 29 5I 36.2 15.410 | f | 9.2 29 479 Ca || 62.1 | +0.45 39 15.65 | 3.5705 | 30 14 40.0 15.407 | e |) 9-T2395459 17 oo N 39 22.41 | 3.5807 | 3043 55.7 | 15.4901 | c 2130 451 | — | =. - 39 25.12 |+3.6296 | +33 4 59.9 | +15.398 | h | 8.6 33 526 | Lei 42.3 | —0.32 39 32.78 | 3.562 29 48 — 15.391 if | 7.1 29 481 Ca ı 51.0 | +0.02 39 47:54 | 3.6103 | Bm 6SSA.T 15.377 | h |) 8.2 32 5ır | Lei || 42.4 | —0.02 | | 40 9.46 | 3.3319 | 16 51 2.6| 15.357 | k 9.5 16 358 | — | = | ee 40 25.99 | 3.6020 | 31 37 56.8 15.341 | h | 8:0 31 493 | Lei | 41.2 | —0.89 | || n | | 40 35.63 |-+3.5603 | +29 33 32.2 |+15.332 | e |) 7:7 29 484 Ca || 53.0 | +0.73 40 38.56 3.5648 | 29 46 50.8 15.329 | £ 7:7 29 485 ”» 1 53.0 | +0.41 38.77 | 41.0 | 2 | 0m : » | 53.0 Be8 39.24 | 31.0 | © || 53-3 27 40 50.29 3.3590 | 18 25 56.0 | 15.319 | k | 7.2 18 359 Be | 39:5 +0.15 41 24.83 3.6126 | 32 0 42. 15.286 | h || 8.17 325517 Lei | 49-5 | +0.23 at 37827 3.5610 | 29 27 55.8 15.274 es 8.3 29 488 Ca || 59.0 , +0.18 vw Q OO —I-1 0-1 ww 197 vw vw =1 000 Ko EN o ZEV] _ı Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 3% | en Bonner A.G. — Kön.Z. | Praec. | Decl. 1825 | Praee. 3 || Bem. Durch- ara Dei | | SS musterung | Cat. | AEp.| Aa +3:5678 | +29°47' 39:7 |+15.271 | b | 8"o 29°489 Ca | 59:6 | +0:41 | 56.4 | e nn omon » 59.6 | —0.29 | 46.3 || £ || corr. Bun » 59.3 | —0.60 3.3630 18 34 56.1 15.263 k 8.5 18 365 Be 39.5 +0.12 3.5616 | 29 27 22.8 15.256 [0 8.2 29 492 Ca 62.4 -+0.30 19.0 e nm » 62.1 —0.03 3.5622 | 29 25 19.5 15.227 | b | 8.7 29 493 53:3 | —0.16 || 16.4 | non » 53.0 | —0.37 3.3664 18 42 46.9 15.220 | k |) 8.8 18 368 Be: || 39.5 +0.10 +3.5576 | +29 7 51.12 |+15.200 | e || 8.9 29 494 Oa 50.1 —0.08 3.6211 || 2 IT 42.5 5.192 | h | 7a geln2n2 lei | 43.3 | —0.96 3.3657 | 18 36 47.6 180 | k 9.5 18 368° 3.5644 29 23 20.8 15.162 | 9.0 29 495 Ca 53.0 | +0.25 10.6 | £ || » » » 52.7 | +0.03 | 19.6 | muB | > || 53.0 0.00 | I} 3.6217 | 32 40232 | 15.126 | h | 9.1 32 526 | | | +3.3413 | #17 1 3.5 |+15.074 | K 7.0 17 454 | Be || 39.5 | +0.43 3.5756 | 2945 53 | 15072 | € | 8.6 29 500 | Ca || 55.3 | -+0.09 3.5875 | 30 19 38.6 15.072 | ei ||| 7.0 30 464 Lei 41.9 | +0.33 | 33.7 | » non n » +0,11 3.5556 | 28 45 29.5 15.072 f || corr. | 9.3 28 476 Ca 48.6 —0.10 3.3444 | 17 Io 31.0 15.055 | k 8.9 17 455 Be 39.5 | +0.44 | | | +3.6090 | +31 17 14.7 | +15.039 | h 9.0 31 505 | Lei || 41.2 | —o.24 3.5510 | 28 26 57-2 15.032 || b 6.8 28 477 Ca 2.7 | —0.07 3.5863 30 58.6 15.022 e 8.0 30 466 Lei || 42:9 | —0.50 3.5792 | 2945279 14993 | 8 | 9.1 29 50ı | Ca || 50.8 | —o.41 3.3484 17 19 5.9 | 14.990 | k | 6.5 17 458 | Be || 39.4 | -+0.38 | | | | | | +3.6102 | +31 13 19.8 |+14.983 | h 4.8 31 509 | Lei || 41.2 | —-0.07 3.5652 | 29 o 0.7 14.958 | e || 8.7 29 502 Ca || 48.8 | +0.50 | 3.3477 | 17, 13, 87:6 14.943 | K | 8.9 17 459 | Be || 39.6 | +0.28 | 3.6034 | 30 48 21.1 14.939 || b || 7.8 30 469 | Lei || 41.6 | -+0.06 | 20.0 f w. ern n 41.3 | —0.07 23.9 { 41.6 —0.19 3.6143 | 31 18 22.8 14.931 h 8:8, 36 Sur „|| 41.2 | —0.65 | | | | +3.6014 | +30 38 52.3 |+14.910 | f 9.0 30 471 » 41.9 | +0.66 58 I | h » 2.2 +0.30 3.3568 | 17 6 13.2 14.900 | k 7.3 17 461 Be || 39.5 | +0.15 3.6260 | 3143444 | 14874 | h | 93 31 5716| — | — — 3.3455 | 16 58 8.4 14.857 | k || corr. | 8.7 17 463 Be || 39.6 | —0.27 3.5772 29 22 26.4 14.853 | e 9.5 29 506 - OO-0%V0%0 19} [$ 197 RA. 1825 an un ın (an Nano in a | Praee. 3.3799 3.5968 19%) & © fo, Pe ° Deel. 1825 +29°49' 30.8 Zei 54 40 49 [27 u CI Se SEE Sr OT BESTE | Praee. | +14'844 | 3.1 14.826 | 10.1 | 14.814 || 2.3 | 14.793 59.8 | 31.8 | 14.769 30.5 32.2 52.3 |+14.7067 19.3 | 14.755 17.4 14.747 42.9 14.746 53.8 14.720 | 39.0 | +14.703 | 15.4 14.693 DD] 44-9 | 14.661 2.1 14.601 | 3.0 | 7-8 | 57.5 | 14.598 55.5 |+14.577 9.4 | 14.550 51.0 14.536 57-6 14.530 1.5 | 43-9 14.525 24.4 | +14.515 22.8 33-3 | 14.506 40.8 | 14.488 45-7 | 43.6 14.485 40.8 | 14.433 11.2 | +14.427 30.7 14.422 11.2 14-417 38.4 | 14.412 2 | | | 39.8 | 14.409 | ÄAUWERS: Bonner Bem. Durch- nusterung 92 29° 507 8.3 30 9.4 30 9.1 30 on = ou ı 474 475 508 478 A.G. — Kön. Z. Yat. | AEp.| Aa 1 Ca | 48°8 | +0.28 + 5!2 „ | 42.4 | +0.06 + 2.6 | 42:4 | —0.21 — 3.4 | | FE Br Ca || 46.7 | +0.19 — 3.3 ” | 46.7 | —0.17 — 0.8 | ER | Lei | 41.4 | —0.55 + 1.4 | Be | 39.5 | —1.00 — 3.9 » || 39-3 +0.08 + 4.9 lei || 42.4 | —1.23 + 10 | 41.3 | +#0.16 +17.1 | 41.6 | —0.32 + 1.3 » 41.3. | —0.64 — 5.4 Be 39.5 | —0.01 — 7.9 Ca || 46.7 | +0.03 + 0.9 » 46.7 —0.29 —1I0,0 47.0 | —0.39 0.0 || 47.0 | —0.78 — 4.7 Lei | 41.2 | —0.78 + 1.3 » | 41.3 | —0.22 + 0.8 Be || 39.6 | —o.21 — 1.1 Lei || 40.3 | —0.18 — 1.9 » || 40.3 | —0.39 — 5-7 » || 41.2 | —0.04 — 3.9 Ca || 49.4 | +0.68 — 2.4 » || 49.4 | +0.53 — 0.8 Lei | 41.2 | —0.66 — 3.3 | 41.3 | +0.14 + 2.5 | 41.3 | =0.07 — 2.4 » 41.2 | +0,27) 4.0 Be | 39.4 | +0.38 — 4.8 | Lei || 44.9 | —0.10 + 2.5 Ca | 65.1 0.00 + 6.3 | 47.0 | +0.30 + 0.7 47.0 | —0.47 — 3.1 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. Bonner RA. 1825 | Praec. Declun825 = | "Praeeri| Durch- | musterung m | | l 9 a® 6m 21344 | +3%6001 || #+29°36' 410 | +14'407 | e| 95 29° 523 9 | 56 41.73 3.6336 | 31 6 36.9 14.386 | « | 9.0 31 542 9 | 57 6.52 | 3.6633 | 32 22 204 | 14.362 | h | 9.0 32 566 9 | 57 11.91 3.6176 | 29 45 13.3 14.356 | f | .2 29 524 9 57 24.43 | 3.6037 | 29 39 53.3 | 14.543 | f 9:35 290525. = — 1 9 25.15 | | 44:4 | b | „ non | | | | | 9 | 2 57 48.72 |+3.6547 | +31 55 10.4 |+14.315 | ho| 9.2 32 569 | Lei | 53.2 | —0.69: — I.o 9 | 58 11.81 3.3692 17. 37. 2.0 14.295 | k | corr. | 9.0 17 499 | Be || 39.7 | —0.75 — 7.8 7 58 27.36 3.3786 || (8 7 00:3 | 14.279 | k || 6.5 18 414 ” 39.4 | —0.40 — 0.2 8 58 54.58 | 3.6295 | 30 40 54.5 | 14.251 | b || 9.0 30 493 Lei || 43.6 | +0.17 —ı19.9 2 55.04 | 36.1 | | La »11743:37 10:29] — 1.5 55.24 | | 24-7 I non » 143.6 | —0.49 + 9.9 8 | 58 56.02 | 3.6551 | 31 48 32.3,| 14.249 | h| 8.2 31 549 » 144.9 | #0.48 — 4.6 | | | | 9 2 59 10.16 163-6372 +30 43 22.8 |+14.238 It 8.8 30 494 | 50.3 | —0.39 — 0.4 9| 59 29.62 | 3.5934 | 28 57 35.9 | 14.215 | e | 9.3 29 530 Ca || 52.1 |) #0.47 + 2.5 8 59 41.12 | 3.3846 | 18 21 20.4 14.203 | k | 8.8 18 419 | Be || 39.5 | +0.04 + 2.6 | | | | 7 3, 20, 18.60 | 3.6524 | 31 33 20.2 | 14.175 h | 7.0 31 553 | Lei || 44.9 | +0.16 — 2.1 9 0.24.92 | 3.6504 | 31 26 20.1 | 14.158 | h | | | r | | | | | 45.99 |#3:6347 || #30 42 7.1 |+14.136 | f 9.3 3049| — | — —4 — 9 46.77 | | 10.9 | | [b » nun zn — mr 8 o 483.67 | 3.3810 | 18 4 20.9 | 14.133 | k | 8.0 18 424 Be || 39.5 | +0.02 + 0.9 8-9 051 3.6522 | 31 27 13.8 | ‚24.121 | h | 8.4 31 559 | Lei || 43.9 | +0.05 — 1.5 8 1 023.24 | 3.6022 | 29 9 49.8 14.097 | b | 8.0 29 534 | Ca 47:0 | +0.25 — 2.9 9 | I 3 | 3.6376 | 30 44 59.9 | 14.090 | e | 9.0 30 502 Lei | 43.4 | —0.05 + 5.2 : | 3 7 | 45 = | | 222 | » non „ || 43.4 | —0.46 — 1.5 || 1.04 | 3.0 | Ir c.ı r r | 43.7 | —0.84 + 1.3 | | I | 2 | | 6 3 1 38.47 |+3.4003 | +19 3 27.1 |+14.082 | k 4.2 19 477 FC || 43.9 | +0.32 + 1.7 8 | 140.94 3-6027 | 29 9 20.2 | 14.079 b 9.0 29 535 Gas 48.12 | -#0.554= 16.9 8| 2 27.40 3.6596 31 36 55.1 | 14.031 | h 8.3 31 565 Lei || 44.9 | —0.26 + 4.6 - | 2 en | 3.6322 30 24 Br | 14.027 | f 7:2 30 505 = A. 2 + 2.3 | 4 | 6 (es) BE oe en » || 45.1 | #0.06 + 3.5 8 | 2 37.86 | 3.3872 | 18 16 44.4 14.020 | k | 8.5 ı8 430 | Be || 39.5 | —0.28 — o.ı | | | | ie 9 | 3 27 1+3:6474 +31 1 46.6 | +13.999 | « 8.9 31 567 | Lei || 45.3 | —0.62 + 0.8 va 32 3.5931 | 28 34 94 13.991 | b || 8.5 28 507 Ca | 52.9 | —0.40 — 1.4 9 | 3 13.49 | 3.6343 | 30 25 11.8 13.983 | fl 8.9 30 507 Lei || 43.3 | —ı.03 + 2.5 8 4 1.62 | 3.6726 | DR 0 23.44 (413,032, | h | 8.2 32 588 | 44.9 | —0.05 — 6.6 8-9 4 6.35 3:3697 | 17 13 41.1 13.927 | k | 8.8 17 513 Be || 39.7 | #0.44 — 2.0 | IN | | | 9 3.4 10.99 | +3.6271 +29 59 59.9 |+13.922 | ec | 9.2 30 5ı0o | — | — | — _ 9 4 19.78 | 36208 | 3olL 623.7 13.915 | e | 8.5 30 511 Lei || 43.3 | —1.71 — 1.2 6-7 4 42.01 | 3.6260 | 29 53 51.9 13.890 || f | 5.8 30 512 42.5 | +0.32 + 2.7 9 4 53.77 | 3.3733 | 172,222 6%3 13.877 | k | 8.8 17 517 3e 39.5 | —0.32 + 4-5 Ci 4 59.58 3.0795 ||| ‘3211 53:9 13.871 | h 6.5 32 591 Lei | 43.9 | —o.ı2 + 2.2 Math. Abh. 1905. 1. 3 0 0 08 00 0-10 © 0 \o © mm ORO O1 OO VO mm nm m m wo oO OO -I-10%V0 no =T 7-8 | +3:6264 3-6357 3.6765 3.6406 3.3998 | +3.6780 || 3-6373 3.6445 | 3.6075 | 3.3680 |+3.6812 |) 3.6389 | 3.6441 3.6282 3.6839 \ +3-3808 3.6231 3.6828 3-6494 3.6292 +3-3997 | 3.6239 || 3.4028 3.6338 3.6998 || 43-3946 | 3.6488 3.6621 3.6414 3.3773 +3.7039 3-3776 | 3.6548 3.7029 3.6424 AUWERS: | Deel. 1825 | -+29° 50' 49:6 S9.Lyıl 30 13 13.8 31 58 53.8 16 55 15.9 | +32 26 51.8 | Praee. +13.850 13.824 13.820 13.793 13.784 +13.774 | 13.762 13.744 | 13.723 13.722 \ +13.711 13.710 13.699 13.697 13.666 | +13.651 | 13.623 13.505 +13.498 13.462 13.450 | 13.438 | 13-403 +13.402 13.380 13.378 | 13.373 13.309 ColT. Bonner Durch- musterung 7:57 32.62 8.0 29 555 A.G. — Kön.Z. Lei || 45°0 | +0°02 + 4!2 » 50.5 | +0.34 —14.9 Be 39.5 | —0.43 — 1.8 Lei || 43.3 | +0.04 — 1.6 » 43-6 | —0.49 — 1.I „ 42.5 | —0.52 — 3.0 Ca || 48.8 | —0.27 — 9.0 Be 39.5 | —0.18 + 4.4 Lei 43.3 | —0.01 + 1.3 » 43.6 | —0.54 + 2.1 n 43.3 | —0.07 + 1.1 Ca || 45.3 | —0.03 — 1.0 Lei || 42.6 | -+0.50 — 0.1 Be || 39.3 | —0.16 — o.1 Lei || 44-9 | +0.07 + 4.2 » » —0.27 + 7.4 » 50.5 | +0.51 — 5.9 Ca 45:4 | +0.70 + 0.4 > n +0.12 — 3.2 Be 39.5 —0.61 — 4.0 Be || 39.5 | +0.15 — 5.2 Ca 48.4 | —0.35 + 0.9 » 48.7 | —0.37 — 0.7 » 48.4 | —0.56 + 0.1 Lei || 42.5 | +0.29 — 4.8 Be 39.5 | +0.66 — 0.7 Lei || 43.3 | +0.05 — 2.7 » || 43.3 | —0.03 + 4.9 Lei || 43.5 | +0.50 — 4.0 Be || 39.3 | -+0.14 — 3.2 Lei || 40.9 -+0.03 — 0.7 ”» 1 41.2 | 40.01 — 0.4 | 40.9 | —0.17 — 3.8 n || 42.4 | —0.091— 5.0 Ca 49.1 +0.08 — 4.1 » | 49.1 | —0.13 — 2.8 vv nn mıo\\Vo a 1-7 = D -I-1 0 00 vo nm no DS OO 1-1 no oO -I-I-10 0 0 3 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. RA. 1825 | Praee. hjgMansız | +336403 37.60 37.80 13 53.67 3.6676 14 20.82 | 3.3764 14 23.26 3.6921 14 33-93 3-6326 34:05 | 14 36.50 | -++3.6770 36.81 | 15 6.47 | 3.6592 15 30.07 | 3-3817 15 43.27 | 3.6818 16 0.83 | 3.6378 1.39 | | 16 45.53 |+3.6581 46.53 16 55.57 3.6745 I. 9:73 3.4032 17 16.99 | 3.7098 17 26.96 3.6299 17 40.52 | +3.6385 41.62 | 17 56.28 | 3.4069 18 4.02 | 3.6529 4-51 | 18 11.25 3.6737 18 13.22 3-6954 19 10.49 | +3.6546 19 31.80 | 3.6467 19 33.56 | 3.7213 19 34.48 | 3.6483 34-57 34.83 19 48.74 | 3.4065 20 19.45 |+3.6399 20 55.61 3.4091 2ı 26.60 3:7393 20127023 3.6516 27-32 | 27-34 27:96 21 40.60 3.6872 30 | +13'316 13.298 13.268 13.266 13.254 +13.251 | | 13.218 13.193 13.178 || 13.158 | | +13.109 | 13.098 13.088 13.075 | | | 13.063 | | +13.048 13.022 13.015 13.012 |+12.949 | 12.925 | 12.923 12.922 12.906 | 12.781 13.031 | | | | || || | Il 1 | Bem. corr, corT, colT. Corr., Bonner Durch- musterung gr 299557 8.3 30 538 545 A.G.— Kön.Z. at. | AEp. 59 Aa Lei | 43°6 | —0:04 + 04 Be 39.7 | +0.30 + 2.7 Lei | 42.4 " —0.40 — 1.4 | Lei || 42.4 | +0.13 — 3-9 » || 42.8 | -0:18 + 1.3 » 1 42.4 | —0.30 + 0.3 3e || 39.5 | —0:49 — 2. Lei | 43.2 -—0.55 + 3.2 Ca | 46.1 +0.61 — 5.4 » | 46.4 | #0.05 # 2.3 —_— | — == — Lei || 45.0 | —0.72 — 4.8 Be 39.5 | —0.33 + 0.6 Lei | 42.4 | +0.18 — 1.2 Ca || 46.3 | —0.09 — 7.1 || 46.4 | +0.30 — 7.6 Bu ne: —0.80 — 7 Be || 39.6 | +0.34 — 8.0 Ga || 50.4 | +0.01 — 2.7 v | 50.4 | —0.47 — 2-4 | [| | || Lei | 42:4 | —0.14 + 3.5 Gası 48.4 | —0:06f 1.5 » || 48.7 | —0.15 + 0.5 „11 48.4 | —0.41 + 0.8 Be | 39-4 | #0.01 — 2.3 Ca || 46.4 | —0.19 — 1.5 Be || 39.4 | +0.42 — 1.0 Lei | 42.4 | —0.94 — 8.0 Ca || 45.9 | #0.12 — ı.ı » || 46.2 | -#0.02 + 2.0 | 45.9 | +0.01 — 4.6 ” 46.2 | —0.62 — 2.3 Lei | 40.9 | +0.01 + 3.0 g® in (in un a un in ın I oa oa [PP er fo} vo on -ı in BESTEHT 6 I [23 BO O0. 08-100 oo ' 0 m 0 \0 OO DD © 000% OO 00 8\0\0 ' I 9| RA. 1825 DD EN D DD N DD = » > DD DD + 7 m 44.86 14.92 42.45 8.47 10.86 17.85 30.16 | 40.45 46.21 | Praee. | +3°4102 3.3811 3.7065 3.3942 +3.6413 | 3.6996 3.6882 3.6996 | 46.67 | 18.54 27.07 44.24 | 47.08 3-4168 +3.6597 | 3.6581 3.6870 47-45 | 18.44 | 18.63 20.57 27.82 41.02 3.6893 3.3961 | +3.6601 | 3.6900 | 41.60 | 43-17 17-75 2.22 2.79 | 23.73 30.14 37.22 37-45 53.00 | 53.11 3.99 11.94 12.99 | 31.80 37-37 37.50 39.28 3-3993 3.7000 | +3.7346 3.3944 | 3.6535 3.6541 3.7382 ı+3.7005 | 3.4117 3.6580 015 5 +7 3.6564 3.7358 | 3.7025 | Deel. 1825 + 18° 11" 49!0 32 16 zı 17 +23 31 30 31 +29 45 40 29.4 9.8 25.8 | 5.8 | AUWERS: Praee. \+12!776 12.742 12.714 12.614 12.611 +12.603 12.589 | 12.571 12.577 | [ar corrT. Bonner Durch- musterung 83 1-5 9-3 6.5 7.0 9.0 9.0 8.8 7.0 7.0 189494 32 16 31 17 28 31 30 31 18 29 29 3075 30 639 457 616 575 544 617 553 619 507 Lei .G. — Kön. 2. Aa As —ol04 — 27 —0.53 + 0.1 oo mo m o0\0 “> .0 8-9 NoiEVe} on nm m -ı © za" zım | | RA. 1825 | Diet 31 Vierzehn 26°37 | +3°7017 | 30.56 3.6589 31.16 | 5.10 | 3.7153 | 14.19 3.6792 \ 14.20 || 26.48 3.4045 || | 42.88 +3.6654 | 43-99 | 57-44 3.7424 | 11.99 3.6656 || 12.74 | 3.6685 || 13.23 | 54.13 | 3:4274 | 54.54 | +3-6735 | 54.98 55.02 | | 3.66 | 3.6814 | 20.37 | 3.6742 || 21.12 3.6695 571.28 | 3.4426 | 1.70 | +3.6675 1.70 | 40.21 | 3.6733 | 35-71 3.6764 | 38.31 3.6803 | 54.96 3.4183 | 59.69 | +3.6889 44.46 3.6872 | 58.95 3.6842 | 22.24 | 3-4112 || 44.10 3.6831 | 19.31 | 43.4428 || 21.78 3.6831 | 14.86 | 3.4379 | 20.82 | 3.4311 | 17.68 | 3.4339 | | 2.83 | +3.4340 | 26.99 3.4140 57-37 | 3.4416 | 9.16 3.4120 || 9.30 | 3.4507 | unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. | Deel. 1825 | Praee. | 40735) 28 5I 31 4 29 37 17 18 +29 15 #29 33 +18 a» 16 53 18 44 56:3 26.1 +12"1 11 12.106 25.70 | 57.6 | 42.3: | 40.6 19.9 48.2 - N [o} + - +12.021 48.1 | 12.005 11.988 \ 11.986 11.938 |+11.938 | 11.927 11.908 11.907 11.864 | +11.859 | 11.814 11.748 11.745 11.725 | +11.648 11.622 11.578 11.552 11.524 1 +11.482 11.408 11.343 11.336 11.195 | |+I1.I4I DRSTTT II.0OI | 10.914 10.913 Zone ı Bem. || COTT. CoIT, Bonner Durch- musterung 30° 28 31 29 564 567 639 597 A.G. — Kön.Z. 61 Cat. | AEp.| Aa Aö 11 Ca. | 55°7 | #013 — 87 R P | 0.47 — 7-7 Lei || 42.3 | +0.12 + 2.4 Ca || 53.7 | +0.47 — 2.8 r 53-7 | +0.45 — 1.1 Be || 39.4 | +0.07 + 3.1 Ca | S7arı | —ooal —aH » || 57.1 | —1.14 — 3.6 Lei | 42.4 | —0.81 + 7.4 Ca || 59.6 | —0.02 —15.2 || 49.6 | +0.17 — 2.4 D 49:9 | —0.31 + 2.8 Ca || 51.9 | +0.23 — 4.4 » || 51.6 | —0.20 + 1.9 | 51.9 | —0.25 —12.6 49.6 | -+0.06 + 0.4 A) Ca || 53.9 | —0.45 — 5.0 Be | 39.4 | —0.44 — 4.0 aller Id ee Ca || 58.1 | —0.28 — 4.6 I Ba Pers va | Ca || 59.4 | #0.19 — 0.7 Be || 39.4 | +0.20 — 3.7 | Ca | 49.4 | —0.30 — 1.9 Be || 39.4 | —0.16 — 2.6 Car 57-7 | +0:67) — 2:7 Be 39.5 | —0.49 + 1.8 Ca || 46.4 | -0.16 — 7.0 Be 40.0 | —0.20 — 6.9 39.0 | —0.09 + 0.8 39.7 | —0.04 + 4.2 n | 39.0 | —0.37, + 2.I >» || 39.4 | —0.52) + 1.6 „ 39.0 | —0.08 + 3.0 AUWERS: | | Bonner A:G.- Kön A \. 182 ?raec, || Decl.1ı825 | Praee. 3 || Bem. Durch- I SE | | IS] > musterung | Cat. |AEp.| Aa | 46 Nrolgesı 4374318 | +17°41' 32!2 | +10'722 k | 60 17° 666 3e || 39°5 | —of25 — ıfı SI 20.47 3.4632 | 19 5 42.0 10.678 k | 8.3 19 645 ‘ 39.5 | —0.25 + 4.9 52 37-91 3.4153 | 16 50 49.4 10.582 | k | 9.3 16 551 1 — -- _ — 53 23.07 3.4146 | 1647 17 10.526 | k | 93 16 5531| — | — — — 54 39.37 3.4211 | 7 1 404 10.432 | k | 6.5 17 676 | Be || 39.0 | —0.15 + 1.9 || | 56 30.11 |+3.4591 | +18 4o 6.3 |+10.293 | k | 7.5 ı8 581 » || 39.4 | —0.37 # 1.2 57 59.20 3.4206 | 16 51 51.4 10.182 | k || 5.6 16 560 n | 39.0 | —0.39 — 2.2 58 49.40 3.4204 | 16 49 18.5 10.119 | k | 8.0 16 561 » 11 39.6 | —0.54 — 7-4 59 15.83 3.4566 | 18 26 8.3 10.085 | k || 8.7 18 589 | 39.6 —0.32 + 0.6 o 36.06 3-4472 | 17 57 25.9 | 9.984 | k | 6.5 18 594 | 39.7 0.00 + 2.6 | 1 39.03 | +3.4221 | #16 47 21.7 |+ 9.904 | k | 9.0 16 568 | » || 39.7 0.00 — 7.5 2 29.88 3.4236 | 16 49 10.0 9.839 | k | 6.0 16 569 " | 39.6 +0.03 — 3.6 3 35.29 3.4701 | 18 50 36.6 9.756 | k | 8.9 18 596 » || 39.5 | #+0.24 +13.0 5 13.42 3.4647 | 18 32 20.3 | 9.631 || k ||corr. 8.5 18 603 » || 39.5 | 0.431 — 5.6 5 33.81 3.4645 | ı8 31 8.8 | 9.604 || k | 8.9 ı8 606 » | 40.0 +0.66 — 8.8 | | | 7 9.85 |+3.4752 | #18 55 ı.3 |+ 9.482 | k 9.0 18 613 || 39-5 | —0.30 — 7.8 | 3.4507 || 17 49 0.0 9.423 k 71-7. 17. 703 n | 39.0 —0.28 + 8.8 50 57.75 | 4.1537 | 40 17 17.8 | . 5.951 ER 1.8 40 ıı5o | Bo || 50.9 | +0.07 + 1.7 51 35.23 | 4.1484 | 40 7238| 5.899 | i | 9.2 40 1153 | — | — —uu — 52 31.38 | 4.1342 | 39 42 42.4 | 5.820 | i | 8.3 39 ıı57 | Lu | 48.3 +0,35 — 1.6 52 31.72 |+4.1495 | +40 6 53.7 [# 5.820 i | 9.4 40 1160 | 52 40.29 | 4.2087 | 41 37 28.3 5.808 | 1 |ı 8.0 41 1050 | Bo || 48.9 | —0.82) — 1.8 52 42.22 4.3424 | 44 48 4.0 5.806 | n | 7:3 44 1088 | 49.3 | +0.40 + 3.0 52 44.52 | 3.9414 | 34 12 18.3 5.802 | g || 9.2 34 938 I — | — _ — 52 45.31 | 3.9475 | 34 23 29.7 5.802 || g 8.5 34 939 | Lei || 45.0 | —-0.28 — 4.0 53 36.42 |+4.2492 | +42 35 14.6 |+ 5.730 l | 8.4 42 1164 | Bo 43.4 | 0.07 73 53 50.47 3.9366 34 ı 68| ;57o| g 8.5 34 942 | Lei || 54.8 | +0.14 — 1.0 54 20.32 4.1396 39 47 17.2 5.668 || i |corr, 7.8 39 1169 | Lu | 49.0 | —0.04 — 2.0 54 20.82 4.2644 | 42 55 30.2 5.668 | | 6.8 42 1170 | Bo || 45.0 —0.30 — 0.5 21.02 || 30.6 In nd En » "„ || 45.0 | —0.50 — 0.9 54 32.06 4.1348 | 39 39 12.0 | 5.652 | i | 9.1 39 ı170 | Lu | 49.0 | —0.34 — 0.8 54 39.34 | +3.9261 | +33 40 5.1 |+ 5.642 IS 7.0 33 953 | Lei | 44.6 | —0.08 + 2,0 55 5.94 | 4.2760 | 43 10 27.8 5.605 || 1 8.6 43.1186 | Bo || 41.9 | #0.13 — 1.2 6.02 | 31.5 In ” ” » || 41.9 | +0.05 — 4.9 55 34.98 4.2852 | 43 22 32.4 | 5.564 | n | 9.2 43 ııgı | — | — = = 55 35.93 | 3.9110 | 33 9 53.4 5.563 | 8 |) 8.3 33 956 | Lei | 43.1 | —0.26 + 7.8 55 44.92 4.1382 | 39742 1.5 5.550 | i 7.8 39 1175 | Lu || 49.0 | —o.10 — 2. | 55 47.25 | 44.1347 | +39 36 27.2 + 5.547 | I | 8.0 39 1176 | » || 49.0 | —0.34 — 0.4 55 48.88 4.2555 | 2 39 28.7 5.544 | | 8.4 42 1176 | Bo | 50.0 —0.48 + 0.7 56 23.03 4.1364 | 39 37 50.4 5.496 | i |) 8.0 39 1183 | Lu | 49.9 -+0.32 + 1.0 56 43.47 4.3748 || 45 22 23.0 5.468 In | .2 45 1049 —_— I — _ — 57 14.66 3.9666 34 48 56.5 5.424 | & | 9.0 34 954 | Lei || 43.1 | +0.26 — 6.8 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 63 | B Bonner A.G. — Kön.Z. Gr. RA. 1825 Praec. | Deel. 1825 Praee. Durch- Es IM TR P; | | musterung | Cat. | AEp.| Aa Aö 671 8 a 57% 22°82 | -+4°2488 | +42°26' 29!0 | +5"413 || | 8”o 42°1184 | Bo | 44:5 | —0.88 — 66 672 8 57 35.69 4.3698 45 13 59.3 5.395 | n 8.8 45 1054 =..|| 48.3 | —0:05 — 3-4 673 9 57 39.19 4.1274 ıı 39 20 52.8 5.390 | io 8:1 39.1192 | Rucıı 48.8 |’—1.35.-+ 4.6 674 8 | 57 59.72 4.2176 | 41 39 17.7 5.362 || 1] 8.5 41 1088 | Bo || 44.5 | —0.09 + 8.8 675 | 9 58 7.81 | 3.9737 | 34 59 58.7 5.349 || 8 8.5 35 995 | Lu | 49.0 | —0.08 + 4.1 676 9 | 4 58 29.62 |+3.9075 || +32 57 48.9 | +5-.319 | 8 | 8.5 33. 964 | Lei || 42.5 | +0.14 — 0.7 la 58 4375 | 41136 | 38 56 378 | 5.209 | i | 9.1 38 1049 | — | — = 0 678 17-8) 58 46.90 4.3389 | 44 30 7.0 5.294 n 8.0 44 ı117 | Bo || 44.0 | #0.16 + ı.ı 679 8 58 55.89 4-3419 || 44 33 56.1 5.282 n 8.8 44 1119 ” 46.0 | +0.40 + 1.0 680 8 58 59.45 4.1179 | 39 2 58.0 5.277 i 8.2 39 ı198 | Lu | 48.8 | —0.12 + 1.7 681 8 | 4 59 38.52 | +4.2047 | -FAI 16 44.5, |Er5.222 | l 8.0 4ı ı1o2 | Bo || 45.0 | —0.49 — 1.3 682 | 8-9 59 41.98 4.2205 | 4140 7-7 5.217 ] 8.2 41 1105 ” 44.9 | —0.19 + 4.2 683 | 3-9 59 59.55 4.2037 | 41 14 25.1 5.192 l 8.7 41 1107 » 45.0 40.19 —17.5 684 9 5 2080903 4.1353 | 39 28 20.9 5.178 i 8.3 39 1206 | Lu || 48.8 | —0.35 + 7-7 685 | 7-8| o 26.83 | 4.3344 | 44 20 33.8 5.154 n 7.0 44 1128 | Bo || 46.9 +0.30 — 0.4 686 18, 5 1 3.69 |+44.1553 | +39 58 13.6 | +5.103 | i 7.6 40 1213 ” 44.9 | 40.37 + 2.0 687 8 || ı 8.09 4.1994 41 5 38.6 5.096 1 8.4 4I 1115 5 48.5 | —0.13 — 4-4 688 9| ı 9.66 | 3.9636 | 34 35 59.6 | 5.093 | g |leorr. | 8.2 34 963 | Lei | 43.1 | —o.22 + 0,5 689 | 8-9 | 1 29.91 | 4.3072 | 43 41 13.7 5.064 n || 8.8 43 ı225 | Bo | 46.0 +0.79 — 4.6 690 9 1 48.01 | 3.9612 | 34 30 24.4 5.039 g 8.7 34 967 | Lei || 43.1 | +0.01 + 9.9 2 9 | 48.24 47-5 : SDR ES z a0 221372 691 8 | S$ 2 2.93 | 44.1586 | +40 ı 29.1 | +5.018 o 7.6 40 ı215 | Bo || 43.4 | —0.01 — 4.I ? 7-8] 3-49 | 21.7 | i Be == | 43,5 | 0:57 + 3:3 692 8 | 2 132,34 4.2022 ar 47013:2 4-977 l 8.1 4I 1124 » 1147-5 | —0.45 — 4.6 693 9 2032-71 4-3057 43 37 71-4 4.976 | 8.8 43 1228 56.1 —0.03 — 0.2 694 8 2 51.29 4.1320 | 39 18 2.2 4.949 | 0 .5 39 1224 | Lu || 50.7 | -0.24 — 8.4 695 8 | 2 54:87 4.3283 | 44 7 32.2 | 4-945 | n || 8.0 44 1146 | Bo | 49:3 | #0 16 — 2.0 696 8 | 5 °3.0574+4.1557 | +39 55 4.0 | +4.937 || 8.8 39 ı225 | Lu | 49.0 —0.03 + 0.4 697 9 | 3 4.98 3.9174 | 2328,58 4.930 g 8.8 33 981 | Lei | 42.4 | -—0.05 + 1.4 698 | 8 | 3 14.77 | 4.2240 | 41 38 30.8 | 4917 | | 81 4r 112 Bo || 45.9 | —0.20 — 2.2 699 | 9 | 3 33-47 | 3.9177 | 33 750.1 4.890 | g |com. | 9.2 33 982 | — | — — = 700 9 | 3 148:33 1 .2:9199 |. „33 1. 24.4 4.868 & 8.9 33 983 | Lei || 43.1 | +#+0.04 + 7-3 701 9 5 3 58.56 | +4.1209 | +38 58 23.4 | 44.855 i 9.4 39 1229 | — _ — — 702 8 | 4 19.19 | 4.2034 41 546.3 4.826 l 9.0 41 1133 | Bo || 49.9 | —o.20 — ı.ı 703 8 | 4 33.52 4.3783 | 45 11 28.4 4.805 n 8.4 45 1081 ” 53.7 | +0.27 — 3.6 704 9 | 4 38.25 4.1166 | 38 50 14.7 4.799 i 8.5 38 1087 | Lu || 50.8 | —0.57 + 2.2 705 7 SE rane) 4.1330 | 39 15 22.9 4.758 o 7.0 39 1236 - 48.7 | +0.08 + 4.7 706 8 5 5 19.39 |+4.3533 | +44 36 50.8 | +4.739 n |Icorr. | 8.6 44 1158 | Bo || 45.5 | +0.33 — 0.7 797 8 5 24.83 4.2250 | 4I 35 54.5 4.732 I 8.5 4I 1138 ” 43.9 | +0.26 — 1.5 708 | 7-8 5 38.75 3.9194 33 7 25-9 4.712 g 7.60 33220991 1 Lei 2.4 | —0.27 + 2.0 709 9 5 50.39 4.1375 39 21 22.8 4.696 i 9.0 39 1241 | Lu || 53.2 | +0.34 + 1.3 710 17-8 5 59.66 4.2383 41 54 25.6 4.683 l 8.0 41 1143 | Bo || 41.7 | +0.15 — 0.3 64 ÄAUWERS: | | | Bonner & — Rön. 2. RA. ı825 | Praee. | | Pi | Bem. Durch- ” ” E | | musterung 5" 6" 5f06 |-H3’g199 | +33° 7'406 +41675 | g"2 33° 996 | — | _ _- 6 29.47 4.1305 | 39 9 5.0| 4.641 | o 8.2 39 1245 | Lu || 48?8 | —0:69 + ı"2 | 6 29.81 | 4.3478 |) 44 27 23.7 4.6490 | n 8.5 44 1167 Bo | 48.3 | 40.29 — 5.7 6 39.04 4.1252 | 39 0 18.7 4.628 | o || 8.8 39 1246 | Lu || 48.9 | —0.44 — 6.0 | 6 46.71 | 3.9245 | 33 14 58.3 4.616 | 8 | 8.9 33 1001 | Lei | 41.6 | —0.57 + 7:7 716 7 | 5 7 7.14 |+44.1214 | +38 53 48.3 | +4 587 8.4 38 ııı3 | Lu | 49.9 | +0.26 — 12.6 717 8 || a 4.1399 | 39 22 50.6 4.587 i 8.2 39 1251 „148.8 | —0.60 — 1.3 1189| 7 13.15 | 3.9274 | 33 19 34.3 | 4.579 | g 8.0 33 1005 | Lei | 42.5 | —0.18 — 0.3 719 8-9 | 7 24.60 4:3486 | 44 26 58.6 4.563 | n | 8.7 44 1171 Bo | 49.7 | #0.13 — 9.4 720 9 7 Nass 4.281747 A253 ara Dasa | || 9.0 42 1245 r 1 48.5.) Ho.855 48 721 9 | 5 7 50.10 | 44.1333 | +39 ı1 16.2 | +4.526 | i | 9.0 39 1254 | Lu | 49.0 | +0.16 — 0.4 722 8 | S=E1n33 4.1320 | 39 8 52.6 4.510 |! 7-6 39 1257 » || 49.0 | —0.0I + 4.2 n 7 1.51 | 48.6 | o ne 48.9 | —0.18 + 8.2 723 8 || 21.76 4.2963 43 13 19.3 | 4.481 n 8.0 43 1250 | Bo | 45.9 | +0.68 — 3.1 »„ 8 | 22.69 | | 12 55.5 | I mlaa) » » » || 45.9 | —0.25 +20.8 124 | 9 | 8 48.03 | 3,9188 | 33 1 147 | 4.444 | 8 | 9 33 Tor4Al) = — 725 8 | 8 54.60 | 4.1438 | 39 25 57.8 | 4.434 | i | 8.0 39 1262 | Lu || 49.0 | +0.07 — 1.3 „ 8 | 55.15 | 52.6 | o | ” ” „ » || 48.9 | —0.48 + 3.9 726 8 | 5 9 23.66 |+4.3712 | +44 53 37-4 | +4-393 | n | 7:4 44 1182 | Bo | 48.3 | +0.16 + 3.9 727 | 9 9 27.43 | 3:9153 | 32 53 43.6 | 4.388 | g | 91732950 | u 728 8 | 9 41.95 4-3477 | 44 21 44.2 4.368 | n | 8.8 44 1184 | Bo | 47.0 | —0.4I — 2.2 7 | 5.9 48.61 | 4.1430 | 39 23 13.0 4.357 | 0 | 750392127211 2Eu | 48.9 | —0.09 + 0.1 7. 49.29 | | 13.3 | ı || ml R er || 49-0 | 0.77 — 0.1 730 [7-8 | 9 59.89 | 4.1409 | 39 19 29.8 4.341 | 0 | 8.7 39 1274 » 11 45.3 | +0.33 + 8.0 ” 8-9 | 10 066 | I 36.8 I EL Fr „ | 45.4 | —0.43 + 0.9 | | | | 131 | 9 | 5 10 9.66 [43.9169 | +32 55 39.4 +4.328 | g | 9:30322, 9531 1 Ez U ben 132 9 | 10 10.02 4.2661 | 42 27 28.3 4:327 | | 8.8 42 1264 | Bo | 47-4 | —0.24 + 2.9 733 8 10 58.05 4.1339 | 39 7 05 4.259 | | 8.6 39 1278 | Lu | 48.9 | +0.25 — 1.8 „ 9 | 58.08 | 6 56.3 | ” n ” 49.0 | 40.22 + 2.4 134 [8-9 | II 14.74 | 4.2245 41 25 181 4.235 1 || 8.7 41 1175 | Bo | 51.7 | #0.12 — 1.8 735 Ss“ II 26.56 | 4.3244 | 43 47 13.1 4.218 n 8.5 43 1258 » || 42.0 | —0.49 — 1.7 | 736 9 5 II 31.73 44.1308 || +39 1 14.0 | +4.211 | i 9.239,72 82 0 0 — —_—ı 737 9 | II 53.62 3.9709 | 34 3I 20.2 4.179 | 8 | 9.0 34 1024 | Lei || 43-4 | —0.56 + 1.2 738 | 9 || ı2 3.68 | 4.1378 | 39 ı1 229 | 4.165 | i | 8.0 39 1289 | Lu || 50.2 | —0.14 — 2.8 739 7 | 12017256 4.2347] | 4139 55| 4.160 | l | 8.2 41 1181 Bo | 40.3 0.00 — 740 | 9 |) 12 11.33 | 4.1485 | ‚39 28 6.5 4.154 | o | 8.6 39 1290 | Lu | 48.7 | 40.03 — 2.1 | | 741 9 | 5 12 31.90 44.3041 | +43 17 23.3 | 44.125 || n 8.9 43 1263 | Bo | 53.0 | +0.01 — 6.1 742 8 | 13 18.05 4.2951 | 43 3 39.6 4.058 n | 8.3 43 1265 ” | 42.0 | -+0.24 + 0.8 » „| 18.54 | 39.0 (las TER » || 42.0 | —0.24 + 1.4 73 | 7 | 13 35.66 3.9778 | 3441 7-1 4.034 | g | 7.0.34 1031 | Lei || 43.5 | —0.24 — 1,0 7 9 || 13 53.29 3.9642 | 34 16 26.8 | 4.009 | g | 8.0 34 1035 ”» 11 43.1 | —0.40 + 0.4 745 9. 14 0.08 4.1742 | 40 5 14.0 3.998 i 8.9 40 1285 | Bo || 39.6 | +0.20 — 3.4 ” 9 14 0.37 10.7 o| non . 39.5 | —0.09 — 0.1 14" 15.79 17.87 14 25.01 14 40.49 14 49.10 15 4.21 | 15 14.06 15 31.63 16 2.39 2.48 16 1 3.71 16 34.05 | ı7 8.76 17 13.64 17 16.07 17 27.50 17 53.84 18 6.86 | 18 16.11 | 18 26.99 18 28:49 | 18 34.86 19 5.14 19 30.01 19 42.33 19 49.71 19 51.78 20 20.04 20 32.71 20 36.47 | 20 53.06 21 2.64 206138 21 40.27 21 57.56 | 2 0.61 2 35.71 22 50.25 Math. Abh. 25.20 2 44.70 | Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. Praee. | H41510 4.3152 | 4.1252 4-2575 4.3032 4.2599 3.9617 4.1353 | 3-9673 +4:2586 3.9508 4.1427 | 4.2890 4.2572 | +4.3672 3.9316 4.2274 4.1625 | +4.1626 4.1900 4.277113 4.2683 | +4-3525 4.2115 | 3.9869 4.1547 | 4.2072 | | +4.2567 | 4.3493 | 21 9.47 | 4.1529 4.2558 4.2173 \+3.9808 4.1903 4.3065 4.2432 219032 1: +3.9637 15 28.33 | 4.1887 | | 3.9308 | | | | | | 3-9781 | | Deel. 1825 +39° 28’ 44!0 43 38 42 43 +34 +41 28 47 7 12 51.1 57-5 25.3 54.0 17.0 37.1 22.2 Bo — COIT. Bonner Durch- musterung 6.9 34 1083 9.0 40 1335 8.5 34 1088 7.5 43 1310 9.0 41.1225 65 A.G. — Kön.Z. Cat. || AEp. | Aa 48 Lu || 49°0 | +1!05 + 0!4 » || 48.9 | —1.03 — 6.7 Bo | 54.0 | —0.20 — 4.8 Lu || 50.8 | #0.65 + 4.5 Bo || 46.5 | +0.18 + 0.4 45.3 | +0.15 — 0.1 | Lei | 43.1 | —0.17 — 0.6 Bo || 41.5 | -+0.40 + 8.8 Lei | 45.1 | —0.70 +10.9 Lu || 48.8 | —0.14 + 9.1 » || 48.7 | —0.23 + 2.0 Lei | 43.1 | —0.37 — 0.8 Bo | As en 1:6 Lu || 48.8 | +0.30 — 6.3 Bo | 43.8 | +0.44 + 2.8 » || 43.5 | +1.20 — 0.4 » | sı.r | #0.02 — 2.4 Lei | 44.6 | —0.46 + 5.4 Bo || 46.0 | +0.33. — 0.8 Lu | 48.8 —0.08 + 3.0 ” | 49.0 | -+0.08 0.0 Bo | 544 | —0.37 — 3-7 » 11 45.0 | #0.30 + 3.3 Lei || 41.6 | —0.43 — 3-5 Bo | 44:9 | -+0.09 + 1.2 48.3 | -+0.50 + 3.7 „|| 40.9 | +1.12: + 6.3 Lei | 43.1 | —0.36 + 2.8 Lu | 48.7 | —0.45 — 4.6 Bo | 40.0 | -+1.04 + 4.6 I748:6: | 0.38 5:0 » || 43.5 | #+1.14 — 5.3 Lu || 48.8 | —o.ıı —ı2.3 Bo | 45.0 | —0.39 + 0.2 | 48.4 | —0.01 — 1.9 Lei | 43.4 | —0.04 + 1.7 Bo || 44.5 | —1.26 — 1.6 Lei | 43.17 | —0.32 + 0.3 Bo || 42.0 | —0.26 + 1.7 || 42.6 | +0.62 + 1.1 66 AUWERS: | | | | 2 Bonner A.G. — Kön.Z. 3» RA. 1825 Praec. || Deel. 1825 Praee. & || Bem. Durch- l | | | N musterung - - 786 8 5 azm 4iıg |+4°2354 || +41°24' 3116 | +3'218 1 | 85 41°1226 | Bo | 44:8 | —o:1o +1:6 787 8 | 23 11.67 4.3034 | a3. SI aaa 032207 n 8:7, 43 aaa » || 42.4 | —0.03 —3.9 788 9 || 23 18.10 | 3.9791 | 34 30 53.6 | 3.198 g 92a ee ae — 789 | 9 23 51.56 | 4.1369 | 38 53 53.8 3.150 i 8.1 38 1216 | Lu | 57.2 | —o.19 —5.9 790 8 24 32.20 | 4.2258 41 845.7 | 3.091 l 8.3 41 1230 | Bo | 44.9 | +0.48 -+4.8 » 8 | 32.94 | | 49.7 | » ” na » |» | —-0.25 +0.8 I} | | I 791 9 5 24 33.59 | +3.9673 +34 9 25.1 | +3.089 g | 9.2 34 1100 | — | — a Wen 792 8 24 35.00 | 4.3448 43 56 48.6 | 3.087 n || 7:3 43 1315 | Bo | 43.5 | —o.or +3.2 193 [6-7 | 24 39:20 | 4.1823 | 40 3 29.,3.| 3.081 || o 6.7 40 1346 | » |] 40.9 | —0.09 -+2.0 794 9 || 24 48.01 3.9644 | ZA 3.069 | 8 8.8 34 1109 | Lei | 44.0 | +0.23 —0.6 795 9 | 2, 110.2 4.1372 | 38 52 59.7 3.036 | 1 8.5 38 ı228 | Lu | 49.0 | —0.07 —5.1 » Tee 10.95 | | Se ch || | o » » ” ” 48.9 | —0.74 —6.1 | | Il | 796 9 5 26 8.36 |+4.1452 | +39 4 24.9 | +2.953 i 8.9 39 1365 n. || 56.7.| —0.22 +6.9 797 9 26 17.32 3.9585 33 50 57.7 | 2.939 | g || corr. | 8.3 33 1103 | Lei | 42.5 | —o.ıı —2.ı1 798 8 | 26 20.77 | 4.2976 || 250 1.5 | 2.935 n 8.5 42 1356 | Bo | 40.5 | +0.14 —6.7 799 8 26 26.45 | 4.1745 | 39 49 28.9 | 2.926 | o | 8.7 39 1367 | Lu | 48.9 | +9.25 —1.9 » 9 || 27-45 | 33.5 i erags » || 49.0 | —0.75 —6.4 800 ie 26. 47.37 1| 42317 4I 14 56.0 2.896 l 7.0 4ı 1240 | Bo || 40.9 | +0.05 —4.5 | | | 801 9 | 5 26 50.09 | +3.9658 | +34 3 33-9, | +2.893 | 8 8.3 34 1123 | Lei | 44.2 | —0.73 —ı.9 802 | 26 54.90 | 4.2868 | 42 34 0.2 2.886 l 7:4 42 1362 | Bo || 43.5 | —0.13 +3.2 803 | 7 | 27 26.76 | 4.3150 | 43 ı2 53.0 | 2.839 | n | 2 43 1325 | » || 43.5 | —0.08 —0o.4 804 8 | 27 47.14 | 4.3186 | 43 17 26.4 2.810 n 8.3 43 1327 | 43-5 | —0.08 —1.3 805 9 | 27 48.90 | 4.1734 39 46 26.0 2.807 i 7:3 39 1373 | Lu | 48.8 | +0.36 —2.8' » 17-8 | 49.16 | | 19.0 | o| » » » 148.7 | +0.10 +4.2 | | | | 806 9 | 5 27 55.58 |+3.9471 | +33 28 50.1 | +2.798 | g 9.0 33 ıııo | Lei | 43.0 —0.60 +4.1I 807 [8-9 | 28 4.81 3.9482 | 33 30 44.5 2.785 | | 8.9 33 1113 » || 42.5 | —0.45 —5.0 808 7 28 21.31 4.1720 | 39 43 41.2 2.761 o || 7.7 39 1377 | Lu || 48.9 | —0.44 —ı.5 ” 8 | 21.40 | 40.9 | i | nen m .„ || 49.0 | —0.53 —r.2 809 8 28 42.20 4.2333 | 41 I5 20.6 2.7304 | 8.8 4ı 1250 | Bo || 40.4 | —0.73 —4.1 810 7 | 28 47.61 | 4.2137 | 40 46 34.8 2.723 1 7.5 40 1369 a | 40.9 | +0.05 +0.5 81 9 5 28 56.75 |+3-.9452 | +33 24 22.0 | +2.710 | g | 8.6 33 ııı7 | Lei || 42.3 | —o.14 —6.7 812 | 28 56.86 4.1650 | 39 31 50.0 2.709 o 7.9 39 1379 | Lu || 48.9 | —0.50 —1.3 Ri 8 | 57.46 | 46.0 | Ii 5, en » || 49.0 | —I.IO +2.7 813 | 29 29.78 3.9251 | 32 47 24.6 | 2.662 | g | 7.0 32 1064 | Lei || 42.0 | +0,22 +3.1 814 7-8 | 29 34.86 | 4.1426 | 38 56 58.6 | 2.654 o| 8.4 38 ı25ı | Lu | 59.0 | +0.06 —7.0 5 | 35.23 | 51.9 | \ ET? 2 59T | Q.3203 815 9 | 29 41.19 4.3155|| 43,00 08:8 2.645 | n 8.9 43 1329 | Bo || 42.0 | +0.16 -+0.4 816 5 | 5 29 44.93 | -+4.3056 | +42 57 31.0 | +2.640 n | 7:5 42 1376 » || 40.0 | +0.33 —2.7 817 [8-9 30 37.73 4.3201 | 43 16 33.3 2.564 n || corr. | 8.7 43 1331 » | 42.0 | —0.22 +1.5 818 7 30 48.45 4.2491 | 41 36 10.2 | 2.549 Ib 7 41 1256 » | 45:9 | +0.03 —3.2 819 7 30 56.24 42254 | 41 1 33.8 2.537 | o| TamAI 1257 En 43.3 | +#0.64 —I.4 820 8 || a1 Satan 24.2796, | 239 52,287 2.524 | o| 8.2 39 1388 | Lu || 55.3 | —o.12 +4.5 8 5.28 ı 347.5 i nn In » » || 55.4 | —0.26 —4.3 ” m w@-ı 0 © S@\0 10 0 vo m 0 m SI © m m oo o@ovo0 _-(ı oO 0 0.080 stage 31 31 31 32 39 7.88 18.47 28.07 53-99 8.31 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. Praec. +4:2395 3.9420 | | 3.9402 4.3868 | 4.1976 9.01 13.66 42.52 2.46 22.67 33.89 33.96 35-77 47-28 4.80 | 31.72 | 41.60 | 43.24 6.97 13.83 14.30 51.57 53.06 34.65 41.95 42.40 44-14 | 58.39 | 12.53 | 25.22 28.24 42.81 53-44 53.70 0.58 20.47 33.04 42.20 0.83 16.30 | | +4.2554 | 3.9339 | 4.2999 4.3856 | 4.2027 | | | -+4.3038 4.3545 3.9298 4.3281 4.1624 3.9366 4.1447 4.3117 4.2655 +4.1812 | 4.1664 3:.9424 4-3151 4.2564 | #+4.2240 4.1688 | | +4.1691 | 4.2205 3:9994 3.9996 4.3950 +4.2870 | 4.3091 | 3-9420 || 3.9738 | Deel, 1825 +41°21' 54:0 33 33 44 40 +41 +42 +40 16 13 44 18 33.6 | 10.8 49.3 59.5 52.4 4.4 32.4 29.7 51.8 18.3 15.5 21.6 21.9 59.6 8.6 59.2 56.7 36.0 55.4 50.5 33-7 18.6 14.4 42.4 Praee, +2.520 2.505 2.491 2.453 2.432 RA.? Bonner Durch- musterung 972 41°1258 8.8 33 1126 7.1 33.1127 8.5 44 1275 8.2 40 1397 1262 8.9 34 1189 67 A.G. — Kön.Z. Cat. | AEp. 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INGA 4.2985 | 2 36 18.2 2.310 | 9.1 42 1447 I — | — —_ 884 | 8 45 6.43 | 44091 | 45 4 24.5 | 1.302 | n | 8.4 45 1209 | Bo || 45.3 | For 885 8 | 45 17.32 4.1884 | 39 56 1.6 1.287 | i 8.2 39 1461 | Tu || 48.8 | —o.40 — ” 8 || 17.32 | 55 55.7 | o | nl Um » » | 48.7 | —0.40 + | | | 886 8 | 5 45 34.55 |+4.3078 | +42 48 57.5 | +1.262 | 1 8.0 42 1450 | Bo || 45.1 | —0.68 — 887 8 46 0.47 4.4120 | 45 7 36.8 1.224 | n | 8.7 45 1211 5 49.0 | —0.4I + 888 m 46 9.16 3-9457 || 33 13 38.2 1.211 g | 7.2 33 ııgg | Lei | 411.6 _olo7Er 889 8 | 46 35.84 4.1787 | 39 40 39.2 1.172 i 8.0 39 1471 Lu | 49.0 | +0.09 + » 8 | 36.19 43.1 | | o | D ” „ ».1148.9 | —0.26 — 890 17-8 46 52.38 4.3643 | 44.5 04 | 7:7 44 1329 | Bo || 52.4 0.00 — | Praee. Eee) \+41814 8 | a7 2uRG 4.1916 7 47 435 | 4.3587 | 89| 47 15.46 | 4.2777 | 9 | 41 23:36 | 3.9320 | 8 | 5 48 3.53 |+3.9339 | 7 48 7:54 | 4.1861 | 7 7.70 9 48 7.82 4.1563 | 8-9 48 34.36 | 4.3353 | 8 48 35.33 | 4.3280 | 7 | 5 48 44.08 |+3.9424 | 9 49 16,8 4.3385 9 | 49 48.86 | 3.9454 8 50 4.45 4.3114 | 8 50 10.77 | 4.3389 | | 9 5 50 28.36 |+4.3049 | 9 50 29.34 | 3.9477 | 7 50 41.46 | 4.3131 || 8 | 51 11.86 | 4.1847 | 7\ 51 43.08 | 4.3736 | | 8 | 5 51 45.90 |+4.2405 | 8 | 52 0.86 3.9685 | 8 || 52 11.82 | 4.1913 | 8 11.95 | 7 | 52 28.19 4.3169 8 52 31.00 3.9638 | 7 5 52 59.66 |+4.3935 8 53 15.83 | 4.1680 8-9 16.50 | 8 53 36.90 | 4.2206 9 | 53 45.89 | 4.4061 | 8-9 53 47.61 | 4.2959 I} 9 | 5 53 50.96 |+3.9639 | | 54 0.36 | 3.9594 | 9 | 54 28.94 4.1579 | 8 | 29.01 | | 1 | 54 59.30 | 4.2692 | 7 59.59 | 8 | 55 0.71| 4.2420 | ! Vermuthlich ein Fall der oben S.8 besprochenen Art, und Grösse 9 zu löschen Vierzehn unbekannt Deel. 1825 33 145 12.5 | 10.9 14.9 25.8 32.3 | 0.9 54.9 23.0 11.8°) 32.0 38.4 | 20.6 | gebliebene Königsberger Zonen. +1!134 1.134 1.131 1.115 1.102 +1.044 1.039 1.038 1.000 0.998 +0.985 0.938 0.891 0.868 0.859 +0.833 0.832 0.815 0.770 0.725 +0.721 0.699 0.683 0.659 0.655 +0.613 0,589 0.559 0.545 0.543 +0.539 0.524 0.483 0.438 0.437 corr. Bonner Dureh- musterung g’ı 39° 7.6 40 8.5 41 1475 1472 1402 1455 1143 1146 1480 1479 1410 T4lı 1209 1415 1213 1469 1420 1470 1217 1473 1494 1353 1343 1225 1500 1477 1229 1359 1507 1488 1362 1482 69 r. — Kön.Z. D “1 O- Oo» -& DA N > ra) ÄAUWERS: || Bonner A.G.— Kön.Z. Deel. 1825 | Praee. Durch- 3 NET Tai || musterung a h m S4 ss | ' " 0 I | m | | e i A| 5 n nn Ro || #43°47' 29"ı | +0!428 n |Deel.?| 8%7 43° 1454 | Bo || 4220 | —o:12 + 6\3 27 -ö || - 5 3 Io 2 i m z | 3 | SE | 33 3 41.6 | 0.386 | g | 8.2 33 1244 | Lei | 41.6 | —0.37 + 2.0 55 56.52 4.1626 | 39 13 18.7 0.356 || o |) 8.0 39 ı522 | Lu | 48.9 | —0.69 — 4.4 2 6-7 || 6 hi 2 | | | ; \ 929 | 5 ee 4.2363 | 41 ; Er 0.347 || 6.7 41 1365 | Bo || 41.0 | —0.15 + 3.1 Sei ie | | Or » || 41.0 | —0.29 — 0.5 930 7 | 56 21.14 3.9790 | 34 10 24.1 | 0.319 | g | 7.7 34 ı265 | Lei || 42.5 | —0.08 — 1.4 | | | | ; lg | en | | 93 J | 5 57 = [3543259 | +43 9 es | +0.259 | N 7:4 43 1466 Bo | 42.0 | +0.32 — 0.3 | : R | 2 » || 42.0 | +0.23 + O1 932 | 9 | 57 497 | 4.3172 | 42 58 42.2 0.256 | n 9.1 42 1494 | » || 50.6 —0.28 — 7.4 933 ! | 57 22 | 4.0044 | 34 54 25-6. | 0.230 g 7:7 34 1272 | Lei || 42.6 | —ı.32 + 3.2 = : | 57 Es 4.2148 | 40 3I 55.4 | 0.226 i | 8.4 40 1503 | Bo | 40.9 | —0.15 + 2.8 35 | 57 28.32 | 4.1617 || 39 II 45.7 | 0.221 0 8.0 39 1533 Lu | 53-4 |#0:037 23:0 | | | | | 936 | S-9| 5 57 49.86 |+4.2738 | +41 57 51.8 | -+0.190 l 9.2 4I 1377 | — | —_— | — — n. 9 58 nz | 4.0072 | 34 59 7-5| © 165 g | 2 34 1276 | Lei | 50.5 | +0.76 + 7.6 = | 2 5 es | 4.3104 | 42 49 I0.I 0.155 2 | 9.0 42 1498 | Bo | 41.0 | +#0.35 +11.3 3 i 5 N ar2173 m Aoa5 I | 0.146 N | 7:7 40 1506 » || 48.0 | +0.15 + 0.9 5 | | = » » 147-9 | —0-MIE ORT IS 2 Br e | | 2 | 94 9 | 58 21.51 | 4.1516 | 38 55 55.9 | 0.144 || 0 | 9.0 38 1396 | Lu | 49.8 | +0.73 + 5.3 | I | | 941 | 8 | 5 58 45.45 |+4.2733 | +41 57 6.5 | +0.109 | | | | | : s | 7:3 41 1384 | Bo | 44.0 | +0.19 — 6.3 942 9 | 58 2 4.0030 | 34 51 59.9 | 0.108 | g | 9.2 34 1281 Lei || 43.1 | —0.59 + 1.0 943 8 | 58 47.66 | 4.2157 | 40 33 24.3 o-705, | as 7.9 40 1508 | Bo | 48.0 | —0.16 + 1.8 = > | F 2 Es 4.2642 | 41 44 9.2 | +0.045 1 9.2 4I 1386 „|| 40.9 | —0.55 — 0.I | x 4.3550 | 43 49 50.9 | —o.ooı | n || 9.2 43 1483 | — | — — I | || 946 9 | 6 0 21.94 | +3.9982 | +34 43 33.6 | —0.032 | g | 9.1 34 1287 ® | IEzEe 94 5 | [6) 2922 4.2295 | 40 53 49.1 0.044 | i 8.4 40 ı513 | Bo || 50.7 | +0.78 — 1.5 30.25 | 51.8 | | pl aa ai » 50.7 | —0.24 — 4.2 - 189) 30.54 | 43.7 | o oo» | 50.6 | —0.54 + 3.9 8 | | | ul 94 9 | o I 3,9941 | 34 36 30.0 | 9.050 | 8 | 9.0 34 1288 | Lei | 43.1 | +0.49 + 1.6 949 9 | o 4.2259 | 40 48 2 0.070 | 1 8.8 40 ı518 | Bo | 4r.ı | #052 L.ı lee R 3 2 | | 26.3 | © | » ” | 41.0.) —0.29 — 7.0 | 59.32 4.3985 | 44 47 3.0 | 0.087 | n | 7:5 44 1396 | 45:92 2250585 a =) | | | B | | || | | || | I 6 8 2543 29 55 | | = ? | 1 a +4.2543 | +41 29 55.4 | —0.133 | 1 ||RA.? | 8.0 41 1394 | 43.5 | —o.32 + 9.2 95 157.26 4.3910 | 44 36 59.3 0.162 | u 7:7 44 1399 » || 43.5 | +0.33 +10.5 953 | 7 | 2 8.90 | 4.1818 | 39 42 35.7 0.188 | o | 7.9 39 ı553 | Im | 52, | =0.3I0 er || R x | Sz ESS ‘ 954 i | 10.10 4.1596 | 39 8 21.9 0.189 | i | 9.0 39 1552 » || 49.0 | —1.30°+ 6.3 955 | 2 16.30 3.9626 | 33 4I 13.9 0.197 | | 7:5 33 1279 | Lei | 42.6 | —0.90 — 3.7 | | | | | | | 956 8 | 6,2737724:20 | #4-1927 | +39 59 3.7 | —0.269 | o 8.0 39 1559 | Lu || 51.0 | —0.47 + 2.8 a1 9 || 3 14.11 3.9670 33 49 7-9 0.283 | g | 9.0 33 1281 | Lei | 43.6 | +0.21 — 7.9 95 22| 3 ns 4.1839 | 39 45 52.7 0.288 | o | 8.5 39 1562 | Lu || 49.8 | +0.517 — 4.2 j : | 31.12 | 51.3 | i » ” 49.9 | +0.44 — 2.8 = | 33933 4.2568 | 41 33 39.4 | 0.320 | | 9.1 41 1402 | Bo | 45.0 | +0.18 + 1.0 960 18-9 3 39.69 4.3494 || 43 42 37-8 0.321 | n 8.7 43 1499 | 45.6 | +0.20 — 7.0 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. rl | Bonner A.G - Kön.Z. Praee. Praee. Durch- —_— — ınusterung 57:61 | +4:2323 'g | —07347 31.06 | 3.9476 | 0.395 | 45:05 | 4.4039 | ! 0.419 58.78 | 4.2308 4 5 3.5 | 0.436 59.10 | . 14.00 | 4.2551 . 0.458 34.88 | +4.1742 3 —0.488 37:86 4.2242 3 0.493 43.22 | 3.9479 5 15.0 | 0.501 44.69 | 4.1605 Ana], 0:502 36.00 | 4.2160 || : 0.579 48.52 | 44.2247 > —0.596 49.10 | 3.9468 x 3 | 0.596 55-44 4.1861 :9 \ 0.606 12.87 4.2394 9 E 0.631 34.21 | 3.9678 .3 | 0.662 41.52 |+4.3115 | —0.673 41.78 | 44-42 | 4.2111 | 0.677 18.36 | 4.2080 x 0.727 | 38.10 4.1692 22 0562| 38.79 | 47-42 | 4.2917 | 0.769 nvouime 17.59 | +4.3673 || —0.813 26.77 | 4.3134 0.827 32.00 | 4.3833 || 0.834 37-52 3.9500 | 0.842 5.14 | 4.2156 0.883 5.35 | 15.13 Iuniger —0.897 19.95 4.3159 || | 9.905 24.10 3.9952 | 82 | 0.11 30.97 4:3509 | 4 8.2 | 0.920 2.70 3.9976 28.2 | 0.966 20.79 |-+4.2159 | 46.8 | —0.995 21.19 45-9 | 39.97 4-3302 |) 27.2 1.021 52.06 4.2118 | 4 49.1 1.039 52.93 | 47-7 57-40 | 3.9837 30.9 | 1.046 7-25 | 4.3442 42.0 | 1.060 72 AUWERS: | | E65 Bonner RA. 1825 Praec. | Deecl. 1825 aec. | & i Durch- | | musterung 6" 12" 22°%70 | +4%2097 | -+40°26' 57"4 i ; 40° 1588 23.78 27 06 | e n 27.55 | 4.3003 | 42 37 34-7 E ‚© 42 1547 59.10 3.9880 | 28 24.9 s .6 34 1336 16.83 4.2090 | 26 19.8 o | 1594 26.30 | 4.3823 | 544 | 1. | 1443 | | |! | 1001 9 6 13 45.05 |-+4.3599 | +43 59 24.7 | —1.203 | n || 8.9 43 1538 | 48.3 | +0.21 + 5.9 1002 | 7 |) 13 54.51 4.2750 | 42. 2 41.0 | 1.216 | 1 || 7-0 42 1552 » || 45.1 | —0.22 + T,9 1003 | 7 | 13 55.98 4.1919 | 40 O0 54.1 1.219 | I || 7.8 40 1598 » || 41-0 | 0.52) — To 1004 | 9 | 14 3.78 3.9490 | 33 19 44.8 | 1.230 | g | 8.4 33 1318 | Lei | 41.7 | —0.41 +14.4 1005 | 8 | 14 8.06 | 4.2090 | 40 26 40.8 | 1.236 0 7.5 40 1599 | Bo || 40.9 | —0.75 + 1.2 1061 7 | 6 ı4 25.27 | +4.1817 | +39 45 43.9 | —1.262 7.2 39 1629 | Lu | 48.8 | 40.37 — 1.0 1007 | 9 | 14 41.10 3.9450 | 33 12 44-8 | 1.285 g 8.5 33 1320 | Lei || 41.7 | +0.37 + 1.4 1008 8-9 I4 50.71 4.2426 | 41 16 25.4 1.298 an 8.9 41 1440 | Bo | 45.0 | —0.03 + 5.8 | | . 1009 | 7-8 14 53.11 Au15Aa || 2 39 3, 58:3 0 2er.302. ||UBı 7.8 39 1632 | Lu | 49:9 | —0.19 + 0.I 1010 | 8 || 14 55.15 | 4.2031 | 40 18 10.8 | 1.305 o 7.8 40 1603 | Bo | 44.9 | 70.19 — 0.4 1011 | 7-8|| 6 15 30.45 | +4.1882 | +39 56 o.2 | —ı1.356 | o 7:9 39 1634 | Lu | 48.9 | —0.39 — 6.5 1012 | 9 15 49.50 | 4.0070 | 35772742.9 1.384 | g | 8.7 35 1412 » 149.2 | +0.32 + 9.7 1013 | 9 15 54.02 | 4.2682 | 4ı 53 57.4 | 1.390 1 9.0 41 1444 | Bo | 43.4 | —0.I5 + 1.2 1014 | 8 15 54.57 | 4.3416 43 35 50.8%| 1.397 | nel 8.4 43 1543 » || 42.0 | -F0:04 7 1015| 8 | 16 10.17 4.0087 | 35 5 52.3 Ma: g | 8.1 35 1416 | Lu || 49.1 | +0.88 + 0.6 | | I | | | 1016 | 8 | 6 16 24.13 | +4.1594 | +39 12 24.5 | —1.435 oı 7.6 39 1635 » | 48.9 | +0.33 — 0.1 s 8 | 25.35 | | 25.6 | [31 u Ro en „ | 49.0 | —0.89, — 1.2 1017 8 || 16 34.18 | 4.3047 | 42 45 36.9 1.449 | n 9.0 42 1558 | Bo || 41.0 | +0.01 — 1.3 1018 | 7 || 16 40.08 4.1537 | 39 3451| 1458 | i | 7:4 39 1637 | Lu || 49.9 | —0.19 — 3.5 » 7-8| 40.14 | | 41.6 | o | wo un m » 149.8 | —0.25 0.0 10191 8 | 16 44.35 | 4.0099 || 35 8 12.4 1.464 | g || corr. | 8.7 35 1417 "11 49.2 | +0.31 + 2.6 1020 | 9 | 16 45.41 | 4.2950 | 42 32 14.4 1.467 | 1 || corr. | 9.1 42 1559 | Bo || 41.6 | +0.99 — 1.7 | | || || | 1021 | 7 | 6 17 6.51 |+4.1805 || +39 45 5-5 | —1.496 | i | eorr. | 7.4 39 1641 | Lu \ 48.8 | Zoo 5.0 1022| 8 | 17 57.86 | 4.1535 | 39 7-7 1571| 0 | 8.3 39 1645 » | 48.9 | _o2al ma „ 8 | 58.51 | 5.8 In] » ” „ » | 49.0 | —0.87 + 0.5 1023 | 7 || 18 2.36 4.2509 | 41 30 17.4 | 1.577 | l | 7.0 41 1451 | Bo || 40.9 | —0.15 — 0.5 1024 | 8-9| ı8 12.61 | 4.3772 | 44 24 39.3 1.592 | n 8.5 44 1464 | = || 955 | 9.23 — 2.6 1025 | 9 18 42.88 | 3.9334 | 2 53 44.9 1.636 || g | 86 32 ızıı | Lei | 41.7 | —0.24 — 5.2 1026 | 7 | 6 18 51.60 +4.1841 | +39 51 46.6 | —1.649 | i | 7:0 39 1649 | Lu || 49.9 | #0.01 — 3.0 » 7 51.76 43.1 II 2020) » » ” » | 49.8 | —0.15 + 0.5 102 8 | 19, 2:59 | 24.3502 | 43 49 16.9 | 1.664 | n |) 8.0 43 1549 | Bo | 42.0 | —T.00 + 2.2 1028 | 8-9 || 19 3.42 | 4.3018 | 42 43 0.0 1.666 | 1 || 9.0 42 1565 ” | 40.1 | +0.56 + 6.4 102 8 || 19 10.28 3.9324 | 32. 52 5.0, 1.676 | g | 8.4 32 1314 | Lei || 52.7 | +0.13 — 6.2 1030 | 7-8) 19 33.61 3:9337 | 32 54 42.1 1.708 || g | 8-1,32 1316 » || 43.1 | —I.607 + 5.2 I | 1031 | 8 6 19 53.14 |+4.3730 | +44 20 7.2 | —ı1.737 | n 8.5 44 1476 | Bo || 49.0 | —ı.10 + 6,5 1032 12095 | 20 4.95 | 4.1896 | 40 0 50.4 1.755 ie 9.0 40 1625 » || 45.0 | #0.17 — 6.5 10331 9 | 20 17.20 4.2738 | 42 A 31.3 1.773 I | 8.6 42 1566 || 46.7 | —0.13 — 8.3 1034 | 7-8| 20 48.80 | 4.1847 | 39 53 55.0 | 1.819 || o | 7.2 39 1661 | Lu | 54.3 | —0.39 + 0.8 1035| 9 || 210217229 3.9340 | 32 56 13.4 | 1.837 g | 8.8 32 1323 | Lei || 54.1 | —0.23 — 2.9 vo o,0% RA. 1825 6% 21° 21 21 2I 2I 7.50 12.17 | 20.26 33-17 52.55 3-51 3.68 13.52 | 19.97 20.71 33-43 34-97 | 18.62 30.52 59.50 9.03 25.65 26.96 29.55 40.67 53.57 54.56 24.95 2.10 17.38 27-76 31.71 33.16 35-92 37-97 16.97 28.01 2.72 3.11 9.46 17.56 29.79 | 1.02 2.66 3-51 Math. Abh. Vierzehn | +4°2058 3.9336 4.3229 4.1713 | #4.3207 3.9405 4.2839 | 4.1948 | | +4-3293 4.2711 4.0007 4.2380 | | +4:.2380 4.1448 4.4137 +4.1875 4.3749 4.2297 +4.2495 4.1999 4.1602 4.3602 FI03TT. 3-9379 | 4.1718 | | - 3.9974 | 3.9817 | 4.1644 | 4.1971, unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. Deel. 1825 +43 +41 +41 +40 a2, ro pr 6.9 | 20.2 3-4 33-5 46.4 | 29.5 | 73.12) 37.0 Beral| 51.9 | 29.3 | 58.0 49.6 24-7 2 58.9 0 30.0 | Praee. 2.458 — 2.470 2.488 2.533 2.535 2.536 Bonner Durch- musterung 5 40° 1631 9.2.3201.325 8.6 43 1558 7.0 39 1664 9.3 33 1353 no vu DJ Bo | 51°7 | #0:51 + 175 Lei | 44.6 | —0.58 + 7.6 Bo | 41.6 -+0.14 — 5.9 Lu:| 533 | -o.55 + 0,7 | 155.4 ; : l.ei. || 41.7 —0.19 +14.6 I | | | Bo || 41.6 | —0.13 — 8.2 ” 41.6 | —0.30 — 1.9 Lei | 41.7 | #+0.15 + 2.6 Lu | 49.0 | -+0.49 0.0 ” 48.9 | —0.25 — 4.2 Bo || 46.3 | —0.39 + 0.5 40.8 | —0.32 — 0.7 ” | 42.0 | +0.14 — 47 41.1 | —0.24 + 8.9 Lei || 44.6 | 0.00 — 1.2 Bo || 45.0 | #1.12 + 3.0 a 45.0 | —0.19 — 2.9 ” 48.8 —0.56 + 2. 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Bonner Durch- musterung A.G. — Kön.Z. [e>) oı > ° - a (5) [927 un DT + | o° a | [0° [07 7.0 40 1696 | Bo | 47.6 | —0.18 — 8.8 De » 1 47.7 | —0.63 — 7.9 6 33 1394 | Lei | 54.6 | —o.I0o + 1.1 " ‚ 48.7 | —0.46 3.9 7.0 39 1736 | lu || 48.9 | +0.40 + 2.8 u na | +0.18 + 3.4 8.5 44 1533 | Bo || 50.0 | —0.58 — 4.6 8.8 33 1398 | Lei SE —0.49 + 3.2 5.7 43 1595 | FC | 43.9 | 0.30 + 8.4 7.8 33 ı401 | Lei | 41.7 | +0,32 + 1.5 7-6 40 1707 | Bo || 53.9 = 25 + 1.3 8.6 40 1710 il 40.0 | -+0.72 — 2.8 ” ” ” 40.0 | +0.52 + 7.6 9.0 38 1602 | Lu || 49.0 | —0.84 — 1.0 | 8.0 43 1600 | 41.5 | —0.36 — 3.6 9.0 4I 1522 » || 44.6 | 0.11 4377.5 47.7 | +0.30 — 2.8 oo xD 7 °© - 71 17 D ed =) + Gr 4 ° ° 9,1 - | - o Fr we » » || 44.9 | —0.60 + 2.9 7.3 40 1723 45.0 | ner — 88 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 75 | | Bonner RA. 1825 | Praec. Deel. 1825 Praec. & || Bem. Durch- | musterung 1106 | 8 6b 41847 | +432255 || +41° 10! 57'0 | — 3'284 l 89 4ı°1532 | Bo | 42°5 | —0%23 + ı!s 1107 1 8 37 43-38 4-3426 | 43 56 25.7 | 3.287 | n | 8.8 43 1604 » 4L.I +015 — LI ” 8 43.62 | 31.2 | In non » „ |» —0.08 — 6.6 1108 | 8 38 1.91 4.1834 | 40 8 15.4 | 3.313 i 7.2 40 1729 „|| 54.3 | —0.43 + 8.7 1109 | 9 38 17.24 4.2158 40 57 21.9 | 3.336 | o 8.4 40 1731 » || 41.9 | —0.07 — 2.6 » 8 | 17-75 | 20.5 | ge »ln42.01 | 0.58) — 1.2 1110 | 6-7 38 22.89 | 4.2575 41 58 30.1 | 3.343 l 5.2 41 1536 n || 46.3 | —0.17 — 3.5 | | | Iı1ı 9 | 6 38 34.14 | 43-9745 | +34 24 47-8 | —3-360 | 8 | 8.9 34 1470 | Lei |) 65.1 | —o.ıı + 1.7 r112 | 9 38 39.92 | 4.2968 2 54 46.4 | 3.368 | n || 9.3 42 1609 | — II. — — a 9, | 38 50.02 | 3.9965 35 3546| 3:383 || g 3.7 35 1496 | Lu | 49.1 | +0.32 — 0.2 1114 & 38 51.45 | 4.2001 | 4o 34 32.8 3.385 || o | 7.5 40 1732 | Bo | 455 | 40.33 + 1.7 » -9|| 52.49 34.0 | il en » 45.6 | —0.70 + 0.5 1115 | 7-8| 39 30.37 4.2478 | 41 45 53.8 3.440 | 1 | 7.8 41 1546 » 45.0 | —0.53 + 4.6 1116 | 9 | 6 39 50.47 |+3.9690 | +34 16 38.0 | 3.469 | g 9.1 34 1472 | - 1117 8 | 39 50.96 | 4.2002 40 36 6.2 | 3.471 | i 8.4 40 1738 | Bo || 40.5 | —0.06 — 4.7 » 8-9 | 51.83 | | 8.8 | o | Eu » 40.4 | —0.93 — 7-3 ııı8 | 8 || 40 5.94 4.2914 | 42 49 1.0 3.492 | n | 7.3 42 1613 » 41.6 | +0.1I — 7.1 DIRON 7 40 20.97 | 4.3896 A 2a 2.573 ne | 7:0 45 1359 ” 48.0 | +0.34 + 8.4 ıızo | 7 | 40 26.71 | 4.1809 | 40 7 32.9 3.521 | o | 7-3 40 1739 » 144.9 | —0.51 — 0.8 | | | | | ur2r 17:9 | 6 40 29.14 |+4.1785 | +40 3 59.8 | —3.525 | o 8.9 40 1740 ” 50.7 | —0.21 + 4.2 ı122 | 8 40 42.91 | 3.9587 33 59 24.4 | 3.545 g | 8.3 33 1422 | Lei || 45.0 | —0.07 + 0.2 1123 | 3 || 41 26.09 | 3.9547 33 53 6.6 3.607 | g 8.5 33 1424 == 54.20 |. 0.285 3,7 1124 | 9 41 33.53 | 4.1740 39 58 32.4 | 3.618 Ye | 8.1 39 1772 | Lu || 49.1 | —0.49 + 2.7 ” 8-9| 33-90 | 37-5 | o „on » » 49.0 | —0.86 — 2.4 1125 | 7-8 41 47.79 4.1505 39 22 22.6 | 3.638 | 7-3 39 1774 ” 54-4 | +0.52 — 2. 1126 7-8 |) 6 41 53.35 | +4.2182 +41 5 50.1 | —3.646 | 1 7:4 41 1549 | Bo || 40.0 | +0.58 — 5.9 1127 | 7 | 2 15.41 | 4.3037 | 43 9 726 I 3:078 | 7.5 43 1615 » 11 45.0 | +0.21 + 3.4 1128 | 9 | 42 16.72 | 4.1418 | 39 9 23.9 | 3.680 | o | 9.0 39 1777 | Lu |) 53.2 | —0.07 + 3.3 1129| 9 | 42 34.08 | 3.9544 | 33 53 56.6 | 3.704 | g || 9.0 33 1427 | Lei | 41.7 | #0.61 — o.7 1130 | 8 || 42 50.23 | 4.3657 | 44 34 31.8 3.727 | n | 8.1 44 1552 | Bo || 42.5 | +0.03 -+ 2.0 | | | | | | | 1131 8 6 43 38.95 | 44.3788 | +44 52 42.5 | —3.797 | n | 8.4 44 1554 a 46.7 | —0.31 — 1.I E32 1637 43 43.28 4.1638 | 39 45 42.8 | 3.804 | i | 7:7 39 1788 | Lu || 53.3 | #+0.62 + 4.8 ” 8 44.20 | | 42.7 | | o || nu in » || 53.2 | —0.30 + 4.9 1133 | 9 43 58.62 | 3.9493 | 3347 219 | 3.825 | 8 | 33429 a | mraa |. 7 44 0.87 4.2024 | 4045 0.3 | 3.829 | | 7.0 40 1757 | Bo || 44.2 | +0.08 — 1.0 „ 7-8 || ar | 44 57-2 0 I » | 44.I | —0.22 + 2.1 1135 | 8 | 44 9.80 | 4.3786 | 44 53 ı1.8 | 3.841 n 8.3 44 1556 » 11 46.7 | —0.06 — 2.8 | | | a 1136 | 6-7] 6 44 49.92 |+4.3976 | +45 18 36.4 | —3.899 | n | 6.0 45 1367 | » 45, | +0.12 — 0.2 21137 18 | 45 27-855 | 4.2129 | 4I 2 54.2 3.953 o | 7.0 4I 1557 ” 47.0 | —0.34 — 5.2 ” 7-8 | 28.16 | | 53.6 | | I | De » || 47.1) —0.65 — 4.6 1138 | 9! 45 30.60 | 3.9521 N 33 53 51.0 3.957 | g \corr. | 6.3 33 1433 | Lei | 41.7 | —0.19 — 1.4 1139 | 7 || 45 32.31 | 4.2486 | 41 55 34.1 | 3.959 | l | 6.6 4ı 1558 | Bo || 41.0 | —0.33 — 2.6 1140 1 8-9 || 45 49.86 | 4.1811 || 4o ı5 20.2 3:985 || i | 8.7 40 1762 » | 40.5 | 40.38 + 7.4 ! Grösse zu löschen? (vergl. Nr. 922) 10* oO SO: O1 0 DD OO mV %0 ir Ne) 10 BD DD DO O0 ©o0 © on no 6" 46” 38527 46 46 46 46 6 47 nun nn (on in an un un m on 44.53 SLR 56.10 | 59.16 9.85 10,10 43-00 0.88 | 6.22 29.75 29.88 45.07 59.21 | 10.99 43:07 45.57 57-79 16.72 | +3.9727 4.1607 4.2727 4.3691 | 4.3899 +4.1528 4.1911 ‚ı+3.9404 4.1777 4.2027 3.9088 4.3105 |+4.3052 4.1436 17-42 | 19.15 | 45.94 | 6.19 12.82 32.55 45.84 47.01 36.71 45.03 | 21.01 24.73 25.75 36.19 47.65 | 49-41 29.27 29.72 | 44.04 | 46.14 2I.20 29.64 30.03 39.78 | 44.25 | 4.2799 4.3818 4.2653 \+3.9326 | 4.2648 | 4.1972 | 4.1345 4.2491 \+4.1860 4.2720 || | 4.3667 | 3.9496 | 3.9478 | +4.1670 | 4.3572 3-9477 4.2502 \ 4.1793 +3.9478 4.3382 4.1885 4.2361 4.2012 4.3005 | 3:9463 | 4.2622 | Deel. 1825 +34° 32' ı8!1 39 42 44 45 +39 +43 +40 +34 45 32 44 12 31.4 AUWERS: 19.6 | 46.5 18.4 43.0 47-9 43.6 | 49.6 | Praee. Ccolr. | corr. Bonner A.G. — Kön. Z. Durch- | musterung Cat AEp.| Aa Aö 89 34° 1501 | Lei.|| 40°2 | —0°%44 = 2% 7.3 39 1799 | Lu | 48.8 | -0.09 — 0.8 6.5 42 1629 I Bo || 41.5 | —0.06 + 2.4 8.5° 44 1562 | 42 | 40.32 + 9.5 8.8 45 1372 | » || 42.0 | +0.27 0.0 8.3 39 1803 | Lu | 53-3 | —0.21 + 4.2 win ” » || 53.2 | —0.46 — 0.7 8.7 43 1630 | Bo | 46.3 | +0.26 — 1.2 8.6 33 1445 | Lei | 40.7 | —0.18 + 4.5 7.3 42 1636 | Bo | 48.0 | —0.24 — 1.4 7.3 40 1770 | 47.2 | —0.19 — 3.4 I ” | 47.3 | —0.32'— 0.8 9.3 33 150 | — | — | — | —_ 8.0 40 1771 | Bo || 40.5 | +0.12 + 0.6 8.5 40 1774 » 48.0 | +0.05 + 3.2 8.3 32 1458 | Lei ||. 41.6 | —0.09 + 0.1 2. ,4301697 || © | 9.3 43 1658| -— | — | — — 8.3 39 1822 | Lu | 53.3 | +0.37 + 0.8 wie » || 53.2 | —0.32 + 4.3 8.5 42 1642 | Bo | 40.0 | —0.09 + 5.6 9.0 45 1379 "43.5 | +0.62. + 8.2 9.0 42 1647 » | 56.0 | +1.24 + 5.1 = | 8.8 42 1648 | Bo || 50.4 | +#0.06 — 1.5 7.0 40 1783 » 1144-9 | 40.17 — 1.3 arg » || 45.0 | —1.00 + 1.2 8.9 39 1837 | Lu || 49.0 | —0.33 — 2.8 8.5 42 1651 | Bo || 50.4 | +1.37 — 6.2 8.5 40 1787 » | 40.0 | +0,03 + 4.2 8.7 42 1654 » | 49.6 | +0.19 — 3.4 9.2 44 1577 | » || 42.0 | -0.43, 1.7 8.9 33 1464 | Lei | 41.7 | —0.90 + 8.1 8.4 33 1467 2.7 |. -+0.27/— 1.4 8.7 40 1788 | Bo | der | -+0:174 32:6 9.2 44 1582 “>| 45.7 | #0.63 + 1.2 7.9 33 1468 | Lei | 41.7 | —0.26 + 2.7 8.3 42 1658 | Bo | 41.5 | —0.22— 0.8 8.8 40 1791 » | 44-4 | —1.I5 + 3.4 8.0. 33 1472 | Lei || 41.1 | —0.08 + 2.3 7.0 44 1584 | Bo || 41.6 | —0.20 + 2.7 8.5 40 1795 | 48.4 | —0.04 — 2.1 8.7 41 1594 | 44.5 | —0.73 — 5.0 7.8 41 1596 || 41.0 | —0.06 + 3.8 Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. 1% Bonner A.G.— Kön. Z. Durch- musterung . AEp. Aa 8 6% 55 50foo |+4°2723 | +42°46' 57:5 | —4:838 In 825 42°1663 | Bo | 41°5 | —o:34 +11'3 9 56 3.10 4.1546 39 5I 39.0 4.858 | o | 8.2 39 1857 | Lu || 53.2 | +0.60 + 6.5 9 3:73 | 38.5 | 3 | » || 53.3 | —0.03 + 7.0 8 56 15.62 3.9284 33: 27 20.7 4.875 | 8 | 8.0 33 1474 | Lei || 42.7 | —0.10 + 1.3 8 56 51.80 | 4.2916 43.16 71.9 4-925 | n 8.6 43 1648 Bo || 41.6 | —0.24 + 2.8 8 56 55.62 3.9303 33. 31 57.4 4.931 | g 8.0 33 1479 | Lei || 43.5 | +0.08 — 1.9 8 6 57 5.89 |-+4.2338 | +41 53 34:6 | —4.946 | 8.6 4ı 1601 | Bo | 40.0 | +0.31 + 1.6 7] 57 14.69 | 4.1160 38 52 38.3 4.959 | ı || 7.5 38 1693 | Lu || 49.1 | +0.34 + 0.9 8 | 0.2 | I | DE | u 1 — 0.08) — 1.0 8 15.58 | 47.2 lo | » | 49.0 | —0.55 — 8.0 9 57 20.03 | 3.9081 | 32 51 30.6 4.965 | g | 8.5 32 1486 | Lei | AT.T | 12.0.0145 7.0 9 58 0350| 3.9564 34 21 26.6 5.023 | g | 9.0 34 1539 » || 40.2 | —0.02 + 0.7 9 | 58 17.81 | 4.3336 | 44 17 12.7 | 5047 | n 9.1 44 1594 | | | | | | 9 | 6.58 23.36 |+4.2550 | +42 27 0.9 | —5.055 | ı | 9.2 42 1667 | Bo | 44.6 | +0.74 + 1.9 I 59 1.93 4.1687 40 19 15.0 5.111 | i | 7.7 40 1803 » || 43-5 +0.92 — 4.2 7 2.52 | 14.9 | » | a ul ee 7 3.34 | Irere| | o » „ 43-4 | —0.49 — 0.3 9 59 20.32 | 3.9308 | 33 37 13-8 5.135 | g | 8.3 33 1482 | Lei || 42-7 —0.08 — 4.4 7 | 59 27.66 4-3247 | 44 6 58.5 5.145 | n | 6.7 44 1598 | Bo | 41.6 | —0.68 +13.4 6 59 36.22 | 4.1402 | 39 35 43.3 | 5.158 || o | 5.4 39 1882 | FC | 43.8 | +0.25 + 1.3 | || | | | | 7 6 59 54.73 | +4.3304 | +44 15 57.2 | —5.184 | 7:8 44 1599 | Bo || 46.4 | +0.12 + 3.9 9 59 56.38 3.9226 | 33.23 14.4 | 5.186 | g | 7.3 33 1486 | Lei | 40.7 | —0.61 + 0.4 9 7 0 19.17 4.2134 | 41 29 38.2 | 5.218 | 8.5 41 1613 | Bo | 45.0 | —0.23 +10.2 8 20.16 | 4.1659 | 40 17 20.6 | 5.220 | o | 8.2 40 1807 n || 48.4 | +0.34 + 2 9 © 53.40 | 3.9560 | 34 26 12.3 | 5.266 | g | 8.7 34 1555 | Lei | 41.7 |, —0.66 — 6.8 8-9| 7 1 14.96 |+3.9588 | +34 31 47.4 | —5-297 8 I 8.3 34 1556 » 40.2 —0.14 + 5.4 8 I 46.16 4.2655 | 2 49 45.4 5.341 | n | 8.4 42 1678 Bo || 45.0 0.00 — 5.1 8 46.92 | 38.4 | l | nn » 45.0 | —0.75 + 1.9 8 2 39.21 4.1465 | 39 5I 25.4 5.415 | i || 8.9 39 1898 | Lu | 54.4 | —0.28 + 4.6 8 2 41.60 42450 | 4221 45 5.419 | | 8.8 42 1682 | Bo || 45.7 | —0.17 + 3.9 9 STASI 3.9061 | 32 57 57.8 5.433 | eg | 9.0 32 1504 | Lei | 41.1 | #+0.25 + 4.0 | || 8s-9o| 7 3 5.94 |+4.3733 | +45 20 5.5 | —5.453 | n | 8.0 45 1409 | Bo || 46.7 | +1.29 — 3.1 8 || 3 20.60 4:2455 | 42 23 12.2 5.473 | 1 || 8.0 42 1685 ” 48.5 | —0.08 — 1.2 7 3 36.77 | 4.2386 | 42 13 44.2 5.496 | 7-7 42 1687 | » || 40.5 | —0.59 — 3.6 7 5 28.45 | 4.1963 | 41 14 41.2 | 5.653 || 1 | 7.5 41 1628 » || 50.7 | +0.25 + 1.6 6 TEST Ton 2arr933 |, Ar nr 20:5) | 5.685 | | 6.0 41 1630 » || 43.9 | —0.02 + 1.4 | | || | || 9 | 19 55 50.92 |+2.3105 | +33 1552 | +9.713 || a | 8.5 33 3699 | Lei | 40.9 | +0.30 + 3.5 9 56 33.91 | 2.3139 | 2 57 54.0: | 9.768 | a | 8.7 33 3708 | » || 40.9 | —0.37 — 7-7 8 | 57 38.19 | 2.3131 | 33 337-0 | 9850 | a |) 7.5 33 3716| » || 43.4 | #0.19 + 0.7 8 | 38.28 | | 34.8 | | » » | » | +0.10 + 2.9 9 59 15.67 | 2.3381 | 32 17 20.3 9.973 | & | 9.5) 327371037 —— — == Ka SE ll 20082 017.81 2.3827 | 30 52 36.5 10.196 | a | 8.0 30 3917 I Lei || 42.0 | —0.07 +16.9 78 AUWERS: | | Bonner A.G. — Kön.Z. RA. 1825 Praee. Deel. 1825 saec. | | b Durch- zei | 27 | | musterung 1216 | 8 || 20% 4m 17:89 |+23827 | +31° 0'502 |+10346 | a 85 31°3982 | Lei || 43°6 | +0°03 + ı"8 1217 1 8 | 603722 | 2.3387 32 43 38.6 10.485 | a 8.2 32 3745 » 54.4 | +0.67 — 0.4 a 3.76 | 35-5 . Eee || = | Homal2 27 1218| 7 | 8 1.84 | 2.3534 | 32 20 16.9 10.632 a 6.8, 3223757 » 44-5 | +0.16 + 3.7 » 7 | 2.06 | 22.0 | ”) Trier ae » ”» 10.06 — 1.4 1219 7 | 9 52.98 2.3706 | 31 50 38.3 10.769 | a 7.2 31 4018 > 44.9 | +0.13 + 2.0 1220| 8 | 10 49.06 2.3792 | 31 35 41.2 10.8358 | a 8.8 31 4027 » 42.9 | 0.00 + 4.4 1221 7 20 ıı 26.85 | +2.3811 | +31 34 8.2 | +10.884 | a 7:0 31 4029 » 42.3 | #+0.30 + 4.7 1222| 7 | 12 32.72 2.3851 | 31 30 7.9 10.967 | a| 7.0 31 4033 42.3 +0,34 + LI 1223 | 3 | 15 44.50 2.4049 | 30 59 32.6 11.198 | a | 7:0 31 4056 » || 42.1 | +0.58 — 0.6 122 8 || 16 18.68 | 2.4071 | 30 56 59.1 11.239 a corr. | 8.1 31 4058 » 64.0 | —0.34 +12.7 1225 | 8 | I6 40:56 | ‚2.4033 | 31 647.4. 11.265 a 8.0 31 4061 » | 43.4 | —0.46 +17.5 || | || | | 1226 | 9 | 20 17 49.39 | +2-4064 | +31 5 22.8 |-++11.349 a 9.0 3I 4072 ” 42.3 | +0.50 + 1.2 1227 | 9 20 5.80 2.3554 | 33 10 30.8 11.512 | a || corr. | 8.5 33 3908 ” 42.9 | —0.05 — 5.4 1228 7 2I 11.48 2.3540 | 33 18 45.2 11.591 a || 7:27,33 3914 » 40.9 | 40.07 + 1.5 1229 | 9 22 43.36 2.3589 33 I5 24.2 | 11.699 | a 8.7 33 3922 » || 40.9 | —0.36 + 1.2 1230 | 9 24 17.78 2.3544 | 33 33 24-3 | 11.811 a corr. 1 8.3 33 3931 » || 42:4 | #0.14 — 3-3 1231 8 20 26 28.34 |+2.4184 | +31 18 47.0 |+11.964 a corr. | 8.5 31 4129 » | 43.6 —0.02 + 0.9 1232 | 9 27 33.45 2.4151 | 31 31 46.3 12.040 | a || corr. | 9.0 31 4139 a 42.9 | —0.07 + 4.2 1233 | 8 30 45.69 2.3904 | 32 45 30.2 12.264 a 7.0 32 3883 » 140.9 | —0.17 + 1.4 1234 | 8 31 13.78 | 2.3920 | 32 44 ı6.1 12.296 | a 7:9 32 3886 » || 41.9 | +0.28 +14.1 123519 | 33 31.38 2.4207 | 31 49 33.4 12.454 | a 9.0 31 4176 » | 42.9 | +0.08 + 0.1 1236 | 9 | 20 34 31.17 |+2.4082 | +32 24 20.0 |+12.522 | a 8.7 32 3903 » || 40.9 | +0.36 + 7-2 1237 7\ 36 15.38 | 2.3917 | 33 12 13.9 | 12.641 | a corr. | 8.0 33 4003 » 1 42.3 | —0.01 + 6.4 1238 8-9| 39 0.59 | 2.4376 | 31 38 40.8 12.827 | a |ı 8.2 31 4213 » | 42.9 | +0.117+5.6 » | 0.63 | 54.5 |» | See | =. ‚| Haager 1239 I 8 40 0.21 | 2.4428 31 31 55.6 12.894 a, | 7-1 31 4220 " | 44.9 | +0.16 + 5.5 1240 | 9 |) 40 47.10 2.4452 | 31 30 27.0 12.946 | a 8.5 31 4225 » 144.9 | +0.01 — 1.8 | | || | | 1241 9 | 20 41 58.22 | +2.4668 | +30 43 53.7 |+13.025 | a | 8.7 30 4190 » || 42.9 | +0.42 — 6.9 1242 | 8 43 10.81 | 2.4701 | 30 42 20.2 13.105 a 7.7 30 4197 " 40.9 | —0.01 — 2.6 1243 | 8 | 44 27.26 2.4440 | 31 54 21.4 13.190 | a | 8.5 32 3968 ” 40.9 | #0.45 +12.7 1244 | 9 45 38.70 2.4494 | 31 48702 13.268 | a || 9.0 31 4248 » || 410 | —0.65 + 1.2 1245 | 9 46 34.69 2.4602 | 31 26 43.1 13.329 | a 9.3 31 4257 | II I | E | 1246 | 8 | 20 47 39.92 | +2.4487 | #32 2 25.5 | +13.400 a 7:3 32 3984 | Lei || 40.9 | +0.19 + 6.5 1247 7 | 48 14.94 | 2.4504 | 2, 723% 13.438 | a | 7:2 32 3989 » || 40.9 | —0.21 + 5.0 12481 9 | 48 56.93 2.4598 | 31 42 109 | 13.483 | a | 8.9 31 4271 n» || 43.6 | —0.07 — 8.5 1249 9 49 29.62 | 2.4609 | 31 42 26.4 13.519 | a | 8.7 31 4278 » 52.5 | +0.07 +17.6 1250 | 9 |ı 51 48.40 | 2.4700 | 31 33 45.9 | 13.667 | a 8.1 31 4297 ” Se | 0.12 + 3.6 1251 7 | 20 53 32.15 |+2.4758 | +31 29 47.1 | +13.778 | a 8.0 3I 4309 ” | 41.0 | +0.32 — 3.8 „ 8 | 32.25 | 46.8 |» | Sul ” ” | r | +0.23 — 3.5 1252| 8 | 54 42.84 | 2.4775 | 31 32 56.5 | 13.853 | 5a 8.7 31 4316 | » | 42-9 | —0.08 + 2.9 1253 | 8 |) 55 25.36 | 2.4970 | 30 46 q1.ı 13.898 | a || corr. 8.5 30 4294 » 1 40.9 | +0.64 — 1.8 1254 | 9 56 28.81 | 2.4992 | 30 47 25.3 | 13.963 a || eorr. | 8.9 30 4302 » 11 40.9 | —0.72 — 6.0 1255 8 | 58 8.33 2.4570 || 248 0.3 14.068 a 8.0 32 4046 ” 40.9 | —0.21 + 2.5 Nr. RA. 1825 1256 | 8 || zo® 59= 11398 1257 | 9 | 2ı o 8.88 = 9 9.75 1258 | 8 1 33.61 5 9 33.61 1259 | 9 2 42.31 1260 | 9 3 34.94 1261 82 21 24 043 1262 | 8 5 14.47 1263 | 9 7 35.03 1264 | 8 8 22.86 | 1265 | 8 9 58.47 1266 | 9 | 2ı Iı 6.99 1267 | 8 | IT 35.90 1268 | 9 | 12 21.39 1269 | 9 || 13 44.63 127017 | 14 0.33 1277 | 9, || 21.16 54.43 | 1272| 9 17 40.66 1273 | 9 18 30.55 1274 | 3 19 11.06 1275 | 9 20 5.41 1276 | 7 | 21 20 40.12 1277| 9 | 22 8.67 1278| 7 2397 ” 7 19.28 1279| 9 25 40.14 12801| 9 25 49.35 1281 | 8 || 21 27 30.13 » 9 30.31 1282 | 8 28 26.07 1283 | 8 29 27.44 1284 | 9 317. 383.73 1285 | 9 Bame18:32 1286 | 9 || 21 34 27.08 » 8 27.26 1287 | 9 || 35 30.75 1288| 9 | 36 11.22 | 1289 | 9 37 47-03 12901 9 | 39 13.16 Vierzehn unbekannt gebliebene Praec. | +2°4657 2.4604 2.4634 2.4688 2.4712 +2.4813 | 2.4823 2.4872 2.4765 +2.4896 2.5231 | 2.5247 2.5019 | 2.5164 | 2.5203 2.5724 2.5727 +2.5751 2.5810 2.5424 2.5885 ZU) \+2.5708 2.5973 2.6010 2.5858 2.5901 Deel. 1825 +32° 32’ 55°5 32 +32 31 30 31 31 53 52 55 54 48 48 1 55 58 58 7-4 54-3 2.1 52.4 57-4 46.3 9.8 20 14.8 | 9 37-4 12.6 50.8 43-7 2.3 28.6 | 36.0 20.5 54.1 59.8 18.0 43-4 58.1 21.0 23-7 46.9 | 1.8 22.4 24.9 4-4 22.5 24.8 8.0 43.9 44.06 10.6 | 145 39.2 38.0 Praec +14!134 14.190 14.280 14.347 14.404 || +14.429 14.504 14.645 14.693 14.787 +14.854 14.883 14.927 15.008 15.023 +15.190 15.234 15.282 15.320 15.371 +15.403 15.487 15.551 | 15.680 15.688 | +15.779 15.830 || 15.885 | 16.000 16.088 +16.148 16.203 16.238 16.319 16.392 || ! Identisch, mit Fehler —ıo° in der ersten Beobachtung? Königsberger Zonen. corr. | corr. Bonner Durch- 19 A.G. — Kön.Z. musterung | AEp. 8% 32°4049 | Lei || 4029 | —o}ı7 + 174 8.9 33 4168 ” 42.2 | +0.18 — 16.0 ” » ” ” » 1 —0.69 — 2.8 7-2 33 4176 40.9 | —0.02 + 0.7 non n 40.9 | —0.02 +10.3 9.0 32 4071 40.9 | —0.26 +12.9 9.1 32 4078 n» || 52.5 | —0.31 — 3.4 7-5 32 4083 | » | 44.4 | +0.38 + 7.8 7:4 32 4088 » 43-4 | —0.28 + 3.7 9.0 32 4101 » || 43-4 | —0.61 — 4.6 8.0 33 4210 || 40.9 | —0.03 + 1.6 7.8 31 4402 || 41.0 | +0.12 + 1.8 | | 9.0 33 4221 || 40.9 | +0.54 + 1.8 7-3 31 4416 || 41.5 | —0.01 + 7.7 7-8 32 4125 | 40.9 , +0.36 + 1.6 9217 732547331 0 r 7 — 6.0 32 4134 | Lei || 40.9 | 0.34 — 8.6 31 4437 | » | 41.5 | —0.14 — 3.0 8.0 33 4252 40.9 | —0.04 — 4.0 8.5 33 4256 | » | 40.9 | —0.37 -+19.9 6.9 32 4160 » 40.9 | —0.27 + 4.0 8.8 32 4161 » 41.5 | +0 I5 +13.1 5.8 31 4462 » || 41.5 | #+0.23 + 7.3 9.0 31 4471 | 41.5 | +0.95 —ı1.4 7.0 3I 4481 | 41.5 | +0.26 + 8.6 » “ || 41.5 | +0.16 + 5.9 8.6 31 4494 | Lei | 41.0 | +0.09 — 17.5 170 31.4499 | » |aro +0.23 + 47 non » 41.0 | 40.05 + 2.2 8.5 30 4481 » 40.5 | +0.05 + 1.5 8.0 33 4307 » || 40.9 | +0.23 +46.6 8.2 31 4522 | 40.0 | —1.39 + 4.3 8.0 32 4230 a lan 0000 9.4 8.5 32 4232 ” | 41.0 | —0.05 + 1.6 » » || 41.0 | —0.23 + 0.9 9.0 31 4534 | 40.5 | +#0.96 — 2.0 8.8 31 4536 | 41.9 | +0.16 + 5.1 1:3 32 4249 | 41.0 | #0.19 + 5.4 8.3 32.4253 41.0 | —0.26 — 1.1 on m m © o - = ° [07 08.8 © 1306 | 7 1307 | 8 1308 | 9 1309 | 9 u DD | SS 21 45 29.85 |+2.6103 || 46 51.33 | 2.6340 47 11.76 | 2.6346 48 35.86 | 2.6085 48 52.39 2.6099 2ı 50 5.34 |+2.0129 | 52 29.17 | 2.6199 52 35.58 | 2.6190 | 53 18.82 | 2.6139 54 44.85 | 2.6247 2ı 56 50.85 |-+2.6420 57 18.71 | 2.6453 59 10.63 2.6390 || 22 0 14.49 2.6419 | ou ÄAUWERS: Praee. RA. 1825 Bromnr82 40 59.17 \ 2.5777 42 25.91 | 2.6168 | 43 25.76 2.6226 44 4-82 2.6205 || 4.86 +2:6156 | Vierzehn unbekannt gebliebene Königsberger Zonen. | Decl. 1825 | +30° 43" 16:8 | 32 55 30.7 ZI 23.9 Ins I ae 19.4 4.I 39 5-2 45-4 0.4 3-9 5 25.8 ! Vielleicht 32°32' 1ı!8, Ad A.G.—R. = +20!8 35.2 | 34-6 | Praee. | 1 Mıaa \ +16.433 16.480 || 16.552 16.601 | 16.633 16.768 16.784 16.850 16.863 +16.922 | 17.034 17.037 | Mumorz | 17.137 +17.232 +16.702 | 17.253 | 17.337 | 17.382 | Bem. Berichtigungen. Bonner Dureh- musterung A.G. — Kön. Z. zu Bem.8: auch Deel. ist ganz verfehlt, ohne dass es gestattet wäre eine Correctur der Ablesung in dem erforderten Betrage von Rev. vorzunehmen. Wahrscheinlich ist die Beobachtung dureh weites Ausheben des Instruments völlig entstellt. Zone 4964 ofıg®47°68 st. 37 1392 qı°24'51l4 1.: 38 1392 41°27'51!4 Or.37 Bem.! ist zu streichen, der Stern ist = Lei 875 und an der Beobachtung nichts zu ändern. PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE ABHANDLUNGEN KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. AUS DEM JAHRE 1903. BERLIN 1903. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. £ * Re LEE aha I era RUE re m 7 a Tau ie andzunoeen uns aa0a | a Ta Ee I al hs | | > =] SA: Haren N vn | u T ie M. | Bat Vetma „aha, HOLE Me ; et I Eu Wi H ra TaeH u Hi iorch Bei j }. £ = | E N 1 h | 4 a i ’ i 4 [Y . ; 41 g 4 3 u 1 ART Bike ER 2 fen ; ’ 2 = = ee Fe SAHAL Teck EREyN | 21 5 . j a EORT. ZUINEH. = - F rue . - u ar DalprT Da HH IESH Ha EEE u A TR a 2 a IR re DER EAEW 7 Inhalt. Bornacn: Bericht über Forschungen zum Ursprung der neuhoch- deutschen Schriftsprache und des deutschen Humanismus . . . . Abh.l. aledal’ { - i . ” Di Wurm Hal up) ie ee er . eanimaiueniuk order ee een nad Bericht über Forschungen zum Ursprung der neu- hochdeutschen Schriftsprache und des deutschen Humanismus. Von H" KONRAD BÜURDACH. Philos.- histor. Abh. 1903. 1. I u - ® Tr Gelesen in der Sitzung der phil.-hist. Classe am 11. Juni 1903 [Sitzungsberichte St. XNXIX. S. 631]. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 27. Juni 1903. Ver den nachstehenden drei Berichten über Forsehungsreisen, die ich in den Jahren 1897—-1899 mit Unterstützung der Königlich Preufsischen Akademie der Wissenschaften ausführen konnte, ist der erste bereits im Jahre 1898 als Manuscript gedruckt und der Akademie eingereicht worden. Er sollte als Ankündigung dienen für die neue Ausgabe meiner Untersuchun- gen, die zuerst im Jahre 1891 unter dem Titel »Zur Kenntnifs altdeutscher Handschriften und zur Geschichte altdeutscher Litteratur und Kunst« im Centralblatt für Bibliothekswesen (Bd. 8), dann erweitert selbständig im Jahre 1893 als erster Theil des Buches »Vom Mittelalter zur Reformation. Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung (Halle a.S., M. Niemeyer)« ans Licht getreten waren. Einen Auszug aus der Vorrede und das Inhalts- verzeichnils dieses Buches hatte ich jenem Privatdruck zur näheren Erläute- rung beigegeben. Der zweite und der dritte Reisebericht sind der Akademie im April 1899 und im Mai 1903 vorgelegt worden. Alle drei Berichte erscheinen hier, bis auf einzelne unerhebliche Aus- lassungen. meistens persönlicher Bestandtheile, und ein paar stilistische Correeturen, genau in ihrer ursprünglichen Gestalt. Zusätze sind unter dem Text als eingeklammerte Anmerkungen kenntlich gemacht. Das wissenschaftliche Problem, um welches es sich handelt, ist — nach der Formulirung der eben genannten Vorrede von 1893, an die ich mich der Kürze halber anlehne — herausgewachsen aus meinem Versuch, früher (im Centralblatt für Bibliothekswesen, Jahrgang 1388)! von mir ge- äulserte Gedanken und Gesichtspunkte über den Werth und die Bedeutung ! Gelegentlich der Publieation des Katalogs der altdeutschen Handschriften zu Heidel- berg von Karl Bartsch. = 4 K. Burvacn: einer wissenschaftlichen Handschriftenkunde für die Geschichte der deutschen Litteratur ausführlicher darzulegen und tiefer zu begründen, Anfangs im Wesentlichen mit dem Material, das ich für meine Hallischen Universitäts- vorlesungen über die Geschichte der deutschen Litteratur im Zeitalter der Reformation gesammelt hatte. So ergab sich mir das Ziel, »auf das aus- gehende Mittelalter, die Zeit, in der die beiden Grundmächte der modernen Welt, Renaissance und Reformation, geboren wurden, mittels ge- nauerer Betrachtung der litterarischen Überlieferung ein neues Licht zu werfen«. Schärfer als bisher sollte die Frage beantwortet werden »des litterarischen Nachlebens und Absterbens der mittelalterlichen deutschen Dichtung«, »der ästhetischen und moralischen Umwandlungen, die sich in den Schicksalen abspiegeln, denen die Erzeugnisse der mittelhochdeutschen Litteratur in der handschriftlichen Tradition des 14. und 15. Jahr- hunderts ausgesetzt gewesen sind«. Die frühesten Anfänge der deutschen Renaissance, die ersten Regungen des deutschen Humanismus und die Ent- stehung der modernen deutschen Schriftsprache, überhaupt der wechselsei- tige Zusammenhang der litterarisch-sprachlichen, wissenschaftlichen, künst- lerischen und religiösen Bewegungen um die Wende des 14. und 15. Jahr- hunderts sollten hierdurch Aufklärung erhalten. Die gegenwärtige Veröffentlichung erfolgt in dem Augenblick, da die drei Vertreter der deutschen Philologie in der Königlich Preufsiselten Aka- demie der Wissenschaften, die HH. Schmidt, Roethe und ich, ein Pro- gramm für die künftige Pflege der deutschen Studien dieser Akademie unter- breitet haben, das gipfelnd in einer litterarischen Handschriftenkunde des deutsehen Mittelalters und in einer dereinstigen erschöpfenden Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache, sich aufs engste berührt mit den wissenschaftlichen Zielen meiner auf diesen Blättern beschriebenen Reisen und meiner weiteren Forschungen über die Einigung der neuhochdeutschen Schriftsprache im 17.— 18. Jahrhundert sowie über die Sprache des jungen Goethe und die Ausbildung der modernen Litteratursprache. = Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. IE Erster Reisebericht. 1% Plan der zweiten Bearbeitung. Auf’ Grund meiner bisherigen Forschungen wird die vorbereitete zweite Ausgabe meines 1891— 1893 begonnenen Werkes »Vom Mittelalter zur Reformation. Forschungen zur Geschichte der deutschen Bildung« etwa folgende Gestalt und folgenden Inhalt haben: I. Band. Die Cultur des deutschen Ostens im Zeitalter Karls IV. Dieser Band wird auf der stark erweiterten Grundlage des (Halle a. S. 1893, M. Niemeyer) erschienenen ersten Theils stehen. Er will aus den Quellen heraus zeigen, welche Mächte den Schwerpunkt der deutschen Cultur im 14. Jahrhundert an die östliche Peripherie rücken. Auf’ Grund eines zum grölseren Theil unbekannten oder unausgenutzten handsehriftlichen Materials sollen nachfolgende geschichtliche Phänomene, deren Wirkung über das Zeitalter der Renaissance und der Reformation bis in die Neuzeit dauert, beleuchtet werden: die neuerungsvolle Production auf dem Gebiet des Rechts, die Masse codifieirender Arbeiten aller Art, an Handbüchern und Muster- sammlungen, welche, mehr oder minder bewulfst gegen das nationale Recht und den nationalen Procefs ankämpfend, der Einführung des kanonistischen Processes, der Einbürgerung römisch-rechtlicher Begriffe dienen; die Aus- bildung der schriftlichen Technik des Verfahrens; die Herstellung eines neuen kunstvoll rhetorischen Stils und Satzbaus der lateinischen Urkunden- sprache, der, wie sich bis zur Evidenz erweisen läfst, die Grundlage unserer neuhochdeutschen Syntax geworden und bis auf die sprachlich-litterarische Revolution des vorigen Jahrhunderts (durch Bodmer, Haller, Klopstock, Hamann, Herder, Goethe) unangefochten geblieben ist, im gewöhnlichen, namentlich amtlichen Schriftdeutsch aber heute noch fortlebt: die ersten Einwirkungen der von Rienzo und Petrarca geschaffenen antikisirenden Elo- 6 K. Burvacn: quenz; der Aufschwung der Predigtberedsamkeit; die bunte Fülle inter- nationaler gelehrter (theologisch-philosophischer), künstlerischer und littera- rischer Strömungen, die aus Paris und Avignon, aus Toscana', Venedig und der Lombardei, sowie von Oxford durch Vermittlung der Universitäten, ihrer Lehrer und Schüler, durch Vermittlung der französischen und italieni- sehen Augustinercongregationen und durch die Beziehungen des kaiserlichen Hofs und der Kirchenfürsten nach dem Osten geleitet wurden. Den Zusammenhang der Reception des kanonistischen und eivilistischen römischen Rechts mit dem Eindringen der französisch -italienischen neuen Kunst” und Eloquenz lehren viele Handschriften der Deerete, der Deere- talien, der Digesten, die damals nach Böhmen und Mähren gekommen sind, z. B. solche der Bibliothek des Olmützer Metropolitancapitels. II. Band. Quellen und Forschungen zur Vorgeschichte des deutschen Humanismus. Hier sollen Actenstücke über die Einführung des ersten Humanismus in kritischer Ausgabe vereinigt werden: die Correspondenz Petrarcas mit Karl IV., Johann von Neumarkt, Ernst von Prag; die Correspondenz Rienzos mit dem Kreis Karls IV. Die bisherigen Editionen der Briefe Rienzos sind nahezu werthlos. Ich verfüge über ein handschriftliches Material, das viele unbekannte Briefe und die bekannten des Tribunen in reinerer Gestalt bietet: ein Verständnifs des Mannes wird jetzt erst möglich werden. Der Band enthält ferner hervorragende frühhumanistische Reden, die in Deutschland im 14. Jahrhundert oder in der ersten Hälfte des 15. Jahr- hunderts abgeschrieben und verbreitet worden sind, Elogia böhmischer Prälaten, frühhumanistische Denkmäler polnischer Bischöfe, soweit sie in Schlesien gelesen und vervielfältigt worden sind, endlich Scholarendich- tungen Böhmens und Schlesiens und geistliche Lyrik humanistischer Färbung. Die beigegebenen Untersuchungen bemühen sich, überall die Ver- bindungsfäden blofszulegen, die von Böhmen, Polen und Schlesien nach Leipzig und Nürnberg führen, und so die Pfade aufzudecken, auf denen der Humanismus aus dem Osten nach der Mitte und nach Westen gezogen ist. 2 [Über Siena insbesondere siehe unten S.ı2. 42f. 48. 53. 54; ‚über die Einflüsse Bolognas und Paduas aulserdem S. 34f. 53, 32. 43f.; über Avignon S. 38fl. 52; über Neapel 44 478] 92 ” |[Vergl. dazu die näheren Ausführungen unten S. 39 ff.] S] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. II. Band. Die deutsche Prosalitteratur des Zeitalters. Die Übersetzungen Johanns von Neumarkt, des Reformators der lateini- schen Kanzleisprache, »der Ackermann aus Böhmen«, das bedeutendste litterarische Werk der ganzen Epoche, die Übersetzungen aus der Bibel und aus antiken und humanistischen Schriften werden in ihrer Eigenart und in ihrem litterarhistorischen Zusammenhang und ihrer Wirkung dar- gestellt. IV. Band. Texte und Untersuchungen zur Geschichte der ost- mitteldeutschen Schriftsprache von 1300 bis 1450. Im Wesentlichen ungedruckte Texte getreu nach den Handschriften: sicheres urkundliches Material für die Enträthselung des wunderbaren Pro- blems, dafs die neuhochdeutsche Sprache einen vom Mittelhochdeutschen grundverschiedenen Typus besitzt, diesen aber erst allmählich und sprung- haft ausbildet. Böhmen, Mähren, Schlesien, Lausitz, Meifsen sind in diesem Quellenband gleichmäfsig vertreten. Die begleitenden Untersuchungen suchen den Beweis zu führen, dafs der sprachliche Umwandlungsprocels, der den Übergang vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen ausmacht, im Kern ein bildungsgeschichtlicher ist. Dabei ist die Rücksicht auf die Be- siedelungsvorgänge keineswegs aufser Acht gelassen. Nur mufs man sich klar machen, dafs nicht der Stamm, nicht das eingewanderte Volk an und für sich eine Sprachveränderung hervorruft, sondern allein insofern und allein dann, wenn überlegene Cultur oder als überlegen empfundene Cultur ihm zur Seite steht und seiner Sprechweise den Stempel der Vorbildlichkeit, des Modemusters aufdrückt. Alle ethnographischen Elemente der Sprach- geschichte sind im Grunde auch bildungsgeschichtliche. — Das Phänomen des Vordringens der neuen bayrisch-österreichisehen Diphthonge (nhd. wein haus freunt für mhd. win his vriunt) lälst sich nicht trennen von dem seit 1340 erfolgenden Zurückweichen des mitteldeutsch-sächsischen (genauer schlesisch-Magdeburger) nationalen Rechts vor dem österreichischen und böhmischen Recht, das mit römisch-kanonistisch -eivilistischen Elementen durchsetzt ist. Ss K. BurpıAch: 2. Übersieht der ersten Arbeiten. (Oetober 1897 bis Juni 1898.) In Göttingen habe ich hauptsächlich die Bestände an gedruckten Werken aus dem Gebiet der neuhochdeutschen Grammatik, Poetik und Metrik des 16.—18. Jahrhunderts festgestellt und zum Theil durchgesehen. Ein kurzer Aufenthalt in Hildesheim galt neben einer (ergebnifslosen) Durchforschung der Dombibliothek dem Studium der durch italienische Ein- flüsse bestimmten romanischen Seulptur und Kleinkunst des beginnenden ı 1. Jahrhunderts. In Breslau haben mich die Schätze des Staatsarchivs, des Stadtarchivs, des Diöcesanarchivs, der Stadtbibliothek, der Dombibliothek, der Universi- tätsbibliothek vom Anfang November bis Anfang März festgehalten. Ur- kunden, Copial- und Conceptenbücher, Formelbücher, Rhetoriken, Stadt- bücher, die reichen Bestände an verschiedenartigen geistlichen lateinischen und deutschen Texten aus der Zeit Karls IV. und Wenzels sowie die für die Ausbildung der neuhochdeutschen Schriftsprache im 17. Jahrhundert werthvollen Vorräthe gedruckter Silesiaca, endlich auch die künstlerischen Denkmäler aller Art aus jener Epoche erforderten anhaltendes Studium. In Wien habe ich die Hofbibliothek, das Staatsarchiv und das Hof- museum benutzt. Zu wichtigem Material an Urkunden, Formelbüchern und Rhetoriken traten hier besonders hervorragende Werke der böhmischen Miniaturmalerei. Mufs auch die wirkliche Erledigung der durch meine Forschungen an- gerührten und geförderten kunstgeschichtlichen Probleme kunsthistorischer Specialforschung überlassen bleiben, so kann ich der Hauptfrage nach dem Eindringen des französischen und des französisch-italienischen Kunstein- flusses' und dem damit verbundenen Auftauchen humanistischer Ideen und humanistischer Rhetorik nicht aus dem Wege gehen. Die von mir ausgesprochene und vorläufig begründete Hypothese, dafs an der Einbür- gerung der neuen romanischen Kunst und Bildung, an der Verbreitung Augustinischer Schriften und Augustinischer Devotion, an der Pflege der religiös gestimmten, schwungvollen Buchmalerei die Augustinereremiten und ' [Vergl. darüber die Bemerkungen unten S. 39 ff.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 1) die Augustinerchorherren betheiligt gewesen sind, hat sich durchaus be- stätigt. In Nikolsburg habe ich die fürstlich Dietrichsteinsche Bibliothek durehforscht, die reich ist an böhmischen und mährisch-österreichischen Handschriften des ı4. und 15. Jahrhunderts. In Olmütz habe ich auf der Studienbibliothek gearbeitet. Gegen- wärtig bin ich beschäftigt, im Brünner Stadtarchiv und in dem hiesigen mährischen Landesarchiv die deutschen Urkunden und Stadtbücher auszu- beuten. Das hiesige Gewerbemuseum hat augenblicklich eine Anzahl werth- voller Godices aus Olmütz, Graz, Prag, Admont u. s. w. für eine von ihm veranstaltete Buchausstellung vereinigt, die ich für meine Zwecke mit Nutzen durchgesehen habe. In den nächsten Tagen gedenke ich die Bibliotheken des hiesigen Augustinerstifts und der Pfarrkirche zu St. Jakob, die Bibliothek des Stiftes Raigern und das Stadtarchiv von Iglau zu durchforschen, dann noch auf kurze Zeit nach Olmütz zurückzukehren und von da Prag zu besuchen. Allen Vorständen und Beamten der von mir benutzten Bibliotheken, Archive und Museen habe ich für bereitwillige Unterstützung und Gefällig- keit zu danken. Brünn, den 14. Juni 1898. [5% Philos.- histor. Abh. 1903. 1. 10 K. Burvacn: IE Zweiter Reisebericht. (Juni 1898 bis Februar 1899.) Meinen ersten Reiseberieht aus Brünn hatte ich bis zum Juni des Jahres 1898 geführt. Am 21. Juni verliefs ich diese Stadt und kehrte nach Olmütz zurück, weil ich dort bei meinem früheren Besuch zu An- fang des Monats den für mich unerläfslichen Eintritt in die Bibliothek des Olmützer Domeapitels nicht erlangte, trotzdem ich mit einer gewichtigen Empfehlung an den Fürsterzbischof Dr. Kohn diesem persönlich in einer Audienz meine Bitte vorgetragen hatte. Inzwischen war die Genehmigung des auf Erfordern von mir eingereichten schriftlichen Gesuchs vom Metro- politancapitel angekommen, und dem mir nunmehr von dem Dombibliothekar genau gesetzten Termin pünktlichst entsprechend fand ich mich ein, um die Handschriftenschätze des Metropolitaneapitels durchzugehen. In der mir endlich erschlossenen Bibliothek zu arbeiten, hatte mir der genannte Vorsteher, Domvicär P. Kobliha, der die Verwaltung in dauernder Vertretung des eigentlichen Bibliothekars, eines kranken Canonicus, führt, nur vier Vormittage zu je drei Stunden (von 9 bis ı2 Uhr) als Frist be- stimmt. Schlag 9 Uhr am 22. Juni stand ich der erhaltenen Weisung ge- mäls vor dem Thor des Seitenflügels der Propstei, in welchem die Bibliothek mehrere stattliche Räume des ersten Stocks füllt. Nachdem ich kurze Zeit draufsen hatte warten müssen, stellte sich vom Officium im Dom kommend der Bibliothekar ein. Er führte mich durch das ebenerdig in einem dumpfen kellerartigen Gelafs belegene Archiv und von da über eine Wendelstiege in das ängstlich behütete Arcanum. Mein erster Griff ging hier nach dem Codex Nr. 509, dessen Inhalt Wattenbach einst in seinem vielbenutzten Reisebericht (Pertz, Archiv IX, 485) mit der lakonischen Notiz »Petrarcae opera. Pergam. sec. XIV« ab- gethan hatte. Dafs diese Handschrift, ein altes, wichtiges Zeugnils für die Be- kanntschaft mit Petrarca auf deutschem Boden sein müsse, hatte ich längst gewulst. Dafs sie möglicherweise aus dem Besitz Johanns von Neu- markt, des Kanzlers Karls IV., stamme und ein Denkmal sei von seinem Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 11 epochemachenden Verkehr mit dem Vater des italienischen Humanismus, hatte ich vermuthet: Centralblatt für Bibliothekswesen 1891, S. 446 Anm.: Vom Mittelalter zur Reformation 1593, S.85 Anm. Ein rasches Durch- blättern des Bandes bestätigte einerseits und berichtigte zugleich meine Überzeugung wie meine Vermuthung in ungeahnter Weise. Die Handschrift enthält eine sicher in Olmütz geschriebene Sammlung lateinischer Werke Petrarcas, auf die von derselben Hand sechs lateinische Briefe Johanns von Neumarkt folgen, die Wattenbach nicht bemerkt hat: an Karl IV., an den Bischof von Leitomischl, Albert von Sternberg, an den Prager Erzbischof Johann O&ko von Vlasim. Fünf davon sind bisher unbekannt, und zwar bietet einer wichtige Angaben über Zeit und Um- stände der deutschen Übersetzung, die Johann von Neumarkt auf Befehl des Königs von dem Leben des heiligen Hieronymus anfertigte. Der einzige bekannte giebt im Verhältnifs zu dem Text in der Edition von Tadra, die sich mir überhaupt als unzulänglich herausgestellt hat, sehr wesentliche Verbesserungen. Den Schriftzügen nach gehört der Codex in die Zeit zwischen 1400 und 1450, genauer um 1410 bis 1420. Ob erst damals die Verbindung zwischen den Werken Petrarcas und den Briefen Johanns hergestellt ist, wie sie hier erscheint, oder ob diese bereits auf eine ältere Vorlage zurück- geht, konnte ich bisher nicht sicher entscheiden. Die Zeit der in diesem Codex vorliegenden Sammlung Petrareischer Schriften scheint indessen be- stimmt zu werden durch die sie schliefsende Vita Petrareas, die identisch ist mit der unter dem Namen des Pier Paolo Vergerio des Älteren be- kannten, welche abgedruckt ist bei Jac. Phil. Tomasini, Petrarcha redivivus, Patavii 1650, und danach bei de Sade, Memoires pour la vie de F. Petrarque, Vol. III, Pieces justificat. Nr. III, p.ı3. Vergerio könnte nach unserer bis- herigen, allerdings ungenügenden Kenntnifs seines Lebens eine solche Biogra- phie Petrarcas kaum vor 1390 verfafst haben. So gelangen wir bei der chro- nologischen Bestimmung dieser Petrarca-Anthologie in die Zeit nach dem Tode Johanns von Neumarkt (} 1330). Aber unmittelbar in die Sphäre seiner litte- rarischen Interessen, seiner Wirksamkeit, in den engsten Kreis seiner Schüler. Die in dieser Sammlung enthaltene Auswahl Petrareischer Werke er- scheint aufserordentlich bedeutungsvoll. Am merkwürdigsten aber, dafs wir durch sie unter anderem zuerst eine bisher unbekannte Reihe kleiner lateinischer Gelegenheitsgedichte Petrarcas in gereimten und in reimlosen Hexametern und Distichen, begleitet von biographischen Scholien des Re- 9* 12 K. Burvach: daetors über Zeit und Anlafs ihrer Entstehung, kennen lernen. Die Eeht- heit, die ich natürlich zunächst in Frage ziehen mufste, anzuzweifeln, habe ich bisher keinen Grund gefunden. Eine vorläufige Würdigung des ganzen Codex nebst Mittheilung von Textstücken hoffe ich im Herbst in den Druck geben zu können. Eine vollständige Publication aller unbekannten Stücke soll unmittelbar darauf folgen. An dieser Stelle sei unter vielem Interessanten nur zweierlei hervor- gehoben. Wir empfangen hier ein unbekanntes Gedicht Petrarcas auf das Portrait des Cardinals Napoleon Orsini von dem Sienesen Simone Martini.” Die Beziehungen Petrarcas zu diesem Maler der Frührenaissance, der für die böhmische Kunstentwickelung des 14. Jahrhunderts wie kein zweiter von Einflufs gewesen ist, waren bereits durch die Lobpreisungen in den Briefen und Sonetten Petrarcas gesichert. Wir wufsten auch schon, dafs Petrarca einen Virgilcodex (in der Ambrosiana) mit Illustrationen von Simone Martini besessen hat (vergl. Müntz, Petrarque et Simone Martini, Gazette archeologique 1887, XU, p. 100ff.).” In der Olmützer Handschrift, diesem ! [Die bisher durch andere Aufgaben hintangehaltene Veröffentlichung wird in der Zeitschrift für die Geschichte Mährens und gleichzeitig in einer Separatausgabe erfolgen.] ®2 [Die Mittheilung darüber in der Olmützer Handschrift lautet: Hine ascripsit ymagini Neapoleonis vrsini cardinalis, quam fecerat insignis pictor Symon Senensis, infrascriptos versus quasi ex ore eius egrederentur, vt oblata ymago Clementi sexto Romano pontifici, cui dictus Neapoleo amicissimus fuerat, alloqui eum uideretur et sibi magistrum ‚Johannem aretinum phisicum suum, qui usque ad mortem sibi seruierat, commendare. Papa autem uisa ymagine sibi oblata suspirans uersiculos legit et commendati phisiei senis precibus anmuit. “Spes mea dum vixi, nunc spes manifesta bonorum, Vir michi funereum gratus ad vsque thorum Pro merita (lies merito) mercede caret’, gemit ille fidelis. “Cum sibi solamen — nam potes — esse velis, Poscere quod presens nequeo, mea poscit ymago, Quotque prius mallem, iam tumulatus ago. Die Randnotiz Petrarcas in seiner Pliniushandschrift (Cod. Parisin. 6802) zu der Be- merkung über die expirantium imagines (Hist. nat. 35, 36): Qualem nos hie unam habemus pre- elarissimi artificis, d.h. Simone Martinis, dessen comitas er unmittelbar vorher der des Apelles an die Seite gesetzt hatte (de Nolhac, Petrarque et ’humanisme, Paris 1892, p. 276f.), erhält durch diese Verse erwünschteste Aufklärung.] 3 [Simone Martini als Portraitist der Laura feiern die beiden Sonette Per mirar Polyeleto und Quando giunse a Simon (Baseler Ausgabe 1554, Bd. 4, Bl. BBBverso; Le rime di Fran- cesco Petrarea restituite ete. da Giovanni Mestica. Firenze, G. Barbera, 1896. Canzionere, parte I, Nr. 57, 58, p.ı2rfl.). Dem Apelles stellt Petrarca den Simone zusammen mit Giotto zur Seite Epistol. de rebus familiar. V, 17. Baseler Ausgabe, p. 725, bei Fracassetti, Vol. I, p- 294. Vergl. auch De eontemptu mundi Dialog. III Baseler Ausgabe 1554 p. 403: (Augu- Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 13 ältesten Versuch, die Schöpfungen des grofsen Italieners der deutschen Bildung anzueignen, fand ich auch nicht ohne Rührung jenen wundervollen Hymnus Petrarcas auf Italien (Epistolae III, 24: Baseler Ausgabe 1554 Vol. HI, S.1367a, Rossetti II, S. 226): Salue, cara deo tellus, fanctiffima falue, Tellus tuta bonis, tellus metuenda fuperbis, Tellus nobilibus multum generofior oris, Fertilior cunctis, terra formofior omni! Cincta mari gemino, famofo splendida monte, Armorum legumque eadem veneranda facrarum Pyeridumque domus auroque opulenta virisque, Cuius ad eximios ars et natura fauores Ineubuere fimul mundoque dedere magistram : Ad te nunc cupide post tempora longa reuertor Incola perpetwus. Tu diuerforia vite Grata dabis feffo, tu quantam pallida tandem Membra tegant preftabis humum, te letus ab alto Ytaliam video frondentis colle gehenne. Nubila post tergum remanent, ferit ora ferenus Spiritus et blandis affurgens motibus aer Excipit. Agnofco patriam gaudensque fahuto. Sale, pulchra parens! terrarum gloria, falue! Diese Verse, aus denen die Liebe zur Heimat mit leidenschaftlicher Innigkeit redet, aus denen der echte Ton einer in den innersten Tiefen bewegten Seele, der Enthusiasmus eines erleuchteten Priesters der Schön- heit so voll und rauschend hervorströmt, dringen auch dem modernen Leser, wenn er je von den nordischen Alpen zu den Gefilden Italiens hinabge- stiegen ist, überwältigend an das Herz. Gleich rein gestimmten Glocken klingend haben sie, wie ich bald erfahren sollte, in Böhmen und Mähren früh vieltönigen Wiederhall gefunden. In folgenden Handschriften aus dem Anfang oder der Mitte des 15. Jahr- hunderts ist mir dies Gedicht bei meinen späteren Nachforschungen noch stinus spricht:) .... Qwd autem insanius quam non contentum praesenti illius |der Laura] uultus effigie, unde haec tibi cuncta [die vorher geschilderten Schinerzen der Liebessehnsucht] prouenerant, aliam fictam illustris artificis ingenio quaesivisse, quam tecum ubique circumferens ha- beres, materiam semper immortalium lachrymarum, ueritus ne fortasse arescerent irritamenta earum.] 14 K. Burvacn: begegnet: Codex der Lobkowitzschen Bibliothek zu Raudnitz VIFdog 8.7; Codex des Wittingauer Archivs © 3 Bl. 93a; Codex des Prager Domceapitels K 37 Bl. 207; Codex des Stiftes Wilhering IX 77 Bl. 127. So hat dieses Salue fortgetönt und hat die geistigen und körperlichen Wallfahrten nach Italien eingeläutet. Wie ein Signal der Erweckung!, wie eine Fanfare des Aufstiegs zum Licht, wie ein Jubelruf der Sehnsucht, die endlich ihr Ziel kennt: das Land der Sonne, des Lebens, das Land der Kunst, der Natur! Das, was wir Renaissance heifsen, quillt aus einer schwer zu entfalten- den Disposition der Gemüther, die auf einmal in der ganzen Welt mächtig wird. Es kommt seit dem Ausgang des 14. Jahrhunderts über die Menschen furopas wie eine Trunkenheit, die ansteckt. Wie ein Rausch, der sich aber seiner selbst bewufst ist und über sich selbst meditirt. Man irrte, wollte man diese Entzückungen für neu halten. Seitdem Germanen in die helle Welt des Mittelmeeres eintraten, leuchtete ihnen unendliche, unstillbare Sehnsucht nach diesem Paradies ins Herz. Gothen, Langobarden, Normannen, die Staufen und ihre Heere haben sich daran verblutet. Aber nur selten kommt diesen Helden mit der verhaltenen heifsen Leidenschaft ein Wort über die Lippen, das hineinsehen liefse in die innersten Triebkräfte ihrer Seele, in den heimlichen, unablässigen Drang zur südlichen Schönheit und Pracht. Ein Brief wie der des Kanzlers Heinrichs VI., des Bischofs von Hildes- heim, Konrads von Querfurt, an seinen Lehrer Hartbert nach der Eroberung Siciliens, worin stammelnd der Versuch gemacht wird, die Herrlichkeit des so lange erstrebten, nun endlich erkämpften Landes Italien zu preisen, steht im Mittelalter völlig vereinzelt.” Es ist ein Vorläufer jener Briefe, die fast zwei Jahrhunderte später der Kanzler Karls IV., Johann von Neu- markt trunken von den Wundern Italiens in die Heimat schrieb. In dieser Zeit wird der verhaltenen Begeisterung endlich die Zunge gelöst. Sie fängt an, sich ihrer selbst bewulst zu werden. Man findet nun Worte für das tiefe Gefühl und an und mit den Worten wächst es und greift um sich, ! [Auch F.X. Kraus hat inzwischen in dem 1900 erschienenen letzten Stück seiner Geschichte der christlichen Kunst (Bd. 2, Abtheil. 2, ı. Hälfte, S. 23) diese Verse Petrarcas »die helle, weithin schallende Ankündigung des ganzen Rinaseimento« genannt und sie zur Hälfte im vollen Wortlaut — allerdings übersetzt — anzuführen für nothwendig gehalten.] ®2 [Vergl. dazu mein Buch Walther von der Vogelweide, Philologische und historische Forschungen. Leipzig 1900. Theil ı, S. 188 und meinen Aufsatz in der Deutschen Rund- schau, Jahrg. 29 (October 1902) ,"S. 60f.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 15 riesenhaft in alle Weiten. Der Cultus Italiens beginnt: ein Lebensquell der Weltbewegung, die wir Renaissance nennen. Es ist gleichwohl nicht leicht, psychologisch diesen Cultus genau zu zergliedern und zu beschreiben. Verhüllte der mittelalterliche Mensch seine tiefste Empfindung in die starre, wortlose Objectivität des handelnden Helden, so legt sich nun über die geheimsten und echtesten Regungen des Gemüths der schwere Schleier der geputzten Phrase, der gelehrten Notiz, der rhe- torischen Attitude. Selten nur wird so lauter und wahr, so sehr mit unseren eigenen Empfindungen übereinstimmend der Zauber Italiens geschildert wie in den angeführten Versen Petrarcas. Was der nordische Mensch beim Ein- tritt in das Wunderland fühlt und mit den äufseren Sinnen aufnimmt, wo- von auch er nur schwer und unvollkommen sich deutliche Rechenschaft geben kann, kommt hier ohne Rest voll und klar und schön zum Ausdruck: das Meer- und Inselhafte dieser Welt; ihr heller Himmel, ihre ewige Blüthe, ihre leuchtenden Farben; die natürliche Kraft ihrer Menschen; die Gröfse und Freiheit ihrer Kunst; vor Allem die weiche reine schmeichelnde Luft, der sülse frische Duft des ringsum athmenden funkelnden südlichen Meeres. Wenn an der Schwelle der deutschen Renaissance in Böhmen, Mähren und Österreich jene Worte Petrarcas so oft abgeschrieben worden sind, so müssen sie doch wohl auch den damaligen Freunden und Bewunderern Italiens als besonders treffender Ausdruck ihrer Empfindungen für dieses Land, das heifst zugleich der Impulse erschienen sein, die den Humanis- mus und die Renaissance hervortrieben. Mit der genauen Durchsicht des Olmützer Codex Nr. 509 war ich ge- ‚ade fertig, von den unbekannten Stücken darin hatte ich etwa ein Drittel copirt, von dem sonstigen Bestande der Bibliothek aber trotz hastigem Durchfliegen des sehr ungenügenden Inventars kaum eine ungefähre Vor- stellung gewonnen, als der genannte Bibliothekar P. Kobliha, durch die Ansprüche der kirchlichen Offieien und die Geschäfte der Capitelskanzlei vielfach abgezogen, erklärte, mir sich nicht länger zur Verfügung stellen zu können. Ich hatte im Ganzen bisher ı2 Stunden arbeiten können, an vier Vormittagen. Da seine Anwesenheit bei meiner Benutzung der Biblio- thek, wie mir gesagt wurde, nach den Statuten unumgänglich war, mein früher bereits gestelltes, jetzt wiederholtes Gesuch aber, die gewünschten Handschriften nach und nach zu meiner Verfügung entweder auf die zwei- bis dreihundert Schritte entfernte k. k. Studienbibliothek deponiren oder 16 K. Burvacn: sie auf die benachbarte Capitelskanzlei verbringen zu lassen — wie mir versichert wurde, gleichfalls auf Grund der Statuten —, unerfüllt blieb, mufste ich nun zum zweiten Male Olmütz halb verrichteter Sache ver- lassen. Ich that es nicht, ohne vorher das Möglichste zur Herbeiführung einer günstigen Wendung versucht zu haben: ich war bei mehreren Dom- herren persönlich vorstellig geworden, ich hatte dem Fürsterzbischof Dr. Kohn zum zweiten Male, diesmal auf seiner Sommerresidenz zu Kremsier, in einer Audienz mein Anliegen auseinandergesetzt; ich hatte dann noch eine volle Woche auf besseren Bescheid in Olmütz gewartet. Vergebens. Der be- schworene Schatz war, ehe ich ihn heben konnte, vor meinen geblendeten, sehnsüchtigen Augen wieder in die Tiefe, d.h. in die unbetretenen Räume der Capitelsbibliothek gesunken und ich besafs fürs erste nicht die Wünschel- ruthe, ihn zum zweiten Male in die Höhe zu locken. Mit dem Besuch von Kremsier hatte ich eine Durchsicht der Biblio- thek und des Archivs des Fürsterzbischofs im dortigen fürsterzbischöflichen Schlosse verbunden, welche mir in entgegenkommendster Weise von Sr. fürsterzbischöflichen Gnaden gestattet wurde. Es ergab sich aber für mich sehr wenig von Belang, da Bibliothek und Archiv ihrem Kern nach aus jüngerer Zeit, dem 17. Jahrhundert, stammen, das Archiv überdies noch nicht geordnet ist. Eine illustrirte Bibelhandschrift des 14. Jahrhunderts sowie ein Copirbuch des 14. Jahrhunderts weckten noch am meisten mein Interesse. Die Gefälligkeit der fürsterzbischötlichen Bibliotheks- und Archiv- leitung, der hochwürdigen Herren P. Hrabatek und Snopek war mir bei meinen, leider ziemlich ergebnifslosen Nachforschungen von Nutzen. Den reichen Vorrath an Handschriften aus mährischen Klöstern, ins- besondere an theologischen Werken, welchen die k. k. Studienbibliothek in Olmütz enthält, hatte ich während meines Aufenthalts in der mir übrigen freien Zeit nach Kräften weiter auszunutzen gesucht, unterstützt durch die unermüdliche Liebenswürdigkeit ihres Vorstandes, des Hrn. Wili- bald Müller, der mir die Möglichkeit, dort zu arbeiten, in jeder Weise erleichterte und bequem machte, auch auf meinen Wunsch für mich Druck- werke aus den Universitätsbibliotheken zu Prag und Wien sowie aus der Wiener Hofbibliothek kommen liefs. Nur so war es mir möglich, trotz dem Mangel an einschlägigen wissenschaftlichen Hülfsmitteln die mancherlei Probleme, welche die Petrarca- Handschrift stellte, wenigstens einigermalsen ins Reine zu bringen. Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 17 Immerhin blieb auch mein zweiter Olmützer Aufenthalt ohne befrie- digendes Ergebnifs. Und ich mufste es als ein ganz besonderes Glück empfinden, dafs es mir, worauf in dem ersten Reisebericht (S. 9) bereits hingedeutet ist, wenigstens vergönnt gewesen war, mehr als 30 Hand- schriften der Olmützer Metropolitancapitelbibliothek, gröfstentheils werth- vollster Art, die an das Brünner Gewerbemuseum für die Dauer der von dieser veranstalteten Buchausstellung verliehen waren, in den Räumen des BrünnerG&ewerbemuseums dank der aufserordentlichen Gefälligkeit seines Direetors, des Hrn. Dr. Julius Leisching, vom 6. bis zum 20. Juni unge- stört benutzen zu dürfen und gegen 60 photographische Aufnahmen be- merkenswerther Miniaturen nach denselben herstellen zu lassen. Für den Augenblick entschlofs ich mich, da längeres Warten in ÖOlmütz nutzlos war, die Arbeit in Prag aufzunehmen. Vom 3. bis zum 17. Juli habe ich in Prag die Bibliotheken des Klosters Strahow, des Augustinerklosters zu St. Thomas, der Lobkowitzschen Bi- bliothek, der Universitätsbibliothek und der Bibliothek des Metropolitan- ‘apitels zu St. Veit durchsucht. Die erstgenannte, an sich zwar reichhaltig, ist doch, nachdem wie- derholte Plünderungen den alten Bestand zerstreut hatten, erst in den letzten Jahrhunderten zusammengekommen. Sie enthält allerdings mancherlei Bohe- mica, auch des 14. und 15. Jahrhunderts, namentlich einige werthvolle Exemplare böhmischer Miniaturmalerei. In dem Kloster der Augustiner- Eremiten auf der Kleinseite forschte ich vergeblich nach Resten jener Bibliothek, die Johann von Neumarkt am ı. April 1368 vor seiner Abreise nach Italien den Mönchen des von ihm so bevorzugten Ordens vermacht hatte, vor Allem nach seinem Codex von Dantes Divina Commedia, nach seiner Handschrift des Livius, der Tragödien des Seneca, des englischen Reformtheologen Thomas von Bradwardina, des Milleloguium Augustini von Augustinus Triumphus. Auf diese Bücherschenkung ist nach älteren sich widersprechenden Angaben von Hirsching und dem unkritischen d’Elvert in neuerer Zeit zuerst Tomek aufmerksam geworden; er hat ihren Inhalt bereits 1875 abgedruckt in seiner reichhaltigen geschichtlichen Topographie des alten Prag (Zäaklady stareho mistopisu Prazskeho II, S. 34). Kürzere Mittheilungen machten dann über das Bücher- und Schatzinventar des Klosters 1878 Skrejsovsky und 1879 Ott. Ohne Tomeks Abdruck zu kennen, hatte ich die Aufmerksamkeit der deutschen Leser auf die Bedeu- Philos.- histor. Abh. 1903. 1. 3 18 K. Burvaen: tung jenes Testaments im Jahre 1891 gelenkt (Centralblatt für Bibliotheks- wesen 1891, October, S. 444, Vom Mittelalter zur Reformation 1, S. 83 f.). Im folgenden Jahre brachte dann Tadra einen neuen Abdruck der Schen- kungsurkunde in seinem verdienstlichen Buch über die böhmischen Kanz- leien (Kanceläre a pisare v zemich teskych za krälu Jana, Karla IV a Väc- lava IV: Rozpravy Cesk& Akademie Trida I, Ro@nik I, Cislo 2 [vorgetragen am 13.Oectober 1891] V Praze 1892, S. 272). Gleichzeitig besprach Truhlar, nach Mittheilungen Tadras, jenes Verzeichnifs in seiner Abhandlung über die Anfänge des böhmischen Humanismus (Pocatky Humanismu v Cechäch, 1892, S. 12). Nach dem Liber Thomeus, einem umfassenden Copialbuch der wichtigsten das Kloster betreffenden Actenstücke von hohem Werth druckte darauf 13893 Neuwirth (Centralblatt für Bibliothekswesen 8.153) den Katalog zum dritten Male ab und diesen Abdruck wiederholte dann nochmals Wolkan in seiner »Geschichte der deutschen Litteratur in Böhmen« S. 61. Gleichwohl blieb dieses für die Geschichte des Einflusses der ita- lienischen Litteratur auf Deutschland so hervorragend wichtige Document den weiteren Kreisen der deutschen Gelehrten unbekannt. Die neue Be- arbeitung von Voigts » Wiederbelebung des classischen Alterthums« kennt es nicht. Auch eine Monographie über die Bekanntschaft mit Dante in Deutschland, welche Sulger-Gebing in der Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte (Bd.8.9, 1895. 1896) veröffentlichte, nahm davon keine Notiz. Selbst Grauert in seinem anregenden Aufsatz zur Dante-Forschung über » Dante in Deutschland « (Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft XVI, S. 510 ff.), der die Zeugnisse der älteren Zeit mustert, wufste davon nichts und würdigte es erst nach einem Hinweis K. Wencks (Historische Zeitschrift 1596, 8.444 ff.) in einer zweiten Abhandlung »Dante in Deutschland« (Historisch-politische Blätter 1897, Bd. 120, S. 95 ff.). Das Original dieser Schenkungsurkunde habe ich mit Bewegung in der Hand gehalten, auch die gleichlautende Copie gesehen in dem wohl- conservirten Liber Thomeus, einem der geringen Reste, die von den Mönchen vor Raub und Brand gerettet werden konnten. Aber von den Handschriften selbst, denen Johanns Fürsorge durch dies Vermächtnils bei den Eremiten dauernde Sicherheit zu bereiten hoffte, habe ich dort nichts entdeckt. Nur zwei sicher aus Johanns von Neumarkt Bibliothek stammende Codices habe ich überhaupt bisher feststellen können: einmal sein längst bekanntes Reisebrevier mit den berühmten herrlichen Miniaturen (im böh- Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 19 mischen Museum zu Prag), sodann — bisher unbekannt — im Augustiner- kloster von Altbrünn einen prächtigen Codex in Grofsfolio (2 Bände) einer Homiliensammlung des spanischen Dominicaners Nicolaus de Gorran (oder Gorra). Beide Handschriften zeigen genau übereinstimmend über die unteren Ränder von je zwei nebeneinanderstehenden Seiten durch den ganzen Band wiederholt Namen und vollen Titel des Besitzers in schöner gleich- mälsiger Urkundenschrift mit dem klaren Ductus, wie er in der Reichs- kanzlei nach dem Vorbild der Kanzlei der Curie damals oft vorkommt. Die Homilien des Nicolaus de Gorran sind nun aber thatsächlich ein Be- standtheil jener im Testament vom 1. April 1368 verzeiehneten Bibliothek Johanns von Neumarkt: sie erscheinen da als item Nicolaum de Gorra super Paulum und item Nicolaum de Gurra (so) super epistolis canonieis. Bereitwillig gewährte mir auf mein Ansuchen Se. Durchlaucht Fürst Georg von Lobkowitz, Oberstlandmarschall des Königreichs Böhmen, die Erlaubnifs, seine Bibliothek zu besuchen und etwa 40 der kost- barsten Handschriften zu längerer Benutzung nach der Prager Universitäts- bibliothek schaffen zu lassen. Sowohl der fürstliche Bibliothekar Hr. Prof. Antonin Vrest’al als der k. k. Universitätsbibliothekar Kukula waren mir dabei ungemein gefällig. Aus der sogenannten Welislawschen Bilderbibel (Ende des 13. Jahrhunderts) und aus einem französischen Pontifical mit glänzendsten Miniaturen des 14. Jahrhunderts liefs ich eine Anzahl photo- graphischer Reproduetionen herstellen, das Formelbuch des Königs Georg von Podiebrad, bekanntlich eines der umfangreichsten, eine Hauptquelle für Gregor von Heimburg, collationirte ich mit der Inhaltsangabe, die Mark- graf von der verwandten Bautzener Handschrift geliefert hat." Auf den In- halt der übrigen durchgearbeiteten Handschriften gehe ich hier nicht ein. Reichste Ergebnisse gewann ich in der Bibliothek des Metropo- litaneapitels von St. Veit auf dem Hradschin und in der Universitäts- bibliothek. Beide vereint repräsentiren unstreitig am vollständigsten den einstigen Bestand an handschriftlicher Produetion im Königreich Böhmen während des Zeitalters der Luxemburger. ! [Neues Lausitzisches Magazin Bd. 47, S. 214. Verwandt oder identisch mit dieser Sammlung ist der Inhalt des Manuseripts G 19 der Bibliothek des Prager Domeapitels von St. Veit, doch war dieses bei meinen Nachforschungen im Sommer und im Winter 1898 nicht aufzufinden, auch irgend ein Ausweis darüber, ob und an wen es ausgeliehen sei, nicht zu ermitteln.] 20 K. Burvacn: Durch diese Wochen wie auch bei meinem zweiten Besuch Prags wurde mir die liebenswürdigste Unterstützung seitens der Beamten der Universi- tätsbibliothek zu Theil: insbesondere habe ich zu danken Hrn. Bibliothekar Kukula, den HH. Gustoden Josef Truhlar und Franz Tadra, dann Hrn. Scriptor Glaeser. Willkommene Förderung brachte die eollegiale Hülfe, die Hr. Prof. Dr. Neuwirth während dieser Zeit wie auch später bei meiner zweiten Anwesen- heit in Prag meinen Forschungen geleistet hat. Dafs ich an einem schönen Julinachmittag Theilnehmer eines Ausflugs sein durfte, den er mit seinen Zuhörern nach dem grandiosen Karlstein im Beraunthal, dem unvergleich- lichen Juwel unter allen böhmischen Burgen, unternahm, dafs er mich zum Kloster Strahow und in die Räume des Emmausklosters zu Prag geleitete, hebe ich dankbar hervor. Wenn auch Neuwirths Publicationen über die Bilder auf Karlstein damals schon vorlagen und mir bekannt waren, die über die Wandgemälde von St. Emmaus bald hernach erschienen sind'!, so hatte es für mich doch einen hohen Reiz, von dem gründlichsten Kenner der älteren böhmischen Kunst in persönlicher Gegenwart und Rede Angesichts der Objeete selbst seine auf eindringendste und umfassendste Studien ge- gründete Beschreibung und Würdigung jener Kunstdenkmäler zu vernehmen. Mitten aus diesen fruchtreichen Forschungen heraus rifs mich die Nachricht, dafs jetzt durch die von mir angerufene Fürsprache Sr. Excellenz des Hrn. Secetionschefs Dr. von Hartel, des Hrn. Seetionschefs Dr. Rezek und Sr. Excellenz des Präsidenten der k. k. Gentraleommission des Hrn. Baron von Helfert endlich die sieben Siegel der Olmützer Dombibliothek für eine längere Arbeitszeit gelöst wären. Am 17. Juli begab ich mich deshalb zum dritten Male nach Olmütz und während dieses dritten mehrwöchigen Auf- enthalts gelang es mir endlich, die Bibliothek des Domcapitels ungestört kennen zu lernen. Gleichzeitig setzte ich die Ausnutzung der k. k. Studien- bibliothek mit gutem Ertrag fort und ging die im Gemeindearchiv vor- handenen Rechtshandschriften durch, insbesondere auch die ungenügend ! [Die in Betracht kommenden Arbeiten Neuwirths sind herausgegeben in den »For- schungen zur Kunstgeschichte Böhmens, veröffentlicht von der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur in Böhmen«: I. Mittelalterliche Wandgemälde und Tafelbilder der Burg Karlstein in Böhmen. Prag, J. G. Calve 1896; II. Der Bilder- eyklus des Luxemburger Stammbaums aus Karlstein, ebenda 1897; Ill. Die Wandgemälde im Kreuzgange des Emmausklosters in Prag, ebenda 1398.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 21 und unvollständig publieirte Schöffenspruchsammlung des Olmützer Stadt- schreibers Wenzel von Iglau (mit interessanten Miniaturen). Aus allen drei Olmützer Bibliotheken verschafften mir reichliche Copien und photographische Aufnahmen ein werthvolles Material. Die Ergebnisse dieser Olmützer Bemühung stellen den Antheil des Ol- mützer Bischofs Johann von Neumarkt und seiner Schüler und Freunde an der Umwandlung des geistigen Lebens nach fünf Richtungen ins Licht. Sie haben durch Erwerb italienischer und französischer Hand- schriften kanonistischer und eivilistischer Werke der Entnationalisirung unseres Rechts, dem Eindringen des römischen Processes, römischer Rechtstheorien Vorschub geleistet. Sie haben in den bildlichen Ausstattun- gen dieser Codices Muster romanischer Miniaturmalerei deutschen Augen zugänglich gemacht. Sie haben theilweise nach diesen Vorbildern, theil- weise nach älterer deutscher Tradition die neuangefertigten liturgischen Handschriften ausschmücken lassen. Sie haben Werke der modernen Italiener (Rienzo, Petrarca u. A.) aus Freude an ihrem Stil reprodueiren lassen. Sie haben die Entfaltung der Predigtberedsamkeit, der erbaulichen Prosa durch Massenabschriften homiletischer und asketischer Werke ver- schiedener, auch italienischer Provenienz gefördert. Das grofse Ergebnifs all dieser Anregungen ist, dafs hier in der Süd- ostecke Deutschlands zum ersten Mal Italien als »magistra mundie« er- scheint und gefühlt wird, um jenes Wort aus Petrarcas oben (S. 13) ange- führtem »Salue« zu gebrauchen. Von Petrarea sind in den mährischen Bibliotheken, die ich kenne, bemerkenswerth viele Handschriften aus dem 14. Jahrhundert und dem An- fang des 15. Jahrhunderts erhalten. Natürlich sind es lediglich lateinische Schriften. Gerade sie, von der modernen Forschung schimpflich ignorirt, haben auf die Weltlitteratur viel mehr gewirkt als die in italienischer Sprache verfafsten. Das Gedicht auf den heiligen Hieronymus, das Tadra in der Einleitung zu seiner Ausgabe der Summa eancellariae Caroli quarti (Historicky Archiv Ceske Akad. Cisare Frant. Josefa pro vedy slovesnost a umeni v Praze. Cislo 6. V Praze 1895) S. XXIM nach einer Handschrift der Olmützer Studienbibliothek als ein Werk Johanns von Neumarkt abgedruckt hat, ist, wie sich aus anderen Olmützer Handschriften mit Sicherheit ergiebt, nicht von Johann gedichtet, sondern nur eine Aneinanderfügung zweier Gedichte 22 K. Burvaen: auf den heiligen Hieronymus von Petrarca und Johannes Andreae, dem be- kannten Bologneser Rechtsgelehrten, dem Lehrer des deutschen Publieisten Leopold von Bebenburg. In den beiden Namen Petrarca und Johannes Andreae erscheint über- haupt das moderne wissenschaftlich-litterarische Interesse dieses Kreises ver- körpert. Ebenso gipfelt das an archaischer lateinischer Litteratur in den Namen Augustinus und Hieronymus. Unter den Freunden Johanns von Neumarkt ragt sein Official Sanderus Rambow hervor. Wir kannten bisher von ihm eine Formelsammlung nach dem Muster seines Meisters durch Tadra, eine Sammlung antihäretischer Traetate durch Loserth. In der Olmützer Bibliothek des Domcapitels fand ich mehrere juristische Handschriften, die er in Italien erwarb und die seine eigenhändige Namenseinzeichnung tragen. Ein bekannterer Schüler Johanns ist der Notar und Registrator der Reichskanzlei Johann von Gelnhausen, lange Zeit auch sein bischöf- licher Notar. In letzterer Stellung befand er sich nicht erst 1376, wie man bisher annahm, sondern bereits 1370. Dies ergiebt sich aus der Con- firmationsurkunde für die Rubrica ecelesiae Olomucensis in Cod. 15 des Ol- mützer Metropolitancapitels. Von seinen juristischen Schriften wird gleich die Rede sein. Ein dritter Schüler Johanns von Neumarkt war der Stadtschreiber von Olmütz und Brünn Wenzel von Iglau. Seine Olmützer Schöffenspruch- sammlung erwähnte ich oben. Eine Verwandte aus der Zeit seiner Brünner Wirksamkeit verwahrt das Stadtarchiv zu Brünn, wo ich sie später durch- gegangen bin. Die Sammelhandschrift Cod. 12531 der Wiener Hofbiblio- thek, für ihn in den zwanziger Jahren des 15. Jahrhunderts angelegt, zeigt ihn durch ihren Inhalt als litterarischen Genossen Johanns von Neumarkt: es steht darin neben dem von diesem zur Abschrift bestellten Speculum stultorum die Griseldis von Boccaccio-Petrarca. Älter und noch ein Zeitgenosse Johanns war der Olmützer Domdechant und Kanzler Jobsts von Mähren, Andreas von Wittingau; über ihn, der die Verehrung Petrarcas am lebhaftesten bekennt und humanistische Nei- gungen bethätigte, auch mit Salutati Beziehungen unterhielt, gaben die Olmützer Sammlungen keine neuen Aufschlüsse.' ! [Doch darf man vielleicht die oben S.ıoff. besprochene Handschrift Nr. 509 des Olmützer Domeapitels zu ihm in Beziehung bringen.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 23 Das Inventar über die Bibliothek des Domcapitels von 1413, das Wolny (Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 1852, Notizenbl. S. 145 ff.) auszugsweise und fehlerhaft abgedruckt hat, bietet, wie sich bei meiner Copie zeigte, manche interessante Angabe, und mehrere der darin verzeich- neten, namentlich juristischen Codices, lassen sich mit noch heute vorhan- denen identifieiren. Freilich, den darin erwähnten Liber pontificalis, den Johann von Neumarkt dem Capitel geschenkt hatte (s. Centralblatt für Bi- bliothekswesen 1891, S.446 Anm.; Vom Mittelalter zur Reformation, S. 85 Anm.), den Monse noch 1779 gesehen hat (Infulae doctae Moraviae S. 40) und von dem Feifalik 1856 zu melden weils, dafs er in der Olmützer Capitelbibliothek verwahrt werde, aus Johanns Leitomischler Bischofszeit herrühre und dem Markgrafen Johann gewidmet sei (Schriften der historisch- statistischen Section der k. k. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft des Acker- baus u. s.w. IX, S. 200), was dann Benedict, Leben des heiligen Hieronymus in der Übersetzung des Bischofs Johann von Olmütz, Prag 1880, S. XIV, nachspricht, diesen höchst wichtigen Codex konnte ich trotz sorgfältiger Nachforschung weder im Inventar, noch in der Bibliothek, noch im Archiv, noch im Dom selbst auffinden. Ebenso wenig eine Handschrift der Vita S. Wenceslai von 1262, die der Schwindler und Fälscher Botek (bei d’Elvert, Historische Litteraturgeschichte von Mähren S. ı0) als »in den Archiven (!) des Bisthums« befindlich erwähnt, Feifalik (a. a.0.) ohne Aufbewahrungsort nennt und Benediet (a.a. ©. S. XID) »im Archiv des Bisthums zu Olmütz« existiren lälst. Am 12. August begab ich mich über Kolin, wo ich die imponirende Kathedrale von Peter Parler in Augenschein nahm, nach Iglau. Der Zweck meines dortigen Aufenthalts war es, endlich über das Verhältnifs der im Iglauer Stadtarchiv aufbewahrten Rechtshandschriften zu den Brünner Rechtsbüchern Klarheit zu gewinnen. Im Mittelpunkt dieser Fragen steht der eben erwähnte, von Juristen und Historikern viel be- handelte, von den Germanisten arg vernachlässigte Johannes von Geln- hausen. Er hatte seine Laufbahn als Bergschreiber in Kuttenberg begonnen, sie dann als Notar und oberster Registrator in der Reichskanzlei fortge- setzt, war darauf — seit 1370 — bischöflicher Notar geworden, hatte 1380 bis 1387 das Amt eines Stadtschreibers in Brünn bekleidet. Als solcher läfst er sich leider aus Brünner Stadtbüchern nicht nachweisen, da für 24 K. Burvaen: diese Zeit eine grolse Lücke in den städtischen Acten besteht. Als Stadt- schreiber von Iglau übersetzt Johann das Iglauer Stadtrecht und die Con- stitutio juris metalliei Wenzels II., das früheste Beispiel für romanistisches Verfahren an einem weltlichen Gericht Mitteleuropas, ins Deutsche. Über die Zeit dieser seiner Iglauer Thätigkeit war man bisher zweifelhaft. Es gelang mir, im zweiten Iglauer Stadtbuch ihn in der Stellung des Stadt- schreibers vom 25. Juni 1400 bis zum Juni 1404 aufzufinden. Dafs die grofse illustrirte Prachthandschrift des Iglauer Stadtarchivs, die seine Samm- lung von Rechtssprüchen enthält, nieht aus derselben Zeit stammen kann wie der gleichfalls mit Miniaturen geschmückte, in seiner Zusammensetzung theilweise verwandte Liber sentenciarum des Brünner Stadtarchivs, stand mir, nachdem ich diesen im Juni eingesehen hatte, jetzt beim ersten Anblick des Iglauer Codex fest, und es ward die Unmöglichkeit meiner Hypothese, den “Johannes notarius’ des Brünner Schöffenbuchs mit dem Iglauer Stadt- notar, der die Iglauer illustrirte Sammlung anlegte, zu identificiren, hier- aus und aus dem neu gefundenen urkundlichen Zeugnils ebenso klar wie die Verschiedenheit des Johannes de Gumpolez, der 1360 — 1369 in Iglau als Stadtschreiber fungirte und von T'omaschek willkürlich mit Johann von Gelnhausen zusammengeworfen war. Ich habe darüber bereits berichtet in der Deutschen Litteraturzeitung 1898, Nr. 51/52, Sp. 1359 ff.‘ Besondere Aufmerksamkeit widmete ich dem Verhältnifs des Rechts- buchs in Quart (von Tomaschek als B bezeichnet). Es enthält für den Brünner Rechtsstoff die unmittelbare, durch fortlaufende Correeturen her- gestellte Vorlage der illustrirten Foliohandschrift (A), und in der Hand des Correctors darf man vielleicht Johann von Gelnhausen selbst erkennen. Um die Untersuchung, die in sprachgeschichtlicher und stilgeschichtlicher wie in rechtshistorischer Hinsicht auch nach den Ermittelungen Jaromir Celakovskys fruchtbare Ergebnisse in Aussicht stellte, bequem führen zu können, liefs ich mit Erlaubnifs des Gemeinderaths von Iglau den Codex B nach Brünn auf das mährische Landesarchiv senden, um ihn dort genau mit der Handschrift des Brünner Stadtarchivs zu collationiren. Die Ge- fälligkeit, mit der die Iglauer Behörden, insbesondere Hr. Bürgermeister Dr. Popelak, Hr. Stadtrath und Stadtarehivar Dr. Prusik sowie der Di- ' [Vergl. darüber jetzt noch Tadra in den Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichte, Bd. 20 (1899), S. 100 und B. Bretholz, Zeitschrift für die Geschichte Mährens, Jahrg. 7 (1903), Heft 1—2.] ar Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 2: rector des Mährischen Landesarchivs Hr. Landesarchivar Dr. Vincenz Brandl und der Vorstand des Brünner Stadtarchivs Hr. Landeshistoriograph Dr. Bretholz diese Arbeit mir ermöglichten, mufs ich mit wärmstem Dank rühmen. Vom 16. August bis zum 2. September beschäftigte ich mich in Brünn theils im Mährischen Landesarchiv mit diesen Fragen, theils ging ich die Handschriftenbestände dieses Instituts durch, die namentlich aus dem Besitz Boceks und Cerronis werthvolles Material für die Kirchengeschichte, aber auch für die allgemeine Bildungsgeschichte des Landes im Zeitalter der Luxemburger enthalten, theils musterte ich dank der Liberalität des Hrn. Stadtpfarrers Canonieus Kment die auffallend reiche Manuscripten- sammlung der Kirche zu St. Jacob und liefs aus den für die mährische Miniaturmalerei um 1400 äufserst lehrreichen illustrirten Missalien derselben eine gröfsere Anzahl photographischer Aufnahmen herstellen, theils suchte ich in dem Augustinerkloster zu Altbrünn, in das mir P. Janetschek den Zutritt eröffnete, nach Resten der alten Büchersammlungen, zu denen unter Anderem die oben (S. 19) besprochene Handschrift aus der Bibliothek Johanns von Neumarkt gehört. Zwei unvollständige moderne Abschriften von zwei unbekannten, wie es scheint verlorenen, alten Codices der Summa ceancellariae Caroli IV im Landesarchiv, deren eine bereits Tadra gekannt und für seine Ausgabe eingesehen hat, während die andere bisher noch nicht benutzt worden ist, liefern, wie mir ihre Durchsicht zeigte, für die Herstellung des Textes jener Formelsammlung und zur Beurtheilung der an ihrem Material be- theiligten Autoren wesentliche Beiträge. Ich habe schon in der Deutschen Litteraturzeitung 1899, Nr. 2, Sp. 68 mitgetheilt, dafs sich aus einer dieser Handschriften als Verfasser eines langen, besonders schwülstigen Briefes der Summa cancellariae ein gewisser Petrus de Jauer ergiebt, der in der Reichskanzlei unter Karl IV. und unter Wenzel IV. Protonotar war, 1371 Baeccalarius und 1382 Licentiat der Prager artistischen Facultät wurde, endlich sich 1385 bei den dortigen Juristen inscribiren liefs. Die Forde- rung, die ich 1891 (Öentralblatt für Bibliothekswesen, October S. 435; Vom Mittelalter zur Reformation S. 74) erhob, man müsse in der Summa cancellariae Johanns »wirkliches Eigenthum von den unter seinem Namen laufenden Schriftstücken seiner Kanzleibeamten sondern«, eine Forderung, der weder Lulves noch Tadra Beachtung geschenkt haben, war dadurch Philos. - histor. Abh. 1903. 1. 4 26 K. Burvacn: wenigstens in einem Fall als berechtigt und sicher ausführbar erwiesen worden. Mehrere Handschriften des Mährischen Landesarchivs gaben willkom- mene Zeugnisse zur Geschichte der ersten Einbürgerung der Schriften Pe- trarcas und Boccaceios. In der Bibliothek des Franzensmuseums, deren bequemste Benutzung mir ihr Leiter, Hr. Dr. Schram, in liebenswürdigster Weise gestattete, fand ich neben einigen nicht uninteressanten mährischen illustrirten Chorbüchern und einer bemerkenswerthen Handschrift des Valerius Maximus aus dem Ende des 14. Jahrhunderts die lange von mir vergeblich gesuchte ehemals Fulneker Handschrift der Rhetorik Candela rhetorice von einem ungenannten Iglauer Notar aus der Zeit 1403 — 1418, die Wattenbach (Archiv f. österreich. Geschichte, Bd. 30, S. 179ff.) im Auszug edirt hatte, wieder. Die Bedeu- tung dieses Werkcehens für die Geschichte der humanistischen Schriftstellerei habe ich schon in der Deutschen Litteraturzeitung 1898, Nr. 51/52, Sp. 1964 f. auseinandergesetzt. Sie bietet das älteste bekannte Beispiel einer ausführ- lichen gelehrten prosaischen und poetischen descriptio und laudatio urbis auf deutschem Boden. Denn der kurze lateinische Lobspruch auf die Stadt Wien, den Redlich (Mittheilungen d. Instituts f. österreich. Geschichte XIV, S.653ff. und Mittheilungen aus dem Vaticanischen Archiv, hrsg. von der kaiserl. Akad. d. W. II., Wien 1894, S. 333f.) aus einer Briefsammlung der Zeit Rudolfs von Habsburg (Cod. Vatie. Ottobon. 2115 Bl. 120”) veröffentlicht hat, kann höchstens als ein erster Keim der Nachahmung jener von der italienischen Ars dietandi gepflegten, von den Humanisten dann kunst- reicher und bewulster ausgebildeten Gattung des geographischen Stadt- enkomiums gelten. Eines der ältesten Exemplare hat neuerdings Novati herausgegeben: die interessante, in Auszügen schon früher bekannte Schrift über Mailand aus dem neunten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts (Bullettino dell’ Istituto storico italiano Nr. 20, Roma 1898). Das Vorbild für den Titel des Iglauer Werkes gab das Opus eines Italieners: Candelabrum aut Summa dietandi a doclore qui Bonus sive Bene dieitur ordinata, über dessen Person Zweifel herrscht. Vielleicht war es der bekannte Florentiner Buoncompagno', der Schützling des Patriarchen ! [Vergl. über ihn A. Gaudenzi, Sulla eronologia delle opere dei dettatori Bolognesi: Bullettino dell’ Istituto storico italiano 1895, Nr. 14, p. 85 fl., und mein Buch über Walther von der Vogelweide Bd. ı, S. 290 ff.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 27 Wolfger von Aquileia, des Gönners Walthers von der Vogelweide. Die reiche Litteratur darüber (von Muratori, Sarti, Mehus, Haurcau, Thurot, Monaei) verzeichnet Carl Sutter, Aus Leben und Schriften des Magisters Buoneompagno. Freiburger Habilitationsschrift 1894, S. 28 ff. Die anhaltende Hitze des vorjährigen Sommers hatte ich in Olmütz und Iglau, dort in der wiesenreichen Niederung der March mit dem Aus- blick auf die fernen, blau im Horizont verdämmernden Berge der Sudeten, hier auf dem hochgelegenen, kahlen Plateau der böhmisch -mährischen Höhe, zeitweise recht drückend empfunden. Erträglicher war es in Brünn: rings in waldreiche Höhenzüge gebettet, von prächtigen Alleen und Pro- menaden durchzogen und umgeben, wird die alte enge Stadt mit ihren malerischen Plätzen und Kirchen allnächtlich durch einen kühleren Wind- hauch durchlüftet. Allein nach und nach machte auch hier sich mir das Bedürfnifs gebieterisch geltend, aus dem Staub der Bibliotheken und der Glut der Strafsen, wenigstens auf kurze Zeit, in reinere Regionen zu ent- rinnen. So brach ich denn am 2. September die Arbeit für acht Tage ab und suchte auf dem Semmering Erfrischung. Am 10. September befand ich mich aber bereits wieder in Wien und benutzte die folgende Woche, um auf der Hofbibliothek und im Staatsarchiv einige Nachträge zu den im Frühling dort begonnenen Untersuchungen zu erledigen. Schon am 18. September sah ich Mähren wieder: einen halben Tag schenkte ich den interessanten Baudenkmälern des prachtvoll über dem Thayathal gelegenen Znaim, dann suchte ieh nochmals Iglau auf, um die grofse Rechtshandschrift, namentlich auch auf ihre Miniaturen, zum zweiten Mal zu prüfen. Die Verwandtschaft ihrer bildlichen Ausstattung mit der Wenzelsbibel der Wiener Hofbibliothek habe ich bereits in der Deutschen Litteraturzeitung 1898, Nr. 51/52, Sp. 1961 betont. Von Iglau zog ich nun in das südliche Böhmen. Seit dem 13. Jahrhundert im Wesentlichen beherrseht und in seiner geistigen Cultur bestimmt durch das Geschlecht der Wittigonen, die mäch- tigen Herren von Rosenberg, nimmt dieses Gebiet in der Vorgeschichte der Renaissance und der Reformation eine hochbedeutsame Sonderstellung ein, die trotzdem Neuwirth und andere böhmische Gelehrte gelegentlich kurz davon gesprochen haben, doch bisher im Zusammenhang auch nicht an- 4* 28 K. Burvaen: nähernd gewürdigt und namentlich im Kreise der deutschen Bildungsge- schichte so gut wie übersehen worden ist. Dieses Land bildete die Brücke zwischen der Cultursphäre Passau- Regensburg einerseits und den böhmisch-mährischen Centren Prag-Kutten- berg, Ielau-Brünn andererseits. Es steht offen nach Österreich und hat auch merkwürdig früh und stark italienische Kunst- und Bildungsein- flüsse in sich aufgenommen. Meine Herbstfahrt durch das Altrosenberger Land ging über die am Rande der steilen Thalschlucht des Luschnitztlusses prächtig gelegene Hussiten- stadt Tabor, dieses Stein gewordene Kriegslager mit hochgiebligen Häu- sern und trutzigen Mauern, massigen Thürmen, nach Wittingau. Dort benutzte ich durch die Liberalität Sr. Durchlaucht des Fürsten von Schwar- zenberg und unterstützt von der freundlichsten Bereitwilligkeit seines Archi- rars, des Hrn. Franz Mares, das alte Rosenbergische Archiv und die daselbst verbliebenen Theile der Bibliothek des Wittingauer Augustiner-Chorherren- stifts. Die bereits von Palacky gewürdigten und zum Theil ausgebeuteten Formelbücher lieferten noch reiche Erträge zur Vorgeschichte der huma- nistischen Rhetorik, auch Berichtigungen zu Palackys Textabdrücken. Es ist ein idyllischer Winkel, dieser Wittingauer Bezirk. Aber auf diesem weiten Wiesen-Hochplateau, dem riesige Teiche, umkränzt von hohen vollwipfligen Baumreihen auf geschütteten Dämmen, die Physiognomie geben, in dieser Landschaft mit dem weiten Blick nach dem in der Ferne dunkeln- den Böhmerwald, der im Süden und Westen den Horizont begrenzt, liegt auch eine elegische Stimmung. Ein Grundton der Sehnsucht nach den unbekannten Ländern gegen Mittag hinter den ernsten hohen Bergen, wohin diese so ahnungsvoll zu weisen scheinen, ein lockender Grenzwall. Und aus den alten Giebelhäusern der Stadt mit den rundbogigen Lauben italienischer Art und ihren castellartigen Thoren, nicht minder aus den Resten einiger Gemälde der Wittingauer Augustinerkirche und benachbarter Kirchen redet noch heute eindringlich die Macht, welche die Kunst Welsch- lands hier frühzeitig und lange ausgeübt hat. Der 29. September führte mich nach Budweis, der anmuthig an der Moldau gelegenen deutschen Stadt. Im städtischen Archiv war aller- dings kein Bestand aus der mich interessirenden Zeit zu finden. Um so lehrreicher erwies sich die Besichtigung des städtischen Museums an dem riesigen, mit schönen Arcaden geschmückten Ring: es enthält vor Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 29 Allem ein Madonnenbild aus der Budweiser Spitalkirche, das den Typus der sogenannten Hohenfurter Madonnen trägt, den Grueber, Neuwirth und Chytil umschrieben haben, und das gleich andern verwandten Bildern nach italienischer Manier kleine Bildereyklen auf dem Rahmen enthält. Das Cistercienserstift Hohenfurt mit seiner merkwürdigen Gemälde- sammlung und seiner bedeutenden Bibliothek war mein nächstes Ziel. In der Galerie des Klosters ist ein Cyklus von neun italienischen Bildern des 14. Jahrhunderts aufbewahrt, die für einen Herrn von Rosenberg gemalt worden sind und seltsamer Weise bisher noch keine kunstgeschichtliche eingehendere Würdigung gefunden haben. Auch andere italienische Bilder des Trecento, darunter ein Tod der Maria, finden sich dort. Wichtig sind aber besonders zwei Exemplare des Hohenfurter Madonnentypus: eines aus der Marktkirche zu Hohenfurt, das andere aus der Kirche eines benach- barten, Hohenfurt incorporirten Dorfes stammend. Das Urbild dieser ganzen Familie ist das berühmte, durch Wallfahrten geehrte Madonnenbild in der Mariencapelle der restaurirten gothischen Klosterkirche zu Hohenfurt. Die Hohenfurter Handschriftensammlung verdient deshalb besondere Beachtung, weil sie wohl die einzige Klosterbibliothek Böhmens ist, die ihren alten Bestand unvermindert, unangetastet seit dem 14. Jahrhundert bewahrt hat. An der Hand des gedruckten Katalogs in den Xenia Bernar- dina wurde es mir leicht, die für mich bedeutsamen Manuscripte durch- zugehn. Unter mehreren anderen nahmen einzelne Miniaturhandschriften, ein Decretum Gratiani vor allem italienischer Herkunft von ungewöhnlicher Pracht, die Aufmerksamkeit voll in Anspruch. Im Ganzen fällt der be- trächtliche Unterschied zwischen dem Bestand dieser Klosterbibliothek und den Sammlungen der Metropolitanbibliothek zu Olmütz und zu Prag in die Augen: der Besitz von juristischen Codices, durch den die beiden Dom- bibliotheken sich besonders auszeichnen, ist hier ganz gering; legistische Handsehriften —- dort so zahlreich — fehlen hier ganz; auch die bild- liche Ausstattung der liturgischen Bücher hält sich in bescheidensten Grenzen, bestimmt durch die alte Tradition und noch unbefruchtet von den Ein- ilüssen der romanischen modellirenden Buchmalerei Italiens und Frank- reichs, die doch in den Missalien der Dombibliotheken zu Olmütz und Prag so stark und glänzend sich geltend machen. Vom Thor des Klosterhofs, hoch über der uralten Furt der hier nur tlöfsbaren Moldau erblickt man jenseits des Flusses die alte Strafse, die in 30 K. Burvaen: Windungen den Berg erklimmt. Hinter dieser Höhe liegt das alte Rosen- berg, der Stammsitz des nach ihm benannten Geschlechts, hier hat der Sage nach die unglückliche Rosenbergerin, die weifse Frau, ihr im Leben und im Tode unruhvolles Dasein geführt. Dorthin fuhr ich am ı. October. Das hohe Schlofs mit seinem weiten herrlichen Park, auf dem Felsen ragend über die alte schmutzige, enge, um den gewundenen Moldauflufs geschmiegte Stadt mit Thor und Thurm, und rings herum die waldigen Berge, Alles in dem bunten Glanz des Herbstes, das gab ein Bild von unbeschreiblichem Zauber. In der Frühe des nächsten Tages führte mich der Weg im Moldau- thal abwärts durch eine Fülle wechselnder reizvollster Waldgebirgs- und Flufsseenerien nach Krummau. Von dort stattete ich dem nahen Golden- kron mit den Resten seiner grolsartigen fünfschiffigen gothischen Cister- cienserkirche und des vandalisch durch eine darin etablirte Eisengielserei verheerten Klosters einen lohnenden Besuch ab. Die Kirche beherbergt ein kleines Altarbild des Hohenfurter Madonnentypus von unend- lichem Liebreiz und höchster Vollendung. Zurückgekehrt nach Krummau orientirte ich mich, von der herzlichsten Liebenswürdigkeit des fürstlichen Archivdireetors Hrn. Dr. Franz Mörath geleitet, über die Bestände des dortigen Schwarzenbergischen Archivs, das für meine Ziele nichts von Wichtigkeit enthält, und über die interessante Baugeschichte des gran- diosen Schlosses. Natur und Kunst wirken hier zusammen, um einen un- auslöschlichen Eindruck zu erzeugen. Es giebt gewifs wenig Landschafts- bilder, welche diesem alten Ort an der Krümme der Moldau mit dem thronenden massigen Schlofs auf dem jäh aufragenden steilen Felsen an malerischer und grofsartiger Wirkung gleichkommen. Die Stadt ent- hält noch Häuser, die bis ins 13. Jahrhundert zurückgehen. Über viele Thüren blickt die fünfblättrige Rose, das Wappen der Rosenberg, blickt eine ältere oder jüngere Nachbildung des Hohenfurter Madonnentypus herab. Wie die jüngeren Theile des Krummauer Schlosses ein sehenswerthes frühes Denkmal italienischer Renaissance sind, erbaut von Meistern, welche die Herren von Rosenberg über die Alpen gerufen hatten, namentlich un- gemein wirksam durch weithin sichtbare Sgraffitomalerei an den äÄufseren Wänden, so ist auch das geistige Leben dort oben seit dem vierten Jahr- zehnt des 15. Jahrhunderts bis zum Ende des 16. Jahrhunderts fortwäh- Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 31 rend italienischer Bildung zugänglich gewesen. Es scheint wenig beachtet zu sein, dafs hier der junge Enea Silvio schon 1431 weilte und freund- schaftliches Verständnifs fand, an das er später sich dankbar erinnerte. Die Notare der Herren von Rosenberg, besonders zwei Namensvetter Wen- zel von Krummau, deren Persönlichkeiten Voigt confundirt, aber auch Truhlar nicht ganz befriedigend auseinandergehalten hat, waren um die Mitte und zu Ende des 15. Jahrhunderts bewulste Träger der humanisti- schen Propaganda, der Ältere Correspondent Enea Silvios, der Jüngere gleichfalls ein Kenner und Bewunderer seiner Schriften. Mehrere Hand- schriften, die ich in Hohenfurt und Prag von diesen beiden Männern fand, geben über ihre humanistischen Studien Aufsehlufs. Mit Hohenfurt und Krummau, mit Goldenkron, mit Wittingau in nahem Culturzusammenhang stand auch Prachatitz im Böhmerwald. Auch dieser Stadt hat ein Rosenberger, Wilhelm, den Renaissancestempel aufgeprägt. Dorthin reiste ich am 3. October über Budweis, wo ich am späten Nach- mittag bei Kerzenbeleuchtung im Gange des Minoritenklosters ein wei- teres Exemplar des Hohenfurter Madonnentypus mit italienischen Rahmenbildern sah: das Ganze von rührender Innigkeit. Prachatitz ist das böhmische Nürnberg. Eine genaue Würdigung seiner Baudenkmäler, unter denen die glänzenden reichbemalten Renaissance- facaden der Häuser am Ring besonders hervorragen, würde ein längeres Studium erfordern. Ich konnte ihnen nur einen Tag widmen und suchte wenigstens durch photographische Aufnahmen, die ich herstellen liefs, das Erinnerungsbild zu verstärken. Die Zeit drängte: der Winter stand vor der Thür und noch viel lag unerledigt vor mir. Ich hatte Grund genug zu eilen. (Juer durch den böhmischen Wald reiste ich am 4. October über Wallern, ein Dorf, das den alten Baucharakter der böhmischen Wald- häuser noch treu bewahrt, nach Oberplan, dem Geburtsort Adalbert Stifters, mit einer interessanten zweischiffigen Kirche. Am 5. October fuhr ich dann bei empfindlicher Kälte und strömendem Regen in offenem Wagen über das Gebirge nach Aigen in Oberösterreich, um in der Biblio- thek des nahen Prämonstratenserstiftes Schlägl Umschau zu halten. In wenigen Tagen dachte ich hier fertig zu werden. Aber der Mo- nat ging zu Ende, ehe ich den stillen Ort verlassen konnte. So lange wanderte ich Tag für Tag, in der Frühe und am Abend, den Wiesen- 32 K. Burvach: pfad vom Dorf Aigen zum stattlichen Stift der weifsen Chorherren hin und her, zwischen zwei Kirchen und zwei Teichen, durch die letzte verglühende Pracht des Spätherbstes. Die Bibliothek des böhmischen Frühhumanisten Johannes von Ra- benstein, dessen von Bachmann edirter kirchenpolitischer Dialog dem Vorbild Enea Silvios nachtrachtet und, 1469 in Prachatitz verfafst, eines der ersten und vollendetsten Beispiele humanistischer Publicistik in Deutsch- land darstellt, hat sich, worauf weitere Gelehrtenkreise zuerst Neuwirth hin- gewiesen hat (Repertorium für Kunstwissenschaft IX, 392 Anm. 6), in nicht ganz aufgeklärter Weise in diesem weltentrückten Bergwinkel erhalten. Es scheint, als ob Beziehungen des Stiftes zu Prachatitz die Vermittlung ge- macht hätten. Prachatitz wechselte im 15. Jahrhundert mehrfach den Be- sitzer: bald gehörte es dem Domcapitel von Wysehrad bei Prag, bald der Königlichen Kammer, bald den Rosenbergern. Zu diesen besafs Johann gleich seinem älteren Bruder Procop von Rabenstein, dem späteren Kanzler von Böh- men, nahe Beziehungen. 1448 — 1454 Burggraf von WySehrad, 1457 Probst von Wysehrad, erhielt er 1469 die Stadt Prachatitz zur Nutzniefsung. Mehr als 50 Schlägler Handschriften tragen Rabensteins eigenhän- dige Namenseinzeichnung, sein Wappen, sein Motto. Viele enthalten von seiner Hand Randbemerkungen und Scholien oder auch ganze Abschriften zusammenhängender Texte. Im Wesentlichen liegt hier die Ernte, die er aus Italien, von den Hochschulen zu Bologna und Pavia, aber auch aus Orleans heimgebracht hatte, laut den eigenhändigen Einzeichnungen, die Ort, Preis und Datum des Erwerbs bezeichnen. Kanonistische, eivilistische und classische Schriftsteller überwiegen, daneben natürlich auch moderne Litteratur italienischer Humanisten, besonders Briefe. Für die akademischen Verhältnisse in Padua, namentlich die Colonie von jungen Nürnber- gern, die hier im Colleg zu St. Sebaldus um die Mitte des Jahrhunderts sich zusammenfand, fliefst in dem Codex einer Briefsammlung aus Raben- steins Besitz eine reiche Quelle, die ich durch zahlreiche Copien behufs späterer Publication nicht säumte, sofort auszuschöpfen. Viele Notizen in Johanns Handschriften sind aus Prachatitz datirt, wo er, nach längerem Aufenthalt in Rom, heimgekehrt vergeblich hoffte, in beschaulicher Mufse die Früchte seines wanderungsreichen Lebens und seiner umfassenden Studien zur Reife zu bringen. Von dem Dienst der Musen wurde er durch die wilden nationalen und dogmatischen Kämpfe Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 33 aufgeschreckt, die sein unglückliches Vaterland zerrissen. Es ist tief er- greifend, die Klagen zu lesen über den Kriegsjammer und die Ungerechtig- keit der Menschen, die er den Notizen in seinen Handschriften anvertraut. Zwischen den Parteien Böhmens und ihrem blutigen Hafs wulste sich dieser Jünger friedlicher Bildung nicht zu halten. Gleich den meisten, ja eigent- lich allen Humanisten dieser Periode gehörte auch er der conservativen katholischen, antirevolutionären Richtung an. Die Sache seines heimat- lichen Königs, des hussitischen Georg von Podiebrad, sah er so sich schliefs- lich genöthigt zu verlassen und trat zum ungarischen König Matthias Cor- vinus über. Hinfort lebte er noch einige Jahre abwechselnd an dessen Hof und auch auf seinem Prachatitzer Schlosse. Von einer Reise nach Schlesien heimkehrend, wurde er gefangen, dann befreit, starb aber bald danach im November 1473 zu Ofen. Johann von Rabenstein ist eines der Bindeglieder zwischen dem Huma- nismus Böhmens und dem Ungarns, aber auch dem von Schlesien. In Schlesien allein ist sein prächtiger Dialog erhalten geblieben: in zwei Handschriften der Breslauer Universitätsbibliothek. Offenbar wirkte da die Verbindung mit, welche die Rosenberger mit dem Breslauer Bisthum und der Breslauer Landeshauptmannschaft hatten. In Schlägl fand ich auch ein schlesisch-böhmisches Formelbuch aus der Zeit um 1407, das einen eigentümlichen Werth durch die deutschen Übersetzungen besitzt, die für die Laienbriefe darin dem lateinischen Ori- ginal beigegeben sind. Muster ist Johanns von Neumarkt Summa eancellariae, und die Abhängigkeit geht so weit, dafs manche Stücke einfach Mosaiken daraus bilden. Bei der selavischen Entlehnung tritt wiederholt die metho- diseh interessante Möglichkeit ein, den bis zum Sinnlosen verderbten Text der lateinischen Briefe dieses Formelbuches durch Vergleichung mit den vorbildlichen Stellen der Summa cancellariae Caroli IV völlig evident zu emendiren. Während die deutschen Übersetzungen alle stilistischen und syntaktischen Künste der lateinischen Originale so gut es ihnen möglich ist wiedergeben, gestatten sie in den Lauten der rohesten Mundart Ein- tritt. Die Handschrift mufs somit auch als eine sehr wichtige alte Quelle für den schlesisch-nordböhmisehen Dialekt gelten. Ich habe den ganzen Abschnitt, der die Laienbriefe in lateinischer und deutscher Fassung ent- hält, abgeschrieben und werde diese in einem besonderen Aufsatz be- sprechen und publieiren. Philos. - histor. Abh. 1903. 1. 5 34 K. Burpvacn: Auch die zweitälteste Handschrift der Summa cancellariae (von 1388) befindet sich in Schlägl. Eine Durchsicht zeigte, dafs sie keinen hohen kritischen Werth hat. Immerhin bleibt bemerkenswerth, dafs sie von einem Egerer Johannes Puchelsperger geschrieben ist: aus Eger stammt Caspar Schliek, der Erbe der humanistischen, durch Johann von Neumarkt inau- gurirten Tradition in der Reichskanzlei, der Proteetor des jungen Enea Silvio, der Held von dessen Weltnovelle Eurialus und Lueretia, dem Muster- buch des frühen Humanismus. Die unerwartete Fülle des Materials und der Wunsch, es gleich an Ort und Stelle für meine Zwecke einzubringen, hielten mich in Schlägl mehrere Wochen fest. Aber es wirkte dabei auch die freundschaftliche Gastlichkeit und Gefälligkeit mit, die mir von dem Herrn Abt-Prälaten des Stiftes Norbert Schachinger, von dem Hrn. Stiftsbibliothekar P. Gott- fried Vielhaber, von dem gesammten Convent in wahrhaft erquickender Weise Tag für Tag, bei jedem Zusammensein stets unvermindert entgegen- gebracht wurde. Des genannten Bibliothekars trefflichen, der Vollendung nahen Handschriftenkatalog, dessen baldiger Abschlufs und Drucklegung im Interesse der Wissenschaft lebhaft zu wünschen ist, durfte ich im Manuseript mit gröfstem Nutzen verwerthen. Für alles dies nach Verdienst und nach meinem inneren Bedürfnifs zu danken, bin ich ganz aufser Stande. Es war an Allerheiligen, als ich bei winterlichen Regengüssen durch das romantische Mühlthal zur Donau hinabglitt nach Linz, auf wackliger Secundäreisenbahn. Am nächsten Tage begab ich mich von dort nach dem Augustiner- chorherrenstift St. Florian, hörte das feierliche Requiem des Allerseelentages in der prunkvollen grofsartigen Kirche des wahrhaft herrlichen Kloster- baues und unterzog sodann, von dem Herrn Prälaten des Stiftes wie von dem ehrwürdigen Bibliothekar, dem verdienten, gelehrten P. Czerny in gütigster Weise aufgenommen, die aus Italien stammenden Bilderhandschrif- ten einer fruchtbaren Prüfung. Für die Kenntnils der Bologneser Buch- malerei' aus der ersten Hälfte und der Mitte des 14. Jahrhunderts sind hier höchst lehrreiche Beispiele von geradezu elassischer Vollendung. Schon am selben Abend kehrte ich aus dem paradiesischen Garten, als der die ' [Vergl. Franc. Malaguzzi Valeri, La collezione delle miniature nell’ archivio di stato di Bologna: Archivio storico dell’ arte VII (1894), p. ı ff., sowie desselben Verfassers unten S. 35 Anm. und Neuwirths unten S. 35 erwähnten Aufsatz.] Zum Ursprung. der neuhochdeutschen Schriftsprache. 