Natural History Museum Library 000328288 23 0011909 Abhaodluogßs der ioigll PreySiscbeo Gsologisckes Laiiesnsfait »Folge, Heft 55. Die rezenten Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Band X : Die Sapropelite. Eine Erläuterung zu der von den Deutschen Geologischen Landesanstalten angewendeten Terminologie und Klassifikation. Von Dr. H. Potonie, Kgl. Landesgeologen und Professor. »InL fcv K ..r4* Zweite, sehr stark erweiterte Auflage von desselben Verfassers »Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe und ihrer Lagerstätten« (Berlin 1906). Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. -/W V W V/V V ' /V / \*\J \S vv\ BERLIN Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt Berlin N 4, Invalidenstraße 44 1908. Preis 8 Mark Abha n diu ngen der Königlich Preufsischen eologischen Landesanstalt. rV e w e Folge. Heft 55. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlichen Geologischen Landesanstalt Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 1908. Die rezenten Kaustcbiolithe und ihre Lagerstätten. Band I: Die Sapropelite. Eine Erläuterung1 zu der von den Deutschen Geologischen Landesanstalten angewendeten Terminologie und Klassifikation. Von Dr. H. Potonie, Kgl. Landesgeologen und Professor. 7 Zweite, sehr stark erweiterte Auflage von desselben Verfassers »Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe und ihrer Lagerstätten« (Berlin 1906). Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlichen Geologischen Landesanstalt Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 1908. Inhalts-Übersicht, Seite Vorwort . VII Einleitung . 1 Zersetzungsprozesse . . ’ . 3 Verwesung . 4 Vermoderung . 5 Vertorfung . 9 Fäulnis . . 9 Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen . 27 I bersiclit über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten . 31 I. Sapropelgesteine . 32 Sapropel . 32 Saprokoll . 33 Sapropel-Torfe . 33 Diatomeen-Sapropel . 33 Sapropel-Kalk usw . 34 Sapropel-Erden . ... 34 II. Humusgesteine . 36 A. Lagerstätten . 36 1. Flachmoore . 36 2. Zwischenmoore . 38 3. Hochmoore . 38 B. Gesteine . 41 a) Torf . 42 b) Moder . 44 c) Humuserden . . 45 III. Liptobiolithe . 47 Darstellung eines ausgewählten Falles als Überblick über die Haupt¬ typen von Sumpf und Moor . 47 Die Sapropelbildungen . . . 59 Sapropelit-Bildungs- und Lagerstätten . 62 Die Sapropel bildenden Organismen . . . 75 Das Sapropel . 101 Termini für Sapropelite, besonders für reines und reineres Sapro¬ pel und Saprokoll . 143 Sapropel mit reichen akaustobiolithischen Zutaten und Sapropelerden 169 Sapropel und Calciumcarbonat . 169 Sapropel und Silicium dioxyd . 190 1. Der Diatomeen -Pelit . 190 2. Der Sapropel- (Saprokoll-) Sand .... 206 Sapropel und Eisen- (auch Mangan-) Verbindungen . . 208 1. Sapropelitemitreduzierten Eisen Verbindungen 208 2. Oxydierte Eisen- (und Mangan-) Verbindungen 215 1. Limonite . 224 2. See-Eisenerze . 225 3. Mangan . ... 230 Sapropel-Erden . . • . 232 239 Register > Y orwort. Die Einsicht, daß auf unserm Gebiet eine Revision statt¬ finden muß, hat schon zu wiederholten Anläufen nach dieser Rich¬ tung Veranlassung gegeben, für die Kgl. Preußische Geologische Landesanstalt besonders, seitdem sie sich eingehender mit der Moorkartierung ihres Gebietes beschäftigt. Es kam ihr daher ein Antrag gelegen, in die vom »Verein Deutscher forstlicher Versuchs¬ anstalten« berufene »Kommission zur Vereinbarung über die Bezeichnung der Humusformen« einen oder einige Vertreter der Geologischen Landesanstalt zu entsenden. Es fanden in Berlin zwei Sitzungen dieser Kommission statt: die erste am 31. Oktober 1905, die zweite am 6. April 1906. Auf der Kgl. Preuß. Geolog. Landes¬ anstalt hatte schon längere Zeit vor dem erwähnten Antrag eine Aussprache unter den interessierten wissenschaftlichen Beamten der Geolog. Landesanstalt stattgefundeu, in der der Verfasser aber vorläufig nur kurz auf die Notwendigkeit einer Vereinheitlichung der Nomenklatur hingewiesen hatte; am 3. April 1906 wurde der Ge¬ genstand noch einmal in demselben Kreise, diesmal eingehender besprochen. In der Sitzung des Internationalen Verbandes der Forstlichen Versuchsanstalten vom 16. September 1906 wurden dann die folgenden Beschlüsse gefaßt: o o a) Für die Bezeichnung der Humusformen des trockenen Waldbodens (im Gegensatz zu den Humusbildungen im Nassen, wie Moor usw.) gelangen die in den Vorlagen der Humuskommission am 11. und 13. September enthaltenen Bezeichnungen zur Anwendung. © © b) Für die Bezeichnung der übrigen Humusformen schließen sich die forstlichen Versuchsanstalten an ihre? VIII Vorwort. c) Die forstlichen Versuchsanstalten werden für möglichste Verbreitung und allgemeine Anwendung der unter a ge¬ nannten Bezeichnungen, namentlich auch bei den forst¬ lichen Standortsbeschreibungen, eintreten. d) Die Verbreitung dieser Bezeichnungen in fremden Sprachen ist wünschenswert und daher, zunächst deren Übersetzung ins Französische und Englische anzustreben. Bei den Sitzungen vom Oktober 1905 bis April 1906 diente als Grundlage der Beratungen eine als Manuskript gedruckte Schrift, die im September 1905 zur Ausgabe gelangte und etwas erweitert unter dem Titel erschien: H. Potonie, »Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe und ihrer Lagerstätten« lierausgegeben von der Kgl. Preußischen Geolo- gischen Landesanstalt, Berlin 1905. Diese dann öffentlich heraus¬ gegebene Schrift wurde in Stuttgart zugrunde gelegt und ebenso am 24. September 1906 in Eisenach auf der Versammlung der Direktoren der Geologischen Landesanstalten der Deutschen Bundesstaaten, die die vom Verfasser gemachten Vorschläge durch¬ weg annahm (vgl. das Protokoll dieser Versammlung, S. 15). Die Schrift von 1906, die im wesentlichen nur für die Verhandlungen bestimmt war und daher möglichst kurz gefaßt sein mußte, infolge¬ dessen vieles nur durch die bloße Angabe eines Terminus an¬ deutet, wird nun durch die vorliegende Arbeit, als Erläuterung zu der in dem genannten Protokoll gebotenen Übersicht, ganz we¬ sentlich erweitert, also in ausführlicher Ausarbeitung der bloßen hinweisenden Vermerke noch einmal herausgegeben. Es ist aber wohl zu beachten, daß die vorliegende Schrift durchaus kein aus¬ führliches Handbuch über die rezenten Kaustobiolithe (d. h. über die rezenten brennbaren organogenen Gesteine) ist oder sein will, sondern wesentlich nur eine Klassifikation und Terminologie zum Gegenstände hat mit den zum Verständnis nötigen Erläuterungen, ohne dem Verf. aber Beschränkungen aufzulegen, dort ausführlicher zu werden, wo er es für zweckdienlich hielt, wie in dem vor¬ liegenden Band »Die Sapropelite«. Die Hochmoore aber z. B. (Humusgesteine und Liptobiolithe werden im II. Bande be- Vorwort. IX handelt) habe ich zum Teil weniger eingehend vorgebracht als das inhaltreiche Buch von C. A. Weber von 1902 (Üb. die Vegetation und Entstehung des Hochmoors von Augstumal im Memeldelta). Ein ausführliches Handbuch müsste sehr viel um¬ fangreicher ausfallen als das vorliegende Werk. Wer freilich den Gegenstand nicht recht übersieht, wird meine Darstellung im ersten Augenblick zu umfangreich finden. Einerseits habe ich in der Tat mit Charles Darwin (vergl. seine Autobio¬ graphie, deutsche Ausgabe, S. 76) gedacht: »Jede neue An¬ sicht muß in ziemlicher Ausführlichkeit mitgeteilt werden, um die öffentliche Aufmerksamkeit erregen«; anderseits aber habeich mich sehr beschränkt, um durch den bei eingehender Behandlung notwendigen sehr großen Umfang nicht von der Kenntnisnahme des Gegenstandes geradezu abzuschrecken. Ich habe also nicht laviert, wie das etwa bei vollständiger Erforschung eines Gewässers notwendig ist, sondern bin möglichst geradlinig gefahren, d. h. ich habe zur Sache nur das Prinzipielle gebracht und bringen wrollen, abgesehen von dem, was die Terminologie angeht, die ich so ausführlich berücksichtigt habe, wie sie mir er¬ reichbar war. Übrigens habe ich bei der vieljährigen Bearbeitung des Ge¬ genstandes immer mehr verzichten gelernt, etwas einigermaßen Erschöpfendes bieten zu wollen. Wer sich in ihn wirklich vertieft, sieht natürlich erst, was da noch alles zu tun ist. So muß ich mich wohl oder übel darin schicken, mit dem vorliegenden Werk nur eine Grundlage zu bieten, die — hoffe ich — nützlich sein wird für die Weiterarbeit, die noch sehr viel Zeit und viele Bemühungen kosten wird. Es ist immer im Auge zu behalten, daß ich in erster Linie dem Geologen zu nützen bestrebt sein mußte und daher auch mancherlei Elementarbotanisches zu bringen o hatte, weil die Flora für die Beurteilung der Kaustobiolithe und ihren Lagerstätten eine ganz beträchtliche Rolle spielt. Wenn ich auch der Meinung bin, daß die von mir begründet vorgeschlagene Klassifikation des Stoffes einen nicht unwresent- lichen Fortschritt bedeutet, so habe doch gerade ich durch X Vorwort. intensives Studium des Gegenstandes alle Veranlassung, den Ausspruch eines der älteren Moorforscher, nämlich von Leo LesquereüX, voll zu würdigen, der da sagte: »Die Natur weicht oft durch die Mannigfaltigkeit ihrer Schöpfungen den Klassifikationen aus, durch welche wir sie unserer Ohnmacht zu unterwerfen meinen«. Da es sich hier um die rezenten Bildungen allein handelt, sei ausdrücklich betont, daß auf die umfangreiche Terminologie der fossilen Bildungen nicht eingegangen werden konnte; sie wird in meinem Buche über die Entstehung der Steinkohle gebracht werden als 5. Aufl. meines Heftes »Die Entstehung der Stein¬ kohle« 4. Aufl. Berlin 1907. Die Gestaltung der Terminologie o o für die rezenten und fossilen Kaustobiolithe muß natürlich kon¬ kordant gehen; ich hatte das Gesamtgebiet im Auge zu behalten, und es ist daher verständlich, daß dieser umfassende Standpunkt, also der stete Hinblick auch auf die fossilen Bildungen, mancherlei Abweichungen vom Gebräuchlichen in der Nomenklatur bedingt hat; es ist wohl verständlich, daß von den Forschern, die sich nur mit den rezenten Kaustobiolithen beschäftigen, die Gründe für diese Abweichungen zunächst noch nicht durchschaut zu werden scheinen. Die Ziele _sind eben verschiedene. Auch die Macht der Gewohnheit wirkt erhaltend auf Ausdrucksweisen und An¬ sichten, die man besser fallen ließe. Das freilich sehr große, aber notwendig in Angriff' zu nehmende Ziel, das ich mir gestellt habe, ist also, eine — auch terminologisch — homogene Übersicht üb e r das recht umfangreiche Ge samt gebiet anzustreben. Hinsichtlich der Prinzipien, die mich bei der Namengebung geleitet haben, das Folgende. Worte, Namen sind das Unwesentlichste in einer Wissen¬ schaft, denn es ist im Grunde gleichgültig, wie man eine Sache nennt, wenn man sich nur versteht. Wir müssen aber in einer Disziplin, die eine große Terminologie mit vielen Synonymen auf¬ weist, mit der Begrenztheit der geistigen Aufnahmefähigkeit rechnen, so daß schließlich das Bedürfnis immer dringender empfunden wird, den im Verlauf wissenschaftlicher Betätigung entstandenen Vorwort. XI terminologischen Ballast über Bord zu werfen und nur das zurück¬ zubehalten, was unentbehrlich ist. Auf unserem Gebiet liegt ebenfalls bei der sehr üppig blühenden Terminologie eine große Schwierigkeit vor, sich zu einem Verständnis der Kaustobiolithe durchzuringen, soweit man das nur auf Grund der unübersehbaren Literatur machen wollte. Wer würde es daher wohl wagen zll leugnen, daß eine gute zweckmäßige Terminologie nicht nur ein äußerst wertvoller Apparat für die Forschung ist, sondern aucli pädagogisch gar nicht zu überschätzen ist? Die Rücksichtnahme auf schuelle und leichte Auffassung wissenschaftlicher Dinge sollte der Gelehrte, dem es wahrhaft darum zu tun ist, seiner Wissenschaft Jünger zu gewinnen und leicht verstanden zu werden, d. h. seinen Mitmenschen Zeit zu sparen, niemals bei Seite lassen. Das ganze Streben der Wissen¬ schaft geht auf Vereinheitlichung und Zusammenfassung des uus ent¬ gegentretenden Vielerlei: es ist das der naturgemäße philosophische Zug des Forschens. In einer Disziplin, in der so viel gearbeitet worden ist, wie in der unsrigen, ist eine überreiche, verwirrende Ter¬ minologie begreiflich. Oft haben die Autoren die bereits vorhandene Literatur nicht genügend herangezogen und so bereits benannten Gesteinen, Lagerstätten usw. neue Namen gegeben, so daß für ein und dasselbe Gebilde verschiedene Namen auftreten; ferner wurde es versucht, neue Begriffe und damit neue Namen einzu¬ führen, die keinen Anklang finden konnten; weiter ist die Be¬ nutzung eines bereits früher gebrauchten Terminus in gänzlich von dem ursprünglichen abweichenden Sinne dann recht störend, wenn dies ohne System — mehr aus Zeitmangel sich umzusehen, Nach¬ lässigkeit oder Unkenntnis — geschieht. Recht oft werden die- selben Namen für Verschiedenes gebraucht; teils wird dasselbe Wort von dem einen Autor in umfassenderer, von dem anderen in engerer Bedeutung augewendet. Endlich ist es störend, wenn in Veröffentlichungen, die für einen weiteren Kreis berechnet sind, Lokal- Bezeichnungen zur Anwendung kommen, die den Meisten nicht geläufig sind. So ist denn eine Klärung der Terminologie unserer Disziplin dringend zu versuchen oder doch anzubahnen, mit der Tendenz, KU Vorwort. nur diejenigen Termini beizubehaltcn, die nach dem Stande der Wissenschaft unentbehrlich scheinen. Solange eine solche Reduktion und genauere Fixierung der Terminologie nicht stattgefunden hat, ist es insbesondere für den Gelehrten einer bestimmten Disziplin, der genötigt ist, sich aus einem verwandten Gebiet eine Orientierung zu holen, oft unmöglich, jedenfalls äußerst zeitraubend, sich zurecht zu linden. Wie eine jede Klassifikation eine Schematisierung bedeutet, die zur Gewinnung einer ordentlichen Übersicht unentbehrlich ist, so sind auch die Termini nur dazu da, um sich so bequem wie möglich zu verständigen. Das ist nun freilich trivial, aber es wird oft genug vergessen, daß diese Selbstverständlichkeit als Leitstern bei einer Behandlung terminologischer Fragen zu dienen hat. Es gibt 2 Extreme: die einen legen gar kein Gewicht auf eine gut entwickelte Terminologie, die anderen aber möchten ihr wohl noch den Rang einer besonderen Wissenschaft belassen wie in älteren Zeiten. Daß in der ersten Hälfte des vorigen Jahr¬ hunderts die Terminologie als besondere Disziplin gepflegt wurde, hat gute Früchte getragen, und jetzt beginnt sich's zu rächen (z. B. in der Botauik), daß vielseitig nicht mehr hinreichend auf eine gute weitere Ausgestaltung und Umbildung der Terminologie gemäß den Fortschritten gesehen wird. Die leichteste Verständigung wird stattfinden, wenn mög¬ lichste Einfachheit der Namen angestrebt und die Bemühung darauf gerichtet wird, daß sie bezeichnend seien. Es ist be¬ kannt, wie schädlich und zu Mißverständnissen führend Termini wirken, die etwas anderes bedeuten als sie dem Wortsinne nach ausdrücken. Trotzdem sind aber — um den Anschluß an das Bisherige nicht zu verlieren — die bis dahin üblichen Termini zu berücksichtigen, d. h. das Historische hat gebührende Würdi¬ gung zu erfahren. Also wäre unter Umständen ein gut einge¬ führter, wenn auch nicht bezeichnender Name beizubehalten. Denn / es ist ebenso bekannt, wie zähe ein schlecht gebildeter, aber viel gebrauchter Terminus festgehalten wird, wie fast unmöglich es meistens ist, ihn auszurotten und durch einen besseren zu er- Vorwort. XIII setzen. In solchen Fällen ist leider meist darauf zu verzichten, durch die Bezeichnungen die Ordnung in dem Gesamtsystem der Disziplin auszudrücken, obwohl das Ideal darin gefunden werden müßte ; aber das System, die Klassifikation, ist abhängig von einem bestimmten Stande der Wissenschaft, und so könnte eine rein systematische Terminologie doch nicht auf Bestand rechnen. Die systematischen Termini werden so schließlich nur noch histori¬ sche, die damit doch immer wieder