35 Umgebung von St. Florian selbst an einem herbstlichen Regentage erscheint, nach Linz zurück. Den nächsten Tag widmete ich dem Besuch der Bibliothek des Lyceums (Bibliotheca publica) und des Priesterseminars. In beiden fand ich ein paar nicht uninteressante handschriftliche Stücke theils huma- nistischen, theils kirchlichen Inhalts. Doch blieb die eigentliche Hoffnung, in den aus Kloster Waldhausen stammenden Beständen der erstgenannten Bibliothek Material für die Person und Wirksamkeit des Konrad von Wald- hausen, des grofsen Reformpredigers, zu finden, unerfüllt. Am 4. November verliefs ich den majestätischen Donaustrom, die Stätte unendlicher Erinnerungen aus deutscher Geschichte und Heldensage. Bei nahezu sommerlichem Wetter reiste ich durch das Kremsthal nach dem stolzen Benedictinerstift Kremsmünster, das einer Warte gleich über die grünen Wiesen ausblickt auf die erhabene Wand der schneebedeckten ober- österreichischen Alpen mit dem mächtigen Traunstein. Im Stift von dem Herrn Prälaten überaus gastlich aufgenommen, wandte ich in der höchst reichhaltigen Bibliothek, die mir der kenntnifsreiche Bibliothekar Hr. P. Hugo Schmidt und sein Gehülfe freundlich eröffneten, mich nur zu einigen Cimelien, besonders einigen humanistischen Sammelhandschriften und litur- gischen Bilderhandschriften, vor Allem dem herrlichen Gebetbuch, das Nicolaus von Bologna' mit Miniaturen geschmückt hat. Gleich den erwähnten italienischen Bilderhandschriften von St. Florian zeigt es, auf welche Höhe unter dem Einflufs Giottos die Bologneser Buchmalerei be- reits um die Mitte des 14. Jahrhunderts gestiegen war. Auch nach der Würdigung dieser Miniaturen durch Neuwirth (Repertorium für Kunst- wissenschaft IX, S. 383ff.) war mir Autopsie unentbehrlich und brachte vielfachen Gewinn. Nur ungern rifs ich mich so rasch von den mannigfaltigen Kunst- und Bücherschätzen der uralten Culturstätte los und fuhr am 5. November ohne Aufenthalt über Linz und Wien zurück nach Brünn, um von dort aus nunmehr endlich den nothgedrungen immer aufgeschobenen Besuch des Benedictinerstifts Raigern nachzuholen. ! [Vergl. über ihn aufser dem oben genannten Aufsatz Neuwirths Francesco Malaguzzi Valeri, I eodiei miniati di Nicolo di Giacomo e della sua scuola: Atti e memorie della R. deputazione di storia patria per le provincie di Romagna. Terza serie. Vol. XI. Fasc. I—II (Bologna 1893), p- 120 ff.] 36 K. Burdach: In Folge der liebenswürdigen Aufnahme und Unterstützung durch den Hrn. Abt-Prälaten und den Hrn. Stiftsbibliothekar Dr. Maurus Kinter gelang es mir, volle Übersicht über die Bibliothek zu gewinnen und alles für mich Wichtige auszubeuten. Es finden sich hier mehrere Handschriften, die un- mittelbar aus der litterarischen Sphäre Johanns von Neumarkt stammen: eine sehr wichtige Handschrift seiner Summa cancellariae, Abschriften mehrerer lateinischer Werke Petrarcas, eine Handschrift von Johanns Leben des heiligen Hieronymus. Diese letztgenannte, zwar längst bekannt und von Feifalik, Dudik, Benedict bereits beschrieben, verdiente nochmalige genaue Durchsicht, da sie, was bisher Niemand bemerkt hat, ein höchst be- deutungsvolles Zeugnifs ist für den Weg, den die Anfänge der deutschen humanistischen Bestrebungen genommen haben. Sie gehörte im Jahre 1424 dem Kloster St. Catharina zu Nürnberg Prediger-Ordens, und in diesem Jahre ist das in ihr enthaltene Leben des heiligen Hieronymus Johanns von Neumarkt durch Johann Liebhard von Stein aus Eichstädt geschrieben. Johann von Neumarkt stand in Briefwechsel mit dem Nürnberger Domi- nicaner Frater Rosa (Centralblatt für Bibliothekswesen 1891, S. 477 Anm.; Vom Mittelalter zur Reformation S. 116 Anm. 2). Von Nürnberg und Eich- städt geht die weitere Entwickelung der Renaissancebewegung aus. Der bischöfliche Hof von Eichstädt und der Eichstädter Domherr Albrecht von Eyb sind ihre nächsten Träger, Nürnberger oder doch längere Zeit in Nürnberg thätige Männer wie Gregor von Heimburg, Konrad Künhofer, Lorenz Schaller, Heinrich Leubing, Martin Mayr, Nielas von Wyle, Johannes Pirckheimer, Georg Pfintzing, Johannes Löffelholz arbeiten seit dem dritten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts an der Durchsetzung der neuen juristischen, humanistischen Bildung und Rhetorik. Jedes Symptom dafür, dafs man in diesen Kreisen Anfangs noch die prunkende Eloquenz jener Schrift Johanns von Neumarkt hat auf sich wirken lassen, verdient sorgfältigste Beachtung. Mehrere Bilderhandschriften der Raigerer Bibliothek liturgischen Inhalts gewähren für die vorearolinische Zeit lehrreiche Aufschlüsse. Juristisches ist hier wie in Hohenfurt nicht vorhanden. Nachdem ich im Mährischen Landesarchiv und im Brünner Franzensmuseum noch einige Nachträge erledigt hatte, kehrte ich am 17. November nach Prag zurück. Hier theilte sich meine Arbeit zwischen der Universitätsbibliothek, der Bibliothek des Böhmischen Museums, der Bibliothek des Metropolitan- Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 37 capitels. Meine angestrengte mehrwöchentliche Arbeit wurde leider durch Krankheit unterbrochen, die mich vierzehn Tage an Bett und Zimmer fesselte, auch längere Zeit nachher meine Kraft lähmte und in ihrer Nach- wirkung bis in den Februar hinein sich fühlbar machte. Konnte ich so das gesteckte Ziel auch nicht ganz erreichen, so habe ich doch über die ungemein reichen Bestände der Prager Sammlungen eine Übersicht gewonnen und beträchtliche Theile davon ausgeschöpft. Aus der Bibliothek des Cistereienserklosters Ossegg liefs mir auf meinen Wunsch Hr. Universitätsbibliothekar Kukula fünf wichtige Codices zu be- quemer Benutzung nach Prag kommen, darunter ein sehr werthvoller mit schöner Malerei, Gebete und Bulspsalmen Petrarcas enthaltend. Besondere Bedeutung hatte für mich das bereits von Palacky (Über Formelbücher I, S. 238— 247) benutzte Ossegger Formelbuch aus der Zeit um 1360, das eine Sammlung von Briefen des Gola di Rienzo enthält. Vielleicht ist ihr Urheber der Bruder Johanns von Neumarkt Matthias, Cistereienser, Weihbischof von Leitomischl, zu dessen Diöcese Ossegg gehörte, und Bischof in partibus von Trebinje in Bosnien (vergl. meine Bemerkungen in der Deutschen Litteraturz. 1898, Nr. 51/52, Sp. 1964). Die Rienzo- Briefe' dieser Handschrift collationirte ich theils mit der völlig unzuläng- lichen Ausgabe Gabriellis, theils — soweit sie noch nieht gedruckt sind — copirte ich sie. Ein kurzer Brief stölst herzbewegliche Klagen aus über das winterliche, finstere Gefängnils auf dem erzbischöflichen Schlofs zu Raudnitz. Er mufs im December 1350 geschrieben sein: trotz seinem ge- ringen Umfang ein geschichtliches Document ersten Ranges. Denn an diesen neuartigen unerhörten 'Trompetenstölsen des gefallenen Tribunen, des bedenklichen Ketzers, berauschte sich der königliche Hof, die könig- liche Kanzlei, berauschte sich vor Allem ihr Kanzler, Johann von Neumarkt. Fünfhundertachtundvierzig Jahre danach, gleichfalls im December, stand auch ich im alten Raudnitzer Schlofs an jener Stelle, wo wahrschein- lich einst Cola di Rienzo geschmachtet hat. Durch die gütige Erlaubnifs Sr. Durchlaucht des Fürsten Moriz von Lobkowitz, Herzogs von Raudnitz, und die gefällige Hülfe des fürstlichen Bibliothekars und Archivars Hrn. Max Dvorak war ich in den Stand gesetzt, während zweier Tage die ge- sammte Bibliothek des Sehlosses durchzusehen. Ihr werthvollstes Gut, ! [Dieselben sollen im zweiten Band des oben S. 5f. näher charakterisirten Werkes veröffentlicht werden.] 38 K. Burvachk: das mit dem Namen des grofsen böhmischen Humanisten Bohuslaus Lobkowitz von Hassenstein verknüpft ist und für dessen Studien un- schätzbares Material bietet, fällt in eine spätere Zeit als die, der meine Forschung gilt. Aber ich fand hier doch auch für die Frühzeit der huma- nistischen Regungen in Böhmen einige wesentliche Belege und im Übrigen Einzelnes von Belang. Aus der hier aufbewahrten Registratur des König- reichs Böhmen unter Siegmund für die Jahre 1437 und 1438, die bisher nur von Öelakovsky und von Altmann (Regesten Siegmunds) benutzt worden ist, nahm ich Abschriften, Collationen und photographische Aufnahmen für einige deutsche Urkunden. Auch aus dem Katalog der Bibliothek des Collegiums der böhmischen Nation an der Universität Prag, den Loserth unter dem falschen Titel des ältesten Katalogs der Prager Universitäts- bibliothek, und leider nur im Auszug, publieirt hat, copirte ich wichtige Theile oder liefs sie photographiren. Ein Ausflug auf den Wysehrad bei Prag, den ich machte, um nach Resten der dortigen Capitelsbibliothek zu fahnden, blieb ergebnifslos, brachte aber künstlerische Eindrücke von Bedeutung. In der Capitelskirche inter- essirt namentlich das alte carolinische Madonnenbild einer Capelle sowie in der anstofsenden Capelle, die getreu nach dem alten Zustand restaurirt ist, das Wandornament neben dem Fenster (Kranz mit Bandschleife , auch Schleier genannt), ein Symbol und Abzeichen Wenzels, das bekanntlich in seinen Bilderhandschriften, aber auch in Prager Bauwerken und anderen Codices vorkommt und in seiner Bedeutung immer noch nicht recht aufgeklärt ist. Die allergröfste Bedeutung hatte während dieses zweiten Prager Auf- enthalts für mich die genaue Durchsicht der Miniaturhandschriften des Böhmischen Museums. Ein grofser Theil davon ist kanonistischen In- halts und stammt, wie wir seit Schultes fruchtbarer Beschreibung (Ab- handlungen d. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1868, VI. Folge, Bd. 2, S. 69— 115) wissen, aus dem Augustinerchorherrenstift zu Raudnitz. Auf die wichtige Rolle, die die kanonistischen Handschriften in Böhmen bei der Einbürgerung italienischer und französischer Rechtswissenschaft und Stilistik im 14. Jahrhundert gespielt haben, habe ich zuerst 1891 im ganzen Zusammenhang meiner Forschungen über das Verhältnifs des Carolinischen Kreises zum römischen und kanonischen Recht hingewiesen. Insbesondere habe ich (Oentralblatt für Bibliothekswesen 1Sg1, S. 446 Anm.; Vom Mittel- alter zur Reformation S.85 Anm.) zuerst die Ansicht ausgesprochen, dafs die Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 39 im 14. Jahrhundert aus Italien erworbenen illustrirten kanonistischen Hand- schriften in der Bibliothek des Olmützer Domeapitels zum Theil auf Ver- anlassung Johanns von Neumarkt nach Mähren gekommen sind. Dafs sie nicht ohne Einflufs geblieben sein können auf die von Johann von Neu- markt bestellten, in Böhmen selbst gefertigten liturgischen Miniaturhand- schriften, deren ich a. a. O. wiederholt gedachte, lag danach auf der Hand. üs war daher eine der ersten und wichtigsten Absichten meiner Studien- reise nach Böhmen und Mähren, daraufhin die dort vorhandenen kano- nistischen und liturgischen Handschriften zu prüfen. Für die Olmützer Godices hatte ich es im Juni 1898 zu Brünn! thun können. Für die Prager unternahm ich es jetzt im Böhmischen Museum. Wie eben gesagt, stammen die meisten kanonistischen Handschriften dieser Sammlung aus Raudnitz. Bereits 1891 (Centralblatt für Bibliotheks- wesen, Juliheft S. 329; Vom Mittelalter zur Reformation S. 57) hatte ich bemerkt, wie eng die künstlerische und wissenschaftliche Verbindung dieses Klosters mit Avignon war und wie folgenreich sie wurde. Ich sagte da- mals: »Der Prager Bischof Johann IV. von Drazie (1301— 1343), der zwei- mal, und zwar Jahre lang, sich in Avignon aufhielt, hatte vom päpstlichen Hof ein schön geschriebenes, durch Miniaturen geziertes Glaubensbekenntnils mitgebracht, nach französischem Muster die Hauscapelle wie den Speise- saal der neu erbauten bischöflichen Residenz mit Wandmalerei schmücken lassen und Meister Wilhelm aus Avignon zum Bau einer Moldaubrücke bei Raudnitz gewonnen (1333), wo er für die gleichfalls aus Avignon stammenden regulirten Augustinerchorherren 1329 das erste Kloster in Böhmen gegründet hatte«.... »Aus Avignon wurde 1344 von Karl der erste Prager Dombaumeister Matthias von Arras berufen, und das Schlolfs Karlstein steht in der architektonischen Anlage dem Palast der Päpste in Avignon ganz nahe.« »In den berühmten Wandbildern des Kreuzgangs im Kloster Emmaus zu Prag...., die Schnaase mit der Schule Giottos in Verbindung bringen wollte, findet Woltmann und Janitschek mit viel mehr Wahrscheinlichkeit Anklänge an Simone Martini, der zu Avignon im Dienst des päpstlichen Hofes gelebt [d.h. gemalt] hatte. « Da das Augustinerchorherrenstift in Raudnitz von vorn herein ausschliefs- lich für Conventualen slavischer Zunge bestimmt war, erscheint der Eintlufs ! [Vergl. oben S. 9. 17.] 40 K. Burvaecn: deutscher Kunst weniger naheliegend als ein ausländischer. Seit meinen erwähnten Ausführungen über die Beziehungen der Avignonischen Kunst zu Böhmen, insbesondere auch zu Raudnitz, mulste sich die dringende Frage erheben, ob nieht die von Schulte beschriebenen kanonistischen Bilderhand- schriften des Raudnitzer Klosters theils direet aus Avignon stammen, theils auf Avignonische Vorbilder zurückzuführen seien. Meine in dieser Richtung an den Raudnitzer Bilderhandschriften des Böhmischen Museums in Prag angestellten Untersuchungen lehrten mich, dafs sich in ihnen wesentlich drei verschiedene Manieren unterscheiden lassen, unter denen eine ausge- sprochen italienischen Charakter und italienische Herkunft verräth. Von einem einheitlichen durch alle hindurchgehenden Stil kann keine Rede sein. Auf meine weiteren Beobachtungen will ich hier nicht näher eingehen, da ein junger Kunsthistoriker, Dr. Max Dvörak, der Sohn des Raudnitzer Biblio- thekars, einer Speeialuntersuchung' über die böhmische Miniaturmalerei unter Anderem gerade auch jene Raudnitzer Codices des Böhmischen Museums mit zu Grunde gelegt hat und man also gut thut, seine Ergebnisse erst abzuwarten. Mehr am Platze scheint mir hier eine erneute Darlegung des allgemeinen bildungsgeschichtlichen Problems zu sein, um das es sich dabei handelt und das ich 1891 in meinen oft genannten Aufsätzen zuerst bestimmt formulirt habe. Längst hatte man erkannt, dafs die Prager Miniaturmalerei aus der Mitte und dem Ende des 14. Jahrhunderts — der gleichzeitigen böhmischen Kunst überhaupt entsprechend — das Product einer Mischung französischer und italienischer Buchmalerei gewesen ist. Schon die ersten wissenschaft- lichen Analysen von Waagen und Passavant (1846, 1850, 1856) zeigten das. Deutlicher wurde es durch die methodischen, die ganze böhmische Kunst umfassenden Arbeiten von Springer, Schnaase, Woltmann, Neuwirth, Chytil, Janitschek. Aber auf welchem Wege und in welcher Weise diese Mischung zu Stande gekommen sei, wie viel daneben aus deutschen, wie viel aus Cechisch- ' [Von dieser Arbeit, die auf Anregung und unter Leitung von Franz Wickhoff in Wien entstanden ist, erfuhr ich zuerst im Frühling 1898 durch die HH. Men&ik und Julius von Schlosser. Auch ihr Verfasser theilte mir damals mündlich mit, welche Ansicht er über die Quelle des neuen Stils in der böhmischen Miniaturmalerei der zweiten Hälfte des 14. Jahr- hunderts gewonnen habe. Jetzt liegt seine Untersuchung gedruckt vor im Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses Bd. XXII, Heft 2, Wien 1901. Auf ihren reichen und fruchtbaren Inhalt näher einzugehen, ist hier nicht der Ort. Der Hauptpunkt wird unten S. 47 f. berührt.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 41 nationalen und eventuell sogar aus slavisch-byzantinischen Quellen herzu- leiten sei, darüber herrschte weder Klarheit noch Einhelligkeit. Die Kunst- historiker techischer Nationalität wollen dem autochthonen Einfluss mehr oder minder Gewicht beilegen. Die deutschen Kunsthistoriker leugnen die byzantinische Einwirkung ganz, gestehen national-techische Bestandtheile nur in geringem Mafse zu, betonen dagegen die vorbildliche Kraft der deutschen Kunstüberlieferung. Jener ganze Streit über das Verhältnifs des slavischen zum deutschen Element hat — wie er überhaupt für die ge- schichtliche Erforschung der böhmischen Gultur unfruchtbar ist — für die wissenschaftliche Erklärung und Charakteristik der böhmischen Buch- und sonstigen Malerei des luxemburgischen Zeitalters nur eine höchst unter- geordnete Bedeutung. Epochemachend hat die Prager Kunstschule weder durch ihre speeifisch deutschen noch durch ihre specifisch slavischen Züge gewirkt, sondern durch die eigenthümliche abgestufte Aneignung franzö- sischer und italienischer Kunstfortschritte, die sie in sich aufgenommen hat. Diese Aneignung romanischer Kunsttechnik bildet nur einen Act in dem grofsen langdauernden Schauspiel, das die gesammte CGultur' der germani- schen Länder seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert darbietet. Man nennt es am besten die dritte Reception des Romanismus. Unter der ersten Reception des Romanismus verstehe ich die sogenannte Renaissance Karls des Grofsen und ihre Fortsetzung durch die Ottonen, unter der zweiten die Aufnahme der Kirchenreform, Theologie und kirchlichen Kunst, des Ritterthums und der höfischen Litteratur Frankreichs von der Mitte des ı1. Jahrhunderts bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Jetzt, im Trecento, tritt der denkwürdige Umschwung ein: die Wagschaale Italiens füllt sich mit eigener, nationaler Kraft und Gröfse, wird schwerer und schwerer und schnellt endlich die Wagschaale Frankreichs in die Höhe. Die geistige Hegemonie geht jetzt von Frankreich auf die jüngere Schwester über, die sich an der älteren geschult hat und nun über sie hinauswächst. Im 12. und 13. Jahrhundert gab eine verbreitete Theilung der die Welt beherrschen- ! [Für mich war und ist bei der Erforschung dieser Probleme der Satz meiner Vor- rede aus dem Jahre 1893 (Vom Mittelalter zur Reformation I, S. IX) leitend: »Das bedeut- same Problem, auf welchen Wegen, in welchem Umfang und in welchem Verhältnils fran- zösische und italienische Bildung im 14. und 15. Jahrhundert nach Deutschland ein- geführt wurden, kann schlechterdings nur eine Untersuchung behandeln, die Litteratur und Kunst, Reehtswissenschaft und Theologie gleichmälsig heranzieht.«] Philos. - histor. Abh. 1903. 1. 6 42 K. Burvach: den Kräfte Deutschland das ömperium, Italien (trotz Bologna) nur das sa- cerdotium, das studium aber Frankreich. Jetzt im 14. Jahrhundert beginnen italienische Kunst, Wissenschaft, Bildung auf drei Jahrhunderte ihren Welt- eroberungszug. Die Weltherrschaft französischer Cultur, einst getragen durch die Normannen, durch Cluny und Paris, mufls der Weltherrschaft italieni- scher Cultur weichen. Diesen Procefs haben wir uns gewöhnt, sehr un- bezeichnend »Renaissance« KAT Ezox#n zu nennen. Aber nicht die Wieder- belebung des classischen Alterthums war dabei entscheidend. Dieses ist auch im Mittelalter niemals todt gewesen. Es dauerte einmal fort in einer eonstanten Tradition tieferer Regionen, ohne Unterbrechung. Und es er- lebte daneben stofsweise wiederholt neue Kraftentfaltungen, stärkere Auf- schwünge, »Renaissancen« in den höheren Sphären der Bildung. Die neue, die grofse Renaissance des Trecento und der folgenden Jahrhunderte, das war aber im Gegensatz zu allen ähnlichen früheren Erneuerungen antiken Lebens eine national-italienische Bewegung. Schon seit der zweiten Hälfte des ıı. Jahrhunderts war sie vorbe- reitet worden durch die juristische Renaissance, d.h. durch die Wiederkehr eines wissenschaftlichen, selbständigen und produetiven Betriebs der rö- mischen Jurisprudenz in der Schule von Bologna und durch den gleich- zeitigen Aufschwung der rhetorischen Studien. Das nationale italienische Bewulstsein trug in die aufsteigende Entwicklung des geistigen Lebens Italiens der phantastische Arnold von Breseia und sein Antipode, der ziel- bewulste Verfechter päpstlicher Omnipotenz und Weltbeherrsehung Inno- cenz II. Die Schulung des Willens, die Erziehung zur Ordnung und Klar- heit brachten dem Lande die neuen Organisationen der Kanzlei und Ver- waltung der Curie, das politische und administrative System der Regierung Friedrichs II. Fast in dem Augenblick tritt diese grofse Renaissance als das, was sie eigentlich ist und in der Zukunft sein sollte, an das Licht, da das italienische Nationalgefühl in der Kunst, in der Beredsamkeit, in der Dichtung sich einen neuen Stil durch bewulste Anlehnung an das eigene Alterthum zu schaffen die Kraft gewonnen hatte. Das altrömische Alter- thum als nationale, als italienische Vergangenheit anzuschauen und wieder zu vergegenwärtigen — dies war die Quelle des neuen Stils, dies war die Wurzel der grofsen Renaissance, welche die Welt verjüngen sollte. Auf Grund dieses Gesichtspunktes hatte ich bereits 1391 (Centralblatt für Bibliothekswesen Juli-August S. 324 f.: Vom Mittelalter zur Reformation Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 43 S. 52) es für »eine der anziehendsten, aber auch schwierigsten Aufgaben der nächsten Zeit« erklärt, »die während des 14. und 15. Jahrhunderts nach Deutschland dringenden fremden Strömungen in ihre beiden Bestand- theile, den französischen und den italienischen, zu zerlegen«. Ich wies nament- lich auf die enge Culturverbindung zwischen Südfrankreich und Italien hin, die eine solche Sonderung erschwert: »Oft erweist sich die Scheidung höchst milslich, wie z. B. bei der Frage, ob südfranzösische oder lombardische Waldenser auf Böhmens häretische Seeten bedeutsamer gewirkt haben.« Ich betonte: »im Zeitalter der avignonischen Päpste verband überdies der litterarisch-künstlerische Verkehr Südfrankreich und Italien dureh zahl- lose Fäden zu einer Art geistiger Gütergemeinschaft«. Als Mittel- punkt dieser Gütergemeinschaft war von mir (Centralblatt für Bibliotheks- wesen S. 327; Vom Mittelalter zur Reformation S. 55) Avignon bezeichnet worden. Die franeco-italienische Litteratur, die Gaspary in seiner Geschichte der italienischen Litteratur geschildert hat, ist ihr Produet. Träger dieser von mir betonten südfranzösisch -italienischen Cultureinheit ist Petrarca, »der halb in Avignon, halb in Italien lebte«, auf dem Gebiete der Littera- tur, der Sienese Simone Martini, dessen Thätigkeit für die Öurie von Avignon neuerdings Müntz genauer kennen gelehrt hat, auf dem Gebiete der Malerei. Als drittes und viertes Gebiet fügte ich dazu Technik und Stil der Kanzlei sowie die bildliche Ausstattung der Handschriften. Durch mehrere Italiener und Franzosen in der deutschen Reichskanzlei waren, worauf ich (Öentral- blatt für Bibliothekswesen 1891 October S. 434; Vom Mittelalter zur Re- formation S.73) die Aufmerksamkeit lenkte, persönliche Vermittlungsfäden gegeben für eine Übernahme »der Tradition und Technik der romanischen Kanzleien, besonders aber der Kunst der französisch- italienischen Kalligraphie und Illumination nach Böhmen«. In Avignon sammelte Karls IV. Protonotar Handschriften. Auch die vorbildliche Bedeutung der illuminirten Urkunden der Gurie von Avignon für die böhmische Miniaturmalerei hatte ich, einen Nachweis Nordhoffs benutzend, in Anschlag gebracht (a. a. ©. S. 474 und Anm., a. a.0.S. 113) und vermuthet, dafs z.B. das von Johann von Neu- markt an Petrarca Anfang 1357 übersandte Pfalzgrafenpatent bildliche und ornamentale Ausstattung verwandter Art gehabt habe. Den schönen regel- mäfsigen Ductus, der in der Reichskanzlei unter Karl IV. üblich wird, hatte ich (ebenda S. 434 Anm. ı; S.74 Anm. 1) gewils richtig aus der päpstlichen Kanzlei zu Avignon abgeleitet. 44 K. Burvacn: Besonderes Gewicht hatte ich dabei zum ersten Male auf die Rolle gelegt, die die Augustinereremiten und Augustinerehorherren bei der Importirung romanischer Bildung gespielt haben. Auch sie sind Träger der französisch italienischen Culturgemeinschaft. Aber während die Ere- miten in Frankreich und Italien, in Paris, Padua, Florenz gleich stark her- vortreten, liegt die Wurzel der Augustinerchorherren durchaus mehr in Frankreich. Durch meine hierauf sich beziehenden Erörterungen war eine Unter- suchung darüber nothwendig geworden, welche Bedeutung den böhmischen Augustiner-Congregationen, den Eremiten wie den Chorherren bei der Er- neuerung des Augustinismus, bei der Einführung der romanischen Miniatur- kunst, bei der Vorbereitung humanistischer oder wenigstens rhetorischer Interessen, bei der Beförderung erbaulicher geistlicher Production und Predigt in der Landessprache zufalle. Für die Geschichte der Malerei hat nach mir Julius von Schlosser diese Aufgaben in mehreren Arbeiten in Angriff genommen. Seine Abhandlung über die Bilderhandschriften Wenzels (Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Wien 1893, Bd. XIV, S. 214 ff.) suchte (die französische und die italienische Manier in der böhmischen Miniaturmalerei schärfer auseinander zu halten. Weiter ging er in seiner gelehrten und an- regenden Untersuchung über Giustos Fresken in Padua (ebenda XVII, S.28f.), indem er für die Randornamentik bestimmt »die französische« und die »nationalitalienische Weise« analysirt. Die letztere, charakterisirt durch »eine schwere, stilisirte Weiterbildung der alten romanischen Ranke in leb- haften Deckfarben mit Goldtropfen und Goldknospen in den Zwickeln und soldenen Kreuzen und Sternen am Rande« findet er in den böhmischen Miniaturhandschriften der lJuxemburgischen Zeit besonders stark vertreten. Meine Hypothese über die Augustiner glaubt er bestätigen zu können durch verschiedene Momente. Er weist einmal darauf hin, dafs das Augustiner- kloster S. Spirito in Florenz eine wahre Heimstätte der trecentistischen Male- rei gewesen ist. Er zeigt ferner in glänzender Weise, dafs die Vorlage für Giustos Fresken in der Kirche der Augustinereremiten zu Padua! der ! [Die geschichtliche Bedeutung Giustos, auf den mit Nachdruck hingewiesen zu haben sich von Schlosser zum unverlierbaren Verdienst anrechnen darf, schien seitdem in unerwarteter Weise für unsere Erkenntnils gewachsen durch das Bekanntwerden des Original- skizzenbuchs zu seinen 1395 bei den Eremitani in Padua gemalten Fresken, die, selbst Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 45 illuminirte Anhang des gleichfalls illustrirten Lobgedichts eines Pratesers auf König Robert von Neapel gewesen sei, der in einer Handschrift des Wiener Hofmuseums und in einer der Nationalbibliothek zu Florenz vorkommt, während das Originalexemplar, ohne den Anhang, sich im zerstört, uns nur durch die Benutzung von Leonardo da Bissucecio und Hartmann Schedel vorstellbar waren. Die Entdeckung und diese Deutung verdanken wir dem um die italienische wie die allgemeine Kunstgeschichte gleich hochverdienten Ad. Venturi: Il libro di Giusto per la cappella degli Eremitani in Padova (Le Gallerie Nazionali Italiane. Notizie e Documenti. Per ceura del Ministero della Pubblica Istruzione, Roma 1899, vol. IV, p. 345 fl... Die Zeich- nungen, die theils Allegorien, wie die Cardinaltugenden, theils Heroen- und Kaiserportraits enthalten, streben, unter Benutzung antiker Denkmäler, so ausgesprochen dem Vorbild des elassischen Alterthums nach, dafs auf Giusto der Ruhm des Masolino und Masaceio über- gehen würde, der bewulsten Nachbildung antiker Kunst zum Durchbruch verholfen zu haben. Vergl. dazu F. X. Kraus, Deutsche Litteraturzeitung 1900, S. 1660 f., und Geschichte der christlichen Kunst, Freiburg i. B. 1900, Bd. 2, Abth. 2, r. Hälfte, S. 189, 191 f. und Paolo d’ Ancona, Le rappresentazioni allegoriche delle arti liberali nel medioevo e nel rinascimento, L’ Arte, Anno V (1902), p. 285 f. An den nunmehr von Venturi vollständig in vorzüglicher Weise reprodueirten Zeichnungen (Le Gallerie Nazionali Italiane, Anno V, Roma 1902, p. 391) ınuls indessen bedenklich machen, dals sie sich äufserlich und stilistisch wie stofflich in zwei scharf getrennte Gruppen scheiden: die altmodischeren Bilder des Üyklus der Artes liberales stehen sämmtlich auf den Vorderseiten, die antikisirenden Figuren der biblischen und pro- fanen Geschichte dagegen nur auf den — ursprünglich offenbar leer gelassenen — Rück- seiten der Blätter und auf der Vorder- und Rückseite des letzten — gleichfalls Anfangs un- benutzten — Blattes. Jene Cyklusbilder sind von langen zusammenhängenden Erläuterungen in der Urkundeneursive des 14. Jahrhunderts, die Figuren der Versoseiten dagegen nur von einzelnen kurzen Beischriften (Namen und Lebensdatum) in Antiqua-Majuskeln begleitet. Und Venturi selbst giebt für die Reihe der Rectoseiten Abhängigkeit zu von den Miniaturen der Handschrift Nr. 1426 der Bibliothek in Chantilly. Diese Handschrift, von der Leon Dorez eine vollständige Ausgabe für das Istituto Italiano d’arti grafiche von Bergamo vor- bereitet, betrachtet nun aber Julius von Schlosser in einer gegen Venturi gerichteten Polemik (Jahrbücher der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. 23, Heft 5, Wien 1903, S. 327 ff.) als mittelbare Quelle für Giustos Fresken: sie enthält ein scho- lastisches, für Bruzio Visconti möglicherweise zwischen 1353 und 1356 verfalstes Lehr- gedicht, das dem schwülstigen Panegyrieus auf Robert I. von Neapel nahe steht und den Bartolomeo de’ Bartoli von Bologna, einen uns bereits bekannten Mitarbeiter des Nicolaus von Bologna (s. oben S. 35), zum Urheber hat. Das angebliche Originalskizzenbuch Giustos sei in Wahrheit nur die Compilation eines Quattrocentisten, nicht vor 1430 ent- standen. Zusammenhang mit dem Eremitenkloster S. Spirito in Florenz hält von Schlosser für möglich. Ich möchte darauf hinweisen, dafs des Nicolaus Miniaturenwerkstatt für die Augustinereremiten von S. Giacomo in Bologna zalılreiche Bilderhandschriften ge- liefert hat (Malaguzzi Valeri, Atti e memorie, etc. p. 144 ff.). Eine künstlerisch -litterarische Verbindung der Eremitenconvente von Florenz, Bologna und Padua wird man Angesichts dieser Sachlage kaum bezweifeln.] 46 K. Burvacn: Britischen Museum zu London befindet. Von «diesem Anhang, dessen Ursprung aus dem Gedankenkreis der Augustiner von Schlosser über allen Zweifel erhebt, vermuthet er sogar Entstehung in S. Spirito in Florenz. Die Vorlage sucht er, nicht recht überzeugend, an die Veroneser Schule (Altichiero) anzuknüpfen. Auch in seiner neuesten Arbeit, seiner Mono- graphie über »Tommaso da Modena und die ältere Malerei in Treviso« (Jahrbuch der Kunstsammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses, Wien 1898, Bd. XIX, S. 240 ff.) ist er bestrebt, diesen für Karl IV. und Karlstein thätigen italienischen Meister zu einem frühesten Vertreter des norditalischen, speeiell venetischen Realismus zu stempeln und in einen Kreis mit Altichiero und den Paduanern Guariento und Giusto zu stellen. Indessen tragen die von Schlosser gegebenen Reproduetionen mehrerer Bilder dieses Trevisaners, worauf mich Wickhoff gesprächsweise aufmerksam machte, unbestritten sienesische Züge und dürften eher aus Ambrogio Lorenzettis Kreis abzu- leiten sein. Für die schon früher von mir angenommenen Beziehungen Johanns von Neumarkt zu den italienischen Augustinern möchte ich hier noch die Thatsache geltend machen, dafs des Augustinus Triumphus Milleloquium Augustini, ein sachlich geordnetes Lexikon von Citaten aus Augustin, sich in seinem oben (S. 17) erwähnten Büchertestament von 1368 findet. Auf die zahlreichen hier sich ergebenden Fragen steht indessen eine abschliefsende Antwort noch aus. Welche italienischen Malerschulen haben auf Böhmen gewirkt, haben insbesondere die böhmische Miniaturmalerei bestimmt? Welches sind die charakteristischen Eigenschaften der speeifisch und rein französischen, welches die der italienischen Kunst des Trecento? Welches ist der Charakter der Kunst im Gebiete jener von mir zuerst so scharf betonten »südfranzösisch - italienischen Cultureinheit«? Nehmen daran wirklich auch noch die Oentren des inneren Frankreich Theil, wie ich (Öentralblatt für Bibliothekswesen S. 325; Vom Mittelalter zur Reformation S. 53) meinte? Läfst sich nordfranzösische Cultur von der provencalisch- italienischen auf allen Gebieten, in Wissenschaft, Litteratur, Kunst, in gleicher Weise trennen? Ist es möglich, den Antheil Avignons und Italiens einerseits, den von Paris und dem nördlichen Frankreich andererseits aus- einander zu halten? Darf man die Augustinerchorherren, deren Beziehungen zu Avignon von mir in den Vordergrund gerückt worden sind, etwa als Vermittler einer »franco-italienischen Bildung«, die Augustinereremiten (Mair) fe} Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 47 dagegen mit ihren Sitzen in Florenz, Neapel und Padua mehr als Ein- führer reiner italienischen Cultur betrachten? Für einen speciellen Theil des allgemeinen, von mir im Jahre 1891 formulirten historischen Problems, für die Frage nämlich nach den Ele- menten der böhmischen Miniaturmalerei, darf man von der (oben S. 40) genannten Arbeit Dvoraks Aufschlufs hoffen. Wie mir ihr Verfasser schon im Frühling 18938 in Wien mittheilte, sucht er als Quelle für die neue Manier in der böhmischen Miniaturmalerei der zweiten Hälfte des 14. Jahr- hunderts einen südfranzösischen, von dem nordfranzösischen scharf ge- trennten, durch Mischung des letzteren mit italienischen Elementen ent- standenen Handschriftenstil nachzuweisen, dessen Entstehung er in Avignon zu finden glaubt. Wie ich (Gentralblatt für Bibliothekswesen S. 446; Vom Mittelalter zur Reformation S.85 Anm.) nachdrücklich darauf hingewiesen hatte, dafs manche von den italienischen kanonistischen Handschriften der Olmützer Dombibliothek unter Johann von Neumarkt erworben worden seien, so sieht auch Dvoräk die kanonistischen Handschriften als Mittel der Ein- bürgerung des neuen Stils der Buchmalerei an. Wie ich, und mir folgend von Schlosser, den Einfluls der Augustiner-Congregationen bei der Recep- tion der romanischen Cultur in Betracht gezogen haben, so weist auch Dvorak den Raudnitzer Augustinerehorherren einen erheblichen Antheil bei der Einpflanzung der neuen Kunst zu. Ich darf wohl der Freude darüber Ausdruck geben, wie fruchtbar sich die von mir zuerst aufgestellten Gesichtspunkte gezeigt haben. Weitere Forschung wird, was bisher begonnen ist, fortsetzen und meine Hypo- thesen theils weiterführen, theils berichtigen. Doch wird eine halbwegs abschliefsende Erkenntnifs schwerlich zu gewinnen sein vor dem Erscheinen der Fortsetzung von Neuwirths umfassender Geschichte der böhmischen Kunst, die aufser der sehnlichst erwünschten kritischen Behandlung der Hohenfurter Tafelbilder auch eine zusammenhängende Darstellung der böh- mischen Miniaturmalerei, zum Theil auf Grund eines noch unbekannten Materials bringen soll. Einen nicht unwichtigen Beitrag zur Klärung dieser Fragen brachte mein letzter Wiener Aufenthalt im Januar dieses Jahres. Ich konnte da- selbst mit aller Bestimmtheit feststellen, dafs ein in vielen Handschriften des Raudnitzer Chorherrenstifts begegnender Miniaturentypus genau über- einstimmend in einer Handsehrift sieh findet, die im 15. Jahrhundert dem 48 K. Burvaenr: Collegium der regulirten Kanoniker des heiligen Augustin zu Glatz in Schle- sien gehörte (Cod. Vindob. pal. 1389) und wahrscheinlich dorthin schon vom Erzbischof Ernst von Prag geschenkt worden war (vergl. Centralblatt für Bibliothekswesen 1891, S.443f. 473; Vom Mittelalter zur Reformation 83. 112 Anm.). Der künstlerische Zusammenhang zwischen den böhmischen und schlesischen Klöstern der Augustinerchorherren und die Mitwirkung eines der hervorragendsten Kirchenfürsten der Karolinischen Zeit erscheint durch diese Entdeckung gesichert. Nach diesen allgemeinen Betrachtungen kehre ich zu dem Bericht über den weiteren Verlauf meiner Forschungsreise zurück. Ich war von Prag am 13. Januar 1899 aufgebrochen, hatte mich in Kuttenberg einen Tag aufgehalten, um das im dortigen Stadtarchiv auf- bewahrte alte Rechtsbuch mit Johanns von Gelnhausen Übersetzung des Wenzelschen Bergrechts durchzugehen und die prächtigen architektonischen Denkmäler dieser alten mächtigen Bergstadt kennen zu lernen. Der » Welsche Hof«, wo einstens italienische Münzmeister die ersten Münzen nach flo- rentinischer Art prägten, die dann florini genannt wurden, wo die Könige Karl IV. und Wenzel residirten und auch Cola di Rienzo gewesen ist, die märchenhafte Phantastik der gothischen Kathedrale zur heiligen Barbara, das Glanzwerk Peter Parlers, die mächtige prachtvolle fünfschiffige gothische Cistercienserkirche im nahen Sedletz sowie mehrere andere alte Kirchen der Stadt machten auf mich einen unauslöschlichen Eindruck. Allein ich durfte nicht säumen und mufste eilen, Wien zu erreichen. Dort lag für Hofbibliothek und Staatsarchiv reichlicher Vorrath an nachträglich nöthig gewordener Arbeit vor. Unter Anderem gelang es mir jetzt, bei nochmaliger Durchsicht der Wenzelsbibel für ihre ersten beiden Bände, wie ich glaube mit Sicherheit, die an der Herstellung der Miniaturbilder betheiligten Maler gegen einander genau abzugrenzen und damit einen Theil der Forderung zu erfüllen, die Neuwirth in seiner werthvollen Recension der Arbeit von Schlossers (Mit- theilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen Bd. 32, Litterarische Beilage, S. ı0 ff.) erhoben hatte. Zwar läfst sich die Charakte- ristik der Malerindividualitäten nicht so scharf und fein durchführen wie das Riegl (Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichte S, S. 43 1 ff.) in seiner musterhaften Untersuchung für das Gebetbuch des Königs Robert von Neapel (God. Vindob. palat. 1921) gethan hat. Nicht wie in dieser Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 49 prachtvollen Handschrift des angiovinischen Hauses lassen sich zwei ent- gegengesetzte Malschulen (die giotteske und die sienesische) in den Bildern der Wenzelsbibel erkennen, sondern nur die verschiedenen Manieren zweier Meister, deren eklektischer Stil sich nach denselben gemischten Mustern gebildet hat. Dem Hof der Anjous von Neapel — und das lenkt den Blick auf die dürfte eine viel gröfsere Bedeutung nächsten Ziele meiner weiteren Reise für die Anfänge jener Reception romanischer Cultur in Deutschland, von der ich spreche, zukommen als bisher erkannt worden ist. Nach Ungarn und nach Böhmen und nach Frankreich reichen seine verwandtschaftlichen Bande, mit Avignon verknüpft ihn politische Zugehörigkeit: Simone Martini und Giotto haben in Neapel', der Erstere auch in Avignon gemalt, sie, die am meisten nach Böhmen gewirkt haben; Petrarca stand dem König Robert ebenso nahe, als er mit Avignon verwachsen war. Und die Gongregation der Augustinereremiten, deren von S. Spirito in Florenz und von Padua ausgehende, nach Deutschland reichende Culturmission soeben erörtert wurde, sie hatte auch in Neapel am Hofe der Anjous durch hervorragende Ver- treter eine angesehene Stellung. Der weitere Verlauf meiner Forschungsreise, der vor Allem den einst von den Schweden erbeuteten böhmisch-mährischen Handschriften aus der Bibliothek der schwedischen Königin Christine in der Vaticana und in Stockholm nachspüren soll, wird Gelegenheit geben, dieses Problem zu fördern. Und damit stehe ich am Ende dieses Berichts und wende mich zu dreifachem Danke. Ich danke der hochherzigen Gesinnung, durch welche mir Se. Excellenz der preufsische Cultusminister Hr. Dr. Bosse auf so lange Zeit Freiheit von den Geschäften des Amtes gewährt hat. Ich danke der ! [Seitdem ist die Kenntnils und Beurtheilung der Sienesischen Malerei in Neapel während des Trecento wesentlich gefördert worden: Emile Bertaux, Santa Maria di Donna Regina e l’ arte sienese a Napoli nel secolo XIV. Napoli, Frane. Giannini, 1899 (Documenti per la storia e per le arti e le industrie delle provincie Napoletane. Nuova serie. Vol. I); die Forschungen des Grafen Erbach über die Miniaturmalerei am Angiovinischen Hofe (Sitzungs- berichte der Berliner Kunstgeschichtlichen Gesellschaft, IV. 1900, 30. März); Paul Schubring, die Fresken der Incoronata zu Neapel, Repertorium für Kunstwissenschaft Bd. 23 (1900), S. 345ff. (dazu Berenson ebenda S. 448 ff. und Schubring S.450); vergl. auch Agnes Gosche, Simone Martini, Leipzig 1899, S. 6.34 ff. — Ich selbst habe um die Mitte des März 1899 die Sienesischen Malereien Neapels nach Möglichkeit kennen zu lernen gesucht.] Philos.- histor. Abh. 1903. 1. 7 50 K. Burpnacn: Hohen Königlich Preufsischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin für die liberale Unterstützung meiner Reise. Ich danke allen Vorständen und Beamten der von mir benutzten Bibliotheken, Archive und Sammlungen für ihre Gefälligkeit und Hülfe. Hat es meiner Forschung auch nicht ganz an Behinderung und Störung gefehlt, weitaus in den meisten Fällen bin ich überall, wo ich anklopfte, aufs freundlichste empfangen und bereit- willig gefördert worden, so dafs ich mich oft zurückversetzt glaubte in den glückverheifsenden Anfang meiner Reise, wo die Trias Grünhagen, Markgraf und Jungnitz mit ihren gleichgearteten Beamten mir in Breslau die alte gerühmte Gastlichkeit und Herzlichkeit Schlesiens unvergelslich und unvergeltbar einprägten. Einen langen und mühevollen Weg, der nicht unfruchtbar gewesen ist, im Rücken, schaue ich auf den steilen Pfad, der noch vor mir liegt, guten Muthes; und froh der wärmeren Sonne, die mich nun durchhellt, grülse ich über das aufblitzende blaugrüne Meer hoffnungsvoll Calabriens lichtes Ufer, das drüben mir die künftige Balın zeigt: nach Italien, nach Rom. Salue terrarum gloria, salue! Taormina, den 21.—2S8. Februar 1899. Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. ol IH. Dritter Reisebericht. (April bis October 1399.) Meine früheren beiden Reiseberichte schliefse ich mit dem nachfol- genden dritten ab, dessen Verspätung ich mit meinen mannigfachen an- deren wissenschaftlichen Arbeiten, die stets hindernd dazwischen traten, zu entschuldigen bitte. In der Vaticanischen Bibliothek nahm ich! meine Forschungen, deren Anfang durch die Osterferien verzögert worden war, am 10. April 1899 auf und beendete sie, kurz vor den Sommerferien der Bibliothek, am 20. Juni. Mein Hauptaugenmerk richtete ich darauf, in dem gegenwärtigen Be- stande der Vaticana diejenigen Handschriften möglichst vollzählig und ihren Inhalt erschöpfend zu bestimmen, die aus dem Besitz der schwe- dischen Königin Christine stammen und als schwedische Beute aus Böhmen, Mähren, Schlesien im Dreifsigjährigen Krieg entführt worden sind. Schon der Benedietiner Beda Dudik hatte, die einzelnen Beobachtungen Palackys überholend, im Jahre 1852 zu Rom die nämliche Untersuchung angestellt und eine beträchtliche Anzahl dieser böhmisch -mährischen Flüchtlinge nach- gewiesen. Allein ihn leitete dabei ein beschränktes localhistorisches und ein speciell und einseitig geschichtliches Interesse. Die Handschriften als litterarische Phänomene an sich, als Zeugen bestimmter litterarischer In- teressen, bestimmter Bildungszustände zu betrachten, lag ihm fern. Von diesem Gesichtspunkt nahm ich die von Dudik für die Sondergeschichte Mährens geleistete Arbeit wieder auf, mit beständiger Rücksicht auf das ganze ostmitteldeutsche Gebiet und seine Handschriftenproduetion während des ausgehenden Mittelalters. Auch im Einzelnen läfst sich über Dudiks Resultate unzweifelhaft hin- auskommen, selbst wenn man nur die von ihm in den Vordergrund ge- ! [Nach einem vierzehntägigen Aufenthalt in Neapel, den ich zu kunstgeschichtlichen Zwecken, namentlich zum Studium der dortigen sienesischen Malerei (s. oben S.49 Anm. Tr), benutzt hatte.] 52 K. Burvacn: schobenen Codices berücksichtigt. Im Grofsen und Ganzen allerdings besteht der erreichbare Fortschritt weniger in ganz neuen Nachweisen und Ent- deekungen als durch deutlichere Erhellung und Ergänzung des bereits Bekannten. Seit Dudik ist zwar oft von deutschen, französischen und schwedi- schen Gelehrten über die Schicksale und Bestandtheile der einstigen Bücher- sammlung der gelehrten Schwedenkönigin gehandelt worden, das mir vor- schwebende Problem hatte dabei aber Niemand verfolgt. So war denn fast ganz allein Dudiks Buch die Grundlage, auf der ich weiter zu bauen hatte. Der Untersuchung stehen, das war mir von vorn herein klar und drängte sich mir im Laufe der Arbeit immer stärker auf, grofse Schwierigkeiten entgegen, Schwierigkeiten, welehe die Kräfte eines Einzelnen und alle Bemühungen, die nur mit Wochen und Monaten rechnen können, nicht zu überwinden vermögen. Handschriften der Königin hat man nämlich nicht blofs in der nach ihr benannten Abtheilung der Vaticana, der so- genannten Regina, zu suchen, sondern einhundert Stück sind auch in die Ottoboniana gerathen. Nur bei wenigen Codices giebt der im Katalog ver- zeichnete Inhalt einen Fingerzeig böhmisch-mährischer Provenienz. Oft genug aber täuschten mich auch gerade Vermuthungen, die etwa daraus, dafs eine Handschrift ein besonders in Böhmen verbreitetes Litteraturwerk enthielt, auf Herkunft aus Böhmen riethen. Es blieb schliefslieh mir nichts übrig als, nachdem ich die schon früher ermittelten Bohemica noch ein- mal für meinen Zweck genau durchgesehen und manches Stück daraus abgeschrieben oder für künftige Copie vorgemerkt hatte, massenhafte Stich- proben anzustellen und jede Handschrift, deren Beschreibung im Katalog nur irgend einen vagen Anhalt oder eine stärkere Möglichkeit bot für die Annahme böhmisch-mährischer oder schlesischer Herkunft, daraufhin zu prüfen. Durch die aufserordentliche Gefälligkeit des Präfeeten der Vati- ‚anischen Bibliothek, des Pater Ehrle, wurde es mir vergönnt, diese Prüfung auch in den Büchersälen selbst vor den Manuseriptenschränken anzustellen und dort reihenweise stundenlang mit Unterstützung eines begleitenden Dieners die Codices auszuwählen und zu durchblättern. Was dabei irgend verdächtig schien, wurde dann in das allgemeine Arbeitszimmer getragen und dort von mir genauer untersucht. Nur langsam natürlich rückte dies Verfahren von der Stelle, obgleich ich die zugemessene Zeit peinlich ausnutzte. Jeden Morgen fast harrte u Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 33 = ich sehon vor acht Uhr in der Galleria lapidaria an der Eingangspforte auf die Öffnung der Bibliothek. Selten nur, wenn ich im päpstlichen Archiv oder in den Bibliotheken der Stadt zu thun hatte, brach ich vor ı Uhr wieder auf. Durch gütige Vermittelung der preufsischen Gesandt- schaft bei der Curie hatte ich die Vergünstigung erhalten, auch am dienst- freien Donnerstag und bei Anwesenheit des Präfeeten sogar auch an den Nachmittagen die dann für die Benutzung des Publicums unzugängliche Bibliothek zu besuchen. An manchem Mai- und Juninachmittag hat mich Pater Ehrle, der nie Ermüdete, vor die Bücherschränke geführt, und wir haben selbander — die Diener hatten natürlich alle Urlaub — diese oder jene Handschrift besichtigt und nach flüchtiger Vorprüfung in das Arbeits- zimmer getragen, wo ich sie dann sorgfältiger durchging. Allein, so sehr ich für diese liebenswürdige Hülfsbereitschaft dankbar sein mulste, die Ergebnisse gerade dieser Extrastunden waren gering: am Nachmittag brannte die Sonne auf den Fenstern des Arbeitssaals der Bibliothek und in der heifsen, vom Gedränge der Vormittagsbesucher verdorbenen Luft legte sich bleierne Schwere auf Augen und Geist. Im Ganzen bin ich, ungeachtet aller Vorsicht und Energie, bei meinen Funden doch immer vom Zufall abhängig geblieben. Allerdings habe ich manche sicher böhmischen Handschriften zuerst, andere eingehender als bisher durchgearbeitet. Und auch in der Palatina und der eigentlichen Vaticana konnte ich mehrere sicher aus Böhmen oder Mähren stammende Codices verwerthen. Eine Aufzählung der neuen Funde und der Ergän- zungen des Bekannten im Einzelnen unterlasse ich hier. Nächst diesem Hauptziel verfolgte ich noch eine Reihe anderer Auf- gaben: ı.- Kenntnifsnahme der sicher in Avignon, dem geistigen Welt- markt des 14. Jahrhunderts, entstandenen Handschriften, wobei mir die grundlegenden Arbeiten Ehrles und auch manche persönliche Auskunft, die er mir ertheilte, zu Gute kamen. 2. Einsicht in die reiche Zahl mit Miniaturen geschmückter juri- stischer Handschriften des 14. Jahrhunderts. Wie ich bereits in meinen früheren Reiseberichten (vergl. oben S. 6. 20f. 35) betont habe, sind die in Italien, namentlich in Bologna geschriebenen juristischen und litur- gischen Codices durch ihre moderne malerische Ausstattung während des Trecento von starkem Einflufs gewesen auf die Miniaturmalerei Böhmens zur Zeit Karl IV. und Wenzels und haben natürlich auch ihres Inhalts 54 K. Burvacn: wegen die dortigen Sammler und Rechtskundigen zum Ankauf gereizt. Mehrere Codices des Nicolaus von Bologna, von dem Handschriften nach- weislich über die Alpen gekommen sind (vergl. oben S. 35), habe ich sorgfältig studirt. 3. Erkenntnifs der verschiedenen Richtungen in der italienischen Miniaturmalerei des 13.— 15. Jahrhunderts und Berücksichtigung der- jenigen Handschriften, in denen sich rein oder mit italienischer Manier ge- mischt die französische Technik bemerken läfst. Wichtig ist z. B. eine von mir untersuchte lateinische Bibel des 14. Jahrhunderts (Cod.Vatie. lat. 3550)", deren Maler sich mit Sicherheit als ein Schüler der Sienesen nachweisen läfst; seine Technik ist genau die gleiche, wie die in den sienesischen Illustrationen des von Riegl erörterten Gebetbuchs der Wiener Hofbiblio- thek und gleich diesem in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zu Neapel, wahrscheinlich auch als ein Product der Hofkunst unter König Robert, entstanden. Eine andere prachtvolle Miniaturenbibel (Regina 25), die in England geschrieben wurde, fiel mir durch rein französische Manier und die Ähnlichkeit auf, die sie mit den Bildern des kleinen Typus {nach mei- ner Benennung) der deutschen Wenzelsbibel aus dem Ende des 14. Jahr- hunderts zeigt. 4. Studium der aus Petrarcas Besitz stammenden Codices. Petrarca ist neben Rienzo der Bahnbrecher der ersten humanistischen Regungen in Böhmen und Mähren gewesen und wie seine Bücherliebhaberei und seine Freude an künstlerischer Handschriftenausschmückung für die dortigen Samm- ler vorbildlich waren, wirft ein Einblick in die Zusammensetzung und Be- schaffenheit seiner Bibliothek auch Licht auf deren schüchterne nordische Nachahmungen im Kreise der karolinischen Bischöfe und Hofbeamten. Photographische Aufnahmen habe ich nicht herstellen lassen, vielmehr mich begnügt, alle Stücke, die für künftige photographische Reproduction wichtig oder geeignet erschienen, zu notiren. Im Ganzen sind nach den mir vorliegenden Entlehnungsquittungen an Handschriften im Arbeitszimmer der Vatieanischen Bibliothek von mir näher angesehen oder durchgearbeitet worden: aus der Regina 37, Ottoboniana lat. 16, Palat. lat. 30, Vatie. lat. 26, Borghes. lat. 5, Urbin lat. ı, zusammen also 115 Handschriften. Dazu treten die Handschriften, die ich in den Bücher- ' [Diese Handschrift hat auch Graf Erbach (vergl. oben S.49 Anm.) untersucht.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 55 sälen flüchtig durchblättert oder nur gemustert habe. Ihre Zahl kann ich nur, soweit ich mir Visumsnotizen gemacht habe, zuverlässig angeben; Alles in Allem sind es mehrere hundert gewesen. Durch Vermittelung des Pater Ehrle fand ich auch in das Archiv und die Bibliothek der Peterskirche Zutritt. Hier schenkte ich na- türlich besondere Aufmerksamkeit der berühmten illustrirten Georgslegende, deren Bilder von der Tradition keinem Geringeren als Giotto, von der neueren Forsehung jedoch Sienesischer Kunst zugeschrieben werden.' Eine Publication durch den Grafen Erbach steht bevor oder ist jetzt bereits er- folgt. Ohne Frage stellt diese Handschrift ein unvergleichliches Beispiel dar für die Kenntnils der italienischen Miniaturkunst der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts auf ihrer Höhe. Sonst ging ich «den Bestand an kano- nistischen und legistischen sowie an liturgischen Bilderhandsehriften durch, die manches Lehrreiche bieten, war aber durch Mangel an Zeit sehr be- hindert. Im Archivio segreto della santa Sede habe ich mich, abgesehen von gelegentlichem Einblick in verschiedene päpstliche Regestenbände, mit dem aus Prag stammenden Briefcodex des Cola Rienzo beschäftigt (Mis- cellan. XV, vol. 45). Stichproben auf Grund der Ausgabe von Gabrielli be- stätigten in unerfreulichster Weise das Urtheil, das Giacomo Lumbroso über diese Ausgabe gefällt hat, und meine eigenen früheren Beobachtungen an der Hand der Breslauer und Ossegger Handschriften, über die ich im ersten und zweiten Reisebericht (oben S. 6 und S. 37) Mittheilung gemacht habe. Die Ausgabe Gabriellis mufs als nicht vorhanden betrachtet und die Arbeit neu gemacht werden. Ich selbst konnte leider nieht mehr thun, ! [Crowe und Cavalcaselle hatten die Miniaturen dem Umbrer Oderisio da Gubbio zugewiesen; Zimmermann, Giotto, Bd.ı (Leipzig 1899), S. 394 Anm. stimmt dem zu, findet in den Bildern umbrische Weichheit, aber auch — und gewils mit Recht — in den Gesichts- zügen Einfluls Giottos. Andere haben an Pietro Lorenzetti gedacht. Dr. Hermanin, auf dessen Untersuchung mich schon in Rom P. Ehrle hinwies, nimmt an, dals der Urheber und Besitzer des Codex, Cardinal Jacopo Stefaneschi, während seines Aufenthalts in Avignon die Illustrationen durch Simone Martini, den Portraitisten der Laura Petrarcas (s. oben S. ı2 Anm. 3), habe ausführen lassen: Il miniatore del codice di S. Giorgio nell’ archivio capitolare di S. Pietro in Vaticano (Separatabzug der Arbeit Hermanins aus einer mir nicht näher bekannten italienischen Festschrift, den mir Hr. Dr. Schubring gütigst zur Verfügung stellte). Gegen Sienesischen Ursprung spricht meiner Ansicht nach das Fehlen der scharfen Conturen, auch manche Eigenheit in dem Gesichtstypus (der starke, volle Hals und Anderes). Die Frage der Herkunft bedarf noch genauerer Prüfung.] 56 K. Burvacen: als diejenigen Briefe Rienzos, welche unmittelbar mit dem Karolinischen Kreis zusammenhingen und gleichzeitig stilistisch besonders interessant sind, zu copiren oder zu collationiren und zugleich den Inhalt der ganzen Hand- schrift unter Gegenüberstellung der Ausgaben von Papencordt und Gabrielli zu registriren. Ich verliefs Rom am Abend des 29. Juni und reiste mit kurzem Ver- weilen in Assisi und Perugia nach Siena, wo ich am 2. Juli, am Tage des unglaublich merkwürdigen Palio-Wettrennens, eintraf. Sechs Tage verwandte ich hier in Kirchen, Museum, Communalbibliothek auf das Stu- dium der sienesischen Tafel-, Wand- und Miniaturmalerei, die ja für die Entwickelung der böhmischen Malerei die höchste Bedeutung gehabt hat. Den prachtvollen liturgischen Codices der Libreria del Duomo in der Dom- sacristei schenkte ich in aller Mufse besondere Aufmerksamkeit. Demselben kunstgeschichtlichen Zweck diente ein viertägiger Aufenthalt in Pisa (vom 9. bis 12. Juli). In Florenz widmete ich mich zwei Tage dem Archivio di Stato, um aus zwei Missivbänden Abschriften und Collationen für die Correspon- denz des Florentiner Kanzlers Salutati und der Stadt Florenz mit dem Markgrafen Jodocus von Mähren und dem König Wenzel von Böhmen zu schöpfen, daneben der Biblioteca nazionale, wo ich von der angeblichen Gedichtsammlung des Convenevole da Prato, des Lehrers Petrarcas, für König Robert von Neapel ein schlechteres, roher illustrirtes Exemplar in Augen- schein nahm als das von mir seiner Zeit benutzte des Wiener Hofmuseums (s. oben S. 45). Die schon in den glasbedeckten Oberlichtzimmern des Pisaner Museo eivico peinigende Hitze wurde in Florenz unerträglich. Es war Zeit ab- zubrechen. Ich verzichtete auf einen Besuch der Laurenziana und mulste auch die mailändische Ambrosiana auslassen. Von Bologna, dessen Mi- niaturhandschriften ich nicht sehen konnte und leider bis heute noch nicht gesehen habe, fuhr ich am 17. Juli, mit kurzer Erholungspause auf dem Brenner und in Hohenschwangau, über Berlin und Safsnitz - Trelleborg nach Stockholm, wo ich am 25. Juli anlangte. Wider Erwarten sollte ich in Schweden volle zwei Monate festge- halten werden. Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 57 Auch hier galt es, Dudiks verdienstvolle Leistung nachprüfend und ergänzend, möglichst vollständig die böhmisch-mährisch-schlesischen Be- standtheile in den zurückgebliebenen Resten der Bibliothek der Königin Christine zu ermitteln. Durch den Zustand der jetzigen Königlichen Biblio- thek zu Stockholm wird das nicht erleichtert. Der vorhandene Katalog der Handschriften genügt nicht einmal bescheidenen Ansprüchen, und es fehlen, was die Auffindung sehr erschwert, in ihm wie in den Hand- schriften alle Signaturen. Man kann somit die Codices, welche man ein- sehen will, nur nach dem Inhalt bezeichnen. Die mühselige Durcharbei- tung des Materials machte die herrschende drückende Hitze noch müh- seliger, und namentlich solange ich in dem nach Süden gelegenen Bücher- saal die Handschriften selbst aus dem Repositorium heraussuchte und an Ort und Stelle durchging, glaubte ich mich nicht im kühlen Nordland, sondern in einem südländischen stark geheizten Tepidarium und ver- wünschte manchmal im Stillen wohl gar das gefällige Entgegenkommen des Bibliothekars Hrn. Wiselgren, für das ich doch lebhaftesten Dank em- pfand, weil es mir das freie Schalten in den Handschriftenschränken er- möglichte und dadurch meine Thätigkeit sehr wesentlich erleichterte und beschleunigte. Das Ergebnifs war, wie ich es erwarten mulste, überwiegend nega- tiv: aufser dem von Dudik bereits Erkannten findet sich deutsches Gut von hervorragender Bedeutung oder beträchtlichem Umfang in der Stock- holmer Bibliothek nicht. Im Einzelnen glückte es mir natürlich, manche 3eschreibung Dudiks zu berichtigen und dies oder jenes beachtenswerthe deutsche Stück (z. B. aus Österreich), unter Anderem unbekannte lateinische Briefe des Vorreformators Johann von Wesel, zu entdecken. ‚Eine zweimalige Fahrt über den ernsten Mälarsee nach dem malerisch auf seinem Ufer ansteigenden Strengnäs brachte für einen in Frage kommenden Petrarca-Godex der Dombibliothek, der Anfangs wegen Ab- wesenheit des eigentlichen Bibliothekars unauffindbar war, nur die ent- täuschende Einsicht, dafs er nicht, wie ich für möglich gehalten hatte, im 14. Jahrhundert in Böhmen gewesen oder dort geschrieben war, son- dern dem 15. Jahrhundert angehört und keine Spuren deutscher Prove- nienz zeigt. Erstaunlich war mir übrigens die Masse gedruckter Bücher, die alle aus der böhmisch-mährisch-schlesischen Beute stammen und wohl- geordnet hier aufgestellt sind. Es existirt darüber ein gedruckter Katalog Philos. - histor. Abh. 1903. 1. 8 58 K. Burvach: von Aminson (Stockholm 1863), der von der deutschen Forschung nicht nach Gebühr benutzt worden ist. Meine Zeit gestattete mir nicht, in diesen Schätzen zu wühlen. Aber als mir der Dom, ein ergreifend düsteres Bild nordischer Gothik, vom Schiff aus langsam den Blicken entschwand, regte sich in mir ein wehmüthiges Gefühl, das wohl ein erzwungener Ab- schied auf Nimmerwiedersehn hervorruft, wenn ein fremdes und doch durch Besitz aus unserer Heimat vertraulich ansprechendes Land hinter uns für immer versinkt. Viel mehr trug mir die Durchforschung der Universitätsbibliothek von Upsala ein, die ich am ıı. September in Angriff nahm. Die auf zwei Tage berechnete Arbeit dehnte sich über zwei Wochen aus. Unterstützt durch die herzliche Liebenswürdigkeit des Bibliotheks- Amanuensis Hrn. Aksel Andersson, der mir die bequemste Gelegenheit bereitete, den reichen Handschriftenvorrath in den Büchersälen selbst wäh- rend und aufserhalb der Amtsstunden zu durchmustern, und geleitet von dem trefflichen Handschriftenkatalog des Chefs der Bibliothek, des Hrn. Olaes Annerstedt, war ich in der Lage, eine beträchtliche Menge Hand- schriften böhmisch -mährischen Ursprungs theils eorreeter als Dudik, theils überhaupt neu nachzuweisen, vor Allem aber den Inhalt und die Herkunft zahlreicher Codices, die in dem Feldzuge Gustav Adolfs gegen Polen 1626 geraubt worden sind, genauer kennen zu lernen, als es die darüber von Hipler, Kolberg und Annerstedt gegebenen Mittheilungen ermöglichen. Es sind 53 Handschriften der Bibliothek der Bischöfe von Ermland aus Frauenburg, wovon mehrere aus Schlesien stammen; ferner 7 Hand- schriften aus der ehemaligen Minoritenbibliothek zu Braunsberg, die in den Besitz des Jesuitencollegs gekommen war; endlich 4 aus der alten Capitelsbibliothek zu Gnesen, die an das Posener Jesuitencolleg gefallen waren. Unter diesen Handschriften überwiegt freilich die traditionelle theologische Literatur (Predigten, Ascetica). Aber es erscheinen doch auch humanistische und juristische Werke, in Italien geschrieben und mit Miniaturen geschmückt. Für die noch kaum beachtete Öulturgemeinschaft zwischen Böhmen-Schlesien und dem preufsischen Ordenslande während des ausgehenden 14. und der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geben diese Codices und ihre Wanderung wichtige Zeugnisse, die sich prächtig einreihen in einen Kreis litterarhistorischer und sprachgeschichtlicher Er- kenntnisse und von mir im ersten Band der Neubearbeitung meines Werkes Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 39 »Vom Mittelalter zur Reformation« mit Nachdruck hervorgehoben werden sollen. Auf der Heimkehr von Upsala stattete ich noch vom 26. bis 27. Sep- tember dem Riksarkiv in Stockholm einen Besuch ab, um den aus dem Skokloster dorthin gelangten Manuseripten nachzuspüren, die einen Theil der kostbaren Beute des schwedischen Feldmarschalls Wrangel bildeten. Dort fand ich denn ‘auch eine interessante Sammelhandsehrift buntesten Inhalts (darin u. A. ein Marco Polo), die dem 14. und 15. Jahrhundert an- gehört und aus Breslau stammt. Weniger Erfolg hatte ich bei der Durchsicht der Handschriften der Universitätsbibliothek von Lund, mit der ich am 28. September meine schwedische Forschungsreise beendete. Über Kopenhagen—-Warnemünde begab ich mich nach Rostock und von da nach Paris. Am 2. October nahm ich hier in dem sehönen, mit den nothwendigen Nachschlagewerken wohl ausgestatteten Handschriften- zimmer der Nationalbibliothek die Arbeit auf. Erst nachdem ich das Hand- schriftenzimmer der Königlichen Bibliothek in Berlin kenne, empfinde ich voll den Werth und Segen einer solehen Einrichtung, die uns schon seit so vielen Jahren ein leider nicht nachgeahmtes Vorbild giebt. Es kam mir darauf an, durch Autopsie eine gröfsere Menge von Miniaturhandschriften des 13., 14. und 15. Jahrhunderts, namentlich solche, die für den französischen Hof hergestellt worden sind, kennen zu lernen. Ich wollte mir dadurch fester und deutlicher jenen Typus der künstlerischen Buehausstattung einprägen, der auf die böhmische Illustratorenschule am Hofe und im Kreise der luxemburgischen Kaiser, die dem französischen Königshof verwandt und persönlich verbunden waren, vorbildlich gewirkt hat, und der auch in mancher Handschrift Böhmens, die dorthin aus Frank- reich gekommen ist, sich nachweisen läfst. Daneben interessirten mich, wie schon in Rom, die Reste der Bibliothek Petrareas.' Bis zum 25. Oetober ! [Auch die Handschrift Lat. 6494 der Werke des Johannes Conversino aus Ravenna, aus dessen Liber memorandarum Korelin in seinem russisch geschriebenen Buch über den älteren italienischen Humanismus das wichtige Zeugnils von dem Iohanne Episcopo ulmocensi Karoli cesaris apoerisario abdruckte, der Dantes Comedia im Grundtext gelesen, verstanden 60 K. Burvacnm: habe ich die Amtsstunden des Handschriftenlesezimmers nach Kräften aus- genutzt. Die etwas bureaukratischen Beschränkungen des Reglements hin- sichtlich der Zahl der Handschriften, die an einem Tage einem einzelnen Besteller ausgehändigt werden dürfen, und hinsichtlich der Zugänglich- keit der sogenannten Cimelien in der Galerie Mazarin und in der Salle de röserve suchte Hr. Omont, der liebenswürdige Vorsteher der Handschriften- abtheilung, mit anerkennenswerther Gefälligkeit nach Möglichkeit hinweg- zuräumen. Im Ganzen bin ich auch hier nach Wunsch an mein Ziel gelangt. Ich überblicke die Ergebnisse meiner zweijährigen Forschungsreise, und in diesem Augenblicke, da ich zusammenfassend nochmals allen Dank wiederhole, den ich dem Hohen Preufsischen Cultusministerium für die mir gewährte lange Amtsfreiheit, den ich so vielen Besitzern, Vorständen und Beamten von privaten und öffentlichen, von Kloster- und Stiftsbibliotheken für ihre Gefälligkeit und ihren Beistand sehulde, fühle ich mich doch am lebhaftesten bewegt von dem Dank für die Hülfe der Preufsischen Akademie der Wissenschaften. Ohne ihr Vertrauen und ihre wiederholte Unterstützung, ohne ihre Ermuthigung vor Allem, die meine oft ermattenden Kräfte über alles Zagen und Zweifeln hinweghob, wäre mir unerreichbar geblieben, wonach ich strebte und was nun zum guten Theil erreicht ist. Ein stattliches Material habe ich heimgebracht, schon Äufserlich an Umfang und Gewicht. Aber ich hoffe, das innere Gewicht dieser Erträg- nisse wiegt schwerer. Meine Forschungen wollen die dunkelste, verworrenste und von der Wissenschaft amı meisten vernachlässigte Zeit in der Geschichte unseres litterarischen, sprachlichen, unseres geistigen Lebens ins Licht setzen, jene Zeit, in der sich aus dem Mittelalter langsam und nieht ohne Rückfälle (die modernen Bildungsmächte emporrangen: Renaissance und Reformation. Dieses Licht soll gewonnen werden aus den Quellen alles fixirten Ausdrucks wissenschaftlicher, litterarischer, künstlerischer Gedanken: aus den alten Handschriften und ihrer mannigfaltigen, zeitlichen und landschaftlichen und richtig erklärt habe, sahı ich nicht ohne Ergebnils ein. Gemeint ist natürlich, was Korelin nicht erkannte, mit jenem Olmützer Bischof Johann von Neumarkt, über dessen Dantehandschrift oben (S. 17 f.) die Rede war.] Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. 61 \ /JtS] Entwickelungsgeschichte. Die Gesichtspunkte, nach denen meine Besprechung des Katalogs der Heidelberger altdeutschen Handschriften von K. Bartsch im Jahre 1885 (Centralblatt für das Bibliothekswesen, Jahrgang 5, März, S.111I— 133) ein Programm entwickelte für eine umfassende, wahrhaft ge- schichtliche deutsche Handschriftenkunde, die unmittelbar auf die Verbrei- tung, das Nachleben und Absterben der litterarischen Werke und auf die Wege des litterarischen Verkehrs Rücksicht nehmen soll, sie sind auch für meine späteren Untersuchungen bestimmend geblieben. Diese Untersuchun- gen wollen den Schauplatz der grofsen geistigen Revolution, das älteste und tragfähigste Neuland der modernen deutschen Schriftsprache, Litteratur, Bil- dung, den mitteldeutschen Osten mit dem Öulturcentrum, das im Staate Karls IV. zuerst sich erhoben hat, zeigen, so wie er einst war: sie wollen das von Fanatismus und Bestialität religiöser, nationaler, socialer Kämpfe Zertrümmerte wieder aufbauen, das, was die Kriegsläufte wilder Jahrzehnte in alle Winde zerstreut haben, wieder an die alte Stelle rücken. Im Mittel- punkt dieser Forschung und Darstellung stehen immer die Handschriften: ihr Inhalt, ihre Entstehung, ihre Lebensgeschichte. Sie sind und bleiben die Helden dieses weitschiehtigen Dramas. Die deutsche Sprache des Mittelalters war eine Sprache des gesprochenen Wortes: der Predigt, der Reeitation oder des Vorlesens. Die mittelhoch- deutsche Sprache ist eine Sprache, die dem Ohr verständlich sein will, ihre Syntax ist eine Syntax, deren Gliederung nur gehört klar erscheint. Die Bildung des deutschen Mittelalters ruht noch überwiegend auf dem mündlichen Austausch. Die moderne Sprache Deutschlands, die im 14. Jahr- hundert entsteht, ist eine Sprache der Schrift, sie ist in und mit dem riesigen Anwachsen der Öulturmacht des schriftlichen Verkehrs in Gelehr- samkeit, Recht, Staat, Geschäftsleben geboren. Ihre Syntax ist eine Syntax des Auges. Und ihr Muster liegt in der Fremde, in romanischen Cultur- kreisen von überlegener, geistiger und materieller Verfeinerung, dort, wo die gelehrte Behandlung des Rechts, das humanistische Studium der alten Poeten, die neue Eloquenz der litterarisch-schriftlich fixirten Rede und Epistel, des Prosadialogs, der Prosanovelle und des Prosaromans, der com- plieirtere Handels- und Wirthschaftsverkehr sich durchgesetzt hatte. Die moderne deutsche Sprache und die moderne deutsche Bildung erhob sich, als die Handschrift unermefsliche neue Terrains gewann, als sie einbrach in das tägliche Leben, in den Geschäftsbetrieb, in die Rechtspflege, in die Philos. - histor. Abh, 1903. 1. 9 62 K. Burpacn: Zum Ursprung der neuhochdeutschen Schriftsprache. Bezeugung aller Rechtsvorgänge. Die Handschrift der alten Zeit war ein feierliches, immerhin noch seltenes Ausnahmewesen: in ihr barg sich die Poesie, die Predigt. Die Handschrift der modernen Zeit überspinnt das gesammte gewöhnliche bürgerliche Dasein: sie erscheint in Massen, sie dient den Massen, und in ihr redet weit überwiegend die Prosa des Tages. Indem ich so die Ziele meiner Forschungsreisen noch einmal vergegen- wärtige, ist mir allerdings eins klar: ganz aus eigener Kraft, ohne Mit- arbeit jüngerer gelehrter Kräfte, die ich mir theilweise erst heranbilden mülste, werde ich die gesammelte Ernte nicht in die Scheuern der geplanten vier Bände bringen und noch weniger allein die nothwendigen Nachlesen auf mehreren deutschen Bibliotheken durchführen können. Damit dieses möglich werde, mufs ich aufs Neue die Hülfe der Akademie der Wissen- schaften anrufen. Um meiner unvollendeten ins Weite greifenden Forschungen willen hat mich die Preufsische Akademie der Wissenschaften in ihren Kreis auf- genommen. Sie wird — diese Hoffnung schöpfe ich daraus — ihrem neuen Mitglied auch fernerhin die Hand reichen zur Bewältigung einer be- deutungsvollen Aufgabe der deutschen Bildungsgeschichte, die über eines Einzelnen Können hinausgeht und die dennoch, wie sie nur von der per- sönlichen Auffassung eines Einzelnen klar geschaut und ausgesprochen werden konnte, auch nur aus dem Geiste einer einzelnen wissenschaftlichen Indi- vidualität gelöst werden kann. Denn nur aus der Begrenztheit und Ein- seitigkeit, aus der engen Endlichkeit des Einzelnen lassen sich so um- fassende Probleme der nationalen Geschichte, die in das Unendliche hin- einragen, überhaupt angreifen, wissenschaftlich gestalten und als übersicht- liche Einheit und Totalität zur Anschauung bringen. Berlin, den 14. Mai 1903. ANHANG ZU DEN ABHANDLUNGEN Din KÖNIGLICH PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. ABHANDLUNGEN NICHT ZUR AKADEMIE GEHÖRIGER GELEHRTER. AUS DEM JAHRE 1903. MIT 53 RARELN. BERLIN 1903. VERLAG DER KÖNIGLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN. GEDRUCKT IN DER REICHSDRUCKEREI. IN COMMISSION BEI GEORG REIMER. Zu ne i > RB u an en} Tr aa mm wies Er De T a Mn li Austen audi uch wien ne Zn w ji wu [3 ) - E t e - 3 p = r | fi eh % Ans er ar su En k yERid, ja re Mar Kaas j a u TERN ai Jaleat rd nt IT. vr Ta n | Yard Ieetı Na). Or zT m ber Aa W an Eur ATZE a LIEF FON ENTE tr ne eo < "x D j remer KA . het hl Ar ) w N ng i + 5 = ih Artuelheile + { Jin t 4 NE TR w da EalIEe 7 Pr j } ee la Hs ei re Karen USER A ET RR ee ieh Aal in (ulete Aa, ind bau a $>enk ANETTE ” aa Mar N in rede Besen Bf TAN IR Kay Adnan ätrhlid m Y PVETEEE TE FF ML j ware H ABBAUEN j Lil) PAERENTIEIT NT v2 u | = . ‚oor nun fi = are a Hr 3dArla Al RE, AG NEAR NE | j ira. ran N AoRehDn M Imchsarlit: Physikalische Abhandlungen. H. Grönroos: Die Museuli biceps brachii und latissimo - condyloideus bei der Affengattung Hylobates im Vergleich mit den entsprechen- den Gebilden der Anthropoiden und des Menschen. (Mit 3 Tafeln) H. Kayser: Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium Philosophische und historische Abhandlungen. W. FrırvenseurG: Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten Jahren seines Bestehens 1883 — 1901 H. Gerzer: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen . Abh. Abh. 1: ll. S. 1-102. S. 1-18 S. 1-154. S. 1-102. slsıhnl, Hepnnikuaftda af ER LE an arlioirhaus lie Dass Dilamid a "a N? it il oHarüa nabyngeied u taken a. ERS anna ah p (ET IE pre ik aha uhr saln: sb nalr® - must Bus ana oT. raraigeirakl lt aa Hr Saae f 2 > gun A real Fan ISSUE. ml dee eu ee vo KoRharpng nd ef :ddz OL EA ran er enden aulsgönth, auldzt: ra AN w ALL, n ’ imnanıal bahn makes M re ware u PHYSIKALISCHE ABHANDLUNGEN. I | | VBA IOZAHEA IHDELLSNEYET Die Museuli biceps brachü und latissimo-condyloideus bei der Affengattung //ylobates im Vergleich mit den entsprechenden Gebilden der Anthropoiden und des Menschen. Von Dr. HJALMAR GRÖNROOS Privatdocent der Anatomie zu Helsingfors. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. TI. 1 Vorgelegt in der Gesammtsitzung am 19. Februar 1903 [Sitzungsberichte St. X. S. 209]. x F hei y ’ P i Eu ns 5 ” ST ü - I < . N Pi Bu B Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 23. Februar 1903. I. Abtheilung. ZZylobates. Selon seit längerer Zeit ist es bekannt, dafs der M. biceps brachii beim Gibbon eine eigenthümliche Anordnung aufweist, welche von der »typi- schen« Anordnung dieses Muskels beim Menschen bedeutend abweicht. In der Fachlitteratur findet sich eine nicht unbeträchtliche Zahl von Angaben über diesen Muskel beim Gibbon vor, ein Beweis dafür, dafs viele For- scher ihm ihr Interesse zugewendet haben. Recht zutreffend bemerkt hier- über Kohlbrugge', welcher den Muskel am eingehendsten untersucht hat: »Wie der M. biceps brachii des Menschen der populärste Muskel des Kör- pers ist, so haben auch diejenigen Untersucher, welche den Hylobates nur ganz oberflächlich behandeln, doch seinen M. biceps theils mehr, theils weniger genau beschrieben.« Indessen hat der eine Forscher diesen, der andere jenen Punkt der Anordnung hauptsächlich in's Auge gefalst oder für so charakteristisch und interessant gehalten, dafs er darüber die sonstigen bemerkenswerthen Um- stände ganz oder theilweise übersehen oder zu erwähnen vergessen hat. Die meisten der vorliegenden Darstellungen sind daher äufserst unvollstän- dig. Und wo mehrere Autoren denselben Punkt behandeln, da divergiren ihre Angaben nicht selten höchst bedeutend unter einander oder wider- sprechen einander direct. Hierzu kommt, dafs viele Untersucher, die sich mit diesem Gegenstand beschäftigt haben, nur je ein Exemplar oder gar nur den einen Arm eines einzigen Exemplares untersuchen konnten, so dafs es unmöglich war, anzugeben, welche Punkte des jeweiligen Befundes ! Kohlbrugge 1890, S. 231. 12 4 H. GrÖöNnRroos: etwa nur individuelle Abweichungen darstellten. Auch sind die Angaben über die untersuchten Species vielfach so ungenügend, dafs hierdurch einem exacten Vergleich der einzelnen Befunde Schwierigkeiten entgegen- gestellt werden. Aus allen den erwähnten Umständen ergiebt sich, dafs es nicht möglich ist, sich aus den vorliegenden Mittheilungen ein voll- ständiges und klares Bild von der Anordnung des Muskels zu ceonstruiren. Dies ist in mancher Hinsicht auch noch nach der allerdings recht ein- gehenden Darstellung, welche Kohlbrugge’ u. a. dem M. biceps brachii des Hwylobates gewidmet hat, der Fall. Die vorstehenden Gründe liefsen mir eine erneute Untersuchung des Muskels wünschenswerth erscheinen, zumal auch eine unternommene ander- weitige Untersuchung des Hylobates mir die Nothwendigkeit auferlegte, u. A. auch mit den M. biceps brachii und latissimo-condyloideus dieser Affengattung nähere Bekanntschaft zu machen. Auch findet man in der Litteratur, welche die Muskelvariationen beim Menschen zum Gegenstande hat, manchmal Hinweise auf und Vergleichungen mit der beim Gibbon bestehenden Anordnung, und zwar speciell auch in Bezug auf den M. biceps. Und doch zeigen sich die Angaben über den Gibbon so widersprechend, unsere Kenntnifs von seiner Anatomie auch in diesem speciellen Punkte so mangelhaft.” Die vorgenommene Untersuchung ergab sofort einen thatsächlichen Befund, der sich mit keiner der bisher vorliegenden Darstellungen voll- ständig deckte und der, wie mir schien, in einigen Punkten ganz neue Aufschlüsse darbot. Hierdurch veranlafst, und zugleich, um Gewifsheit zu erlangen, ob es sich nicht etwa um zufällige individuelle Variationen handelte, bin ich der Sache weiter nachgegangen, und da mir das Ent- gegenkommen der Verwaltung der zoologischen Sammlung zu Berlin ein reichliches Material zur Verfügung stellte, so habe ich nach und nach sechs Exemplare der Gattung Hwylobates, und zwar in allen Fällen, aufser einem, beide Arme untersucht. Hierbei zeigte sich eine überraschende, bis auf einzelne ganz geringfügige Differenzen vollständige Übereinstimmung 2 A.a.0. S. 230— 232. ® Es ist überhaupt bemerkenswerth, wenngleich aus praktischen Gründen leicht er- klärlich, dals über die Anatomie des Kaninchens, des Frosches u. s.w. die eingehendsten Darstellungen vorliegen, während wir von der Organisation unserer nächsten Verwandten, der Affen, zumal der höheren, in manchen Punkten sehr mangelhaft unterrichtet sind. Mm. biceps brachii und latissimo-condyloideus. > der Anordnung der beiden in Frage stehenden Muskeln in allen elf Fällen. Ich könnte daher, soweit es sich um meine Erfahrung in diesen elf Fällen handelt, der Bemerkung Macalister’s’, dafs »Muscles do not seem to vary in lower animals to the extent they do in Man« wohl bei- pflichten und auch die Worte aeceptiren, die er hinsichtlich seiner Thier- muskeldisseetionen hinzufügt°: »I have found that every second and succeed- ing dissection of the same species has been precisely identical.« Und doch handelt es sich in meinen Fällen nicht um eine und dieselbe Spe- cies, sondern nur um eine durch vier verschiedene Arten vertretene Gattung. Unter meinen Vorgängern hat, soweit ich darüber Angaben gefunden habe, keiner auch nur annähernd über ein so reichliches Material verfügt. Manche haben, wie bereits erwähnt, nur an einem Exemplare beide Arme oder auch nur den einen untersucht. Nur Kohlbrugge‘ hat ein etwas reichhaltigeres Material bearbeitet, indem er von drei verschiedenen Hylo- bates-Arten je einen Arm untersuchte. Auch Keith’ hat anscheinend mehrere Vertreter der Gattung untersucht; jedoch macht er darüber keine Angabe, und seine Darstellung des Sachverhaltes ist sehr kurz und un- vollständig. Da ich nun in allen elf von mir untersuchten Fällen im Wesent- lichen eine und dieselbe Anordnung vorfand, so glaube ich berechtigt zu sein, diese Anordnung, die allerdings recht merkwürdig, dabei aber im Prineip doch ziemlich einfach ist, als für die Gattung Hylobates charak- teristisch und — soweit der Ausdruck zulässig ist — typisch aufzufassen bez. hinzustellen. Der Vergleich der älteren Angaben mit meinen Befun- den läfst mich auch glauben, dafs eine etwaige Nachprüfung der früher von Anderen untersuchten Exemplare, wenn eine solche möglich wäre, in manchem Punkte eine Übereinstimmung mit meinem Befund ergeben und manche frühere Angabe sich nur als durch abweichende Deutung oder Be- schreibung, in anderen Fällen allerdings auch als ein durch unvollständige Beobachtung bedingter Irrthum herausstellen würde. Dafs aber immerhin Variationen vorkommen können, läfst sich nicht nur a priori annehmen, © Macalistier,1371,2,.P. 127: Era, Vp2T28. ° Kohlbrugge 1890. ” Keith 1891. 6 H. Grönroos: sondern geht auch aus der genauen Darstellung Kohlbrugge’s sowie auch anderer Autoren zur Genüge hervor. Dafs in diesem Aufsatze die Mm. bieeps brachii und latissimo -condy- loideus zusammen behandelt werden, hat seine guten Gründe. Es hat sich nämlich herausgestellt, dafs diese beiden Muskeln beim Hylobates derartige Beziehungen zu einander aufweisen, dafs eine Darstellung der Anordnung nur des einen Muskels ohne Berücksichtigung des anderen nicht im Stande wäre, ein exactes Bild von dem geschilderten Muskel zu entwerfen, ein Umstand, der von den meisten bisherigen Untersuchern entweder gar nicht oder nur unvollständig erkannt bez. gewürdigt worden ist. Da der M. latissimo-condyloideus der »typischen«, normalen Ana- tomie des Menschen fremd ist, seien zunächst einige allgemeine Bemer- kungen über diesen Muskel vorausgeschickt. Es ist ein Muskel, welcher anscheinend allen Affen und auch vielen anderen, besonders kletternden Säugethieren zukommt. Er entspringt von der Endsehne des M. latissi- mus dorsi oder von der gemeinsamen Endsehne dieses Muskels und des M. teres major, bald näher der Insertion der Sehne, bald näher der Stelle, wo Muskelbauch und Sehne des Latissimus in einander übergehen. Von hier aus erstreckt sich der Muskel entweder als ein längeres tleischiges Band oder als kürzerer abgeplatteter Muskelbauch, der sodann in eine längere dünne, bandartige Sehne übergeht, an der medialen Seite des Ober- armes hinab, um entweder am Epicondylus medialis humeri oder — nach Angabe vieler Autoren — am Olecranon, oder an dem medialen Zwischen- muskelbande oder der medialen Humeruskante Befestigung zu gewinnen, oder aber sich in die aponeurotische Fascie, welche den M. biceps oder triceps brachii bedeckt, zu verlieren. Für gewisse Affen und andere Säuge- thiere wird auch angegeben, dafs der Muskel sich direct dem M. triceps brachii, etwa als vierter Kopf desselben, angliedere. Wie schon aus diesem flüchtigen und summarischen Referat sich ersehen läfst, sind die Insertions- verhältnisse dieses Muskels, oder wenigstens die Angaben darüber, sehr wechselnd. Der M. latissimo-condyloideus ist schon seit langer Zeit bekannt. Mit Recht bemerkt Fick”, dafs der Muskel nicht — wie einige spätere Autoren geglaubt zu haben scheinen — erst von Bischoff entdeckt worden sei, ® Fick 1895, ı, S. zo. Mm. biceps brachüi und latissimo - condyloideus. Ü indem schon Meckel’ und Burdach" ihn beim Pavian'', Vrolik'” beim Schimpansen beschrieben haben. Allein auch von diesen Forschern konnte Keiner die Ehre der ersten Entdeckung des Muskels für sich beanspruchen. Vor ihnen hatte ihn Kuhl' bereits bei Ateles unter dem Namen »M. anconaeus accessorius, nobis« beschrieben. Kuhl scheint demnach geglaubt zu haben, dafs er als erster den Muskel gesehen habe. Indessen hatte schon Tyson" bei seinem »Orang-Outang«, der übrigens ein Schimpanse gewesen zu sein scheint, denselben Muskel vorgefunden. Aber selbst in Bezug auf die Beobachtung Tyson’s wäre der weise Ben Akiba mit seinem bekannten Spruch nicht in Verlegenheit gerathen. Denn Tyson weist selbst darauf hin, dafs der betreffende Muskel nicht etwa eine nur seinem »Orang- Outang« zukommende Eigenthümlichkeit darstelle, sondern vielmehr schon von Jacobus Sylvius bei Affen gefunden worden sei. Tyson bekämpft hierbei als irrthümlich die Angabe des Sylvius, dafs der Muskel sich am ÖOlecranon befestige. Aber noch weiter zurück läfst sich die Kenntnifs des M. latissimo-condyloideus verfolgen. Denn, wie Tyson" richtig angiebt, hat schon Galen'* diesen Muskel gekannt. Im Laufe der Zeit hat der Muskel verschiedene Namen erhalten. Tyson bezeichnet ihn als »Appendix or Accessory muscle ofthe Latissimus Dorsi«; Kuhl" gab ihm den Namen »M. anconaeus accessorius«; Duvernoy’" nannte ihn »Dorso-epitrochlien«. Der Name »Latissimo- condyloideus« endlich scheint von Bischoff” eingeführt worden zu sein. Aufser diesen Bezeichnungen finden sich bei vielen Autoren noch unerheb- ®° Meckel 1828. 10 Burdach 1838. 1! Meckel(a.a. O. S. 502—506) erwähnt zwar im Zusammenhang mit diesem Muskel keinen Pavian, wohl aber den Ateles, Simia inuus und »Affen«; ferner hat er den Muskel bei Lemur und beim A# beobachtet. Burdach wiederum (a. a. O. S.ı9) hat den Muskel nicht allein beim Pavian, sondern auch bei /nuus und Cercopithecus beschrieben. 12 Vrolik 1841. 13 Kuhl 1820, S.17, S.2o. 14 Tyson 1699. 5 0.c.S.88; Tyson führt allerdings eine falsche Stelle bei Galen an. 1 Galenus 1576, De musculorum dissectione liber, Cap. XX (Fol. 48). 12.2.0. S. 20. 18 Duvernoy 1856, p. 80. 1% Bischoff 1870, S. zıo. 8 H. Grönroos: lich variirende Namen, wie »Dorso-epitrochlearis«, »Latissimus condyloideus« u. s. w. Die meisten Autoren, die sich mit der Musculatur der anthropoiden Affen beschäftigen, erwähnen auch den M. latissimo-condyloideus, der demnach als ein constantes Attribut dieser (wie auch der übrigen) Affen betrachtet werden darf. Auf einige Angaben der einzelnen Autoren werde ich später noch zurückkommen. Hier sei nur noch bemerkt, dafs die Innervation des Muskels bei den menschenähnlichen Affen von mehreren Untersuchern festgestellt worden ist, so von Westling” beim Orang, von 22 Eisler” beim Gorilla. Champneys” und Fick” haben die Innervation des Muskels beim Schimpansen, Kohlbrugge” bei Hylobates und Hep- burn” bei allen vier Formen beobachtet. Das übereinstimmende Ergebnifs dieser Feststellungen ist, dafs der Muskel constant von einem Zweig des N. radialis versorgt wird. Bezüglich der Anordnung des M. latissimo-condyloideus und des M. biceps brachii bei den Hylobatiden habe ich in der Litteratur folgende Mittheilungen vorgefunden, von denen hier allerdings in der Regel nur die mir für meine Darstellung wesentlich erscheinenden Punkte an- geführt werden können. Vrolik” bemerkt bei vergleichender Besprechung der Muskeln des Schimpansen, dafs der Biceps brachii sämmtlicher Affen im Wesentlichen mit dem des Schimpansen übereinstimme; die einzige, ihm bekannte Aus- nahme sei der Gibbon, bei dem der kurze Bicepskopf nicht vom Proc. coracoides, sondern von der Endsehne des M. pectoralis major entspringe, am medialen Rande des Humerus entlang herabsteige, sich hier bis in ge- ringe Entfernung vom Epicondylus medialis befestige, und, sich gegen die Ellenbeuge zu umbiegend, mit dem langen Kopf zur Bildung einer ge- meinsamen Endsehne verschmelze, die sich aber sodann wie beim Menschen spalte und theils an die Tuberositas radii inserire, theils ulnarwärts in die aponeurotische Fascie des Unterarmes übergehe. 2° Westling 1884. Eisler 1890; der Muskel wird unter dem Namen » Anconaeus V « angeführt. Champneys 1872. Fick 1895, 2., S. 314. Kohlbrugge 1890. Hepburn 1892. Vrolik 1841, p. 29. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 5) Huxley” führt gleichfalls an, dafs der kurze Kopf des Biceps keine Beziehungen zum Proc. coracoides habe, sondern von der Endsehne des Pectoralis major entspringe. In einem Artikel über Muskelanomalien beim Menschen erwähnt Ma- ‚alister”® auch den Gibbon (Hiylobates). Ob Macalister seine Angaben auf Grund eigener Beobachtungen macht, oder etwa nur früher vorhandene referirt, wird von ihm nicht besonders angeführt; jedoch scheint das erstere der Fall zu sein, denn ich habe bei keinem Autor vor ihm eine Angabe über den M. latissimo-condyloideus des Gibbons vorgefunden. In Bezug auf den M. biceps giebt Macalister an, dafs (bei Aylobates leueiscus) der gesammte kurze Kopf des Muskels vom M. pectoralis major entspringe. Den M. latissimo-condyloideus erwähnt Macalister kurz als ein »museulo- tendinous slip«, der sich beim Gibbon, Ateles, Cynocephahıs und manchen anderen Quadrumana vom unteren Rande des Latissimus dorsi bis zum Ölecranon erstrecke. Owen” läfst bei den Gibbons den kurzen Bicepskopf (»the inner portion«) in der Nähe der Crista tuberculi majoris (»from near the peetoral ridge of the humerus«) entspringen; die gemeinsame Insertionssehne der beiden Ursprungsportionen inserire an die Tuberositas radii und die Vorder- armfascie. Den M. latissimo-condyloideus (»accessory faseieulus in connection with the tendon of the latissimus dorsi«) läfst Owen (über- haupt bei den Quadrumana) zum M. triceps brachii Beziehungen eingehen. Bischoff” bespricht mit folgenden Worten den M. biceps brachii des Hylobates leueiscus: »Der Biceps brachii entspringt auffallenderweise bei dem Hiylobates allein von allen Affen mit seinem kurzen Kopf nicht von dem Proc. cora- coides, sondern von dem Tuberculum minus des Oberarmkopfes, nach Huxley von der Sehne des Pectoralis major, was bei meinem Exemplar nicht der Fall ist. Doch ist es interessant, dafs auf der rechten Seite auch vom Schulterhaken ein schwaches Muskelbündel entspringt, welches mit seiner dünnen Sehne sich mit der Sehne des kurzen Kopfes vereinigt. ”” Huxley 1864, p. 648. 282 Macalister 1866, p. 453—454- ” Owen 1868, p. 53- ®0 Bischoff 1870, S. 210. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 2 10 H. GrRönRroos: Sodann ist es bemerkenswerth, dafs die beiden Ursprungssehnen des Biceps bei Hylobates mitten durch die Ansatzsehne des Peetoralis major hindureh- gehen. « Der M. latissimo-condyloideus geht nach Bischoff bei Hylobates nur bis zur Mitte des Oberarmes herab: ob er hier in die den M. biceps bedeckende Fascie übergeht, »wie bei Cynocephalus«, oder am Septum intermusculare mediale Befestigung gewinnt, ist aus Bischoff’s Darstellung nicht mit Sicherheit zu ersehen. Chudzinski” erwähnt in einem Artikel über Negermuseculatur, dafs der kurze Bicepskopf beim Gibbon von der Endsehne des Peetoralis major entspringe. Barnard,” der u. A. auch viele Muskeln des Hwylobates leuciscus be- schreibt, hat über den M. biceps brachii dieses Thieres nichts zu ver- melden. Von dem M. latissimo-condyloideus erwähnt Barnard, dafs der Muskel sich an das Septum intermuseulare mediale bis zur Mitte des Oberarmes befestige. Broca hat, nach einer Angabe von Herve”, in seiner Vorlesung über anatomische Anthropologie auch den M. biceps brachii des Gibbons be- sprochen. Nur der lange Kopf komme vom Schulterblatte, der kurze da- gegen habe mit dem Proc. coracoides nichts zu thun, sondern werde durch ein am Humerus, vom Septum intermusculare mediale entspringendes Bündel dargestellt. Nach demselben Autor (Herve”) soll Chudzinski bei einem Hylo- bates entelloides den kurzen Kopf des Biceps von der Endsehne des Pec- toralis major haben entstehen sehen, indefs der lange Kopf wie gewöhnlich vom oberen Rande der Schultergelenkpfanne kam.” Hartmann“ giebt über den Biceps brachii des Hylobates an, dafs der kurze Kopf nicht immer wie es sonst wohl heifse, vom kleinen Ober- s3! Chudzinski 1874, p. 28. 32 Barnard I875, p-. 136—137. Herve 1833, p. 45- TEN ARNO FRSTAAE Möglicherweise bezieht sich diese Angabe auf eine persönliche Mittheilung Chud- zinski’s an Herve&; jedenfalls hat der letztere auf keine bestimmte Publication Chudzinski’s verwiesen. In den mir bekannten Arbeiten dieses Autors habe ich keine andere Original- angabe über den betreffenden Gegenstand als die oben bereits erwähnte angetroffen. » Hartmann 1883, S. 155—157. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 11 armbeinhöcker oder von der Sehne des grolsen Brustmuskels (Huxley) entspringe, »sondern auch an der Gräte des kleinen Höckers, hier mit dem breiten Rückenmuskel, dem Kappenmuskel, dem mehr seitwärts verschobenen inneren und dem dreiköpfigen Armmuskel zusammenhän- 4‘ gend«.” Der M. latissimo-condyloideus oder der »Breitenrücken-Gelenk- knorrenmuskel«, wie Hartmann humorvoll jenes » Anatomenlatein« über- setzen zu sollen glaubt, entspringt nach diesem Autor von der vereinigten Endsehne des Latissimus dorsi und Teres major und inserirt an das »zwischen dem zweiköpfigen und dem inneren Armmuskel befindliche Sehnenband«. Diesen Ansatz läfst Hartmann etwa im mittleren Bereich des Oberarm- beinschaftes stattfinden. Deniker”, der einen Gibbon-Fötus sehr eingehend untersuchte, giebt über den M. biceps brachii an, dafs dieser Muskel verhältnifsmälsig enorm sei und fast ausschliefslich durch den langen Kopf dargestellt werde. Der schwache kurze Kopf komme vom Proc. coracoides; nach Verschmelzung mit dem langen Kopfe und Austritt am unteren Rande der Pectoralissehne gehe der gemeinschaftliche M. biceps Verbindungen mit dem Latissimus dorsi (»dorso-£pitrochleen«) sowie mit dem Brachioradialis ein und inserire endlich an den Radius unter Abgabe einer starken sehnigen Ausbreitung an den Brachialis internus und die Vorderarmfaseie. Die Mächtigkeit und Anordnung des Biceps bedingt nach Deniker beim Gibbon eine perma- nente Halbflexion des Vorderarmes. Bezüglich des Latissimo-condyloideus (»dorso-epitrochleen«) führt Deniker” an, dafs der Muskel von der Endsehne des M. latissimus ent- sprang und einen platten, kurzen Muskelbauch bildete, der bald in eine Sehne überging. Diese verlief sich am linken Arm, etwa in der halben Höhe des Oberarmes, in die Fascie des letzteren, indefs am rechten Arm eine dünne Sehne sich entwickelte, die sich zum Epicondylus medialis begab und in das dicke Sehnenblatt eingescheidet war, welches den M. biceps mit dem Triceps verband. 3” Wie der kurze Bicepskopf an der Crista tubereuli minoris mit allen den aufgezählten Muskeln überhaupt in Berührung kommen kann, erscheint mir nicht gut ver- ständlich. 3 Deniker 1835, S. 148. 225. 140: 12 H. GrRönRoos: Die ausführlichste und genaueste Darstellung der in Frage stehenden Muskeln des Hylobates rührt von Kohlbrugge" her. Was zunächst den M.biceps brachii betrifft, so verhielt er sich an den drei von Kohlbrugge untersuchten Hylobates- Armen theilweise etwas verschieden. In allen drei Fällen entsprang ein Caput longum vom oberen Rande der Schulter- gelenkpfanne, zog durch die Höhle des Schultergelenkes zum Suleus inter- tuberceularis humeri und trat hier zwischen die Insertionen des M. pecto- ralis major durch; sodann ging die Sehne in den Muskelbauch über. Eine zweite Portion des M. biceps entspringt am Tubereulum minus humeri, am Rande des Suleus intertubereularis; an die Ursprungssehne dieser Portion inserirt ein Theil der tieferen Muskelbündel des M. pectoralis major. Ferner entspringen zur medialen Seite des Muskels, während seines Verlaufes am Oberarm, »noch viele Fleischbündel dicht neben der Sehne des M. la- tissimo-condyloideus, und zwar mit sehnigen Fasern von den beiden distalen Dritteln des Humerus«.”' Diese Fleischbündel schliefsen sich dem M. biceps von der medialen Seite her an: hierdurch werden die auf dem M. brachialis internus gelagerten grofsen Gefäfse und Nerven überbrückt und verdeckt. Bei dem Hiylobates leuciscus fand Kohlbrugge aufserdem noch einen vom Proc. coraeoides kommenden Bicepskopf, der sich mit dem am Tuberculum minus entspringenden zum Caput breve vereinigte. Dieser coracoidale Kopf fehlte dem Biceps des Hylobates agilis und des Hylobates syndactylus. Der letztere besafs hingegen einen kleinen accessorischen Ursprungskopf in Gestalt eines kleinen, vom M. coracobrachialis sich ablösenden und zum Biceps hinübertretenden Bündels. In allen drei Fällen fand Kohlbrugge den Biceps »ganz aufser- ordentlich stark und so kurz, dafs der Unterarm stets ein wenig flectirt ist, wozu auch die Kürze des M. brachialis internus beiträgt«. Der M. latissimo-condyloideus entspringt nach Kohlbrugge” von der Sehne des M. latissimus dorsi, zieht sodann an der medialen Seite des Oberarmes entlang, zwischen Biceps und Caput mediale trieipitis, diesem anliegend, herab. Der musculöse Theil hört etwa am mittleren Drittel des Humerus auf, bez. geht hier in eine lange Sehne über, die »längs dem ganzen distalen Theile dieses Knochens bis zum Condylus internus inserirt«. 4° Kohlbrugge 1890, S. 230— 235. era 0032280: 2ER, a. 0, 82233235. “ Mn. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 13 Innervirt wird nach Kohlbrugge der M. biceps durch Zweige der vorderen Wurzel des N. medianus, indefs der M. latissimo-condyloideus einen Zweig des N. radialis empfängt. Als normale Anordnung des M. biceps brachii bei Hylobates be- trachtet Keith" diejenige, bei welcher der eine Ursprungskopf vom oberen Rande der Schultergelenkpfanne, der andere vom Proc. coracoides entspringt. In einem (?) Falle jedoch sah er den »coracoiden« Kopf am Rande des Suleus intertubercularis entspringen, indefs der andere wie gewöhnlich vom Rande der Gelenkpfanne kam. Als eine hiermit zusammenhängende Öuriosität bezeichnet Keith den Übertritt der vom Latissimus dorsi herstammenden Trieepsportion, d. h. des Latissimo-condyloideus zum M. biceps, wo- durch diese Muskelportion sich von einem Strecker in einen Beuger um- wandle. Nähere Angaben über diese Curiosität fehlen; auch ist nicht direct angeführt, ob sie nur den zuletzt erwähnten Fall betrifft oder eine bei Hrylobates regelmäfsig vorkommende Einrichtung darstellt. Doch scheint es fast, als hätte Keith dieses Verhalten in mehreren Fällen gesehen, denn die betreffende Stelle hat folgenden Wortlaut: ..... »we have the glenoid head coming as usual, while the coracoid comes from the edge of the biceps groove. A curious thing, in connection with this, is the trans- ference of the tricepshead of the latissimus dorsi to the biceps, thus from an extensor in the monkeys and baboons, it becomes a flexor in the gibbons«. In Keith's Abbildungen ist zwar der M. latissimo-condyloideus mit seinem Ursprung von der Sehne des Latissimus dorsi zu sehen, jedoch läfst sich daran ein Anschlufs des Muskels an den Biceps oder Triceps nicht erkennen. Die Untersuchungen Keith’s betreffen den Hylobates lar. In dem von Hepburn” untersuchten Falle entsprang der lange Biceps- kopf am oberen Rande der Schultergelenkpfanne und durchzog die Gelenk- höhle, um zum Sulcus intertubercularis zu gelangen. Der kurze Kopf nahm seinen Ursprung an den Rändern des oberen Theiles des Sulcus inter- tubereularis, somit hier die Sehne des langen Kopfes bedeckend. Ferner bezog der Biceps Muskelfasern von der vorderen Fläche des Septum inter- musculare mediale in dessen ganzer Länge. Hierdurch wurden die Arm- nerven und Gefälse vollständig verdeckt, so dafs sie von der medialen Seite her nicht sichtbar waren. #3 Keith 1891, S. 83. # lHepburn 1892, p.158— 159. 14 H. GrönRroos: Den M. latissimo-condyloideus(»Dorsi-epitrochlear«) beschreibt Hepburn nicht speciell für den Gibbon, sondern zusammenfassend für alle vier von ihm untersuchten Formen (Schimpanse, Gorilla, Orang und Gibbon). Der Muskel erreichte in keinem Falle den Epicondylus medialis, sondern inserirte an das mediale Zwischenmuskelband, zwischen dem Ansatz des M. eoracobrachialis und dem Epicondylus. Der Innervation des M. biceps dienten Zweige des N. musculo-cutaneus; der Latissimo-condyloideus wurde durch einen besonderen Zweig des N. radi- alis versorgt. In einer späteren grolsen und vorzüglichen Abhandlung kommt Kohl- brugge‘ noch einmal u. A. auf‘ die beiden hier besprochenen Muskeln der Hylobatiden zurück. Ich habe indessen in dieser Abhandlung keine An- gabe darüber gefunden, ob Kohlbrugge seit der bereits erwähnten früheren Arbeit durch Beobachtungen an noch weiteren Exemplaren der Gattung Hylobates seine damalige Auffassung von der Anordnung jener Muskeln befestigt hat. Dies scheint jedoch nicht der Fall zu sein; wenigstens ver- weist Kohlbrugge hinsichtlich des M. biceps der Hylobatiden nur auf seine frühere Darstellung. Jedenfalls läfst sich sowohl hieraus als auch aus den Angaben über den M. latissimo-condyloideus entnehmen, dafs Kohlbrugge in Bezug auf die Anordnung dieser beiden Muskeln bei den Hylobatiden in der neuen Arbeit genau dieselbe Auffassung vertritt wie in der früheren. Chapman“ endlich sah bei einem »silvery Gibbon« (» Hylobates leuciscus«) den M. biceps mit zwei Köpfen entspringen, die aber beide »humeralen Ursprung« besafsen, indem der kurze Kopf vom Tubereulum minus humeri anstatt vom Proc. coracoides entsprang. Die Ursprungsstelle des langen Kopfes giebt Chapman nicht an; ich vermuthe aber, dafs er in der üblichen Weise vom oberen Rande der Gelenkpfanne kam, weil dieses »typische« Caput longum bieipitis des Menschen von manchen Autoren als »humeral head« bezeichnet wird. Der M. latissimo-condyloideus erstreckte sich bis zum Epicondylus medialis (»the condyle of the humerus«) und nicht, wie von Hartmann angegeben, nur bis zur Mitte des Humerus. #5 Kohlbrugge 1897, S. 72—73, S.1I6—117. # Chapman 1900, p. 415. a Mm. biceps brachü und. latissimo- condyloideus. 1 Eigene Untersuchungen. Meine Untersuchungen, über deren Hauptergebnisse ich in der »Ge- sellschaft naturforschender Freunde« zu Berlin am 16. December vergangenen Jahres einen kurzen Bericht erstattet habe, umfassen, wie schon Eingangs erwähnt wurde, sechs Vertreter der Gattung Hwylobates, nämlich je einen Hylobates Gibbon, Mill., und Hylobates javanieus, Matschie, einen alten und einen sehr jungen (kleinen) Hylobates Mülleri, Mart., sowie einen alten und einen jungen Hylobates lar, L. Auch der Hylobates Gibbon war ein junges Thier. Die Species sind von Hrn. Prof. Matschie, der Ja ein Specialkenner dieser Affengattung ist, bestimmt worden; ihre Identi- tät darf demnach als vollkommen sicher festgestellt angesehen werden.” Von sämmtlichen Thieren mit Ausnahme des jungen Hiylobates Mülleri wurden beide Arme in Bezug auf die beiden hier in Betracht kommenden Muskeln genau untersucht. Wie schon bemerkt wurde, waren indessen die Befunde unter sich dermafsen übereinstimmend, um nicht zu sagen identisch, dafs es nur eine Wiederholung werden mülfste, wollte ich die einzelnen Fälle der Reihe nach schildern oder die bei ihrer Präparation geführten Protokolle wiedergeben. Ich kann mich daher auf die Beschrei- bung eines einzigen Falles beschränken und werde aufserdem nur noch die vorgefundenen Abweichungen anführen; selbst dieses wird vielfach eigentlich nur den Werth haben, darzuthun, wie geringfügig diese Ab- weichungen in der That waren. Um aber die Beschreibung immerhin an einen bestimmten Fall an- zulehnen, greife ich einen heraus und beschreibe zunächst die Anordnung der beiden in Frage stehenden Muskeln z. B. bei Hylobates javanicus, Mat- schie, dem auch die beiden Fig.ı und 2 entnommen sind. 1. M. biceps brachii besitzt, wie sein Name voraussetzt, bei Aylo- bates wie beim Menschen zwei getrennte Ursprungsportionen oder Köpfe. Der eine Kopf entspringt am Schulterblatt, am oberen Rande der Schulter- gelenkpfanne, mittels einer schlanken Sehne, die, zunächst etwas abge- plattet, durch die Höhle des Schultergelenkes hindurch zum oberen Ende des Suleus intertubereularis humeri und sodann in dieser Rinne weiter 47 Vergl. Matschie, 1893. 16 H. Grönroos: distalwärts verläuft. Hier wird die jetzt ziemlich eylindrische Sehne von dem an der Crista tuberculi majoris humeri befestigten Endabsehnitte des M. pectoralis major bedeckt. Erst am unteren Rande dieses Muskels kommt die Bicepssehne bez. der in dieser Gegend aus der Sehne hervorgehende schlanke, spindelförmige Muskelbauch zum Vorschein (Fig. 1). Wie aus dieser Beschreibung hervorgeht, entspricht die soeben besprochene Ur- sprungsportion des M. biceps in allem Wesentlichen dem Caput longum bieipitis des Menschen und könnte daher mit demselben Recht wie bei diesem den soeben genannten Namen führen. Aus Gründen, die aus der nachfolgenden Darstellung hervorgehen werden, ziehe ich jedoch vor, für diesen Bicepskopf des Hwylobates die seinen Ursprung andeutende Bezeich- nung CGaput glenoidale zu gebrauchen. Die zweite Bicepsportion bietet bedeutend weniger einfache Verhält- nisse dar, und diese sind es, welche dem ganzen Muskel sein eigenartiges Gepräge verleihen. Vom Tubereulum minus humeri entspringt ein abge- platteter sehniger Strang, der sich von hier aus, vom M. peetoralis major bedeckt, zusammen mit der etwas mehr lateralwärts liegenden Sehne des Caput glenoidale distalwärts erstreckt. Dieser Sehnenstrang ist für das Verständnifs der ganzen Anordnung der beiden in. Frage stehenden Mus- keln von grölster Bedeutung und mufs daher genauer in’s Auge gefalst werden. Dort, wo der sehnige Strang am Tubereulum minus entspringt, ist er zugleich etwas lateralwärts bez. nach hinten verbreitert und hängt hier, am oberen Ende des Suleus intertubereularis, mit der Gelenkkapsel sowie im Anschlufse daran mit der lateralen Wandung des Suleus intertuber- eularis zusammen”, so dafs die in den Suleus eintretende Ursprungssehne des glenoidalen Bicepskopfes nicht direkt vom Pectoralis major bez. Del- toides, sondern zunächst von diesem verbreiterten Sehnenstrange bedeckt wird: die beiden sehnigen Gebilde zusammen liegen aber natürlich unter der Muskelmasse verborgen und werden erst nach Durchschneidung und Auseinanderklappen des Pectoralis major sichtbar (Fig. 2). Kurz nach seinem Ursprunge verschmilzt der Sehnenstrang untrennbar mit der sehnigen Rück- *° Diese Verbindung mit dem lateralen Theile des Bodens bez. mit der lateralen Wand des Suleus intertubereularis wird durch eine zusammenhängende Schicht querverlaufender Fasern hergestellt. welche theils umbiegende Längsfasern des Stranges selbst, theils aus- strahlende Sehnenfasern des Pectoralis major vorzustellen scheinen. Mm. biceps brachü und latissimo -condyloideus. 17 fläche des Endabschnittes des Pectoralis major und bleibt mit der Pecto- ralissehne bis zu deren unterem Rande verschmolzen. (Alle diese Ver- hältnisse lassen sich in Fig. 2 deutlich übersehen.) Erst am unteren Rande des Peetoralis major kommt auch dieser Sehnenstrang zum Vorschein (Fig. 1) und erstreckt sich sodann, anscheinend sehr verschmälert, weiter, schräg distal- und medianwärts bis zum medialen Rande des Oberarmes. Diese Gegend wird etwa 14°" distalwärts und zugleich etwas medial bez. nach hinten vom distalen Ende der Ansatzstelle des M. coracobrachialis erreicht. Hier verbindet sich der Sehnenstrang sofort mit dem Septum intermus- eulare mediale, indefs der vorhergehende Abschnitt des Stranges »frei«, d.h. ohne irgend welche Beziehung zum Humerus, vom Peetoralisrande zum Zwischenmuskelbande ausgespannt ist. Beim Hervortreten des Sehnenstranges am unteren Rande des Pecto- ralis major trennen sich die untersten Randbündel des letzteren Muskels von dessen übriger Masse, biegen distalwärts um, schliefsen sich dem Sehnenstrange an und inseriren kurz darauf von der medialen Seite her an den letzteren. Durch dieses Verhalten gewinnt es den Anschein, als träte der Sehnenstrang und vor Allem die ihn begleitende Sehne des gle- noidalen Bicepskopfes zwischen den Bündeln des Pectoralis major, bez. durch dessen Endsehne hindurch, hervor (Fig. ı). Dieses ist aber nur scheinbar der Fall, denn die abgesprengten Pectoralisbündel inseriren gar nicht an den Humerus, sondern eben an den Sehnenstrang selbst, der sie gewissermafsen beim Hervortreten mitgerissen hat. Etwa an derselben Stelle, wo sich von der medialen Seite her die Peetoralisbündel an den Sehnenstrang ansetzen, sogar schon etwas vorher, beginnen Muskelbündel von der lateralen und von der vorderen Seite des Stranges zu entspringen." In ununterbrochener Folge entspringen fortan solche Muskelbündel von dem ganzen »freien« Abschnitt des Sehnenstranges bis zu dessen Vereinigung mit dem medialen Zwischenmuskelbande und sodann, ebenfalls in durchaus continuirlicher Folge, von diesem die Fort- setzung des Sehnenstranges darstellenden Bande, bis endlich in einer Ent- fernung von etwa 14°” vom Epicondylus medialis die Muskelursprünge 4 Das Übergreifen der Muskelursprünge auf die vordere (oberflächliche) Seite des Sehnenstranges bedingt die bereits erwähnte scheinbare Verschmälerung des letzteren, der sich gewissermalsen wie eine Inscriptio tendinea zwischen dieser Bicepsportion und dem M. latissimo-condyloideus präsentirt. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 3 18 H. GrönrRoos: vom Septum intermusculare mediale auf einmal aufhören. Die Gesammt- summe aller dieser Muskelbündel, die, wie erwähnt, von der lateralen Seite jenes am Tubereulum minus entspringenden Sehnenstranges und von der Vorderseite des die Fortsetzung des Sehnenstranges bildenden Septum intermusculare mediale entspringen, stellt eine zusammenhängende mäch- tige Muskelplatte dar, deren freier lateraler Randtheil den glenoidalen Bicepskopf bedeckt und die den zweiten Bicepskopf repräsentirt. Die ersten, gleich am unteren Rande des Peetoralis major von dem Sehnenstrang entspringenden Bündel bilden den Randtheil dieser zweiten Bicepsportion, der zugleich am weitesten distalwärts am Vorderarm inserirt; demgemäfs sind diese Bündel die längsten und haben einen rein distalwärts gerich- teten Verlauf. Die am distalen Abschnitt des Oberarms vom Septum inter- musculare mediale entspringenden Bündel werden, je weiter distal sie entspringen, um so kürzer, ihr Verlauf um so schräger. Das letzte vom Zwischenmuskelbande kommende Bündel stellt einen kurzen, distalen und zugleich nach hinten sehenden, freien Rand dieser Bicepsportion dar (Fig. 1— 3). Für den soeben beschriebenen zweiten Bicepskopf möchte ich den Namen »Caput breve« vermeiden, weil dieser Name von der menschlichen Anatomie her — soweit es sich um den Arm handelt — mit einem etwas anderen Begriffe verknüpft ist als hier der Fall sein würde, und weil, nach Angaben mehrerer Autoren, bei Hylobates bisweilen aufserdem noch eine am Proc. eoracoides entspringende Bicepsportion vorzukommen scheint, die dann dem normalen Caput breve bieipitis des Menschen entspricht. Zum Zwecke der Unterscheidung und um zugleich durch den Namen den Ursprung des Muskels anzudeuten, bezeichne ich den beschriebenen zweiten Bicepskopf des Hylobates als Caput tuberculo-septale. Da der gesammte mediale Rand des Caput tubereulo-septale befestigt ist oder vielmehr den Ursprung des Muskels darstellt, so ist es klar, dafs der Muskel die auf dem M. brachialis internus gelagerten grofsen Gefäls- und Nervenstränge verdeckt, so dafs diese von der medialen Seite her nicht ohne Durchschneidung der Muskelursprünge zugänglich sind. Es mufs besonders hervorgehoben werden, dafs die Muskelbündel des Caput tubereulo-septale nirgends direct vom Humerus selbst entspringen. Was den proximalen Abschnitt des Muskels betrifft, ist dieses Verhalten ohne Weiteres klar und auch in den Fig. ı und 2 leicht eonstatirbar, da das Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 19 unter diese Portion des Muskels eingeschobene Cartonstück beweist, dafs der Sehnenstrang, von dem die Muskelbündel hier entspringen, frei ver- läuft und dafs weder dieser Sehnenstrang noch die betreffenden Muskel- bündel am Knochen befestigt sind.” Für die am Septum intermusculare mediale entspringende Fortsetzung des Muskels habe ich das Verhalten der Muskelbündel mit äufserster Sorgfalt untersucht und mich schliefslich davon überzeugt, dafs auch dieser Theil des Muskels keine direeten Be- ziehungen zum Humerus besitzt, sondern thatsächlich vom Septum intermusculare entspringt. Auf diesen Umstand werde ich noch bei Besprechung des Zwischenmuskelbandes zurückkommen. Erst weit unterhalb der Mitte des Oberarmes tritt eine Verschmelzung des Caput glenoidale mit dem es bedeckenden Randtheil des Caput tuber- eulo-septale ein, wobei, allerdings in sehr beschränktem Mafse, eine wirk- liche Kreuzung einiger Muskel- oder Sehnenbündel stattfindet. Kaum zu Stande gekommen, theilt sich der einheitliche M. biceps schon wieder in zwei getrennte Portionen oder Insertionszipfel, einen radialen und einen ulnaren. Der radiale Zipfel stellt eine kräftige Sehne dar, die an die Tuberositas radii inserirt. Der ulnare Zipfel ist dagegen nur am lateralen Rande in sehr geringem Umfange sehnig, im Übrigen aber bis an die Insertion fleischig. Diese findet gröfstentheils an einem seh- nigen Streifen statt, der vom Epicondylus medialis entspringt und auf der ulno-volaren Muskelgruppe des Vorderarmes distalwärts zieht, dieser Muskelmasse, und speciell den Mm. flexor digitorum sublimis und pronator teres sowie auch dem M. palmaris longus zum Hülfsursprung dienend.°' Nur die oberflächlichsten Bündel des äufsersten lateralen Saumes dieses ulnaren ®0 Direet ist dieser freie Verlauf des Sehnenstranges in Fig. 5 und 6 zu sehen. 5! Dieser Sehnenstreifen bezeichnet in der Hauptsache die Grenze zwischen den Mm. flexor digitorum sublimis und pronator teres. Ganz oberflächlich ist allerdings in diesem Falle (bei Hylobates javanicus) der erstere Muskel hier von dem sehr dünnen M. palmaris longus bedeckt, der also oberflächlich an den Sehnenstreifen stölst; sobald man aber den Palmaris entfernt, zeigtsich, dals der Flexor digitorum sublimis an dem Streifen mit dem Pronator teres zusammentrifft, und es ist leicht zu constatiren, dals es hauptsächlich der Flexor sublimis ist, welcher durch Vermittelung des Sehnenstreifens in nähere Beziehung zu dem ulnaren Ansatzzipfel des Biceps tritt. Der M. flexor carpi radialis kommt hierfür nicht in Betracht, weil er aus einer tieferen Portion der epicondylo-ulnaren Muskelmasse stammt und erst weiter distalwärts, wenn die Mm. pronator teres und flexor sublimis auseinanderweichen und der Sehnenstreifen aufhört, zum Vorschein kommt. 3* 20 H. Grönroos: Endzipfels haben insofern Beziehungen zur Vorderarmfascie gewonnen, als die aponeurotische Faseie schon am distalen Ende des Oberarmes, noch mehr aber am Unterarme, dieser Muskel- bez. Sehnenpartie so fest anhaftet, dafs ein vollständiges Lospräpariren derselben ohne Verletzung der Muskel- bündel nicht gelingt. Auf die beiden Ansatzzipfel vertheilen sich die beiden Ursprungspor- tionen des M. biceps in der Weise, dafs fast der ganze glenoidale Kopf zusammen mit einer kleinen Portion des Caput tuberculo-septale zur Inser- tion an die Tuberositas radii gelangt, indefs der ulnare Insertionszipfel den weitaus grölsten Theil des Caput tubereulo-septale nebst einigen wenigen Bündeln des Caput glenoidale aufnimmt. Da, wie schon bemerkt wurde, nur ein geringer Theil des ulnaren Insertionszipfels sehnig ist, und sämmt- liche Ursprungsbündel des Caput tuberculo-septale ebenfalls direet, d.h. ohne Vermittelung von Sehnenfäden entspringen, so folgt hieraus, dafs diese Portion des M. biceps fast in ihrer ganzen Ausdehnung vom Ursprung bis zur Insertion fleischig ist. 2. Der dem Menschen in der Regel als solcher fehlende M. latissimo- condyloideus entspringt, wie anscheinend bei allen Affen, von der End- sehne des M. latissimus dorsi, gleich an der Übergangsstelle des Muskel- bauches in die Sehne.” Der Ursprung ist aber nicht linear, sondern breitet sich, verdickt, noch ein Stück weit auf die Sehne aus. Von seiner Ur- sprungsstelle aus erstreckt sich der Latissimo-condyloideus als ein abge- °2 Da der Ursprung des Latissimo-condyloideus und namentlich seine Beziehung zu den beiden Mm. latissimus dorsi und teres major bei verschiedenen Affenformen bez. von verschiedenen Autoren etwas verschieden dargestellt wird und sich wohl auch etwas ver- schieden verhalten mag, so seien hier die bei Hylobates vorliegenden Verhältnisse etwas eingehender berücksichtigt. Die Endsehne des Latissimus bildet an ihrem proximalen Ab- schnitt eine nach oben und hinten offene Rinne, in die sich der sehnige Endtheil des Teres major hineinlegt. Der untere Rand der Teressehne verschmilzt hierbei mit der Endsehne des Latissimus, indels die gröfseren oberen Abschnitte der beiden Sehnen einander zwar innig anliegen, aber doch selbständig bleiben. Im Hinblick auf die untere Partie kann man also sagen, dals die beiden Mhıskeln eine gemeinsame Endsehne besitzen, und gerade von der unteren und vorderen Seite der Sehne entspringt der Latissimo-condyloideus. Da aber der Latissimus gerade von unten und vorne her die Teressehne vollständig verdeckt, so ist es offenbar, dals für den Ursprung des Latissimo-condyloideus eigentlich nur die End- sehne des Latissimus dorsi in Betracht kommt. Der Ursprung des Latissimo - condyloideus delınt sich bei Hylobates javanicus bis an den vorderen (oberen) Rand der Latissimussehne aus, erreicht aber nicht deren hinteren, nach oben umgeschlagenen Rand. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 21 platteter Muskelbauch an der medialen Seite des Oberarmes hinab und liegt dabei dem langen und dem medialen Tricepskopf an. Zugleich sind die Muskelbündel schräg nach vorne gerichtet, so zwar, dafs man an dem Muskel einen vorderen, zugleich proximalen, dem Humeruskopf zugekehrten, und einen hinteren, zugleich distalen Rand unterscheiden kann. Aufserdem ver- breitert sich der Muskel vom Ursprung bis zur Insertionsstelle bedeutend, so dafs der hintere, distale Rand ziemlich steil distalwärts verläuft, während der proximale sich in seinem Verlaufe mehr einer horizontalen Richtung nach vorne nähert. Der ganze Muskel ist also abgestumpft dreieckig oder trapezförmig. ; Der weitaus gröfste, proximale Abschnitt des Muskels in- serirt fleischig an die mediale Seite jenes beim Biceps erwähn- ten, am Tubereulum minus humeri entspringenden Sehnenstran- ges (Fig. ı und 2), welcher vom unteren Rande des Pectoralis major zum Septum intermusculare mediale hinüber verläuft und von dessen lateraler Seite die Muskelbündel des Caput tubereulo-septale bieipitis ihren Ursprung nehmen. Der proximale Rand des Latissimo-condyloideus nähert sich bei der Insertion sehr der an denselben Sehnenstrang inserirenden Randportion des Pectoralis major (s. oben beim Biceps) und ist mit dieser durch straffes Bindegewebe verbunden. Der hintere, distale Randtheil des Muskels entwickelt kurz vor dem Punkt, wo der Sehnenstrang oberflächlich das Septum intermusculare er- reicht, eine dünne Endsehne, die ebenfalls zu dem Zwischenmuskelbande tritt und sich mit diesem verbindet. Die äufsersten hinteren Randfasern dieser Sehne lassen sich als freier Rand des Septum intermusculare bis zum Epicondylus medialis verfolgen. Der M. latissimo-condyloideus wird durch einen Zweig des Nervus radialisinnervirt; der Biceps dagegen empfängt mehrere Zweige eines vorderen Armnervenstammes, die zusammen mit einigen weiteren Zweigen dem N. musculocutaneus des Menschen entsprechen. 3. Septum intermusculare mediale. Das bereits mehrfach er- wähnte mediale Zwischenmuskelband setzt sich aus dreierlei Bestandtheilen zusammen. Erstens besitzt es ein System eigener Fasern, die ein allerdings unvollständiges Septum intermusculare im engeren Sinne dar- stellen. Es sind dies theilweise starke, sehnige Fasern, die am medialen 22 H. Grönroos: Rande des Humerus entspringen und, von diesem divergirend, distalwärts verlaufen, um wenigstens zu einem grolsen Theil sich bis zum Epicondylus medialis zu erstrecken. Diese selbständige Portion beginnt, proximalwärts zugespitzt, an der medialen Seite des distalen Endes der Ansatzstelle des M. coracobrachialis und stellt hier ein mit dem einen Rande am Humerus befestigtes, im übrigen aber vollkommen freies Gebilde dar, welches einen scharfen freien Rand besitzt und sich distalwärts rasch verbreitet bez. höher wird (Fig. 5 und 6).” Nach kurzem Verlaufe (etwa 15—2°”) verbindet sich diese selbständige Portion des Bandes mit dem vom Tu- bereulum minus humeri kommenden und beim Biceps beschrie- benen Sehnenstrange. Diese Vereinigung kommt dadurch zu Stande, dafs die Fasern des Sehnenstranges sich an die Vorderseite des freien Randes des Septum anlegen und sich nach und nach zu spitzwinkeliger Insertion an den medialen Rand des Humerus in die Tiefe senken, wobei sie sich mit der Vorderfläche des eigentlichen Zwischenmuskelbandes (im engeren Sinne) innig verbinden (vergl. Fig. 5). Die ersten von diesen zum Humerus verlaufenden Faserbündeln des Sehnenstranges bilden mit dem distalwärts aufsteigenden freien Rande des vorhin beschriebenen, selbständigen Anfangstheiles des Zwischenmuskel- bandes einen nach oben (proximalwärts) offenen, spitzen Winkel (Fig. 5 und 6). Die Winkelspitze befindet sich medial und etwas distal vom distalen Ende des Coracobrachialis-Ansatzes. Die betreffende Stelle ist in den beiden Fig. ı und 2 mit Leichtigkeit aufzufinden, da der untere Rand des eingeschobenen Cartonstreifens in dem offenen Winkel ruht. Erst etwas weiter distalwärts treffen die vorläufig noch oberflächlich gebliebenen Fasern des Sehnenstranges und die sogleich näher zu besprechenden Sehnenfasern des Latissimo-condyloideus mit einander und mit dem Rande des Zwischen- muskelbandes zusammen (Fig. ı und 2). Diese zunächst noch übrig ge- bliebenen Fasern des Sehnenstranges verlaufen distalwärts weiter, theils in dem freien, in Fig. 1— 3 oberflächlich erkennbaren Rande des Septum intermuseulare, theils als lange und starke, sehnig glänzende Fasern, die sich an der Rückfläche der septalen Bicepsursprünge und mitten zwischen 53 Durch seine Gestalt erinnert dieses Gebilde etwa an eine spitz auslaufende Messer- klinge mit geradlinigem Rücken und ebenfalls geradliniger Schneide. Der Messerrücken wird durch den am Humerus befestigten Rand repräsentirt, indels der scharfe freie Rand die Schneide vorstellt. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 23 ihnen, in engem Anschlusse an die Vorderseite des Septumrandes befinden, als ein Bestandtheil des Zwischenmuskelbandes betrachtet werden können und auch hier noch (ebenso wie weiter proximalwärts) den Bicepsbündeln zum Ursprung dienen. Die vom Sehnenstrange herrührenden Fasern lassen sich nur zu einem verschwindend kleinen Theile bis zum Epicondylus medialis verfolgen; vielmehr läfst sich unschwer constatiren, dafs sie sich fast alle schon vorher nach und nach längs der Vorderfläche des Zwischen- muskelbandes und. einen Bestandtheil des letzteren darstellend, zur medialen Humeruskante begeben, und zwar die letzten etwa an der Grenze zwischen dem dritten und vierten Viertel des Oberarmes oder vielleicht noch etwas weiter distalwärts. Zu den beiden schon erwähnten Componenten des Zwischenmuskel- bandes gesellt sich als dritter Bestandtheil der dünne und schmale Sehnen- saum, der aus den hintersten (distalen) Randbündeln des M. latissimo- eondyloideus sich entwickelt. Wie aber schon hervorgehoben wurde, in- serirt der gröfste Theil dieses Muskels schon an den »freien« Abschnitt des vom Tubereulum minus kommenden Sehnenstranges; nur ein ver- schwindend kleiner, hinterer Randtheil bildet überhaupt eine Endsehne, und diese nimmt demnach auch keinen dominirenden Antheil an der Zu- sammensetzung des Zwischenmuskelbandes. Immerhin lassen sich Sehnen- fasern des Latissimo-condyloideus im freien Randtheil des Bandes bis zum Epicondylus medialis verfolgen. Das in der angegebenen Weise zusammengesetzte Zwischenmuskelband wird noch durch zwei Umstände complieirt. Erstens verflechten und ver- binden sich die drei erwähnten Fasersysteme wenigstens theilweise so innig mit einander, dafs eine vollständige Analyse der hierdurch entstandenen Platte kaum gelingen will. Zweitens treten noch die Beziehungen des Bandes zu den Mm. biceps und triceps hinzu. Das Verhältnils zum Biceps ist in der Hauptsache bereits geschildert worden; hier sei nur hinzugefügt. dafs die Bicepsbündel von dem Zwischenmuskelbande und von den der Vorderfläche seines Randtheiles anliegenden bez. diesem angehörenden Fasern des vom Tubereulum minus kommenden Sehnenstranges entspringen, dabei aber den tieferen, basalen Theil des Bandes frei lassen. Sie ent- springen also weder vom Humerus selbst, neben dem Zwischen- muskelbande, noch von der dem Knochen benachbarten basalen Partie dieses Bandes. 24 H. Grönroos: Anders gestaltet sich das Verhältnifs des Bandes zum Triceps. Das obere Ende, bez. das Anfangsstück des Bandes ist. wie sehon hervor- gehoben wurde, durchaus selbständig und hat mit den daneben fleischig entspringenden und schon etwas weiter proximalwärts beginnenden Triceps- bündeln nichts zu thun. Weiter distalwärts aber treten innige Beziehungen zwischen dem Septum und dem Triceps ein. Die Tricepsbündel ent- springen nicht allein unmittelbar neben, sondern auch von und mit den Fasern des Zwischenmuskelbandes. Dieses büfst hierdurch an Selbständigkeit ein, und es ist am distalen Abschnitt des Oberarmes grolsentheils schwierig oder gar unmöglich, mit Bestimmtheit zu ent- scheiden, ob ein gegebenes Faserbündel dem System der eigenen Septum- fasern angehört oder etwa den Tricepsursprüngen zuzurechnen ist. Es sieht daher auch vielfach aus, als wenn die Bicepsfasern hier zum Theil etwa von sehnig beginnenden Trieepsbündeln entsprängen.” Theilweise haben sich indessen auch hier die genuinen Septumfasern selbständig er- halten und lassen sich als solche nachweisen. Es erübrigt jetzt noch, den distalen Endabsehnitt des Septum inter- musculare zu betrachten. Dieser erstreckt sich als ein ziemlich schmächtiger, vollkommen freier Strang von der Stelle an, wo die septalen Biceps- ursprünge aufhören” (s. Biceps) zum Epieondylus medialis hinüber. Unter diesen Strang hindurch verläuft der Nervus ulnaris von der Vorderseite des Oberarmes nach dessen Rückseite, um dort, an der Rückfläche des Epicondylus medialis, den Suleus nervi ulnaris zu beziehen. Dieser End- abschnitt des Zwischenmuskelbandes enthält Fasern aus allen den erwähnten drei Systemen. Es konnten nämlich darin mit voller Sicherheit Fasern nachgewiesen werden, die von der medialen Humeruskante entsprangen und somit dem System der eigenen, selbständigen Septumfasern angehörten, ferner Sehnenfasern des Latissimo-condyloideus, endlich einige feine Fasern des vielerwähnten Sehnenstranges. Die vorstehende Beschreibung bezieht sich, wie schon bemerkt wurde, zunächst auf den Befund an dem rechten Arme meines Hylobates javanicus. Mit diesem boten jedoch die übrigen Fälle in den wesentlichen Punkten 52 Dieses dürfte jedoch, wie noch dargethan werden soll, nur eine Täuschung sein. ° Etwa an derselben Stelle hören auch die septalen Tricepsursprünge auf. Mm. biceps brachü und latissimo -condyloideus. 25 so übereinstimmende Verhältnisse dar, dafs die obige Beschreibung nahezu ohne Änderungen auch auf sie passen würde und nur für jeden Fall mit einer neuen Überschrift versehen zu werden brauchte. Immerhin habe ich einige kleine Unterschiede und Besonderheiten der einzelnen Fälle notirt, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Zunächst bietet schon der soeben beschriebene rechte (und ebenso der linke) Arm des Hylobates javanicus in einem Punkte eine kleine Ab- weichung von einem fast in allen übrigen Fällen angetroffenen Verhalten dar, indem, wie schon angegeben, die abgesprengten Bündel des Pecto- ralis major fast nur an die mediale Seite des vom Tuberculum minus kommenden Sehnenstranges inserirten. In den übrigen Fällen setzten sich einige Bündel mittels einer kleinen sehnenartigen Ausbreitung auch an die Vorderseite des Stranges an; hierdurch entstand mehr der Eindruck eines Überganges von Peetoralisbündeln in das Caput tuberculo-septale des Biceps. Jedoch waren die Muskelbündel der beiden Muskeln meistens durch eine schmale sehnenartige Zwischenzone von einander getrennt. Aber auch einen wirklichen Übergang einzelner Pectoralisbündel in den erwähnten Biceps- kopf habe ich wiederholt beobachtet; am deutlichsten war dies an dem rechten Arm des Hwylobates Gibbon der Fall. Der linke Arm des untersuchten Hylobaies javanicus zeigte im Grolfsen und Ganzen durchaus die gleiche Anordnung der in Betracht kommenden Theile wie der beschriebene rechte Arm; aber nach Durchschneidung des Pectoralis major kamen am oberen Ende des Oberarmes abweichende, zum Theil offenbar pathologische Verhältnisse zum Vorschein. Unmittelbar unter dem Caput humeri war der Knochen wie eingeschnürt, und darauf folgte eine viel diekere, stark höckerige Partie des Knochens, welche im ersten Moment das Caput humeri nebst den beiden Oberarmbeinhöckern vortäuschte. Eine mit dem wirklichen Tubereulum minus zusammenhängende Crista tubereuli minoris fehlte; dagegen war an entsprechender Stelle des pathologisch ver- diekten Abschnittes eine schräg verlaufende Erhebung vorhanden. Der sonst vom Tuberculum minus kommende Sehnenstrang war durch straffes Gewebe mit dem oberen Ende dieser Erhebung verbunden, erstreckte sich aber selbst zur Crista tuberculi majoris bez. bis zum Ab- hang des Tubereulus majus. Der distale Abschnitt des Armes bot ganz dasselbe Bild dar wie der rechte und liefs durch nichts die an seinem proximalen Ende vorhandene Verunstaltung ahnen. Ich vermuthe, dafs Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 4 26 H. Grönroos: diese durch eine Fraetur oder dergl. hervorgerufen worden war; indessen habe ich den Knochen nicht genauer untersuchen können. An dem rechten Arme des Hwylobates Gibbon trat vom distalen Ende des Coracobrachialis ein kleiner sehniger Strang zum Caput tuberculo-sep- tale des Biceps über. Am linken Arme des jungen Hwylobates Mülleri vereinigten sich die beiden Bicepsportionen etwa an der Mitte des Oberarmes mit einander, am rechten Arme des jungen Hiylobates lar trat diese Vereinigung schon oberhalb der Mitte des Oberarmes, am linken Arme desselben Exemplares noch weiter oben, ein paar Centimeter distalwärts vom Rande des Pecto- ralis major, ein, während an beiden Armen des alten Hwylobates lar die Verschmelzung erst sehr weit distalwärts, unmittelbar vor der Spaltung des Muskels in die beiden Ansatzzipfel, sich vollzog. In Bezug auf die Insertion des Biceps bot der junge Hylobates lar insofern ein bemerkenswerthes Verhalten dar, als bei ihm der gesammte ulnare Insertionszipfel, einschliefslich seines lateralen Randtheiles, fleischig war, sich von der aponeurotischen Fascie lospräpariren liefs und voll- ständig an den bei Hylobates javanicus beschriebenen Sehnenstreifen inse- rirte, welcher, am Epicondylus medialis entspringend, auf den Vorder- armmuskeln liegt und im Wesentlichen die Grenze zwischen den Mm. flexor digitorum sublimis und pronator teres markirt. Es fehlte hier somit jede Andeutung einer Insertion an die Vorderarmfascie im Sinne eines »La- certus fibrosus«. Diesen Fall möchte ich gewissermafsen als einen „ Schlüssel für die Auffassung dieses ulnaren Endzipfels des Biceps der Hy- lobatiden betrachten. Die tieferen Muskelbündel und, streng genommen, sämmtliche Bündel dieses Insertionstheiles befestigen sich eigentlich an jenen sehnigen Streifen, indefs die Verbindung mit der Fascie eine secun- däre Erscheinung darstellt und gröfstentheils nur die alleroberflächlichsten Muskelbündel betrifft. Die weitere Ausbildung dieser Verbindung mit der Fascie führt zu einem scheinbaren Sehnigwerden des lateralen Randtheiles dieses Ansatzzipfels, sowie zu einem direeten Übergang dieses Randtheiles in die Vorderarmfascie. Indessen kommt auch eine wirkliche sehnige Be- schaffenheit des von der Fascie gewaltsam befreiten Randtheiles dieses Ansatzzipfels vor. Diese Beschaffenheit wird wahrscheinlich durch reich- licheres Übertreten von Bündeln des Caput glenoidale des Biceps in dessen ulnaren Endzipfel herbeigeführt, Mm. biceps brachü und latissimo- condıyloideus. 27 Bei dem älteren Hylobates lar constatirte ich an beiden Armen, dafs der M. palmaris longus jenen sehnigen Streifen nicht berührte, sondern durch eine Portion des Flexor digit. sublimis davon abgedrängt war und weiter ulnarwärts lag, so dafs hier die Beziehung des Biceps zum Flexor sublimis noch offenbarer war als bei Hylobates javanieus. Ferner stielsen die Mm. flexor digitorum sublimis und pronator teres in gröfserer Ausdehnung an einander, als dies bei Hylobates javanieus der Fall war. Der Sehnenstreifen erschien daher länger, und der aus der Tiefe kommende Flexor carpi ra- dialis tauchte erst weiter distal, somit in noch gröfserer Entfernung vom Biceps, zwischen jenen beiden, hier auseinanderweichenden Muskeln hervor. Bei dem alten Hylobates Mülleri dagegen trennten sich die Mm. flexor subli- mis und pronator teres früher, der Flexor carpi radialis kam daher früher zum Vorschein und zeigte noch Beziehungen zu jenem Sehnenstreifen bez. zum Biceps. Was den M. latissimo-condyloideus anlangt, habe ich zunächst in Bezug auf die Ausdehnung seines Ursprunges notirt, dafs dieser an beiden Armen des alten Hylobates lar weder den vorderen (oberen) noch den hinteren Rand der Latissimussehne erreichte, während bei Hylobates javanicus der vordere Rand erreicht wurde. Der Ansatz des Latissimo-condyloideus an den Sehnenstrang läfst zu- weilen eine direete Fortsetzung einzelner Muskelbündel in das Gaput tu- bereulo-septale bieipitis erkennen. Von der Rückseite des Latissimo-condy- loideus habe ich andererseits einzelne distale Bündel unmittelbar vor der Insertion des Muskels umbiegen und in das Caput mediale trieipitis über- gehen sehen. Die in das Zwischenmuskelband übergehende Endsehne der distalen (hinteren) Bündel des Latissimo-condyloideus zeigt zuweilen eine Ausbrei- tung nach hinten. Diese legt sich auf den medialen Theil des M. triceps und läfst ihre Sehnenfasern zum Theil über die diesen Muskel bedeekende Faseie ausstrahlen und sich dort verlieren. Dies wurde bei Hylobates Gibbon, Hiylobates lar senior und junior und Hylobates Mülleri senior und »infans« beobachtet. Das Septum intermusculare gestattete an beiden Armen des Hy- lobates Gibbon eine vollständigere Auffaserung als in irgend einem der übrigen Fälle. Es wurden darin nachgewiesen: 1. Starke, vom Humerus entspringende und distalwärts ver- 4 28 H. Grönroos: laufende, sehnige Faserbündel, die sich zusammenlegten und zum Epiecondylus medialis erstreckten. 2. Starke, distalwärts zum Humerus verlaufende, sehnige Bündel, dievon dem am Tubereulum minus entspringenden Seh- nenstrange herrührten. 3. Eine aus zarten Sehnenfasern gebildete, zusammenhängende Mem- bran, die den freien Randsaum des Zwischenmuskelbandes darstellte, sich nach hinten über den medialen Randtheil des Trieeps umgelegt hatte, und deren Fasern theilweise, nebst den schon erwähnten genuinen Septum- fasern bis zum Epiecondylus medialis verfolgt werden konnten.’° Diese Mem- bran entstammte dem hinteren Randtheil des Latissimo-condyloideus. 4. Endlich glaubte ich an dem einen Arm in dem Septum auch noch einige wenige (2 oder 3!) sehr zarte, distalwärts zum Humerus ver- laufende, sehnige Fasern zu erkennen, die ebenfalls vom Latissimo-condy- loideus herrührten. Beim Versuch, sie deutlicher darzustellen, rissen sie und gingen verloren. Bei dem alten Hylobates Mülleri stellte dagegen das vom Triceps be- freite Septum eine fibröse Platte dar, in der nur wenige stärkere Fasern distinet erkannt werden konnten. Diese verliefen distalwärts zum Hu- merus und entstammten dem häufig erwähnten »Sehnenstrange«. Der freie Randtheil des Bandes wurde auch hier im Wesentlichen vom Latissimo- condyloideus gebildet. Der kleine Hylobates Mülleri, bei dem ich gehofft hatte, ganz be- sonders übersichtliche Verhältnisse des Septum vorzufinden, weil er ein so sehr Junges Exemplar war, hat mich in dieser Hinsicht ganz und gar enttäuscht, indem das Septum auch hier eine zarte, aber dicht gewobene Faserplatte darstellte, die ich nicht genauer zu analysiren vermochte und die dem Septum des alten Exemplares dieser Species auf’s Haar glich. Wie sich aus der soeben beendeten Aufzählung ergiebt und wie schon Eingangs bemerkt wurde, waren die in den verschiedenen Fällen vorge- fundenen Abweichungen äufserst geringfügiger und unwesentlicher Natur. ®° Die übrigen verliefen sich, wie schon erwähnt wurde, wenigstens theilweise auf der den Trieeps bedeckenden Fascie. Mm. biceps brachiü und latissimo-condyloideus. 29 Sie beeinflussen daher in keiner Weise die allgemeine Anordnung der beiden in Frage stehenden Muskeln, wie sie bei Hylobates javanicus beschrieben wurde. Wenn nun mit diesem meinen Befunde diejenigen meiner Vorgänger verglichen werden, so glaube ich, dafs sehr vielen älteren Angaben, mit denen die meinigen scheinbar nicht im Einklang stehen, die gleichen ana- tomischen Verhältnisse zu Grunde gelegen haben, wie sie in meinen Fällen sich vorfanden, dafs aber die betreffenden Autoren theils ihre Befunde an- ders interpretirt, theils die bez. Fälle unvollständig und einseitig beob- achtet und sie demgemäls beschrieben haben. In dieser Hinsicht ist zunächst die ältere Angabe von Vrolik, Huxley, Macalister, Chudzinski, dafs der »kurze« Bicepskopf von der Endsehne des Peetoralis major entspringe, zu erwähnen. Diese Angabe hat wahr- scheinlich ihren Ursprung in ähnlichen Befunden, wie ich sie beschrieben habe, und ist insofern zutreffend, als der Biceps ja offenbar zum Pectoralis major in Beziehung steht; allein erstens betrifft diese Angabe nur einen Punkt der eigenthümlichen Anordnung und ist also unvollständig (in Be- zug auf Vrolik s. noch weiter unten), und zweitens ist sie auch an und für sieh nicht exaet, denn der Bicepskopf entspringt nicht von der Pee- toralissehne, sondern einseitig von einem Sehnenstrange, der seinerseits vom Tubereulum minus entspringt, aber allerdings mit der Rückseite der Peetoralissehne verwachsen ist. Die Angabe von Bischoff, (Hartmann), Kohlbrugge und Chap- man, dafs der »kurze« Bicepskopf vom Tuberculum minus entspringe, kommt der Wahrheit schon nahe und ist in allen Fällen höchst wahr- scheinlich durch die Beobachtung der gleichen Anordnung, die ich be- schrieben habe, entstanden, denn zu dieser Anordnung gehört auch eine bestimmte Beziehung zwischen Biceps und Tubereulum minus. Aber der vom letzteren entspringende Sehnenstrang ist, wie ich dargelegt habe, mit seinem anderen Ende am Septum intermusculare mediale, bez. am Humerus befestigt, indefs die Bicepsbündel einseitig von ihm entspringen. Der Strang stellt also keineswegs, wie die erwähnten Autoren geglaubt haben, eine Muskelursprungssehne dar; er geht nicht, wie eine solche und wie ihn Kohlbrugge abgebildet hat”, etwa in einen spindelförmigen Muskelbauch 5” Kohlbrugge 1890, Taf. XIX, Fig.ro. Wenn diese Muskelportion, wie die Ab- bildung darstellt, mittels einer wirklichen Ursprungssehne vom Tubereulum minus entspränge, 30 H. Grönroos: über; vielmehr vertritt er hier gleichsam als Muskelursprung die Stelle eines Skelettheiles. Aufserdem haben die erwähnten Autoren, aufser Kohl- brugge, die Bicepsursprünge vom Zwischenmuskelbande übersehen, wäh- rend Kohlbrugge sie als vom Humerus kommend angiebt. Owen läfst den »inneren« Bicepskopf von der Crista tubereuli majoris, Keith in unbestimmter Weise vom Rande des Sulcus intertubereularis, Hepburn von den Rändern des oberen Theiles dieses Suleus entspringen. Auch diese Angaben lassen sich aus dem thatsächlichen Verhalten leicht ableiten, nur ist nicht zu verkennen, dafs der Zusammenhang des bekannten »Sehnenstranges« mit der Crista tuberculi majoris ein secundärer ist und durch quer verlaufende Fasern (eine Ausbreitung der Pectoralissehne) ver- mittelt wird, während die Längsfasern des Stranges, wenigstens in der Hauptsache, vom Tuberculum minus kommen. Hierher gehört auch die Angabe Hartmann’s, dafs dieser Strang (bez. nach Hartmann der »kurze« Bicepskopf) »von der Gräte des kleinen Höckers« entspringe. Den Ursprung des Biceps vom Septum intermusculare me- diale hat offenbar schon Vrolik vor sich gehabt, jedoch anders aufge- fafst, indem er den Muskel längs dem medialen Rande des Humerus herab- steigen und sich dort, bis in geringe Entfernung vom Epicondylus medialis, befestigen läfst. Auch Broca dürfte diesen Bicepsursprung beobachtet haben; indessen würde man nach der Darstellung Herve’s” die Vorstellung ge- winnen, dafs es sich in dem Falle Broca’s nur um eine vereinzelte kleinere so würde ihr Ursprung discontinuirlich bez. der »kurze« Bicepskopf selbst zweiköpfig sein. Denn bis zu der Stelle, wo die »mediale« Portion sich der am Tubereulum minus entsprin- genden anschlösse, würde diese letztere: Portion einen freien medialen Rand besitzen, und das ist in Kohlbrugge’s Abbildung in der That der Fall. Darin liegt ein sehr grolser Unterschied im Vergleich mit meinem Befunde, wonach der Ursprung des Caput tubereulo- septale durchaus eontinuirlich ist und der proximale Abschnitt dieses Muskelkopfes nirgends einen freien medialen Rand besitzt, sondern der mediale Rand überall Ursprungsrand ist. 55 Wie ich schon angeführt habe, giebt Herv& (1883, p.44—45) an, die von ihn eitirtte Aussage Broca’s in der Vorlesung des letzteren über anatomische Anthropologie (1879— 1880) nachgeschrieben zu haben. Sonderbarerweise findet sich genau das gleiche wörtliche Citat — nur das bei Herve gebrauchte Wort »l’omoplate« ist gegen »le scapu- lum« vertauscht und einige wenige Worte sind eingeschaltet — bei Ledouble (1897, T.Il, p. 43). Dieser Autor aber giebt an, das Citat aus Broca’s »Les primates« entliehen zu haben. In der angedeuteten grolsen Arbeit von Broca (1869) ist jedoch diese Stelle nicht zu finden, vielmehr bemerkt Broca selbst (p. 311), dals er nur von zwei Affen, einem Schimpansen und einem Pavian, die Musculatur untersucht habe. Mm. biceps brachü und latissimo -condyloideus. 