in den Vordergrund treten. Nun ist freilich die richtige Abwägung der angegebenen Gesichts¬ punkte in den einzelnen Fällen oft nicht leicht. Die Würdigung des historischen Moments (womöglich des Prioritäts-Prinzips) in Verbindung mit dem Streben nach einer ausschließlich sachge¬ mäßen Nomenklatur ist für die Entscheidung dem Takt und O den Kenntnissen des Autors überlassen, denn die beiden ge¬ nannten Forderungen widersprechen einander nur zu oft. In der folgenden Auseinandersetzung fehlen — und zwar ge¬ wiß eine große Menge — Termini, die mir im Verlauf meiner Studien nicht vorgekommen oder aufgefallen sind. Ein langes Menschenleben würde bei Weitem nicht dazu ausreichen, alle die¬ jenigen Schriften durchzusehen, die Beiträge liefern könnten. Manche Arbeiten habe ich absichtlich — um nicht gar zu weit¬ läufig zu werden — - nur nebenbei oder gar nicht berücksichtigt. Meine folgende Darbietung ist daher unvollkommen: ich bin bei der Bearbeitung von der Fülle der Literatur fast erdrückt worden und habe schließlich aufhören müssen, sie noch weiter zu verfolgen, als es geschehen ist. Besonders störend ist die Vielsprachigkeit der Wissenschaft: so bietet z. B. sicher die russische Literatur vielfache Anregungen, auf die ich aber bei der Unkenntnis der Sprache leider verzichten mußte. Am besten wäre es, internationale Termini zu schaffen, aber wir müssen uns darauf beschränken, zunächst erst einmal einheit¬ liche Termini für die deutschen Sprachgebiete zu erreichen, wie denn auch naturgemäß die folgende Aufstellung in erster Linie von den Verhältnissen beeinflußt ist, wie wir sie in Norddeutsch¬ land finden. XIV Vorwort. Man halte bei der Beurteilung der vorliegenden Schrift da¬ ran fest, daß ich — wie schon vorn angedeutet — versucht habe, mich nicht nur den Bedürfnissen der Geologie anzupassen und zwar hier besonders der Palaeontologie, soweit sie sich mit der Genesis der organogenen Gesteine beschäftigt, sondern auch der Geographie, der Biontologie (Botanik und Zoologie), der Bodenkunde, wie sie Agrikultur, Forstwirtschaft und Gartenkunst veranlaßt haben. Ich habe mich bemüht, alle diese Hauptfächer, die mit unserer Sache zu tun haben, im Auge zu behalten. Es ist nicht angängig, die Terminologie nur auf eins dieser Gebiete zuzuschneiden: geschähe dies, so würden wir bei dem jetzt bestehenden Dilemma verbleiben, das darin besteht, daß jedes Fach seine eigene Terminologie hat, und man sich gegenseitig nicht versteht. Bei diesem Streben ist ganz besonders darauf zu achten, daß es zu vermeiden ist, bei diesem oder jenem der genannnten Fächer eingeführte und viel gebrauchte Namen, wo es nicht unbedingt erforderlich ist, neue oder wesentlich andere Begriffe vorzuschlagen. Zu einer genauen Festsetzung der Synonyme wäre unerlä߬ lich, daß die Autoren durchweg übereinstimmend z. B. die gleichen Moorformen als Flach-, als Zwischen- oder als Hochmoorbildung erkannt und es auch verstanden hätten, ordentlich die bei uns meist durch die Kultur getöteten, d. h. die »toten« Moore von den noch lebenden zu unterscheiden. Das ist aber nicht der Fall, und so sind Fehler derzeitig in einer Zusammenstellung wie der vorliegenden leider unvermeidlich, so sehr man auch bemüht ist, aus den Angaben der Autoren einen Schluß auf das zu ziehen, was sie meinen könnten. Auch sind die Synonyme solche oft nur in weiterem oder engerem Sinne, und so manche sind wegen ungenügender, jedenfalls uns heute nicht genügender Definition nur unsicher, andere kaum noch exakt unterzubringen, abgesehen davon, daß die fortschreitende Wissenschaft zu anderen und zu früher nicht beachteten Gliederungen gelangt. Mein Manuskript war in der Grundlage, also im wesentlichen bereits fertig, als Früh und Schröter^s schönes Buch: »Die Moore der Schweiz« (1904) erschien; ich habe nur nach Möglich- Vorwort. XV keit die seitdem erschienene Literatur berücksichtigt und vor allem meine neueren Erfahrungen. Insbesondere habe ich es für nütz¬ lich gehalten, die letzte Zeit dazu zu benutzen, möglichst aus¬ giebig photographische Aufnahmen zu veranlassen oder selbst zu machen, die, hoffe ich, das Verständnis des Textes ganz wesentlich unterstützen werden. H. Potonie. . ■ >■ ' '* . - ■ ■ Einleitung. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einer Gruppe von organogenen Gesteinen, Biolithen1), und zwar nur mit den brenn¬ baren Biolithen, die wir kurz Kaustobiolithe2) nennen wollen, im Gegensatz zu den Akaustobiolithen (wie z. B. Ko- rallenrifi'kalk), das sind diejenigen Biolithe, die nicht brennen resp. keine brennbaren Bestandteile mehr enthalten. Die Grenze zwischen beiden läßt sich nicht peinlich innehalten: es werden daher im Folgenden, wo es zweckmäßig erscheint, auch diejenigen Biolithe und nicht biolithischen Bildungen behandelt, die nur ge¬ ringe Mengen kaustobiolithisches Material enthalten. Wo es zu einem besseren Verständnis des Ganzen nötig ist, werde ich auch die sich unmittelbar anknüpfenden Akaustobiolithe erwähnen. Im weitesten Sinne würden zu den Kaustobiolithen auch ge¬ wisse gasförmige Produkte gehören wie dasjenige Methan, das durch Zersetzungsprozesse aus organischem Material hervorgeht; man kann danach kaustobiolithisches und nicht kaustobiolithisches3) Methan unterscheiden. Wie das Methan, CH4, enthält die ganz überwiegende Menge von Kaustobiolithen das Element C, aber es gibt auch — wenn auch weit untergeordneter — solche ohne C, wie eventuell gewisse Schwefel-Vorkommen, die einer Organis- men-Tätigkeit (Bakterien) den Ursprung verdanken, worüber weiter hinten. Auch hier wird man daher bequem von kaustobiolithischem und nicht kaustobiolithischem Schwefel reden können. In der b Der Terminus Biolith stammt von Ch. G. Ehrenberg. 2) Vom Griechischen kaustos — brennbar und Biolitb. 3) Wohl zu unterscheiden von »akaustobiolithisch«. Ein Akaustobiolith ist immer ein Biolith; das nicht kaustobiolithische Methan jedoch ist kein Biolith. 1 Neue Folge. Heft 55. 2 Einleitung. vorliegenden Schrift handelt es sich jedoch wesentlich nur um die flüssigen, weichen oder festen, brennbaren, kohlen¬ stoffhalt igen subfossilen oder rezenten Produkte der Lebewesen. Diese C-haltigen Kaustobiolithe bringe ich, geleitet durcli die Verschiedenheit ihrer Genesis, ihrer chemischen Zu¬ sammensetzung und infolgedessen ihrer verschiedenen technischen Wertigkeit, ferner insbesondere ihres hervor¬ ragenden rezenten und fossilen Auftretens, in drei große Gruppen, die genannt werden : I. Sapropel ^-(Faulschlamm-) Bildungen, II. Humus-Bildungen, III. Liptobiolithe1 2): Harz-, Wachsharz- und ver¬ wandte Bildungen. Für die Entstehung dieser Kaustobiolithe kommt in Frage: 1. die Beschaffenheit der Urmaterialien. 2. die Art der Zersetzung, denen die Urmaterialien unterwor¬ fen sind, insbesondere nach ihrer Einbettung durch Sauerstoff* abschließende Medien, die die Zersetzung ohne zurückbleibendes festes brennbares Material verhindern. Ich habe es daher für notwendig gehalten, der systematischen Vorführung der rezenten Kaustobiolithe und ihrer Lagerstätten eine Betrachtung der Zer- Setzungsprozesse, die zu den in Rede stehenden Biolithen führen, vorauszusenden. 1) Auszusprechen Sapropel, vom Griech. sapros = faul (stinkend) und pelos = Schlamm); das Wort soll als Neutrum gebraucht werden — (Saprol ist ein ölartiges Desinfektionsmittel, das wasserlösliche Kresole enthält). 2) Vom Griechischen leiptos , latinisiert liptos — zuriickgelassen und Biolith. Zersetzungsprozesse. Änderungen in der Zusammensetzung von Gesteinen bezeich¬ net man als ihre Verwitterung; die physikalische Verwitterung heißt Zerfall, die chemische Verwitterung heißt Zersetzung1). Für uns kommt nur die letztere in Betracht. Die Z ersetz ung der pflanzlichen und tierischen Stoffe äußert sich im Speziellen je nach den Verhältnissen in verschiedener Weise, nämlich — soweit es für uns in Betracht kommt — als Verwesung, Vermoderung, Vertorfung und als Fäulnis2). Im wesentlichen handelt es sich für uns um die Zersetzung von Kohlenhydraten, besonders von Zellulose; die Zersetzung stick¬ stoffhaltiger Substanzen kommt untergeordneter in Frage. Nicht nur ist quantitativ der Gehalt an Stickstoff bei den Pflanzen wesentlich geringer als bei den Tieren, auch innerhalb der Pflanzen- b Nack Hamann, Bodenkunde, 2. Aufl. , Berlin 1905, S. 3 u. 4. — Der Ausdruck »Zersetzung« ist freilich nicht für alle chemischen Umbildungen, die mit den Produkten der Organismen vor sich gehen, exakt. Denn im Verlaufe dieser Umbildungen können z. B. auch Polymerisationen Vorkommen. 2) Ich habe mich bemüht, die Bestimmungen der für den Gegenstand wich¬ tigen und wichtigeren Begriffe nach Möglichkeit dem Üblichen anzupassen, je¬ doch ist zu beachten, daß die wissenschaftliche Behandlung beson derer Fragen oft zu mehr minder weitgehenden Veränderungen vorliegender Begriffe nötigt, wenn man nicht bei den geringsten Verschiebungen der Definitionen, die sich als zweckmäßig erweisen, gleich neue Termini einführen will. Ich bemerke dies¬ bezüglich zu Obigem, daß ich »Vertorfung« und »Fäulnis« so trenne, daß beide formell koordiniert werden. Übrigens entsprechen die oben gegebenen Begriffs¬ bestimmungen denjenigen, wie sie J. v. Liebig gegeben hat (vergl. Felix B. Ahrens, Das Gärungsproblem. Stuttgart 1902, S. 455), nur daß ich — unserem Spezialzweck entsprechend — die »Vertorfung« einschalten mußte. Uber die Neigung, »Vertorfung« von reiner »Fäulnis« zu scheiden, siehe auch bei C. A. Weber, Über Torf, Humus und Moor, 1903, S. 472. 1* 4 Zersetzungsprozesse. weit besitzen unsere Haupt-Humus-Bildner, die Torfpflanzen, viel weniger Stickstoff1 als die übrigen Pflanzen. Die Wasserpflanzen jedoch, insbesondere die Algen — wie die Tange des Meeres und dergl. — sind stickstoffreich und auch sonst, worauf auch u. a. der Schwefelgehalt der Tange hinweist, in ihrer chemischen Kon¬ stitution den Tieren ähnlicher. G. Andersson und Früh1) haben gezeigt, daß von den Pflan¬ zenstoffen Zellulose sich leichter zersetzt als Lignin, Kork, Harze und* Fette. Verwesung. Verwesung (Eremakausis, vom griechischen eremos = still und kausis = Verbrennung) findet statt bei Gegenwart von reich¬ lichem Sauerstoff (von Luft) und Wasser (Regen und Feuchtig¬ keit) . Hierbei werden die organischen Stoffe (unter Zurücklassung der Asche bildenden Mineralstoffe) verflüchtigt ohne Hinterlassung fester Kohlenstoff- Verbindungen. Die Verwesung ist also im chemischen Sinne eine »langsame (stille) (Sauerstoff-) Verbrennung«, ein vollständiger Oxydatiohsprozeß. Mit der Verwesung ist eine Wärmeentwicklung verknüpft. Es entstehen insbesondere CO2 und HqO; aus dem Schwefel, der in den Organismen vorhanden ist, wird z. B. SO3 (Schwefeltrioxyd, Schwefelsäureanhydrid): alles be¬ reits vollkommen verbrannte Produkte. Bei der Verwesung spielt die Tätigkeit von Pilzen, insbesondere von Bakterien, die die Zersetzung teils bedingen, teils beschleunigen, eine große Rolle. Es ist ferner darauf hinzuweisen, daß die Gegenwart von Licht den Verwesungsprozeß unterstützt: das Bleichen von Wäsche ist bedingt durch den Wechsel von Trockenheit und Nässe bei Ge- genwart von Licht, da das Sonnenlicht H20 zersetzt, wodurch der Sauerstoff in statu nascendi seine in diesem Zustande beson¬ ders starke Wirkung ausüben kann. l) Früh, Moore der Schweiz, 1904, S. 174. Zersetzungsprozesse. 5 Vermoderung. Die V erm oderung (Aposepsie, vom griechischen apo = \ on, weg und sepsis = Fäulnis) ist eine Verwesung bei ungenügendem Luftzutritt: sie ist kurz gesagt eine unvollständige Verwesung. Während bei der echten Verwesung eine vollständige Oxydation statthat, die das Vorhandensein hinreichender Mengen von Sauer¬ stoff voraussetzt, wie bei der Verbrennung an der Luft, ist bei der Vermoderung das Sauerstoff- Quantum bemessen, so daß eine unvollständige Verbrennung stattfindet, wie etwa im Kohlenmeiler. H ier bleibt Kohlenstoff zurück, und die Neigung, kohlenstoffreiche Produkte zu bilden, ist auch bei der Verwesung vorhanden. Die bei der Vermoderung von Landpflanzen zurückbleibenden festen, sehr kohlenstoffreichen Produkte sind im wesentlichen Verbin¬ dungen von Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff und zwar in Mengenverhältnissen, die an die der Kohlenhydrate erinnern, doch so, daß es sich gewissermaßen um dehydratisierte Kohlenhydrate handelt. Diese Produkte (Humusstoffe) haben die Tendenz, bei der Destillation Verbindungen der aromatischen Gruppe (wie Benzol oder Verwandte desselben) zu liefern, die kohlenstoffreicher sind als die Verbindungen der Fettgruppe (wie z. B. Paraffine). — Das vermodernde Material ist nach dem Gesagten in Verwe¬ sung begriffen, d. h. es verschwindet als festes Produkt leicht vollständig; der feste zurückbleibende Rest ist beim Vermoderungs¬ prozeß daher meist recht geringfügig. Stellt man Vermoderungs-Bedingungen künstlich her, so kann Selbsterhitzung, schließlich Selbstentzündung erfolgen, das ist u. a. jedem Landwirt bekannt, der diese Eigenschaft zur Erzeugung von »Brennheu, Braunheu« ausnützt, wobei der Vorgang so ge¬ leitet wird, daß die Temperatur nicht über rund 70° steigt. Bei der lockeren Zusammenhäufung eines bereits in einem Zersetzungsstadium befindlichen Kaustobioliths kann ebenfalls Selbsterhitzung eintreten. Herr Dr. H. Goebel aus Ludwigshof in Pommern teilt mir diesbezüglich unterm 27. September 1905 das Folgende über Sapropel mit. »Wir schütten den luftge- 6 Zersetzungsprozesse. trockneten Faulschlamm mit einem Wassergehalt von etwa 40 bis 50 pCt. auf eine größere Halde von etwa 4 rn Höhe auf. Ich habe nun vor Jahren bereits beobachtet, daß die Temperatur im Innern dieser Halde sich erheblich steigerte, wobei sich die ein¬ zelnen Faulschlammbrocken mit weißem Mycel eines Pilzes be¬ deckten, der einen starken Geruch nach frischer Gartenerde hatte. Diese Erscheinung tritt nun so intensiv auf, daß die Temperatur im Innern des Faulschlammberges sich bis zu 70° steigert. Dabei macht sich ein intensiver Geruch wie nach heiß «^wordenem Pferdedüno*er bemerkbar. Kommt der erhitzte Faulschlamm mit O der Luft in Berührung, so tritt Abkühlung ein«. Nach Hugo Miehe1) erfolgt die Selbsterhitzung in zusammen¬ gepackten, feuchten Pflanzenmaterialien dort, wo Säfte in den Massen vorhanden sind, die zur Ernährung von Mikroorganismen tauglich sind oder wo es sich um lebende Pflanzenteile handelt. Sterilisiertes Heu hatte die Fähigkeit, sich zu erhitzen, eingebüßt. Einerseits kommen also Mikroorganismen in Betracht, andererseits vermögen noch lebende Pflanzenteile durch Atmung ihre Tempe¬ ratur weit über die der Umgebung zu erhöhen. Bei der Selbst¬ erhitzung wird O verbraucht und CO2 entwickelt; der Sauerstoff ist eine notwendige Bedingung: er bringt bei der Gärung in erster Linie Kohlenhydrate (Stärke, Zucker) zum Verschwinden. Wenn die O-Zufuhr experimentell verhindert wird, so findet eine Tem- peratursteigerung nicht statt, und eine Zersetzung des von Miehe zum Experiment benutzten Heus war äußerlich nicht zu bemerken; auch Schimmelbildung war unterblieben. Solange freilich noch O da ist, der von Anfang an in der Masse vorhanden ist, findet eine geringe Temperaturerhöhung statt. Pferdemist in gleicher Weise behandelt (durch Gayon 1884) zeigte außer CO2- Bildung reiche Entwicklung von Methan. Die Ursache der Selbsterhitzung kann demgemäß sein 1. eine physiologische Ver¬ brennung (Atmung), wenn es sich nämlich um noch lebende Pflanzenteile handelt, sonst sind 2. die auf den abgestorbenen Teilen lebenden Pil ze und Bakterien durch ihre Lebenstätigkeit die Ursache, so daß — wie gesagt — sterilisiertes Heu die Fähig- ■) Miehe, Die Selbsterhitzung des Heus. Eine biologische Studie. Jena 1907. ZersetzuDgsprozesse. 