31 Muskelportion (etwa einige Bündel) gehandelt habe. In den von Kohl- brugge beobachteten Fällen ist die von der medialen Seite des Oberarmes kommende Bicepsportion ebenfalls vorhanden gewesen, obwohl Kohlbrugge ihren Ursprung auf den Humerus verlegt hat. Hepburn endlich hat die septale Ursprungsportion in seinem Falle nicht nur vorgefunden, sondern auch richtig erkannt und angegeben. In diese Kategorie von früheren Beobachtungen gehört noch die von Bischoff gemachte Angabe, dafs der Biceps durch den Insertionstheil des Pectoralis major trete. Wie ich oben dargelegt habe, ist dieser Durch- tritt nur ein scheinbarer; indessen ist das thatsächliche Verhalten der beiden Muskeln derartig, dafs es jene Vorstellung erwecken kann. Während ich in den bisher angeführten älteren Angaben, so abwei- chend sie theilweise auch von den meinigen aussehen mögen, doch die gleichen anatomischen Verhältnisse wie in meinen Fällen wiedererkenne oder zu erkennen glaube, so finden sich doch auch Angaben über den Ursprung des Biceps, die in keiner Weise von dem oben geschilderten Befunde abgeleitet werden können. Hierher gehört in erster Linie der von Bischoff, Deniker, Kohlbrugge und Keith beobachtete, vom Proe. coracoides entspringende Bicepskopf. Nach Keith würde dieser Ursprung des Caput »breve« die normale Anordnung, der Ursprung vom Rande des Suleus intertubercularis dagegen eine Ausnahme darstellen. Indessen giebt Keith nicht an, ob er diesen coracoidalen Bicepskopf wirklich in mehre- ren Fällen beobachtet hat. Andererseits war diese Portion in dem Falle Bischoff’s nur an dem einen Arm vorhanden und auch hier sehr schwach. Deniker fand den Muskel ebenfalls sehr schwach, so zwar, dafs der Biceps beinahe nur durch den langen Kopf dargestellt wurde. Kohlbrugge traf den coracoidalen Bicepskopf unter seinen 3 Fällen einmal an, und mir selbst ist in keinem von meinen ıı Fällen auch nur die geringste Andeutung davon begegnet. Ich mufs daher den vom Proc. coracoides entspringenden Bicepskopf als eine bei den Hylobatiden nur ausnahmsweise auftretende accessorische Portion des Muskels auffassen. Und ich vermuthe, dafs auch Keith diese Anordnung in der That nur einmal angetroffen und sie ledig- lich ex analogia mit der beim Menschen vorhandenen als die normale hin- gestellt hat. Der Umstand aber, dafs in den von Bischoff und Kohl- brugge beobachteten bez. Fällen der coracoidale Kopf gleichzeitig mit dem »tuberculo-septalen« vorhanden war, ist bemerkenswerth. Denn dieses gleich- 32 H. GrRönRoos: zeitige Bestehen der beiden Ursprungsportionen weist darauf hin, dafs man es hier nicht mit einem Muskelgebilde zu thun hat, dessen Ursprung etwa von Fall zu Fall willkürlich wechseln könnte, sondern mit zwei verschie- denen Gebilden, von denen zwar, selbst in der ersten Anlage, in der Regel nur eins zur Entwickelung gelangt, und zwar beim Menschen das eine (der coracoidale Kopf), bei Hylobates das andere (der tubereulo-sep- tale Kopf), die aber gelegentlich auch beide neben einander bestehen können. Hierher gehört möglicherweise auch die schon erwähnte Angabe Kohl- brugge’s, wonach die von der medialen Seite des Oberarmes kommende Bicepsportion, welche die Gefäfs- und Nervenstämme überbrückt und ver- deckt, nicht vom Septum intermusculare entspringt, sondern ihre Fasern vom Humerus, unmittelbar neben dem Septum beziehen soll. Die Mög- lichkeit läfst sich nicht von der Hand weisen, dafs die Ursprünge dieser Portion gelegentlich eine Verschiebung vom Septum aus oder über das Septum hinaus auf den diesem benachbarten Humerusrayon erfahren haben könnten. Aber der Umstand, dafs eine solche Anordnung des Muskels in keinem einzigen von meinen elf Fällen vorhanden war, während andererseits Kohlbrugge sie in allen seinen Fällen antraf, läfst es mir etwas zweifelhaft erscheinen, ob in Kohlbrugge’s und in meinen Fällen wirklich eine that- sächlich verschiedene Anordnung dieser Muskelportion vorgelegen hat. Es kommt mir vor, als könnte es sich hierbei lediglich um eine abweichende Auslegung eines an und für sich gleichen Befundes handeln. Es will mir fast scheinen, dafs Kohlbrugge, von der Idee und dem Bestreben ge- leitet, das Septum intermusculare mit der Endsehne des Latissimo-condy- loideus zu identificiren, den Ursprung der Bicepsfasern bis zum Humerus verfolgen zu können geglaubt hat. Dafs indessen dieser mediale Biceps- kopf in der Regel vom Septum intermusculare entspringt, kann nicht dem geringsten Zweifel unterworfen sein. Man kann sich in mehrfacher Weise davon überzeugen, dafs die Bicepsbündel nicht nur nicht vom Humerus kommen, sondern selbst am Septum den basalen, dem Humerus zunächst liegenden Abschnitt frei lassen. Wenn man von der lateralen Seite her zwischen Biceps und Brachialis internus eindringt, sie von einander stumpf isolirt und die zum Biceps tretenden Gefäls- und Nervenzweige opfert, so gewinnt man zuletzt einen guten Überblick über die Vorderseite des un- versehrten Septum und erkennt sogleich, dafs die Bicepsbündel eine ziem- Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 33 lich breite basale Zone des Septum frei lassen.” Befreit man nun diesen basalen Theil des Septum vorsichtig von etwa ansitzendem Fett u. dergl.”, so erkennt man in günstigen Fällen (s. oben bei Hylobates javanicus und Gibbon, im Gegensatz zu Hylobates Mülleri), dafs die Vorderseite des Ban- des im Wesentlichen durch schräg distalwärts zum Humerus ver- laufende Fasern dargestellt wird. Diese können nicht als Ursprungssehnen- fasern des Biceps, die ja distalwärts vom Humerus aufsteigen mülsten, aufgefafst werden. Aber selbst die spärlichen, distalwärts vom Humerus aufsteigenden Sehnenfasern, die auch hier vorzukommen scheinen, stellen keine bieipitalen Ursprungssehnenfasern dar. Denn wenn man etwas ener- gischer von der Vorderfläche des Zwischenmuskelbandes alles losschabt, was nicht »niet- und nagelfest« ist, bis schliefslich nur etwa eine feste, zusammenhängende, nicht analysirbare Faserplatte zurückbleibt, und selbst wenn man zu energisch vorgeht, so dafs der basale Theil des Septum künstlich gefenstert wird, so bleiben dennoch sämmtliche Bicepsursprünge unversehrt an den Randpartien des Bandes sitzen. Ja, wenn man noch dazu die tiefsten am Septum entspringenden Muskelursprünge durchtrennt, so wird man überrascht, mitten in der Ursprungszone dieser Bicepsportion lange und starke, dem Septumrande entlang verlaufende, sehnig glänzende Fasern zu entdecken, von denen die oberflächlicheren Bicepsbündel in ge- schlossenen Reihen entspringen. Dieses Verhalten ist in meiner Fig. 5, wie ich glaube, in einwandsfreier und unzweideutigster Weise zu er- kennen, zugleich lassen sich in der Abbildung wie in Wirklichkeit diese Längsfasern rückwärts bis in den vom Tuberculum minus entspringenden Sehnenstrang hinein verfolgen. In Bezug auf den Ursprung des »langen« Bicepskopfes divergiren die früheren Angaben, soweit die bez. Autoren sich darüber geäufsert haben, nicht von den meinigen. Auch in Bezug auf die Insertion des Biceps erscheinen mir die Ab- weichungen der früheren Angaben zu geringfügig, um hier weiter berück- »° Distalwärts verschmälert sich allerdings diese Zone allmählich; hier kommen die Bicepsursprünge dem Humerus zum Theil recht nahe, so dafs es mir weniger undenkbar erscheint, dafs am distalen Abschnitte des Oberarmes einzelne Bündel möglicherweise auch am Humerus entspringen könnten; doch habe ich dieses Verhalten nie zu Gesicht bekommen und halte es auch für sehr unwahrscheinlich (vergl. Fig. 5). ‘° Dies lälst sich an Exemplaren, welche, wie die von mir bearbeiteten, längere Zeit in Spiritus aufbewahrt worden sind, sehr leicht bewerkstelligen. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. TI. 5 34 H. Grönroos: sichtigt zu werden. Es sei nur noch bemerkt, dafs schon Kohlbrugge die Beziehungen des Biceps, d.h. seines ulnaren Ansatzzipfels, zu jenem am Epieondylus medialis entspringenden und auf den epiecondylo-ulnaren Muskeln verlaufenden sehnigen Streifen erkannt hat.” Was den M. latissimo-condyloideus anlangt, dürften, ebenso wie beim Biceps, verschiedene ältere Angaben sieh mit den meinigen in Ein- klang bringen lassen, obwohl sie eigentlich etwas abweichend lauten. Bischoff läfst z. B. den Muskel nur bis zur Mitte des Oberarmes herab- reichen. Diese Angabe ist, wenn man nur den fleischigen Theil des Muskels betrachtet, zutreffend, und dies hat wohl Bischoff gemeint. Im Übrigen ist Bischoff’s Angabe durch die gleichzeitige Erwähnung anderer Affen unklar geworden. Hartmann und Hepburn lassen den Muskel an das Septum inter- musculare mediale inseriren, haben aber die Beziehung zum Epieondylus medialis übersehen. Diese wird von Hepburn sogar bestimmt in Abrede gestellt. Dennoch dürften die beiden Autoren den gleichen anatomischen Zustand vor sich gehabt haben, den ich beschrieben habe. Bei meinem Hylo- bates javanieus ist ebenfalls der freie Randtheil des Septum, welcher grofsen- theils von der Latissimussehne gebildet wird und sich bis zum Epieondylus erstreckt, sehr gering entwickelt. Vielleicht haben die beiden erwähnten Forscher diese Species oder sonst eine ähnliche Anordnung vor sich gehabt. Am linken Arm des von Deniker untersuchten Hylobates-Fötus verlor sich der Muskel oder vielmehr seine Endsehne etwa an der Mitte des Ober- armes in dessen Fascie. Dieser Zustand läfst sich möglicherweise von dem »normalen« ableiten. Es wurde bemerkt, dafs in verschiedenen Fällen (s. S. 27) an der Sehne eine Verbreiterung nach hinten und ein Ausstrahlen ihrer Fasern in die den M. triceps bedeckende Fascie zu sehen war. Es erscheint denkbar, dafs dies Verhalten weiter ausgebildet werden und schliefs- lich die ganze Endsehne des Muskels betreffen könnte, so dafs die Bezie- hungen zum Septum und zum Epicondylus wegfielen. Am rechten Arm waren in dem Falle Deniker’s die Beziehungen sowohl zum Septum wie zum Epicondylus vorhanden. 6ı Es erscheint mir nebensächlich, dafs Kohlbrugge dieses »Ligamentum inter- musculare« zwischen die Mm. pronator teres und flexor carpi radialis verlegt, während ich im Allgemeinen den letzteren Muskel weniger, dagegen hauptsächlich den Flexor digi- torum sublimis betheiligt fand. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 35 Auch bei Kohlbrugge ist dies der Fall gewesen; jedoch hat Kohl- brugge die Verhältnisse anders ausgelegt. Die Insertion des Muskels fin- det nach Kohlbrugge am Humerus statt, und zwar von dessen mittlerem Drittel an »längs dem ganzen distalen Theile dieses Knochens bis zum Condylus internus«. Dabei soll die Sehne des Muskels nicht etwa an dem Septum intermusculare inseriren, sondern vielmehr selbst das Septum dar- stellen, indefs die an diesem Septum wahrnehmbaren, vom Humerus distal- wärts verlaufenden, sehnigen Fasern gar nicht zum Septum gehören, sondern lediglich ihm angeschlossene, am Humerus entspringende Ursprungsfasern der Mm. biceps und triceps seien. Aufser der Sehne des Latissimo-condy- loideus soll dagegen bei Hwylobates kein weiteres (selbständiges) Septum intermusculare mediale existiren. Dafs diese Auffassung in Bezug auf den Biceps unhaltbar ist, wurde bereits dargelegt. Davon aber, dafs die in Frage stehenden, vom Humerus distalwärts verlaufenden Fasern des Septum, wenigstens zum gröfsten Theile, auch keine Ursprungsfasern des Triceps darstellen, kann man sich in folgender, allerdings etwas mühsamen Weise überzeugen. Man macht an der Hinterseite des Oberarmes einen tiefen Längsschnitt durch den Triceps bis auf den Knochen und zupft sodann nach und nach den ganzen medialen Theil des Muskels, Bündel für Bün- del, weg, bis man schliefslich das isolirte Septum vor sich hat. Man er- kennt hierbei, dafs die vom Septum kommenden Bündel, dicht aneinander- gereiht, von den sehnigen Fasern des Septum entspringen etwa wie die Fahne einer Feder von dem Kiel; nur bleiben sie zunächst den Septum- fasern eng angeschlossen und behalten somit — um im Bilde zu bleiben — die gleiche Verlaufsrichtung wie der »Federkiel« selbst. Nun ist zuzu- geben, dafs im Laufe dieser Manipulation wohl hier und dort eine kleine Auffaserung des Septum zu Stande kommt, und manches feine, sehnige Fäserchen beim Zupfen mit weggerissen wird. Aber ob diese Erscheinung so zu deuten ist, dafs diese Fäserchen nun im eigentlichen Sinne Ursprung- sehnenfasern der Tricepsfasern wären, erscheint mir höchst zweifelhaft. Denn erstens entspringen die vom Humerus kommenden Bündel des Caput mediale trieipitis sämmtlich fleischig, weshalb es mir wahrscheinlicher vorkommt, dafs dieser Ursprungsmodus auch bei den septalen bez. dem Septum benachbarten Bündeln realisirt ist. Zweitens sind die beim Zupfen mit abgehenden Fäserchen äufserst fein und zart im Vergleich mit den am Septum wahrzunehmenden Fasern, weshalb es mehr den Eindruck macht, b) 36 H. GrÖNRrRoos: dafs es sich hierbei lediglich um eine Auffaserung der an und für sich stärkeren Septumfasern handle, bedingt durch das gewaltsame Losreilsen der septalen Trieepsbündel von ihrer Ursprungsstelle, eben den Septum- faseın. Eine solche Folge des gewaltsamen Losreifsens der Muskelbündel kann ja nieht Wunder nehmen, zumal natürlich auch die Septumfasern etwas macerirt sind. Für meinen Theil habe ich mich also nicht davon über- zeugen können, dafs diese Fasern im obigen Sinne Ursprungssehnenfasern der Tricepsbündel darstellen bez. dafs die »septalen« Tricepsbündel im Gegen- satz zu den übrigen sehnig entspringen. Jedoch möchte ich auch nieht mit absoluter Bestimmtheit die Möglichkeit eines solchen Verhaltens in Abrede stellen, besonders solange ich kein frisches Untersuchungsmaterial zum Ver- gleich habe heranziehen können. Dem sei aber wie ihm wolle, es wirkt auf die Septumfrage dennoch nicht ein. Denn wenn man, unbekümmert um den sehnigen oder fleischigen, septalen oder humeralen Ursprung der Trieepsfasern, diese einfach wegzupft und die hierbei etwa mit losgerisse- nen sehnigen Fäserchen ebenfalls beseitigt, so bleibt zuletzt doch eine seh- nige Platte übrig, die nach sorgfältigem Zupfen eine einigermafsen glatte Oberfläche behält und, von der hinteren oder Tricepsseite betrachtet, vor Allem ein System von Fasern zeigt, welche von der Humeruskante aus distalwärts verlaufen (Fig. 6). Diese Fasern endlich können wohl nicht mehr als Ursprungssehnenfasern der nunmehr beseitigten Tricepsfasern an- gesprochen werden; ebenso wenig sind sie Latissimo -econdyloideus-Fasern, da ja diese distalwärts zum Humerus verlaufen müfsten; sie stellen eigene Fasern des Septum dar und lassen sich in geeigneten Fällen in reichlicher Menge bis zum Epieondylus medialis verfolgen (vergl. das auf S. 27 über Hrylobates Gibbon Angeführte‘”). Immer aber ist der proximale Anfang des Zwischenmuskelbandes in der schon auf S. 22 beschriebenen Weise als selbständiges Gebilde zu erkennen (vergl. Fig. 5 und 6). Zu die- sen eigenen Fasern des Zwischenmuskelbandes im engeren Sinne gesellen 62 Ich bedaure, dafs das in dieser Hinsicht instructivste von meinen Objecten, das Septum intermusculare des Hylobates Gibbon, nicht photographirt werden konnte, weil hier unter Anderem die zum Epicondylus medialis verlaufenden eigenen Septumfasern sehr stark waren und klar dargestellt werden konnten. Indessen war, ehe ich mit der Analyse des Septum fertig werden konnte, das Präparat beiderseits schon zu arg zugerichtet, die Muskeln und theilweise auch das Septum selbst zerfetzt worden u.s. w., so dals eine photographische Aufnahme nicht melır in Betracht kommen konnte. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 37 sich weiter die stärksten Bestandtheile des definitiven Bandes, die mäch- tigen Fasern des vom Tuberculum minus entspringenden Sehnenstranges. Diese Fasern sind stets aufzufinden und zwar auf der Vorderseite des Ban- des und innerhalb der septalen Bicepsursprünge. Auch in Fig. 5 sind sie deutlich unterscheidbar. Andererseits aber wurde schon hervorgehoben, dafs die Sehne des Latissimo-condyloideus hauptsächlich nur den freien Randtheil des Septum darstellt und als solcher bis zum Epieondylus medialis sich erstreckt, wäh- rend dagegen zum Humerus verlaufende Fasern dieser Sehne, welche als Bildner des Septum im Sinne Kohlbrugge’s in Betracht kommen könnten, entweder gar nicht nachweisbar waren (Hylobates javanieus u. a.) oder höch- stens in so spärlicher Menge und so schwacher Ausbildung vorkamen, dafs sie nicht einmal zweifellos als solche identifieirt werden konnten (Hylobates Gibbon).“” Ehe die Darstellung der in Frage stehenden Muskeln der Hylobatiden zum Abschlufs gebracht wird, sei noch ein Versuch gemacht, in wenigen Worten ein einheitlicheres und übersichtlicheres Bild von den Hauptzügen der vorliegenden, eigenthümlichen Einrichtung zu entwerfen, als dies bei der Besprechung der einzelnen Punkte möglich war. Hierbei sei in erster Linie an jenen kräftigen, sehnigen Strang erinnert, der am Tubereulum minus entspringt, mit der sehnigen Rückfläche des Pectoralisansatzes verwachsen ist und sodann zum Septum intermusceulare mediale zieht, um als ein Hauptbestandtheil dieses Bandes allmählich zur medialen Humeruskante auszustrahlen (Fig. 2, ı und 5). Von diesem Strange und von seiner Fortsetzung, dem Sep- tum intermusculare mediale, entspringen nach der lateralen Seite hin in vollkommen ununterbrochener Folge die Bündel des einen Bicepskopfes, des daher sogenannten »Oaput tuberculo-septale«. 6 Ich würde dem Zwischenmuskelbande keine so ausführliche Darstellung und Aus- einandersetzung gewidmet haben, wenn nicht Kohlbrugge aus seiner Theorie, dals bei Hylobates kein selbständiges Septum intermusculare mediale existire, sondern ein solches lediglich durch die zum Humerus tretenden Insertionsfasern des Latissimo - condyloideus her- gestellt werde, morphologische Schlulsfolgerungen in Bezug auf das Septum intermusculare mediale des Menschen abgeleitet hätte. Auf diese Schlulsfolgerungen wird noch kurz zurück- zukommen sein. 38 H. Grönroos: Dieses stellt demnach eine durchaus einheitliche und einheitlich entspringende Muskelplatte dar (Fig. ı und 2). Andererseits inseriren an denselben Sehnenstrang, bez. an seine Fortsetzung, das Septum intermuseulare, von der medialen Seite her einige Pectoralisbündel und vor Allem der M. latissimo- condyloideus. Und zwar gelangt der letztere Muskel gröfsten- theils an dem »frei« verlaufenden Abschnitte des Sehnenstranges, zwischen dem Pectoralisrande und dem Zwischenmuskelbande, zur Insertion. Dieser Theil des Stranges gewinnt daher den Charakter einerZwischensehne oder Inscriptio tendinea zwischen Latissimo- condyloideus und Gaput tubereulo-septale bieipitis (Fig. ı und 2). Ebenso wie der mediale Ursprungstheil des Biceps überall von sehnigen Gebilden entspringt, so inserirt der ulnare End- zipfel des Muskels, dem im Wesentlichen das ganze Caput tuber- culo-septale zufällt, auch wieder an ein sehniges Gebilde, wel- ches nur mit einem Ende am Skelet (Epicondylus medialis) be- festigt ist. Von diesem Sehnenstreifen entspringen andererseits Vorderarmmuskeln, vor Allem der M. flexor digitorum sublimis. Auch dieser Sehnenstreif stellt somit gewissermafsen eine In- seriptio tendinea zwischen Biceps und Flexor digitorum sub- limis dar (Fig. 3). Zieht man weiter in Betracht, dafs auch der M. latissimo -condyloideus nicht etwa von einem Skelettheile, sondern, durch Vermittelung einer sehnigen Zwischenzone, vom Latissimus dorsi entspringt, so ist es leicht, das durchgreifende Princip der vorliegenden Muskelanordnung herauszu- finden. Es sind Muskeln durch zwischengelagerte sehnige Ge- bilde zu einer Kette aneinandergereiht, so dafs sie gegebenen Falles als ein Ganzes zusammenwirken und dann einen kräftigen, zugleich aber doch etwas nachgiebigen oder federnden Apparat bilden. Nur die End- glieder der Kette (Latissimus dorsi und Vorderarmmuskeln) sind am Skelet befestigt, indefs die mittleren Glieder lediglich zwischen die ersteren bez. zwischen sehnige Gebilde eingeschaltet sind. Es wird nun zu prüfen sein, unter welchen Umständen diese Muskelkette in Thätigkeit tritt und welcher Effect dabei erzielt wird. Die Action des Latissimo-condyloideus setzt natürlich (wie bei jedem Muskel) voraus, dafs sein Ursprung fixirt ist. Es mufs also der M. latissimus Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 39 dorsi angespannt sein. Dies ist der Fall, wenn der Arm im Schulter- gelenk stark gehoben wird. Wenn man nach oder bei der Präparation der betreffenden Muskeln an einem Hylobates- Arm diesen in die erwähnte Stellung bringt und zugleich streckt, so gewinnt man einen guten Über- blick über die vorhin besprochene Muskelkette. Der M. latissimus dorsi ist angespannt, desgleichen der Latissimo-ceondyloideus, der Biceps und die Vorderarmmuskeln. Und zwar erkennt man, dafs bei dieser Stellung des Armes jedes folgende Glied dieser Muskelkette durch die Richtung seiner Fasern gleichsam die direete Fortsetzung des vorhergehenden Gliedes darstellt.‘ Dies ist also offenbar die Stellung, worin die eigenthümliche Muskelkette verwerthet wird. Fragt man sich nun, ob denn die Hylobatiden für ihren Arm in der erwähnten Stellung eine specielle Verwendung haben, die etwa bei den übrigen Affen nicht vorläge und die besondere Anforderungen an die Musculatur stellte, wodurch speeifische Einrichtungen, wie die beschriebene, erforderlich oder besonders nützlich würden, so ergiebt sich hierfür, wie mir scheint, allerdings eine bejahende Antwort. Die Hylobatiden zeichnen sich vor fast allen übrigen Affen u. A. durch eine geradezu phänomenale Fähigkeit, weite Sprünge von Baum zu Baum zu machen, aus. Von den in Freiheit lebenden Thieren wird angegeben, dafs sie bis zu I0—ı2" weit springen; selbst in der Gefangenschaft hat man sicher 6” weite Sprünge constatirt.° Dabei erfalst das Thier, wie Brehm beschreibt, während des kräftigsten Dahinschiefsens mit einer seiner Hände einen Zweig und zieht mit einem Rucke die Fülse zu gleicher Höhe empor u. s. w. Beim Festhalten des erfafsten Astes muls der Arm unvermeidlich, schon passiv vermöge der Schwere und Trägheit des in schneller Bewe- gung befindlichen Körpers, in die vorhin erwähnte Stellung gebracht werden. Und es erscheint durchaus einleuchtend, dafs das plötzliche Fest- halten mitten während eines viele Meter weiten Sprunges sowie das gleich darauf mit einem Rucke einsetzende Emporschnellen des Körpers aufser- ordentliche Anforderungen an die Musculatur und die damit zusammen- hängenden Organsysteme stellen mufs. Der Gedanke liegt sehr nahe, dafs, wenn der Biceps hier vom Processus coracoides rer dieser schmächtige 6 Dies lälst sich auch schon bei ae Stellung des Armes an beiden Enden = Caput tuberculo-septale bieipitis erkennen (vergl. Fig. 1—3). 65 Vergl. Brehm’s Thierleben, III. Aufl., 1. Bd., 1890, S. 106 — 107. 40 H. GröNnRoos: Skelettheil bei der Einwirkung einer derartigen Gewalt gar leicht abge- sprengt werden könnte oder sogar müfste.” Es mufs jedenfalls aufser- ordentlich zweckmäfsig erscheinen, dafs erstens die bei jenen Sprüngen zu Stande kommende ungeheure Zerrung durch den ausgedehnten Ursprung des Caput tuberculo-septale bieipitis vertheilt und durch die federnde An- ordnung dieses Ursprunges sowie der ganzen Muskelkette abgeschwächt wird, und dafs ferner durch Vermittelung des Latissimo-condyloideus ein gewisser Theil der Zerrwirkung vom Latissimus dorsi übernommen wird und sich auf dessen ganzes Ursprungsgebiet vertheilt. Aber wenngleich die nahezu fabelhafte körperliche Gewandtheit und die verhältnifsmäfsig enormen Kraftleistungen dieser Affen zur Genüge be- weisen, dafs diese in der erwähnten Weise ihre nun einmal bestehende eigenthümliche Organisation in ausgiebigstem Mafse auszunutzen verstehen, so ist damit jedoch keine Erklärung für die ursprüngliche Entstehung dieser anatomischen Einrichtung gewonnen, zumal die Fähigkeit, derartige weite Sprünge auszuführen, nicht unbedingt an eine ähnliche anatomische Organisation geknüpft ist. Es giebt nämlich immerhin noch einige Affen, welche, wenn auch nicht in dem Mafse wie die Hylobatiden, diese Fähig- keit besitzen. Es kommen hierbei vor Allem die Colobus-Arten in Betracht. Bei diesen aber besteht von der besprochenen eigenthümlichen Muskel- anordnung der Hylobatiden keine Spur. Dafs in der beschriebenen anatomischen Einrichtung der Hylobatiden ein Fall von eigenthümlicher speeifischer Anpassung zu erblicken ist, kann wohl nicht zweifelhaft sein. Indessen mufs zugegeben werden, dafs eine befriedigende und stichhaltige, etwa auf mechanisch -functionelle Momente sich stützende Erklärung für die phylogenetische Entstehung dieser eigen- thümlichen Einrichtung zur Zeit ebensowenig sich erbringen läfst, wie eine rein morphologische. Im Zusammenhang mit der Besprechung der functionellen Seite der in Frage stehenden Muskeln sei noch der von Deniker wie von Kohl- brugge gemachten Angabe gedacht, dafs der Biceps der Hylobatiden zu kurz sei, um eine vollständige Streckung des Vorderarmes zu gestatten. Es würde dies ebenfalls eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit dieser 66 Eine derartige Vorstellung ist, wie gleich dargelegt werden soll, dennoch nicht zutreffend. Mm. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 41 Affenform darstellen. Indessen dürfte diese Angabe irrthümlich sein. Aller- dings war fast an allen von mir untersuchten Exemplaren eine ziemlich ausgesprochene Flexion der Vorderarme vorhanden. Aber bei Anwendung einer mäfsigen Gewalt gelang die Streckung doch nahezu in allen Fällen. Ja, bei dem kleinen Hylobates Mülleri konnte ich schon mit schwacher Ge- walt sogar einen geringen Grad von Dorsalflexion des Vorderarmes erzielen. Der eine Arm des untersuchten Hylobates javanicus aber war, offenbar in Folge der räumlichen Verhältnisse, worin das Exem- plar aufbewahrt wurde, von vorn herein kerzengerade gestreckt. Andererseits läfst sich in vielen Fällen ein derartiger Contraetionszu- stand von Leichenmuskeln beobachten, dafs man mit dem gleichen Recht oder vielmehr Unrecht, wie in dem vorliegenden Falle, die betreffenden Muskeln als zu kurz bezeichnen müfste. Dies habe ich z. B. an dem Biceps eines Schimpansen beobachtet, ferner an den Fingerbeugern nicht nur aller in Spiritus aufbewahrten Hylobatiden u. s. w., sondern auch eines kurz vor der Untersuchung gestorbenen Orangs. Und doch würde es wohl sehr verfehlt sein, wollte man in allen diesen Fällen eine wirkliche zu grolse Kürze der Muskeln annehmen.” Vielmehr handelt es sich hier wie bei dem Biceps der Hylobatiden offenbar lediglich um eine durch das lange Verweilen in den Üonservirungsflüssigkeiten erworbene cadaveröse Er- scheinung. 67 Wilder (1861, S. 364) gab in der That für seinen Schimpansen an, der tiefe Finger- beuger sei zu kurz, um die gleichzeitige Streckung von Hand und Fingern zu gestatten. Aber schon am Schlusse desselben Artikels findet sich ein Nachtrag, worin Wilder mit- theilt, er habe nunmehr Gelegenheit gehabt, einen lebenden Schimpansen zu beobachten, und müsse seine Angabe über den Fingerbeuger nebst den daran geknüpften Betrachtungen wider- rufen, da der lebende Scehimpanse seine Hand und Finger ebenso gut strecken bez. dorsal flectiren könne wie der Mensch. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. I, 6 42 H. Grönroos: I. Abtheilung. Der Musculus latissimo-condyloideus bei den Anthropoiden und dem Menschen. Der M. latissimo-condyloideus entspringt anscheinend in allen Fällen, wo er vorkommt, ungefähr an demselben Orte, wie bei den Hylo- batiden, d.h. vom Latissimus dorsi, etwa an der Stelle, wo dessen Muskel- bauch in die Endsehne übergeht. Es sind dann in einzelnen Fällen (bei An- thropoiden““) noch schwache Ursprungsbündel dieses Muskels von dem Proe. coracoides oder dem M. coracobrachialis, auch vom Humerus notirt wor- den, die aber hier nicht weiter berücksichtigt werden sollen. Bedeutendere Differenzen zeigt der Muskel in Bezug auf seine Insertion, die daher ein gröfseres Interesse und der Vergleichung bessere Anhaltspunkte darbietet als sein Ursprung. Über die Insertionsverhältnisse des Muskels bei den Anthropoiden liegen recht zahlreiche, allerdings gröfstentheils sehr kurz- gefalste Angaben vor. Was den Orang betrifft, so inserirt der M. latissimo -condyloideus nach Hepburn®”, Fick” und Primrose” an das Septum intermuseulare mediale. In diesem Sinne ist wohl auch die Angabe Chapman’s’” zu verstehen, wonach die Endsehne des Muskels vom Nervus ulnaris durchbohrt wird und den medialen Epieondylus kaum erreicht, desgleichen die von Hart- mann’ gemachte Angabe, dafs der Muskel sich mit dem dreiköpfigen und dem inneren Armmuskel verband. Auch Beddard’s”* Beschreibung, dafs 6% Duvernoy (1856, p.80) hat dieses Bündel beim Gorilla (oder beim »Magot«?), Hartmann (1883, S.ı55 und 156) beim Gorilla und Orang, Gratiolet et Alix (1886, p-157) beim Schimpansen angetroffen. Ein ähnliches Muskelbündel wurde von Church (1861, p.514) beim Orang beobachtet. % Hepburn 1892, p.159. I Bick 1805, 1, S.20; 2, 8.208. "ı Primrose I9oo, S. 21. 2 Chapman 1880, p.162. ’3 Hartmann 1883, S.156. ”% Beddard 1895, p. 206. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 45 die Endsehne des Muskels am distalen Abschnitt des Oberarmes sich an den Humerus befestige und dafs hier einige Bündel der Mm. triceps und brachi- alis von der erwähnten Sehne entspringen, gehört hierher. Endlich darf 75 hierzu wohl auch die Angabe von Duvernoy” gezählt werden, wonach der am Epieondylus medialis sich inserirende Muskel am distalen Drittel des Oberarmes mit dem medialen Rande des Biceps verbunden war. Bischoff" läfst den Muskel beim Orang ganz zum Epicondylus medialis treten, Church” giebt als Insertionsort die Armfascie und das Olecranon an; endlich beobach- tete Fick” in einem Falle neben der Insertion an das Zwischenmuskel- band den Übertritt einer fleischigen Portion des Muskels zur Hauptsehne des Triceps. In dem von Hepburn beobachteten Falle erreichte die Inser- tion des Latissimo-condyloideus nicht, in dem Falle Chapman’s »scarcely« den medialen Epicondylus. Bei zwei von mir untersuchten Orangs entsprang der M. latissimo- condyloideus von der Unterseite des Latissimus dorsi an der Stelle, wo dessen Muskelbauch in die Endseline überging. Der M. teres major war hier noch nicht mit der Latissimussehne verschmolzen und hatte mit dem M. latissimo-condyloideus nichts zu thun. Von seinem Ursprung aus er- streckte sich der Muskel als fleischiges Band längs der medialen Seite des Oberarmes hinab bis an die Grenze zwischen dem dritten und vierten Viertel des letzteren. Hier hörte der Muskelbauch etwas abgerundet auf und ging in eine Endsehne über, deren Insertion sich in den beiden Fällen etwas verschieden verhielt. Jedoch erstreckte sich die Endsehne in beiden Fällen zum Epicondylus medialis, wo die letzte Insertion stattfand; zugleich be- standen aber sehr ausgesprochene Beziehungen zum medialen Zwischen- muskelbande. In dem einen Falle trat nämlich die Endsehne des Latissimo- eondyloideus am distalen Viertel des Oberarmes an die mediale Humerus- kante und befestigte sich dort, jedoch den N. ulnaris überspringend, bis zum Epicondylus. In diesem Falle wurde der distale Theil des Septum intermuseulare mediale deutlich aus zwei Lamellen gebildet, von denen die hintere hauptsächlich aus distalwärts zum Humerus verlaufenden Fasern bestand, welche vom M. latissimo-condyloideus stammten, indefs die vordere '5 Duvernoy 1856, p.8o. 7% Bischoff 1870, S. 210. 7? Curch 1861, p. 512. "8 Fick 1895, 1, S. 20. 44 H. Grönroos: Lamelle aus distalwärts vom Humerus verlaufenden Fibrae propriae des Zwischenmuskelbandes zusammengesetzt wurde. Weiter oben (proximal- wärts) waren nur die letzteren vorhanden und stellten ein ziemlich dürf- tiges Septum dar. Bei dem zweiten Orang befestigte sich die Endsehne des Latissimo- eondyloideus, soweit ich ermitteln konnte, aufser am Epicondylus medialis, nicht direet an den Humerus, sondern an einen von den Fibrae propriae septi gebildeten sehnigen Bogen. In diesem Falle stellte also die Sehne des Latissimo-condyloideus am distalen Viertel des Oberarmes nicht etwa eine hintere Lamelle, sondern einen breiten Randsaum des Septum dar, welcher allerdings breiter war als der eigentliche basale Theil des Zwischen- muskelbandes. Innervirt wurde der Muskel in beiden Fällen durch einen Zweig des N. radialis. Beim Gorilla befestigte sich der Muskel nach Duvernoy’” am Epi- eondylus medialis. Dasselbe dürfte — allem Anscheine nach — bei den von Chapman und von Symington untersuchten Gorillas der Fall gewesen sein; Chapman“ erwähnt nur kurz den Muskel als »Latissimus condy- loideus«, »its name indieating its origin and insertion«, und Symington“ ebenso kurz als »Dorso-epitrochlearis«, mit der Bemerkung, dafs der Muskel zwar fleischig, aber schwächer entwickelt sei als beim Schimpansen. Auch Bischoff” hat anscheinend beim Gorilla die Befestigung am Epieondylus medialis beobachtet, da er ja selbst den Namen »Latissimo-condyloideus« eingeführt hat und hinsichtlich dieses Muskels beim Gorilla niehts Abwei- chendes erwähnt. Bei dem Gorilla Hepburn’s® hat der Muskel sich an- geblich nur an das mediale Zwischenmuskelband angesetzt, ohne den Epi- condylus zu erreichen. Hartmann“ giebt ebenfalls an, dafs der Muskel beim Gorilla am distalen Drittel des Oberarmes sich an das mediale Zwischen- muskelband befestige. Bei dem von Deniker” untersuchten Gorilla-Fötus war der Muskel schwach entwickelt und endigte etwa in der halben Höhe 79 Duvernoy 1856, p. 80. s° Chapman 1878, p. 387. 8! Symington 1889, p. 630. 82 von Bischoff 1880, S.ı2. 8# Hepburn 1892, p.159. % Hartmann 1883, S.156. s5 Deniker 1885, S.137. Mm. biceps brachi und latissimo - condyloideus. 45 des Oberarmes in der Fascie. Bei einem jungen Gorilla scheint Deniker” die Insertion des Muskels an das Olecranon beobachtet zu haben. Im Gegen- satz zu dem Verhalten bei dem soeben erwähnten Gorilla-Fötus fand Macalister“ den Muskel ungewöhnlich weit ausgedehnt, indem dieser bei seinem Gorilla in die Fascie des Vorderarmes überging; jedoch stellte der Muskel nur eine »sehr dünne Membran« dar. Ich selbst habe bisher keine Gelegenheit gehabt, einen Gorilla zu untersuchen. Bei dem Sehimpansen scheint der M. latissimo-condyloideus in Bezug auf seine Insertion weniger hervortretende Schwankungen darzubieten als beim Gorilla. Tyson“, Vrolik®, Gratiolet et Alix”, Champneys’, Barnard”, Sutton”, Testut”, Beddard” und Fick” fanden den Muskel an den medialen Epicondylus inserirt. Hierzu gehören wahrscheinlich auch Fälle von Wilder”, der sich hierüber nicht klar ausspricht, ferner die bez. Fälle von Chapman” und von Symington” (vergl. beim Gorilla). In dem von Fick untersuchten Falle dehnte sich die Insertion des Latissimo- eondyloideus auch auf das mediale Zwischenmuskelband aus, ferner traten einige wenige Bündel an die Tricepssehne. Hartmann beobachtete, aufser der schon erwähnten Insertion an den Epieondylus medialis, den Übertritt einiger Bündel des Muskels in das Caput mediale trieipitis. Humphry'” sah den »Dorso-epitrochlian« sich dem M. triceps anschliefsen. In dem 1 von Hepburn" untersuchten Falle scheint der Muskel sich ausschliefslich 86 Deniker, a.a.0. 8° Macalister 1873, p. 502. #8 Tyson 1699, p. 88. ® Vrolik 1841, p.18. % Gratiolet et Alix 1866, p. 157. °! Champneys 1872, p.18o. »2 Barnard 1875, p. 137. »® Sutton 1884, p. 76. % Testut 1384, p.120. »° Beddard 1895, p.185. »° Fick 1895, 2, S. 313 — 314. °" Wilder 1861, S. 359— 360. °®® Chapman 1879, p. 54. %® Symington 1889, p. 630. 100 Humphry 1867, p. 264. 1%! Hepburn 1892, p.159. 46 H. Grönroos: an das mediale Zwischenmuskelband befestigt zu haben, ohne den Epi- condylus zu erreichen. Vrolik und Testut fanden neben der Insertion an den medialen Epicondylus noch eine an das Olecranon; Wilder scheint in verschiedenen Fällen eine Anheftung des Muskels entweder an den Epi- eondylus medialis oder an das Oleeranon oder an das mediale Zwischen- muskelband beobachtet zu haben."” Macalister'” giebt an, dafs der Muskel etwa an der Mitte des Oberarmes »ended in a fascia«c. Testut'” erwähnt einen von Gervais untersuchten Fall, in welchem der M. latissimo-condy- loideus in die Oberarmfascie überging; endlich besafs in dem schon vorhin erwähnten Falle Testut’s der Muskel, aufser der doppelten Insertion an den medialen Epieondylus und an das Olecranon, noch Beziehungen zur Fascie des Vorderarmes. In einem von mir untersuchten Falle (Anthropopithecus troglodytes L.) entsprang der M. latissimo-condyloideus von der unteren Seite des Latissi- mus, genau an der Stelle, wo dessen Muskelbauch in die Endsehne über- ging, am medialen Ende des hinteren Randes der Axilla. Von hier aus erstreckte sich der Muskel mit einem abgeplatteten, verhältnilsmälsig breiten Muskelbauche an der medialen Seite des Oberarmes bis zum Beginn des distalen Drittels des letzteren hinab. (Schon etwas vorher schlofs sich dem medialen bez. vorderen Rande des Muskels an dessen tiefer Seite ein schmäch- tiges accessorisches Muskelbündel an. Dieses entsprang zusammen mit einer Portion des M. coracobrachialis, jedoch nicht vom Proc. eoracoides, sondern von einem sehnigen Streifen, der vom Proc. coracoides aus sich nach der Achselhöhle hin ausdehnte und sich dort verlor.) Am oberen Ende des distalen Drittels des Oberarmes ging der Muskelbauch mit abgerundetem Ende in die Endsehne des Muskels über, welche sich wie eine breite, sehnige Membran präsentirte. Diese setzte sich lateralwärts bez. nach hinten direet in die hier sehr kräftige Oberarmfascie fort und war unter An- derem auch an das Oleeranon befestigt. Der Hauptzug derSehnen- fasern des Latissimo-condyloideus erstreckte sich jedochals ein ziemlich gesondertes Band bis zum Epicondylus medialis, wo er 1022 Aus Wilder’s Darstellung (a.a.O.) geht nicht recht hervor, welehe Angaben sich allgemein auf die »Quadrumana« beziehen, und welche etwa speciell dem Schimpansen gelten sollen. 103 Macalister 1871, 3, p. 344: 14 Testut 1834, p. 120—121. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 47 sich anheftete. Während dieses Verlaufes war der mediale (bez. vordere) Rand dieser Hauptsehne des Muskels durch ein membranartiges System nahezu perpendiceulär von ihr ausgehender, sehniger Fasern mit dem Caput mediale trieipitis verbunden. Diese membranartige Bildung erreichte jedoch weder die mediale Kante des Humerus, noch das aus schwach ausgebil- deten Fibrae propriae zusammengesetzte mediale Zwischenmuskelband, son- dern verlief sich am Triceps. Das Zwischenmuskelband war überhaupt sehr schwach entwickelt. Die Innervation des Muskels wurde von einem Zweige des N. radialis besorgt. Der normalen Anatomie des Menschen ist zwar ein M. latissimo-con- dyloideus als solcher fremd. Als Anomalie ist jedoch der Muskel auch beim Menschen wiederholt beobachtet worden, und aufserdem sind im Laufe der Zeit verschiedene im menschlichen Körper theils normalerweise vor- handene, theils verhältnifsmäfsig häufig auftretende Gebilde als Rudimente dieses Muskels aufgefafst worden. Die unter Beschreibung des jeweiligen Befundes veröffentlichten Einzelbeobachtungen über das Vorhandensein des Muskels beim Menschen sind indessen anscheinend nicht sehr zahlreich." 106 als Nichtsdestoweniger wird die Frequenz dieser Anomalie von Ledouble 1:19 angegeben. Wood!” giebt an, den Muskel unter 102 Leichen in fünf Fällen angetroffen zu haben, was ein Verhältnifs von 1: 20,4, also an- nähernd die gleiche Proportion wie bei Ledouble ergiebt. Diese Frequenz- zahlen dürften jedoch entschieden zu hoch gegriffen sein, denn Wood, der dennoch die niedere Frequenz anführt, hat auch Gebilde mitgezählt, die als Mm. latissimo-condyloidei einer strengeren Kritik durchaus nicht Stand halten können. So beschreibt er z. B. einmal‘ ein musculöses Gebilde, welches er als »Achselbogen« im Sinne (Meckel’s), Langer’s (und Gru- ber’s) bezeichnet, und fügt dann hinzu: »The author regards these as imperfeet developments of the so-called dorsi-epitrochlear muscle of the lower animals«. Ein Blick auf Wood’s dazu gehörige Fig. ı genügt aber zur Überzeugung, dafs es sich in diesem Falle, wo das betreffende Bündel in weiter Entfernung von der Achselhöhle sich von dem fleischigen Theile 105 Ein hierauf Bezug nehmender, von Testut im »Journal d’Histoire naturelle de Bordeaux« 1882 veröffentlichter Artikel (s. Testut 1884, p. 811) ist mir leider nicht zu- gänglich gewesen. 106 Ledouble 1893, p. 652. 107 Wood 1868, p. 494. 108 Wood 1866, p. 231— 232. 48 H. Grönroos: des Latissimus dorsi abzweigte und dann angeblich mit der Pectoralissehne an die Orista tuberceuli majoris inserirte, keineswegs um einen »Achsel- bogen« im Sinne Langer’s'”, geschweige denn um einen M. latissimo -con- dyloideus gehandelt hat, sondern dafs das erwähnte Muskelbündel ledig- lich ein abirrendes Bündel der Costalportion des Latissimus dorsi darstellte, welches höchstens vielleicht als eine Abart des sogenannten M. pectoralis quartus aufgefafst werden könnte.'” Es sind daher die von Wood angeführten Mm. latissimo-condyloidei mit einer gewissen Reserve als solche anzunehmen, und die aus seiner Angabe abgeleitete Frequenzziffer für das Vorkommen dieses Muskels beim Menschen mufs wahrscheinlich als zu hoch angesehen werden. Immerhin aber mufs man auch einige von Wood’s Fällen gelten lassen, namentlich diejenigen, in denen ein Muskelbündel sich von der Sehne des Latissimus dorsi zum Caput longum trieipitis erstreckte und mit !!! Denn dieses Verhalten des Muskels ist von so vielen diesem verschmolz. Forschern beim Menschen beobachtet bez. ein derartiges Muskelbündel in diesem Sinne gedeutet worden, dafs diese Deutung wohl als ziemlich ge- sichert betrachtet werden darf, zumal der Latissimo-condyloideus auch bei gewissen Thieren und gelegentlich bei den Anthropoiden ganz oder theil- weise das gleiche Verhalten darbietet. Es ist mir nicht möglich, alle die einzelnen Fälle, in denen der Muskel beim Menschen beobachtet worden ist, hier zu verwerthen, erstens, weil ich sie trotz eifrigen Suchens offenbar nicht alle gefunden habe, und zweitens, weil manche Angaben so unbestimmt sind, dafs sie für eine wissenschaftliche Zusammenstellung fast jeglichen Werth verlieren. Immer- hin sei hier angeführt, was ich in der Litteratur über den Muskel ange- troffen habe. Chapman” berichtet bei Erwähnung des M. latissimo-condyloideus des Gorilla, dafs er den Muskel als Anomalie bei Farbigen beobachtet habe. Nähere Angaben fehlen, desgleichen ein Hinweis darauf, dafs Chapman etwa anderswo den Fall oder die Fälle beschrieben hätte. 100 Vergl. Langer 1846, S. 456. 110 Vergl. Macalister 1869, p. 54 — 55: nı Wood 1867, p. 524 — 525; 1868, p. 494. ® Chapman 1878, p. 388. je} 1 Mm. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 49 Pozzi wird von Ledouble"” im Zusammenhang mit dem »Dorso- epitrochleen« angeführt, jedoch ohne directen Nachweis, wo Pozzi seine Fälle etwa beschrieben hätte. In einem von Ledouble noch in dem- selben Capitel und von Testut' ebenfalls in dem Capitel über diesen Muskel eitirten Aufsatze von Pozzi'"” finden sich bezüglich Menschen nur die Worte: »Ce muscle si particulier a &t@ rencontre chez l’homme par Bergmann, Halbertsma, Wood etc. Je l’ai observe & trois re- prises«. Auch hier fehlt ein Hinweis auf eine etwa früher veröffentlichte Mittheilung über die betreffenden Fälle. Da jedoch Pozzi an der er- wähnten Stelle bemerkt, dafs der Muskel bei den Affen, und speciell beim Schimpansen, sich an den Epicondylus medialis befestige, so läfst sich ver- muthen, dafs es sich in den von Pozzi beobachteten Fällen auch beim Menschen viellleicht, wenigstens theilweise, um die gleiche Insertion ge- handelt habe. Ledouble'' erwähnt ferner in seinen Werken unter Forschern, welche den M. latissimo-condyloideus beim Menschen beobachtet haben sollen, u. A. Knott, Rolleston und Henle. In Bezug auf Knott habe ich bei Ledouble keinen Litteraturnachweis gefunden, und der betreffende Aufsatz des ersteren Autors ist mir wahrscheinlich entgangen, da in dem einzigen mir bekannten Aufsatze von Knott über Muskelanomalien kein M. latissimo-condyloideus, bez. Dorso-epitrochlearis oder dergl., sondern nur der sogenannte M. chondroepi- trochlearis erwähnt wird". Was Rolleston anlangt, so verweist Ledouble auf »Journ. of anat. and physiol. 1871, p. ı81«. Indessen habe ich weder an dieser Stelle noch überhaupt in der angeführten Zeitschrift eine Angabe von Rolleston über den in Frage stehenden Muskel gefunden. Henle'* endlich führt einige einschlägige Beobachtungen anderer Autoren (Maca- lister'”, Gruber, Bergmann und Halbertsma) an; dagegen scheint mir nicht aus Henle’s Darstellung hervorzugehen, dafs er den M. la- tissimo-condyloideus als solchen selbst beobachtet habe. 113 Ledouble 1893, p. 650; 1897, Th.I, p. 204. !14 Testut 1884, p.I23 und 125. 216 Pozz11875, P- 583. 118 Ledouble 1893, p. 650; 1897, T.I, p. 203— 204. 117 Knott 1881, S. 139. 118 Henle 1871, S. 30, 194—195, 197. Macalister 1866, p. 453- Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. I. Q 119 50 H. GrRÖNnrRoos: 20 21 Macalister'” wiederum, ebenso Pozzi'”" und andere Autoren be- rufen sich auf Bergmann und Halbertsma als Gewährsmänner hinsichtlich des M. latissimo-condyloideus, jedoch ohne über die von diesen Forschern beobachteten Gebilde nähere Auskunft zu ertheilen oder die betreffenden Originalaufsätze anzudeuten. Nach Henle (a a.O., S. 194— 195), welcher zugleich auch die beiden bez. Originalartikel nachweist, bezieht sich in- dessen sowohl Bergmann’s wie Halbertsma’s Beobachtung auf ein kleines, von der Sehne des Latissimus dorsi zur Ursprungssehne des Caput longum trieipitis sich erstreckendes Sehnenblatt, dem Halbertsma aller- dings den Namen »Anconeus quintus« beilegte. Nach dieser vorläufigen Sichtung bleiben doch noch einige bestimmtere Angaben über Fälle übrig, in denen ein M. latissimo-condyloideus beim Menschen als wirklicher Muskel, d. h. in fleischigem Zustande beobachtet worden ist. Macalister'” (s. vor. S.) berichtet über einen »musculo-tendinous slip«, welcher sich von der Sehne des Latissimus dorsi bis zum Oleeranon er- streekte und sich dort befestigte. Macalister bezeichnet dieses Gebilde nicht ausdrücklich als einen M. latissimo-condyloideus, weist aber auf die beim Gibbon und bei anderen Affen vorhandene ebensolche Einrichtung hin. Wood'” fand in fünf verschiedenen Armen einen von der Latissimus- sehne entspringenden Muskel, der sich mit dem Caput longum des Triceps vereinigte. Gruber'” beschrieb einen schmalen Muskel, welcher von der Sehne des Latissimus dorsi entsprang und sich mit der Insertionssehne des M. triceps vereinigte. Die Fälle von Pozzi wurden vorhin schon angeführt. Testut'” beobachtete bei einem Buschmann einen Latissimo-condy- loideus, der sich dem Caput longum trieipitis anschlofs. Ferner erwähnt Testut'” noch einen zweiten, von Bernard untersuchten Fall, in welchem 120 Macalister 1871, 3, p. 344- DEPoZzz1. 27220. Macalister 1866, p. 453. 23 Wood 1867, p. 524—525, 1868, p. 494. 22 Gruber, Mem. de l’acad. des sc. de St.- Petersbourg, T. XVI, eitirt nach Henle 187I, P.197. 125 Treestut 1884, p.124 und 787. 126 Testut, a.a. O., p.124—125. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloıdeus. 51 der Muskel sich als ein fleischiges Band weit auf den Arm hinab erstreckte, um sich endlich mittels einer dünnen, abgeplatteten Endsehne an den Epieon- dylus medialis zu befestigen. Dieser Fall darf wohl als Beispiel einer für mensch- liche Verhältnisse excessiven Entwickelung des Muskels angesehen werden. Auch Ledouble'” hat in einem Falle (an beiden Armen einer alten Frau) ein ähnliches Verhalten, ebenfalls mit Insertion an den Epicondylus medialis beobachtet. Aufserdem führt Ledouble einen von Philippeau bearbeiteten Fall an, in welchem der einseitig vorhandene Muskel (bez. wohl seine Endsehne?) sogar die Vorderarmfaseie erreichte und zum Triceps wie zum Epicondylus medialis nur nachbarliche Beziehungen aufzuweisen hatte. Ledouble selbst scheint übrigens noch mehr Fälle beobachtet zu haben, denn er hat in zwei Fällen (bei männlichen Individuen) eonstatirt, dafs der Latissimo-condyloideus vom N. radialis innervirt wurde.'”* Endlich findet sich in Quain’s Anatomy'” die Angabe, dafs der »Dor- soepitrochlear muscle« (beim Menschen) sich mit dem Caput longum trieci- pitis vereinigen, in die Armfascie übergehen oder sich an das Septum inter- musculare mediale befestigen könne. Besondere Fälle sind natürlich nicht erwähnt, auch findet sich kein Hinweis auf diesbezügliche Specialaufsätze. Es erscheint mir zwar fraglich, ob die erwähnte Angabe sich auf eigene Beobachtungen des Verfassers stützt, oder ob sie nicht vielmehr als all- gemein referirende Darstellung zu gelten hat'”; jedoch habe ich sie nicht unerwähnt lassen wollen, weil ich sonst nirgends eine den Menschen be- treffende Angabe über Befestigung des M. latissimo-condyloideus an das me- diale Zwischenmuskelband gefunden habe. Vielmehr zählt Ledouble'” als beim Menschen vorkommende Insertionsweisen dieses Muskels folgende auf: I. »Au bras, sur l’aponevrose brachiale, le triceeps ou l’humerus; '” ou par deux languettes 2. Au coude, sur l’epitrochlee, l’oleeräne sur l’epitrochlee et l’olecräne; 3. A l’avant-bras, sur l’aponevrose antibrachiale« 127 Ledouble 1893, p. 650. 128 Ledouble, a.a.O., p. 651. 129 „Quain« 1882, p.193. 130 Letzteres dürfte wohl eigentlich angenommen werden, da das betreffende Werk ein Lehr- und Handbuch ist. 13 Ledouble 1897, T.I, p. 203, vergl.1893, p. 650. 132 Ledouble(1893, p.650) spricht dieVermuthung aus, dafs die Insertion an dasOlecranon beim Menschen am häufigsten vorkomme; jedoch führt er für diese Vermuthung keine Stütze an. 7* 52 H. Grönroos: und Deniker"” bemerkt: ».... dans les cas tres rares, ou ce muscle se rencontre chez l’'homme, son insertion se fait soit au condyle, soit a l’apo- nevrose brachiale«. An die bisher angeführten Fälle, bei denen es sich um einen wirk- lichen Muskel gehandelt hat, reihen sich andere an, in welchen ein seh- niges, in entsprechender Lagerung befindliches Gebilde vorhanden war. So fand Macalister'” (auffallend häufig, in einem Verhältnifs von 1:10!) ein sehniges Bändchen, welches, von der Latissimussehne ausgehend, sich zum Caput longum trieipitis erstreckte, in anderen Fällen jedoch nur in die Armfascie überging. In selteneren Fällen erstreckte sich dieses sehnige Gebilde bis zum Olecranon. Die höchste Entwickelungsstufe dieses Gebildes stellte der vorhin schon erwähnte »musculo-tendinous slip« dar. Hierher gehören auch die von Bergmann und von Halbertsma be- schriebenen Gebilde (s. oben S. 50). Chudzinski'” beobachtete bei einem Neger ein ähnliches sehniges Gebilde von bedeutender Stärke, welches sieh von der Sehne des Latissi- mus dorsi zur Ursprungssehne des Caput longum trieipitis begab und mit diesem verschmolz. Chudzinski falst dieses Gebilde als einen rudimen- tären M. latissimo-condyloideus auf. Da der Muskel auch im fleischigen Zustande bezüglich seiner Insertion das gleiche Verhalten darbietet, dürfte in der That gegen diese Deutung des erwähnten sehnigen Gebildes nichts einzuwenden sein. In einem neulich daraufhin untersuchten menschlichen Arm fand ich ein allerdings recht unscheinbares, fibröses Bändchen, welches die Übergangsgegend zwischen Muskelbauch und Sehne des Latissimus dorsi mit dem vorbeistreichenden Ursprungstheil des Caput longum tricipitis ver- band. Auch in diesem Falle erinnert die Befestigung bez. Ausgangsstelle am Latissimus durchaus an das Verhalten des Latissimo-condyloideus. Das ganze Gebilde war jedoch sehr schwach, kaum als sehnig zu bezeichnen." Ledouble'” will beim Menschen eonstanterweise Spuren des M.la- tissimo-condyloideus erkennen, und zwar in einer fibrösen »Expansion« von 122 TDieniker/1885,:p. 137. 134 Macalister 1866, p.453- Chudzinski 1874, S. 22. Das Vorhandensein dieses Gebildes erscheint um so bemerkenswerther, seine schwache Ausbildung un so erklärlicher, als der Fall ein atrophisches Kind betraf. 137 135 136 Ledouble 1893, p. 649. Mm. biceps brachü und. latissimo- condyloideus. 93 der Latissimussehne zur Armfaseie. Ledouble bemerkt, dafs er sich hier- bei in Übereinstimmung mit den bereits von Cruveilhier, Sappey und Lannegräce ausgesprochenen und von Ledouble citatweise wiedergege- benen Ansichten befinde. Auch die Deutung eines derartigen Gebildes als Spur des M. latissimo-condyloideus erscheint nicht unannehmbar, zumal auch bei den Anthropoiden und, wenigstens andeutungsweise, selbst bei den Hylobatiden ein ähnliches Verhalten dieses Muskels, d.h. ein Auslaufen in die Fascie, wiederholt beobachtet worden ist. Als einen Überrest des M. latissimo-condyloideus haben einige Autoren den Langer’schen'” » Achselbogen« betrachtet'””, jenes bald sehnige, bald musculäre Gebilde, welches sich von der Sehne des Latissimus dorsi aus, an den grofsen Gefäls- und Nervenstämmen der Achselhöhle vorbei, zur Rückfläche der Peetoralissehne erstreckt und, wenn auch nicht gerade normalerweise, so doch, wenigstens in sehnigem Zustande, recht häufig vorkommt. Es ist bemerkenswerth, dafs man in diesem Gebilde ein Über- bleibsel des Latissimo-condyloideus hat erkennen wollen, da dieser Muskel doch bei keinem Thier, aufser den Hylobatiden, Beziehungen zum Peetoralis major haben dürfte, und diese Beziehungen bei Hylobates bisher noch von Niemand berücksichtigt worden sind. In der That bestehen ja auch bei Hwylobates eigentlich keine directen Beziehungen zwischen den beiden Muskeln. Aber indem der vom Tuberculum minus zum Septum intermusculare mediale ausgespannte Sehnenstrang mit der sehnigen Rücktläche des Pectoralis major verwachsen ist, und der Latissimo-condyloideus sich an diesen Sehnenstrang inserirt, und zwar in solcher Lage, dafs seine proximalen (oberen) Randfasern bei der Insertion dem unteren Pectoralisrande sehr nahe kommen (Fig. ı) und hier durch straffes Bindegewebe mit dem unteren Pectoralisrande verbunden sind, so kommen doch bedingterweise gewisse Beziehungen zwischen den beiden Muskeln zu Stande. Wenn man sich vorstellt, dafs die Insertion des Latissimo-condyloideus sich längs jenem Strange proximalwärts (nach oben) noch etwas ausbreitete, so würden seine oberen bez. proximalen Randfasern in der That bald an die Rückfläche der Peetoralissehne inseriren, und dieser obere Randtheil des Muskels würde einem musculären, typisch situirten » Achsel- 135 Langer 1846, S.456. Dieses Gebilde wurde meines Wissens zuerst von Ramsay (1812, p. 281) beschrieben. 139 Vergl. was auf S.47 über Wood angeführt wurde. 54 H. Grönroos: bogen« zur Verwechslung ähnlich sein. Wenn man meine Fig. ı oder 2 z.B. mit der von Calori'" gegebenen Abbildung eines von ihm beobachteten mus- culären Achselbogens vergleicht, so wird man in der That zugeben müssen, dafs die Ähnlichkeit eine ganz frappante ist. Es wäre also, wenn man die vorhin angedeuteten Beziehungen zwischen dem Pectoralis und Latissimo- condyloideus bei Hylobates, sowie jene aufserordentliche Ähnlichkeit in der äulseren Erscheinung zwischen dem letzteren Muskel des Hylobates und dem Achselbogen des Menschen, ferner die in beiden Fällen gleichen Ursprungs- beziehungen berücksichtigt, sehr verlockend, die beiden Gebilde zu homo- logisiren. Nichtsdestoweniger haben sie offenbar mit einander nichts zu thun. Es ist schon von Birmingham!" in einer mit wahrhaft erfrischen- der Klarheit und logischer Schärfe abgefafsten Abhandlung dargethan worden, dafs der Achselbogen u. A. nicht als ein Latissimo-condyloideus aufzufassen ist, sondern höchst wahrscheinlich ein Derivat des bei vielen Thieren stark entwickelten »Panniculus carnosus« darstellt. Es wurde von Birmingham u. A. darauf hingewiesen, dafs der Achselbogen von einem N. thoracalis anterior versorgt wird!”, indefs der Latissimo- condyloideus, wie die Untersuchungen an den Affen ergeben haben, seinen Nerven vom N. radialis bezieht. Später hat, wie schon erwähnt wurde, Ledouble auch beim Menschen in zwei Fällen die Nervenversorgung des M. latissimo-condyloideus feststellen können und in beiden Fällen gefunden, dafs der Muskel auch hier vom N.radialis innervirt wurde. Auch in Bezug auf die positive Deutung des Achselbogens als Abkömmlings des Pannieulus carnosus schliefst sich Ledouble der Ansicht Birmingham’s .” Die zufällige äufsere Ähnlichkeit des Latissimo-condyloideus der Hylobatiden mit dem menschlichen Achselbogen ändert natürlich hieran nichts und stellt lediglich einen Fall von Analogie dar. Man wird also die beiden Gebilde so lange auseinanderhalten müssen, bis Fälle nach- gewiesen werden, in denen der Achselbogen vom N. radialis oder aber der Latissimo-condyloideus von einem N. thoracalis anterior versorgt wird. Dieser Nachweis wird aber voraussichtlich nicht erfolgen. an 140 Calori 1866, 3, p.ı57 und 158; Taf. II, Fig. 2. 41 Birmingham 1889. Birmingham, a.a0.p. 212— 213, vergl. auch Bardeleben (1882, S. 403), ferner Ledouble (1893, p. 634, 642 — 643). 143 142 Ledouble 1893, p. 641. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 55 Dagegen soll nach Kohlbrugge'* das Septum intermusculare mediale des menschlichen Oberarmes ein Derivat, bez. der Vertreter des M. latissimo- condyloideus des Hylobates sein. Diese Ansicht stützt Kohlbrugge, wie schon früher erwähnt wurde, im Wesentlichen darauf, dafs der Muskel bei den Hylobatiden durch seine Insertion an die mediale Kante des Humerus das erwähnte Zwischenmuskelband herstelle, indefs ein eigenes Septum den Hylobatiden fehle. Wenn nun das mediale Zwischenmuskelband phylogenetisch dem M. latissimo-eondyloideus seine Entstehung verdankte, so mülste man wohl erwarten, dafs dieser Muskel, wenn er ausnahmsweise einmal beim Menschen gut entwickelt auftritt, seinen Abkömmling, das Septum inter- musculare mediale, nicht immer gänzlich verleugnen, sondern, wenig- stens manchmal, sich mit ihm in Verbindung setzen würde. Ich habe nach Fällen gefahndet, in denen der Muskel beim Menschen sich an das mediale Zwischenmuskelband inserirt hätte, habe aber keinen gefunden. Nur Quain’s Anatomy führt diese Insertionsweise an, ohne jedoch auf irgend eine bestimmte Beobachtung hinzuweisen. Es ist also möglich, dafs eine solche Insertion auch beim Menschen gelegentlich vorkommt; indessen haben mich die von mir in der Litteratur vorgefundenen Ein- zelbeschreibungen von beobachteten Fällen belehrt, dals der Muskel beim Menschen, sofern er überhaupt vorhanden ist, in der Regel das Septum intermusculare mediale meidet, und zwar auch dann, wenn er statt- lich genug entwickelt ist, um den Epicondylus medialis zu erreichen (Fälle von Bernard-Testut und von Ledouble, vielleicht auch die von Pozzi). Auf dieses Verhalten, welches an und für sich allerdings nicht gerade zu Gunsten der Annahme spricht, dafs das Zwischenmuskelband ein Derivat dieses Muskels wäre, darf freilich kein zu grofses Gewicht gelegt werden. Denn da es sich um ein für den Menschen eigentlich schon verloren ge- gangenes Gebilde handelt, so kann nicht verlangt werden, dafs dieses Ge- bilde, wenn es ausnahmsweise wieder in die Erscheinung tritt, in jeder Hinsicht die regelmäfsigen ursprünglichen Beziehungen darbieten soll. Und es erscheint wohl annehmbar, dafs, nachdem der uns in der Regel allein gebliebene Insertionstheil des Muskels seine ursprünglichen Beziehungen zu 4 Kohlbrugge 1890, S.233; 1897, S. 117. 56 H. Grönroos: dem Ursprungstheil aufgegeben und eine selbständige Existenz (als Septum intermusculare) gegründet hätte, auch der ausnahmsweise wieder auftretende Ursprungstheil neue Beziehungen aufsuchen könnte. Aber abgesehen von diesem Einwand wurde schon bei der Darstellung der Hylobatiden-Einrichtung hervorgehoben, dafs auch bei Hylobates nicht nur ein vom Latissimo-condyloideus unabhängiges System von eigenen Septumfasern besteht, sondern der Latissimo-condyloideus in der Regel nur einen verhältnifsmäfsig geringen Antheil an dem Aufbau dieses Gebildes nimmt. Untersucht man aber genauer das Septum intermusculare mediale des Menschen, so erweist sich dieses im Wesentlichen, wenn nicht aus- schliefslich, aus Fasern zusammengesetzt, welche von der medialen Hu- meruskante aus distalwärts verlaufen und mit dem Caput mediale tri- eipitis sowie mit dem M. brachialis eng verbunden sind. Sie zeigen mit anderen Worten ganz das gleiche Verhalten wie die schon bei Hylobates und bei den Anthropoiden vorhandenen Fibrae propriae des Septum inter- musculare mediale, indefs die vom Latissimo - condyloideus abgeleiteten Septumfasern, wenn sie sich an den Knochen befestigten, distalwärts zum Humerus verlaufen müfsten, wie ich dies beim Orang und in ge- ringerem Mafse vielleicht auch bei Hiylobates Gibbon Mill. in der "That beobachtet habe. Die Ansicht, dafs das mediale Zwischenmuskelband des Menschen ein Derivat des M. latissimo-condyloideus darstelle, ist also unhaltbar. Vielmehr entsprechen die sehnigen Fasern, welche beim Menschen dieses Septum zusammensetzen, durchaus den glei- chen, schon bei den Hylobatiden und Anthropoiden vorhande- nen Fasern, den Fibrae propriae septi. Die soeben angestellten vergleichenden Betrachtungen über die Inser- tion des M. latissimo-condyloideus bei den Anthropoiden und dem Menschen geben an die Hand, dafs diese Insertion selbst innerhalb einer einzigen Species ein recht wechselndes Verhalten darbietet. Zur besseren Übersicht habe ich in der nachstehenden Tabelle die über diesen Punkt vorliegen- den Beobachtungen bez. Angaben der verschiedenen Autoren zusammen- gestellt. Die Tabelle läfst, trotz der erheblichen Schwankungen, welche die Insertion des Latissimo-condyloideus darbietet, doch bei den verschiedenen "uouoIp aJPqeL IOp Funaagng]I] UOIENEM ANZ SO}Xxa], SEP uUaNES uapuayaFulayıoaysyaru Ip uassnu “uayyung uerepur ur one aım “IqOISUrF] A9SOLp UT "ELLIOA YOIS UONI9SU] 9IP OIM *ISJef uaygmunısA yoıs spep “os Yoopaf ‘yey Ponıpadsne Sımapramzun zue3 4yoru yoıs Jomy 9puaııo Op "Ju9A9 A9PO AOMY Op Ale] UEpuayaıjaq wep ur sjep “I9MPpoq uawrulomy op yoeu UHYTOZEFRAA UM pr Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör, Gelehrter. 1903, I, > 10 (atuafg ydeu) aoqnın) 'g (atqanop soyud et GEL TISHIEH L -9rpyowu -auueT "S |:\ snoeuoouy) auuewsuag "9 ‘qungs Kaddeg ‘+ (og ©) Iuysa]L, 'S (ofqnop>’ yoeu) Be dalyJlaa urene) "+ uosajjoy 'rF yosuopa ‘Stuygas) ; na "E (Sıuyas) ıysunzpnyg "€ (atqnopa’] (gueIsuod (ofe I Op Juaaoıq 01 ydeu) gyouy "E (oe ©) dızzoq 'E 2 opquopeT |‘Zıuyas) alynopar] 'z ur :Ftuyos) aogsıoem 'z aqnopa] 'z (erg g 2) Srqnopa] 'z (eg Zungupegoag aydıy I -neaddipiyq ‘1 urend) "I (suuy $) pooqy 'ı J9gsı[eoe A] "1 n9SO L - pawurag] "I -yoeszeg) urend) "I Ss r —ı F = = I sooo 'rı gurwdeyn) 'L S yOLJ EI Paeuteg ‘9 S pıeppag 'zı skaudweuyp) 'S S sooaugan) 'E guogdumufg‘ıı xy 99 asurd 4 nIS9 L -SIeATOL) 'z soo1ugand) *# nIsaL'oI 4Sjoyean) *r wog R2 (gr 'S uago yarg 'E mysaL "e) (oz) gropı Mm "€ yoLg 'E S aaıy eyıg "T819A) uuewgaepg 'z grapıM 'z uoyng ‘6 yıpoay 'z umqdapy 'z ng qngsa] 'ı daoIsıeden] "I Aaydung ‘1 yfoaA I] uueweg 'g uosÄ], "1 daopııM ‘I Ss J | — _ . S guogdumuÄg *S :S egoyasigq "+ Ss aueudeyg "€ umngdoy "€ | ejjLiox) S piewreg] 'z uuewgiep] '< 2 JOJsı[eoepA ‘I dayıual] "I 9yual] 'ı kouasandg ‘I pieuneg 1 g ae ee ni - i = .S (RI 2) sooaugag "6 = SOAWLIT '8 S (oz 2) or 'L S (OR ©) sooauoAn) '9 pieppag '9 asoawmiIg "S umgdap °S Zurig pıeppogq ‘+ auueunaepg °b paeueg ‘€ guewmdeyg "€ pOpsıq 'z piewieg ‘= yanyyg I yoıg 'ı yaanyg "1 Kowtaangg "1 akoumang 'ı SOULTEIOPIO A (enasyony dep yoıl sdaoLı], uoue.M2]O opeıpaw auef -UIOUOSIUEM) SOLLTE sap alose] -nosnwuayu umgdeg sp UIOIYNOBIOAT UPUPPALTDSIOA up yoewu uoayosuap wop pun usprodosyyuy uap Iaq SnopIoJApuoo-owıssıye] 'p SOp assıugjeydeasuorNdosuf arp aoqn offeqeL 58 H. GRÖNROoOos: berücksichtigten Species gewisse Tendenzen dieser Insertion mit über- raschender Deutlichkeit hervortreten.' Aus der gesammten vorhergehenden Darstellung einschliefslich der Tabelle läfst sich also in Bezug auf die Insertion des M. latissimo-condy- loideus bei den verschiedenen höheren Primaten mit recht grofser Sicher- heit Folgendes entnehmen: ı. Bei den Hylobatiden befestigt sich der Muskel in der Regel (wahrscheinlich fast ohne Ausnahme) an den vom Tuberculum minus humeri zum medialen Zwischenmuskelbande sich erstreckenden Sehnenstrang, ferner an die Fortsetzung dieses Stranges, das Septum intermusculare selbst, bis zum Epicondylus medialis (einschliefslich). 2. Beim Orang inserirt der Muskel in der Mehrzahl der Fälle an das Septum intermusculare mediale, meistens wohl bis zum Epicondylus hin. Nur in selteneren Fällen bietet der Muskel zur Hinterseite des Armes (Oleeranon, Triceps, Fascie) Insertionsbeziehungen dar. 3. Bei dem Schimpansen ist der Muskel weitaus in den meisten Fällen an den medialen Epicondylus befestigt. Ausnahmsweise jedoch findet eine Ausdehnung der Insertion auf das Septum intermusculare mediale statt, eventuell unter Aufgabe der Epicondylus-Insertion (Hepburn). Nicht selten jedoch verschiebt sich die Insertion (unter Beibehaltung oder Auf- gabe der Epicondylus-Insertion) nach hinten, wodurch der Muskel Be- ziehungen zum Ölecranon oder Triceps oder zur Armfascie gewinnt, in extremen Fällen bis zur Vorderarmfascie reichend (Testut). 4. Der Gorilla zeigt ebenfalls vorzugsweise die Insertion an den medialen Epicondylus, manchmal mit Ausdehnung auf den distalen Ab- schnitt des Zwischenmuskelbandes. Oder die Insertion an den Epicondylus 146 Gegen das Ergebnils dieser Tabelle könnte vielleicht angeführt werden, dafs nicht die Zahl der Autoren, sondern die Zahl der beobachteten Fälle innerhalb der einzelnen Reihen malsgebend sein müsse. Ich bin mir dieses Mangels meiner Tabelle bewulst; in- dessen geben erstens die bez. Autoren nicht immer deutlich an, auf wie viele Exemplare ihre einzelnen Angaben sich beziehen; zweitens aber ist zu bemerken, dals es sich in der Regel um je einen beobachteten Fall handelt. Diejenigen Autoren aber, welche mehrere Exemplare untersucht haben, wie Hartmann (Orang und Schimpanse), Wilder (Schim- panse), oder bei denen dieses wenigstens möglich ist (Duvernoy, Gratiolet et Alix, Primrose und vielleicht noch einige Andere) befinden sich alle in solchen vertiealen Reihen der Tabelle, dals eine etwaige Vermehrung der bez. Fälle das von der Tabelle entworfene Bild nicht nur nicht verwischen, sondern vielmehr noch verschärfen würde, Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 59 ist aufgegeben worden, und eine Verlagerung der Befestigung des Muskels entweder nach vorn auf das Zwischenmuskelband (Hepburn) oder nach hinten zum Olecranon eingetreten. Oder aber der Muskel verbindet sich nur noch mit der Oberarmfascie (Deniker). Überhaupt scheint nach meh- reren Angaben der Latissimo-condyloideus des Gorillas verhältnifsmälsig schwach entwickelt zu sein (Bischoff, Deniker, Symington, Hepburn). Indessen kommt ausnahmsweise eine sehr bedeutende Längenausdehnung des Muskels, bis zur Vorderarmfaseie, vor (Macalister). 5. Beim Menschen endlich ist der Latissimo-condyloideus verloren gegangen und tritt nur in Ausnahmefällen als atavistische Erscheinung wieder auf. Hierbei ist er manchmal noch an den medialen Epicondylus inserirt; in der Regel jedoch, und besonders bei schwacher Ausbildung des Muskels giebt sich eine deutliche Verlagerung seiner Insertion nach hinten zu erkennen, so dafs der Muskel entweder zum Olecranon oder zum Caput longum trieipitis oder nur zur Fascie des Oberarmes, in extremen Fällen jedoch auch hier zur Vorderarmfascie (Philippeau-Ledouble) Beziehungen aufweist. Da der M. latissimo-condyloideus unter den höheren Primaten bei den Hylobatiden die gleichmäfsigste Entwickelung und die eonstantesten Inser- tionsverhältnisse, kurz die gröfste Stabilität darbietet, während beim Men- schen jene unverkennbare Tendenz zur Insertion an der Rückseite des Ober- armes zugleich mit einem Verkümmern bez. endlich mit dem Schwunde des ganzen Muskels verknüpft ist, so möchte man wohl nicht in dem beim Menschen vorliegenden Verhalten einen ursprünglichen Zustand suchen, son- dern vielmehr annehmen, dafs die Hylobatiden eine verhältnifsmälsig pri- mitivere Einrichtung bewahrt haben. Demnach mülste angenommen werden, dafs der Latissimo-condyloideus — soweit die höheren Primaten in Be- tracht kommen — ursprünglich an das mediale Zwischenmuskelband bez. an die mediale Humeruskante, wohl bis zum Epicondylus medialis, sich be- festigt habe. Unter den Anthropoiden hätte der Orang in dieser Hinsicht noch das relativ primitivste Verhalten bewahrt. Beim Gorilla und nament- lich beim Schimpansen würde unter obiger Voraussetzung eine Tendenz zur Verlagerung der Insertion nach hinten und beim Gorilla aufserdem eine Tendenz des ganzen Muskels zur Abnahme eingetreten sein. Das beim Menschen bestehende Verhalten würde sich also auch bei den Anthropoiden schon angebahnt vorfinden. ” S* 60 H. Grönroos: Es ist indessen zu bemerken, dafs die bei den Hylobatiden vorlie- gende Anordnung des Latissimo-ceondyloideus nicht unbedingt als ein auch nur relativ primitiver Zustand anerkannt zu werden braucht. Denn erstens darf nieht übersehen werden, dafs bei sehr vielen, vielleicht bei den meisten niederen Affen der Latissimo-condyloideus sich an der Rückseite des Ober- armes, speciell an das Oleeranon, inserirt. Diese letztere Insertion (an das Olecranon) habe ich z. B. bei zwei Colobus- Arten, ferner bei Semnopithe- cus entellus angetroffen. Die gleiche Insertion des Muskels wird schon von Kuhl'” für den Ateles beelzebuth, Geoff., von Burdach'" für Inuus, Cyno- cephahıs und Cercopithecus angegeben u. s. w.'” Ferner liegen wenigstens keine direeten zwingenden Gründe zu der Annahme vor, dafs bei den Anthropoiden und dem Menschen die Insertion des Latissimo-condyloideus sich jemals längs dem Septum intermusculare mediale so weit proximalwärts ausgedehnt habe, wie wir es bei den Hylobatiden finden, wenngleich die noch zu besprechenden Verhältnisse des M. biceps brachii diese Annahme nicht ganz unmöglich erscheinen lassen. Jedenfalls aber ist auch die Möglichkeit im Auge zu behalten, dafs die bei den Hylobatiden bestehende Anordnung des M. latissimo -condyloi- deus eine Einrichtung darstellt, welche diese Affen selbständig erworben oder wenigstens weiter ausgebildet haben, erst nachdem sie sich bereits von allen übrigen Primaten getrennt hatten. Die grofse Stabilität dieser Anordnung wäre unter dieser Voraussetzung vielleicht auf die mit der neu erworbenen Einrichtung verbundenen functionellen Vortheile zurück- zuführen. Möge man aber in der Anordnung des Muskels bei den Hylobatiden einen verhältnifsmäfsig primitiven Zustand oder eine von dieser Affengruppe neu erworbene specifische Einrichtung erblicken, so ergiebt sich auch aus der soeben angestellten Vergleichung einerseits mit den niederen Affen, andererseits mit den Anthropoiden und dem Menschen wiederum ein An- haltspunkt gegen die Auffassung, dafs das Septum intermusculare mediale des menschlichen Oberarmes als ein Derivat des M. latissimo-eondyloideus 147 Kuhl 1820, S. 2o. 148 Burdach 1838, S.1g. 4° Vergl. z.B. Haughton 1867, p. 284; Macalister 1866, p.453; Pagenstecher 1867, S.128 u.s.w. Mm. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 61 anzusehen wäre. Denn im ersteren Falle, d. h. wenn der Hyloba- tideneinrichtung ein primitiver Charakter zuerkannt wird, so sehen wir bei den Anthropoiden und dem Menschen den Muskel allmählich seine Beziehungen zum Zwischenmuskelbande, so- dann zum Epicondylus medialis aufgeben und dann das distale Ende des Muskels verkümmern, wodurch die Insertion allmäh- lich immer weiter proximalwärts verlegt wird, und zwar auf der Rückseite des Oberarmes, bis schliefslich als letzter Rest jenes sehnige Bändehen auftritt, welches die Latissimussehne mit der Sehne des Öaput longum trieipitis verbindet, oder end- lich auch dieser letzte Rest des Muskels dem Schwunde an- heimfällt. Im anderen Falle, d. h. wenn die bei den Hylobatiden bestehende Anordnung als eine specifische Erwerbung dieser Affengattung aufgefafst wird, finden wir erstens, dafs bei den niederen Affen der M. latissimo- condyloideus gar keine Beziehungen zum Septum intermusculare besitzt, und zweitens weist der Muskel bei den höchsten Anthropoiden nur selten, beim Menschen noch seltener oder niemals solche Beziehungen auf. Und in diesem Falle berechtigt uns, wie mir scheint, nichts zu der Annahme, dafs der Muskel beim Menschen bez. bei seinen phylo- genetischen Vorfahren überhaupt jemals Beziehungen zu dem Septum intermusculare mediale oder zur medialen Kante des Humerus gehabt habe. 62 H. Grönroos: IH. Abtheilung. Der Musculus biceps brachii der Anthropoiden und des Menschen. Der Biceps brachii der höheren Primaten bietet — wenn die Hylo- batiden ausgenommen werden — im Allgemeinen recht einförmige Ur- sprungs- und Insertionsverhältnisse dar. Indessen finden sich beim Men- schen gerade bei diesem Muskel häufiger als bei den meisten anderen Mus- keln des Körpers Varietäten vor, die dazu beitragen, diesem Muskel doch eine in gewissem Mafse wechselnde Gestaltung zu verleihen. Diese Varia- tionen betreffen zwar sowohl die Ursprungs- als auch die Insertionsver- hältnisse des Muskels, jedoch vorzugsweise die ersteren. Über entsprechende Variationen des Biceps bei den Anthropoiden liegen nur sehr wenige Mit- theilungen vor, die aber, wie gezeigt werden soll, nichtsdestoweniger von hohem Interesse sind. Während nun beim Latissimo-condyloideus aus- schliefslich die verschiedene Insertion für die Vergleichung in Betracht kam, sind es beim Biceps vorwiegend die Ursprungsbeziehungen, die in den Vordergrund des Interesses treten, wenngleich auch die Insertionsverhält- nisse werthvolle Anhaltspunkte darbieten. In Bezug auf den Orang ergiebt die Durchsicht der einschlägigen Litteratur — soweit ich in der Lage war, dies festzustellen — die auf- fällige Thatsache, dafs trotz der beträchtlichen Anzahl von Publicationen, die sich mit der Myologie des Orangs beschäftigen, bis jetzt doch nir- gends eine directe und vollständige Darstellung der Ursprungs- und Inser- tionsverhältnisse seines M. biceps brachii zu finden ist. Camper'”, Grant" 152 und Owen'” erwähnen den Biceps gar nicht; Barnard'” findet ihn »in no way peculiar«e; Chapman'” theilt mit, dafs der Muskel »well deve- Camper 1782. 1531 Grant 1828. Owen 1830 — 1831. Barnard 1875, p. 136. Chapman 1880, p.162. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 63 loped« sei. Sandifort"” und Hepburn"“ berichten, dafs der Muskel die gleiche Einrichtung darbiete wie beim Menschen.” Church'* läfst die beiden Bicepsköpfe, die er als bekannt vorauszusetzen scheint, bis zum 159 unteren Drittel des Oberarmes getrennt bleiben. Langer'” erwähnt, dafs die Insertion der Endsehne des Biceps an der Tuberositas radii stattfindet. Testut'” hat (beim Orang) einen an die Vorderarmaponeurose tretenden medialen Endzipfel (Lacertus fibrosus) des Biceps beobachtet. Beddard'!" fand den Muskel aus zwei sehr distineten Portionen zusammengesetzt, die 1.7 Zoll vor der gemeinsamen Insertion sich mit einander vereinigten. Der »coracoide« Kopf entsprang mit dem Coracobrachialis vom Proc. coracoides, 155 Sandifort 1839—1844, p. 48. 156° Hepburn 1892, p. 158. Der Hinweis auf die beim Menschen vorliegende Anordnung findet sich in ver- allgemeinerter Form auch bei Bischoff (1870, S. 210), indem dieser Autor den Hinweis gleich für alle Affen mit Ausnahme des Hylobates gelten lälst. Dieser Hinweis ist natürlich nicht anders zu verstehen, als dals der betreffende Autor damit angeben will, dafs in dem oder den von ihm besprochenen Fällen der Biceps zwei Ursprungsköpfe hat, von denen der eine am Proc. coracoides, der andere am oberen Rande der Schultergelenkpfanne entspringt, und dafs der Muskel mit einer Hauptendsehne sich an die Tuberositas radii befestigt, zu- gleich aber nach der medialen Seite hin einen »Lacertus fibrosus« zur Vorderarmfascie ab- giebt. Es mag unter solchen Umständen vielleicht recht überflüssig scheinen, den Befund zu beschreiben. Dem ist aber doch nicht so, und man sollte die kleine Mühe dieser Be- schreibung nicht scheuen. Erstens finden sich manchmal doch kleine Abweichungen vor, die vielleicht zunächst geringfügig erscheinen, die aber doch für später sich ergebende Ge- sichtspunkte eventuell von Werth sein können. Zweitens ist die Anordnung, selbst in »typischen« Fällen, »beim Menschen« nicht immer absolut die gleiche. Drittens aber vermag nur eine directe Beschreibung des Befundes beim Leser das Gefühl der Überzeugung zu hinterlassen, dals der betreffende Autor auch wirklich an allen in Betracht kommenden und von ihm erwähnten Punkten sich selbst mit eigenen Augen von dem Sachverhalt überzeugt hat, und dals nicht etwa die menschliche Anatomie bei der Beobachtung suggestiv mitgewirkt hat. Wie illusorisch der Werth einer derartigen indireeten Angabe unter Umständen sein kann, wird z.B. gerade durch Bischoff’s Aussage über den Biceps der Affen dargelegt. Bischoff (1870, S. 210) sagt bei Besprechung des Hylobates: »Bei allen übrigen Affen, Anthropoiden und anderen verhält sich der Biceps ganz wie beim Menschen«. Eine nähere Prüfung ergiebt jedoch, dals z.B. bei vielen, wenn nicht den meisten, niederen Affen ein »Lacertus fibrosus« fehlt, und der Biceps nur an der Tuberositas radii inserirt ist, ferner dafs bei manchen Affen die Ursprungssehne des »Caput longum« nicht ganz frei im Schultergelenk 157 liegt u.s.w. Dies sind aber keine unwesentlichen Differenzen. 155 Church 1861, p. 513 — 514. Langer 1879, S. 181. Testut 1884, p. 393- 16 Beddard 1895, p. 206, 160 64 H. Grönroos: der »humerale« in »the usual way« mittels einer kräftigen Sehne. Nach Fick'® ist der M. biceps brachii des Orangs »sehr stark; seine Ursprungs- sehne liegt wie beim Menschen vollständig im Schultergelenk. Die Ansatz- sehne ist nicht rund, sondern ist ein sagittales Band von etwa 3°” Breite. Ein Lacertus fibrosus existirt nicht«. Primrose'* endlich fand den Muskel in Bezug auf dessen beide Ursprungsköpfe gleich dem des Menschen; die Insertion fand am Radius statt, und ein gut entwickelter Lacertus fibrosus wurde nach der medialen Seite zur Vorderarmfascie abgegeben. An zwei von mir untersuchten linksseitigen Orang-Armen bot der Biceps im Allgemeinen ein übereinstimmendes Verhalten dar. In beiden Fällen entsprang der eine Ursprungskopf (Caput glenoidale) innerhalb des Schultergelenkes vom oberen Rande der Gelenkpfanne, und von hier aus erstreckte sich die etwas abgeplattete Ursprungssehne frei durch die Ge- lenkhöhle bis zum oberen Ende des Suleus intertubercularis und trat so- dann in den Sulcus ein, um darauf allmählich in einen spindelförmigen Muskelbauch überzugehen. Der zweite Bicepskopf (Caput coracoidale) ent- sprang in beiden Fällen zusammen mit dem M. eoracobrachialis von der Spitze des Proc. coracoides, und zwar von Anfang an theilweise fleischig, jedoch auch zum Theil sehnig. Der laterale Rand des Caput eoracoidale setzte sich, rückwärts verfolgt, an der Spitze des Proc. coracoides vorbei, direct in den lateralen Rand des Lig. coraco-acromiale fort." Die beiden Bicepsköpfe vereinigten sich erst spät, in dem einen Falle etwas distal von der Mitte des Oberarmes, in dem zweiten Falle erst unmittelbar oberhalb der Ellenbeuge, mit einander, d.h. sie liefsen sich durch stumpfe Gewalt bis hierher trennen. Die Insertion fand mittels einer gemeinsamen Sehne, deren distaler Abschnitt ein sagittal gelagertes Band darstellte, am hinteren Rande der Tuberositas radii statt. Ein Lacer- tus fibrosus war in keinem der beiden Fälle vorhanden. In beiden Fällen zeigte der M. pectoralis major Beziehungen zum Tuber- culum minus humeri, und zwar in der Weise, dafs der obere Rand der an der Rückfläche des Muskels auftretenden Endsehne gleichsam eine fächer- förmige Ausbreitung darbot, die sich nicht wie der übrige Theil an die 122 5R1ck 1895,71, 8.220. 153 Primrose 1900, S. 31. 164 Dieses Band zeigte in dem einen Falle theilweise eine ‚anscheinend musculäre Be- schaffenheit. Mm. biceps brachiü und latissimo - condyloideus. 65 Crista tubereuli majoris, sondern an das Tubereulum minus und, das obere Ende des Suleus intertubereularis überbrückend, an die Gelenkkapsel sich befestigte. Diese Ausbreitung zeigte theils die üblichen, quer verlaufenden Fasern der Pectoralissehne, hier jedoch in fächerförmiger Ausstrahlung nach oben hin; theils waren auch einige stärkere Längsfasern vorhanden, die sich vom Tubereulum minus zur Rückfläche der Peetoralissehne erstreckten und sich dort verliefen. Wenn der Ansatzstumpf des durchschnittenen Pectoralis nach der lateralen Seite umgeklappt wurde, sah es aus, als wenn dieses fibromembranöse Gebilde den oberen Theil des Suleus inter- tubereularis nebst der darin liegenden Bicepssehne schräg kreuzte. In dem einen Falle wurde aufser den schon erwähnten Punkten noch ein Umstand notirt. Etwa 24°" vom Proe. coracobrachialis verbindet sich mit dem lateralen Rande des Caput coracoidale bieipitis ein membranöses Gebilde, welches von der Gegend des Tubereulum minus ausgeht, bez. sich dort in das periarticuläre Gewebe verliert. Dem Bicepsrande zunächst zeigt dieses Gebilde eine deutliche fibröse (sehnige) Beschaffenheit, und einige Muskelbündelchen des Caput coracoidale lassen sich rückwärts bis in diesen Randbezirk des membranösen Gebildes hinein verfolgen. Von anderen Autoren werden einige Anomalien des Biceps beim Orang angeführt. Duvernoy'” erwähnt bei dem M. latissimo - condyloideus, dafs dieser Muskel beim Orang am distalen Drittel des Oberarmes durch eine Aponeurose mit dem medialen Rande des Biceps verbunden sei. Ich kann mir dieses Verhalten nicht anders erklären, als dafs die Aponeurose durch das zum Theil von der Sehne des Latissimo-eondyloideus gebildete Septum intermusculare mediale dargestellt wurde, und dafs in dem betreffenden Falle eine accessorische Bicepsportion von diesem Septum entsprang. Ferner giebt Herve&'“ an, dafs Chudzinski unter fünf von ihm unter- suchten Exemplaren des »Orangoutang roux« zweimal einen vom Humerus zwischen dem Ansatze des Coracobrachialis und dem oberen Ende des Bra- chialis-Ursprunges entspringenden dritten Bicepskopf beobachtet habe. Diese Angabe wird von Testut'” fast mit denselben Worten wie bei Herve wiedergegeben; und wiederum findet sich fast mit demselben Wortlaut die 155 Duvernoy 1856, p. 80. 166 Herve 1883, p.44- 17 Testut 1883, p. 244, 1884, p. 381. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 9 66 H. GröNnRroos: 15 Keiner von diesen drei Autoren führt gleiche Angabe bei Ledouble. an, woher er die Angabe über den Befund Chudzinski’s entnommen hat, und es ist mir nicht gelungen, dieselbe in einer der mir bekannten Ar- beiten von Chudzinski anzutreffen." Über den Bieeps des Gorilla liegen, der Seltenheit des Objeetes entsprechend, noch spärlichere Nachrichten vor als über den des Orangs. Die Darstellung Duvernoy’s'” ist unter den mir bekannten die älteste und zugleich die einzige vollständige. Nach Duvernoy entspringt der eine Bicepskopf zusammen mit dem M. coracobrachialis sehnig vom Proc. coracoides, der andere ebenfalls sehnig vom oberen Rande der Pfanne des Schultergelenkes; diese letztere Ursprungssehne zieht durch die Gelenkhöhle hindurch. Die Muskelfasern beider Köpfe beginnen in gleicher Höhe; die Vereinigung der beiden Köpfe erfolgt erst weit distalwärts. Die Insertion des Muskels findet an der Tuberositas radii statt. — Ein Lacertus fibrosus wird nicht erwähnt; es darf daher, im Hinblick auf die im Übrigen so gewissenhafte Beschreibung Duvernoy 's, wohl angenommen werden, dafs in seinem Falle der Lacertus fehlte, zumal er selbst das Gebilde als beim Schimpansen vorhanden erwähnt. Unter den Forschern, welche später die Musculatur des Gorilla unter- sucht haben, findet Bischoff'" über den Biceps »nichts Besonderes zu berichten«, Symington'” erwähnt diesen Muskel gar nicht und Chap- man'” und Hepburn'"" finden keine Abweichungen von der Anordnung beim Menschen. Macalister'” giebt an, dafs der Muskel seine beiden üblichen Köpfe besafs, von denen der glenoidale sich zu dem scapularen wie 33 zu 18 verhielt. Hartmann" berichtet über den Biceps des Gorilla nur, dafs der Lacertus fibrosus sich als besonders starksehniges Bündel der 168 Ledouble 1897, T.II, p. 43. 1% In den beiden von Testut (1884, p. 396) am Schlusse des Capitels über den Biceps angeführten Arbeiten von Chudzinski (1874 und 1832) habe ich wiederholt nach dieser Angabe gesucht, jedoch vergebens; ich möchte daher nicht glauben, dafs die be- treffende Stelle in einem von diesen Aufsätzen enthalten ist. 0° Duvernoy 1856, p. 86— 87. Bischoff 1880, S.ı2; vergl. auch 1870, S. 210. 12 Symington 1889. Chapman 1878, p. 387. Hepburn 1892, p.158. Macalister 1873, p. 502. 6 Hartmann 13833, S.156. Mm. biceps brachii und latissimo-condyloideus. 67 Vorderarmbinde bis zur Hohlhandbinde fortsetze, und Deniker'” erwähnt nur, dafs der Muskel bei seinem Gorillafötus zwei distinete Köpfe darbot, die sich etwa in gleicher Höhe wie beim Menschen mit einander ver- einigten. Bei einem von Deniker untersuchten jungen Gorilla war der Muskel in seinen vier oberen Fünfteln getheilt. Der Schimpanse ist der am häufigsten untersuchte von den Anthro- poiden. Dementsprechend begegnen wir auch in Bezug auf seinen Biceps am häufigsten dem Hinweise auf die Übereinstimmung mit dem des 178 Menschen. Tyson, der schon den Anfang damit macht, fügt immerhin zu diesem Hinweise noch die besondere Bemerkung hinzu, dafs der Biceps die gleiche zweifache sehnige Endigungsweise besitze wie beim Menschen. Von späteren Autoren beschränken sich Traill””, Champneys'”, Chap- man'” und Hepburn'"” darauf, den Muskel als übereinstimmend mit dem des Menschen anzugeben; Macalister'” bezeichnet ihn als »normal«; Wy- 5 man'“, Symington'” und Fick" erwähnen den Biceps gar nicht. Vrolik'“” berichtet, dafs der Biceps zwei getrennte Ursprungsportionen besitze, von denen die eine (caput breve) von der Spitze des Proc. cora- coides, die andere (caput longum) vom oberen Rande der Pfanne des Schultergelenkes entspringe. Der durch Vereinigung der beiden Ursprungs- portionen gebildete gemeinsame Muskelbauch gehe an der Ellenbeuge in eine Endsehne über, die an der Tuberositas radii befestigt sei. Ein Lacertus fibrosus scheint nieht vorhanden gewesen zu sein. Dagegen sah Duvernoy'“ einen musculösen Zipfel sich vom Biceps absondern und an die Vorderarm- fascie treten. Nach Wilder'” sind die beiden Ursprungsköpfe, von denen der coracoidale der stärkere ist, bis ein Zoll weit von der Insertion getrennt. 17 Deniker 1885, S.141— 142. 8 Tyson 1699, p. 89. Iran rarrnp: 27> 10 Champneys 1872, p.182. 132 Chapman 1879, p. 54 —55: 152 Hepburn 1892, p.158. 183 Macalister 1871, 3, p. 346. 153 Wyman 1855. 1855 Symington 188g. 186 Fick 1895, 2. 17 Vrolik 1841, S.19. 18 Duvernoy 1856, p. 87. 18 Wilder 1861, S. 360. 9* 68 H. Grönroos: Gratiolet et Alix'” fanden den Biceps aus zwei sehr selbständigen Portionen gebildet. Die eine (scapulo-radiale) Portion entsprang vom oberen Rande der Schultergelenkpfanne mit einer Sehne, welche durch die Gelenk- höhle zum Suleus intertubereularis verlief und am unteren Rande des Pectoralis major in den Muskelbauch überging. Die zweite (coraco-anti- brachiale) Portion nahm am Proe. coracoides ihren Ursprung. Eine partielle Vereinigung der beiden Portionen erfolgte erst in der Ellenbeuge, unmittel- bar vor der Insertion, welche für den ganzen scapulo-radialen Kopf und einen grofsen Theil der coraco-antibrachialen Portion an der Tuberositas 'adii stattfand. Die medialen Fasern des letzteren Kopfes jedoch gingen theils in einen zur Vorderarmfaseie tretenden Lacertus fibrosus über, theils inserirten sie an einen sehnigen Streifen, der sich zwischen den Mm. pal- maris longus und pronator teres ausdehnte. 9 Humphry'' erwähnt vom M. biceps brachii nur, dafs dieser keine Beziehungen zur Fascie des Vorderarmes besafs. Der Lacertus fibrosus hat also hier wie in dem Vrolik’schen Falle gefehlt. Im Gegensatz hierzu beobachtete Testut'"” beim Schimpansen wie beim Orang den Lacertus fibrosus des Biceps. Sutton zwei Ursprungsköpfe besafls, die sich erst sehr weit distalwärts am Arme »3 ojebt vom Biceps des Sechimpansen nur an, dafs der Muskel oO ’ mit einander vereinigten. Beddard"" endlich fand den Muskel aus zwei distineten Portionen gebildet, von denen die scapulare etwas stärker war. Die beiden Portionen vereinigten sich 34 Zoll vor der gemeinsamen Insertion, die am Radius stattfand. Ein Lacertus fibrosus scheint in dem von Beddard beschrie- benen Falle nicht vorhanden gewesen zu sein. In einem von mir untersuchten Arm eines Schimpansen entstand der Biceps aus zwei Ursprungsköpfen, die sich verhältnifsmäfsig hoch oben 195 (etwas oberhalb der Mitte des Oberarmes) aneinanderlegten” und einen 10 Gratiolet et Alix 1866, p. 159— 160. 1! Humphry 1867, p. 265. 122 Testut 1834, p. 393. 13 Sutton 1884, p.76. 19% Beddard 1895, p.185. 1° Bei Anwendung stumpfer Gewalt konnten sie allerdings leicht bis weit unterhalb der Mitte des Oberarmes getrennt werden. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 69 starken Muskel darstellten, der durch seine vollere Rundung und Wölbung mehr an einen gut entwickelten menschlichen Biceps erinnerte, als die von mir untersuchten Bicipites der Orangs und der Hylobatiden, welche viel schlankere bez. plattere Formen darboten. Von den beiden Ursprungs- köpfen entsprang der eine zusammen mit dem M. coracobrachialis von der Spitze des Proc. eoracoides, der zweite vom oberen Rande der Schulter- gelenkpfanne mit einer Sehne, die frei durch die Gelenkhöhle zum Suleus bieipitalis verlief. Die Insertion fand an der hinteren Kante der Tubero- sitas radii mittels einer sagittal gestellten, bandförmigen, terminal verbrei- terten Sehne statt. Unmittelbar ehe die Sehne sich in die Tiefe senkte, ging vom medialen Rande des Muskels ein dünner, fleischiger Zipfel medial- und distalwärts ab, um sich zur Vorderarmfascie zu begeben. Dieser Zipfel stellte also zwar keinen Lacertus fibrosus, wohl aber einen Lacertus car- nosus bieipitis dar. Der obere Rand der Pectoralissehne zeigte die gleiche Verbindung mit dem Tuberculum minus humeri wie beim Orang, und diese Verbindung liefs deutlich sowohl die ausstrahlenden Fasern der Peetoralissehne, als auch besondere Längsfasern erkennen, die vom Tubereulum minus zur Rücktläche der Pectoralissehne (nahe der Crista tubereuli majoris) verliefen und dort allmählich aufhörten. Was zuletzt den Menschen anlangt, so bietet die »typische« Anord- nung seines Biceps brachii mit zwei Ursprungsköpfen, von denen der »kurze« am Proc. coracoides, der »lange« an der Tuberositas supraglenoidalis ent- springt, und mit doppelter Insertion, einer zur Tuberositas radii tretenden Hauptsehne und einem ulnaren, in die Vorderarmfascie übergehenden sehni- gen Zipfel (»Lacertus fibrosus«), für die hier anzustellenden Betrachtungen verhältnifsmäfsig weniger Interesse dar. Allein, wie schon bemerkt wurde, und wie schon seit geraumer Zeit allgemein bekannt ist, gehört der Biceps brachii zu denjenigen Muskeln des menschlichen Körpers, welche am häufig- sten Variationszustände aufweisen. Gerade einige von diesen Varietäten sollen hier näher in’s Auge gefalst werden. & Die hauptsächlichsten, den Ursprung des Biceps brachii betreffenden Varietäten bez. Anomalien sind folgende: I. Fehlen des ganzen Muskels. II. Fehlen des kurzen oder (etwas weniger selten) des langen Ur- sprungskopfes. 70 H. GrönRroos: II. Verdoppelung des kurzen oder des langen Kopfes bei Fehlen oder Vorhandensein des anderen. IV. Ursprungsköpfe, die an aufsergewöhnlichen Orten entspringen, entweder als Ersatz für den fehlenden langen (oder kurzen) Kopf oder als überzählige Portionen des Muskels, die neben den beiden normalen Ur- sprungsköpfen bestehen. Die unter I bis III erwähnten Anomalien können hier nicht eingehender erörtert werden; ich hoffe aber ein anderes Mal auf sie zurückzukommen. Näheres über diese Anomalien findet man unter Anderem in den ausführ- 197 lichen Werken von Testut"” und von Ledouble'” über Muskelanomalien, ferner bei Lubosch.'” Vielmehr kommen für die vorliegende Untersuchung nur die unter IV angeführten Varietäten sowie auch einige weniger beachtete Abweichungen, welche die Insertion des Muskels betreffen, in Betracht. Hinsichtlich des Ortes, wo sie ihren Ursprung nehmen, bieten die aulsergewöhnlichen Bicepsköpfe eine sehr grofse Mannigfaltigkeit dar. Nach den bisherigen Beobachtungen entspringen sie im Wesentlichen von folgen- den Ursprungsgebieten oder -Quellen: ı. Von der Humerusdiaphyse zwischen den Mm. coraco-brachialis und brachialis, oder auch etwas weiter lateralwärts, gegen den Ansatz des M. deltoides zu; 2. vom M. brachialis; 3. vom M. coraco-brachialis; 4. vom Septum intermusculare mediale; 5. von dem Sept. intermuse. laterale und der angrenzenden Humerus- partie sowie vom M. brachioradialis; 6. vom M. pronator teres; 7. von der Kapsel des Schultergelenkes; 8. vom Tubereulum majus humeri; 9. vom Tuberculum minus humeri; o. vom Grunde des oberen Abschnittes des Suleus intertubereularis oder von der Crista tuberculi majoris oder minoris; ıı. von der sehnigen Rückfläche des terminalen Abschnittes des M. peetoralis major. 196 Testut 1884, p. 372— 374- 197 Ledouble 1897, T.ll, p. 32. 18 Lubosch 1899. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 71 Am häufigsten kommt der unter ı. angeführte Ursprungskopf von der Humerusdiaphyse vor. Dieser Bicepskopf ist schon seit langer Zeit bekannt; jedenfalls wird er schon von Meckel'"” (wahrscheinlich aber schon früher) und seither in jedem etwas ausführlicheren Handbuch der mensch- lichen Anatomie erwähnt. Es würde daher unmöglich sein, die verschie- denen beobachteten Fälle aufzuzählen, da fast alle Anatomen, die sich mit Muskelvariationen beschäftigt haben, auch diese Bicepsportion anführen. Von den französischen Autoren hat sie speciell den Namen »chef humeral« erhalten; auch englische Autoren nennen ihn häufig »humeral slip« oder »humeral head«. Die Häufigkeit des Auftretens dieser Bicepsvarietät wird etwas verschieden angegeben: einmal unter 8 bis 9 Fällen nach Theile” und Wood””, einmal unter ı5 Fällen nach Hallett.”” Poirier”” schätzt die durehschnittliche Frequenz auf etwa 1:10. Die statistischen Angaben sind jedoch überhaupt etwas unsicher, weil sehr viele Autoren auch die von oder mit dem M. brachialis entspringende Bicepsportion mit hierher zählen. Als Ursprungsstelle dieser Bicepsportion wird von den meisten Autoren die zwischen dem Ansatze des Coracobrachialis und dem oberen Ende des Ursprunges des M. brachialis befindliche Zone des Humerus angegeben (vergl. Theile”, Hallett””, Hyrtl”®, Macalister””, Wood”, Chud- zinski?”, Herve?" u.s. w.). Jedoch werden als Abarten dieser Biceps- portion auch Ursprungsbündel aufgefafst, welche mehr lateralwärts vom Humerus, gegen die Ansatzstelle des M. deltoides zu entspringen (Henle”'). Einige Autoren heben indessen ausdrücklich hervor, dafs der Ursprung 199 Meckel 1816, S. 503. 200 Theile 1841, S. 239— 240. 20! Wood 1868, p. 495- 202 Hallett 1848, p. 12—13. 203 Poirier 1898 (?), p- 98. 24 Theile a.a.0. 205 Hallett 1848, p.13. 206 Hyrtl 1859, I, S. 412. 207 Macalister 1866, p.455; 1867, p.139; 1871, 1, p. 80—81. 208 Wood 1867, p. 525. Chudzinski 1874, p. 27; 1882, p. 301— 302. Herve 1833, p. 41—42. 212 Henle 1871, S.189. 72 H. GrRÖNROooSs: dieses Kopfes sich ganz unmittelbar an die Insertion des M. coracobrachialis anschliefse (Moser””, Macalister””, Herve u. A.). Ad2. Auch der vom M. brachialis internus kommende Bicepskopf wird von sehr vielen Autoren angegeben (Theile, Hyrtl, Macalister, Wood’“, Henle, Quain’”, Testut”, Poirier” u. A.). Die meisten Autoren identifieiren diesen Kopf mit dem vorerwähnten humeralen oder betrachten ihn als eine Abart des letzteren.”® Es handelt sich fast stets um das obere (proximale) Ende des Brachialis, und zwar stammt das zum Biceps übertretende Bündel entweder mehr von der medialen oder mehr von der lateralen Portion des Brachialis (Hyrt]). Ad 3. Den Übertritt eines Muskelbündels von M. coracobrachialis zum Biceps erwähnen Theile”” und besonders W 00d.”” Ad4. Der Bieepsursprung vom Septum intermusculare mediale wurde — soweit ich habe ermitteln können — zuerst von Gruber beschrieben. 221 Dieser Autor sagt hierüber »Ich habe nämlich schon als Prosector in Prag einige Male und gegenwärtig beiläufig unter 40 Ca- davern dreimal an einer oberen Extremität robuster Männer ein drittes, überzähliges und starkes Muskelbündel des M.biceps brachii mit zwei Köpfen von dem Oberarm entstehen gesehen, welche durch ihre Vereinigung das von der Arteria brachialis, den Venae brachiales und dem Nervus medianus gebildete Bündel ringförmig umgaben«. In zwei von diesen Fällen, welche genauer untersucht wurden, setzte sich das überzählige Muskelbündel des Biceps aus einem äufseren und einem inneren Kopfe zusammen. Der äufsere ent- sprang in der Gegend des Coracobrachialisansatzes von der medialen und 212 Moser I822, S. 224. 213 Macalister 1866, p. 455: 24 Wood 1868, pP. 495: 25 Quain’s Anatomy 1882, p. 209. 216 Testut 1883, p. 238ff.; 1884, p. 375— 381; 1896, p. 781. >17 Poirier 1898 (P), p. 99. Macalister (1866, p.455) hielt Anfangs diesen brachialen Bicepskopf für häufiger, den eigentlichen humeralen für seltener; später (1871, ı, p. 81) führt er den letzteren als den am häufigsten vorkommenden an. 2% Theile 1841, S. 239. 220 Wood 1868, p.495. 221 Gruber 1847, S.93— 94. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 13 vorderen Seite des Humerus und von der Crista tubereuli minoris. Der innere Kopf entsprang vom Septum intermuseulare mediale und vom Caput mediale trieipitis. Durch die Vereinigung der beiden Köpfe entstand erstens eine elliptische Öffnung, durch welche das Gefäfs- und Nerven- bündel hindurehtrat, und ferner ein dieses Bündel vollständig bedeckender Muskelbauch, der sich theilweise mit dem Caput breve bieipitis vereinigte, theils direet in den Lacertus fibrosus des Muskels überging. Da die der erwähnten Öffnung zunächst gelegenen Fasern der beiden Köpfe sehnig waren und in einander übergingen, entstand hier eine bogenförmige sehnige Umrandung der Öffnung. Auch Hyrtl beobachtete den vom Septum intermusculare mediale ent- springenden Bicepskopf und bemerkt hierüber”” (bei Besprechung der am Oberarme entspringenden überzähligen Bicepsportionen): »Nur eine Form derselben ist chirurgisch wichtig. Sie besteht in dem Vorkommen eines dritten Kopfes, welcher gröfstentheils vom Ligamentum intermuseulare inter- num entspringt und, schräg zum inneren Rande des Biceps herüberziehend, die Arteria brachialis und den Nervus medianus derart bedeckt, dafs die gewöhnlichen Regeln zur Auffindung und Unterbindung der Brachialarterie unzureichend werden.« Auf die chirurgische Bedeutung dieser Varietät hatte auch Gruber schon hingewiesen. Macalister”” berichtet ebenfalls über eine vom Septum intermusculare mediale fleischig entspringende Bicepsportion, die sich dem medialen Rande des Bicepskörpers anschliefse. In einer späteren Abhandlung”” deutet Ma- calister an, dafs er diesen Ursprungskopf wiederholt gesehen habe; er bemerkt nämlich, dafs er früher diese Fälle einfach zu den humeralen ge- zählt und sie erst nach Kenntnifsnahme von dem Artikel Hyrtl’s von diesen gesondert habe. Möglicherweise ist, wie es Ledouble”” gethan hat, auch ein von Walsham°”* mitgetheilter Fall hierher zu zählen; doch scheint es sich in diesem Falle vielmehr um ein vom Biceps distalwärts, über das Gefäls- und Nervenbündel hinweg zum Septum intermusculare verlaufendes Muskel- 222 Hyrtl 1859, 2, S. 480. 223 Macalister 1867, p. 139. 224 Macalister 1871, 1, p. 81. 225 Ledouble 1897, T. II, p. 43. Walsham 1881, p. 73. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 10 74 H. Grönroos: bündel, also um eine Insertion und nicht um einen Ursprung des Biceps gehandelt zu haben. Ad 5. An jene schon berücksichtigten Fälle, wo der »humerale« Bieepskopf einen mehr lateralen Ursprung (etwa von der Gegend des Del- toides- Ansatzes) besitzt sowie an diejenigen Fälle, wo der Biceps vom M. brachialis eine Ursprungsportion bezieht, reihen sich andere Fälle, in denen ein Bicepsbündel weiter distal und lateral, unterhalb des Deltoides- Ansatzes, von der lateralen Seite des Humerus und vom Septum inter- musculare laterale entspringt oder endlich vom M. brachioradialis sich abzweigt. Derartige Fälle sind u. A. von Wagner””, Gruber””, Hyrtl”®, Wood” und Macalister”” beobachtet worden. Diese Muskelbündel er- langen zuweilen gröfsere Selbständigkeit und inseriren an den Radius distal von der Tuberositas radii (Wood°”, Pietsch”). Ad. 6. Ein vom M. pronator teres zum Biceps übertretendes Muskel- bündel hat Macalister”” beobachtet. Während in den bisher berücksichtigten Fällen der aufsergewöhnliche Bicepskopf an dem mittleren und distalen Abschnitt des Oberarmes ent- sprang, handelt es sich in den unter 7—ı1 angeführten Fällen um Biceps- portionen, die am proximalen Theile der Gliedmafse ihren Ursprung nehmen. Da das obere Ende des Humerus durch die Mm. pectoralis major und del- toides vollständig eingehüllt ist, befinden sich natürlich auch die Ursprungs- stellen sämmtlicher dieser Bicepsportionen in der Tiefe unter jener Muskel- kappe und speciell unter dem Pectoralis major. Ad. 7. Über Ursprungsbeziehungen des Biceps zur Kapsel des Schulter- gelenkes liegen recht zahlreiche Mittheilungen vor. Moser”” fand in einem Falle einen Bicepskopf, welcher von der Schultergelenkkapsel an der Stelle entsprang, wo die Sehne des Caput 227 Wagner 1333, S. 344— 345: 228 Gruber 1848, S. 428—429. 229 Hyrtllıaso, 2, S. 480. 220 Wood 1864, p. 301; 1868, p. 495, 496. 231 Macalister 1866, p. 455; 1867, p. 139. 232 Wood 1868, p. 496. 233 Pietsch (Journal de med. de Roux, T. XXXI, p. 245), eitirt bei Wood, Meckel (1816, S. 504), Testut (1884, p. 387, 396), Hyrtl (1859, ı, S. 412) u. A, >34 Macalister 1866, p. 455; 1867, p. 139. 285 Moser 1822, S. 227. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 75 longum die Gelenkhöhle verläfst, um den Suleus intertubereularis zu be- ziehen. Diese Anordnung falst Moser als eine Spaltung des langen Biceps- kopfes auf. In einem anderen Falle” beobachtete Moser einen vierköpfigen Biceps. Das eigentliche Caput longum (s. glenoidale) fehlte; dafür ent- sprangen vom Proe. coracoides zwei und am Oberarme in eigenthümlicher Weise zwei weitere Köpfe. Es erstreckte sich nämlich von der Aufsenseite der Schultergelenkkapsel bis gegen die Mitte des Humerus ein sehniger Längsstreifen, der oben mit der Gelenkkapsel und sodann mit dem Humerus, speeiell mit der Crista tuberculi majoris, längs der er verlief, verwachsen war. Von diesem Streifen entsprangen die beiden erwähnten Bicepsköpfe, der eine zugleich auch vom Humerus in unmittelbarem Anschlufs an den Coracobrachialis. Der Sehnenstreif konnte an der Aufsenfläche der Kapsel in Folge zusammentretender »starker Faserbündel des Kapselbandes« bis an die scapulare Insertion der Kapsel verfolgt werden. Theile’” sah den kurzen Bicepskopf ganz oben eine von der Kapsel des Schultergelenkes breitsehnig entspringende Verstärkung empfangen. Gruber” beschreibt in folgender Weise eine Bicepsanomalie, die er zweimal unter etwa 30 Cadavern beobachtet zu haben angiebt: »Es ent- springt nämlich theils von der Schultergelenkskapsel an der Stelle, wo die Sehne des langen Kopfes des M. biceps heraustritt, ein schmälerer nach aufsen von jener Sehne und hinter der Insertionsportion des M. pec- toralis major heruntersteigender sehniger Streifen, theils ein diekeres und kürzeres Sehnenbündel von dem unteren Rande der Sehne des M. pec- toralis major. Beide vereinigen sich gleich unterhalb der Insertion des zuletzt genannten Muskels zu einem etwa + Zoll breiten Muskelbündel, das schief vor dem langen Kopfe des M. biceps vorbeistreicht, um die Furche zwischen den beiden Köpfen des M. biceps zu erreichen, und, in derselben verlaufend, in die gemeinschaftliche Sehne des M. biceps sich zu verlieren«. Hyrtl”” sah den langen Kopf gänzlich fehlen und zweimal durch eine Sehnenschnur, die von der Kapsel des Schultergelenkes entsprang, ersetzt werden. 2 [7 6 Ebenda, S. 227— 229. 287 Theile 1841, S. 240. 238 Gruber 1848, S.426—427. SSH yEtl 2359,15 pP. 412. 10* 76 H. Grönroos: Auch Macalister” erwähnt einen von der Schultergelenkkapsel ent- springenden Bicepskopf. Chudzinski’" beobachtete bei einem »Noir de Pondichery« und bei einem Neger ein von der Schultergelenkkapsel im Niveau des Tubereulum minus breitsehnig entspringendes Muskelbündel, welches sieh dem lateralen Rande des Caput breve bieipitis anschlofs. Testut?" beschreibt einen Fall, wo der im Übrigen vollkommen typisch beschaffene lange Bicepskopf an seiner lateralen Seite verstärkt wurde durch ein etwa 15""” breites Muskelbündel, welches von der sehnigen Rückfläche des M. pectoralis major entsprang; einige seiner Ursprungssehnenfasern liefsen sich jedoch bis zur Kapsel des Schultergelenkes hinauf verfolgen, wo sie sich verloren. Es könnten wahrscheinlich noeh mehr Fälle aufgezählt werden”, in denen ein von der Schultergelenkkapsel entspringendes Ursprungsbündel des Biceps beobachtet worden ist; doch mögen die angeführten Beispiele genügen. Ad S. Fälle, in denen eine abnorme Bicepsportion vom Tuberculum 244 245 und von W ood°” wieder- 246 majus humeri entsprang, sind von Macalister holt beobachtet worden. Beide Autoren berufen sich” aufserdem auf eine ähnliche Beobachtung von Meckel. Ad. Auch den vom Tubereulum minus entspringenden Bicepskopf haben Wood”” und Macalister”” in vielen Fällen beobachtet. So er- wähnt der letztere 1866, dafs er in zwei Leichen den Ursprung vom Tuber- culum majus und in drei anderen den vom Tubereulum minus angetroffen habe, und dafs in allen Fällen, bis auf einen, der Befund an beiden Armen der gleiche gewesen sei. In zwei von Wood beobachteten Fällen war aulser diesem vom Tubereulum minus entspringenden und den beiden 240 Macalister 1867, p.139—140; 187I, I, p. 80. 241 Chudzinski 1882, p. 302. 222 Testut 1884, p. 385. 243 Verel. Testut 1884, p. 383; Ledouble 1897, T.1I, p. 36. Macalister 1866, p.455; 1867, p.I39, 140. 215 Wood 1866, p. 234; 1868, p. 495. 216 Auch Wood 1865, p. 388. >47 Wood 1865, p. 388; 1868, p. 495. 218 Macalister 1866, 1867. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. Ur typischen Bicepsköpfen auch noch der gewöhnliche humerale Ursprungs- kopf”” vorhanden. Eine ähnliche Anordnung traf Testut”” bei einem Neger an. Auch hier war zugleich der humerale Kopf vorhanden. 1 eitirt. Einige weitere hierhergehörige Fälle werden von Ledouble Ad 10. Über Bicepsköpfe, die vom Grunde des Suleus intertuber- cularis oder von den Rändern dieser Rinne, d. h. von den Oristae tuber- eulorum ihren Ursprung genommen haben, liegen mehrere, zum Theil höchst interessante Mittheilungen vor. Macalister”” sah in einem Falle, wo der lange Bicepskopf fehlte, einen von der Crista tubereuli majoris entspringenden abnormen Ursprungskopf; zu- gleich war auch der »humerale« Kopf vorhanden. Auch aus dem Sulecus inter- 253 tubercularis hat Macalister”“ den langen Bicepskopf entspringen sehen. Wood” erwähnt den Ursprung eines vierten Bicepskopfes von den Rändern des Suleus bieipitalis. Der dritte Kopf war der »humerale«. Gruber beobachtete in einem Falle ein »Caput humerale anomalum « des Biceps und beschreibt den Befund mit folgenden Worten”: »Dasselbe entspringt in dem genannten Suleus interspinalis, von der obersten Inser- tion der Sehne des Pectoralis major abwärts, mit letzterer an dem lateralen Rande seiner Sehne eine längere Strecke durch Fasern vereinigt«. Es ist zu bemerken, dafs in diesem Falle wie in dem vorhin erwähnten von Macalister das Caput longum (s. glenoidale) fehlte. Ein Bicepskopf, der in mehrfacher Beziehung sehr an den soeben nach Gruber beschriebenen erinnert, wurde von Chudzinski”“ bei einem Neger angetroffen. In diesem Falle waren die beiden typischen Köpfe vorhanden. Der dritte Kopf entsprang anscheinend vom unteren Rande des Pectoralis major. Bei genauerem Nachsehen zeigte sich jedoch, dafs die Ursprungs- sehnenfasern längs der sehnigen Rückfläche des Pectoralis major, mit der 249 „In the usual situation from the upper fibres of the brachialis antieus« (Wood 1865, p- 388). 250 Trestut 1884, p. 794— 795- 253 Ledouble 1897, T.II, p. 36. 252 Macalister 1867, p.140. 258 Macalister 1871, p. 80. 254 Wood 1868, p. 495. 2355 Gruber 1872, S. 317. Chudziuski 1874, p. 26. 18 H. GrÖönNRoos: sie verwachsen waren, weiter hinauf verfolgt werden konnten. Ein Theil dieser Fasern änderte hier Verlaufsrichtung und schlofs sich den Fasern der Peetoralissehne an, so dafs dieser Theil der Fasern sich der weiteren Verfolgung entzog. Andere Fasern jodoch behielten ihre Längsrichtung bei und konnten bis an ihren Ursprung im obersten Abschnitt des Suleus inter- tubereularis verfolgt werden. Obwohl vollkommen gut erkennbar, waren jedoch auch diese Fasern nicht frei, sondern hafteten, wie die anderen, an der sehnigen Rückfläche des Pectoralis major. Testut hat den Ursprung eines Bicepskopfes vom Rande des Suleus intertubereularis beobachtet. Er sagt hierüber”: »J’ai vu, dans un cas, la portion glenoidienne du biceps s’arreter sur la levre externe de la cou- lisse bieipitale«. Zugleich führt Testut einige von anderen Autoren be- obachtete ebensolche Fälle an. Rolleston”” beschreibt einen Fall, wo die beiden gewöhnlichen Bi- cepsköpfe gut entwickelt waren und aus dem obersten Abschnitte des Suleus intertubereularis ein dritter Kopf entsprang, der sich mit der gemeinschaft- lichen Insertionssehne des Biceps verband. Dieser Kopf entsprang mit einer drei Zoll langen, etwas abgeplatteten Sehne. Auch Ledouble”” erwähnt, dafs er den langen Bicepskopf aus dem Suleus intertubereularis hat entspringen sehen und eitirt nach anderen Autoren noch einige derartige Fälle. Endlich ist in diesem Zusammenhange der zweite oben schon be- sprochene Fall von Moser” angeführte Fall Gruber ’s’ sowie der beim Septum intermusculare mediale ° nochmals zu berücksichtigen, da der erstere Fall zur Crista tubereuli majoris, der letztere zur Crista tubereuli minoris Beziehungen aufweist. Ad ıı. Was zuletzt die Fälle betrifft, in denen eine Bicepsportion von dem M. pectoralis major entspringt, so wurden einige schon erwähnt, da die sehnigen Ursprungsfasern dieser Portion sich längs der sehnigen Rückfläche des Peetoralis weiter verfolgen liefsen, nämlich zur Kapsel des Schultergelenkes (Testut) bez. zum oberen Theil des Suleus intertuber- 257 Teestut 1884, p. 382. 258 Rolleston 1887, p. 330. 29 Z,edouble 1897, 71157p. 35. 260 Moser 1822, S. 227— 229. Gruber 1847, S. 93— 94. 261 Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 29 eularis (Gruber, Chudzinski). Überhaupt dürfte es sich in den hierher- gehörigen Fällen stets um einen Ursprung von der sehnigen Rückfläche und nicht, wie es beim ersten Anblick aussehen mag, nur vom unteren Rande des Pectoralis major handeln. Abgesehen von den schon erwähnten Fällen wurde dieser Bicepskopf noch in vielen anderen beobachtet. So #2 und Macalister”® berichten Gruber über derartige Fälle ohne weitere Complicationen. Viel eitirt wird ein von Koster angeblich in »Neder- landsch Archief II, 37 1«° mitgetheilter Fall, den Henle in folgender etwas verzwickten Weise erwähnt: »Einmal entsprang der lange, hier kürzere Kopf von der Innenfläche der Sehne des M. pectoralis major«. Chudzinski”” fand bei Negern aufser dem schon erwähnten Falle noch in zwei weiteren Armen ein von der Rückfläche des Pectoralis kommendes Bicepsbündel. Ledouble”* hat ebenfalls diesen Bieepskopf beobachtet und erwähnt ferner Ähnliche von Pozzi und von Kölliker beobachtete Fälle. Fragt man sich nun, ob denn alle diese anscheinend so regellos zer- streuten Bicepsköpfe eine tiefere Bedeutung besitzen oder ob wir in ihnen lediglich den Ausdruck eines launischen Spieles der Natur zu erblicken haben, so dürfte wohl bei dem heutigen Stande der Wissenschaft die aprioristische Annahme der letzteren Möglichkeit nicht zuzulassen sein. Es bleibt also nur übrig, nach einer plausiblen Erklärung für diese Varietäten zu suchen und sie womöglich in ein System zu bringen, welches die Über- sicht und das Verständnifs derselben fördern könnte. Es fehlt — wenigstens für einen Theil der hier erwähnten Varietäten — gewils nicht an solchen Deutungsversuchen. Insbesondere hat der sogenannte humerale Bicepskopf zu mehrfacher Discussion Anlafs gegeben. Hyrtl”” führte ihn auf eine Abspaltung vom M. brachialis zurück, bedingt je nach der Lage dieser Ursprungsportion entweder durch einen Hauptast des N. museulocutaneus oder durch die 262 Gruber 1848, S. 427. 263 Macalister 1866, p. 455; 1867, p. 139. 264 Vergl. Henle 1871, S. 188; Testut 1884, p. 396. 265 Chudzinski 1874, p. 27. 266 Ledouble 1897, T. II, p: 36. 267 Hyrtl 1359, 2, S. 480, s0 H. Grönroos: Vena cephalica. Die Unhaltbarkeit der Ansicht, dafs der N. museuloeutaneus als abspaltendes Moment zu betrachten wäre, wurde schon von Calori’® und später von Testut”” hauptsächlich durch den Nachweis dargethan, dafs in vielen Fällen gar kein Ast dieses Nerven zwischen dem humeralen bez. »brachialen« Bicepskopf und dem übrigen Theile des M. brachialis durchtritt. Testut weist ferner darauf hin, dafs ein humeraler Bicepskopf ge- wissen Säugethieren, speciel dem Rhinoceros und einigen Chiropteren, zukomme, sowie darauf, dafs bei mehreren Säugethieren (Schaf, Pferd, Hyrax) der M. brachialis sich an den Radius inserire. Im Hinblick auf diese Umstände will Testut in dem Auftreten des humeralen Bicepskopfes beim Menschen eine Neigung des M. brachialis, jene verloren gegangene Beziehung zum Radius wieder anzuknüpfen, erkennen und rechnet diesen 270 Bicepskopf zu den reversiven Anomalien.”” Dieselbe Anschauung, obwohl nicht so direet ausgesprochen, hat auch in dem Handbuche von Poirier”' den gleichen Hinweis auf das Rhinoceros und die Fledermäuse veranlafst. — Diese Anschauungsweise, wie übrigens auch die von Hyrtl, setzt er- sichtlicherweise als klar voraus, dafs es sich bei dem humeralen Biceps- kopfe überhaupt um eine Abspaltung vom M. brachialis handelt. Für die am oberen Endabschnitte des Humerus (Kapsel des Schulter- gelenkes, Tubereula humeri, Suleus intertubercularis, Cristae tubereulorum, Pectoralissehne) entspringenden Bicepsköpfe hat sich allmählich die Ansicht eingebürgert, dafs es sich um den langen Bicepskopf handle, dessen proxi- maler Abschnitt, anstatt seine gewöhnliche Lage innerhalb des Sehulter- gelenkes und seine normale Beziehung zum oberen Rande der Pfanne des Schultergelenkes zu gewinnen, nicht nur aufserhalb der Gelenkhöhle, sondern sogar am Oberarme stecken geblieben sei oder höchstens noch die Aufsenfläche der Schultergelenkkapsel erreicht habe. Die Entstehung dieser Anschauungsweise erscheint begreiflich genug, wenn man jene Fälle in’s Auge fafst, in denen ein normaler langer Bicepskopf fehlt, während in der Nähe der von diesem Kopfe am Öberarme normalerweise durch- laufenen Strecke ein Bicepskopf entspringt. Jedoch ist die gleiche Deutung auch auf diejenigen Fälle übertragen worden, in welchen ähnliche am Oberarme 268 Oalori 1866, 2. 29 Testut 1833. 270 Vergl. Testut 1883, speciell p. 244, und 1884, p. 381. 27ı Poirier 1898 (?), p. 98. Mm. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 81 entspringende Bicepsköpfe aceessorische, neben den vorhandenen typischen Köpfen bestehende Ursprungsportionen des Muskels darstellen. Den Versuch, den ersten Spuren dieser Anschauung nachzugehen, habe ich nicht gemacht. Sie mag aber schon alt sein, denn ieh finde sie schon bei Moser vertreten. Moser betrachtet nämlich in dem bereits (S. 75) refe- rirten Falle mit vier Bicepsköpfen den ersten am Oberarme entspringenden Kopf als »Ersatz« für den fehlenden eigentlichen langen Kopf. Jedoch sprieht Moser nicht klar und bündig als seine Ansicht aus, dafs dieser am Ober- arm entspringende Bicepskopf dem langen morphologisch entspreche oder mit diesem identisch sei; vielmehr sagt er bei demselben Falle, in welchem, wie schon früher erwähnt, zwei Köpfe vom Proe, eoracoides und zwei am Oberarme entsprangen; »Die beiden ersteren, der lange und kurze Kopf des Muskels, unterscheiden sieh jedoch nicht in Hinsicht ihrer Länge und Befestigungsweise, da der, welcher der lange sein sollte, sich mit seiner Sehne ebenfalls an den Hakenfortsatz des Schulterblattes heftete«.”” Klarer, aber infolge Vorhandenseins eines normalen langen Kopfes weniger gut begründet, kehrt diese Auffassung in dem ebenfalls schon 273 erwähnten Falle Moser’s”” wieder, wo ein dritter Bicepskopf von der Kapsel des Schultergelenkes entsprang und von Moser als Längsspaltungs- produet des langen Kopfes interpretirt wurde. Eine specielle wissenschaftliche Begründung dieser Auffassungsweise ist mir nicht bekannt, obwohl ich mir kaum denken kann, dafs keine existiren sollte. Jedenfalls aber scheint die Auffassungsweise selbst noch während längerer Zeit nicht allgemein bekannt oder anerkannt gewesen zu sein, denn ich habe sie weder bei Meckel noch bei Theile, Hyrtl oder Gruber(P?) getroffen. Auch von Wood wird sie ebenso wenig wie in den früheren Arbeiten Macalister’s erwähnt, Später aber tritt sie allenthalben mit grofser Entschiedenheit hervor. So z. B. schreibt Henle”, ohne jedoch diese Auffassungsweise irgendwie zu begründen: »Ebenso ver- doppelt sich der lange Kopf, indem von der Sehne des M. supraspinatus oder von der Schultergelenkkapsel oder vom Tubereulum minus oder majus oder vom lateralen oder medialen Rande des Sulcus intertubereularis ein schlanker Muskel entsteht, der sich höher oder tiefer am Arme mit der Moser 1822, S. 227— 229. 273 Ebenda S. 227. 27% Henle 1871, S. 188 —ı89. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. TI. 11 272 82 H. Grönroos: Masse des Biceps verbindet«. Auch den von der Pectoralissehne ent- springenden Bicepskopf betrachtet Henle, wie aus der früher eitirten Wiedergabe des Koster’schen Falles hervorgeht, als eine Modification des langen Bicepskopfes. Dagegen zählt er zu den Verdoppelungen des letzteren nicht den humeralen Kopf, welcher von ihm besonders erwähnt wird. Auch Macalister hat sich diese Auffassung angeeignet und schreibt nunmehr: »I have found the long head arising from the capsular ligament 275 or from the bieipital groove«.” Testut betrachtet ebenfalls die am oberen Ende des Humerus oder von der Gelenkkapsel entspringenden Bicepsköpfe als Theile des langen Kopfes, welche während des Vorrückens des letzteren gegen den Rand der Schultergelenkpfanne am Oberarme zurückgeblieben sind. So schreibt Testut über die gelegentlich von der Schultergelenk- kapsel entspringende Portion: »Je considere la formation anormale pre- cedente comme une portion glenoidienne interrompue qui s’est arrete, dans son developpement, ä quelques centimetres au-dessus de la cavite gle- noide«.”® Und an anderer Stelle heifst es: »J’ai vu, dans un cas, la portion glenoidienne s’arreter sur la levre externe de la coulisse bieipitale«.”’ Auch der Ursprung einer Bicepsportion von der Peetoralissehne fällt für Testut unter diesen Gesichtspunkt: »C’est une variete du chef capsulo- radial, qui s’est arr&te, par suite d’une insertion consecutive, sur le tendon du grand pectoral«.”“ Nach Ledouble kann der lange Bicepskopf befestigt sein (d.h. ent- springen) :”” a) im Suleus intertubercularis, ß) am Tuberculum minus, y) am Tubereulum majus, 6) an der Schultergelenkkapsel, e) an der Sehne des Pectoralis major. 280 Lubosch” setzt in die Richtigkeit der üblichen Anschauungsweise ebenfalls keinen Zweifel; ja er geht noch viel weiter als seine Vorgänger. Macalister 1871, ı, p. 80. Testut 1884, p. 383. TTS OMP BZ: ZEEAS240.DB35- Ledouble 1897, T. II, p. 35—36. »®0 Lubosch 1899, besonders S. 315. Mm. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 83 Nach einer kurzen Besprechung der Anordnung des Biceps bei verschiedenen Gruppen der Wirbelthiere erwägt Lubosch die Frage, ob die Säugethiere wohl den langen oder den kurzen Bicepskopf neu erworben haben, und ge- langt hinsichtlich des ersteren auf Grund der Formen des Muskels bei ein- zelnen Säugethieren und der Varietäten des menschlichen Biceps zu folgen- dem Ergebnifs: »Demnach scheint jener humerale Ursprung der Krokodile der Ausgangspunkt des menschlichen langen Kopfes zu sein« ..... »auch beim Menschen kehrt der abnorme Ursprung unterhalb des Gelenkkopfes aus dem Suleus intertubercularis oder von der Sehne des Peetoralis major wieder«e. Und gleich darauf formulirt Lubosch seine Auffassung noch schärfer: »Der lange Kopf des menschlichen Biceps erscheint demnach als eine selbständige Fortbildung des bereits bei den Sauriern vorhandenen äufseren oder kurzen Kopfes des M. co- raco-antibrachialis, hervorgerufen durch den Einflufs der Func- tion, die eine freie, kräftige und isolirte Beugung erforderte. In vielen Fällen dient er der Beugung allein, in anderen tritt der phylogenetisch älteste Theil, der kurze Kopf, auf’s Neue als Verstärkung hinzu«. Lubosch bringt demnach auch den hume- ralen Bicepskopf in die gleiche Kategorie wie die am oberen Ende des Humerus oder von der Pectoralissehne entspringenden, d.h. er erblickt in dem Auftreten des einen oder anderen dieser Köpfe ein Stehenbleiben des langen Kopfes unterwegs. Und zwar verlegt Lubosch das Urbild und zugleich den phylogenetischen Ausgangspunkt noch viel weiter zurück als etwa Testut. In Bezug auf die noch übrigen Varietäten liegen eigentlich keine be- sonderen Deutungsversuche vor. Für den Ursprung vom Septum inter- musculare mediale ist noch zu erwähnen, dafs Henle den oben referirten Gruber’schen Fall als Abart des humeralen Bicepskopfes registrirt.”” Die gleiche Auffassung dieses Gebildes scheint auch Macalister gehabt zu haben®”, während dagegen Hyrtl ausdrücklich bemerkt, dafs der septale Ursprungskopf »keine Zerstückelung eines bestehenden Muskels« (d.h. des M. brachialis), sondern »eine Neubildung« darstelle.” 25! Henle 1871, S.18g. 2822 Macalister 1871, p.81. 283 Hyrtl 1859, 2, S. 481. 1 84 H. Grönroos: Die Anschauungsweise, nach welcher die am Oberarme entspringenden Bicepsportionen den auf seinem Wege stehen gebliebenen langen Kopf, oder — wo ein typischer langer Kopf vorhanden ist — kleinere zurück- gebliebene Partien desselben darstellen, setzt voraus, dafs der lange Kopf unseres Biceps, wie es in der That Lubosch klar und scharf zum Aus- druck gebracht hat, sich aus einem humeralen Kopfe durch Emporwan- derung entwickelt habe. Es ist zuzugeben, dafs die Varietäten des mensch- lichen Bieeps geeignet sein können, die Vorstellung wachzurufen, dafs der lange Kopf in der erwähnten Weise entstanden sei. Indessen ergeben sich bei genauerer Betrachtung eben dieser Varietäten auch gegen jene Auf- fassung Bedenken. Prüft man nun, welche Stützen jene Vermuthung aus der Ontogenie und der vergleichenden Anatomie gewinnen könnte, so ergiebt sich bei kritischer und unbefangener Beurtheilung die Erkenntnifs, dafs so gut wie gar keine solchen Stützen sich auffinden lassen. Davon, dafs im Verlaufe der Ontogenie eine derartige Heraufwanderung eines humeralen Bicepskopfes und eine Umwandlung dieses Gebildes in den langen Kopf sich vollzogen hätte, kann schlechterdings keine Rede sein. Die Vor- stellung, dafs das proximale Ende des Muskels, d. h. der sich ausbilden- den Ursprungssehne des langen Kopfes, die Energie und die Fähigkeit be- sessen hätte, vom Humerus aus über den Gelenkspalt hinweg zur Scapula hinüberzuspringen, um sich dort sogleich festzusetzen, erscheint mir doch zu gewagt. Aber abgesehen hiervon — es kommen ja Dinge vor, die noch sonderbarer erscheinen mögen —, so liegt meines Wissens keine ein- zige thatsächliche Beobachtung vor, durch welche jene ontogenetisch sich vollziehende Wanderung nachgewiesen oder auch nur wahrscheinlich ge- macht worden wäre. Die von Weleker geschilderte »Einwanderung der Bicepssehne in das Schultergelenk«** ist ja etwas ganz Anderes. Weleker hat nachgewiesen, dafs die — wohl zu merken — von vorn herein am oberen Rande der Gelenkpfanne entspringende Ursprungssehne des langen Bi- cepskopfes auch beim Menschen nicht von Anfang an jene vollkommen freie Lage in der Gelenkhöhle besitzt, die wir im fertig ausgebildeten Zu- stande vorzufinden gewöhnt sind, sondern diese Lage erst allmählich onto- >33 Welcker 1878. Mm. biceps brachüi und latissimo- condyloideus. 85 genetisch erwirbt. Eine Emporwanderung des proximalen Endes der Sehne vom Humerus durch die Gelenkhöhle hindureh zur Scapula hat Welcker dabei selbstverständlich nicht im Auge gehabt. Nichtsdestoweniger dürfte möglicherweise der von Welcker gebrauchte Ausdruck »Einwanderung« im Verein mit den Bicepsvarietäten suggestiv dazu beigetragen haben, die Vorstellung von jener Emporwanderung zu befestigen. Jedenfalls berufen sich Testut”” und Lubosch”“ bei der Darstellung ihrer betreffenden An- siehten beide auf die erwähnte Arbeit Welcker’s. Aber wenn demnach auch keine der Ontogenie zu entnehmende Stütze für die Emporwanderungshypothese sich erbringen läfst, so wäre es ja immerhin denkbar, dafs eine solche Wanderung phylogenetisch sich voll- zogen hätte und vielleicht nachgewiesen worden wäre. Auch hiermit ist es jedoch, wie mir scheint, nicht viel besser bestellt. Denn aus dem Umstande, dafs beim Rhinozeros, bei Fledermäusen, beim Schafe u. s. w. ein humeraler Bicepskopf vorhanden ist, können wir in Bezug auf die phy- logenetische Entwickelung unseres Biceps keine Schlufsfolgerungen ableiten. Das Rhinozeros, Schaf u. s. w. repräsentiren mit Sicherheit keine Thier- formen, welche zu unserer phylogenetischen Ahnenreihe gehört oder dieser Ahnenreihe nahe gestanden haben. Vielmehr stehen uns diese Thiere im phylogenetischen Sinne sehr fern. Auch ist es bis jetzt durch keine be- kannte Thatsache nachgewiesen oder wahrscheinlich gemacht, dafs zu jener weit zurückliegenden, hypothetischen Zeit, wo unsere Urahnen und diejenigen des Rhinozeros bez. des Schafes etwa noch eine gemeinsame phylogenetische Entwickelungsbahn verfolgten, ein humeraler Bicepskopf zu ihrer typischen Organisation gehörte. Wenn wir beim Menschen Bicepsvarietäten finden, welche an die beim Rhinozeros bestehende Anordnung des Muskels erinnern, so können wir hierin weiter nichts als einen seltsamen und beim Menschen nur abnormer- weise einsetzenden, an und für sich aber nichts erklärenden Parallelismus der Entwickelung erblicken. Die Vorstellung aber, dafs mit dem Nach- weise dieser Anordnung des Muskels beim Rhinozeros oder bei Fledermäu- sen u.s.w. nunmehr für das Auftreten und die Bedeutung der analogen menschlichen Varietäten eine befriedigende Erklärung gewonnen sei, ist ent- schieden irrig. 285 Testut 1884, p. 385. 256 Lubosch 1899, S. 312. 36 H.GrönRroos: Die von Lubosch versuchte directe Ableitung des langen Bicepskopfes der Säugethiere und speeiell des Menschen von dem humeralen Kopfe der Krokodile bez. der Saurier scheint mir auf noch schwächerer Basis zu stehen. Wir sehen die Gestaltung des Biceps brachii der Säugethiere dem 287 mannigfaltigsten Wechsel unterworfen.” Bald entspringt er nur am Proc. coracoides, bald nur am oberen Rande der Schultergelenkpfanne, bald an diesen beiden Orten zugleich. Bald inserirt er nur an den Radius, bald nur an die Ulna, bald an beide Knochen. Bald ist der Ursprung doppelt und die Insertion einfach, bald verhält sich der Muskel umgekehrt; und zwar sehen wir auch Thiere, die zu einer und derselben Ordnung gehören, sich in dieser Hinsicht verschieden verhalten. So z. B. besitzt nach Ma- :alister”“ der Biceps bei Echidna einen einfachen Ursprung vom Cora- coid, dagegen eine doppelte Insertion, an der Ulna und am Radius, während dagegen — nach demselben Autor — der Muskel bei Ornithorhynchus zwei Ursprungsköpfe, beide von dem »coracoid Apparatus«, besitzt, dabei aber nur an den Radius inserirt ist. Ähnliche Verschiedenheiten finden sich auch z. B. unter den Nagern, den Insectivoren, den Dickhäutern u.s. w. Wie sollte man unter solchen Umständen auch nur entfernt daran denken können, eine bei einer einzelnen Säugethierform, zumal einer höheren, bestehende anatomische Einrichtung von der Organisation so himmelweit entfernt stehender Thierformen ab- zuleiten, wie es die Krokodile und Saurier im Verhältnifs zum Menschen und überhaupt zu den Säugethieren sind? Aber selbst die Zulässigkeit einer derartigen Ableitung vorausgesetzt, so erscheint die Schlufsfolgerung, dafs auf Grund der Befunde bei einzelnen Säugethieren und der Varie- täten beim Menschen der humerale Ursprung des Biceps der Krokodile oder Saurier den Ausgangspunkt des langen Kopfes des menschlichen Bi- ceps darstelle, doch sehr bedenklich. Denn wenn man es, um diese Auf- fassung zu begründen, einmal für nöthig hält, aufser den betreffenden Reptilien auch die Befunde bei einzelnen Säugethieren zu berücksichtigen, so kann es doch durchaus nicht gleichgültig sein, welche die Säugethiere sind, bei denen der Biceps das in Betracht kommende Verhalten dar- #7 Vergl. hierüber z.B. Meckel 1828; Macalister 1868; Gegenbaur 1898. »#® Macalister 1868, p. 286. Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. 87 bietet; diese Säugethiere müssen zu der hypothetischen phylogenetischen Entwickelungsbahn des Menschen doch irgend welche Beziehungen haben. Die Beobachtungen an Säugethieren sprechen aber, wie mir scheint, entschieden für die Annahme, dafs schon bei den primitivsten Säugethieren der Biceps seinen Ursprung am Schultergürtel und nicht am Humerus ge- nommen hat. (Bei den Monotremen und Beutelthieren, welche in manchen, wenn auch nicht in allen Punkten recht primitive Einrichtungen bewahrt haben, findet sich, soweit bekannt, kein humeraler Bicepsursprung.) Man wird daher selbst für die bei gewissen Säugern (Ai, Rhinoceros, Fleder- mäusen, Schaf u. s. w.) normalerweise vorhandenen humeralen Ursprünge in der gleichartigen Einrichtung der Saurier und Krokodile schwerlich den genetischen Schlüssel oder Anfang, sondern vielmehr nur eine Analogie, einen Parallelismus zu erblicken haben. Eine kritische Betrachtung der bisherigen Erklärungen für die Biceps- varietäten des Menschen ergiebt somit, wie mir scheint, ihre völlige Un- zulänglichkeit, und diese Varietäten bleiben nach wie vor gröfstentheils unaufgeklärt. Bei dem Versuche, zu ihrer Erklärung beizutragen, möchte ich zunächst eine ganze Kategorie dieser Varietäten ausschalten. Es sind dies die Ur- sprungsportionen, welche der Biceps manchmal von dem einen oder anderen der benachbarten Muskeln bezieht (vergl. oben S.70). Diese Varietäten scheinen mir insofern ein etwas untergeordnetes Interesse darzubieten, als es sich manchmal umgekehrt um Bündel handelt, welche, vom Biceps ausgehend, sich dem einen oder anderen von jenen Muskeln anschliefsen. Dieser Um- stand scheint darauf hinzuweisen, dafs diese Muskelbündel in vielen Fällen nur abirrende Bündel der betreffenden Muskeln darstellen, d. h. Bündel, welche bei der Anlage der Muskeln, anstatt mit und längs den Haupt- zügen ihres Muskels sich zu entwickeln, irgend welchen ablenkenden Ein- flüssen Folge geleistet haben und zu einem anderen Muskel hinübergetreten sind. Es ist aber wohl möglich, dafs ein specielles Studium dieser Varie- täten auch für manche von ihnen interessante Gesichtspunkte ergeben könnte. Dies bezieht sich vor Allem auf diejenigen Bicepsbündel, welche vom Pro- nator teres oder Brachioradialis, also von Muskeln kommen oder neben Muskeln entspringen, die ebenso wie der Biceps sich an den Radius inseriren. Das nähere Studium dieser Varietäten lag indessen der Aufgabe und dem Plane der vorliegenden Untersuchung fern, 88 H. Grönroos: Was die besonders häufig auftretenden, vom M. brachialis stammenden Bicepsursprünge betrifft, so wurde schon darauf hingewiesen, dafs viele Autoren diesen »brachialen« Bicepskopf mit dem »humeralen« identifieirt oder doch zusammengeworfen haben. Da nun zweifellos zuzugeben ist, dafs Muskelbündel in dem vorhin besprochenen Sinne vom Brachialis zum Biceps (und umgekehrt) übertreten, so fragt es sich, ob mit dem Brachialisbündel, welches ich bis auf. bessere Belehrung als eine abirrende Muskelportion betrachte, auch der humerale Bicepskopf abgethan ist. Diese Frage glaube ich entschieden verneinen zu müssen. Denn andererseits unterscheiden manche Autoren so ausdrücklich den humeralen Bicepskopf und den mit oder von dem M. brachialis herstammen- den von einander” oder beschreiben — völlig unabhängig von einander — in so charakteristischer Weise, wie der Ursprung des humeralen Kopfes sich unmittelbar an die Insertion des Coracobrachialis anschliefst””, dafs das Vorkommen eines besonderen humeralen Bicepskopfes keinem Zweifel unterliegen kann. Nach Ausschaltung der vorhin besprochenen, von anderen Muskeln zum Bieeps übertretenden Bündel bleiben also noch die am oberen Ende des Oberarmes, einschliefslich der Schultergelenkkapsel, ferner von der Pecto- ralissehne und vom Septum intermusculare mediale entspringenden Biceps- köpfe, endlich der soeben erwähnte eigentliche humerale Kopf übrig.” Eine genauere Betrachtung dieser Bicepsportionen ergiebt schon manchen Fingerzeig in Bezug auf ihre Bedeutung. Sie treten zwar häufig isolirt auf. Es ist mir aber doch aufgefallen, dafs’in verhältnifsmäfsig zahlreichen Fällen je zwei von den hier in Betracht kommenden Bicepsköpfen gleichzeitig vor- handen waren. So sehen wir z.B. in dem früher referirten Falle Moser'’s zwei getrennte, von der Crista tubereuli majoris entspringende Ursprungs- portionen, von denen die eine zugleich auf den Humeruskörper übergriff. In zwei von den Gruber’schen Fällen war, wie bereits geschildert, der 2859 Vergl. z.B. Wagner 1833, S. 3435— 346; Macalister 1866, p.455; 1867, p.139. 20 Moser (1822, S. 224) beschreibt, dafs dieser humerale Bicepskopf nach oben hin mit dem M. coracobrachialis »verwachsen« war; Macalister (1866, p. 455) fand den Ursprung dieser Bicepsportion »inseparable from the insertion of the coracobrachial«; Herve (1883, p- 42) läfst den humeralen Bicepskopf unmittelbar an der lateralen Seite des Coracobrachialis entspringen und mit ihm einige Muskelbündel austauschen, u. s. w. 21 Auf S. 70 finden sich diese Bicepsportionen unter den Nummern ı, 4 und 7—1ı aufgeführt. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 89 humerale Kopf, welcher zugleich auf das distale Endstück der Crista tuber- euli minoris übergriff, gleichzeitig mit einem vom Septum intermusculare mediale entspringenden Kopfe vorhanden. In mehreren Fällen von Chud- zinski bestand aufser dem Ursprung von der Pectoralissehne auch noch der humerale Kopf des Biceps.. Wood fand in einem Falle den humeralen Kopf combinirt mit einer am Tubereulum minus entspringenden Biceps- portion. Testut traf bei einem Neger den gleichen Befund an: Macalister berichtet über einen Fall, wo neben dem humeralen Bicepskopf auch ein von der Crista tuberceuli majoris entspringender existirte u. s. w. Ferner wird nicht selten im Zusammenhang mit diesen Bicepsköpfen von sehnigen Streifen oder Strängen gesprochen, welche die verschiedenen abnormen Ursprungsbezirke unter einander verbanden. Am auffälligsten ist diese Anordnung in den vorhin erwähnten Fällen von Moser”” und Gruber.’ >= und von Öhudzinski”” beschriebenen Aber auch in jenen von Gruber Fällen, wo eine Bicepsportion aus dem Suleus intertubereularis sehnig ent- sprang, und ihre Ursprungssehne mit der Rückfläche der Pectoralissehne verbunden bez. verwachsen war, ist diese Einrichtung in sehr bemerkens- werther Weise vorhanden. In dem Moser’schen Falle waren die Ursprungsstellen der beiden überzähligen Bicepsköpfe durch jenes sehnige Gebilde nicht nur unter sich, sondern auch mit der Kapsel des Schultergelenkes verbunden. Ebenso sehen wir in einem schon früher (S. 76) referirten Falle von Testut die an der Rückfläche des Pectoralis major befindliche Ursprungsstelle eines überzähligen Bicepskopfes durch einen Sehnenstrang mit der Schultergelenk- kapsel verbunden. Die soeben erwähnten Eigenthümlichkeiten und namentlich jene sehni- gen Gebilde, welche je zwei oder mehrere der verschiedenen Ursprungs- bezirke verbinden, zeigen uns den Weg zum Verständnifs der in Frage stehenden Bicepsvarietäten, indem sie den Gedanken nahe legen, das von der Natur selbst streckenweise angewandte Verfahren weiter auszudehnen und alle diese Ursprungsbezirke auf einmal unter einander zu verbinden. Hierbei ergiebt sich zunächst die Schwierigkeit, dafs am oberen Ende des 292 Moser 1824, S. 227—229 (s. oben S. 75). Gruber 1847 (s. oben S. 72). 294 Gruber 1872 (s. oben S. 77). 25 Chudzinski 1874 (s. oben S. 77). Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter, 1903. 1, 12 90 H. GrRÖNRoos: Humerus mehrere Ursprungspunkte in Betracht kommen, welche sich nicht alle durch eine gerade Linie verbinden lassen. Sie liegen aber so nahe beisammen, dafs man sie mit einigem Rechte alle zusammen als eine etwas verbreiterte Ursprungsstelle betrachten kann, deren Centrum etwa vom Grunde des obersten Abschnittes des Sulcus intertubercularis dargestellt wird. Diese Stelle mag also zunächst als Ausgangspunkt für die geplante Construction dienen. Als nächster Ursprungsort kommt die sehnige Rück- fläche des Pectoralis major, nahe dessen Insertion an die Crista tubereuli majoris, in Betracht. Hierher mufs also die Verbindungslinie geführt wer- den, und zwar wird diese hier in der Weise verlaufen, dafs sie distal- wärts mit der Insertionslinie des Peetoralis major, d. h. mit der Crista tuberculi majoris convergirt und am unteren Pectoralisrande den Humerus- körper oder etwa das distale Ende der erwähnten Crista erreicht. Denn nunmehr folgt als nächste Station der Ursprungsort des eigentlichen hume- ralen Bicepskopfes, d. h. die schmale Zone des Humeruskörpers, welche sich zwischen dem Ansatze des M. coracobrachialis und dem oberen Ende des M. brachialis befindet, und die sich oben nach der lateralen Seite hin bis gegen die Insertionsstelle des M. deltoides ausbreitet. Vom distalen Ende der Pectoralisinsertion wird also die Linie über dieses verbreiterte Feld hinweg zur lateralen Seite der Insertion des M. coracobrachialis gezogen werden und dann weiter dieser Insertion bis an deren distales Ende folgen, um sodann endlich in gleicher Richtung über die grofsen Gefäfse und Nerven hinweg zum Septum intermuseulare mediale zu verlaufen und sich mit diesem Septum weiter fortzusetzen. Die in dieser Weise construirte Linie erstreckt sich also vom oberen Ende des Suleus intertubereularis bez. von dessen nächster Umgebung zur Rückfläche der Pectoralissehne, sodann längs der lateralen Seite des Coracobrachialis-Ansatzes vorbei zum Septum intermusculare mediale hinüber und eventuell längs diesem weiter hinab. Von den verschiedensten Punkten dieser etwas gebrochenen Linie entspringen die hier in’s Auge gefafsten Bicepsköpfe. Es fragt sich nun, ob mit dieser construirten Linie für die Erklärung der betreffenden Bicepsvarietäten etwas gewonnen ist. Wenn wir dieser Frage von vergleichend anatomischer Seite näher treten und prüfen, ob bei Thierformen, welche unserer Organisation näher stehen, etwas derartiges sich vorfindet, so brauchen wir nicht sehr weit Mm. biceps brachü und latissimo - condyloideus. 91 zu gehen, um eine überraschend ähnliche Anordnung des M. biceps anzu- treffen. Es stellt sich nämlich sofort heraus, dafs der Verlauf der vorhin eonstruirten Linie beim Menschen in allen wesent- lichen Punkten jenem Sehnenstrange ganz genau gleicht, der sich bei Hylobates vom Tuberculum minus humeri und dem obersten Abschnitte des Suleus intertubercularis aus, mit der Rückfläche des Pectoralis major verwachsen, an der lateralen Seite des Coracobrachialis-Ansatzes vorbei, zum medialen Zwi- schenmuskelbande erstreekt und dem Caput tubereulo-septale bieipitis zum Ursprunge dient. Die Übereinstimmung ist so grols, dafs, wenn wir, dem Fingerzeig der Natur folgend, beim Menschen die eonstruirte Linie mit einem sehnigen Strange ersetzen — dieser ist ja, wie die referirten Fälle darthun, häufig in gröfserer oder geringerer Längen- ausdehnung thatsächlich vorhanden — dieses Gebilde und der Sehnenstrang der Hylobatiden sich als völlig identisch erweisen. Nur verläuft der Strang bei Hylobates frei, am Coracobrachialis- Ansatze vorbei, vom Rande des Pec- toralis major zum Septum intermusculare mediale hinüber, während beim Menschen diese Strecke gröfstentheils mit dem Humerus verwachsen ist, nämlich mit jenem schmalen Humerusstreifen, der sich zwischen dem Coracobrachialis- Ansatze und dem oberen Ende des Brachialis-Ursprunges befindet. Die Hylobatiden repräsentiren selbstverständlich auch keine Thierform, welche direct zu unserer phylogenetischen Ahnenreihe gehört hat. Viel- mehr haben verschiedene Untersuchungen zu der Ansicht geführt, dafs diese Affengattung sich frühzeitig vom Primatenstamme abgezweigt und selbständig weiter entwickelt, dabei aber manche primitive Charaktere be- wahrt hat.” Immerhin aber läfst die Untersuchung vieler Organsysteme erkennen, dafs in manchen Punkten die Organisation der Hylobatiden der unserigen sehr nahe. steht. Und der Zeitpunkt, wo die phylogenetische Entwickelungsbahn des Menschen sich von derjenigen der Hylobatiden trennte, ist im Vergleich mit anderen Säugethierformen nicht so sehr weit zurückzuverlegen. Jedenfalls aber sind wir, wenn für die beiden verwandten Formen (Mensch und Hylobates) derartig übereinstimmende Organisationsverhältnisse sich herausstellen, wie die vorhin geschilderten, 26 Vergl. Ruge 1890, S. 460; Kohlbrugge 1890, S. 205. 99 H. Grönroos: berechtigt, als Erklärung hierfür eine für beide Formen gemeinsame Er- erbung anzunehmen. Auf Grund der kritischen Betrachtung der menschlichen Biecepsvarietäten und eines eingehenden Studiums dieses Muskels bei den Hylobatiden mufs ich daher zu dem Ergebnifs kommen, dafs zu der Zeit, wo unsere phylogenetische Entwickelungsbahn und diejenige der Hylobatiden sich von einander abzweigten, der M. biceps brachii unserer damals lebenden Vorfahren mit einem im Prineip ähnlichen Gaput tuberculo-septale ausge- stattet war, wie es noch heutzutage bei den Hylobatiden vor- handen ist. Den Hylobatiden kommt in gleicher Weise wie den Anthropoiden und allen Affen sowie auch dem Menschen ein Caput glenoidale bieipitis zu. Auch dieses stellt also ein ihnen Allen gemeinsames Erbstück vor. Auch ein Caput coracoidale ist eine den Primaten allgemein zukom- mende Einrichtung. Bei den Hylobatiden wird es zwar in der Regel ver- milst; indessen sind wiederholt Fälle beobachtet worden, in denen ein kleiner coracoidaler Bicepskopf vorhanden war. Es mufs also angenommen werden, dafs der Biceps der Hylo- batiden ebenso wie der unsrige aus einem Zustande hervorge- gangen ist, in welchem der Muskel drei Ursprungsköpfe besals, ein Gaput glenoidale (s. longum), ein Caput coracoidale (s. breve) und ein Caput tuberculo-septale von ähnlicher Anordnung wie sie noch heute bei den Hylobatiden besteht. Von diesen Ursprungsköpfen sind den Hylobatiden das Caput glenoi- dale und das Caput tubereulo-septale geblieben: das Caput coracoidale da- gegen ist als solches nicht mehr vorhanden, sondern tritt nur ausnahms- weise als atavistische Erscheinung wieder auf. Der Mensch hat wie die Hylobatiden das Caput glenoidale beibehalten; im Gegensatz zu ihnen hat er sich aber auch das Caput coracoidale bewahrt, indefs das Caput tuber- eulo-septale verloren gegangen ist, und von dessen Ursprungstheil nur ausnahmsweise als » Varietäten« oder überzählige Bicepsköpfe gröfsere oder geringere Fragmente wiederkehren. Bisher wurden nur die Ursprungsverhältnisse des Biceps berücksich- tigt; indessen ergiebt auch die Prüfung der Insertionsbeziehungen werth- volle Anhaltspunkte. Mm. biceps brachü und latissimo- condyloideus. 93 Beim Menschen inserirt der Biceps brachii mit seiner Hauptsehne an die Tuberositas radii, sendet aber aufserdem den Lacertus fibrosus ulnar- wärts an die Faseie des Vorderarmes. Dieser Lacertus fibrosus ist ein eigenthümliches und interessantes Gebilde. In einzelnen Fällen fehlt er (Ledouble””). Gelegentlich bietet er sich wie ein Anhängsel des ulnaren Randes der Bicepssehne, anscheinend ohne direeten organischen Zusammen- hang mit dem eigentlichen Biceps dar. Dieses Verhalten habe ich selbst an einem menschlichen Arme beobachtet. Derartige Vorkommnisse scheinen anzudeuten, dafs der Lacertus fibrosus ein rudimentäres, für den Biceps unwesentliches Gebilde darstelle. Schauen wir nach, ob bei Thierformen, die zu unserer Organisation nähere Beziehungen haben, ein derartiges Gebilde in besser entwickeltem Zustande als bei uns zu finden wäre, so zeigt es sich, dafs dies allerdings der Fall ist, nämlich wiederum und nur bei den Hylobatiden. Hier inserirt der Biceps — soweit er vom Schultergürtel entspringt — fast ausschliefs- lich an die 'Tuberositas radii. Das Caput tuberculo-septale geht dagegen nahezu vollständig in einen fleischigen ulnaren Ansatzzipfel über. Dieser inserirt jedoch nicht an die Ulna, sondern an einen oberflächlichen sehnigen Streifen, der, vom Epieondylus medialis entspringend, auf der ulno-volaren Muskelgruppe des Vorderarmes liegt und die Grenze zwischen gewissen Muskeln dieser Gruppe markirt. Über diesen Streifen hinaus gewinnt ler ulnare Endzipfel des Biceps meistens noch Beziehungen zur Vorder- urmfaseie. Hier, in dem fleischigen ulnaren Ansatzzipfel des Hylobatidenbiceps haben wir das Vorbild des menschlichen Lacertus fibrosus. Und ebenso wie gewisse Varietäten der Bicepsursprünge beim Menschen als Fragmente oder rudimentäre kleinere Portionen des Ursprungstheiles des einstmaligen Caput tubereulo-septale unseres Biceps aufzufassen sind, so stellt der La- certus fibrosus das verkümmerte distale Ende, das Insertionsstück desselben Bicepskopfes dar. Dafs dieses Fragment so gut wie constant vorhanden ist, während der Ursprungstheil viel seltener auftritt, erklärt sich wohl in gewissem Mafse daraus, dafs jener Theil allmählich neue und selb- ständige Beziehungen zu dem übrigen Biceps gewonnen hat. Dieses Ver- halten fand sich auch bei Hylobates in geringerem Mafse angebahnt, indem 277 Ledouble 1897, T. II, p. 38. 94 H. Grönroos: der ulnare Endzipfel des Biceps auch einige wenige Bündel des Caput glenoidale aufnahm. In Folge dessen kann es auch nicht zu sehr Wunder nehmen, wenn die gelegentlich auftretenden rudimentären Fragmente des Ursprungstheiles des Caput tuberculo-septale häufig nicht mehr die ursprünglichen Be- ziehungen zu dem distalen Fragmente wiederfinden, sondern hinsichtlich ihrer Insertion unregelmäfsige neue Beziehungen aufweisen, weil eben das distale Fragment sich von ihnen frei gemacht und unabhängig von ihnen anderweitige Beziehungen angeknüpft hat. Immerhin ist es von hohem Interesse, dafs Fälle beobachtet worden sind, in denen der am häufigsten auftretende proximale Rest des Caput tubereulo-septale, nämlich der humerale Bicepskopf, in den Lacertus fibrosus überging und der Lacertus überhaupt keinen anderen Theil des Biceps aufnahm. Derartige Fälle werden von Henle, Herve und Testut er- wähnt.”” Häufiger nimmt der Lacertus fibrosus aufser dem humeralen Kopf auch Theile der Hauptmasse des Biceps auf. Auch solche Fälle kommen vor, in denen der humerale Bicepskopf theilweise neben dem Lacertus 299, selbständig an die Vorderarmfascie tritt. In diesen Erscheinungen sind Anklänge an primitive Zustände zu erkennen. Das für den Menschen verloren gegangene CGaput tuberculo- septale bieipitis läfst sich also aus seinen theils constant er- halten gebliebenen, theils ausnahmsweise auftretenden rudi- mentären Resten doch mit einigermalsen grofser Sicherheit in seinen Hauptzügen reconstruiren. Und die hier speciell in’s Auge gefafsten Bicepsvarietäten finden als fragmentarisch auftretende rudimentäre Portionen dieses Bicepskopfes ihre Erklärung. Es wurde vorläufig als ein Unterschied zwischen diesem Gebilde beim Menschen und bei Hiylobates angeführt, dafs bei dem ersteren der tuber- culo-septale Sehnenstrang vom distalen Ende des Pectoralisansatzes an mit dem Humeruskörper verwachsen sei, während dieser Strang bei Hylobates vom Rande des Pectoralis major frei zum Septum intermusculare mediale hinüber verlaufe. Es ist jedoch wahrscheinlich, dafs auch für den Menschen ursprünglich ein ähnlicher Zustand mit einem frei verlaufenden Strange 28 Vergl. Henle 1871, S. ı89; Herve 1883, p. 43; Testut 1884, p. 393. 299 Vergl. Meckel 1819, S. ı23; Wagner 1833, S. 345. Mm. biceps brachiü und latissimo-condyloideus. 95 vorgelegen hat. Darauf deuten, wie mir scheint, gewisse von Gruber” beobachtete Fälle hin, in denen ein solcher freier Sehnenstrang über die Ge- fälse und Nerven hinweg sich zum medialen Zwischenmuskelbande erstreckte. Auch diejenigen Fälle, in welchen ein Bicepskopf angeblich vom unteren Rande des Pectoralis major, in einiger Entfernung von der Crista tubereuli majoris, seinen Ursprung nahm, weisen auf ein derartiges Verhalten hin. Immerhin ist es möglich, dafs beim Menschen der Sehnenstrang sich an der Rückfläche des Peetoralis überhaupt niemals so weit von der Crista tubereuli majoris entfernt hat wie bei Hylobates. Jedenfalls ist aber an- zunehmen, dafs sich der Sehnenstrang später in der Weise an den Hu- merus festgesetzt hat, wie jene construirte Linie ergab. Damit war die Möglichkeit für eine Ausbreitung des Ursprunges der in Betracht kommen- den Bicepsköpfe theils nach der lateralen Seite hin in die Gegend des Del- toides-Ansatzes, theils nach oben hin auf das distale Ende der Crista tuber- culi minoris gegeben. Was die Anthropoiden betrifft, so liegen, wie schon bemerkt wurde, nur wenige Beobachtungen über Bicepsvarietäten vor. Diese wenigen Beob- achtungen aber scheinen doch anzudeuten, dafs auch der Anthro- poidenbiceps jenen dreiköpfigen Zustand durchgemacht habe. Mit gröfserer Sicherheit als aus den spärlichen Mittheilungen über accessorische Ursprungsköpfe des Biceps läfst sich dieses Verhalten aus dem häufigen Vorhandensein des Lacertus fibro- sus erschliefsen. Der Umstand aber, dafs die überzähligen Bicepsköpfe bei den Anthropoiden doch noch seltener als beim Menschen vorzukommen scheinen, läfst erkennen, dafs die Anthropoiden in Bezug auf diesen Punkt ihrer Organisation sich von dem ursprünglichen Ausgangspunkte, dem drei- köpfigen Stadium, noch weiter entfernt haben als der Mensch. Dieses geht auch aus dem bei den Anthropoiden auffallend häufigen Fehlen des Lacertus fibrosus hervor. Der Schwund auch dieses letzten Überrestes des einstmaligen Caput tuberculo-septale bieipitis scheint hier schon angebahnt zu werden. 30 Gruber 1847 (vergl. oben S. 72). 96 H. Grönroos: Litteraturverzeichnils. Alix s. 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Fig. 2 stellt dasselbe Präparat in gleicher Stellung dar; hier ist aber der Insertions- theil des Pectoralis major umgeklappt, um den proximalen Absehnitt des tuberculo-septalen Sehnenstranges zum Vorschein kommen zu lassen. In den beiden Figuren ı und 2 ist der oberflächliche Verlauf des tuberculo-septalen Sehnenstranges und der freie Rand des medialen Zwischenmuskelbandes erkennbar, Fig. 3 zeigt vor Allem den hier vollständig fleischigen ulnaren Endzipfel des Biceps, welcher sich an einen vom Epieondylus medialis entspringenden Sehnenstreifen (15) befestigt. Fig.4. Dasselbe Präparat wie in Fig. 3, aber von der radialen Seite betrachtet. Fig. 5. Das mediale Zwischenmuskelband (13) von der vorderen Seite betrachtet. Das distale Ende des M. biceps ist abgeschnitten und der ganze Muskel (18,21) nach der medialen Seite hinübergelegt, wodurch das Zwischenmuskelband angespannt und der Ursprung des Caput tubereulo -septale biecipitis (21) von der tiefen Seite her in ganzer Ausdehnung sichtbar wird. Das obere Ende des tuberculo-septalen Sehnenstranges ist ebenfalls abgeschnitten (33). Fig. 6. Dasselbe Präparat von der hinteren Seite betrachtet. Die Mm. latissimo- condyloideus (27) und biceps (18,21) sind beide nach der medialen Seite herübergezogen, um das Zwischenmuskelband anzuspannen und dessen Hinterseite (14) hervortreten zu lassen. Das Caput longum trieipitis (30) ist abgeschnitten, das Caput mediale desselben Muskels grölstentheils weggezupft; nur von seinem distalen Ende sind noch einige Fasern (31) zurück- geblieben. Die beiden Figuren 5 und 6 lassen das Verhältnifs des tubereulo-septalen Sehnen- stranges zum Zwischenmuskelbande übersehen. Die in den verschiedenen Figuren eingezeichneten Ziffern haben überall die gleiche Bedeutung, nämlich: 1. Clavieula. Tubereulum minus humeri. Epicondylus medialis. Olecranon. Ulna. Sehnenstrang vom Tubereulum minus zum Septum intermusculare mediale. zonzun» . Beginn des Sehnenstranges am Tubereulum minus. Phys. u nicht zur Akad. gehör. Gelehrter, 1903. 1. 14 102 He Grönroos: Mm. biceps brachü und latissimo-condyloideus. Ort des oberflächlichen Zusammentreffens des tuberculo-septalen Sehnenstranges mit dem hinteren Rande des M. latissimo-condyloideus und mit dem freien Rande des medialen Zwischenmuskelbandes. Proximales, selbständiges Anfangsstück des Septum intermusculare mediale. Ort des tiefen Zusammentreffens des tubereulo -septalen Sehnenstranges mit dem selbständigen Anfangsstücke des Zwischenmuskelbandes, bez. Spitze des von beiden gebildeten, nach oben offenen Winkels. Freier Rand des Septum intermusculare mediale. Distales freies Endstück des Septum. Vorderfläche des Zwischenmuskelbandes mit den zum Humerus strahlenden Fasern des tubereulo-septalen Sehnenstranges. Hinterseite des Zwischenmuskelbandes mit den vom Humerus ausgehenden Fibrae propriae septi. Sehnenstreif auf der ulno-volaren Muskelgruppe des Vorderarmes (zur Insertion des ulnaren Ansatzzipfels des Biceps, speciell des Caput tubereulo -septale. M. pectoralis major. M. deltoides. Caput longum bieipitis. Dessen Ursprungssehne. Hauptendsehne des Biceps (zur Tuberositas radii). Caput tuberculo -septale bieipitis. Dessen kurzer, freier, distaler Rand. Der ulnare Endzipfel des Biceps (Ansatztheil des Caput tubereulo-septale). M. coracobrachialis. M. brachialis. Ulno-volare Muskelgruppe des Vorderarmes (Mm. palmaris longus und flexor digitorum sublimis). M. latissimo - condyloideus. M. latissimus dorsi (und seine Endsehne). M. triceps. Caput longum trieipitis. Reste des distalen Endes des Caput mediale trieipitis. N. ulnaris. (in Fig. 5) Oberes abgeschnittenes Ende des tubereulo-septalen Sehnenstranges. Corrigenda. 46, 2.16 von oben statt: am medialen Ende, lies: am lateralen Ende. 49,» 5.» » » : bezüglich Menschen, lies: bezüglich des La- tissimo-condyloideus beim Menschen. 54, Fufsnote 140 (Calori) statt: 1866, 3, lies: 1866, 1. HS » 253 (Macalister) statt: 1871, p--80, lies: 1871, IL, p. 80. 83, » 282 » 2 55:2167715,P-, 81... les: 187.1. 71, P. 81. 89, » 292 (Moser) statt: 1824, lies: 1822. 97, letzte Zeile (Hyrtl, 2.) ist am Schlusse zuzufügen: Jahrg. V, 1859. »100, erste » (Vrolik) statt: 1847, lies: 1841. »100, zwischen Walsham und Westling ist einzuschalten: Weleker, H. Die Einwanderung der Bicepssehne in das Schulter- gelenk. Arch. für Anat. und Physiol., Anat. Abtheil. 1878. "ao TR ie eds hm 0 Je Bier) HE En Fr har HE ach Bi ever oki si ft il, Es nl „ab oifaträd eail aibenait ee un. Alaroi- isıl armbrokghi j = ra Berka at „SORT Heaik ‚E Wade gi u: ER grree o r eree tatetiaaa A 3 ‚I: 1.1761: zunll; „ı0 .g .1781 8 I Be: „ssda asıl ‚asdı re Va Virndel sasluses sei are 1a (er ‚Keyk ‚21 :oall „spBralee ler . analeslosuin dei ill Dan med re h Mt; Sudsaagosit oh grmobanen re | arkı Jialtelä” und, Jona ‚bant Au ai Se a 2m 2) ee EEE IN “ ; 01 vr WE BR Se ar ap en! ale large ri 1: ar ir keit al 9 SE Nein u, | RE or Dan 'k ng h w no ü Rum u 2 Male ua a u et A in Mage hr ’ah yikinchingi Yr msasiegmcn | En md 1 2 El 14 a N ton N aloe 3 27E arten at Duke. af Ss 7 m Bin. ri PN rhelen TE K. Preuss. Akad. d. Wissensch. Anhang z. d. Abh. 1903. Phys. math. Cl. Grönroos: Die Mm. biceps brachii und latissimo-condyloideus. Tafel I. K. Preuss. Akad. d. Wissensch. Anhang z. d. Abh. 1903. Phys. math. Cl ER ERN rönroos: Die Mm. biceps brachii und latissimo-condyloic Tafel II. SR RS ENBNET ir EN a EL E Eee De ee K. Preuss. Akad. d. Wissensch. z. d. Abh. 1903. Phys. math. Cl. >70 \ Grönroos: Die Mm. biceps brachii und latissimo -condyloideus. Tafel II. Die Bogenspectren von Yttrium und Ytterbium. Von Dr. H. KAYSER Professor an der Universität Bonn. Phys. Abh. nıcht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 1 Vorgelegt in der Sitzung der phys. -math. Classe am 11. Juni 1903 [Sitzungsberichte St. XXX. S. 633]. Zum Druck eingereicht am Elerenen Tage, ausgegeben am 2. Juli 1903. Wenn man die aufserordentlich umfangreiche Litteratur über die seltenen Erden durchstudirt hat, so endet man mit dem unangenehmen Gefühl, dafs noch sehr Vieles ganz unsicher ist. Nicht nur, dafs bisher die allerwenigsten der Erden rein dargestellt worden sind, sondern bei den meisten von ihnen kann man an der elementaren Natur zweifeln oder sie wenigstens als nicht einwandsfrei bewiesen betrachten. Das liegt an der Art, wie die Elemente sich allein abscheiden lassen; jede Fractionirungsmethode mufs schliefslich nach dem Gesetz der Massenwirkung aufhören zu functioniren. Es ist daher eine den Arbeitern auf diesem Gebiete wohlbekannte Thatsache, dafs man mit einer Methode der fraetionirten Abscheidung nur eine Zeit lang arbeiten darf, dann mit einer zweiten oder auch dritten Methode weiter arbeiten mufs. Eventuell kann dann wieder die erste Methode mit Nutzen ange- wandt werden. Das Hauptmittel, durch welches der Chemiker den Erfolg seiner Arbeit eontrolirt, ist die Bestimmung des Äquivalent- oder Atomgewichtes. Aber dieses Kennzeichen ist äufserst trügerisch; constantes Atomgewicht ist noch lange kein Beweis für Isolirung eines Elementes, ebenso wenig wie Ab- oder Zunahme desselben bei der Fractionirung immer beweist, dals die Methode in der gewünschten Weise wirkt. Die Chemiker haben sich daher schon früh nach anderen Hülfsmitteln umgesehen und vor allen Dingen die Speetralanalyse zu Hülfe genommen. Dabei wurden zunächst die Absorptionsspectra verwandt, die ja für eine ganze Anzahl der seltenen Erden besonders charakteristisch sind. Aber man mufs sagen, dafs dieses Hülfsmittel versagt hat; das Absorptions- speetrum erwies sich variabel je nach der Art des benutzten Salzes, vor allem auch je nach der Art der fraetionirten Trennung des Elementes. ı* 4 H. Kayser: Während daraus einige Chemiker den Schlufs zogen, dafs die Zahl der seltenen Erden aufserordentlich grofs sei, indem sie beinahe jede einzelne Ab- sorptionslinie einem besondern unbekannten Elemente zuschrieben, weisen andere darauf hin, dafs wir auch bei anderen Körpern eine gewisse Ver- änderlichkeit der Absorptionsspeetra finden, dafs aber unsere Kenntnisse auf diesem Gebiete noch viel zu beschränkt sind, um weitgehende Schlüsse zu rechtfertigen. Ich glaube, dafs diese letztere Anschauung wohl mehr berechtigt ist, als die erste. Aufser der Absorptionsanalyse hat man dann natürlich auch die Emis- sionsanalyse herangezogen, und namentlich Thalen war längere Zeit die Autorität, dem vermeintliche neue Elemente zur Feststellung des Funken- spectrums übersandt wurden. Die Emission hat den Vortheil, auf alle Ele- mente anwendbar zu sein, und die Funkenspectra sind, soviel bekannt, unveränderlich, nicht beeinflufst von der Säure des gerade benutzten Salzes. Indessen auch diese alten Untersuchungen haben die Kenntnifs der seltenen Erden nur wenig gefördert, die Thalen zugeschickten Substanzen waren zum grolsen Theil Gemische, und mit seinen Zahlen war nicht viel an- zufangen. Der einzige Weg, der nach meiner Meinung zum Ziele führen kann, ist der, dafs Chemie und Speetroskopie gemeinsam arbeiten, der Effect der Fraetionirung mufs speetroskopisch verfolgt, und nach diesem Ergebnifs die weitere Fractionirung gehandhabt werden. Wenn man das für ganze Reihen von seltenen Erden, die sich besonders nahe stehen. durchführt, so wird man sicher zu einem einwandsfreien Resultat über die Reinheit und chemische Einheitlichkeit der Endproducte gelangen. Freilich ist der Weg aufserordentlich mühsam und zeitraubend; aber wie viel Arbeit ist nicht schon auf die seltenen Erden verwandt, zum grofsen Theil ver- gebens. Rowland hat diesen Weg einzuschlagen begonnen', und er wäre wohl der Mann dazu gewesen, uns ein erhebliches Stück weiter zu fördern. Leider hat er die Arbeit fallen lassen, wie er mir selbst sagte, abgeschreckt durch eine sehr scharfe Kritik” seiner ersten ganz kurzen Veröffentlichung von Seiten Crookes. Man kann nicht leugnen, dafs die Kritik zum Theil " H. A. Rowland, The separation of the rare earth. Johns Hopkins’ Univ. Cire. 13, Nr. ı12, p.73 (1894), auch Chem. News 70, p. 68 (1894). ® W.Crookes, The separation of the rare earths. Chem. News 70, p. 81— 82 (1894). Die Bogenspectra von Yttrium und Ytterbium. 5 berechtigt war, denn Rowland ignorirt in souveräner Weise alles, was schon auf dem Gebiet der seltenen Erden bekannt war, und das ist offen- bar ein sehr unzweckmälsiger Weg, um weiter zu kommen. Das Richtige wäre, zuerst eine genaue Untersuchung der Elemente anzustellen, welche die Chemiker für die sichersten halten, und von da aus allmählich weiter zu gehen. In dieser Weise hat seit einigen Jahren Demarcay zu arbeiten begonnen; leider hat ein früher Tod ihn der Wissenschaft geraubt. In neuerer Zeit haben Exner und Haschek die Funkenspectra der seltenen Erden mit Rowlandgitter photographirt und gemessen. In vielen Fällen ist ihnen das beste existirende Material zur Verfügung gestellt worden, in anderen haben sie käufliche Präparate benutzt. Letztere scheinen mir aber ziemlich unbrauchbar; auch bin ich der Meinung, dafs Funkenspectra überhaupt zur Untersuchung viel weniger geeignet sind, als Bogenspectra, weil sie im allgemeinen weit mehr Linien zeigen, vor allem aber, weil sich immer mehr herausstellt, dafs Funkenspectra sehr variabel sind, ganz von der Art der Erzeugung der Funken abhängen. Man bringt also eine Unbekannte hinein, die mit den Elementen nichts zu thun hat: solange derselbe Beobachter mit genau den gleichen Apparaten arbeitet, wird er im günstigsten Falle immer dasselbe Spectrum finden, bei einem andern Beobachter wird derselbe Stoff andere Linien zeigen, von welchen man nie weils, woher sie rühren. Einen Vorzug haben freilich die Funken- spectra, dafs sie nämlich viel weniger Material benöthigen: um das ganze Spectrum zweimal mit einem Rowlandgitter gröfster Art zu photographiren und jede Linie bis auf etwa 0.02 Ä.E. zu bestimmen, brauche ich mit dem Bogen etwa ein halbes Gramm des Sulfates, für Aufnahmen mit einem kleinern Gitter reicht auch der vierte Theil davon. Das kann immer noch viel sein, wenn es sich um seltene Erden handelt, und für das Fun- kenspectrum genügt eine minimale Menge: allein, was nutzt die Sparsamkeit, wenn man nicht eindeutige Resultate erhält? Mich hat die Untersuchung der seltenen Erden seit vielen Jahren ge- lockt, und ich hatte gehofft, auf diesem Gebiete einiges zu erreichen durch den glücklichen Umstand, dafs ich einen der tüchtigsten Forscher für die seltenen Erden, Hrn. Dr. A. Bettendorff in Bonn, zu meinen Freunden zählen durfte. Wir hatten beabsichtigt, die Arbeit in der oben angege- benen Weise für eine Reihe von Elementen durchzuführen. Leider hat der Tod ihn uns entrissen, den Arbeiten ist dadurch ein Ziel gesetzt. Das 6 EIER YSERE: wenige aber, was ich im Laufe der letzten vier Jahre erreicht habe, will ich hier veröffentlichen. Dr. Bettendorff besafs eine Anzahl von Präparaten. die er selbst nicht für rein hielt, von Di, Er, Sa, Gd, La. Ferner hatte er Yb herge- stellt, mit dem Atomgewicht 172.5 (für H= ı), welches er für ganz rein hielt. Er war in den letzten Jahren mit der Darstellung von Y unermüd- lich beschäftigt, das er aus Gadolinit und aus Orthit fraetionirte. Meine Arbeit begann damit, dafs ich zunächst die Spectra jener unreinen Ele- mente photographirte, da ich annehmen konnte, dafs wenigstens die Haupt- linien jener Spectra zu den betreffenden Elementen gehörten, und ich danach würde entscheiden können, ob in den weiter zu untersuchenden Substanzen gröfsere Mengen dieser Elemente noch als Verunreinigungen vorhanden wären. Dann habe ich das Spectrum des Yb sorgfältig durchgemessen. Es zeigte sich, dafs das Präparat in der That sehr rein war, insoweit ich es controliren kann; selbst die stärksten Linien jener anderen Elemente fehlten entweder ganz vollständig, oder waren nur in den schwächsten Spuren vielleicht vorhanden. Ich werde daher die Liste der Linien des Yb veröffentlichen, wobei ich aber ausdrücklich hervorheben möchte, dafs Sicherheit über die Reinheit natürlich noch nicht vorliegt; um sie zu erreichen, hätte ich in der Lage sein müssen, alle Elemente, welche mit Yb nahe verwandt sind, zu prüfen, namentlich hätte ich also noch gute Präparate von Ho, Tu, Se haben müssen. Sollte einer der Chemiker, die mit diesen Erden gearbeitet haben, bereit sein, mir ein halbes Gramm zur Verfügung zu stellen, so würde ich mit Freuden diese Lücke aus- füllen. Ich habe dann weiter eine ganze Anzahl der Fractionen der beiden Yttriumpräparate untersucht, und die Resultate gaben mehrfach Anhalt für die weitere Art der Fraetionirung. Es war deutlich zu sehen, wie von den zahllosen Linien der ersten Fractionen allmählich immer mehr verschwanden. Schliefslich erhielt ich zwei Präparate, die Dr. Bettendorff für nahezu rein hielt: das Y aus Gadolinit hatte das Atomgewicht 88.99, das aus Orthit 88.76. Die Spectra beider wurden mit möglichster Sorgfalt gemessen. Dabei stellte sich heraus, dafs das Präparat aus Gadolinit viel mehr Linien ent- hielt, als das aus Orthit, und ein näherer Vergleich zeigte, dafs diese Linien zum gröfsten Theil in den Spectren von Gd und Sa ebenfalls vor- handen waren. Das Präparat aus Gadolinit war somit unreiner. Die Beob- Die Bogenspectra von Yttrium und Ytterbium. 7 achtungsjournale von Bettendorff ergaben, dafs ein Fractionirungsverfahren mit Eisen bei Gadolinit nicht angewendet worden war, welches bei Orthit benutzt war; es wurde nun nachträglich auch hier ausgeführt mit dem Resultat, dafs die fremden Linien fast vollständig verschwanden und die beiden Spectra fast identisch wurden. Absolute Identität ist nicht vor- handen, wird auch sehr schwer zu erreichen sein bei der enormen Empfind- lichkeit der speetroskopischen Reactionen; bei langen Expositionen kommen immer noch neue Spuren von Linien zum Vorschein, die von irgend welchen Verunreinigungen herrühren, bei kürzerer Exposition aber nicht sichtbar sind. Nach meinen Erfahrungen in dieser Beziehung kann ich die beiden Speetra für identisch erklären, die Präparate aus Gadolinit und aus Orthit haben also denselben Stoff geliefert. Es ist damit natürlich noch lange nicht bewiesen, dafs die Substanz ein reines Element sei, sondern nur, dafs die von Bettendorff benutzten Reactionen nicht im Stande waren, es weiter zu spalten. Es würde von grofsem Interesse sein, ein von an- derer Seite hergestelltes reines Y zu vergleichen. Sollte sich dann auch Identität ergeben, so würde die Wahrscheinlichkeit, dafs wir es wirklich mit einem reinen Element zu thun haben, wachsen. Sicher wird man aber erst werden, wenn auch die übrigen nahe verwandten Elemente einer ähn- lichen Untersuchung unterworfen sind, und wenn man findet, dafs ihre Hauptlinien in meinem Spectrum nicht anwesend sind. Vorläufig bezeichne ich daher die beiden Spectren gemeinsamen Linien als das Spectrum des Y; jedenfalls wird das für die stärkeren Linien, deren Intensität zu 4 oder höher geschätzt ist, berechtigt sein. So wird das Spectrum jedenfalls schon gute Dienste leisten, wenn man weitere Elemente untersucht; man wird in ihnen mit Sicherheit entscheiden können, ob Y als Verunreinigung gegenwärtig ist. Noch will ich bemerken, dafs Bettendorff in den beiden ‚letzten Jahren die Fraetionirung der beiden Präparate fortgesetzt hat. Er glaubte eine neue, sehr wirksame Fraetionirungsmethode gefunden zu haben, glaubte auch ein neues Element getrennt zu haben, welches er zunächst Sisyphium nannte. Er begann gerade mit der Anwendung seiner neuen Methode, als ihn die Krankheit überfiel. Ich kann leider nichts über diese Methode mittheilen, habe auch die letzten Fractionen nicht mehr untersucht; soviel mir bekannt, war das Atomgewicht nicht kleiner geworden, als das der von mir durchgemessenen Sulfäte. fo) H. KAYser: Meine Aufnahmen sind mit einem Rowlandgitter gröfster Art gemacht, und zwar für jeden Theil des Spectrums wenigstens zwei Aufnahmen, welche je zweimal gemessen wurden. Die mitgetheilten Zahlen sind also Mittel aus wenigstens vier Messungen', und da die Differenzen der ein- zelnen Beobachtungen nur selten 0.02 Ä. übersteigen, so kann ich annehmen, dafs die Wellenlängen bis auf etwa 0.01 A. richtig sind. Das gilt freilich nur, soweit meine genauen Eisennormalen vorliegen, d.h. von den kürzesten Wellenlängen bis 4500 Ä. Darüber habe ich die Eisenlinien der Rowland- schen Tabellen für das Sonnenspectrum verwandt, die mit Fehlern von einigen Hundertsteln einer Ängström’schen Einheit behaftet sein können. Beim Funkenspectrum ist für Y besonders charakteristisch das im Roth liegende Bandenspectrum. Da dasselbe auch im Bogen kräftig auftritt und eine rothe Farbe des Bogens bedingt, habe ich es für interessant gehalten, auch diesen Theil des Speetrums zu photographiren, was denn auch auf Platten von Lumiere gelang. Man findet zwei starke Gruppen mit je 6 Kan- ten, die nach längeren Wellen hin abschattirt sind. Zwischen ihnen liegen noch einige sehr schwache Banden, die kaum mefsbar sind, und ferner tritt im Blau eine Bande auf, die zwei Kanten zu besitzen scheint. Sie ist aufserordentlich schwach, und ich bin über ihre Zugehörigkeit zu Y nicht ganz sicher. Die rothen Banden enthalten eine Unzahl feiner Linien, welche aber auf meinen Aufnahmen so schwach waren, dafs ich sie nicht habe messen können und daher auch über die Structur dieser Banden nichts näheres mittheilen kann. Rowland hat eine Vergleichung des Spectrums des Y mit dem Sonnen- speetrum vorgenommen und gibt in seinen Tabellen zum Sonnenspectrum? einige der stärksten Y-Linien. Einige Linien hat er schon vorher in seiner bekannten Tabelle von Normalen’ veröffentlicht. Ich werde in den Tabellen seine Messungen mit anführen, und zwar zuerst seine Zahlen aus der Sonne, dann die aus dem Bogen. Im allgemeinen stimmen seine Angaben mit meinen Messungen recht gut überein; in einzelnen Fällen aber finden sich grofse Differenzen. Ich habe in solchen Fällen natürlich besonders sorg- ! Beim Y liegen wegen der Untersuchung der verschiedenen Fractionen zum Theil ıo bis 20 Messungen vor. ® H.A. Rowland, A preliminary table of solar speetrum wave-lengths. Chicago 1898. ® H.A. Rowland, A new table of standard wave-lengths. Astron. and Astrophys. 12, p- 321 (1893). Die Bogenspectra von Yitrium und Yiterbium. | fältig controlirt, und kann nur annehmen, dafs bei Rowland irgend welche Ablesungsfehler oder Druckfehler vorliegen. Schwieriger ist ein Vergleich meiner Resultate mit dem Funkenspectrum von Exner und Haschek'. Beide Spectra sind so verschieden, dafs man mitunter meinen könnte, es handele sich um ganz verschiedene Stoffe. Dem widerspricht aber, dafs die stärksten Linien im allgemeinen in beiden Spectren vorhanden sind, und es liegt somit wieder ein Beispiel für die aufserordent- liche Verschiedenheit von Bogen und Funken vor. Ich habe mich in den Tabellen damit begnügt, hinter die Linien, welche zweifellos auch von Exner und Haschek gemessen sind, ein E. zu setzen. Ihre Wellenlängen sind im allgemeinen etwas gröfser als meine, was ja mit der Angabe der Autoren, dafs in ihrem Transformatorfunken alle Linien nach Roth ver- schoben seien, übereinstimmt; doch schwanken die Differenzen zwischen unseren Messungen zwischen etwa —o.1ı und +0.1Ä., so dafs eine genauere Vergleichung keinen Werth hat. Ob wirklich die Verschiebungen der Linien so verschieden sind, mufs dahingestellt bleiben. Ferner hat Lohse” mit einem offenbar sehr unreinen Präparat das Funkenspeetrum zwischen 4000 und 4500 Ä. gemessen; auch hier hat eine Vergleichung mit meinen Angaben keinen Zweck. Hinter einige Linien meiner Tabellen habe ich ein Fragezeichen gesetzt. Das bedeutet, dafs mir die Zugehörigkeit der Linie zu Y zweifelhaft ist, ohne dafs ich einen andern Ursprung angeben könnte. Solche Zweifel können dadurch entstehen, dafs die betreffende Linie auf verschiedenen Aufnahmen nicht mit gleicher relativer Intensität erscheint, oder dadurch, dafs sie in den Spectren anderer Erden stärker auftritt, als es einer Verun- reinigung durch Y entspricht. Wenn z. B. im Spectrum meines Er eine Y-Linie von der Intensität 6 mit der Stärke 2 vorhanden ist, sich dann aber eine Linie des Y von der Intensität 3 mit der Stärke 2 im Er findet, so legt das die Ver- muthung nahe, dafs es sich hier um eine gemeinsame Verunreinigung handelt. Da das Y sich im natürlichen System zwischen Ga und In einordnet, sollte man erwarten, dafs es Serien von Linienpaaren besitzt; ich habe nach solchen aber vergeblich gesucht. Ich lasse nun die Tabellen folgen. ! F.Exner und E. Haschek, Wiener Sitzungsber. 108, Ila, S. ır23 (1899). OÖ. Lohse, Untersuchung des violetten Theils einiger linienreichen Metallspectra. Sitzber. Berl. Akad. 1897, S. 179. Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1905. Il. 2 10 H. KAYsEr: 1. Bogenspectrum des Y. In- In- In- A ee Bemerkungen A a Bemerkungen A and Bemerkungen 2227.849 1 2730.190| 2 3109.007 | 2 2228.241 | ı 2760.174 | 3 3111.924 | 3 2231.276| ı 2785.293| ı |E. 112.057 32 IE: 2236.384| ı |Nach E. Yb. 2791.319 | ı 3114.415 | 2 |E. 2240.695 ı |Nach E. Yb. 2800.227)| ı |E. 3130.059| 3 ıPE. 2242.643 1 2813.773 ı 3135.28 | 3 |?E. 2243.097ı 3 |E. 2818.982| ı |» 3155.785 | ı 2245.720| I 2822.694 | 2 3173.179 | 4 2249.2490 | I 2826.450 1 |E, 3179-539 | 5 2259.339 | I 2854.544| 2 |E. 3191.438 | 4 2259.594 | 2 2856.419| ı |?E. 3191.627 | I 2260.157 | 2 2884.583 | ı |? 3195.741| 7 |E.— R.705 2260.661 I 2886.585 | 2 3200.386| 5 |E.— R.4o7 2262.768 ı 2890.497 | ı |? 3203.450| 5 |E.— R.435 2264.452| 2 2897.79 | ı |E. 3206.652| I 2265.110| 2 2919.167 | 3 3216.812| 6 | E.— R.807 2267.152| I 2930.128 2 3242.408| 7 |E.— R.395 2271.853| I 2948.533 | 4 3252.408 | 3 2272.884 | I 2955.999| I 3278.576 2 DAT ALTE BLZ 2965.096 4 3280.055 | 3 2277738 |,1 2974.042| I 3282.594 | ı |E. 2283.370 ı 2974.710 3 3290.713| I 2283.722| 2 2934.376 | 4 3293.599 | 1ıu 2289.087 | 2 2995.383 | 2 3308525 | ı |E. 2331.732| ı 2997.069 3 3318.700| ı |E. 2332.651| 2 3010.255 | I 3319.922| ı 2354.266 | 2 3021.844 | 3 3328.013| 6 |E.— R.016 2355.465 | ı 3022.404| 3 3331.029| 2 |E. 2358.798| 2 3036.710| I 3331.335 | I 2361.883| ı 3038.599, 1 3335-349 | 1 2385.298| 2 3044.956 | I 3337.986| ı 2417.364 ı |E. 3045.489 | 3 3340.528 2 2422.278 4 |E. 3047.252| 2 |? 3344.680 | ıu 2424.246| 2 |?Fe?E. 3050.015 | I 3354.749| ı |? 2445.309| 2 |?Fe? 3059.639 | 1 3354-979 1 2445.0688 ı 3072.479 | 2 3359.082 2 2460.656| ı |E. 3076.634 | 2 3362.131| 4 |E. 2463.826| 2 |?Fe? 3086.981 | 2 3362.381ı| 3 |E. 2476.756 | 2. Rein, | 3091.850 | ı 3364.923 | 2 2540.384 1 3095.998| 3 |E. || 3377.863 | 2 2547.661| ı 3096.741| I | 3380.054| ı |E. 2672.190 | I 3103.846 | 2 3382.975 | 2 2723.096| 3 3104.808| I | 3383.206 | 2 Die Bogenspectra von Yttrium und Ytterbium. 11 In- In- In- A Bemerkungen A Bemerkungen A Bemerkungen tens. | tens. tens. | 33838.725| 3 |* 3654-796 | 2 |E. 3950.499| 5 |E.— R.497 3390.021| I 3656.390| 2 |E. 3951.739| 3 |E.— R. 765 3397.169| 3 |?P2 3661.086 2 | 3954-431, I 3409.914 | 1 |! 3664.744| 8 |E.—R. 760 3955-237 | 3 3412.620| 2 |? 3668.640 | 3 |E. 3967.3477| ı |?E.? 3433.159| ı |E. 3682.748| ı E 3973-597 | 2 3448.962| 5 |E. 3682.985 | ı i 3978.775| ı |?E. 3451.082 | 3 3692.667 4 3982.746, 6 |E.— R.742 3454.322| zu | E. 3693.989| 1 3987.652 3 3461.168| 2 |?E. 3696.7221| 2 |E.* 4030.0I1 | 3 3468.028| 3 |E. 3697.923| 2 |E. 4039.981 | 4 |R. 013 3484.208| 2 | 3710.448| 6r | E.—R.438, 442 | 4044.235 | ı 3485.3855| 4 |? 3718.237| 3 | 4044-407 | 2 | 3496.233| 6 [E.—R. 224 3724.920| 3 |? 4041:774| 4 |E.— R.823 3499.044 | 3u ?E. 3734.422| ı | | 4048.004| 2 |E. 3511.354 | 3 | 3735-.756| ı | 4065.159), ı |?E. 3513.036| 3 | 3738.772| 2 | 4077.522| 67 E.— R.4985 3549-153| 7 | E.—R. ı51, 147 || 3747-695 | 3 | E. 4081.089| 2 | 3552.843 | 4 3770.740| ı |? 4081.391 | 3 357.587 2 3774-494 | 5 |?E.—R.473,478|| 4083.862| 5 |E.— R.783 3576.209 | 3 | E. 3788.839| 5 |\E.—R. 839 4095.617 | 1 3584.656| 2 |E.—R. 660, 662|| 3818.513| 3 |E. 4102.548| r |E.— R. 541 3593.071| 5 |E.—R. 040 3826.064| 2 |E. 4106.552| 2 3600.884 7 |E.—R. 880, 884 || 3833.006| 2 |E. 4110.964 | 3 3602.069| 6 |E.—R. 060, 065 | 3840.575 | 2 4125.079| 4 |E. 3611.194| 6 |E.—R. 189, 196 | 3846.805 | ı 4128.472| 6r E. 3621.99| 5 |E.—R. 110, 096 || 3852.541| ı | 4143.017| 6r|E. 3628.852| 7 |E.—R. 847, 853 | 3878.418| 2 |E. 4157.786 | 2 3633.267 | 4 FESR: 277. 2771|) 3887.928 3 4167.670| 3 |E.?— R.737 3635-472 2... 3890.281 | ı 4174.287| 4 |E. 3639.422 3 3892.570 | 2 4177-684| 5 |E. 3645.567| 3 |E. 3900.425 | 2 4199.442| 3 |E. 3646.363| 2 |?° 3904.738| 3 |E. 4204.847| 4 |E. 3652.801 | I 3930.799| 4 |E. 4209.872| ı 3653.636| 2 3946.350| 2 4orz.U7a| 2 re ! Rowland gibt noch die Linien 3385.167 und 3407.937 als Y; ich halte sie für fremde Linien, da sie in Bettendorff’s Sisyphium erheblich stärker erschienen als in den Y- Präparaten. 2 Nach Exner und Haschek soll dies Yb sein; in der Gegend liegt in der That eine Linie von Yb, aber ihre Wellenlänge ist um 0.08 Ä. grölser. ® Nach Exner und Haschek soll diefs Sa sein. * Rowland gibt noch die Linie 3694-351 in der Sonne, .349 im Bogen als Y; später gibt er in der Sonne .344 Er? Es ist eine Linie von Yb. 5 Fast an derselben Stelle liegt eine starke Linie im La; ihre Wellenlänge scheint etwas kleiner zu sein, etwa um 0.01 Ä. 12 H. Kayser: A I Bemerkungen A | In Bemerkungen A aut Bemerkungen tens. tens. tens. 4213.698| 3 |? 4379.499 | 4 4555-491 | 3 4217.60 3 | 4385.649| 2 4559.558| 4 4220.779| 4 |E.! 4387.908| 3 |E.? 4564.576| 2 4224.396 | 3 4393.788| ı 4565.120 | 2 4229.35I, I 4394:184 | 2 4570.855 | 2 4231.461| ı | 4394.840 | 3 4573.746 | 4 4232.709 2 4397-9094 2 | 4579.043 | 2u 4235.852 | | E. 4398.201| 5 |E. 4581.506 | 2 4241.924 1 | 4402.574 | 1 4581.954 | 2 4250.532| I 4415.552| 2 4582.352| 2 4251.343| 5 |E. 4417.635 | 2 4595305) 4267.085 | 3 |? | 4418.360 I 4590.972| 2 |? 4269.001 | ı |? 4422.772| 6 |E. 4596.77 1 4 4272.295 | 2 4427.191| ı 4601.484 2 4274-346 | 2 | 433.145, 1 |? 4604.977 | 3 4275.650| I | 4436.321| 2 |E. | 4613.165 | 2 4291.217 | 3 || 4437-519 | 3 4627.390 1 |? 4300.526| 3 | 4443.834| 4 |E. 4643.863 16 4302.431| 5 |E. 4445-491 | 3 | 4652.309 2 4305.499 | I 4446.805 | 4 | 4653.951 | 2 4307.234 | 2 | 4465.463| 2 |E. 4658.497 | 4 4309.784 6 |E. 4472.953 | 2 4659.058| 3 4314.080 2 | 4474-074 | 3 4666.567 2 4315.662 | 3 | | 4475.900| 4 | E. 4667.024 | 2 4aroa7z 2 | 4477.1400| 4 |E. 4671.020 2 4318.052| I | || 4477.628| 4 E. 4675.030 | 6 4318.182| ı | | 4479.184| 2 |? 4673.523 | 2 4322.474 | 2 |E. | 4484.621| 2 4682.501 6 4324.765 1 | | 4487-433 | 3 4689.938 | 3 |? 4330.945| 3 |E.? | 4487.683| 4 |E. | 4692.137 | 2 4337-476 | 2 | | 4491.924 | 3 | 4696.976 | 3 4344.812| 3 || 4492.592 | 2 4699.424 2 4346.323| 2 | | 4503.534 | 1? | 4701.165 | 2 4348.957 IT | E. || 4506.139| 6- |E. 4704.818) ı 4352.499 2 4513.764 | 3 | 4726.031 | 2 4353.833| 1 | 4514.190| 3 | | 4728.710| 4 4357876 4 | | 4522.242| 2 |E.? 4132.565 | 3 4358.855| 5 |E.—R. 879 | 4527-4301 5 |E. 4733.637 | ı 4366.204| 3 |E. | 4527.983) 4 |E. | 4741.595 | 3 4371144 2 4534298 | 2 | 4752-970 | 4 4371.621| ı | 4542.222| 2 4761.169 | 5 4375.113| 8 jE. | 4544.500| 3 | | 4763.142 | I 4375.794 | 3 I 4554.651 | 2 | 4766.280| ı Verunreinigung durch Y erklärt zu werden, sowie hier nicht vorliegen kann ! Fast an derselben Stelle liegt in Sa eine starke Linie, die viel zu stark ist, um durch eine Verunreinigung durch Sa . Vielleicht ist es daher eine sehr starke Linie eines dritten Elementes. Die Bogenspectra von Yttrium und Yitterbium. 13 In- In- | | In- A Bemerkungen A Bemerkungen A \ Bemerkungen tens. tens. tens. | 4780.360 | 2 5119.283 | 3 5644.898 | 4 4751.217 4 5123.30 4 |R. 390 | 5646.909 | 2 | 4786.753 4 ? 5135.356| 3 | 5648.684 | 5 | 4787-.078| 3 5196.588| 2 | | 5657.479| I | 4799-491 | 4 5200.580| 5 | 5661.107 | ı | 4804.502 2 5205.890| 6 |R. 897 5663.148) 6 |R. ı55 4804.986 | 3 5240.958 | 2 5668.784 | 1 | 4817.589 KanteeinerBande| 5269.712| 5 | 5669.456, I | 4818.396 Kante einer Bande) 5270.527 | 3 5675.311| 2 | 4819.857 4 5290.004 | 2 5675.480| 3 | 4821.813| 2 5380.851| 3 5706.926 5 4822.310 3 5388.623 | ı 5720.801 | 3 | 4823.497 | 4 5403.003 | 4 . 2.982 5723.663| 2 | 4826.438 ı 5417.246| 2 | 5727.090 | ı | 4839.335 | 2 5424.588| 3 | 5729.087 | 3 4840.052 5 5438.447| 4 | | 5740.417 | ı 4845.862 4 5466:669 6 | 5743.567 | ı 4852.860 4 5473-596 4 5744-046 | 3 4854-437 | 2 5480.952 | 3 5765-849 | 3 4855.073 | 6 5491.634 | 2 5774.143| 2 | 4856.896 | 2 5493-375 | 3 | 5781.901| 2 | 4860.031 | 3 5495.802 | 2 5787.907 | 1 4863.303 1 5497-637 | 5 | | 5797.348| ı 4879.339| ı 5503.665 | 5 | || 5812.888 | 1 | 4879.832| 2 5510.115| 5 |R. 120 5822.064 | 2 | 4881.629 | ı 5513.856| 2 | 5832.480 I 4883.881| 6 |R. 867 5521.845 | 6r| 5872.072| ı 4886.464 | 2 5526.944 | 2 | || 5880.218 | ı 4886.832 | 2 5527.765 Wis | | 5903.201 | 2 4893.620| 2 5541.852| 3 5945.081| ı 4895.436 | 1 5544-818) 5 | R. 831 5945:946 3 | 4900.304| 6 |R. 301 5546.228| 4 I"5950.249| 2 | 4906.275 | 2 5551.209| 2 | | 5966.439 I: 4909.185 | 2 5556.655 | 4 | 5972-324 | Kante 4912.236 ı 3567.972| 3 | 5982.133 | 2 | 4922.063 | 3 5577.621| 4 5987.870 Kante 4926.503| I 3581.295 | 2 6003.810 | Kante 4928.427 | ı 5582.098| 5 | || 6004.906 1 | 4931.129 | 2 5591.168 2 | \ 6007.929 | I | 4948.740 I 5598.537 | ı | 6008.424 | 2 4974-466 | 3 5606.552| 3 6020.105 | | Kante 4982.297 | 3 5610.580| ı | || 6023.624 Na 5007.134 | 3 | 5624.114 | 2 | | 6025.513 | ı | 5070.363 | 2 || 5630.353| 5 | | 6036.833 | Kante 5072.344 | 2 | 5632.477 | 2 | 6040.463| 2 | 5087.600| 5 |R. 610 | 5633.121 | 2 || 6042.778| ı | 5103.941 | ı | 5635.966 | 1 | | 6053.998 | Kante H. Kayser: A In Bemerkungen A An Bemerkungen A Nr Bemerkungen tens. tens. || tens. I 6060.526 I 6137.893 | ı | 6435.226 5 6073.034 | I 6138.645 | 4 6437-414 | 1 6081.448| ı | Kante? 6148.624 | Kante 6505.611| ı 6082.800| I 6150.935 | 1 | 6538.797 | 3 6088.190 | 2 6165.310 , Kante 6557.568 2 6089.597 | 1 | 6182.455 Kante 6564.059 | 1 | 6096.999 | I | 6191.9350 | 1 | 6577.096 1 | 6102.967 | ı 6200.043 | Kante 6585.077| 1 | 6108.050) ı | Kante? 6218.150| \ Kante 6613.988| 1 | 6114.954| I 6222.787| 4 | | 6650.880 | ı 6124.701 | ı 6236.962 | | Kante 6656.056 1 | 6127.610 I 6275.214 | I 6687.892 | 2 | 6132.343 Kante 6396.588 6701.188 2 | 6134.2400| 3 | 6402.229| 3 | | Für das Yb liegen zum Vergleich nur die Messungen von Exner und Haschek vor. als die meisten von mir beobachteten Linien sich auch Der Vergleich ist hier insofern günstiger als bei Yttrium, bei Exner und Haschek finden, die freilich daneben noch eine Unzahl anderer Linien führen. Das spricht jedenfalls für eine grofse Reinheit meines Präparates. Die Differenzen zwischen unseren Wellenlängen liegen meist zwischen +0.04 Ä. und —0.04 Ä. Es kommen einige wesentlich gröfsere Differenzen vor, allein in solchen Fällen ist es immer zweifelhaft, ob es sich wirklich um dieselbe Linie handelt, oder ob die Bogenlinie im Funkenspectrum fehlt und um- gekehrt. 2. Bogenspectrum des Yb. In- In- | In- A Bemerkungen A Bemerkungen A Bemerkungen tens. | tens |tens. 2320.886 ı [E. 93 2571.346| 2 |E. 37 | 2685.172 | ı 2324.537 | Tape WERD SS 2578.896 | 2 |E. 86 | 2701.814| 3 !E. 8ı 2362.990 | ı |E. 95 2613.491| 2 |E. 48 22774 10 Rn 2 2390.8433| 2 |E. 80 2624.439 1 2732.848| ı |E. 84 2392.288 ı [E. 29 2634.415| ı | ?E. 40 2748.7163| 2 |E. 74 2409.133 | ı 2653.8341 | 3 |E. 82 2750.580 | 4 \E. 62 2464.6007 | 6r |E. 65 2657.901 2 |E. 90 2751.572), 0 .lBoo7 2496.634 | 2 | ? 2665.144 ı JE. ıı 2754.285| 3 |E. 26 2507.004| 3 |? | 2672.058| 2 |E. ı 2760.874| ı |E. gı 2561.767 | ı F2672:750 3 Era3 2761.484| ı |E. 51 Die Bogenspectra von Yttrium und Yiterbium. 15 A ea Bemerkungen A u Bemerkungen A Na Bemerkungen 2765.833| ı |E. 67? 2951.823| 2 |E. 80 3107.886 ı IE. gı 2771.436| ı |E.45 2955-459| ı |E. 43 | 3108.033 | 2 2776.392| 2 |E. 40 2962.654 1 |E. 63 | zı15.455| 2 |E. 43 2784.770| ı |E. 77 2963.458| 3 |E. 49 3117.440| ı | 2796.750| 2 E. 75 2964.66 ı |E. 53 3117.923| 2 |E. 90 2797.389| ı |? 2964.880 3 |E. 87 3118.556| 4 2800.165| ı |E. ı5 2969.962 2 |E. 96 3131.373| 4 |? E.37 2814.652| ı |E. 62 2970.680° 4 |? E.yı | 3136.295| ı |? 2818.596| ı |E. 87? 2982.618 ı |E. 6 3136.876| 2 [E. 84 2821.2 71. 2. |NEe27 2982.79 ı |E. 72 3141.023| 3 |E. o2 2825.104| ı |E. 09 2984.1065| 3 |E. ıı | 3141.853| ı |E. 8 2831.113| 2 |E. 09 2985.209| 2 |E. 20 | 3145.664| 2 |?E. 63 2845.256 ı 2989.405 | 3 | zı51.158|) 3 |? 2847.297]| 3 |E. 30 2990.6755| 2 |E. s5ı 3154.002| 1 |PE. 98 2847-627]| 3 |\E. 63 2992.004| 2 |E. oo 3155.317| ı |E. 30 2848.579| 2 |E. 52 2993-396 | ı 3155.947 | ı 2851.248| 3 |E. 25 2994.064| ı |E. 06 3162.438| ı | 2854.287| 2 |E. 2ı 2994-933| 2 \E. 96 3163.919 | ı IE. gı 2858.529| ı |E. sı 3005.86 | 3 |E. gı 3165.345 | ı IE. 33 2859.515| 2 |E. 5o 3009.519| 2 E. szı 3169.188| 2 |E. 16 2859.928| 4 |E. 92 3010.769| ı |E. 75 31712322 110 2. B. 32 2861.337, 2 |E. 39 3014.567| ı |E. 59 z171.505| 3 | 2861.476| 2 |? 3014.782| 2 |? 3172.787 | ı | ” 2867.182| 3 |E. 16 3015.430| 3 | 3181.051| 3 |E. os 2885.284 | ı |? 3017.233| ı | 3193.033| 3 |E. o2 2886.287| 2 |E. 37 3026.802| 2 |? E.78 3198.250| 3d|E. 22 2888.157,| 2 ERIT2 3031.230| 3 |E. 2 3198.783| 2 |E. 75 2891.068 | ı |? 3034:.1922 7 E76 3201.278 2 [E. 29 2891.500| 5 |E. 52 3039.800| ı |E. 77 3217.319| ı |E. 29 2893.764| ı |E. 74 3040.024 | ı 3218.460| ı |E. 42 2894.98 4 |E.o2 3042.493| ı 3221-.319| u B.35 2899842 ı \E. 83 3046.6228| ı E. 61 3227.616| ı 2900.437| 4 |E. 43 Joa Soa Tr] 3235.582| 2 |? 2903.184 | ı 'E. 06? 3056.856 34? E. 83 || 3235.764 | ı 2908.464| ı \E. 44 3063.268 ı |E. 35 | 3241.670| 4 | 2909.343, ı |E. 30 3065.170| 2 |E. ı7 3251.75 | 2 | 2g11.514| 5 |E. 53 3073-206 | 2 3254.450| 4 |E. 52 2914.350| 2 |? E. 32 3076.1490| ı |E. ı2 3261.635 | 2 IE. 67 2915.403| 2 |E. 40 3077.723| 3 |E. yı | 3261.800| ı [E. 85 2919.470| 3 |E. 48 3079.398 | ı 3268.031| 2 | 2921.269|l ı |E. 25 3080.257 | 2 3275.945 | I | E. 95 2924.379| ı |? E.34 3081.257 | ı |E. ı "3279-114 |, 2 AE. 15 2926.889 | 2 3081.597 4 | || 3280.132 | ı | 2934-491 | 2 3089.220| 2 |E. ı7 | 3280.641 | ı | 2935.239| ı |E. 23 3098.724| 2 |? | 3281.880| 4 |E.9ı 2946.039 2 '|E. o2 ! 3101.477|) ı |E. 49 | 3283.532| 2 | 2946.442 | ı I? E.44 | 3102.197| 1 |E. ı7 | 3285.930 | ı 16 H. Kayser: j I A Nr Bemerkungen A ne Bemerkungen A Da Bemerkungen tens. | | tens. tens. 3289.497 | ı5r |E. 52 3385.242| 2 3487.548| ı |E. 36? 3303.333 | 1 3385.682| 4 |E. 70 3488.5899 4 |E. 49 3304.710|. ı |E. 83 3387.275| I 3496.089 3u 3304.912| ı |E. 95 3387.658| 3 |E. 7 3499.260 | 2 3305.392| 4 3390.408 | 3u 3499-585 | I 3305.874 | 3 |E. 89 3390.594 | Tu 3500.110| ı 3309.518| 2 |E. 51 3394.591| ıu|E. 62 3500.973| ı 3309.944| 3 |? 3395.321| n |? 3504.160 | I 3310.735| 2 ı\? 3396.963| 3 |? 350150313 A Im. 3312.259 6 |E. >27 3397.249| 3d?|E. 25 3507.647| 3u|| ° > 3315.243| 5 | 3397-652 | 3 3508.607 | 3 |E. 55 3316.567 | 2u| 3398.182 I 3517.154| 2u 3317.017| 2 |?E. 98 3398.810 ı 3520.453| 2 |E. 48 3319109 2 . 3400.748| ı 3535.700|. 3 |E. 67 3319.557| 4 |E.32? 3410.203| 2 3554.608| 3 |E. 60 3323.358| 2 |? 3416.756| ı 3560.504| 2 |E. ;5o 3324.320)| ı |E. 32 Sarsisst m2 Ess 3568.008| 3 |E. oo 3327.358| 2 | 3420.520 | 2 3574.714 | 2 3333.200) ı |E. ı8 3425.790| 2 |? 3606.647| ı |E. 61 3337.170 07 21? 3426.2023| 4 |E. ı9 3637.891 | 3 !E. 90 3337-323| 4 |E. 3ı 3430.125 | 2 3638.555 | 2 3343-087 | 5 |E. 19 3431.293| 4 |E. >27 3638.833 | ı 3346.655 | 2 3431.552| 2 3639.177 | I 3347.675 | ı |E. 69 3434.775| 2 |E. 75 3639.591 | ı 3350.146| ı |? E.ıo 3435-535 1 3642.525 | 2 3350.400| ı 3441.664| 3 |E. 65 3646.855 | I 3351.230| 2 |E. 2; 3443.573| 1 3648.300 | 2 3351.422| 3 3443.762 | 2 3652.764 | ı 3352.637| 4 |E. 64 3449:333| 2u 3654.562| ı 3355011 | ı 3453-831 | 3 3655.880| 3 |E. 85 3359.356 | 2 3454.224| 4 |E. 25 3668.218| 3 |E. 2 3359.711)| 5 |E. 72 3454.909 | 1 3669.839| 2 | E. 83 3362.584 | 3 3459.843 | 2 3670.836| ı |E. 85 3362.780| 4 |E. 69 3460.433 3 |E. 44 3675.216| 2 |E. 23 3363.788| 3 3462.350| 3 |E. 36 3685.190| ıu 3365.208| 2 3462.480| 2 3691.820| 2 3366.178| ı |E. ıı 3464.337 3u|) Er 3692.791| 3 3368.169| 2 |? 464.627 | 5u|\ 3694.321\ıor |E. 35 3374.320| 2 3467.675 | 1 I18699:635 15,2 3374651 2 3469.403 | I 3700.396 3 |? E.38 3375-032 |.,3 9 E67 3472.491| 2 | 3701.501 | 3 ? E. 50 3376.637| 4 |E. 65 3412.624| 2 | Ing 3704.979 | 2 3376:758| 2 | 3472.694| 2 |\ | 3716.280| 2 3379.526| ı 3474-985 | ı |E. 095 | 3725.201 | 3 3579.931| 2 |E. 93 | 3476.473| 4 |E. 48 | 3731.409 | 2 3382.688 2 |? | 3478.992| 4 |E. 99 3734:264| 2 IE. 25 3384.833 | 2 [| 3485.931 | 1 |E. go 3734.828| 2 |? Die Bogenspectra von Ytirium und Ytterbium. | A u Bemerkungen 23 Ei Bemerkungen | MER Bemerkungen 3735:0226| 3 |? | 4052.455| 3 | E. 46 | 4399.14 2 3744.-29| 2 |? E.20 | 4054.622 | 2 \E. 63 | 4410.428 | ı 3751.951| 3 |E.9 \ 4056.299 | 1 || 4411.275 | 2 3756.779| ı |2 E75 1 4058.773| ı |E.8 4430.404 | 3 3756.999 1 |? 4059.638 | 2 | 4439.388 5 |E. 37 3761.481| 3 |E. 5ı 4063.590| ı || 4450.976 | 2 3762.063| 3 |E. 08 4087.783| 2 |E.9 || 4472.581 | 1% 3764.453| 2 |? 4089.837| 4 |E.85 || 4481.456 2 | 3779:233| 2 |BE. 31 4094.330| 4 |E. 35 | 4482.623| 3 | 37187.330| 2 |? 4105.497, 3 | 4488.441| 2 | 3791:.872| 2 Ir 4119.425 | 2 | 4503.794 | 2 3795.917| 2 |E. 95 4124.888 3 | E. 89 || 4513.571 | 3 3865.297 | 2 |? 4138.490 | 2 asızsau| 3 3887.491 | 3 |E. 48 4149.222| 4 |E. 23 \ 4518.651 E38 Bee 3890.674 | 2 4151.262| 2 | 4518.812| 3 \ Bl 3892.640| 2 |? 4174.734 | 2 | 4522.736 | 2 3896.384| 2 |? E.3 4184.429| 2 |E. 4ı | 4530.050 | 2 3896.756| 2 |? E.8 4187.779| 3 | 4533.672| ı 3900.986 4 |? E. 1.03 4200.087 | 2 | 4564.166 | 3 3904.963| ı |E. 5.02 4203.898 | 3 | 4567.541 | 2 3906.463 | 3 4218.836| 2 |E. yı | 4576.412| 5 |E. 40 3911.420) 2 |?E. 48 4222.824 | 2 4582.539| 4 |E. 55 3916.623| 3 |E. 65 4232.159| 3 |?E.ı5 4589.404 3 3929.704| 1 | 4242.313| 3 |E. 31 | 4591.008| 3 |? 3937-160 | 2 | 4251.674 | 2 4598.532| 2 |E. 45: 3938.778| 2 |E. 70 1 .4256.919 ıu 4599.198 | I 3949.436 | 3 | 4257.317| ı |? E.84 4606.783 | ı 3958.234| 3 |E. 24 4268.758| ı I 4616.103 | 2 3973-191 |' 2 4277-677) 2u 4644.716 2 3973.722| 2 || 4277.892| 3 u | 4650.230 | 3 3974.370| ı |? | 4296.097 | 1 4651.840 | I 3975-457 | 2 | 4296.278 | ı || 4658.197 | 5 |E. 20 3977.168| ı 4301.140 | 2 |? 4661.998 | ıu 3982.479| ı | 4306.093| 3u|? E. 16 4670.775| ı |E.8 3988.149 | ıor |E. 16 4309.968 | 2 | 4675.282| ı 3991.044| 4 |E. o5 | 4312.524| I | 4675-.472| ı 3993.920| I A322 Eaıs 4675.792| ı |? See | 4326.564 | 2u 4682.113 | I 3996.635| 2 |E. 69 | 4329.881 | I | 4683.988 ET KEI00 4007.512| 2 |E. 6 | 4332.888 | ı 4684.449 | 2 4008.119| 3 |? | 4334.074 | 1 ' 4702.526 | ı 4012.697 | I | 4353.128| 2u 4705.081| ı 4019.138| ı || 4360.101 3 1 4718.860 | 2u! 4020.681 | 2 | 4370.984| ı |E. 98 || 4720.969 | 2 4021.711| I | 4376.758| 2 u || 4724.241 | ı | 4024.390 | I | 4386.597 | 3 | | 4726.252| 3 |E. 3ı 4052.223 | 2 | 4393-994 | 3u| 4733-516 | 2 Phys. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1905. II. 3 18 H. Kavyser: Die Bogenspectra von Yitrium und Yiterbium. | ae | Bemerkungen A | Di Bemerkungen | A aan Bemerkungen 4743:542| ı | 4994-310 3 5402.786 | 5 4751.969 I || 5001.308 3 5422.142 | 2 4753.110| I | 5009.688 I 5438.097 | 2 4758-514 | I | 5027.835 1ı 5452.554 | I 4179-157 | N || 5069.315 | 1 5454-244 | 1 4782.087| 4 | 5074.502| 3 | 5476.928 | 6 4184.715| 1 | 5135.263| 5 5478.730, 1 4735.596 | 2 5184.382 ı 5482.148 3 4786.781| 3 |? 5196.244 | 2 5505.710 2 4815.237| ı 5206.681| ı 5524.673 | I 816.583 | 2 | 5211.767| 2 | 5539.351| 4 4820.420| 2 | | 5244.269| 2 | 5556.722| 5 4831.430| I || 5257-653 | I 5588.67 1 2 4837.126 I 5275.784 li 5631.609 2 4837-635| 2 | 5275-964 | 3 5642.867 | ı 4851.335 1 | 5279.722| I 5652.213 3 4894.8338 2 || 5307.289 | 2 5676.062 | 3 4905.054 | 2 5335.338 4 | 5690.157 I 4912.570, I | 5345.843 | ı 5700.166 I 4932.115| ı | 5351.538| 2 5720.228 5 4935.687 | 4 | | 5353-155 | 3 5771.864 | 2 4942504 1 | | 5358.838| 2 5837.343| 2 || 4967.067 | 3 5363.867| 2 NRW! PHILOSOPHISCHE UND HISTORISCHE ABHANDLUNGEN. jorldoT? Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom in den dreizehn ersten Jahren seines Bestehens 1888-1901. Von WALTER FRIEDENSBURG. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1905. I l Vorgelegt in der Gesammtsitzung am 15. Januar 1903 [Sitzungsberichte St. Il. S. 15]. Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, an am 4. Juli 1903. . f, . L 1 2 ı Var 1 EN E inaı Aöh Au B " 2 u 4 F- I 4 + F ‘ En j R er ' u u & - = 2% u En 2 K2 ü a: = | Vorwort. Mi der Erstattung des vorliegenden Berichts über das Königlich Preufsische Historische Institut zu Rom ist der Herr Verfasser bereits im Herbst 1899 beauftragt worden. Die Übersicht wurde damals zur Veröffentlichung an einer anderen Stelle in Aussicht genommen (vergl. Mittheilungen der König- lich Preufsischen Archivverwaltung Heft ı, 1890, S. 5). Seither ist es gelungen, dem Historischen Institut eine ungleich reichere finanzielle Ausstattung zu verschaffen, als sie in den Zeiten, über die hier Bericht erstattet wird, zur Verfügung stand. Im Zusammenhang mit dieser sehr erheblichen Vermehrung der Mittel des Instituts ist eine neue Orga- nisation geschaffen worden, in deren Rahmen die bisher der Commission der Königlichen Akademie der Wissenschaften übertragenen Aufgaben sich auf ein Curatorium und einen wissenschaftlichen Beirath vertheilen. Die von Hrn. Friedensburg gegebene Übersicht über die Institutsgeschichte bis zu seinem von ihm beantragten Austritt aus der Stellung des Ersten Secre- tärs (1901) erscheint jetzt zugleich als Gesammtbericht über die Entwicke- lung und die Leistungen des Instituts unter der bisherigen Leitung. Koser. Lenz. a7: | Ro De I Sur EI! ‚rare Milk raelh . Pate) chin a Au ride a al) leid $ “ih, 5 Si His dl > lin nit He: HL EM Kr Al Er De nr rain, ine w FA FUEHE el: Rrir® > lH uE kat Fr: Air wien Aal ai 127 Ü Or iin EN j i as RN al m Hrn Et ed ee 2 ET ee REN © EN AAN Tv amd B R Die Eröffnung des Vaticanischen Geheim-Archivs durch Papst Leo XII. D:. Gründung des Königlich Preufsischen Historischen Instituts in Rom ist eine Folge der Eröffnung des päpstlichen Geheim-Archivs, welche be- kanntlich von dem jetzt regierenden Papst S. H. Leo XII. sogleich nach seiner Thronbesteigung im Jahre 1878 in’s Auge gefalst und wenig später zur Ausführung gebracht wurde. Alle christlichen Nationen hatten Jahrhunderte hindurch die viel- seitigsten Beziehungen zur römischen Curie unterhalten, deren Nieder- schläge und urkundliche Nachweise im Vatican zu suchen waren. Man er- milst daher, wie schmerzlich es von der Geschichtsforschung empfunden wurde, dafs bis in’s letzte Viertel des verflossenen Jahrhunderts hinein der Zugang zu jenen Schätzen verschlossen und das reichste und wichtigste aller Archive zugleich das unbekannteste war und blieb. Noch bis auf die Zeit Leo’s XII. bedrohte einen Jeden, der unbefugt die Archivräume beträte, der päpstliche Bannfluch, und es war damit stets so ernst genom- men worden, dafs seit den Zeiten des Baronius und seiner Fortsetzer die wissenschaftliche Welt von dem, was wohlverwahrt in den Schreinen des Vaticans lagerte, verschwindend wenig erfahren hatte. Einzelne mit Be- nutzung der päpstlichen Archive erfolgte Veröffentlichungen, wie die Bul- larien, Pallavieino’s Geschichte des Coneils von Trient u. s. w.. waren nur angethan, das Verlangen nach der hier vorauszusetzenden authentischen Kunde noch zu erhöhen. Nur Einem Sterblichen haben sich im Laufe der Jahrhunderte die Riegel erschlossen, hinter denen die vielbegehrten Schätze ruhten: das war kein 6 W. FRIEDENSBURG: geringerer als Kaiser Napoleon I., der seinem gigantischen Plan, in der französischen Hauptstadt ein Weltarchiv für alle Nationen zusammenzubrin- gen, auch die päpstlichen Archivalien unterwarf. Auf kaiserlichen Befehl wurde im Jahre 1810 fast der gesammte Bestand der an der Curie er- wachsenen Documente und Handschriften nach Paris überführt, wo sie vier Jahre lang verblieben. Leider konnte diese seltene Gelegenheit von der Wissenschaft nicht ausgenutzt werden; wer hätte in jenen unruhigen Zeitläuften, wo der Kriegsgott die Fackel durch alle Länder trug, Neigung und Mufse gehabt, sich in jene Schätze zu vertiefen? So hatte die Über- siedlung und vorübergehende Aufbewahrung der päpstlichen Archivalien in Paris nur das Ergebnifs, dafs hier — der öffentlichen Benutzung zu- gänglich — einige flüchtig gemachte Excerpte und summarische Inhalts- verzeichnisse zurückblieben', welche wenigstens über die Masse des Vor- handenen einen gewissen Aufschlufs gaben; die Schätze selbst freilich blieben unzugänglich. In den mehr als sechzig Jahren, die zwischen der Rückführung der päpstlichen Archivalien nach Rom und der 'Thronbestei- gung des jetzt regierenden Papstes liegen, sind es nur ganz vereinzelte Forscher gewesen, welche wenigstens kleine Theile jener schriftlichen Denk- mäler der curialen Vergangenheit in die Hände bekommen haben. Eröffnet wird ihre Reihe durch einen deutschen Gelehrten, Georg Heinrich Pertz, den Vertreter der durch den Freiherrn vom Stein ge- gründeten Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Zu Zwecken der geplanten Herausgabe der »Monumenta Germaniae historiea« kam Pertz Anfang der zwanziger Jahre nach Rom, und hier wurde es ihm zu seiner eigenen Überraschung »unter Umständen, die sich vorher und nachher jeder Berechnung entzogen« — näher äufsert er sich nieht darüber —- ermög- licht, im Winter 1822/23 zwar nicht die Räume des Archivs selbst zu betreten, aber im Zimmer des Archivars einige Originalurkunden verschie- dener Jahrhunderte vorgelegt zu erhalten und vor Allem die Registerbände der Päpste der staufischen Periode — von Innocenz II. bis Clemens IV. — ! Vergl. Gachard, Les archives du Vatican (Bruxelles 1874), insbesondere p. 28 fl. — Nach den Pariser Auszügen veröffentlichte ferner G. Waitz im neunten Bande des Archivs der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde (1847), S. 440 ff.: »die Deutsch- land betreffenden Urkunden des Vaticanischen Archivs aus den Jahren 1269—ı500«. Vergl. auch Pertz’ Bericht über seine Pariser Reise von 1826 bis 1827 (im Archiv der Gesellschaft VI, S.gff.), wo er ebenfalls von den Pariser Notizen handelt und daraus Mittheilungen macht. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 7 einen nach dem anderen in aller Bequemlichkeit zu studiren und für die Zwecke der deutschen Reichsgeschichte auszuziehen. Es waren 23 Bände mit etwa 24000 Urkunden, von denen Pertz gegen 1800 abschrieb oder excerpirte.' An Pertz schliefst sich als Benutzer des Vaticanischen Archivs der böhmische Historiker Palacky, den die Prager Gesellschaft der Wissen- schaften 1837 nach Rom entsandte; er durfte hier 46 Bände der päpst- lichen Register durchforschen.” Wieder ein halbes Menschenalter später ging der mährische Benedic- tiner Beda Dudik im Auftrage des mährischen Landesausschusses nach der ewigen Stadt, wo er von Ende October 1853 bis Anfang Juli 1854 mit archivalischen Studien zur Landesgeschichte beschäftigt war.” Papst Pius IX. persönlich stellte Dudik dem Cardinalstaatsseeretär Antonelli vor, den er zugleich anwies, jenem alle mögliche Förderung bei seinen Forschungen angedeihen zu lassen. Allein auch so erlangte Dudik nicht mehr als was seine Vorgänger erreicht hatten. Er betrat das Archiv nicht und blieb bei dem was er erhielt, gleich jenen, auf die Auswahl des Archivars an- gewiesen. Immerhin wurde ihm eine gröfsere Zahl von Registerbänden, nämlich 59, deren Inhalt er auf‘ über 65000 Urkunden anschlug, zur Ver- fügung gestellt und er vermochte auf deren Grund eine Abhandlung über das päpstliche Regestenwesen, die erste Schrift dieser Art, zu verfassen. Sechs Jahre nach Dudık kam abermals ein deutscher Forscher nach Rom, Hugo Lämmer, der, von Hause aus protestantischer Theologe, kurz zuvor zur katholischen Kirche übergetreten war und die Priesterweihe erhalten hatte. Auch er erhielt Zutritt zu den päpstlichen Archivalien, und zwar nahm er, obwohl sein eigentliches Studiengebiet die älteste Ge- schichte der christlichen Kirche war, zum Gegenstand seiner Forschungen Edirt wurden diese Abschriften u. s. w. erst 1883 ff. in der Abtheilung Epistolae der Mon. Germ. hist. von €. Rodenberg (Epistolae saeculi XIII e regestis pontifieum Roma- norum seleeti, 3 Vol., von Honorius III bis 1268). — Pertz’ Reisebericht erschien im fünften Bande des Archivs (1824) und daraus auch besonders abgedruckt (G. H. Pertz, Italienische Reise vom November 1821 bis August 1823). ® Ein Reisebericht Palacky’s erschien 1838; er wurde dann auch in die Abhand- lungen der Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften, Neue Folge I (1841), aufgenommen. Vergl. auch Dudik, Iter italiceum II, p.4- ® Dudik, Iter italicum. 2 Theile. Wien 1855. 366 und 231 Seiten. * Sie bildet den zweiten Theil des Iter italicum, mit dem besonderen Titel: »Das päpstliche Regestenwesen«. 5 W,. FRIEDENSBURG: im Vaticanischen Archiv «die Reformationsepoche und durchforschte 20 Bände, die überwiegend Gorrespondenzen der im angegebenen Zeitalter in Deutsch- land befindlichen päpstlichen Nuntien enthalten. Vorläufige Auskunft über diese und andere Ergebnisse seiner römisch-vaticanischen Studien ertheilte Lämmer 1861 in seinen » Analecta Vaticana«, denen die »Monumenta Vaticana historiam ecelesiasticam saeeuli XVI illustrantia« auf dem Fufse folgten.' Dieses Werk enthält gegen 250 aus dem Vatieanischen Archiv entnommene Stücke, fast ausnahmslos Depeschen der Nuntien in Deutschland oder an sie erlassene Instructionen und Gegenschreiben der Curie aus der Zeit von 1521 bis 1532 — die erste gröfsere Veröffentlichung aus dieser Art von Ge- schiehtsquellen, die an’s Licht trat. Um die nämliche Zeit verweilte ein norwegischer Protestant in Rom, Peter Andreas Munch, und diesem gelang merkwürdigerweise das, was seine katholischen Vorgänger nicht erreicht hatten: er durfte die Archiv- räume betreten und in ihnen Umschau halten. Was er sah und erforschte, hat er in einer Denkschrift zusammengefalst, welche er im norwegischen Reichsarchiv mit der Bestimmung hinterlegte, dafs sie solange nicht ver- öffentlicht werden dürfe, als der damalige päpstliche Archivar, der Ora- torianer Pater Augustin Theiner, noch am Leben sei. Nachdem dann Theiner, der übrigens den norwegischen Gelehrten um neun Jahre über- lebte, 1574 gestorben war, konnte die Denkschrift des ersteren 1876 ver- öffentlicht werden. Sie erschien zunächst in dänischer Sprache, aus der S. Loewenfeld die Schrift 1880 in’s Deutsche übersetzte.” Die Haupt- bedeutung der Arbeit beruht in dem was sie über die Registerbände mit- theilt, von denen der Verfasser ganze Serien gesehen hatte, so dafs seinen Ausführungen darüber ein weit höherer Werth zukommt, als dem was seine Vorgänger aus einzelnen ihnen vorgelegten Bänden hatten erschliefsen können. So erwähnt z.B., um nur eins anzuführen, Munch zum ersten Male die Existenz von Papierregistern. Freilich kamen diese werthvollen Aufschlüsse erst an’s Licht, als der entscheidende Umschwung in dem Modus der Benutzung des päpstlichen ! Vergl. hierzu auch Nuntiaturberichte aus Deutschland. I. Abth., Bd. I, Einl., S. XXXVf. ® P.A. Munch, Aufschlüsse über das päpstliche Archiv, herausg. von Dr. G. Storm, aus dem Dänischen übersetzt von S. L., in von Löher, Archivalische Zeitschrift IV, und- Separatausgabe (Berlin 1880, 35 Seiten). Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. h) Archivs bereits vor der Thür stand, so dafs man nicht mehr lange auf Munch’s Mittheilungen angewiesen blieb, sondern sie selbständig zu prüfen und zu erweitern in die Lage kam. Inzwischen war aber doch auch schon manches Andere aus den archi- valischen Schätzen des Vaticans durch den Druck Gemeingut Aller geworden, nämlich in Folge der umfangreichen Actenpublieationen des schon genannten Archivars Theiner, wieder eines Deutschen." Dieser schien sich das Bei- spiel eines Baronius und Raynaldus zur Nacheiferung vorzunehmen; er setzte deren Annales ecelesiastiei fort und publieirte aufserdem zahlreiche Documente des seiner Obhut anvertrauten Archivs, in einem Codex diplo- maticus dominii temporalis sanctae sedis, in den Acta coneilii Tridentini und den Editionen landschaftlichen Charakters: den »Monumenta vetera« Ungarns, Polens, der Südslaven u. dergl.m. Freilich liegt auf der Hand, dafs diese Art uncontrolirbarer Mittheilung von der amtlichen Stelle aus nur einen ungenügenden Ersatz für die freie Zulassung der Forscher bieten konnte.” Bemerkenswerth ist indefs das Zugeständnils, welches noch zu Leb- zeiten Pius’ IX. die in den Jahren 1873— 1875 entstandene Eeole fran- caise de Rome erlangte; ihr wurde bewilligt, die Register der Päpste des 13. Jahrhunderts bearbeiten und publieiren zu dürfen.” Hier wurde also für ein zwar zeitlich begrenztes, aber doch sehr umfassendes Unternehmen über die Geschichte einer sehr wichtigen Phase des Papstthums fremden Forschern unbeschränkte Erlaubnifs zur Ausbeutung der einschlägigen Ma- terialien des Vaticanischen Archivs gegeben, womit das Prineip der Aus- wahl durch den Archivar verlassen ward. Allein es ist wohl zweifelhaft, ob man nach dieser Richtung hin noch wesentliche Fortschritte gemacht hätte, wenn nicht der Tod Pius’ IX. im ! Geboren in Breslau 1804; vergl. über ihn von Schulte in der Allgem. Deutschen Biographie. XXXVI, S. 674— 677 [1894]. ?2 So konnte Gachard noch im Jahre 1874 schreiben (in der oben angeführten Schrift über das Vaticanische Archiv, p.1): »De tous les grands depöts d’archives de l’Europe il n’en est aucun sur lequel on poss@de moins de renseignements que sur celui du saint-siege«. 3 n Vergl. E. Berger in der Einleitung.zu seiner Edition aus den Registern P. Inno- cenz’ IV.: »Les archives du Vatican &taient encore fermees, lorsque la permission de con- sulter les registres d’Innocent IV me fut pour la premiere fois accordee gräce A l’inter- vention du cardinal Simeoni, seer£taire d’Etat, et le baron Bausle, ambassadeur de France«. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. TI. 2 10 W. FRIEDENSBURG: Anfang des Jahres 1578 Gioacchino Pecci auf den päpstlichen Thron be- rufen hätte. Mehr als 50 Jahre früher hatte, im Hinblick darauf, dafs von dem ungeheuren Material der Papstregister zwei kleine Bruchstücke, die Register Gregor’s VII. und Johann’s VII., gedruckt vorlagen, Georg Heinrich Pertz geschrieben': »an ihnen erkennt jeder den hohen Werth einer vollen Über- sicht des inneren, bei den erschütterndsten äulseren Stürmen klaren und sicheren Geschäftslebens, welches am scheinbaren Rande des Unterganges die bei den marokkanischen Heiden und in den Feldlagern der 'Tataren umherirrenden Christen nieht vergilst, für das ewige Heil der noch Un- bekehrten mit gleicher Treue wie für die Errettung der gefährdeten eigenen Kirche denkt. Das Bild dieser Gröfse wiederholt sich in den Briefen nicht nur eines Papstes; ihre Vertheidiger haben nicht weise gehandelt, sie bisher der Verborgenheit zu überlassen: denn hier kann kein Geschichtsschreiber durch die Gröfse seines Blickes das Fehlende ersetzen. Die beste Verthei- digung der Päpste ist die Enthüllung ihres Systems; erscheinen dabei Schwächen, so darf man gerade deshalb für sie auf ein billigeres Urtheil der Geschichte rechnen, als wenn. wie oft bisher, alles an ihnen als ver- holen, also alles als verdächtig gelten sollte«. Unwillkürlich wird man an diese Worte des protestantischen Geschichtsforschers erinnert, wenn man liest, wie Papst Leo XIU. seinen Entschlufs, die archivalischen Documente der Curie der historischen Forschung auszuliefern und zur Verfügung zu stellen, nachträglich — in einem an den Cardinalstaatssecretär, den Car- dinalbibliothekar und den Cardinalarchivar gerichteten Breve vom 13. August 1883 — erklärt und gerechtfertigt hat.” »Wenn man,« heilst es hier, »die unvergeänglichen Denkmäler der Geschichte mit ruhigem und vorurtheilsfreiem Geiste betrachtet, so sind sie selbst die beste und geeignetste Apologie der Kirche und des Papstthums. Es ergiebt sich aus ihnen die wahre Natur und die Gröfse der christlichen Institutionen. Mitten in den furchtbaren Kämpfen und herrlichen Siegen erscheint die Kirche in ihrer Kraft und ihrer göttlichen Stärke, und im deutlichen Licht der Thatsachen zeigen sich und glänzen die bedeutenden Wohlthaten, welche von den Päpsten allen Völkern zu Theil geworden sind«. Die weiteren Darlegungen dieses Erlasses, ! Italienische Reise S. 29. 2 Vergl. Löwenfeld, Zur neuesten Geschichte des päpstlichen Archivs (Histor. Taschenbuch VI, 6,1887) S. 290 fl. und die dort angegebenen Druckorte (S. 290, 2). Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 11 wonach die Gesehichtsforschung in der Art, wie sie bisher betrieben worden sei, als eine Verschwörung gegen die Wahrheit erscheine, und die Be- hauptungen, dafs die Vorsehung das Papstthum zum Heil der Menschen eingesetzt habe, weshalb alle Äufserungen und Handlungen der Päpste ihrer hohen Bestimmung entsprochen haben müfsten, und zumal, dafs die Über- einstimmung oder der Widerspruch, zu welchem der Historiker mit der Offenbarung und ihren Absichten gelange, einen Prüfstein für die Richtig- keit seiner Forschung ergebe diese Darlegungen und Behauptungen, sage ich, wird der Protestant nieht unterschreiben können; aber der zu Grunde liegende Gedanke, dafs man zum sichersten und riehtigsten Verständnifs des Papstthums und seiner Politik — und damit auch zu deren Recht- fertigung aus den authentischen Niederschlägen ihrer Handlungen selbst gelange, ist von unbestreitbarer Richtigkeit und die nunmehr zwanzigjährige intensive und extensive Forschung auf Grund der vaticanischen Documente hat sicherlich zur Hinwegräumung falscher oder schiefer Auffassungen, die sich an das Papstthum und seine Geschichte, und zwar durchweg im un- günstigen Sinne, anlehnten, aufserordentlich viel beigetragen, während um- gekehrt selbst die eindringendste Untersuchung der prineipiellen Gegner der römischen Curie über das bisher Bekannte oder Gemuthmafste hinaus nicht zu deren Unglimpf geführt hat: ein Ergebnils, das sicherlich die glänzendste Rechtfertigung der Weisheit und Zwecekmälsigkeit des Entschlusses Leo’s XII. gerade vom ceurialen Standpunkt aus darstellt. Allgemein betrachtet aber ist ja der Schritt des genannten Papstes für die Kenntnifs der Geschichte aller Länder der Christenheit im Mittelalter und in der neueren Zeit ein so frucht- barer gewesen, und die Ergebnisse der vaticanischen Studien erweisen sich schon jetzt als so reich und bedeutsam, dafs man Papst Leo XIII. für alle Zeiten in der ersten Reihe derer nennen wird, die der geschichtlichen For- schung neue Antriebe gegeben haben. Bereits! ein halbes Jahr nach seiner T'hronbesteigung, am 9. September 1878, liefs der Papst in einem für die vaticanische Bibliothek ergehenden Mötupropio, welches deren Benutzung neu regelte, seine auf die Erleich- terung des Zutritts zu den litterarischen Schätzen des Vaticans gerichteten Bestrebungen erkennen. Dem folgte im nächsten Jahre die Ernennung eines ! Vergl. zum Folgeuden Bellesheim, Voın Vaticanischen Archiv, in den Historisch- politischen Blättern Bd. LXXXXIV (Jahrg. 1884, Bd. 2) S. 705 fl.; A. Gottlob, Das Vatica- nische Archiv, im Histor. Jahrb. VI, S. 271 ff. (1885); S. Löwenfeld, a.a.O. DE; 12 W. FRIEDENSBURG: deutschen Gelehrten, des Professors der Kirchengeschichte an der Universität Würzburg, Josef Hergenröther', zum Cardinal und des Nämlichen Be- stellung zum Praeses Vaticani Tabularii oder Archivista della Santa Sede* — ein Schritt, durch den zuförderst die Verwaltung des Archivs, die bisher der der Bibliothek unterstellt war, unabhängig gemacht, dieser gleichberechtigt an die Seite gesetzt wurde. Der neue Cardinalarchivar erhielt dann aber — und das war die Hauptsache — den Auftrag, die Eröffnung des Archivs für die wissenschaftliche Forschung vorzubereiten und durchzuführen. In der That liefs es Hergenröther, der am 3. Juli 1879 durch den Cardinal- staatsseeretär in sein neues Amt eingeführt wurde, nicht an sich fehlen. Er sorgte vor Allem für die Herrichtung eines Studiensaales des Archivs; aber schon ehe die hierzu erforderlichen baulichen Vorrichtungen vollendet waren, liefs man die Benutzer des Archivs im Vorzimmer der Bibliothek zu und suchte, während ein förmliches Reglement für die Archivbenutzung noch nicht entworfen war’, einstweilen ihren Wünschen im Sinne der vom Papst gegebenen Direetive nach Möglichkeit zu entsprechen. Hierbei stand dem Cardinalarchivar als eigentlich ausführender Beamter der am 8. September ı879 zum Unterarchivar ernannte Pietro Balan aus Modena, den ersterer am ı1. November einführte, hülfreich zur Seite. Im Sommer 1880 war der neue Benutzersaal hergerichtet; der Papst liefs sich selbst dahin führen, um ihn in Augenschein zu nehmen, und im Januar 1881 konnte der Saal bezogen werden. Er liegt im Erdgeschofs der westlichen Längsseite des vatieanischen Palastes; man betrat ihn durch einen eigens hergerichteten Eingang von der Via delle Mura aus, der von dem hinteren Thor des Va- ticans zum Museo del Belvedere führenden Strafse, die diesen Flügel des Palastes von den vaticanischen Gärten trennt. Der gegen Osten gelegene, sonnenlose und feuchtkalte Raum mit seinem steinernen Fulsboden war weit davon entfernt, das Ideal eines Arbeitszimmers darzustellen; aber welch einen Vortheil bedeutete es doch für die Archivbenutzer, nun ein eigenes, bequem gelegenes Local zu haben, wo sie mit den ausführenden Beamten des Archivs in einen engen, unmittelbaren Verkehr treten konnten. Dies ' Geboren 1824 zu Würzburg. Hergenröther’s Hauptwerke sind: Der Kirchen- Staat seit der französischen Revolution (T860); Handbuch der allgemeinen Kirchengeschichte (1877; bis 1886 drei Auflagen). ? Durch Breve vom 2o. Juni 1379. 3 Die Verkündigung eines solchen erfolgte erst 1884; vergl. Gottlob S. 28ıf. t Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 13 erwies sich namentlich von dem Zeitpunkt an als in hohem Malse förder- lich, da 1883, als Nachfolger des oben genannten Monsignor Balan, der Tiroler Dr. Heinrich Denifle O.S.D. den Posten des Unterarchivars er- hielt, ein Mann, der, selbst ein ebenso unermüdlicher wie gründlicher Forscher', die Erfordernisse des wissenschaftlichen Arbeitens vollauf kennt und, über jede kleinliche Eifersucht oder Parteilichkeit weit erhaben, an der Förderung der Wissenschaft als solcher seine Freude hat. Neben Denifle aber standen als Kustoden des Archivs der Domherr von St. Peter, Mon- signore Pietro Wenzel (später neben Denifle Sottoarchivista) und der Benedietiner Don Gregorio Palmieri, welche an liebenswürdigstem, gefälligstem Entgegenkommen gegen die Wünsche der Benutzer mit ein- ander wetteiferten. Wir müssen hier einen Augenblick einhalten, um zu fragen, um was ‘es sich bei der von Papst Leo XIII. verfügten und von Cardinal Hergen- röther und seinen Beamten in's Werk gesetzten Eröffnung des » Vaticani- schen Archivs«, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, handelte. Die Ant- wort lautet: nicht sämmtliche päpstliche Archivalien, die der Vatican birgt, wurden der Benutzung zugänglich, sondern nur ein Theil, das sogenannte »Geheimarchiv« (Archivio segreto della Santa Sede), welches nur eines unter vielen päpstlichen Archiven ist, aber im Gegensatz zu allen übrigen einen allgemeinen Charakter trägt, indem es Archivalien verschiedener Provenienz in sich vereinigt. Die an der Curie im Laufe der Zeiten erwachsenen Archivalien wurden nämlich, soweit man sie überhaupt conservirte, bis in's 17. Jahrhundert hinein theils an den Stellen, an denen sie entstanden waren, theils in der Vaticanischen Bibliothek (wo sie als Biblioteca segreta eine besondere Abtheilung bildeten), manches auch in der päpstlichen Garderobe (guarda- ! Denifle’s Hauptverdienste liegen auf dem Gebiet der Universitätsgeschichte. 1886 veröffentlichte er das grolsangelegte Werk: Die Universitäten des Mittelalters bis 1400 I. (Berlin, Weidmann, XLV, 814 Seiten). Eine wahre Riesenleistung ist aber die gegenwärtig bis zum 4. Band gediehene Herausgabe des Chartularium universitatis Parisiensis; dazu das Auctarium chartularii universitatis Parisiensis (bisher 2 Bände) und als Nebenfrucht dieser Studien die Publication: La desolation des eglises, monasteres, höpitaux en France vers le milieu du XV siecle (bisher 2 Bände). Andere Arbeiten Denifle’s gelten der Geschichte der Mystik; viele kleinere, aber kaum minder bedeutungsvolle Studien hat der Nämliche in dem von ihm und P. Franz Ehrle herausgegebenen Archiv für Litteratur und Kirchen- geschichte des Mittelalters (seit 1835) veröffentlicht. 14 W. FRIEDENSBURG: roba), endlich eine Anzahl besonders wichtiger Documente in der Engels- burg, der stärksten Festung Roms, aufbewahrt. Gegenüber dieser Zer- streuung der Archivalien legte Papst Paul V. (Borghese) den Grund zu einer Art von Gentralarchiv, indem er die archivalischen Bestände der Biblioteca segreta, der Guardaroba und diejenigen, die sich in den Bureaux der päpst- lichen Kammer vorfanden, d.h. die Finanzacten, an einen Ort, nämlich in die der Bibliothek benachbarten Räume, die bisher vom Cardinalbibliothekar bewohnt waren, zusammenbringen liefs, eine Mafsregel, die wegen des Um- fanges (des dergestalt vereinigten Materials in Kürze die Schaffung einer eigenen, von der der Bibliothek getrennten, wenn schon, wie erwähnt, der Oberleitung der letzteren unterstellten Archivverwaltung nach sich zog. Mit diesem Grundfonds wurden in der Folge grofse Theile des Archivs des Staatssecretariats (d. i. gleichsam des auswärtigen Amts der Curie) ver- bunden; ferner fügte im Anfange des 18. Jahrhunderts Papst Clemens XI. ein Zimmer hinzu, in welchem 15 Schränke mit Archivalien vermischten Inhalts aufgestellt wurden, und endlich überführte man im Jahre 1798 auch die Archivalien der Engelsburg, die dort Anfangs unter gesonderter Ver- waltung gestanden hatten, hernach aber derjenigen des Central- oder ge- heimen Archivs untergeben worden waren, in das letztere.! Dieses so gebildete Archiv ist nun dasjenige, welches Papst Leo XI. der Benutzung freigegeben hat; neben ihm bestehen bis zum heutigen Tage noch zahlreiche andere euriale Archive, zum Theil von sehr wichtigem Inhalt, die von der Verwaltung des Archivio segreto getrennt und leider auch noch unzugänglich sind oder wenigstens nur ausnahmsweise und unter erschwerenden Umständen benutzt werden können. Es sind die Archive der einzelnen päpstlichen Behörden, wie der Rota, der Poenitentiaria, der Magistri Caeremoniarum, des Auditorats, der Inquisition, der Seeretaria dei Brevi u. a.’, sowie der gegen Ende des 16. Jahrhunderts gebildeten Cardinalscongregationen, wie der Congregation de propaganda fide, des Index, des Coneils, des Consistoriums u. Ss. w. Demgegenüber sind es hauptsächlich folgende Serien, die den Inhalt ! Auch die vom 14. Jahrhundert her in Avignon, als der damaligen Residenz der Päpste, zurückgebliebenen Archivalien sind nach und nach — die letzten 1784 — nach Rom überführt und in das Geheimarchiv gelegt worden. * Die Archive der Datarie sind im Anfang der neunziger Jahre, nach der Öffnung des Geheimarchivs, mit diesem vereinigt worden, s. weiter unten. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 15 des Archivio segreto oder, wie wir künftig schlechthin sagen wollen, des » Vaticanischen Archivs« ausmachen. In erster Linie befindet sich hier die grofse Hauptserie der päpst- lichen Bullenregister (Registra Vaticana), welche von Innoecenz III. bis Pius V. reichen (1198— 1572) und eine Reihe von 2019 Bänden ausmachen’, denen noch für die Päpste der Avignonesischen Zeit und des Schismas (d. i. von Johann XXI. bis Benediet XIII.) die Avignonesischen oder Papierregister (so benannt nach ihrem Material, während die Hauptserie auf Pergament ge- schrieben ist), sowie eine geringe Anzahl (etwa 100 Bände) von Suppliken- registern aus dem Zeitraum von 1342 —1417 (d.i. von Clemens VI. bis Benediet XIIL) hinzuzurechnen sind. Ferner Breven, die seit dem 14. Jahr- hundert neben den feierlicheren Bullen aufkommenden kürzeren Erlasse der Päpste; sie reichen vom 15. bis 17. Jahrhundert und umfassen etwas über 400 Bände, stellen allerdings nur den kleineren Theil des überhaupt vorhandenen Materials dar; die Hauptmasse befindet sich noch in dem er- wähnten Speeialarchiv der Segretaria dei brevi. Sodann: die Originalurkunden, wie sie theils den Inhalt des ehemaligen Archivs der Engelsburg ausmachen, dessen Bestände beisammen geblieben sind, theils in der grofsen Abthei- lung der chronologisch geordneten Instrumenta Miscellanea beruhen. Viertens: die grofse Masse der Finanz- oder Cameralsachen, welche sich zusammensetzen aus den Ausgaben- und Einnahmen -Registern (Introitus et exitus), Correspondenzen in Cameralangelegenheiten (Diversa Cameralia), Cameralurkunden (Instrumenta cameralia) und vermischten Cameralsachen (sogenannte Informationes camerales).” Sodann fünftens die politischen Acten, das Hauptmaterial für die Geschichte der neueren Zeit. welches aus dem Archiv des Cardinalstaatsseeretärs hierhin gelangt ist: in erster Linie die Aeten der Legationen und Nuntiaturen, die vom 16. Jahrhundert bis ! Ebenso wenig wie hier der Ort ist, eine Geschichte des Vaticanischen Archivs zu geben (womit doch wesentlich nur wiederholt werden würde, was bereits vielfach dargelegt worden ist), so wenig ist es die Absicht, eine ausreichende Übersicht über den Inhalt zu liefern. Am besten finde ich diesen verzeichnet in Langlois et Stein, Archives de l’histoire de France (Paris 1893), p- 743—756. 2 Vergl. Ad Vaticani archivi Romanorum pontifieum Regesta manuduetio, ceurante D. Gregorio Palmieri ... ejusdem archivi custode. Romae 1884, NXVII, ı75 S. 3 Grolse Massen an C’ameralsachen bewahrt ferner das römische Staatsarchiv; vergl. F. Gregorovius, das Römische Staatsarchiv, in von Syb el’s Histor. Zeitschr., Bd. 36, S. 141 fl. (bes. S. 152, 157 fl.). 16 W. FRIEDENSBURG: zum Ende des 18. oder Anfang des 19. Jahrhunderts reichen; sie sind ein- getheilt in die Nuntiaturen von Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen, Portugal, England, Genua, Venedig, Neapel, Cöln, Nunziature per le paci, Schweiz, Florenz, Savoyen, Flandern, Malta, woran sich die Legationen von Avignon, Bologna, Ferrara, Romagna und Urbino schliefsen. Hierzu kommen die sonstigen Correspondenzen der Curie, Einläufe und Ausgänge, zerfallend in Briefe der Cardinäle, der Bischöfe, der Fürsten, der Privat- leute. Endlich sind als wesentliche Bestandtheile des Vaticanischen Archivs noch aufzuführen Ceremonialsachen, Canzleiregeln und Formularien sowie sehr umfangreiche Abschriftensammlungen, unter welchen die 1753 er- worbene Bibliotheca Piorum (über 200 Bände) und die sogenannten Varia Politiecorum, die einen Haupttheil der Erwerbungen Glemens’ XI. ausmachen, Erwähnung verdienen. — Es versteht sich, dafs die interessirten Kreise aller Culturländer nicht zögerten, von der Eröffnung des päpstlichen Archivs Gebrauch zu machen. »In den welthistorischen Räumen,« so schildert ein Betheiligter den An- blick, den der Benutzersaal des Archivs in den ersten Jahren nach dessen Eröffnung darbot und im Wesentlichen noch heute darbietet, »kommen jetzt Forscher aus aller Herren Länder zusammen ..., Laien und Geist- liche, ohne allen Unterschied der Confession. Ein protestantischer Theologe studirt die Nuntiaturberichte aus der Zeit der Gegenreformation; neben ihm hat ein geistlicher Herr aus Neapel seinen Platz; dort sind junge Franzosen mit ihren Papstregesten beschäftigt, hier sammeln einige Send- linge des Kaisers von Österreich Material für die Geschichte Rudolf’s von Habsburg und seiner Nachfolger; dazwischen deutsche Priester vom Campo Santo, Mitarbeiter der Historischen Commission zu München und englische Jesuiten«.' Und bald — überraschend schnell und in reicher Fülle — traten die ersten Erträgnisse der freien vaticanischen Forschung an’s Licht; schon im Jahre 1884 liefs sich eine lange Liste von gröfseren und kleineren Geschichtswerken, Urkunden- und Regestenpublicationen, Briefsammlungen, Darstellungen aus der Kirchen- und Profanhistorie, Biographien, diplomatischen und quellenkritischen Abhandlungen, zum Theil von hervorragender wissenschaftlicher Bedeutung, aufstellen, die ' D. Kerler, Italienische Archive. Reisemittheilungen. Histor. Zeitschr. Bd. 49 (N. F. 13), S. 264 (1883). Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 17 aus den vaticanischen Materialien geschöpft und auf diese gegründet waren." Diese Veröffentlichungen entsprangen aber nicht ausschliefslich der privaten Initiative einzelner Forscher, sondern auch Akademien, historische Gesellschaften u. s. w., selbst die Regierungen zögerten nicht, die so un- verhofft dargebotene Gelegenheit für die Erforschung der Geschichte der verschiedenen Länder und Provinzen auszunutzen.” Von den Sendlingen Frankreichs war bereits die Rede; sie hatten den Vorzug, schon aus den Zeiten vor der Eröffnung des Archivs ein staatliches, wohl dotirtes Institut zu besitzen, welches jetzt einen verstärkten Antrieb zu wissenschaftlicher Bethätigung und ein erweitertes Arbeitsfeld erhielt.” In Ungarn waren es die grofsentheils sehr vermögenden Prälaten und geistlichen Corporationen, welche bald nach der Eröffnung des Archivs einen ansehnlichen Fonds zusammenbrachten, der es ermöglichte, dafs ungarische Forscher einen ständigen Platz im Arbeitszimmer einnahmen." Auch die Anfänge eines römischen Instituts für österreichische Geschichtsforschung datiren schon aus dem Beginn der achtziger Jahre; Österreicher erschienen unter den Ersten im Vatican, und bald wurden für diese Zwecke vom Unterrichts- ministerium eigene Gelehrtenstipendien bereitgestellt.” Der Kern für eine ! Bellesheim, Vom Vaticanischen Archiv II, Neuere Publicationen aus dem Vati- canischen Archiv. Histor. politische Blätter XCIV (1884), S.785 fl. Gottlob.a.a. O., S. 283 ff. (1835); vergl. auch schon Mittheil. des Instituts f. österreich. Geschichtsforsch. II (1881), S. 304 ff. Theilweise gehört hierhin ferner W. Diecamp, Die neuere Litteratur zur päpstlichen Diplo- matik. Histor. Jahrb. IV (1883), S. 210 fl., 361 ft. Auch die Curie selbst betheiligte sich durch gleichsam officielle Veröffentlichungen aus dem Vatican an dem allgemeinen Wettbewerb, insbesondere durch die Herausgabe der Regesten Papst Leo’s X., deren Bearbeitung Cardinal Hergenröther übernommen hatte (das erste Fascikel erschien 1884; das Werk ist dann aber — durch Hergenröther’s Tod unterbrochen — Torso geblieben), und durch das im Auftrag und auf Kosten des Papstes von den Benedietinern bearbeitete Regestum Clementis papae V. (erster Band mit werth- vollen Prolegomena 1885). ° Vergl. Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken I, S. 156, Nr. 4. * Die Hauptpublieation der Ungarn sind die Monumenta Vaticana historiam regni Hungariae illustrantia, über deren Plan und Anlage man vergl. Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Bd. 1, S. 323 ff. ° Es handelte sich zunächst um Forschungen zur Geschichte der ersten habsburgischen Könige sowie über das päpstliche Canzlei- und Registerwesen. Vergl. Mittheil. d. Instituts f. österr. Gesch. VI (1885), S. 203 ff. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. os 18 W. FRIEDENSBURG: andere Organisation schlofs sich um den Campo Santo Tedesco zusammen, dessen Insassen von Anfang an unter den Archivbenutzern erblickt wurden, meist katholische Priester, die zum Theil von der Görres-Gesellschaft ge- sandt waren oder mit ihr in Verbindung standen. Aus der letztgenannten Gesellschaft ging denn auch ein der Generalversammlung von 1884 vor- gelegter Antrag hervor, zur Erleichterung und Förderung der vaticanischen Studien Mittel für die Begründung einer Handbibliothek im Campo Santo zur Verfügung zu stellen‘, eine Mafsnahme, welche als Vorläufer der Grün- dung eines eigenen historischen Instituts der Gesellschaft in Rom betrachtet werden kann. Ferner waren es für England das Statepaper Office, für die Niederlande theils die Regierung, theils der Bischof von Utrecht, für Böhmen die Stände, für Österreichisch Polen die Krakauer, für Spanien die Madrider Akademie, die meist in einer gewissen Ständigkeit Forscher für die Zwecke ihrer Landesgeschichten an das Vaticanische Archiv entsandten. Was endlich Deutschland betrifft, so versteht es sich, dafs deutsche Gelehrte vom ersten Tage der Eröffnung an vertreten waren; auch einzelne deutsche Länder und preufsische Provinzen, wie Sachsen und Westfalen, beschiekten das Archiv; nieht minder wurde dort für die grofsen deut- schen Unternehmungen auf geschichtlichem Gebiet, die Monumenta Germaniae historica und die verschiedenen Publieationen der Münchener historischen Commission, fast ununterbrochen gearbeitet.” Allein was noch fehlte, war eine Organisation, die eine systematische Ausbeutung des Vaticanischen Archivs für die Zwecke der gesammtdeutschen Geschichte ermöglicht hätte. Wie diesem Mangel durch Preufsen abgeholfen wurde, haben wir nun- mehr zu berichten. ! Vergl. Kölnische Volkszeitung 1884 Nr. 231 (vom 21. August d. J.), sowie die Fest- schrift von H. Cardauns. Die Görres- (Gesellschaft 1876 — 1901 (Köln, Bachem, 1901), wo S. 65 fl. von deren archivalischen Forschungen in Rom seit der Eröffnung des Vaticanischen Archivs und der Begründung des römischen Instituts eingehend die Rede ist. ” Besonders eifrig waren in jenen ersten Jahren die Bayern an der Arbeit: bereits 1850 veröffentlichte v. Löher in der Archivalischen Zeitschrift (Bd. 5) den ersten Theil »Vatieanischer Urkunden zur Geschichte Kaiser Ludwigs des Bayern« (gegen 400 Stück von 1315— 1326, aus den päpstlichen Regesten); 1891 erschien dann der sehr stattliche Band: » Vatieanische Acten zur deutschen Geschichte in der Zeit Kaiser Ludwigs des Bayern«, heraus- gegeben von S. Riezler im Auftrage der Historischen Commission in München. Die Arbeiten für diese Edition datiren von 1882. Das Königlich Preujsische Historische Institut in Rom. 9 2. Die Begründung der Königlich Preufsischen „Historischen Station“ in Rom. Die erste Anregung zur Schaffung einer wissenschaftlichen Stelle in Rom durch Preufsen zum Zweck der Erforschung des Vatieanischen Archivs im nationalen Interesse ging von vier Berliner Koryphäen der deutschen Wissenschaft aus. Es waren Heinrich von Sybel, Georg Waitz, Wilhelm Wattenbach und Julius Weizsäcker, welche unter dem 23. April 1883 dem preufsischen Unterrichtsministerium eingehende Vor- schläge nach jener Richtung hin unterbreiteten. Das von jeher unzugängliche Vaticanische Archiv, führte die Eingabe aus, sei jetzt unverhofft der historischen Forschung eröffnet worden. Seine nach vielen Tausenden von Bänden zählenden Bullenregister und Nuntiatur- acten, die jetzt rückhaltslos vorgelegt würden, seien für die Geschichte Deutschlands eine unerschöpfliche Fundgrube; schon lasse daher auch die Münchener historische Commission für Ludwig den Bayern, Österreich für Rudolf von Habsburg und dessen Nachfolger arbeiten. »Es erscheint wie selbstverständlich — heifst es dann wörtlich weiter —, dafs Preulsen, an der Spitze des neuen deutschen Reichs stehend, sich dem Beruf nicht ent- ziehen kann, die Geschichte des alten Reichs deutscher Nation mit seinen unvergleichlichen Mitteln aufzuhellen.« Österreich hat gezeigt, wie die Sache am besten gefördert wird, indem es eine bleibende Station in Rom eingerichtet, um das Vaticanische Archiv auszubeuten. »Wenn Preulsen sich von anderen Staaten nicht überholen lassen, die Förderung gerade der deutschen Geschichtsforschung in Rom an Andere nieht abtreten will, so ist das nur zu vermeiden durch Errichtung einer eigenen permanenten Station am Vaticanischen Archiv zu Rom. Einen jüngeren Mann zu finden, der sich hierfür eignet, hat keine Schwierigkeit. Er würde die Anweisung für die Richtung und Art seiner Arbeiten von einer Commission erhalten können, die in Berlin ihren Sitz hätte. Neben der selbständigen Edition von Texten und Regesten aus genanntem Archive würde ein solcher Dele- girter daselbst auch die Aufgabe haben, Anfragen persönlich zu erledigen, welche die deutschen Historiker aus den ihm zu Gebote stehenden Ma- DE3 o 20 W. FrRIEDENSBURE: terialien bei ihm nachsuchen.' Bedenkt man den Reichthum von Nach- richten, der in dem Vatieanischen Archiv vergraben liegt, so ist an der Zweckmäfsigkeit und Fruchtbarkeit einer solchen römischen Station für die deutsche Geschichtsforschung keinen Augenblick zu zweifeln. « Bereits geht das Augenmerk der vier Historiker selbst über den Va- tican hinaus: »Angesichts der Sommerferien,« erörtern sie, »der kurzen Arbeitszeit, vieler Festtage würde der Delegirte Anlafs finden, seinen Wir- kungskreis local noch auszudehnen über die anderen Archive und Biblio- theken Roms und, in den Ferien, andere italienische Archive und Biblio- theken.« Demgegenüber erschien der Aufwand, den das Project erfordern mochte, aufserordentlich gering. Zur Unterhaltung des Delegirten, meint die Denkschrift, würden täglich zwölf Mark genügen, also im Jahre 4380 Mark, mit den Nebenkosten rund 5000 Mark, wozu weitere 1000 Mark für die Kosten der Reisen in Italien, im Ganzen also 6000 Mark. Das Unterrichtsministerium schickte diese Eingabe unter dem 16. Mai an die Königliche Akademie der Wissenschaften und verlangte deren Gut- achten darüber. Am 31. d. M. verhandelte die philosophisch -historische Classe der Akademie in dieser Sache und beauftragte ihr Mitglied Max Duncker, das erforderte Gutachten abzufassen und der nächstfolgenden Plenarsitzung vom 7. Juni vorzulegen. Duncker’s Darlegung fiel, wie nicht anders zu erwarten war, durchaus im Sinne des Antrags der vier genannten Gelehrten aus. »Angesichts der günstigen Erfolge,« heilst es hier, »welche die auf römischem und attischem Boden gegründeten archäologischen Institute den elassischen Studien eingetragen haben, kann die Akademie die Absicht, der Erforschung des Mittelalters, insbesondere des deutschen Mittelalters, und der nächstfolgenden Zeiten ein ähnliches Förderungsmittel zuzuführen, nur für berechtigt halten. Mag es dem ersten Blick erscheinen, als ob dem breit ausgedehnten Leben der germanischen und romanischen Völker der einheitliche Boden, der Punkt fehlte, an dem ihre Geschicke sich voll- zogen und abgelagert, von dem aus ihre Vergangenheit erschlossen und zurückgewonnen werden könnte: jede nähere Betrachtung erkennt, dafs auch diese Völker und Zeiten in der universellen Stellung des päpstlichen ! Die Denkschrift beruft sich hier auf eine ähnliche für Paris schon bestehende Ein- richtung, wo ein deutscher Gelehrter zur Ertheilung derartiger Auskunft an die heimischen Forscher verpflichtet war. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 21 Stuhls eine Zusammenfassung ihrer Tendenzen, ein Centrum gefunden und besessen haben. In Folge des engen Bandes, welches staatliches und kirch- liches Leben im Mittelalter verknüpft, ist allen Strömungen der politisch- kirchlichen Entwickelung, von Rom ausgehend oder nach Rom fluthend, hier Hemmung oder Förderung zu Theil geworden. Gilt dies für das ge- sammte Westeuropa, so auch im besonderen Sinn für Deutschland seit Wiederaufrichtung des Kaiserthums durch Karl den Grofsen, seit der Ver- bindung des deutschen Königthums mit der Kaiserkrone durch Otto I. Enger als die eines der anderen germanisch-romanischen Völker ist da- durch die Geschichte der deutschen Herrscher, des deutschen Volkes mit dem Papstthum, mit den kirchlichen Dingen, mit Italien verbunden wor- den. Hiernach ist Rom unstreitig als der Punkt gegeben, von dem aus erforschende Arbeit an der Geschichte, insbesondere des Mittelalters, nach- haltige Förderung erfahren kann.« »Alle Wandlungen und Wendungen des kirchlichen und des politischen Lebens des Mittelalters, der Zeiten der Reformation und Gegenreformation haben ihre Niederschläge in der päpstlichen Kanzlei hinterlassen: die Organisation der deutschen Sprengel, der Ursprung und die Geschichte der deutschen Stifter und Klöster nicht minder wie der Kampf um die Obergewalt zwischen Kirche und Staat! Und wie die Geschichte der deutschen Fürstenthümer hier unentbehrliche Ergänzung findet, geben die Berichte der päpstlichen Sendboten Kunde von den Stimmungen und Bestre- bungen der mafsgebenden Personen und Kräfte, der führenden Classen«. »Deutlicher als weitere Ausführungen spricht für den Reiehthum wie für die Unenthehrlichkeit dieser Fundgrube für die historische Forschung der Umstand, dafs alle, die sich eindringender mit deutscher Geschichte beschäftigt haben, welche sich Sammlung und Sichtung ihrer Quellen zur Aufgabe stellten, sich nach Rom gewandt haben: Pertz wie Böhmer, Ranke wie Raumer.« »Die Akademie kann hiernach nur für erspriefslich erachten, wenn an Stelle der bisherigen vereinzelten und darum naturgemäls desultorischen Versuche die Schätze Roms für die Aufhellung der deutschen Geschichte des Mittelalters zu heben, die ständige und systematische Verwerthung der- selben durch Errichtung einer historischen Station daselbst gesetzt würde. Auch die Ecole francaise verbindet mit den ihr zunächst obliegenden Studien des Alterthums mittelalterliche Forschungen. « 22 W. FRIEDENSBURG: »Die Aufgabe der deutschen historischen Station würde sich unseres Erachtens weder auf die päpstlichen Archive noch auf die übrigen Samm- lungen Roms, so bedeutsam auch die der alten Familien, namentlich der Chigei und Corsini daselbst sind, zu beschränken haben. Sie würde zu- gleich die Rom zunächst gelegenen Fundstätten für die Geschichte des Mittelalters in’s Auge zu fassen haben: das Archiv zu Florenz und die dortigen Schätze der Laurentiana, das Archiv zu Siena, dessen Gesandt- schaftsberichte schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts anheben, die Ur- kunden von Bologna, endlich das Archiv von Venedig und die Handschriften der Bibliothek von San Marco. « »Es ist nieht Sache dieses Gutachtens, zu beleuchten mit welcher Zu- versicht auf dauernde Zugänglichkeit des Vatieanischen Archivs zu rechnen ist; aber nachdem Österreich und Ungarn eine Station gegründet, wird sich Preufsen kaum minderen Entgegenkommens zu versehen haben. Träten selbst Perioden vorübergehender Ungunst ein, so würden für solche wie für die Monate der regelmäfsig wiederkehrenden Schliefsung die übrigen Sammlungen Roms, die Archive aufserhalb Roms der Station das aus- reichende Arbeitsfeld gewähren. « Auch dafs man den Delegirten verpflichte, die Anfragen, welche deutsche Gelehrte aus den entsprechenden Forschungsgebieten an ihn richten würden, mögliehst eingehend zu beantworten, schien dem Referenten zweckmälsig, der sich nicht minder den Ausführungen der Denkschrift über die Höhe der Kosten u. s. w. anschloßs. Die Akademie trat Duneker’s Gutachten durchaus bei; nur an einem, allerdings nicht unwesentlichen Punkte wich sie von der Ansicht ihres Referenten ab. Dieser hatte vorgeschlagen, der Delegirte solle für seinen Arbeitsplan der Centraldirection der Monumenta Germaniae historiea unter- stellt werden; statt dessen schlofs sich die Akademie der Eingabe der Vier an und beantragte die Bildung eines besonderen akademischen Ausschusses für die »römische Station«. Mit dieser Modifiecation wurde Duncker’s Gut- achten von der Akademie zu dem ihrigen gemacht und dem Ministerium eingereicht.' ! In diesem Zusammenhang mag erwähnt werden, dafs einige Monate später das Preulsische Unterrichtsministerium um Förderung einer Publication von »Documenta inedita ad reformationis historiam pertinentia« angegangen wurde, welche ein italienischer Gelehrter auf Grund des Vaticanischen Archivs in periodischer Folge herauszugeben beabsichtigte. Der Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 23 Ehe nun aber die darauf eingeleiteten Verhandlungen zwischen der Unter- richtsverwaltung und dem Finanzministerium wegen Bereitstellung der für das geplante Unternehmen erforderlichen Mittel zu einem Ergebnifs führten, hatten auch andere Kreise begonnen, sich mit der Idee einer deutschen wissenschaftlichen Vertretung dauernden Charakters in Rom zu beschäftigen. Es liegt ein ausführliches Gutachten vor, welches der Professor der Kirchen- geschichte D. Theodor Brieger', zweifellos eine erste Autorität in seinem Fach und speciell auf dem Gebiet der Reformationsgeschichte bewandert, der in den ersten Jahren nach der Eröffnung des Vaticanischen Archivs selbst dort gearbeitet und sich vornehmlich mit den Berichten der in Deutsch- land beglaubigten päpstlichen Nuntien beschäftigt hatte, im Jahre 1884 dem Cultusminister einreichte. Um das bisher Versäumte nachzuholen, erörterte Brieger, und der deutschen Geschichtsforschung in Rom für die Zukunft eine ehrenvolle Stellung zu sichern, würde vielleicht das geeignetste Mittel sein, mit der Gründung eines deutschen historischen Instituts in Rom vorzugehen. Doch möge es fraglich erscheinen, einerseits ob diese Schöpfung mit der wünschens- werthen Schnelligkeit in’s Leben gerufen werden könnte, andererseits ob sie nicht eine voreilige wäre. Jedenfalls würde aber in der Zwischenzeit die deutsche Wissenschaft nicht feiern dürfen. Unter den grofsen Unter- nehmungen nun, heifst es weiter, die der deutschen Wissenschaft nahe lägen, gebe es keine wichtigere und lohnendere für unsere Kenntnifs nicht nur der kirchlichen Verhältnisse Deutschlands, sondern zugleich der all- gemeinen Beziehungen des Reformationszeitalters, als die Herausgabe einer umfassenden »Nuntiatura Germanica«, dieses Wort in dem weiteren Sinn genommen, dafs nicht nur die ständigen Nuntien bei den Kaisern und bei König Ferdinand, sondern auch die aufserordentlichen Nuntien und die sei es nach Deutschland, sei es an den Hof Karl’s V. entsendeten Legaten in Betracht kämen, und dafs ferner, soweit es angehe, die vollständige Correspondenz der genannten päpstlichen Diplomaten verwerthet würde, also nicht nur die Depeschen der Nuntien und Legaten, sondern auch die In- struetionen und Antworten der Curie, insbesondere der Cardinalstaats- secretäre. Als Zeitgrenzen des Unternehmens empfahl Brieger zunächst Minister ersuchte die Akademie um ihr Gutachten, welches sich gegen den Plan aussprach (unter dem 3. December 1835); dieser scheint damit aufgegeben worden zu sein. ! Damals an der Universität Marburg, jetzt Geh. Kirchenrath in Leipzig. 24 W. FRIEDENSBURG: den Beginn des Pontificats Leo’s X. (1513) und das Ende des Pontificats Pius’ IV. (1565); um das einschlägige Material des Vaticanischen Archivs, von dem er allerdings nur eine unvollkommene Kenntnifs besals, zusam- menzubringen, möge man, rieth er, einige jüngere Historiker nach Rom schieken, die sich dieser ihrer Aufgabe — allenfalls mit Hülfe von Ab- schreibern —- in absehbarer Zeit würden entledigen können. Die Ober- leitung aber werde am besten von der Berliner Akademie der Wissen- schaften oder von einer Commission, die letztere zu diesem Zweck bilde, zu übernehmen sein. Einige Zeit nach Brieger, dessen Vorschläge in der Folge die ihnen gebührende Beachtung gefunden haben, trat von einer anderen Seite her ein zweiter Sachverständiger an das nämliche Project heran. Es war Karl Benrath. ebenfalls ein Lehrer der Kirchengeschichte'!, Verfasser des treff- lichen, gegenwärtig in 2. Auflage vorliegenden Buches über Bernardino Ochino und anderer Studien, besonders zur italienischen Reformations- geschiehte. Benrath nun regte in einem Aufsatz, den er in der Kölni- schen Zeitung vom 15. März 1886 veröffentlichte, den Gedanken an, die in Rom bestehende deutsch-arehäologische Reichsanstalt zu einem archäo- logisch -historischen Institut (nach dem Muster der Eeole francaise de Rome) zu erweitern. Benrath knüpfte an die sogenannte Bibliotheca Platneriana an, eine einzigartige, umfassende Sammlung von italienischen Städtegeschich- ten, welche der durch seine Mitarbeit an der »Beschreibung der Stadt Rom« bekannte Kunstschriftsteller, zugleich königlich sächsische Geschäftsträger in Rom, Ernst Zacharias Platner (} 1855) begründet und die dessen Sohn. Freiherr Ferdinand von Platner, noch erheblich erweitert und im Jahre 1879 dem Kaiserlichen Archäologischen Institut in Rom zu dessen fünfzigjährigem Jubiläum geschenkt hatte, wo diese Sammlung als eine be- sondere Abtheilung der Institutsbihliothek Aufstellung fand.” Waren aber bei der Übernahme der »Platneriana« Stimmen laut geworden, die darauf hinwiesen, dafs die Sammlung den Zielen und dem Charakter des Instituts als eines archäologischen fremd und ihr deshalb die Aufnahme zu versagen sei. so machte sich Benrath gerade im Gegentheil zum Interpreten eines damals ebenfalls ventilirten Gedankens, wonach zu erwägen sei, ob das Institut selbst nieht etwa seinen Grundplan ändern, d. h. erweitern solle, ! Damals Professor in Bonn, jetzt in Königsberg. 2 Der Katalog dieser Sammlung erschien 1886 in Bonn, ein Nachtrag 1392. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 25 in der Art, dafs eine derartige, den allgemein geschichtlichen Studien auch des Mittelalters und der Neuzeit dienende Sammlung in ihm eben nieht mehr als etwas Fremdes erscheine, sondern ein organischer Bestandtheil werde. Durch ein eigenthümliches Zusammentreffen wurde dieser Grundgedanke des Benrath’schen Artikels um dieselbe Zeit auch an einer anderen Stelle erörtert. Die Vertretung Preufsens bei der päpstlichen Kurie lag damals in den Händen Kurt von Schlözer’s, eines Diplomaten von ausgesprochenen wissenschaftlichen Interessen und warmen Freundes der Gesehichte, auf deren Gebiet er selbst in jüngeren Jahren als Forscher und Darsteller thätig gewesen war." Schon Brieger hatte den Gesandten von seinen Ideen in Kenntnils gesetzt und Zustimmung von dessen Seite erfahren. In ein näheres Verhältnifs trat Schlözer aber in der Folge besonders zu dem Lehrer an der Centralcadettenanstalt in Lichterfelde, Dr. Konrad Schottmüller. Dieser, der an einer umfassenden Darstellung über den Untergang des Ordens der Tempelherren arbeitete’, war um die Mitte der achtziger Jahre nach Rom gekommen. Mit ihm besprach von Schlözer den Plan der Errich- tung einer historischen Instanz in Rom und Schottmüller arbeitete im Einverständnifs mit dem Gesandten® Anfang 1886 einen Plan aus und sandte das Actenstück am 26. Februar 1886 dem Reichskanzler Fürsten von Bis- marck ein. Den Ausgangspunkt der Vorschläge Schottmüller’s bildete, wie bei dem Benrath’schen Plan, die Umgestaltung des Archäologischen Instituts: von den zwei Seeretären, die letzterem vorstanden, sollte — das war der Kern der längeren Denkschrift — der eine durch einen historischen Secretär ersetzt, und das Institut demgemäfs in zwei parallele Abtheilungen, eine archäologisch-antiquarische und eine der mittelalterlichen und neuzeit- lichen Geschichtsforschung dienende zerlegt werden. Und wie bisher von ! Er verfalste u. A. die Bücher: Livland und die Anfänge deutschen Lebens im Bal- tischen Norden (Berlin 1850). — Die Hansa und der Deutsche Ritterorden in den Ostsee- ländern (ebendas. 1851). — Verfall und Untergang der Hansa und des Deutschen Ordens in den Östseeländern (ebendas. 1853). — Friedrich der Grolse und Katharina die Zweite (ebendas. 1354). 2 Das Werk erschien ı887 in 2 Bänden (I. Bd. = Geschichte, I. Bd. — Urkunden). Berlin, Mittler. 760 und 450 Seiten. ® »Ew. Excellenz gütige, im Januar 1886 zu Rom gegebene Anregung zur Errichtung einer historischen Abtheilung nach Analogie des Archäologischen Instituts« u. s. w. — heilst es in einem Schreiben Schottmüller’s an von Schlözer vom October 1886. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. T. 4 26 W. FRIEDENSBURE: der Reichsregierung archäologische Stipendien für Rom zur Verfügung ge- stellt waren, so sollten künftig auch historische Stipendien verliehen werden, und zwar an solche Bewerber, die sich durch ein eigenes Examen als quali- fieirt erwiesen haben würden. Den Stipendiaten sollte dann der Secretär geeignete Vorlesungen zu halten verpflichtet sein. Über die besonderen Arbeitsgebiete, die man der historischen Abtheilung des Instituts zuweisen möge, äulsert sich die Eingabe nicht; sie will deren Auswahl und Zu- weisung einer der Abtheilung vorzusetzenden Commission der Berliner Akademie überlassen. Der Gedanke einer Umbildung der Archäologischen Reichsanstalt im Sinne einer Erweiterung ihres Wirkungskreises nach der Seite der mittleren und neueren Geschichte hin war ohne Zweifel diseussionsfähig, und wir werden sehen, dafs er auch später noch ernsthaft erwogen worden ist. Allein für den Augenblick konnte sich das Reichskanzleramt doch kaum geneigt finden, ohne eine weitere Unterlage als die Sehottmüller’sche Denkschrift an das langbewährte Institut mit einschneidenden Änderungen heranzutreten. Schottmüller erhielt daher nur den kurzen Bescheid, dafs man sich zur Zeit nicht in der Lage sehe, dem von ihm dargelegten Plan näher zu treten. Der Antragsteller überzeugte sich denn auch, als er im Sommer 1886 von Rom nach Berlin zurückkehrte, dafs in der geschilderten Art und Weise seine Idee nicht ausführbar und vom Reich vor der Hand nichts zu erwarten sei. Dagegen sah sich nunmehr das preufsische Unter- richtsministerium in der Lage, den wiederholt und von verschiedenen Seiten an die Staatsbehörden herangebrachten Anregungen Folge zu geben. Am 19. Januar 1888 erhielt die Akademie der Wissenschaftem durch den Cultusminister Hrn. von Gofsler die Mittheilung. es sei in Aussicht genommen, für 1888/89 den Betrag von sechstausend Mark für die Be- gründung einer »historischen Station« in Rom bereit zu stellen. Dem ent- sprechend möge die Akademie, gemäfs ihren früheren Äufserungen in dieser Angelegenheit, Vorschläge für die Organisation des Unternehmens dem Minister unterbreiten. Die gelehrte Körperschaft delegirte zu diesem Behuf vier ihrer Mit- glieder. Es waren die drei überlebenden Unterzeichner der Eingabe von 1883, H. von Sybel, W. Wattenbach und J. Weizsäcker und Stelle des 1886 verstorbenen G. Waitz — Theodor Mommsen. Zu den an Gonferenzen der vier Akademiker delegirte der Minister seinerseits den vor- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 27 tragenden Rath und Geheimen Oberregierungsrath (gegenwärtigen Ministerial- direetor) Dr. Althoff, der sich vom ersten Augenblick an als warmer Freund und unermüdlicher Förderer des römischen Unternehmens erwiesen hat. Aus diesen Berathungen ging nun der Entwurf des Statuts für die historische Station hervor, der am 14. März d. J. dem Minister zugleich mit der Bitte eingereicht wurde, für den oder die nach Rom zu entsendenden Historiker eine amtliche Empfehlung an die kaiserliche Botschaft und die königlich preufsische Gesandtschaft auszuwirken. Der Minister genehmigte das Statut, wesentlich auf Grund des Entwurfs der vier Akademiker, unter dem 9. April und sandte es der Akademie zurück. Das Statut besagt: Zweck der historischen Station zu Rom ist die wissenschaftliche Erforschung deutscher Geschichte — zunächst im Vaticani- schen Archiv, sodann in den übrigen römischen und italienischen Archiven und Bibliotheken. Die historische Station steht unter der unmittelbaren Leitung einer durch die Akademie der Wissenschaften zu Berlin gewählten Commission von drei Mitgliedern, welche einen aus ihrer Mitte zum Vor- sitzenden ernennen. Sie erstattet am Schlufs jedes Rechnungsjahres dem Minister einen Hauptbericht über den Stand des Unternehmens; ebenso hat sie darüber alljährlich der Königlichen Akademie in einer der öffentlichen Sitzungen eine umfassendere Mittheilung zu machen. Sie schlägt dem Minister den Secretär und die Assistenten der Station vor, denen sie die erforder- lichen Instructionen ertheilt und deren Berichte über den Forteang der Arbeit sowie einen Hauptbericht am Schlufs jedes Jahres sie entgegen- nimmt. Die an die Station entsandten Gelehrten, welche ihren Auftrag in der Regel auf je ein Jahr empfangen, sind verpflichtet, auf wissenschaftliche Anfragen deutschen Forschern Auskunft zu ertheilen, «deren Arbeiten in Rom zu unterstützen, eintretenden Falls die Auffindung von Hülfsarbeiten zu vermitteln, soweit das alles ohne Beeinträchtigung ihrer Hauptaufgabe geschehen kann. Am 14. April zeigte die akademische Commission dem Minister an, dafs ihre Constituirung erfolgt sei; sie bestand aus H. von Sybel als Vor- sitzendem, Wattenbach' und Weizsäcker. Ihr erstes Werk war, für den als Secretär der historischen Station nach Rom zu entsendenden Gelehrten eine Dienstinstruetion auszuarbeiten. ! Eine Zeit lang führte hernach Wattenbach den Vorsitz. 28 W. FRIEDENSBURG: Als dessen Aufgabe wird hier bezeichnet die Erforschung und Samm- lung von Materialien zur genaueren Kenntnils der Beziehungen der Päpste zu dem Hohenzollernschen Fürstenhause und dem preufsischen Staate sowie überhaupt zu Deutschland. Um die Arbeiten zweckmälsig einrichten zu können, ist zuvor eine Übersicht des vorhandenen Materials zu erstreben, zunächst im Vaticanischen Archiv, dann in anderen Sammlungen sowohl in Rom wie an anderen Orten Italiens, für welche letzteren besonders die Ferienzeit des Vatieanischen Archivs zu verwenden ist. Die so gewonnenen Nachrichten sind in zweekmäfsiger Form und übersichtlicher Anordnung, mit möglichster Berücksichtigung der schon vorhandenen Publicationen, auf- zubewahren, so dafs spätere Beauftragte ohne Schwierigkeit auf dieser Grund- lage weiterarbeiten können. Der Commission ist möglichst bald ein Arbeits- plan vorzulegen und später von Zeit zu Zeit, ausnahmslos aber am Schlusse eines Arbeitsjahres, ein ausführlicher Bericht zu erstatten. Obgleich der ganze Arbeitsplan für einen längeren Zeitraum einzurichten ist, so ist doch auch darauf Bedacht zu nehmen, dafs in nicht zu langer Zeit Veröffent- lichungen möglich werden, welche die Nützlichkeit der Einrichtung er- kennen lassen. Wünsche und Anfragen deutscher Geschichtsforscher und gelehrter Körperschaften — sagt die Instruction ferner in Anlehnung an die entsprechende Bestimmung des Statuts — sind soweit zu berücksich- tigen, als sie mit dem Hauptzweck sich vereinigen lassen. In Rom ver- weilende deutsche Gelehrte sind nach Möglichkeit in ihren Bestrebungen zu fördern. Ehe noch diese »Instruetion« Gestalt annahm, hatte man den ersten und wichtigsten Schritt für die Verwirklichung des römischen Planes durch die Bestallung des zu Delegirenden gethan. Für diesen Posten empfahl sich durch seine an Ort und Stelle gewonnene Kenntnils der römisch- vaticanischen Verhältnisse und Zustände, wie durch seinen Eifer für das Zustandekommen des Unternehmens, und nicht minder auch durch sein persönliches Verhältnifs zu dem offieiellen Vertreter Preufsens am Vatican der schon genannte Professor der Cadettenanstalt in Lichterfelde, Dr. Konrad Scehottmüller, der sich auch geneigt erklärte, für einige Zeit nach Rom zu gehen. Allerdings konnte er seine Amtsstellung nicht wegen des noch unsicheren neuen Unternehmens aufgeben; doch gewährte die vorgesetzte Behörde einen einjährigen Urlaub und liefs dessen eventuelle Ausdehnung über ein zweites Jahr erhoffen. So stellte Schottmüller sich Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 29 zur Verfügung der Commission, die ihn am 16. April dem Minister zum Secretär der historischen Station vorschlug; zugleich nannte sie mehrere Jüngere Gelehrte, die ihr für die Stellung von Assistenten der Station ge- eignet erschienen. Von den Arbeitsgebieten, die die Commission ausgewählt, war schon die Rede; sie wollte Zollerana und Documente zur Geschichte des preufsischen Staats in die erste Reihe gestellt wissen, hob daneben aber auch als der Bearbeitung würdig und bedürftig die Berichte der nach Deutschland entsandten päpstlichen Nuntien des 15. und 16. Jahrhunderts hervor, so zwar, dals zuerst das erste Jahrzehnt der Regierung Kaiser Karl’s V. (etwa 1519 —-1530) in Angriff zu nehmen sei. Endlich wies die Commission dem Minister gegenüber darauf hin, dafs »die Wirksamkeit der Station ganz wesentlich durch die Anschaffung einer Handbibliothek und die Miethe von zwei Arbeitszimmern zur Aufbewahrung der Bibliothek und der Registratur bedingt werde«, wozu also theils einmalige, theils dauernde Mittel zur Ver- fügung gestellt werden mülsten. Der Minister antwortete auf‘ diese Vorschläge und Darlegungen am 28. April. Die Entscheidung in der Frage der Assistenten sowie der Ar- beitszimmer und der Handbibliothek erklärte er sich noch vorbehalten zu müssen, genehmigte aber die Ernennung Schottmüller’s, dem er die be- willigten sechstausend Mark zur Verfügung zu stellen bereit sei, und sprach den Wunsch aus, dafs der neue Secretär sich so bald als möglich auf seinen Posten begebe. In der That war, da bereits mit dem 28. Juni die drei- monatigen Ferien des Vaticanischen Archivs beginnen, Eile geboten. So wurde Schottmüller veranlafst, sich in den ersten Tagen des Mai an die Stätte seiner künftigen Wirksamkeit zu begeben, wo er die bis zum Archivschlufs noch verbleibenden sieben bis acht Wochen benutzen sollte, um den Boden für die neue Gründung zu bereiten. Von Seiten der Verwaltung und der Beamten des Vaticanischen Archivs fand Schottmüller die freundlichste Aufnahme. An der Spitze stand noch der allerdings schon kränkelnde Cardinal Hergenröther, der, mit dem grofsen Werke der Regesten Papst Leo’s X. beschäftigt, sich gleichwohl bereit erwies, die Benutzung der Acten des genannten Papstes gleichzeitig den Zwecken der preufsischen Station freizustellen. Unter den eigentlich ausführenden Beamten war es besonders der schon genannte Sottoarchivista Dr. Heinrich Denifle, mit dem Schottmüller in nähere Verbindung trat. Da indefls in jenen Jahren den Benutzern die Repertorien des Archivs 30 W. FRIEDENSBURGE: noch in keiner Weise zugänglich gemacht wurden, so blieb zur Erforschung dessen, was jenes enthalte, kaum ein anderer Weg übrig als der, die in Betracht kommenden Serien, die sieh als im Archiv befindlich nachweisen liefsen, Band für Band vorzunehmen und Blatt für Blatt durchzuarbeiten. In dieser Weise begann Schottmüller mit einigen Bänden der Abtheilung »Nunziatura di Germania«, deren Durchsicht allerdings die ihn anfänglich befremdende Erklärung der Archivbeamten bestätigte, dafs diese Abtheilung erst von etwa 1560 an im Zusammenhang vorliege. Von hier wandte sich der Seeretär, von den gefälligen Beamten geleitet, der im Armarium 64 der Hauptserie aufbewahrten Sammlung von Materialien zur deutschen Ge- schichte des 16. Jahrhunderts zu, ohne freilich in den Charakter dieser Sammlung, die ihm den Eindruck einer völlig systemlosen Anlage machte, klaren Einblick zu gewinnen. Um so eifriger war Schottmüller beflissen, sorgsam festzulegen, was sich ihm über Geschichte und Zusammensetzung des Archivs und über dessen einzelne Bestandtheile sowohl auf Grund der gedruckten Litteratur, die er zu sammeln und sich zu verschaffen begann, wie mittels der Beobachtungen, zu denen die eingesehenen Archivalien führten, und nach den Winken der Beamten u. s. w. ergab. Einen erofsen Theil seiner Zeit nahm auch die Erledigung von An- fragen ein, die, nachdem kaum das Statut der Station veröffentlicht worden war, aus deutschen Gelehrtenkreisen in grofser Zahl ergingen, eine Thätig- keit, die den Seeretär freilich von seinen eigenen Arbeiten vielfach abzog, dafür aber den Vortheil bot, dafs sie ihn zur Beschäftigung mit verschie- denen Rubriken des Archivs veranlafste und seiner Orientirung über das vorhandene urkundliche Material dadurch Vorschub leistete. Inzwischen blieb nun aber die Frage der Unterbringung der Station noch in der Schwebe. Schottmüller hatte zunächst in der neben dem Kaiserlich Deutschen Archäologischen Institut belegenen sogenannten Casa Tarpea auf dem Capitol, die das deutsche Krankenhaus enthält, für sich ein Zimmer gemiethet: für die Unterkunft der Station aber schien sich in mancher Beziehung das ebengenannte deutsche Institut, das bekanntlich ein mehr- stöckiges, sehr stattliches eigenes Gebäude besitzt, zu empfehlen. Dieses enthält im Souterrain zehn Zimmer, welche an die Stipendiaten des In- stituts oder andere deutsche Gelehrte vermiethet zu werden pflegen, ge- meinhin aber höchstens eine kurze Zeit im Jahre sämmtlich besetzt sind, jedenfalls wohl nie gänzlich von den zunächst Berechtigten, den Stipen- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 31 diaten, eingenommen werden. Schottmüller gedachte daher, unter Billi- gung der akademischen Commission, dem archäologischen Institut zwei jener abzumiethen ; Zimmer — gegen den auch sonst beanspruchten Miethzins allein die Sache erwies sich schwieriger als er gedacht hatte. Die Lei- tung des archäologischen Instituts sah sich nicht ohne Weiteres in der Lage, Räume des letzteren auf die Dauer zu fremden Zwecken herzugeben; sehliefslieh machte sie den Vorschlag, der historischen Station zur Auf- stellung der künftigen Bibliothek — um deren Unterbringung es sich ja vor Allem handelte — das geschlossene Vestibül einzuräumen, welches vom Gorridor des ersten Stockes, dem Eingang zur Wohnung des ersten Se- eretärs gegenüber, zur Bibliothek und zu den Arbeitsräumen des archäo- logischen Instituts führt. Zu diesem Raum sollten die Mitglieder der hi- storischen Station auch aufserhalb der Dienststunden Zutritt haben. Ge- fordert wurde dagegen, dafs die Bücher der Station, für die das Institut die Verantwortung natürlich nicht übernehmen konnte, in geschlossenen Schränken aufbewahrt würden und dafs die Mitglieder der Station keine Aufsenstehenden zuliefsen und keinen Ausleihedienst einrichteten. Mit diesen Vorschlägen erklärte sich zwar die akademische Commission wenigstens grundsätzlich einverstanden, doch widersprach Schottmüller, so dafs die Sache nieht zum Vollzug kam, die Frage der Unterbringung also noch fernerhin ungelöst blieb. Es schien nämlich Schottmüller nicht richtig, durch Eingehen solcher Verpflichtungen, wie sie die Archäologen fordern mufsten, der künftigen Entwickelung der Station oder der Ver- werthung ihrer Bibliothek von vorn herein Schranken zu setzen, die her- nach unbequem empfunden werden möchten. Ja, Schottmüller hätte gewünscht, dafs von Anfang an der Rahmen für die Station so weit wie möglich gespannt würde. So kam er in einem Brief an die Commission vom 26. Mai auf die Ideen zurück, die seiner oben angeführten, ersten Denkschrift in der Sache der projectirten römischen Gründung vom Jahre 1836 zu Grunde gelegen hatten; er entwickelte den Plan, die für die beiden künftigen Assistentenstellen in Aussicht genommenen Geldmittel in Stipen- dien umzuwandeln, damit die Möglichkeit gewonnen werde, eine grölsere Anzahl jüngerer Historiker nach Rom zu schicken, die dort vom Secretär auf Grund des vaticanischen oder sonst in Rom vorhandenen Materials an Urkunden und Acten in den archivalisch-diplomatischen Diseiplinen aus- gebildet werden sollten; den Stipendiaten aber, meinte er, würden sich 32 W. FRIEDENSBURG: noch andere Historiker beigesellen, die auf eigene Kosten nach Rom eilen würden, um von einer so eigenartigen Gelegenheit Nutzen zu ziehen. Den Seeretär leiteten bei diesen Vorschlägen Erwägungen wie die, welche einige Jahre später zur Gründung der Archivschule in Marburg i. H. geführt haben. Ob freilich eine derartige Einrichtung in Rom zweckmäfsig und lebensfähig gewesen wäre, steht wohl dahin. Eine Nothwendigkeit zu derartigen Experimenten lag jedenfalls nicht vor. Kann der Archäologe die für sein Studium erforderliche Anschauung natürlich nur auf elassischem Boden gewinnen, so hat der Historiker daheim in den historischen Seminarien volle Gelegenheit, sich die Methode seiner Wissenschaft anzueignen. Aufser- dem aber liegt auf der Hand, dafs durch Annahme der Ideen Schott- müller’s das nächste Ziel, auf welches die Station ihre Richtung nehmen sollte, die Ausbeutung des Archivs im Interesse der vaterländischen Ge- schiehte, aus den Augen verloren worden wäre. In Berlin fanden jene Vorschläge und Darlegungen denn auch wenig Beifall; Ministerium und Commission waren entschieden dagegen und H. von Sybel fand das richtige Wort, wenn er antwortete (am 8. Juni): »man wolle in Rom nicht Historiker bilden, sondern gebildete Historiker dort arbeiten lassen; deren Zeit solle ihren archivalischen Studien gewidmet und nicht durch semina- ristischen Unterricht zersplittert werden«. Schottmüller erläuterte darauf- hin seine Absicht näher; er meinte, es sei ihm weniger darauf angekommen, eine historische Lehranstalt in der ewigen Stadt zu begründen, als viel- mehr eine möglichst grofse Anzahl von Historikern nach Rom zu ziehen, die nach gemeinsam festgestelltem Plan und unter einheitlicher, sachkundiger Leitung die Ausbeutung des Archivs in die Hand nähmen, an dessen un- geheure Materialfülle mit einigen wenigen Arbeitskräften heranzutreten bei- nahe lächerlich erscheinen möge. Allein die Commission beharrte auf ihrer Ansicht. Im Gegensatz zu dem Secretär, der für die neue Gründung mög- lichst grofse Dimensionen verlangte, in der sicheren Erwartung, dafs die Station mit der Zeit in diese hineinwachsen würde, vertrat die Commission — und wesentlich auch das Ministerium —- die Anschauung, dafs es sich empfehle, klein zu beginnen und zunächst einen sicheren Grund, wenn auch in bescheidener Ausdehnung, zu legen, einen festen Ausgangspunkt zu gewinnen, von dem aus sich die junge Gründung dann schon gleichsam von selbst weiter entwickeln werde. Es empfehle sich keineswegs, schrieb H. von Sybel, der sich damals aufserhalb Berlins aufhielt, an seine beiden Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 3) Collegen, von vorn herein weitere Arbeitskräfte nach Rom zu ziehen; man werde deren senden, wenn Geld und Aufgaben vorhanden; zunächst könne er auch nicht rathen, die letzteren zu erweitern; an hundert Ecken zu- gleich anzufangen, werde nur zu einer Verzettelung von Geld und Arbeits- kraft führen. In diesem Sinne erging dann unter dem 24. Juni der Bescheid der Commission nach Rom: »Ganz abgesehen davon, wozu sich die Station mit der Zeit noch unter günstigen Umständen ausbilden könnte, ist für jetzt nur die unmittelbar vorgezeichnete Aufgabe fest im Auge zu behalten ... Die Ausdehnung der Forschung auf weitere Gebiete kann für die jetzt vorhandene Sachlage nur als unzweckmälsig betrachtet werden, sowie die Heranziehung weiterer Arbeiter, welche den unmittelbar vorliegenden Zweck nur stören kann, nicht als rathsam erscheint«. Übrigens hinderten die dergestalt zu Tage tretenden principiellen Gegen- sätze zwischen der Akademischen Commission und dem Secretär in Rom nicht deren einmüthiges Zusammenwirken zu Gunsten der jungen Gründung. Einig waren sie zumal in dem Wunsche, letzterer das litterarische Rüstzeug zu gedeihlichem Arbeiten zu beschaffen. Allerdings stand der Station die prächtige Bibliothek des archäologischen Instituts — dank dem collegialen Enteegenkommen des ersten Secretärs des letzteren — zur Verfügung: aber fo} hi hi die Bedürfnisse waren hier und dort so verschieden, dafs sie sich nur in ganz vereinzelten Werken berühren mochten. Mehr boten die öffentlichen Bibliotheken Roms, besonders die Gentralbibliothek » Vittorio Emanuele« ; Schottmüller hatte sich auch bereits mit deren Direetion in’s Einvernehmen gesetzt und nicht nur alle Rechte des Benutzers, mit dem Recht der Ent- leihung von Büchern ohne Bürgschaft eines anderen für seine Person, sondern auch das Versprechen der Direction erlangt, als Bürge für Andere, zunächst für die künftigen Assistenten, zugelassen zu werden, sobald die Deutsche Botschaft dem italienischen Ministerium die Gründung der preussi- schen historischen Station amtlich angezeigt haben werde, was einige Zeit später auch geschah. Allein die Beschaffung eines eigenen, auf die speciellen Bedürfnisse der Station zugeschnittenen Büchervorraths wurde dadurch keineswegs überflüssig. So hatte auch das preufsische Unterriehtsministerium bereits im April d. J. die Summe von sechshundert Mark für die ersten Anschaffungen an Büchern bewilligt und die Doubletten, die die Königliche Bibliothek zu Berlin an einschlägigen Werken besafs, zur Verfügung gestellt, Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. I. > 34 W. FRIEDENSBURG: woraus Schottmüller etwa zwanzig geeignete Schriften für die Station auslas. Zugleich aber forderte der Decernent Dr. Althoff Schottmüller auf, einen Entwurf über die Mittel zur künftigen Ausstattung der Station einzusenden, wobei er anheimgab, für die Bibliothek eine gröfsere Summe einzusetzen. Der Secretär beantragte auf diese Aufforderung hin in seinem am 26. Mai der Commission eingereichten Ausgabenanschlag eine einmalige Bewilligung von rund fünftausend Mark, wovon etwa vier Fünftel für die Anschaffung eines Fonds der unentbehrlichsten Bücher verwandt, von dem Rest aber die erste Einrichtung der Büreauräume (Beschaffung von Reposi- torien für die Bücher, Actenschränken, Tischen und Stühlen, Regesten- kästen, auch Stempeln u. dergl.) bestritten werden sollte. Wenn dies be- schafft sei, glaubte er, dafs die Station mit einer jährlichen Einnahme von dreitausend Mark auskommen könne, welche für die Ergänzung der Bibliothek und den Bezug einiger Fachzeitschriften, andererseits für die ständigen Büreaukosten, die Miethe der Diensträume, Umzugskosten und wissenschaft- liche Reisen der Mitglieder zu verwenden sein würden. Die Akademische Commission billigte diese Aufstellungen und reichte sie dem Minister ein, indem sie freilich den Secretär mahnte, bei der Auswahl der zu beschaffenden Bücher nicht über die vorliegenden, wirk- lichen Bedürfnisse der Station hinauszugehen. »Wir begehren ja«, schrieb ihm der Vorsitzende der Commission am 8. Juni, »keine öffentliche Bibliothek mit Lesezimmer und Ausleihedienst oder sonst zur Benutzung für dritte Personen, sondern nur das Handwerkzeug für die eigene Arbeit«. Ebenso wenig handle es sich um die Einrichtung einer Handbibliothek für ein historisches Seminar, wo »standardbooks« aus allen Fächern der historischen Wissenschaften gesammelt werden. Mittlerweile kam der Schlufs des Vaticanischen Archivs, das mit dem 28. Juni seine Sommerferien zu beginnen pflegt, heran. Schottmüller hatte Anfangs die Absicht, die ganze Dauer der vaticanischen Ferienzeit mit Studien in anderen italienischen Archiven und Bibliotheken auszufüllen; doch liefs die fortdauernde Unsicherheit über die Zukunft der Station es ihm wünschenswerth erscheinen, einen fünfwöchigen Urlaub nachzusuchen, währenddessen er Ende Juli nach Berlin kam. Gleichzeitig befand sich dort der Gesandte von Schlözer, der, voll warmen Interesses für die junge römische Schöpfung, einen eingehenden Bericht an das Auswärtige Amt richtete, in welchem er es als dringend nothwendig bezeichnete, sie finanziell Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 35 sicherzustellen. Als das beste Mittel dazu erschien es dem Gesandten immer noch, die Station auf das Reich zu übernehmen, sei es unter Verschmelzung mit dem archäologischen Institut oder als zweite selbständige Anstalt. Die Darlegungen von Schlözer’s verfehlten an der mafsgebenden Stelle ihres Eindrucks nicht, wie sich aus einer eigenhändigen Bemerkung des Fürsten Bismarck zu dem Bericht ergiebt: »Eine Stärkung und Siche- rung der ganzen Stellung unserer historischen Station dürfte von Wichtig- keit sein; sie wird sich vielleicht auf dem Wege der Fusion des histori- schen und archäologischen Instituts im Reichsbudget erreichen lassen; mir ist die Genesis und Aufgabe beider nicht gegenwärtig, ich bin aber bereit, die Sache zu fördern«. So verheifsungsvoll aber das Interesse, welches der grofse Staatsmann an dem Gedeihen der Station nahm, für die Zukunft der jungen Anstalt er- scheinen mochte, so hatten in der Gegenwart die zum Behufe ihrer etwaigen Umbildung angestellten Ermittelungen die weniger erfreuliche Folge, dafs ein fester Etat für die Station überhaupt noch nicht zu Stande kam, diese also für die Bestreitung ihrer Bedürfnisse auf‘ den Dispositionsfonds des Unterrichtsministeriums angewiesen blieb. Allerdings liefs es das Mini- sterium an möglichster Berücksichtigung der Wünsche und Anforderungen der Station nicht fehlen, der besonders Geheimrath Dr. Althoff das lebhafteste Interesse entgegenzubringen fortfuhr. So wurde schon im August 1888 ein neuer Beitrag zur Bibliothek in der Höhe von vier- hundert Mark bewilligt und für das folgende Rechnungsjahr die Ge- währung der doppelten Summe in Aussicht gestellt, während allerdings von einer einmaligen grölseren Bewilligung nicht mehr die Rede war. Das Wichtigste aber war, dafs bereits für den Herbst 1888 zwei Assistenten angestellt wurden. Zum ersten Assistenten wurde der Dr. phil. Walter Friedensburg aus Hamburg ausersehen, ein Schüler Julius Weizsäcker’s, von dem er nach Abschlufs seiner Universitätsstudien (1878) als Mitarbeiter bei der Herausgabe der »Deutschen Reichstagsacten« (Periode König Ruprecht's) angenommen worden war. Von hier aus trat Friedensburg 1880 in den preufsischen Archivdienst über, den er aber 1884 wieder verliefs, um sich an der Marburger Hochschule für das Fach der mittleren und neueren Ge- schichte zu habilitiren. Er veröffentlichte in diesem und den nächstfolgen- den Jahren einige Abhandlungen zur Reformationsgeschichte, insbesondere 5* 36 W. FRIEDENSBURG: eine Monographie über den Speierer Reichstag von 1526.' Diese Arbeiten hatten zur Folge, dafs, als unter den Auspieien H. von Sybel’s die Münchener Historische Commission an die Herausgabe einer neuen Serie der »Deutschen Reichstagsacten«, nämlich derer der Periode Kaiser Karl’s V., unter der Oberleitung Kluckhohn’s in Göttingen, herantrat, Friedens- burg aufgefordert wurde, als Mitarbeiter bei diesem Unternehmen einzu- treten. So kam letzterer Ostern 1887 nach Göttingen, wo er sich auf’s Neue habilitirte und die Arbeiten für die »Reichstagsacten« des angegebenen Zeitraums begann. Dann aber war es wiederum diese Thätigkeit, welche wohl vor Allem H. von Sybel bestimmte, unter verschiedenen jüngeren Gelehrten, die für den Assistentenposten in Rom in Frage kommen mochten, Friedensburg auszuwählen. Wie schon erwähnt, nahm die Akademische Commission in Aussicht, die römischen Arbeiten an den Nuntiaturberiehten mit der Periode 1519—1530, d. h. gerade demjenigen Zeitabschnitte be- ginnen zu lassen, mit dem es auch die Vorarbeiten für die neue Serie der »Reichstagsaeten« zu thun hatten, und zwar war dabei die Absicht, die Arbeiten der Station auf diesem Gebiet geradezu für die Edition der »Reichstagsaeten« nutzbar zu machen, sie in den Dienst dieses letzteren Unternehmens zu stellen. Friedensburg blieb daher, indem er die römische Assistentenstelle annahm, vorerst noch im Dienst der Münchener Histori- schen Commission; die Nuntiaturberichte jenes Zeitraums, die er bearbeiten sollte, nahm man in Aussicht, später als Supplement zu den »Reichstags- acten« erscheinen zu lassen.” Die Wahl für den Posten des zweiten Assistenten fiel auf den Dr. jur. Paul Maria Baumgarten, der nach Abschlufs seiner Studien nach Rom gekommen und in nahe Verbindung zu den leitenden vaticanischen Kreisen getreten war; er bekleidete das Ehrenamt eines päpstlichen Kämmerers. Baumgarten empfahl sich für die Station ebenso sehr durch diese Be- ziehungen und seine Kenntnifs der Verhältnisse in Rom überhaupt, wie ! Der Reichstag zu Speier 1526 im Zusammenhang der politischen und kirchlichen Entwickelung Deutschlands im Reformationszeitalter (Historische Untersuchungen, herausge- geben von J. Jastrow, Heft 5). Berlin, Gaertner, 1887. XIV, 602 S. ® Friedensburg’s Auftrag, zunächst gemäls dem Statut nur auf ein Jahr ertheilt, wurde nach dessen Ablauf erneuert und auf unbestimmte Zeit abermals verlängert, als Friedensburg am ı8. October 1889 eine aulserordentliche Professur an der Universität Halle, ohne Verpflichtung zur Ausübung der Lehrthätigkeit, erhalten hatte. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 37 durch die von ihm in den römischen Archiven und Bibliotheken angestellten Studien über Gegenstände der deutschen Kirchengeschichte. Man gedachte ihm an der Station insbesondere die Forschung nach Material zur hohen- zollerschen und brandenburgischen Geschichte zu übertragen. 