7 keit, sich zu erhitzen, einbüßt. Die Selbsterhitzung kann sich soweit steigern, daß das Heu sich selbst entzündet, wodurch der Haufen im Innern ganz verkohlen kann und zwar in der Art der echten Verkohlung wie sie Holzkohle zeigt. Bacillus coli forma foenicola t) »siedelt sich nämlich gern auf solchen Substanzen au und vermehrt sich ungeheuer. Dadurch nun, daß eine solche große, poröse Masse einen sehr schlechten Wärmeleiter darstellt, wird die Wärme, die jener intensiv arbeitende Bazillus entwickelt, zurückgehalten. Die Temperatur steigt und steigt, bis ihr Erreger selbst an ihr zugrunde geht, bis also etwa 40° erreicht werden. Da jetzt eine andere, der merkwürdigen Gruppe der wärmeliebenden Bakterien angehörige Art (Bacillus calfactor) anfängt, sich üppig zu vermehren, so geht die Tempe¬ ratursteigerung noch weiter, und da dieser zweite Bazillus noch bis über 70° wachsen kann, erhitzt er durch seine Wärmebildung die Masse schließlich bis zu dieser Temperatur«. (Miehe* 2). Miehe denkt sich im Anschluß an Untersuchungen von Ranke den Vorgang der Selbsterhitzung folgendermaßen : »Durch die sehr lange Einwirkung der Temperatur von 70° erfährt das Heu eine trockne Destillation. Es nimmt nach und nach immer mehr die Natur von Kohle an. »Die Kohle ist von einer außer¬ ordentlich feinporösen Struktur, da ja jede Zelle erhalten bleibt. Es wäre, wohl denkbar, daß sie in ähnlicher Weise, wie sehr fein verteiltes Platin (Platinmohr) Sauerstoff verdichten könne. Sie würde dann vielleicht ähnlich dem Platinmohr starke Oxydations¬ kraft gewinnen und Oxydationen ausführen, die normal erst bei viel höherer Temperatur möglich wären. Sie könnte entweder sich selbst direkt oxydieren oder aber andere, absorbierte, bei der langsamen Destillation oder der Zersetzung der organischen Be¬ standteile des Heues entstandene leicht oxydable Gase, wie z. B. Wasserstoff, Phosphor Wasserstoff, flüchtige Kohlenwasserstoffe (Methan, Äthylen usw.). Derartige Oxydationen könnten vielleicht schon im unberührten Heuhaufen nach gewisser Zeit bei be¬ schränktem Sauerstoffzutritt sich vollziehen. Dann würde schon ß Miehe, Über Selbsterhitzung. (Mediz. Klinik Bd. XVIII, 1907). 2) Miehe, Die Bakterien. Leipzig 1907, S. 41. 8 Zersetzungsprozesse. jetzt die Temperatur langsam weiter steigen. Oder aber, was das wahrscheinlichere ist, sie treten erst auf, wenn reichlich Sauerstoff hinzutreten kann, mit anderen Worten, wenn der Haufen ausein¬ ander geworfen wird oder Luftzugänge absichtlich oder unab¬ sichtlich geschaffen sind.« In der Tat geben die verschiedenen Autoren übereinstimmend an, daß eine Entzündung erst dann eintritt, wenn durch Einstoßen von Stangen, Anlagen von Luft¬ schächten usw. der Luft freier Zutritt gewährt wird. VJ Es ist nicht daran zu zweifeln, daß Selbsterhitzung auch in der freien Natur Vorkommen wird, denn die für eine solche not¬ wendigen Bedingungen sind sehr einfache. Wo z. B. eben ab¬ gefallenes Laub durch Wind zu ordentlichen Haufen vereinigt wird und genügende Feuchtigkeit besitzt, wird eine Selbsterhitzung und schließlich auch -entzündung statthaben und sich verkohltes Material subfossil oder fossil erhalten können; vielleicht vermag, wenn viel Oel in den Materialien vorhanden ist, die Selbst¬ erhitzung resp. -entzündung auch auf rein chemischem Wege zu erfolgen, d. h. ohne Unterstützung von Bakterien. Daß Organe, die sich in hervorragend eifriger Lebenstätigkeit befinden, ihre Tem¬ peratur wesentlich zu erhöhen vermögen, ist lange bekannt, namentlich an Blütenkolben gewisser Aroideen, bei denen sich die Erhöhung bis über 20° und an der Blume der Victoria regia , bei der die Temperatur bis über 12° steigen kann. Daß wesentlich höhere Temperaturen durch noch lebende Pflanzenteile erzielt werden können, wenn man sie zusammenhäuft, ist dem Pflanzen¬ physiologen ebenfalls lange bekannt; die Lebenstätigkeit währt eben längere Zeit, und wenn man die infolgedessen leicht vor sich gehende Zersetzung wertvoller Substanzen in Pflanzenteilen ver¬ hindern will, so kann man dies nach dem Patent Cresp von 1906 dadurch erreichen, daß man das Leben vollständig zerstört, indem man die Teile mit harten Körpern fein zerreibt und so durch Zerstörung der Organisation die Lebensvorgänge abschneidet. W. Pfeffer sagt in seiner Pflanzenphysiologie1): »Schon bei Ver¬ wendung von mäßig großen Gefäßen ergeben Versuche mit . . . . lebhaft atmenden Objekten eine Temperatur-Erhöhung von einigen 9 Pfeffer, PfLanzenphysiologie, 2. Aufl., 2. Bd., Leipzig 1904, S. 835. Zersetzungsprozesse. 9 Graden. Bei Umhüllung mit Baumwolle usw. oder bei Anhäufung einer großen Menge wird die Temperatur um 10° C oder auch soweit gesteigert, daß die Pflanzen absterben« usw. Schließlich vermag es dann bei dauernder Feuchtigkeit mit Selbstentzündung zu enden. Vertorfung. Die Vertorfung ist das Zwischenglied zwischen der Ver¬ moderung und der Fäulnis. Zunächst findet Vermoderung, später jedoch Fäulnis statt. Die entstehenden festen Produkte sind eben¬ falls wesentlich Verbindungen von Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff1, jedoch ist gegenüber der Vermoderung hervorzuheben, daß die Anreicherung an Kohlenstoff nicht so schnell vor sich geht wie bei der Vermoderung. — Näheres zur »Vertorfung« im Folgenden. Fäulnis. Als Fäulnis (Putrefactio, vom lateinischen jputor die Fäul¬ nis und facere machen ; putrefacere faulen machen) sei die Zer¬ setzung in Gegenwart von Wasser bei vollständigem Sauerstoff¬ mangel bezeichnet. Sie ist im chemischen Sinne eine »langsame Destillation«, ein Reduktionsprozeß. Unter den dabei entstehenden Gasen ist das Methan (Sumpfgas, CH4) besonders lange als ent¬ stehendes Produkt bekannt und in der Tat auch auffällig. Des¬ halb sei hervorgehoben, daß nach der Untersuchung von W. Ome- liansky die Anzahl der zur Methanzersetzung fähigen Verbin¬ dungen eine sehr beträchtliche ist; den unter Umständen Methan gebenden Stoffen sind nicht nur verschiedene Repräsentanten N freier Verbindungen (Kohlenhydrate, Säuren), sondern auch N haltige Körper (Eiweiß, Leimstoff1 usw.) zuzuzählen. Die Haupt¬ rolle der Methangärung in der Natur spielen zweifelsohne Sub¬ stanzen pflanzlicher Herkunft, besonders die zur Gruppe der Cellulose gehörenden, zugleich findet aber auch Methanzersetzung N-haltiger Körper, hauptsächlich tierischer Überreste statt. Die Methangärung von Milchsäure und namentlich die von Essig- und Buttersäure bildet gleichsam ein Zwischenglied, da diese orga¬ nischen Säuren als Zersetzungsprodukte sowohl von N-freien, als 10 Zersetzungsprozesse. auch von N-haltigen Stoffen auftreten können T). Außer CH4 ent¬ stehen durch den Fäulnis-Prozeß als gasförmige Produkte wesentlich noch nicht verbrannte Gase, nämlich H, NH3, bei Vorhandensein von Schwefel- Verbindungen H2S, usw. Es wird auch das Entweichen von freiem N angegeben, jedoch hat E. Jentys2) gezeigt, daß bei voll¬ ständigem O-Mangel die Exkremente kein freies N abgeben, auch verbindet sich N schlechter zu Gasen mit C, wie O und H. Dar¬ aus erklärt sich der relativ hohe N-Gehalt im Sapropel und Torf, die 4 und mehr pCt. der aschenfreien Substanz betragen kann ; es findet ebenso eine Anreicherung von N statt wie an C, wenn auch die von C naturgemäß wesentlich auffälliger ist. Dementsprechend sagt G. Schneider (Obersee p. 31): »Daß fäulnisfähige Substanz im Wasser des Obersees kaum gelöst vor¬ kommt, beweist die völlige Abwesenheit gelöster stickstoffhaltiger V erbindungen. « Bemerkenswert ist — bei der Haltbarkeit vieler derselben ist das verständlich — die relativ wesentliche Anreicherung an Fett¬ substanzen oder auch die Neigung zu ihrer Entstehung; so zeigten zur Bereitung von Viehfutter für den Winter eingemietete Zucker- rüben-Abfälle nach L. Malpeaux und G. Lefert3) bei der Ein¬ mietung in ihrer Trockensubstanz 0,60 pCt. Fettsubstanz, 11 Mo¬ nate nach ihrer Einmietung aber 1,60 pCt., d. h. das 16-fache (!) des ursprünglichen Fettgehaltes, wobei die Autoren bemerken, daß diese Vermehrung wahrscheinlich auf einer Umbildung von Zucker in Fett beruht, wie denn überhaupt die Neigung bei der Fäulnis, Fett- oder fettähnliche Substanzen zu bilden, hervorzuheben ist. K. B. Lehmann erinnert diesbezüglich daran4), daß begra¬ bene Leichen bei Abwesenheit von Luft und Anwesenheit von 0 Omeliansky, Über Methanbildung in der Natur bei biologischen Prozessen. (Centralbl. für Bakt., II. Abt., Bd. XV, Jena 1906, S. 673 — 687). 2) Jentys, Sur la decomposition et fassimilabilite des matieres azotees con- tenues dans les dejections d’animaux ferme. (Anzeiger der Akad. der Wiss. in Krakau 1893, S. 34 i — 348). 3) Malpeaux und Lefert, Annales Sciences agronomiques, 10. Jahrg. Bd. 2, S. 227 (vergl. Ref. in Centralbl. für Agrikulturchemie 1907, S. 113 ff.). 4) Lehmann, Ein Beitrag zur Frage nach der Entstehung des Leichenwachses aus Eiweiß. (Sitzungsber. Würzburger physik. -medicin. Ges. 1888, S. 19). Zersetz ungsprozesse. 11 vielem Wasser sich zum größten Teil in eine wachsartige Masse (Leichen wachs, Leichenfett, Adipocire) verwandeln, die ans Fetten, Fettsäuren und fettsauren Salzen besteht. Be¬ sonders fette Leichen neigen zur Leichen wachsbildung, indem hierzu das Körperfett verwendet wird; jedoch ist auch die Ansicht vertreten, daß aus Eiweiß sich Leichen wachs bilden könne. Um dieses letztere zu beweisen, stellte der genannte Autor folgenden Ver¬ such an: Aus einem Filet vom Pferde wurden zwei Fleischstücke aus¬ geschnitten, das eine in Alkohol konserviert, das andere zur Leichen¬ wachsbildung verwendet, nachdem beide durch sorgfältigste Prü¬ fung gleich frei von Fett gefunden wurden. Das zweite Stück wurde in einem Tüllsack in eine Flasche gebracht, durch welche 7i/2 Monate lang ein kontinuierlicher Strom von Flußwasser hin¬ durchfloß. Das Fleisch war nach dieser Zeit in eine an weichen Käse erinnernde Masse von schwachem Geruch verwandelt und zeigte unter dom Mikroskope nur körnige und schollige Massen. Die chemische Untersuchung ergab, daß das in Alkohol aufbe- wabrte Fleisch auf 100 Teile 3,66 Teile Neutralfett enthielt, während das gewässerte Fleisch 1 Teil Neutralfett, 2,27 Teile freie Fettsäuren und 3,990 Teile Fettsäuren als Seifen enthielt. Es hatte sich also in dem gewässerten Fleisch während der 7^2 Monate 3,700 g Fettsäuren gebildet oder eine Zunahme des Fettsäurege¬ haltes um 100 pCt. stattgefunden. — Es ist bedauerlich, daß das Experiment nicht auch mit stagnierendem Wasser, also unter reinen Fäulnisbedingungen gemacht wurde, jedoch genügt für uns auch das LEHMANN sche, da das durchfließende Wasser offenkundig nicht O genug enthält, um eine vollständige Zersetzung der brennbaren Bestandteile zu veranlassen. Die Bedingungen waren also der reinen Fäulnis (in unserem Sinne) stark angenähert. Übrigens ist es be¬ kannt, daß Leichenwachs aus Leichnamen in nasser Erde oder stockendem Wasser entsteht, ebenso wie es sich in den Macerier- gefäßen der Anatomieen vorfindet. Die Fäulnis ist besonders in stagnierendem Wasser zu Hause, in ruhigen Seen und Buchten. Es entstehen feste Verbindungen ebenfalls wesentlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, die aber im ganzen viel weniger kohlenstoffreich sind, als die 12 Zersetzungsprozesse. durch Vermoderung und Vertorfung hervorgegangenen Produkte, d. h. sie gehören zu H-reicheren Verbindungen. Das tut sich bei der Destillation (Verschwelung) kund; diewesentlich unterVer- torfuugsbeding ungen geratenden Organismen oder Teile von Organismen liefern hierbei kohlenstoff-reichere Verbindungen (Teer), die von vornherein wesentlich unter Fäulnis- Bed ingungen geratenden jedoch (d. h. die Sapropele) kohlenstoff-ärmere Verbindungen (Ölteer). Liebig sagt1), daß eine Berührung mit Sauerstoff, mit Luft, d. h. eine anfangende Verwesung eine Bedingung der Fäulnis sei, ohne welche die Zersetzung nicht beginne. Gemäß unseren heutigen Kenntnissen auf bakteriologischem Gebiet wissen wir, daß auch Bakterien, die bei Luftmangel zu leben vermögen (anaerobe Bakterien), Zersetzungsprozesse einleiten, und solche Bakterien werden wohl beim Beginn von Fäulnisprozessen selten fehlen, davon aber muß die langsam vor sich gehende Selbstzersetzung der organischen Materialien unterschieden werden, als Fortsetzung der durch Bakterien eingeleiteten Fäulnis im engeren Sinne, die aber auch ohne alle Anregung durch Bakterien stattfindet, worauf weiter hinten noch eingegangen wird. Es ist nach dem Gesagten verständlich, daß die Humus-Ge¬ steine, die wesentlich dem Vermoderungsprozeß unterlagen, ver¬ schieden von denen ausfallen müssen, die vorwiegend Fäulnis¬ prozessen zugänglich waren. Der Unterschied wird noch größer, wenn es sich nicht um dieselben Materialien handelt, die den ge¬ nannten Prozessen unterlagen, sondern um wesentlich verschiedene. Die Örtlichkeiten, die Vermoderungs- und Vertorfungs-Bedin¬ gungen schaffen, werden von Landpflanzen (einschließlich der Sumpfpflanzen) bewohnt, deren Hauptmasse Kohlenhydrate sind, die Örtlichkeiten hingegen, die mehr Fäulnisbedingungen schaffen, d. h. die stagnierenden oder halbstagnierenden Gewässer, beher¬ bergen Organismen (Wassertiere und Pflanzen, unter diesen be¬ sonders wichtig die Ölalgen), die u. a. durch ihren Fettgehalt ausgezeichnet sind. Die aus den Wasser-Lebewesen gebildeten ’) Ahrens, Gährimgsproblem, 1902, S. 464 — 465, Zersetzungsprozesse. 13 Ablagerungen (Schlamme) sind daher so verschieden, daß wir ihr Material von dem Humus trennen müssen; wir nennen es, wie gesagt, Faulschlamm, Sapropel. Ist der Fäulnisprozeß in einem solchen Schlamm über das erste Stadium hinaus, so ent¬ stehen recht beständige Verbindungen, die auch dann noch lange stabil bleiben, wenn nunmehr Luft hinzutritt. So habe ich ein noch im schlammigen Zustande befindliches Sapropel jahrelang in schlecht verschlossenen Gefäßen aufbewahrt, ohne daß ich bis heute durch den Geruch Zersetzungserscheinungen wahrgenommen hätte. Verschiedene Sapropele verhalten sich diesbezüglich ver¬ schieden. Wenn eine gewisse Stabilität in der Zusammensetzung des Sapropels erreicht ist, was sich dadurch zu erkennen gibt, daß es geruchlos geworden ist, so wird man es als » mineralisiert« oder »ausgefault« bezeichnen. Der Sauerstoff- Abschluß ist die Haupt-Ursache der schnellen Mineralisierung, denn Humus bildende Substanzen werden unter der gleichen Bedingung ebenso schnell — und zwar zu »Torf« — mineralisiert. Die Tatsache, daß möglichster Sauerstoff- Abschluß eine größere Stabilität sonst labiler organischer V erbindungen bedingt, macht sich die Landwirtschaft z. B. im Gebiet des Magde- burgischen zu Nutze, indem dort Abfälle auf Zucker verarbeiteter Rüben, nämlich »Rüben-Schnitzel« und »Rüben-Kraut«, d. h. die abgeschnittenen Köpfe der Rüben mitsamt ihren Blättern im Freien, aber unter dichter Erdbedeckung gemischt und dicht gepackt auf¬ bewahrt werden, um das entstehende Produkt als gutes und beliebtes Viehfutter zu verwenden. Ich habe sehr leicht zersetzliche Substanzen (Algen, Fleisch usw.) in Reagensgläsern unter gewöhnliches, mir zur V erfügung stehendes Wasserleitungswasser offen auf bewahrt. Zunächst findet eine starke Zersetzung statt, die sich durch intensiven Geruch be¬ merkbar macht, bald aber ist irgend eine weitere Zersetzung nicht mehr auffällig, ja es macht den Eindruck, als herrschte vollkommene chemische Ruhe. Der Geruch kann keinerlei Gasentwicklung mehr wahrnehmen, jedenfalls geht die Zersetzung nunmehr unbemerkbar langsam vor sich. Dabei wurde das verdunstende Wasser einfach 14 Zersetz ungsprozesse. nachgegossen, und die Proben haben sich trotz dieser Zufuhr von etwas Sauerstoff, der im Leitungswasser stets vorhanden ist, »minerali- siert«. Sie standen »unverändert« 4 Jahre hindurch auch ohne Schutz vor Temperaturänderungen im Studierzimmer. Schwer zersetzliche Stoffe, wie in gleicher Weise behandelter Blütenstaub von Ainus und Corylus , zeigten überhaupt kaum eine Verände¬ rung. Die Farbe blieb fast durchaus die ursprüngliche, abgesehen von der obersten, direkt mit dem Wasser in unmittelbarer Berührung befindlichen dünnen Schickt. Demnach gellt die Mineralisierung leicht zersetzlicher organi¬ scher Stoffe unter den angegebenen Bedingungen verhältnismäßig schnell von statten, und es ist daher begreiflich, wenn reichlich Sapropel bildende und enthaltende Gewässer dennoch meist ein Wasser von »guter Qualität« für den menschlichen Gebrauch führen. Der z. B. sehr wesentlich einen Sapropelsand enthaltende Obersee bei Reval in Livland versorgt nach Guido Schneider schon seit dem Mittelalter die Stadt mit »gutem« Wasser1). Solche Beispiele ließen sich reich vermehren. Nach den Versuchen P. Regnard's2) wird der Fäulnisprozeß unter hohem Druck verlangsamt resp. »aufgehoben«. Er benützte einen Apparat, der sehr hohe Drucke — bis 700 Atmosphären — längere Zeit unverändert anzuwenden gestattete. Außer mit Urin wurde experimentiert mit einem zuckerhaltigen Hefe- Aufguß, mit Milch, mit Eiern und mit Fleisch. Alle diese Substanzen wurden mit in starker Zersetzung begriffenen Stoffen infiziert und bis zu 20 Tagen dem Druck von 700 Atmosphären ausgesetzt. Als Resultat ergab sicli, daß unter dem hohen Druck in allen Fällen eine Fäulnis nicht eingetreten war, während Kontrolsubstanzen unter gewöhnlichem Atmosphärendruck die höchsten Grade von Zersetzung und das üppigste Gedeihen der Bakterien aufwiesen. b Schneider, Der Obersee bei Reval. (Archiv für Biontologie, II. Bd., 1. Heft, Berlin 1908.) 2) Regnard, Comptes rendus de la societe de Biologie 1883, Serie 3, Bd. I, p. 124. Zersetzungsprozesse. 15 Eine Erwärmung über die mittlere Jahrestemperatur als Folge des Fäulnisprozesses organischer Substanzen konnte nicht konsta¬ tiert werden. Die tägliche periodische Wärmeschwankung oder der Wärmeaustausch ist im Moor sehr viel geringer als z. B. im Sand- und Granitboden ]), weil Temperaturänderungen, infolge der zur Verdunstung an der Oberfläche erforderten Wärmemenge sowie der schlechten Wärmeleitung, sehr abgeschwächt in die Tiefe dringen. Es wird dies erwähnt, weil manche Autoren bei der Entstehung von kohlenstoffreicheren Zersetzungsprodukten an eine Verbrennung nach Art der Selbsterhitzung glauben. Es ist aber darauf hinzuweiseu, daß Selbsterhitzung nie unter Fäulnis¬ bedingungen zu Stande kommt, sondern nur dann, wenn Sauerstoff¬ zufuhr möglich ist. — Vergl. weiter vorn S. 8 bei Vermoderung. — Das Experiment zeigt, daß unter Fäulnisbedingungen eine Selbst¬ entzündung nicht stattfindet* 2), d. h. fest zusammengepacktes Heu oder z. B. Pferdedünger3) erhitzen sich nicht, während gleiche Packungen, doch so, daß O hinzukann, Selbsterhitzung aufweisen. Die reduzierende Wirkung von Sapropel ist die Ursache, daß sich eiserne Gegenstände (Anker, Ketten) in Schlammen mit hinreichendem Sapropel- Gehalt ohne zu rosten halten und den Rost sogar verlieren. Verrostetes Eisenblech, das ich in Sapropel tat, war durch Reduktion nach einigen Wochen blank geworden. Moortorf verhält sich — wie man ebenfalls leicht feststellen kann — anders. A. Orth teilt z. B. mit4), daß ein eisernes Kabel, das durch Moore hindurchgelegt worden war, durch die sauren Ver¬ bindungen derselben zersetzt wurde: wird doch Eisen von den schwächsten Säuren angegriffen. Bei der Vertorfung und Fäulnis entstehen schnell Kohlen- Stoffverbindungen, die ein Pilzleben und ein Leben überhaupt unmöglich machen. Im Torf sind es saure Verbindungen (»Humus- b Johannes Schubert, Der Wärmeaustausch im festen Erdboden, in Ge¬ wässern und in der Atmosphäre. Berlin 1904, S. 6. 2) Vergl. Miehe 1907, S. 22. 3) U. Gayon, Recherches sur la fermentation du furnier. (Compt. rend. de l’Academie, Paris 1884, Bd. 98, p. 528.) 4) Orth, Kalk- und Mergel-Düngung, 1896, S. 73. 16 Zersetzungsprozease. säuren«). Bakterien — wenigstens lebende — fehlen daher im eigentlichen Moorboden1) und überhaupt in Böden, die unter Fäulnisbedingungen entstanden sind, durchaus, ja diese Böden wirken sogar aseptisch. Bakterien sind gegen größere Säure¬ mengen empfindlich, weshalb sie den Torf meiden, und im Sa- propel, das säurefrei ist, können Bakterien wegen der dichten Packung mächtigerer Lagen nur in den oberen Schichten wirksam sein: Nach den Untersuchungen von A. Stälström (1898) sowie O. Fabriciüs und H. v. Feilitzen2 3) ist der Hochmoorboden in natürlichem Zustande arm an Bakterien, der Flachmoorboden reicher, in einiger Tiefe ist aber der Torf in beiden Fällen ganz steril. Die aseptische Wirkung der aus Torfmooren austretenden Wässer und der »Schwarz wässer« überhaupt wird auch trefflich durch die Tatsache nahegelegt, daß es sehr viel länger seinen Zustand beibehält als die meisten anderen natürlichen Wässer. Der Mississippi entspringt aus kleinen Seen und Torfmooren in Minnesota und sein bis St. Louis noch deutlich braunes Wasser hat sich 4 Jahre in Tonnen erhalten ohne zu verderben, und das sogar in den Tropen und am Äquator8). Die Reisenden und Indianer im Amazonenstromgebiet trinken denn auch mit Vorliebe braunes Wasser4). Frisches Fleisch, in Torf verpackt, erhält sich sehr lange ohne sich zu zersetzen und Proben von Obst-Sendungen, verpackt in Torf-Mull, aus der nördlich gemäßigten Zone nach den Tropen haben gute Resultate geliefert5 * *). Wenn ich mir auch nicht verhehle, daß die folgende Beob¬ achtung noch eventl. einer kritischen Nachprüfung bedarf, so will 1) Yergl. z. B. Früh, 1883, S. 39 und Moore der Schweiz, 1904, S. 173. 2) Über den Gehalt an Bakterien in jungfräulichem und kultiviertem Hoch¬ moorboden (Centralbl. für Bakteriologie, II. Abt., März 1905, S. 161 — 168.) 3) Nach Lesquereux, mitgeteilt von Früh, 1885, S. 723 u. 1904, S. 156 — 157. 4) Yergl. z. B. Reindl, Die schwarzen Flüsse Südamerikas. München 1903, S. 36 u. 38. 5) Siehe u. a. G. Schweinfurth, Der Torfmull und seine Bedeutung für den Verkehr mit den Tropen. (Deutsche Kolonialzeitung, Berlin, 18. VIII. 1906, S. 322—323.) Zersetzungsprozesse. 17 ich sie doch zur Anregung für weitere Untersuchungen nach dieser Richtung wiedergeben, da sie ebenfalls sehr gut für die desinfi¬ zierende Wirkung der vertorften oder in Vertorfung begriffenen organischen Substanzen spricht. Rittergutspächter Walther Frei berichtet nämlich1) über seine praktischen Erfahrungen mit Torf¬ streu. Als seinerzeit die Maul- und Klauenseuche in seinem Distrikte ausbrach, hatte er zufällig Torfstreu vorrätig. Er stellte nun alles Vieh auf Torfstreu und ließ fleißig einstreuen. Während überall sonst in der Nachbarschaft die Seuche recht bösartig; auf- trat und beispielsweise in einer benachbarten Bauerngemeinde sieben Rinder daran eingingen, war in seinem Stall der Verlauf äußerst gutartig. Die Klauen heilten schnell, die Euter wurden fast gar nicht wund, und wo es doch der Fall, heilten dieselben in wenigen Tagen ab. Von insgesamt hundert Rindern ging nicht ein einziges, nicht einmal ein Kalb, durch die Seuche zugrunde. Daß nun tatsächlich die Torfstreu so günstig gewirkt hatte, wurde dem Verfasser klar, als er aus Sparsamkeitsrücksichten gegen Ende der Seuche zur Einstreuung von Streustroh zurückging. In wenigen Tagen trat bei einer Anzahl Kühe eine auffällige Ver- schlimmerung ein. Alle bereits überwunden geglaubten Krank¬ heitserscheinungen flackerten wieder auf. Der Verfasser stellte aber, sobald er dies bemerkte, alle rückfällig gewordenen Tiere auf Torfstreu und diese haben in kurzer Zeit auch die letzten Reste der Seuche überwunden. Es ist dabei freilich nicht zu übersehen, daß die »Torfstreu« und der »Torfmull« des Handels aus Sphagnetumtorf hergestellt wird, und die Sphagnen sind toxische, besonders stark desinfi¬ zierende Pflanzen. Nach alledem erhalten sich denn auch Organismen, die in ein im Fäulnis-Stadium befindliches Material hineingeraten, über¬ raschend gut. Man hat in den Kaustobiolithen, die nur oder fast ausschließlich Fäulnißprozessen ausgesetzt wTaren, den Eindruck, als wenn gewisse in ihnen noch figuriert erhaltene organische Reste geradezu wie in luftdicht verschlossenen Konservenbüchsen auf- b Im Organ der schlesischen Landwirtschafts-Kammer 1905. Neue Folge. Heft 55. 2 18 Zersetzungsprozesse. bewahrt worden sind. Wir wollen hier — da dies gewisse wich¬ tige Tatsachen erklärt — insbesondere betonen, daß z. B. zarte Algenformen, die, nach dem Absterben in reines Wasser getan, sich sehr schnell zersetzen, sich jedoch im Moorwasser merkwürdig gut erhalten1). Das geht so weit, daß oft genug namentlich in Sapropel-Bildungen sogar der grüne Pflanzen- Farbstoff, das Chloro¬ phyll, noch vorhanden ist, während unter Vertorfungsbedingungen sich das Chlorophyll schnell zersetzt2). Hierbei spielt gewiß das Licht die Hauptrolle, denn Chloro¬ phyll ist im Lichte sehr leicht zersetzlich. Bei der Torfbildung bleiben die grünen Pflanzen an der Oberfläche, bei reichlicher Bildung von Faulschlamm aber können chlorophyllführende Orga¬ nismen sofort nach ihrem Absterben dem Licht entzogen werden, indem sie auf den Boden eines Gewässers sinkend, dort leicht schnell bedeckt werden, sei’s durch andere der Faulschlammbildung entgegengehende Materialien, sei’s durch sonst welche Sedimente. Bei solchem Lichtabschluß erhält sich Chlorophyll leicht, wie sich denn Chlorophyll sogar und zwar als wichtigerer Bestandteil in den Exkrementen von Raupen findet, aus denen es in ergiebiger Menge rein erhalten werden kann3). Auch den Verdauungssäften höherer Tiere widersteht Chlorophyll leicht. Bei solchen Tatsachen war es denn möglich, daß seinerzeitEHREN- BERG, veranlaßt durch den guten Erhaltungszustand vieler der Orga¬ nismen in Faulschlammgesteinen, zu dem uns jetzt so auffallend er¬ scheinenden Irrtum geführt werden konnte, daß gewisse Algen (Kie¬ selalgen, die Diatomeen) in diesen Schlammen noch leben. Er glaubt4) »es durchaus und bestimmt aussprechen zu dürfen und zu müssen, daß die vorhandenen Organisationsverhältnisse nicht b Vergl. auch Früh, 1885, S. 723. 2) Früh, Moore der Schweiz, 1904, S. 173 — 174. 3) Nach A. Casali, nach einem Referat im Centralblatt für Agrikultur¬ chemie, 1891, S. 600 — 602. 4) Ehrenberg, Ein Lager foss. mikroskopischer Organismen. Berlin (Yerhandl. d. kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. zu Berlin, 1841, S. 231 — 235) und Weitere Resultate seiner Untersuch, über die in Berlin lebenden mikroskopischen unterirdischen Organismen (1. c, S. 362 — 364). Yergl. ferner 1. c. 1842, S. 294 usw. Zersetzungsprozesse. 19 erlauben, die Massen für leblos zu erklären, so wenig auch dem Ungeübteren in solchen Beobachtungen das Leben derselben ein¬ leuchten möchte«. Ja Ehrenrerg fügt sogar noch hinzu: »so findet denn also Leben, grüne Färbung und Fortpflanzung der kleinsten Organismen in lichtlosen fossilen Lagern statt, bei denen das Wasser allein die Atmosphäre zu vermitteln scheint« (!). Wenn bei der Zersetzung »die organische Substanz sich so weit verändert hat, daß von einer solchen nach dem Sprachge¬ brauch nicht gut mehr die Rede sein kann, uud das entstandene Produkt mehr einen anorganischen oder Gesteins -Habitus ange¬ nommen hat« *) wollen wir die weitere Zersetzung der festen Re- sidua in Anlehnung an Gümbel2 3) als Inkohlung8) bezeichnen, während wir von Verkohlung nur dann reden wollen, wenn wirklich wesentlich das Element Kohle, besser Kohlenstoß:1, C, das feste Residuum einer Zersetzung ist; die festen Inkohlungspro¬ dukte sind Kohlenstoff- Verbindungen, das feste Verkohlungs¬ produkt hingegen ist das Element Kohlenstoff (z. B. Holzkohle). Die Inkohlung ist das Ende der Vermoderung und der Ver¬ torfung. Bei der Fäulnis des Sapropels geht die Zersetzung einen anderen Weg: als Endprodukte sind H- und O-reichere Verbin¬ dungen vorhanden, die zur Paraffin-Reihe und zu Naphten-Bil- dungen neigen oder ihnen angehören. Wo dies auffällig wird, sei nicht von Verkohlung, sondern von Bi tum in ierung gesprochen. Unter Bitumen verstanden die Alten Erdöl und Asphalt4 * * *); wir *) Sachsze, Agrikulturchemie, Leipzig 1888, S. 113. 2) Gümbel, Beiträge zur Kenntnis der Texturverh. der Mineralkohlen. 1883, S. 191. 3) Sehr gut fügt Sachsze hinzu: daß beim Inkohlungsprozeß (er sagt wie bisher üblich Verkohlungsprozeß), »bei dem die Beteiligung von Fermenten aus¬ geschlossen ist, durch die Atmosphärilien allein, allerdings in geologischen Zeit¬ räumen Veränderungen bewirkt werden, die den Veränderungen durch Fäulnis ganz analog sind«. 4) Herr Oberlehrer Prof. Dr. Franz Matthias schreibt mir freundlichst: »Das Wort Bitumen kommt wiederholt bei dem Architekten Vitruvius (unter Augustus) und bei Plinius (f 79 n. Chr.) vor. Vielleicht liegt auch ein fremder Wortstamm zugrunde«. Bei Rinne, Gesteinskunde 2. Aufl. 1905, S. 265 finde ich die Angabe: Bitumen sei entstellt aus pix tumens (= aufwallendes Pech). 2* 20 Zersetzungsprozesse. wollen hier unter bituminösen Gesteinen solche verstehen, die ent¬ weder sehr wasserstoffreiche Kohlenwasserstoffe enthalten (wie Paraffine i. w. S. und Naphthene) oder schon nach einfacher Destil¬ lation (z. B. im Reagenzglase) leicht zu erkennen gehen. Es ist für viele Fälle wahrscheinlich, daß Bitumina erst bei der Destil¬ lation entstehen; wo das in reicherem Maße geschieht, ist zu ver¬ muten, daß die organische Substanz des betreffenden Gesteins we¬ sentlich einen Fäulnisprozeß durchgemacht hat. Dabei ist freilich sehr in Rücksicht zu ziehen, daß gewisse Pflanzen resp pflanzliche Teile vermöge ihrer chemischen Zusammensetzung (so ölproduzie¬ rende Algen, harz- und wachshaltige etc. Teile) und insbesondere die Tiere eine größere Tendenz haben, wasserstoffreiche Verbin¬ dungen zu liefern als die so verbreiteten Kohlenhydrate (Holz etc.) der höheren Pflanzen. Da die Kohlenwasserstoffe im allgemeinen um so mehr den festen Zustand verlassen, je größer der Wasser¬ stoffgehalt ist, so zeigen die Bitumina mehr oder minder weiche bis flüssige Konsistenz. Freilich ist bei der Bituminierung nicht außer acht zu lassen, daß mit ihr eine Inkohlung Hand in Hand geht. O o Auf Grund dieser meiner Definition hat Friedrich Späte eine Anzahl rezenter und fossiler Sapropelite analysiert, und er kommt zu einer Bestätigung, indem er nunmehr — vermöge seiner Analysen — den Begriff der Bituminierung wie folgt erläutert1): »Wie die Inkohlung, führt auch die Bituminierung zu einer An¬ reicherung des Kohlenstoffs. Während aber bei der Inkohlung der Kohlenstoff sich auf Kosten sämtlicher anderen Komponenten anreichert, reichern sich hier Kohlenstoff und Wasserstoff gemeinsam auf Kosten der übrigen Komponenten (O, N, S) an«. Stremme2), der ein ausführliches Referat von Späte’s Arbeit gibt, drückt sich so aus: »Wir definieren danach die Bituminierung als einen in der organischen Substanz der Sapropelgesteine vor sich gehenden b Späte, Die Bituminierung. Ein Beitrag zur Chemie der Faulschlamm¬ gesteine. Inaugural-Dissertation, genehmigt von der phil. Fak. der Univers. zu Berlin, 1907, S. 44—45. 2) Stremme, Über die Bituminierung (Monatsber. der Deutsch. Geolog. Ge- sellsch. 1907, S. 160). Zersetzungsprozesse. 21 Prozeß, durch den der Kohlenstoff angereichert und der Sauerstoff gemindert wird, während er den Wasserstoffgehalt nicht ändert«. Stremme gibt1) 57 Analysen zusammenfassend zur Bestätigung des Gesagten die folgende Tabelle: Sapropelgesteine Humusgesteine Liptobiolithe C pCt. H pCt. H C = auf - 100 C pCt. H pCt. H auf C = 100 C pCt. H pCt. H auf C = 100 Quartär . . . 50—57 6-7 12 50-60 5—6 10 72—82 7—11 12 Tertiär . . . 