3% Erlebnisse und Erträgnisse der beiden ersten Jahre 1883 —1890. Zum 1. October 1888 sollten die beiden Assistenten ihre Stellung in Rom antreten. Schottmüller hatte seine Thätigkeit schon früher wieder aufgenommen; er hatte Berlin im letzten Drittel des Augusts verlassen und seinen Weg über Venedig, Bologna und Florenz genommen, um auf den Archiven und Bibliotheken dieser Städte nach Material zu suchen, welches für die künftigen römischen Studien ergänzend in Betracht kommen möchte.' Gegen Mitte September traf er in Rom wieder ein und konnte am 5. October melden, dafs bei der Wiedereröffnung des Vaticanischen Archivs am ı. die Arbeiten der Station zu Dreien aufgenommen worden seien. Der Hauptnachdruck bei diesen Forschungen ruhte, besonders Anfangs, auf den Acten des 16. Jahrhunderts, mit denen sich während der ersten Wochen alle drei Mitglieder beschäftigten; dauernd aber war, wie schon gesagt, für diese Arbeit Friedensburg ausersehen, der alsbald an die systematische Durehforschung der einschlägigen Rubriken des Archivs herantrat. Er be- gann mit dem schon oben erwähnten Armarium 64, dessen 34 Bände er, von Baumgarten unterstützt, durchnahm und im Einzelnen verzeichnete”, ! Ein ausführlicher Reisebericht, datirt aus Rom 7. October 1838, befindet sich bei den Acten; da es sich — nach Lage der Dinge — nur um ganz vorläufige Notirungen handeln konnte, so erübrigt es sich, näher auf die Ergebnisse dieser Reise einzugehen. ° Den Hauptbestand dieser Bände bilden Actenstücke, die wesentlich in der Zeit vom Ausgang Clemens’ VII. bis in den Pontifieat Gregor’s XIII. hinein (etwa 1530— 1580) von den Nuntien und Agenten der Curie in Deutschland mit ihren Depeschen als Beilagen eingesandt wurden; sie betreffen vorwiegend die Verhältnisse der einzelnen deutschen Kirchen, über die hier ein reichhaltiges, freilich systematischer Anordnung entbehrendes Material vorliegt. Dazu kommen — meist aus Aleander’s Nachlals — zusammenhängende Materialsammlungen zur Geschichte einzelner Reichstage des Reformationszeitalters u. dergl. m. Vergl. Nuntiatur- berichte aus Deutschland, erste Abth., Bd. I S. XXI. 38 W. FRIiEDENSBURG: wandte sich dann der Abtheilung »Nunziatura di Germania« zu, von der er, um einen Einblick in Charakter und Zusammensetzung dieser Serie zu erhalten, die hundert ersten Bände ebenfalls bandweise durchnehmen mufste.' Hierzu kam als dritte Rubrik die der Lettere di prineipi e titolati”, eine im Wesentlichen chronologisch geordnete Reihe, von der in der nämlichen Weise die fünfzig ersten Bände gemustert wurden. Daneben verbrachte Friedensburg die Stunde nach dem Schlufs des Archivs, von 12—ıI Uhr, regelmälsig auf der Vaticanischen Bibliothek, während die Donnerstage, an welchen die beiden vaticanischen Institute stets geschlossen sind, ergänzen- den Forsehungen insbesondere auf den Familienbibliotheken der Barberini und Chigi gewidmet waren; die Handschriftenkataloge dieser beiden Bi- bliotheken sowie das Manuseriptenverzeichnifs der öffentlichen Bibliothek Vittorio Emanuele wurden für die deutsche Geschichte des 16. Jahrhunderts excerpirt. Hierbei beschränkte man sich allerdings nicht allzu ängstlich auf die den Publicationen der Station zunächst überwiesene Epoche Karl’s V.; je weniger reichlich, zumal für die erste Hälfte dieses Zeitraums, das Material flofs, um so näher lag es auf der anderen Seite, in die nächstfolgende Periode hinüberzublicken. Schon bald nämlich stellte sich das Ergebnils heraus, dafs in den Anfängen des Reformationszeitalters die päpstliche Nuntiatur noch keine festgegründete ständige Institution gewesen ist und dals man deshalb nicht hoffen durfte, schon so früh fortlaufende Serien von Depeschen der Nuntien, sei es aus Deutschland, sei es aus anderen Ländern, aufzufinden. Wesentlich zu dem Zweck, sich über die Entwicke- lung der Nuntiatur näher zu informiren, überschritt Friedensburg auch bei seinen Arbeiten im Vaticanischen Archiv die ihm zunächst gezogene Grenze und fand eigentlich erst jenseits die Nuntiatur stetig und ausgebildet und dementsprechend reichhaltige Produete der 'Thätigkeit der Nuntien. Insbesondere constatirte er, dafs, wenigstens im Vaticanischen Archiv, erst aus dem Pontificat Papst Gregor's XII. (1572—1585) das Material für Deutschland in grofser Voliständigkeit vorliege und hohes Interesse darbiete. Angesichts dessen schlug Friedensburg bereits Anfang December 1888 dem Secretär vor, die Station möge ihr Arbeitsfeld bis an das Ende der ! Über das, was diese Rubrik aus der Periode Karl’s V. enthält, vergl. Nuntiatur- berichte a. a. OÖ. S.XV1. ® Ebenda S.XVIM. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 39 Periode Gregor’s XII., also bis 1585, vorschieben. Schottmüller ging bereitwillig auf diese Anregung ein. War auch für den Augenblick nicht zu erwarten, dafs dieses Arbeitsfeld in seiner ganzen Ausdehnung von den Mitgliedern in Angriff genommen werden könne, so war es doch von der gröfsten Wichtigkeit für die Zukunft der Station, sich eine derartige viel- versprechende Aussicht offen zu halten. Man hatte sich freilich darüber noch mit der Görres-Gesellschaft auseinanderzusetzen, welehe damals be- reits regelmäfsig im Vaticanischen Archiv arbeiten liefs und eben jetzt, im Winter 1888/89, die bereits länger geplante und, wie erwähnt, durch An- legung einer Bibliothek vorbereitete Gründung eines eigenen historischen Instituts unter Leitung des Monsignore P. Kirsch zur Ausführung brachte. Die Arbeiten dieser Gelehrten bezogen sich zwar damals ganz vorwiegend auf mittelalterliche Gegenstände; doch hatte die Görres-Gesellschaft wenig- stens im Prineip ihre Absicht erklärt, sich auch mit der Geschichte des 16. und 17. Jahrhunderts zu befassen. Nichtsdestoweniger erhob Monsignore Kirsch keine Einwendung, als ihm der Secretär der preufsischen Station von deren Plan, die Nuntiaturberichte des 16. Jahrhunderts aus Deutsch- land bis 1585 zu publieiren, mündlich Mittheilung machte. Allerdings hatten bereits in den voraufgegangenen Jahren Beauftragte der Görres - Gesellschaft oder der letzteren nahestehende Historiker für einzelne Partien der deutschen Geschichte des 16. Jahrhunderts im Vaticanischen Archiv Material gesammelt; doch kam das damals nicht zur Sprache und blieb daher den Mitgliedern der Station unbekannt. Übrigens würde auch die Kenntnifs dieser Arbeiten, die, wie gesagt, nur Vereinzeltes aus der Fülle des Vorhandenen heraus- griffen, die Absichten der Station schwerlich beeinflufst haben. Schottmüller stellte somit unter dem ı1. December bei der akade- mischen Commission den Antrag auf die erwähnte Vorschiebung des End- punkts der geplanten Veröffentlichung von Nuntiaturacten, und am 6. Januar 1889 erklärte sich die Commission einverstanden. Dabei war indefs die Voraussetzung, dafs Friedensburg fortfahre in den früheren Partien zu arbeiten. Schon früher, am 7. December, hatte die Commission, auf die ersten Mittheilungen über die Inangriffnahme der Acten des Reformationszeitalters hin, von dem Bearbeiter einen vorläufigen Bericht über seine bisherigen Ergebnisse verlangt, und eine Angabe, wie er sich ! Entsprechend einem Beschlufs der Generalversammlung vom 25. September 1888. 40 W. FRIEDENSBURE: die Art der Verwerthung des vorliegenden Materials denke. Dieser Auf- forderung entsprach Friedensburg in einer Denkschrift vom 25. December, die Folgendes darlegte: Für die frühesten Abschnitte der Reformationsgeschichte ist das noch unverwerthete römische Material sehr dürftig. Von zusammenhängenden Gruppen findet sich nur eine einzige: sie wird gebildet durch die im 50. Band der Nunziatura di Germania und dem 17. des Armarium 64 befindlichen Depeschen Aleander’s von seiner ersten Mission bei Karl V. (1520/21), be- sonders vom Wormser Reichstag (1521), nebst zugehörigen Documenten. Dieses Material ist jedoch bereits zweimal herausgegeben worden: auf Grund von Abschriften der Communalbibliothek von Trient durch Th. Brieger und nach den eben erwähnten vaticanischen Vorlagen von dem ehemaligen päpstlichen Archivar, dem schon genannten Pietro Balan; die Publi- cation des letzteren aber theilt gleichzeitig auch das Wesentliche dessen mit, was das Vaticanische Archiv im Übrigen aus der Zeit von 1521 bis 1525 für die deutsche Reichsgeschichte an Correspondenzen, Denkschriften, Nuntiaturacten u. s. w. darbietet.' Eine Art Fortsetzung zu diesem Werke bildet eine zweite, freilich nicht auf Deutschland beschränkte Publication Balan’s, die die Breven und die Lettere di prineipi für die Geschichte der Jahre 1524— 1528 ausbeutet.” So war für das erste Jahrzehnt Karl’s V. nur eine Nachlese zu halten, die im Vaticanischen Archiv lediglich ver- einzelte Stücke ohne grölseres Interesse zu Tage förderte, während aus den Handschriften der päpstlichen Bibliothek doch noch eine Anzahl wichtigerer Ergänzungen zu den Aleander-Depeschen gewonnen wurde.” Belangreicher erweist sich das Vaticanische Archiv für die Epoche des Augsburger Reichs- tags von 1530 und der Regensburger Versammlung von 1532. Hier bieten ! Monumenta reformationis lutheranae ex tabulariis seeretioribus s. sedis 1521— 1525. 1884. Von Nuntiaturaeten sind hier besonders die Depeschen der Legation des Cardinals Campeggi (1524—1525) des aulserordentlichen Nuntius Rorario (1525) — aus Literae diversorum ad Clementem VII aus den Originalen in Nunziatura di Germania (vol. 53) —, und vol. 2 — publieirt worden; dazu Ergänzendes aus den Breven und den ersten Bänden der Lettere di prineipi. ® Monumenta saeculi XV] historiam illustrantia. Vol. I (unieum) Clementis VII episto- lae per Sadoletum seriptae, quibus accedunt variorum ad papam et ad alios epistolae. Oeni- ponti, Wagner, 1885. ® Diese Stücke wurden der Redaction der »Reichstagsaeten« (jüngere Reihe) einge- sandt; sie haben im zweiten Bande dieses Werkes (Gotha, Perthes, 1896) Verwerthung gefunden, Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 41 zwei Bände des Armarium 64' wichtige Acten, denen die Legationsberichte Campeggi’s von 1530— 1532” und die Aleander-Depeschen nebst den Origi- nalen der Gegenschreiben der Curie von 1531 und 1532 zur Seite gehen.” Es wäre indefs wissenschaftlich wohl kaum zu rechtfertigen gewesen, diese Materialien für eine speciell vaticanische Publication auszuwählen; sie können nur in Verbindung mit den einschlägigen Acten der deutschen Archive be- arbeitet werden und bleiben daher am passendsten den »Deutschen Reichs- tagsacten« vorbehalten. Dagegen bot sich nun als ein geeignetes Feld für selbständige und in sich abgeschlossene Veröffentlichungen der Station die reichstagslose Zeit von 1533—1539 dar; an Nuntiaturberichten und sonstigen einschlägigen Stücken aus diesen Jahren hatte sich im Archiv freilich nur eine beschränkte Zahl, etwa 100, bisher auffinden lassen; aber man war bereits zur Erkennt- nifs gekommen, dafs in diesem Zeitraum Nuntien in mehr oder minder ständiger Mission in Deutschland zu verweilen pflegten, denen mehrfach — insbesondere aus Anlafs der Coneilssache, die sowohl Clemens VI. (7 1534) in seinen letzten Jahren als auch vornehmlich den Nachfolger des Medicäers, Paul IH., von den Anfängen seines Pontificats an lebhaft beschäftigte — aufserordentliche Entsendungen zur Seite traten. Die Berichte aller dieser Sendlinge aber schienen, wenn sie auch zunächst nur fragmentarisch zu Tage lagen, vermehrt durch anderweite Correspondenzen zwischen Rom und Deutschland, durch die an der Curie entstandenen Denkschriften über die deutschen Dinge und sonstige derartige Schriftstücke, für eine beson- dere Bearbeitung einen geeigneten, lohnenden Vorwurf abzugeben. Der an- gezogene Bericht lenkte also auf diesen Zeitraum in erster Linie die Auf- merksamkeit der Commission. Er bespricht dann aber auch noch den Be- fund für die nächstfolgenden Jahre, so zwar, dafs er das Material zur Geschichte der Vergleichshandlungen, der Reichstage und Religionsgespräche von 1540 und 1541, wiederum den »Reichstagsacten« zur Verfügung zu stellen vorschlug, die aus den Jahren 1542 und felgenden vorliegenden Nuntiaturaeten aber für eine zweite unabhängige Publication der Station in’s Auge zu fassen empfahl. ! Vol.13: »Acta Augustensia« 1530, von Aleander zusammengebracht (Abschrift davon im Vol. 18 derselben Serie), und Vol. 14: »Acta Ratisbonensia«, auf den nämlichen zurückgehend. ®2 Nunziatura di Germania vol. 54. ® Ebendaselbst vol. 51. « Phül.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. T. 6 42 W. FRIEDENSBURG: Die Entscheidung der Akademischen Commission auf diesen Bericht ging dahin, Friedensburg möge zuerst das Material bis 1532 für die Zwecke der »Reichstagsacten« bearbeiten und dann die Nuntiaturberichte von 1533—1539 in Angriff nehmen. Da es indefs Angesichts des Standes der Arbeiten für die Edition der »Reichstagsacten«, die über 1524 noch nicht hinausgriffen, kaum angezeigt erschien, in Rom die Arbeiten schon bis 1532 zu führen, so beschränkte sich Friedensburg darauf, die dürf- tigen Ergänzungen zu bearbeiten, die sich aus der ersten Hälfte der zwan- ziger Jahre noch gewinnen lielsen, und wandte sich dann den Jahren 1533 bis 1539 zu. Dergestalt wurden die selbständigen Publicationen der römi- schen Station inaugurirt. Inzwischen waren auch die beiden anderen Mitglieder mit Eifer an’s Werk gegangen; doch hatte es ihnen der Stand des Materials und die Be- schaffenheit der übernommenen Aufgaben nicht gestattet, in gerader Linie stetig vorwärts zu gehen. Schottmüller hatte sein Augenmerk von Anfang an darauf gerichtet, sieh mittels eindringenden Studiums der vorhandenen Litteratur sowie durch Erkundigungen einen Überblick zu verschaffen, nieht nur über das, was das Vaticanische Geheim- Archiv enthält, sondern auch über das, was hier fehlt, und herauszufinden, wo das Fehlende zu suchen sei. Seine Beob- achtungen führten ihn zu dem von uns schon oben erwähnten, in jenen Jahren aber noch nicht klar erkannten Ergebnifs, dafs das Geheim- Archiv trotz seines grolsen Umfangs nur einen Bruchtheil dessen enthalte, was von Archivalien im Laufe der Jahrhunderte an der Curie erwachsen war, und dafs, wenn unzweifelhaft gar Vieles unwiederbringlich verloren war, an- dererseits sich noch sehr wichtige und umfangreiche Materialien an den Geschäftsstellen bargen, wo sie entstanden waren. Dies näher zu erfor- schen und festzustellen, hielt Schottmüller mit Recht für keineswegs unwichtig. Als letztes Ziel bei derartigen Untersuchungen sehwebte ihm wohl die Hoffnung vor, dafs es, wenn man die Aufmerksamkeit aller dabei interessirten Kreise, wie vor Allem der mafsgebenden Stelle, auf diese Ver- hältnisse gelenkt habe, eines Tages gelingen möge, die Verschmelzung sämmtlicher Einzelarchive, wenigstens soweit diese historisch werthvolles Material enthielten, mit dem Geheim-Archiv und somit ihre Freigebung für die historische Forschung in die Wege zu leiten; aber wenn ein solches Ziel auch noch in der Ferne lag, so war, da eine Anzahl dieser Sonder- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 43 archive wenigstens nicht grundsätzlich der Benutzung durch die Wissenschaft verschlossen ist, schon mit dem blofsen Hinweis auf ihr Dasein und einigen, selbst nur summarischen Angaben über ihren Inhalt viel gewonnen. Auch an den von den beiden Assistenten begonnenen Arbeiten betheiligte sich Schottmüller zeitweise unmittelbar; daneben nahm er auch die Bear- beitung von Documenten in Angriff, die sich auf den Templer-Orden und den wider diesen geführten Procels bezogen und von ihm nach Abschlufs seines schon erwähnten Werkes über diesen Gegenstand in verschiedenen seither bereisten oder erkundeten Archiven und Bibliotheken noch aufge- funden worden waren. Inzwischen hatte der zweite Assistent Baumgarten die Forschungen auf dem Gebiet der hohenzollerschen und brandenburgischen Geschichte aufgenommen. Die Absicht war hierbei, den Ausgangspunkt von dem ersten Auftreten der Hohenzollern in der Mark Brandenburg, also etwa von Be- ginn des 15. Jahrhunderts, zu nehmen. Allein das Ergebnifs der Durch- nahme einer Anzahl von Reeisterbänden, die für diesen Zeitraum sehr weit- läufig sind, war so geringfügig und stand zur aufgewandten Zeit und Mühe so wenig im Verhältnifs, dafs man Bedenken trug, hier weiterzugehen. Man verlegte daher den Anfangspunkt um ein beträchtliches Stück rückwärts und begann mit dem Pontificat Clemens’ IV. (1265— 1268), wo schnellere Ergebnisse und lohnendere Ausbeute erhofft wurde, indem man sowohl die märkisch-preufsische Geschichte wie die fränkische Vorgeschichte der Hohen- zollern zum Gegenstand der Forschung nahm. Doch machte sich hier ein anderer Übelstand geltend, nämlich das Fehlen der einschlägigen Special- litteratur, für die, nachdem die zu Bücheranschaffungen zur Verfügung ge- stellten Gelder dden Wünschen der Commission gemäls wesentlich zur Förde- rung der Arbeiten auf dem Gebiete der Reformationsgeschichte verwandt worden waren, weitere Mittel einstweilen nicht zur Verfügung standen. So wurde die Arbeit an den Brandenburgica einstweilen eingestellt, um, wie wir noch hören werden, im nächsten Jahre in anderer Form wieder auf- genommen zu werden, und Baumgarten wandte sich ebenfalls dem sech- zehnten Jahrhundert zu. Hier glückte es ihm, in einem der Abtheilung Coneilio di Trento zugewiesenen Codex des Vaticanischen Archivs ein sehr interessantes Tagebuch zu finden, welches Aleander auf seiner dritten und letzten Mission in Deutschland (1538/1539) eigenhändig geführt hat. Dies Stück begann Baumgarten zu copiren, eine Arbeit, die wegen der sehr 6* 44 W. FRIEDENSBURE:! schwer leserlichen Handschrift Aleander’s ihn mehrere Wochen gänzlich in Anspruch nahm. Schon früher hatte er im römischen Staatsarchiv eine Be- schreibung des Besuchs Karl’s V. in Rom (1536) aufgefunden und bearbeitet, so dafs doch auch für ihn diese im Dienst der historischen Station unter- nommenen Arbeiten keineswegs fruchtlos blieben, wenn sie ihn auch, wie begreiflich, nicht ganz befriedigten. Unter diesen Umständen trug Baum- garten, der wohl auch schon damals eine andere Zukunft für sich in’s Auge falste, Bedenken, sich der Station für längere Zeit zu verpflichten und schied aus deren Verbande nach Ablauf des ersten Arbeitsjahres (mit Ende Juli 1589) aus. An Baumgarten’s Stelle wurde zum ı. October der Dr. phil. Josef Hansen zum zweiten Assistenten der Station berufen. Hansen hatte seine Studien in Bonn und Münster gemacht, er promovirte 1883 an der letztge- nannten Universität mit einer Abhandlung über die Vorgeschichte der Soester Fehde. Ihr folgten mehrere kleinere Arbeiten zur Geschichte des Niederrheins und Westfalens; bald aber wandte sich Hansen wieder dem Gegenstande seiner Dissertation zu, erweiterte diese' und begann dann, nachdem er in- zwischen am Staatsarchiv in Münster als Hülfsarbeiter eingetreten war, für die »Publicationen aus den preufsischen Staatsarchiven« eine zweibändige Ver- öffentlichung über » Westfalen und Rheinland im 15. Jahrhundert«: der erste Theil, der die Soester Fehde zum Mittelpunkt nahm, erschien 1888; an dem zweiten, der der Münsterischen Stiftsfehde gewidmet war, arbeitete Hansen noch, als H. von Sybel ihm vorschlug nach Rom zu gehen, wo er sowohl seine rheinisch - westfälischen Studien ergänzen, als auch sich an den Arbeiten der preufsischen historischen Station betheiligen sollte. Auch sonst traten mit dem neuen Arbeitsjahr (1889/1890) wichtige Änderungen für die Station ein. Vor allem gelangte diese jetzt zu geord- neteren Rechnungsverhältnissen. Ein Erlafs des Unterrichtsministers vom ı9. November 1889 überwies dem Seeretär eine Pauschalsumme für seine Dienstreisen innerhalb Italiens und gewährte ferner feste Beträge sowohl für die sonstigen sächlichen Ausgaben (Vervollständigung des Inventars der Station, Schreibgebühren, Reisen der Assistenten u. s. w.) wie andererseits für die Beschaffung von Büchern. Ein Jahr später, um das gleich hier vor- ' Sie erschien in dieser erweiterten Gestalt im dritten Ergänzungsheft der West- deutschen Zeitschrift (1887). Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 45 wegzunehmen, wurden — durch Ministerialerlafs vom 13. September 1390 -— jene Beträge durch einen Zuschufls erhöht; etwas später schlug man der Einfachheit wegen die für die Reisen des Secretärs ausgesetzte Summe zu den allgemeinen sächlichen Fonds und verrechnete sie mit diesen; ebenso durften die beiden Titel für die sächlichen Ausgaben und die Bibliothek gegen- seitig übertragen werden. Obwohl nun die bewilligten Summen sich bald als nicht auskömmlich herausstellten und aus verschiedenen Anlässen, vor allen für die bald sehr anwachsenden Kosten der Anfertigung von Ab- schriften, an die selten oder nie versagende Freigiebigkeit des Ministers zum Behufe von Extrabewilligungen appellirt werden mufste, so war doch nunmehr eine geordnete Rechnungsführung ermöglicht und der ganzen Ein- richtung der Charakter gröfserer Stetigkeit gegeben. Nach der gleichen Richtung hin war es ferner von Bedeutung, dafs der Secretär Schott- müller schon während seines Aufenthalts in Berlin im Sommer 1889 eine an und für sich allerdings nicht eben tiefgreifende Änderung angeregt hatte, nämlich die Ersetzung der Bezeichnung »historische Station« durch »histo- risches Institut«. Er begründete diesen Vorschlag dadurch, dafs er nach- wies, wie der Name »Station« den Italienern keinen Begriff von dem gebe, was mit der Anstalt gemeint und bezweckt war. Die Anregung fand an den malsgebenden Stellen Anklang und am 8. Januar 1390 verfügte der Minister die Namensänderung, die der Staatsanzeiger am 17. des nämlichen Monats veröffentlichte. Obwohl aber, wie gesagt, der Antrag aus Oppor- tunitätsgründen hervorgegangen war, so läfst sich doch nicht in Abrede ‘stellen, dafs die Namensänderung ebenfalls einen Schritt zur weiteren Uon- solidirung der Verhältnisse bedeutete. Was freilich auch noch über den Zeitpunkt dieser Namenswandlung hinaus ungeordnet blieb, war die Frage der räumlichen Unterbringung des Instituts. Noch war nämlich der Gedanke einer Verschmelzung mit dem archäologischen Institut nicht gänzlich aufgegeben; gleichzeitig wurde aber auch verschiedentlich davon geredet, dem Secretär des historischen Instituts die Parterrewohnung im Gebäude der archäologischen Anstalt einzuräumen und deren bisherigen Inhaber, den zweiten archäologischen Seeretär, durch Zuweisung von Wohnungsgeld zu entschädigen. Schliefslich blieb jedoch Alles beim Alten, nur dafs Schottmüller in seiner Privatwohnung in der Casa Tarpea ein zweites Zimmer für die Aufstellung der nach und nach anwachsenden Bibliothek sowie als Arbeitsraum hinzunahm. 46 W. FRIEDENSBURG: Eine andere Neuerung, die mit oder kurz nach dem Wiederbeginn der Arbeiten im Herbst ı8Sg Platz griff, war die Einstellung von einigen weiteren Arbeitskräften, die für einzelne deutsche Gebietstheile das Vati- canische Archiv auszubeuten beauftragt waren. Auch dies war der Initiative Schottmüller’s zu danken, der bei seinen archivalischen Arbeiten sich von vorn herein nicht damit begnügte, dasjenige zu notiren und festzuhalten, was von unmittelbarem Gewinn für die von der Station geplanten oder betriebenen Arbeiten sein mochte, sondern bei Allem, was an archiva- lischem Material durch seine Hände ging, sich die Frage vorzulegen ge- wöhnt war, ob und wie man es vereinzelt oder im Zusammenhang mit anderen Funden verwandter Art nutzbar machen könnte. Überhaupt war und blieb es ein Lieblingsgedanke Schottmüller’s, möglichst viele For- scher, zumal aus der Heimat, nach Rom zu ziehen und die hier gebotene Gelegenheit freier Forschung möglichst fruchttragend für die deutsche Wissen- schaft zu gestalten. Von solchen Absichten geleitet, hatte er insbesondere begonnen, Alles zu notiren, was er in den römischen Archiven und Bibliotheken über gewisse Nebengebiete der Geschichte fand, zumal über Geographie nebst Reisebeschreibungen, sowie Militärisches, Handels- und Wirthschaftsgeschichte. Nieht minder aber galt seine Aufmerksamkeit der deutschen Territorialgeschichte, die, wie er wünschte, neben der deutschen Reichs- oder preufsischen Landes- und Fürstengeschichte an der Ausbeute aus den Schätzen des Vaticans ebenfalls Theil haben sollte. Dabei erschien ihm als besonders aussichtsvoll neben der brandenburgischen Provinzial- geschichte die Geschichte der östlichen Provinzen des preufsischen Staates. Da es jedoch dem Institut an Mitteln und Arbeitskräften für derartige Unter- nehmungen fehlte, so bot sich der Ausweg dar, die einzelnen Provinzen oder Landestheile selbst für die Sache zu interessiren und ihnen den Vor- schlag zu unterbreiten, der Provinzialgeschichte kundige und mit dem er- forderlichen litterarischen Handwerkszeug ausgerüstete Gelehrte nach Rom zu schicken, damit diese, von der Station unterstützt und durch deren Er- fahrungen gefördert, dort das vaticanische Material für ihre Heimatprovinz bearbeiteten. Mit derartigen Vorschlägen wandte sich Schottmüller bereits am ı. Februar 1889 an die Provinzialvertretungen von Brandenburg, Ostpreufsen, Westpreufsen und Posen sowie — im Hinblick auf die zahlreichen Bremensia, die ihm aufgestofsen waren — an den Senat der freien Stadt Bremen. Es Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 47 darf als ein rühmliches Zeichen des bei uns in der provinziellen Selbstver- waltung herrschenden regen Sinnes für die heimische Geschichte betrachtet werden, dafs keine der von Schottmüller angegangenen Stellen sich seiner Anregung versagte. Voran ging Brandenburg, dessen Provinzialausschufs unter dem Vor- sitz des Hrn. Landesdireetors von Levetzow schon am 2. März »zur Er- forschung der auf die Provinz bezüglichen Urkunden im Vatican« für das Rechnungsjahr 1889/90 einen Betrag in der von Schottmüller vorge- schlagenen Höhe zur Verfügung stellte und dabei erklärte, dafs der ab- zuordnende Gelehrte von Schottmüller selbst ausgewählt und für die Zeit seines Verweilens in Italien als der preufsischen historischen Station attachirt betrachtet werden solle. So handelte es sich also nur noch um die Lösung der Personenfrage, worüber einige Zeit verstrich, bis im Mai des Jahres H. von Sybel, dem Schottmüller die Auswahl anheimgestellt hatte, den Dr. phil. Johannes Kretzschmar aus Leipzig' in Vorschlag brachte, den der Secretär wie auch die Provinz acceptirten. Doch lohnte es sich natürlich nieht, Kretzsehmar noch vor dem Archivschlufs nach Rom zu entsenden; man kam daher überein, die Arbeit erst im kommen- den October dort aufzunehmen. j Inzwischen waren auch die übrigen obengenannten Provinzen nicht zurückgeblieben. Der Landesdirector von Ostpreulsen, Hr. von Stock- hausen, erfafste die Angelegenheit sogar von einem weiteren Gesichts- punkte aus. Er meinte, es empfehle sich, dafs zunächst Jemand für das erste Aufsuchen und summarische Verzeichnen des Materials für die Nach- barprovinzen Ostpreulsen, Westpreulsen und Pommern gemeinsam deputirt werde und auf Grund von dessen Ergebnissen die Specialarbeiten für jede der drei Provinzen, sei es von dem Nämlichen oder von neu zu Bestellen- den, gemacht würden. In dieser Form, die sicher nur von Vortheil für das Unternehmen hätte sein können, kam der Plan dann freilich nicht zu Stande; Pommern fiel überhaupt aus: dafür aber einigte sich Ostpreulsen mit Posen über einen gemeinsamen Deputirten; die Mission fiel dem Archivar am Königsberger Staatsarchiv, Dr. phil. Hermann Ehrenberg, zu, der von dem Direetor der Staatsarchive für diesen Zweck einen ein- ! Verfasser einer Untersuchung über »die Formularbücher aus der Kanzlei Rudolf’s von Habsburg«. (Innsbruck, Wagner 1889. 164 S.) 48 W. FRIEDENSBURG: jährigen Urlaub, vom ı. October 1839 ab, erhielt und gleichzeitig ange- wiesen wurde, sich der Station zu unterstellen. Ferner entsandte die Pro- vinzialeommission Westpreufsens für diese Provinz den damaligen Oberlehrer am Danziger Gymnasium, Dr. phil. Richard Damus, einen durch eine Anzahl beachtenswerther urkundlicher Veröffentlichungen zur Geschichte Polens und Danzigs bewährten und für die neue Aufgabe bestens vorbe- reiteten Historiker. Er erhielt seinen Auftrag ebenfalls vom ı. October ab. Und endlich trat auch die freie Stadt Bremen auf den Plan. Allerdings wünschte der Senat zuförderst, soweit möglich, die Sicherheit zu erhalten, dafs die Entsendung eines Specialbeauftragten auch für die Geschichte der Stadt, nieht etwa blofs des Erzbisthums, dem Aufwand entsprechende Früchte tragen werde. So übernahm es der Dr. phil. Karl Schellhafs, ein geborener Bremer, der damals für die Zwecke der »Deutschen Reichs- tagsacten« des 15. Jahrhunderts in Rom arbeitete, eine Zusammenstellung über die die Stadt Bremen betreffenden vaticanischen Documente herzu- stellen und an seine Vaterstadt einzusenden, welche, dadurch von der Ergiebigkeit dieser Forschungen überzeugt, nunmehr ihren Archivar Dr. W. von Bippen nach Rom abordnete. Allerdings war mittlerweile die Zeit schon vorgeschritten, und von Bippen konnte erst im Januar 1890 die Arbeiten im Vatican aufnehmen; auch er suchte und fand Anschlufs an das Historische Institut. Von der gröfsten Bedeutung für die dergestalt mit erhöhtem Nach- druck aufgenommenen Arbeiten war das Entgegenkommen der Beamten des Vaticanischen Archivs, das nicht genug gerühmt werden kann. Hatten jene schon von Anfang an die Sendlinge des preufsischen Staates ohne Rückhalt willkommen geheifsen, so mochten sie sich nunmehr völlig über- zeugt haben, dafs es den deutschen Forschern um ernste wissenschaft- liche Arbeit zu thun sei und ihnen nichts ferner liege als tendenziöse Aus- beutung der durch die Hochherzigkeit des Papstes dargebotenen freien Be- nutzung der vaticanischen Documente.' Die Folge war, dafs man von Seiten Am ı3. März 1890 hatte der Secretär des Instituts die Ehre, von Papst Leo XII. in Privataudienz empfangen zu werden. Schottmüller erörterte, wie die Kirche und das Papstthum durch volle Aufdeckung der Wahrheit nur gewönne, was der Papst beifällig an- hörte und bekräftigte. In der anschliefsenden Audienz bei dem Cardinalstaatssecretär Rampolla regte Schottmüller die Einverleibung und Erschliefsung der Speeialarchive an, was jener wenigstens nicht von der Hand wies. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 49 der Archivverwaltung die Anfangs nur ganz ausnahmsweise zugestandene Einsicht in eine Reihe von Archivinventaren zwar nicht grundsätzlich frei- gab, aber doch im einzelnen Fall kaum je verweigerte, eine Erleichterung des Suchens, die besonders den Deputirten der Provinzen zu Gute kam, Ja diesen erst ermöglichte, an die Lösung der ihnen gestellten Aufgaben, bei denen es sich meist um ein weit zerstreutes Material handelte, mit Aussicht auf Erfolg heranzutreten.' Aber auch das Institut selbst zog von dieser Liberalität naturgemäls den gröfsten Vortheil; es wurde jetzt erst möglich, ein bestimmteres Bild von dem Inhalt des Geheimarchivs zu ge- winnen, was für die statutengemälse Auskunftsertheilung an die Fachgenossen in der Heimat ebenso wichtig war, wie es die eigenen Arbeiten erleichterte und beschleunigte. Diese nahmen denn auch einen gedeihlichen Fortgang. Insbesondere glückte es dem neuen Assistenten Hansen überaus schnell, sich zu orien- tiren und in eine grofse und aussichtsvolle Aufgabe hineinzufinden. An- fänglich bestand die Absicht, Hansen mit der Bearbeitung von Nuntiatur- instructionen zu beschäftigen; doch regten sich dann Zweifel, ob eine der- artige Publication die darauf zu verwendende Mühe lohnen werde; aulfser- dem verlautete, dafs schon früher einmal von anderer Seite für eine solche Veröffentlichung das Material gesammelt worden sei. Friedensburg wies dann den Collegen auf das reichhaltige und wichtige Material hin, welches er, wie oben berichtet wurde, in der Abtheilung Nunziatura di Germania und anderswo für die ersten Jahrzehnte des Zeitalters der sogenannten Ge- genreformation gefunden hatte. Es bedurfte für Hansen nur eines kurzen Blickes in die Excerpte Friedensburg’s, um zu erkennen, dafs hier in der That Stoff zu mehr als einer ergiebigen Quellenpublication vorlag. So wurde bereits am 7. October durch den Secretär bei der Commission be- antragt, dafs Hansen sich der deutschen Nuntiatur in der Periode von 1504 bis 1585, d.h. also von dem Regierungsantritt Kaiser Maximilian's II. an bis zu dem schon früher in Aussicht genommenen Endpunkt der Arbeiten ' Vergl. Ehrenberg, Urkunden und Actenstücke zur Geschichte der in der heutigen Provinz Posen vereinigten ehemals polnischen Landestheile. (Leipzig, Veit 1892), Einleitung S. ııff. — Über die Indices des Vaticanischen Archivs vergl. neuerdings auch L. Gu&rard, Les recherches d’histoire provineiale du moyen-äge dans les archives du Vatican, in Annales de Saint-Louis-des Frangais (Rome) I (1897), p. 217 sqg-, und derselbe, Notes sur quelques inventaires des archives pontificales, ebendaselbst 1V (1900), p- 479 sqg- Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. u | 50 W. FRIEDENSBURG: des Instituts, zuwenden dürfe. Die Commission genehmigte dies nicht nur, sondern sie wünschte, dafs, da Friedensburg’s Aufgabe mit dem Jahre 1555 abschliefsen sollte, auch die Zeit von 1555— 1564 dem zweiten Assistenten zur Bearbeitung überwiesen werde; allerdings bestand man nicht darauf, dafs Hansen innerhalb dieser dreifsig Jahre (1555— 1585) chronologisch vorgehe. In der That zog letzteren, der sich inzwischen mit dem Stoff näher bekannt gemacht hatte, vielmehr der zeitlich letzte Abschnitt, die Periode Papst Gregor’s XIU. (1572—-1585) vornehmlich an, und zwar richtete er sein Augenmerk ganz besonders auf das reiche, noch gänzlich unberührte Material über den Kampf um das Erzstift Köln. In die Wirren nämlich', welche zuerst die Wahl und Bestätigung Gebhard’s von Truchsefs zum Erzbischof der niederrheinischen Metropole und sodann sein Abfall von der katholischen Kirche verursachte, hat die römische Curie mit grofsem Nachdruck eingegriffen; mit der Lösung jener Ver- wickelungen haben sich einestheils sowohl die Mehrzahl der Legaten und Nuntien, die während des Pontificats Gregor's XIII. nach Deutschland gin- gen, wie auch die Nuntien in Spanien und Frankreich von Amts wegen beschäftigt, anderntheils aber wurde eine Anzahl von Speecialmissionen aus Anlafs der Kölnischen Wirren abgeordnet. Die Berichte dieser päpstlichen Speeialgesandten ersah sich Hansen als eigentliches Substrat seiner Publi- cation, an die er alsbald mit grofsem Eifer herantrat. Inzwischen stellte sich für Friedensburg auf seinem Hauptarbeits- felde, der Periode von 1533— 1539, je länger desto mehr die Lückenhaftig- keit der vaticanischen Quellen heraus, welche zumal für die Zeit der Nun- tiatur des Giovanni Morone (1536 —1538) so gut wie gänzlich versagten, während auch für den Vorgänger Morone’s, Pietro Paolo Vergerio, den frühesten der für die Publieation in Betracht kommenden Nuntien, das vaticanische Material sehr unvollständig ist. Zur Ergänzung der Lücken diente zunächst die Archivreise, die der Bearbeiter in den Sommermonaten 1559 unternahm, nachdem er zuerst sich einige Wochen in Göttingen mit Hülfe der dortigen Universitätsbibliothek mit der einschlägigen gedruckten Litteratur näher bekannt gemacht hatte. Das wichtigste Reiseziel aber bildete Venedig, welches auf der Marcusbibliothek den Nachlafs des oben ! Vergl. hierzu das Vorwort zum ersten Bande der Hansen’schen »Nuntiaturberichte« sowie weiter unten. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 51 genannten Vergerio eben aus der Zeit seiner Anwesenheit in Deutschland als päpstlicher Nuntius verwahrt." Hier fand sich ein gröfserer Theil seiner Amtsdepeschen vor, meist in eigenhändigen Concepten, sowie Originale von Gegenschreiben der Curie, aufserdem zahlreiche Correspondenzen, die Ver- gerio als Nuntius mit amtlichen und Privatpersonen, Nuntien, Cardinälen, Bischöfen, Theologen u. s. w. geführt hat und die den Depeschenwechsel mit der Curie vielfältig ergänzen. Nächst Venedig erwies sich von hervorragender Wichtigkeit Florenz wegen der auf dem dortigen Staatsarchiv aufbewahrten Cervini-Papiere.”’ Diese stammen von Marcello Cervini, der, aus der päpstlichen Kanzlei her- vorgegangen, von Paul III. seinem jugendlichen Nepoten, dem Cardinal- Vieekanzler Alessandro Farnese beigegeben, hernach im Jahre 1539 selbst zum Cardinal erhoben wurde, später dem Coneil von Trient in dessen erster Periode präsidirte und endlich, fünf Jahre nach dem Tode Paul’s III, als dessen zweiter Nachfolger unter dem Namen Marcellus II. die päpstliche Tiara erlangte, die er freilich nur vierzehn Tage tragen sollte. Sein hand- schriftlicher Nachlafs, der sowohl seine eigene private und amtliche Corre- spondenz wie auch zahlreiche Briefe und Actenstücke der päpstlichen Kanzlei enthält, bildet eine Quelle ersten Ranges für die Geschichte der Kirche unter Paul II., mehr freilich in dessen späteren Jahren, als die Coneils- angelegenheit im Vordergrund stand. Für die dreifsiger Jahre ergaben sich einige Correspondenzen Aleander’s, sowie — ein äufserst willkommener Fund — ein weiteres Bruchstück des schon oben erwähnten Tagebuches des näm- liehen Aleander von seiner Legation in Deutschland 1538/39. Ferner besuchte Friedensburg die Stadtbibliothek von Trient, haupt- sächlich um den Nachlafs des Kanonikers Mazzoleni zu prüfen, der die Ab- schriften einer gröfseren Anzahl von Nuntiaturberichten aus Deutschland und verwandten Actenstücken zur deutschen Reformationsgeschichte enthält.” ! Das Nähere im ersten Band der »Nuntiaturberichte« Friedensburg’s, Einlei- tung S. 3 fl. ? Vergl. von Druffel, Monumenta Tridentina. Beiträge zur Geschichte des Coneils von Trient, Heft I (München 1884) zu Beginn der Einleitung. Diese Publication des ver- storbenen Historikers, die neuerdings von Brandi weitergeführt wird, beruht ausschliefslich auf den Manoseritti Cerviniani. Über letztere besitzt das Florentiner Staatsarchiv auch ein eigenes Inventar. ® Dies ist die Vorlage, aus der Brieger, wie oben erwähnt, die Depeschen Alean- der’s vom Wormser Reichstage (1520/21) edirt hat. 52 W. FRIEDENSBURE: Friedensburg verzeichnete die einzelnen Bände und schrieb verschiedene Stücke ab, von denen er allerdings später die Originale oder sonstige bessere Texte auffand. Ohne Ausbeute blieb jedoch auch die Durchsicht der eigentlichen Tridentina der genannten Bibliothek nicht; neben Ver- waltungssachen und anderen unpolitischen oder territorialgeschichtlichen Materien fanden sich hier auch originale Documente, welche die poli- tische Thätigkeit des Bischofs von Trient und Cardinals der römischen Kirche Bernhard von Clefs (1514—1539) betreffen, eines ausgezeichne- ten Kirchenfürsten und Staatsmannes, des vornehmsten Rathes König Ferdinand’s, dessen in den Vergerio-Depeschen ausgiebigste Erwähnung geschieht. Endlich wurden auf der nämlichen Reise auch das Staatsarchiv zu Modena und das Archivio Gonzaga in Mantua? besucht. Hier handelte es sich nieht um Nuntiaturdepeschen oder sonstige päpstliche Acten, sondern um die Archivalien derjenigen italienischen Dynastien, deren Herrschersitze die beiden genannten Orte waren, der Este in Modena, der Gonzaga in Mantua. Auch diese — und ebenso, um das hier gleich anzufügen, die Medizäer in Florenz und die Republik Venedig” — hatten in der Epoche, um die es sich hier handelt, ihre ständigen Gesandtschaften sowohl an der Öurie wie am Kaiserhofe, wozu noch manche aufserordentliche Sendungen auch wohl an die deutschen Fürstenhöfe — kamen. Die Berichte aber, die diese Diplomaten ihren Auftraggebern erstatteten, liegen in stattlicher Fülle, zeitweise fast lückenlos, in den entsprechenden Archiven vor und ergänzen nicht selten die Berichte der päpstlichen Nuntien in wünschens- ! Anderes aus dem Archiv dieses Bischofs ist nach Wien (Haus-, Hof- und Staats- archiv) und Innsbruck (Statthaltereiarchiv) gekommen. Die Abfassung einer Monographie über Bernhard vom Standpunkt der österreichischen und Reichsgeschichte wäre sicher sehr lohnend. ® Dieses ist räumlich und in der Verwaltung von dem Staatsarchiv in Mantua gänz- lich getrennt. ® Die venetianischen Gesandtschaftsberichte befinden sich theils auf der Mareusbiblio- thek, theils im dortigen Staatsarchiv, die florentinischen im Staatsarchiv daselbst; vergl. Nuntiaturberichte, erste Abtheilung, erster Band, allgemeine Einleitung S. XX1V sq. — Ohne grölsere Ausbeute blieb der von Friedensburg theils schon 1889, theils in den folgenden Jahren unternommene Besuch der Staatsarchive von Lucca, Genua, Turin und Siena, deren einschlägige Gesandtschaftsberichte sich theils nicht erhalten haben, theils von geringer Wich- tigkeit, wenigstens für unsere Zwecke, sind. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 53 werthester Weise. Die Gesandten zeigen sich in unserer Epoche der grofsen Mehrzahl nach als ausgezeichnete, wohlunterrichtete Männer und wissen sich meist treffliche Informationen zu verschaffen, sei es direet von den leitenden Staatsmännern, sei es von Personen, die mit letzteren in engster Verbindung standen. Man ist beim Durchblättern dieser Depeschen — nieht nur etwa der florentinischen und venetianischen, deren Bedeutung schon öfter hervorgehoben worden ist, sondern auch der anderen, der Mantuaner und Modeneser — oft erstaunt, ein wie lebhaftes, eingehendes Interesse diese Italiener den öffentlichen Angelegenheiten Deutschlands, vor allem auch den Fortsehritten und Wechselfällen der protestantischen Be- wegung, entgegenbringen. Auf der anderen Seite kommt den Berichten der an der römischen Curie beglaubigten Vertreter der nämlichen Mächte besonders der Umstand zu Gute, dafs Papst Paul III. ein sehr starkes Be- dürfnifs hatte, sich mit der Redseligkeit des Alters beinahe Jedem gegen- über, der vor ihm erschien, über die Absichten und Ziele seines Thuns, seiner Politik sowie über die Hindernisse, welche die grofsen Mächte der Ausführung seiner Intentionen in den Weg legten, über den Undank, den er aller Orten antreffe, und die Verkennung seiner guten und gedeihlichen Absichten in weitläufigen Klagen und Darlegungen zu ergehen, worüber dann jene Gesandten vielfach in grofser Ausführlichkeit berichten. Auch bringen sie eine reiche Fülle von Details vom päpstlichen Hofe, und ich möchte glauben, dafs die Veröffentlichung geeigneter Auszüge aus diesen Berichten gerade für die Geschichte Paul’s IH. und der Curie während seiner Regierung, weiterhin aber auch für die allgemeine Kirchengeschichte noch recht bedeutsame Ergebnisse liefern würde. Für die »Nuntiaturberichte« des preufsischen Instituts konnte natürlich dieses Material keineswegs er- schöpft werden; Ergänzungen aus ihm aber sind allen Bänden jener Publi- cation zu Gute gekommen. Schon länger war auch ein Besuch Neapels in Aussicht genommen, dessen Staatsarchiv oder, wie es sich mit Vorliebe und nicht mit Unrecht zu nennen pflegt, »Grande Archivio« die sogenannten Carte Farnesiane, Documente der Familie Farnese, enthält. Ob diese bis in die Zeiten des Begründers des farnesischen Glanzes, des Papstes Paul II., zurückgingen, war allerdings nicht genau bekannt; bislang waren daraus im Wesentlichen nur Documente aus der Zeit Margaretha’s von Parma, der an einen Farnese verheiratheten Tochter Kaiser Karl’s V., und ihres Sohnes des grofsen Feld- 54 W. FRIEDENSBURG: herrn Alessandro Farnese, zum Vorschein gekommen’; aber untersucht mufste der Sachverhalt in jedem Falle werden. Die Ferienmonate reichten dazu jedoch nicht aus; so ging Friedensburg von Rom aus in der letzten Octoberwoche 1889 nach Neapel. Der erste Empfang auf dem dortigen Archiv war nicht sehr verheifsungsvoll; Nuntiaturberichte aus Deutschland seien in den Carte Farnesiane nicht enthalten, lautete die summarische Ant- wort auf eine bezügliche Frage. Immerhin liefs sich Friedensburg einige Fascikel aus der Abtheilung »Roma« vorlegen, war dann aber nicht wenig erstaunt, als hier gleich unter den ersten Documenten, die er zu sehen bekam, eine originale Nuntiaturdepesche aus Deutschland in der Epoche Paul’s III. nach der anderen sich vorfand; es bedurfte nur eines flüchtigen Einblieks in die zunächst vorgelegten Fascikel, um zu erkennen, dafs sich der Hauptstock der politischen Papiere aus dem Pontificat Paul’s III. eben- hier in Neapel in den Carte Farnesiane vorfinde, darunter hunderte von Depeschen aus Deutschland. Die Erklärung für diese immerhin zunächst auffallende Erscheinung lag denn auch nicht fern. Der schon erwähnte Nepot Cardinal Alessandro Farnese, der bei seinem Grofsvater die Stellung des Vieekanzlers der römischen Kirche bekleidete und der päpstlichen Kanzlei vorstand, hat nach einer schon früher an der Curie eingerissenen Unsitte die unter seiner Verwaltung erwachsenen Acten — wir würden sagen: des Auswärtigen Amts — nicht an das Archiv der Curie abgeliefert, son- dern sie nebst der Registratur der letzten Jahre vor seinem Eintritt als sein Privateigenthum behandelt; die ganze Masse ist somit in die farnesi- schen Familienpapiere gelangt, die, lange Zeit am Sitz der farnesischen Macht in Parma aufbewahrt, schliefslich in Folge des Umstandes, dafs der Erbe der Farnese, Karl, der Sohn König Philipp’s V. von Spanien, im Jahre 1735 Parma und Piacenza mit dem Königreich Neapel vertauschte, nach Neapel gelangt sind.” So fanden also hier in Neapel die grolsen Lücken, die die Bestände der Nunziatura di Germania des vaticanischen ! Eine Ausnahme macht eineinzelnes Faseikel der Carte Farnesiane, signirt Nr. 1757, aus dem wichtige Correspondenzen zur Geschichte der Religionsverhandlungen von 1540/41 nicht lange zuvor veröffentlicht waren (s. Zeitschr. f. Kirchengeschichte Ill, 1879, S. 150 fl. und Historisches Jahrbuch I, 1880, S. 330 ff.). ® Vergl. über die Schicksale der Farnese-Papiere die »Notizie riguardanti 1’ archivio Farnesiano ora conservato nell’ archivio di Stato in Napoli« des dortigen Archivars N. Barone, Napoli, d’ Auria, 1898. . = . Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. > Archivs gerade in der Periode Paul’s III. aufweisen, ihre natürliche Er- klärung. Schon die ersten Nachforschungen Friedensburg'’s in diesen unschätz- baren Papieren förderten neben Entwürfen von Gegenschreiben des Vice- kanzlers eine gröfsere Reihe originaler Depeschen des Vergerio zu Tage, vor Allem aber die in Rom vermilsten Documente über die Nuntiatur seines Nachfolgers Morone. Doch waren für den Aufenthalt in Neapel nur einige wenige Tage vorgesehen worden, so dafs Friedensburg lediglich eine kleine Anzahl der sehr umfangreichen Faseikel aus der Rubrik »Roma« verzeichnen konnte; an Abschriftnahme war noch nicht zu denken. Es lag jedoch auf der Hand, dafs vor Durcharbeitung der Farnese-Papiere an die Redigirung des Materials der Jahre 1533 —1539 nicht herangetreten werden konnte; ein längerer Besuch Neapels war daher unumgänglich und wurde durch das Entgegenkommen der Akademischen Commission und die Freigiebigkeit des Ministers im Frühjahr 1890 ermöglicht. Vom 21. März bis zum 10. Mai blieb Friedensburg in Neapel, eifrig bemüht, sich durch den beinahe unerschöpflichen Reichthum der päpstlichen Papiere durch- zukämpfen, welche eine grolse Anzahl aus einzelnen losen Blättern be- stehender, bis zu 30 und selbst 40° hoher, weder in sich geordneter, noch mit Inhaltsverzeichnissen versehener Fascikel bilden." Indem diese Stück für Stück durchgesehen wurden, gelang es, den Haupttheil des einschlä- gigen Materials der dreifsiger Jahre zusammenzubringen und speciell die Documente, die für die Nuntiaturen Vergerio’s und Morone’s in Betracht kamen, mit Hülfe eines Copisten abzuschreiben. Wie schon gesagt, waren die Farnesischen Papiere, ehe man sie nach Neapel brachte, in Parma aufbewahrt worden, und ein Theil davon ist an letzterem Orte verblieben, nicht zwar ein in sich geschlossenes Ganzes, sondern diese Theilung ist offenbar lediglich nach dem Walten des Zu- falls bewerkstelligt worden, der Art, dafs man nicht selten die Beilage oder das Postseript eines in Neapel beruhenden Documents in Parma an- trifft und umgekehrt; ja, es begegnet, dafs von einer mehrere Bogen oder Blätter füllenden Depesche der eine Theil hier, der andere dort sich vor- ! Mittlerweile hat man von Seiten des Archivs begonnen, diese Actenmassen zu ordnen, indem man die Stücke eines jeden Faseikels alphabetisch nach den Absendern (oder Empfän- gern) legt und deren Verzeichnils aufstellt. 56 W. FRIEDENSBURG: findet. Jedenfalls war also auch der Besuch von Parma erforderlich und wurde in den Sommermonaten 1890 ausgeführt. Das königliche Staats- archiv befindet sich in dem alten Palast der Farnese, der sogenannten Pilotta, einem sehr weitläufigen Gebäude, welches aufserdem unter Ande- rem noch ein farnesisches Amphitheater, die Stätte vergangener Lustbar- keiten, und die an Handschriften und Büchern reiche Bibliotheca Palatina sowie interessante Sammlungen an Resten aus der Römerzeit und die schöne Bildergalerie mit den Werken eines Correggio, Parmigianmo u. s. w. ent- hält. Gegenüber dem mühsamen Suchen in Neapel war es eine angenehme Überraschung, hier in Parma das ganze Material des sogenannten Carteggio Farnesiano in trefflicher chronologischer Ordnung vorzufinden. Der Car- teggio beginnt mit einem kleinen Faseikel, welcher Fragmente aus der Zeit vor der Thronbesteigung des Farnese-Papstes enthält; dann setzen die Documente aus der Kanzlei des letzteren ein, durchweg Correspondenzen sowohl mit den Verwaltungsbeamten der Curie wie mit den Nuntien in den verschiedenen Ländern der Christenheit. Auch von hier hat somit die Publication der Nuntiaturberichte aus der Epoche Paul’s III. einen erheb- lichen Gewinn gezogen; das Nähere ist in den Einleitungen zu den ein- zelnen Bänden nachzulesen. Es versteht sich, dafs inzwischen auch die im Vaticanischen Archiv begonnenen Arbeiten nicht ruhten. Neben einigen kleineren Rubriken und einzelnen in Betracht kommenden Bänden nahm Friedensburg ins- besondere die ersten hundert Bände der wichtigen Abtheilung »CGoneilio di Trento« durch, wofür die erforderliche specielle Erlaubnifs des Cardinal- archivars bereitwillig gewährt wurde. Ferner wurde auf der Vaticanischen Bibliothek vornehmlich eine Reihe von Codices aus der Verlassenschaft des schon mehrfach erwähnten Girolamo Aleandro behandelt, dessen Do- eumentensammlungen zum Theil mit dem Archiv vereinigt worden, theil- weise aber auch in die Bibliothek gelangt sind. An der Bibliothek fun- girte damals noch als erster Custode — neben dem deutschen Jesuitenpater Johannes Bollig, zweitem Custoden, der seinen Landsleuten stets auf das Liebenswürdigste entgegenkam — Monsignore Stefano Ciccolini, der wenig später (1839) durch den bekannten Gelehrten Monsignore Isidoro Carini ersetzt wurde. Von diesen drei Herren weilt heute keiner mehr unter den Lebenden; das Institut, dessen Arbeiten sie Alle sich stets förderlich er- wiesen haben, behält sie in dankbarer Erinnerung. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. £ Manches boten für die Bearbeitung der Nuntiaturberichte auch die er- wähnten reichen Handschriftensammlungen der Bibliotheken Chigi und Bar- berini, von denen die letztere ohne jede Formalität jedem Forscher offen steht, während für die Chigiana die freilich stets in liebenswürdigster Weise ertheilte Erlaubnils des Hauptes der Familie, des Fürsten Mario Chigi, jährlich auf’s Neue eingeholt werden mufs. Die beiden Bibliotheken sowie die ebenfalls nicht ganz ohne Erfolg besuchte Biblioteca Corsiniana gehören zu jenen während des 17. und 18. Jahrhunderts in Rom ent- standenen Handschriftensammlungen, die vorwiegend von den durch das Papstthum eines der Ihrigen zu hervorragender Bedeutung gelangten römi- schen Familien angelegt wurden. »Den Grundstock bildete« — so charak- terisirt Pieper! treffend diese Bibliotheken — »jedesmal ein guter Theil der Staatsschriften, welche die herrschenden Nepoten den fürstlichen Häusern ihres Namens aus ihrer Amtsführung hinterliefsen. Die so begonnenen Sammlungen wurden dann durch Copien von Actenstücken früherer und späterer Zeiten erweitert.« So bewahrt die Barberniana ein reiches Material zur Geschichte des Papstthums Maffeo Barberini's (Papst Urban’s VII., 1623 —1644), die Chigiana aus dem Pontificat Flavio Chigi’s (Papst Alexan- der’s VII, 1655 — 1667) u.s. w. Für die Arbeiten des Instituts handelte es sich allerdings nicht um diese originalen Bestandtheile jener Sammlun- gen, sondern um die Abschriften aus früherer Zeit, die manche Lücke des Vaticanischen Archivs ausfüllten; doch fehlt es auch nicht ganz an Stücken originalen Werthes aus dem 16. Jahrhundert, die durch Vererbung, Kauf oder auf anderen, kaum noch zu verfolgenden Wegen an diese Stellen gelangt sind; das "habent sua fata libelli’ gilt nirgendswo mehr als für die in Rom entstandenen Handschriften. Wir kehren nun zu den Sendboten der preufsischen Provinzen zurück, die insgesammt mit dem lebhaftesten Eifer an die ihnen zugewiesenen Auf- gaben herantraten und bald, zuförderst auf Grund der Aufzeichnungen des Instituts und dann, wie erwähnt, der ihnen zugänglich gemachten Archiv- inventare, eine grölsere Zahl von Stücken für die Geschichte ihrer engeren Heimat u. s. w. notiren konnten. Aber es stellte sich trotzdem eine ge- wisse Enttäuschung ein, der Rückschlag auf vielleicht zu hoch gespannte A. Pieper, Die Legaten und Nuntien in Deutschland, Frankreich und Spanien I, S. 126 f.; vergl. Ranke, Geschichte der Päpste, Vorrede S. VIILf. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. T. 8 58 W. FRIEDENSBURG: Erwartungen. Diese Erscheinung hatte ihren Grund wohl vornehmlich in einem Umstand, der überhaupt meist Ursache ist, wenn man gelegentlich dem Urtheil begegnet, dafs die nähere Bekanntschaft mit dem Vaticanischen Archiv die Erwartungen, die man bei dessen Eröffnung gehegt, nicht ganz befriedigt habe: ich meine das Fehlen des Haupttheils der während des ganzen Mittelalters an die Curie gerichteten, bei ihr eingegangenen Schrift- stücke. Hiervon hat sich kaum mehr erhalten als die oben erwähnten, nur einige tausend Stück zählenden Originalurkunden, die in den »In- strumenta Miscellanea« und dem vormaligen Archivio di Castello (Archiv der Engelsburg) bewahrt werden. Man hat eben an der Curie auf die Aufbewahrung der Einläufe keinen Werth gelegt, da das praktische Inter- esse, nieht das der Geschichte mafsgebend war. Abgesehen von den der Kirche gemachten Schenkungen und Verleihungen von Kaisern und Königen u. s. w., deren Beurkundungen naturgemäls sorgfältig bewahrt wurden, hielt man es im Allgemeinen für ausreichend, dafs die ausgehenden Ver- fügungen und Gnaden in die Register eingetragen würden, damit die Öurie jederzeit genau wisse, was sie verfügt und bewilligt habe; der Schriften- wechsel aber, der zu jenen Acten geführt, wurde als erledigt angesehen und vernichtet; ja, dieses Schicksal hat selbst, was ganz besonders zu be- klagen ist, die diplomatischen Berichte der Sendboten der Gurie, der Vor- läufer der späteren Nuntien, an denen es doch auch im Mittelalter nicht gefehlt hat, betroffen. Vom 14. Jahrhundert ab haben sich andererseits freilich die der Curie eingereichten Suppliken erhalten, zwar nieht im Original, aber doch abschriftlich zu Registerbüchern vereinigt. Indess die grolse Masse der letzteren befand sich noch aufserhalb des Geheimarchivs und war im Allgemeinen nicht zugänglich. Doch würde es auch den Abgesandten der Provinzen, falls wenigstens ihr zunächst höchstens einjähriger Auftrag nicht auf weitere Jahre erstreckt wurde, nicht viel geholfen haben, wenn ihnen jene langen Reihen von Registerbänden zur Verfügung gestanden hätten; die Zeit hätte es nicht erlaubt, sie auszubeuten. Schon die im engeren Sinne als päpstliche Re- gister bezeichnete Serie der Bullenbände bot durch ihren Umfang einer beschleunigten Erforschung unüberwindliche Hindernisse dar'!, zumal für ! Man muls eingedenk bleiben, dafs das Vaticanische Archiv nur neun Monate des Jahres überhaupt zugänglich ist. In diesen drei Vierteljahren aber fallen zunächst alle Donnerstage aus, wo das Archiv stets geschlossen ist; dazu kommen alle kirchlichen Fest- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 59 das spätere Mittelalter, wo ihre Ergiebigkeit für die deutsche Provinzial- und Loealgeschichte allerdings keinem Zweifel unterliegt. Leider erlaubten es auch die den einzelnen Vertretern mitgegebenen Instruetionen nicht, ihre Arbeiten in der Weise zu vereinigen, dafs sie sich in die Masse getheilt und jeder einen Theil für Alle bearbeitet hätte. Es blieb unter diesen Umständen kaum etwas Anderes übrig, als Einzelnes herauszugreifen, was ja an und für sich auch nicht nutzlos war, aber doch dem ursprünglichen Plan einer systematischen Ausbeutung des Vaticanischen Archivs für die Geschichte des betreffenden Landestheiles nicht eben entsprach. Freilich wären zur Erfüllung dieses Zweckes auch umfassendere Vorarbeiten erforder- lich gewesen, zumal hätten sich die Einzelnen die genaueste Kenntnils dessen, was die heimischen Archive an entsprechenden Documenten — besonders an päpstlichen Originalen — boten, verschaffen müssen. Nun wäre wohl noch übrig geblieben, das Mittelalter zu verlassen und sich der neueren Zeit zuzuwenden, aus der ja in immer zunehmendem Umfang die Einläufe (Fürstenschreiben u. s. w.) vorliegen und vor Allem die Berichte der Nuntien aus den verschiedenen Ländern eine unerschöpfliche Fülle von Mittheilungen über die letzteren bieten. Aber das trifft doch höchstens die katholisch gebliebenen Landschaften, während für diejenigen, die sich damals von der alten Kirche abgewandt also von den zur Zeit in Frage kommenden Landestheilen Brandenburg und die freie Stadt Bremen — der Verkehr mit der Curie in der neueren Zeit so gut wie gänzlich ab- gebrochen, zusammenhängender Stoff für deren Geschichte im Archiv der Curie also nicht zu erwarten war. Bei dieser Lage der Dinge mufste sich der Sendling der Provinz Brandenburg, Kretzschmar, der vom November 1889 bis zum Juni 1390 und sodann wieder vom October 1890 bis zum Januar 1891 in Rom arbeitete, fast durchaus auf das Mittelalter beschränken; im Ganzen gewann er reich- lich vierhundert noch ungedruckte Stücke zur brandenburgischen Provinzial- geschichte, der Hauptsache nach Pfründen- und Gnadensachen, die er wäh- rend des Sommers 1890 noch aus oberitalienischen Archiven zu ergänzen und vaticanischen Gedenktage und endlich die Weihnachts-, Faschings- und Osterferien. Im Durchschnitt ergeben sich für die Woche kaum mehr als vier Arbeitstage, also für jene 5 5 J 39 Wochen rund 160 Arbeitstage a 34 Stunden — 560 Arbeitsstunden, wogegen beispiels- weise die preulsischen Staatsarchive rund 300 Arbeitstage a 5 Arbeitsstunden, also 1500 Arbeits- stunden jährlich haben. g* 60 W. FRIEDENSBURE: bestrebt war. Nach Ablauf seines Auftrages sandte er seine Excerpte der Provinz ein und erbot sich, diese Materialien zusammen mit allen bisher bekannten päpstlichen Urkunden u. s. w. für Brandenburg in Regestenform zu veröffentlichen, um so ein möglichst vollständiges Bild der Beziehungen der Marken zur Uurie während des Mittelalters zu gewinnen; doch ist diese Veröffentlichung bisher noch nicht zu Stande gekommen. Sehr beschränkt war die Zeit, während welcher der erwähnte bremi- sche Stadtarchivar von Bippen in Rom verweilen konnte: sein Aufenthalt hier umfalste nur die viertehalb Monate vom Anfang des Januar bis Mitte April 1890, von welcher Zeitdauer noch die Faschings- und Osterferien des Vaticanischen Archivs abzurechnen sind. Dafür hatte von Bippen den Vortheil der erwähnten Vorarbeit Schellhafs’. So gelang es ihm, insbe- sondere aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, d.i. aus der Epoche der Bremer Erzbischöfe Johannes I. Grand und Burchard II. Grelle (1308 bis 1344) interessante Stücke zu gewinnen; aufserdem bot eine päpstliche Specialmission an einen der Erzbischöfe des 16. Jahrhunderts willkommenes Material. Das Ganze soll in Kürze, voraussichtlich als Anhang zum bre- mischen Urkundenbuch, welches von Bippen bearbeitet, herausgegeben werden. Günstiger gestalteten sich die Arbeiten in Rom für Ehrenberg, der für katholisch gebliebene Landestheile zu sammeln hatte und daher den Schwerpunkt seiner Thätigkeit in die neuere Geschichte verlegen durfte. Wie er angiebt, vermochte er im Vatican rund zweitausend auf Posen be- zügliche Stücke nachzuweisen, von denen indefs nur etwa der zehnte Theil als mittheilenswerth und noch ungedruckt oder nicht schon durch die am Vatican arbeitenden polnischen Forscher für ihre Veröffentlichungen reser- virt, in Betracht kam.” Er vermehrte dieses Material noch aus den Hand- schriften der Bibliothek Chigi in Rom sowie aus den Documenten der ! Der Landeshauptmann von Ostpreulsen hatte den ausdrücklichen Wunsch ausge- sprochen, Angesichts der Unmöglichkeit einer völligen, gleichmälsigen Durcharbeitung des Vaticanischen Archivs hauptsächlich solche Zeitabschnitte in’s Auge zu fassen, in welchen eine beträchtliche. auch weitere Kreise interessirende Einwirkung des Papstthums auf Ost- preulsen mit Sicherheit festgestellt oder zu erwarten sei. Auch für seine Forschungen zur Geschichte Posens nahm Ehrenberg dies zur Richtschnur. ® Was Ehrenberg an Citaten und Nachweisen nicht in der eigenen Publication ver- werthete, hat er hernach handschriftlich dem Landeshauptmann von Posen übergeben (s. den Schluls der Vorrede zu dem in der zweitnächsten Anmerkung erwähnten Werke). Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 61 während des Sommers 1890 von ihm besuchten Staatsarchive von Florenz, Siena,' Venedig und eines Sieneser Privatarchivs, welchem er interessante Reiseberichte eines Sienesen aus dem Ende des 17. Jahrhunderts entnahm. Im Ganzen brachte er auf diese Weise dreihundert Stücke zusammen, die er — im Auftrage der Provinz — 1892 als eigene Publication herausgab.” Hier fallen auf das Mittelalter nur elf Nummern, auf das 16. Jahr- hundert bis 1561 siebenzehn; der Haupttheil, mehr als die Hälfte des Ganzen, gehört den Jahren 1564— 1578 an und bezieht sich auf die Be- mühungen der Curie, unter Mitwirkung von Hosius, Commendone, Martin Kromer und Adam Konarski dem zunehmenden Abfall in Polen entgegen- zutreten. Aus dem Ende des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahr- hunderts erhalten wir wiederum nur Vereinzeltes, ebenso aus der Zeit von 1700-—1775; mehr ist aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts bei- gebracht; einer gröfseren, in sich zusammenhängenden Materialgruppe aber begegnen wir erst wieder im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts: es sind im Wesentlichen Nuntiaturberichte aus den Zeiten des Untergangs der Re- publik Polen. Drei Jahre nach der Veröffentlichung der italienischen Reisefrüchte über Posen gab Ehrenberg ferner »Italienische Beiträge zur Geschichte der Provinz Ostpreulsen« heraus.” Auch für die letztere hatte er sich fast gänzlich auf die neuere Zeit, die Ausbeutung des Archivs des Cardinal- staatssecretärs, concentrirt. »Hätte ich«, sagt Ehrenberg im Vorwort gewils richtig, »wie mir angerathen worden war, mich auf die Bullen- register beschränkt, so hätte ich einige Ergänzungen zu den bisherigen Veröffentlichungen mittelalterlicher Urkunden erlangt, hätte aber kaum mehr als hundert oder zweihundert Bände bewältigen können, einen Tropfen im ! Als Nebenarbeit fertigte Ehrenberg damals Übersichten über den Gesammtinhalt der Staatsarchive von Florenz und Siena (nach deren Inventaren) an, welche Arbeiten er später an das römische Institut gelangen liels. ?® Urkunden und Actenstücke zur Geschichte der in der heutigen Provinz Posen ver- einigten ehemals polnischen Landestheile. Im Auftrage des Provinzialausschusses der Provinz Posen in italienischen Archiven und Bibliotheken, vornehmlich dem Vaticanischen Archiv ge- sammelt und herausgegeben von H. E. Leipzig, Veit & Co., 1892, LIX, 700 S. Sämmt- lichen Stücken ist auf Geheils der Provinz eine deutsche Übersetzung beigegeben worden. ® „Im Auftrage des Provinzialausschusses der Provinz Östpreulsen in italienischen Hand- schriftensammlungen, vornehmlich dem Vaticanischen Archiv gesammelt und herausgegeben von H. E.« Königsberg, Beyer, 1895, XXXIX, 212 S. 62 W. FRIEDENSBURG: Meere des vaticanischen Archivs! Sicherlich wäre damit kein wesentlicher Dienst der heimischen Geschichtswissenschaft erwiesen worden, welche neue Anregungen von der Romreise erwartete, welche aber auf die Vermehrung der Zahl der Pfründenverleihungen und Indulte keinen ausschlaggebenden Werth legen konnte.« Auch die Geschichte des Deutschordens in Preufsen blieb im Allgemeinen aufserhalb der Aufgabe, auf Grund einer Anweisung des Landeshauptmanns, dafs die Geschichte und die Verhältnisse jenes Ordens höchstens so weit heranzuziehen seien, als sie für die Provinz Ost- preufsen von Interesse seien. Die Veröffentlichung Ehrenberg’s gründet sich daher, soweit das Vaticanische Archiv in Betracht kommt, wesentlich auf die Lettere di prineipi und die Nunziatura di Polonia, welche beiden Abtheilungen Ehrenberg allerdings auch nicht systematisch durchging, wozu wiederum die Zeit nicht ausgereicht haben würde; sondern er schnitt sie an solchen Stellen an, wo, sei es auf Grund der allgemeinen Kenntnils der Dinge oder nach speciellen Anhaltspunkten, ein reicherer Ertrag zu er- hoffen war. Recht hübsche Beiträge lieferte dann aber besonders noch das Florentiner Staatsarchiv: z.B. Berichte eines in Rom verweilenden Preulsen, des Truchsefs von Wetzhausen, an den Grofsherzog von Toscana (1629 bis 1632) und eine Denkschrift über ein polnisch-schwedisches Bündnifs vom Jahre 1678: auch mehrere Finalrelationen venetianischer Gesandten über Polen, dem Staatsarchiv der Marcusstadt entnommen, sind für die Publi- cation excerpirt worden. Im Ganzen bringt diese gegen zweihundert Num- mern, davon fallen nur vierzehn vor 1555; den Haupttheil bilden wiederum, wie in der Parallelpublication über Posen, Briefe und Berichte des Hosius, Commendone, Kromer u. A. aus dem Beginn des Zeitalters der Gegenrefor- mation, woran sich weiterhin Material über die Beziehungen der Nach- folger des Hosius auf dem Ermländer Bischofsstuhl zu der römischen Curie anschliefst. Aus der späteren Zeit ist besonders interessant eine Denk- schrift des Nuntius Garampi in Warschau über den bekanntlich von der Curie lange Zeit hindurch nicht anerkannten preufsisehen Königstitel (1774); ferner verdient Hervorhebung die mit verschiedenen zugehörigen Denk- schriften u. dergl. etwa fünfzig Nummern zählende amtliche Correspondenz des Nachfolgers Garampi’s, des Nuntius Archetti, aus den Jahren 1779 bis 1782: den Schlufs bilden drei Stücke von 1800. Wie man schon aus dieser flüchtigen Übersicht entnehmen wird, stellen die beiden Publieationen Ehrenberg’s einen erheblichen Gewinn für die Kenntnifs der Beziehungen Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 6: dar, welche die römische Curie vom 16. bis 18. Jahrhundert zu den Pro- vinzen Posen und Ostpreulsen unterhalten hat. Endlich ist noch der Erträgnisse der Arbeiten des westpreulsischen Delegirten Damus zu gedenken. Dieser arbeitete von Mitte October 1839 bis Anfang März 1890 in Rom, um dann seine Studien für kurze Zeit in Florenz und Venedig fortzusetzen. Vornehmlich befafste er sich mit der Periode des ausgehenden Mittelalters, unter Zugrundelegung der Register der Päpste Nicolaus’ V., Pius’ I. und Paul’s II. (also der Jahre 1447 — 1455, 1458 — 1471); daneben mit der Zeit Gregor's XII. und des Cardinals Hosius. Ergänzungen zu den vaticanischen Acten entnahm er dem römi- schen Staatsarchiv und der Barberiniana. Zu einer Verarbeitung und Ver- öffentlichung des erforschten und theils abgeschriebenen, theils excerpirten Materials ist es bisher nicht gekommen. Der Erfolg der Arbeiten und Forschungen der einzelnen Delegirten war demnach ein verschiedener. Als allgemeines Ergebnifs des ganzen Unternehmens für die deutsche territoriale Geschiehtsforschung am Vatican wird man die Erfahrung bezeichnen dürfen, dafs zwar ein sehr reichhaltiges und theilweise auch wichtiges Material zur Local- und Territorialgeschichte des Deutschen Reiches im Vaticanischen Archiv vorliege; dafs aber, um dieses in einer Weise auszubeuten, welche die Gewähr gebe, dafs der Nutzen im richtigen Verhältnifs zu den erforderlichen Aufwendungen stehe, andere Wege eingeschlagen werden mülsten. Dieses Facit zog wenigstens der Seecretär des Instituts aus dem Erfolg jener Provinzialforschung, und als damals von Seiten der Städte Hamburg und Frankfurt a. M. Anfragen über vaticanisches Material zu deren Geschichte an ihn ergingen, beant- wortete er diese in einer Weise, dafs die beiden Städte von Entsendung specieller Beauftragter absahen. Der einmal angeregte Gedanke aber, die Forschung am Vatican auch in den Dienst der deutschen Territorialgesehichte zu stellen, war damit, wie wir bald sehen werden, keineswegs abgethan. Bevor man jedoch daran ging, nach dieser Richtung hin andere Wege einzuschlagen, wurde, wiederum auf Anregung Schottmüller’s, der Ver- such unternommen, eine Sonderbearbeitung derjenigen Archivalien herbei- zuführen, welche in die Fächer der Geographie sowie der Militärwissen- schaften einschlagen. Sehottmüller hatte, wie schon erwähnt, für diese beiden Disciplinen von Anfang an Alles notirt, was ihm bei seinen For- schungen aufstiels. Das Verzeichnifs seiner Geographica sandte er dann 64 W. FRIEDENSBURG: unter dem ı2. Februar 1890 an die Akademische Commission, begleitet von (dem Antrag, das Material daraufhin zu prüfen, ob zu dessen Aus- nutzung die Abordnung eines speciell für die Geschichte der Erdkunde vorgebildeten Gelehrten vom Minister erbeten werden möge. Übrigens meinte er, dafs seine Notizen sich noch an anderen Stellen, besonders aus dem Archiv der Congregation de propaganda fide, sehr beträchtlich würden erweitern und vermehren lassen. Die Akademische Commission legte nicht nur die Aufzeichnungen Schottmüller’s dem Minister vor, sondern der Umstand, dafs sich darunter insbesondere eine beträchtliche Anzahl von Notizen befand, die die Entdeckungsgeschichte Amerikas betrafen, diente auch einem von H. von Sybel angeregten Gedanken zur Stütze, eine Fest- schrift zur vierhundertjährigen Jubelfeier der Entdeckung Amerikas zu ver- anlassen. Das Ministerium versagte sich dieser Anregung nicht und der mit jener Aufgabe betraute und mit einem Reisestipendium versehene Ge- lehrte, Dr. Conrad Kretzschmar, wurde zuförderst nach Italien geschickt und angewiesen, sich in Rom zur Förderung seiner Studien mit dem histo- rischen Institut in Verbindung zu setzen. Einen noch unmittelbareren Erfolg hatte eine andere Eingabe, welche Schottmüller, gleichzeitig mit Einsendung seiner Geographica, an den Chef des preufsischen Generalstabes, General der Cavallerie Grafen von Waldersee, richtete, um diesen zu veranlassen, auf Grund der mitgesandten Notizen über kriegsgeschichtliches Material des Vaticanischen und anderer italienischer Archive zum ı. October einen fachmännisch gebildeten Officier nach Rom zu commandiren, um »diese und zahlreiche andere, für die Ent- wickelung des Kriegswesens bedeutungsvollen Schätze zu heben«. In Folge dieser Eingabe fand sich dann im nächsten Winter ein Officier vom Grofsen Generalstab, der damalige Major, jetzt Generalmajor z. D. Bigge, in Rom ein, wo er, von den Notizen Schottmüller’s ausgehend, über den von der Republik Venedig um den Besitz der Insel Candia von 1645 —ı669 ge- führten Krieg wider die Türken und über die kriegerischen Verwickelungen zwischen Papst Clemens XI. und Kaiser Josef I. (1708/9) arbeitete." ! Aus diesen Studien ist die Schrift des Genannten hervorgegangen: »Der Kampf um Candia in den Jahren 1667 —1669«, die 1899 als Heft 26 der »Kriegsgeschichtlichen Einzel- schriften, herausgegeben vom Grolsen Generalstab, Abtheilung für Kriegsgeschichte«, (Berlin, E. Mittler & Söhne, IV, 227 S.) erschien. Die Schrift gründet sich speciell auf die Berichte des päpstlichen Admirals Vincenzo Rospigliosi, die dem Vaticanischen Archiv entnommen sind. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 65 Indem Sehottmüller dergestalt bemüht war, der vaticanischen Ge- schichtsforschung in Anlehnung an das preufsische Institut neue Wege zu bahnen, erschwerte es ihm selber bedauerlicherweise sein Befinden, in so reger Weise, wie er es gewünscht hätte, an den Publicationsarbeiten des Instituts sich zu betheiligen. Von Natur zu Fiebern neigend, hatte er sich, wohl in Folge des Aufenthalts in dem feuchtkühlen, sonnenlosen, unter dem Niveau der Strafse gelegenen Arbeitslocal des Archivs, das klima- tische Fieber, die Malaria, zugezogen, die ihn dann nicht wieder losliels, sondern, in stets erneuten Anfällen wiederkehrend, ihm den regelmäfsigen Besuch des Archivs zur Unmöglichkeit machte. Doch liefs im Übrigen Schottmüller nicht ab, den mancherlei Anforderungen, die an ihn gestellt wurden, mit Hingabe und Eifer zu entsprechen. Viel Mühe und Arbeit kosteten von Anfang an die im Interesse der Gelehrten in der Heimat unternommenen, dem Institut, wie wir wissen, durch sein Statut auferlegten Forschungen. In dem Institut sollte ja eine Auskunftsstelle, eine Art wissenschaftlichen Consulats, geschaffen werden, dureh welches deutsche Forscher auf Anfragen unentgeltliche Auskunft und bei ihren Arbeiten in Rom selbst Unterstützung und Förderung fänden.' Von diesen Bestimmungen wurde gerade in der ersten Zeit ausgiebiger Gebrauch gemacht. Laut eines Berichts, den der Secretär gegen Ende des Jahres 1889 erstattete, war in diesem Jahre in 37 Fällen »allgemeine Aus- kunft« über die wissenschaftlichen Verhältnisse in Rom erbeten und, soweit möglich, auch ertheilt worden; 64 Personen hatten persönliche Einführung nachgesucht theils in gelehrte, theils auch — in Verkennung der Zwecke der historischen Station — in künstlerische Kreise, welchem Verlangen man gleichwohl, wenigstens Anfangs, ebenfalls zu entsprechen versucht hatte. Für mehr oder minder wissenschaftliche Arbeiten ferner war nicht weniger als 176 Mal die Vermittelung des Instituts in Anspruch genommen und auch in 153 Fällen gewährt worden, so zwar, dafs 41 der ge- wünschten Nachforschungen, Collationirungen u. s.w. von den Mitgliedern der Station selbst besorgt, für den Rest geeignete Hülfe beschafft worden war, meist durch Abschreiber, deren Copien allerdings die Mitglieder zum guten Theil collationirt hatten. Dergestalt hatte sich die Errichtung der ! Vergl. zum Folgenden auch den 2. Bericht der Akademischen Commission in den Sitzungsber. d. Königl. Preuls. Akad. d. Wiss. vom 23. Januar 1890. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. TI. 9 66 W. FRIFDENSBURG: Station für eine grolse Anzahl deutscher wissenschaftlicher Unternehmungen auf historischem Gebiet förderlich erwiesen; unter diesen begegnen die Monumenta Germaniae historica, die Reichstagsaeten beider Serien, die Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit, die Publicationen aus den preulsi- schen Staatsarchiven, neben landschaftlichen Publicationen und zahlreichen privaten Forschern. Dafs die preufsische Station in der Unterstützung von Unternehmungen wissenschaftlichen Charakters so weit ging, wie es ihre Kräfte irgendwie gestatteten, versteht sich von selbst; abgelehnt wurde die Hilfeleistung im Allgemeinen nur in solchen nicht ganz seltenen Fällen, wo man die Zumuthung stellte, das gesammte vaticanische oder sonstige Material für einen bestimmten Vorwurf, etwa eine Biographie, dem Be- arbeiter zusammenzustellen und ihm wohlgeordnet zu übersenden, also eine integrirende Vorarbeit für die beabsichtigte Darstellung zu liefern. Hernach, als die Freigebung der wichtigeren Archivinventare auch ein derartiges Forschen erleichterte, hat man sich wohl auch in Fällen, wie den besprochenen, mehr entgegenkommend als versagend erwiesen, wie- wohl sich allerdings keine Bürgschaft dafür übernehmen liefs, das Vati- canische Archiv für das betreffende Thema absolut erschöpft zu haben. Prineipiell konnte aber und kann eine so weitgehende Verpflichtung nicht anerkannt werden; das Institut ist nur gehalten, dem Forscher in der Heimat auf Anfrage zuverlässige Auskunft zu ertheilen, ob in den römi- schen Archiven und Handschriftensammlungen über einen bestimmten Gegenstand Material auffindbar oder bestimmt bezeichnete Documente vor- handen sind, die Anfertigung von Abschriften bestimmt bezeichneter Stücke zu vermitteln (und, soweit erforderlich, zu überwachen) sowie eingesandte Abschriften geringeren Umfanges mit römischen Vorlagen zu collationiren. Aulserdem versteht es sich lediglich von selbst, dafs das Institut seine eigenen Sammlungen allen ernsten Forschern unbedingt zur Verfügung stellt und seine Erfahrungen gern einem Jeden mittheilt. Ein Übelstand, über den der im Januar 1890 erstattete zusammen- fassende Hauptbericht des Secretärs lebhaft Klage führt, war die »massen- hafte, oft ganz planlose Zuweisung von gelehrten und oft recht ungelehrten Vergnügungsreisenden, besonders aber von Touristengelehrten, Leuten, die in sechs bis acht Wochen Italien kennen lernen wollen und gleichzeitig durch Inanspruchnahme des Gesandten oder hiesiger deutscher Autoritäten sich schnell Einblick in eine grofse Reihe Archive verschaffen, und wenn Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 67 sie, wie naturgemäfs, in wenig Stunden das irrig dort Vorausgesetzte nicht finden, ihrem Unmuth über Mangel an Ordnung in indisereter und oft so ungerechtfertigter Weise Ausdruck geben, dafs dadurch die hier sefshaften Forscher, die im Interesse ihrer Studien mit den Archivbeamten der Kirche und des Staates ein gutes Verhältnifs aufrechterhalten wollen und müssen, in recht schlimme Verlegenheit gerathen«. Es sei daher, meint Schott- müller, denen, die zur Benutzung der Archive nach Rom kommen, an- zurathen, die thatsächlich herrschenden Verhältnisse mehr zu berücksich- tigen; gehöre es doch fast zum guten Ton, sich über Beschränkung der Arbeitszeit, mangelhafte Zugänglichkeit und Ähnliches aufzuhalten, wobei man gänzlich aufser Augen lasse, dafs doch auch in der Heimat die Be- nutzung der staatlichen Archive nicht nach den Bedürfnissen und Wünschen der fremden Reisenden, sondern nach denen der Staatsangehörigen einge- richtet sei. Speciell seien auch in Rom die klimatischen Verhältnisse in Anschlag zu bringen, denen besonders im Interesse der dauernd anwesen- den Beamten Rechnung getragen werden müsse. Es mufs hervorgehoben werden, dafs sich zur Wiederholung solcher oder ähnlicher Klagen für das Institut später kaum noch Anlafs gefunden hat. Im Übrigen kommen wir weiterhin auf die im Interesse anderer am Institut betriebenen Forschungen zurück; hier haben wir es zunächst ja noch mit den Anfangsjahren zu thun. Nur langsam wuchs die Bibliothek des Instituts heran. Bei ihrer An- lage wurde danach gestrebt, erstens die Litteratur über das Vaticanische Archiv und andere wichtigere italienische Archive und Bibliotheken mög- liehst vollständig zu erhalten, und zweitens das nöthige litterarische Hand- werkszeug für die vom Institut geplanten Publicationen, insbesondere an allgemeiner Kirchengeschichte und Geschichte Deutschlands im 16. Jahr- hundert, zu gewinnen; von Anschaffung besonders kostspieliger Werke mufste dabei allerdings in Anbetracht der Finanzlage abgesehen werden: doch gelang es, dank einer aufserordentlichen Zuwendung des Ministers, die Annales eeclesiastici des Baronius mit den Fortsetzungen des Raynaldus und Theiners zu beschaffen sowie einige Zeitschriften zu halten. Im Ganzen zählte die Bibliothek am Ende des zweiten Arbeitsjahres (Sommer 1890) nicht mehr als 183 Werke, wovon ihr etwa 60 als Geschenke zugekommen. für die übrigen aber — einschliefslich Transportspesen, Kosten des Ein- bindens u. s.w. — rund 2000 Mark verausgabt worden waren. g* 68 W. FRIEDENSBURG: Nach dem Schlufs des Vaticanischen Archivs, Ende Juni 1890, zer- streuten sich die Angehörigen des Historischen Instituts, um in der Mehr- zahl an anderen Orten Italiens ergänzenden Studien obzuliegen. Die Pro- vinzialforscher kehrten dann in die Heimat zurück, abgesehen von dem brandenburgischen Deputirten Kretzschmar, der, wie schon oben erwähnt, vom October bis December 1890 in Rom nochmals Aufenthalt nahm. Er führte während dieser Monate seine brandenburgischen Studien weiter, be- gann daneben aber auch, von Hansen angeregt, sich mit dem Material zur antienglischen Politik Papst Gregor’s XIII. zu beschäftigen. Aus diesen Studien ist hernach eine eigene Schrift über »Die Invasionsprojecte der katholischen Mächte gegen England zur Zeit Elisabeth’s« hervorgegangen." Unter denen aber, die nieht mehr an das Institut zurückkehrten, befand sich auch Schottmüller. Zuerst waren es die geschilderten, ungünsti- gen Gesundheitsverhältnisse gewesen, die bei ihm den Gedanken an die Rückkehr nach Deutschland hatten aufkommen lassen; aber auch die Inter- essen der in Berlin zurückgebliebenen Familie, besonders die Erziehung der heranwachsenden Kinder, mufsten es Schottmüller erschweren, sich noch auf unbestimmte Zeit für das Ausland zu binden. Andererseits lag es sicher- lich nicht im Interesse des Instituts, das doch immer noch in vielen Stücken einen mehr oder minder provisorischen Charakter trug, dafs bereits ein Wechsel in der Leitung eintrete. Schottmüller hat wohl erklärt, er werde nieht vorzeitig die Flucht ergreifen, sondern er sei, wenn es ihm irgend möglich sei, entschlossen, bis zu einer definitiven Organisation bei dem Institut auszuharren. Die Entscheidung erfolgte dann aber im Herbst 1890 durch den Minister: Schottmüller wurde als vortragender Rath in das Unterriehtsministerium berufen, nachdem er noch kurz zuvor, am 9. August d. J., in einer Conferenz mit der Akademischen Commission, der auch der zweite Assistent Hansen, der schon genannte Major Bigge und der als künftiges Mitglied des Instituts noch fernerhin zu erwähnende Dr. Arthur Heidenhain beiwohnten, über seine römische Wirksamkeit und die Lage des Instituts ausführlich Bericht erstattet hatte. Leider war es Schottmüller nicht beschieden, sich in seiner neuen Laufbahn lange zu bethätigen; schon im Frühling 1893 starb er nach ! Leipzig, Duncker & Humblot, 1892, VI, 215 S. (mit Beilagen aus dem Vaticani- schen Archiv). Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 69 Früher schon, noch in den Zeiten seiner Anfänge, hatte das Institut den Verlust eines der Mitglieder der Akademischen Commission zu betrau- ern gehabt. Am 3. September 1889 war Julius Weizsäcker gestorben. Weizsäcker hatte sich, wie erwähnt, schon an der Eingabe betheiligt, in welcher die Historiker der Akademie der Wissenschaften in Berlin zu- erst auf die Errichtung eines historischen Instituts in Rom gedrungen hatten. Als er diesen Zweck erreicht sah, hatte Weizsäcker nicht auf- gehört, der jungen Gründung sein Interesse und, als Mitglied der Akademi- schen Commission, seine thatkräftige Mitwirkung zu ihrem Gedeihen zu ge- währen. In der Akademischen Commission trat etwas später Max Lenz, seit Ostern 1890 ordentlicher Professor an der Berliner Universität, an Weizsäcker’s Stelle. 4. Das dritte und vierte Arbeitsjahr 1890 —1892. Dem unvermuthet schnellen Rücktritt Schottmüller's gegenüber befanden sich Ministerium und Akademische Commission in einer gewissen Verlegenheit, da es nicht leicht war, sofort Ersatz zu schaffen und einen Gelehrten zu finden, der unabhängig genug war, um die Stellung in Rom ohne Zeitverlust zu übernehmen. Die Wahl fiel dann auf den Dr. phil. Ludwig Quidde aus Bremen, der seine Universitätsstudien in Göttingen bei Weizsäcker gemacht hatte! und auf Veranlassung des letzteren dort bei der Herausgabe der »Deutschen Reichstagsaeten« eingetreten war.” Ihm war hier zunächst die Aufgabe zugewiesen worden, die Zeit Kaiser Friedrich’s III. in Bearbeitung zu nehmen, nachdem er durch kurze Be- schäftigung in der Periode König Ruprecht’s, die damals zur Ausarbeitung stand, in die Aufgabe eingeführt worden wäre. Er hatte dann aber viel- mehr die Vollendung der Periode Kaiser Sigmund’s übernommen und war ! Er promovirte dort 1881 mit der Dissertation »König Sigmund und das Deutsche Reich 1410— 1419. I. Die Wahl Sigmund’s.«< In den folgenden Jahren veröffentlichte er: Die Entstehung des Kurcollegiums (Frankfurt 1884), und mehrere Studien zur Geschichte des rheinischen Städtebundes in der Zeit König Wenzel’s. ? Über Quidde’s Betheiligung an den »Reichstagsacten« hat er selbst sich in der Vorrede zu dem von Beckmann 1898 herausgegebenen Band XI dieser Publication ein- gehend geäulsert. 70 W. FrRIEDENSBURG: zu diesem Behufe nach München übergesiedelt, wo er gleichzeitig einen Theil seiner Zeit und Arbeitskraft einem andern Unternehmen zuwandte, nämlich der Gründung und Herausgabe der »Deutschen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft«, welche nach seiner Absicht einen Ersatz für die mit dem Jahre 1886 eingegangenen »Forschungen zur deutschen Geschichte« mit zeitgemäfs umgestaltetem Programm bilden sollte.' In dieser Thätigkeit begriffen, erhielt Quidde den Ruf der Akade- mischen Commission, den er nach kurzem Bedenken annahm. Er erhielt den Titel Professor und begab sich Anfang November 1890 nach Rom. Der neue Secretär hatte sich vorbehalten, dafs er die Leitung der Arbeiten an den »Reichstagsaeten« des ı5. Jahrhunderts sowie die Re- daetion seiner Zeitschrift fortführen dürfe, was nun freilich unter Anderem die Folge hatte, dafs Quidde einen grofsen Theil der Arbeitssaison 1891/92 in Deutschland auf Urlaub zubringen mulste. Unter diesen Umständen trug seine Stellung von Anfang bis zu Ende, was Quidde selbst am lästigsten empfand, den Charakter eines Provisoriums. Überhaupt stand Quidde’s Secretariat, wiewohl er mit Eifer und Geschick bemüht war, sich auf dem ihm fremden Gebiet heimisch zu machen, unter keinem sonderlich günstigen Stern.” In der Zeit, da er das Institut leitete, veranlafste ein hernach allerdings friedlich ausge- glichener Grenzstreit mit dem österreichischen Institut, dafs viel Zeit und Arbeit Aufgaben zugewendet wurde, die hernach wegfielen. Im Wesentlichen ergebnifslos war ferner auch die Thätigkeit des Secretärs für ein Unternehmen, das erst, als Quidde bereits Rom wieder ver- lassen hatte, und anders, als er es geplant und betrieben, in’s Leben gerufen wurde. Gleichzeitig mit Quidde trat in den Verband des Instituts ein Vo- lontär in der Person des Dr. phil. Arthur Heidenhain aus Breslau, der seine Studien in seiner Vaterstadt und in Marburg gemacht und an letzterer Hochschule 1886 mit einer aus den Acten des dortigen Staats- archivs geschöpften Abhandlung über die Unionspolitik Landgraf Philipp’s ! Das erste Heft der von Mohr in Freiburg verlegten Zeitschrift erschien 1889. ® Die Zeit seiner Amtsführung hat Quidde selbst unmittelbar nach seinem Rücktritt in einem Aufsatz geschildert, der unter dem Titel »Zwei Jahre am Königlich Preulsischen Historischen Institut in Rom« in der »Allgemeinen Zeitung« vom 5. October 1892, Nr. 277 (Beilage Nr. 233) erschienen ist. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 71 von Hessen promovirt hatte." Nach weiterer Ausdehnung dieser Studien? nahm Heidenhain die akademische Laufbahn in Aussicht, wünschte aber, vor Beginn einer Lehrthätigkeit sich noch auf einem neuen Gebiet zu be- thätigen. Zu diesem Behufe suchte er Anschlufs an das preufsische Institut in Rom. Man entsprach seinen Wünschen, wirkte ihm vom Ministerium ein Stipendium aus und überwies ihm auf Schottmüller’s Vorschlag die Bearbeitung der Nuntiaturberichte aus Deutschland von 1545 — 1555, also für das letzte Decennium der Periode Karl’s V. Da indefs in der Folge Friedensburg auf das Unzweckmäfsige dieser Theilung des ihm zur Bearbeitung überwiesenen Zeitraums hinwies, so beschlofs die Aka- demische Commission, dafs Heidenhain das nächstfolgende Jahrzehnt 1555— 1564 in Angriff nehme, welche Jahre, wie wir hörten, durch die Commission zu der von Hansen übernommenen Periode hinzuge- schlagen, von Hansen aber unberührt gelassen worden waren. Die zur Wiedereröffnung des Vaticanischen Archivs im Herbst 1890 nach Rom kommenden Forscher wurden alsbald von einer Trauerkunde schmerzlich berührt: der Cardinalarchivar Josef Hergenröther starb am 3. October. Alle diejenigen — und ihre Zahl ist sehr beträchtlich —, die aus der Eröffnung des Vatieanischen Archivs unmittelbar oder mittel- bar Nutzen gezogen haben, werden dem Dahingegangenen gewils ein dankbares Andenken bewahren. In Hergenröther hatte Papst Leo den richtigen Mann an die richtige Stelle gesetzt; dafs der hochherzige Plan des erleuchteten Papstes nicht auf dem Papiere verblieben, sondern frucht- barste Wirklichkeit geworden ist, darf zu einem guten Theil dem ersten Cardinalarchivar zugeschrieben werden, der mit grofser Energie alle Schwierigkeiten, die sich der Ausführung der Absichten seines Meisters entgegenstellten, aus dem Wege räumte und bis in seine letzte Lebens- zeit beflissen war, der freien, ungehemmten Forschung an dem ihm unter- stellten Archiv, unangesehen Nation, Confession u. s. w. der Forscher, Vorschub zu leisten, und der damit eine Tradition schuf, welche die Fort- ' Die Unionspolitik Landgraf Philipp’s von Hessen und die Unterstützung der Huge- notten im ersten Religionskrieg. Breslau, Körber 1886. ® Das Ergebnils dieser erweiterten Studien war die Schrift: Die Unionspolitik Land- graf Philipp’s von Hessen 1557— 1562. Halle, Niemeyer 1890. — Ferner veröffentlichte Heidenhain im Jahre 1889: Beiträge zur Politik Philipp’s des Grofsmüthigen von Hessen 1556— 1560 (in der Zeitschrift für Hessische Geschichte, Neue Folge, Bd. 14). m W. FRIEDENSBURG: dauer der Errungenschaften seiner Amtsperiode für die Zukunft verbürgte. Noch die letzten Bemühungen Hergenröther's für das Archiv galten der Durchführung einer sehr wesentlichen Verbesserung und grofsen Wohlthat für alle Benutzer, nämlich der Herrichtung eines gesünderen und in jeder Hinsicht bequemeren Studiensaales, worauf wir noch zurückkommen. Im Archiv trat für's Erste ein Provisorium ein, welches allerdings die Arbeiten nicht beeinträchtigte. Im Juni 1591 erfolgte dann die Wahl eines neuen Archivpräfeeten. Der Erkorene war der bisherige Scriptor für die orientalischen Sprachen an der Vaticanischen Bibliothek, der Augustinermönch Agostino Ciasca, der gleichzeitig zum Erzbischof von Larissa in partibus infidelium erhoben wurde. Man hatte also von der Bestellung eines Cardinals als Archivvorstandes abgesehen; doch blieb die selbständige Stellung der Archivverwaltung gewahrt. Der neue Präfeet wandelte in den Bahnen Hergenröther’s; wenn er sich auch etwas strenger als dieser an den Wortlaut des »Regolarmento«, des Archiv- reglements, hielt, so ist doch auch dieser liberal genug, um ein gedeih- liches Forschen und Arbeiten zu gestatten, um so mehr, als in den eigent- lich ausführenden Beamten die Hergenröther’sche Tradition durchaus fortlebte; aber auch dem Monsignore Ciasca persönlich ist das Institut, wie seinem Vorgänger, zu lebhaftem Dank verpflichtet und hat von ihm nie Anderes als zuvorkommendste Liebenswürdigkeit erfahren. Während der Amtsführung Monsignore Ciasca’s sind nun auch die ersten Früchte der Publieationsarbeiten des Instituts an’s Tageslicht ge- treten; fast gleichzeitig legten Friedensburg und Hansen die nächsten Ergebnisse ihrer Thätigkeit vor. Nach der Rückkehr von den sommerlichen Archivfahrten in Italien, deren schon gedacht wurde, konnte Friedensburg die Redaction der Nuntiaturberichte von 1533 — 1538 ungestört fortführen und zum Ab- schlufs bringen. Im April 1891 sandte er das druckfertige Manuseript, abgesehen von der »allgemeinen Einleitung«, die er in den beiden fol- genden Monaten ausarbeitete, der Akademischen Commission ein, wobei sich herausstellte, dafs der Stoff für einen Band zu umfangreich war. Er wurde — mit Rücksicht auf den im Jahre 1536 eintretenden Wechsel in der Nuntiatur bei König Ferdinand — in zwei allerdings nicht ganz gleiche Theile zerlegt und der Druck der beiden Bände dann gleichzeitig gefördert. Den Verlag hatte Friedrich Andreas Perthes in Gotha über- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 13 nommen und zwar in seiner Eigenschaft als Verleger der neuen Serie der »Deutschen Reiehstagsacten«, da nämlich die Nuntiaturberichte des Refor- mationszeitalters ursprünglich als Supplementbände zu dem letzteren Unter- nehmen ausgegeben werden sollten.‘ Während des Druckes jedoch löste sich das dieser Combination zu Grunde liegende Verhältnifs. Die Doppel- stellung Friedensburg’s, seine gleichzeitige Verpflichtung gegen das Institut und die Münchener Historische Commission wurde je länger desto lästiger empfunden; schliefslich trat die preufsische Archivverwaltung ein, deren Leiter ja zugleich Vorsitzender der Akademischen Commission war, und übernahm im Einverständnifs mit der Münchener Historischen Com- mission die von dieser geleisteten Zahlungen, so dafs Friedensburg'’s Arbeiten nun als selbständige Publicationen des Instituts ausgehen konnten, neben welchem auf dem Titel die preufsische Archivverwaltung als Mit- herausgeberin namhaft gemacht wurde. Die Editionen aus dem Refor- mationszeitalter aber bezeichnete man als »erste Abtheilung« der Nuntiatur- berichte, für die als Endpunkt der Abschlufs des Pontificats Paul’s IV. (1559) in Aussicht genommen wurde.” Von dem zeitlichen Ausgangspunkt der Veröffentlichung war schon die Rede; mit Rücksicht auf die »Reichstagsaeten«, denen man das Mate- rial für die Reichstage von Augsburg und Regensburg (1530 — 1532) vor- zubehalten gedachte, sollten die »Nuntiaturberichte« mit 1533 beginnen. Hierfür war freilich noch ein anderer Gesichtspunkt mafsgebend. Mit 1533 nämlich hebt die Reihe der in einer gewissen Vollständigkeit erhaltenen Producte der ständigen Nuntiatur für Deutschland überhaupt erst an. In einem besonderen Capitel der »allgemeinen Einleitung« zu seinem ersten Friedensburg’s und Hansen’s nicht völlig übereinstimmt. Ersterer war gehalten, sich den für die Reichstagsacten geltenden Principien soweit anzunähern, als es die Beschaffen- heit seiner Texte irgendwie gestattete; Hansen war durch solche Rücksichten nicht ge- bunden, und es erschien unthunlich, ihm unbedingten Anschluls an die Grundsätze der »Reichstagsacten« vorzuschreiben. So wurde auf völlige Einheitlichkeit der Textbehandlung in den beiden Abtheilungen der Nuntiaturberichte verzichtet; doch sind die Abweichungen nur geringfügig. * Zuerst sollte diese Serie, entsprechend den »Reichstagsacten«, mit 1555 abschlielsen. Die Rücksicht auf diese letztere Publication fiel dann ja aber fort, und bei der weiterhin zu erwähnenden Auseinandersetzung mit dem Österreichischen Historischen Institut wurde 1559 2 Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 10 74 W. FRIEDENSBURG: die Nuntiatur nach und nach einen stetigeren Charakter annahm. Die Nuntien wurden nicht mehr nur zur Ausführung eines einzelnen Auftrages ausgesandt, nach dessen Erledigung sie heimkehrten, sondern aus den mannigfaltiger und vielseitiger gewordenen wechselseitigen Beziehungen der Mächte erwuchsen für die diplomatischen Sendlinge stets neue Auf- gaben, die ihr längeres Verweilen an den gegenseitigen Höfen erforderlich machten; sie blieben daher jetzt vielfach so lange, bis sie aus einem oder dem anderen Grunde förmlich abgerufen wurden oder bis etwa ihr Auf- traggeber starb, worauf dann in der Regel binnen Kurzem für Ersatz Sorge getragen wurde. Auf diese Weise bildeten sich, nicht sowohl durch einen einzelnen Act, durch eine bewulste Verfügung, als vielmehr aus den Er- fordernissen der Zeit heraus, ständige Vertretungen der Mächte bei ein- ander. Dieser Entwiekelung konnte sich auch die römische Curie begreif- licherweise nicht entziehen. Für Deutschland aber knüpft die Entstehung einer ständigen Nuntiatur an die Wahl des Erzherzogs Ferdinand von Österreich, des Bruders Karl’s V., zum römischen König an (1530). Bis dahin waren päpstliche Sendboten überhaupt meist nur im Gefolge des Kaisers, so lange dieser im Reich verweilte, dort erschienen; nunmehr aber war mit Ferdinand’s Königthum im Reiche ein stetiger, dauernder Mittelpunkt geschaffen worden, und das Papstthum säumte nicht, dem neuen römischen König in der Person des Erzbischofs Vincenzo Pimpinella von Rossano einen Vertreter an die Seite zu geben, den wir somit als den ersten ständigen Nuntius in Deutschland zu bezeichnen haben. Leider indefs sind die Acten dieser Nuntiatur bis auf geringe Trümmer, die sich in einzelnen Handschriften der Vaticana zerstreut finden, untergegangen, welches Schicksal sie mit der Hauptmasse der diplomatischen Papiere der Epoche Papst Clemens’ VI. theilen. Und zwar ist dieser Verlust an- scheinend weniger auf Rechnung der unruhigen Zeitläufte zu setzen, in denen der Pontificat des Mediceers verlief, als der in der päpstlichen Kanzlei eingerissenen Unordnung. Erst die nachfolgende Epoche Papst Paul’s II. ist zu geordneten Kanzleiverhältnissen gelangt, in Folge der Sorg- falt, welehe der schon früher genannte Marcello Gervino diesen Dingen zu- wandte; Cervino’s Eintritt im Jahre 1537 ist für die Reorganisation der Kanzlei der Päpste geradezu epochemachend geworden: die für uns wich- tigste Folge seiner Wirksamkeit aber besteht darin, dafs von diesem Zeit- yunkt ab für die Aufbewahrung der Einläufe, sowohl der Berichterstattung ] 8 \ Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 75 der Nuntien wie auch der einkommenden Briefe von Fürsten und anderen hervorragenden Persönlichkeiten u.s.w.. gesorgt wurde; Gervino ist es haupt- sächlich zu verdanken, dafs von dem erwähnten Zeitpunkt ab, oder noch genauer seit den letzten Jahren Clemens’ VII., deren Archivalien Gervino augenscheinlich bei seinem Eintritt in die Kanzlei dort noch vorgefunden hat, die Einläufe bei der Curie auf die Nachwelt gekommen sind, so dafs erst von hier eine zusammenhängende Publieation aus den diplomatischen Papieren des Papstthums ihren Ausgangspunkt nehmen kann. Um von dieser nothwendigen Abschweifung auf die beiden ersten Bände der »Nuntiaturberichte« zurückzukommen, so gingen diese mit ein- ander Ende Januar 1892 aus; das von H. von Sybel Namens der Akade- mischen Commission gezeichnete, allgemein orientirende Vorwort ist vom December 1891." Die Publication beginnt also mit der Aussendung des Pietro Paolo Vergerio aus Capo d’ Istria, der als Nachfolger des im Herbst 1532 abberufenen Pimpinella Anfang 1533 von Papst Clemens bei dem römischen König als apostolischer Nuntius beglaubigt wurde und in dieser Stellung zunächst bis zum Tode seines Auftraggebers (7 September 1534) verblieb. Der Nachfolger berief ihn zu mündlicher Berichterstattung über die deutschen Dinge zu sich, um ihn jedoch in Kurzem wieder über die Alpen zu entsenden, und zwar mit dem Speeialauftrage, die deutschen Fürstenhöfe zu bereisen und sich über die Stimmung der einzelnen mals- gebenden Elemente gegenüber dem Projeet der Begehung eines ökume- nischen Coneils zu unterrichten. Als Vergerio im December 1535 von dieser Mission (die ihn unter Anderem zu einer persönlichen Begegnung mit Luther führte) an den Hof des römischen Königs zurückkehrte, wo inzwischen ein Stellvertreter gewaltet, fand er die Weisung vor, zu er- neuter Berichterstattung nach Rom zurückzukehren. Kurz darauf war seine Rolle an der Curie ausgespielt; für die geleisteten Dienste wurde er mit dem Bisthum seiner Vaterstadt Capo d’ Istria abgefunden, dessen mageren ! Der vollständige Titel ist: Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Actenstücken. Erste Abtheilung 1533 — 1559, herausgegeben durch das Königl. Preufsische Historische Institut in Rom und die Königl. Preulsische Archiv-Verwaltung. Erster Band. Nuntiaturen des Vergerio 1533 — 1536, im Auftrage des Königl. Preufsischen Historischen Instituts in Rom bearbeitet von Walter Friedensburg. Gotha, Perthes 1892 (LVII, 616 Seiten). — Zweiter Band. Nuntiatur des Morone 1536 — 1538. Gotha, Perthes 1392 (VIII, 470 Seiten). 10* 76 W. FRIEDENSBURG: Ertrag man ihm noch durch Belastung mit Pensionen zu Gunsten einflufs- reicher Curialen schmälerte. Hier ist dann Vergerio bald in einen Gegen- satz zur Curie gerathen, der später seine völlige Abwendung vom Katho- lieismus und seinen offenen Übertritt in’s Lager der Evangelischen zur Folge gehabt hat. ; In Deutschland wurde Vergerio gegen Ende des Jahres 1536 durch den noch jugendlichen Bischof von Modena, Giovanni Morone, aus vor- nehmer Mailänder Familie, ersetzt, vielleicht den feinsten Diplomaten der Curie in jener Epoche, nachmals Cardinal und Coneilspräsident, mehrfach auch Anwärter des Papstthums. Die Nuntiatur beim römischen König, welche für ihn die erste Stufe auf der Leiter der Ehren und Würden war, hatte Morone nicht ganz zwei Jahre — nämlich bis zum Herbst 15338 — inne; vor dem Erscheinen des Legaten Aleander bei König Ferdinand in diesem Zeitpunkt bricht der zweite Band der Publication ab. Beide Theile — und so hernach auch die späteren, die im Wesent- lichen nach dem nämlichen Plane bearbeitet wurden — bringen aufser den Depeschen der Nuntien sammt Instructionen und Gegenschreiben anhangs- weise die auch im Titel erwähnten »ergänzenden Actenstücke«, d.h. aufser- amtliche Correspondenzen des Nuntius, soweit sie zur Erläuterung der De- peschen dienen, Denkschriften über die obwaltenden und in den letzteren berührten allgemeinen Fragen, insbesondere die Concilsangelegenheit', De- peschen der Vertreter anderer Mächte an der Curie oder an den habsbur- gischen Höfen u. dergl.m. Ferner geht allen Bänden eine eingehendere Einleitung vorauf, welehe die Herkunft und Art der mitgetheilten Archi- valien besprieht, das Leben und die Persönlichkeit der betreffenden Nuntien schildert und, theilweise unter Heranziehung weiteren handschriftlichen Ma- terials’, die Momente bespricht, welche die Beziehungen zwischen der Curie und den deutschen Mächten während des in dem Bande behandelten Zeit- raums bestimmt oder beeinflufst haben. Dem ersten Bande geht endlich noch eine »allgemeine Einleitung« für die erste Abtheilung der »Nuntiaturberichte« vorauf, welche den Um- ! In Band II erhalten wir als ergänzende Actenstücke namentlich Correspondenzen, welche die Vereitelung des Mantuaner Coneilsprojeets von 1536/37 erklären. 2 Für Band I sei besonders auf die in der Einleitung verwertheten, interessanten De- peschen des Vertreters der Republik Venedig an der Curie, Lorenzo Bragadin (1535—1537); hingewiesen. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 17 fang der Sammlung und die Behandlung der Texte darlegt, sodann das handschriftliche Material nach seinen Fundstätten bespricht und der frühe- ren verwandten Publicationen gedenkt, woran sich noch die schon er- wähnte Untersuchung über die Anfänge der ständigen Nuntiatur, mit be- sonderer Berücksichtigung Deutschlands, anschliefst. Nur wenig später als Friedensburg, nämlich bereits im Mai 1892. trat auch Hansen mit einem sehr starken Bande von »Nuntiaturberichten « hervor.‘ Dafs Hansen sich zur Publication die Depeschen derjenigen Nuntien und Legaten ausgesucht hatte, welche aus Anlafs der Verhältnisse des Cölner Erzbisthums von Papst Gregor XII. entsandt wurden oder sonst darüber berichten, wurde schon erwähnt. Der Inhalt des Bandes gliedert sich in die beiden Theile: Wahl und Bestätigung des Erzbischofs Gebhard Truchsefs — wofür in Betracht kommen die Correspondenzen des zum Regensburger Reichstag abgeordneten Cardinallegaten Morone und der Nuntien Bartolommeo Portia, Giovanni Delfino und Giovanni Battista Ca- stagna —, und Abfall Gebhard’s von der katholischen Kirche und seine Be- seitigung, worüber die Cardinallegaten Ludwig Madruzzo und Andreas von Österreich, die Nuntien Giovanni Franceseo Bonomi, Germanico Malaspina, die Secretäre und Agenten Minuccio Minucci, Francesco Orano und Cesare dell’ Arena, theilweise auch die gleichzeitigen Nuntien in Spanien berichten. Beigegeben sind Auszüge aus den Üonsistorialprotokollen und eine ein- gehende und höchst interessante Denkschrift des eben genannten, in die deutschen Verhältnisse tief eingeweihten Minuccio Minucci über den »Zu- stand der Religion in Deutschland, die vorhandenen Gefahren und die Mittel zur Abhülfe«; endlich ein Excurs über die Begründung der stän- digen Nuntiatur zu Cöln und die Organisation der deutschen Nuntiaturen im Zeitalter der Gegenreformation. Mit Ausnahme einiger in den Anmerkungen verwertheten Ergänzungen und der erwähnten Consistorialprotokolle, die sich im Archiv des CGonsisto- riums, einem jener päpstlichen Sonderarchive, von denen die Rede war. vorfinden, konnte Hansen sein Material durchaus dem Vaticanischen Archiv ! Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Actenstücken. Dritte Abthei- lung 1572—1585, erster Band: Der Kampf um Cöln 1576—ı1584. Berlin, A. Bath 1892. LXVI, 802 Seiten. — Dals A. Bath den Verlag übernahm, beruhte auf einem Vertrage vom 26. October 1889, wonach jener alle noch nicht vergebenen Veröffentlichungen des Instituts verlegen sollte. 18 W. FrRIEDENSBURG: entnehmen. In dem Umstande, dafs das Archiv des Staatsseeretariats die auf Deutschland bezüglichen Acten dieses Zeitraums in so erstaunlicher Voll- zähligkeit bewahrt, erblickt Hansen, sicherlich mit Recht, ein Anzeichen des Interesses, das die Curie von da ab an den deutschen Dingen genommen hat. Hierfür ist, wie der Herausgeber in der Einleitung schildert, der Ein- tritt Papst Gregor’s XIH. entscheidend; seiner Initiative ist es zuzuschreiben, dafs die Curie fortan den Vorgängen in Deutschland nicht nur ihre ge- spannte Aufmerksamkeit zuwandte, sondern aus eigenem Antrieb in die deutschen Verhältnisse eingriff und ihnen die Richtung auf Zurückdrängung des Protestantismus gab. Gerade in dem Cölner Bisthumsstreit, in der Beseitigung Gebhard’s und seiner Ersetzung durch den der Curie unbe- dingt ergebenen Wittelsbacher Ernst von Bayern, haben wir den ersten grolsen Erfolg der vom Papstthum wider den deutschen Protestantismus ergriffenen Initiative zu erblicken; denn bei Papst Gregor XIIM., nicht “wie man bisher aus Unbekanntschaft mit dem vaticanischen Material an- zunehmen pflegte, bei Herzog Wilhelm von Bayern, dem Bruder des neuen Erzbischofs, lag nach Hansen’s Forschungen die Initiative in der eölni- schen Sache. Die fachwissenschaftliche Kritik nahm die ersten Früchte der Arbeiten des römischen Instituts, sowie auch hernach die weiteren, günstig auf; nur machte sich, Angesichts des Umstandes, dafs beide Herausgeber den Text der Nuntiaturberichte fast durchweg in seinem vollen Wortlaut wieder- gegeben hatten, die Befürchtung geltend, dafs die Publieationen allzu sehr anschwellen würden und die Bearbeitung, wenn sie nicht summarischer verfahre, der Fülle des Materials erliegen möchte. Sowohl Friedensburg wie Hansen setzten sich über diesen Punkt mit ihren Kritikern ausein- ander, indem sie — ohne die Möglichkeit auszuschlielsen, dafs man im Fortgang der Publicationen geeignete Kürzungen eintreten lasse — für ihr bisheriges Verfahren geltend machten, dafs es zunächst darauf ankomme, die Art dieser bisher kaum noch systematisch verwertheten Geschichts- quelle sowie den Charakter und Betrieb der neu eingerichteten Nuntiaturen klarzulegen; des weiteren aber sei zu berücksichtigen, dafs wir in den Depeschen der Nuntien nicht einfache Berichterstattung über vielfach im Grofsen und Ganzen schon bekannte Thatsachen besitzen, sondern dafs die Nuntien wesentlich Mithandelnde in den Dingen sind, über die sie be- richten; auch komme es in vielen Fällen weniger auf die berichteten That- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 79 sachen an und für sich an, als auf die Nuaneirung, in welcher diese in den Depeschen der Nuntien erscheinen. Mittlerweile hatten sich die übrigen Publicationsarbeiten des Instituts nicht in gleich günstiger Weise gestaltet. Nachdem Hansen sich der Epoche Papst Gregor’s AI. zugewandt und deren Bearbeitung mit dem Jahre 1576 begonnen hatte und Heidenhain, wie wir schon hörten, beauftragt worden war, die Jahre 1555 — 1564 in Angriff zu nehmen, beabsichtigte man nun- mehr auch den dazwischenliegenden Zeitraum, die Jahre 1564— 1576, welche der Regierung des Kaisers Maximilian II. entsprechen, für die Be- arbeitung vorzubereiten, und zwar sollte dies die Aufgabe des neuen Secre- tärs sein. Allein auf die Herausgabe des nämlichen Zeitraums machte auch das Österreichische Historische Institut in Rom Anspruch. Wir können uns über diese Angelegenheit hier um so knapper fassen, als darüber nicht weniger als drei Darstellungen vorliegen: erstens aus von Sybel’s Feder im Vorwort zum ersten Bande der »Nuntiaturberichte« Friedensburg'’s, zweitens von Quidde in der Beilage zur Münchener Allgemeinen Zeitung vom 5. October 1892°, und drittens von dem Leiter des Österreichischen Historischen Instituts, Sectionschef von Sickel, im Vorwort zu dem einige Jahre später unter seinen Auspicien veröffentlichten Bande von »Nuntiatur- berichten«°; ganz übergehen können wir diese Verwickelungen nicht, da sie die Arbeiten des Instituts mannigfach beeinflufst haben. Was die preufsischen Absichten auf die Bearbeitung der streitigen Jahre angeht, so recapituliren wir, dafs die Herausgabe von Nuntiatur- berichten seitens des Preufsischen Historischen Instituts zwar Anfangs nur in Anlehnung an die vorbereitete Edition der deutschen Reichstagsaeten des Reformationszeitalters, also auch nur bis 1555 geplant war, dafs aber sehr bald diese ursprüngliche Beschränkung aufgegeben wurde. Weil sich nämlich als Ergebnifs schon der ersten Recognoscirungen im Vaticanischen ı Vergl. Nuntiaturberichte, erste Abtheilung, Bd. III, Vorwort, und J. Hansen, Römische Nuntiaturberichte als Quellen zur Geschichte des eölnischen Krieges, in der West- deutschen Zeitschrift, Bd. XIV, 1895, S. 195 ff., gerichtet gegen den gleicehbenannten Artikel von M. Lossen in der Historischen Zeitschrift Bd. 75 (N. F. Bd. 39), S. ı ff. (1895). 2 D.i. in dem schon oben erwähnten Aufsatz Quidde’s über die Zeit seiner Amts- führung in Rom. ® Nuntiaturberichte aus Deutschland 1560 — 1572, 1., bearbeitet von S. Steinherz (Wien 1897); vergl. auch von Sickel in den Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforsechung. XIII (1892), S. 369 fl. s0 W. FRIEDENSBURG: Archiv, wie sie im Sommer 1888 Schottmüller und im darauffolgenden Herbst Friedensburg unternahm, herausstellte, dafs die dort vorhandenen Nuntiaturberichte aus Deutschland erst von den sechziger Jahren ab zu- sammenhängender vorlägen, so suchte man sich, für den Fall, dafs die späteren abschliefsenden Forschungen das erste Ergebnils bestätigen würden, alsbald einen ergiebigeren Zeitraum zu sichern. Auf diese Weise kam man dazu, als Endpunkt der diesseitigen Arbeiten auf dem Gebiet der Nuntiaturberichte des 16. Jahrhunderts das Jahr 1585 in Aussicht zu nehmen, und glaubte, als hierüber eine Einigung mit dem Institut der Görres- Gesellschaft, des Inhalts, dafs dieses seine Arbeiten auf dem gleichen Ge- biet nicht vor diesem Zeitpunkt beginnen wolle, erzielt wurde, damit der eigenen Bearbeitung den ganzen Zeitraum von 1520 (1533) bis 1585 ge- sichert zu haben. Allerdings kam es nicht auf der Stelle zur Inangriff- nahme der Arbeiten aus dem nachreformatorischen Zeitalter; doch haben wir schon erwähnt, dafs im Herbst 1559 Hansen beauftragt wurde, sich den Nuntiaturberichten von 1564—1585 zuzuwenden, mit deren Bear- beitung dann H. von Sybel auch noch diejenigen des voraufgehenden Jahrzehnts verbunden wissen wollte. Die Berichte von 1555— 1564, ver- bunden mit denen von 1564— 1585, würden dann, so schrieb H. von Sybel wörtlich am 9. November 1889 »eine besondere Publication der Station bilden, ohne Verbindung mit den Reichstagsacten«. Und ausführlicher ver- breitete er sich über diesen Gedanken am 14. Januar 1890 in Erwiderung auf einige Einwendungen Schottmüller’s, der darauf hingewiesen hatte, dafs aus jener Periode einzelnes einschlägiges Material schon von anderer Seite in Bearbeitung genommen sei." »Es ist sehr gut«, heilst es in dem angezogenen Briefe, »dals Sie die Augen offen halten über den Punkt, was bereits von anderen Forschern vorweggenommen ist. Es wäre z. B. sehr verdriefslich, wenn wir in den Miscellanband” ein Stück setzten, welches gleichzeitig oder kurz vorher anderwärts publieirt würde. Aber anders ! Sehottmüller bezieht sich dabei auf die von Hrn. Caplan Schwartz beabsichtigten Arbeiten aus der Periode Kaiser Maximilian’s II., von denen man am Institut kürzlich Kennt- nils erhalten hatte. 2 Es war in dieser Zeit mehrfach davon die Rede, einzelne kleinere Stücke, die auf- gefunden worden waren, zu einem Miscellanband zu vereinigen und einen solchen heraus- zugeben. Hernach zog man es aber vor, die ganze Kraft auf die Förderung der grolsen Publicationen zu verwenden, so dals jenes Projeet damals nicht zur Ausführung kam. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. sl verhält es sich mit der Herausgabe eines grofsen Urkundenbuches, wie die Sammlung unserer Nuntiaturberichte von 1520—1585. Von dem Stoff der Monumenta Germaniae historica waren neun Zehntel schon ge- druckt, von den deutschen Reichstagsacten mindestens zwei Drittel, als die grofse Publication begann. Deren Zweck war, das Zerstreute zu ver- einigen und überall nach den besten Handschriften und Originalien zu ediren. So haben auch wir zu verfahren und dürfen uns nicht stören lassen, wenn andere Forscher einzelne Stücke ediren oder ediren lassen ... Auf‘ keinen Fall darf uns das abhalten, die Berichte der Nuntien aus der Zeit Maximilian’s I. vorzunehmen, zu sammeln, den Text festzustellen und zum Druck zu bringen«. Der Brief verlangt dann noch, dafs zur Aus- füllung etwaiger Lücken in den vaticanischen Acten der Periode Maxi- milian’s II. in den Ferien die übrigen Archive daraufhin durchmustert würden. Diesen Weisungen entsprechend, wurden von nun an gerade die Be- richte der Epoche Maximilian’s II. eifrigst aufgesucht und durch Copisten, deren das Institut jetzt regelmäfsig mehrere, zeitweise eine ganze Reihe beschäftigte, abgeschrieben.‘ Um so unerwünschter war ein in gleicher Richtung liegender Plan der österreichischen Forscher, von dem man bei der Wiederaufnahme der römischen Arbeiten im Herbst 1890 erfuhr, also zu einem Zeitpunkt, da es dem Institut wegen des Wechsels in seiner Leitung nur um so schwerer fallen mufste, sich in die veränderte Sachlage hinein- zufinden. Indem nun Anfangs, wie sehr begreiflich, keine der beiden Parteien geneigt war, der anderen den interessanten Stoff zu überlassen, dann aber doch je länger desto mehr die Unzweckmäfsigkeit eines unge- regelten Wettbewerbes empfunden und daher eine Verständigung gesucht wurde, über welche Vorschläge und Gegenvorschläge hin- und hergingen und verschiedene Instanzen gehört werden mufsten, verstrich eine geraume Zeit, bis eine Einigung erzielt wurde, deren Prineip in gewisser Weise ! In milsverständlicher Weise ist in dem Bericht über das Institut, den die Akademische Commission der Berliner Akademie im Januar 1890 erstattete und in deren Sitzungsberichten veröffentlichte (S. 88 fl.). gesagt: Friedensburg beschäftige sich mit der Sammlung der Nuntiaturberichte von 1520—1564 und Hansen mit denen der ersten Jahre der Regierung Kaiser Rudolf’s II., 1576—1585, wodurch der Eindruck hervorgerufen werden konnte, als liege die Edition der Nuntiaturberichte von 1564—1576 aulserhalb der Absichten des preulsischen Instituts. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 11 82 W. FRIEDENSBURG: auch schon in den angeführten Worten H. von Sybel’s vom Januar 1890 angedeutet lag. Wenn nämlich H. von Sybel auf die Einheitlichkeit der Publication von 1520 (1533) bis 1585 ein so grolses Gewicht legte, so liefs diese Einheitlichkeit sich auch bei einer Theilung des Zeitraums unter die beiden Institute bei der Voraussetzung aufrechterhalten, dafs beide die Bearbeitung gleichförmig handhabten. Dies nun sagte das österreichische Institut — vorbehaltlich der Selbständigkeit der inneren Einrichtung — zu, wofür andererseits die preufsische Anstalt sich bereitfand, auf einen Theil des schon in Angriff genommenen Zeitraums zu verzichten. Allerdings meinte man die von den Österreichern ursprünglich begehrten Jahre 1564 bis 1576 nicht vollständig hergeben zu können, zumal deshalb nicht, weil Hansen sich aus dem Studium dieser Acten die schon angedeutete Ansicht gebildet hatte, dafs der Eintritt, die Erwählung Gregor's XII., die Ende 1572 stattfand, für die Behandlung Deutschlands durch die Curie epoche- machend gewesen sei, so dafs es wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen wäre, die Bearbeitung der früheren Jahre dieses Pontifieats von der der späteren zu trennen. Dies führte dann zu dem preufsischen Vorschlag, nach Pontificaten abzutheilen, ein Vorschlag, der schliefslich angenommen und somit die Grundlage für die von beiden Seiten dringend ersehnte Ver- ständigung wurde. Das österreichische Institut nämlich erklärte sich bereit, statt des bisher zur Bearbeitung beanspruchten dreizehnjährigen Zeitraums von 1564— 1576 die ebenso lange Periode von 1560 — 1572 zu übernehmen, welche die beiden wichtigen Pontificate Pius’ IV. und Pius’ V. insichschliefst. So kam es also im Oetober 1891 zu einem Abkommen, dessen Hauptpunkte die folgenden waren: »Die Ausgabe der Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Actenstücken (1533 — 1585) tritt als ein einheitliches Ganzes in die Öffent- lichkeit. Die erste Abtheilung (1533 — 1559) und die dritte (1572 — 1585) werden in Gemeinschaft mit der Königlich Preufsischen Archivverwaltung von dem Königlich Preufsischen Institute in Rom herausgegeben, die zweite dagegen (1560 — 1572) von dem Istituto austriaco di studi storiei in Rom. Alle Abtheilungen erhalten dasselbe Format, Papier, Satz, gleiche Verwendung der Typengattungen u. s. w. In der inneren Einrichtung (Text- behandlung, Orthographie, Anmerkungen, Beilagen u. s. w.) handelt jedes Institut selbständig. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. s3 Beide Institute werden in jeder Beziehung ihre Arbeiten wechselseitig unterstützen und fördern. «' Hiermit war also diese Frage erledigt — die erste und einzige Differenz, die zwischen den nächstverwandten Instituten sich je ergeben hat — und beide konnten nunmehr neben einander in friedlichem Wett- eifer ihre Arbeiten fördern, deren Fortgang der Zwischenfall begreiflicher- weise in hohem Grade gehemmt hatte. Auf preufsischer Seite hatte man, wie gesagt, die Hauptarbeit auf die Periode Maximilian’s II. concentrirt und hierfür zeitweise die Arbeitskräfte noch vermehrt, indem die Preufsische Archivverwaltung im Frühling 1891 zur Unterstützung der Arbeiten des Instituts den Archivar Dr. phil. Robert Arnold nach Rom gesandt hatte und aufserdem auf Quidde’s Veranlassung der Dr. phil. Josef Kaufmann’ zeitweilig als Hülfsarbeiter angenommen worden war. Die geschilderte Auseinandersetzung mit den Österreichern brachte es dann freilich mit sich, dafs der gröfste Theil der Ergebnisse jener Arbeiten nicht zur Verwerthung kommen konnte. Ein fühlbarer Verlust traf das Institut durch den Weggang des zweiten Assistenten Hansen von Rom im Sommer 1891. Hansen folgte einem Ruf nach Cöln als Stadtarchivar, auf den durch die Ernennung Öonstantin Höhlbaum’s zum Universitätsprofessor in Giefsen erledigten Posten. Seine grolse Arbeitskraft, die ihm eigene Schnelligkeit der Orientirung sowie die trefflichen persönlichen Beziehungen, die Hansen sich im Vaticanischen Archiv und anderswo gewonnen, liefsen sein Scheiden aus dem Verbande des Instituts lebhaft bedauern. Erfreulicherweise entzog sich jedoch Hansen nicht zugleich auch der Mitarbeit an den Publicationen des Instituts, sondern trat kurz nach seiner Übersiedelung an den Rhein mit dem Erbieten an die Akademische Com- mission, aus den von ihm in Rom durchgearbeiteten und zum grofsen Theil auch bereits copirten Materialien einen zweiten Band von Nuntiaturberichten aus der Epoche Papst Gregor’s XII. zu publieiren; er stellte in Aussicht, während des ersten Urlaubs, den er in seinem neuen Wirkungskreis werde erhalten können, zur definitiven Aneignung des einschlägigen Stoffes nach Rom zu gehen; die Ausarbeitung hoffte er, bei Unterstützung durch das ! Vergl. Nuntiaturberichte I, ı, S.V; II, r, S. VIf. 2 Dieser war als Mitarbeiter an der von Quidde geleiteten Herausgabe der »Deutschen Reichstagsaeten« (Periode Kaiser Sigmund’s) nach Rom gekommen. 2 s4 W. FRIEDENSBURG: Institut, auch an seinem nunmehrigen Wohnort bewerkstelligen zu können. Die Commission ging gern auf diesen Vorschlag ein, und so konnte Hansen, nachdem er im Herbst 1892 während eines mehrwöchigen Urlaubs noch- mals im Vatieanischen Archiv gearbeitet hatte, bereits im August 1893 sein Manuscript zum Abschlufs bringen; im Juni 1894 wurde der wiederum recht starke Band ausgegeben.' Seinen Stoff hatte Hansen, wie bei dem ersten Bande, nicht sowohl nach Nuntiaturen als nach bestimmten Ereignissen ausgewählt und gruppirt. Er veröffentlicht hier die Berichte derjenigen päpstlichen Legaten und Nun- tien, welche die Interessen der Curie auf den beiden in die Regierungszeit Gregor’s XIN. fallenden Reichstagen von Regensburg 1576 und Augsburg 1582 sowie auf dem dureh Kaiser Rudolf II. veranlafsten niederländischen Paeifieationstag zu Cöln 1579 vertraten. Und zwar handelt es sich für den früheren Reichstag um Cardinal Morone als päpstlichen Legaten, neben dem die Nuntien Giovanni Delfino und Porzia und die Commissare Elgardo und Ninguarda stehen; zum Cölner Paeifieationstag entsandte die Curie den Nuntius Castagna, endlich zur Augsburger Reichsversammlung wiederum einen Legaten, Cardinal Ludwig Madruzzo von Trient, dem die Nuntien Bonomi, Germanico Malaspina und Ninguarda zur Seite traten. Die De- peschen dieser Sendungen unterrichten — in diesen Worten falst Hansen deren Ergebnisse zusammen — eingehend über die auf den beiden Reichs- tagen geführten Kämpfe um die religiöse Frage, speeiell um die Ferdinan- deische Deelaration und die Freistellung, und über die Umstände, welche die Spaltung der niederländischen Provinzen und ihre Trennung vom Körper des Reiches herbeiführten, also über die letzte Phase aus deren Vergangen- heit, welehe noch der eigentlichen Reichsgeschichte angehört. Daneben berühren die Berichte die ganze bunte Menge der übrigen Verwickelungen religiöser wie politischer Art, welche auf diesen drei Versammlungen zur Erörterung kamen. Wohl sämmtliche wichtigeren kirchenpolitischen Fragen dieses Zeitraums werden in den Berichten dieses Bandes behandelt oder wenigstens gestreift, und die Stellungnahme der Curie tritt aus ihnen klar in die Erseheinung. Des näheren zieht eine gehaltvolle, ausführliche Ein- leitung die Summe aus dem, seinem grofsen Haupttheil nach, bisher unver- ! Nuntiaturberichte u. s.w. Dritte Abtheilung, Bd. 2: Der Reichstag zu Regensburg 1576; der Paeificationstag zu Cöln 1579; der Reichstag zu Augsburg 1582. 1894. XCHI, 679 Seiten. Berlin, Batlı. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. S5 öffentlieht und unbekannt gebliebenen Material. Ferner hat der Heraus- geber jeder der drei Gruppen, in welche — nach den genannten drei Versammlungen — der Inhalt des Ganzen zerfällt, eine speeielle Einführung vorausgeschickt, wo das Quellenmaterial besprochen und das Leben der in Frage kommenden päpstlichen Sendlinge sowie der äufsere Verlauf ihrer Missionen kurz zur Darstellung «ebracht wird. Der wesentliche Theil des Materials ist wiederum dem Vaticanischen Archiv entnommen, und zwar für die beiden Reichstage vorzugsweise der »Nunziatura di Germania«, während für den Cölner Paeificationstag die »Nunziatura di Colonia«' die Originale der Gegenschreiben des Staatsseere- tariats beisteuert. Auf den beiden Reichsversammlungen waren aber auch Gesandte der italienischen Mächte anwesend, besonders der Republik Venedig, des Grofsherzogthums Toscana und der Gonzaga von Mantua. Hansen ist an ihren Berichten zwar nicht vorübergegangen, hat jedoch daraus erhebliche Ergänzungen der Nuntiaturberichte kaum gewinnen können, weil das Interesse der italienischen Staaten sich in jenem Zeitpunkt auf die für die Zwecke der Edition belanglose toscanische Rang- und Titel- frage concentrirte; es handelte sich um die Erhaltung des italienischen Gleichgewichts, welches diese Mächte durch die von Papst Pius V. im Jahre 1569 vorgenommene Erhebung des florentinischen Staates zum Grols- herzogthum Toscana bedroht glaubten; die Abwendung der hieraus be- fürchteten Gefahren in die Wege zu leiten, war der Hauptzweck jener Ent- sendungen Venedies und der übrigen Mächte an Kaiser und Reich. Der Anhang giebt eine Anzahl wichtiger Actenstücke, unter denen die aus dem Archivio general zu Simancas entnommenen Instruetionen des spanischen Vertreters am Cölner Paeificationstag besonders erwähnt seien.” Die Behandlung der Texte entspricht der des ersten Bandes, nur hat Hansen es — gewils richtig — aufgegeben, die in der Accentuirung des 16. Jahrhunderts herrschenden Willkürlichkeiten zu conserviren und statt ! Diese Rubrik beginnt mit dem Jahre 1573; als ständig wird man aber die Cölner Nuntiatur erst von 1584 ab betrachten dürfen. Vergl. die schon erwähnte Abhandlung Hansen’s über die Begründung der ständigen Nuntiatur zu Cöln und die Organisation der deutschen Nuntiaturen im Zeitalter der Gegenreformatior (Anhang I zum ersten Band der »Nuntiaturberichte«, S. 719 ff.). 3 2 Ebendaselbst findet sich eine grölsere Anzahl von Nachträgen zum ersten Band, die aus dem inzwischen für das Institut angekauften Nachlals Minuceio Minucei’s stammen (vergl. weiter unten). S6 W. FRIEDENSBURG: * dessen seinem Verfahren den gegenwärtigen Brauch im Italienischen zu Grunde gelegt, wodurch er sich dem in der ersten Abtheilung der »Nuntiatur- berichte« beobachteten Verfahren angeschlossen hat." Hansen’s Nachfolger als zweiter Assistent des Instituts wurde der schon oben gelegentlich erwähnte Dr. phil. Karl Schellhafs aus Bremen. Auch dieser hatte, wie Quidde und Friedensburg, seine Studien bei Julius Weizsäcker gemacht und war durch diesen, nachdem er im Jahre 13556 mit der Abhandlung: »Das Königslager vor Aachen und vor Frankfurt in seiner rechtsgeschichtlichen Bedeutung« in Berlin promovirt hatte‘, zur Mitarbeit bei der älteren Serie der »Deutschen Reichstagsacten « herangezogen worden. Für diese Publication arbeitete Schellhafs 1889 auch im Vatican, hatte also Gelegenheit, die römischen Arbeits- und Archiv- verhältnisse kennen zu lernen, was ihn neben der Gediegenheit seiner eigenen Leistungen für den am Institut erledigten Posten empfahl; auch der Gesandte von Schloezer, welcher fortfuhr, wohlwollend über dem Institut zu wachen, hatte durch seine Fürsprache an Schellhafs’ Er- nennung Theil. Der neue Assistent wählte sich sein Arbeitsfeld, wie sein Vorgänger, in der Periode Gregor’s XIH.; auf die Ergebnisse seiner Studien kommen wir später zurück. Im Übrigen wandten sich die Arbeiten des Instituts während des zweiten Jahres der Amtsführung Quidde’s, zumal Anfangs, grofsentheils der Durch- forschung einer handschriftlichen Privatsammlung von hervorragendster Be- deutung für die päpstliche und allgemeine Geschichte zu. Im September 1891 ! Den Commentar zum zweiten Band hat Hansen, »vielfachen Wünschen der Benutzer des ersten entsprechend«, ausführlicher gehalten durch reichlichere Heranziehung sowohl der gedruckten Litteratur als auch handschriftlicher Quellen (besonders aus den reichsgeschicht- lichen Abtheilungen des Cölnischen Stadtarchivs). Das Institut hat Hansen ferner eine wichtige Zusammenstellung über den Bestand des Vaticanischen Archivs zu verdanken. Mit Hülfe der bereits gedruckt vorliegenden Ver- öffentlichungen aus dessen Inhalt sowie der Mittheilungen Anderer und auf Grund der- Jenigen Archivinventare, die er benutzen durfte, gelang es Hansen, ziemlich genaue In- formationen sich zu verschaffen. Die Zusammenstellung, die er danach abfalste, hat dem Institut dann die besten Dienste geleistet, insbesondere bei den Nachforschungen für Andere, und ist die Grundlage geworden für die von Jahr zu Jahr vermehrten Aufzeichnungen über das Archiv. ® Erschien vollständig 1887 als Heft 4 der Historischen Untersuchungen, herausge- geben von J. Jastrow. VIII, 207 Seiten. Berlin, Gaertner. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 87 nämlich wurde bekannt, dafs der Fürst Borghese in Rom, das Haupt dieser altberühmten Familie, seine Bibliothek verkaufen wolle. Zu dieser Bibliothek gehörte auch ein handschriftlicher Theil, über dessen Inhalt und Bedeutung man jedoch, bei der bis dahin aufrecht erhaltenen, nahezu hermetischen Abschliefsung dieser Schätze gegenüber der wissenschaftlichen Benutzung, Genaueres nicht wulste; ein einziges Mal hatte bis dahin ein Mitglied des Instituts während zweier Stunden die Bibliothek Borghese betreten dürfen. Die Feilbietung der letzteren hatte nun aber zunächst die erfreuliche Folge, dafs die Bibliothek nicht nur zugänglich wurde, sondern in allen ihren Theilen in voller Bequemlichkeit geprüft werden konnte. Sämmtliche Mit- glieder des Instituts nahmen die dergestalt unerwartet gebotene Gelegenheit wahr und betheiligten sich an dieser Prüfung, die, als man den Werth des Vorhandenen erkannte und das Fehlen jeglicher brauchbaren Reper- torien und Übersichten wahrnahm, sich bald zu einer kurzen Inventari- sirung des Gesammtbestandes des handschriftlichen Theils erweiterte." Wie sich dabei herausstellte, bestand letzterer zuförderst aus 362 Handschriften, worunter 300 aus der alten Avignonesischen Bibliothek der Päpste’; der Inhalt betrifft überwiegend die mittelalterliche Kirchengeschichte, Theologie, bürgerliches und kanonisches Recht, und zwar sind die Handschriften, die, wie gesagt, bislang unzugänglich gewesen und darum wissenschaftlich noch ganz unausgebeutet waren, von hohem Werth für jene Diseiplinen. Einen ungleich höheren Werth aber für das Institut stellte der zweite Haupttheil dar, das sogenannte Archivio storico, in welchem sich nichts Ge- ringeres vorfand als die Hauptmasse des Archivs des Cardinalstaatsseeretariats aus der Epoche der beiden wichtigen Pontificate Clemens’ VII. (aus der Familie Aldobrandini, 1592— 1605) und Paul’s V. (Borghese, 1605—-1621): also ein Seitenstück zu den Carte Farnesiane in Neapel und Parma: Acten, die, wie die letzteren, in das Archiv der Curie hätten kommen sollen, von den Nepoten der Päpste aber, die traditionell als Cardinalvicekanzler an der Spitze der Kanzlei der Curie standen, nach dem eingerissenen üblen ! Auch von den Incunabeln und alten Drucken wurde seitens der Institutsangehörigen ein Verzeichnils aufgestellt. Bei dieser Abtheilung fanden sich aber auch einzelne Hand- schriften, darunter prächtige Codices des Corpus Juris und das Brevier Petrarca’s. Die An- zahl der gedruckten Bücher der Borghesiana, die hernach einzeln meistbietend verkauft wurden, bezifferte sich auf rund 10 000 Bände. ® Vergl. F. Ehrle, Historia bibliotheeae pontifieum tum Bonifatianae tum Avenionen- sis. I. Romae 1890. Gr. 4°. Ss W. FRIEDENSBURG: Brauch im eigenen Besitz zurückbehalten worden waren, nur dafs hier die Nepoten Paul’s V. das bei ihrem Eintritt in die Staatskanzlei vorgefundene Archiv aus der Zeit des Vorgängers ebenfalls an sich genommen und her- nach mit den aus der eigenen Amtsführung erwachsenen Acten ihrer Fa- milie hinterlassen hatten. Von dem Reichthum und der Bedeutung dieses Schatzes giebt es einen Begriff, wenn wir anführen, dafs über 1150 Bände politischer Acten gezählt wurden, sowohl Correspondenzen mit auswärtigen Potenzen, als auch — und zwar zum überwiegenden Theile — Nuntiaturacten: Depeschen der Nuntien aus allen Ländern, wo damals eine Vertretung der Curie bestand, Erlasse der Gurie an die Nuntien u.s.w. So ist hier die Nuntiatur beim Kaiser mit 79 Bänden vertreten, wovon 35 auf die Zeit Clemens’ VII. und 44 auf Paul V. fallen; die Grazer Nuntiatur mit 47 (13 + 34); die Brüsseler mit 39 (27 + 12); die Cölner mit 33 (24 + 9); ferner die Nuntiatur beim König von Frankreich mit 58 (20 + 38), die spanische mit 60 (22 + 38) u.s.w. Für die Geschichte der Politik der Curie, d. h. für die kirchliche und gutentheils auch politische Geschichte Europas während eines hoch- bedeutsamen dreifsigjährigen Zeitraums (der die ganze Vorgeschichte und Entstehung des grofsen Religionskrieges in sich schliefst), lag hier also ein noch gänzlich ungehobenes, fast unberührtes, unschätzbares Material in seiner compaeten Hauptmasse vor. Es war schliefslich der Vatican selbst, der durch Kaufvertrag vom 7. November 1891 die Documente erwarb. Das war eine Lösung, mit der alle Theile zufrieden sein durften: die zeitweise drohende Gefahr einer Zer- stückelung jenes unschätzbaren "historischen Materials war abgewendet und letzteres gelangte an den Ort, wohin es gehörte und wo es von Anfang an seine Aufbewahrungsstätte hätte finden sollen. Das Erfreulichste aber war, dafs der neue Erwerb seitens des Vaticans sogleich der Forschung zur Verfügung gestellt wurde; auf Befehl des Papstes wurden die Borghesiana mit dem Geheimarchiv verbunden und hier schon vom Januar 1892 ab der allgemeinen Benutzung, wie dessen übriger Inhalt, überwiesen. Das Institut aber säumte um so weniger, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, als es schon früher sein Absehen darauf gerichtet hatte, die Periode des Borghesepapstes in den Kreis seiner Studien einzubeziehen. Heidenhain nämlich, der Anfangs, wie erzählt, die Nuntiaturbe- richte des Zeitraums 1545—1555 hatte bearbeiten sollen, und dann auf Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 39 die Periode 1555— 1564 übergegangen war, mulste sich nach Prüfung des einschlägigen Materials überzeugen, dafs, so lange nicht noch andere Quellen aufgeschlossen seien, der Zeitraum in dieser Begrenzung, zumal aber dessen erste Hälfte, für eine selbständige Bearbeitung nicht geeignet sei. Er stellte daher noch vor Ablauf des Jahres 1890 den Antrag, auf ein anderes Thema übergehen zu dürfen, wofür er die Zeit der evangelischen Union (1609— 1619) oder, etwas weiter gefalst, den Pontificat Paul’s V. (1605 bis 1621) in Vorschlag brachte. Dies wurde genehmigt; bei näherer Be- sichtigung des vaticanischen Materials aus der Periode des genannten Papstes stellte sich aber wiederum dessen grofse Dürftigkeit heraus. So standen die Aussichten für Heidenhain ziemlich ungünstig, bis nun die borghe- sischen Materialien zuerst vorübergehend an Ort und Stelle zugänglich ge- macht und dann definitiv in das Vaticanische Archiv überführt wurden, wo alsbald das bisherige Verhältnifs sich umkehrte: statt äufserster Dürf- tigkeit überwältigende Fülle, durch die es erst einen Weg sich zu bahnen und die Prineipien der Bearbeitung festzustellen galt. Die Beschaffenheit der Nuntiaturacten ist nämlich in dieser Epoche eine wesentlich andere als im 16. Jahrhundert. Der Hauptunterschied be- steht in der ungemeinen Vergröfserung und Bereicherung, die der Ge- schäftskreis des Nuntius inzwischen erfahren hat. Dieser ist nicht mehr ausschliefslich oder vornehmlich der diplomatische Vertreter der Curie, sondern zugleich der Delegat ihrer ganzen jurisdietionellen und admini- strativen Machtvollkommenheit und im Allgemeinen der oberste Aufseher über alle kirchlichen Angelegenheiten des ihm untergebenen Sprengels. In Folge dessen ist der Umfang der Berichterstattung auf das Vielfache an- geschwollen. Die wöchentliche Postsendung, der Spaccio oder Dispaceio des Nuntius, beläuft sich in den selteneren Fällen nur auf drei bis vier verschiedene Stücke, häufiger sind es fünf bis sieben, oft aber auch bis zu einem Dutzend Briefe. Politischen Inhalt pflegt von diesen Producten insgemein nur die sogenannte Cifra zu haben, so genannt, weil sie in der Regel in Chiffern geschrieben ist; doch können auch die übrigen Stücke nicht unbeachtet bleiben, da in ihnen manche Gegenstände abgehandelt werden, die ebenfalls historisch nicht unwichtig sind und zum Theil, wie die Competenzstreitigkeiten zwischen der geistlichen und weltlichen Ge- richtsbarkeit u. A. m., sich zu hoher politischer Bedeutung auswachsen können. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 12 90 W. FRIEDENSBURG: Die Nuntiaturen selbst, welche für Deutschland in Betracht kommen, lassen sich für diese Epoche nach den Residenzen der Nuntien in zwei Gruppen, eine westdeutsche und eine österreichische, zerlegen. Zu der ersteren ist neben der Brüsseler und der Gölnischen Nuntiatur auch die Schweizer zu zählen, welche damals noch die Berichterstattung über die Vorgänge am Oberrhein in gröfserem Umfange mitbesorgt. Zur zweiten Gruppe gehören die Nuntiaturen in Prag, Wien und Graz sowie die Le- gationen a latere an Kaiser und Reich. Die politische Berichterstattung dieser letzteren Gruppe behandelt überwiegend die dynastischen Streitig- keiten in der habsburgischen Familie, den Beginn und das Fortschreiten der religiösen und politischen Revolution in den österreichischen Kron- landen sowie allgemein deutsche und Reichsangelegenheiten. Daneben erscheint aber auch eine grofse Anzahl von Depeschen, die den Nuntius im Dienste der von Rom aus geleiteten Gegenreformation, und zwar wesent- lich in localen Fragen, zeigt; es handelt sich da um Besetzung von Prä- laturen und Capiteln, Verfahren gegen kirchlich verdächtige Glieder der Geistlichkeit, Gründung, Reformirung und Erweiterung von Klöstern und Bildungsanstalten für den Clerus, Förderung der Gesellschaft Jesu und anderer Orden, Verdrängung häretischer Prediger, Abstellung des evan- gelischen Gottesdienstes u. dergl. mehr. Die Absicht Heidenhain’s ging nun dahin, um in der grofsen Masse des Vorhandenen nicht zu versinken und überhaupt eine Publication zu er- möglichen, wesentlich nur das reichsgeschichtlich Wichtige oder, besser gesagt, das herauszuheben, was die allgemeinen politischen Verwickelungen der Epoche betreffe, das Locale und Jurisdietionelle nur insoweit, als es gröfsere politische Bedeutung gewonnen hat. Als Anfangspunkt für die Be- arbeitung nahm Heidenhain vorläufig den Beginn des Pontificats Paul’s V. (Mai 1605) in Aussicht, erkannte es aber, um an einem Wendepunkt der Ereignisse und zugleich mit dem Beginn einer neuen Nuntiatur einsetzen zu können, bereits als wünschenswerth, das Jahr 1604 mit einzubeziehen. Von hier ausgehend, hoffte Heidenhain dann seine Publication in zwei starken Bänden bis auf den Erlafs des böhmischen Majestätsbriefes durch Kaiser Rudolf II. (im Juli 1609) und in einem anschliefsenden dritten Bande bis zum Tode dieses Herrschers (20. Januar 1612) führen zu können. Um die nämliche Zeit wurde aber unter der Aegide des Instituts noch eine andere Publication auf dem Gebiet des 17. Jahrhunderts in Angriff Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 9] genommen. Hr. Henry Villard in New-York nämlich, ein Freund und Begünstiger historischer Forschung, setzte im Sommer 1891 ein zweijähri- ges Stipendium für geschichtliche Studien aus und stellte es dem Director der preufsischen Staatsarchive anheim, ein Thema und einen Bearbeiter aus- zuwählen. Die dergestalt sich bietende Gelegenheit aber glaubte H.von Sybel nicht besser ausnutzen zu können, als wenn er die bereitgestellte Summe zur Förderung der am preufsischen Institut zu Rom begonnenen Bearbei- tung der päpstlichen Nuntiaturberichte aus Deutschland verwendete. Er ' mit der sandte daher im Herbst 1891 den Dr. phil. Hans Kiewning Weisung nach Rom, im Anschlufs an das Institut und in der Art der dort betriebenen Studien Nuntiaturberichte aus der Zeit des dreifsigjährigen Krieges zu bearbeiten. Auf Grund (der Beschaffenheit des im Vatiecanischen Archiv vorgefun- denen Materials wählte dann Kiewning für seine Arbeiten den Zeitraum 1625— 1635. Sachlich präeisirte sich sein Thema als: ı. Entwickelung der österreichischen Politik während des Mantuanischen Erbfolgekrieges und des durch diesen mitbestimmten Regensburger Reichstages von 1630: 2. die an- schliefsende Zeit des schwedischen Krieges sowie das zweite Generalat, die Verschwörung und der Tod Wallenstein’s. Im Anfang dieser Periode befand sich als ordentlicher Nuntius am Hofe Kaiser Ferdinand’s II. Carlo Caraffa, Bischof von Aversa, den bereits Papst Gregor XV. bald nach seiner Erhebung, im April 1621, für Deutschland beglaubigt hatte und den Urban VIII, da er im August 1623 jenem nachfolgte, zunächst in seiner Stellung beliefs. Zu Caraffa trat dann Giovanni Battista Palotto, unter Gregor XV. Vicelegat von Ferrara, unter Urban VIII. zunächst päpstlicher Collector in Portugal, von wo er in den ersten Wochen des Jahres 1628 nach Rom zurückkehrte, um den Posten des Gouverneurs der Stadt anzu- treten. Aber bald besann sich Urban eines Anderen, enthob ihn dieser Stellung und schickte ihn, den er zum Erzbischof von Thessalonich be- förderte, schon im April 1628 als aufserordentlichen Nuntius an den Kaiser, ! Dieser hatte von 1886 ab in Königsberg geschichtlichen Studien obgelegen und 1889 mit einer Dissertation über »Herzog Albrecht's von Preulsen und Markgraf Johann’s von Brandenburg Antbeil am Fürstenbund gegen Karl V.« (I. 1547—1550) promovirt. Ferner veröffentlichte Kiewning die Abhandlung »Herzog Albrecht von Preufsen und Markgraf Johann von Küstrin als Unterhändler zwischen dem deutschen Fürstenbunde und England .« in den Forschungen zur brandenburgischen und preulsischen Geschichte, Bd.IV (1891), 8.137 f. 12* 92 W. FRIEDENSBURG: nämlich aus Anlafs der Wirren, welche in Oberitalien um das Erbe des 1627 verstorbenen Herzogs Vincenzo Gonzaga von Mantua und Montferrat, (les letzten männlichen Sprosses der älteren Linie seines Hauses, ausge- brochen waren. Mit dieser Angelegenheit, der Mantuanischen Suecession, blieb Pallotto aber auch dann in hervorragender Weise befafst, als er nach der noch im Laufe des Jahres 1625 erfolgten Abberufung des ordentlichen Nuntius Caraffa an dessen Stelle trat. Von dem Aufrollen der Mantuani- schen Suecessionsfrage im Frühling 1628 nahm Kiewning den Ausgangs- punkt für seine Arbeiten, auf deren Ergebnisse wir weiter unten zurück- kommen. So erstreekten sich also die Arbeiten, welche vom Institut oder im Anschlufs an dieses betrieben wurden, über gröfsere Theile des 16. und 17. Jahrhunderts. In anderem Zusammenhang werden wir darzulegen haben, wie daneben auch die Bearbeitung des Mittelalters vom Standpunkt der deutschen Geschichte aus angebahnt wurde. Mit dem Arbeitsjahre 1891/92 endete die Thätigkeit Quidde’s in Rom. Letzterer hatte den gröfsten Theil des Frühlings 1892 in München zugebracht, von wo er erst gegen Mitte Juni zurückkehrte, doch lediglich um in Rom Alles für seinen Rücktritt vorzubereiten; im Hochsommer ver- liels er die ewige Stadt und das Institut endgültig. D. Neuerungen im Vatican und am Institut. Das „Repertorium Germanieum“, Zu Quidde’s Nachfolger als Secretär des Instituts hatte die Akade- mische Commission schon seit dem Vorjahre den seitherigen ersten Assistenten Friedensburg in Aussicht genommen; im October 1892 erhielt er seine Bestallung. Gleichzeitig wurde nun aber auch die Wohnungsfrage des Instituts einer Lösung zugeführt, die dem bisherigen Provisorium ein Ende machte. Wir erinnern uns, dafs diese Angelegenheit schon verschiedene Phasen durchlaufen hatte. Auch als von einer Verschmelzung des historischen mit dem archäologischen Institut oder einer Angliederung jenes an dieses nicht mehr ernstlich die Rede war, hatte man noch den Gedanken festgehalten, den Sitz der preufsischen Anstalt in das Gebäude des archäologischen Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 93 Instituts zu verlegen, sei es mittels Einräumung der Wohnung des zweiten Secretärs des letzteren im Erdgeschofs, sei es durch Inanspruchnahme einer Reihe der ein Stockwerk tiefer gelegenen Stipendiatenzimmer. Da jedoch der einen wie der anderen Eventualität erhebliche Bedenken entgegen- standen, so war man auf die sogenannte Casa Lelli verfallen, ein eben- falls dem Deutschen Reich gehöriges, neben der früher erwähnten Casa Tarpea, der Wohnstätte Schottmüller’s, gelegenes Haus, dessen Erd- geschofs von dem deutschen Botschaftsprediger bewohnt wird, während man nunmehr in Erwägung zog, das Obergeschofs für die Zwecke des historischen Instituts auszubauen und herzurichten. Allein bei näherer Be- sichtigung stellte es sich doch als zweifelhaft heraus, ob der Platz aus- reichen und auch im Übrigen sich hier eine für das Institut geeignete Stätte werde schaffen lassen. Unter diesen Umständen blieb es dabei, dafs Quidde die Bücher und Acten des Institus in der von ihm gemietheten, am Spani- schen Platz belegenen möblirten Wohnung nothdürftig unterbrachte. Eine Feuersbrunst, die in der Nacht vom 16. auf den 17. Januar 1892 in dem Nachbarhause ausbrach und eine Zeit lang auch die Wohnung des Secretärs gefährdete, hätte wohl gegen die Aufbewahrung des Institutseigenthums in einem beliebigen Privathaus sprechen können; doch sind in Rom aus- gedehntere Feuersbrünste eine so grolse Seltenheit, dafs, sofern nur die Wohnung mit Rücksicht auf die Zwecke des Instituts passend ausgesucht wurde, die Gefahr kaum gröfser erscheinen konnte, als im Fall der Unter- bringung auf einem fiscalischen Grundstück, wo die Möglichkeit des Ver- brennens doch auch nicht absolut ausgeschlossen ist. Diese Auffassung kam an den mafsgebenden Stellen zur Geltung, und es wurde daher dem neuen Secretär, der, anders wie seine Vorgänger, eigenen Hausstand in Rom führte, aufgegeben, sich nach Räumen in einem gut gebauten, möglichst central gelegenen Hause umzusehen, welche die für eine Familien- wohnung und eine gewisse Repräsentation genügenden Räumlichkeiten und aulserdem für das Institut zwei bis drei passend gelegene Zimmer enthalte. Eine solche Wohnung fand sich im dritten Stock des die Ecke zur Via del Corso, der alten Hauptstrafse Roms, bildenden Hause der Via Condotti (Nr. 42). Der Secretär miethete mit Genehmigung der akademischen Com- mission diese Wohnung vom 15. October 1892 ab zunächst für ein Jahr, dann, da sie sich bewährte, auf zwei weitere Jahre. Die Wohnung hatte zwei Eingänge, einen für die Familienräume; aufserdem aber gelangte man 94 W. FRIEDENSBURG: auch direct vom Treppenabsatz in den mäfsig grofsen Bibliotheksraum des Institus, an welches sich das Arbeits- und Empfangszimmer des Secretärs anschlofs; dazu kam ein kleineres, durch einen schmalen Corridor von letzterem setrenntes Zimmer zur Aushülfe, welches aber kaum benutzt zu werden brauchte. Auf diese Weise kam die seit vier Jahren so viel ventilirte Frage der Unterbringung des Instituts zu einer im Grofsen und Ganzen vorerst befriedigenden Lösung. Um die nämliche Zeit vollzog sich auch in der Leitung des Vatiea- nischen Archivs ein Wechsel. Monsignor Ciasca, der bisherige Präfeet, trat als Prosegretario (hernach Segretario) zur Congregation de propaganda fede, aus welcher Stellung er seither, 1899, zum Cardinalat aufgestiegen ist. In der Verwaltung des Archivs folgte ihm Monsignor Luigi Tripepi, der jedoch — um das hier gleich vorwegzunehmen — auch nur zwei Jahre in jener Stellung verblieb.‘ Nach ihm griff der Papst zu der anfänglichen Einrichtung zurück, einen Cardinal dem Archiv vorzusetzen, um dessen Gleich- stellung mit der Vaticanischen Bibliothek auch äufserlich zum Ausdruck zu bringen. Und zwar wurde für den Posten des Cardinalarchivars kein Ge- ringerer ausersehen als Luigi Galimberti, der bekannte päpstliche Diplomat und langjährige Nuntius in Wien, der im Consistorium des 16. Januar 1893 den Purpur erlangt hatte. Im Herbst 1894 wurde Galimberti dem Vati- canischen Archiv vorgesetzt, leider aber schon am 7. Mai 1396 von einem vorzeitigen Tode ereilt. Sein Nachfolger im Archiv wurde wieder eine Emi- nenz, Francesco Segna, seit dem 18. Mai 1894 Cardinal; er steht noch heute an der Spitze des Archivs als der fünfte Präfeet, den dieses seit seiner Eröffnung gehabt hat. Übrigens haben diese wiederholten Veränderungen an der Spitze des Archivs keineswegs einen Systemwechsel bedeutet. Allzu oft und unzwei- deutig hat Papst Leo XII. seinen festen Willen bekundet, die Schätze des päpstlichen Archivs allen Männern der Wissenschaft unterschiedslos zur Verfügung zu stellen’, als dafs der Eintritt eines neuen Archivpräfeeten ' Er ist hernach Substitut des Cardinal-Staatsseeretärs geworden und hat schlielslich ebenfalls den rothen Hut erhalten. ® Auch der Verfasser dieses Berichtes hatte die Ehre, aus dem Munde des Papstes selbst zu vernehmen, einen wie hohen Werth er darauf lege, dals seine Intentionen in Betreff der Freigebung des Archivs in vollstem Malse zur Ausführung kämen, bei Gelegenheit einer Privataudienz, die er am ı. Juni 1898 bei Seiner Heiligkeit hatte und in der sich der Papst über alles, was das Archiv und dessen Benutzung betraf, eingehend unterrichtet zeigte. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 35 hätte in dieser Beziehung Änderungen herbeiführen können. Bei alledem ist natürlich nieht in Abrede zu stellen, dafs auch bei principieller Libe- ralität, bei den weitherzigsten Grundsätzen die Art und Weise, in der diese zu praktischer Anwendung kommen, sehr wesentlich von der Haltung der Beamten des Archivs abhängt, sowohl von den ausführenden Organen, mit denen der Benutzer täglich in Berührung kommt und an die er seine Wünsche unmittelbar zu richten hat', als auch von dem Präfeeten, der den ihm unter- stehenden Beamten die Weisungen für ihr Verhalten in diesem täglichen Verkehr mit den Benutzern zu ertheilen hat. In der That aber kann das Entgegenkommen nicht genug gerühmt werden, welches das Institut bei allen den genannten Herren Präfeeten unentwegt gefunden hat; sie Alle haben sich die gröfsten Ansprüche auf die dauernde Dankbarkeit der sämmt- lichen Mitglieder des Instituts, ganz besonders des Secretärs, erworben. Auch Seine Eminenz der gegenwärtige Cardinalarchivar giebt täglich Be- weise seines Bestrebens, die ihm anvertrauten Schätze in der bequemsten und ausgedehntesten Weise den Forschern, von denen das preufsische In- stitut jahraus, jahrein ein stattliches Contingent stellt, zugänglich zu machen. War und ist aber das gute Einvernehmen zwischen der Leitung und den Beamten des Vaticanischen Archivs — und wir dürfen sogleich hin- zufügen: auch der Vatieanischen Bibliothek? — einerseits und dem preu- (sischen Institut andererseits eine der Grundlagen, auf denen die Erfolge des letzteren beruhen, so haben dessen Arbeiten ferner eine wesentliche Erleich- terung und Förderung durch mehrere sehr erfreuliche Neuerungen erfahren, die im zweiten Jahrzehnt nach der Eröffnung des Vaticanischen Archivs sich vollzogen haben. An erster Stelle ist da der Herrichtung eines neuen Ar- beitssaales zu gedenken, wozu die Initiative, wie schon erwähnt, noch auf Cardinal Hergenröther zurückgeht, wennschon dieser die Einräumung des ! Der früher genannte zweite Custode Don Gregorio Palmieri O.S.B., der dem In- stitut in dessen ersten Jahren die wesentlichsten Dienste geleistet, ist- im Herbst 1895 von seiner Stellung am Archiv zurückgetreten. Dagegen gereicht es dem Verfasser zu grolser Genugthuung sagen zu können, dals die beiden Unterarchivare, Monsignore Pietro Wenzel und Dr. Heinrich Denifle ©. S. D., noch heute auf ihren Posten stehen und in liebenswürdigster Förderung aller vom Institut betriebenen Arbeiten mit einander wetteifern. 2 Dies gilt vor Allem von dem Augenblick ab, da der gegenwärtige Präfeet der Va- ticana, Pater Franz Ehrle S.I., sein Amt angetreten hat. Das verständnilsvolle Entgegen- kommen dieses Herrn gegenüber allen wissenschaftlichen Bestrebungen hat von Anfang an auch das preulsische Institut in vollem Mafse erfahren und erfährt es täglich mehr. 96 W. FRIEDENSBURG: Saales an die Benutzer nicht mehr erlebte. Statt des ursprünglichen, unter dem Niveau der Strafse gelegenen, der Einwirkung der Sonne entzogenen und auf einen feuchtkalten Hof gehenden, steingepflasterten Raumes wurde jetzt ein benachbarter, an der Stralse (Via delle Mur) und auf deren Niveau gelegener Raum gewählt, den man mit einem Holzfulsboden versah. Durch mehrere hohe und breite Fenster, die nach der Strafse gehen, fällt reich- liches Lieht in’s Innere, welches von zwei, durch einen Mittelgang ge- trennten Reihen hinter einander aufgestellter Tische zu je drei Plätzen ein- genommen wird. Im Ganzen ist Platz für etwa 60 Benutzer vorhanden.' Neuerdings ist man dann in der Sorge für die Bequemlichkeit der Archivbesucher noch einen Schritt weiter gegangen, indem auf Veranlassung des gegenwärtigen Cardinalarchivars der Benutzerraum im Herbst 1899 mit Röhrenheizung versehen worden ist, mittels der sich auch bei strenger Winterkälte eine recht angenehme Temperatur erzielen läfst, so dafs ge- genwärtig auch die äulseren Bedingungen, unter denen der Benutzer des Vaticanischen Archivs arbeitet, gar nicht angenehmer und zweckmälsiger sein können — in wohlthätig empfundenem Gegensatz zu den Zuständen des ersten Jahrzehnts, wo während des Winters der Benutzer mit dem Hut auf dem Kopf, in Mantel oder Pelz tief eingehüllt, die Füfse in den pelzgefütterten Fuflssack versenkt, trotz alledem bis auf die Knochen durch- fror und es in der That eines guten 'Theils von Begeisterung für die Ar- beit bedurfte, um sich über die ungünstigen äufseren Bedingungen, unter denen sie stattfand, zu erheben. Eine andere, nicht weniger fördernd wirkende Neuerung am Vatican ist die Einrichtung der sogenannten Biblioteea Leonina oder Consultations- bibliothek, die im Herbst 1892 zum Vollzug kam, nachdem sie schon eine längere Vorgeschichte gehabt hatte. Bei dem mit Papst Leo XII. in den Vatican eingezogenen wohlwollenden Verständnifs für wissenschaftliche Bestrebungen konnte der Übelstand nicht unbeachtet bleiben, dafs die grofse Masse der gedruckten Bücher, die im Lauf der Jahrhunderte im Vatican sich angesammelt hatten und unter denen die gröfsten bibliographischen Seltenheiten waren, seit Langem der Benut- zung gänzlich entzogen waren. Von den Zeiten Papst Gregor’s XVI. ab lagen nämlich diese Bücher, die vormals mehrere Säle der langen Galerie ! In den Zeiten grölserer Frequenz reicht allerdings der Saal nicht aus, sondern eine Anzahl von Benutzern muls in den Nebenräumen Platz suchen. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 37 der Vaticanischen Bibliothek eingenommen hatten, hier aber von den Hand- schriften verdrängt worden waren, unbenutzt und unbenutzbar in den so- genannten Zimmern der Borgia (Stanze Borgia) aufgeschichtet, welche, von Alexander VI. Borgia eingerichtet und von Giovanni da Udine, Pierin del Vaga, Bonfili und vor Allem Pinturiechio in unübertrefflicher Weise künst- lerisch ausgeschmückt, den schönsten Räumen des Vaticans zugerechnet werden müssen. Abgesehen davon, dafs die Bücher hier, wie gesagt, nicht benutzt werden konnten, verunstalteten sie auch noch die sie bergenden Räume. Schon 1889 trat daher, auf Anregung des Papstes, die Bibliotheks- commission der Frage der anderweiten Unterbringung der Bücher näher. Es fand sich auch für letztere ein passender Raum in der sogenannten Ar- meria, einem direct unter dem Prunksaal (Sala Sistina) der Bibliothek ge- legenen Saale von gleichen Dimensionen, welcher zur Aufbewahrung alter Waffen und dergleichen diente, die unschwer entfernt und anderswo auf- gestellt werden konnten. Die Armeria aber empfahl sich um so mehr für die Unterbringung der Bücher, als sie zwischen dem Archiv und der Bibliothek des Vaticans gelegen ist; vom Benutzersaal des ersteren ist ihr westliches Ende nur durch ein paar kleine Räume getrennt, während sie von der entgegengesetzten Seite aus mit dem Arbeitszimmer der Bibliothek leicht durch Anlegung einer Treppe, deren Bau auch alsbald unternommen wurde, in Verbindung zu bringen war; die Lage dieses Saales konnte also, wenn man darauf ausging, die Bücher den Forschern zugänglich zu machen, gar nicht günstiger gedacht werden. Während der Jahre 1890 und 1891 fanden die Arbeiten zur Herrich- tung des neuen Locals statt; sie bestanden zunächst in der Ausmalung des Saales, die mit grofser Sorgfalt im Stile der Zuccari ausgeführt wurde, so- dann in der Aufrichtung der für die Bergung der Bücher bestimmten Ge- stelle. Und zwar wies man letzteren ihren Platz nun nicht nur an den Wänden an, sondern eine Doppelreihe von Regalen wurde auch in der Mitte um die Pfeiler herum, welche die darüber befindliche Sala Sistina tragen, aufgestellt und zerlegte so den Saal der Länge nach in zwei gleiche Hälften. Endlich konnte nun auch der Transport der Bücher aus dem alten in das neue Local statthaben; er erfolgte in den Tagen vom 25.Mai bis ı 1. Juni 1892 nach einem praktischen System, welches eins der Mitglieder der Bi- bliothekscommission, Pater Franz Ehrle, in dem wir die Seele dieser ganzen Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. yehör. Gelehrter. 1903. 1. 13 98 W. FRIEDENSBURE: Neuerungen erblicken dürfen, erdacht hatte; auf das Nähere brauchen wir hier um so weniger einzugehen, als Pater Ehrle selbst die Sache im Cen- tralblatt für Bibliothekswesen eingehend beschrieben hat.' Das Wesentliche für uns ist nun aber nicht sowohl die im Übrigen ja auch sehr wichtige Herstellung der alten Fonds der Bücher, die in dem neuen Local begonnen wurde, als vielmehr die direete Nutzbarmachung des gedruckten Materials für die handschriftliche Forschung in der Vaticana und im Archiv durch die Begründung einer Nachschlagebibliothek in gröfstem Mafsstabe. Zu diesem Behufe wurden zunächst diejenigen Werke, die sich für die Zwecke einer solchen eigneten, aus den vorhandenen Fonds ausgeschieden; doch reichten letztere dafür keineswegs aus, indem besonders die neueren Ver- öffentlichungen fast durchweg fehlten oder sich nur lückenhaft vorfanden. So verfiel man auf den Gedanken, sich an die Regierungen der einzelnen Staaten sowie deren Akademien und gelehrten Gesellschaften zu wenden und diese aufzufordern, entweder durch Geschenke geeigneter Bücher zu dem nützlichen Werk beizusteuern oder aber mit der Vaticanischen Biblio- thek in ein Tauschverhältnifs einzutreten und die eigenen Publicationen gegen die unter den Auspicien des Vaticans erschienenen werthvollen Ver- öffentlichungen, wie die gedruckten Kataloge der Vaticana, die Specimina paläographiea, die Regesten Honorius’ II. , Clemens’ V. und Leo’sX. u.s.w. einzutauschen. Es begreift sich, dafs dieser Appell nicht ungehört verhallte; war doch dureh das Mittelglied der am Vatican wissenschaftlichen Studien obliegen- den Gelehrten aller Culturstaaten der Erde die ganze gebildete Welt bei dieser Sache interessirt. Weitaus die meisten Regierungen und gelehrten Gesellschaften ergriffen daher mit Freude den gebotenen Anlafs, einen Theil des Dankes abzutragen, den sie für den vorbehaltslos und vorurtheilslos gewährten Zutritt zu den Schätzen des Vaticans dem erleuchteten Papste und seinen Organen in so reichem Mafse schuldeten. So trafen binnen Kurzem aus aller Herren Länder die Büchersendungen am Vatican ein, und beinahe über Erwarten reich war der Bestand, aus dem man die geplante Nachschlagebibliothek herrichten konnte. Ihre Aufstellung aber fand letztere in der südlichen Längshälfte des geschilderten Saales, während dessen nörd- ! Ba.VIll, S. 504 fl. Vergl. im Übrigen noch M. Ugolini, La Nuova Biblioteca Leo- nina nel Vaticano (mit einem Plan des neuen Saales), und A. Sacco, Le nuove Sale della Biblioteca Leonina in Vaticano. Roma 1893. 4°. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 99 liche Hälfte den übrigen, für die Consultationsbibliothek nicht in Frage kommenden Werken vorbehalten blieb. Jene aber zerfällt zunächst in zwei Theile': einen kleineren, der diejenigen Rubriken umfalst, die vorwiegend für das Studium der Handschriften der Vaticana in Frage kommen, also im Wesentlichen die theologischen und philologischen Diseiplinen, und einen gröfseren, der sich in den Dienst der auf‘ dem Archiv betriebenen Studien stellt, d.h. Geschichte des Mittelalters und der neueren Zeit betrifft. Über den Bestand der einzelnen Unterabtheilungen zur Zeit der Eröffnung dieser Bibliothek orientirt eine von einem der Beamten der letzteren, Monsignore Ugolini, herrührende Übersicht”; doch wird es daneben nicht ohne Inter- esse sein, hier ein Wort über die deutsche Geschichte hinzuzufügen, wie sie sich gegenwärtig, nachdem inzwischen noch mancherlei hinzugekommen ist, in der Biblioteea Leonina darstellt. Die Section Deutschland” zerfällt in Reiehsgeschiehte und Geschichte der einzelnen deutschen Länder und Landestheile. Unter Reichsgeschichte finden wir vollständig die Monumenta Germaniae historica, die Reichstags- acten beider Serien, die Regesta und Acta Imperi, Jaffe’s Monumenta, die vielbändige Geschichte der Wissenschaften in Deutschland; ferner die Publicationen der römischen Institute deutscher Nationalität: die Nuntiaturbe- richte des preufsischen und des österreichischen Instituts, die Quellen und For- schungen des Instituts der Görresgesellschaft. Es folgt Preufsen; hier haben wir den Riedel’schen Codex diplomatiecus Brandenburgensis, die stattliche Reihe der Publicationen aus den preufsischen Staatsarchiven, die Politische Correspondenz Friedrich’s des Grofsen, die Denkmäler der preufsischen Finanzverwaltung, sowie die Sitzungsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften. Dann die preufsischen Provinzen und Städte; von deren Publicationen nennen wir die Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, die Veröffentlichungen der Gesellschaft für rheinische Geschichts- kunde, eine reiche Litteratur zur Geschichte und Statistik der Städte Cöln und Frankfurt. Schlesien wird repräsentirt durch die Zeitschrift des dortigen Vereins für Geschichte und Alterthumskunde, die von derselben Gesell- ' Die verschiedenen Unterabtheilungen und der Standort einer jeden sind aus der Karte ersichtlich, die Ugolini seiner Veröffentlichung beigegeben hat. ® In der angeführten Schrift; vergl. auch Historisches Jahrbuch XIV, S. 476 ff. (1893). ® Ihr gegenüber hat die sehr reiche Büchersammlung zur Geschichte Österreich- Ungarns Aufstellung gefunden. 100 W. FRIEDENSBURG: schaft besorgten Acta publica sowie den Codex Silesiae diplomatieus und die Scriptores rerum Silesiacarum; die Provinz Posen durch die Zeitschrift ler historischen Gesellschaft daselbst; Pommern durch das Urkundenbuch und die baltischen Studien; für Preufsen finden sich die Acten der Stände- tage und die Publicationen des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreufsen; für Schleswig-Holstein das Archiv der schleswig-holstein- lauenburgischen Gesellschaft u. A. m. Aus den Werken zur Geschichte der kleineren nord- und mitteldeut- schen Staaten erwähnen wir die thüringischen Geschichtsquellen und die Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte; sodann den Codex diplo- maticus Saxoniae Regiae und die Abhandlungen der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften nebst den Verhandlungen der philologisch- historischen Classe der Leipziger Gesellschaft der Wissenschaften; weiter das mecklenburgische, bremische, lübeckische Urkundenbuch und die Zeit- schrift des Vereins für lübeckische Geschichte. Es folgt Süddeutschland: aus Württemberg erblicken wir das Urkundenbuch und die Vierteljahrs- schrift für Landesgeschichte; auch die stattlichen fürstenbergischen Ur- kundenpublicationen haben hier Aufstellung gefunden. Sehr ansehnlich präsentirt sich Bayern mit den Monumenta Boica, Regesta Boica, den Ab- handlungen der historischen Classe der Münchener Akademie und deren Sitzungsberichten, sowie mit mehreren Provinzialzeitschriften. Endlich sind noch Baden und das Elsafs hervorzuheben mit ihren von den Archivdiree- tionen sehr zweckmälsig zusammengestellten Colleetionen, die alle wiehtigeren Werke zur Geschichte und Statistik der beiden Lande und ihrer Theile, sowie aus den Gebieten der historischen Hülfswissenschaften (Diplomatie, Paläographie, Wappenkunde u. s. w.) enthalten. Am 23. November 1892 wurde die neue »Leoninische« Bibliothek — so benannt nach ihrem hochherzigen Stifter — durch den Cardinalbibliothekar Alfonso Capecelato in Anwesenheit mehrerer an der Curie beglaubigter Vertreter fremder Mächte und einer grofsen Anzahl von Forschern aus allen Ländern der Benutzung feierlich übergeben; seitdem steht sie an jedem Arbeitstag von 9 bis ı Uhr den auf der Vaticana und im Archiv zuge- lassenen Forschern zur Verfügung, welche die Bücher, deren sie bedürfen, nicht nur selbst den Gestellen entnehmen, sondern sie auch in den Ar- beitssälen bei und mit den Handschriften benutzen dürfen. Die Brauch- barkeit der Bibliothek aber erhöhen die beiden noch in der Ausarbeitung Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 101 begriffenen Zettelkataloge, deren einer die Bücher in alphabetischer Folge, der andere nach der Aufstellung verzeichnet. Um die nämliche Zeit, da die Nachschlagebibliothek eingerichtet wurde, erfuhr der Bestand des Archivs eine sehr beträchtliche Vermehrung und Bereicherung, welche für die Arbeiten des Instituts von höchster Bedeu- tung werden sollte. Zu denjenigen päpstlichen Archivalien, die bis dahin aufserhalb des Geheimarchivs an ihrem Entstehungsort aufbewahrt wurden und deshalb im Allgemeinen schwer zugänglich waren, gehörten die Acten der Datarien, d.h. derjenigen Behörde der Curie, welche »die in foro externo erbetenen ordentlichen Gnadenacte zur Entscheidung durch den Papst vorbereitet, die entschiedenen mit dem Datum versieht (daher der Name), in die übliche Form bringt, registrirt und den Expeditoren zur amtlichen Ausfertigung überweist«.' Die aus der Registrirthätigkeit des Datars erwachsenen Canzlei- register nun, welche Abschriften aller Ausgänge in Gnadensachen ein- schliefslich der Verleihung von Pfründen aller Art enthalten und daher, wie man leicht einsieht, die wichtigste, ja unerläfsliche Ergänzung zu den Bullenregistern bilden, blieben bisher, in einem Saal des lateranensischen Palastes aufbewahrt, nicht nur der Benutzung für wissenschaftliche Zwecke so gut wie gänzlich entzogen, sondern auch der Forschung beinahe un- bekannt. Noch im Jahre 1883 lernte von Ottenthal nur zwei versprengte Bände dieser Abtheilung kennen und vermochte lediglich nach Citaten in einem älteren Werk und aus inneren Gründen das Vorhandensein einer grofsen Serie dieser Bände zu erschliefsen.” Nachdem aber durch den ge- nannten Gelehrten einmal auf diese Schätze aufmerksam gemacht worden war, ruhten die dabei interessirten Forscher nicht, bis man wenigstens über deren Aufenthalt näheres erfuhr: ja, es wurde bereits 1886 durchgesetzt”, dafs ein Theil jener Bände, nämlich die Register der Päpste Bonifaz IX. und Eugen IV., provisorisch in die Räume des Geheimarchivs übertragen wurden, wo sie nun in Mufse und Bequemlichkeit benutzt werden konnten. ! So definirt Bangen, Die römische Curie, ihre gegenwärtige Zusammensetzung und ihr Geschäftsgang (Münster 1854) S. 399. ® von Öttenthal, Bullenregister Martin’s V. und Eugen’s IV., in Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband I, 400ff., besonders S. 495 und 498 (1883). Vergl. denselben in Mittheilungen des Instituts, Ergänzungsband III, 335 ft. (1890— 1894). ® von Öttenthal im Ergänzungsband II a. a. O. 102 W. FRIEDENSBURG: Diese provisorische Übertragung aber wurde dann nieht nur zum Defini- tivum, sondern es folgte ihr auch die endgültige Überführung der ganzen Masse jener Bestände und ihre dauernde Vereinigung mit dem Geheim- archiv. Die Reihe dieser Register! beginnt mit Bonifacius IX., aus dessen fünfzehn Regierungsjahren (1389 — 1404) nicht weniger als 118 Bände vor- handen sind; im Ganzen wird die Masse auf etwa 2200 Bände geschätzt.” Ihre Aufstellung fanden die Registra Lateranensia, wie man diese Serie nach dem bisherigen Aufenthaltsort im Gegensatz zu den Bullen- oder vati- canischen Registern zu bezeichnen pflegt, in den neuerdings zum Archiv geschlagenen Sälen, welche die Verbindung zwischen dessen Geschäfts- räumen und dem Saal der Consultationsbibliothek herstellen; hier befinden sich jene Register in dem durch eine Galerie gebildeten oberen Theil, während unten eine andere verwandte Serie aufgestellt ist, die der soge- nannten Supplikenregister, die bis dahin an einer anderen Stelle des Vati- cans aufbewahrt gewesen und daher ebenfalls von der Benutzung ausge- schlossen geblieben waren.” Dies sind diejenigen Register, in welche man die an der Curie eingereichten Bittschriften eintrug, nachdem sie die Ge- nehmigung des Papstes erhalten hatten; ein auf diese Genehmigung be- züglicher Vermerk ist der Abschrift stets beigefügt. Diese Registra Suppli- cationum stellen also gleichsam die Vorstufe zu den Lateranensia dar, welche letzteren bestimmungsmäfsig die nämlichen Stücke, nur in der späteren Re- daction, enthalten, d.h. in der Form, in der sie ausgingen. Da indefs die beiden Serien sich thatsächlich durchaus nicht immer decken, indem sowohl aus der einen wie der anderen zahlreiche Bände im Laufe der Zeiten verloren gegangen sind, so stellt eine jede neben der anderen doch noch eine wesent- liche Bereicherung des Materials dar.” Auch reichen die erhaltenen Suppliken- bestände zeitlich weiter zurück als die andere Serie; sie beginnen mit ' Vergl. Miltenberger im Historischen Jahrbuch XV. (1894), S. 252— 254. ®” So Schmidt im Historischen Jahrbuch XIV (1893), S. 477. ® Dies gilt von der grofsen Überzahl der auf 7500 Bände geschätzten Suppliken- register. Rund 100 Bände, die sich auf die Pontificate Clemens’ VI., Innocenz’ VI. und Urban’s V. und der Gegenpäpste Clemens’ VII. und Benediet’s XIII. vertheilen, befanden sich schon länger im Geheimarehiv; vergl. Palmieri, Manuductio. * In späterer Zeit kam es häufiger vor, dafs bei Bewilligung eingereichter Suppliken auf Ausfertigung verzichtet wurde und in Folge dessen die Eintragung in die Lateranregister unterblieb. Umgekehrt muls jedes Stück der Lateranregister auch in einem Suppliken- register vorliegen oder vorgelegen haben. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 105 Clemens VI. (1342— 1352) und sind für diesen sowie dessen beide nächsten Nachfolger, Innocenz VI. und Urban V., sowie für die Avignonesischen Gegenpäpste Clemens VO. und Benediet XII. allein vorhanden, während wiederum von den Päpsten von Bonifaz IX. bis einschliefslich Johann XXI. nur Lateranregister vorliegen. Diese quantitativ wie qualitativ ungemein erheblichen Bereicherungen des Bestandes des Vaticanischen Archivs kamen in wunderbar günstiger Weise einem Projeete zu statten, das am preufsischen Institut schon länger gehegt worden war, bisher aber noch keine bestimmte Gestalt angenommen hatte. Es handelte sich darum, alle Germanica, die man in den Sammlungen Roms und anderswo anträfe, zu verzeichnen. Zu diesem Behufe war bereits eine Reihe von Handschriftenverzeichnissen innerhalb Roms und aufserhalb für deutsche Geschichte systematisch durchgenommen worden. Im Besonderen aber richtete sich bald die Aufmerksamkeit auf die päpstlichen Register des späteren Mittelalters. Diese waren freilich vom Standpunkt einzelner deut- schen Länder und Landestheile schon wiederholt durchmustert worden': von den Versuchen, sie unter der Aegide des Instituts für die Geschichte der östlichen Provinzen des preufsischen Staates und der Stadt Bremen zu fructificiren, haben wir ja bereits oben eingehend gesprochen, dabei aber auch die Schwierigkeiten angedeutet, die dieser Art der Forschung vom territorialen Standpunkte aus entgegenstehen. Weil nämlich in den päpst- lichen Registerbänden — und das gilt nicht nur von der alten vaticanischen Serie, sondern ebenso von den neu hinzutretenden Reihen der Lateran- und Supplikenregister — ausschliefslich das chronologische Anordnungs- prineip herrscht, so mufs jeder Forscher, der für ein bestimmtes Gebiet sammelt, alle Bände, einen nach dem anderen, und zwar Blatt für Blatt durchnehmen, was dann bei dieser Art von Forschungen fast durchweg zur Folge gehabt hat, dafs die betreffenden Benutzer, die doch meist über eine beschränkte Zeit verfügten, ihre Arbeit vorzeitig haben abbrechen müssen; wenigen nur ist es gelungen, erheblich über die Mitte des 14. Jahr- hunderts oder den Beginn der grofsen Kirchenspaltung vorzudringen. Unter diesen Umständen und Angesichts der Zeit- und Arbeitsvergeudung, die ' Vergl. die Zusammenstellung von L. Schmitz, Übersicht über die Publicationen aus den päpstlichen Registerbänden des 13. und 14. Jahrhunderts, vornehmlich seit dem Jahre 1881, in der Römischen Quartalsschrift VIII (1893), S.209— 223; und Charles H. Haskins, The Vatican Archives, Sep.-Abdr. aus der American Historical Review, vol. II, No. ı (Oktober 1896). 104 W. FRIEDENSBURG: dadurch herbeigeführt wurde, dafs die nämlichen Bände immer wieder bald für dieses, bald für jenes Territorium durchgenommen wurden, mulfste sich das Bedürfnifs nach einer systematischen Durcharbeitung und Verzeichnung der päpstlichen Register für den ganzen Umfang der deutschen Lande, und zumal auch jenseits der eben erwähnten Zeitgrenze je länger desto mehr geltend machen, sogar noch ehe durch den Zutritt der neuen Serien die bisherige Art der Ausbeutung der Register noch mehr erschwert wurde. Allerdings war das eine Aufgabe, die, wie auf der Hand liegt, die Kräfte eines privaten Forschers weit überstieg. Um so mehr schien sich ihre Lösung für das Institut zu eignen, welches eine ständige Einrichtung dar- stellte, des Terrains kundig und bei den mafsgebenden Factoren bestens acereditirt war, also auf jede Art der Erleichterung der Arbeit hoffen durfte. Für’s erste freilich fehlten dem Institut die Mittel und die Arbeitskräfte, um ein so weit aussehendes Unternehmen zu beginnen. Der Secretär Quidde hatte seiner Zeit geglaubt, die Sache auf einem anderen Wege einleiten zu können. Es traf sich, dafs damals, gegen Ende des Jahres 1891, Vertreter der Württembergischen wie der Badischen historischen Commission sich gleichzeitig, ohne von einander zu wissen, um Auskunft über die Archivverhältnisse am Vatican an das Institut wandten, mit Rücksicht darauf, dafs beide Commissionen daran dachten, die päpst- lichen Register für ihre Landesgeschichte, in der Weise, wie es früher für andere Provinzen und Territorien geschehen war, durcharbeiten zu lassen. Bald darauf lief auch aus dem Königreich Sachsen eine ähnliche Anfrage, von einem der Beamten des Dresdener Staatsarchivs, ein. Dieses Zusammentreffen führte nun bei dem Secretär des Instituts zu der Erwägung, ob es sich nicht erreichen lasse, jene drei deutschen Terri- torien und andere, die sich etwa noch anschliefsen möchten, zu gemein- samer systematischer Arbeit zum Zweck der einheitlichen Durehnahme der Register und des sonstigen einschlägigen Materials unter der Direetive des Instituts zu vereinigen. Jede der historischen Commissionen oder geschichts- forschenden Gesellschaften u. s. w., die man zur Theilnahme gewinnen möge, sollte sich — das war der Gedanke — verpflichten, einen geeig- neten Gelehrten nach Rom zu senden, wo das preufsische Institut ebenfalls mindestens einen Mitarbeiter stellen würde. Die Forscher sollten dann die in Betracht kommenden Materialien unter sich vertheilen und jeder das, was ihm zufalle, für den Gesammtumfang von Deutschland durchnehmen Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 105 und alle das ganze Deutschland oder dessen einzelne Theile betreffenden Stücke verzeichnen: die Ausbeute würde später unter die verschiedenen Interessenten zu vertheilen sein, so zwar, dafs jedes Territorium die Ma- terialien erhielte, die es selbst beträfen, die Reichssachen aber dem Institut anheimfielen. Das ganze Unternehmen sollte unter der Leitung des Secretärs des Instituts stehen, der Form und Inhalt der allgemeinen Verzeichnisse bestimmen, die Ausdehnung des Begriffs Germanica definiren, die Verthei- lung der durchzunehmenden Bestände anordnen, kurz die allgemeinen Normen für die Arbeit festsetzen und ihre Ausführung überwachen sollte. Dieser Plan des Secretärs fand bei mehreren der in Frage kommen- den Commissionen und Gesellschaften, von denen man insbesondere noch die Gesellschaft für rheinische Geschichtskunde heranzuziehen hoffte, An- klang, und die Sache schien Anfangs nicht aussichtslos; allein an manchen Stellen hatte man doch auch Bedenken, und es mufs in der That wohl zweifelhaft erscheinen, ob bei einer derartigen Arbeitsweise alle Theilnehmer ihre Rechnung gefunden und das Unternehmen selbst einen gedeihlichen Fortgang gewonnen hätte. Viel aussichtsreicher stellte sich ein Weg dar, der zuerst von dem schon mehrfach erwähnten preufsischen Gesandten von Schlözer in einer an den preufsischen Minister der Auswärtigen Angelegenheiten gerichteten Denkschrift vom 9. Mai 1392 gewiesen wurde. Der Gesandte brachte näm- lich die Entsendung von etwa vier jüngeren Gelehrten nach Rom in Vor- schlag zu dem ausschliefslichen Zweck, ein »Repertorium Germanicum« anzufertigen, d. h. alle im Vaticanischen Archiv vorhandenen Urkunden und Acten über Gegenstände der allgemeinen deutschen Reichs- und der spe- ciellen Territorialgeschichte nach sachlicher Ordnung zu verzeichnen, eine Arbeit, die im weiteren Verlauf allenfalls noch auf einige andere wichtige italienische Archive ausgedehnt werden möge. Mit dem Institut aber sollte dieses neue Unternehmen dadurch in Verbindung gebracht werden, dafs es der Leitung des Seceretärs unterstehe. Wenn, meint der Gesandte am Schlusse seiner Denksehrift, für eine derartige Aufgabe, deren Dauer er einstweilen auf vier Jahre anschlug, die Mittel sich beschaffen liefsen, so würde damit der vaterländischen Geschichtsforschung eine Förderung ge- währt werden, wie sie gröfser und fruchtbarer kaum gedacht werden möge.! ! Es mag in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dals der Gesandte von Schlözer, den wir wiederholt während jener ersten Jahre sich als Gönner des Instituts bewähren sahen, Phil. - hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. TI. 14 106 W. FRIEDENSBURG: In Berlin fanden diese Vorschläge bei den Ministern des Auswärtigen wie des Unterrichts beifällige Aufnahme. Letzterer beauftragte die Akademie der Wissenschaften, sich zur Sache zu äulsern. Das daraufhin erstattete Akademie-Gutachten vom 14. Juni 1892 bezeichnete die Vorschläge des Gesandten nicht nur als höchst empfehlenswerth, sondern drängte auch darauf, dafs mit der Ausführung der Arbeit ohne Zeitverlust begonnen werde. Im Besonderen begrülste die Akademie es mit Freuden, dafs Preufsen mit dem projeetirten »Repertorium Germanicum« ein Werk schaffen werde, dessen Früchte der Geschichtsschreibung auch der übrigen deutschen Staaten in gleichem Malse zu Gute kommen müsse wie der des preufsischen Staates. Auch das Unterriehtsministerium, wie nicht minder die akademische Commission, legten, im Gegensatz zu den Intentionen des Secretärs, Werth darauf, dafs die Arbeit von Preufsen allein, ohne Unterstützung durch andere Regierungen und Vereine (wie ausdrücklich betont wurde) geleistet werde. Und bereits bot sich auch für die Beschaffung der Mittel eine Aussicht dar. Das Unternehmen, hatte schon von Schlözer geschrieben, verdiene es in jeder Weise, der Munificenz Seiner Majestät des deutschen Kaisers empfohlen zu werden, zumal gerade von Allerhöchster Stelle aus schon mehrfach Anregungen zur Hebung und Belebung der vaterländischen Geschichtsschreibung ergangen seien. In der That hatte dann Seine Majestät die Gnade, aus dem Dispositionsfonds für vier vom ı. April 1893 an zu rechnende Jahre eine gröfsere Summe zur Verfügung zu stellen, welehe aus- reichte, um aufser den erforderlichen sächlichen Aufwendungen drei oder vier Gelehrte in Rom zu unterhalten. So konnten also nun die Bearbeiter für das »Repertorium Germanicum« ausgewählt werden. In erster Linie wurde der Archivar Dr. Robert Arnold berufen, von dem wir bereits erwähnten, dafs er während einer kürzeren Anwesenheit in Rom dem Institut gute Dienste geleistet hatte. Er war seither wieder- um in den Verband des Geheimen Staatsarchivs in Berlin eingetreten, erhielt jetzt aber von Neuem Urlaub, um auf den ihm schon vertrauten Schauplatz in Rom zurückzukehren. Auch der ferner für das neue Unter-. kurz nach Abfassung der erwähnten Denkschrift, im Herbst 1892, von seinem Posten in Rom zurücktrat und bald darauf starb. Das Institut ist auch seinen beiden Nachfolgern, Ihren Excellenzen Otto von Bülow (1892— 1898, -} 1901) und Freiherrn von Rotenhan (seit 1898) für die stete Fürsorge, die es von ihnen erfahren hat, zu aufrichtigem Dank ver- pllichtet. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 107 nehmen gewonnene Dr. Josef Kaufmann, der ehemalige Mitarbeiter Quidde’s bei den Reichstagsacten, war in Rom kein Neuling mehr. Dazu kam als Dritter der Dr. phil. Johannes Haller aus Reval, der in Dorpat, Berlin und Heidelberg studirt und sich mit einer umfassenden Abhandlung über »Die deutsche Publieistik in den Jahren 1668 bis 1674, ein Beitrag zur Geschichte der Raubkriege Ludwig’s XIV.«, in vortheilhafter Weise in die Wissenschaft eingeführt hatte." Haller’s weitere Absicht war, sich Studien zur Geschichte des Baseler Coneils zuzuwenden; zu diesem Zweck kam er Ostern 1592 nach Rom, wo er einen gewissen Anschlufs an das Institut suchte. Da seine Studien sich auf die spätmittelalterliche Geschichte erstreekten, so schien er sich für die Arbeit am Repertorium Germaniecum desto mehr zu empfehlen. Für den vierten Bearbeiter ward die Lösung der Personenfrage einstweilen noch vorbehalten. Während so das neue Project festere Gestalt gewann, hatten bereits — am Schlufs des Arbeitsjahres 1891/92 und sodann nach der Wiederer- öffnung des Vaticanischen Archivs im Oktober 1892 — («lie Mitglieder des Instituts probeweise Repertorisirungen einzelner Bände, zumal aus den neuen Beständen, für die deutsche Geschichte vorgenommen, die den reichen Ertrag der hier zu gewinnen war, schon ahnen liefsen. Auch über die Periode, auf welche die Arbeit zunächst erstreckt werden sollte, hatte man sich im Allgemeinen schon verständigt. Das 13. Jahrhundert schied aus der Erwägung aus, da hierfür und ebenso für die Anfänge des 14. Jahrhunderts die Ecole francaise de Rome die Publication der vaticanischen Register be- reits in Angriff genommen hatte. Im weiteren 14. Jahrhundert war dann besonders für die Periode Kaiser Ludwig’s des Baiern, im Auftrag der Münchener Historischen Commission, von Riezler und Genossen ein reiches Material aus dem Vatiecan entnommen worden, während dort für die Epoche Karl’s IV. Werunsky u. A. gearbeitet hatten; auch territorial- geschichtliche Forschungen, wie beispielsweise die Arbeiten für die histo- rische Commission der Provinz Sachsen. die einen grolsen Theil von Niederdeutschland berücksichtigten, waren bis 1378 ausgedehnt worden. ' Zunächst als Heidelberger Dissertation, dann vollständig daselbst bei ©. Winter erschienen (1892). — In Dorpat hatte Haller bereits 1888 eine Dissertation über die »Thron- besteigung der Kaiserin Katharina I.« (abgedruckt in »Russische Revue« 1890) eingereicht. — Ferner veröffentlichte er 1892: »Die Verhandlungen von Monzon (1119). Zur Vorgeschichte des Wormser Concordats« (Neue Heidelberger Jahrbücher II, S. 147 ff.). 14* 108 W. FRIEDENSBURG: Bei diesem letzteren Jahre einzusetzen empfahl sich aber für das neue Unternehmen um so mehr, als die im Material vorherrschenden Pfründen- sachen mit dem Eintritt der grofsen Kirchenspaltung erhöhte Bedeutung gewannen, die sie in den späteren Wirren bis zum Abschlufs des Wiener Concordats von 1448 und dem Ende des Baseler Coneils behaupteten. Es kam hinzu, dafs die neuen Bestände der Supplikenbände und der Latera- nensischen Register — abgesehen von einigen Supplikenbänden Clemens’ VI. — nicht vor der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts einsetzen und ergie- biger erst mit dem Eintritt des Schismas werden. Bei dieser Lage der Dinge wurde also die Periode der Kirchenspaltung und der Reformeoneilien oder, nach Pontificaten bezeichnet, die Zeit von Urban VI. bis Eugen IV. einschliefslich (1378-—1447) zunächst zum Vorwurf genommen. In der ersten Novemberwoche 1892 fanden sich Arnold und seine Mitarbeiter in Rom ein, um ihre Studien zu beginnen. Gleich auf der Schwelle aber trat ihnen ein Hemmnifs entgegen. Die Görres-Gesellschaft nämlich theilte mit, dafs auch sie, veranlafst durch die Überführung der Lateran- und Supplikenregister in das Archiv, beschlossen habe, durch ihr römisches Institut Germanica aus den letzten Perioden des Mittelalters, vor- erst von Martin V. bis Nicolaus V. (1417 bis 1455) publieiren zu lassen; hierfür seien von ihr zwei jüngere Gelehrte angenommen, die bereits mit der Bearbeitung der Urkunden Martin’s V. begonnen hätten. Allerdings war das Absehen der Görres-Gesellschaft anfänglich mehr auf Publieirung einer Auswahl der einschlägigen Stücke als auf vollständiges Repertorisiren ge- richtet; aber es leuchtet ein, dafs trotzdem die doppelte Bearbeitung des nämlichen Zeitabschnitts Kraft- und Zeitverschwendung gewesen wäre. Vor der Hand richtete unter diesen Umständen das preufsische Institut seine Arbeiten auf die übrigen Pontificate des erwähnten Zeitraumes; den An- spruch auf die Bearbeitung auch der Periode Martin’s V. konnte man frei- lich nicht ohne Weiteres aufgeben. Andererseits näherte sich nach einiger Zeit die Görres-Gesellschaft der Arbeitsweise des preufsischen Instituts und ging zur Verzeichnung aller Germanica über. Auf Grund dessen bot sich der Ausweg einer Arbeitstheilung dar in der Art, wie sich das preufsische und das österreichische Institut in die Bearbeitung der »Nuntiaturberichte« getheilt hatten, so dafs etwa der Görres-Gesellschaft gegen Verzicht auf den übrigen vom preufsischen Institut beanspruchten Zeitraum die Regierungszeit Martin’s V. zugefallen wäre. Doch als dann im Frühling 1593 zwischen Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 109 dem Vertreter der Görres-Gesellschaft auf der einen und Arnold und Friedensburg auf der anderen Seite die Verhandlungen wieder aufge- nommen wurden, zeigte es sich, dafs die Görres-Gesellschaft nieht mehr auf die Bearbeitung des ganzen Pontificats Martin’s V. Werth lege, sondern zufrieden sein werde, wenn es den beiden Mitgliedern, welche den Winter über sich den Acten dieses Papstes gewidmet hatten, unverwehrt bleibe, die Früchte dieser Arbeit zu geniefsen; im Übrigen war die Görres-Gesell- schaft bereit, aus der ganzen Periode der Kirchenspaltung und der Con- cilien zu weichen, wofür sie die Zeit nach Eugen IV. zu künftiger Bear- beitung sich vorzubehalten gedachte. So kam es im April 1893 zu einem Abkommen, welches besagte: 1. Die Görres-Gesellschaft veröffentlicht alle Germanica aus den ersten sechs Monaten des Pontifieats Martin’s V., d.h. aus der Zeit des Aufent- halts des Papstes in Constanz (1417 November bis 1418 Mai), erklärt da- gegen, keine anderweitige Publication zu veranstalten oder zu unterstützen, welche mit dem von dem Königlich preufsischen historischen Institut ge- planten Repertorium Germanicum von 1378 bis 1447 ceollidiren könnte. 2. Das Königlich preufsische historische Institut erklärt, eine ent- sprechende Publication von Acta Germanica aus der Zeit von 1447 bis 1523 nicht veranstalten oder unterstützen zu wollen. Während der gedachten Verhandlungen waren die diesseitigen Arbeiten mit Eifer gefördert worden. Schon vor Ablauf des November hatte, nach vorgängiger Verständigung mit der Akademischen Commission, Arnold einen Arbeitsplan entworfen', der feststellte, welehe Rubriken von Aeten- stücken berücksichtigt werden sollten — nämlich die drei schon genannten Registerserien (Registra Vaticana, Lateranensia und Supplicationum), die Breven und die theils im Vaticanischen, theils im römischen Staatsarchiv aufbewahrten Acten der päpstlichen Finanzverwaltung — und sich ferner darüber verbreitete, was aus diesen Quellen aufzunehmen sein werde. Terri- torial ging Arnold sehr weit, indem er als Germanica alles bezeichnete, was sich auf Deutschland im Umfang von 1378 bezieht, hinzugenommen die gegenwärtig zu Preulsen gehörigen polnischen Gebiete, also — nach heutiger Gliederung — das deutsche Reich, die russischen Ostseeprovinzen, Österreich diesseits der Leitha, der Haupttheil der Schweiz, einige an ' Vergl. zum Folgenden auch die Einleitung zum hernach zu besprechenden ersten Bande des »Repertorium Germanicum«. 110 W. FRIEDENSBURG: Elsafs- Lothringen grenzende französische Gebietstheile, endlich Luxemburg, Belgien und die Niederlande. Aufserdem sollten gewisse Generalia auch für die östlichen und nördlichen Grenzlande (Ungarn, Polen, Rufsland und die skandinavischen Reiche) Berücksichtigung finden, beispielsweise die Sendung von Nuntien und anderes Derartige, was auf Deutschland zurück- wirken könne, und drittens Alles, was sich gelegentlich über Deutsche im Ausland finden werde, also besonders über Deutsche an der Gurie. Endlich wurde für die Anfertigung der Regesten ein bestimmtes Schema aufgestellt. Die akademische Commission stimmte diesen Vorschlägen durchweg bei; zugleich regelte sie — durch Verfügung vom December 1892 — das Verhältnifs des neuen Unternehmens zum Institut. Von dem ursprünglichen Gedanken, jenes gänzlich unter die Leitung des Secretärs zu stellen, war man bei der ersten Organisirung des »Repertorium Germanieum« da- dureh in etwas abgewichen, dafs man die Mitarbeiter an letzterem ein- ander nicht coordinirte, sondern Arnold mit der nächsten Verantwortung für das Ganze und der Einführung der übrigen Theilnehmer sowie der Überwachung ihrer Arbeiten betraute. Je mehr sich dann nach Inangriff- nahme der Arbeit deren Eigenartigkeit herausstellte, desto weniger konnte man dem Secretär, ohne ihn von seinen übrigen Obliegenheiten allzu sehr abzuziehen, die thatsächliche Leitung der Arbeiten am Repertorium zu- weisen. So wurde also durch die erwähnte Verfügung der akademischen Commission die selbständige und verantwortliche Leitung des neuen Unter- nehmens, die Vertheilung der Arbeitsfelder an die Gehülfen, die Sorge für die genaue Einhaltung der Instruction u.s.w. an Arnold übertragen, mit der Malsgabe, dafs er gehalten sein sollte, am Ende jedes Quartals einen kurzen Bericht über Gang und Ergebnisse der Arbeit dem Secretär des Instituts für die akademische Commission einzureichen. Auch sollte Arnold wich- tigere Vorkommnisse, z. B. ein etwa hervortretendes Bedürfnifs zur Änderung der Instruetion für das Repertorium, die Frage über den Beginn des Druckes, die Ausscheidung einzelner Materien aus der Publication u. s. w., mit dem Seeretär berathen, der letztere aber im Übrigen von der ständigen Be- aufsichtieung des neuen Unternehmens entlastet sein, um, soweit es die Amtsgeschäfte gestatteten, seine Arbeitskraft auf die Fortführung der »Nun- tiaturberichte« zu concentriren. Andererseits gedachte man, wie wir noch hören werden, Arnold als Assistenten in den engeren Verband des In- stituts einzufügen. Das Königlich Preujsische Historische Institut in Rom. 111 Die Arbeiten für das Repertorium Germanicum waren Anfangs ziemlich gleichmälsig sowohl für die Periode der Kirchenspaltung (1378—1417) wie für den Pontificat Eugen’s IV. (1432-— 1447) gefördert worden; die dazwischen liegende Periode Martin’s V. hatte wenigstens soweit Berück- sichtigung erfahren, wie zu vorläufiger ÖOrientirung über den Charakter des vorhandenen Materials erforderlich war. Das Schwergewicht der Arbeiten wurde dann aber je länger desto mehr auf die Periode Eugen’s IV. gelegt, für die das Material sich besonders reichhaltig erwies; auch war hier eine Reihe neu entstandener Registraturen am besten kennen zu lernen. Die Zahl der Mitarbeiter wurde am ı. April 1893 noch durch den Dr. phil. Jean Lulves aus Berlin, bis dahin Hülfsarbeiter an der König- lichen Bibliothek zu Aachen, verstärkt. Ferner arbeitete schon die ganze Zeit über als Volontär Dr. Ferdinand Wagner aus Hamburg mit, ein Schüler Max Lehmanns, der nach Abschlufs seiner Studien im Winter 1891 auf 1892 nach Rom gekommen war, hauptsächlich um nach Material zur Geschichte seiner Vaterstadt zu forschen. Dem Institut und seinen Mitgliedern war er auch bald persönlich näher getreten und hatte be- sonders an dem Plan der Repertorisirung, durch den ja auch sein eigenes Arbeitsziel gefördert wurde, Interesse gewonnen, so dals er seine Beihülfe unter Arnold’s. Direetive gern gewährte. Eine anderweitige wesentliche Erleichterung wurde dem Unternehmen dadurch zu Theil, dafs die vorhandenen Mittel sich als ausreichend er- wiesen, um die für die Feststellung der Orts- und Personennamen nöthigen literarischen Hülfsmittel zu beschaffen. So entstand eine eigene kleine Bibliothek, welche hauptsächlich geographisch -statistische Werke und Ur- kundenbücher umfafst. Durch die schon wiederholt erwähnte December-Verfügung der aka- demischen Commission wurde ferner der Leiter des Repertorium eom- missarisch zum ersten Assistenten des Instituts ernannt; die Absicht war dabei, dafs Arnold, wenn er seine Gehülfen in die Arbeiten für das Repertorium Germanicum gründlich eingeführt haben werde, sich dann wesentlich auf deren Beaufsichtigung beschränken, in seiner übrigen Zeit aber an der Hauptpublication des Instituts, den »Nuntiaturberichten«, mit- arbeiten solle, wovon ihm speciell die kaiserliche Nuntiatur unter Gregor XII., an deren Bearbeitung Quidde kaum die erste Hand gelegt hatte, zu- gedacht war. Allein, es stellte sich im weiteren Fortgang der Zeit immer 12 W. FRIEDENSBURE: deutlicher heraus, dafs die Leitung der Arbeiten für das Repertorium die volle, ungetheilte Hingabe Arnold’s erforderte. Dieser Thatsache trug die akademische Commission Rechnung, indem sie unter dem 24. März 1893 Arnold von der commissarischen Versehung der Stellung des ersten Assistenten am Institut wieder entband und ihn damit zugleich von der Verpflichtung befreite, an den Aufgaben des Instituts, besonders also der Herausgabe der »Nuntiaturberichte«, mitzuarbeiten; den Posten des ersten Assistenten aber übertrug sie dem bisherigen zweiten Assistenten Schellhafs. Den hierdurch erledigten Platz des zweiten Assistenten er- hielt ein jüngerer Historiker, der bisher ganz aufserhalb des Instituts gestanden, der Dr. phil. Georg Kupke aus Posen. Dieser hatte seine Studien von 1888— 1891 in Breslau, Berlin und Halle gemacht und an der letztgenannten Universität mit einer Abhandlung über »Das Reichs- vieariat und die staatsrechtliche Stellung des Pfalzgrafen bei Rhein« pro- movirt. Er bewarb sich dann um eine Anstellung im preufsischen Archiv- dienst und begann, 1892 nach Posen zurückgekehrt, am dortigen Staats- archiv aushülfsweise zu arbeiten. Hier erreichte ihn der Ruf nach Rom, dem zu entsprechen er nicht säumte. Durch Erlafs vom 7. Mai 1893 formell zum zweiten Assistenten des Instituts ernannt, traf das neue Mit- glied wenige Tage darauf in der ewigen Stadt ein. Daneben verblieb Dr. Heidenhain am Institut, zu dem er am ı. April 1893 als Hülfs- arbeiter in ein näheres Verhältnifs getreten war: die nämliche Stellung wurde am ı. October 1893 auch dem Dr. Kiewning zu Theil, dessen zweijähriges Villard-Stipendium an diesem Termin ablief, ehe er noch im Stande gewesen war, die übernommene Aufgabe — Bearbeitung und Heraus- gabe der Nuntiaturberichte aus Deutschland in der Periode des Mantua- nischen Erbfolgekrieges u. s. w. — zu einem gewissen Abschlufs zu bringen. Schon vorher hatte das Institut ihn durch Gewährung von Abschreiber- hülfe ausgiebig unterstützt; damals aber wurde ferner bestimmt, dafs auch Kiewning’s Publieationen unter die Veröffentlichungen des Instituts auf- genommen werden sollten. Im Frühling 1893, nach fünfjährigem Bestehen, hatte das Institut zum ersten Mal das Vergnügen, ein Mitglied der akademischen Commission in seinen Räumen zu sehen; es war Prof. Max Lenz, der vom Minister den Auftrag erhalten hatte, sich an Ort und Stelle über das Institut zu orientiren. Am ı2. April in Rom eintreffend, erlebte Lenz hier die Feier Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 113 der silbernen Hochzeit des italienischen Königspaares, welche für uns Deutsche durch die 'Theilnahme unseres Kaisers, der am 20. April die ewige Stadt betrat, eine besondere Bedeutung gewann. Lenz und der Secretär des. Instituts hatten bei diesem Anlafs die Ehre, am 25. .d.M. in der deutschen Botschaft auf «dem Capitol nebst einer Deputation der Deutschen Roms von Sr. Majestät empfangen zu werden. Um diese Zeit gelangte das Institut in den Besitz einer Anzahl wich- tiger Handschriften, nämlich der von der Direction der Königlich preufsi- schen Staatsarchive erworbenen Godices Minucciani, die von einer Turiner Buchhandlung zum Kauf angeboten worden waren. Der Director der Staats- archive beauftragte den Secretär des Instituts mit einer Prüfung dieser Papiere, die dem Studienkreis des letzteren nahe zu liegen schienen. Sie entstammen dem Nachlafs des schon erwähnten Minuecio Minucei, des- jenigen unter den päpstlichen Diplomaten des ausgehenden 16. Jahrhunderts, der die deutschen Verhältnisse wohl am genauesten kannte und uns über sie die schätzenswerthesten Aufzeichnungen hinterlassen hat.‘ Im Jahre 1551 in Serravalle, nördlich von Venedig, geboren, ging Minucei zum ersten Mal 1573 nach Deutschland als Secretär des Nuntius Bartolommeo Porzia, mit dem er im Laufe von fünf Jahren grofse Theile des Landes bereiste. In der Folge wurde er Secretär des Cardinalproteetors Deutsch- lands, Ludwig Madruzzo, Bischofs von Trient; als dieser 1582 in der Eigen- schaft eines päpstlichen Legaten zum Augsburger Reichstag entsandt wurde, begleitete ihn Minucei. Weiter finden wir letzteren 1582 und 1583 in Cöln für die Bischofswahl Ernst’s von Bayern wirken, von dem er im letztgenannten Jahre nach Madrid und Rom gesandt wurde. 1589 trat Minucei in herzoglich bayrische Dienste und nahm die Interessen des Her- zogs Wilhelm von Bayern im Cölnischen Krieg, zeitweise auch in Rom wahr, bis er 1591 von Papst Innocenz IX. der an der Curie neu ge- bildeten deutschen Abtheilung des Staatssecretariats vorgesetzt wurde. Aus dieser Stellung stieg er 1595 zum Erzbischof von Zara in Dalmatien auf; er verliefs Rom und verfügte sich auf seinen Bischofssitz, verlebte aber seine letzten Lebensjahre wiederum in Bayern, wo er 1609 starb. Sein handschriftlicher Nachlafs scheint zunächst an seinem Geburtsort Serravalle ! So urtheilt Hansen, der, wie oben bereits erwähnt, dem ersten Bande seiner »„Nuntiaturberichte« eine höchst interessante Denkschrift Minucei’s über den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland beigegeben hat (S. 737 ff.): Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1905. T. 15 114 W. FRIEDENSBURGE: aufbewahrt worden zu sein: schliefslich kam er nach Gonegliano in den Besitz einer Familie Gera, von der, wie es scheint, die erwähnte Buch- handlung die Manuscripte erwarb. Es sind 39 Bände, wovon 4 Bände Briefregister, S Bände Miscellanea, d.i. einzelne Denkschriften oder kleinere Gruppen zusammengehöriger Documente zur Zeitgeschichte; «den Rest bilden Abschriften von Conclavenberichten, Relationen, Instructionen sowie Samm- lungen zur Geschichte einzelner Länder, meist Stücke, die auch in anderen Bibliotheken und Sammlungen begegnen, dazwischen aber doch Einzelnes von selbständigem Werthe. Wichtiger sind jedoch die Miscellenbände; sie enthalten überwiegend solche Stücke, die mit der Wirksamkeit Minucei’s in einer gewissen Beziehung stehen. zum Theil geradezu aus ihr erwachsen sind. nämlich Denkschriften Minueei’s selbst über zeitgenössische Zustände und Verhältnisse; andererseits sind es Nachweisungen und Zusammen- stellungen über Gegenstände, mit denen sich Minueei amtlich zu beschäf- tigen hatte, d. i. ganz überwiegend Stücke zur deutschen Kirchengeschichte des ausgehenden 16. Jahrhunderts. Dazu kommen die 4 Briefbände, von denen die Nrr. 3 und 4 allerdings nur ein mälsiges Interesse beanspruchen können, da sie — wie auch ein Theil des ersten Bandes — von Minucei von dem Sitze seines Erzbisthums aus geschrieben sind; der grölsere Theil des ersten Bandes und der ganze zweite Band enthalten dagegen Corre- spondenzen Minueci’s aus der Zeit, da er an der Curie sich den deutschen Dingen zu widmen hatte; sie ergänzen die im Vaticanischen Archiv vor- liegenden amtlichen Briefregister des Nämlichen.' Auf‘ Grund des Berichts, den der Secretär über diese Manuscripte er- stattete, kaufte von Sybel sie für die Archivverwaltung an, deponirte sie aber auf‘ dem römischen Institut, wo sie alsbald von Hansen bei der Ausarbeitung seines zweiten Bandes benutzt wurden; für den schon vor- liegenden ersten Band konnte Hansen ihnen eine Anzahl wichtiger Nach- träge entnehmen, die er dann dem zweiten beigab.” Seither hat das Institut auf’ eigene Rechnung eine Reihe anderer Hand- schriften und Originalbriefe erworben, welche gegenwärtig von Schellhafs katalogisirt werden; auch besitzt das Institut eine kleine Sammlung päpst- licher Bleibullen, deren älteste Papst Gregor IV. (827 44) angehört. ! Am Ende des zweiten Bandes findet sich ferner eine Anzahl von Briefen, die Minucci in den Jahren 1556— 1588 von München aus nach Italien richtete. ?2 Ein ausführlicher Katalog der Minuceiana ist von Schellhals ausgearbeitet worden. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 115 6. Die Arbeiten des Instituts und dessen Schieksale von 1893 bis 1901. Indem wir uns nunmehr der Aufzählung und Betrachtung der Früchte zuwenden, welche seit dem Eintritt der im vorigen Abschnitt geschilderten Veränderungen aus der Thätigkeit des Instituts erwachsen sind, werden wir am besten chronologisch nach den Zeiträumen vorgehen, die zur Be- arbeitung standen. Wir beginnen demnach mit dem »Repertorium Germanicum«, für welches die Arbeiten in der angegebenen Art und Weise, unter Bevor- zugung der Epoche Papst Eugen’s IV., ihren ungestörten Fortgang nahmen. Ein unerwartet reiches Material häufte sich bald, zumal aus dem genannten Pontificat, an. Es fragte sich nun, in welcher Weise es verwerthet werden sollte. Im Anfang hatte man von Veröffentlichung durch den Druck ab- sehen wollen und daran gedacht, entweder eine beschränkte Zahl von Ab- zügen für die nächst interessirten Stellen mittelst Hektograph oder Schreib- maschine herstellen zu lassen oder lediglich Verzeichnisse der vorkommen- den Orts- und Personennamen mit Angabe der Fundorte zu drucken und die Regesten selbst handschriftlich bei der Archivverwaltung in Berlin oder beim römischen Institut zu hinterlegen. Aber es überwog dann doch der Wunsch, wenigstens in einem ausgeführten Specimen den Ertrag dieser eigenartigen Arbeit der Öffentlichkeit vorzulegen und zuförderst die Druck- legung eines ersten Bandes vorzubereiten. Freilich war gerade aus der Zeit Eugen’s IV., wie schon gesagt, die Ausbeute an deutschen Stücken eine sehr beträchtliche, und man erkannte bald, dafs es nur möglich sein werde, in einem einzelnen Bande den Beeinn dieses Pontificats unterzu- bringen, zumal da für den Anfang naturgemäfs manches ausführlicher ge- halten werden mulste, als es bei späterer Fortsetzung erforderlich sein wird. So hatte man zwar zuerst, besonders im Interesse der Raumersparnils, an die Herstellung ganz knapper Auszüge gedacht, welche nur den Adressaten oder Supplicanten, den möglichst kurz zu kennzeichnenden Betreff, das Ineipit und das Datum geben sollten. Allein es ergab sich, dafs die Ab- fassung eines eingehenden Regestes nicht viel mehr Zeit kosten werde als jene tabellarische Formulirung, für welche die betreffenden Urkunden doch in jedem Falle genau durchgelesen werden mufsten. So entschlofs man sich 15” 116 W. FRIEDENSBURG: also, in der Hoffnung, dadurch dem Benutzer, wenigstens in den meisten Fällen, das Zurückgreifen auf die Vorlage entbehrlich zu machen, den wesent- lichen Inhalt dieser in das Regest aufzunehmen, vor allem sämmtliche Orts- und Personennamen. Bis zum Jahre 1395 konnte das Material hierfür druckfertig gemacht werden. Der Druck, der besonders für das ausführliche Register sehr müh- sam war, zog sich aber noch durch das ganze folgende Jahr hin, so dafs der Band erst 1897 herauskam.' Er umfafst nur das erste Regierungsjahr Eugen’s IV, d.h. die Zeit vom ı1. März 1431 bis zum 10. (9.) März 1432 und enthält aus dieser Zeit auf 452 Druckseiten nicht weniger als 2828 Regesten; daran schliefst sich das Personen- und Ortsregister, welches die Hälfte des Raumes des Textes, nämlich 225 Seiten, einnimmt; vorausgeht auf 79 Seiten eine ausführliche Einleitung aus Arnold’s Feder, welche die »geographische Umgrenzung der Arbeit« erörtert (wovon schon die Rede war) und sodann das benutzte handschriftliche Material charakterisirt.” Ein fernerer Abschnitt der Einleitung verbreitet sich über den wissenschaft- lichen Ertrag des Bandes, worüber hier einiges mitgetheilt sei. Das Repertorium Germanieum soll, wie der Herausgeber ausführt, in erster Linie den Interessen der deutschen Local- und Provineialgeschichte dienen; die überwiegende Zahl der Urkunden betrifft Personalien, Ver- leihung von Pfründen, Processe um solche, Ertheilung geistlicher Gnaden. Für die grofse Politik war, nachdem Raynaldus die für diese in Betracht kommenden Actenserien bereits ausgebeutet hatte, wenig Neues zu erwarten; immerhin bietet der Band mancherlei über die Beziehungen Papst Eugen’s zu König Sigmund, über das Baseler Coneil, die Legation des Cardinals Giuliano Cesarini nach Deutschland, die Hussitenkriege und die durch diese herbeigeführten Umwälzungen (welche gelegentlich den Anlafs gaben, um Geistliche in andere Diöcesen zu versetzen u. s. w.), über Wirren in Ut- ! Repertorium Germanicum. Regesten aus den päpstlichen Archiven zur Geschichte des Deutschen Reichs und seiner Territorien im 14. und 15. Jahrhundert. Mit allergnädigster Unterstützung S. M. des Kaisers herausgegeben durch das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. Pontificat Eugen’s IV. (1431— 1447), I. Band, unter Mitwirkung von Joh. Haller, Jos. Kaufmann und Jean Lulves bearbeitet von R. Arnold. Berlin, A. Bath 1897. LXXIX. 677 Seiten. Das Vorwort der Akademischen Commission ist vom Mai 1897, die Einleitung Arnold's vom October 1896 gezeichnet. ® Einige Proben aus den verschiedenen Serien der benutzten Archivalien giebt Ab- schnitt 3 der Einleitung. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 117 recht, Trier, Strafsburg u. dergl.m. Das Wichtigste aber und das eigent- lich Charakteristische dieser Publication besteht darin, dafs der Forscher ein actenmälsiges, klares Bild davon erhält, wie tief die Curie beständig in die kirchliche Verwaltung eines grofsen Reiches, oft bis in die kleinsten Details, eingriff und bei den mannigfachsten Anlässen, meist aber auf Grund von Suppliken einheimischer, d. h. deutscher Curialen', den Geltungs- kreis der anderen kirchlichen Organe durchbrach. Da haben wir Ver- leihungen von Pfründen oder Expeetanzen durch den Papst unter mannig- fachen Modificationen, Bestätigungen von Unirungen, Incorporationen, von Schenkungen, Käufen, von Gründungen neuer Capellen und Altäre; Er- nennungen zu Üolleetoren, Cubicularien, GCursoren, Notaren, Pfalzgerafen ; Geleitsbriefe und Intereessionen bei den verschiedenartigsten Anlässen; so- dann Indulte und kirchliche Gnaden in grofser Zahl, z. B. Erlaubnifs der Wahl eines Beichtvaters mit besonderen Faeultäten, Ermächtigung, einen 8? Tragaltar zu führen, vor Tageslicht oder an Orten, die dem Interdiet ver- fallen sind, Messe zu hören; Dispens von den Fastengeboten, Frlaubnifs, Reliquien zu erwerben und zu übertragen, Entbindung von Eiden, Ab- lösung von Gelübden (besonders von versprochenen Wallfahrten zum heiligen Grabe); für Kleriker begegnet sehr häufig der Dispens vom defectus nata- lium sowie von den Folgen körperlicher Gebrechen, die nach dem kano- nischen Gesetz für den geistlichen Beruf untauglich machen; Dispens von den geistlichen Weihen, selbst bei Bischöfen, andererseits Dispens zum Empfang der Weihen (wenn der Bewerber das kanonische Alter noch nicht erreicht hatte), zur Vereinigung unvereinbarer Pfründen; Erlaubnifs zum Tausch von Pfründen, zum Verzieht auf‘ Benefieien unter Vorbehalt einer Pension aus ihren Erträgnissen; Ermächtigung, testamentarische Verfügungen zu treffen; sodann für Laien aufserordentlich oft Dispens von den Ehe- hindernissen, insbesondere wegen Verwandtschaft im verbotenen Grade. Dazu die zahlreichen Absolutionen, besonders Klerikern gegenüber, die auf die sittlicehen Zustände und Anschauungen der Epoche zuweilen ein recht be- zeichnendes Licht werfen. Im Besonderen stellt der Herausgeber ferner zu- sammen, was sich auf Ordensleute und Klöster, auf Wissenschaft und Unter- richt, auf Recht und Processe, was endlich sich auf Gewerbe und Verkehr ! Die verbreitete Anschauung, als ob deutsche Pfründen durch die Curie in weitesten Umfang an Auswärtige verliehen worden seien, trifft nach den Ergebnissen der Arbeiten für das »Repertorium« nicht zu. 118 W. ERIEDENSBURG: bezieht; man sieht, auch die Culturgeschichte ist an den Erträgnissen des Bandes betheiliet. Endlich gewährt die Publication auch den deutlichsten Einblick in den ganzen Geschäftsgang und das Rechnungswesen an der Curie, deren Zusammensetzung man zumal aus dem Register ersieht, wo unter dem Stich- wort Rom auf nicht weniger als sieben Seiten das reichste Material zur Kenntnifs des Personals der Curie, ihrer Behörden und Einriehtungen über- sichtlich verzeichnet ist. Entsprechend finden sich überhaupt im Register, welches mit ausgiebigster Heranziehung der während der römischen Sommer- ferien auf deutschen Bibliotheken durehgearbeiteten provincial- und local- geschichtlichen Literatur angefertigt ist, unter den einzelnen Ortsnamen die einzelnen Kirchen und Pfründen und deren Angehörige und Inhaber sowie die Laien und was sonst vorkommt zusammengestellt, so dafs der Benutzer auf den ersten Blick ersieht, was für jede einzelne Ortschaft sowie auch für jede Diöcese (unter dem Bischofssitz als Stiehwort) in dem Bande zu finden ist.! Etwa gleichzeitig mit der Ausgabe des ersten Bandes des »Reper- torium Germanicum« schied — zum ı. April 1897 — Dr. Haller auf seinen Wunsch aus der Reihe der Bearbeiter aus und verliefs Rom, um sich in Basel an der Herausgabe des Baseler Urkundenbuches zu betheiligen; er wurde zum 1. November des nämlichen Jahres durch den Dr. phil. Alfred Vahlen aus Berlin ersetzt, einen Schüler Weizsäcker’s, dessen Andenken er seine im Jahre 1892 erschienene Dissertation über den deutschen Reichs- tag unter König Wenzel widmete.” Inzwischen war bereits, mit dem letzten März 1897, der vierjährige Zeitraum abgelaufen, für den, wie erwähnt, die Freigebigkeit Sr. Majestät des deutschen Kaisers die Mittel für die Bearbeitung des Repertorium Ger- manicum dargeboten hatte; doch wurde mittels Allerhöchsten Erlasses vom 24. März d.J. die Bewilligung auf weitere vier Jahre, also bis zum Ab- lauf des März 1901, erneuert, so dafs die Arbeiten ohne Unterbrechung fortgeführt werden konnten. Allerdines war bereits zu erkennen, dafs es ! Im Ganzen begegnen wir in dem Bande — nach Ausweis des Registers — 1633 Ortschaften, wovon 381 auf das heutige Königreich Preulsen entfallen, 155 auf Österreich, 143 auf die Niederlande und Belgien, 142 auf Bayern, 65 auf die Schweiz, 41 auf Württem- berg, 33 auf Hessen, 32 auf Baden, 23 auf Sachsen, der Rest auf kleinere Staaten u. s. w. ®? Der deutsche Reichstag unter König Wenzel. Leipzig, Hirzel 1892. 188 Seiten. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 119 der äufsersten Anspannung der Kräfte bedürfen werde, um in diesen vier Jahren die übernommene Aufgabe bis zu Ende durchzuführen. Unter diesen Umständen wurde zunächst davon abgesehen, weiteres Material für den Druck vorzubereiten, und die Mitarbeiter concentrirten ihre Thätigkeit auf das Excerpiren der schier unerschöpflichen Registerserien aus dem ganzen Umfang des in Bearbeitung genommenen Zeitraums von 1387— 1447. Diesen Zwecken stellte dann die preufsische Archivverwaltung im Herbst 1899 noch zwei weitere Arbeitskräfte zur Verfügung in den Archivhülfsarbeitern Dr. phil. Felix Rosenfeld aus Marburg und Dr. phil. Melle Klinkenborg aus Ostfriesland, neben denen im Januar 1900 endlich noch als Volontär der Dr. phil. Karl Knetsch aus Cassel eintrat, der indefs schon mit dem Archivschlufs Ende Juni des Jahres Rom wieder verliefs. Auch Rosenfeld schied in dem gleichen Zeitpunkt aus dem Kreise der Mitarbeiter und trat als Assistent am Staatsarchiv zu Magdeburg in den heimischen Archivdienst zurück; und endlich verliefs gleichzeitig auch der neben Arnold älteste Mit- arbeiter Kaufmann die Stätte seiner siebenundeinhalbjährigen Thätigkeit, da er die Stellung eines Archivars an ebengenanntem Staatsarchiv zu Magdeburg erhalten hatte; in Rom verblieben bis Ostern 1901 nur Arnold, Lulves, Vahlen und Klinkenborg. Unter diesen Wechselfällen sind die Arbeiten für das Repertorium Germanicum bis zu ihrem vorgesehenen Endtermin unablässig fortgeführt worden. Zuvörderst wurde der Pontificat Eugen’s IV. erledigt; dann wandten sich die Bearbeiter dem ersten Abschnitt, der Zeit der Kirchenspaltung zu, nnd auch für diese Periode sind die Arbeiten im Wesentlichen zum Ab- schlufs gelangt. Nicht ganz so günstig liegen die Dinge in Betreff des Pontifieats Martin’s V.; hier bleibt eine Lücke, welche jedoch später aus- gefüllt werden soll. Dabei besteht der Plan, mindestens einen Theil der angesammelten Regesten zu veröffentlichen; im Übrigen sollen nur Indices gedruckt werden. Umfangreiche Abschnitte liegen bereits im Manuseript druckfertig vor; aufserdem sind umfassende Vorarbeiten gemacht, um die Orts- und Personennamen festzustellen. Wir wenden uns den »Nuntiaturberichten« zu. Für den von Friedensburg bearbeiteten dritten Band der ersten Ab- theilung dieser Publication war die Legation des Cardinals Aleander am Hofe des römischen Königs (1538/1539) bestimmt. Während der Ausarbei- tung aber wuchs das Material in dem Mafse an, dafs es in zwei Bände ab- 120 W. FRIEDENSBURG: getheilt werden mulste. Sie gingen im Sommer 1893 gleichzeitig als dritter und vierter Band dieser Serie aus. Das hier mitgetheilte Material an De- peschen und Gegenschreiben ist theils dem Vatieanischen Archiv, das die von Aleander sorgsam gesammelten Einläufe und die Register seiner Aus- gänge besitzt, theils den farnesischen Papieren in Neapel und Parma, einiges auch den Manoseritti Gerviniani des Staatsarchivs von Florenz entnommen. . Aleanders dritte und letzte Sendung nach Deutschland war veranlafst worden durch die aus der Initiative Kurfürst Joachim’s I. von Brandenburg hervorgegangenen Versuche zu einer friedlichen Auseinandersetzung zwischen den alt- und neugläubigen Reichsständen über die Glaubensfrage. Bei diesen Verhandlungen hatte König Ferdinand die Theilnahme eines Vertreters des Papstes gewünscht, nicht jedoch die Sendung Aleanders, des den Pro- testanten verhafstesten unter den Mitgliedern der Curie; ohnehin eignete sich ein Cardinallegat am wenigsten für die Rolle, die dem Vertreter des Papstes bei jenen Verständigungsversuchen zugedacht war. In der That nahm der ohnehin kränkliche und schwer bewegliche Legat an den letz- teren keinen Antheil. Unter diesen Umständen war es, obschon Aleanders Depeschen trotzdem eine Fülle von Mittheilungen über die deutschen Dinge, die Stellung des römischen Königs, die ungarisch -türkischen Verhältnisse, auch die internationale Lage bieten, doch angezeigt, zur Abrundung des Bildes, welches die Depeschen ergeben, anderweitiges Material heranzuziehen, das gruppenweise in den Beilagen mitgetheilt worden ist. Eine Gruppe bilden Auszüge aus der im Wiener Archiv befindlichen Correspondenz zwischen Kaiser Karl V. und seinem Bruder König Ferdinand; eine andere Abtheilung ist dem Berliner Staatsarchiv entnommen: es sind die sehr interessanten, bisher ganz unbekannt gebliebenen Acten jener Vermittelungsthätigkeit des brandenburgischen Kurfürsten. Weiter ist aus vaticanischen Acten eine Anzahl von Stücken zusammengestellt, die sich auf die Einführung des Protestantismus im Herzogthum Sachsen — in unmittelbarer Folge des Todes Herzog Georg’s (17. April 1539) — beziehen, und endlich hat der Bearbeiter eine Gruppe von Beilagen der bis dahin wenig aufgeklärten Lebensgeschichte Aleanders gewidmet zur Erläuterung des zweiten Theils der Einleitung, wo auf Grund ungedruckter Briefe und anderer Archivalien eine biographische Skizze Aleanders gegeben wird.' ! Die Kenntnils des früheren Entwickelungsganges Aleanders ist seitdem besonders durch die Auffindung und Herausgabe seiner Selbstbiographie gefördert worden; doch reichen Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 121 Ein sehr wichtiges Document für die Geschichte der letzten deutschen Mission Aleanders bildet dessen schon früher erwähntes, eigenhändig ge- führtes Tagebuch', welches sich über die Zeit vom Ende October 1538 bis zum Ende August 1539, jedoch mit einer gröfseren Lücke von Mitte März bis Ende Juni und mehreren kleinen Lücken, erstreckt. Den Gegenstand der Eintragungen bilden weniger Erlebnisse des Legaten oder Vorgänge in seiner Umgebung, als vielmehr Mittheilungen, welche eine Anzahl von Personen dem Legaten machte. Dieser besafs nämlich die Gewohnheit, einen Jeden, der ihm in den Wurf kam, Hofleute, Gesandte, auch Fürst- lichkeiten u. s. w., gleichsam zu interviewen, sie über dasjenige auszuholen, was dem Einzelnen bekannt und vertraut war, seine eigenen Erlebnisse, die Zustände seiner Heimat, seine Bekannten, daneben aber auch die Tages- fragen. Indem Aleander das, was er dergestalt erfuhr, in seinem Diarium niederlegte, wird dieses zu einer ganz eigenartigen, die Depeschen trefflich ergänzenden Geschichtsquelle und bietet vielfach Nachrichten, die man nicht leicht irgendwo anders in gleicher Authentieität verzeichnet findet. Auch die beiden Nuntien, welche nach einander ihm zur Seite standen, Fabio Mignanelli (bis April 1539) und den im Juli 1539 auf die Nuntiatur bei König Ferdinand zurückkehrenden Morone, hielt Aleander zu ähnlichen Auf- zeichnungen an.” Am 9.Oectober 1539 verliefs Aleander Wien, während Morone dort als ordentlicher Nuntius zurückblieb. Seine Berichte hätten nun zunächst bearbeitet und herausgegeben werden sollen; allein sie waren kurz zuvor wenn schon in nicht einwandfreier Weise — publi- von anderer Seite cirt worden. Auch von den Berichten der päpstlichen Vertreter in Deutsch- land und bei Kaiser Karl V. in den Jahren 1540 und 1541 war schon viel veröffentlicht, so dafs die Frage entstand, ob das Institut in der Fort- führung der unternommenen Edition der Nuntiaturberichte dieser Epoche das schon Veröffentlichte nochmals bringen oder das Gedruckte grundsätzlich diese Aufzeichnungen nur — mit grofsen Lücken — bis 1531 (H.Omont, Journal auto- biographique du cardinal Jeröme Aleandre. Paris 1395). Überhaupt hat, angeregt sowohl durch diese Entdeckung, wie besonders auch durch die »Nuntiaturberichte«, die Forschung sich neuerdings ausgiebig mit Aleander beschäftigt, dem unter Anderen der Franzose A. Pa- quier mehrere Studien und Bücher gewidmet hat. Vergl. auch Th. Brieger in der Real- encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, 3. Aufl., I, S. 329— 332 (1896). ! Publieirt im vierten Bande, S. 231— 397- ® Vergl. Bd. 1V, S. 407 ff. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1905. TI. 16 122 W. FRIEDENSBURG: von seiner Bearbeitung ausschliefsen oder eine Auswahl — und nach welchen Prineipien — treffen solle. Indem man nun diesen Fragen gegen- über noch nieht gleich zu einer bestimmten Entscheidung gelangte, stellte sich heraus, dafs für andere Partien des in Angriff genommenen Zeitraumes, vor Allem für «die letzten fünf Jahre des Pontifiecats Paul’s II., bereits ein stattliches Material vorlag, welches, abgesehen von ganz vereinzelten Stücken, völlig unbenutzt und unbekannt war. Unter diesen Umständen schlug die akademische Commission dem Bearbeiter vor, jene viel behandelte Periode (1540 und folgende Jahre) einstweilen bei Seite zu lassen und da einzu- setzen, wo man hoffen konnte, wichtige neue Aufschlüsse zu bringen, be- sonders über «die beiden politisch und kirchlich wichtigsten und folgen- reichsten Ereignisse der Epoche und speciell des Pontificats Paul’s I.: über den schmalkaldischen Krieg, durch den Papst und Kaiser im Bunde mit ein- ander die Führer der deutschen Protestanten niederwarfen, und das kurz vor dem Kriege eröffnete Tridentiner Coneil, dessen Verlauf die von je an latent vorhandenen Gegensätze zwischen den beiden Häuptern der katholischen Christenheit zu offenem Ausbruch brachte. Aus diesen Jahren hatte Frie- densburg mittels wiederholter Reisen, insbesondere aus den farnesischen und cervinianischen Papieren. sowie aus den Gesandtschaftsberichten Ve- nedigs, der Medicäer, der Este und Gonzaga u. s. w. einen reichen Vor- rath an Nuntiaturberichten und ergänzenden Actenstücken gewonnen, die er nunmehr, dem Vorschlage der akademischen Commission folgend, in Be- arbeitung nahm. Bisher sind von den »Nuntiaturberichten« des letzten Quinguenniums der Regierung Paul’s III. zwei Bände veröffentlicht worden, die mit dem Jahre 1545 einsetzen und die Publieation bis zum April 1547 fortführen." Man wählte dafür die Bändezahl S und 9, indem für die Depeschen der einstweilen übersprungenen Jahre 1540— 1546 drei Bände, 5—7, reservirt blieben. Der achte Band wurde im Juni 1896 handschriftlich vollendet und zu Anfang des Jahres 1898 ausgegeben; ein halbes Jahr später konnte . das Manuscript des folgenden Theils in die Druckerei wandern, die ihn im November 1899 fertigstellte. Die neuen Bände waren durchweg nach den bei den früheren beob- achteten Grundsätzen gearbeitet; auch war in der Hauptsache aus den ! Nuntiaturberichte u.s. w. Bd. 8: Nuntiatur des Verallo ı — 1546. II, 772 Seiten. 545 —154 Bd.9: Nuntiatur des Verallo 1546—1547. LVI, 736 Seiten. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 123 nämlichen Quellen geschöpft worden, nur dafs die Carte Farnesiane quanti- tativ wie qualitativ noch entschiedener den Hauptbestandtheil des Materials bildeten; das Vaticanische Archiv enthält aus den letzten Jahren Paul’s III. überhaupt keine zusammenhängenden Bestände." Andererseits hat sich der Bearbeiter wiederum nicht auf die päpstlichen Archivalien beschränkt; es sind vielmehr, wie schon angedeutet, auch Depeschen der Gesandten der Republik Venedig, der Medieäer von Florenz, der Gonzaga in Mantua so- wohl für den erläuternden Commentar wie auch als Beilagen herangezogen worden. Im Unterschied von den früheren Bänden bildet dieses Mal den Schau- platz der Actionen und den Ausgangs- und Mittelpunkt der Berichterstattung vorwiegend der Kaiserhof. Karl V. kam bekanntlich im Mai 1545 in’s Reich, um dort — mit Ausnahme des nächstfolgenden Winters, den er in den benachbarten niederländischen Provinzen zubrachte — mehrere Jahre hin- durch sich den Aufgaben seiner kaiserlichen Stellung zu widmen. In dieser Zeit, d. i. vom Februar 1545 bis zum Juli 1547, bekleidete die ordentliche päpstliche Nuntiatur bei ihm Girolamo Verallo, der vorher Nuntius bei König Ferdinand gewesen war’, zwar ein fleilsiger Berichterstatter, aber im Übrigen eine unbedeutende Persönlichkeit, an die sieh nicht entfernt das gleiche Interesse knüpft, wie an seine Vorgänger, einen Vergerio, Morone, Aleander. Auf der anderen Seite sind freilich die Ereignisse, über die Verallo zu berichten hat, um so bedeutsamer. ! Über die im Vaticanischen Archiv befindlichen Reste deutscher Nuntiaturacten aus diesen Jahren vergl. Bd. VIII, S.2, und Bd. IX, S. IIsq. — Dals eine kleine Anzahl von Faseikeln der Carte Farnesiane in das Archiv des Vaticans gelangt ist, ist schon in der Einleitung des 2. Bandes der »Nuntiaturberiehte« erwähnt. — Für die Geschichte der Aus- rüstung und Besoldung des päpstlichen Hülfsheeres, welches dem Kaiser wider die Schmal- kaldener zuzog, ergaben die Cameralacten der Curie, die zum Theil im Vatieanischen, zum Theil im römischen Staats- Archiv beruhen, erwünschte Aufschlüsse. ® In der Folge wurde die Nuntiatur bei König Ferdinand nur vorübergehend, und zwar durch den ehemaligen Gehülfen Aleander’s, Fabio Mignanelli aus Siena, besetzt. Aus dem Nachlals dieses Diplomaten fand sich eine Anzahl von Handschriften im Besitz des Grafen Castelli in Siena vor, worunter auch Aufzeichnungen Mignanelli’s über die in Rede stehende Nuntiatur bei König Ferdinand und besonders vom Wormser Reichstage von 1545. den er mit dem König besuchte. Durch die zuvorkommende Liebenswürdigkeit des Herrn Besitzers konnten diese Materialien noch während des Druckes von Bd. 8 herangezogen und die daraus entnommenen Excerpte anhangsweise mitgetheilt werden. Die übrigen Bände des Mignanelli’schen Nachlasses enthalten noch mancherlei für die frühere Nuntiatur Mignanelli’s in Deutschland (1538—1539); ich gedenke gelegentlich darauf zurückzukommen. 16* 124 W. FRIEDENSBURG: So verfolgen wir an der Hand der Nuntiaturberichte, wie in der Seele des Kaisers der seit Langem aufkeimende Gedanke, das Schwert als ultima ratio wider die neugläubigen Fürsten, seine politischen wie kirchlichen Wider- sacher in Deutschland, zu gebrauchen, Angesichts einer selten günstigen europäischen Gesammtlage und unter dem Eindruck neuerlicher bedeutsamer Fortschritte des Protestantismus, der den Nordwesten Deutschlands und das Kleinod Karl’s, die niederländischen Provinzen, in seine Kreise zu ziehen begann, zur Reife gedieh. Karl entschlofs sich, den Kampf im Sommer 1545 zu eröffnen und nahm dafür die ausgiebigste Hülfe des Papstes, der damals als Legaten seinen jugendlichen Enkel, den Cardinal Alessandro Farnese, an das kaiserliche Hoflager nach Worms entsandt hatte, mittels Truppen, baaren Geldes sowie nutzbringender kirchlicher Vergünstigungen in Anspruch. Die zu schnell vorrückende Zeit zwang dann aber doch, obschon Papst Paul es an sich nicht fehlen liefs, zum Aufschub bis in’s nächste Jahr, und in der Zwischenzeit eröffnete die Curie, indem sie die Gunst des Augenblicks ausnutzte, die den Kaiser zum Hülfe heischenden Verbündeten des Papstes machte, das Coneil in Trient, und zugleich legte Paul III., aus der nämlichen Gunst der Umstände Vortheil ziehend, den Grund zur Gröfse seines Geschlechts durch die Schaffung des farnesischen Herzogthums von Parma und Piacenza, welches den Inhabern einen dauernden hervorragenden Platz unter den Dynasten Italiens anwies. Im folgenden Jahre 1546 kam es dann zur Eröffnung des Waffenganges in Deutschland, in dessen Beginn wir eine päpstliche Hülfsschaar, geführt von zwei Enkeln Paul’s III, aus Italien herbeieilen und sich an der Donau mit den spanischen Veteranen Karl’s und den neu geworbenen kaiserlichen Söldnern vereinigen sehen. Die Erlebnisse dieser Hülfsschaar wie überhaupt die Geschichte dieses Zusammenwirkens und der eben hieraus und aus dem Gange, den das Concil nahm, hervorgehenden Entfremdung zwischen den beiden Ver- bündeten sind im neunten Bande besonders eingehend verfolgt worden; daneben erläutern sowohl die Berichte des Nuntius wie vor allem die der päpstlichen Heerführer auch die kriegerischen Vorgänge. Der Rest des Pontificats Paul’s II. wird den Gegenstand für zwei weitere Bände von »Nuntiaturberichten« bilden, deren Hauptinhalt sich durch das Wort »Interim« wird charakterisiren lassen: über die Umstände, die zu diesem kirchenpolitischen Compromifs geführt, wird hier Aufschlufs zu gewinnen sein; auch werden wir es bereits in dieser Epoche mit den Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 125 Wirren in Italien zu thun haben, die von der Gewaltthat von Piacenza, der Ermordung des ersten Herzogs, Pierluigi Farnese, im Herbst 1547 ihren Ursprung nahmen. Inzwischen hat die Bearbeitung der »Nuntiaturberichte« der ersten Abtheilung bereits über den Pontificat Paul’s II. hinübergegriffen. Die Aufgabe des preufsischen Instituts erstreckt sich, wie früher angegeben wurde, auch noch über die fünfziger Jahre des 16. Jahrhunderts, wo sie die beiden Pontificate Julius’ III. und Paul’s IV. (1550 — 1559) umfafst.' Mit der Bearbeitung dieses Zeitraums wurde Anfang 1897 der zweite Assistent Dr. Kupke betraut, der bis dahin grofsentheils Friedensburg bei dessen Publicationen zur Hand gegangen war, aufserdem die auf seine Heimats- provinz Posen bezüglichen vaticanischen Materialien, insbesondere aus der Abtheilung der Borghesiana, ausgezogen hatte.” Es ist ein recht spröder Stoff, mit dem wir es hier, wo die unvergleichliche Quelle der Farnesiana versiegt ist, zu thun haben: insbesondere fehlen beinahe sämmtliche Be- richte aus den ersten siebenzehn Monaten Papst Julius’ II., während wel- cher das Staatsseeretariat von Girolamo Dandino versehen wurde.” Es ist anzunehmen, dafs die bezüglichen Acten in den Nachlafs dieses Prälaten gelangt sind; wo sich aber dieser Nachlafs, falls er nicht schon der Ver- nichtung anheimgefallen ist, befindet, hat trotz allen Suchens nicht fest- gestellt werden können.‘ Aus dem Beginn des Pontificats Julius’ aber liegen an solchen Depeschen, die für die Publication in Frage kommen könnten, nur einige den Monaten August und September 1550 angehörige Berichte von Sebastiano Pighino vor, der, als Ersatz für den letzten von Paul I. beim Kaiser ernannten Nuntius Pietro Bertano, Bischof von Fano, im Juli ! Zwischen diesen beiden Pontificaten liegt die nur zwanzigtägige Regierung Papst Marcellus’ II. (Cervini), April 1555. ® Diese Auszüge bewahrt das Posener Staatsarchiv. ® Die Canzlei- und Nuntiaturverhältnisse der Periode Julius’ Il. und Paul's IV. be- handelt A. Pieper, Die päpstlichen Legaten und Nuntien in Deutschland, Frankreich und Spanien seit der Mitte des 16. Jahrhunderts. Erster Theil: Die Legaten und Nuntien Julius’ II., Marcellus’ II. und Paul’s IV. (1550—1559) und ihre Instruetionen. Münster 1897. Verg]. dazu die Besprechung Kupke’s in der Historischen Vierteljahrsschrift I (1898), S. 142 fl. sowie Kupke'’s Einleitung zum ı2. Bande der »Nuntiaturberichte« (erster Abschnitt). * In das Vaticanisehe Archiv sind aus Dandino’s Nachlals sieben Bände (signirt Nunz. di Germania 61A und Lettere di prineipi 147, 147A—E) gelangt. Davon gehören zwei (147 B, ©) der Periode Paul’s Ill., die übrigen der Julius’ II. an; sie enthalten Concepte von Gegen- schreiben an Verschiedene, kommen aber für die grolse Politik insgesammt kaum in Betracht. 126 W. FRIEDENSBURGE: ' Es blieb somit niehts Anderes 1550 nach Augsburg entsandt worden war. übrig, als dieses dürftige Material nur in der Einleitung zu verarbeiten, die Publication aber erst mit dem Zeitpunkt des Rücktritts Daudino’s von dem Posten des Staatssecretärs zu beginnen, was zeitlich annähernd zu- sammenfällt mit dem Wiedererscheinen Bertano’s als Nuntius am Kaiserhofe (April und Mai 1551). Von hier geht der erste oder — in der Reihe der Bände der ersten Abtheilung — zwölfte Band, der im December 1900 die Presse verlassen hat’, bis zur Flucht Kaiser Karl’s V. aus Innsbruck (Mai 1552), d. h. bis zu einem Zeitpunkt, der zugleich in der Geschichte des Tridentiner Coneils — durch dessen Suspension — und in dem Verlauf der oberitalienischen Wirren — durch den Waffenstillstand mit Frankreich — Epoche macht. Den Hauptstock des Bandes bilden die Berichte des sehon genannten Nuntius Pietro Bertano, der bis zum Februar 1552 in seiner Stellung bei dem Kaiser verblieb, und seines nächsten Nachfolgers, des Bischofs von Fiesole, Pietro Camajani. Die Originale dieser Depeschen bewahrt das Vaticanische Archiv”, und zwar sind die Depesehen Camajani’s annähernd vollständig erhalten, während diejenigen Bertano’s, besonders während der Sommermonate 1551, grofse Lücken aufweisen. Auch die Gegenschreiben der Curie haben sich im Original, in zwei Bänden des Borghese- Archivs, erhalten. Dazu kommen besonders noch Berichte des päpstlichen Schatz- meisters und Unterhändlers, Giovanni Rieei da Montepulicano, die sich in der Serie Lettere di prineipi finden. Neben der Nuntiatur beim Kaiser ging aber auch eine päpstliche Ver- tretung bei König Ferdinand her, mit der Julius III. in den Anfängen seines Pontificats den Abbate Girolamo Martinengo betraute. Martinengo’s Berichte ' Vergl. Pieper S. 136; zwei dieser Berichte sind schon vorlängst von Lämmer, Meletematum Romanorum mantissa p. 160sgq. abgedruckt worden. ® Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Actenstücken. Erste Abtheilung 1533 —1559, herausgegeben durch das Königlich Preulsische Historische Institut in Rom und die Königlich Preufsische Archivverwaltung. Zwölfter Band: Nuntiaturen des Pietro Bertano und Pietro Camaiani 1550—1552 im Auftrage des Königlich Preufsischen Historischen Instituts in Rom bearbeitet von Georg Kupke. Berlin, A. Bath 1901, LXXVIII, 403 Seiten. Nach- dem der Verlagseontraet mit der Firma F. A. Perthes in Gotha abgelaufen ist, hat der Ver- leger der übrigen Abtheilungen der vom Preufsischen Institut herausgegebenen »Nuntiatur- berichte«, A. Bath in Berlin, auch die erste Abtheilung dieser Publication in Verlag genommen. ® Nuntiatura di Germania Vol. 61 und 62. Das Köniylich Preufsische Historische Institut in Rom. 127 liegen indefs auch erst vom April 1551 ab vor; übrigens sind sie von ge- ringer Wichtigkeit.‘ Um so unerläfslicher war es, anderweitiges Material ergänzend heranzuziehen. Der Bearbeiter fand solches sowohl im Archivio Mediceo zu Florenz — nämlich Berichte Averardo Serrestori's aus Rom und Pier Filippo Pandolfini’s aus Innsbruck — wie in Venedig, wo er im Museo Correr das inhaltreiche Briefbuch des venetianischen Gesandten bei König Ferdinand, Federigo Badoer, entdeckte; endlich in Mantua. Hier bot gröfseren Ertrag noch als das Archiv der Gonzaga das Familienarchiv der Capilupi, dessen gegenwärtiger Besitzer, der Herr Marchese Alfredo Capilupi, in liberalster Weise seine Schätze zur Verfügung stellte.” Die Bedeutung der letzteren für die in Rede stehende Publication aber beruht darauf, dafs Glieder der Familie Capilupi damals die wichtigsten diplo- matischen Posten im Dienst der Gonzaga, speciell in Deutschland und an der Curie, bekleideten, in Folge wovon viele politische Papiere der Epoche in das Familienarchiv gelangt sind. Der Inhalt des Bandes, dessen Einleitung, wie erwähnt, auch die Anfänge Julius’ III. einbezieht, zeigt im Gegensatz zu dem Ende des vor- aufgehenden Pontificats das einträchtige Zusammenwirken von Papstthum und Kaiserthum sowohl in der Coneilsfrage wie in der italienischen Politik, in welcher letzteren der Papst allerdings nichts weniger als consequent und von festen Zielen geleitet erscheint. Es handelt sich insbesondere um das Verhältnifs zu den Farnesen, den Nachkommen Paul’s III., die darauf ausgingen, in Oberitalien, zwischen den kaiserlichen und den päpst- lichen Machtgebieten, einen selbständigen Staat mit Parma als Mittelpunkt zu bilden. Das wollten weder Julius III. noch der Kaiser zugeben, sondern jeder von beiden gedachte Parma für sich zu nehmen. Allein zur Auf- rollung dieser Streitfrage kam es nicht, sondern nur zu gemeinsamem Zu- sammenwirken gegen den Sohn Pierluigi’s, Ottavio Farnese, der aber ge- schickt seinen Rückhalt an Frankreich nahm und in den kriegerischen Actionen, die sich um Parma und Mirandula abspielten, seinen Gegnern so lange erfolgreichen Widerstand leistete, bis ihnen, besonders dem Papste, ! Ebendaselbst Vol. 63. ® Vergl. Kupke’s Aufsatz: Das Familienarchiv der Capilupi in Mantua: I. Die Corre- spondenzen Ippolito Capilupo’s — in den Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken III, S. 129 — 141. 128 W. FRIEDENSBURG: Frieden oder Waffenstillstand zwischen Ottavio und dem Papste auf Grund des Status quo. Die Berichte der Nuntien und die Gegenschreiben der Öurie ermöglichen es, die mannigfaltigen Phasen dieses Verlaufs der Dinge eingehend zu verfolgen; wenn die nämlichen Schriftstücke über den Ver- lauf des Coneils weniger beredt sind, so zeigt sich doch auch dieses von den nämlichen Faetoren bestimmt, die den Krieg von Parma bedingten und entschieden. Dem Zusammenwirken von Kaiser und Papst entspringt die Zurückführung des Coneils in die alte Malstadt und die Wiederaufnahme seiner vier Jahre zuvor in Folge des Gegensatzes der beiden höchsten Ge- walten abgebrochenen Verhandlungen; dem Gelingen des Werkes aber widerstrebt der französische Eintlufs, und in dem nämlichen Augenblick, da der Papst sich unverrichteter Dinge mit den Farnesen verständigen mufls, geht das Coneil aus einander; beide Rückschläge aber vollziehen sich aufserdem unter dem Einflufs der Veränderung. die die Stellung Kaiser Karl’s V. inzwischen — vor Allem in Deutschland — erfahren hatte. Ohne die tieferen Ursachen des Herabsinkens Karl’s von der Machthöhe, die er 1547 erstiegen, voll ergründen zu können, sind die Berichte der Nuntien und die übrigen ergänzend herangezogenen Correspondenzen vom Hoflager des Kaisers doch werthvoll, indem sie die Stimmung in seiner Umgebung sowie sein eigenes Verhalten unter dem Eindruck der über die Absichten der Gegner einlaufenden Nachrichten schildern. Unter den Beilagen stehen an Wichtigkeit voran die Berichte des Venetianers Badoer aus den Tagen der Linzer Verhandlungen (20. April bis 21. Mai 1552), über die der Nuntius. da er am Kaiserhofe verblieb, nur nach indireeter Kunde referiren konnte. Zur Zeit ist Kupke mit der Bearbeitung des zweiten (13.) Bandes beschäftigt, der den Pontificat Julius’ II. (F März 1555) zum Abschlufs bringen wird. Die Nuntiaturberichte dieses Zeitraums lassen freilich wiederum viel zu wünschen übrig. Den Verhandlungen in Passau wohnte kein päpst- licher Vertreter bei, auch nicht der oben genannte Nuntius beim römischen König, Martinengo, der zwar mit diesem Fürsten in Linz gewesen war, von dort aber nach Wien hatte zurückkehren müssen; andererseits folgte Camajani dem Kaiser; nur während des Feldzuges gegen Metz weilte er in Speier und traf erst später wieder mit Karl zusammen, in dessen Um- gebung zu Brüssel er dann bis Anfang September 1553 verblieb. Kurz ehe er das Hoflager verliefs, erschien dort in aufserordentlicher Sendung Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 129 Cardinal Dandino als päpstlicher Legat, um für den Frieden mit Frank- reich zu wirken; seine Berichte wie auch die des Cardinals von San Giorgio (Girolamo Capodiferro), der in paralleler Mission nach Paris ging, bewahrt die Nunziatura di Fiandra, eine Rubrik des Vaticanischen Archivs. die ebenhier einsetzt und die — in ihrem zweiten Bande — auch die Depeschen des folgenden Nuntius beim Kaiser, Girolamo Muzzarelli, Erzbischofs von Consa, aufbewahrt. Dieser langte nach fast halbjähriger Erledigung der Nuntiatur im Februar 1554 in Brüssel an und blieb dort bis über den Tod Julius’ III. hinaus, nämlich bis zum Jahre 1556.' Bei König Ferdinand treffen wir Martinengo noch bis in den Februar 1554 an; er wurde dann durch Zacharia Delfino, Bischof von Lesina, ersetzt, dessen Berichte nur sehr lückenhaft vorliegen.” Mit Ferdinand besuchte Delfino den Augsburger Reichstag (1554 — 1555); auf diesem erschien auch Ende 1554 ein päpst- licher Legat in der Person des Cardinals Morone, der jedoch schon im März 1555 wieder abreiste, um in Rom an dem durch den Tod Julius’ II. erforderlich gewordenen Conelave theilzunehmen. Die Concepte einiger Depeschen Morone’s aus dieser Zeit bewahrt eine Handschrift der Vatica- nischen Bibliothek (Cod. Vatiec. lat. 6419). Unter den Ergänzungen, die der Band bieten wird, sind in erster Linie wiederum die Berichte Federigo Badoers über die Passauer Verhand- lungen hervorzuheben, die freilich nur bis zum 13. Juni 1552 reichen; aus der Periode des Metzer Feldzugs sind ferner die Berichte des Mantua- nischen Vertreters, Natale Musy, von Bedeutung, der den Kaiser gegen Metz begleitete. Dieser zweite Band Kupke’s wird aber gleichzeitig den Abschlufs der ersten Abtheilung der »Nuntiaturberichte« bilden; für die Fortführung über die Zeit des Nachfolgers Julius’ II., Papst Paul’s IV. (Carafa), fehlt es an ausreichendem Material.” Wir sind nämlich, was Deutschland an- geht, für diesen Pontificat fast allein auf die Depeschen des schon oben er- wähnten Delfino, der — zwischendurch zu mündlicher Berichterstattung nach Rom berufen — im Ganzen noch bis zum October 1556 bei König Ferdinand verblieb, und auf die Berichte seines zeitweiligen Vertreters Aluise Lipomano, ! Die Gegenschreiben an Consa befinden sich in Varia Politicorum, vol. 78, und Bibliotheca Piorum, vol. 393 (Vaticanisches Archiv). ® Lettere di prineipi, vol. 19. v ® Vergl. Pieper a.a. O. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. T. 17 130 W. FRIEDENSBURG: Bischofs von Verona, angewiesen. Für den Rest des Pontificats Paul’s IV. blieb, abgesehen von der nicht volle drei Monate währenden Nuntiatur des Antonio Agostino, Bischofs von Alife (März bis Mai 1558), die Stelle eines päpstlichen Vertreters bei König Ferdinand unbesetzt. Auch die kaiser- liche Nuntiatur aber vermag diese Lücke nicht auszufüllen; nachdem im August 1556 der Erzbischof von Consa vom Kaiserhofe abberufen worden war, trat auch hier eine mehrjährige Vacanz ein; die feindselige Gesinnung Paul’s IV. wider die Habsburger unterbrach die diplomatische Vertretung, und wir sehen uns, was die Nuntiaturberichte angeht, einem Non liquet gegenüber. Doch besteht die Absicht, solche Stücke, die für die Geschichte der kaiserlich-päpstlichen Beziehungen sowie Deutschlands in diesem Zeit- raum von Werth sind, wie besonders die Depeschen Delfino’s, in der noch zu erwähnenden Zeitschrift des Instituts mitzutheilen. Von fast unerschöpflichem Reichthum für die deutsche Geschichte ist im Gegensatz zu der eben betrachteten Periode das Zeitalter Gregor’s XII. (Ugo Boneompagni. 1572-— 1585), welche ja durch die Theilung mit den österreichischen Forschern dem preufsischen Institut unverkürzt zur Be- arbeitung überlassen war. Von den ersten auf diesem Arbeitsfeld ge- wonnenen Früchten, die dem früheren Assistenten Josef Hansen verdankt wurden, ist schon die Rede gewesen. Was aber Hansen verarbeitete, war nur ein verhältnifsmäfsig kleiner Theil des überhaupt vorhandenen einschlägigen Materials. Abgesehen von jenen zwei Bänden und den Be- richten Gottfried Gropper’s und seines Gehülfen Nicolaus Elgard aus Westdeutschland. auf die das Institut nicht refleetirte, haben wir es hier noch mit folgenden Beständen zu thun. Nuntius am Kaiserhofe war von 1571-— 1578 Giovanni Delfino, Bischof von Torcello. Seine Berichte aus Gregor’s XIII. Pontificat, also von 1572 ab, füllen die Binde 69— 74 der »Nunziatura di Germania«; dazu haben wir im 6. Bande der nämlichen Rubrik die Concepte der Gegenschreiben der Curie von 1572—1574, im 7. Bande von 1575— 1578. Auf Delfino folgte als Nuntius im April 1578 Graf Bartolommeo Portia, der aber schon im August des nämlichen Jahres starb. Seine wenig zahlreichen Schreiben bilden den Schlufs vom 82. Bande der Nuntiatura di Germania; die Üon- cepte der Gegenschreiben fehlen, ihre Originale aber haben sich im Archiv der Grafen Colloredo bei Udine (auf das wir hernach zurückkommen) erhalten. Von Ende 1578 bis April 1581 war dann ÖOrazio Malaspina Nuntius am Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 131 Kaiserhofe; ihm folgte der Bischof von Cervia, Ottavio Santa Croce, doch ereilte diesen bereits im Herbst 1531 der Tod. Die Depeschen dieser beiden Nuntien sammt denen Avena’s, des Secretärs Santa Groce’s, bewahrt Band 99. die egenschreiben Band ıı. Nach Santa Croce’s Tode sandte die Curie Gio- vanni Francesco Bonomi, Bischof von Vercelli, an den Kaiserhof, wo er bis 1584 blieb, um von da ab die neubegründete Gölner Nuntiatur zu ver- sehen. Bonomi’s Berichte von 1582 —1584 sind in den Bänden Germania 104 — 106 erhalten; die Depeschen von 1581 bilden den Schlufs des Vol. 103; die Gegenschreiben sind in Vol. ı2 zu finden. Der letzte Nuntius endlich, den Gregor XIII. zum Kaiser sandte, war Germanico Malaspina; seine De- peschen vom Jahre 1585 machen einen Theil von Germania Vol. 101 aus. Für kurze Zeit bestand während (des Pontificats Gregor's XII. auch eine Nuntiatur für die süddeutschen Lande, ohne festen Sitz; sie wurde von 1573—1576 durch den schon genannten Bartolommeo Portia ver- sehen, dessen Depeschen man in den Bänden 80 (für 1573 und 1574) und 8ı (für 1575 und 1576) zu suchen hat; für die Gegenschreiben kommt wiederum das Archiv Colloredo in Betracht, da das vaticanische sie nicht mehr besitzt. 1578 erschien dann als zweiter und letzter Nuntius für Süd- deutschland der Dominicaner Felician Ninguarda, Bischof von Scala; seine Depeschen füllen die Bände SS, 89 und 90, die an Umfang geringen Ant- worten des Staatssecretärs den Band 87 der Nunziatura di Germania. Nach Ninguarda’s Rückkehr in die Heimath im Jahre 1583 wurde kein weiterer Nuntius nach Süddeutschland entsandt. Eine längere Dauer war der Nuntiatur beschieden, welche 1580 für die österreichischen Nebenlande eingerichtet wurde und in Graz, der Resi- denz der steirischen Linie der Habsburger, ihren Sitz nahm. Sie wurde begründet durch Germanico Malaspina, der von 1580— 1584 als Nuntius fungirte. Seine Depeschen bewahren die Bände 100— 101, die Gegen- schreiben Band 14 der Nunziatura di Germania. Als Malaspina an den Kaiserhof versetzt wurde, wo wir ihm bereits begegnet sind, trat an seine Stelle in der steirischen Hauptstadt Gianantonio Caligari, Bischof von Ber- tinoro, der diese Nuntiatur bis über Gregor's XI. Tod hinaus bekleidete. Auch die nächsten Päpste aber sandten Vertreter an den erzherzoglichen Hof in Graz, bis in Folge des Todes Kaiser Mathias’ und der Nachfolge Erzherzog Ferdinand's I. von Steiermark in Gesammtösterreich die steirische Specialnuntiatur ihr natürliches Ende erreichte. 1 W. FrRIEDENSBURG: Aus dem vorstehend angegebenen Material hat sich Schellhafs an erster Stelle die süddeutsche Nuntiatur zur Bearbeitung auserwählt und mit den Acten Bartolommeo Portia’s begonnen. Eben Süddeutschland gegenüber treten von Anfang an die gegenreformatorischen Bestrebungen Gregor’s XII. in besonders bezeichnender Weise hervor: für die Darstellung war es allerdings erforderlich, eine möglichst breite Grundlage zu ge- winnen. Es versteht sich, dafs der Bearbeiter vor Allem die Colloredo- Papiere heranzog, deren Kenntnifs Schellhafs der freundlichen Mittheilung des Leiters des österreichischen Instituts verdankte; der Herr Besitzer er- laubte dann in gröfster Liebenswürdigkeit ausgiebige Benutzung auf seinem Schlosse bei Udine wie auch in Rom.' Aber es ergab sich ferner die Nothwendigkeit, den Spuren des Nuntius an den Stätten seiner Wirksamkeit selbst nachzugehen. Zu diesem Behuf hat der Bearbeiter eine Reihe deutscher Archive herangezogen, unter denen vor Allem das Münchener Reichsarchiv eine ungeahnt reiche Ausbeute er- gab. Die Arbeit erweiterte sich dadurch in dem Mafse, dafs dem ersten Bande der Publication nur die Acten des ersten Jahres der Thätigkeit Portia’s (d.i. etwa die Zeit vom Mai 1573 bis April 1574) zugewiesen werden konnten. Für den Rest der Acten von 1574—1576 wurden zwei Halbbände in Aussicht genommen, die sich dann aber zu zwei selb- ständigen Bänden auswuchsen. Erschienen ist bisher der im Sommer 1894 vom Bearbeiter abgeschlossene erste Band’; der zweite Band ist gegen- wärtig unter der Presse, der letzte im Manuscript soweit gefördert, dafs der Druck sich nach der Fertigstellung des zweiten unmittelbar wird an- schlielsen können. Wollen wir kurz den Inhalt dieser Publication zu charakterisiren ver- suchen, so ist hier nicht so sehr von hoher Politik die Rede” als von ! Es beruhen im Archiv Colloredo aufser den originalen Gegenschreiben des Staats- secratariats an Portia auch Originalbriefe zahlreicher Cardinäle an den Nämlichen aus den Jahren 1572— 1578. Vergl. Schellhafs, Nuntiatur des Portia I, S. 3 f.; 440 — 442. Über Portia- Papiere in Verona s. ebendaselbst S. 4 f. ® Nuntiaturberichte u. s. w. Dritte Abtheilung 1572 bis 1585. Dritter Band: Die süd- deutsche Nuntiatur des Grafen Bartholomaeus von Portia. Erstes Jahr 1573/74: Bearb. von K. Schellhafs. Berlin, A. Bath, 1896, XC, 471 Seiten. ° Eine in dem ersten Band behandelte Angelegenheit von hoher politischer Wichtig- keit, die freilich scheiterte, ist die in Aussicht genommene Bekehrung des sächsischen Kur- fürsten August zum Katholieismus. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 133 den Reformbestrebungen der Curie und ihren Versuchen, die sittlichen Zu- stände in der Geistlichkeit zu heben sowie überhaupt die Schlüsse des Tridentiner Coneils zur Ausführung zu bringen. Diese Tendenz der Re- form, zumal der Geistlichkeit, geht in der Politik Gregor’s XII. neben den reunirenden Bestrebungen her; sie bildet in gewissem Sinn die Voraus- setzung für letztere, insofern als die Kirche sich bewulst ist, dafs sie nur dann hoffen darf, Erfolge zu gewinnen und Erweiterungen ihres Macht- bereichs zu erzielen, wenn sie sich selbst von den eingerissenen Mils- bräuchen befreit hat und den Völkern, die sie zurückzugewinnen hofft, sich in würdiger Gestalt zu zeigen im Stande ist. Was aber Deutschland anbetrifft, so kam die neue Richtung an der Curie zunächst und vor Allem der Erzdiöcese ‘Salzburg zu Gute, wo die Gemüther schon durch eine im Jahre 1569 stattgehabte Provinzialsynode empfänglich gemacht waren. Ihre Beschlüsse beeilte sich nunmehr Gre- gor XII. zu bestätigen; Portia aber wurde von ihm mit dem speeiellen Auftrag entsandt, den weltlichen und geistlichen Fürsten der Erzdiöcese die Beachtung und Durchführung jener Schlüsse nachdrücklich an’s Herz zu legen. So erblicken wir den Nuntius auf der Wanderung: in Innsbruck sucht er den Erzherzog Ferdinand, in Salzburg den Erzbischof, in Graz den Erzherzog Karl und in München Herzog Albrecht auf, die er zugleich bemüht ist für die Anlegung geistlicher Seminare und für die Unter- stützung jeglicher anderen auf die Hebung des geistlichen Standes gerich- teten Maflsnahmen zu gewinnen. In der Folge wandte sich der Nuntius zu dauerndem Aufenthalt nach Augsburg. Gregor's XIU. Vorliebe für den Jesuitenorden führte ihn dazu, sowohl in Rom das Collegium Germanicum auf eine breitere Grundlage zu stellen als auch die Errichtung von Jesuitencollegien in Deutschland zu begünstigen. So konnte dem Papste die Absicht einiger Augsburgischen Patrieier, das dortige Kloster zum Heiligen Kreuz in ein Colleg des Ordens Jesu umzuwandeln, nur gelegen kommen, und er betraute seinen Nuntius in Süddeutschland, nachdem dessen Bemühungen um die Salzburger Reform zu einem gewissen Abschlufs gelangt waren, mit der Aufgabe, den Wider- stand des Augsburger Klerus wider jenes Project zu brechen. Wie dann Portia im Verein mit den Jesuiten und den jesuitenfreundlichen Patrieiern alle Hebel in Bewegung setzte, um Bischof und Capitel gefügig zu machen. wird man aus dem zweiten Bande der Publication Schellhafs’ bis in’s 134 W. FRIEDENSBURE: Einzelne verfolgen können. Einen Erfolg aber hatte der Nuntius nicht; Bischof und Capitel hintertrieben das Projeet sehr geschickt durch Vor- stellungen beim Kaiser, bei Herzog Albrecht und beim Papste selbst. Andererseits verlor Portia aueh während dieser Kämpfe in Augsburg die Angelegenheit der Reform nicht aus den Augen. Speeiell beschäftigte er sich mit der Neubelebung des Klosterwesens; aber seine Gedanken schweiften auch darüber hinaus auf das politische Gebiet; er erwog den Plan einer Neu- gestaltung der ganzen inneren Verhältnisse Deutschlands, vor Allem unter dem Gesichtspunkt, die Kräfte des Landes gegen die Türken zu wenden. Selbst für Norddeutschland ist der zweite Band nicht ohne Ertrag. Die Berichte Portia’s streifen unter Anderem wiederholt die Halberstädtische Frage, das Verhältnifs der Curie zu dem protestantischen Herzog Julius von Braunschweig, dem thatsächlichen Inhaber des Bisthums Halberstadt, dem man nur zagend und mit grofser Vorsicht entgegenzutreten wagte. Noch im Anfang des dritten Bandes werden wir den Nuntius in Augsburg erblicken, wo er, nachdem die Kreuzkloster-Angelegenheit ge- scheitert war, insbesondere für einen der Curie genehmen Ausfall der im Jahre 1575 erforderlich gewordenen neuen Bischofswahl wirkte. Vom October 1575 aber bis in das Frühjahr 1576 hielt ihn ein neuer Auftrag aus Rom in den südwestlichsten Theilen des Reiches fest, wo er, wie zuvor im Salz- burgischen, den Schlüssen des Tridentiner Coneils zur praktischen Dureh- führung verhelfen sollte. Zu Freiburg im Breisgau, wo er vornehmlich der Universität und einer Seminaranlage sein Interesse zuwandte, in Strafsburg, Constanz und im Kloster Salem, ja bis nach Basel und Besancon hin war Portia in dieser Richtung thätig. Seinen Abschlufs fand das Wirken dieses Mannes auf süddeutschem Boden durch seine Berufung nach Regensburg zum Reichstag, wo er seit dem Juni 1576 dem Legaten Cardinal Morone zur Seite stand; es war schon davon die Rede, dafs seine Berichte aus Regensburg von Hansen im zweiten Bande der dritten Abtheilung der »Nuntiaturberichte« mitgetheilt worden sind. Der Nachfolger Portia’s in der süddeutschen Nuntiatur wurde, wie oben erwähnt, der Dominicaner Felician Ninguarda. Seine Berichte in dieser Eigenschaft gedenkt Schellhafs zurückzustellen, um sich, sobald er die Acten Portia’s abgeschlossen haben wird, der Bearbeitung der kaiserlichen Nuntiatur in den Anfängen Gregor’s XIN., d.h. den Depeschen des Giovanni Delfino, zuzuwenden. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 135 Auf der anderen Seite hat sich aber Schellhafs bereits seit längerer Zeit eingehend mit denjenigen Acten beschäftigt, die sich auf die Visita- tionsthätigkeit Felician Ninguarda’s beziehen. Ehe nämlich letzterer im Jahre 1578 als Nachfolger Portia’s die Nuntiatur für Süddeutschland an- trat, war er in diesen Gebieten schon mehrere Jahre lang als Klostervisi- tator thätig gewesen. Noch weiter zurück liegt seine Thätigkeit als geist- licher Berather des Erzbischofs Johann Jacob von Salzburg, in welcher Stellung Ninguarda sich um das erwähnte Provinzialeoneil von 1569 ver- dient gemacht hatte. Hierdurch war er auch mit der Curie in Berührung gekommen und besonders seinem Ordensbruder Papst Pius V. (1565 — 1572) näher getreten. Des letzteren Intentionen ausführend, sandte ihn dann der Nachfolger, Gregor XIII., kurz nach seiner Thronbesteigung wieder über die Alpen mit einer Mission an die geistlichen und weltlichen Fürsten der Diözese Salzburg, die er, ähnlich wie ein Jahr später Portia, zur Durch- führung der Reformen jenes Provinzialconeils antreiben sollte. An diese Mission schlofs sich dann die im Auftrage des Dominicanerordens unter- nommene Visitation der Predigerklöster in Österreich, Böhmen, Steiermark und Kärnthen durch Ninguarda, eine Commission, die ihm bald von der Curie bestätigt und dahin erweitert wurde, dafs Ninguarda alle Nieder- lassungen der Bettelorden in den Diöcesen Salzburg und Freising sowie in Böhmen, Mähren, Österreich, Steiermark und Kärnthen visitieren sollte. Auf welche Art und Weise Ninguarda diesen verschiedenen Aufträgen nachkam, die ihn bis 1576 in Anspruch nahmen, zeigt ein höchst inter- essanter Bericht, den er im letztgenannten Jahre auf dem schon erwähnten Regensburger Reichstag dem Cardinallegaten Morone erstattete. Hierzu kommen Einzelberichte Ninguarda’s an den Staatsseeretär in Rom, die aller- dings nicht lückenlos erhalten sind, und zahlreiche sonstige Correspondenzen sowie Actenstücke, die mit Ninguarda’s Wirken in Beziehung stehen. Dieses gesammte Material hat Schellhafs zur Grundlage einer besonderen Publi- cation gemacht, die er »Acten zur Reformthätigkeit Felician Ninguarda’s, insbesondere in Bayern und Österreich während der Jahre 1572 —1577« betitelt und in der noch eingehender zu erwähnenden Zeitschrift des Instituts, den »Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken«, mit einem reichen Notenapparat versehen abschnittsweise mitgetheilt hat. In der Periode Papst Paul’s V. Borghese (1605 — 1621) arbeitete, wie wir wissen, seit Ende 1891 der Hülfsarbeiter des Instituts Heidenhain. 136 W. FRIEDENSBURE: Als dieser im Juni 1895 Rom verliefs, um in die Heimat zurückzukehren, hatte er aus jenem Pontificat und den letzten Jahren des Vorgängers, Clemens’ VII. Aldobrandini, gegen 400 Bände näher untersucht und da- von theils summarische, theils eingehende Beschreibungen und Inhaltsan- gaben angefertigt; etwa 70 Bände aber waren Stück für Stück verzeichnet und von ihrem Inhalte Auszüge gemacht oder Abschriften genommen, und zwar begreifen diese Excerpte oder Abschriften im Wesentlichen die Zeit von der Eröffnung des Regensburger Reichstages von 1603 bis zum Erlafs des böhmischen Majestätsbriefes von 1609. Indem sich nämlich auf der einen Seite die Nothwendigkeit herausstellte, zur Erlangung eines geeig- neten Anfangspunktes noch über das Jahr 1604 zurückzugreifen', hatte andererseits die Absicht, die Arbeiten bis zum Tode Kaiser Rudolf’s I. (1612) auszudehnen, zunächst nicht ausgeführt werden können. Etwa die Hälfte des geschilderten Materials hinterliefs Heidenhain bei seinem Fort- gang aus Rom dem Institut, während er das übrige zur Verarbeitung mit- nahm. Letztere hat dann freilich unter dem Einflufs wiederholter lang- dauernder Gesundheitsstörungen Heidenhain’s nicht so rasche Fortschritte gemacht, wie erhofft und gewünscht wurde; schliefslich hat die Annahme einer Stellung als Bibliothekar ihn genöthigt auf die Bearbeitung der Nun- tiaturberichte aus der Borghesischen Zeit seinerseits zu verzichten. Was Heidenhain der Commission aus diesem Anlafs zurückgegeben hat, sind im Ganzen etwa 900 Stück, die bis Ende 1605 reichen und ihrer ganz überwiegenden Zahl nach dem Vaticanischen Archiv, und zwar besonders der Abtheilung Borghesiana entnommen sind. Den Hauptbestandtheil bilden Berichte der päpstlichen Vertreter, und zwar erstens des Sebastiano Lamberto de Fornari, Erzpriesters von Savona, der von dem beim Kaiser beglaubigten ordentlichen Nuntius Spinelli, als dieser 1603 Prag verliefs, um sich nach Regensburg zum Reichstag zu begeben, als sein Vertreter bei Rudolf zurück- blieb, und zweitens des Monsignore Giacomo Serra, eines Beamten der päpst- lichen Kammer, der als päpstlicher Kriegscommissar nach Deutschland kam. Er war der Überbringer und Vermittler der päpstlichen Subsidien, er- ' Dies wurde durch das freundliche Entgegenkommen des römischen Instituts der Görres- Gesellschaft ermöglicht, welches die Bearbeitung der Nuntiaturberichte aus den Ponti- ficaten von Sixtus V. bis Clemens VIII. einschlielslich (1585 —ı605) unternommen hat. Das preulsische Institut überliels dafür jenem die Bearbeitung der Anfänge der Cölner Nuntiatur, die noch dem Pontificat Gregor’s XIII. angehören. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 137 stattete Bericht über den Verlauf der Kriegsoperationen wider die Türken und wurde gelegentlich auch mit Specialaufträgen vom Charakter der Nun- tiaturgeschäfte versehen. Endlich drittens des Giovanni Stefano Ferrero, Bischof’s von Vercelli, welcher die ordentliche Nuntiatur am Prager Hofe vom Ende April 1604 bis in das Jahr 1607 hinein versah. Unter seinen Be- richten befindet sich auch eine umfassende Denkschrift in der Art der vene- tianischen Finalrelationen, die er später zu einer Instruction für seinen Nachfolger ausgearbeitet hat. Dazu kommen Beilagen, welche die genannten Delegirten mit ihren Depeschen einsandten, und sonstiges sehr mannigfaltiges Material, Zeitungen, Briefe der verschiedensten Personen und Urkundliches. Von Ausgängen der Curie haben wir die Gegenschreiben des Staatsseeretariats sowie Breven, die aus der Periode Paul’s V. sich sehr zahlreich vorfinden. Rascher und stetiger vermochte Kiewning seine Publication aus der Zeit des Mantuanischen Erbfolgekrieges zu fördern. Die Depeschen des oben erwähnten Nuntius am Kaiserhofe, Giovanni Battista Pallotto, bietet das Vatieanische Archiv in mehreren Bänden der Nunziatura di Germania’; neben ihnen aber waren auch die Acten derjenigen Nuntien zu berücksichtigen, die an den übrigen an der Mantuanischen Erbfolge interessirten Höfen verweilten, d.h. der Nuntien in Spanien, Frankreich, Savoyen, Venedig, der Schweiz und Belgien, und endlich war für die Friedensbestrebungen die wichtige Nunziatura per le paci des Vaticanischen Archivs heranzuziehen.” Dazu kamen solche Acten Papst Urban’s VII., die in die Bibliothek seiner Familie, die Barberiniana, gelangt sind; ferner lieferte ein Ausflug nach Neapel einige Ausbeute aus den Carte Farnesiane des Grande Archivio: mehr noch boten die Archive von Mantua, Florenz, Turin, Wien und München, deren Besuch der Bearbeiter in den Sommer- monaten 1892 vornahm, und endlich wurde auch das geheime Staatsarchiv in Berlin und das Königlich Sächsische Hauptstaatsarchiv zu Dresden mit Erfolg durchforscht.” So konnte Kiewning bereits 1893 das Manuseript ı Voll. 116, 118 —ı20 (Register von 1628 und die Chiffern, d. h. die politischen Depeschen, der beiden folgenden Jahre). ® Diese Rubrik umfalst im Ganzen 59 Bände. Sie beginnt mit 1628, und die ersten 28 Bände betreffen die Periode des dreilsigjährigen Krieges und die Friedensexecution (bis 1652); ferner bezieht sich Vol. 29 auf den Aachener Frieden, 30 bis 42 auf den Nimweger Congrels; der Rest gehört der Periode des Spanischen Erbfolgekrieges an. ® Vergl. den ersten Band der Publieation Kiewning’s, Einleitung S. XNV—XXXV, sowie den zweiten, Einleitung S. XIILf. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 18 138 W. FRIEDENSBURGE: für einen ersten Band druckfertig einliefern und, als er nach 34 jährigem Aufenthalt in Rom Ende 1594 nach Deutschland zurückkehrte, um in den preufsischen Archivdienst einzutreten, bereits das wesentliche Material an Abschriften und Auszügen für die Zeit bis zum Ende des Mantuanischen Erbfolgekrieges mit sich nehmen; einige Ergänzungen lieferte ihm ferner- hin das Institut. Der erste Band erschien im Frühling 1895'; er eröffnet die vierte Abtheilung der »Nuntiaturberichte aus Deutschland mit ergänzenden Acten- stücken« und enthält in 164 Nummern die einschlägigen Depeschen und Acten des Jahres 1628; eine ausführliche Einleitung unterrichtet über die Quellen der Publication und das Leben des Nuntius Pallotto bis zum Antritt seiner Nuntiatur beim Kaiser und stellt den Verlauf und die Ergebnisse dieser Mission während des genannten Jahres 1628 dar. Auch nach seinem Fortgang von Rom fand Kiewning neben seiner beruflichen Thätigkeit” noch die Zeit, sich andauernd der Fortführung seiner Publieation zu widmen; schon im Jahre 1896 lieferte er das Manu- script zum zweiten Bande ab, der 1897 erschien.” Inzwischen ist nun auch der dritte Band in der Ausarbeitung so gut wie abgeschlossen; er umfafst die beiden Jahre 1630 und 1631 und führt die Nuntiatur Pallotto’s, der in jenem Jahre Deutschland verliefs, zu Ende; sein Nachfolger wurde der Erzbischof von Patras, Ciriaco Rocei, der bereits dem Regensburger Kurfürstentage von 1630 als päpstlicher Vertreter beiwohnte. Das Ende des Bandes wird durch den Ausgang des Mantuanischen Erbfolgekrieges (1631) gebildet. Auch aus den folgenden Jahren hat Kiewning, dem ursprünglichen Plan gemäfs, wonach seine Publication bis 1635 reichen und den Fortgang des Schwedischen Krieges sammt der Katastrophe Wallen- stein’s umfassen sollte, ein gröfseres Material bereits gesammelt; doch bliebe die Art der Verwendung zunächst noch vorbehalten. Überblicken wir hier nochmals in kurzer Zusammenfassung das, was von dem Institut auf diesem seinem Hauptschaffensgebiet, nämlich in der ! Nuntiaturberichte u. s. w. Vierte Abtheilung (17. Jahrhundert). Nuntiatur des Pallotto 1628 — 1630. Erster Band 1628. Bearbeitet von Hans Kiewning. Berlin, A. Bath, 1895 (CVI, 380 Seiten). 5) ® Er hat seither den preulsischen Archivdienst verlassen und ist an die Spitze des Fürstlich Lippe’schen Haus- und Landesarchivs in Detmold getreten. ® Nuntiatur des Pallotto 16283 —ı1630. Zweiter Band 1629. Berlin, A. Bath, 1897. LXXIN, 464 Seiten. (Nuntiaturberichte u.s. w. Vierte Abtheilung, Bd. 2.) Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 139 Bearbeitung und Edition der päpstlichen Nuntiaturberichte aus Deutsch- land, geleistet worden ist. Erschienen sind bisher im Ganzen zwölf Bände, denen wir gleich noch drei weitere anfügen mögen, welche sich theils schon unter der Presse befinden, theils im Manuscript nahezu abgeschlossen sind, also in Kürze das Licht des Tages erbliecken werden. Zeitlich er- strecken sich diese Werke über die letzten Jahre Clemens’ VII., den gröfseren Theil des Pontificats Paul’s III., die erste Hälfte der Regierung Julius’ II., wichtige Partien aus der Epoche Gregor's XII., endlich über einen inter- essanten Ausschnitt aus der Geschichte des Pontificats Urban's VII. und des dreifsigjährigen Krieges. Auf allen diesen Gebieten, aufserdem be- sonders in der Periode Papst Paul’s V., liegen ferner umfangreiche Vor- arbeiten vor, so dafs für den Fortgang der Publication gesorgt ist. Den Gewinn, den die historische Wissenschaft, zumal für das Zeitalter der Reformation und Gegenreformation in Deutschland, aus den » Nuntiatur- berichten« gezogen hat, schon jetzt zu präcisiren, würde verfrüht sein und in diesem Zusammenhang auch zu weit führen. Nur eine Bemerkung sei gestattet. Liegt es nahe, die Nuntiaturberichte mit den Depeschen der venetianischen Gesandten' zu vergleichen, und wird man bei diesem Vergleich im Allgemeinen die gröfsere politische Schulung der Venetianer gegenüber den Diplomaten der römischen Curie, und den gröfseren Farben- reichthum der Berichte der ersteren kaum verkennen können, so ist doch auf der anderen Seite der Unterschied nieht zu übersehen, dafs die Venetianer wesentlich als aufsenstehende Zuschauer berichten, wennschon sie mit grolser Aufmerksamkeit und eindringendem Spürsinn sich zu orientiren suchen, wo- gegen die päpstlichen Sendlinge durchweg Mithandelnde sind und als solche berichten, wenigstens in Bezug auf diejenigen Materien, auf deren Auf- klärung es in unseren Publicationen hauptsächlich abgesehen ist, nämlich die Beziehungen zwischen der Curie auf der einen und dem Kaiser oder den deutschen Potenzen auf der anderen Seite. Im diese Beziehungen aber haben die Nuntien und Legaten persönlich bedeutsam eingegriffen und sind auf deren Gestaltung von Einfluls gewesen. Aus diesem Grunde ist ihren Berichten, als Geschichtsquellen betrachtet, jedenfalls eine höhere Bedeutung zuzuerkennen als denen der Venetianer, so verkehrt es natürlich auch wäre, ! Die Herausgabe der venetianischen Gesandtschaftsdepeschen vom Hofe Kaiser Karl’s V. u. s. w. ist bekanntlich von der Wiener Akademie der Wissenschaften etwa gleichzeitig mit der Bearbeitung der »Nuntiaturberichte« begonnen worden. 18* 140 W. FRIEDENSBURG: allein oder ganz wesentlich aus den Nuntiaturberichten die Geschichte der in Frage kommenden Epochen construiren zu wollen; aber für die Kenntnifs der Einwirkungen, die von Rom aus die Geschicke unseres Vaterlandes erfahren haben. bilden die Nuntiaturberichte zweifellos eine der vornehmsten, wichtigsten Quellen. Neben ihrer Beschäftigung an den gröfseren Institutspublicationen, die Zeit und Arbeitskraft der einzelnen zum überwiegenden Theil in An- spruch nahmen. sind von den Mitgliedern, besonders solchen, die eine längere Reihe von Jahren hindurch in Rom thätig waren, auch noch andere Arbeiten abgefalst worden, meist wohl in Anlehnung an die den einzelnen gestellte Hauptaufgabe. So insbesondere die erwähnte Publication von Schellhafs über die Visitation des Felician Ninguarda. Sehr bedeutsam ist eine Veröffentlichung, die einer der Mitarbeiter am Repertorium Germanicum, nämlich Haller, während seines Aufenthalts in Rom begann, indem er, auf frühere Studien zurückgreifend, sich der Geschichte des Baseler Coneils zuwandte. Das Ergebnifs dieser Arbeit ist das Werk »Coneilium Basiliense, Studien und Quellen zur Geschichte des Coneils von Basel«, von dem in den Jahren 1896 und 1897 zwei sehr stattliche Bände erschienen sind', deren erster »Studien und Documente 1431—1437«, der zweite aber »Pro- tokolle des Coneils 1431—1433« darbietet. Es handelt sich hier wesent- lich um die Protokolle des Notars Petrus Bruneti (Pierre Brunet), die Haller aus einer Pariser und einer römischen Handschrift” edirt hat. Dahingegen enthält der erste Band im Haupttheil vermischte Documente, die über die Reformbestrebungen des Coneils und dessen Gontliete mit der päpstlichen Gewalt Aufschlufs geben. Näher stehen den Institutsarbeiten die von Friedensburg heraus- gegebenen »Beiträge zum Briefwechsel der katholischen Gelehrten Deutsch- lands im Reformationszeitalter«. In den Farnese-Papieren zu Neapel und Parma, den Manoscritti Cerviniani, dem Nachlafs Vergerio’s in Venedig, Aleanders auf der Vatieanischen Bibliothek, Morone’s in Rom und Mailand und an anderen Orten fand Friedensburg Correspondenzen zwischen den ! Basel, Reich (vormals Detloff) XI, 480, und XXI, 645 Seiten. — Ein dritter Band ist 1900 ausgegeben worden; seine Bearbeitung fällt nach Haller’s Fortgang aus Rom. ® Die römische Handschrift ist der Cod. Regin. 1017 der Vaticanischen Bibliothek. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 141 litterarischen Vorkämpfern des Katholieismus in Deutschland auf der einen und der Curie und deren Organen, speciell den in Deutschland thätigen Nuntien, auf der anderen Seite: und zwar erwiesen sich diese Briefschaften bald als zu reichhaltig und auch inhaltlich zu bedeutsam, um in den »Nuntiaturberichten« selbst anmerkungsweise oder als Beilagen mitgetheilt zu werden. So entstand der Plan einer Sonderedition dieser Briefe, denen die Brieger'sche Zeitschrift für Kirchengeschichte Aufnahme gewährte; sie sind hier seit 1896 abschnittsweise erschienen." Es handelt sich haupt- sächlich um Briefe von und an L. Ber, Capito, Cochlaeus, Eck, Fabri, Nausea, Pighius und Vauchop; die Publication hat bereits der ziemlich brach liegenden Forschung über jene Vertheidiger der alten Kirche neue Antriebe gegeben.’ Es konnte aber auch nieht ausbleiben, dafs im Laufe der Jahre aufser diesen Nebenfrüchten der in Rom und an anderen Orten Italiens betriebenen archivalischen Studien den Mitgliedern des Instituts noch manches andere aufstiefs, was der Mittheilung werth erschien. Es fragte sich, wo derar- tiges veröffentlicht werden möge. An und für sich ist ja an historischen Zeitschriften, die einen oder den anderen Beitrag aus Italien wohl auf- genommen hätten, in Deutschland kein Mangel: allein man begreift, dafs bei den Institutsangehörigen der Wunsch aufkam, eine eigene Sammelstelle für solche Nebenfrüchte zu begründen. Man kam damit in gewisser Weise auf einen Gedanken zurück, der schon in den ersten Jahren des Bestehens des Instituts, oder der »historischen Station«, im Vordergrund gestanden hatte; es war damals, ehe noch Mittel für die Herausgabe gröfserer Ar- beiten hatten beschafft werden können, zeitweise der Plan verfolgt wor- den, zuförderst einen oder mehrere Miscellanbände mit kleineren Beiträgen der einzelnen herauszugeben; doch war der Gedanke dann in Folge ener- ! Der erste Beitrag erschien im Bd. XV1 (1896), S. 470 ff.; Ende 1902 ist die Publication, die im ganzen 280 Stücke gebracht hat, mit dem 13. Beitrag (in Bd. 23 der genannten Zeit- schrift) zum Abschluls gekommen. — Ebendort (in Bd. 2ı S. 112-127) hat Friedensburg auch einen Beitrag zur Geschichte des Wormser Religionsgesprächs von 1540/41 veröffentlicht, zumeist auf Grund von Berichten Granvella’s an den Kaiser, die im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv beruhen. ® Ferner hat Friedensburg in Th. Kolde’s Beiträgen zur bayerischen Kirchen- geschichte V, S. 164—ı9gr (1899) zwölf Briefe Johann Haners abgedruckt und ebenhier (Il, S. 159— 196, 222— 253, 1896) hochinteressante Denkschriften Johann Eck’s aus dem Beginn der reformatorischen Bewegung, nach der gleichzeitigen Niederschrift im Cod. Vat. 5316 und anderen Handschriften der Vaticana, herausgegeben. 142 W. FRIEDENSBURE: gischer Inangriffnahme der gröfseren systematischen Publicationen zurück- getreten. Nachdem nun aber der Fortgang der letzteren gesichert war, mochte in entsprechender Umbildung der frühere Plan wieder aufkommen. So drang Friedensburg schon in dem ersten Bericht, den er nach der Übernahme des Seeretariats der Akademischen Commission erstattete, darauf, dafs ein Mittel geschaffen werde, um vorzugsweise einzelne wichtige Stücke oder kleinere Gruppen zusammengehörigen Materials zur Veröffentlichung bringen zu können. »Nebenher nämlich«, so heifst es wörtlich, »wird hier bei unseren Forschungen — in näherem oder weiterem Zusammenhang mit den Arbeiten der einzelnen — so manches wichtige und interessante Stück aufgestöbert, das in den gröfseren Publicationen seine Stelle nicht findet und damit der Gefahr verfällt, überhaupt ungenutzt zu bleiben, haupt- sächlich auch deshalb, weil es wenig wahrscheinlich ist, dafs die Material- gruppen, welche wir für unsere gröfseren Publicationen durcharbeiten, noch- mals von Anderen werden durchgenommen werden. Auch manche allgemeine Wahrnehmung, zu der unsere Forschungen uns führen, bleibt ungenutzt und vereinzelt und wird vergessen, wenn nicht Gelegenheit geboten ist, sie zu formuliren. Ich denke deshalb, dafs es nicht ganz unzweckmäfsig sein würde, wenn man dem Gedanken näher träte, von Instituts wegen entweder von Zeit zu Zeit einen Miscellanband herauszugeben oder geradezu ein periodisches Organ, eine Zeitschrift, zu gründen, an welcher man dann auch anderen deutschen Gelehrten, die in Italien Studien machen, die Mitarbeiter- schaft zugestehen könnte, um so unter der Aegide des Instituts gleichsam ein Organ der deutschen Forschung in Italien zu gewinnen«. Diese Anregung fand bei der Akademischen Commission freundliche Aufnahme; doch sah man sich zunächst nicht in der Lage, Aussicht auf Zuwendung eigener Mittel zu Gunsten der Ausführung des Planes zu machen. Unter diesen Umständen dauerte es, Angesichts der Schwierigkeit, einen Verleger zu finden, der das Wagnils auf sich nähme, noch einige Jahre, ehe die Sache in’s Leben treten konnte. Dafs letzteres endlich geschah, ist wesentlich dem Entgegenkommen der beiden neuen Inhaber der Loescher- schen Buchhandlung in Rom, der HH. Bretschneider und Regenberg, zu danken, mit denen Anfang 1897 ein Verlagscontraet über die periodische Herausgabe vermischter Beiträge zu Stande kam; doch griff auch die preufsische Archivverwaltung fördernd ein, indem sie sich zur Abnahme einer bestimmten Anzahl von Exemplaren verpflichtete. Als Titel wählte man: Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 143 »Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken«, womit auch schon der Inhalt angedeutet ist. Vorwiegend war an Edition von Quellenstoff gedacht, der dem ganzen Gebiet der mittleren und neueren Geschichte entnommen werden mochte; gegenständlich sollten die Beiträge vornehmlich die Beziehungen zwischen Deutschland und Italien — im aus- gedehntesten Sinne — behandeln; aufserdem war der Plan, dafs auch über die Archive und Handschriftensammlungen selbst, aus denen man schöpfte, von weiteren oder engeren Gesichtspunkten aus Rechenschaft gegeben würde. Endlich sollte jedes Heft eine Rubrik »Nachrichten« enthalten, auf deren Anlage und Zweck wir gleich zurückkommen. Man nahm in Aussicht, zunächst jährlich zwei Hefte im Umfang von je zehn Bogen ausgehen zu lassen. Das erste erschien im Juni 1897. Die in diesen Heften bisher erschienenen Beiträge haben überwiegend, aber, wie wir sehen werden, nicht ausschliefslich die Angehörigen des In- stituts selbst zu Verfassern. Als Fundgrube ist in erster Linie das Vati- canische Archiv in Betracht gekommen; ebenso begreift es sich, dafs der Inhalt meist mit dem Papstthum, der römischen Curie, in Beziehung steht, sei es, dafs deren Einwirkungen auf die deutschen Dinge, sei es auch, dafs die eurialen Einrichtungen selbst behandelt werden. Letzteres gilt von zwei Beiträgen Haller's: der Veröffentlichung in’s Einzelne gehender Auf- zeichnungen über den päpstlichen Haushalt aus Avignonesischer Zeit nach einer Handschrift der Biblioteca Borbonica in Neapel', und Erörterungen über die Ausfertigung der päpstlichen Provisionen” auf Grund eines Codex Jesuiticus im Besitz der Bibliothek Vittorio Emanuele zu Rom. Anderer- seits führen mehrere Beiträge zur Geschichte des späteren Mittelalters nach Deutschland. So veröffentlicht Kaufmann »Urkunden zu einer bisher un- bekannten Legation des Cardinals Pileus in Deutschland 1394«°; Arnold »Urkunden zur Geschichte der ersten Hohenzollern’schen Kurfürsten und ihres Hauses aus dem Vaticanischen Geheimarchiv«’, nämlich 23 Bullen ! Quellen und Forschungen I, S.1—38. ® Mit dem Nebentitel: »Ein Beitrag zur Diplomatik der Papsturkunden des 14. und 15. Jahrhunderts«: ebendaselbst Bd. II, S. 1—40. — Aulserdem hat Haller im dritten Bande (S. $2—ı0o2) eine bisher unbekannte Rede veröffentlicht, die Aeneas Sylvius im Winter 1438 auf 1439 vor dem Baseler Coneil hielt; sie ist dem Codex Palatinus 603 der Vaticana entnommen. ® Daselbst II, S.285—306 (aus den Lateranregistern Bonifaz’ IX.); dazu als Nach- trag: Ein Tractat über die Absendung eines Legaten nach Deutschland 1394: III, S.69— 81. * Daselbst I, S. 296—319. 144 W. ERIEDENSRURG: Papst Eugen’s IV. aus den lateranensischen und vaticanischen Registern. Der nämlichen Epoche, d.i. dem Zeitalter König Sigmund’s, gehören zwei Beiträge H. Herre’s an, des Herausgebers der »Deutschen Reichstagsaeten « unter dem genannten Herrscher: »die Hussiten-Verhandlungen auf dem Prefsburger Reichstag im April 1429« — eine kritische Abhandlung auf Grund einer mit abgedruckten Instruction Sigmund’s, die dem Staatsarchiv von Mailand entnommen ist! —, und die eingehende Studie: »Die Bezie- hungen König Sigmund’s zu Italien vom Herbst 1412 bis zum Herbst 1416«°, mit drei interessanten Beilagen aus dem Staatsarchiv von Florenz. Das Zeitalter der Reformation sodann behandelt Friedensburg in einer Reihe von Beiträgen auf Grund verschiedener Handschriften des Archivs und der Bibliothek des Vaticans. Er edirt einen zeitgenössischen Bericht über die Verbrennung der Bannbulle durch Luther”: eine bisher unbekannte Depesche Aleanders vom Januar 1520, die erste nach der Ankunft des Nuntius bei Kaiser Karl V., welche die erste Berührung zwischen diesen beiden Männern schildert‘; sodann: Actenstücke über das Verhalten der römischen Curie zur Reformation 1524 (gegenüber dem dritten Nürnberger Reichstag) und 1531 (Reunionsprojecte)’; weiter zwei dem Kaiser Karl V. erstattete Gutachten, die auf den Schmalkaldischen Krieg Bezug haben: das eine” entwickelt den Angrifisplan wider die protestantischen Gegner; das andere’ verbreitet sich im Einzelnen über die zum Kriege erforderlichen Mittel an Fufsvolk, Reiterei, Artillerie, Munition, Train und anderen Be- dürfnissen der Kriegführung. Den letzten Jahren der Regierung Karl’s V. gehört ein venetianischer Gesandtschaftsbericht über die Stellung König Maximilian’s zu seinem kaiserlichen Oheim an, welches Stück Friedens- burg dem Staatsarchiv in Venedig entnimmt.“ Ein Beitrag anderer Art sind die von dem Nämlichen mitgetheilten »Informativprocesse über deutsche Kirchen in vortridentinischer Zeit«; den Stoff lieferte hauptsächlich das Archiv der Congregation des Consistoriums: es finden sich hier eingehende ! Daselbst II, S.307—316. Daselbst IV, S. ı— 62. ® Daselbst I, S.320— 321. vo * Daselbst I, S. 150— 153. ° Daselbst III, S. 1—2o0. Daselbst II, S.140 — 151. " Daselbst IV, S. 63— 71. ® Daselbst IV, S.72—3ı. Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 145 Erhebungen über die kirchlichen Organisationen an den einzelnen Bischofs- kirchen sowie über die kirchlichen Baulichkeiten u. s. w.' Endlich fällt ein Beitrag Friedensburg’s aufserhalb des Rahmens der deutschen Ge- schichte; es ist der für die Reformbestrebungen im Cardinalscolleg Paul’s II. sowie für die Eigenart der beiden Briefschreiber sehr charakteristische Brief- wechsel der Cardinäle Gasparo Contarini und Ercole Gonzaga, den der Her- ausgeber einem Codex des Vaticanischen Archivs und dem Carteggio des Cardinals Ereole im Gonzaga-Archiv zu Mantua entnommen hat.” Zeitlich schliefsen sich hier zwei Beiträge Kupke’s an, der aus dem Staatsarchiv zu Modena — drei bisher unbekannte Briefe Philipp Melanchthon’s (aus dem Jahre 1552, gerichtet an Cardinal Otto Truchsefs von Augsburg und an Lazarus Schwendi)’, und einen dem Vaticanischen Archiv entstammenden Bericht über die Reise des Cardinallegaten Dandino von Rom nach Brüssel im Jahre 1553 mittheilt.' Dem Zeitalter der Gegenreformation gehört der umfangreichste Bei- trag an, die schon wiederholt erwähnte Edition der »Acten über die Reform- thätigkeit Feliecian Ninguarda’s in Bayern und Österreich 1572—1577« durch Schellhafs; die Arbeit zieht sich durch alle bisher erschienenen Theile hin und soll im nächsten Heft zum Abschlufs gebracht werden. Aber auch in die neueren Epochen der deutschen Geschichte sind einige Streifzüge unternommen worden; wir finden hier Kaufmann mit einem Bericht über den Besuch, den der Nuntius am Niederrhein, Bellisoni, 1778 dem Kurfürsten von der Pfalz und dem Bischof von Speier abstattete; die Vorlage bildet ein Codex der Rubrik Miscellanea Colonia im Vatica- nischen Archiv.” Ferner gehören drei Beiträge Kupke’s hierhin: Acten zur Geschichte der katholischen Mission in Tilsit (1792) — aus den Miscel- lanea Polonia des Vaticanischen Archivs’; eine Relation über den preufsi- schen Hof vom Jahre 1795’; endlich Berichte eines spanischen Diplomaten über den nämlichen Hof aus dem Jahre 1797°, eine Mittheilung, die gleich- ! Daselbst I, S.165—203. ®2 Daselbst III, S.161—222. ® Daselbst Il, S.317— 320. * Daselbst IV, S. 82—.94. ° Daselbst III, S. 245 — 254. ° Daselbst II, S. 116— 139. ” Daselbst I, S. 261— 280. ® Daselbst I, S. 109— 149. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. T. 19 146 W. FRIEDENSBUR6E: zeitig als ein kleiner Beitrag zur Säcularerinnerung an Kaiser Wilhelm 1. gedacht war, dessen Geburt und Taufe in jenen Berichten erwähnt sind. Auch diese Stücke entstammen dem Vaticanischen Archiv, welches schliefs- lich ebenfalls das Material zu der kirchenrechtlichen, mit einem Anhang von Doeumenten versehenen Studie des Dr. jur. H. Meydenbauer: »Zur Frage der gemischten Ehen in Schlesien 1740—1750« geliefert hat. Hierzu kommen, wie schon angedeutet, Mittheilungen über Archive und Verzeichnisse ihres Inhalts. Dahin gehört die in anderem Zusammen- hang bereits erwähnte Skizze Kupke’s über das Familienarchiv der Capilupi in Mantua, mit besonderer Rücksicht auf die Papiere des Mantuanischen Staatsmannes Ippolito Capilupi (1511—1580).” Ferner hat ein Mitglied der Eeole francaise zu Rom, Eugene Deprez, im Organ des Instituts Verzeichnisse von ungefähr 300 Papsturkunden des 13 und 14. Jahr- hunderts veröffentlicht, die er im Stadtarchiv zu Perugia, im Archiv des geistlichen Seminars zu Pisa und mehreren süditalienischen Archiven ge- funden.? Auch das Vaticanische Archiv aber sollte in den Kreis dieser Studien einbezogen werden, indem im vierten und fünften Band Regesten aus den dort beruhenden Briefen des Pontificats Papst Innocenz’ X. (1644 — 1655) veröffentlicht wurden, soweit sie von Deutschen ausgehen oder an diese gerichtet sind. Dies Unternehmen ist aus Arbeiten hervorgegangen, die den Zweck hatten, das Vaticanische Archiv auch in solehen Partien näher kennen zu lernen, die für die systematischen Publieationen des Instituts noch nicht herangezogen worden waren. So hat im Auftrag des Secretärs Kupke nach und nach grofse Theile der wichtigen Abtheilung »Lettere«' durchgenommen und die Deutschland betreffenden Stücke zunächst kurz verzeichnet; hieraus ist dann der Plan erwachsen, die nämlichen Stücke gelegentlich in Auszügen mitzutheilen, womit man doch, wennschon der Werth und Ertrag der grofsen Mehrzahl dieser Briefe nur ein beschränkter ist, der neueren deutschen Geschichte einen Dienst zu leisten hoffte. ! Daselbst III, S. 195 — 244. 2 Daselbst III, S. 129 —ı41. ® Daselbst Ill, S. 103— 128, 255 — 307. Diese Abtheilung zerfällt in Lettere di cardinali; di vescovi; di prineipi e titolati; di partieulari. Vergl. des Näheren die Vorbemerkungen zu den »Regesten zur deutschen Geschichte aus der Zeit des Pontificats Innocenz X.: Quellen und Forschungen IV S. 236ff.« Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 147 Die dritte und letzte Rubrik der »Quellen und Forscehungen« bilden die »Nachriehten«, die über das Preufsische Institut und seine Leistungen sowie über die Arbeiten der anderen fremden Missionen am Vatican, dann aber insbesondere über die Veröffentlichungen der in Italien bestehenden Akademien und historischen Gesellschaften u. s. w. auf dem Gebiet der mittleren und neueren Geschichte Auskunft geben, sowie die deutschen Fachgenossen auf sonstige wichtigere Erscheinungen Italiens, speciell Quel- lenpublicationen und Schriften über die archivalischen und hülfswissen- schaftlichen Diseiplinen hinweisen. Das Preufsische Institut gestaltete hier- durch die ihm von vorn herein gestellte Nebenaufgabe, den deutschen Historikern die Kenntnifs und Benutzung der Handschriftenschätze Italiens zu erleichtern, nach einer anderen Richtung hin weiter aus, indem es jenen auch die Bekanntschaft mit den Leistungen der überaus rührigen italienischen Geschiehtsforschung vermittelt. Dafs hierfür ein Bedürfnifs vorlag, hat die freundliche Aufnahme gezeigt, die gerade der Einrichtung dieser »Nach- riehten« von Seiten der deutschen Kritik zu Theil geworden ist. Aufserdem mag auch bemerkt werden, dafs die »Nachrichten« vielfach zu näheren Be- rührungen zwischen dem Institut und den italienischen Fachgenossen und deren Vertretungen, zum Austausch der gegenseitigen Publicationen oder Zeitschriften u. s. w. geführt haben, was für das Institut begreiflicherweise von grofsem Vortheil war. Um aber auf das Verhältnifs des letzteren zu den Historikern in der deutschen Heimat zurückzukommen, so sind die Anfragen und Anliegen, die von deutscher Seite an das Institut ergehen, im Laufe der Jahre an Zahl eher geringer als gröfser geworden, was hauptsächlich darauf zurück- zuführen ist, dafs die Dilettanten, die zu Anfang in dieser Sache ein an- sehnliches Contingent stellten, so gut wie gänzlich verschwunden und die Anfragen, welche gegenwärtig dem Institut zukommen, durchweg ernst gemeint sind und von fachmännischer Seite ausgehen. Immerhin erhält man den Eindruck, als ob die durch das Bestehen des Instituts den deutschen Forschern gebotene Gelegenheit, über die Archive und Handschriften Italiens Auskunft zu erhalten, nieht vollauf in dem Mafse ausgenutzt würde, wie es möglich wäre und man Anfangs wohl auch erwartet hatte. Dafs jedoch die einschlägigen Bestimmungen des Statuts keineswegs nur auf dem Papier 19* 148 W. FrRIEDENSBURG: geblieben sind, zeigt ein Blick in die stark geschwellten Benutzeracten des Instituts, welche weitaus die umfangreichste Rubrik in dessen Re- gistratur bilden; auch liefse sich leicht eine ansehnliche Reihe gewichtiger wissenschaftlicher Werke des letzten Jahrzehnts aufführen, die ohne die Hülfe des Instituts nicht, oder wenigstens nicht so wie sie vorliegen, zu Stande gekommen wären. Fast ständig hat das Institut ferner den grofsen nationalen Unternehmungen, den Monumenta Germaniae historiea in ihren verschiedenen Sectionen, den von der Münchener Historischen Commission betriebenen Publieationen u. A.m. Vorschub geleistet. Nicht unbeträchtlich ist ferner die Zahl derer, die in Rom an Ort und Stelle durch das Institut gefördert und unterstützt worden sind, sei es durch Einführung in das Archiv und die Bibliothek des Vaticans oder an anderen Stellen, sei es durch Orientirung über das für ihre Studien vorhandene Material und Mittheilung der in den Schränken des Instituts angesammelten Nachweise und Excerpte. Dabei ist übrigens die Hülfe des Instituts nicht auf Deutsche beschränkt geblieben; auch Forscher anderer Länder, Ungarn und Siebenbürger, Schweden und Dänen, Russen und Polen, Franzosen, Niederländer und Belgier haben sich nicht selten beim Preufsischen Institut Raths erholt; insbesondere ist auch ihnen dessen Bibliothek zu Gute gekommen. Ursprünglich zwar hatte die letztere ‚mit gewollter Ausschliefslichkeit nur den Arbeiten der Mitglieder dienen sollen; auch hatte bei der Gering- fügigkeit der dafür zur Verfügung stehenden Geldmittel die Akademische abeesehen von dem noth- Commission ausdrücklich eingeschärft, dafs wendigsten, täglich gebrauchten Handwerkszeug — kein Werk angeschafft werde, das sich schon auf irgend einer öffentlichen Bibliothek Roms be- finde. Dieser Standpunkt ist freilich nicht ganz consequent behauptet wor- den; doch ist man erst ganz allmählich, unterstützt von den nach und nach reichlicher fliefsenden Mitteln, dazu übergegangen, nach einer gewissen Abrundung wenigstens auf einzelnen Gebieten zu streben, die Zahl der Zeitschriften zu erweitern sowie gewisse allgemeine und Nachschlagewerke zu beschaffen, die wenigstens einigermalsen den Mangel an historischer Speciallitteratur ersetzen könnten; denn es versteht sich, dafs die Litte- ratur über einzelne Zeitabschnitte und Ereignisse, einzelne Persönlichkeiten u. dergl. nicht über den unmittelbar vorliegenden Bedarf hinaus angeschafft werden konnte; übrigens war auch das Bedürfnifs darnach seit der Ein- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 149 richtung der Nachschlagebibliothek des Vaticans, die ja gerade diese Seite der historischen Litteratur pflegt, nicht mehr so grofs wie vorher. Vielleicht ist es für unsere Leser nicht ohne Interesse, wenn wir hier einige nähere Mit- theilungen über die Zusammensetzung der Bibliothek des Instituts folgen lassen. Von den erwähnten allgemeinen und Nachschlagewerken besitzt letztere unter Anderem die vollständige Reihe der Jahresberichte der Geschichts- wissenschaft sowie die Nouvelle biographie universelle und die Allgemeine Deutsche Biographie; ferner das grofse Kirchenlexikon Moroni’s (Dizionario di erudizione storico-ecelesiastica, in 109 Bänden) sowie die im Erscheinen begriffenen neuen Auflagen der Protestantischen Realeneyklopädie von Hertzog-Hauck und des katholischen Kirchenlexikons von Wetzer und Welte. Von allgemein geschichtlichen Werken sei erwähnt die grolse Ausgabe von Weber’s allgemeiner Weltgeschichte, die Weltgeschichte sowie die Mehrzahl der übrigen historischen Werke Ranke’s, die Biblio- thek deutscher Geschichte. Sodann an Zeitschriften allgemeinen Charakters die Mittheilungen aus (der historischen Litteratur, die Historische Zeit- schrift (Neue Folge), die Forschungen zur deutschen Geschichte, die deut- sche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft (später Historische Vierteljahrs- schrift), die Mittheilungen des Instituts für österreichische Geschichts- forschung, das Historische Jahrbuch der Görres- Gesellschaft, die Römische Quartalschrift. Von Zeitschriften landschaftlichen Charakters die Märkischen Forschungen und deren Fortsetzung, die Forschungen zur Brandenburgischen und Preufsischen Geschichte, das Archiv für österreichische Geschichts- quellen (bis einschliefslich Band 72, 1833), die neuesten Bände der West- deutschen Zeitschrift, die Annalen des historischen Vereins für den Nieder- rhein (bis Heft 53. 1591), die Neue Folge der Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, das Neue Archiv für die sächsische Geschichte; für das Ge- biet der Kirchengeschichte: Brieger’s Zeitschrift für Kirchengeschichte, Denifle’s und Ehrle’s Archiv für Litteratur und Kirchengeschichte des Mittelalters, Kolde’s Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte, die Bei- träge zur sächsischen Kirchengeschichte von Dibelius, Lechler und Brieger (bis 1895) die Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner- und Cistereienser Orden (unvollständig). Daran schliefst sich eine Reihe italienischer Zeitschriften: die Rivista delle biblioteche e degli archivi, die Studi storiei von A. Crivelucei, die Rivista storieca italiana, das Archivio della Societa Romana di storia patria, die neuesten Jahrgänge des Archivio 150 W. FriEDENSBURE: storico italiano und des Archivio storico lombardo; endlich sei erwähnt die Quellensammlung (Fonti per la storia d’ Italia) und das Bollettino des R. Istituto storico italiano. Im Übrigen vertheilt sich die Mehrzahl der Anschaffungen auf drei Hauptgebiete: ı. Archive und Bibliotheken, wo besonders über Italien eine ansehnliche Zahl von einschlägigen Werken zusammengebracht worden ist; 2. Geschichte und Institutionen des Papstthums und der römischen Curie; aufser allgemeiner Geschichte des Papstthums und der Geschichte einzelner Päpste finden sich hier einerseits Werke zur Lebensgeschichte ein- zelner Cardinäle, Legaten, Nuntien, Prälaten, Curialen u.s. w., andererseits Schriften über das Conclave, das Consistorium, die päpstliche Finanzver- waltung, die päpstliche Canzlei, das Gerichtswesen und die Inquisition, das Öeremonialwesen, die kirchliche Propaganda'; 3. deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation. Die übrigen Diseiplinen sind schwächer vertreten; doch sei beispielsweise noch auf die Werke zur allgemeinen Kirchengeschichte (von Sohm, Hase, Hagenbach, Her- genröther, Räfs, Convertiten u. s. w.) und auf die Rubrik preufsische und hohenzollern’sche Geschichte verwiesen, die unter Anderem aufweist die Monumenta Zollerana: den Codex diplomatieus Brandenburgensis Riedel’s; Lehmann Preufsen und die katholische Kirche; die Darstellungen der b 'andenburgisch -preufsischen Geschichte von Ranke, Droysen, Stenzel, Riedel, Eberty, Prutz, sowie Johannes Voigt’s Geschichte Preufsens und des Deutschen Ritterordens. Die Geschichte Italiens ist vertreten durch Luenig’s Codex diplomaticus, zahlreiche Briefsammlungen und Itinera Italica, Leo’s Geschichte der italienischen Staaten, die Mehrzahl.der ein- schlägigen Veröffentlichungen Reumont’s, Gregorovius’ und Grisar’s Geschichte der Stadt Rom neben einer ansehnliehen Zahl speeiellerer Schriften. Auch Gelehrtengeschichte, besonders im Zeitalter des Humanismus und er Renaissance, ist nieht schlecht vertreten. Dazu kommt endlich noch die dem Repertorium Germanieum gehörige Sammlung von vorzugsweise geographischen und statistischen Werken. ' Auch sei auf das offieielle Staatshandbuch der Curie, die Gerarchia cattolica (früher Annuario. Pontificio genannt) verwiesen, welches die Bibliothek des Instituts von 1877 an vollständig, aulserdem ältere Jahrgänge seit 1854 vereinzelt besitzt. Das Köniylich Preufsische Historische Institut in Rom. 151 Wir sind mit diesen Darlegungen bis an die Schwelle der Gegenwart herangetreten; es erübrigt nur noch, einen kurzen Blick auf die äufseren Schicksale des Instituts zu werfen. Von der Unterbringung des letzteren im dritten Stockwerk des Hauses Nr. 42 der Via Condotti war schon die Rede. Schneller aber als voraus- gesetzt begann es hier für die Aufstellung der anwachsenden Bibliothek und die Aufbewahrung der sich mehrenden Acten und Excerpte an Raum zu fehlen, so dafs, als der bis zum 15. October 1895 reichende Miethscontraet sich seinem Ende näherte, der Wunsch oder das Bedürfnifs sich geltend machte, ihn nicht zu erneuern, sondern grölsere Räume zu gewinnen. Es fanden sich solche in einem auch im Übrigen geeigneten Hause; doch war der Preis der neuen Wohnung ein nicht unwesentlich höherer als der bisher gezahlte. Allein die Akademische Commission versagte sich auch dieses Mal nicht den gestiegenen Bedürfnissen des Instituts; sie be- schaffte, was erforderlich war. So konnte also das in Aussicht genommene Quartier gemiethet und Anfang October 1895 bezogen werden. Das neue Heim, welches die Institutsräume und die Wohnung des Secretärs noch gegenwärtig enthält, befindet sich in einem römischen Patrieierhause, dem Palazzo Giustiniani, der um das Jahr 1570 von dem Marchese Vincenzo Giustiniani erbaut wurde. Er liegt an dem westlichsten, dem Tiber zunächst gelegenen der drei Stralsenzüge, die von der Piazza del Popolo, dem nördlichen Eintritt in die Stadt, gegen deren alten Mittelpunkt, das Capitol, laufen. Man gelangt, von Piazza del Popolo ausgehend, durch die Strafsen Ripetta und Serofa zu einer Verbreiterung, an der rechts (westlich) die französische Nationalkirche San Luigi de’ Francesi, links der ansehnliche Palazzo Patrizzi liegt. An dem Punkte dann, wo die Strafse sich durch die von rechts hervortretenden Hintergebäude des prächtigen Palazzo Madama, der gegen- wärtig als Sitzungsgebäude des Senato del Regno dient, wieder verengt und den Namen Via Dogana Vecchia annimmt, liegt links (östlich) der Palazzo Giustiniani, von dem Palazzo Patrizzi durch die schmale Via Giusti- niani geschieden. An der anderen (südlichen) Seite des Palazzo Giustiniani läuft die Via Crescenzi, ebenso wie die Via Giustiniani, zum Pantheons- platz (Piazza della Rotonda). Der Palast stellt ein unregelmäfsiges Gebäude dar, welches an der nördlichen Seite (Via Giustiniani) bis zum Pantheons- platz reicht, während er auf der anderen Seite nur bis etwa zur Mitte 152 W. FRIEDENSBURG: der Via Orescenzi geht. Die Front schaut nach Westen in die Via Dogana Veechia; durch den Haupteingang schreitend gelangt man geradeaus in einen sehr stattlichen quadratischen Binnenhof. Links vom Eingang führt eine breite schöne Treppe zu den oberen Stockwerken. Sie wie auch der Eingang und der Hof sind mit antiken Statuen, Sarkophagen u. s. w. ge- sehmückt, welche Stücke freilich nur die Überreste einer einstmals grofs- artigen, wahrhaft fürstlichen Antikensammlung darstellen. Mit dem Reich- thum und Glanz des alten Geschlechts der Giustiniani ist auch diese Sammlung zurückgegangen und zerfallen; ihre besten Kleinodien sind in alle Winde zerstreut. Aber auch den alten Familienpalast hat das Ge- schlecht nieht behaupten können; vor einigen Jahren ist er durch Kauf in bürgerliche, capitalkräftigere Hände übergegangen. Das Institut mit der Secretärswohnung nimmt die eine Hälfte des zweiten Stockwerks ein; die andere Hälfte bewohnt zum gröfseren Theil ein Cardinal der römischen Kirche, während der ganze sehr geräumige erste Stock von der Loge der Massonneria Italiana eingenommen wird. Dem Institut stehen die beiden gröfsten Räume der Wohnung, man kann fast sagen: Säle, zur Verfügung, von denen der eine als Bibliotheks- und allgemeines Arbeitszimmer eingerichtet ist, während der andere dem Secre- tär als Arbeits- und Empfangszimmer dient, auch in einer Anzahl von Schränken die Manuseripte, Abschriften und Excerpte sowie die Registratur des Instituts enthält. Als letzteres die neue Wohnung bezog, weilte sein Gönner und För- derer, Heinrich von Sybel, nicht mehr unter den Lebenden. Der durch ihn vermittelte Entscheid in der Wohnungsfrage war der letzte Beweis seiner Fürsorge für das Institut gewesen; einen Monat später ereilte ihn in Marburg der Tod, der wohl kaum an einer anderen Stelle aufrichtiger betrauert worden ist als am Institut in Rom. Auch Wilhelm Watten- bach, der nach von Sybel’s Tode den Vorsitz der Akademischen Com- mission übernahm, ist der Wissenschaft und dem Institut nicht mehr lange erhalten geblieben; schon im Sommer 1897 folgte er seinem Vor- gänger in’s Grab nach. Inzwischen aber hatte der Amtsnachfolger von Sybel’s, der General- direetor der preufsischen Archive Reinhold Koser, die Erbschaft seines Vorgängers auch in Bezug auf das Institut angetreten. Zwischen dem Unterriehtsministerium und der Archivverwaltung bestand volle Überein- Das Königlich Preufsische Historische Institut in Rom. 153 stimmung darüber, dafs, wenn man das Institut erhalten wolle, man ihm endlich zu geordneten Verhältnissen verhelfen, ihm durch Einstellung seiner finanziellen Ausstattung in den preufsischen Staatshaushalt eine gesicherte Grundlage gewähren müsse. Dabei konnte es fraglich sein, an welcher Stelle dort das Institut sich am leichtesten werde einfügen lassen. Wie sich jedoch die Dinge bisher entwickelt hatten, nämlich bei der engen Ver- bindung, in welche das Institut zur Zeit von Sybel’s und durch diesen mit der Verwaltung der preulsischen Archive eingetreten war, wurde Seitens des Unterrichtsministeriums empfohlen, das Institut dem Organis- mus der preulsischen Staatsarchive anzugliedern. Der Gedanke war also, Friedensburg und Schellhafs in die Reihe der festangestellten Beamten der Archivverwaltung einzuordnen, die jüngeren Mitglieder aber, nämlich den zweiten Assistenten Kupke und die Mitarbeiter Arnold's (dieser selbst hatte seine Stellung als Archivar stets beibehalten) zu Archivassistenten zu ernennen und ihnen damit, unter Anrechnung der Zeit ihrer Beschäf- tigung am Institut, die Anwartschaft auf die Anstellung im Archivdienst zu gewähren. Der Plan gewann nach mancherlei Hindernissen und Weite- rungen endlich Gestalt, als im Sommer 1597 der Finanzminister von Miquel zum Vicepräsidenten des Staatsministeriums ernannt wurde und als solcher das Ressort der Archivverwaltung übernahm: mit dem ı. April 1898, nach zehnjährigem aufseretatsmälsigem Bestehen, wurde das Historische Institut zu Rem beim Capitel der Staatsarchive in den preufsischen Staatshaushalts- Etat aufgenommen. Durch die Übernahme des Instituts in den Etat der Archivverwaltung wurde der Zusammenhang mit der Berliner Akademie der Wissenschaften, von der einst die Idee der Gründung des Instituts ausgegangen war, nicht gelöst; die Akademische Commission für das Institut blieb bestehen: an von Sybel’s Stelle trat dessen Amtsnachfolger, die durch Wattenbach’s Tod gerissene Lücke aber wurde im Jahre 1900 durch den Eintritt des Professors Dr. Paul Scheffer-Boichorst ausgefüllt. War das Institut bisher anders als durch seine Publicationen nicht an die Öffentlichkeit getreten, so glaubte der Secretär, als im Anfang des Jahres 1901 der zweihundertjährige Gedenktag der Errichtung des preufsischen Königthums herannahte, diesen Tag nicht stillschweigend vorübergehen lassen zu sollen. Das Institut veranstaltete daher am 18. Januar I90OI eine Feier, zu der die diplomatischen Vertreter Deutschlands und der deutschen Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. 1. 20 154 W. ERIEDENSBURG: Staaten (Preulsens und Bayerns) in Rom, die Beamten der vaticanischen Institute und des römischen Staatsarchivs, die italienischen Fachgenossen, die in Rom arbeitenden deutschen und fremden Geschichtsforscher, sowie Mitglieder der deutschen Colonie eingeladen wurden. Der Aufforderung folgend, fanden sich gegen hundert Herren in den Nachmittagsstunden in den Räumen des Instituts ein, wo nach einer kurzen Begrülsung der Gäste durch Friedensburg zunächst Arnold über das »Repertorium Germa- nicum«, sodann Schellhafs über die sonstigen Arbeiten des Instituts, speciell die Herausgabe der »Nuntiaturberichte aus Deutschland« referirte. Den Schlufs der Feier bildete der dem Ereignifs des Tages, der Erhebung Preufsens zum Königreich, gewidmete Festvortrag Friedensburg’s.' Allen Mitgliedern des Instituts aber gereichte es zu hoher Befriedigung, derge- stalt im fremden Lande vor heimischen und ausländischen Gästen eine vaterländische Feier zu begehen, durch die das Institut zugleich seine Zugehörigkeit zu dem führenden deutschen Staate bekundete, seine Ver- ehrung für das hehre Herrscherhaus der Hohenzollern an den Tag legte und seiner ehrfurchtsvollen Anhänglichkeit an den gegenwärtigen Träger der deutschen und preufsischen Krone Ausdruck gab. ! Auf die Haltung der römischen Curie zu der neuen Krone Preufsen bezieht sich ein Aufsatz Friedensburg’s in der Historischen Zeitschrift Band 87 (Neue Folge 51), S. 407— 432 (auf Grund von Materialien des Vaticanischen Archivs). Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. Von Prof. Dr. GELZER in Jena. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 1 I r - “ Vorgelegt in der Gesammtsitzung am 18. Juni 1903 u [Sitzungsberichte St. XXXL S. 647]. eirihwär a a Zum Druck eingereicht am gleichen Tage, ausgegeben am 8. September 1903. ) Pi Fi I ory + ni { . <&.“ &ı ur . “ 4 ER een ai ar Alan „AN ae I. Pergamon als eine der Metropolen der diokletianischen Provinz Asia. Das Ende des 3. und der Beginn des 4. nachchristlichen Jahrhunderts kenn- zeichnen sich auch für Kleinasien als die Markscheide eines völlig neuen Zeitalters durch die großartige Umgestaltung und Neuschöpfung, welche die gesamte Reichsverwaltung und die Provinzialeinteilung erfuhren, jene Neu- schöpfung, welche an die Namen Diokletian und Konstantin geknüpft ist. Mehr als vier Jahrhunderte waren verflossen, seit der letzte Attalide sein Reich der römischen Republik vermacht hatte. Aber wenigstens äußerlich war noch ein Schatten der alten pergamenischen Königsherrlichkeit geblieben. Durch den Namen des Weltteils, den man nicht ohne Absicht dem ehe- maligen Attalidenreiche beigelegt hatte, ragte die Provinz Asia in bedeut- samer Weise, wie Karthago-Afrika, aus der Masse der übrigen hervor. Für solche historischen Erinnerungen hatte die neue Zeit jedes Verständnis ver- loren, und das alte Königreich wurde in fünf, bald in sieben kleine Pro- vinzen zerschlagen." Die neue Provinz Asia, zu der auch Pergamon gehörte, umfalte eigent- lich neben dem Kaikostal nur den aeolisch-ionischen Küstenstrich bis an den Maeandros. Die an das Heilige Römische Reich Deutscher Nation er- innernde Feierlichkeit, mit welcher die Rangstreitigkeiten zwischen den ver- schiedenen mHTrortöneıc und mP@TAı TAc Aciac erörtert wurden’, und welche ! Die diokletianische Ordnung kennt: Asia, Lydia, Caria, Phrygia, Insulae, wozu dann im Laufe des 4. Jahrhunderts noch Hellespontus und Phrygia secunda kommen. Vergl. meinen Aufsatz in der Festschrift für H. Kiepert 1898: Geographische Bemerkungen zu dem Verzeichnis der Väter von Nikaea S. 53 fl. 2 Diese Rangstreitigkeiten behaupteten einen überaus zähen Vitalismus durch die Kirche. Magnesia am Maeandros nannte sich in der Kaiserzeit &saömH TAc Aclac. J. Marquardt, 1* A GELZER: die überlegene Heiterkeit der römischen Herren hervorgerufen hatte, war auch in dieser späten Zeit nicht ausgestorben. Die kleine Provinz besaß nicht weniger als vier Metropolen. Pappos von Alexandrien, unter Theodosios dem Großen (379—-395) blühend, hat unter dem Titel » Allgemeine Welt- beschreibung«' eine kürzende Bearbeitung des ptolemaeischen Lehrbuchs der Geographie herausgegeben, welche uns in einer armenischen etwa um 700 angefertigten Übersetzung und Umarbeitung unter dem Namen: » Geographie” des Moses von Choren« erhalten ist. Wir ersehen daraus, daß Pappos, wie sich das bei einem schulmäßigen Leitfaden eigentlich von selbst versteht, das Gerüste der augusteischen, zu Ptolemaeos’ Zeiten noch gültigen Pro- vinzialeinteilung durch die Provinzialordnung seiner, d. h. der theodosiani- schen Zeit ersetzt hat. Er kennt auch bereits die erst nach Diokletian eingetretenen Veränderungen der Regierungsbezirke. So führt er z.B. Mysien oder Hellespontos mit Kyzikos als besondere Provinz auf. Karien und Lydien werden ausdrücklich vom »eigentlichen Asien« abgesondert. Über dieses schreibt er’: »Die Provinz ‘das eigentliche Asien’ ist Mysien benachbart am Meere (gelegen); ihre Metropolen (mayrakhalakh) sind Ephesos, Smyrna (Zmirnia), Pergamos* (verschrieben Perganos), Trallis (Zoralis aus Tralis verschrieben), die unter sich 48 Städte haben.« Von diesen 48 asia- tischen Städten — in der Summe sind die vier Metropolen wahrscheinlich einbegriffen — führen Hierokles und die Notitien 43 auf. Diese Masse von städtischen Gemeinwesen in der verhältnismäßig kleinen Provinz weisen Römische Staatsverwaltung 1°” S. 346 Anm. 2. Einen neuen prachtvollen Namen hat die Kirche noch Ende des 7. Jahrhunderts festgehalten. Beim Quinisextum (692) unterschreibt der dortige Bischof: TTATPIKIoc AnAzIoc Ertickorioc MArNHTON TIP@TOMAIANAPOYTIÖNEWC TÄC AcIAN®n Ertapxlac. Mansi XI 993. ! OIKoYMmenIKH Xw@PorPAsla Suidas s. v. TTArırıoc. * aSharhacoye, wörtlich »mappa«, im Sinne von »mappa mundi«. ® Den einzigen brauchbaren Text mit dieser wertvollen Angabe liefert die Ausgabe von P. Arsene Soukry, Geographie de Moise de Corene, Venedig 1881, S. 30 der Über- setzung, S. 22 des Textes. (Bezüglich der Eigennamen ist die Übersetzung nicht zuverlässig.) * Bei den Späteren heißt die Stadt durchweg # TTepramoc, wie hier Pappos bietet. So Hierokles 661, 5 TTepramoc; Akten des Ephesinum II S.4, Hoffmann: Pergamos; Johannes von Ephesos in Feestbundel aan Prof. M. J. de Goeje...door eenige oud-leerlingen. Leiden 1891, S. 71 Pergamos. Derselbe, De beat. orient. S. 164 (= Land, Anecd. Syr. I S. 256) Pergamä (PRGM’), S. 208 (= Land S. 371) korrupt Prügama (PRUGM’). en TA TTeprAm» Theophanes 390, 27. THAN TTepramon Nicephor. Brev. S. 52. Bergamüs Bar- hebraei chron. Syr. edd. Bruns et Kirsch II S.ı20, 5. TrAn TTepramon Miklosich et Müller, Acta patr. II 397. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. > auf die hohe Blüte und den Wohlstand derselben in der damaligen Zeit hin: nicht weniger beweist die hervorragende Stellung, welche Pergamon noch immer unter den Provinzialstädten behauptet, daß es seinen altererbten Glanz und seine auf der starken Bevölkerung beruhende Bedeutung noch immer nicht eingebüßt hatte. I. Die Urgeschichte der Kirche von Pergamon. Um so auffallender ist, daß Pergamon kirchlich gar keine Rolle spielte, sondern bis ins 12. Jahrhundert einfaches Suffraganbistum von Ephesos ge- blieben ist. Und doch rühmte auch Pergamon sich, Apostelschüler als erste Inhaber des Bischofsthrones zu besitzen. »An Gaios den Lieben, den ich in Wahrheit liebe« hatte Johannes der Presbyter seinen dritten Brief ge- richtet'; er soll später als erster das Bischofsamt in Pergamon bekleidet haben.” Auch »Antipas, mein Zeuge, mein Getreuer, der bei euch getötet wurde, wo Satans Thron ist«°, war nach der Legende Bischof von Pergamon und erlitt unter Domitian den Märtyrertod.* Diese chronologische Bestimmung ist natürlich lediglich aus der Apokalypse erschlossen. Antipas der aposto- lische Märtyrer wird noch heute von den christlichen Pergamenern verehrt. Allein zu einer höheren kirchlichen Stellung hat er seiner Vaterstadt nicht verhelfen können, und doch ist er nicht der einzige Blutzeuge, dessen Per- gamon sich rühmt. Bereits Eusebios gedenkt »der Akten des Karpos, des Papylos und des Weibes Agathonike, welche in Pergamon der Stadt Asiens ihr Blutzeugnis ablegten und nach vielen herrlichen Bekenntnissen glorreich vollendeten«.” Eusebios erzählt in der Kirchengeschichte diese Martyrien und ebenso die gleichzeitigen des Pionios in Smyrna im Anschluß an das des heiligen Polykarpos, und durch eine höchst seltsame Konfusion macht er diese Märtyrer zu Polykarps Zeitgenossen.” In Wahrheit gehören sowohl ı ‘O mrecgYTeroc TAlw TÖ ATATIHTO, ÖN Er@ ATATIÖ EN AnHeela. 3. Joh. 11. IE} Constit. apost. VII 46. ® Apokal. 2, 13. * Menäen zum ı1. April. 5 "EzÄc ae Kal Annon En TTeprAmw mOneı TAÄc Aciac YTIOMNHMATA MEMAPTYPHKÖ- TON ®EPETAI, KAPrIoY Kal TTarıYnoY Kai TYNAIKÖC ATABONIKHC, METÄ TINEICTAC KAl AIATIPETTEIC ÖMOAOTIAC ETTIAÖEWC TETENEIWMEN@N. Euseb. h. ecel. IV 15, 48. 6 Euseb., a. a. 0. 47. TÖN re MAN TÖTE TIEPIBÖHTOC MAPTYC EIC TIC Ernwpiteto TTIönIoc und die pergamenischen Märtyrer werden durch ezAc zeitlich eng angeschlossen. 6 GELZER: Pionios als Karpos und seine pergamenischen Genossen der Epoche der decianischen Verfolgungen an. Metrodoros und Pionios waren im März 250 durch den Prokonsul Julius Proculus Quintilianus zum Tode verurteilt worden. Der Aneyraroc, welcher das Verhör in Pergamon leitete, ist wahrscheinlich sein Nachfolger Optimus.' Zum Bischof von Pergamon macht den Karpos D) erst ein spätes und schlechtes Synaxar.” Auch die unter dem Namen des Symeon Metaphrastes edierten Akten mit dem fingierten Prokonsul Valerius enthalten nahezu nichts Historisches.” Um so wertvoller sind die von B. Aube publizierten Akten.“ Sie sind ein authentisches, wenn auch — wie es scheint — mehrfach gekürztes Protokoll des Verhörs vor dem Prokonsul, wie schon der Eingang zeigt: »Als der Prokonsul in Pergamon weilte, wurden vor ihn Karpos und Papylos, die seligen Zeugen Christi, geführt. Der Prokonsul, nachdem er den Vorsitz übernommen, sagte: »Wie heißt Du?« Der Selige antwortete: »Mein erster und vorzüglichster Name ist “Christ’; wenn Du aber nach dem Namen in der Welt fragst, Karpos« usw.’ Die Männer werden von dem hohen Dignitär mit vieler Rücksicht behandelt; es sind offenbar Leute von Stande.” Das Verhör mit Papylos ! Waddington, Fastes procons. de la prov. d’Asie p. 269. Aube, Revue archeol. 1881, N.S.42 p. 349. ® Vergl. AASS. m. April. T.II d. XIII, S. 120 ff. Die dort von den Bollandisten ge- saınmelten Stellen sind lehrreich, weil sie das Wachsen der Legende dartun. Rufinus er- wähnt noch ganz richtig IV 15 »martyrum gesta Carpi cuiusdam et Papyriü et Agatho- nicae«. Schon die ältesten Martyrologien, so das Martyrologium Hieronymianum, machen Carpus zum Bischof. Vergl. AASS. Oct. XII, 1883, p. X: Pridi. Id. Apl. In Asia Per- gammo natale Carpi episcopi. Pauli. Isaac. Agatonis. Die mehrfache Verschreibung Poly- carpus’ deckt die Quelle des Irrtums auf. Frecher logen die Späteren. Das Synaxarium des College von Clermont hat: »S. Carpus erat episcopus Pergamaeorum ecclesiae, post discessum loannis theologi et evangelistae constitutus«, das Menologium Sirleti: Carpus erat episcopus Thyatirae. AASS. a. a. O. S.ızı A und C. ® MAPTYPION TON ÄTION KAl ENAdEON TOY XPICTOY MAPTYPpwn KArroy Kal TTarıynoY Kal TON cYN AYTolc Migne 115, 105 — 125. * MAPTYPION TON Ärion KAPprioY Kal TTarıynoyY Kal ArasonikHc in: Un texte inedit d’actes de martyres du III® siecle. Revue archeol. N. S. 42, 1881, p. 348— 360. Aus dem hoch- wertvollen, mehrere Keım4nıA und Unika enthaltenden Kodex Paris. 1468 (S. XD. ° A.a. 0. S. 354. ENAHMoYNToC TOY ANSYTIATOY EN TTEPFAMW TIPOHXEHCAN AYTO ol MAKAPIOI KAprıoc Kal TTArIYAoc MAPTYPec ToY XPicroY. "O A& ÄNEYTIATOC TIPOKABICAC E6H- TIC KAnel; Ö A& MAKAPIOC E®H" TO TIPÖTON KAi EEAIPETON ÖNOMA XPICTIANÖC, EI A& TO EN TE KÖCMW IHTelc, KArrroc. ° Auch die unechten Akten betonen, wie schon Aub& bemerkt, mehrfach die gute Herkunft der Märtyrer, worin vielleicht eine echte Überlieferung verborgen ist. Migne ı15, Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 7 eröffnet der Gouverneur mit der Frage: »Bist Du Ratsherr?« Papylos ant- wortet, er sei Bürger, und zwar von Thyateira.. Man möchte annehmen, daß der Beginn der Akten unvollständig sei: Karpos wird nämlich nicht nach seinem Stande gefragt. Wahrscheinlich hatte sich derselbe als Buleut von Pergamon bezeichnet, woraus dann die Frage des Statthalters an seinen Genossen sich ganz ungezwungen ergäbe. Das Verhör macht den Eindruck, daß Mitte des 3. Jahrhunderts von den 120000' Einwohnern der Stadt Pergamon ein nicht unbedeutender Bruchteil christlich und die Mehrzahl der übrigen den Christen freundlich gesinnt war. Als Papylos die Frage des Prokonsuls, ob er Kinder habe, im geistlichen Sinne bejaht, macht einer aus dem Zuhörerraum den Beamten auf die mystische Bedeutung der Ant- wort des Christen aufmerksam.” Den Pergamenern war diese »pneumatische« Sprache offenbar schon ganz geläufig und verständlich, während der Pro- konsul, ein Sohn des noch stark paganischen Westens, »ob der Lüge« in Zorn geriet. Als dann unter den Zuschauern Agathonike vom Märtyrer- enthusiasmus ergriffen wird, warnt die Menge sie teilnehmend, und während der Exekution klagt sie laut über »das grausame Urteil und die ungerechten Befehle«.” Offenbar bestand damals schon geraume Zeit eine Aıaaox# christ- licher Bischöfe in der zweiten Stadt der Provinz. Aus vorkonstantinischer Zeit kennen wir aber nur einen. Theodotos, um die Mitte des 2. Jahr- hunderts blühend, welcher gegen die gnostische Sekte der Kolorbasianer 105: KAprioc Kai TTArıyaoc, Oi TTATPIAOC MEN YTIÄPXON TIEPI®ANOYC, TÄC TTEPFAMHNÖN TÖNEWC, TIATEPWN AE COÖAPA BINAPETWN TENÖMENOI KATÄNAHNON ETIEAEIKNYNTO Kal TAN ÄF@TÄN, OIA TINOC PITEHC EYFENOYC EYFENÄH BAACTHMATA. 109: TO EYFENEC Kal KÖCMION TÖN ANAPÖN AlaoYMmenoc. Ebenda: Errei A& Kal öYic Kal H TÜN HEN EYKocMlA THN TÄC FNOMHC EnevYseplan AHAoYCI. Im Verhör, was freilich die echten Akten nicht haben, be- zeichnet Papylos sich ausdrücklich als Arzt. 120: »MmemAsHKAC HAH«, ®HCIN, »OTIENEYBEP@N TTATEP@N Er& TIAIC" EK OYATEIPWN AC ÜPMHMAI, METEIMI A& IATPIKHN.« ı Eimer oYN HMiN ol TIOAITAI TIPÖC TOYC TETPAKICMYPIOYC EICIN, ÖMOY EAN TIPOCEÄC AYTÖN TÄC FYNAIKAC KAl TOYC AOYAOYC, EYPHCEIC CEAYTÖN AYOKAIAEKA MYPIAAWN ANBPATIWN OYK APNOYMENON EINAI TINoYcI@tepon. Galen. V S.49, Kühn. Beloch, Die Bevölkerung der griechisch- römischen Welt, S. 236, schließt daraus für Pergamon sogar auf eine Bevölkerung von 180000 Einwohnern. 2 Eic AE TIC TÜÖN ER TOY AHMOY EBÖHCEN AET@N" KATÄ THN TICTIN AYTOY TON XPICTIANDN NETEI TEKNA Exein. a.a.0. S.357. Man bemerke auch hier die uns aus den antisemitischen Verhören unter Commodus wohlbekannte großartige Redefreiheit, welche die damalige Ma- gistratur gestattete. 3 Oi AE& IAÖNTEC EBPHNHCAN NETONTEC AEINH KPICIC KAl AAIKA TIPOCTATMATA, a. a. 0. S.359. 8 GELZER: eine Synode von sieben Bischöfen versammelte und die Häretiker ver- dammte.' II. Die Kirche von Pergamon im 4. Jahrhundert. Um so mehr treten die Bischöfe von Pergamon im 4. Jahrhundert hervor. Als der christusliebende Augustus Konstantius den Bischöfen stets neue Synodalgutachten über die zweite Person in der Gottheit abverlangte und »die Scharen der Oberpriester nach allen Seiten auf den Staatsfuhrwerken nach den sogenannten Synoden eilten«”, haben auch die Kirchenhäupter von Pergamon oft und gern von dieser angenehmen und unentgeltlichen Reisegelegenheit Gebrauch gemacht. In Serdica 347° erscheint Eusebius episcopus a Pergamo’ unter den unzufriedenen, weil arianisierenden Orien- talen, welche unter Führung des Stephanos von Antiochien und des Theodoros von Herakleia eine Sezession veranstalten und in Philippupolis ein Gegen- konzil abhalten. Sein Nachfolger Drakontios’ wurde 360 auf der Synode zu Konstantinopel, welche unter Leitung des Akakios und Eudoxios, der extremen Arianer, stand, mit zahlreichen Mitbrüdern nicht aus dogmati- schen Gründen abgesetzt, sondern weil jene beiden Ehrgeizigen die Er- bitterung des Kaisers benutzten, um auf die wichtigsten Stühle ihnen un- bedingt ergebene Parteigänger zu bringen. Drakontios wurde abgesetzt, ! Nach dem Praedestinatus genannten Liber de haeresibus LXV (Gallandi, Bibl. vet. PP. X S. 364): Quintadecima haeresis Colorbasiana a Colorbasio (v. l. Colobrasio) adinventa vitam omnem hominum in septem stellis esse positam: et has septem ecclesias et septem candelabra aurea conabatur adstruere. Hune sanctus Theodotus de Pergamo epi- scopus habita synodo septem episcoporum anathematizavit. War das vielleicht eine Synode der sieben apokalyptischen Kirchen, welchen die Spielereien des Irrlehrers mit den sieben Kirchen, Sternen und Leuchtern besonders nahegehen mußten? Die Verurteilung in Per- gamon unter dem Vorsitz des pergamenischen Bischofs läßt darauf schließen, daß die gnostische Seite da »wo des Satans Thron ist« besonders stark verbreitet war. 2 Ammian. Marcell. XXI, 16 ı8. ® Konsulatsjahr des Rufinus und Eusebius. Sokrates II, 20 4. * Mansi III ı39. Auch unter den Vätern der Synode von Gangra erscheint er. In- dessen die nur lateinisch erhaltenen Subskriptionen der Kanones jener kleinen Konzilien des 4. Jahrhunderts (Ankyra. Antiochia, Gangra. Laodikeia usw.) scheinen meist auf Fälschungen zu beruhen. Zwischen 360 und 370, wo die Synode von Gangra stattfand, war Eusebios längst nicht mehr Bischof. 5 Le Quien, Oriens Chr. I 715 läßt ihn am Konzil von Seleukeia teilnehmen, indessen seine Absetzung, deren er gedenkt, geschah in Konstantinopel, nicht in Seleukeia. Zudem besitzen wir das Verzeichnis der seleukischen Väter. Drakontios ist nicht darunter. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. I weil er sich von einem bescheidenen galatischen Bistum nach dem glän- zenden Pergamon hatte berufen lassen': ein fadenscheiniger Grund; denn längst hatte die Macht der Verhältnisse den Grundsatz der Urkirche, daß kein Bischof seine Kathedrale wechseln dürfe, obsolet gemacht’; allein man benutzte den Kanon gern, wenn es galt, unbequeme Gegner zu entfernen.” Drakontios’ zweifellos unmittelbarer Nachfolger Barlamenos® gehörte zu den Teilnehmern des 363 in Antiochien versammelten Konzils, jenen sehr klugen Männern, welche, als sie vernahmen, daß der orthodoxe von ihnen gebannte Meletios bei Kaiser Jovian hoch in Ehren stehe, sofort ein orthodoxes Glaubensbekenntnis verfaßten und es dem Kaiser, mit ihren Unterschriften versehen, überreichten. Über diesen Bischof ist sonst nichts bekannt. Bei den neuen Arbeiten zu Pergamon 1900 — 1901 legte W. Dörpfeld die Agora am Südabhange des Burgberges frei.’ Dabei kam der Grundriß einer christlichen Basilika zum Vorschein. Die Apsis, die drei Schiffe und der Narthex der Kirche waren mit Sicherheit festzustellen. Auch der große Hof im Westen vor der Kirche war nicht zu verkennen. Während von den Einrichtungen im Innern der Kirche nichts mehr zu sehen ist, hat sich im Hofe das Pflaster einer runden Anlage, vielleicht des Baptisteriums, und ein großer Brunnen erhalten. Von Anbauten an die Kirche erwähnt Dörpfeld ein mit dem nördlichen Seitenschiff in Verbindung stehendes viereckiges mit Kalkmörtel gebautes Gemach und ein kleineres Viereck, vielleicht Unterbau eines Treppenhauses oder Glockenturms. ! APAKÖNTION A& OTI ArIO TANATIAC METEBH eic TTepramon. Sokrates Il 42,5; Sozom. IV 25, S. 581 D. Valois. ?2 Sokrates VII 36 zählt bei Anlaß des nach Kyzikos nominierten, später nach Kon- stantinopel gewählten Proklos nicht weniger als 14 Beispiele solcher Versetzungen auf. ® Noch 536 entfernten die orthodoxen Intriguanten den früheren Bischof von Trape- zunt Anthimos vom oekumenischen Stuhle aus diesem Grunde, weil sie auf andere Weise ihm nicht beikommen konnten. * Sokrates III, 25, 18: BapnAmenoc TTeprAmoy. Epiphanius Scholasticus hat Barlabentus. »Nomen hoe nee Graeeum, nec Latinum«, bemerkt H.Valois. Le Quien, Oriens Chr. I, 716 schlägt BapaAamoc vor, eine ebenso naheliegende als unwahrscheinliche Änderung; denn dieser später so beliebte Mönchsname entstammt doch dem buddhistischen Barlaam und Ioasaph- romane, gehört also einer erheblich späteren Epoche an. Dazu wäre in einer rein grie- chischen Stadt der barbarische Name höchst auffällig. Er scheint verdorben. ° Mitteilungen des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts. Athen. Abt. XXVII 1902, S. 31 ff. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 2 10 GELZER: J. Strzygowski sieht in der Kirche ein Beispiel des spezifisch klein- asiatischen Typus. Auch die neuentdeckte Basilika im Altarhofe des großen Tempels zu Baalbek bildet dazu die sprechendste Analogie. Er weist dem- gemäß die Agorakirche von Pergamon, gleich der Baalbekanlage, dem 4. Jahrhundert zu. Es ist ein Beleg für eine besondere Art, wie man antike Denkmäler für christliche Kultuszwecke umgestaltete. Es sind die in peri- style Höfe eingebauten Kirchen, für welche auch Aegypten weitere Zeugen liefert. Unter dem für das Reich so gefährlichen Gotenaufstande des Gainas und des Tribigild haben vorzugsweise Phrygien, Lydien, Asien und Hel- lespontos gelitten. Als 400 die beiden Führer sich bei Thyateira die Hände gereicht, versuchten sie, freilich erfolglos, Sardes durch einen Handstreich zu nehmen.” Während dann Gainas sich nach Bithynien zu- rückzog, nahm Tribigild seinen Weg westwärts nach Lampsakos; auf diesem Zuge mag er Pergamon berührt haben. Natürlich vermochten die im Belagerungskrieg unerfahrenen Germanen der festen Stadt nichts an- zuhaben. IV. Der Kampf der Kirchenprovinz Asia mit dem geistlichen Zentralismus. Im 5. Jahrhundert werden uns wieder die Namen einiger Bischöfe von Pergamon genannt als Teilhaber an den großen ökumenischen Synoden. 431 unterschreibt zu Ephesos ®irımmoc Ertickorrioc TAc TTeprämov trIönewc. Nach den Präsenzlisten sitzt er inmitten einer starken geschlossenen Schar Asiaten, Karer und Lydier, der auserlesenen Leibwache, welehe Memnon, der Pri- mas von Ephesos, der bewährte Freund des heiligen Kyrillos, zum Schutze des wahren Glaubens und seiner Person aufgeboten hatte. Es folgten äußerst unruhige Zeiten für den ephesinischen Stuhl und damit für die gesamte asiatische Provinz. Auf diese Irrungen müssen wir etwas näher eingehen, weil nur so uns die politische und kirchliche Stel- lungnahme von Klerus und Volk in Pergamon verständlich wird. Die provinziale Autonomie, welche durch die zentralistische Bureaukratie der ! Strzygowski, a.a. 0. S. 33 ff. 2 Zosimus V 18, 4—6. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 11 Hauptstadt aufs äußerste bedroht ward, hatte ihren letzten Rückhalt in der Kirche. Die Leidenschaftlichkeit der Glaubenskämpfe findet zum Teil ihre Erklärung in dem Umstande, daß sich darin der Widerstand der Provinzen gegen die aufsaugenden Tendenzen der Hauptstadt verkörperte. Auch darf man nicht vergessen, daß in der Epoche der großen Reichskonzilien die kirchlichen Interessen die politischen vollständig überwogen und daß des- halb die bedeutendsten geistigen Kapazitäten sich dem geistlichen Amte widmeten. Das Oberpriestertum mit seinem hohen Einfluß, seiner Unab- hängigkeit und seinen reichen Einkünften überragte in der öffentlichen Wertschätzung die höchsten Chargen der Ziviladministration bei weitem. Vettius Agorius Praetextatus, der Praefectus urbi und spätere Praefectus praetorio, sagte scherzweise zu Papst Damasus: »facite me Romanae Urbis episcopum et protinus ero Christianus«. Diesem Scherz lag bitterer Ernst zugrunde. Ambrosius, der Consularis von Liguria, wurde Erzbischof von Mailand: Ephraim, der Comes Orientis, der höchste Beamte der Ost- diözese, ward Patriarch von Antiochien. Beide Wahlen wurden von den Inhabern wie der öffentlichen Meinung als Beförderungen aufgefaßt. 488 war unter den drei Kandidaten des antiochenischen Patriarchats der Silen- tiar Anastasios, der drei Jahre später Kaiser ward. Ephesos war der Primatialstuhl der großen asiatischen Diözese; daher rührt seine hervor- ragende Bedeutung. In der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts und im beginnenden 5. Jahrhundert ist dann die diokletianische Reichsverfassung auch auf das kirchliche Gebiet übertragen worden; die Metropolen erlangten denselben ausgezeichneten Rang und dieselbe führende Stellung im kirchlichen Leben, wie sie dieselbe im bürgerlichen längst besaßen. Der Bischof der Metro- polis stand den Hirten der Landstädte ungefähr wie der in derselben Me- tropolis residierende Statthalter den Beamten und Dekurionen der anderen Städte gegenüber. Dabei tritt aus dem Kreise der übrigen Metropolen die enggeschlossene Oligarchie der apostolischen Throne mit ihren An- sprüchen als erste der Christenheit immer entschiedener hervor. Konnten die Stühle ihren apostolischen Ursprung nicht nachweisen, wurden falsche Apostel und erdichtete Urkunden fabriziert, so in Neu-Rom. Ephesos mußte durch politischen Glanz als erste Stadt der Diözese Asien, nicht minder durch den apostolischen Ruhm notwendigerweise auch den geist- lichen Prinzipat erringen. 12 GELZER: Einst hatten bei den jährlichen Festversammlungen der Provinz die Hohenpriester der Kaiser (Arxıepeic Tün Cesactan) und die Asiarchen das feierliche Opfer für den regierenden Kaiser und das Kaisertum überhaupt verrichtet und dem Landtag präsidiert. Staunend betrachtete die aus der ganzen Provinz zusammengeströmte Volksmenge die Asiarchen, wenn sie im Purpurgewande und den Kranz auf dem Haupte unter dem Vorantritt der das Rauchfaß schwingenden Prozessionsknaben ihren feierlichen Einzug hielten. Aber die Gesetze der unüberwindlichsten, ehristusliebenden Kaiser hatten diese Ehrenämter unterdrückt und ihnen den Makel der Infamie aufgedrückt. An ihre Stelle war nun der Oberpriester des Christengottes getreten. Wenn dieser, umgeben von der großen Schar seiner Leviten, Psalmensänger, Anagnosten und Ekklesiekdiken, an den heiligen Festen des neuen Glaubens in der Kathedrale Johannes’ des Theologen das un- blutige Opfer darbrachte, da blickte die wieder aus der ganzen Provinz zusammengeströmte Menge mit Ehrfurcht und Staunen auf den amtierenden Hohenpriester, der, bekleidet mit dem goldstrotzenden Phenolion, das Omo- phorion um die Schultern und auf dem Haupte die edelsteingeschmückte Mitra, es allem Volke zum Bewußtsein brachte, daß er jetzt der erste Mann der Eparchie, ja der Dioezese, der wahre Asiarches sei. Die Hauptstadt Asiens war auch dieser kirchlichen Ehren ganz besonders würdig; sie war in der glücklichen Lage, die Gräber eines Apostels und eines Evangelisten' zu besitzen und unter ihren Bischöfen zwei Apostelschüler zu nennen. Der Exarch von Asien schien sich, wie die Bischöfe von Antiochien und Alexandrien, zu einem kleinasiatischen Patriarchen auswachsen zu wollen. Allein die nahe Reichshauptstadt stellte Ephesos bald in Schatten und erweckte im eigenen Bischofe dem Inhaber der Johanneskirche einen ge- fährlichen, bald übermächtigen Rivalen. Bereits der heilige Johannes Chrysostomos hatte sich mit der ihn charakterisierenden Nervosität höchst gewalttätig in die ephesinischen Verhältnisse eingemischt. Das Bündnis der ephesinischen Metropoliten mit den alexandrinischen Erzbischöfen findet hierdurch seine natürliche Erklärung. Die Alexandriner als Rivalen und Todfeinde der hauptstädtischen Prälaten begünstigten in jeder Weise die Kräftigung und Emanzipation von Ephesos. Stadt und Provinz nahmen an diesen hierarchischen Rangstreitigkeiten mit der derselben Leidenschaft- ' Lukas. Dessen Gebeine hatte freilich Konstantius nach der Hauptstadt geschafit. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 15 lichkeit und demselben Ernste teil, wie sie einst in der vorchristlichen Zeit über die Rangabstufung der einzelnen mp@Taı und mHTporröneıc gehadert hatten. Es kam zu einer weitgehenden Spaltung. Auf der einen Seite stand die Bürgerschaft und der Klerus der Metropolis; an die Spitze der anderen traten die Landgeistlichkeit, die Suffraganbischöfe, die oft und gern aus ihren kleinen Bezirksstädten nach der »ersten Stadt Asiens« zusammenströmten. In Ephesos' erfreute sich einer ganz außerordentlichen Beliebtheit bei dem Volke der Priester Bassianos; denn er hatte 70 Betten in die von ihm erbaute Armenherberge (Ptocheion) gestiftet und nahm auch Kranke und Verwundete bei sich auf. Allein der kluge Memnon durchschaute das praktische Ziel dieser Liebestätigkeit und ernannte den frommen Mann, um ihn unschädlich zu machen, zum Bischof der kleinen Landstadt Euaza. So hatte aber Bassianos nicht gerechnet; sein Ehrgeiz fand das Feld seiner Tätigkeit nur in der Metropolis. Er weigerte sich das Bistum anzunehmen und ließ sich von dem sehr gewalttätigen Metropoliten in keiner Weise terrorisieren.” Bald darauf starb Memnon. An seine Stelle kam Basileios, der nicht in Epbesos, sondern von Proklos in Konstantinopel geweiht ward. Unter der aegyptischen Partei, welche zugleich die Unabhängigkeit von Ephe- sos verfocht, erregte das furchtbare Erbitterung; noch 451 rief der Bischof Leontios von Magnesia: »Seit dem heiligen Timotheos bis heute haben 27 unseren Bischofsstuhl bestiegen; alle wurden in Ephesos geweiht.« Basi- leios galt als Verräter der ephesinischen Sache. Er mußte sich den Ein- tritt in die Stadt mit Gewalt unter Strömen von Blut erkämpfen. Ein solcher Bischof konnte kein energisches Regiment führen. Mit dem ebenso beliebten als intriganten Bassianos versöhnte er sich sofort und ließ ihn unbehelligt in Ephesos leben. 443 starb er, und da, erzählt Bassianos, hätten Klerus und Volk von Ephesos und die Bischöfe, unter denen Olym- pios von Theodosiupolis war, ihn gewaltsam inthronisiert. Den Tatsachen mehr entsprechend erscheint der Bericht der Gegner, wonach ein wüster Haufe von Leuten der unteren Volksklasse und Eranariern® von ihm selbst ! Für dies und das Folgende der aktenmäßige höchst interessante und charakteristische Bericht in der XI. Sitzung der Synode von Chalkedon. Mansi VII 272 ff. ® Daß ihn Memnon vor dem Altar drei Stunden lang geschlagen habe, so daß das Evangelium mit Blut übergossen wurde, beruht nur auf dem keineswegs einwandfreien Zeugnis des Bassianos selbst. ® EPAnAPIoI sind die durch die Liebesgaben der Kirche unterhaltenen und gelegentlich aktiv für sie eintretenden Proletarier. 14 GELZER: heimlich aufgeboten wurde und ihn mit gezückten Schwertern und unter Androhung von Gewalt zur Kathedrale schleppte. Es war eine Wahl der städtischen Bevölkerung; die andere Partei, die Landbischöfe, waren nicht einverstanden. Mit Mühe konnte ein einziger, der schon erwähnte Olym- pios, bewogen werden, die Konsekration vorzunehmen, was dieser nur unter großen Bedenken tat; denn die Wahl war unkanonisch, da zur Bischofsweihe mindestens zwei oder drei Bischöfe erforderlich sind. Allein Proklos von Konstantinopel und Kaiser Theodosios bestätigten sie. So amtierte Bassianos vier Jahre. Indessen 347 ward er durch den neuen Patriarchen der Hauptstadt Flavian im Einverständnis mit Leo von Rom, Dioskoros von Alexandrien und Domnos von Antiochien abgesetzt, und eine Neubesetzung des Stuhles angeordnet. Diese ging nun vollkommen kano- nisch vor sich. 40 Bischöfe der Eparchie versammelten sich und gaben ihre Stimme dem Stephanos; die hervorragendsten Kleriker und das Volk von Ephesos billigten die Wahl. Stephanos’ Wahl war ein Sieg der Land- partei, welche unbedingt zu Aegypten hielt. Die bisherige Auseinander- setzung war notwendig, weil nur so uns verständlich wird, daß der Me- tropolit von Ephesos und ebenso sein offenbar eng mit ihm befreundeter und unter dem ephesinischen Klerus keine geringe Rolle spielende Suffragan, Eutropios von Pergamon, bei dem großen Entscheidungskampfe zwischen Neu-Rom und Alexandrien durchaus auf der Seite Aegyptens standen. Der Erzbischof und Papst von Alexandrien, der geniale aber gewalttätige Dios- koros wählte gewiß nicht ohne Absicht zum Kampfschauplatz mit seinem hauptstädtischen Rivalen das Terrain von Ephesos, das schon einmal sich für die aegyptische Sache so günstig erwiesen hatte. Die asiatischen Bischöfe sahen in dem Dogmenstreit einen Kampf der provinzialen kirchlichen Selb- ständigkeit gegen den Zentralismus der Hauptstadt, und diese Auffassung war keineswegs ganz unberechtigt. Es war vom asiatischen Provinzial- standpunkt aus auch ganz folgerichtig, daß ein Suffragan von Ephesos, Olympios von Euaza, auf dem zweiten Ephesinum 449 Dioskoros von Alexandrien als »allgemeinen Patriarchen« ausrief. Ein Oekumenikus am fernen Nilstrande gefährdete den asiatischen geistlichen Primat der Johannes- stadt nicht im mindesten; im Gegenteil, er war ein nützlicher Verbündeter gegen den Residenzprälaten. Ganz folgerichtig haben darum Stephanos von Ephesos und eine starke Schar Asiaten — neben Eutropios von Per- gamon trefien wir die Prälaten von Mastaura, Aegae, Adramyttion, Lebe- Pergamon unter Biyzantinern und Osmanen. 15 dos, Magnesia, Teos, Euaza, Tralles, Hypaepa usw. — im Jahre 449 auf dem zweiten oekumenischen Konzil von Ephesos, der sogenannten Räuber- synode, vollständig auf Seiten des energischen Erzbischofs von Alexandria gestanden und gegen Alt- und Neu-Rom dessen Interesse kräftig vertreten. Bei der feierlichen Umfrage erklärte auch Eutropios von Pergamon, daß er sich nach Einsichtnahme des schriftlichen Glaubensbekenntnisses des Eutyches von dessen Rechtgläubigkeit überzeugt habe', er verdammte schau- dernd die Irrlehrer: Flavian von Konstantinopel und Eusebios von Dory- laeon’, und auch Papst Leo hatte sich in seinem Brief als Nestorianer gezeigt.‘ Dem obersten Interesse der frommen Griechen und Ostländer, an der Menschheit Christi die reale Vergottung der Menschennatur über- haupt anzuschauen, war auf dieser Synode siegreich zu seinem Rechte verholfen worden; nichts Neues, sagten sie, sondern was Athanasios in Nikaea und Kyrillos in Ephesos gelehrt hatten, das wurde noch einmal durch die Aegypter und Asiaten als allgemeiner Glaube der Kirche feierlich proklamiert. Der apostolische Stuhl des Markus in Aegypten schien zum geistlichen Primat bestimmt, sein mächtiger Arm schirmte die Privilegien der Apostel- gräber von Ephesos, und auf den Stuhl von Neu-Rom setzte Dioskoros eine seiner aegyptischen Kreaturen. Aber dieses ganze System stützte sich auf’ den schwachen Kaiser Theodosios und seinen allmächtigen Minister Chrysaphios. Mit des Kaisers Tod (28. Juni 450) übernahmen das Regiment die staats- kluge, aber etwas scheinheilige Nonne Pulcheria und ihr Gemahl Markianos (450—457). Das war das Signal zu einer vollständigen Reaktion. Asiaten sind kein steifnackiges Geschlecht. Dieselben Männer, welche 449 in Ephesos dem Dioskoros zugejubelt hatten, unterschrieben 451 definierend ! Eutropius episcopus Pergamensis Asiae provinciae dixit: Reverendissimo presbytero et monacho Eutyche probato per libellos ab eo sanctae synodo porrectos credere recte secun- dum expositionem sanctorum patrum Nicaeni et Ephesini coneilii et ego sanctorum patrum sententiae sanetae et magnae synodi quae secundum divinam iussionem in Ephesina metro- poli collecta est, consentio, quatenus dignus habeatur fungi sacerdotio et praeesse monachis. Mansi VI 853. ® Eutropius episcopus Pergamensis dixit: Concors et ego factus sum sanetorum patrum sententiae in damnatione Flaviani et Eusebii. Mansi VI g2r. ® Eine Anschauung, die vom dogmatischen Standpunkt der Orientalen aus betrachtet keine Übertreibung war; vergl. A. Harnack, Dogmengeschichte II S. 362 Nt.ı. Des Papstes Darlegung »nähert sich wirklich dem Nestorianismus«. Harnack, a.a. 0. S. 361. 16 GEULZER: in Chalkedon seine Absetzung. Zu ihrer Ehre sei es gesagt, die Asiaten und Illyrier taten es widerwillig genug und nur jenem moralischen Zwange weichend, welchen die Regierungen in solchen Fällen anzuwenden lieben.! Es ist kein Zufall, daß von den Bischöfen der asiatischen Provinz in Chalkedon nur die kleinere Hälfte erschien, die größere, an ihrer Spitze Eutropios von Pergamon, sich fernhielt; und dieselben gaben erst nachträglich durch Vermittelung ihres Metropoliten ihre Genehmigung zu den ihr Gewissen bedrängenden Beschlüssen, die sie doch nicht ändern konnten.” Für Asien war Chalkedon insofern von schwerwiegender Bedeutung, als Stephanos von Ephesos nach eingehenden Verhandlungen in der elften Sitzung abgesetzt ward. Man wollte den Freund des Dioskoros treffen. Hätten die rachsüchtigen Prälaten allein die Entscheidung in Händen ge- ! Unsere Akten von Chalkedon sind im Regierungsauftrage niedergeschrieben; ihre historische Zuverlässigkeit ist also genau so groß, als das bei wichtigen offiziellen Publika- tionen stets der Fall zu sein pflegt, die für die Regierung im apologetischen Interesse ein- zutreten haben. Indessen auch aus dieser »gereinigten« Ausgabe liest man deutlich heraus, daß die Majorität von Leos Brief und den Vorschlägen der Regierung nichts wissen wollte, und nur durch Drohung, Zwang und Überrumpelung endlich mürbe gemacht werden konnte. ®2 Daß hier kein Zufall waltet, zeigt die große Zahl der absentierenden Prälaten aus der asiatischen Dioezese. Pulcheria und Markian hatten alles getan, um der Synode durch zahlreichen Zuzug der Prälaten einen möglichst oekumenischen Charakter zu geben. Trotz- dem fehlen gerade aus den nächstliegenden asiatischen Provinzen, die kein Feind bedrohte, wie die der Haemoshalbinsel: aus Hellespontos sechs, aus Phrygia Pacatiana dreizehn, aus Phrygia Salutaris sieben, aus Lykaonien neun, aus Pisidien elf und aus Asien gar einundzwanzig Bischöfe. Von den Asiaten waren anwesend die Bischöfe von Snyrna, Klazomenae, Aegae, Aninata, Magnesia am Maeandros, Phokaea, Argizon, Aulin Kome, Theo- dosiupolis, Nea Aule, Briula, Metropolis, Elaea, einem zweiten Theodosiupolis, Hypaepa, Pitane, Myrine und Palaeapolis. Es fehlten Pergamon, Adramyttion, Assos, Antandros, Myke, Magnesia, Temnos, Erythrae, Teos, Lebedos, Kolophon, Anaea, Priene, Mastaura, Dioshieron, Arkadiupolis, Auliu Kome (Irrtum, denn 152 unterschreibt er), Iion, Baretta, Asaea, Menaule (Mansi VII ı68). Es ist auffällig, daß Stephanos sich zu dem zweifelhaften Dienst, für diese erpreßten Stimmen die Unterschrift zu liefern, nicht hergeben will; er läßt den Bischof Hesperios von Pitane unterschreiben. Man darf diese, wohl meist gegen ihre Überzeugung nachträglich zustimmenden Prälaten, wie Eutropios von Pergamon, nicht zu hart verurteilen. Zum Märtyrer ist nicht jeder geschaffen. Viele der Landbischöfe mögen damals noch verheiratet gewesen sein. Für diese war es eine Brot- und Existenzfrage. Sehr bemerkenswert ist, daß unter den anwesenden Suffraganen Smyrna, unter den abwesenden Pergamon an erster Stelle unterzeichnen. Die beiden nach Ephesos bedeutendsten Städte haben auch in der Rangordnung der Bischöfe, wo alles streng nach dem Herkommen her- ging, ihren Platz eingenommen als aeyrera TAc Aciac und TPITH TÄAc Aciac. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 17 habt. wäre nun zweifellos Bassianos restituiert worden: allein bei dem Informationsprozesse kamen über seine Wahl so skandalöse Dinge zum Vorschein, daß »die erlauchtesten Kommissare«' entschieden, beide sollten abgesetzt werden, und als Pension und Tröstung” jährlich je 200 Solidi empfangen; an ihre Stelle sollte ein dritter gewählt werden, und so ge- schah es. 451 ward Johannes als Erzbischof eingesetzt; wie sich in Ephesos von selbst versteht, geschahen bei seinem Antritte »viele Morde«: denn Johannes »hatte die Gerechtsame und Ehren des dortigen Stuhles verraten, da er nach dem Primate strebte, er, den man in Ephesos bis heute den Verräter nennt, und dessen Namen man aus dem Buche des Lebens ausgelöscht hat«.” Zacharias von Mitylene gibt mit diesen Worten sehr gut die Stimmung wieder, welche die eifrigen Mitglieder der aegypti- schen Partei des asiatischen Landklerus, so gerade Eutropios von Perga- mon, erfüllte. Wir erfahren nichts mehr von diesem. Jedenfalls hat er sich tief verbittert zurückgezogen und seine Stimmung teilte die Bevölke- rung seiner Stadt, wie die Geschichte der Folgezeit lehrt. Es gab aber auch sehr kluge Leute unter den damaligen asiatischen Prälaten. Zu ihnen gehörte Eutropios’ Rivale, Aetherichos von Smyrna. Er hatte es verstanden, dreimal jeweilen diejenige Theologie als ewige Wahrheit allerdings mit zweimaligem vollständigem Gesinnungswechsel — zu bekennen, welche gerade dem kaiserlichen Hofe genehm war. Die Belohnung blieb nicht aus. Nach der Entscheidung von Chalkedon er- innerte man sich in der Residenz an den Umstand, daß Smyrna eine der sieben Urkirchen gewesen, daß seine drei ersten Bischöfe Johannes der Theologe selbst geweiht hatte und daß Polykarpos als heiliger Blutzeuge von der gesamten Kirche hoch in Ehren gehalten werde. So wurde denn nach 451 und sicher vor 457 Smyrna von der ephesinischen Metro- politangewalt eximiert und zum autokephalen Erzbistum erhoben. Eine * gleichzeitige Inschrift nennt Aetherichos »unsren Erzbischof«.' ! ENAOZÖTATOI ÄPXONTEC. 2 TPO®Äc ENEKA KAl TIAPAMYBIAC. 3 Zacharias Rhetor, übersetzt und erklärt von K. Ahrens und G. Krüger, S. 27. Grundfalsch ist es aber, wenn Zacharias a. a. O. behauptet, Bassianos habe abgedankt und sei entflohen, um nicht das in Chalkedon Beschlossene zu unterschreiben. * C.1.G. 8618. K(YPi)e mnAceHTIı ToY AoYnoY coyY AleepixoyY TOoY ÄPXIETICKöTIOY HMÖ(n). Der Herausgeber nimmt Anstoß an dem Titel Apxıerickorioc, weil Smyrna erst im ro. (viel- mehr im 9.) Jahrhundert Titel und Rechte einer Metropolis empfangen habe. Das ist richtig. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 3 18 GELZER: Ähnliche Ehre wäre Pergamon zweifellos zuteil geworden, wenn es mit gleichem Eifer wie Smyrna für den wahren Glauben gestritten hätte. Allein wir haben bereits gesehen, daß Eutropios von Pergamon, solange es irgend anging, bei der aegyptischen Sache ausgehalten hatte. So hatte er den günstigen Moment für die Rangerhöhung seines Bischofthrones ver- paßt. Aber seit dem Ausscheiden von Smyrna aus der Metropolitan- dioezese war nun Pergamon unbestritten der Protothronos' der asiatischen Eparchie. V. Die monophysitische Revolution, die letzte Erhebung des asiatischen Provinzialbewußtseins. Es folgten sehr stürmische Zeiten für die Städte der asiatischen Provinz. = Die Beschlüsse von Chalkedon, weit entfernt, die Ruhe herzustellen, vermehrten die Kluft und gegenseitige Abneigung zwischen den Anhängern der Staatskirche und den Abgetrennten. Da Markians starke Hand keine Gewalttätigkeiten zuließ, erfand die gegenseitige Streitberedsamkeit eine Fülle kräftiger und abenteuerlicher Schimpfwörter. Die Orthodoxen nannten die Separierten Manichäer, weil sie wie diese durch ihre vollständige Ver- gottung Christi diesen zu einem Scheinmenschen machten, jene die An- hänger der Staatskirche Juden, weil sie, wie das Hebraeervolk, in dem Gekreuzigten nur einen Menschen sahen.” Allein allmählich erhitzten sich die Leidenschaften, und beim Regierungswechsel kam es zur Revolution. Aber APxiertickorioc oder AYTok&sanoc ist nach dem älteren griechischen Kirchenrechte eine von dem Metropoliten verschiedene Rangstufe und entspricht dem Episcopus Apostolicae Sedi immediate subieetus der Römer, wie Breslau, Ermeland usw. Daß 457 Kaiser Leon von Aetherichos ein Separatgutachten abfordert, ist ein vollgültiger Beweis für die vor dieser Zeit vollzogene Ablösung von Ephesos. ' Ausdrücklich wird das allerdings nicht gemeldet, läßt sich aber mit Sicherheit aus zahlreichen analogen Fällen erschließen. So war Kaisareia Protothronos von Konstantinopel, Tyros von Antiochien, Kastoria von Achrida und ganz Bulgarien, Tamasos von Konstantia auf Kypros, Siunikh von Großarmenien usw. Protothronos war kein leerer Titel. Der Inhaber eines solchen Stuhles hatte auf den Provinzialsynoden den ersten Platz nach dem Metropoliten und bei den Abstimmungen das Votum prineipium. ® Die Belege in dem Briefwechsel zwischen Justin und dem jüdischen König der Ilimjariten. Chronique de Michel le grand par Langlois 1868, S. ı84 ff. und in den Akten der Menassynode von 536. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 19 Das Übel nahm von Aegypten seinen Ausgang. »Die Aegypter er- hoben sich gegen die heilige Synode und erfüllten den Erdkreis mit Ver- wirrung, indem sie gottlos und verlogen erklärten, daß die Synode den Kyrillos verworfen und den Nestorios angenommen habe.«' In Alexandrien wurde der orthodoxe Erzbischof Proterios am Osterfeste 458 in der Tauf- kapelle ermordet und an seine Stelle ein ehrgeiziger und fanatischer An- hänger des Dioskoros, der Mönch Timotheos Eluros,. geweiht. Das war eine offene Absage an die Regierung, welche doch die Bürgschaft für die Aufrechthaltung der chalkedonischen Beschlüsse übernommen hatte. Allein der neue Kaiser Leon I. (457 —474) konnte und durfte nicht zurück- weichen. Das geistliche Reichsparlament mit seinen so wenig gefügigen Prälaten wieder einzuberufen, mochte aus begreiflichen Gründen untun- lich erscheinen. Dafür organisierte die Zentralregierung — der Fall ist einzig in der oströmischen Kirche — ein geistliches Referendum. Der Kaiser schickte einen Zirkularbrief an die Metropoliten sämtlicher Pro- vinzen, welche nach Beratung mit ihren Suffraganen ein theologisches Gutachten über das Konzil von Chalkedon und die Vorgänge in Alexandrien abgeben sollten. Von den eingegangenen Antworten ist nur etwa die Hälfte erhalten. Es- fehlen gerade die Briefe des Johannes von Ephesos und des Aetherichos von Smyrna, die für uns allein von Interesse wären. Bei all der großen, in Byzanz üblichen Devotion gegenüber der kaiser- lichen Majestät, welche diese Briefe in höchstem Maße bekunden, scheinen dieselben doch nicht durchweg befriedigt zu haben; gerade die Klein- asiaten, so die Synoden von Armenia I und II und vor allem die von Pamphylia I und II, zeigten eine merkwürdige Unabhängigkeit der Ge- sinnung und sagten, wenn auch in bescheidenster Form, gerade das, was man in der Residenz nicht hören wollte” Der Brief der asia- tischen Synode wird schwerlich viel entgegenkommender gewesen sein, und vielleicht ist er nicht nur zufällig in unserer Sammlung nicht vor- handen. ! Photios Bibl. 283, a 26 Bekker. ® Der noch erhaltene Brief der Synode von Perge zeigt ein offen monophysitisches Glaubensbekenntnis (Mansi VlI 574) und nach Zacharias Rhetor hat Amphilochios von Side dem Kaiser über die Synode dermaßen »mit Freimut und wahrheitsgemäß« berichtet, daß er beinahe abgesetzt ward (Zacharias Rhetor, a. a. O. S. 31, 32). Daraus kann man auf den Inhalt des Briefes der asiatischen Synode schließen. 20 GELZER: So hatte sich Asiens und seiner Städte Ephesos und Pergamon immer mehr eine oppositionelle Stimmung bemächtigt, die bald genug zum Aus- bruch kommen sollte. Leons Nachfolger Zenon hatte sich durch die Miß- wirtschaft seiner von ihm stark bevorzugten Landsleute, der Isaurier, im höchsten Grade mißliebig gemacht. Er mußte bereits 475 dem von seiner Schwiegermutter, der ehrgeizigen Kaiserin-Witwe Verina und ihrem Bruder Basiliskos in Szene gesetzten Pronunziamento weichen. Der neue Kaiser versuchte es recht geschiekt mit den seit 24 Jahren unterdrückten, aber noch immer sehr zahlreichen Monophysiten. Er rief ihren Konfessor Timotheos von Alexandrien aus seinem Exil in Cherson zurück und erließ auf dessen Betrieb eine Enzyklika', welche »die Einigung der christlichen Herde als eine unlösbare und unerschütterliche Mauer unsres Regiments ansah«, und deshalb neben den drei alten Synoden auch die zweite ephe- sinische anerkannte, dagegen Chalkedon verdammte. Nirgends erregte dieser Umschwung jubelnderen Widerhall als in Asien. Hier hatte nach dem Tode des verhaßten, durch die Synode von Chalkedon den Asiaten aufgedrungenen Metropoliten Johannes die Bischofssynode ihre altüber- lieferten Rechte geltend gemacht und ohne Anfrage in der Hauptstadt Paulos auf den Thron des Johannes erhoben. Allein die kaiserliche Regie- rung kassierte den Wahlakt und schickte Paulos ins Exil. Eine der ersten Regierungshandlungen des Basiliskos war, daß er diesen, wie die andern verbannten Bischöfe, zurückrief. Unter Paulos’ Vorsitz traten die Bischöfe der Dioezese Asia zur Synode zusammen.” Die alten Führer der aegyptischen Partei Pergamios von Antiochien in Pisidien, Gennadios von Teos, Zeno- dotos von Telmessos, Zotikos von Anaea, Gennadios von Mosyna und Theophilos von Arianos standen an der Spitze. Merkwürdigerweise fehlt Eutropios von Pergamon. Man kann aus diesem Umstande mit Sicher- heit schließen, daß er bereits verstorben war. Die gesamte Synode be- kannte sich durch Namensunterschrift zu dem von der Enzyklika prokla- ! Zacharias Rhetor S. 60 ff. Euagr. IIl 4. ® Vgl. Zacharias Rhetor, a.a.0.S.62 ff. Daß es eine Synode nicht der Eparchie, sondern der Dioezese Asia war, zeigt die Anwesenheit des pisidischen Metropoliten und andrer angesehener Prälaten von Bischofsitzen, die nicht zur Eparchie, sondern zu Asien im weiteren Sinne gehörten. Ephesos machte also wieder seine Patriarchalrechte auf die ganze asiatische Dioezese geltend. Gerade dadurch mußte es sich aber die Todfeindschaft des Hofpatriarchen zuziehen. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 21 mierten Glauben und richtete eine Bittscehrift (aencıc)' an Basiliskos, worin sie der kaiserlichen Majestät und der ganzen Welt erklärte, »daß wir in Freiheit und in freiwilliger Übereinstimmung und mit Hülfe unsres Führers, des Evangelisten Johannes diese Enzyklika unterzeichnet haben und ihr und allem darin Enthaltenen beistimmen nicht aus Zwang oder Furcht oder um den Menschen zu gefallen«. »Sie schrieben aber auch noch anderes und stießen auch Ausrufe (sunAc) aus und lobpriesen.« Es ist sehr zu bedauern, daß der hauptsächlich von dogmatischen Inter- essen erfüllte Geschichtschreiber dieses »andere«, was für uns die Haupt- sache wäre, nicht einmal andeutet. Indessen was die Bischöfe wollen, zeigen sie klar genug durch die Erwähnung des Evangelisten Johannes. Die aeucıc bezweckte vor allem eine Herstellung der Rechte und Privilegien der Kirche von Ephesos. Diesen sehr realen Kern schälten die verstän- digen Asiaten aus den Hüllen der Glaubensstreitigkeiten heraus. Die Vorstellung der Asiaten fand in Konstantinopel geneigtes Gehör. Timotheos von Alexandrien, welcher für die kurze Spanne Zeit von Basiliskos’ Herrschaft wieder, wie einst Dioskoros, die Gewalt eines oekumenischen Patriarchen ausübte, machte auf der Rückreise nach Alexandria in Ephesos Halt” Man kann sich denken, mit welch unermeßlichem Jubel ihn die ! Man beachte die merkwürdige Analogie zwischen dem Geschäftsgang der Synode und dem des Commune provineiae. Dieses pflegt in erster Linie den Kaiserkult; aber zu seinen Kompetenzen gehört auch, Beschwerden an den Kaiser abzusenden. Hier gibt die Synode erst ihrer Freude Ausdruck, daß ihr das Licht des Glaubens aufgegangen und die Finsternis von ihr weggezogen sei; die Hauptsache ist aber doch die an den Kaiser ge- richtete Bittschrift. Ein Unterschied besteht allerdings. Jene Asiarchen und Oberpriester der Inschriften sind für uns nur wesenlose Schemen und pomphafte Figuranten; diese Hier- archen dagegen sind Menschen von Fleisch und Blut, echte Hellenen in ihrer geistvollen Lebendigkeit wie in ihren zahlreichen Unarten. ?2 Zacharias Rhetor, a. a. OÖ. S. 65: Als er (Timotheos) auf der Reise nach Ephesos gelangte, versammelte er eine Synode und setzte den Paulos ein, der dort Bischof (gewesen), aber gegenwärtig vertrieben war, weil er die (Beschlüsse) von Chalkedon nicht anerkannte. Und er gab ihm in kanonischer Weise die Gerechtsame seines Stuhles zurück, welche die Versammlung von Chalkedon ihm geraubt und aus Schmeichelei dem Thronos der Residenz gegeben hatte. Euagrios III 6: ‘O AYTöc (sc. TAxAPIAC) HCl. TON TIMÖBEON EEOPMHCANTA TÄC BACINIAOC TAN "EHECIWN KATANABEIN, ENBPONICAI TE TON TTAYnon APXIEPEA TH "Evecioun® Öc HAH KEXEIPOTÖNHTO MEN ANA THN ÄPXAIOTEPAN CYNHBEIAN YTIÖ TÖN TÄC EITAPXIAC ENil- CKÖTI@N, EKTIETITÜKEI AE TOY EPÖNOY* ÄTIOAIAWCI A& TH ’Evecion KAl TO TIATPIAPXIKÖN AIKAION ÖTTEP AYTHN ÄBeinen H En KAnXHAöNI cYnoAoc. Euagrios schöpft aus Zacharias, gibt aber, wie die gesperrten Worte zeigen, einen vollständigeren Text als die syrische Bearbeitung. 22 GELZER: Bürgerschaft von Ephesos empfing. Er berief sofort eine Synode der Provinzialbischöfe und setzte Paulos, d. h. den standhaften Verfechter der landschaftlichen Privilegien, für die er Verbannung erlitten, feierlichst aufs neue als Metropoliten von Ephesos ein und gab dem Stuhle von Ephesos seine verlorenen Primatialrechte wieder zurück. Ein Landbischof von Asia hatte einst in Ephesos den Nachfolger des heiligen Markus zuerst als oekume- nischen Patriarchen proklamiert. Wiederum in Ephesos erneuerte der jetzige Inhaber des alexandrinischen Thrones den alten Glanz der Kirche des heiligen Johannes des Theologen. Das Bündnis zwischen Aegypten und Asien gegen Konstantinopel schien sich aufs beste zu bewähren.' Die Rechnung hatte einen Fehler. Basiliskos, Timotheos und ihr An- hang hatten den Patriarchen der Hauptstadt, den hochbedeutenden Akakios, unterschätzt. Dieser, durch die seinen Stuhl schwer schädigenden Maß- nahmen aufs tiefste beleidigt, rief das Volk der Hauptstadt zu Hülfe, um den gefährdeten Glauben zu retten. Bereits 477 wurde Basiliskos gestürzt und Zenon wieder eingesetzt. Eine selbstverständliche Folge der Reaktion war, daß Asien seine Privilegien aufs neue verlor und auf ewige Zeiten der Gewalt des hauptstädtischen Prälaten untergeordnet ward. Immerhin hatte dieser letzte Kampf für provinziale Selbständigkeit und für den altgriechi- schen Polisgedanken gegenüber der Omnipotenz des zentralisierten Groß- staates seine Berechtigung und erweckt unser Interesse, zumal der Inhaber des pergamenischen Thrones dabei keine geringfügige Rolle spielt. Die alten provinzialen Selbständigkeitsbestrebungen hatten sich in die Kirche als ihr letztes Asyl geflüchtet. Auch hier erlagen sie einer feindseligen Zeitströmung. ! Daß es sich hierbei nur sehr in zweiter Linie um Glaubenssätze, in der Hauptsache aber um Machtfragen handelte, beweist das Benehmen des sehr klugen hauptstädtischen Patriarchen Akakios. Wie Zacharias Rhetor beweist, war er zuerst sehr geneigt, mit Timo- theos Eluros einen Modus vivendi einzugehen. Er zeigte sich »orthodoxer« Belehrung zu- gänglich. Der Mönch Paulos bewies ihm, daß die Nestorianer (d.h. Papst Leo und die Anhänger Chalkedons) gerade so arge Ketzer als die Eutychianer seien. Akakios hörte das anfangs mit Staunen, und war eben im Begriff, in der Lehre des Dioskoros und des Timotheos die wahre goldene Mitte der Orthodoxie zu erkennen, als ihm Timotheos den Streich mit Ephesos spielte und die Patriarchalrechte der Hauptstadt auf die asiatische Dioezese antastete. Da erst kam es zum Bruch. Plötzlich besann sich Akakios wieder auf seine Orthodoxie, holte den heiligen Daniel von seiner Säule herunter und ließ seine geistliche Leibgarde vorgehen. Der Pöbel von Konstantinopel begeisterte sich nun für die Beschlüsse von Chalkedon, weil er instinktmäßig fühlte, daß auf ihnen der Primat der Reichshauptstadt beruhte, welchen Rom und Alexandria gleichmäßig bekämpften. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 23 VI. Pergamon unter Zenon und Anastasios. Auch Zenons zweite Regierungsperiode (477—491) war eine äußerst unruhige Zeit. Schon sieben Jahre später kam es zu einem neuen Pro- nunziamento. Die ränkesüchtige Kaiserin-Mutter Verina und der schon bei Basiliskos’ Usurpation mit ihr verbundene Magister Offieiorum Illos erhoben den Strategen von Thrake Leontios, einen hochgebildeten Mann, 484 in Tarsos zum Kaiser. Wie wenig diesen Menschen die damaligen Glaubens- streitigkeiten bedeuteten, beweist der Umstand, daß dieselben Ehrgeizigen, welche 477 den reinen Monophysitismus als Parole ausgegeben hatten, jetzt für das durch Zenons und Akakios’ Vermittelungspolitik gefährdete Glaubensbekenntnis von Chalkedon zu kämpfen vorgaben. Zu Illos’ Vertrau- ten gehörte der Sophist Pamprepios aus Aegypten, ein Schüler des Proklos und Professor der Grammatik in Athen. Von dort wandte er sich nach Byzanz und gewann durch seine Gewandtheit und glänzende Beredsamkeit die volle Gunst des den Gelehrten und Philosophen sehr geneigten Magister Öfficiorum. Durch ihn erhielt er eine öffentliche Professur an der Univer- sität der Reichshauptstadt und außerdem Zuwendungen aus des Feldmar- schalls Privatmitteln. Als Illos, bereits seine Erhebung planend, nach Isaurien gezogen war, geriet Pamprepios in die furchtbarste Gefahr der damaligen Epoche, in die eines Glaubens- und Hochverratsprozesses. Er hatte in der strengehristlichen Stadt seine heidnischen Überzeugungen stets ohne Scheu bekannt. Er wurde nun bei der Regierung angeklagt, Zauberei getrieben und dem Illos ein Kaiserorakel gestellt zu haben. Pamprepios wurde aus der Hauptstadt verwiesen, und er wandte sich nach Pergamon.' In Per- gamon wehte Oppositionsluft. Spuren des Heidentums erhielten sich hier, wie wir sehen werden, überaus zäh, und auch das Christentum von Klerus und Bürgerschaft war nicht das am Hofe offiziell genehme. Hier mochte sich Pamprepios verhältnismäßig sicher fühlen. Illos ließ ihn übrigens bald nach Isaurien kommen; er wurde sein vertrauter Rat und die Seele der Konspiration. Für die Pergamener ist dieses Vertrauen, das ihnen die Ver- schwörer entgegenbrachten, charakteristisch. 1 Oi BACKAINONTEC AYT& CYNBENTEC AIABONHN, THN TE EK TÄC EPHCKEIAC KAl ÖTI MATTA- NEYoI KAl MANTEYOITO TO "Innw KATÄA TOY Bacınewc, TIEIBOYCI TÖN IHN@NA Kal THN BHPINAN, TÖTE METICTA AYNAMENHN, TÄC TIÖONEWC EKTTIEMYAI. KAI Ö MEN Ec TTEPrAMmoN Epxetaı TAc MYciac. Sui- das s. v. TTammpemoc — Niebulr: fragmenta e Malchi historia p. 271. F.H.G. IV, 132. 24 GELZER: Für die Folgezeit gedenkt nur die Kirchengeschichte Pergamons. Das Werk des geistvollen Akakios, das sogenannte Henotikon Zenons (482), hat mächtig dazu beigetragen, den kirchlichen Frieden herzustellen, beson- ders als auf‘ Zenon der treffliche Anastasios (491—-518) folgte, für den die Lehre des Kyrillos und des Dioskoros Herzensüberzeugung war. Man hatte auf diesem Wege das Konzil von Chalkedon stillschweigend, aber sehr geschickt eskamotiert. Die Bevölkerung von Asien, Lydien, Karien, Lykien und Pamphylien, die in ihrer weit überwiegenden Mehrheit an dem alt- griechischen Ausdruck der Frömmigkeit, der monophysitischen Lehre, fest- hielt, konnte jetzt erleichtert aufatmen. VI. Der Umscehwung unter Justin. Der Monophysitismus konstituiert sich als Sonderkirche. Mit der Thronbesteigung Justins (518—527), zu dessen politischem Programm die Versöhnung mit Rom gehörte, trat ein Umschwung ein. 5ıg wurden sämtliche Prälaten, welche die Beschlüsse von Chalkedon nicht annahmen, abgesetzt. Der gleichzeitige syrische Geschichtsschreiber Johannes von Ephesos zählt vierundfünfzig »Namen der heiligen Bischöfe ! Achtzehn von auf, welche verfolgt wurden und ihre Sitze verließen«. ihnen gehören Asien, Karien und den benachbahrten Eparchien an. Der Bischof von Pergamon ist nicht in dieser Liste; er wird sich demnach »löblich unterworfen haben«. Indessen in allen diesen Landschaften hatte die unterdrückte und vom Staate verfolgte Religionspartei sehr zahlreiche Anhänger. Justinian (527— 565), der die Politik seines Oheims einst ge- leitet hatte und jetzt fortsetzte, hat trotzdem bei den gemäßigten Mono- physiten in verhältnismäßiger Gunst gestanden; das verdankt er in erster Linie Theodora »der gottseligen Augusta«, seiner politisch geradezu bedeu- tend veranlagten Gattin, welche viele Fehler ihres ebenso selbstbewußten als beschränkten Gatten wieder gutgemacht hat. In der Kirchenpolitik gehörte der Schutz der Monophysiten zu ihrem Programm. Zahlreiche ! Feestbundel aan Prof. M. J. de Goeje op den 6den October 1391, aangeboden door eenige oud-leerlingen. Leiden 1891. S. 66—68. Der asiatischen Diözese gehören Euphe- mios von Aphrodisias, Menophanes von Antiochia am Maeandros, Zeuxis von Alabanda, Petros von Alinda, Julian von Halikarnassos, Theosebios von Ephesos, Petros von Humanades u. a.»an) on Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 2 Bischöfe, Mönche und Nonnen, ja ganze Klosterkonvente verdankten die Möglichkeit ihrer Existenz nur der Kaiserin. Neben der offiziellen Staatskirche, deren Bischöfe der Kaiser und sein Patriarch ernannten, existierte noch eine geheime, von der Kaiserin pa- tronisierte Volkskirche. Daß dieselbe in den asiatischen Provinzen einen vorzüglich vorbereiteten Boden vorfand, steht fest. Die kleinasiatische Bevölkerung ist seit alten Zeiten religiös sehr angeregt gewesen; sie war vielleicht die frömmste des ganzen Reiches. Gerade darum konnte der kaiserlich approbierte Glaube der offiziellen Staatskirche die Gemüter wenig befriedigen. Nirgends waren die Sekten, die kleinen Gemeinden der Stillen im Lande. zahlreicher als in Kleinasien. Es ist in religiöser Beziehung das Kleinrußland des byzan- tinischen Reichs." Im lydischen Philadelpheia treffen wir noch Mitte des 5. Jahrhunderts Quartodezimaner und Novatianer, Leute, deren ganze Ketzerei darin bestand, an einem altüberlieferten Festritus hartnäckig festzuhalten und sich als ecelesiola in ecelesia von der »argen Welt« pietistisch abzuschließen. Einfache Leute, die zum Teil nicht schreiben können, Handwerker (Gold- schmiede) und Bauern unter Leitung von ein paar ungebildeten Landpastoren (chorepiscopi) bilden diesen frommen Kreis.” In Phrygien finden wir noch bis ins 8. Jahrhundert die uralte, von christlichen Widerkunftsgedanken und heidnischem Kybeleenthusiasmus gleichmäßig befruchtete Sekte der Montanisten. Vergebens hatte unter Justinian Johannes von Ephesos, der Heiden- und Ketzerkommissar, die Gebeine des Montanus und seiner Pro- phetinnen aus ihren Gräbern reißen und mit Feuer verbrennen lassen.” Die Sekte blühte ungestört weiter. Erst Kaiser Leon II. (717—740), gleich- falls ein syrischer Fanatiker, befahl sie zwangsweise umzutaufen. »Da schickten sie sich gegenseitig Orakel zu, betraten die ihrem Wahne ge- weihten Kapellen und verbrannten sich selbst.« Ein Zentrum altertüm- lichen, von der allgemeinen Kirche abgetrennten Christentums war Kotya- 1 Die Verhältnisse waren ähnlich wie in Rußland, wo die reinste und erhabenste Form slawischer Volksfrömmigkeit ihren Ausdruck im Raskol und den zahllosen unter den Bauern der Steppe und Sibiriens verbreiteten Sekten findet. ® Man vergleiche die interessanten Aktenauszüge aus den lateinischen Akten von Chalkedon bei Mansi VII 695 —701. ® Assemani, Bibl. orient. II, 89. Nach Feestbundel S.7ı fällt dieses Ereignis in 550/51. * Theophanes z. J. 6214 (721/22) S. 401, 25—27 de Boor. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 4 26 GELZER: eion in Phrygia Salutaris (h. Kjutahija). Die Einwohner hatten vier ihrer Bischöfe totgeschlagen' und den ehemaligen Praefeetus urbi Kyros, welchen die Zentralregierung darauf hinsandte, rettete vor einer Ermordung durch den fromm wütenden Pöbel am heiligen Weihnachtsfeste nur seine Geistes- gegenwart und seine imponierende Persönlichkeit. Sehr gut bemerkt Ram- say:” »Kotiaion and Amorion must have been the chief centres of heresy in Phrygia ... I should attribute their elevation to the rank of metro- polis to the period of the Iconoclast emperors. The earlier orthodox em- perors did not recognise their elaim to be independent church centres, a claim which was chiefly founded on their importance as centres of the proscribed native forms of Christianity; but the same qualifi- cation recommended them to the Iconoclast emperors.« Ein besonders religiöses und darum der Staatskirche hochgradig ent- fremdetes Land war Pamphylien, dessen Bevölkerung einen tiefen mystischen Zug besaß) und deshalb scharenweise sich zu den »Betern« (Euchiten, Massa- lianern) hielt; diese frommen Kreise, von Mönchen oder oft ziemlich un- gelehrten Laien geleitet”, legten alles Gewicht auf das Gebet und den innern Verkehr mit Gott und achteten die äußeren Formen der Kirchlichkeit gering; freilich verfielen sie dabei auch in bedenkliche Antinomien. Die orthodoxe Kirche bekehrte, wie heute ihre russische Tochter, vielfach durch Peitsche und Gefängnis.’ Das war der Nährboden, auf welchem der Monophysitismus, der von der Kaiserin protegierte alte Volksglaube, üppig gedeihen konnte; er war den Kleinasiaten schon darum sympathisch, weil er im Gegensatz zur Re- gierung und Staatsorthodoxie stand, die ihn haßten und verfolgten. Über ! Malalas 362, 3ff. Kal KATEcKeYAceH NOIMÖN Kal ETINAKH &c "EAAHN 6 AYTÖC KYPOC Kal EAHMEYeH TIAYBEIC TÄC APXÄc* KAl TIPOCOYF@N ETENETO KAI AYTOÖC TIATIÄC, KAl ETIEMGEH EIC TÄN ®PYFIAN,, ETTICKOTIOC TENAMENOC EIC TO AETÖMENON KoTYAcIoN* ÄcAN FÄP oi AYTol Kotyaelc TIonITal ®ONEYCANTEC ETTICKÖTIOYC TECCAPAC. ® Asia Minor S.436 vergl. auch Note: The disagreement between the people of Ko- tiaion and the government is shown by their murder of four succesive bishops sent from Constantinople. ... The people probably elaimed the right to appoint a bishop for themselves. ® AAEnBlöC TIC OYTE MONACTON OYTE JEPEON ETKATEINETMENOC KAHPW, ÄAN EN AAIKOIC ezerarömenoc: Photios Bibl. 12, b 23. Beiläufig schreibt Photios, a. a. 0. 9: Ameınöxioc 6 ToY ’Ikonioy irrtümlich für 6 TAc Ciarc. * Auch das rasche Wachstum der Paulikianer im östlichen Kleinasien während des 8. und 9. Jahrhunderts erklärt sich aus dieser weitverbreiteten Abneigung gegen die Staatskirche. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 27 seine starke Ausbreitung in den asiatischen Provinzen haben wir einen sehr wertvollen zeitgenössischen Gewährsmann, den bei Justinian in hoher Gunst stehenden syrischen Geschichtschreiber Johannes, der selbst als Bischof von Ephesos, aber in der Hauptstadt residierend, durch lange Jahre diese religiöse Bewegung leitete und organisierte. Wie verbreitet der Monophysitismus in allen asiatischen Provinzen war, erfahren wir aus den Ordinationsreisen des Erzbischofs von Edessa Ja’kob Burd’ana (oder Burd’aja):' »Der selige Ja’kob”, ausgerüstet mit Gottesfurcht und begabt mit Tugendeifer, durchwanderte nicht allein alle Gaue Syriens, Armeniens und Kappadoziens — dort nämlich blüht und gedeiht mächtig die Orthodoxie’, nicht minder als in Syrien —, sondern auch die Gaue Kilikiens, ganz Isauriens, Pamphyliens, Lykaoniens, Lykiens, Phrygiens, * und Asiens, und die Inseln des Meeres, Kypros, Rhodos, Chios Kariens und Mitylene bis zur Kaiserstadt Konstantinopel.«° Besonders zahlreich waren »die Orthodoxen« in der Provinz Pamphylien.‘ »Die Provinz Pamphylia zählte anfänglich zu den Orthodoxen, und es gab viele ansehnliche Städte mit Kirchen sowie viele Männer- und Frauen- klöster in ihr. Zur Zeit nun der Spaltung der sogenannten Akephaler sagten sich viele von ihnen los und eingen hinaus in die Provinz. Aber durch den Eifer und die Sorgfalt der dortigen Rechtgläubigen ließen sie sich sämt- ! — 6 PakenaYTHc der Mann im zerlumpten Gewand. In dem üblichen Kostüm des geistlichen Bettlerproletariats war der Erzbischof vor den Späheraugen der kaiserlichen Polizei gesichert. 2 Joannis episcopi Ephesi commentarii de beatis orientalibus latine verterunt W. J. van Douwen et J.P.N. Land. Amsterdam 1889. S.163. Vergl. auch für die Ausbreitung der Tritheiten die Kirchengeschichte des Johannes von Ephesos V 2, 3, 6, 7. ® D.h. natürlich der Monophysitismus. * Über die blühenden und zahlreichen monophysitischen Gemeinden in Karien (Aphro- disias, Alabanda, Antiocheia) vergl. Joann. Eph., a.a.O. S.1ı45 und 164, ebenso in Bithynien (Chalkedon, Nikomedeia, Prusias, Herakleia) und Hellespontos (Ryzikos) S. 154. 5 Die starke Verbreitung des Monophysitismus in ganz oder großenteils griechischen Landschaften gibt zu denken, weil man gewöhnlich diese Lehre als Ausdruck des National- bewußtseins der ungriechischen Bevölkerung, der Syrer, Aegypter und Armenier, faßt. In- dessen einerseits fand diese Nationalisierung erst nach Justinian statt, als man die Hoffnung, das Reich dem alten Glauben zurückzuerobern, definitiv begraben hatte; und dann geht diese griechisch- monophysitische Bewegung der nationalistischen _Aegyptens und Syriens durchaus parallel. Die uns genugsam bekannte Renitenz des %kleinasiatischen Provinzial- bewußtseins gegen den zentralisierenden Cäsarismus bringt sie zum Ausdruck. ° Johannes von Ephesos, K.G. V 6. 4* 28 GELZER: lich bekehren und kamen zur Orthodoxie (zurück) und nahmen nunmehr alle zumal Eifer für den wahren Glauben an. Zu öftern Malen wurden orthodoxe Bischöfe gesandt, gingen hin und besuchten sie und nahmen Verbesserungen an kirchlichen Dingen vor: nämlich Konsekration von neuen Altären. Kirchen und Klöstern, die dort entstanden waren, weihten viele Priester und (taten) das übrige, was zu geschehen hatte.« Den vielfach aus ihren Wohnsitzen aufgestörten altgläubigen Mönchen gewährte »die selige und gläubige« Kaiserin Theodora ein Asyl, indem sie ihnen in Konstanti- nopel selbst den Palast des Hormisdas als Wohnung anwies. »Die dortige (Gemeinschaft strahlte durch erlauchte Greise und hochwürdigste Klostervor- stände, die aus allen Landschaften des Ostens und des Westens, aus Syrien, Armenien, Kappadozien, Kilikien, Isaurien, Lykaonien, Asien, Alexandria und Byzakene gebürtig waren, welche Provinzen vor andern im Glaubens- eifer entbrannt sind.«' Auch viele Nonnen, welche aus Antiochien, Isau- rien, Kilikien, Kappadozien und den übrigen Provinzen vertrieben waren, sammelte »die selige Theodora« in der Hauptstadt. Einige der von ihr or- ganisierten Konvente zählten über 300 Frauen.” Freilich hatte die Kaiserin auch ihre Not mit ihren Schützlingen. Sie ersuchte die Bischöfe, keine Weihen zu vollziehen; sie wollte den offenen Konflikt mit dem Patriarchat und der Staatskirche vermeiden. Aber natürlich gehorchten die Frommen Gott mehr als den Menschen. Dabei bekundeten die durch das ganze Reich zerstreuten und unterdrückten Monophysiten eine bewundernswerte Solidari- tät der Interessen. Durch Emissäre, welche von Aegypten und Syrien aus nach den einzelnen Landschaften geschickt wurden, blieb der geistige Zu- sammenhang der Altgläubigen bestehen. Ein solcher Agent war der selige Bischof Johannes von Hephaestu.” Nach der Verbannung des alexandrinischen Papstes Theodosios (540) kam er nach Konstantinopel, konnte sich aber mit den Verhaltungsmaßregeln, welche ihm die vorsichtige »Freundin Christi« vorschrieb, durchaus nicht befreunden. Kurzerhand entschließt er sich, als förmlicher Geheimdelegat des alexandrinischen Papstes die monophysi- tischen Gemeinden zu visitieren. »Da man dem Seligen in der Absicht, ihn am Vollzug von Ordinationen zu hindern, Schwierigkeiten machte, be- schloß dieser, die Residenz zu verlassen und gemäß seinem brennenden Eifer ! Joann. Eph. de beat. orient. S. 155. ® Johannes von Ephesos, K.G.11ıo. ® “Heorictoc oder “HeAictoy, Bischofstadt in Augustamnica I. s Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 29 die gläubigen Provinzialen zu visitieren. Ohne Zögern reiste er zuerst nach Lydien, dann nach Asien, wo es eine große Anzahl von Kloster- gemeinschaften der Gläubigen gibt. Auf dieselbe Weise durchreiste er alle Provinzen und kam bis nach Tarsos in Kilikien hinunter, nirgends einen ganzen Tag sich aufhaltend, sondern ohne Aufhören Tag und Nacht weiterreisend. Sein Ruhm erscholl in allen Landen. Wenn der Bischof der Provinz oder Stadt die Kunde erhielt, daß er angekommen, hatte er die heiligen Handlungen bereits vollzogen und war längst abgereist.«' Bis nach Syrien dehnte er seine Visitationsreisen aus, so daß Klagen der dor- tigen Prälaten einliefen;: die eingeleiteten Untersuchungen der Regierung verliefen selbstverständlich resultatlos. Aus dem Bisherigen ergibt sich, daß in Asien die Anhänger des alten Glaubens besonders zahlreich waren. Wir erfahren denn auch durch den- selben Johannes, daß Ephesos und Pergamon Brennpunkte des monophy- sitischen Glaubens waren. Zu dem Jahre 542, dem Jahre der großen Pest’, bemerkt der Ge- schichtschreiber Johannes von Ephesos°’: »Patriarchen waren zu dieser Zeit: Ephraim bar Apcha (l. Appianos), Zoilos, Agapetos, Menas, Makarios von Jerusalem. Orthodoxe: Theodosios, Sergios, Anthimos, Theosebios (von Ephesos), Thomas von Damaskos, ... Akumios von Amid, Johannes von Pergamos, Photios von Smyrna, Johannes von Kennesrin, Johannes von Kallinikos, Johannes von Asia, Kasis von Chios usw.« Wir sehen demnach die separierte Kirche Mitte des 6. Jahrhunderts vollkommen organisiert. Neben den Prälaten der offiziellen Staatskirche finden wir in Ephesos und Smyrna Monophysiten. In Ephesos saß neben Hypatios (seit 519, nachweisbar 536) und Andreas (552, 553) Theosebios, der alte Metropolit, welcher schon 503 erwähnt, 519 wegen seines Glaubens von Justin entsetzt ward. Er blieb in den Augen seiner Anhänger der rechtgläubige Bischof und muß, da er noch 542 blüht, ein sehr hohes ! Ioann. Eph. de beat. orient. S. 116. ® Der Auszug aus Johannes Asiae, welchen der Mönch von Zuknin seinem Abrisse der Weltgeschichte einverleibt hat, ist leider äußerst fehlerhaft in den Jahreszahlen. So gibt er unsere Notiz zu 855 Sel. = 544/45. Das MmerA eAanaTıkön fand aber 542 statt. (Die Stellen bei Clinton, Fasti Romani zum Jahre 542, S.778. Auch Johannes von Ephesos, De beat. orient. S.149, setzt die Pest richtig in 853 — 542/43.) ® Feestbundel aan Prof. M. J. de Goeje op den 64er Oetober 1891 aangeboden door eenige oud-leerlingen. Leiden 1891. S.71. 30 GELZER: Alter erreicht haben. In Smyrna finden wir neben dem offiziellen Staats- bischofe Kalloas (um 536) als Oberhirten der Abgetrennten den Photios (bis 549) und dann Petros. Der Zeitgenosse und Gesinnungsverwandte dieser Männer ist Johannes von Pergamon, der spätestens 549 gestorben sein muß.' Die wenigen aus Anastasios’ Zeit noch vorhandenen Bischöfe starben weg. Es drohte in der separierten Kirche eine Unterbrechung der aposto- lischen Suecession und damit eine völlige Verödung der Kirche einzutreten. Da veranlaßte ein bewährter Freund der Monophysiten, König Harith ben Gabala, der Phylarch der römischen Araber, »die Freundin Christi«, die Kaiserin Theodora, zwei bewährte und göttliche Männer, Jakobos und Theodoros, den ersten zum Erzbischof von Edessa, den letzteren zum Bischof des arabischen Hırtha weihen zu lassen. Der noch immer bei Konstantinopel im Exil weilende alexandrinische Papst Theodosios gab ihnen als seinen Geheimdelegaten die nötigen Vollmachten, und nun durch- zogen sie, um den Kanones zu genügen, von je zwei gleichfalls zu Bischöfen geweihten Mönchen begleitet, Ost und West, überall Bischöfe weihend und so eine vollständige Hierarchie der abgetrennten Kirche herstellend. Ja’kob durchreiste dergestalt Lykien, Kilikien, Isaurien, Syrien, Mesopotamien und Aegypten; von da begab er sich, was für uns wichtig ist, nach Asien: »Darauf reisten wiederum der selige Jakob und seine Gefährten nach den Gauen Asiens und ernannten in Asien vier Bischöfe, den einen namens Johannes den Syrer, den Lehrer der Heiden, für Ephesos, einen anderen namens Petros für Smyrna, einen anderen namens Johannes für Per- ! Ich kann freilich die Vermutung nicht unterdrücken, daß Johannes von Pergamon und Photios von Smyrna, beide um 542 (544/45) blühend, ihre Existenz nur dem wenig sorgfältigen Auszug des Mönches von Zuknin aus der Kirchengeschichte des Johannes ver- danken. Sein Zeugnis ist nicht ganz unbedenklich. Richtig erwähnt er zu diesem Jahre Theosebios von Ephesos, der 549 durch Johannes ersetzt ward. Dagegen Photios von Smyrna scheint der von Johannes (De beat. orient. S.178) erwähnte Chartularius zu sein, welcher aber nicht Bischof von Smyrna wurde; vielmehr erlangte diese Würde 549 sein Freund Petros der Cancellarius. Die Verwechselung der beiden scheint recht alt zu sein; denn bereits Pseudo - Johannes in der Vita des Jakob Burd’äna erwähnt ausdrücklich (S. 208) den Photios statt des Petros als von Ja’kob eingesetzten Bischof von Smyrna. Da er, wie der Mönch von Zuknin, daneben auch den sicher erst von Ja’%kob Burd’änä eingesetzten Bischof Kasis von Chios erwähnt, so können sowohl der Bischof Johannes von Pergamon (vor 549) wie Photios von Smyrna möglicherweise nur nachlässiger Epitomierung der zeit- genössischen Quelle ihren Ursprung verdanken. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 3l gamos, endlich einen namens Petros für Tralles. Darauf setzten sie nach der Insel Chios über und ernannten zum Bischof einen gewissen Kasis (Kassios?), der aus demselben Kloster mit Johannes von Ephesos stammte; denn beide waren aus dem Kloster des Mar Johannes in Amida gekommen." Die Zeit läßt sich genau bestimmen. Denn der schon oft angeführte Aus- zug aus Johannes von Ephesos” erwähnt zum Jahre 860 (= 549/50) einen Streit in Ephesos über den Episkopat. Offenbar trat derselbe nach dem Tode des Theosebios ein. Es ist sehr wohl möglich, daß eine partikula- ristisch asiatische Partei mit der Einsetzung des Syrers als Metropoliten nicht ganz einverstanden war. Mit Sicherheit können wir demnach fest- stellen, daß Johannes 549/50 den Bischofstuhl in Pergamon bestieg. VII. Die Wirksamkeit des Heidenvorstehers Johannes unter Justinian in den Provinzen Asien, Lydien, Karien und Phrygien. Justinians Regierung ist in religiöser Beziehung bemerkenswert nicht nur durch die Maßnahmen gegen die Monophysiten, sondern auch durch die heftigen Verfolgungen der unglücklichen Überreste der altheidnischen Bevölkerung. Die Monophysiten klagen laut genug über die gegen sie, durch Staatskirche und Polizei verhängten Drangsale; aber weit entfernt, dadurch zu Duldsamkeit gegen Andersdenkende veranlaßt zu werden, be- teiligen sie sich mit viel fanatischerem Eifer an der Ausrottung der Heiden als selbst die Anhänger der Staatskirche.’ Im Jahre 530 organisierte Kaiser Justinian eine große Glaubensunter- suchung gegen die heimlichen Heiden in der Residenz. Johannes von Ephesos, der Geschichtschreiber, wie er uns selbst mit Genugtuung er- zählt‘, fungierte als Großinquisitor. Zahlreiche vornehme und reiche, durch griechische Bildung hervorragende Männer, Patrizier, Professoren, Juristen ! Joannes Ephesos, De beat. orient. S.164; vergl. auch H. G. Kleyn, Jacobus Bara- daeus de stichter der Syrische Monophysitische Kerk. Leiden 1882. S. 61. ® Feestbundel S.7ı mit den bezüglich der Chronologie dieses Auszuges gemachten Vorbelialten S. 30, Note ı. ® Wie die Dissenters in beschränktem Katholikenhaß und wildem No-popery-Geschrei die Angehörigen der established church noch überbieten. Mit der Religionsglut der Mono- physiten verglichen, erscheinen die Anhänger der orthodoxen Staatskirche latitudinarisch und indifferentistisch ganz wie die hochkirchlichen Hofleute unter Karl II. Stuart. * Assemani, bibl. orient. II S. 35. 32 GELZER: und Ärzte wurden in Untersuchungshaft genommen und mußten sich vor dem Tribunal des fanatischen Syrers verantworten. Das Jahr darauf' er- hielt er vom Kaiser Vollmachten, das Glaubensgerieht auf die Provinzen Asien, Karien, Lydien und Phrygien auszudehnen, deren Bevölkerung als besonders hartnäckige Anhänger des Heidentums galten.” Über seine Tätig- keit erzählt Johannes’: »Lange habe ich in der Kaiserstadt geweilt, zuerst wegen der Verfolgung, dann aber jene ganze Zeit, mehr als 30 Jahre, damit ich die Menschen vom Irrtum des Götzendienstes bekehre, welches Geschäft durch den Hauch und das Werk der göttlichen Gnade durch mich den Geringen in den Landschaften Asiens vollzogen ward, so daß 80000 Menschen sich bekehrten und von dem Heidentum erlöst wurden, und es wurden 98 Kirchen, zwölf Klöster, ferner aus jüdischen Synagogen noch sieben Kirchen gebaut. Das geschah in diesen vier Eparchien: Asia, Karia, Phrygia und Lydia. Und dies haben wir einmal zum Ruhme Gottes geschrieben, dann aber auch zur Erklärung. damit niemand unseren langen Aufenthalt in der Kaiserstadt tadele und sich daran stoße.«* Ebendasselbe berichtet er in der Kirchengeschichte.” Er erzählt daselbst, daß er auf dem Gebirge nördlich von Tralles (Trulis), also auf der Messogis begonnen, daselbst viele Tausende bekehrt, 24 Kirchen und vier Klöster erbaut habe. Nach seinen Angaben soll sich dort nämlich ein Zentral- ! Diese chronologische Bestimmung beruht lediglich auf Feestbundel S.71. Wir haben Angaben aus den Jahren 849, 850, 851, 352, 853, 854, 855. 852 wird die Inquisition in Konstantinopel, 853 in Asien angesetzt. Natürlich sind beide Zahlen in üblicher Weise falsch. Höchstens soviel wird sich aus dem Berichte des Johannes von Asien beim Mönche von Zuknin als geschichtlich feststellen lassen, daß die Glaubensuntersuchung in der Pro- vinz ein Jahr nach der in der Hauptstadt begann. Wenn er letztere in 852 (541/42) und das 19. Jahr (545) Justinians ansetzt, so ist diese Angabe durchaus irrig. Der Bericht fährt nämlich fort: Feestbundel S. 71: »853 bezocht God Azie, Cari@, Lydi&, Phrygi& door middel van mij, Johannes van Azie.« Nun schrieb Johannes sein Werk über die gottseligen Öst- länder im Jahre 565/66. Ferner sagt er, er habe die Heidenaufsicht mehr als 30 Jahre gehabt. Das führt uns für den Beginn der Heideninquisition ungefähr auf eines der Jahre zwischen 531 end 534. Eine genauere Bestimmung ist nicht möglich. ? Vergleiche über diese Heidenbekehrung auch J. P.N. Land, Johannes, Bischof von Ephesos. Leiden 1856, S. 59 ff. ® De beat. orient. S.156. * Johannes findet es nötig, sich zu verantworten, daß er im Grund eigentlich nur ephesinischer Titularbischof war. ° III 36. Ich benutze für das Folgende eine von Dr. Hilgenfeld für mich ange- fertigte Übersetzung der Kap. 36 und 37. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 33 teımpel der Heiden befunden haben, welcher eine weithinreichende Ober- aufsicht über die übrigen Heiligtümer ausübte. »Und zwar wurde zuerst eben dieses große (Kloster), von dem wir entsprechend dem Zwecke des Buches erzählen müssen, in einer Ortschaft in diesen steilen Bergen mit Namen Darıra gebaut über einem berühmten und großen Götzenhause der Heiden, unter dessen Herrschaft, wie alte Leute von ihnen erzählten, 1500 Götzenhäuser standen, die in allen diesen Eparchien waren. Dort versammelten sie sich nämlich in jedem Jahre und erfuhren und empfingen von ihm die Bestimmung, wie sich die Priester und alle Völkerschaften der Heiden überall verhalten sollten.« Dieser von lebhafter Phantasie zeugende Bericht über den gewaltigen Herrschaftsbezirk des Heidenpapstes geht auf die alten Leute d.h. auf die barock ausschmückende Volkslegende zurück, die sich offenbar von der un- ermeßlichen Macht eines solchen im Verborgenen waltenden Oberpriesters und seiner geheimen Anhänger etwas abenteuerliche Vorstellungen machte. Indessen ist durchaus nicht zu bezweifeln, daß diesen Übertreibungen ein berechtigter Kern zugrunde liegt. Bekannt ist, wie sehr die letzten über- zeugten Anhänger des Heidentums unter den römischen Kaisern Maximi- nus Daza und Julian es sich angelegen sein ließen, die heidnische Priester- schaft hierarchisch zu gliedern und zu organisieren. Die Verfolgung und Unterdrückung machte den Zusammenschluß der altgläubigen Korporationen und Gemeinden ohnehin zur Notwendigkeit. Dieses priesterliche Zentrum des Heidenglaubens Darıra ist wohl riehtig von Land mit Tyrra (Torrebia, heute Tire') identifiziert worden. Die Stadt liegt am Nordabhang des langgestreckten Messogisgebirges (mit einheimischem Namen Karios”?, heute Güme Dagh) gegen die Kaystrosebene zu. Die Stadt wird auch Tarra ge- schrieben.” Sie ist die Hauptstadt des Bruderstammes der Lyder, der ! Über die Lage vergl. H. Kiepert, Spezialkarte vom westlichen Kleinasien Bl. VII. Ibn Batüta beschreibt im XIV. Jahrhundert Tire als eine schöne Stadt, wohlbewässert und reich an Fruchtgärten. Voyages d’Ibn Batoutah. Paris 1854, II, p. 307- 2 ’EN ae TA ToPpPHBlaı Ectin ÖPoc KAPIoc KANneÖMeNoN KAl TO lePÖn TOY Karlor Exel. Steph. s. v. TöppHsoc vielleicht aus Hekataeos. 3 TYPANNoc HToI ATId TON TYPPHNON® @Moi rÄP oYToi- H Amıo TYrov, dc Ectin Aro TYPpPac tIönewce AYalarfc (AYKıakAc der Text), TYPANNHCANTOC TIPSTON EN AYTA. Etym. M. s. v. TYpannoc. Die schlichtere Redaktion des Etym. Gudianum hat Amo TYroy TAc tiönewc. Wenn dann weiter berichtet wird, daß die Bezeichnung TYPannoc erst in Archi- lochos’ Zeit aufgekommen sei (Hypothesis zu Oedipus T'yrannos), so besagt dies dasselbe, Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 5 34 GELZER: Torreber, welehe sieh nach Xanthos’ Wort sprachlich so nahe standen, wie Ionier und Dorer. Tyrra. einst nieht unbedeutend und Residenz der lydischen Sekundogenitur, des Mermnadenhauses, war durch die benach- barten hellenistischen Metropolen Ephesos, Magnesia und Tralles völlig zurückgedrängt worden und zur obskuren Landstadt herabgesunken. In (diesen späten Zeiten wird Tyrra der geistige Mittelpunkt für die auch in religiöser Beziehung starr am Alten hängende Bevölkerung der Iydisch- karischen Gebirgskantone. In Tyrra war der echt nationale Dienst des Himmelsgottes Karios zu Hause. Dieser der aus seinem uralten Wohnsitze vertriebene Stammgott ist zweifellos »der neidische Satan«, das Oberhaupt »jener verderblichen Dämonen«, welche aus Bosheit den geistlichen Bau- meister des Johannes 1000 Ellen hoch von den schroffen Felsen hinunter- stürzten, doch ohne ihm erheblichen Schaden zuzufügen; denn nur seine Nase wurde etwas verletzt.‘ In seinem Tempel »auf den steilen und gewaltigen Bergen«, der Stätte des späteren Klosters, »wohnten vorher die Dämonen, welche Befriedigung fanden an dem Blute der Opfer, die ihnen dort dargebracht wurden, auf denen sie sich niederließen, wie die Fliegen auf eiternden Wunden«.” Echt lydisch ist, was wir sonst vom dor- tigen Kulte erfahren. Wie bei den Festen der großen Naturgottheit des Hermostales, der gygaeischen Artemis, die ganze Schöpfung sich beteiligte, da Archilochos als Zeitgenosse zuerst des Gyges gedenkt. Die Ableitung des fremdländischen Fürstentitels von der Stadt deutet auf eine Nebenform mit einem P, welche auch durch das Et. Gud. vertreten wird und durch Steph. Byz. s. v. TYPpoc* Ectı Kal mönıc .. AYalac. Frage- los identisch mit TYpoc, TYpra ist TArppa mönıc Ayalac Steph. Byz. s. v. Der dumpfe Vokal der ersten Silbe des Iydischen Namens wurde von den Griechen bald durch Y, bald durch A wiedergegeben. Der Form Tarra entspricht das syrische Därirä. ! Man bedenke, Johannes berichtet das Wunder als Augenzeuge! und weiß viel von den Anfechtungen und der Bekämpfung der Gläubigen durch die Dämonen zu berichten. Es ist derselbe massive Dämonenglaube, welchen wir in der Lebensbeschreibung Gregors des Erleuchters antreffen. Auch in Armenien erscheinen regelmäßig bei der Zerstörung der Heidentempel Geisterscharen, welche sich höchst materiell mit Lanzen, Pfeilen und Steinen gegen die Gläubigen wehren, aber beim Kreuzeszeichen Gregors verschwinden. ? »Wie die Mücken auf faulem Fleisch« vergl. dazu das Opfer des Häsisadra im assy- rischen Sintflutbericht: »Da ließ ich (alles) nach den vier Winden hinaus, ein Opfer brachte ich dar. Ich richtete her einen Altar auf der Höhe des Berggipfels, je sieben Adagurgefäße stellte ich auf, unter sie breitete ich Kalmus, Zedernholz und Blitzkraut. Die Götter sogen ein den Duft, die Götter sogen ein den wohlriechenden Duft; wie Fliegen sammelten sich die Götter über dem Opfernden«. E. Schrader, die Keilinschriften und das A. T.2 S. 63. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 35 die Schilfhalme sich im Takte regten, die Fische lauschten und die Inseln sich bewegten', ganz ebenso hört der Torrebergott Karios, als er sich an die TorreHsia aimnH” verirrt, die Festhymnen der lydischen Musen, der sangeskundigen Wasserjungfrauen, und er überliefert seinem Volke die gött- liche Kunst der torrebischen Weisen.” Mit diesen Ruinen altlydischer Frömmigkeit hat nun Johannes gründlich aufgeräumt. Zwar blieben das Kloster und die 24 Dorfkirchen auch in der Folgezeit nicht von Heim- suchungen der Gegner verschont. Aber »Gott in seiner Barmherzigkeit wehrte alle Mißgunst des Bösen von ihnen ab und erhielt sie zum Ruhme seines Namens bis auf den heutigen Tag«.‘ Zur Befestigung der Neo- 1 SEN AE CTAAIOIC TETTAPAKONTA ATMIO TÄC TIÖönewc EcTIN H TYrala MEN YrTöÖ TOoY TIOIHTOY AETOMENH AIMNH, KonöH A” YCTEPON METONOMACBEICA, ÖoY TO IEPON TAC KonoHnnAc APTemiaoc METAAHN ÄTICTEIAN EXON. ®ACI A ENTAYEA XOPEYEIN TOYC KANABOYC KATÄ TÄC EOPTÄC, OYK Oia” ÖTTwC TIOTE TIAPAAOEONOFOYNTEC MANNON H AnHeeYonTec. Strabo XIII 6260. Sunt enim multi (lapides) pumicosi et leves, ex quibus quae constant insulae in Lydia natant. Seneca N. (). DI. 24,7. ©.Müller, Kleine Schriften II. 212. E. Curtius, Artemis Gygaia und die Iy- dischen Fürstengräber. Arch. Zeitung 1853 S. 148 ff., vergl. auch Ges. Abh. II. S. 20. ® Das vom Phyrites durchströmte stagnum Pegaseum, Plinius N. H. V ıı5, heute Kara -Gioel. 3 Steph. s. v. TörpHBoc- KAPioc AE Alöc TIAIc Kal ToPPHBlac, &c NikönAaoc TETÄPTW Öc TINALÖMENOC TIEPI TINA AIMNHN, HTIC ATT AYTOY TOPPHBIA EKAHeH, weorrÄc NYMmo@Nn AKOYCAC, Ac Kal MoYcAac AYAol KANOYCI, KAl MOYCIKHN EAIAAXEH KAl AYTÖC TOYC AYAoYC EAlAAZE. Kal TÄ MEAH AIA TOYTo Toppfgıa eranelto. V.Schultze, Geschichte des Untergangs des griechisch- römischen Heidentums 11. S. 322 meint, der Götterglaube von Dariro sei als eine Mischung frem- der und landestümlieher Vorstellungen zu denken. Zu dieser Annahme liest kein Grund vor. * Wie verhielten sich die Orthodoxen zu diesem Bekehrungseifer der monophysitischen Agenten Kaiser Justinians? Johannes beschuldigt wenigstens in späterer Zeit die vornelımen und übermäßig reichen Dignitäre der Staatskirche geradezu des heimlichen Heidentums und führt Beispiele an, die sicher nur Belege für die erhitzte Phantasie dieses frommen, aber recht beschränkten Dissenters sind. Jedenfalls standen sie aber äußerst lau dem Bekehrungs- werk gegenüber. Charakteristisch ist das Benehmen des orthodoxen Staatsbischofs von Tralles (Joh. v. Eph., K. G. 111 37). Nach sechs Jahren war der Bau des Klosters vollendet. Das Jahr darauf (538) sagte der Bischof: »Ich mache das Kloster zur Villeggiatur (IPoAcTeIoN) meiner Kirche und wohne dann den ganzen Sommer darin«. V.Schultze a.a.O.Il. S. 322 meint beschönigend, er habe seine Diözesanrechte dort liegen sehen. Kaiser Justinian dagegen hat die naive Unverschämtheit dieses Prälaten von einem weniger apologetischen Standpunkte aus betrachtet. In der vom Bischof erbetenen Audienz sprach er mit wohltuender Deut- lichkeit und erklärte ihm, daß er eine Kirche, zu der er nicht kanonisch berufen sei, auch nicht regieren könne. »Das Kloster, das mein ist, da es mit meinem Wissen und auf meinen Befehl erbaut worden, willst Du einreißen!« Das Kloster erhielt eine von der bischöflichen Jurisdiktion völlig eximierte Stellung, und der Bischof mußte die Hoffnung auf ein ange- nehmes Sommerpalais fahren lassen. 36 GEUZER: phyten im Christenglauben sorgte auch der Kaiser, »der mit offener Hand alles notwendige gewährte, silberne und eherne Gefäße, linnene Kleider für die Täuflinge und heilige Bücher für 96 Kirchen, von denen 41 die Neubekehrten auf ihre Kosten, die übrigen der Kaiser aus Staatsmitteln errichtet hatte«." Der Zentralpunkt dieser weitgreifenden Tätigkeit blieb aber das herrlich gelegene Bergkloster Tarra.”’ Ich habe den Missionsbericht über die Bekehrung der Heiden im Berg- distrikt von Tralles darum so ausführlich behandelt, weil er die einzige Spezialnachricht über die Tätigkeit des Großinquisitors in den vier asia- tischen Provinzen ist. Aber über eine zweite Örtlichkeit geben uns die Denkmäler in einer durchaus übereinstimmenden Weise Nachricht, und das ist gerade Pergamon. Neben dem alten Heiligtum der Athena Polias Ni- kephoros ist eine kleine Kirche‘, zum Teil aus älterem Material erbaut, doch in einigen Baugliedern auch Spuren selbständiger Technik bekundend. Es ist ein Langhaus, dessen Fußboden aus antiken Marmorplatten gebildet ist. Der Eingang war in der Westmauer. Davor dehnte sich ein ge- räumiger Narthex aus. »Das Innere des Langhauses«, sagt Bohn, »war durch hart an die Mauer gelehnte Stützen gegliedert, deren wohl antiken Bauten entnommene Basen sich zum größeren Teil noch unverrückt an ihrer Stelle befinden. Die darauf gehörenden Säulenschäfte dürfen wir in einigen mächtigen Granitmonolithen wiedererkennen .... Durch diese Gliederung sondert sich in der Mitte ein quadratischer Bau aus ...., an welchen sich beiderseits je zwei ungleiche Querjoche anschließen. Es liegt nahe, hier an die Anordnung einer höher gehobenen Mittelkuppel zu denken, deren vier Eckpunkte eben jene Säulen gewesen wären. Östlich schließt sich, um eine Stufe emporgehoben, zunächst ein schmales Presbyterion und dann eine halbkreisförmige Apsis an.«e »Unter dem Fußboden der Kirche befinden sich ganze Reihen von Gräbern, die größtenteils in den gewachsenen Fels hineingearbeitet sind. Auch die ganze Umgebung der Kirche ist dicht mit solchen Gräbern bedeckt.« Diese Gräber beweisen eine ! Assemani a.a2.0. ® Ein Besuch, den ich Herbst 1899 Tyra und der Messogis in Gemeinschaft mit Dr. G. Weber-Smyrna machte, hat uns zwar allerlei interessante sakrale Anlagen aus klassi- scher und christlicher Zeit finden lassen. Indessen die Zeit war zu kurz, um die Lage des Bergklosters auch nur mit Wahrscheinlichkeit bestimmen zu können. ° Altertümer von Pergamon. Band II, Text. Berlin 1885. S.88 u. ff. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 37 äußerst gründliche Zerstörung des Athenatempels. Derselbe muß bis auf die Fundamente vernichtet gewesen sein, ehe man an den Kirchenbau ging. Nun vergleiche man den Bericht des Johannes über den Bau der Kloster- kirche von Tarra': »Über diesem (nämlich dem großen Götzenhause) er- baute dieser obenerwähnte Johannes infolge einer Offenbarung Gottes, nachdem er es bis auf seine Grundmauern zerstört hatte, in stattlicher Weise dieses Kloster, welches Darıra genannt wurde, auf seiner Stelle auf den steilen und gewaltigen Bergen zwischen allen diesen Kirchen.« Wir haben die schlagendste Parallele. Es liegt System in Johannes’ Vorgehen. Die Berghöhen, welche bisher dem Dienst des Satans geweiht waren, werden durch christliche Gotteshäuser, die sich an derselben Stelle erheben, gereinigt und geheiligt. Keine Benutzung der heidnischen Tempelbauten zum Zwecke der neuen Religionsübung, kein Umbau und keine Umweihung findet statt. Nur nach radikaler Vernichtung der Teufelbehausung kann der Christengott ein seinem Dienste angemessenes Bethaus auf der einst verfluchten Stätte finden. Ich zweifle demnach nicht, daß der byzantinische Kirchenbau neben der Stelle des Athenatempels ein Werk des Johannes ist. Als Metropolit von Ephesos wird er gemeinsam mit Johannes von Pergamon die Weihe vollzogen haben. Ich setze den Kirchenbau zwischen 549 und 565. In das sechste, spätestens siebente Jahrhundert setzt ihn nach den Überresten Rahn. Besonders wichtig sind die vielen Gräber. Gewiß enthielten dieselben einst nicht nur die Gebeine gewöhnlicher Sterblicher, sondern auch heili- ger Bischöfe oder selbst Märtyrer. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Heidenbekelhrung in den Händen eines Syrers war, und das syrische Christen- tum besteht in erster Linie aus massivem Reliquiendienst und abergläubi- scher Dämonenangst, wie letzteres die Gründungsgeschichte des Klosters Tarra zeigt. Zum speziellen Glauben der syrischen Christen gehört nun, daß, wo Märtyrergebeine ruhen, die Dämonen keine Kraft haben. Als Julian ein Orakel vom Daphnaeischen Apollo fordert, erteilt der Gott keine Antwort aus Angst vor seinem heiligen Nachbar, dem Blutzeugen Babylas, dessen Märtyrerkapelle Julians christlicher Bruder Gallus zu Daphne in unmittel- barer Nachbarschaft des Orakeltempels errichtet hatte.” Dieselbe Anschauung ! Joh: v. Eph., K. G. III 36. 2 "Mc A& Ö ENoIKÖN TÖ IEP® AAIMON TON TEITONA AEAOIKWC, NErW AM BABYAAN TON MÄPTYPA OYK ATIEKPINATO* TIAHCION TÄP ÄN H CoPöc H TO COMA TOY MAPTYPOC- KPYTITOYCA’ TNOYC THN AITIAN 38 GELZER: teilt auch die mit Syrien eng verbundene altarmenische Kirche. Der hl. Gregor der Erleuchter bestattet in den zerstörten Götzentempeln, ehe er an ihrer Stelle christliche Kirchen aufführt, Märtyrergebeine, welche die alteinheimischen Dämonen bändigen und züchtigen. Nach syrischer Volks- anschauung war darum der Schwur bei den Märtyrern kräftiger oder schauer- licher als bei Christus. »Wenn jemand schwört«, sagt Isaak von Antio- chien!, »oder schwören läßt, so scheint uns die Kirche zu gering, um darin den Eid anzunehmen. Der Schwörende wünscht den Eid in der Kirche zu leisten, aber der Eidesempfänger will ihn dort nieht annehmen, indem er sagt: »Wenn du nicht in der Kapelle des Apostels Thomas schwörst, so traue ich dir nicht.« Weil dort die Dämonen heulen, ehren sie den Apostel mehr als seinen Herrn ... Christus thront in seiner Kirche als König, während der Apostel einem Feldherrn zu vergleichen ist. Im Hause des Königs ist ehrfurehtsvolles Schweigen geboten, aber im Hause des Feld- herrn herrscht Lärm und Unruhe ... Würde der Teufel in der Kirche heulen und sich in den Märtyrerkapellen ruhig verhalten, wer wäre dann imstande, den Königssohn von dem Feldherrn zu unterscheiden? ... Für den Königssohn wäre es eine Unehre, wenn die Teufel in seiner Gegen- wart heulen dürften, während er dies seinen Jüngern allerdings als ein Zeichen ihrer hohen Macht und Würde verliehen hat.« So sind diese heiligen Gräber auf der Stätte der alten Dämonenbehausung ein kräftiger Talisman und Höllenzwang, welcher alle Angriffe des Fürsten der Finsternis zurück- weist. Ich glaube demnach mit Sicherheit annehmen zu dürfen, daß die Kirche auf der Burg von Pergamon einer der zahlreichen Bauten des Heiden- vorstehers Johannes von Ephesos gewesen ist. Anhangsweise mögen noch einige Notizen über Pergamon aus dieser Epoche folgen. Aus dem 6. Jahrhundert ist nur noch der Reisebegleiter (cYnekaHmoc) des Hierokles zu erwähnen, eine Beschreibung des römischen Reichs mit Aufzählung seiner sämtlichen Provinzen und der darin befindlichen städti- 6 BACINEYC THN COPÖN TAXOC KeneYel METoIkireceal. Sokrat. III r8. Nach Sozomenos V 20 sagte der Gott, als er endlich sich zum Reden verstand, zwar nicht deutlich, daß ihn Babylas’ Reliquienschrein am ÖOrakeln hindere, aber der Ort sei durch Leichen verunreinigt, und darum gehe das Weissagen nicht. Wenn das nicht christliche Erfindung ist, gaben die Heiden ihren Feinden an Superstition nichts nach. ! S.154 der Übersetzung von Bickell. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 39 schen oder auch nicht städtischen Gemeinwesen. Unter den 42 Städten der Provinz Asia figuriert an 34. Stelle Pergamos.' Als 610 Kaiser Phokas dureh die Flottenrevolution des Herakleios gestürzt und martervoll getötet worden war, wurde sein Leichnam in dem sogenannten Bus verbrannt. Zonaras merkt an, daß das ein eiserner Ofen für Feuerbestattung war — diese wurde damals nur für besonders schwere Verbrecher angewandt — und die Maschine, die späterhin in Byzanz stark in Gebrauch kam, sei aus Pergamon hergeschafft worden.” IX. Der Kampf mit dem Islam und die Themenverfassung. Das 7. Jahrhündert, die dunkelste Periode der byzantinischen Herr- schaft, wo der Kampf mit den gottgeschlagenen Agarenern alle Kräfte in Anspruch nahm und Wissenschaft und Bildung schweigen hieß, ist auch für Pergamon völlig dunkel. Nur sein Bischof wird 680 auf dem sechsten oekumenischen (ersten trullanischen) Konzil erwähnt. Diese späteren Uni- versalkonzilien unterscheiden sich von den alten berühmten Synoden durch das Wegfallen des demokratischen Geschreis® der Bischöfe. Die einzelnen Bischöfe hatten nicht mehr so viel dreinzureden. An der Debatte betei- ligen sich fast nur die Patriarchen oder ihre Stellvertreter und einige hervorragende Metropoliten. Die Bischöfe haben zu schweigen, zuzu- stimmen und zu unterschreiben. Die ersten zehn Aktionen der VI. oeku- menischen Synode sind so wenig zahlreich besucht, daß sie eigentlich mehr als Kommissionsberatungen betrachtet werden können. Aus Asien sind nur vier Bischöfe anwesend, die in verschiedener Rangordnung wahr- scheinlich mehr freundschaftlich zusammensitzen. Dies ändert sich mit der XIV. Aktion. Offenbar hatte die Regierung, um der heiligen Ver- sammluug mehr Glanz zu verleihen, die Provinzialbischöfe in Scharen her- zitiert. Aus Asien sind in die Präsenzlisten statt vier plötzlich sieben und in der XVIII. acht Bischöfe eingetragen. Den ersten Platz hat alle- ! Hierokles 661, 5. 2 TO AE AYCTHNON CÖMA KAYoÄNAI KATÄ TON BoYN* ENSA KÄMINOC ÄN, ÜC NETETAI, €K XANKOY KATECKEYACMENH, CXHMA BOÖC EXOYCA, HTIEP EK TTeprAmoY KEKÖMICTO, EE Äc Kal ö TÖMOC onömAacTo. Zonaras III 203, 10. ® AHmorIKal EKsofceic. Der Ausdruck stammt von den »erlauchtesten Präsidenten « der Versammlung von Chalkedon. 40 GELZER: mal Zoötos, der Bischof des ganz unbedeutenden Landstädtchens Christo- polis oder Dioshieron. Zweifellos muß er ein sehr angesehener, wohlge- sinnter oder vielleicht durch Ordinationsalter hervorragender Prälat gewesen sein, daß ihm diese ausgezeichnete Ehre zuteil ward. Den Platz unmittel- bar nach ihm und vor allen anderen nimmt aber regelmäßig der Proto- thronos der Provinz Asien, der Bischof von Pergamon ein; so unterschreibt er auch die Synodalbeschlüsse': Oeöawroc Enew eo? enickomoc TAc TTep- FAMHNÖN Tiönewc TAc Acıanan Ertarxiac Öpicac Yrıerpaya und den Aöroc TIPoc- »unHTıköc an Kaiser Konstantin’: Oeöawroc Enew eco? Errickorioc TIönewc TTep- rAmoy TAc Acıan®n ETTAPXIAC ÖMoIWc YTIETPAYA. Auf diese idyllische Ruhe folgen dann sehr bewegte Zeiten für Per- gamon mit dem 8. Jahrhundert. Der Riesenkampf zwischen Neu-Rom und dem Islam hatte damals seinen Höhepunkt erreicht, und das so welt- abgeschiedene Pergamon sollte plötzlich in die wilde Strömung dieser grauenhaften Ereignisse hineingerissen werden. Zum Verständnis der da- maligen Zeitlage ist es aber notwendig, die vollkommene Umwälzung in der militärischen und zivilen Verwaltung kurz zu charakterisieren, welche sich im oströmischen Reiche seit Ausgang des 6. Jahrhunderts vollzogen hat. Bereits unter Justinian zeigen sich die ersten leisen Spuren, wonach die Zentralregierung das von Diokletian und Konstantin eingeführte System der vollständigen Trennung von militärischer und bürgerlicher Gewalt wieder einschränkte oder teilweise aufhob. Einen folgenreichen Schritt tat sein Nachfolger Maurikios (582 bis 602) durch die Gründung der beiden Exarchate Italia und Afrika. Durch die Einbrüche der Langobarden und der Maurusier (Kabylen) war der Besitz dieser Provinzen aufs äußerste gefährdet, ja förmlich in Frage gestellt. Es herrschte ein permanenter Kriegszustand. Sehr verständig hat nun die oströmische Regierung die zu den unausrottbaren Eigentümlichkeiten gleichberechtigter Oberbehörden ge- hörenden Kompetenzkonflikte aus dem Wege geräumt. indem sie die Zivil- präfekten den Militärgouverneuren’ tatsächlich unterordnete. So haben nun die ursprünglich rein militärischen Exarchen auch in alle übrigen Zweige der Verwaltung, sehr energisch z. B. auch in das Kultusdepartement ein- ! Mansi XI 648. 2 Mansi XI 673. ® Exarchus Italiae und Afrieae ist nur eine Titulaturerhöhung für die alten magistri militum per Italiam und per Africam. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 41 gegriffen. Im 7. Jahrhundert haben sie allmählich die Funktionen der Zivil- präfekten vollständig übernommen, so daß diese in Wegfall kamen. Genau kennen wir die Vorgänge nur in Italien. Allein zahlreiche Andeutungen der Quellen berechtigen uns zu dem Schluß, daß auch im Osten ähnliche Verhältnisse dieselben Resultate hervorgebracht haben. Kaiser Konstantinos Porphyrogennetos — der einzige, der uns über diese Vorgänge Kunde gibt. und seine Berichte sind meist nur wenig zu- verlässige Bureautraditionen — sagt, unter Kaiser Herakleios sei die Themen- verfassung eingeführt worden.' Wie längst richtig erklärt worden ist, heißt das, daß auch hier der Kriegszustand für permanent erklärt wurde. Die unaufhörlichen Einbrüche der Slawen und Bulgaren in die Hämushalbinsel, das nahezu ein Jahrhundert andauernde heroische Ringen mit dem Islam auf asiatischem Boden, wo das Reich seine Existenz einsetzte, erforderten diskretionäre Gewalten für die höchsten Militärchefs als dringende Not- wendigkeit. Schon im 7. Jahrhundert treffen wir daher die großen Militär- gouvernements, »das gottbehütete Opsikion« (Hellespontos, Bithynien, Teile von Phrygien, Honorias, Paphlagonien, Teile von Galatien), das anatolische und das armenische Thema. Ersteres umfaßte Lydien, Asien, Karien, beide Phrygien, fast ganz Lykaonien, Pisidien. Galatia II und Teile von Galatia I, Kappadokia Il, letzteres Kappadokia I, den Osten von Galatia I, Heleno- pontos, Pontos Polemoniakos, die verschiedenen Armenien. Der Höchst- kommandierende über das in diesen zwei weiten Bezirken stehende Armee- korps führt den offiziellen Titel “mArrıkıoc Kal cTPATHröc und entspricht ge- nau unserem Divisionskommandeur.” Der Patrieius befehligt 10000 Mann. Ihm unterstellt sind zwei Turmarchen (Brigadekommandeure) zu je 5000 Mann. Der Turmarch hat unter sich fünf Drungarier (Bataillonskommandeure) zu 1000 Mann, der Drungarier fünf Komes (Pentarch-Hauptmann und Kom- ! Constantin. Porphyr. de them. I ı2, ı3 bis 13, 3: ÖTe A& TOY CTPATEYEIN ol Bacıneic ATIETIAYCANTO, TÖTE KAl CTPATHTOYC KAl BEMATA AIWPICANTO .. NYNI A& CTENWEEICHC KATA TE TÄC ÄNATONÄC Kal AYcMmAc TÄc "PwMmAikÄc BACINEIAC KAl AKP@THPIACBEICHC Arıö TÄC ApxÄAc "HPpakneloyY TOY NIBYoC, Oi ÄTT EKEINOY KPATÄCANTEC, OYK EXONTEC ÖTIOI KAl ÖTIWC KATAXPÄCONTAI TÄ AYTON EZOYCIA, EIC MIKPA TINA MEPH KATETEMON THN EAYTON APXHN Kal TÄ TON CTPATIOTÖN TÄTMATA MÄNICTA, KAl ENAHNITONTEC KAl THN TIATPION KAl "P@MAIKHN FAWTTAN ATIOBANÖNTEC. 2 Genau so werden auch von den Griechen die Exarchen tituliert. Der Exarch von Italien ist an Rang und Stellung z. B. dem Patrieius und Strategos des Thema Anatolikon durchaus koordiniert. Beide sind gloriosissimi (ENAozöTAToı — Exzellenzen). Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 6 42 GELZER: pagnieführer) zu 200 Mann usw.' Die Zivilbeamten sind noch nicht ver- schwunden, vielmehr lassen sich dieselben durch das ganze 7. Jahrhundert nachweisen. Aber sie sind den in ihren Provinzen kommandierenden Generalen gänzlich untergeordnet. Es vollzieht sich derselbe Prozeß wie in Italien und Afrika. Die bürgerliche Gewalt wird allmählich von der militärischen vollständig aufgesogen, und der Divisionskommandeur übt zugleich die Funktionen des Zivilstatthalters oder Oberpräsidenten aus. Ehe wir aber diese epochemachende Umwälzung schildern, ist die Stadtge- schichte von Pergamon aus dem letzten Viertel des 7. und dem Beginn des 8. Jahrhunderts darzustellen. X. Die Armenische Gemeinde in Pergamon und der Pergamener auf dem Kaiserthron. Wir können eigentlich nur die Tatsache mitteilen, daß in Pergamon eine starke armenische Gemeinde bestand. Schon unter Justin II., wenn wir der anonymen Epitome über die Geschichte der Armenier trauen dürfen’, flohen eine Anzahl gegen Chosrau Anosarwän empörte armenische Feudal- fürsten (catpAraı arm. Nahararkh) mit zahlreichen Rittern (Azatkh, “Araroı) Wardapets und Clangenossen ins römische Reich. Ihr Führer Bardas, welcher den persischen Marzpan (Markgrafen) Suren erschlagen hatte, kam mit seinen Genossen nach Konstantinopel, und es wurde ihnen ein Quar- tier in der Nähe der Sophienkirche angewiesen, »unweit der Pforte dieses Gotteshauses, welche bis auf diesen Tag die Pforte der Armenier heißt.«* ' Die Begründung des hier nur kurz zusammengefaßten in meiner Abhandlung: Die Genesis der byzantinischen Themenverfassung. Abh. d. Sächs. G. d. Wissensch. hist. philol. Klasse, 1899, Nr.5 S. ı14 ff. Vergl. Ch. Diehl, l’origine du regime des themes (in der Sammlung der A. Monod gewidmeten Aufsätze. Paris 1896). ® Anonymi de Armeniorum rebus narratio ganz ungenügend ediert von Combefis hinter der historia Monothelitarum. Kap.ıs5. Es ist zu lesen: En T® m(A) ETeı TOY Xocp6oyY KAl TÖ I Erei lorcTi[nia]noY — 572. Wenigstens ist sicher dieses Jahr gemeint; der Verfasser freilich scheint wirklich Justin und Justinian zu verwechseln, da er hinzusetzt: "loYcTiNIANOY TOoY KAl THN ÄrIAN Co@lAN AEIMAMENOY. ® Der Verfasser scheint selbst ein Mitglied dieser durch allerhand bald sanftere, bald unsanftere geistliche Torturmittel allmählich in den wahren orthodoxen Glauben hinein- drangsalierten Armenier von Konstantinopel gewesen zu sein. Merkwürdigerweise hat bereits er (um 700) die westliche konstantinopolitanische Aussprache des Armenischen als Eigen- tümlichkeit, vgl. BAPTÄc, “Arrac, TTAKPATOYNÄC, CYMTÄATIOC usw. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 43 Dies bestätigt Johannes von Ephesos, welcher uns um 570 meldet', daß der Katholikos von Dvım, viele Bischöfe und Freie (Azatkh), auch einige Satrapen infolge des Aufstandes von Persarmenien nach der Haupt- stadt gekommen seien. Sie empfingen kaiserliche Gaben und Ehrenge- schenke: Fürstentümer und angemessene Wohnungen in den Kaiserlichen Palais. Ebenso wurden die in der Provinz angesiedelten Armenier durch Fürstentitel und Pensionen geehrt. Im 7. Jahrhundert fanden dann infolge der muslimischen Einfälle in Hocharmenien zahlreiche Übertritte und An- siedlungen der armenischen Clane auf romaeischem Boden statt. Die Sol- daten der armenischen Division waren großenteils nationalarmenische Söld- ner. Die armen armenischen Edelleute machten ihr Glück im griechischen Kriegsdienst, wie die Berner und Freyburger Patrizier im französischen. Zahlreiche Familien wurden so auf griechischem Boden seßhaft. Es gab in den meisten größeren Städten, wie heute, armenische Niederlassungen und Kirchengemeinschaften, so auch in Pergamon. Wir finden in Per- gamon ein hochvornehmes armenisches Geschlecht ansässig, das des Pa- trieius Nikephoros. Dasselbe gehört zur militärischen Aristokratie, zu den Familien, aus deren Mitte die höchsten Militär- und Zivilchargen besetzt wurden.” Nikephoros der Patrizier, der Pergamener, ist zweifellos identisch mit jenem Patricius Nikephoros, welcher 666 dem Kaiser Konstans die größten Dienste leistete. Saborios TTercorenäc (d.h. ein aus Persarmenien gebür- tiger Offizier) mit dem wichtigen Grenzkommando der armenischen Division betraut, war abgefallen und hatte durch seinen Legaten (cTPATHAATHc) Sergios’ mit Muawija angeknüpft. Konstans vertraute die Führung des römischen Heeres, welches die Rebellion niederschlug, dem Patrieius Nikephoros an.’ ! Kirchengesch. II 22. 2 SETIANACTÄNTOC (sc. TOY EN XEPcanNI TA TIÖNEI KATOIKOYNTOC AAOY) AYT@ ("IOYCTINIAN®) KAI ÄNACOBHCANTOC KAT” AYTOY, KAl ®YPAHN ENBEWC ÜC ETYXE KAl AIXA TINÖC ENNÖMOY AOKIMA- CIAC TE KAl YHOICMATOC EIC BACINEA TIPOCTHCAMENOY KAI ÄNATOPEYCANTOC EZÖPICTON EKEICE TON TH- NIKAYTA AIA TIPÖ®ACIN TYPANNIAOC TENÖMENON BAPAANHN TOYNOMA, YION TETONÖTA NIKH- »6PoY TO TENOC TTEPFAMHNIoY TYrXANoNToc (Mansi TYrxAnonTa) Agathonis diaconi epi- logus bei Mansi XII 192. ® Wohl gleichfalls ein Armenier. Der Name Sargis ist bei Armeniern wie bei Syrern besonders häufig. * Theophanes zum Jahre 6159, S. 348 ff. Für die armenische Herkunft haben wir das ausdrückliche Zeugnis des hl. Nikephoros im Breviarium 44, 26, BAPAANHN APMEnNIoN TO FENEI. 6* 44 GELZER: Wahrscheinlich wurde Nikephoros an des gefallenen Rebellen statt mit dem armenischen Divionskommando betraut. Nikephoros’ Sohn war Bardanes', ein Mann, der eine ungewöhnlich glänzende Karriere machen sollte. Ein wohlunterrichteter Zeitgenosse, Agathon der Diakon und Kalligraph , welcher von den Akten der hl. sechsten oekumenischen Synode das Authenticum her- gestellt hatte, meldet uns in dem historisch ebenso wertvollen als sprachlich interessanten Anhange einiges recht Wichtige über das Vorleben dieses Bar- danes. In der Familie war erbliche Überlieferung das Festhalten am alten Glauben, welcher vor den durch die heilige sechste ökumenische Synode be- stätigten dogmatischen Neuerungen des heiligen Sophronios und des heiligen Maximos der allgemein katholische gewesen war. Es ist auch ganz glaubhaft, daß der vornehme junge Mann den religiösen Privatunterricht des Abtes Stephanos, eines Schülers des monotheletischen mutigen Bekenners, des Pa- triarchen Makarios von Antiochien, genossen habe.” Stephanos, einer der Wortführer des Monotheletismus, wurde auf dem VI. Konzil namentlich verdammt. Daß ihn der Patrieius Nikephoros als Hauskaplan in sein Palais zu Pergamon aufnahm, läßt tief blicken. Kaiser Konstans wußte wohl, warum er so energisch an der Einwillenlehre festhielt; dadurch hatte er die einflußreiche armenische Praelatur — den Katholikos Nerses an der Spitze, wie wir aus Sebeos wissen — völlig für sich gewonnen; Hoch- armenien, in die griechische Interessensphäre einbezogen, war ein hoch- wichtiges Bollwerk gegenüber der drohenden arabischen Invasion. Wie kraftvoll der Kaiser sein kirchlich-politisches Programm durchzuführen ver- stand, zeigt sein Verfahren gegenüber dem Papste Martin I. (649—-655) und dem heiligen Maximos. Wie gewaltig sein Auftreten auch im Westen imponierte, zeigt die vom orthodoxen Standpunkte aus als höchst bedenklich zu bezeichnende unbedingte Fügsamkeit der beiden Päpste Eugenius (654 bis 657) und Vitalian (657—672). Daß auch nach dem Umschwunge unter Konstantinos Pogonatos (630) zahlreiche hohe Dignitäre am alten Regierungsprogramm festhielten, dafür sind Belege eben das Haus des Nike- ! Die eigentliche Namensform ist Bardas (Mansi XII 195) im lateinischen Text, BAPraac (verschrieben BAnaa) im griechischen 196. ? PINIMMIKÖC ... EMBYTON EKTTANAI KEKTHMENOC OY MÖNON EK TIPOAABOYCHC FONIKÄC, DC ENnErE, AIAAXÄC KAl TTAPAAÖCEWC, ÄnNA Kal AlA TINOC ETIEICÄKTOY KAKOAIAACKAAIAC THN ENANTIAN TAYTHC TÄC ÄFIAC Kal OIKOYMENIKÄC EKTHC CYNÖAOY TIAMBEBHAON AIPECIN, @C OIA MACH- TEYBEIC KA BOITHCAC TIAIAÖBEN KATÄ KAIPOYC CTEGANW TÖ ABBA MAeHTA MakaAploy. Mansi XII 192. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 45 phoros und die vielen Beweise von Sympathie, welche sein Sohn, der Kaiser, bei seinem nachherigen Auftreten fand. fo] Bardanes wurde natürlich griechisch erzogen und erhielt den griechi- ! Er war sehr ehrgeizig und hochbegabt.’” Er hatte schen Namen Philippikos. auch fromme Freunde, Anhänger der Lehre des heiligen Dionysios Areo- pagites von dem einen gottmenschlichen Willen, welche in dem armeni- schen Militär aus Pergamon das erwählte Rüstzeug ersahen, um die Lehre der Gottlosen wieder von ihrem Herrschaftsthrone zu verdrängen. Die Legende bei Theophanes (381, 6ff.) ist für die Zeit und die Weltanschauung der damaligen Menschen so überaus charakteristisch, daß sie hier einen Platz verdient: »Bevor Philippikos den Thron bestieg, lebte in dem Kloster des Kallistratos ein mit der Prophetengabe geschmückter, aber häretischer Incelusus, welcher dem Philippikos, der daselbst seine Andacht verrichtete, sagte: »Dir ist der Kaiserthron bestimmt.« Philippikos entsetzte sich; doch der Inclusus sagte zu ihm: »Wenn Gott es befiehlt, was widerstrebst Du? Das aber sage ich Dir, daß die sechste Synode vom Übel war. Wenn Du nun Kaiser wirst, erkläre sie für ungültig und Dein Reich wird mächtig sein und lange Dauer haben.« Und er verpflichtete sich mit einem Eide dazu, dies zu tun. Als nun Leontios an Justinians Stelle (695) Kaiser geworden war, pilgerte Philippikos zu dem Inelusus. Doch dieser sprach: »Übereile Dich nicht, es wird tatsächlich geschehen.« Als dann Apsimaros Kaiser ward (698), pilgerte er nochmals zu ihm, und wiederum sagte er ihm: »Übereile Dieh nicht, die Herrschaft harrt Deiner.« Doch Philippikos vertraute das Orakel einem Freunde an, und. derselbe machte dem Kaiser Anzeige davon. Dieser ließ ihn geißeln und scheren und in Ketten nach Kephallenia schicken. Erst Justinian, als er zum zweiten Male Kaiser ward (705), begnadigte ihn und rief ihn aus dem Exil zurück«. Eine andere Quelle? erzählt, daß der Kaiser ihn wegen revolutionärer Träume habe ! Mansi XII 192. ® Der ihm äußerst feindlich gesinnte mönchische Geschichtschreiber gibt sogar zu: Kal EN MEN TAIC AIANANIAIC AYTOY AÖFIOC Kal EXE®Pw@N EAOFITETO, setzt aber dann in der Art dieser Leute hinzu: EN AE TAIC TIPAZECIN AYTOY ÄCEMNWC KAl ANIKÄNWC TON BION AIATEAÖN TIÄNTH AAÖKIMOC EAEIKNYTO. Theoph. 381, 28ff. Als Soldat mit der kaiserlichen Stirnbinde bekleidet, verstand er das Sparschatzsammeln so wenig, als einst Tiberios, der Nachfolger Justins 11. Über fleischliche Vergehen orthodoxer Fürsten urteilen die Männer der Kirche bekanntlich ungleich nachsichtiger als über die von Haeretikern. ® Theophanes 372, 8. 46 GELZER: exilieren lassen; er träumte nämlich daß sein Haupt von einem Adler be- schattet werde. Justinian II., der letzte Herrscher aus dem durch Gene- rationen schon erblich belasteten Hause des Herakleios, war nach seiner Wiederherstellung (705) in den vollendeten Cäsarenwahnsinn verfallen, der sich in einem nur mit den Greueln Iwan des Schrecklichen vergleichbaren Blutdurst und einer unersättlichen Mordlust offenbarte. Indessen die da- maligen Griechen nahmen die Wahnsinnsakte des gottgesalbten Wüterichs durchaus nicht mit stummer Ergebenheit hin. Die Stadt Cherson, wo noch alter hellenischer Bürgersinn lebte und welche unter dem Wüten des wahn- sinnigen Monarchen besonders schwer gelitten hatte, erhob sich; das grie- chische Heer, das sie bestrafen sollte, mit seinen Offizieren schloß sich jubelnd an. Unter diesen waren die fähigsten der Spatharios Elias und Philippikos Bardanes. Die Bürger von Cherson und der übrigen griechi- schen Kastra der Krim riefen den Philippikos als Kaiser aus. Allein Justi- nian spannte jeden Nerv an; eine neue Flotte fuhr nach Cherson; der ganze Belagerungsapparat des Kaiserlichen Arsenals wurde dem kommandierenden Patrieius Mauros übergeben. Dieser hat mit der größten Energie die Be- lagerung geführt; zwei Türme waren gefallen, als die Chazaren, zu denen Philippikos geflohen war, intervenierten. Auch die neue Flotte machte ihren Frieden mit den Aufständischen: Philippikos fuhr nach Konstanti- nopel und rottete Justinians Geschlecht aus. So saß nun der pergame- nische Armenier (711—713) auf dem Throne Konstantins. Sein erstes war die Wiederherstellung des alten Glaubens. »Zur Herrschaft gelangt, ver- sammelte er einen Pseudosynodos von Bischöfen nach dem Worte des Pseu- dabbas und Inclusus und kassierte die heilige und ökumenische sechste Synode.