65 8,5-9 13 60—75 4—6 7,5 64-86 5,5 — 11,5 12,5 Mesozoikum 69,5 — 76 8,5-12 14 75-87 4 — 5 5,5 — — — Paläozoikum 75-83 7,5-10 11 80-95 1,5-6 4 — — — Übersichtlich gibt die folgende Tabelle das Wichtigste von dem wieder, was im Vorausgehenden über die Zersetzungsprozesse ge¬ sagt wurde. Bezeichnung der Prozesse Verh alten des 0 V erhalten des HoO Es handelt sich kurz Entstellende Gesteine Diesen Pro¬ zessen sind be¬ sonders Land- und Sumpf¬ pflanzen aus¬ gesetzt Diesem Pro¬ zeß sind be¬ sonders die echten Wasser - Orga¬ nismen aus¬ gesetzt Verwesung findet statt . . Ver¬ moderung findet statt . . Vertorfung findet statt . . bei Gegenwart von 0 bei Gegenwart von weniger 0 und Vorhan¬ densein von Feuchtigkeit Es bleiben keine brenn- um eine vollständige baren C-haltigen Pro- Oxydation ! dukte zurück zunächst bei Gegenwart, sodann bei Abschluß von 0 . und zunächst bei Gegenwart von Feuchtig¬ keit, sodann in stagnieren¬ dem H2O In¬ koh¬ lung u <0 Fäulnis findet statt . bei Abschluß von 0 . . . und in stagnierendem HoO wesentlich um Destil¬ lationen : .Reduk¬ tionen Feste Verbin¬ dungen, die C-reiche Kohlen¬ wasserstoffe er¬ geben Ul Ö )jj M o Feste Verbin¬ dungen, die C-ärmere (H-rei- chere) Kohlen¬ wasserstoffe liefern CD Pj o f-l p. c5 m x) Vergl. auch Stremme und Späte, Die Verwitterung der brennbaren orga- nogenen Gesteine (Kaustobiolithe). (Zeitschrift für angewandte Chemie, Leipzig 1907, S. 1842.) 22 Zersetzungsprozesse. Die folgenden beiden Tabellen sollen die Erinnerung wach rufen, inwiefern die Vergleiche der geschilderten Prozesse mit der Verbrennung und Destillation zutreffende sind. Oxydation. Bei der langsamen Verbrennung, der Verwesung, entstehen insbesondere: Bei der schnellen Verbrennung im Feuer entstehen insbesondere: viel Wasser viel Wasser Kohlendioxyd Kohlendioxyd Humus, der bei fortschreitendem Prozeß ebenfalls wesentlich in verkohlte (gebräunte und geschwärzte') Materialien, die bei fortschreitender Verbrennung ebenfalls wesentlich in Wasser und Wasser und Kohlendioxyd aufgeht. Re du Kohlendioxyd aufgehen. ktiou. Bei der langsamen Destillation, der (Vertorfung und) Fäulnis entstehen besonders: Bei der schnellen Destillation unter Feuer entstehen besonders: Methan Leuchtgas Ammoniak x) Ammoniak Kohlendioxyd Kohlendioxyd Humus und Sapropel, d. h. flüssige und feste Kohlenstoffverbindungen. Koks und mehr minder flüssige Koh¬ lenstoffverbindungen wie Teer. Daß in der Natur die 4 Prozesse (Verwesung, Vermoderung, Vertorfung und Fäulnis) rein kaum allein Vorkommen, sondern fast stets zusammen, so daß freilich meist einer dieser Prozesse das Übergewicht hat, braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden. l) Die Entstehung von NH3 durch weitere Zersetzung von Sapropel kann man ad oculos leicht durch Erzeugung von NEUCl-Nebel durch Einführung eines in HCl-Lösung getauchten Glasstabes in ein nur zum Teil mit Sapropel gefülltes Glas beobachten. Zersetzungsprozesse. 23 Über den wichtigen Prozeß der Vertorfung sei noch beson¬ ders erwähnt, daß Verwesungs- und Vermoderungs-Prozesse bei demselben in den oberen, der Luft zugänglichen Partieen vor sich gehen. Kleine erhöhte Partieen auf der Oberfläche von Mooren, die wir als Bülte noch näher kennen lernen werden, sind beson¬ ders disponiert zu Moder zu werden *). Bei dem in die Höhe¬ wachsen eines Torfmoors rücken aber die ursprünglich an der Oberfläche gelegenen Partieen immer tiefer und werden so immer mehr von der Luft abgeschlossen. In diesen Teilen kommt dann nur noch der Fäulnisprozeß in Frage, namentlich dann, wenn die in Zersetzung begriffenen Substanzen ständig durch stehendes Wasser bedeckt sind. Haß Torf (im zweiten Stadium) unter Luft¬ abschluß gebildet wurde, kann man schon dadurch wahrnehmen, daß er, frisch gestochen, oft eine andere (braune) Farbe besitzt als diejenige ist, die er an der Luft annimmt, an der er nach¬ dunkelt, schwarz wird. Dieselbe Erscheinung kann man übrigens auch noch an Braunkohle (z. B. derjenigen des Revieres N. W. von Cöln) beobachten. Es handelt sich demnach im wesentlichen im zweiten (Fäulnis-) Stadium der Vertorfung um eine langsame Zersetzung der Humus- Stoffe, dadurch bedingt, daß sie in chemischer Hinsicht leicht aus dem Gleichgewicht kommen. Es ist clabei die Tendenz vorhanden, eine homogene Humussubstanz zu bilden, die wir später unter dem Namen Dopplerit näher kennen lernen werden. Diese Zer¬ setzung hat sogar mit der Erreichung des Inkohlungs-Zustandes — wie die Weitererzeugung von Kohlendioxyd und Methan er¬ weist, das mit Luft gemengt die explosiblen »Grubengase« (schlagenden Wetter) ergibt — also mit der Steinkohlenbildung noch nicht ihr Ende erreicht. Die beim Anbohren von Torflagern mit der Peilstanoce oft zischend und fauchend ausströmenden Gase besagen dasselbe, ebenso wie die »mudlumps« (d. h. Schlamm¬ klumpen, Schlammassen) des Mississippideltas, das sind kleine Schlammhügel mit kraterförmigem Gipfel, die dort beobachtet x) Siehe auch C. A. Weber, Frühdiluviale und vorzeitliche Flora bei Lüne¬ burg, 1904 S. 12, Anmerkung. 24 Zersetzungsprozesse. werden, wo alluviales anorganisches Sediment mit organischer Substanz gemischt ist, die sich nun zersetzt und die entstandenen gasförmigen Produkte in dem leicht zersetzlichen Sediment aus¬ stößt, wodurch die mudlumps entstehen1). Es ist hervorzuheben, daß in den letzterwähnten Fällen nur eine Selbstzersetzung (sogen, rein chemische Zersetzung) in Frage kommen kann. »Es ist also nicht richtig, daß die weitere Zersetzung der Humusstoffe durch lebende Organismen unterhalten wird. Es sei diesbezüglich darauf hingewiesen, daß Gemüse und Fleisch auch in den fest verschlossenen Konservenbüchsen sich, wenn auch sehr langsam, so doch tatsächlich allmählich zersetzt, und zwar tun dies alle Konserven, ohne daß lebende »Konserven-Verderber« vorhanden zu sein brauchen, die natürlich sehr schnell arbeiten. Die Konserven werden bei der Selbstzersetzung geschmacklos und beginnen zu zerfallen, das Fleisch zerfasert sich, wie jede große Konservenfabrik weiß. Was schließlich daraus werden würde, ergibt sich aus dem Studium der fossilen Humus- und Sapropel- bildungen, die nun in großen Zeiträumen solchen Bedingungen ausgesetzt waren: wir würden, je nach dem konservierten Material, entweder Inkohl ungs- oder Bituminierungs-Produkte erhalten. Sind diese Erfahrungen an gut sterilisiertem Inhalt von Kon- servenbüchsen hinreichend zur Begründung der Selbstzersetzung unter Luftabschluß, so sei noch auf Experimente hingewiesen, die P. P. Deherain und C. Bemoussy2) angestellt haben, die auch Selbstzersetzung ergaben bei Vorhandensein von Luft (von Sauer¬ stoff“). Es sei nur eines dieser Experimente angeführt. 25 g Humuserde und 6 g Wasser wurden in einer mit Wattepfropfen verschlossenen und zugeschmolzenen Röhre zunächst durch einstündiges Erhitzen auf 120° C. sterilisiert. Nach dem Erkalten wurde die zugeschmolzene Spitze abgebrochen und die b Yergl. Rud. Credner, Die Deltas. (Peter mann’ s geographische Mittei¬ lungen. Ergänzungsheft Nr. 56, 1878, S. 18.) 2) Annales agron. 1896, Bd. 22, p. 305. Zersetzungsprozesse. 25 Luft aus der Röhre gepumpt. Dann ließ man frische Luft eiu- treten, die durch einen Wattepfropfen keimfrei gemacht wurde, schmolz die Röhre wieder zu und ließ sie 1 1 Tage bei Zimmer¬ temperatur stehen. Nach Beendigung des Versuchs fanden sich 20,3 ccm Luft mit 2 ccm Kohlendioxyd und 1,6 ccm Sauerstoff. Hier war also mehr Sauerstoff verbraucht, als zur Kohlendioxyd¬ bildung nötig war. Wir sind bei den Vorgängen in der Natur, da sie in geolo¬ gischen Zeiträumen vor sich gehen, in der Zeit nicht beschränkt; die bald eintretende langsame Selbstzersetzung erklärt es, daß sich trotz der gewaltigen Zeiträume, die vergangen sind seitdemBeginnder Entstehung aller Kohlen und Bitumina, doch figurierte Bestandteile noch erhalten haben. Bei der dauernden Mittätigkeit von Orga¬ nismen, die außerordentlich schnell zersetzend wirken, würde das nicht verständlich sein. »Die Fermente — sagt Carl Oppen- heimer1) — sind im Stande, chemische Prozesse auszulösen, die auch von selbst, wenn auch in langsamerem Verlaufe, einzutreten bestrebt sind«. So sagt z. B. auch schon Ro¬ bert Sachsze2): »Es wäre prinzipiell falsch, wollte man die Zer¬ setzung organischer Stoffe lediglich als Fermentwirkung ansehen, oder wollte man annehmen, daß jene, wenn nur vor Fermenten geschützt, unveränderlich sein würden, da man damit den organi¬ schen Verbindungen eine geradezu unerklärliche Festigkeit zu¬ sprechen m ii ßt e « . Die Selbstzersetzung kann man sich so vorstellen, daß die chemischen Verbindungen der noch nicht absolut mineralisierten organischen Zersetzungsprodukte bei ihrer Labilität u. a. bestrebt sind, weitere Reduktionen vorzunehmen, sich also gegenseitig des Sauerstoffes zu berauben suchen. Sofern dabei Gase entstehen, werden die zurückbleibenden festen (oder flüssigen) Verbindungen sich immer mehr Kohlenwasserstoffen und schließlich dem reinen Kohlenstoff nähern müssen. J) Oppenheimer, DieFermente und ihre Wirkungen, 2. Aufl., Leipzig 1903, S. 18. 2) Sachsze, Lehrbuch der Agriculturchemie 1888, S. 111. 26 Zersetzungsprozesse. Auch hei noch lebendem organischem Gewebe sind ja Zer¬ setzungen bekannt, die auf Einwirkungen von Bakterien und Pilzen nicht zurückzuführen sind. Die eintretende Braunfärbung absterbender Pflanzen zeigt beginnende Humusbildung an; ein Apfel bräunt sich auf den Schnittflächen sehr schnell, innerhalb weniger Minuten, gewiß ein Zeichen — meint Hoppe-Seyler — , daß in diesem Fall die Spaltpilze unschuldig sind. Nicht nur das Torfwasser ist bakterienfrei, sondern sogar der zu praktischer Verwendung zerkleinerte Torf, »Torfmull«, besitzt, wie wir sahen, noch »ein ziemlich starkes Desinfektionsvermögen«1). In den Torfmooren haben wir also im Allgemeinen in den oberen Partieeu , denen der Luft-Sauerstoff in Fülle leicht zu¬ gänglich ist, Verwesungsprozesse, darunter tritt Vermoderung, dann Fäulnis ein. Schließlich muß noch darauf hingewiesen werden, daß nicht nur Unterschiede der erreichten Kau stob iolithe zwischen Humus und Sapropel zu statuieren sind, sondern auch innerhalb der Bil- düng der Humusprodukte selbst. So sind auch die Torfe ver¬ schieden, je nach der vorwiegenden Masse der der Vertorfung unterliegenden Bestandteile. Moose und in Folge dessen auch Moostorfe z. B. sind sehr schwer zersetzbar und erhalten sich sehr lange als Mooslager eventuell zwischen sehr stark zersetzten Torf- lagern, die dann aber aus anderen Pflauzen-Gemeiuschaften her- vorgegangen sind, wie z. B. wesentlich aus Heide: Heidetorf wird schnell schwarz und breiig. b Vergl. z. B. Wollny, Zersetzung, 1897, S. 272 — 273. Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen. Sehen wir uns nach Orten auf der Erde um, wo Gelegenheit gegeben ist, brennbare organische Produkte so zu bewahren, daß nicht durch Verwesung das gesamte Material zum Verschwinden gebracht wird, fragen wir nach der Art der Örtlichkeiten, wo hinreichende erhaltungsfähige Ansammlungen von kaustobiolithi- scher Substanz möglich sind, so erhalten wir darüber am besten und schnellsten eine generelle Auskunft, wenn wir uns die Ent¬ stehung solcher Ansammlungen vergegenwärtigen. In kurzer Übersicht wären die folgenden Fälle zu unterscheiden: I. Alltoclitkonie : Die festen Zersetzungsprodukte sind boden¬ eigen, d. h. sie erhalten sich am Heimatsorte der Organismen, wo sie lebten. Je nachdem es sich um im Wasser oder in der Luft lebende Organismen handelt, ist zu unterscheiden eine 1. aquatische Autochthonie (= autochthone Sedi¬ mentation) von einer 2. terrestrischen Autochthonie. Di ese Unterscheidung ist geboten wegen der Hinneigung der ersteren zu den allochthonen Bilduugeu. Die Reste der im Wasser lebenden Pflanzen und Tiere werden am Boden des Gewässers, in dem sie lebteu, aufgespeichert. Bei Bewegung des Wassers kann eher eine partiell größere Anhäufung, z. B. in Buchten, statt¬ finden als an anderen Steilem Die aquatische Autochthonie ist auch als autochthone Sedimentierung bezeichnet worden, im Gegen¬ satz zur allochthonen Sedimentierung von herbeigeführtem Ton, Sand u, dgl. 28 Allgemeines zur Genesis von Kaüstobiolithen. II. Allo clitllO llie : Die festen Zersetzungsprodukte sind boden¬ fremd, d. h. es findet ein Transport und darauffolgende Ablage¬ rung vorwiegend von Pflanzen-Materialien statt. O O 1. Wehen: Ablagerungen durch Vermittelung des Windes. O O O 2. Drift, Verschw emmung (allochthone Sedimen- tierung): Ablagerung durch Vermittelung des Wassers. — (Durch die Drifttheorie von Lyell, der mit dieser die Anschauung zum Ausdruck brachte, daß unsere erratischen Blöcke einst von schwim¬ menden Eisbergen herbeitransportiert worden sein sollten, ist das englische Wort drift so in die geologische Terminologie überge¬ gangen, daß es wohl am besten ist, dieses Wort für durch Ver- mittelung von Wasser herbeigeführte Materialen beizubehalten. Drift und Trift sind ja übrigens auch deutsch.) — Es sind zu unterscheiden: a) S t r a n d d r i ft , U f e r d r i f t : Ansch wem m ung an das Land, und b) Flötzdrift1): Ablagerung der gedrifteten Materialien unter W asser. Sofern diese hier dauernde Lager bilden, entsteht ein Flötz im eigentlichen Sinne des Wortes. Es ist angezeigt, zu unterscheiden zwischen ci) Nahedrift und ß) F erndrift. Es kann gedriftet werden: 1. frisches, zum Teil noch leben¬ des Pflanzen-Material, 2. rezentes oder fossiles kaustobiolithisches Material, b Da in den Worten Driften und Flößen übereinstimmend der Begriff des durch Wasser von der Stelle Bewegten zum Ausdruck kommt, enthält die obige Bezeichnung »Flötzdrift« einen Pleonasmus; jedoch ist darauf zu achten, daß der Geologe und Bergmann mit »Flötz« ein durch Sedimentation (unter Wasser) ent¬ standenes Gesteinslager bezeichnet. Flötzdrift soll also heißen; diejenige Drift, die unter Wasser sich bildende Lager veranlaßt. — Es sei die Gelegenheit benutzt hier hinzuzufügen, daß ich Flötz nicht Flöz schreibe. Dr. W. Gothan macht diesbezüglich auf analoge Wörter aufmerksam (Naturwiss. Wochenschr. vom 19. Nov. 1905 p. 751) wie reißen — Ritze, (ge-)nießen (Nießbrauch) — nützen (Nutzen), schießen — Schütze, Schweiß — schwitzen, heiß — Hitze. Dement¬ sprechend kann aus fließen nur Flötz werden. Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen. 29 3. Moor- Au sb rii che (Mur gänge) und Rutschungen (Schlipfe). 4. a) Durch Niederschlag aus Lösungen, wie Humus¬ säure-Niederschläge aus »Schwarz wasser«. b) Durch ehe¬ rn i s c h e ü m bildu ng von Sa propel-Bestand teilen von Sapropeliten zu wandernden flüssigen Kaustobiolithen (Petroleum) oder zu festem Kaustobiolith (wie Ozokerit = Resi¬ duum von Petroleum nach der Verflüchtigung der leichteren Kohlenwasserstoffe). Es lassen sich naturgemäß scharfe Grenzen zwischen diesen Fällen nicht ziehen, und ferner kann ein und dasselbe Kausto- biolith-Lager in seinen verschiedenen Teilen in verschiedener Weise zu Stande gekommen sein. Diesbezüglich sei als Beispiel auf die später näher beschriebenen Sapropel-Gesteine aufmerksam gemacht, die im wesentlichen aus den Resten der Organismen bestehen, die im Wasser gelebt haben, so daß im ganzen aquatische Autochthonie vorliegt. In die Sapropel-Gesteine sind aber während ihrer Ent¬ stehung mehr oder minder zahlreiche Teile durch Drift hineinge- raten. Durch Ferndrift können z. B. Holzfragmente u. dergl. hinzugekommen sein, durch Nahedrift andere Elemente, wie z. B. Reste von Landpflanzen, die am Ufer oder in unmittel¬ barer Nähe des Wassers lebten, so Blätter, Früchte, Blütenstaub u. dergl., die dann unfern ihrer Herkunft Beiträge zur Ablage- rung liefern. Wenn wir uns in der Jetztzeit umsehen, welcher Vorgang oder welche von den aufgeführten Vorgängen heute für die Ent- stehuug von Kaustobiolithen ausschlaggebend sind, so bemerken wir, daß der Fall der Autochthonie so außerordentlich die anderen aufgeführten Fälle überwiegt, daß die anderen dagegen geradezu verschwinden. Nichtsdestoweniger werden gerade die gelegent- liehen Vorkommnisse von vielen Autoren zur Erklärung der Ent- Stellung der fossilen Lager von Kaustobiolithen, insbesondere von Kohlenlagern, in den Vordergrund gerückt. Aber man durch¬ schaut schnell, daß diesen Autoren die für die Beurteilung der Frage nötige allgemeine Übersicht fehlt, daß sie auf einen neben- geordneten Punkt, sei s durch Beobachtung, sei s in der Literatur, 30 Allgemeines zur Genesis von Kaustobiolithen. gestoßen sind und diesen nun sofort, ohne weitere Studien anzu¬ stellen, als generelle Grundlage für ihre Erklärungen benutzen, unbekümmert um das ihnen unbekannte oder sehr ungenügend bekannte Wichtigere. Aber auch auf unseren wie auf allen wissen¬ schaftlichen Gebieten ist nur durch volle kritische Berücksichtigung des gesamten zum Gegenstände gehörigen Stoffes eine der Natur entsprechende Ansicht zu gewinnen. Es sei erwähnt, daß ein kritischer Vergleich der heutigen Merkmale für Autochthonie und Allochthonie mit denen, die noch die fossilen Verhältnisse hergeben, unweigerlich dazu führt, auch die ganz überwiegende Mehrzahl der fossilen Kaustobiolithe als autochthone anzusehen. Das Gros der Steinkohlenlager z. B. ist durchaus autochthon : man sollte also eigentlich nicht von Steinkohlen f 1 ö t z e n sprechen 1). !) Eine Übersicht hierüber habe ich geboten in der kurzen Schrift: »Ent¬ stehung der Steinkohle« (4. Aufl., Berlin 1907 [1.— 3. Aufl., 1905]) und in der Abhandlung »Formation de la houille et des roches analogues y compris les pe- troles (Publications du Congres international des mines, de la metallurgie, de la mecanique et de la geologie appliquees, Liege 1905). In Vorbereitung befindet sich seit langem als 5. Aufl. ein ausführliches Werk über denselben Gegenstand. Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Bevor ich mich nun über die rezenten Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten eingehend verbreite, halte ich es für zweckin äßig, eine kurze Übersicht der fundamentalsten Hauptpunkte des nun¬ mehr zu behandelnden Gegenstandes vorauszusenden, wobei ich wegen der entscheidenden Wichtigkeit, die die Klassifikation der rezenten Kaustobiolithe für diejenige der fossilen und deren Genesis besitzt, auch Andeutungen über die entsprechenden fossilen Bil¬ dungen machen werde. Ich halte mich dabei an diejenigen kurzen Übersichten, die ich bereits im »Protokoll über die Versammlung der Direktoren der geologischen Landesanstalten der Deutschen Bundesstaaten« (verhandelt Eisenach, den 22. Sept. 1905) und in den »Sitzungsberichten der königl. preuß. Akademie der Wissen¬ schaften« (vom 13. Februar 1908) geboten habe, nur daß ich dem vorliegenden Zweck entsprechend hier anschließend daran auch einen Spezialfall mit Beigabe einiger Abbildungen bringe und auch sonst Veränderungen vornehme. Die umfangreiche darauffolgende Darstellung wird durch die knappe übersichtliche Einführung in den Gesamtgegenstand durchsichtiger werden, wenn es sich auch, wie gesagt, in dem Schlußbeispiel nur um einen Sonderfall han¬ delt. Die Vorführung desselben bietet aber den Vorteil, nicht durch gleichzeitige Berücksichtigung von Abweichendem störend abge¬ lenkt zu werden, so daß von vornherein die Gewinnung eines typischen Maßstabes ermöglicht wird, der es dann gestattet, die abweichenden Besonderheiten durch Vergleich richtig zu erfassen. o ö 32 Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. I. Sapropelgesteine. Die Sapropelgesteine sind besonders Sapropelite, wobei »Pelit« nur auf die feine, tonartige Beschaffenheit hinweist. Ein Sapropelit kann ganz rein sein (ausschließlich aus organischen Resten hervorgegangen), oder kann noch anorganische Bestand¬ teile, ebenfalls von Pelitnatur, enthalten. Wo die Sapropelgesteine viele psammitische Bestandteile haben, ist von Sapropsam miten zu sprechen, die weit seltener sind. Lagerstätten von Sapropelgesteinen sind vor allem stagnierende bis halbstagnierende Wässer. Sind sie mit Sapropel -oder Sapropel enthaltenden Sedimenten vollständig erfüllt, so haben wir sehr gefährliche Sümpfe. Sapropel entsteht aus den im Wasser lebenden tierischen und pflanzlichen Organismen, unter denen für die Sapropel-Bildung die Planktonten die hervorragendste Rolle spielen. Die abgestor¬ benen Organismen und die Exkremente der Tiere sammeln sich am Grunde der Gewässer an, wo sie oft mächtige Schichten bilden, die jedoch stets, wenn auch zuweilen nur untergeordnet, Drift¬ bestandteile enthalten; so findet sich so gut wie immer im Sa¬ propel Blütenstaub von Wiudblütlern. Auch in bewegtem Wasser, vorausgesetzt, daß die sapropelbildenden Teile schnell etwa durch Tonsediment zur Einbettung gelangen, kann ein Sapropelit ent¬ stehen. Rezentes frisches Sapropel ist ein Schlamm: ein fließender dünner Brei. Im Gegensätze zu den Humusbildungen, deren wesentliche Urmaterialien Kohlenhydrate sind, spielen in den Sapropelurma- terialien die Fette und wohl auch die Proteine, überhaupt ihre besondere chemische Zusammensetzung eine besondere Rolle, d. h. die genannten Stoffe üben einen wesentlichen Einfluß auf die ent¬ stehenden Kaustobiolithe aus, indem die sich zersetzenden Kohlen¬ hydrate anders charakterisierte Gesteine ergeben wie Urmateri¬ alien, die weniger Kohlenhydrate, dafür aber relativ viel Fettsub¬ stauzen etc. enthalten, deren Zersetzung daher auch andere Pro¬ dukte liefert. Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Unter Sapropel verstellen wir nur die noch wirklich oxydier¬ baren (brennbaren) kohlenstoffhaltigen Teile; sind diese bereits ganz oder fast ganz oxydiert, so können zwar immer noch we¬ sentlich orgauogeue Bestandteile Zurückbleiben, z. B. beim Diato- meenpelit die Schalen, aber dieser Rest ist kein Sapropel mehr, sondern tritt zu den Akaustobiolithen über. Saprokoll (Faulgallerte) ist älteres, fest-gallertig gewor¬ denes Sapropel, es sei denn, dato sich in dem Gestein sehr zahl¬ reiche Skelettteile, z. B. Diatomeenpanzer, befinden, wodurch die gallertige Konsistenz naturgemäß sehr wesentlich herabgemindert werden kann. Von fossilen Sapropeliten gehören hierher die reinsten tertiären Dysodile und die reinsten paläozoischen usw. Can n eikohlen. B oghe adko lilen sind meist So »aschereich«, daß sie oft fossile Sapropeltone sind. Die fossilen, aus Sapropel hervorgegangenen Kohlen (S apanthrakone) sind Mattkohlcn. Sapropel- (Saprokoll-) T o r f e b e z w. T o r f s a p r o p e 1 e (-sap rokolle) nennen wir solche Kaustobiolithe, die sowohl in auffälliger Weise Sapropel- als auch Torfbestandteile enthalten, und zwar kann man unterscheiden: 1. Streifentorfe, bei denen schwache Saprokoll- und Torflagen miteinander abwechseln. 2. Sumpftorfe, deren Struktur, da die Sapropel- mit der Torf¬ bildung gleichzeitig einhergeht- homogener als die von Streifen- torfen ist. 3. Doppleritsaprope 1 bezw. -saprokoll, der Sa¬ propel bezw. Saprokoll mit reichlichem Humussäure- bezw. Schlämm- und Schwemmtorfzusatz ist. — Von fossilen Sapropeliten wären die Streifen kohlen fossile Streifentorfe, gewisse »Pseudo- cannelko lilen« fossile Sumpftorfe bezw. fossile Dopplerit- sapropele. D i ato ni een sapr op el bezw. -saprokoll nennen wir einen Sapropelit, in welchem die Diatomeen gegenüber allen anderen Bestandteilen ganz außerordentlich überwiegen, so daß sie die Hauptmasse ausmachen. — Diatomeenpelite umfassen sowohl die Diatomeensapropele bezw. -saprokolle als auch die aus bloßen 3 Neue Folge. Heft 55. 34 Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Diatomeenschalen zusammengesetzten Gesteine, die brennbare or¬ ganische Materialien nicht mehr enthalten. — Da die Diatomeen- Schalen aus SiC^-f-t^O bestellen, sind, sie relativ leicht löslich und werden daher fossil zeitlich nach rückwärts immer seltener. Die gelöste Si0*2 schlägt sich daun gern zu opalartigen Konkre¬ tionen nieder, wie der »Menilit« im Menilit-Schiefer eine solche Bildung ist. Sapropel- (bezw. Saprokoll -) K alk oder Kalks apropel (bezw. -saprokoll) ist Sapropel mit einem hohen schwankenden Gehalt an organogenem Kalk und dem von Pflanzen niedergeschla- genen Kalk. — (Bei sehr geringem oder fehlendem Sapropelgehalt haben wir den Seekalk [wenn das Material am Grunde von Gewässern auftritt] oder Moorkalk bezw. Wiesenkalk [wenn verlandetes Wasser von Torf eingenommen wird, unter dem sich nunmehr das Material vorfindet]. Streng genommen gehören diese als Akaustobiolithe nicht hierher.) — Häufig ist bei diesen Ge¬ steinen ein mehr oder minder reichlicher Gehalt an Diatomeen, die bei ihrer Auffälligkeit unter dem Mikroskop zu einer Ver¬ wechslung mit Diatomeenpelit geführt hat. Hierher gehört z. B. die sogenannte »Berliner Infusorienerde« Fiirenberg’s, bei der es sich um Diatomeen führenden Sapropelkalk (und Saprokollkalk) handelt. — Fossile Sapropelkalke usw. sind die bituminösen Kalk e. Sapropel- bezw. Saprokol leiden sind Sapropelite mit Ton- oder Sand- oder Mergelzusatz. Im Schlammzustande sind sie oft so sapropelähnlich, daß sie sich nur unter dem Mikroskop und chemisch zu erkennen geben; lufttrocken hingegen sind sie andererseits oft wieder nicht von sapropellosen Tonen, Sanden oder Mergeln zu unterscheiden. Wenn es sich um duukelgefärbte Sapropelite handelt, ist oft die wesentliche, starke Aufhellung be¬ merkenswert, namentlich wenn der Schlamm Einfach-Schwefel- eisen (FeS) enthielt. (Reine Snpropelite dunkeln im Gegensatz hierzu oft nach.) — 1. Sapropelton sieht meist aus wie Ton, da die Sapropelbestandteile oft nicht oder kaum färben; jedocli ist der Sapropelton von sehr weicher (halbflüssiger), schlammiger, Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. gallertiger Konsistenz. Derzeitig werden sowohl der Sapropeltou wie der kein Sapropel enthaltende Ton beide zusammengeworfen und häufig als Schlick bezeichnet. Beim Erhitzen unter Luftab¬ schluß wird der Sapropeltou aber durch den Destillationsrück¬ stand (Kohlenstoff) des Sapropels schwarz, wodurch das Gestein als Sapropeltou leicht von bloßem Ton unterschieden werden kann. Wenn man ganz sicher gehen will, wird man eine mikroskopische Untersuchung vorangehen lassen. Je nach dem geringeren oder höheren Tongehalt gewinnen die Sapropeltone die von dem luft¬ trocknen Sapropel her bekannte hohe Festigkeit oder sie zer¬ fließen, in Wasser getan, wie Ton. — Von fossilen Sapropeliten gehören die bituminösen Schiefertone und Tonschiefer hierher (Posidonomyenschiefer usw.). — 2. Sapropelsand kann flüssig-gallertig sein, da der Sand — meist Feinsand — im Sa- propel suspendiert ist. Lufttrocken — oder wenn er in der Natur den Schlammzustand verlassen hat (z. B. in Profilen) — sieht er aber wie Sand, gewöhnlich Feinsand, aus und ist hell, gewöhnlich hellgrau bis dunkelgrau. Besonders wenn es sich um Feinsand handelt, ist der Sapropelsand im lufttrocknen Zustande locker, porös, zuweilen so stark porös, daß man einen stark ausgelaugten Feinsand oder einen Diatomeenpelit vor sich zu haben glaubt. Beim Erhitzen unter Luftabschluß wird er aber wie der Sapropel- ton durch den Destillationsrückstand schwarz. Eine vorherige mikroskopische Untersuchung ergibt natürlich figurierte Sapropel- bestandteile (z. B. u. a. auch Diatomeen, wodurch eine Verwechs¬ lung mit Diatomeenpelit erst recht möglich ist). Die lockere Be¬ schaffenheit des nicht mehr im Schlammzustande befindlichen Sa- propelsandes bedingt die leichte vollständige Zersetzung der Sapropelbestaudteile. Die Sapropelsande zeigen also nach dem Gesagten lufttrocken nichts von der bedeutenden Festigkeit des O lufttrockneu Sapropels, sondern zerfallen sehr leicht. 36 Übersicht über die KaustobioJithe und ihre Lagerstätten. II. Humusgesteine. A. Lagerstätten. Bildung von Humus'findet statt: a) auf dem Boden, und zwar auf nassem und troeknem, b) untergeordnet in dem Boden durch sich zersetzende oder solche Pflanzenteile, die in frischem Zustande von Sedimenten eingebettet werden. Diese Bildungsstätten können zu Humuslagerstätten führen, und zwar sind die wichtig¬ sten derselben die Moore. Es gibt aber auch Humusvorkommen, die nicht gleichzeitig die Bildungsstätten sind, wo nämlich fertiger Humus einen Transport erlitten hat und zum Wiederabsatz ge¬ langt ist. Moore sind Gelände mit Humusboden; der Humus ist ent¬ weder unter Wasser oder auf nassem oder vernäßtem Boden ent¬ standen und muß in reichlicher Menge vorhanden sein. — Wo die Bodenbeschaffenheit sumpfig ist, wird man von einem Sumpfmoor sprechen, im Gegensatz zu einem Sapropelitsu mpf. Wo die Humus- (Torf-) Entwicklung schwächer ist, das Gelände nur einen etwas moorigen Boden besitzt, sprechen wir von einem anmoori- o'en Gelände oder Boden. Die verschiedenen Moorarten cha- rakterisieren sich durch Unterschiede in ihrem Vegetationsbestaude. Die meisten unsrer Moore sind namentlich durch die im Interesse ihrer Bewirtschaftung vorgenommenen mehr oder minder weit- gehenden Entwässerungen nicht weiter Humus produzierende oder nur unwesentlich zunehmende, bei überwiegendem Verwesungs¬ prozeß sogar an Humus abnehmende »Tote Moore«. Bei den »Lebenden Mooren« hingegen findet eine durch Wachstum O O erfolgende gleichmäßige Humusvermehrung statt. — Wir unter- o O O u scheiden 1. Flachmoore, 2. Zwischenmoore und 3. Hoch¬ moor e. 1. Flachmoore. Sie entwickeln sich, wo tellurisches (für die Pflanzen nähr¬ stoffreiches) ruhiges oder im Ganzen wenig bewegtes Wasser vor¬ handen ist; das ist in erster Linie in den Niederungen der Fall, Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. 37 wo die FJaclmioore Ausfüllungen mit ebenen öder nahezu ebenen Oberflächen bilden. Bei dein vorhandenen Nahrungsreichtum ent¬ wickeln sich auf den Flachmooren große Pflanzen mit reichlicher Stoffproduktion. Je nach der Art der zur Verfügung stehenden anorganisch-mineralischen Nahrung kann man, wenn Eisen- oder Calcium- Verbindungen besonders stark hervortreten, Eisenmoore und Kalkmoore unterscheiden. Die Flachmoore treten in verschiedenen Typen auf; sie können z. B. entwickelt sein als Flachmoorsümpfe, d. h. als Sümpfe, die in Flachmoorbilduug begriffen sind. Die Flachmoorsümpfe können Übergänge von der Sapropelitsumpfform zur eigentlichen Moorform sein. Bei einer Verlandung eines Wassers oder Sumpfes durch Sumpf- und Moorpflanzen erzeugen diese auf der Oberfläche vom Bande des W assers oder Sumpfes aus eine schwimmende Decke, die, indem sie von Jahr zu Jahr mächtiger wird, vertorft und schließlich, begehbar werdend, ein Schwing- (flach)moor wird. Ferner seien erwähnt die Flach moorwiesen. Die meisten derselben sind bei uns wie auch die meisten nicht moorbildenden Wiesen überhaupt Kunst wiesen i. w. S., die durch das Mähen oder Ab weiden als solche erhalten bleiben. Es gibt aber auch Natur wiesen, und zwar in den Überschwemmungsgebieten der großen Flüsse. Hochwasser vernichten alljährlich alle oberirdischen Teile; Gehölze werden namentlich durch Eisgang zerstört. So findet gewissermaßen eine natürliche Mahd statt. — Wo Flach- moorbildung möglich ist, aber wegen klimatischer Einflüsse Baum¬ wuchs fehlt, tritt ebenfalls natürliche Wiesenbildung auf, ebenso wie dort, wo ein Baumwuchs aus anderen Gründen hintangehalten wird, wie z. B. in absolut stagnierendem Wasser, das von unserin Hauptflachmoorbaum, der Erle ( Ainus glutinosa ), nicht vertragen wird. Eine besondere Wichtigkeit haben die Fla chmoorwä lder. Wo die Einflüsse, die zur Flachmoorwiesenbildung führen, nicht zur Geltung kommen, sehen wir Flachmoorwaldbildung eintreten. Die Bewaldung von Mooren findet bei uns vorwiegend durch Erlen O w 38 Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. statt: Erlenmoore. Es gibt auch Eichenmoore, bestanden mit Quercus pedunculata, Fichtenmoore, bestanden mit Picea excelsa , Birkenmoore, bestanden mit Betula pubescens usw. oder mit Mischwäldern. Die fossilen Kohlenlager, insbesondere die Steinkohlen - und Braun kohlenlag er, sind allermeist fossile Waldflachmoore. 