« Die bedeutendsten Reichsbeamten und die hervorragendsten Prä- laten stimmten dem Glaubenswechsel freudig bei; unter ihnen war Johannes, der bisherige xaPToeYAAz To? oikonoMeiov, welcher an Stelle des von Justinian eingesetzten Mönches Kyros den Patriarchat erhielt', ebenso der heilige Ger- ! Ursprünglich hatte Philippikos einen energischen Anhänger seiner Glaubensansicht auf den Patriarchatsthron erheben wollen; allein der Klerus von Konstantinopel setzte die Wahl seines Chartophylax durch. Johannes selbst erzählt dies in seinem Briefe an Papst Constantinus. "ErKATACTÄCAI BOYAHBEIC EIC TÖN TÄC ÄPXIEPWCYNHC EPÖNON ANAPA OYK EK TOY EKKAHCIACTIKOY HMÖN CYANOTOY TYFXÄNONTA, TÄC A& OIKEIAC EK AIACTP6BOY TNWMHC ÖMÖBPONA, ömwc TA TOY KAo” HMAc EYAroYc KAHPOY ÖPMÄ KAI ENCTÄCEI BIACBEIC, TIPOHFTATEN HMAC OY TIPOCAO- KÖNTAC, OY BOYAOMENOYC, OYK ÄTIABÖC TE KAl ÄBAPÜC KAl AIXA TIANTÖC ÖAYPMOY TO TOIOYTON YTIO- MEINANTAC* TIPÖC THN TÄC ÄPXIEPWCYNHC HXEHMEN ÄEIAN KAl KOPY®HN ... ÖTTEP KAl €® HMIN TIÄC TIC Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 47 manos, der Metropolit von Kyzikos und spätere Patriarch, ferner Andreas von Kreta, einer der gefeiertsten Kanzelredner der damaligen Epoche. Vor seinem feierlichen Einzug in den Kaiserpalast ließ er das in der großen Vorhalle desselben befindliche Bild der heiligen sechsten ökumeni- schen Synode entfernen." Er erklärte feierlich, vorher das kaiserliche Palais nicht betreten zu können. Ebenso ließ er’ die Namen der von derselben Synode verworfenen und verfluchten heiligen Kirchenlehrer, Honorius von Alt-Rom und Sergios von Neu-Rom, sowie die Namen ihrer bedeutendsten Anhänger wieder in die Diptychen eintragen und regelmäßig verkündigen. Auch ihre Bildnisse als die von Lehrern der Wahrheit wurden wieder an ihren Ort gebracht. Das von Agathons Hand geschriebene Authentikum der Synodalakten wurde nach einigem Suchen im Palastarchiv gefunden und den Flammen übergeben. Agathon erzählt von einer Verfolgung »vieler frommer und rechtgläubiger Männer«, welche der armenische Kaiser mit Exil bestrafte. Merkwürdig ist, daß er keinen einzigen Namen anzugeben weiß. Offenbar hat die große Mehrheit der asiatischen Griechen — das europäische Griechenland war großenteils slawisiert — die Maßnahmen des Kaisers mit Jubel aufgenommen; jedenfalls haben die Heiligsten und Gelehrtesten, die nachher noch eine große Rolle spielten, ihm zugestimmt, während die glorreichen Bekenner des wahren Glaubens auch nach der Her- stellung der Orthodoxie im Dunkel verharrten. In entschiedene Opposition KABOPÖN — OY TÄP TÜN EN IEPAPXAIC TIPETIWAECTÄT@N KAI ÄPMOAION EN MENETH ÄMEN TIOTE, A TO TIEPI- @ANEC EN TAIC EKKAHCIACTIKAIC KEKTHMENOI ÄZIAIC, MÖNH TH YTIHPECIA TÖN MYCTHPI@N ÄAIANEITTOC CXONAIONTEC — OYK ATIICTON HFHCETAI TO TIEPI TOYTOY TÄC HMETEPAC TNWMHC ÄBEAHTON, AYTO TO MAPTYPION TÄC CYNEIAHCEWC HMÖN, OTIEP KAYXHMA EAYTOY Ö BEloc AMÖCTONOC AlwPicaTo (II.Kor.ı,12) TIPOBANNOMEN@N HMÖN EIC TIAPACTACIN ÄNHBEIAC TÖN EE HMÖN neromenon. Mansi XII 197. Ich glaube nicht, daß Johannes geradezu gelogen hat. Er war ein ehrgeiziger und schwacher Mann, ungefähr wie Papst Vigilius. Er schämte sich nachträglich seiner Erniedrigungen und krummen Wege. Voll Entrüstung sagt er daher von Philippikos: »Als seine neue Ordnung den Umsturz aller kirchlichen Ordnung einsetzend, ging er schwanger und beeilte sich, den Basilisken zu gebären. den Sprößling der Schlange, des Bösen von Anfang an.« Solche Äußerungen waren eigentlich gegenüber dem Manne, der ihn aus dem Nichts er- hoben, nicht sehr schön. Wir glauben ihm aber aufs Wort, wenn er (Mansi XII 200) berichtet, die um Philippikos hätten bereits davon gemurmelt, man müsse auch das Konzil von Chalkedon kassieren. Der Kern der damals herrschenden Monotheletenpartei waren fromme Armenier und Östländer. Diese Offiziere mochten von Theologie wenig verstehen, aber das hatten sie mit der Muttermilch eingesogen, daß jeder Rechtgläubige die Versamm- lung von Chalkedon und den Tomos des Papstes Leo mit Abscheu verfluchen müsse. ! Für dieses und das Folgende Agathons Bericht bei Mansi XII 192. 48 GELZER: trat nur der Westen ein." »Vier Monate nach der Rückkehr des Papstes Constantin aus Griechenland erscholl die traurige Kunde, daß der aller- ehristlichste und orthodoxe Kaiser Justinianus ermordet worden sei. Der Ketzer Philippikos ward in der Kaiserburg gekrönt.« Aber das römische Volk, welches durch ein Bild der sechs Synoden seine Rechtgläubigkeit bewährt hatte, beschloß, keine Urkunden, die den Namen, und keine Gold- stücke, die das Bildnis des Usurpators trugen, anzunehmen. Sein Name wurde bei der Messe nicht mehr genannt. Es kam zum Bürgerkriege, den erst Philippikos’ Sturz beendigte. Philippikos war ein tüchtiger Regent. Seine römisch gesinnten Lands- leute, die Emigranten aus Hocharmenien, nahm er massenhaft in den Divi- sionsverband des Thema Armeniakon auf und siedelte sie als Grenzer in den Kleisuren Melitenes und des sechsten Armeniens an’, um so das Reich gegen die arabischen Invasionen zu schützen. Doch das seit 20 Jahren an unaufhörliche Pronunciamentos gewöhnte Heer war nicht zu bändigen. Die römischen Waffen wurden vom Unglück verfolgt. 712 fielen Ama- seia und zahlreiche Burgen der pontischen Landschaft, ebenso das feste Mistheia im Thema Anatolikon in die Hände der Araber, und die Bulgaren, oder, wie man damals sagte, die Unnuguren verheerten ganz Thrake und plünderten bis vor die Thore der Hauptstadt, die Schlösser und Pracht- villen des Stadtgebietes ausraubend. Mit herrlicher Beute und zahllosen Gefangenen beladen, zogen sie ungehindert ab. Warum? Weil die meuternde Kaisergarde den Gehorsam verweigerte. Das folgende Jahr nahmen die Araber Antiocheia in Pisidien. Der unglückliche Kaiser fiel am Sabbat vor Pfingsten 713 einer Verschwörung zum Opfer, an deren Spitze zwei Divi- sionskommandeure (Patrieii) standen, der Komes des Opsikions und der Ober- befehlshaber des Thema Thrake. Er wurde geblendet und verschwand vom Schauplatz. Der unmittelbar folgende kirchliche Umsehwung und der Haß der Geistlichkeit haben aus dem tapfern und braven, den furchtbar schwierigen Verhältnissen allerdings nicht völlig gewachsenen Regenten ein Ungeheuer gemacht. Indessen eine unbefangene Prüfung wird zu einer wesentlich an- deren Auffassung betreffs des vielverkannten Kaisers aus Pergamon gelangen. ! Gestorum pontif. Roman. vol. I ed. Th. Mommsen S. 224 ft. ® Bezeichnend für den hämischen Ton seiner geistlichen Berichterstatter ist Theophanes’ Notiz zu 711/12 (382, 6 ff.): TOYTo T& Ereı Pinimmköc ToYc Apmenlovc TÄC EAYToY rAc EzenA- cac (!) MEnITHNHN Kal THN TETAPTHN APMENIAN OIKÄCAI HNÄTKACEN. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 49 XI. Die Expedition des Maslama und die Katastrophe von Pergamon. Das byzantinische Reich war infolge der zwanzigjährigen Anarchie, des unaufhörlichen Regentenwechsels und der in immer neuen Pronunzia- mentos zum Ausdruck kommenden völligen Unbotmäßigkeit seiner Armee an den Rand des Abgrundes gekommen. Die Araber meinten nun, der Zeitpunkt sei nahe, wo das durch Bürgerkriege zerfleischte und von Thron- revolutionen zerrüttete Land eine leichte Beute ihrer Reiterscharen werden könnte. Unter der kraftvollen Regierung des Tiberios (698—-705) hatte sein höchst fähiger Bruder Herakleios, dem er mit dem Range eines Feld- marschalls' das Oberkommando über sämtliche Reiterdivisionen des Ostens übertragen hatte, in Kappadozien den Grenzdienst überall in Ordnung ge- bracht und die die Pässe behütenden Grenzburgen (KreicoYPpaı) mit neuen Besatzungen versehen, um so den Arabern eine Wiederholung ihrer Razzia von 697 unmöglich zu machen. 699/700, während noch der Bürgerkrieg in Horasan wütete, durchzogen die römischen Reiterregimenter Syrien und kamen bis nach Samosata; aber im folgenden Jahr fielen wieder die Araber ins Römerreich ein und befestigten Msıs (Mompsuhestia) als Grenzburg, das von jetzt an in dem Glaubens- und Rassenkrieg eine große Rolle spielt. 701/2 hatten die Araber Armenia IV besetzt. Die armenischen Fürsten” riefen Rom um Hülfe gegen Abd-al-Maliks Feldherrn Muhamed und dessen Invasionsarmee; allein die Griechen wurden geschlagen und die armenischen Fürsten als intellektuelle Urheber des Krieges traf der ganze Grimm des arabischen Generals. Die furchtbare Katastrophe blieb lange im Gedächtnis der Griechen und Armenier haften.” Die armenischen Edelleute, mit Aus- nahme der Fürsten, wurden in die Kathedrale von Nahdzuan (Nakhchivan) eingeschlossen und diese angezündet. Unter lauten Gebeten hauchten die noch heute als heilige Märtyrer verehrten Unglücklichen ihre Seelen aus. Die Fürsten hatte man nur aufgespart, um ihnen unter der Folter mög- 1 "HPAKNEIÖN TE, TON TNÄCION AYTOY AAENGÖN, WC AIAN IKANDTATON, MONOCTPATHTON TIAN- TON TÖN EEW KABAANAPIKÖN BEMAT@N TIPOBANÖMENOC ET TÄ MEPH KATITTAAOKIAC KAl TÖN KAEICOYPÖN AIATPEXEIN KAl THN KAT” EX8PÖN TIOIEICBAI PPONTIAA TE KAl AIOIKCHCIN AriecTeinen. Theoph. 371, 9—13. 2 CarPArrAl bei den Griechen, arm. Nahararkh. ® Theophanes zum Jahre 6195 S.372. Eevond der Priester, Ausgabe von K. Ezeane S. 33 ff. (Übersetzt von Garabed V. Chahnazarian S. 32 ff.) Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. -1 50 GELZER: lichst hohe Loskaufsummen abzupressen; als dies erreicht war, schmückten Galgen alle benachbarten Anhöhen, an denen bald die erlauchten Sprossen der Bagratunier, Arerunier, Amatunier und zahlreicher anderer Fürsten- häuser hingen. »Alle diese Männer verloren ihr Leben, und das Land wurde seiner Satrapen beraubt«, sagt Levond der Priester." In dieser schweren Zeit war Herakleios »der Feldmarschall« der Retter der Christen. Bereits in dem Jahre 702/3, »wo die armenischen Großen an einem Orte versammelt und bei lebendigem Leibe verbrannt wurden«”, schlug und ver- nichtete Herakleios in Kilikien nach Theophanes eine gewaltige arabische Armee. Zum folgenden Jahre 6196 (= 703/4) berichtet er, daß, als die Muslimen Sis, die spätere Residenz der Rubeniden, belagerten, Herakleios einen glanzvollen Sieg erfocht. Er soll eine Armee von 12000 Arabern vernichtet haben. Es scheint, daß Theophanes dasselbe Ereignis zweimal unter verschiedenen Jahren erzählt.’ So derb gezüchtigt, hielten die Ungläubigen jahrelang musterhafte Ruhe. Indessen diese trefflichen Verhältnisse änderten sich, sobald der geistesgestörte Legitime' wieder den Thron bestieg. Sein unmenschliches Wüten hatte gerade die Armee und vor allem die mit dem Araberkrieg so vertrauten Reiterregimenter und ihr glänzendes Offizierkorps getroffen, und mit undisziplinierten Bauernhaufen konnte man der blitzschnell ein- brechenden arabischen Reiterarmee nirgends standhalten. Jahr für Jahr verzeichnet nun die Chronik neue Razzias, deren Schauplatz der unglück- selige Osten Kleinasiens ist. Die Verwirrung war zu groß im Romaeerreich, als daß auch Justinians Nachfolger, Philippikos, ihr hätte steuern können. Wir haben gesehen, wie unter ihm bereits eine Reihe wichtiger, schon mehr im Zentrum gelegener Punkte (Amaseia — Mistheia — Antiocheia in Pisidien) in die Gewalt »der gottgeschlagenen, ungläubigen Agarener« fallen. Diese Razzias wurden systematisch betrieben; allen Ernstes gingen die Muslime darauf aus, den Osten, die Kraft des Reiches, wirtschaftlich ! A.a.0. S.35, Chahnazarian S. 33. ® Dies ist der offenbar auf Hörensagen beruhende ungenaue griechische Bericht. Theo- phanes 372, 17. ° Theophanes 372, 23, vergl. J. Wellhausen, die Kämpfe der Araber mit den Ro- maeern in der Zeit der Umaijiden. Nachrichten der Königlichen Gesellschaft der Wissen- schaften zu Göttingen, phil.-hist. Klasse 1901, Heft 4, S. 21 des Separatabzugs, Note ı. * Justinian II. zum zweiten Male 705— 711. Pergamon unter Byzanlinern und Osmanen. Sl völlig zu ruinieren. Ein höchst anschauliches Bild von der zur förmlichen Methode ausgebildeten Betriebsweise dieser blutigen und für die Araber ergebnisreichen Raubzüge gibt uns ein Schriftsteller des folgenden Jahr- hunderts: Kodama ibn Gafar al-Katib (der Sekretär) al-Bagdadı. Sohn eines Christen, legte er das Glaubensbekenntnis in die Hände des Chalifen Muktafi (289—295 d. H. = 901/2 bis 907/8) ab und starb 337 d.H. (948/9)." Sein außerordentlich wertvolles, von Kremer stark benutztes und durch de Goeje” uns zugänglich gemachtes Werk: der Kitab al-Haräg »das Buch von der Besteuerung«® wurde bald nach 316 d. H. (928/29) von ihm verfaßt.‘ Nachdem Kodama eine höchst wertvolle Übersicht der Präsenzstärke sämtlicher römischer Divisionen gegeben hat, fährt er fort’: »Wir wollen nun einen unserer Einfälle (Razzias) in das Feindesland be- schreiben, damit sich der Leser davon eine deutliche Vorstellung machen kann. Die Kampagne, welche die größten Anforderungen an die Leistungs- fähigkeit der Truppe stellt, ist nach dem Urteil aller in diesen Dingen wohlerfahrenen Grenzlandanwohner die sogenannte Frühlingskampagne. Sie beginnt am ıı. Aıjar (Mai), nachdem die Pferde im Frühjahr auf die Weide gelassen und wohlgenährt sind: sie dauert 30 Tage, d.h. den Rest des Aıjar und zehn Tage des Hazıran (Juni). Während dieser Zeitdauer trifft man im römischen Lande sehr reichliches Weidefutter an, so daß die Pferde gleichsam eine zweite Frühjahrssaison durchmachen. Bei der Rück- kehr bringen die Soldaten 25 Tage, d.h. den Rest des Hazırän und fünf Tage des Tammuz (Juli), damit zu, ihre Tiere zu pflegen und fettzumachen. Darauf vereinigt man sich zur Sommerkampagne, welche am ı1. Tammuz beginnt und 60 Tage dauert. Bezüglich der Winterkampagne sind alle erfahrenen Leute darin einig, daß im Falle ihrer Notwendigkeit man sich sehr hüten muß, zuweit ins ! de Goeje in dem Note 2 erwähnten Werke preface S. XXI. ? Bibliotheca geographorum Arabieorum, ed. M.J. de Goeje. Pars VI. Kitäb al- masälik wa’l mamälik auetore Abu’l- Käsim Obaidallah ibn Abdallah Ibn Khordädhbeh; ac- cedunt excerpta e kitäb al-Kharädj auctore Kodäma ibn Dja’far. Lugduni-Batavorum apud E. 1. Brill 1889. ° Genauer: »Le livre de l’impöt et de l’art du seeretaire« de Goeje, a.a.O. p. XX11. * de Goejes Ausgabe basiert auf der einzigen bekannten Handschrift der Köprülü- Bibliothek in Konstantinopel, von der Schefer eine Kopie besaß und de Goeje zur Be- nutzung überließ. Diese Kopie hat Legationsrat Dr. Gies, erster Dragoman der Deutschen Gesandtschaft, mit dem Original noch einmal verglichen. ° de Goeje p.199. 52 GELZER: Land vorzudringen, sondern daß man sich auf eine Kampagne von 20 Tagen, Einfall und Rückzug inbegriffen, beschränken muß; so kann jeder Soldat die nötige Fourage auf sein Pferd selbst aufladen. Außerdem muß man sie in den letzten Tagen des Sabat (Februar) und der ersten Hälfte des Adar (März) unternehmen; denn in dieser Zeit trifft man den Feind, Mann- schaft und Pferde, in dem Zustande der größten Schwäche, während die Herden dort gerade sehr stark sind. Dann aber muß unsere Truppe sich mit der Heimkehr beeilen, damit sie wieder ihre Tiere auf die Weide lassen kann.« Man sieht, mit welcher sorgfältigen Aufmerksamkeit der arabische Generalstab auf den Jahreszeitenwechsel achtgab, der in den unter ver- schiedenen Breitegraden gelegenen kleinasiatisch-römischen und den arabi- schen Landschaften (e$-Säm, al-Gezire, Urdun, Filistin) ein teilweise grund- verschiedener war. Im Mai und Juni, bemerkt Kodama, werden in Kappa- dozien und Armenien Wiesen und Weiden grün; in Palästina pflegte man bereits beim Osterfest zum unblutigen Opfer reife Ähren auf den Altar zu legen.' Bereits unter Abd-al-Maliks Sohn Walıd (705 —-715) hatten die Araber wieder die Offensive ergriffen. Vor allem aber sein sehr tüchtiger Nach- folger Sulaiman (7 15—7 17), ein echter Sohn Omaijas mit dem ganzen Unter- nehmergeist, der Energie und der Rastlosigkeit seiner altaristokratischen Familie, nahm den Glaubenskrieg wieder kraftvoll in Angriff.” In erster Linie suchte er die Pläne seines Großvaters aufs neue zu verwirklichen. Eine gewaltige Armada wurde ausgerüstet, damit die Belagerung »der gottbehüteten Residenzstadt« zu Wasser und zu Lande beginnen könne. Die aegyptische Flotte wurde nach Phoenizien geschiekt zum Zweck, auf den dortigen Werften aus dem am Libanon gefällten Zedern- und Zypressen- ! Syncell. p. 273, 3. ® Die Genealogie der Söhne Omaijas, soweit sie für die Expedition gegen Pergamon in Betracht kommt, ist folgende: Mu’awija, Chalif. Jazid, Marwän, Chalif. Chalif. Abd-al- Malik, Chalif. m Walid, Sulaiman, Maslama. Chalif 7715. Chalif 715 — 717. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 93 holz neue Dromonen zu bauen. Kaiser Anastasios I., von diesen Plänen unterrichtet, gab den Karabisianen (der griechischen Flotte) Befehl, sich in Rhodos zu sammeln und von dort nach Phoenizien zu fahren, um die Arsenale und das sämtliche auf den Schiffswerften befindliche Material zu verbrennen. Aber die vornehme Gardetruppe des Opsikion, welche als Besatzungsmannschaft auf der Flotte war, hatte keinen Respekt vor dem geistlichen Admiral, dem Diakonus Johannes von der Sophienkirche; sie verhöhnte ihn als TTarAc “lwannäkıc. Als er in Rhodos vor versammeltem Kriegsrat die versiegelte kaiserliche Ordre eröffnete, kam es zu einem Pro- nunziamento der Gardeoffiziere; der improvisierte Admiral fiel durchs Schwert; die ganze Flotte schloß sich an. In Adramytion (Edremid) fiel ein unglück- licher Obersteuerrat Theodosios in ihre Hände; er wurde 715 sehr wider seinen Willen zum Kaiser gepreßt. Das aufständische Gardekorps, dem sich eine nur hiergenannte Brigade, die Gotthogräken', anschloß, gewann die Hauptstadt durch Verrat und hauste sehr übel darin. Anastasios II. dankte ab und nahm das Mönchsgewand. Indessen nur ein Jahr und drei Monate herrschte der Kaiser wider Willen. Wie einst nach Galbas Er- mordung und in den Wirren nach Commodus’ Tode erkannten auch dies- . mal die wetterfesten, wohldisziplinierten Feldregimenter die Revolution der liederlichen Gardesdukorps nicht an. Leon, der Divisionskommandeur des Thema Anatolikon und sein späterer Eidam, der Arsakidenprinz Arta- vasdos, der Divisionskommandeur des Thema Armeniakon, hielten vor- läufig am gestürzten Kaiser fest, dem sie ihre Kommandos verdankten. In diesem überaus kritischen Momente, wahrscheinlich bereits im Sommer 715”, unternahm Maslama (Macanmäc der Griechen), der Oberfeldherr des Chalifen, seine große Expedition gegen Konstantinopel. Er schickte seine beiden Unterfeldherren Sulaiman (CovreimAn) auf dem Landwege, Umar ibn Hubaira (OYmaroc) auf dem Seewege voraus, während er selbst mit einem großen Belagerungstrain langsamer nachfolgte. Sulaiman legte sich vor Amorion in Phrygien, die Hauptstadt des Thema Anatolikon, wo der Di- ! ToyYc Toteorraikorc 'Theoph. 385, 29; 386, 6. ?2 Wellhausen, a.a.0.$.27 und 29 zeigt, daß die bisherige, auf dem schwankenden Fundament des Theophanes aufgebaute Chronologie nach den arabischen Angaben um ein Jahr verrückt werden muß. »Man darf an den ganz zuverlässig und genau überlieferten Daten für die Todesjahre der Chalifen nicht rütteln.«e Demnach beginnt Maslamas Expedition bereits Sommer 715 und Leon Ill. wird Frühling 716 (nicht 717) zum Kaiser proklamiert. 54 GELZER: visionskommandeur Leon seinen Sitz hatte. Dieser wurde völlig über- rascht; die wichtige Festung hatte fast keine Besatzung. Der schlaue Araber begrüßte Leon als Kaiser, und die Bürgerschaft von Amorion folgte mit Begeisterung dem Beispiel der Sarazenen. Sulaiman versuchte nun mit Leon als dem anerkannten Regenten zu paktieren. Allein der schlaue Syrer durehschaute die Pläne des arabischen Generals, der unter dem Scheine der Freundschaft sich seiner Person zu bemächtigen versuchte. Er vergalt Tücke mit List, und durch überaus kluge Maßregeln und Märsche, welche der von Patriotismus glühende Chronist! in der rauhen Soldatensprache seiner Quelle erzählt, wußte er nicht allein eine starke Entsatzarmee in die bedrohte Reichsfestung zu werfen und alle nicht waffenfähige Be- völkerung aus dieser in Sicherheit zu bringen, sondern auch selbst nach Pi- sidien zu entwischen.” Maslama, der unterdessen ebenfalls mit dem Haupt- korps die kilikischen Pässe passiert und in Kappadozien eingebrochen war, wurde aufs höchste erbittert, als er das Mißlingen des Handstreichs auf Amorion vernahm; er versuchte mit Leon scheinbar zu paktieren; allein dieser an Schlauheit dem Araber noch überlegen, zog durch Pourparlers die Verhandlungen in die Länge. Mittlerweile war Maslama vom lykao- nischen Masalaeon® aus über Theodosiana immer weiter im Thema Anato- likon vorgerückt. Der Futtermangel in dieser öden Gegend zwang sein ungeheures Heer, unaufhörlich seinen Standplatz zu wechseln, bis er nach Akroinon gelangte. Inzwischen hatte sich Leon Ende 715 oder Anfang 716 durch einen Handstreich des wichtigen Nikomedeia bemächtigt, und den daselbst kommandierenden Cäsar zum Gefangenen gemacht. Theo- dosios, längst des Purpurs überdrüssig, hielt Rat mit dem Patriarchen und dem Senat, dankte ab und nahm mit seinem Sohne das Engelskleid. Leon III. der Isaurier wurde nun feierlich auch von der Hauptstadt als Kaiser (716 —741) anerkannt. ' 'Theophanes 386 ff. zum Jahre 6208 (715/16). Die Quelle ist wohl in letzter Linie der Rapport der anatolischen Divisionskanzlei an die Zentralregierung über die Vorgänge bei Amorion. 2 °O A& CTPATHrOC NIKAlAN TON TOYPMAPXHN META @ CTPATIWTÖN EICHNEFKEN EIc TO AM&PION EKBANÜN KAI TÄ TINEICTA TYNAIKÖTIAIAA. Theoph. 388, 27. AnnA Kai xinioi (ist 388, 28 © aus ‚A verdorben?) TAZATOI CYN T@ TOYPMAPXH Ekel EICÄNBON" TIÄCAN AC YIIAPEIN TÖN EKeice KAl TÄC ÄTIÖPOYC ®AMINIAC EEHFATE TON Ekel. Thieoph. 389, 27. ® Macanaiöc oder MAacanaion nach Ramsay, Macanaıön nach de Boor, was wohl das Richtige ist. Über die Lage Ramsay, The historical geography of Asia Minor, p. 356. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 55 Maslama, dessen Hauptplan vollkommen gescheitert war, überwinterte in Asien! und zwar, wie Ibn Hordad-beh des genaueren berichtet, in Ephesos, das er also erobert hat. »Tarkasıs (Thema Thrakesion) enthält die feste Stadt Afsıs (Ephesos) in dem Distrikt al-Awası, und vier andere feste Plätze. Afsis ist die Stadt der Leute der Höhle.” In der Moschee’ dieser Stadt zeigt man eine arabische Inschrift zur Erinnerung an den siegreichen Einzug Maslamas in das Land der Römer (al-Rüm).«' Von hier aus bereitete er seine Expedition gegen Pergamon vor; nach verzweifelter Gegenwehr fiel die wichtige Festung in Maslamas Hände. Es wird uns schwer, uns in die von der unsrigen so grundverschiedene Denkweise der damaligen Menschheit hineinzuversetzen. Nur wenn wir nicht vergessen, daß die damaligen Romaeer in der furchtbaren, nerven- zerrüttenden Aufregung einer beständigen Todesgefahr lebten, kann man die grauenhaften Vorgänge in Pergamon verstehen und demgemäß nach- sichtiger beurteilen. Die damalige östliche wie westliche Christenheit lebte und webte, wie das unter den furchtbaren Ereignissen des beginnenden 8. Jahrhunderts nur zu begreiflich ist, ganz in apokalyptischen Gedanken. Müsa hatte eben das glänzende Westgotenreich zerschmettert, und Ost-Roms gottbehütete Hauptstadt, der Sitz des christusliebenden Romaeerkaisers, schien ebenfalls in die Hände »der Söhne Belials, der gottgeschlagenen Agarener« zu fallen. Waren das nieht jene geheimnisvollen Reiterscharen, die in den letzten Zeiten vor dem Gericht vom Euphrat herkamen und Verderben über den ganzen Erdkreis brachten, wie der heilige Schutzpatron der Provinz Asia, Johannes der Theologe, mit klaren Worten geweissagt hatte? Eine Stimmung, wie die Juden zurzeit der Zerstörung Jerusalems und des hei- ligen Tempels, oder wie die West-Römer zurzeit der Völkerwanderung sie empfanden, hatte damals weite Kreise in Ost-Rom ergriffen. Man sah in den Ismaäliten die Vorläufer des Antichrists. Eine ähnliche hochgradige Verzweiflung hatte die Weltstadt Rom 408 ergriffen, als Alarichs wüste Gotenhaufen, Tod und Verderben drohend, vor der Mauer Aurelians sich gelagert hatten. Auch damals hatten die Bürger in ihrer Not und Ver- 1 °O A& MacanmAc KATENEON Eic AcIaN EKEi TIAPEXEIMACEN, Kai OYMAPoc En Kınıkla. Theoph. SIERT: ®2 Der sieben Schläfer. 3 Die Metropolitankirche von Ephesos, das Theologion. 4 Bibliotheca geographorum Arabicorum ed. M. J. de Goeje VI p. 78. 56 GELZER: zweiflung zu den heidnischen Phylakterien und Beschwörungsmitteln der schwarzen Magie gegriffen, und Papst Innocenz I. soll sein “tolerari posse’ ausgesprochen haben. So erklärt sich die Stimmung der von Gott und der Welt verlassenen Bürgerschaft von Pergamon, welche, als die zahllosen Reiterscharen Maslamas von den umliegenden Höhen sich in das Kaikos- tal ergossen, von einem an Wahnsinn grenzenden patriotischen Fanatismus ergriffen ward. Mit sichtlichem Grauen meldet der sonst so kühle Chronist, der heilige Theophanes': »Maslama zog nach Pergamos und lagerte sich vor der Stadt und durch Gottes Zulassung nahm er sie ein infolge von Satans Wirken. Denn auf den Rat eines Magiers hin haben die Pri- maten der Stadt ein schwangeres Weib, das unmittelbar vor der Geburt stand, genommen, und ihren Leib aufgeschnitten. Sie faßten das Kind, kochten es in einem Kessel, und in dieses gottverfluchte Heidenopfer tauchten alle zum Kampf begeisterten die Ärmel ihrer rechten Hand, und dadurch wurden sie den Feinden überantwortet«. Es handelt sich offen- bar um ein schauerliches Opferritual, das die zum letzten Kampf sich wappnende und bereits dem Tod geweihte Streiterschar mit einer Art Berserkerwut erfüllen sollte. Da das Mittel nicht anschlug, sah der Chronist, wie üblich, in der Katastrophe von Pergamon eine göttliche Strafe für den dort verübten, namenlosen Greuel. Neben Theophanes ausführlichem Berichte kommt der heilige Nike- phoros in seiner »kurzgefaßten Chronik« noch in Betracht, der aber aus derselben Quelle mit Theophanes schöpft”: "O a& T@n CAPAaKHNÜn AAdC TIAEICTA TON PwmAlwn KABENWN TIOAICMATA KATANAMBÄNEI THN TTEPFAMON KANOYMENHN TIÖNIN, Kal HAH TÄC TIPÖC AYTHN TIONIOPKIAC EIXONTO. KAI TAYTHN AIPOYCIN € AITIAC TOIÄCAE. EK TINOC AAIMONIKÄC ETTINOIAC Ol THC TIÖNEWC ENAON TIPWTOTÖKON KÖPHN AABÖNTEC ETKY- MONOYCAN KAl HAH TIPÖC TO TEKEIN EFFILOYCAN, KAl TAYTHN TE ANETEMON Kal TO EN AYTH BPE®OC ÄPANTEC EIT| AEBHTOC YAATI EYoFcın, €® OY Oi TIPOC TO TIOREMEIN Tolc EXBPOIC TTAPECKEYACMENOI TÄC XEIPIAAC TÜN ACEIWN XEIPÖN KATEBÄTITICAN. EKEIBEN TE TA € ÖPFHC TOY GEOY KATENÄMBANEN" Al TÄP XEIPEC EWÄTITECHAI OTIAOY AIEIPFONTO, KAi ÄTIPAKTOYNTWN Ol TIONEMIOI THN TIÖNIN EINON AMAXHTI. Um so wichtiger sind die Nachrichten der orientalischen Quellen.” 1 ?2 Nicephori breviarium S. 52, 8 de Boor. ° Die Sammlung der arabischen Stellen verdanke ich der Liebenswürdigkeit meines Kollegen ©. Vollers. Brooks hat in sorgfältiger Weise die Stellen der arabischen Quellen Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 57 Die Syrische Chronik vom Jahr 846 meldet folgendes’: »And in the year 1027 Suliman assembled armies and workmen, and they went by sea and encamped in Asia; and they took two eities, Sardis (SRDI) and Pergamos (PRGM’), and other: fortresses; and they killed many men and led many into captivity; and the Syrians also who there they carried away and led them go in safety.« Dieser Bericht ist wichtig, weil er allein neben Abu’] Mahasin der Eroberung von Sardes gedenkt, und zwar geht diese zeitlich der Einnahme von Pergamon voran. Elias von Nisibis (gest. nach 1046 n. Chr.) entnimmt seinen Bericht dem arabischen Geschichtschreiber Huwarazmı (um 833 n. Chr.)?: »Jahr 97; begann am Donnerstag den 5 ’Ilül, 1026 gr. Z. In ihm zog Maslama ibn Abd el Melik in das Gebiet der Griechen und eroberte zwei Städte und drei Burgen. Huwarazmı.« Die arabische Quelle kennt natürlich nur das Jahr der Flucht. Dieses, 97 (beginnt 5. IX. 715), wird von Elias fälschlich dem Seleueidenjahr 1026 statt 1027 gleichgesetzt. Die beiden Städte sind Sardes und Pergamon. Sodann die Araber: Tabarı, der älteste Zeuge, berichtet I 1236: »In dem Jahre (93) machte Maslama ibn Abdelmelik einen Einfall in das Gebiet der Byzantiner und eroherte Masa und das eiserne Kastell, und Gazala und Bergama aus dem Bezirke von Malatia.« Es liegt nahe, bei Masa, welches Tabarı erwähnt, an Masalaion zu denken, das von Theophanes als Maslamas erste Station erwähnte Kastron.” Indessen diese Kombination ist unhaltbar. Der Parallelbericht des Ibn Whadich zum Jahre 93 (Brooks a. a.0. S.ı93) hat Amisija; es ist also Amaseia‘, was auch Theophanes zum Jahre 6204 (= 711; A. H. 93) be- stätigt: ToyTw T® Ereiı ... MacanmAc THN AmMmAcEIAN TIAPERABE CYN ÄNAOIC KA- CTEANIOIC Kal TIOANÄ AIXMANnÜCIA . ... Ömolwc Kal ol Apasec THN Miceeıan TIAPEAABON über die Raubzüge der Araber gegen Kleinasien zusammengestellt. Journal of Hellenie studies 1898, S. ı81ff., vergl. 193 und 195 Vergl. auch H. Weil, Geschichte der Chalifen I, S. 567 ff. »Die arabische Überlieferung ist wie gewöhnlich nur für Namen und Zahlen zu ge- brauchen.« Wellhausen a.a.O. 26. ! Brooks, A Syriac Chronicle of the year 846. ZDMG. 51, 1897, p. 583- ®2 F. Baethgen, Fragmente syrischer und arabischer Historiker. In Abh. f. Kunde des Morgenlandes, VIII, 3, 1884, S. 122. ® Theophanes 390, T. * So richtig schon Tomaschek. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. [02] 58 GELZER: KAl ETEPA KACTPA, TIAEICTWN $AMINIÖN KAl KTHN@N ANAPIEMHTWN "AAWCIN TIOIHCÄMENDOI. Die zweite Eroberung Maslamas nach Tabarı ist »das eiserne Kastell«, 10 Cıanro?n KActpon, dessen Theophanes' bei Sulaimans Razzia im Jahre der Welt 6230 (737/8) gedenkt. Seine Lage ist unbekannt.” Dazu kommt dann Gazala. Darüber bemerkt Ramsay (Asia Minor S. 323) gut: Some Mss. of the later Notitiae give four bishopries as subject to Eukhaita, viz. Gazala, Koutziagros, Sibiktos and Bariane. Of these Gazala might per- haps be identified with Gazelon (chief town of the distriet Gazelonitis), which is conjeeturally placed by Kiepert at Vezir Keupreu. Allein nun folgt die Eroberung von Bergama im Bezirke von Malatia (Melitene). Der Kodex liest allerdings Tergama. Da nun die irrtümliche Ansetzung im Gebiete von Malatia hinzukommt, glaubt Brooks darin ein sonst unbekanntes Kastron im östlichen Kleinasien erkennen zu müssen. Indessen Tabarı übergeht im Bericht des Jahres 97 auffälligerweise die Eroberung von Pergamon gänzlich mit Stillschweigen. Diese ist aber ein epochemachendes, wie wir sehen werden, selbst von Dichtern gefeiertes Ereignis. Da liegt es nahe, wie man längst gethan, in der Lesung Tergama nur eine Verwech- selung der diakritischen Punkte (5 statt ;) zu sehen. Tabarı hat dem- nach die Eroberung von Pergamon irrtümlich statt in das Jahr 97 in das Jahr 93 gesetzt. An Tabarı reihen wir den Bericht des erst im XV. Jahrhundert blühenden Abu’l Mahasin Ibn Tagni Bardi’ an: »Und in dem Jahre (97) zog Maslama Ibn Abdelmelik gegen Bergamah* und das Kastell des Ibn Auf, und er eroberte auch das eiserne Kastell und Sardes® und überwinterte im Lande der Byzantiner.« ! Theophanes 411, 10. ? Theophanes a. a. O. erwähnt, daß der heilige Eusthatios, der Sohn des Patrieius Marianos, 738 weggeführt ward, der dann in Harän den Märtyrertod erlitt. Sein Vater ist wohl der Strategos Marianos, welcher unter Justinian II. (vor 708/9) ein arabisches Heer zusammengehauen hatte. Theophanes 376, 3ıff. Die Kombination beider Stellen ergibt wohl, daß er TATPIKIOC KAl CTPATHröC des anatolischen Themas gewesen ist, in dem Tyana belegen war. In der Gegend von Tyana, wo Marianos seinen Sieg erfochten hat, kann man vermutungsweise das eiserne Kastell suchen, das vielleicht zu des Vaters Dotation gehörte. ® Annales edd. F. G. Juynboll et B. F. Matthes 1852, I, p. 261, 7. * Hs. ohne Punkte. Herausgeber: intelligo Pergamum. 5 SRDA; codex A: SRTA Vollers. Pergamon unter Byzanlinern und Osmanen. 59 Dieser Bericht ist wichtig: er zählt — freilich in sehr verkehrter Ordnung — die einzelnen Eroberungen auf, die er einem ausführlichen, von Tabarı unabhängigen Rapport muß entnommen haben. Dunkel ist das Kastell des Ibn Auf. Die Araber haben durch ihre regelmäßigen Frühlings- und Sommerrazzias den Osten und das Innere Kleinasiens geo- graphisch recht genau kennen gelernt, aber dabei auch nicht nur für kleine Stationen und Weideplätze, sondern selbst für große Städte sich eine ganz neue Nomenklatur angewöhnt, die uns namentlich durch Ibn Hordadbehs Reiserouten bekannt geworden ist. Die Identifikation derselben mit den klassischen oder modernen Namen bereitet aber große Schwierigkeit. Der Bericht des Ibn al-Atır erwähnt Pergamon nicht, bringt aber einige neue Daten! (unter AH 93): »In dem Jahre zog el-Abbas ibn el Welid gegen die Byzantiner und eroberte Sebastia und die Merzabanein und Tarsus....., und im gleichen Jahre zog auch Maslama gegen die Byzantiner und eroberte Mäsisa und das eiserne Kastell und Gazäla zum Bezirk Malatia gehörig.« Ibn al-Atır hat Tabarı nicht ganz einwandsfrei ausgeschrieben.” Unter AH 97 dagegen berichtet er’: »In dem Jahre rüstete Sulaiman ibn Abdelmalik die Truppen gegen Konstantinopel und machte zum Ober- befehlshaber über die Sommertruppe seinen Sohn Da’ud, und er eroberte »das Kastell der Frau«. Und Maslama zog gegen das Gebiet der Waddahıja und eroberte das Kastell, welches (schon) el-Waddah erobert hatte. Und in demselben Jahre zog ‘Umar ibn Hubaira zu Wasser gegen die Byzantiner und überwinterte daselbst. « Aus Ibn al-Atır erfahren wir von einem auch von Tabarı erwähnten Zug el-Abbas ibn el-Welid gegen Sebasteia. Die Erwähnung von Tarsus zeigt, daß es sich nicht um Sebasteia (Siwas), sondern um Sebaste (Olbe) in Kilikia I handelt.‘ Wahrscheinlich ist es der von Theophanes’ erwähnte ! Ibn EI-Athiri Chronicon ed. ©. J. Tornberg, vol. IV (1870), p. 457: ® Zu Mäsisa bemerkt Vollers: »Anders geschrieben als Massisa — Mopsuhestia.« Dieses ist Nowosl; dagegen Masisa scheint aus Mäsa des Tabarı — AmAceia ver- schrieben. 3 AN ONVALLSTIE)»E7- * Ibn Hordädbeh S. 89 erwälınt unter den zerstörten römischen Städten in Kilikien: Sabastia (ab) a 4 milles d’Iskandarrya RR). 5.43 77,210: 8* 60 GELZER: Zug, der nach ihm in A.M. 6202 (= 709/10) fällt. Allein der Ansatz Ibn al- Atırs wird durch Tabarı bestätigt. Zum Schluß gebe ich noch die Notiz des zum Islam übergetretenen Griechen Hyakinthos (Jakut): »BRGMH (= Bergama), ein Kastell der Rüm, erwähnt in den Dichtungen des Garir.«' Garir, der Dichter, ist Zeitgenosse des Zuges gegen Perga- mon. Er starb im Jahre d. H. ı1o (= 728/9). Leider sind seine Werke noch nicht veröffentlicht.” Ich schrieb deshalb an M. J. de Goeje, und mit der diesen Forscher charakterisierenden großen Liebenswürdigkeit antwortete er mir’: »Ich habe unsere schöne Handschrift des Diwän von Djarir durchgesehen, doch leider ohne Resultat. Daraus folgt aber keines- wegs, daß Jäcuts Angabe nicht richtig sein sollte, da der Diwän gewiß nur einen Teil von Djarirs Gedichten enthält. Ibn Tädj al-arüs hat dieselbe Notiz wie Jäcüt, wahrscheinlich diesem entnommen. Sonst finde ich sie nirgends. « XIa. Das Datum der Eroberung von Pergamon. Nachdem wir nun die Berichte im einzelnen betrachtet haben, muß noch ein wichtiger Punkt zur Entscheidung gebracht werden, die Chronologie. ı. Theophanes setzt die Eroberung von Pergamon in das Weltjahr 6208. Theophanes rechnet, wie sein hochverehrter Freund Georgios Synkellos, nach dem Komputus des Annianos von Alexandrien, nur daß er das Jahr nicht mit dem ı. Nısan (25. März), sondern nach byzantinischer Weise mit dem ı. September beginnen läßt. 6208 ist demnach annianisch: 25. März 716 bis 24. März 717, nach Theophanes: ı. September 715 bis 31. August 716. Nun stimmt freilich bei Theophanes die Gleichung nicht immer; in- dessen für die für uns allein in Frage kommende Zeitperiode 710 bis 720 scheint die Sache sicher gestellt zu sein. Die Rechnung findet nämlich Bestätigung durch ein zeitgenössisches Zeugnis. Agathon der Diakon setzt den Sturz des Kaisers Philippikos Bardanes in die XI. Indiktion am Sabbat ' Jäcüts geographisches Wörterbuch ed. H. Wüstenfeld I, 550, 13. ?2 Bemerkung von Vollers. ® 5. VI. 1899. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 6l vor Pfingsten — 4. Juni 713. Theophanes setzt dasselbe Ereignis in das Weltjahr 6205 = 712/3. Wie man sieht, stimmen Agathon und Theophanes aufs schönste überein. Ferner hat Wellhausen' folgende Gleichungen hergestellt: A M262077>el: 1020, A. H.06 — 7145“. XIV Ind. 1.620827. Sel#1027 ArH. 07. 715/06. AV. Ind: A.M. 6209 Sel. 1028 A.H. 98 = 716/7 I Ind. Das ergibt des weiteren das wichtige Resultat, daß Leon IM. bereits Frühjahr 716, im Jahre der Erstürmung von Pergamon, den Thron bestieg. Auch Theophanes” setzt seinen Regierungsantritt in dieses Jahr. Mit Theophanes stimmen überein die Syrische Chronik vom Jahre 846 (Sel.1027), Huwarazmı (A.H.97) und Abu’l] Mahasın (A.H.97), der Mas- lamas Expedition gleichfalls in A. H. 97 setzt. 2. Tabarı verlegt die Eroberung von Pergamon irrtümlich bereits in Maslamas ersten Zug 93 d.H. (= 711/12) statt in 97 d.H. (= 715/16). Über das Schieksal der Stadt sprechen sich die griechischen wie die arabischen Berichte nicht mit der uns wünschenswerten Deutlichkeit aus. Denken wir uns aber, daß die letzten Desperados, mit blutgefärbter Rechte und wildem Geschrei auf die Ungläubigen eindringend, schließlich nach tapferer Gegenwehr und nach Tötung unzähliger Feinde »dem gerechten Gerichte Gottes überantwortet wurden«, dann muß das Schicksal von Per- gamon ein fürchterliches gewesen sein. War auch der Glanz und die hohe Bevölkerungsziffer, wie wir sie durch Galen für das 2. Jahrhundert kennen, sicher bereits zurückgegangen, immer war es noch eine der blühendsten, volkreichsten und bedeutendsten Städte des Reiches. Seit Gainas Erhebung, die obendrein Pergamon nur sehr oberflächlich wird gestreift haben, hatte die Stadt eines vierhundertjährigen Friedens genossen. Nun war sie plötz- lich auf Gnade und Ungnade einem erbarmungslosen Barbarenhaufen aus- geliefert, der den Dschihat als Religionsgesetz und die Ausrottung der Ungläubigen mit dem Schwerte als eine höchst verdienstliche Handlung betrachtete. Zweifellos wurde die männliche Bevölkerung, soweit sie in die Hände der Muslime fiel, mit der Schärfe des Schwertes getroffen; ! Die Kämpfe der Araber mit den Romäern in der Zeit der Umaijiden a. a. O. S. 26 ff. D) ® Theophanes 390, 24. 62 GELZER: Weiber und Kinder wurden in die Sklaverei verkauft, um nach den Harems von Damaskos und Kufa gesandt zu werden. Eine der glänzendsten Perlen aus Hellas’ königlicher Stirnbinde war ausgetilgt. Es war eine Katastrophe, wie sie einst Olynthos durch die Makedonier, wie sie das gastfreundliche Korinth durch Mummius’ rauhe Hand getroffen hatte. Als die Araber ab- zogen, fanden die unglücklichen Hellenen einen menschenleeren, rauchen- den Trümmerhaufen. Aber an den Abzug dachte Maslama noch lange nicht. Von seinem Hauptquartier in Ephesos aus erwartete er die Vorschläge des neuen Kaisers, des großen Reichsretters Leon III. des Isauriers (716 —741). XI. Leon II. der Isaurier als Reichsretter und Organisator. Leon, als er März 716 vom heiligen Germanos sich salben und die kaiserliche Stirnbinde um sein Haupt legen ließ, hatte wahrlich nicht aus brennendem Ehrgeiz, sondern lediglich aus ehernem Pflichtgefühl gehandelt. Er gehört zu jenen heroischen Naturen in der Weltgeschichte, welche uns klar machen, daß der Fortschritt in der Entwickelung der Menschheit nicht durch allgemeine Zustände, äußere Verhältnisse und die Welt- und Lebens- anschauung der Zeitgenossen, sondern in erster Linie durch gewaltige, imponierende Persönlichkeiten, durch geniale Übermenschen angebahnt wird. Leon steht in einer Reihe mit Claudius Gotieus, Probus, Diokletian, Kon- stantin. Sein einziges Ziel war Erfüllung seiner Regentenpflicht. Ob er weiterlebte, daran lag ihm gar nichts. Schwächliche Transaktionen, wie sie der moderne Mensch liebt, kannten diese antiken Riesennaturen nicht. Kaiser zu sein, war damals keine Sinekure, sondern eine furchtbare Last, die jeden das gewöhnliche Niveau nicht weit überragenden Herrscher einfach zer- malmen mußte. Wie trat Leon die Hinterlassenschaft seiner Vorgänger an? Die Bulgaren tobten bis vor die Mauern der Hauptstadt.‘ Ganz Asien war von den Muslimen besetzt. Ein Heer, dessen Scharen nicht zu zählen waren, und eine Armada von 1800 Linienschiffen (Dromonen) schickten sich an, die gottbehütete Kaiserstadt zu Wasser und zu Lande einzuschließen. Und was hatte Leon diesen furchtbaren Veranstaltungen entgegenzustellen? Ein ! Selbst die belagernden Araber, nach der syrischen Chronik “Ubaida, nach Michael Syrus Maslama, bekamen ihre kriegerische Obmacht zu fühlen. ZDMG. 1897, S. 583. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 63 Heer und eine Flotte, welche durch zwanzigjährige Anarchie und unauf- hörliche Pronunziamentos völlig aus Rand und Band geraten waren. Nur ein gottbegnadeter und von der göttlichen Vorsehung geleiteter Genius konnte es wagen, nicht zu verzweifeln, sondern furchtlos einem solchen Angriff die Stirne zu bieten. Einen zuverlässigen Kern besaß Leon. Das waren die Regimenter der anatolischen und der armenischen Division; der Kommandeur der letzteren, Artavasdos, war ihm mit Leib und Seele er- geben. Ein Enthusiasmus, wie er uns nur aus den Berichten der Gesta Dei per Francos entgegenleuchtet, hatte damals das christliche Heer und seine Generale ergriffen. Als die Araber die Hauptstadt zu Wasser und zu Lande einschlossen, kannten die Verteidiger keine Furcht. Sie glaubten fest, daß ihre Sache die Sache Gottes sei, und darum könne sie nicht untergehen. Und war denn diese Anschauung der damaligen Menschen nur ein bemitleidenswerter Irrtum? Es ist hier nicht der Ort, die pracht- volle, plastisch anschauliche Schilderung des Theophanes von diesem ge- waltigen Ringen zu Wasser und zu Lande wiederzugeben. Mit beispielloser Hartnäckigkeit harrten die Araber ein ganzes Jahr aus.‘ Weder das grie- chische Feuer, das unter ihren Dromonen furchtbare Verheerungen anrichtete, noch ein ungewöhnlich harter und in Thrake unerhörter Winter, der den sonnenverbrannten Söhnen von Hedjas und e$-Säm das neue Schauspiel eines 100 Tage liegenden Schnees bot, vermochten sie zum Rückzug zu veranlassen. Im Gegenteil, als der Frühling die Meere öffnete, erschien Abu Sofian mit der ägyptischen Flotte zur Verstärkung und Jezid mit der afrikanischen. »Aber durch Gottes Walten auf die Fürbitte der unbefleckten Gottesmutter hin wurden die Feinde an Ort und Stelle der Tiefe anheim- gegeben; die unsrigen dagegen sammelten die Rüstungen und die Beute- stücke und kehrten siegreich in jubelnder Freude heim ... und wie die gut Unterrichteten uns erzählen, wurden 22000 Araber zusammengehauen, ... so daß alle durch die Tat erkannten, daß Gott und die allerheiligste Jung- frau und Gottesmutter diese Stadt und die Königsburg der Christen behüten, und daß Gott niemals völlig verläßt die, welche in Wahrheit ihn anrufen, wenn wir auch eine kleine Zeit gezüchtigt werden um unserer Sünden ! Nach Theophanes erschien Maslama am 15. August 716 vor der Stadt; Sulaiman mit der Flotte folgte am ı. September und starb 8. Oktober. Seine Stelle nahm “Umar b. Hubaira ein. 15. August 717 wurde die Belagerung aufgehoben. 64 GELZER: willen. «! Der herrliche Akathistoshymnos, den die orthodoxe Kirche noch alljährlich am geweihten Festtage singt, feiert gemeinsam die gewaltigen Gesta Dei per Graecos, die Taten des Herakleios, des Konstantinos Pogonatos und Leons des Isauriers, die Konstantinopel aus dreimaliger Todesnot in dem festen Glauben an die göttliche Hülfe gerettet haben.’ Das arabische Heer, soweit es nicht der Hunger” und das Schwert ver- nichtet hatte, war in die Heimat zurückgeflohen. Leon hatte das Reich gerettet. Aber er war ein Kaiser über Ruinen. Die rauchenden Trümmer- stätten von Pergamon, Ephesos usw. zeigten, wie schr das Reich gelitten. Es glich dem Deutschen Reiche nach dem Dreißigjährigen Krieg. Indessen Leon war nicht allein ein heldenhafter, siegreicher Feldherr, er war auch ein ganz hervorragender Organisator, eine staatsmännische Kapazität ersten Ranges. Seine uns noch erhaltene Gesetzgebung verstand es, die dem Reiche geschlagenen Wunden zu heilen. Eine systematische Kolonisation bevölkerte die verödeten Länderstrecken. Die Verbesserung der Lage der bäuerlichen Bevölkerung wurde durch diese Gesetzgebung bezweckt und erreicht. Die Kirchenverfassung wurde neu geregelt und den Bedürfnissen des Staates allerdings zum lebhaften Mißvergnügen von Alt-Rom — in einer für alle Jahrhunderte mustergültigen Weise anbequemt. Vor allem wichtig ist aber seine Reorganisation der Militär- und Zivilverwaltung. Der unvergleichliche Generalstab und die tapferen Offiziere und Kavalleristen der Grenzregimenter haben das Reich gerettet; Leon tat den bedeutsamen Schritt, daß er in die Hände dieser Reichsretter die gesamte militärische und bürgerliche Verwaltung vereinigt legte. ! Vergl. Theophanes ad a. 6209 S.395— 398. ® Für die Geschichte von Pergamon habe ich absichtlich folgende Notiz des Theophanes (411, 2—8) nicht verwandt: ToYT® T® Erei CoyneimAn, Ö Yiöoc ICAMm, AIXMAAWTEYCAC TIOANOYC € Aclac CYNHXMANGTEYCE Kal TINA TTEPFAMHNÖN, ÖC Eneren EAYTON TIBEPION YION EINAI lOYCTI- NIANOY. TOYToN lcAm Eic TIMHN TOY 1AloY TIAIAÖC KAl TÖN BACINEWN EKPÖBHCIN META TÄC ÄPMO- ITOYCHC BACIAIKÄC TIMÄC KAl CTPATEYMATON KAl BÄNAWN Kal CKÄTITP@N Eic "lEPOYCANHM EKTIEMTIEI, KAl ÖNHN TAN CYPIaN TIEPIÄFEIN KeneYei META TIOANÄC TIMÄC TIPÖC BEAN TIÄNTWN KAl KATÄTIAHEIN. Dieser Kronprätendent ist nicht etwa ein Bürger von Pergamon, sondern er heißßt Pergamenos. Der Name kommt auch sonst vor, z.B. Ioann. Cantacuz. hist. III, S. 276, 6: TTepramHunöc AE TIC TÖN TENEAIWN Ö MANICTA AYNATOTATOC. Er gehört in eine Kategorie mit Namen, wie Athenaios, Abydenos usw. ® »Eine gewaltige Hungersnot brach unter den Arabern aus; sie verzehrten ihre ver- endeten Zugtiere, Rosse, Esel und Kamele. Einige berichten, daß sie auch tote Menschen und den eigenen Mist in die Bratöfen legten, abkoclıten und verzehrten.« Theophanes 397, 23 — 26. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 65 Längst waren, wie wir gesehen, die Zivilbeamten in die zweite Rang- klasse hinabgedrückt worden. Der unbestritten erste Stand — natürlich nach der Geistlichkeit — war die glänzende Generalität des Reiches, die Feldmarschälle in der Residenz und die Kommandeure der einzelnen Divi- sionen des Ostens und des Westens. Auf diese Divisionskommandeure übertrug nun Leon die gesamte Zivilverwaltung. An die Stelle der alten Provinzen, wie sie die Ordnung Diokletians und Konstantins festgesetzt hatte, traten nun die Bezirke der einzelnen Armeekorps. Das Wort »Thema«, welches bis dahin nur die Bedeutung Divisionsbezirk hatte, ist nun zugleich die Benennung für die einzelnen Provinzen, weil einfach unter völliger Aufhebung der alten Provinzialordnung nun die militäri- schen Aushebungsbezirke gleichzeitig bürgerliche Provinzen werden. Der Divisionskommandeur (crPpATHröc) versieht nieht nur die Funktionen des alten Zivilbeamten (praeses, consularis); er ist tatsächlich auch der Ober- präsident der Provinz, der Brigadekommandeur (Turmarches) ist gleich- zeitig Regierungspräsident, der Bataillonskommandeur (Drungarios) Land- rat usw. Juristisch geschulte Bureaukraten meinen, daß damit die Welt ins Chaos zurückgesunken sei: in Wahrheit ist das Gegenteil der Fall. Das oströmische Reich ist nie besser regiert worden als in den drei folgenden Jahrhunderten, wo das personifizierte Säbelregiment unbedingt gebot. Wie man nach außen glücklich kämpfte, so herrschte auch im Innern muster- hafte Ordnung. Der untrügliche Gradmesser eines wohlgeordneten Staats- wesens, der Staatskredit, stand ganz fest. Der Kurs des »Byzantiners«, des konstantinischen Solidus, blieb durch die ganze Reihe der Jahrhun- derte bis in die Komnenenzeit derselbe. Der Byzantiner beherrschte den Weltmarkt: mit Neid und Bewunderung blickten die armen Nationen des Westens und des Nordens und ebenso die Muslime Asiens auf das gott- behütete Imperium der Romaeer, dessen Seidenindustrie das Geld aller Län- der bei sich ansammelte, und dessen hohe Kultur wie seine treffliche Wehrverfassung es noch immer zum ersten Reiche der damaligen Welt machten. Wir müssen hier nur kurz die Themenordnung Asiens betrachten. Die östliche Reichshälfte zerfiel in drei Armeebezirke: Opsikion, Anatoli- kon, Armeniakon. Diese ungeheuren Kommandos hat Leon mit klugem Scharfblick einiger- maßen reduziert. Vor allem trafen seine Maßregeln die unbotmäßige Garde- Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 9 66 GELZER: truppe des gottbehüteten Opsikion. Dessen östliche Hälfte wurde losge- rissen und daraus das Thema Bukellarion formiert; aber auch das Thema Anatolikon wurde halbiert, und der ganze Westen: Aeolis, Lydien, Ionien und Karien bis an den Maeandros bildeten das neue Thema Thrakesion, so benannt von der thrakischen Brigade (Turma), welche in Ephesos ihr Hauptquartier gehabt hatte. Möglich ist, daß schon damals auch Chaldia — die Ostküste des Schwarzen Meeres von Trapezunt bis Phasis — vom Thema Armeniakon abgezweigt wurde. Dagegen die Kleisurarchien Seleukia, Kappadokia und Charsianon, und ebenso Paphlagonien und Optimaton scheinen erst von den Nachfolgern Leons zu selbständigen Divisionskom- mandos erhoben worden zu sein. Ibn Hordadbehs Reichsbeschreibung nämlich, die älteste, die wir besitzen, ist erst unter Michael II., dem Trunkenbold, im Jahre 847/8 (d. H. 233) abgefaßt worden. Sie hat also, wenn wir uns über Leons Einrichtungen unterrichten wollen, für uns genau denselben relativen Wert, welchen die Notitia dignitatum für die diokletianisch -konstantinische Epoche besitzt. Die Themen des Ostens waren aller Wahrscheinlichkeit nach gemäß Leons neuer Reichsordnung folgende: ı. das gottbehütete Opsikion: Hauptstadt Nikäa, 2. das Thema Bukellarion: Hauptstadt Ankyra, 3. das Thema Anatolikon mit der Kleisurarchie Seleukeia: Haupt- stadt Amorion, das Thema Thrakesion: Hauptstadt Ephesos, 5. das Thema Armeniakon mit der Kleisurarchie Charsianon: Hauptstadt Koloneia, 6. das Thema Chaldia: Hauptstadt Trapezus(). An der Spitze jedes Themas steht der Divisionskommandeur und Oberpräsident, 5 maTPikıoc Kal crpatHröc oder auch nur ö crratHröc. Dies ist ein Unterschied von Bedeutung; denn die Abstufungen der Rangklassen wurden in Byzanz mit genau demselben würdevollen Ernste beobachtet und innegehalten, wie von unserer heutigen militärischen und zivilen Bureaukratie. Die Strategen, welche Patricius hießen, hatten den Exzellenzcharak- ter, die anderen nicht; diese waren Kommandeure zweiter Klasse. Es gab nun Provinzen, die für so vornehm galten, dal dem Divisionskommandeur Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 67 an und für sich das Prädikat Exzellenz (Patrieius) zukam. Solcher gab es in den »jenseitigen Gouvernements« (teratıkA eemata) nach Ibn Hordadbeh' drei: der Batrık von Ammuria, der Batrık von Ankira, der Batrık von al- Arminıak. Amorion und Ankyra sind die Metropolen der Themen Anatolikon und Bukellarion. Wir sehen demnach, daß die beiden von alters her bestehenden Themen Anatolikon und Armeniakon als die vor- nehmsten galten; ihnen inhärierte der Exzellenzcharakter, und ebenso dem von Leon neu geschaffenen Thema Bukellarion. Dagegen der Kommandeur der jenseits des Sunds garnisonierten Gardetruppen (kömHc ToY "Oyıklov) hat zwar das Prädikat Exzellenz (Patrieius) nahezu regelmäßig in der vor- leoninischen Epoche; später kommt das in Wegfall. Das ist deutlich De- gradierung dieser Garderegimenter. Leon hatte dazu um so mehr Anlaß, als die Division Opsikion neben der Flotte sich am eifrigsten in der Anarchie- periode an den üblichen Kaiserpronunziamentos beteiligt hatte. Anders ist der Fall mit Thrakesion. Das ist eine durch Loyalität ausgezeichnete Division. Sie und die Division Anatolikon haben nach Leons Tode, als Artavasdos den Thron usurpierte, der syrischen Dynastie durch ihre Treue denselben erhalten. Es kommen unter den thrakesischen Strategen mehr- fach Patrizier vor; aber, wie uns Ibn Hordadbeh lehrt, das Prädikat war nicht ohne weiteres mit dem Divisionskommando verbunden. Der berühm- teste der thrakesischen Strategen, Michael Lachanodrakon, der berüchtigte Kulturkämpfer, scheint nicht Exzellenz gewesen zu sein. Das ist nicht so geringfügig, wie es auf den ersten Blick erscheint; denn ein Strategos erster Klasse (Patrieius) hatte höhere Bezüge: er empfing vierzig Pfund Goldes” (36547.20 Mark), während ein Strategos zweiter Klasse nur 36 Pfund (32892.48 Mark) empfing. Dies also waren auch die Bezüge des Divisionskommandeurs von Thrakesion und Oberpräsidenten von Asien. Kodama ibn Gafar aus Bagdad? gibt in seinem Kitab al-Harag die Präsenzstärke der einzelnen Divisionen an; unter dem Strategen von Thrakesion standen nach ihm 6000 Mann, wenn die Zahl richtig über- liefert ist. ! Ibn Khordädhbeh ed. de Goeje S.1*4 (80 d. Übers.). ®2 ]bn Khordädhbeh S. 84. ® Bei de Goeje, a.a.0. S.198. gr 68 GELZER: XIN. Pergamon der älteren byzantinischen Periode. Was nun speziell die Provinz T'hrakesion betrifft, zu der Pergamon gehörte, so sind wir über ihre Organisation genau unterrichtet, da Kaiser Konstantinos Porphyrogennetos (911-947) in seiner nach Themen geord- neten Reichsbeschreibung uns eine Aufzählung der Städte Asiens gibt. Asien ist aber hier nicht im technischen Sinne zu verstehen als die Pro- vinz Asia Diokletians: denn es werden Städte Lydiens, Kariens und von Phrygia I aufgezählt. Es sind einfach die Städte des Thema Thrakesion.' Wenn Konstantin dafür Asia sagt, so folgt er zweifellos dem gemeinen Sprachgebrauch, der z. B. noch im 7. Jahrhundert nicht Ober-Libyen, sondern nach altem Brauche Pentapolis sagte, wie die Akten des heiligen Maximos und der Chronist Johannes Nikiu beweisen. So wird man auch im gemeinen Leben während des 9. und 10. Jahrhunderts für Thrakesion einfach Asia gesagt haben. Der Kaiser also berichtet”: Eici A& mÖöneıc mePp) TAN Aclan Ka’ A MEN "Esecoc. ır ARDalkeIA. B A& Cmvpna. 1A Nycca. r CApaeic. B CTPATONIKEIA. A MinHrToc. Ic AnABANAA. e TTPıAnH. II "AnınaA. = Konosun. IH MYvPrına. I OvAreıpa. 18 Tewc. H TO TTerramon. K NeBeaoc. o MArnHcIA. KA Dinanensela, i T PpAnneıc. KAl AANAI TINEC. IA “JePATTORIC. KAl TAYTA MEN TIEPI TOYTUN. 1B Konöccai, AI NYN AETÖMENAI XÖNAI, 0% ECTI NAOC AIABÖHTOC TOT APXATTEAOY Mıixann. 1 "Onon AE TO TÜN OPAKHCION GBEMA EK TENÖN CYNICTATAI TOIÖNAE, AYAön MAIÖNW@N KAPon ION@N’ Kal "ImNEC MEN KAAOYNTAI Ol KATOIKOYNTEC MIAHTÖN TE KAl "EvEcon. Ol A& TO MecörAlon CAPAIANOl AYaAol TE Kal Malonec Kal KApec Kal ol TÄC MIKPAC PPYrIAC OIKHTOPEC Kal oYTwWc MEN ol OPAKHCIOI. D) ? de Them. I 24, 5—13. Pergamon unter Byzanlinern und Osmanen. 69 Diese Aufzählung der thrakesischen Städte ist außerordentlich wichtig. Die altrömische Ordnung, daß jede Provinz in Stadtbezirke (bez. Perewnec, cAntoı, selbständige «@maı) zerfiel, ist auch von den Organisatoren der 'Themenordnung festgehalten worden. Jedes Thema hat seine Metropolis (Medina bei den Arabern) und zerfällt in Stadtbezirke; es werden zwei Klassen unterschieden (möneıc Emicnmoı" und kActpra oder, wie der gebildete Ausdruck lautet, »roYrıa). Ibn Hordadbeh wirft übrigens beide Klassen unterschiedlos unter der Bezeichnung al-Llisn (Plur. Hasun) zusammen; da- gegen Konstantinos zählt in der Regel nur die erste Klasse auf; der Kastra gedenkt er nur gelegentlich.” Die 2ı von Konstantin aufgezählten Städte sind die rröneıc Errichmoi; er erwähnt zum Schluß noch »einige anderes; offenbar sind das die Kastra zweiter Güte, deren Namen er nicht für wert hält, im kaiserlichen Handbuch verewigt zu werden. Sonderbar ist, daß Ibn Hordadbeh in Tarkasıs (Thrakesion) neben Afsıs (Ephesos) nur noch vier feste Plätze erwähnt, wahrscheinlich die alten Metropolen, wie Smyrna und Sardes. Wer die beiden anderen gewesen — man denkt in erster Linie an Pergamon und Magnesia — wage ich nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Das oben angeführte Städteverzeichnis gehört nicht Konstan- tinos’ Zeit an, sondern ist einer älteren Notitia entnommen. Seit 3890 war nämlich, wie wir sehen werden, der Umfang des Thema Thrakesion stark reduziert worden; hier steht es noch in seiner vollen Glorie da. Wie die Einzelnamen beweisen, ist keine geographische Reihenfolge innegehalten. Die Namen gehen, was ihre Lage betrifft, bunt durchein- ander. Es ist einfach die offizielle Rangordnung der Städte für ihre Zivil- verhältnisse, wie ähnlich die Taktika ihnen ihren (streng bestimmten) Platz in kirchlicher Beziehung anweisen. Da ist es nun sehr bemerkenswert, daß Pergamon erst den achten Platz erhält hinter Thyateira, das immer ein volkreicher Platz war, aber an Pergamon nicht entfernt hinanreichte und ebenso hinter Miletos und sogar hinter Priene, das Bistum war, und offenbar nach dieser Rangstellung im 8. und 9. Jahrhundert nicht ganz unbedeutend muß gewesen sein. Der niedrige Rang von Pergamon ist ı TTöneic Errichmol ist der gewöhnliche Ausdruck, offenbar die vox sollemnis, die kanzleigerechte Bezeichnung (vergl. Them. 20, 19; 26, 2; 27, 5; 30, 3); daneben sagt er auch einfach möneic 21T, 3; 24. 5 oder belehrend: TIöAeIC Al CYMTIAHPOYCAI TO BEMA 28, 20. 2 So sagt er (Them. 19. 20) von Kleinkappadozien: KATanAreı AE TIPÖC ÄNATONAC MEXPIC AYTAC "PoAENToY Kal TOY »PoYPloY TOY KAanoYMmEenoy AoYaoY Kal AYTAc TToaenaoY. 70 GELZER: aber der sichere Beweis, daß die Eroberung und Verwüstung durch Mas- lama der ersten Stadt Asiens einen tödlichen Schlag beigebracht hat, von der sie sich nie vollständig erholt hat. Wir können nun eine zweifache Reduktion des Umfangs von Pergamon nachweisen." »In der späteren Kaiserzeit entstand, etwa wie die Aurelia- nische Mauer Roms, ein starker Quadermauerzug, der in seinem Verlaufe so ziemlich der Mauer entsprach, die wir Attalos I. zuschreiben wollten, nur mit einer erheblichen Erweiterung im Süden, indem er die Terrasse des Gymnasiums einbezog. Ein solcher fester Baukörper lud, wie einmal z. B. auch das Herodestheater in Athen, dazu ein, ihn für die Befestigung zu benutzen.« Es hat sich also hier derselbe Vorgang wiederholt wie in Alexandrien, wo nach dem Wüten Diokletians und nachher der verschie- denen christlichen Parteien gleichfalls eine Reduktion des alten Stadtweich- bildes stattfand.” Diese spätere Stadt, immer noch ein stolzes und volk- reiches Pergamon, bestand bis zur Zeit des arabischen Einbruchs 715. Wir wissen, wie verzweifelt die Bürgerschaft sich gegen die muslimischen Er- oberer wehrte. A.Öonze nimmt an, daß damals zur Abwehr derselben mit größter Eilfertigkeit und unglaublicher Energie das neue Fortifikations- system der sogenannten byzantinischen Mauer errichtet wurde: »Wir kön- nen ... sagen, daß Pergamon mit einer gewaltsamen, aber rasch vorüber- gehenden Unterbrechung bis in das 14. Jahrhundert christlich, byzantinisch geblieben ist. Die Unterbrechung fällt in das Jahr 715 n. Chr., als die Araber unter Maslama nach einer auf das alleräußerste verzweifelten Gegen- wehr die Stadt nahmen. Es hat am meisten Wahrscheinlichkeit, daß da- mals die von uns kurz so genannte byzantinische Mauer ... entstand.«® » Wieder waren für ihren Verlauf neben der Bodengestaltung die starken Baukörper älterer Zeit, die man benutzte, maßgebend. Dieselbe folgte im Süden dem Umrisse des hochaufgemauerten Marktes der Königszeit. Um sie in ihrer etwa 4” messenden Dicke aufzuführen, wurden, ein Zeichen der Zeit, die Marmorwerkstücke der nahegelegenen Prachtbauten der Kö- ! Für das Folgende vergleiche A. Conze, Pro Pergamo, Vortrag, gehalten in der Berl. Arch. Gesellschaft. 9. Dezember 1897. Berlin 1898. S. 17 ff. * Dieses spätrömische bez. frühbyzantinische Stadtbild von Alexandrien ist uns durch das Buch von Neroutsos-bey und Kiepert bekannt geworden. ® A.Conze, Die Kleinfunde aus Pergamon. Abhandl. der Königl. Preußischen Aka- demie der Wissenschaften vom Jahre 1902. 1903 S. 26. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 41 nige, providentiell unter anderen die des großen Altars, verwendet, großen- teils auch sicherlich zu eisenfestem Kalkmörtel verbrannt, die die Mauer so lange gegen völlige Zerstörung zu schützen geholfen hat.«' Die soge- nannte byzantinische Mauer stellt die Reduktion der Stadt auf ihren eng- sten Umfang dar. In der Folgezeit trat eine bedeutende Erweiterung wieder ein, wie der Zug der später zu besprechenden Ziegelmauern erweist. Diese Ausdehnung gehört aller Wahrscheinlichkeit der Komnenenzeit an, für die eine neue Blütezeit Pergamons wohlbezeugt ist. Danach möchte ich die byzantinische Mauer in die Zeit nach Maslama verlegen” und annehmen, daß dieselbe die von den isaurischen Kaisern wiederhergestellte Stadt um- schlossen habe. Schon nach Jahresfrist war Pergamon wieder in den Hän- den der Römer. Es leidet keinen Zweifel, daß sowohl Leon IH. (716 — 741) als sein tatkräftiger Sohn Konstantinos VII. (741—775) alles getan haben werden, um der Stadt die Folgen der furchtbaren Katastrophe überwinden zu helfen. Vor allem mußte eine neue starke Befestigung sie vor einer Wiederholung des Schicksals bei Maslamas Ansturm bewahren. Was der- gestalt neu geschaffen wurde, war ein byzantinisches Kastron, gewiß ein höchst ansehnliches Kastron, doch nur noch ein Schatten der alten Herr- lichkeit. Von dem eisernen Zeitalter der Ikonoklasten kann man keine Schonung für die Denkmäler der alten Glanzzeit erwarten; die eigene Sicherheit und der Schutz gegen die Araber war der einzige Gedanke, der diese Menschen erfüllte. Schließlich können wir ihnen nur dankbar sein, daß sie so barbarisch mit den Kunst- und Baudenkmälern der Vor- zeit gehandelt haben. Ihr Vandalismus hat sie uns erhalten. Auch sonst war die Periode der Bilderstürmer ein eisernes Zeitalter. Unter Justinian hatten geschickte Künstler heidnische Bildwerke in christ- liche umgewandelt, so z.B. aus einer Aphrodite darstellenden Musivarbeit eine Panagia geformt. Jetzt wurde unter dem Einfluß der herrschenden frommen, ja fanatischen, aber kunstfeindlichen Glaubensrichtung auch der christlichen Kunst der Krieg erklärt. Der Biograph des heiligen Stephanos ! A. Conze, Pro Pergamo S. 17. 2 Wenn wir die sogenannte byzantinische Mauer der Zeit vor Maslama zuweisen, müssen wir die hohen Ziegelmauern wohl auf Leon IH. zurückführen. Das ergäbe die un- wahrscheinliche Konsequenz: Vor der Katastrophe — Reduktion der Stadt; nach derselben — Erweiterung. Da ist es doch natürlicher, die Reduktion und nachfolgende Armseligkeit als ein Ergebnis des Maslamazuges hinzustellen. 72 GELZER: des Jüngeren berichtet uns klagend, daß die herrlichen Mosaikdarstellungen der großen Blachernenkirche in Konstantinopel, welche die gesamte heilige Geschiehte darstellten, abgekratzt und an ihre Stelle stilisierte Vögel- und Pflanzenornamente gesetzt wurden oder, wie Bischof von Hefele drastisch die Worte des Biographen wiedergibt, die Kirche wurde in ein Vogel- haus und ein Obstmagazin verwandelt. Im Thema Thrakesion gebot seit 766/7 als Divisionskommandeur einer der eifrigsten Ikonoklasten, Michael Lachanodrakon, in seiner Art ein frommer Mann —- er starb 793 in dem großen, für Rom so unglücklichen Kampf gegen die heidnischen Bulgaren den Heldentod ——-, aber Michael war ein rauher Krieger und gleich seinem Herrn, Kaiser Konstantinos, ein abgesagter Feind der Mönche. Keiner hat mit solcher Energie die Gebote des neuen bilderfeindlichen Staats- glaubens verbreitet, keiner mit größerer Roheit den altgeheiligten Über- lieferungen und Formen der griechisch christlichen Frömmigkeit ins Gesicht geschlagen als Michael. Mit dem in seiner Provinz stark verbreiteten Mönch- tum verfuhr er äußerst summarisch. Er hatte sämtliche Religiosen und Nonnen aus dem ganzen Thema nach Ephesos beordert und ließ sie dann auf dem Tzukanisterin antreten, auf dem Sportplatze der thrakesischen Kavallerieoffiziere, woselbst diese der von der vornehmen Jugend und den Militärs mit Leidenschaft betriebenen byzantinischen Form des Polospiels obzuliegen pflegten.‘ Nach der Chronik hat er an die unglückliche Kloster- geistlichkeit folgende durch ihre Kürze und Brutalität charakteristische An- rede gehalten: »Wer den Geboten des Kaisers und uns gehorchen will, lege ein weißes Gewand um und nehme sich in dieser Stunde ein Weib: wer nicht also tut, dem sollen die Augen ausgestochen, er selbst nach Kypros verbannt werden.«e Dem Worte, fährt der Chronist fort, folgte die Tat, und viele wurden an diesem Tage zu Blutzeugen auserkoren; viele auch verließen Christi Gefolgschaft und richteten ihre Seelen zugrunde. Das wurden die Herzensfreunde »des Drachen«. Doch damit nicht genug; es wurde eine systematische Säkularisation der gesamten Klostergüter vor- genommen in einer so empörend rücksichtslosen Art, daß man sich un- willkürlich an die Vorgänge von 1790 in Frankreich und 1805 in Deutsch- land erinnert glaubt. Hören wir den trockenen und doch so inhaltschweren ! TIoYKanictHPion locus in quo pila ludunt ex equis. AA.SS.ı2.Jan. Tomaschek, Sitzungsber. d. Wiener Akad., phil.-hist. Cl. CXXIV, VII, S. 32. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 73 Bericht des Chronisten': »Das Jahr darauf (771/2) setzte Michael Lachano- drakon seinen Sekretär (norArioc) Leon, zubenannt Kulukes, und den Exabt Leon Kutzodaktylos als Kommissare ein und ließ durch diese alle Herren- und Frauenklöster, alle heiligen Gefäße, Bücher, das Klostervieh und die Klostergüter aus freier Hand versteigern und den Erlös in den kaiser- lichen Fiskus abfließen. Die asketischen Schriften und die Paterika ver- brannte er mit Feuer. Und wenn einer überführt wurde, eine heilige Reliquie als Amulett zu tragen, wurde diese ins Feuer geworfen, der Besitzer aber als Verächter Gottes bestraft.” Viele Mönche ließ er zu Tode geißeln, einzelne enthaupten und unzählige blenden. Den Langbärten ließ er das Barthaar mit Öl salben und dann anzünden, und so versengte er ihnen Antlitz und Haupt, andere ließ er nach all diesen Qualen noch exi- lieren. Zum Schluß gestattete er in dem ganzen ihm untergebenen Thema keinem einzigen Menschen das Mönchsgewand zu tragen. Und als der Kaiser, der Feind der guten Sache, von seinem Eifer Kunde erhielt, erließ er ein Dankschreiben an ihn, worin er sagte: ‘Ich habe Dich erfunden als einen Mann nach meinem Herzen: Du erfüllst all mein Begehren‘. Nun ahmten auch die übrigen Gouverneure diesem nach und verübten die gleichen Schändlichkeiten. « Wie man sieht, Aufklärung von oben her durch die Staatsomnipo- tenz, wie unter Pombal, Aranda und Joseph I. Freilich darf man bei diesen schändlichen Vorgängen nicht ganz vergessen, daß die Mönche als Denunzianten der Glaubensgerichte und Quäler der Altgläubigen und Häre- tiker seit Jahrhunderten eine Unsumme von Hal auf sich geladen hatten. Ihre zur Herrschaft gelangten Widersacher vergalten ihnen gleiches mit gleichem, und schließlich litten sie, was ihre Taten wert waren. Man bedenke nun, daß das neue byzantinische Pergamon im Zeitalter des Ikono- ! Theophanes 445, 23— 446, 15. ?2 Hier zeigt sich deutlich, wie richtig die syrischen und armenischen Schriftsteller einen Zusammenhang zwischen Ikonoklasten und Paulikianern behaupten. Im Gegensatz zum europäischen Griechenland, wo das Volk der krassesten Ikonodulie ergeben war, wurde der Ikonoklasmus in Kleinasien von der Gunst der weitesten Volkskreise getragen. Alle die altgläubigen und ketzerischen Religionsgemeinschaften schlossen sich dem neuen Staatsglauben an; er war in ihren Augen die Wahrheit; denn er verfolgte die bisherige Orthodoxie mit ihren paganistischen Anhängseln, die deshalb diesen Stillen im Lande längst als Kirche Belials galt. Als dann unter Theodora 845 die Orthodoxie wieder siegte, sonderten sich Altgläubige und Bilderfeinde als Minorität der Paulikianer wieder ab und machten dem Reiche noch genug zu schaffen. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 10 74 GELZER: klasmus aufgebaut wurde. Unter Lachanodrakon wurden zweifellos die mussivischen Heiligendarstellungen der Antipasbasilika und der Burgkirche übertüncht, und was etwa von klösterlichen Gemeinschaften die Katastrophe Maslamas überlebt hatte, wurde jetzt säkularisiert und aufgehoben. Als dann 787 unter Konstantinos und Eirene der Bilderdienst auf der heiligen allgemeinen VII. Synode (der II. von Nikaea) wieder feierlich als recht- gläubige Staatslehre anerkannt ward und man dadurch das fünfzigjährige Schisma mit Alt-Rom und den Stühlen des Orients begrub, da beteiligte sich auch die benachbarte Provinz Asien an dem Glaubenstriumph. Nicht weniger als 30 Bischöfe! erscheinen auf dem Konzil: eine so große Zahl von Bischofstädten ist aber ein schlagender Beweis für den Wohlstand und die starke Bevölkerung der Provinz, die sich offenbar von dem furchtbaren Schlage des Maslama in den zwei folgenden Generationen völlig erholt hatte. Der höhere und niedere Säkularklerus war damals großenteils bilderfeind- lich, und fast möchte man glauben, daß auch einige der asiatischen Bischöfe heimlich in verstocktem Herzen dem Brausen des heiligen Geistes wider- standen haben. Indessen die christusliebenden Kaiser hatten um den Kranz der heiligen Väter einen starken Cordon ehrwürdiger Mönche gezogen, die mit beratender Stimme zum Coetus Sanetorum zugelassen waren und einen moralischen Druck auf die Konzilsväter auszuüben wohl imstande waren.” Unter diesen Bischöfen nimmt auch Basileios von Pergamon in der zweiten Aktion mit den anderen feierlich den Bilderdienst an’: ebenso stimmt er in der vierten der Aufnahme der reuigen Bilderstürmer zu‘, und endlich, als die heilige Versammlung das Glaubensbekenntnis zu definieren hat, unterschreibt auch, gleichermaßen definierend, Basileios, der unwürdige Bischof von Pergamon, die väterlichen Glaubenslehren und. die Überliefe- rung der allgemeinen Kirche befolgend.’ ! Es sind folgende Sitze der Eparchie Ephesos vertreten: ı. Mastaura, 2. Briula, 3. Nyssa. 4. Tralles. 5. Magnesia Anelios. 6. Prine. 7. Anaea, 8. Magnesia am Maeandros. 9. Palaeopolis, ro. Kaloö, ıı. Algizon. ı2. Euaza, 13. Bareta, 14. Hypaepa, 15. Erythrae, 16. Lebedos, 17. Kyme, 18. Temnos, 19. Myrine, 2o. Elaea, 2r. Pitane, 22. Pergamos, 23. Atrammyteion, 24. Atandros, 25. Assos, 26. Phokaea, 27. Gargara, 28. Aegae, 29. Sion, 30. Teos. Mansi XII 995: ?2 Die Mönche trugen Stöcke wie ihre Vorläufer, die alten kynischen Philosophen. ® Mansi XII 1098. * Mansi XII 141. 5 Mansi XIII 385. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 75 Von jetzt an verschwindet Pergamon wieder in das Dunkel der un- bedeutenden Provinzialstadt. Im 9. Jahrhundert erscheint dann noch ein- mal ein Bischof von Pergamon auf der achten allgemeinen Synode (879), wo mit Zustimmung des Papstes Johannes VII. Photios feierlich wieder als ökumenischer Patriarch anerkannt ward. In der Präsenzliste figuriert auch Bischof Methodios von Pergamon. XIV. Pergamon wird Samos, dem Flottenthema zugeteilt. Kaiser Leon VI., der Philosoph (386-911), ein pedantischer Ge- lehrter, der sich aber um die Reorganisation der politisch -militärischen wie der kirchlichen Verwaltung große Verdienste erworben hat, nahm mit dem Gouvernement Thrakesion eine große Veränderung vor. 890 hat er eine Neuordnung der Themen eingeführt. Während des ganzen 8. und 9. Jahrhunderts hatten — eine Folge des unaufhörlichen Guerillas- krieges mit den abbasidischen Reiterarmeen —- die Kavalleriedivisionen der- maßen überwogen, daß die Marine arg vernachlässigt ward und die See- kapitäne, einst sozial sehr hochstehende Militärs, in völlige Verachtung sanken. Die Folgen zeigten sich: 826 wurde dem Reiche Kreta entrissen: ein Ähnliches Schicksal konnte trotz heldenmütigen Widerstandes Basileios der Makedonier, Leons Vater (867—886), schließlich von Sizilien nicht abwehren. Unter ihm erlag 878 nach tapferer Gegenwehr Syrakus den Sarazenen. Unter Leon selbst fiel der letzte feste Platz der Insel, welchen die Griechen behaupteten, Tauromenion 902 in die Hände der Muslime. Diese schweren Schläge rüttelten die Zentralregierung aus ihrer Gleich- gültigkeit auf. Unter Leon zeigt sich daher ein löbliches Streben, die verfallene Flotte wiederherzustellen. Es war auch höchste Zeit; denn be- reits hatten die arabischen Piraten 904 das solange heldenmütig allen An- griffen der Slawen widerstehende Thessalonike, die zweite Stadt des Reiches, genommen. An die Spitze der beiden Flotten, der östlichen an der klein- asiatischen Südküste stationierten (Thema Kibyraioton) und der der Kykladen (Thema Aigaion Pelagos) waren längst Strategen gestellt, und dadurch die Marineabteilungen im Range («den Kavalleriedivisionen wieder gleichgestellt worden; jetzt wurde ein drittes Flottenkommando, das Thema Samos, for- miert. Es war eigentlich eine Torheit gewesen, daß die von der Natur zu Marinesoldaten geschaffene Bevölkerung der kleinasiatischen Westküste 10* 76 GELZER: der Kavalleriedivision Thrakesion zugeteilt ward. Es erklärt sich das nur aus der einseitig den Reiterdienst bevorzugenden Tendenz der isaurischen und phrygischen Kaiser. Es war daher eine sehr verständige Maßregel des Kaisers Leon, daß er den gesamten Küstenstrich von dem Thema Thrakesion abtrennte, und daraus ein besonderes Marinethema (eema TON TrAwiromenwn) Samos formierte. Zu demselben gehörten Ephesos, Magnesia, Tralles, Myrina, Teos und Lebedos, und im Norden reichte es bis Atra- myttion. Der Strategos des Marinethemas hatte sein Standquartier (mPpaı- toPıon) in Smyrna; das Thema zerfiel in zwei Turmen, die ephesische und die atramyttenische. Zu letzterer gehörte ohne alle Frage Pergamon.' Konstantin trägt mit emsigem Bienenfleiß und völliger Kritiklosigkeit einander völlig widersprechende Bureaunachrichten und Kanzleirapporte zusammen. Im Beginn sagt er, die Metropolis des Themas sei Samos; und zum Schluß bemerkt er, daß der Admiral in Smyrna residiere. Hier sind zwei Berichte zusammengeschweißt. was den kaiserlichen Autor nicht weiter schmerzt. Offenbar haben wir Berichte verschiedener Zeiten vor uns. 890 bei der Formierung des Thema Samos wurde ihm als Haupt- stadt und Sitz des Flottenkommandos die Stadt Samos zugewiesen; nur so erklärt sich die Benennung bei einem Thema, das doch großenteils aus Teilen der festländischen Küstenregion gebildet war. Später wurde aber dem Admiral und den Marineleutnants der Aufenthalt auf der abgelegenen Insel und in der unbedeutenden Stadt langweilig: Ephesos scheint sich von Maslamas Schlag auch nicht recht erholt zu haben: das geistige und elegante, politische und militärische Zentrum der kleinasiatischen West- küste war schon damals, wie heute, Smyrna. Dahin wurde denn die Zentralverwaltung des Flottenthemas verlegt und zwar bald nach Formie- ! Die Worte Kaiser Konstantins über die Organisation des Thema Samos (Them. 4r, 9 bis 20) sind einfach unsinnig; indessen mit einer Umstellung und der Ergänzung einer Lücke läßt sich der 'T’ext heilen. Konstantinos hatte geschrieben: "OTE oYN ErEneTo Ö Me- PICMÖC TÖN BEMATWN, AlA TO EINAI ETTIBANECTATHN THN NÄCON, MHTPOTIOAIN AYTHN KAl APXHN TOY BEMATOC TON TIAWILOMENWN TEBEIKACIN" H FÄP TIPÖCTEIOC KAI H KATANTIKPY AKPA TÄC CAMoY, AYTH Te H "Eoecoc Kali MArNHcIA Kal TPAnneic H TE MYPINA Kal Tewc Kal AeBeAoc Kal Ewc TOY ATPA- MYTTior (T® TÄC CAMoY CTPATHT@ TIPOCWKEIWEHCAN) TA (A) ANW Kal MEcörelA TO TÜÖN OPAKHCION CTPATHr® HFOYN T® HFOYMEND TOY ITITIKOY TATMATOC EKEIND EKAHPOAOTHBHCAN. AIHPHTAI AE TO BEMA THC CAMmoY EIC TOYPMAC AYO, MIAN MEN THN EBECION, AEYTEPAN AC THUN ATPAMYTTHNHN. 6 AE CTPATHFÖC TOY BEMATOC AYTHN EnAXE CMYPNAN THN TIÖAIN TIPAIT@PION. Kal TAYTA MEN TIEPI ToY 8EMATOC CAmoyY. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. IR rung des Themas: denn Konstantin spricht von der Residenz des Admirals in Smyrna als einer offenbar schon ziemlich lange bestehenden Tatsache. Wir besitzen die Amts- und Besoldungsordnung »des christusliebenden Kaisers Leon VI.« (886—g11)', ferner die Reihenfolge im militärischen und zivilen Beamtenschematismus (cyn#eeıa evYceselac)” und die Rangordnung an der Allerhöchsten Tafel (Akrısonoria TÄC TÜN BACIAIKÖN KAHTWPIWN KATACTÄCEWC KAl EKÄCTOY TON AEIWMATWN TIPÖCKAHCIC Kal TIMA).” Letztere beide hat auf Be- fehl unseres christusliebenden und allerweisesten Kaisers Leon ı. Septem- ber 899 der kaiserliche Protospatharios und Atriklinos (Oberzeremonien- meister) Philotheos veröffentlicht. Daraus ersehen wir, daß Seine Majestät, welche auch die bei den heiligen Synoden in Stößen und Gegenstößen sich kundgebende Streitsucht der allerheiligsten und hochwürdigsten Metro- politen und Prälaten durch eine feste Rangordnung geschliehtet hatte, in ähnlicher Weise jedes Gefühl äußerer Zurücksetzung in den Herzen der Spitzen der Militärbehörden auszulöschen sich eifrigst bemüht hat. Die Provinzialstatthalter und Divisionskommandeure erhielten von nun an sämt- lich die Titel Strategos und Anthypatos (Prokonsul) und dazu das Prädikat Exzellenz (marpikıoc). So figuriert denn in der Rangliste als Nr. 7 Ö ÄNSYTIATOC TIATPIKIOC KAl CTPATHrÖC TON OPakHcion und als Nr. 28 6 AneYTIATocC TATPIKIOC KAl CTPATHrÖC TÄc CAmov. Freilich auch hier blieb ein Unterschied. Des Vorzugs an Seiner Maje- stät Tafel (TA AnokortA TPATMEIH) zu speisen, wurden nur sechs ganz be- sonders erhabene Spitzen gewürdigt: ı. Der Patriarch von Konstantinopel, 2. der Caesar, 3. der Nobilissimus, 4. der Kuropalates, 5. der Basileo- pator, 6. 4 IWCTH TIATPIKIA. Sämtliche übrigen Chargen hatten an der Marschalltafel (aevrera TAzıc) sich zu plazieren. Hier hatten die ersten Plätze der Magistros und der Rektor, dann folgte die hohe Geistlichkeit, die Vertreter (cyrkernoı) der fünf Patriarchalstühle und der Erzbischof von Bulgarien, hierauf die kaiser- lichen Kämmerlinge mit Exzellenzcharakter (marpikıoı eyvno®xo1). Dann schloß sich aber sofort die gesamte Generalität an, die Exzellenzen mit Garde- kommando und die mit der Leitung der Provinzialdivisionen betrauten. Constant. Porphyr. de cerim. I, S. 696 ff. Ara: 0.1, Sı712 SEA 051282720 78 GELZER: Unter diesen hatte die hochvornehme Exzellenz von Thrakesion den vierten, die von Samos natürlich einen viel tieferen Platz. Auch die Gehaltsbezüge der Divisionskommandeure wurden von Kaiser Leon neugeordnet. Jetzt, da es der Exzellenzen durch die allgemeine Gleichstellung viel mehr gab als früher, wurden die Einkünfte etwas her- abgesetzt. 1. Exzellenzen I. Klasse empfingen 40 Pfund Goldes = 36547.20 Mark 2* » Il. » » 30 » DI 2 7 A:LO AO 3. » II. » » DORUuM» iz 4. Admirale » Io » een lcro) 5. Kleisurarchen » 5 » nu 4568 OR Zur ersten Klasse zählte Leon nur Anatolikon, Armeniakon und Thra- kesion, während Opsikion, das früher hochangesehene Bukellarion und Makedonia die zweite Klasse bildete. Die meisten übrigen gehörten zur dritten; die aber immer die doppelten Bezüge, verglichen mit den Ad- miralen, hatten. Der jetzt im Binnenlande — in Philadelpheia! — resi- dierende Divisionskommandeur von Thrakesion hatte also die vierfache Ein- nahme seines Kollegen von der Flotte zu Smyrna. Mit welch vornehmem Stolz wird er auf diesen herabgeblickt haben, wenn er beim Amtsantritt den feierlichen Nachbarbesuch ihm zu machen hatte. XV. Pergamon bis zum Seldschukeneinbruch. Wir würden von Pergamon nun für lange gar nichts mehr erfahren, wenn nicht zufällig der Chronist Johannes Skylitzes, der Kuropalate, der uns vorläufig nur in der Bearbeitung des Mönches Georgios Kedrenos vor- liegt’, für das auf Basileios II. Bulgaroktonos (963 — 1025) folgende Jahr- zehnt eine kleinasiatische Quelle benutzte. Ihr kleinasiatischer Ursprung folgt aus der ganz auffälligen Hervorhebung der Ereignisse aus dem T'hema Thrakesion.” ' Die alte lHauptstadt Ephesos gehörte zum Thema Samos. In Philadelpheia saß wenigstens zur Komnenen- und Paläologenzeit der Dux und Stratopedarches des Thema Thrakesion. Tomaschek, a.a.O., 8.97. ® Kedrenos schließt seine Weltehronik mit dem Einzug des Kaisers Isaak des Kom- nenen in Konstantinopel (1. September 1057) ab. ° Sollte die Quelle vielleicht der von Skylitzes an letzter Stelle genannte Mönch Johannes der Lyder sein? vergl. Georg. Cedren. ed. Bekker I, S. 4. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 19 So meldet er zum Jahre 1028/29, daß der Metropolit von Ephesos Synkellos des Patriarchen wurde, und daß der Patrieius Konstantinos Dioge- nes, welcher als Gouverneur von Sirmium und Dux von Bulgarien die wilden Petschenegen siegreich über die Donau zurückgeworfen hatte, zum Strategen von Thrakesion befördert ward. Indessen in eine angebliche Verschwörung gegen Kaiser Romanos (1028-—-1034) verwickelt, wurde er bald nach der Hauptstadt entboten und in Verhaft genommen. In dem- selben Jahre hörte man am Berge Kuzenas' eine jammervolle Stimme, mit Seufzen, Weherufen und Tränen vermischt, den Klagelauten einer Frau ähnlich. Und wohlgemerkt nicht einmal, sondern vom März bis Juni hörte man diese Stimme Tag und Nacht. Als einige der Stimme nachgingen, entfernte sich diese. Natürlich war das eine prophetische Ankündigung des Zusammenbruchs der syrischen, von Kaiser Nikephoros gegründeten Herrschaft.” In Jahre 1034/35 ereignete sich eine denkwür- dige Begebenheit (rl AzıaeArHron):” »Einer von den Warägern (BArarroı), welche in dem thrakesischen Divisionsbezirk in Winterquartiere verteilt waren, versuchte der Tugend einer Bäuerin in der Einöde Gewalt anzu- tun. Als sie ihm nicht gefällig war und er schon Gewalt anwandte, riss sie dem Barbaren das Schwert aus der Scheide, stach ihn mitten ins Herz und tötete ihn auf der Stelle. Als die Kunde von der Tat sich im Umkreis verbreitete, liefen die Waräger zusammen, bekränzten die Frau und überwiesen ihr die gesamte Habe des Schänders; jenen warfen sie auf den Schindanger wie einen Selbstmörder. Aber die Heuschrecken- schwärme, welche, wie wir bereits erzählt haben, am sandigen Strand des Hellespontes zugrunde gegangen waren, lebten von selbst wieder auf und fraßen das Hellespontesgestade zum zweiten Male kahl; während eines Zeitraumes von vollen drei Jahren verwüsteten sie das Thema der Thra- kesier, dann wandten sie sich nach Pergamon und gingen zugrunde; aber ein Mann, der im Dienste des Bischofs stand, schaute ein Gesicht, nicht im Traume, sondern in Wirklichkeit. Er glaubte einen weißgeklei- deten Kämmerling zu schauen, dessen ganze Gestalt strahlte. Drei Säcke lagen vor ihm, und eine Stimme gebot ihm, den ersten zu lösen und ! KoyrHnäÄc, auch Koycinäc geschrieben, berühmt durch seine Klöster, ist der Sipylos. Tomaschek an der S. 77 angeführten Stelle S. 29. ®2 Georg. Cedren. II, 489. ® Georg. Cedren. II, 508 ft. s0 GELZER: auszuleeren, dann den zweiten und endlich den dritten. Als dieser das Gebot vollzog, warf der erste Schlangen, Nattern und Skorpione, der zweite Kröten, Vipern, Basilisken, Kammeidechsen und anderes giftiges Getier, der dritte aber Käfer, Ameisen, Wespen und andere stachelbewaffnete In- sekten aus. Bei diesem Anblick wurde der Bischofsdiener sprachlos; doch jener leuchtende Mann stand nahe zu ihm und sprach: »Dies hat euch heimgesucht und wird euch heimsuchen wegen der Übertretung von Gottes Befehlen und des geschehenen gottlosen Werkes bezüglich des Kaisers Romanos und seines Ehebettes«. Und dieses nun trug sich der- malen zu.« Die Anschauung des Volkes und der Frommen erkannte also in die- sen Heimsuchungen ein Gottesgericht, wodurch das Reich für die in der Kaiserfamilie verübten Greuel bestraft wurde: man sieht, knechtische Ge- sinnung zeigten die byzantinischen Provinzialen und Gottesmänner nicht, sondern sie übten an den Hochmögenden eine keineswegs ganz unberech- tigte Kritik. Kaiserin Zoö (1028 — 1051) ist ein merkwürdiges Gemisch von Isabella II. und Katharina Il. Wie erstere teilt sie ihr Leben zwischen Andächteleien und Liebesabenteuer, und wie bei letzterer suchten die im kaiserlichen Ehebette sich ablösenden Liebhaber Einfluß auf die Regierung zu erlangen und fanden bei der schwachen Frau bald ihre Rechnung. In vorteilhafter Weise unterscheidet sieh aber die byzantinische Regentin dadurch von ihren modernen Parallelen, daß sie mit ihren ziemlich zahlreichen Lieb- habern sich nur in rechtmäßiger Ehe verband. Zoös Schwester und Nach- folgerin, die sehr tüchtige Theodora (1054—1056) hatte zu ihrem Nachfol- ger den gänzlich unfähigen Michael Stratiotikos (1056 — 1057) ausersehen. Gegen ihn erhob sich T'heodosios, ein Vetter des verstorbenen Kaisers Kon- stantinos Monomachos (1042 — 1054), erbittert, dal man ihn bei der Thron- besetzung gänzlich übergangen habe. Kopfloser ist wohl selten eine Revolution in Szene gesetzt worden. Er befreite die Gefangenen im Prätorium und in der Chalke. Indessen die Palastgarde, vor allem die Waräger, marschierten gegen ihn. Er wandte sich zur Sophienkirche in der naiven Annahme, von Patriarch, Klerus und Volk mit Jubel begrüßt zu werden. Statt dessen fand er die Tore verschlossen; seine Begleiter verliefen sich, und der Revolutionsheld floh mit seinem Sohne an den Kirchenaltar. Die Re- gierung hielt den lächerlichen Prätendenten für so wenig gefährlich, daß Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. sl sie sich damit begnügte, ihn und seine wichtigsten Anhänger nach Per- gamon zu verbannen.' Im ı1. Jahrhundert unter dem Weiberregiment (1028—1056) und später unter der Herrschaft der Dukas (1059—1078) vollzieht sich ein bedeutsamer Umschwung: das Militär wird von der leitenden Stelle ver- drängt, die Zivilbureaukratie bemächtigt sich des Ruders, Juristen und gelehrte Pedanten, wie der unerträgliche, aber in seinen Memoiren höchst geistreiche Psellos führen das große Wort. Sie haben das Reich dem Untergange nahe gebracht. Vergebens hatten der treffliche Isaak Komnenos (1057 — 1059) und ebenso Romanos Diogenes (1067—1071) noch einmal die Militärherrschaft herzustellen versucht. Romanos erlag 1071 nicht weniger der stillen Opposition der Zivilbeamten, als der Wucht der Seld- schuken unter ihrem genialen Alp-Arslan. Die herrlichen Ostprovinzen, die Themen Anatolikon und Armeniakon, Charsianon und Kappadokia, die solange dem Islam Trotz geboten, wurden nun von den Türken über- schwemmt, und aus den Trümmern der Kernlandschaften des Christen- reichs bauten sich die schwächlichen Reiche der Sultane von Rum (Ikonion) und der Danischmende auf. Auch der elende Rest des asiatischen Reichs wurde von den Reitervölkern der turanischen Steppe überschwemmt. Smyrna und Nikaea fielen in die Gewalt der Ungläubigen, und unterdessen kämpften in der Reichshauptstadt die Faktionen ihren kümmerlichen Hader weiter, bis der kriegerische kleinasiatische Landadel sich noch einmal er- hob und unter dem ebenso tapfern wie schlauen Neffen des Kaisers Isaak, Alexios Komnenos (I081— 1118) die Hauptstadt echt soldatisch hart züch- tigte. Das Komnenenhaus (r081— 1185) hat der unglücklichen vielgeplag- ten Romaeernation wenigstens einen schönen Lebensabend verschafft. Ohne Zweifel ist in dieser Epoche der Krisen und Volksstürme auch Pergamon von allerlei feindlichen Invasionen nicht verschont geblieben; die Söhne des Altaigebirges haben wohl ihre schnellen Rosse zeitweise im Kaikos- tale getummelt. Doch die dürftigen Chroniken schweigen sich darüber völlig aus. ! Cedren. II, S. 614, 3, ed. Bonn. ON eYeYc ATIOCTEINANTEC EZATOYCI TÄC EKKAHCIAC Kal EEOPILOYCIN EN TTEPFAM@. “ Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. Il. 11 82 GELZER: XVI. Pergamon als Hauptstadt des Thema Neokastra und Grenzfestung. In der Komnenenzeit wird Pergamon zweimal erwähnt. Einmal zur Zeit des zweiten Kreuzzuges. Der kaiserliche Historiograph Johannes Kinnamos läßt sich in seiner Geschichte der Komnenen Johannes I. (1118—1143) und Manuel I. (1143— 1180) bezüglich der kleinasiatischen Reisetouren der Fermanoi (Franzosen) und der Anamannoi (Deutschen) nur wenig in das De- tail ein. Etwas mehr bieten die abendländischen Quellen." Die Franzosen hatten am 15. Oktober 1197 auf das asiatische Ufer unter Führung ihres Königs Ludwig übergesetzt. Gemächlich zog dieser weiter über Nikomedeia, und an der Askania Limne traf ihn die Nachricht von Konrads Niederlage. Er erwartete seine Rückkehr ad castrum Lupar (Ao- tAaıon); von da zogen Franzosen und Deutsche vereint nach Achyraus, wo sich die Wege teilten. Der eine führte südwärts nach Philadelpheia durch öde Gegenden, die Franzosen zogen westwärts zur Küste, wo reiche Städte lagen. Auf‘ den Grenzen des Thema Samos unweit Adramyttion (Demetria, heute Edremid) geriet der Franzosenkönig in Bergschluchten, wo ein Gießbach neunmal durchwatet werden mußte. Aber die ehemals so blühende, mit volkreichen Städten dicht besetzte Küste, die alte Aeolis und Ionien hatten durch die Reiterscharen der Seldschuken und die Piraten des Türken Caga furchtbar gelitten. Odo von Deuil’ erwähnt die zahl- reichen zerstörten Städte des dortigen Küstenstrichs. »Andere«, sagt er, ' Die hier in Betracht kommenden geographischen Notizen sind vortrefflich zu- sammengestellt bei W. Tomaschek, Zur historischen Topographie von Kleinasien im Mittel- alter. I. Die Küstengebiete und die Wege der Kreuzfahrer. Sitzungsberichte der k. Akad. d. Wiss. in Wien, philol.-hist. Kl., Bd. CXXIV, Wien 1891, S. goff. Bedauerlich ist nur seine oft wenig sorgfältige Zitiermethode, welche die Benutzung des hochverdienstvollen Werkes erschwert. * Ex Odonis de Deogilo l. de via S. Sepulchri MGSS XXVI, 71: ... Ibi multas urbes destructas invenimus et alias quas ab antiqua latitudine supra mare Greei restruxerant, munientes eas muris et turribus .... illi turres habebant et muros duplices ad tutelam et in mare naves ad fugam... Sie tandem praeteritis Smirna et Pergamo venimus Efesum quae inter ruinas antique gloriae venerandas sui status habet reliquias beati Ioannis sepul- chrum in quodam terre tumulo contra paganos muro circumdatum. Wilhelm von Tyrus XVI, 23 erwähnt Pergamum nicht. Vergl. Michaud, Histoire des Croisades II, 158; R. Röhricht, Geschichte der Kreuzzüge im Umriss, 1898, S.95; Bernhardi, Jahrb. d. Deutschen Geschichte Konrad IIl., 2. Theil, S. 647. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 83 »hatten die Griechen in bescheidenen Verhältnissen am Meere wieder auf- gebaut und sie durch Mauern und Türme befestigt. »Der doppelte Mauer- lauf« dieser Fortifikationsanlagen imponierte sichtlich den Franken. Sie mußten zur Winterszeit drei Ströme passieren und erreichten über Per- gamon und Smyrna Ephesos, das durch seine heilige Apostelkirche noch immer zahlreiche Waller anzog. Ausdrücklich meldet Odo, daß die Grie- chen den Schrein des heiligen Johannes auf einer Anhöhe gegen die An- griffe der Heiden ummauert hätten. Die alte Stadt in der Stromebene war aufgegeben und nur der Berghügel von Ayasuluk umwallt worden. Auch Pergamon, obschon fern vom Meere gelegen, dürfen wir zu diesen, von den Byzantinern in kleinerem Umfange neubefestigten Städten rechnen. Manuel Komnenos, wie fast alle Regenten seiner hochbegabten Dynastie, ein tüchtiger, leider nur zu romantisch-phantastischen Plänen neigender Herrscher, hat sich der Wiederherstellung der nunmehr Grenzgebiete ge- wordenen Themen Thrakesion und Samos mit lobenswertem Eifer ange- nommen. »Ein hervorragendes Werk des Kaisers ist dies. Die Städte der Landschaft Asia: Chliara, Pergamon und Atramytion hatten schwer durch die Türken gelitten. Das ganze Gebiet ringsum war allmählich Ödland geworden, und weil die (wenigen) Bewohner in offenen Weilern hausten, wurden sie eine leichte Beute der Feinde. Der Kaiser ummauerte nun die Stadt und schirmte die benachbarten Weidelandschaften durch feste Kastelle. Diese sind jetzt so gut bevölkert und wohlhabend, daß sie mit volkrei- chen Städten es aufnehmen können. Denn die Zahl der mit Feldfrüchten bestellten Äcker nimmt beständig zu, und des Gärtners fleißige Hand legt Obstplantagen an, so daß, um mit David! zu reden, sie die Wüste zu Wasser- seen und das bisher Unbewohnte bewohnbar machen. Wenn je Kaiser Manuel einen großen Erfolg, wenn er jemals etwas Nutzbringendes für die Römer erdacht und durchgeführt hat in den Jahren seiner Herrschaft, so ist das wohl das Ausgezeichnetste und für das Gemeinwesen Förder- lichste. Denn wer, der dort vorüberwandert und weiß, welche Roheit in diesem Landstrich herrschte und was für Männer es hervorbrachte wird nicht die Hände gen Himmel erheben und diesem Kaiser ein ewiges Los in Eden, eine grünende, unvergängliche Behausung erflehen? Eine eigene Benennung hat (das Gebiet) dieser Kastelle erhalten — es heißt ! Niketas zitiert ungenau und irrt sich; er meint Esaias 41, 18. ul 4 GELZER: [0 s) Neokastra — einen eigenen Präfekten erhalten sie aus Byzanz, und an die kaiserliche Schatzkammer zahlen sie jährlichen Tribut«.' Neökactra bildete demnach ein eigenes Thema.” Es war Komnenen- politik, die ehemaligen großen Divisionskommandos in eine Menge kleine Brigadekommandos zu zerschlagen und weniger hohen Militärs zu unter- stellen. Es ist dieselbe Tendenz, und es sind dieselben Maßregeln, welche einst in der diokletianisch-konstantinischen Epoche die Neuordnung des Reichs herbeigeführt hatten. Der Chronist berichtet unmittelbar darauf von den Ungarnkriegen und dem mit Amalrich (‘Amerıroc) von Jerusalem vereinbarten Zug gegen das ägyptische Tamiathe (Damiette) 1161. Man ersieht, mit welchem Eifer die treffliche komnenische Regierung für die asiatischen Provinzen sorgte. Alles blühte wieder auf, und hätte nicht der vierte Kreuzzug bald eine vollständige Umwälzung hervorgerufen, wer weiß, ob das Römerreich nicht noch fernere Peripetien hätte überdauern können! Pergamon also war eine Grenzburg geworden, eine Kaeıcoypa, wie die älteren Byzantiner gesagt haben würden. Gegen die räuberischen Einfälle der ikonischen Reiterscharen deckte hier die Reichsgrenze das Defensiv- system der »neuen Burgen« (Neokastra).” Eine Anzahl wohlummauerter Bergstädte, die durch befestigte Dorfkastelle und wohl auch Wachttürme miteinander in Verbindung standen, verdankten der wohldurchdachten Verteidigungsorganisation des glorreichen Großkomnenen Manuel I. ihren Ursprung. Der Dux, der militärische Chef dieses Fortifikationssystems, saß ohne Zweifel in Pergamon auf der Burg der Attaliden. Damit trat für das Pergamon der letzten byzantinischen Zeit wieder eine Epoche des Aufblühens ein, welche ihren Ausdruck in einer ganz erheblichen Erwei- terung der Stadt findet. Dieses neue Pergamon schildert A. Conze fol- gendermaßen:* »Dieser neuen Blütezeit werden die wieder weit über die »byzantinische« Mauer hinausgerückten und außerdem in engerem Ringe ! Nicetae Chon. hist. p.194, 23 bis 195, 23 (= ÄNWNYMoY CYNoYIc XPoNikH. K.N. Sathas MecaiwnIKH BIBAIOSHKH VII, 1894, S. 168.) 2 cYNoY. XxPon. S. 462. ® Tomaschek S.96 läßt das Thema Neokastra sich sehr weit nach Süden er- strecken. S. 96: »Das Thema der Neokastra reichte vom Tmolus und Sipylus nordwärts bis zur KomH 6 KAnamoc«. Die Quellen gewähren für die Ausdehnung nach Süden keinen Anhalt. * Die Rleinfunde aus Pergamon S. 26. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 85 die Hochburg einfassenden, hohen Ziegelmauern angehören, von denen nach den Einzelheiten ihrer Konstruktion es nie zweifelhaft sein konnte, daß sie später als jene »byzantinische« Mauer entstanden seien.« Diese hohen Ziegelmauern sind den Mauern von Konstantinopel, Saloniki usw. durchaus gleichartig und folgen, den engen frühmittelalterlichen Stadtkreis stark erweiternd, in der Hauptsache wieder der spätrömischen Mauer. In folgender Weise läßt sich demnach die Stadtentwickelung in nach- klassischer Zeit kurz zusammenfassen: 1. Größter Umfang: die offene Stadt der Kaiserzeit. 2. Erste Reduktion: spätrömische Mauer, wie die aurelianische Roms. 3. Zweite Reduktion: die sogenannte byzantinische Mauer (isaurische Epoche). 4. Erweiterung der Stadt: die hohen Ziegelmauern ı. auf der Trace der spätrömischen Mauer usw., 2. der Zitadelle (Komnenenzeit).' Mit diesem wertvollen Ergebnis, das uns die Denkmäler gewähren, stimmt nun alles, was uns die sonstige Überlieferung bietet. Wie dieses neue Pergamon an Glanz hinter der justinianeischen Epoche zurückstand, ebenso sicher zeigt es gegenüber der isaurischen Zeit einen entschiedenen Fortschritt. Es wurde bald wieder der Mittelpunkt eines bevölkerten, be- triebsamen und wohlhabenden griechischen Distriktes. Diese aufs neue stei- gende Bedeutung von Pergamon erklärt uns auch, warum die Stadt nicht allein in bürgerlicher und militärischer Beziehung ein Zentralpunkt ward, sondern daß sie auch bald zum höchsten geistlichen Rang erhoben wurde, zu dem eine Provinzialstadt gelangen kann, zur Metropolis. Als solche erscheint sie zuerst in der Kirchenordnung »des an Christus, unsern Gott glauben- den Kaisers und Herrschers der Römer«, Isaak Angelos (1185 — 1195). Kaiser Isaak nämlich und der Patriarch Michael Kamateras haben mit Leons des Philosophen Kirchenordnung, welche Alexios der Komnene und sein Patriarch Eustratios im Jahre 1087? neu reguliert hatten, eine wichtige Änderung vor- genommen.” Das westliche Kleinasien und der Peloponnes waren damals die blühendsten Provinzen des Reichs. Eine Reihe dortiger Bistümer und Erzbistümer wurden jetzt durch den Metropolitenrang geschmückt. Bereits ! Bemerkung von (onze. 2 C.E. Zacharias von Lingenthal, Ius Graeco- Romanum III, S. 358 (nov. 23) und S. 364 (nov. 25), verglichen mit S. 367 (nov. 28). ® Vgl. H. Gelzer, Index lectionum von Jena 1889 “analecta Byzantina'. 36 GELZER: unter Kaiser Manuel hatten Milet, Abydos und Kerkyra diesen Rang er- halten; Isaak teilte durch besondere Privilegien dem peloponnesischen Ar- gos und dem Iydischen Hypaepa die Würde einer Metropolis zu. Auf einer Synode wurde dann eine gründliche Revision der Kirchenordnung vorgenommen, und noch eine ganze Reihe anderer Städte, unter diesen auch Pergamon, mit der Würde einer Metropolis geehrt. In der Pa- triarchalkanzlei wurde demnach eine neue Urkunde ausgefertigt, welche das von nun an gültige Verzeichnis der Metropoliten und Erzbischöfe enthielt.! Der neue Anhang an Alexios’ altes Metropolitenverzeichnis fügte zu den bis- herigen 84 Metropolen des Reichs 16 neue; unter diesen nahm Pergamon den 99. Platz ein. Daß endlich die ehemals erste Stadt Asiens mit Smyrna und Ephesos, wie sie es schon vor Jahrhunderten verdient hätte, in kirchlicher Beziehung gleichgestellt ward, ist ein wichtiger Beleg für die steigende Bedeutung, für die Blüte und den Volksreichtum der alten Attalidenstadt. XVII. Pergamon nach dem Sturze der Komnenen. Es kam die große Katastrophe. Durch die unglückliche Revolution von 1185 hat das Romaeervolk sein Schicksal selbst hervorgerufen und mußte nun jahrhundertelang furchtbare Leiden durchmachen. Indem sich der feudale kleinasiatische Landadel und der hauptstädtische Pöbel die Hand zum Bunde reichten, gelang es ihnen, den genialen Regenerator und Reichs- retter Andronikos Komnenos zu stürzen und damit den Untergang des Romaeerreiches zu beschleunigen. Die Familie der Angeloi, welche ein weltgeschichtlicher Zufall auf den Thron Konstantins und Justinians ge- setzt hatte, zeichnete sich nur durch Unfähigkeit und landesverräterische Gesinnung aus. Isaak und sein Sohn Alexios erlitten 1204 durch den tüchtigen Alexios V. Murtzuphlos ihre reichlich verdiente Strafe; aber das Reich fiel und wurde eine Beute der Franzosen und der kühl allzeit ihren Vorteil berechnenden Venezianer. Allein der alte Heldengeist war unter dem hellenischen Landadel noch nicht erstorben. Die Laskaris, die Dukas, die Komnenen und Palaeologen retteten aus dem allgemeinen Schiffbruch einige Trümmer, mit denen es allerdings im Beginn kümmerlich genug aussah. " Notitia X bei Parthey und die beiden von mir im Index Ienensis zum ersten Male veröffentlichten Bistümerverzeichnisse. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 87 Kleinasien war einst die Stärke des Reichs gewesen. Am Nordrand, an den pontischen Küsten setzten sich die tüchtigen Komnenen fest; der West- rand: Thrakesion und Samos, Opsikion und Optimaton waren noch größten- teils in griechischen Händen, und hier gründete der ausgezeichnete Theo- dorosI. Laskaris (1204— 1222) das Reich von Nikaea, und sein glücklicher Nachfolger Johannes III. Dukas Vatatzes (1I222— 1254) erweiterte dasselbe durch Eroberungen in Europa, so daß der arme lateinische Kaiser, bald auf Konstantinopel beschränkt, sich kümmerlich vom Reliquienhandel und abend- ländischen Almosen nährte. Nur einen tüchtigen Regenten hat das flan- drische Kaiserhaus hervorgebracht, den Bruder des unglücklichen, in bul- garischer Gefangenschaft schmachtenden Balduin I, den Reichsverweser und nachherigen Kaiser Heinrich (Henri, ’ErrAc der Griechen 1206— 1216). In der partitio Romaniae vom Jahre 1204' wurde unter den dem Kaiser zu- gewiesenen Landesteilen auch aufgezählt: provincia Adramyttii, de Chliaris? et de Pergamis, provincia Neocastri. Indessen diese Stücke hatten die Franken nie tatsächlich besetzen können. Es war daher sehr verständig von Kaiser Heinrich, daß er mit Theodoros Laskaris einen Vertrag schloß, wonach die Südküste der Propontis, die alten Stadtgebiete von Kyzikos, Miletopolis und Apollonia, für fränkisch erklärt wurde. Der Vertrag be- zeichnet nach der damaligen geographischen Nomenklatur die Demarkations- linie durch das ob seiner Klöster gefeierte Kyminasgebirge und das Kastron Achyraus, welches unweit Adrianutherai lag und mit diesem einen Bischof hatte’; was nordwärts liegt, ist fränkisch. Dann kommt zur genauern Markierung der Grenze ein Stück »Uchtland« (Aoıkon), das Dorf‘ Kalamos.* Dagegen das südlich gelegene Gebiet, das Thema Neokastra mit Kel- bianon, Chliara, Pergamos und den benachbarten Enklaven Magidia und Opsikia wurde als Eigentum des Kaisers von Nikaea anerkannt.’ ı Vergl. Tafel und Thomas, Urkunden zur älteren Handels- und Staatsgeschiclte der Republik Venedig Tom. I (Wien 1856) S.179 ff. 2 Über die Lage (— Söma oder Kirk-agadz) s. Tomaschek S. 96. ® Ramsay, Asia minor S. 156. * Vergl. Ramsay, a.a.O.S.129 ffl.; Tomaschek S. 96. ° Georgii Acropolitae opera rec. A. Heisenberg. Leipzig 1903. S. 27, 21: ö Epfc.. EIC EYMBAcEIC Änee META TOT BAcınewc OEoAWPOY. KAl CYNEWNHEH TA MEN TOY KIMINA TIANTA — 0YT@ TÄP TO ÖPoc Kaneitaı TO ErrYc TÄc AxYPAoYc TYFXANON — META Kal AYTÄc TÄC AxrY- PAOYC TIAPA TOY TÖN PPÄTTWN MEPOYC AECCITÖLECHAI, TON A& KANAMON — KÜOMH AE EcTiIN Ö KAnamoc, EZ 0% TO TÜÖN NEOKACTPWN APXETAI BEMA — MENEIN AOIKON, TÄ A’ ENTEYBEN TIAPA TOY BACINEWC [0'.e} [0 0) GELZER: Auch in geistlicher Beziehung nahm Pergamon damals eine hervor- ragende Stellung ein. Unter den hauptsächlich im nordwestlichen Klein- asien gebietenden Kaisern von Nikaea bildeten die hellespontischen und mysischen Bischöfe den Synodalrat des Patriarchen von Nikaea. Der Metro- polit einer kirchlich so wichtigen Stadt, wie der Grenzfestung Pergamon, der bisher den 99. Platz innehatte, wurde jetzt plötzlich auf den 19. Thronos' erhoben. Er saß nun mit dem an Klaudiupolis’ Stelle tretenden eben erst zur Metropolitanwürde erhobenen Bischof von Pontoherakleia (17) ziemlich unmittelbar hinter den großen bithynischen Metropoliten. Denn die dem Range nach dazwischen liegenden Metropolen Side - Sebasteia - Amaseia - Melitene- Tyana usw. waren in den Händen der Ungläubigen und vielfach unbesetzt.” Damals wird auch der pergamenische Metropolit einmal urkundlich erwähnt. Im Jahre 1256 schliehtet der ökumenische Patriarch Arsenios einen Streithandel zwischen dem Metropoliten von Mitylene und einem dortigen Kloster; unter den im Sitzungsprotokoll der enaumoFca cYnoAoc als anwesend erwähnten Metropoliten zeichnet an letzter Stelle Georgios von Pergamon.’ In dieser Epoche hat der spätere Kaiser Theodoros II. Laskaris (1254 bis 1258) noch vor seiner Thronbesteigung die Stadt besucht und darüber in einem Briefe an den späteren Großlogotheten Georgios Akropolites, den Geschichtschreiber berichtet. Es ist interessant zu sehen, mit welcher Ehr- fureht dieser feinsinnige und hochgebildete Byzantiner von den antiken Resten der alten Königsstadt spricht. Er hat Mühe, sich in den weit- läufigen Ruinen zurechtzufinden. Der Aufstieg zur Burg kostet ihn An- OcoAWPoY AecröreceAal NEÖKACTPA AE TAYTA HN Kal KenBlanön, XNIAPA TE Kal TTEPFAMOC Kal TA TIAATI@C ErKeimena MArIala TE KAl "OYikla. YIIÄPXE A& Kal AnnH XGPA TO BACInEl BeoAwpw, A Amd ToY AoTlAAloY APXOMENH Kal TTPoYcan TIEPINAMBANOYCA Kal Nikalan. Denselben Bericht schreibt die cYnoYıc XPonik# a.a. 0. S.462 aus. ! Einige Handschriften, z.B. Kodex B 51 der evangelischen Schule in Snmyrna fol. zıı haben: KB. H TTepramoc epönoc oYcA IT eic KB (unter Andronikos) ereneto. Indessen das ist Konfusion. Den 17. Platz nahm in der Rangordnung der Kaiser von Nikaea Pontohera- kleia ein. 2 Über die politischen und kirchlichen Zustände der kleinasiatischen Hellenen vergl. A. Wächter, Der Verfall des Griechentums in Kleinasien in XIV. Jahrhundert. Leipzig 1903. ® Miklosich und Müller: acta patriarchatus Const. 1. 69 S. ııg: ToY TTerrämoy Tewrrioy. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 89 strengung. Besonderen Eindruck auf ihn machen die zahlreichen Theater, die freilich nur noch einen schwachen Schimmer des ehemaligen Glanzes zeigen. Dann erwähnt er staunend den gewaltigen Gewölbebau der Selinos- überbrückung und die beiden starken Rundtürme in der Umfassungsmauer des Theaters (der Thermenanlage), ebenso das Haus Galens. Neben diesen Zeugen der Vorzeit erregt der Anblick der armseligen Häuschen, welche die Zeitgenossen gleich Mauselöchern dazwischen hineingebaut haben, geradezu physischen Schmerz. Wenn vollends die Bewohner ihren Bauten ent- sprechen, wie tief unglücklich müssen dieselben sein.' Als dann der geistvolle, militärisch wie diplomatisch gleich gewandte Michael Palaeologos (1259— 1282) 1260 die Reichshauptstadt den Romaeern zurückgewann, schienen die alten guten Zeiten wiederzukehren; freilich es schien nur so: denn wie sollte das altersschwache Reich den Angriffen ! Theodori Lascaris epistulae CCXVI in Pubbl. del R. Istit. di studi sup. Firenze 1898 epist. LXXX p. 107 vergl. auch P. N. Papageorgiu in Berliner philol. Wochenschr. 1901 Nr. 21, 668. TTEPrAmocC, TIÖNIC OlON ENAEPIA, OY TINEYMATWN KATOIKHTHPION, AAN ÄNGPÜTI@N EIC AAIMONAC ®YAAKTHPION (OYCTINAC AH TOYTOYC YTIOAHTITEON) HMAC YIIEAEEATO AYCBEHPHTOC OYCA, 0YXx ÄTTON A& AYCANABATOC, BEÄTPÜN OYCA MECTH KAI TOYTÜN oion (Papageorgiu für own) re- THPAKÖT@N KAI MAPANGENTON TO XPÖND KAl ÜCTTEP EN YEAW TINI TÄN TIOTE AEIKNYMENON AAMTIPO- THTA KAl TO METANOTIPETIEC TÖN AEIMAÄNTON AYTA" "EANHNIKÄC TÄP METAAONDIAC YITAPXEI TAYTA MECTÄ KAl CO®IAC TAYTHC INAANMATA. AelIKNYEel A& TAYTA TIPÖC HMAC H TIÖNIC KATONEIAITOYCA ÖCTIEP ÄTIOFÖNOYC TINÄC TOY TTATPWOY KAEOYC TO METANEIW" CMEPAANEA TAP EICI TAYTA TIPÖC TÄC NYN ANOIKOAOMAC, KAN APICTOTENEI AOKH TIANTA CMIKPÄ BAYMACMOY TIPÖC TO CYMITAN. Anerel- PONTAI A& KAl TEIXH XANKÖN OYPANGN TIOIKIAHN OIKOAOMHN EXONTA. TIOTAMOC A& MECON AlEPXETAI ÄYIAECI TIPOMHKECTEPAIC (Papageorgiu für TIPOMHKECTEPOIC) KATATEPYPOYMENOC" 0Y MÄ TON TIÖNOY AOMHTOPA CYNEETOYC EIMIOI TIC EINAI TAYTAC, AAN OION AYTOSYEIC TE KAI MONONIBOYC* ÄCTIEP EITTEP EIAE KAI Pelalac Annoc AIBOKÖTIOC, EBAYMACE TO KATÄ CTÄBMHN ICON TOYTÜON KAI ÄKAINEC. Mecon (Papag. für mecwn) AE& TÖN OIKOAOMÖN KEenNYAPIA X8AMAnA Kal olon (Festa für oiwn) nel- YANA TON TEONEOT@N OIK@N EM®AINONTAI TIOAAHN EMTIOIOYNTA TA BEA THN ÄATHAÖNA® Üc TÄP eiIc TOYC NYN OIKOYC Al TÖN MYÖN EXoYci TPÄrTAAI, OYTWC AN EiMoI TIC Kal TAYTA TIPÖC TOYcC Ä®ANITOMENOYC* EI AC KAl H TÖN OIKHTÖP@N ANAAOTIA TOIAYTH, ®EY TÄC TÖN IONTWN KAKOTYXIAC* TI6CON ECXON TÖ KAT” EAACCON ÄNICON. &b” EKATEPOIC MEPECI AC TÖN TOY MEFANOY BEÄTPOY TIEPI- TEIXICMATW@N KYAINAPWAEIC ICTANTAI TIYPFOI OION &£ ICOY TOYC NlBOYC ExeIN IHNOTYMOYNTEC IÖNAC TE TINAC TIEPILWNNYMENOI" OYTE XEIPÖC EPFON OYTE NOÖC NÖHMA TOYTO TÖN NYN' EKMAHTTEI TÄP KAl BAETIÖMENON® Ol A& MECON THN ÄNOAON EXONTEC AIATIOPBMEYOYCI TIPÖC TÄ MET” AYTOYC TIEPI- TEIXICMATA THN EZEAEYCIN- CYNANAGAINETAI A& TA TIÖöNEI KAI BAYMA KAINÖN. ÜPAIÖTEPA TÄP eicı TÄ TIPÖTIOAA TÄC KOPY®Ac Kal TA TÖN TESNEWT@N TON IONT@N. TAYTHN ÖPÖNTEC HMeic TIÖC MEN ÄOYMOYMEN TIÖC AE CKIPTÜMEN KAl ÜCTTEP EN XAPMONYTIH KAI KAAYCOTENWTI TINI AIÄTOMEN. TIAIÖ- NEION AE TI ÖCTHEP TÖN TOY TAnHNOYF OIKON ÖPÖNTEC APYÖMEBA THN WOENEIAN, TÖN HMETEPON XPICTOPÖPON H KYPTOPÖPON EXONTEC YTIOYPFöN. TAYTA AC Ö KWCTOMYPHC KATAMASÜN EAPAME KATIAEIN Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 12 90 GELZER: der Osmanen von Osten und der Slawenreiche in Europa auf die Dauer standhalten, zumal eine Abschüttelung des kommerziellen Lateinerjochs, zu dem die Palaeologen mehr als einen ohnmächtigen Versuch machten, nie gelang. Hatte doch Michael nur durch Hülfe der mächtigen Rivalen Venedigs, der Genuesen, seine angestammte Hauptstadt zurückgewonnen. Natürlich ließen sich die klugen Italiener die Unterstützung reichlich in Gestalt von dem Reiche sehr schädlichen Handelsprivilegien bezahlen; auch mit der Königin der Meere, der über das aegaeische Inselreich gebietenden Republik Venedig, ging das neue Fürstenhaus bald einen Modus vivendi ein. Das alte herrliche Kaiserreich, einst die erste Großmacht der Christen- heit, wurde in eine bescheidene Stellung zweiten, bald dritten Ranges zurückgedrängt. Immerhin im Beginn ließen sich die Dinge ganz leidlich an. In der neuen Kirchenordnung (ner Ekeecıc) des Kaisers Andronikos des Älteren! (vor 1300) wird Pergamon vom 19. auf den 22. Thron hinab- gesetzt; es nimmt also immer noch eine sehr angesehene Stellung ein. Man muß bedenken, daß das Reich eine Reihe volkreicher und politisch bedeutender Städte, wie Thessalonike und Adrianopel, zurückgewonnen hatte, hinter denen Pergamon naturgemäß zurücktrat. Als Kaiser Andronikos 1295 eine Novelle erließ, welche die bei den Bischofswahlen üblichen Donative an die Kleriker als simonistisch aufhob, unterschrieben der Patriarch und sämtliche Bischöfe mit Ausnahme der beiden von Smyrna und Pergamon.” Als der Patriarch Johannes Kosmas am 23. August 1303 seine Ent- lassung genommen hatte, schiekten der Kaiser und die Synode eine Depu- tation an ihn, um nähere Erklärungen über die Bedeutung der Abdikation zu erlangen. Diese bestand aus dem Patriarchen Athanasios von Alexan- dria und den Metropoliten Nikephoros von Kreta und Arsenios von Pergamon.’ In den Jahren 1315 und 1316 ist der pergamenische Metropolit ständiges Mitglied der enaumosca cYnoaoc und sitzt seinem Range gemäß unterhalb Prusa (oder, wenn dieser Prälat abwesend ist, unterhalb Pontoherakleia) und geht vor dem Metropoliten von Palaeae Patrae (bez. von Serrae, Christu- 16 rEPON. ® Georgios Pachymeres II S. 200, ı3 ed. Bonn. ® Georgios Pachymeres II S. 349, 14 ed. Bonn. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 91 polis oder Myra). So unterzeichnen bei einer Synodalentscheidung vom September 1315' unter anderen: ö TTpovcHnc NiRönnoc. ö TTeprämoy Arcenıoc. ö TTanaıon TTatrpon MixaHn KTa. Im Juli desselben Jahres hatte die Synode dem Patriarchen Johannes XI. die Einkünfte der vier Metropolen Kyzikos, Proikonesos, Philippupolis und Traianupolis überwiesen. An achter Stelle, zwischen den beiden obenge- nannten Prälaten, unterschreibt°: 7 5 mHtporionituc TTeprämov, rıpdearoc Ainov Kal Yrieptimoc Apcenıoc. Arsenios scheint der letzte Metropolit gewesen zu sein, welcher im ruhigen Besitz seiner Metropolis gewesen ist. Die Stadt fiel in die Hände der Türken, und die Metropolis kam in die jammervollsten Zustände.” XVII. Pergamon wird türkisch. Mit dem Anfang des 14. Jahrhunderts begann die allmähliche Auf- lösung der Romaeerherrschaft in Kleinasien. Die Zertrümmerung des Reiches von Rum (Ikonion) durch die Mongolen hatte zur Zersplitterung des öst- lichen und inneren Kleinasiens in eine Unzahl sich gegenseitig unaufhörlich befehdender Regionalfürstentümer und Feudalstaaten geführt. Aus diesen Anfängen ist das Osmanenreich hervorgegangen. Ein tapferer Landsknecht Osman setzte sich mit seinen Clanscharen am Olympos fest, eroberte Köprihissar und war ein kleiner Raubritter und Feudalherr, wie es damals unzählige gab. Indessen die Römer erhielten eine unerwartete Hülfe in 16000 alanischen Veteranen, welche durch Vermittelung des Metropoliten von Bitzine (Kaukasus) in ihre Dienste traten. Ostern 1302 brach nun Andronikos’ Sohn und Mitkaiser Micha@l, durch diese Truppen verstärkt, nach dem Osten auf. Allein ohne etwas zu wagen, zog er sich zurück, so daß die Türken bis Menemen (Mainomenoy kAmmoc) das Land verwüsteten und den Kaiser in Magnesia einschlossen. Von da kehrte dieser ordnungs- los und übereilt nach Pergamon zurück." ! Acta Patr. Const. I 5, S. 14. 2 Acta Patr. Const. 1 3, S.5. 3 Vergl. A. Wächter, a.a. 0. S. 44. * Georgios Pachymeres II S. 318, 2 ed. Bonn: AYTol A& mönıc Kal ÄCYNTÄKTWC CTIEYAONTEC THN TTEPFAMON AYTONYXEI EN TINEICT® TIÖND KATANAMBÄNOYCIN. 122 92 GELZER: In diesen Kleinkriegen erscheint Pergamon immer noch als ein wichtiger, wenn auch schwer bedrohter Stützpunkt der römischen Herrschaft. Das ganze Gebiet östlich und nördlich von der mysischen Hauptstadt wurde von den Türken systematisch verheert und besetzt. Die erschrockenen Einwohner flüchteten sich massenweise nach Pergamon', Atramytion und bis nach Lampsakos und auf die europäische Seite. Die Regierung hatte zudem die tüchtigen Soldtruppen durch unzeitige Lohnkürzung erbittert, und so erfocht Osman am 27. Juli 1301 bei Bapheion (Kujunhissar) einen glänzenden Sieg über den kaiserlichen Feldherrn Muzalon.” Bald war auch Kaiser Michaäls Lage in Pergamon unhaltbar geworden. Er mußte sich nach Kyzikos und von da nach Pegai zurückziehen.” Die Lage des Römer- reiches wurde immer trostloser. °Hn men ofn TA KA® HMAC Kal nlAN AEINA" sagt der gleichzeitige Geschichtsschreiber Georgios Pachymeres. Die zahl- reichen kleinen Türkenfürsten hörten nicht auf, das byzantinische Reich längs seiner ganzen Grenze zu bedrohen. Die Grenzschlösser am Sangarios hatte Osman gewonnen; nun bedrohten seine Scharen Nikaea und Prusa am Olympos (Brusa). Die in der Belagerungskunst völlig ungeübten tura- nischen Reiterscharen haben die uralte Form des Belagerungskrieges geübt, welche schon die Dorer in Messene, in Argos, Korinth und König Agis vor Athen angewandt. Zwei Schlösser (öpmHtArıa), eines unmittelbar vor den Toren der Stadt, wurden errichtet, und zehn Jahre ängstigten die Besatzungen der Burgen die unglücklichen Einwohner und machten sie mürbe. Als dann Osman sich zum Hauptangriff entschloß und diesen, selbst krank, seinem Sohne Urchan übertrug, schreckte die Einnahme und furchtbare Züchtigung von Edrenos (Adrianutherai) die Besatzung von Brusa dermaßen, daß sie die wichtige Stadt gegen freien Abzug und 30000 ! Georgios Pachymeres, a.a. O. S. 318, 5: "YTI6 MENTOI XPEIAC KAl KAKÖN OCA TOIC ANW- TEPW TTEPFAMOY EWICTATO ANEAHN EITIÖNT@N CoIcı TIEPCÖN, OYAeic ÄN EKEINWN ÖCTIC EYEATIIC Er TOIC lAloIc KABÄCTO, Ann EYEYC ÄNÄFKHC ETTITIECOYCHC ÄTIAPCEWC EMEMNHNTO TIÄNTEC, Ol MEN MEXPI KAI AYTÄC TTEPFAÄMoOY KAl ENAOTEPW TIEPI TIOY TMN TOY ATPAMYTIOY TIEPIX@PON, Ol A& Kal ErrYc BANACCHC TIEPI THN AAMYAKON. ® Vergl. J. von Hammer, Geschichte des Osmanischen Reiches, 1827 I S. 67 ff. ® Georgios Pachymeres, a. a. ©. S. 391, 1: AIA TAYTA Kal Bacınerc Mixaln 0YX oldc T’ ON En TTeprAmw AIArEIN, ATIAPAC EKEIBEN CYNAMA KAl TAIC TIEPI AYTÖN AYNAmecı KYIik@ Er- @OITÄ" AAN OYA EKEI BPAAYNEI AEEI TIPOCAOKWMENHC TÖN TIEPCÖN Al” AYTON TIPOCBONÄC* OBEN KAKEIGEN ÄTTANACTÄC EN TIHFAIC TIAPABANACCIAIW FINETAI TIÖNEI KTA. * Georgios Pachymeres, a. a. O. S. 402, 3. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 95 Byzantiner — von da an die übliche Loskaufsumme bei Friedensschlüssen mit den Osmanen — übergab. So war 1317 Brusa die Hauptstadt des kleinen bithynischen Osmanenreichs geworden. Mit der Regierung seines ebenso tapferen wie gerechten Sohnes Urehan (1326—1359) tritt das Osmanenreich aus dem bisherigen Dunkel hervor; infolge der Eroberung von Isnikmid (Nikomedeia 1326) und Isnik (Nikaea 1330) sowie durch den Übergang nach Europa wird es von jetzt an, wenn auch zeitweise eng befreundet, die ernsteste Gefahr für das byzantinische Reich. Aber nicht allein auf Kosten der Griechen dehnte Osmans tatkräftiges Geschlecht seine Herrschaft aus. Es begann der Geißel Kleinasiens, der seit dem Sturz von Ikonion die Halbinsel heimsuchenden Vielherrschaft ein schnelles und wohlverdientes Ende zu bereiten. Ganz Mysien stand unter der Herrschaft des Adschlanbeg, des Fürsten von Karasi, der sich hier bei der Teilung des Seldschukenreiches festgesetzt hatte. Ibn Batuta besuchte um 1330 Pergamon, das in den Händen des Fürsten von Karasi” war. Er war von Magnesia (Magnısjja) gekommen und hatte die Nacht mit seiner Karawane bei räuberischen Turkomanen zugebracht, welche ihm sein bestes Pferd stahlen. Dann fährt er fort”: »Wir reisten den folgenden Tag ab und gelangten nach Bergama, einer Stadt in Ruinen, ! Interessant ist die Beschreibung eines gebildeten Zeitgenossen, des gefeierten Reisenden Ibn Batüta von Urchans Residenz; vergl. Voyages d’Ibn Batoutah, texte arabe, accompagne d’une traduction par C. Defremery et le Dr. B. R. Sanguinetti, Paris 1854, T. II p. 321: »C’est Ikhtiyär eddin Orkhän bee, fils du sultan ’Othmän tchoük (Petit "Othmän). En ture, tchotk (ou mieux djik) signifie ‘petit’. Cesultan est le plus puissant des rois turco- mans, le plus riche en tresors, en villes et en soldats. ll possede pres de cent chäteaux forts, dont il ne cesse presque jamais de faire le tour. Il passe plusieurs jours dans chacun d’eux, afın de les reparer et d’inspeeter leur situation. On dit qu'il ne sejourna jamais un mois entier dans une ville. Il combat les infideles et les assiege. C'est son pere qui a conquis sur les Grees la ville de Boursa (Bursa), et le tombeau de celui-ci se voit dans la mosquee de cette ville, qui etait auparavant une £glise des chretiens. On raconte que ce prince assiegea la ville de Yeznie (Jaznik — Nikaea) pendant environ vingt ans, et qu’il mourut avant de la prendre. Son fils, que nous venons de mentionner, en fit le siege durant douze ans, et s’en rendit maitre. Ce fut la que je le vis, et il m’envoya beaucoup de pieces d’argent. 2 TA A Amo Avalac kai Aloniaoc Axpı Myciac TÄC TIPOC T® "EANHCNÖNT® 6 TE KAnAMHC AEFÖMENOC (KATECKEN) KAl 6 TAIC AYToY Karpachc. Niceph. Greg. I S. 214, 20 ed. Bonn. Phrantzes teilt Pergamon irrig dem Sasan zu: TA A& rrepi THN MArNHcIAN KAl TTEPrAMoN Kal “Evecon öÖ CacAn. Georg. Phrantzes S. 77,16 ed. Bonn. ® Voyages II p. 315 ff. 94 GELZER: welche eine große und sehr feste, auf dem Gipfel eines Berges gelegene Burg besitzt. Man sagt, daß der Philosoph Platon! einer der Bewohner dieser Stadt gewesen war, und das Haus, welches er bewohnte, ist noch bekannt unter seinem Namen. Wir wohnten zu Bergama in der Einsiedelei eines Fakirs von der Sekte al-Ahmedija; aber einer der Großen der Stadt kam hinzu, führte uns in sein Haus und behandelte uns mit großer Zu- vorkommenheit. [Vom Sultan von Bergama.] Er heißt Jabsı Han. Han bedeutet bei diesen Völkern so viel als Sultan, und Jah$i heißt "vortrefflich’. Wir fanden ihn in seiner Sommerwohnung: man meldete ihm unsere Ankunft, er sandte uns ein Festkleid und ein Stück von dem Kodsı genannten Stoffe«. Offenbar war der heilige Mann mit dem Empfang beim Han von Ber- gama nur wenig zufrieden und schildert daher seinen Aufenthalt in der Stadt mit auffallender Einsilbigkeit. Kurz darauf wurde die Stadt dem Osmanischen Reiche einverleibt.”’ Adschlanbeg hatte bei seinem Tode zwei Söhne hinterlassen. Der ältere folgte ihm in der Herrschaft, während der jüngere Tursun bei Urchan erzogen ward. Dieser intriguierte gegen seinen Bruder und versprach dem ÖOsmanenfürsten einen Teil des väterlichen Reichs mit der wichtigen Stadt Balı-Kesri, wenn er ihm zur Herrschaft über den Rest verhelfe. Der un- glückliche Fürst verschanzte sich gegen die heranziehenden Osmanen in dem festen Bergama. Es kam zu einem Vertrag, wonach die beiden Brüder das Reich teilen sollten. Doch der mit Grund erbitterte ältere Bruder er- mordete den jüngeren, für die Osmanen der willkommene Anlaß, das ganze ınysische Fürstentum ihrem Reiche einzuverleiben. Nach kurzem Wider- stand übergab der Brudermörder seine Festung den Osmanen und lebte als Staatspensionär in Brusa aus.” Urchan schlug die Stadt mit ihrem Gebiete zu dem Sandschake von Chudäavendikiar‘ d. h. von Brusa, zu dem sie noch heute gehört. Die selbständige Geschichte der Stadt hört nun auf. Es wird tür- kische Provinzialstadt. Aber ein großer Umschwung tritt nun ein. Als ! „Verwechslung mit Galenos«, Defremery. 2 J.vonHammer, Geschichte des Osmanischen Reiches I, S. rogfl. ® J.von Hammer, a.a.0. S. ıııfl. * D.h. Sandschak des Herrn, weil es ursprünglich von Urchan als dritte Provinz für seinen jüngeren Bruder Murad eingerichtet ward. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 95 Grenzfestung der Byzantiner und als Residenz der Fürsten von Karasi war Pergamon vor allem Festung gewesen. Jetzt mitten in dem rasch nach allen Seiten sich vergrößernden osmanischen Gebiete gelegen, hatte Ber- gama als Festung keine Bedeutung mehr. Die neue türkische Bevölkerung verließ den schwer zugänglichen Bergfelsen und siedelte sich in der von ihr beherrschten Flußniederung an: »Nach der mohammedanischen Eroberung verkümmerte dieser bis dahin lebendig gebliebene Stadtkern auf dem Berge völlig. Die ältesten mohammedanischen Bauten, mehrere Moscheen, setzen auf den Ruinen der römischen Unterstadt auf, und hier unten lebt die türkische Stadt bis heute weiter, wie in der Römerzeit, in der wenigstens so weit von der Küste entfernt vorherrschenden Sicherheit gegen äußere Feinde als eine offene Stadt.«' Immerhin ist es in der ersten Zeit des Osmanischen Reiches nicht unbedeutend. Über die christliche Gemeinde in Pergamon und ihre über- aus traurigen Zustände wirft interessantes Licht ein Aktenstück des Pa- triarchats Konstantinopel” unter Patriarch Neilos (1380— 1388) vom Sep- tember 1387. Von den fürchterlichen Leiden, welche die unglückliche griechische Bevölkerung Kleinasiens im 14. Jahrhundert durchmachte, wie sie von den türkischen neuen Herren unaufhörlich geängstigt, immer mehr zertreten und vernichtet wurde, entrollen uns die Akten der Patriar- chalsynode ein erschütterndes Bild. Als ein höchst anschaulicher Beleg für dieses allmähliche Hinsterben des Hellenenvolkes mag dieses Akten- stück auszugsweise hier mitgeteilt werden: »Der heiligste Metropolit von Ephesos, Hochehrwürden und Exarch von Asien, der im heiligen Geiste geliebte Bruder und Mitdiener unsrer Niedrigkeit, nahm an der von uns präsidierten Synode Teil und stellte einen Antrag bezüglich seiner Kirche und ihres Sprengels, indem er aus- führte, daß seine Metropolis früher reich mit Gütern gesegnet war, als noch das Römische Reich blühte und gedieh und überall Friede auf dem ! Conze, pro Pergamo S. 18; vergl. auch: Die Kleinfunde aus Pergamon S. 27: »Die Osmanen setzten sich in der römischen Unterstadt auf deren Ruinen fest, ohne je den Stadt- berg zu besiedeln. Ein merkwürdiger Aberglaube hinderte noch jüngst, wie man in Per- gamon behauptete, den jeweiligen Kaimakam, den Stadtberg, das Kaleh, zu betreten, er würde sonst sein Amt verlieren.« ® Miklosich und Müller, Acta Patriarchatus II 397, S. 103 ft. 96 GELZER: Erdkreise herrschte. Sie besaß eine schier unzählbare Masse an beweg- lichem und unbeweglichem Besitze und hatte eine ansehnliche Synode von Bischöfen unter sich, welche alle Dioezesen des Ostens insgesamt, ja viel- leicht selbst die des Westens durch die Menge ihrer Bischöfe und die Größe ihres Sprengels übertraf... Einige Bischöfe wurden ihrem Sprengel entzogen und zu Metropolen erhöht; sie wurden selbständig gemacht und dem Patriarchalthrone direkt unterstellt. Als nun das Römische Reich in Blüte stand und die Städte eine zahlreiche Bevölkerung enthielten, so daß jede einzelne Kirche ihren Oberpriester haben konnte, war er selbst mit den vor Alters gefaßten Beschlüssen einverstanden und wollte nicht die von den Vätern gesetzten Grenzen verrücken. Seit aber alle Städte und Lande ein Raub der Heiden geworden und vom Erdboden vertilgt worden sind, seit man bei den einen nicht einmal die Namen, daß sie einst Städte gewesen, kennt, und vom Dasein der anderen nur geringe Überbleibsel zeugen, die kaum eine Handvoll ehristlicher Bewohner zählen, und nicht mehr im- stande sind einen dürftigen armen Priester, geschweige denn einen Metropoliten oder Bischof zu unterhalten, hat er unsere Niedrigkeit und die um uns versammelte göttliche und heilige Synode ersucht, seiner allerheiligsten Mutterkirche von Ephesos die vor langer Zeit zu Metro- polen erhobenen Bistümer zurückzuerstatten, nämlich Pyrgion, welches in den Bistümerlisten Dios Hieron heißt und Pergamos (rHn TTepramon) .... Darauf hat unsere Niedrigkeit gemeinsam mit den Konsynodalen den heilig- sten Oberpriestern, Hochehrwürden, die Sache in Untersuchung gezogen, entschieden und erklärt, das Gesuch des Prälaten von Ephesos sei gerecht, und bezüglich der Kirchen von Pyrgion und Pergamos, welche ehedem aus Bistümern zu dem Ehrenrang von Metropolen gelangt waren, befahlen wir, daß sie wiederum Bistümer sein und der Metropolis von Ephesos unterstehen sollten, nicht allein, weil es unmöglich ist, dort Metropoliten einzusetzen, sondern weil dies etwas ganz gewöhnliches ist, das in vielen Kirchen zu geschehen pilegt, nämlich daß sie .... wenn die Dinge eine schlimme Wendung nehmen, wieder ihren alten Bisehofsrang erhalten, es sei denn, daß diese Kirchen durch einen langen Zeitraum solcher Ehre teil- haft wurden und sie sich als vollauf fähig erwiesen einen Metropoliten zu erhalten, und tatsächlich eine ganze Reihenfolge von Metropoliten gewählt worden ist, und es also unmöglich ist, diese wieder in Bistümer zu ver- Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 97 wandeln. Diese (beiden) nehme nun der heiligste Metropolit von Ephesos in Empfang ....« Wie tief muß die griechische Gemeinde von Perga- mon an Zahl und Ansehen gesunken sein, wenn das offizielle Organ des ökumenischen Patriarchats bekennt, die Christen der Stadt seien nicht einmal mehr imstande, auch nur einen Priester notdürftig zu erhalten. XIX. Pergamon unter den Osmanen. In der Reichsgeschichte spielt die Stadt von jetzt an eine untergeord- nete Rolle und wird nur gelegentlich erwähnt. In den’ Thronwirren nach Andronikos’ III. Tode (15. Juni 1341) hatte sich der ehrgeizige Großdomestikos Johannes Kantakuzenos in Didymo- teichos festgesetzt. Nachdem er sich mit dem Bulgarencaren Alexander verständigt hatte, rückte er nach dem Chersones, da er erfuhr, daß eine Hülfsmannschaft der verbündeten Türken von Bergama unter Führung eines Paschas herankomme.' Nach der Schlacht bei Angora (20. Juli 1402) wandte sich Timur nach Westen, nahm Kjutahija (KotvAeıon) und raubte es aus; dasselbe Schicksal hatten Brusa, Isnik und Isnikmid:; vor allem auf die Schätze der Christen hatte es der fanatische Schiite abgesehen. Nach Verwüstung des unteren Phrygiens und seiner Städte kam er nach Asien: »Er wandte sich nach »Adramytion (Edremid) und Assos und zog dann nach Pergamon. Da- »selbst verweilte er einige Tage und schleppte aus den umliegenden »Städten Schätze, junge Bursche und Mädchen als Gefangene zusammen. »Dann verurteilte und schlachtete er alle Türken und Romaeer ab; um sie »zur Herausgabe ihrer Gold- und Silberschätze zu veranlassen, ließ er sie »langsam am Feuer braten oder in Hungertürme einschließen. Nachdem »er so einen gewaltigen Reichtum zusammengebracht hatte, wandte er sich »nach dem am Sipylos gelegenen Magnesia.«” Dieses grauenhafte Gemälde des guten Dukas charakterisiert den Mongoleneinbruch. In dem Bürger- kriege, welcher nach dem Sturze Bajezids zwischen seinen Söhnen aus- 1 AoMEcTIKoc A& 6 MErAC EIC XEPPÖNHCON META TÄC CTPATIÄC EXWPEI, TIETIYCMENOC CTPA- TIAN TTEPCÖN TIEIHN MEANOYCAN EIC KEPPÖNHCON EMBÄNNEIN EK TTEPFÄMOY ABIrMENHN, Hc TIAENC CATPATIHC An. Johann. Cantacuz. II S.70, ı, ed. Bonn. 2 Dukas, Hist. Byz., ce. XVII p. 72, ııff., ed. Bonn. Phil.- hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 13 y8 GELZER: brach, wird Bergama ebenfalls erwähnt. Der geniale, aber liederliche Su- leiman, der deshalb auch seinem gewandten Bruder Mohammed I. erlag, hatte sich nicht nur zum Herrn von Europa gemacht und wurde von allen christlichen Fürsten anerkannt, sondern unternahm auch einen siegreichen Feldzug nach Asien 1406, welcher die Macht der von Timur hergestellten Fürsten von Karaman und Kermian brach und auch Mohammed I. auf sein Stammgut Tokat-Amasia zurückwarf. Von Brusa aus, das ihm freiwillig die Tore öffnete, wandte er sich mit 25000 Mann gegen den wetter- wendischen Dschuneid (TrineAr), »und von Lopadion aufbrechend, zog er nach Pergamon und nach dem Blachfeld T0% Maınomenoy (Menemen), von dem Blachfeld aber nach Smyrna«.' Auch in der Endkatastrophe des genialen Intriganten Dschuneid wird Bergama noch einmal erwähnt. Auf dem Feldzuge, wo Murad sich des Empörers und Verräters entledigte, setzte er von Rumili nach Asien über und kam nach Brusa; »von da aufbrechend, setzte er bei Lopadion über die Brücke nach Pergamon; von Pergamon gelangte er nach Magnesia und von Magnesia nach Smyrna, von Smyrna nach Thyraea (Tire) und Ephesos, wo die Boten aller Emire nicht nur der Umgegend, sondern auch von fernher bei ihm zusammenströmten.” Der einstige Glanz und die Größe der Stadt erregten auch die Be- wunderung ihrer neuen türkischen Gebieter. Die herrlichen Ruinen galten ihnen als ehemalige Residenz Nimrods.’ Neben solchen zufälligen Angaben der Geschichtschreiber und türki- schen Legenden stehen uns aber für die ältere osmanische Epoche auch einige inschriftliche Daten zu Gebote. Zunächst geben uns die Bauinschriften wichtige Anhaltepunkte über die Blüte der muslimischen Stadt im 14. und 15. Jahrhundert, als dieselbe sich mächtig in der Kaikosebene auszudehnen begann. Wie Brusa und Isnik, wurde auch Bergama von den neuen Herren durch Moscheen, Medressen, Armenküchen und andere fromme und wohl- ZDukas, 2.320.P285, 3: ®2 Dukas, a.a.O. p.196, 12: ö a& MwPÄT.... TIEPÄ THN OPAKHN Kal EN TIPoYcA TErONE, KÄKEIBEN ATIAPAC Kal THN FEBYPAN TIEPACAC TOY AOTAAIOY KATÄNBEN Eic TIEPFAMON, Arıö A& TTer- rAMOY EIC MATNHCIAN AGIKETO, ATId A& MATNHCIAC EIC CMYPNHN, ATIO AC CMYPNHC Eic OYPAlA Kal "EovECcoN. CYNEPPEON AC TON TIEPIE HTEMÖN@N ÄTIOKPICIAPIOI, ANNA KAl TÖN MAKPAN. ® J. von Hammer, Gesch. d. Osman. Reiches IIl2, S.ıı3 und Anm. 3. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. Sb) tätige Einrichtungen geschmückt. Darüber berichten uns die Inschriften der Gebäude.' Die älteste derselben gehört einem Profanbau an, den Urchans Soln, der Eroberer Adrianopels, Murad Chan (761— 792 H. = 1359/60 — 1389/90), aufgeführt hat; es ist die Koyün-Köpry, die Schafbrücke, ein sehr an- sehnlicher Bogenbau, aus großenteils antiken Steinwerkstücken aufgeführt, der sich etwa eine Stunde von Bergama auf dem Wege nach Soma be- findet. I. »Im Namen Gottes des Gütigen, des Erbarmers (hat bauen lassen und herrichten lassen) .... der gerechte Herrscher Murad Chan; Gott lasse seine Herrschaft lange währen ....... Gott vergebe ihnen beiden, im Jahre 785 H. (1383/4). Nächst Murad hat auch sein Sohn, der große Eroberer und gewaltige Bauherr Bajezid Chan (1389/90—ı402/3) durch Neubauten für die Ver- schönerung der im Entstehen begriffenen türkischen Unterstadt Bergama gewirkt. Bajezıd Chan ist der Erbauer der im Norden der Unterstadt be- findlichen Moschee Ulu-Dschami. Sie liegt unmittelbar am Fuße des Schloß- berges in dem nach »dem großen Gotteshause« benannten Quartier Dschedid Dschami Kebir. Auch heute legt der noch aufrecht stehende gewaltige Bau von der Kunst der damaligen Architekten und der Prachtliebe dieses stolzen Fürsten ein bedeutsames Zeugnis ab. Der Text der Ulu-Dschämi-Inschrift lautet nach Vollers’ Übersetzung: I. »Errichtet hat diese edle Moschee, diese liebliche Sammelstätte? der erhabene Sultan der Sultane, der Oberherr der Araber und Nicht- Araber”, der Helfer der siegreichen‘ Glaubensstreiter, Bäjezid Chan, b. ! Durch Conzes Vermittelung habe ich von Inschrift ı eine allerdings nur sehr unvollkommene, fragmentarische Kopie Bedri-Beys erhalten; dagegen von Inschrift 2 und 3 vorzügliche Photographien, welche die schöne arabische Kalligraphie sehr gut wiedergeben. Beigefügt waren französische Übertragungen von Halil-Edhem und Schewky. Eine genaue Übersetzung sämtlicher Inschriften verdanke ich meinem Kollegen Vollers. ®2 Der arabische Ausdruck “gämi‘, TIAMm” verhält sich zu dem gewöhnlichen Ausdruck ‘Moschee’ etwa wie Dom (Münster, Kathedrale) zu ‘Kirche’, ist aber hier wohl mehr rhetorisch gebraucht. ® Genau wie die Titulatur der Säsäniden: König der Könige, Oberherr über Arier und Anarier. * Der arabische Ausdruck, Plur. von $äzi, bezeichnet in der epigraphischen und numismatischen Sprache schon der Kreuzfahrerzeiten den, der tapfer gegen die Christen kämpfte. Vergl. die nach dem Kriege von 1877/78 an Osmän Pascha und Muchtär Pascha 100 GELZER: Murad Chan, Gott lasse seine Herrschaft lange währen, im Jahre 8oı H. (= 1398/9). Die folgende Inschrift gehört einem Bau des 15. Jahrhunderts dem Tasch-Chan an, der unter Murad, dem Sohne Mohammads I. (1421 bis 1451) errichtet wurde. Es ist ein stattlicher Steinbau; daher der Name. Ihre Übersetzung lautet nach Vollers: II. Erbaut hat dies Ribat' Hibatallah b. Mahmud, bekannt als Chatib, Gott vergebe ihnen beiden.” In der Zeit des Großkönigs Muräd ben Moham- mad. Gott lasse seinen Schatten® auf alle Muslime lange fallen, im Jahre 835) H. u 443 1]2). Aus derselben Zeit stammt eine Inschrift der im äußersten Süden gelegenen Kursünli (Kurschunly) Dschämi, von der ich nur eine Über- setzung Halil-Edhems beschaffen kann: IV. Cette sainte chapelle a et@ construite par Elhadj-Hassan, fils de Safy, dans le mois de Rebioul-ewel de l’annee 839 H. (1435/6). Noch einmal tritt Bergama in die Reichsgeschichte unter dem fürchter- lichen Tyrannen Murad IV. (1623— 1640). Als derselbe (Mai 1632) unter Strömen Blutes die unbotmäßigen Sipahis gebändigt und damit seine Allein- herrschaft begründet hatte, wurde auch mit den kleinasiatischen Rebellen, die in Karaman und Karasi eine nahezu unabhängige Stellung einnahmen, energisch aufgeräumt. Als Statthalter von Karasi gebot der zu Balikesri geborene Wesir Iljas-Pascha. Er hatte im Perserkriege gute Dienste ge- leistet und sich jetzt mit seinen geworbenen Leuten in der Gegend von Bergama, zu Karasi und am Ida festgesetzt. Die Rebellenunruhen be- nutzte er zu einem Versuch, auch Mitylene zu gewinnen, der freilich fehl- schlug. Dagegen bemächtigte er sich Magnesias. Als der Padischah Truppen gegen ihn aussandte, schaffte er seine beste Habe nach Bergama, dessen Verteidigung er einem seiner Aga, Latschin, übertrug, während er selbst mit zehntausend Mann in der Ebene von Alaschehr (Philadelpheia) das verliehenen Titel und Attalik Gazi, der dem Andidjäni Jakub Beg vom Sultan verliehene Titel als unabhängigem Herrscher von Ost-Turkestan nach der siegreichen Vernichtung der ungläubigen Chinesen (1868). ! Ribät ist ursprünglich eine Art Grenzfort für Glaubensstreiter. Hier wird ein Chan damit bezeichnet, Hallen mit Oberstock um einen rechteckigen Hof mitten in der Unter- stadt Ber&ama, noch heute als Chan benutzt. 2 D.h. dem Sohne und dem Vater. ® Schatten — Schutz. Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. 101 Feld hielt. Durch die Beglerbege von Karaman und Anadoli geschlagen, warf er sich in die Burg von Bergama. Die beiden Wesire waren nicht imstande, die feste Burg zu nehmen und ließen sich auf Unterhandlungen ein. Iljas-Pascha erhielt ein kaiserliches Handschreiben vollkommenster Verzeihung. Ein Vertrag kam zustande, wonach der Empörer Magnesia, Karasi, den Ida, Bergama, Balikesri, Adramid, Ajasmend, Alaschehr, Menemen und Fodscha übergab. Natürlich wurde Ijas-Pascha trotzdem hingerichtet. Wie sich in Brusa um die Prachtmoscheen der Hauptstadt die Me- dressen der Koranleser und die Klöster der Derwische sammelten, so auch, wenn auch in geringerem Grade, in Bergama. Die Stadt wurde ein Mittel- punkt mohammedanischer theologischer Gelehrsamkeit. Aus diesen Kreisen ging ein sehr angesehener Gelehrter hervor. »Aus Bergama stammte Mohammad ben Suleiman el-Kafıjagi, ein angesehener und fruchtbarer Poly- histor, geboren 788 H. (1386/7), gestorben in Kairo 879 (1474/5). Der berühmte Abderrahman as-Siuti gehörte zu seinen Schülern. «” Auch im 16. Jahrhundert war die Bautätigkeit in Bergama nicht er- loschen. Damals entstand in dem unmittelbar neben dem römischen Theater gelegenen Quartier Hadschi Bajazet die Tschadirwan Dschämi. Eine In- schrift über der Tür nennt den Erbauer, nach Bedri-Beys Übersetzung: »Hadschi-Hassan, fils de Hadschi-Osman, dans l’annee 957« (1550/1). Von den türkischen Reisenden gedenkt Evlia-Efendi unserer Stadt nicht; dagegen hat Mustafa ben Abdalla, genannt Hadschi Chalifa oder auch Katıb Tjelebi, in seinem 1145 H. (1732/3) gedruckten Werke Gihän-Numä (= speculum mundi) eine längere Stelle über Bergama. Hadschi Chalifa hatte zahlreiche Feldzüge mitgemacht und so durch Autopsie sich (die Kenntnis großer Strecken des Türkischen Reiches und der Umlande cr- worben. Unter Sultan Mohammad IV. (1648—1687) war er hoher rich- terlicher Beamter, Kadi von Anadoli, dann von Istambol. Der Beherrscher der Gläubigen interessierte sich für ihn und förderte seine gelehrte Tätig- keit. Bei der Beschreibung des Ejalet Chudävendikiar handelt er von den um Brusa gelegenen Städten und erwähnt unter diesen Bergama, »einen Tagemarsch von Ajasmend entfernt«. Er gedenkt des hohen, von einem J. von Hammer, Geschichte des Osmanischen Reiches III?, S.ır2 — 114. ® Vollers nach Tasch Kiöprüzade, Äe. Randausgabe, I, 124— 126. Phil.-hist. Abh. nicht zur Akad. gehör. Gelehrter. 1903. II. 14 102 GELzER: Pergamon unter Byzantinern und Osmanen. Schloß gekrönten Burgberges. Die Stadt schildert er als in einer geräumigen Ebene aufgebaut, geschmückt mit Moscheen, Bädern und Marktplätzen. Er erwähnt endlich auch ihren Hafen Tjanderlü.' Endlich ist noch aus dem Beginn des vorigen Jahrhunderts die Re- paratur der Kulaksis Dschami” zu erwähnen. Die Inschrift lautet nach Bedri-Beys Übersetzung: R£paree par Ayche, fille de Hadji-Mehmed. 1217 H. (1802/3). Die neueste, vor allem die mit den deutschen Ausgrabungen be- ginnende Epoche der Stadtgeschichte liegt außerhalb des meiner Arbeit gesteckten Zieles. ‘ —Pitane. Gihan Numa, Geographia orientalis ex Tureico in Latinum versa a Matth. Norberg. Lund 1818, II, S.478: Bargama quod ab Ajäzmend ı stat. in septentrionem vergit. Hine procul et quidem itinere 5 hor., sub radieibus montis in colle edito arduique adscensus castellum iacet. Cuius vero ab occasu, recetaque versus mare, in extremitate campi spatiosi iacet haec urbs, plura templa, balnea et fora habens. Portusque suus Tjanderlu est. ® An der Hauptstraße der Unterstadt, welche vom Konak nach dem Hauptmarkte führt. Pre A CE AFRRENRHEN j " HRRNHRRTANRSER, + RUN UND: 7 Dr u B y NA ! In EN AN NARENDTR Ban! wat ) Sn Mn a, AN KBRSAMH NN ANTFRTNTRR NN KANN SMITHSONIAN INSTITUTION LIBRARIE Be a DEN DEREK A RHNR ROH OLHN ee BACK NORH IR DORT NHL TRRTSC HUT RERTRCL BERNER N Yv u} Ki “ “ i Kir I h . U _ Be . N Se N I) ao X Nibh Di “roh ” et ay N Ki N }\ {A La at er Et Be : = _ » a, Bi 1 is es a a AN UN) ERONB: SH Ich BSR LAN | Mae TRRRRNESRBRUREIRe en h | R KUN TLNGENEN Path Ip AN u AR He “ a N Be = u RN N ROTEN Br ‚3 9088 0129 298 8911 N ev \ Kr j) k ! Uran U A PIE! BNKENER N N REN Wi MEHR AN \ u NN Y ENREIE BEREIT, . BRENNEN Hi ERTL iR SR ix u un Kir fr AN} Haare NKOPTDAN INN ; y 27 wu: R HRNe ERS an Nennen [N Air Bere nn Alan Ah N BEROR LARA FEHLER FEB MAL LLNLLONNAna KERNE NE a ESRRIEN SL EEDE RER At‘ Ben Y ” EN a u ie r Be ii ah Ka en) N, KERN NEN SIEHE ie N 5 Air Ks hi 5 Klar N Y . 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