2. Zwischenmoore. * Zwischonmoore tragen Pflanzengemeinschaften, die teils dem Flachmoor angehören, andernteils aber für das Zwischenmoor¬ stadium charakteristisch sind. Hierhin gehören Ledum palustre (in der östlichen Hälfte Norddeutschlands und weiter nach Norden) und Andromeda calyculata (in Ostpreußen und ebenfalls weiter nach Norden), sowie Myrica, gale (wesentlich im westlichen Teil Norddeutschlands sowie an der Küste der Ostsee und weiter nach Norden bis Lappland) und andere. Da bei der durch Fortbil¬ dung; stattfindenden ßodenanhöhung in den Flachmooren aus diesen o o dadurch ein nahrungsschwächeres Moor, ein Zwischenmoor werden kann, indem es sich durch die Boden an hölnmg allmählich den Ein- flössen des Grundwasserstandes entzieht, so kommt als eigentüm¬ liches Merkmal für die Zwischenmoore hinzu, daß vermöge der größeren Trockenheit des Bodeus gegenüber dem Boden der Flach- O O O (und, wie wir sehen werden, auch Hoch-) Moore sich auch gern eine Anzahl Waldpflanzen unserer nichtmoorigen Wälder eiufinden. Dort, wo sich auf den Zwischenmooren Wasser ansammelt, sind S cheuchzeria palustris und Rhynchospora alba so recht zu Hause. Von Carices sind die Parvocariceten für die Zwischenmoorbildungen charakteristisch, während Magnoeariceten dies für Flachmoorbil¬ dungen sind. Von Bäumen sind bei uns besonders die Kiefer (. Pinus silnestris ) und Betula pubescens vorhanden. 3. Hochmoore. Hochmoore entwickeln sich, wo atmosphärisches (für die Pflanzen nährstoflarmes) Wasser oder hinreichende Luftfeuchtig¬ keit vorhanden ist; wir treffen sie daher in erster Linie auf aus¬ gelaugten (uährstoffarmen) Böden und auf den Höhen. Unter der Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. 39 Voraussetzung, daß ein Bodenwasser sehr nährstoffarm ist, tritt eben¬ falls die Hochmoorptlanzeugemeinschaft auf. Das Zentrum großer Hochmoorflächen liegt höher (der Unterschied kann mehrere Meter betragen) als der Rand der Moore (daher der Name Hochmoor). Bei dem Nahrungsmangel entwickeln sich auf den Hochmooren kleine Pflanzen mit geringer Stoffproduktion, oder die unter anderen Bedingungen groß werdenden Pflanzen bleiben auf dem Hochmoor kleiner und wachsen wesentlich langsamer. .Die Zwischen¬ moore pflegen im Allgemeinen relativ schnell in Hochmoor über¬ zugehen. Unter den Pflanzen ist sehr wesentlich das Torfmoos: die Gattung Sphagnum (einige Sphagnum- A rten kommen auch auf Flachmooren vor, aber immer nur untergeordnet). Die Fälligkeit der Arten dieser Gattung, besonders viel Wasser (es kommt das atmosphärische Wasser in Betracht) zu speichern, bedingt eine starke Vernässung des entstehenden Hochmoores; man könnte die außerhalb des Wassers, auf dem Trocknen lebenden Arten, die ein Wasserspeicherungsvermögen in hervorragendem Maße besitzen, deshalb fast als an der Luft lebende Wasserpflanzen be¬ zeichnen, da sie sich durch ihre besondere histologische Einrich¬ tung, die ihnen zum Leben — um nicht auszutrocknen — so not¬ wendige große Wasserquantität schaffen (Fig. 1). Daher vernäßt denn auch ein vergleichsweise trocknes Zwischenmoor, das dem Hochmoorstadium entgegengeht, wieder stärker. — Von den Zwischenmoorpflanzen gellt eine Anzahl auf das Hochmoor; viele derselben treten aber hier nicht in derselben üppigen Entwicklung auf und zeigen damit an, daß geeignetere, d. h. die eigentlichen Wohnstätten für sie bei uns die Zwischenmoore oder ihnen ent¬ sprechende Böden sind. So ist es mit den schon genannten Arten Leclum palustre , Andromeda calyculata usw. Besonders wichtig sind bei uns die Spha gnetum- Moore, überwiegend mit Sphagnum bestanden und außer Krüppelkiefern usw. wenige kleine andere Pflanzenarten dazwischen. Dieser Typus ist für regenreiche oder luftfeuchte Gebiete charakteristisch. Be- sonders durch Entwässerung gehen aus den Sphaguetum- Mooren Heidemoore hervor, überwiegend mit Ericaceen, namentlich 40 Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Figur 1. Sphagnum »Teile mit Wasser= Speicherzellen. A einige Zellen aus dem Blatt von Sphagnum cymbifolium , von der Blattfläche aus gesehen. — B desgleichen aus dem Blatt von S. cuspi- datum im Blattquerschnitt. — C Stengelquer¬ schnitt von S. cymbifolium. Alles mehrere 100 Male vergrößert (nach Schi m per). — A zeigt 1. gestreckte, schlauchartige Assi¬ milationszellen und zwischen diesen 2. größere, durch Verdick ungsleisten versteifte und mit nach außen mündenden Löchern zur Wasseraufnahme versehene Wasserzellen. B veranschaulicht drei Assimilationszellen und einige Wasserzellen im Querschnitt. Der Stengelteil C besteht aus einer dicken Rinde von Wasserzellen. Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. 41 Calluna vulgaris , bestanden. Sie tendieren in ihrem Vegetations- bestande wieder zum Zwischenmoor. ln Gebieten geringerer Luft¬ feuchtigkeit bezw. wo die Niederschlagshöhe geringer ist, neigen die Hochmoore ebenfalls zum Heidemoortypus, jedenfalls treten dann die Sphagna zurück, und es drängt sich ein anderes Moos, nämlich Polgtrichum strictum, etwas stärker hervor. Danach kanu man — wenigstens in Norddeutschland — Hochmoore von Küsten- hoch m oorty pu s (Sphagnetum-Moore) und andere vom Binuen- hochmoortypus unterscheiden, ohne daß freilich die ersteren nur an den Küstengebieten auftreten. Sie gehen oder besser gingen westlich der Elbe weit ins Land hinein. Fossile Kohlenlager, die man als die fossilen Torflager von Hochmoorbildungen ansehen könnte, haben sich bis jetzt nicht gefunden. Lagerstätten von Trockentorf-, Moder- und andern humosen Böden treten den genannten gegenüber an Bedeutung so zurück, daß sie hier übergangen werden mögen; sie ergeben sich übrigens aus dem Folgenden. B. Gesteine. Das Wort Humus wird nicht nur von Laien, sondern nicht selten auch von Gelehrten auf jede durch zersetzte Pflanzen- und Tierreste schwarz oder dunkel gefärbte Bodenart angewendet. Es sei daher ausdrücklich hervorgehoben, daß hier unter Humus aus¬ schließlich die Residua der Organismen verstanden werden (d. h. also einschließlich ihrer Aschenbestandteile), sofern es sich um kohlenstoffhaltige brennbare Produkte handelt, und zwar ist zu betonen, daß es wesentlich die Residua von Laudpflanzenresten — demnach in erster Linie von Kohlenhydraten — sind, die den Humus bilden. Nur untergeordnet können Tierreste beige- mengt sein. Bei der Humusbildung findet eine ständige Anreicherung von Kohlenstoff in den Substanzen statt. Der Humus ist aus differenten 42 Übersicht über die Kaustobiolitlie und ihre Lagerstätten. Humus stoffen zusammengesetzt, deren chemische Charakterisie¬ rung jedoch noch immer aussteht. Ganz generell heißen die kolloidal im Wasser und in Alkalien löslichen (sich mit diesen wohl verbin¬ denden) Humusstoffe Humussäuren. Gewässer, die dunkle, färbende Humussäuren in Lösung enthalten, heißen Schwarz¬ wässer. Dopplerit besteht aus niedergeschlagenen, im berg- feuchten Zustande fest-gallertigen, dunklen Humussäuren. Die Streu (Streu d e cke), d. h. alle der Zersetzung ver¬ fallenden Pflanzenteile des Landes, kann — sofern sie nicht voll- / ständig verwest — Humusformen erzeugen, die sich in zwei große Gruppen scheiden: in a) Torf und b) Moder. a) Torf. Bei der Vertorfung kann — wie weiter vorn S. 9, 23 u. a. ausführlich auseinandergesetzt wurde — erst Verwesung (voll¬ ständige Zersetzung) und Vermoderung (Zersetzung bei ver¬ mindertem Sauerstoffzutritt) statthaben; nach dem Luftabschluß des Materials findet »Fäulnis« (Zersetzung bei vollständigem Sauer¬ stoffabschluß) statt, die bei der Entstehung des Torfs in erster Linie in Betracht kommt. Der Torf unterscheidet sich in: Trockentorf, der auf dem Trocknen, und 2. Moortorf, der im Wasser entsteht. Trockentorf besteht aus zusammenhängenden, dicht gela- gerten, schneidbaren humosen Massen mit hohem Gehalt an ma¬ kroskopisch erkennbaren Pflanzenresten. Den AI o o rt or f muß man unterscheiden, 1 . in u n r e i f e n Torf oder Rohtorf, der erst im Anfangsstadium der Vertorfung begriffen ist, so daß die ihn zusammensetzenden Pflanzenteile noch frisch sind, 2. in halbreifen Torf und 3. in reifen oder Speck¬ torf. Er ist ein sehr verbreitetes Ubergangsglied zum Dopplerit. Die fossilen, aus reifem Moortorf hervorgegangenen Kohlen sind Gl anz kohlen, sofern nicht wie bei den jüngeren (insbe¬ sondere tertiären) Kohlen durch Harzgehalt eine matte Farbe be¬ dingt wird. Je nach den Pflanzen oder Pflauzenteilen, die an der Zn- T'bersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. 48 sammensetzuug des Torfes teilnehmen oder ihn wesentlich oder ganz zusammensetzen, werden die Namen der betreffenden Pflanzen benutzt, um die Torfarten zu kennzeichnen. Es ist aber dabei zu unterscheiden, ob es sich erstens nur um zwar charakteristische Bestandteile im Torf handelt, die, da sie sich figuriert besser er¬ halten haben, auffällig geblieben sind, die dabei aber nur be¬ schränkter zu dem Torfmaterial beigetragen haben, oder ob zwei- tens die Bestandteile, die die Namengebung veranlassen, aus reinen oder reineren Vegetationsbeständen hervorgegangen sind. Mit Rücksicht darauf, daß die Vegetationsbestände nach den vorherr- sehenden Arten bezeichnet werden, z. B. als Phragmiteten (nach Arundo phragmites — Phragmites communis ), muß man dem Ge¬ sagten zufolge aus solchen hervorgegangeue Torfe auch als Ph raginitetum- usw. Torfe bezeichnen, zum Unterschiede von so leben T orfen, in denen zwar die auffälligen Phragmites communis- Rhizome vorhanden sind, ohne daß aber die Torfe aus Phragmi¬ teten hervorgegangen wären. Diese Torfe sind weiter nichts als Phragmites enthaltende Phragmites-Torfe, die in ihren we¬ sentlichen Bestandteilen aber aus andern Pflanzen hervorgegangen sind. Die meisten Torfe sind entstanden aus torf bildenden Pflanzen¬ gemeinschaften, die an Ort und Stelle lebten, wo jetzt der aus ihnen entstandene Torf lagert. Es gibt aber auch allochtkone y O O Torfe, nämlich 1. die Schwemmtorfe, entstanden aus gedrifteten, ver¬ seil wemmten, noch unvertorften, abgestorbenen oder im Absterben begriffenen Pflanzenteilen. Hier haben wir den Häcksel torf (aus natürlichem Häcksel hervorgegangener Torf, d. h. entstanden aus Pflanzen material ien, die beim Transport durch mechanische Angriffe zerkleinert wurden). Material, das als Strand- und Ufer¬ drift auftritt und auf dem Lande, wo es hingeraten ist. zu einem Lager aufgehäuft wird, wird leicht Moder, wenn die Ablagerung nicht ausgiebig ist, so daß auch die unteren Partieen vor Sauerstoff' und weitgehender Auslaugung nicht geschützt sind. Ein spezieller Häckseltorf ist der Drift holz torf, durch Zusammenhäufung von 44 Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Holz, auch ganzen Stämmen, entstanden. — Der durch Flötzdrift, d. h. unter Wasser, abgesetzte Schwemmtorf erleidet im Wasser gern eine Separation ; es gibt dann spezielle Schwemmtorfe, so den Laubtorf, durch Zusammenhäufung von Laubblättern entstanden. Laubtorf kann übrigens auch auf dem Trocknen entstehen, wo der Wind sehr viel Laub zusammentreibt (Laub wehen). Da sich beide Laubtorfarten unterscheiden können, namentlich durch Sapropelgehalt des ersteren, ist es zweckdienlich, beide zu unter¬ scheiden in Wasserlaubtorf und Trockenlaubtorf. 2. Torfe an zweiter Lagerstätte. Sie treten in zwei Formen auf, nämlich als Schlämmtorf, der meist aufgearbeiteter (ausgeschlämmter) und meist unter Wasser wieder abgesetzter Moortorf ist, und Bröckeltorf, der durch die Anschwemmung von Torf brocken und -fetzen entsteht, die, vom Wasser losgerissen, gelegentlich zu Lagern oder Nestern angehäuft werden und durch Sedimentbedeckung erhalten bleiben. Von fossilen Kohlen gehört zu den fossilen Torfen an zweiter Lagerstätte z. B. die tertiäre »Rieselkohle«. Hier wären auch die Moorausbrüche und -rutschungen zu erwähnen, die große Torfmassen verlagern können. b) Moder. Moder ist in Verwesung und Vermoderung begriffenes Material. Die Durchlüftung und damit hinreichende Sauerstoff¬ zufuhr wird besonders durch wühlende Bodentiere (in erster Linie bei uns durch Regenwürmer) besorgt. Moder ist also zerkleinerte, zu Humus werdende Streu, welche auf dom Mineralboden lose gelagert aufliegt und ziemlich leicht weiter zersetzbar ist. — Ein Torf, der sich bei Luftzutritt weiter zersetzt, wird naturgemäß ebenfalls zu Moder (Moortorf-Moder). Moderbildungen an zweiter Lagerstätte sind 1. der Schwemm¬ moder, entstanden aus transportiertem lebenden oder im Ab¬ sterben begriffenen Pflanzenmaterial, abgelagert z. B. an einem St rand, wo der Vermoderungsprozeß möglich ist, und 2. der Schlämm moder. Von diesem beansprucht der Alpenmoder ein Übersicht über die Kanstobiolithe und ihre Lagerstätten. 45 besonderes Interesse; er ist durch Ausschlämmung von (Alpen-) Trockentorf und Ablagerung des zu Tal geführten, ausgeschlämm- ten Materiales entstanden. c) Humuserden x). Humuserden sind anorganische mineralische Erden mit Humusgehalt oder Humus mit bemerkenswerteren anorganischen mineralischen Beimengungen. Im ersteren Falle spricht man von (schwach, stark) humosen Sauden, Tonen u. dgl., wobei es dahingestellt bleibt, wie die Mischung zustande gekommen ist. Der Zusatz des Wortes »-Erde« zu einem anderen Wort deutet also hier stets auf ein Mischprodukt von anorganiscli-minerali- schem Material mit Humus. Die Humuserden sind zu scheiden in: 1. Solche mit vorherrschender Vermoderung (milde Humus¬ erden). Mullerd en sind solche Erden, bei denen das organische Material größtenteils verwest ist; es bleibt im organischen Mineral¬ boden nur verhältnismäßig wenig, und zwar gleichmäßig zersetzter Humus zurück, der den Boden so homogen durchdringt, daß der Humus dem Boden eine einheitliche dunkelgelbe, hellbraune bis schwarze Färbung; verleiht. Die Mächtigkeit von Mullerden kann weit über ^2 Meter erreichen. Die Humussubstanz der Mullerden heißt Mull; sie trägt den Charakter chemischer Ausfällungen. Die Mischung von Mull mit Mineralboden ist also Mullerde. Man wird demnach unterscheiden stärker oder schwächer mullhaltige Mullerde. Reine Mullböden (aus Mull allein bestehende Böden) sind nicht bekannt. Es ist daher sehr darauf zu achten, daß für einen aus Mullerde bestehenden Boden nicht Mullboden, sondern Mullerdeboden zu sagen ist. — Es gehören zu den Mullerdeböden: 1. Die Ackerböden in ihrem regelmäßig bear¬ beiteten humushaltigen oberen Teil. 2. Die Waldböden mit bis ca. 5 pCt. (selten mehr) Mull; gewöhnlich zwischen 30 — 100 cm !) Vergl. hierzu vorn S. 34 das Seitenstück Sapropel- hezw. Saprokol i - erden. 46 Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. mächtig. Hierher gehören die besten Waldböden aus Mu Il¬ le hm, Mullsand usw. 3. Die Schwarzerdeböden. Die Schwarzerde bildet sich in fruchtbaren, unausgelaugten , kalk¬ haltigen, meist lößartigen Böden, die bei feuchtem Wetter eine üppige Vegetation tragen. Die Erhaltung der Humussubstanz in der Schwarzerde ist bedingt durch die Trockenheit in der wärmeren Jahreszeit, wodurch die Verwesung verhindert oder vermindert ist. Modererde ist mit Mineralsubstanz gemischter Moder, unter¬ scheidet sich demnach von der Mullerde dadurch, daß der Moder noch zum wesentlichen Teil figuriert erhalten ist. 2. Solche mit vorherrschender Vertorfung, d. h. mit dz blei¬ bendem Humussäuregehalt (mehr oder minder saure Humus¬ erden). Die Moorerden. Moorerde ist ein Gemisch von vertorften und vermoderten Pflanzenresten mit anorganisch-mineralischen Bestandteilen. Die Bleicherden und H u m usorterd en. Wo eine V er- torfung eingetreten ist, wird der Mineralboden unter dem Moor¬ torf bezw. Trockentorf durch Infiltration von Humussäuren mehr oder weniger stark entfärbt; infolge der Auflösung (Auslaugung) leichter löslicher anorganisch-mineralischer Bestandteile (Eisen- usw. Verbindungen), die tiefer geführt, sich dort wieder ausscheiden, bildet sich eine »Orterde« ("bei noch erdiger Beschaffenheit). Bei uns1 speziell handelt es sich, da in derselben Zone auch die Humus¬ säuren zum Niederschlag kommen, um H um’usörterd e bezw. — wenn die Erde vollständig zu »Stein« verkittet worden ist — um Humusortstein. Humusort heißt das Gestein im Gegensatz zum Eisenort: Eisen ortstein bezw. Eisenorterde. Zwischen Humusort und Eisenort sind alle Übergänge vorhanden. Man wird typische Mittelbilduugen H um useis enorterde bezw. -stein nennen. Die entfärbte Schicht ist die Bleicherde (speziell z. B. Bleie hsand). Sie ist oft durch Humussäuren und einge¬ schwemmte Humussubstanz mehr oder weniger stark, unter Um¬ ständen bleigrau bis schwarz gefärbt, kann aber auch fast gänz¬ lich der Humusbestandteile ermangeln (reine Bleicherde). Es ist Übersicht über die Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. 47 darauf hinzuweisen, daß gewöhnlich die unmittelbar unter dem Torf lagernde Bleicherde (das Sohlbaud) tortiger ist als die dann darunter folgende. Es scheidet sich also in den Profilen die Bleicherde oft merkbar in zwei Horizonte: eine stärker torfige (bezw. humose) obere und eine weniger torfige untere Bleicherde. III. Liptobiolithe. Die Stoffe, aus denen die Gesteine bezw. Mineralien dieser Gruppe bestehen, sind schwer verweslich, weshalb sie, bei hin¬ reichender Produktion durch die Pflanzen, leicht nach der voll¬ ständigen Verwesung der übrigen Bestandteile Zurückbleiben. Aus einer sehr stark harz- und wachsharzhaltigen Flora können daher die genannten Produkte als Gestein zurückgelassen werden, wie das bei dem rezenten Denhardtit und dem (tertiären) reinen P y r o p i s s i t der F all ist. Hierher gehören also die Harz- und verwandten Bildungen bezw. solche, die durch diese Stoffe wesentliche Eigenschaften ge¬ winnen. Als Beispiele seien erwähnt Ko pal, Fichtelit, Fim- menit (durch Ablagerung von Erlenpollen entstanden). — Von Fossilien gehört hierher z. B. der Bernstein und, mit dem Fim- menit zu vergleichen, der paläozoische T asm anit (wesentlich aus Sporen zusammengesetzt).' — Natürlich gibt es hier viele Uber¬ gangsbildungen zu den vorausgehenden Gruppen wie z. B. Harz- (Resinit-) Torfe und diesen entsprechend die Harzkohlen, wie die mit Pyropissit gemengte Braunkohle und dergl. Darstellung eines au sge wählten Falles als Ueherblick über die Haupttypen von Sumpf und Moor. Eine jetzt noch treffliche Örtlichkeit zum Studium der Sa- propel-Sumpf- und der Moorbildung ist besonders das Gelände bei Juwendt (südlich Nemonien im Memel-Delta) am Kurisclien Haff mit einer Sapropelitbank und das sich östlich daran schließende Gebiet. In diesem Spezialfall hat mau das wesentliche auf engem Raume und doch nicht in nur modellhafter Entwicklung beisammen 48 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memel delta. und kann durch unmittelbare Vergleiche die charakteristischen Merkmale der Lagerstätten und der Hauptkaustobiolithe sehr schön studieren. Bei Juwendt selbst ist als schlammiges Ufer des Kurischen o Haffs eine mächtige Sapropelitbank entwickelt (Fig. 2), gebildet aus dem im Wasser des Haffs vorhandenen Plankton und dem vom Grunde durch die Bewegung des vom Winde gepeitschten Wassers aufgewühlten und ans Ufer gebrachten Sapropel, wobei natürlich auch Sedimente anorganisch-mineralischer Natur beige- mengt werden. Insbesondere aber sind es Sedimente, die die Mündungsströme der Memel aus dem Innern des Landes herbei- führen, die sich mit dem Sapropel mischen, um den in Rede Figur 2. B Sapropelit-Bank (S) bei Juwendt am Ostufer des Kurischen Haffs. Unbegehbar. An der Grenze der Bank nach dem Lande zu ein Bestand von Bidens cernuus (B), hier als erster torf bildender Verlander auftretend. Bei T ist die Verlandung durch Vertorfung so weit gediehen, daß dort die Fläche begehbar ist. D ist ein Stückchen des Deiches. (Aufgenommen am 12. IX. 1907.) Haupttypen yon Sumpf und Moor im Memeldelta. 49 stehenden, sehr sandigen, aber doch stark gallertig-schlammigen Sapropelit zu erzeugen. So erblicken wir denn (bei S auf unserem Bilde) einen nicht begehbaren Sumpfstreifen breiiger Natur, und man kann vom Ufer aus nach Osten schreitend sehen, daß der Boden aus einem solchen, das Land allmählich nach Westen vor¬ schiebenden, Sapropelit besteht. Dieser Boden wird die Stätte für Sumpf- und sonstige Landpflanzen. In unserem Spezialfalle erblicken wir als einen dieser ersten Vorposten bei B einen Streifen von Bidens cernuus; sonst ist es gern der Röhricht-Pflanzenverein mit unserer charakteristischsten Pflanzenart dieser Gemeinschaft, Arundo phragmites (Schilfrohr), das als erste Laudpflanzen- Ver¬ landungsvegetation auftritt. Eine solche Vegetation erzeugt unter den vorhandenen Bedingungen Torf, der nur wenig mächtig zu sein braucht, um schon begehbar zu sein. So erblicken wir auf unserem Bilde bei T eine solche erste Torffläche, die, als Kulturwiese behandelt, nicht mehr die ursprüngliche Natur auf¬ weist, abgesehen davon, daß auch sonst hier Kultureiuflüsse mit¬ spielen, besonders gegeben durch den künstlichen Deich, von welchem wir in Fig. 2, rechts unten bei D, ein kleines Stück erblicken. Bei dem großen Sandgehalt unseres Sapropelits und dem verhältnismäßig schnellen Wasserverlust desselben, wodurch die schlammig- breiige Sapropelnatur schnell verschwindet, ist das entstehende Neuland sehr bald für Kulturzwecke geeignet, freilich durch leichte Uberschwemmbarkeit naturgemäß sehr ge- fährdet, weshalb denn auch dort, wo Landwirtschaft und Wohnsitze vorhanden sind, eine Eindeichung erforderlich oder erwünscht ist. Gräbt man den sehr wenig mächtigen Torf bei T auf, so haben wir naturgemäß in seinem Liegenden den früher gebildeten Sapro- pelsand. Unter natürlichen Verhältnissen wird ein Boden wie T sehr schnell durch Gehölze besiedelt, unter denen bei uns die Schwarzerle, Ainus glutinosa , die Hauptrolle spielt, und so er¬ blicken wir denn auch weiter nach Osten in unser Revier vor¬ dringend, wo der Vegetationsbestand zum Zwecke forstlicher Kultur in seiner verhältnismäßig natürlichen Form belassen worden ist, einen ausgedehnten Erlenbestand, in den unsere Fig. 3 einen Einblick gewährt. Bei der bis jetzt angedeuteten Genesis des 4 Neue Folge, Heft 55. 50 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta. Bodeus dieses Geländes, die ein sehr flaclies, niedriges Gebiet schafft, bleibt — wie gesagt — das Grnndwasser leicht zugäng¬ lich, und der Boden bleibt sehr naß. Eine Begehung ist demnach in dem nicht durch Eindeichung geschützten Walde höchstens mit hohen Wasserstiefeln möglich. Für den Forstbetrieb sind denn auch an Stelle begehbarer Wege meist mit dem Kahn befahrbare Gestelle geschaffen worden, indem der Boden durch Aufschüttung seitlicher Dämme, D in unserer Abbildung 3, noch etwas vertieft worden ist. Aber auch diese dadurch geschaffenen schmalen Dämme sind oft genug überschwemmt. Figur 3. D Erlensumpfmoor östlich Nemonien (Memel=Delta). Ein Gestell in Form eines mit Kähnen befahrbaren Grabens. Links der bei der Vertiefung des Grabens aufgeworfene Damm (D) mit Urtica dioeca , die im Sumpf¬ moore selbst fehlt. (Aufgenommen am 13. IX. 1907.) Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta. 51 Die überbaubaren Partieen werden denn auch nur im Winter geschlafen, wenn der Boden durch. Bildung einer Eisdecke für O 0 7 ö die Forstarbeiter bequem zugänglich ist. Wir haben es in diesem Erlenbruch mit einem Sumpfflachmoorwald zu tun. Dauernd ist aber dieses Erlensumpfmoor nicht von Bestand, denn durch die stetige, von der vorhandenen Pflanzengemeinschaft veranlaßten Torfproduktion findet allmählich eine Bodenanhöhung statt, die immer mehr und mehr aus dem höchsten Grundwasserstand her¬ austritt. Es bleibt das Gebiet zwar dann zunächst noch als Erlen- moor bestehen, aber die Sumpfpflanzen des Untergrundes (Iris pseudacorus, Glyceria ßuitans etc.) treten immer mehr und mehr zurück und verschwinden schließlich, Landpflanzen sonst trockner Böden mischen sich bei und gewinnen sodann die Oberhand, wie u.a. die große Brenuessel, Urtica dioeca , die wir schon auf den künst¬ lich geschaffenen Erhöhungen im Erlensumpfmoor, nämlich auf den Dämmen D, reich vertreten finden. Je weiter wir demnach nach Osten vorschreiten, um so mächtiger wird die Torfschicht entsprechend dem Alter des Deltalandes, das in unserem Gebiete nach Westen zu sich allmählich ergänzt. Schreiten wir durch das Erlenmoor noch weiter nach Osten, so kommen wir bald in eine Zone, die Überschwemmungen überhaupt nicht mehr ausgesetzt ist oder vielleicht nur in ganz besonderen Ausnahmefällen noch einmal gelegentlich in Mitleidenschaft gezogen wird. Es wird also hier durch irdisches Wasser so gut wie keine Nahrung für die Pflanzen mehr zugeführt, abgesehen von derjenigen Nahrung, die die Wurzeln des Pflanzenbestandes aus dem dicht darunter be¬ findlichen Grundwasser aufzunehmen vermögen. Unter diesen veränderten Verhältnissen ändert sich eben auch die Pflanzen¬ gemeinschaft. Von Bäumen treten die Erlen immer mehr und mehr zurück und die Kiefer ( Pinus silcestris ), auch die Moorbirke (Betida pubescens) gewinnen die Oberhand. Gleichen Schritt hält, wie augedeutet, der Wechsel der grundständigen Flora ein. Wir sehen hier nunmehr als besonders auffällig den Sumpfporst, Ledum palustre , oft den Boden dicht, in schönen, großen Sträuchern überziehen und in dem hier besprochenen Revier auch die sonst seltene Andromeda calyculata : wir sind im Zwischenmoor, Fig. 4. 4* 52 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta. Unsere Wanderung weiter nach Osten zeigt uns, daß das Zwischen¬ moorgebiet verhältnismäßig schmal ist. Sobald wir es durchquert haben, nehmen wir zu unserer Überraschung wahr, daß wir wie¬ derum in eine sehr nasse Zone geraten, und besonders auffällig ist hier das Auftreten des Rohrschilfs, Fig. 5, das sonst eine typische Verlandungspflanze ist und die wir daher sonst dort zu erblicken gewöhnt sind, wo eine Vertorfung erst eingeleitet wird. Figur 4. Zwischenmoor mit Andromeda calyculata (rechts und im Mittelgründe) und Ledum palustre (u. a. links). Baumbestand wesentlich Pinns silvestris , vorn in der Mitte eine kleine Picea excelsa. Försterei Laukwargen östlich Nemonien (Memel-Delta). (Aufgenommen am 25. IX. 1907.) Hier aber würde man erwarten, da doch die Torfanhöhung immer weiter fortgeschritten ist, in immer trocknere Gebiete zu kommen. Diese erwähnte, eigentümliche Erscheinung des Wiederauftretens von s *zj O Arundo phragmites erklärt sich durch das vorn S. 38 — 41 über die Hauptlypcn von Sumpf und Moor im Memeldelta. 53 Entstehung der Hochmoore Gesagte. Wir haben gesehen, daß nach Maßgabe der Anhöhung des Bodens durch Torfbildung schließlich nur noch atmosphärisches Wasser für die Vegetation zur Verfügung steht. Die Sphagnen, die sich erst zögernd hei¬ mischen, werden immer häufiger; sie sammeln das atmosphärische Wasser und beginnen wiederum den Boden zu vernässen. Haben Figur 5. Arundo phragmites = Zone am Rande des Hochmoors. Bäume, besonders Firnis silvcstris, kleiner als im Zwisckenmoor (Fig. 4). Östlich des Zwischenmoors Fig. 4. (Aufgenommen am 25. IX. 1907.) die Sphagnen und die mit ihnen vergesellschaftete Pflanzen¬ gemeinde den Boden weit genug durch Torfbildung erhöht, so muß das Wasser des so entstandenen Hochmoorgeländes an den Rand desselben herabfließen und hier eine besonders nasse Grenz- 54 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldeita. zone bilden. So geringfügig nun auch vergleichsweise die Nahrung o o o o o o ist, die dadurch in dieser Grenzzone angereichert wird, so genügt diese doch in Verbindung mit dem vorhandenen mehr offenen und etwas bewegten Wasser, um von der Röhrichtpflanzengemein¬ schaft besonders Arundo phragmites einen geeigneten Standort zu gewähren. Die geringere Nahrung, die aber doch hier vorhanden ist, tut sich kund in dem sonst weniger üppigen Pflanzenbestaud; es sind im allgemeinen kleinere Pflanzen, die uns hier entgegen¬ treten. Haben wir diese gewöhnlich relativ schmale Wasserzone überschritten, so treten wir in das Hochmoor: Fig. 6. In unserem Falle ist dies eine ausgedehnte, viele Quadratkilometer umfassende Fläche, die freilich durch die Kultur schon sehr stark vermindert worden ist. In unserem Hochmoorgelände, Fig. G, mit kleinen Pflanzen und Krüppelkiefern (Pinus silvestris) , kann man den Einfluß der Kultur besonders im Vordergründe daraus ersehen, daß hier eine reiche Entwicklung von Besenheide, Calluna vulgaris, vorhanden ist, die auf Hochmooren besonders dort sich breit macht, wo künstliche Entwässerungen bereits einen Einfluß aus¬ üben, wie hier durch einen künstlichen Graben vor unserem Bilde oder wo trockenere Zeiten das üppige Wachstum von Sphagnum zurückhalten. Dringen wir weiter in das Zentrum des Hochmoores vor, so treffen wir auf Wasserstellen: einsam gelegene Seen, Teiche und Wasserlachen, in denen Regenwasser sich sammelt, Fig. 7. Bei der Größe des in Frage kommenden Geländes fließt, wie wir schon andeuteten, ein Teil des Regenwassers zum Rande, und zwar auch in kleinen Bächen, Rüllen genannt, von deneu wir in Fig. 8 eine erblicken. Auch hier kann dann wiederum Rohrschilf am Rande der Rüllen auftreten, eine Pflanze, die — wie schon erwähnt — etwas bewegtes Wasser liebt und auch etwas mehr Nahrung gebraucht als die typischen Hochmoorpflanzen, und diese ihr notwendige Nahrung ist naturgemäß in einem fließenden, wenn auch nahrungsschwachen Wasser bei dem ständigen Wechsel o o desselben leichter zu haben. Auch die in Fig. 8 photographierte Rülle ist leider dem Untergänge geweiht, wie denn auf dem Bilde die Einwirkung der Kultur an dem Absturz des Wassers ganz Haupttypen von Sumpf und Moor im Mcmeldelta. 55 o u Ö Hochmoor mit Krüppel=KEefern (Pinus silvestrls) bei Franzrode westlich des Timberfiusses (MemePDelta). (Aufgenommen von Hrn. Assmann aus Jodgallen, Spätherbst 1907.) 5G Haupttypeu von Sumpf und Moor im Memeldelta. vorn zu bemerken ist: es gellt dort, vor der Riille, ein Entwässe¬ rungsgraben durch. Daß die Moore bei uns im Verschwinden begriffene Gelände¬ formen sind, wenn dies auch bei dem Fortschreiten der Kultur nicht gut anders sein kann, ist doch aus wissenschaftlichen, aber auch ästhetischen Gründen tief bedauerlich. Es sollte, ehe es ganz zu spät ist, für die Erhaltung eines hinreichend großen Moor- Figur 7. Im nördlichen Teile des großen Moosbruches im Memel=Delta. Hochmoor=TeIche, durch Sphagnum verlandend. (Aufgenommen am 25. IX. 1907.) ixebietes Sonxe getragen werden. — Großartig ist die Natur des O O O O O Moores. Das wird freilich noch nicht allgemein empfunden. Auch die Schönheit und Erhabenheit von hohen Gebirgen, der Alpen, zu empfinden, ist ein Werk höherer Gesittung und Bildung. Einst empfand man nur die körperliche Mühsal, die diese Hindernisse des Verkehrs bieten, und jetzt versenken wir uns mit großen Ge- Ilaupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta. 5 7 fühlen in jene Wunder der Berge. Der besondere Reiz, den die Naturbetrachtung auf uns ausübt, liegt in den zunächst im Hinter¬ gründe schlummernden, dann mehr oder minder bewußt empor¬ tauchenden Gedanken über das Wesen jener Wunder, das zu er¬ gründen, eine natürliche, menschliche Regung ist. Ein Gedanke, der sich unfehlbar anknüpft, wenn wir ein Moorgelände betrachten, Figur 8. Rülle mit Arundo phragmites. Nördliches Elchtal, im nördlichen Teil des Großen Moosbruches (Memel = Delta). Quer zur Rülle verläuft vorn (auf dem Bilde unsichtbar) ein künstlicher Entwässe¬ rungsgraben, in den das Rüllenwasser, wie auf dem Bilde zu sehen, abstürzt. (Aufgenommen am 25. IX. 1907.) ist der über das Werden des Moores, über die Zeit, die bei einem auch nur wenige Meter mächtigen Torflager seit dem Beginn seiner Entstehung verflossen ist im Vergleich zu der Zeit, wo wir eine sogenannte menschliche Weltgeschichte haben, oder gar zu der 58 Haupttypen von Sumpf und Moor im Memeldelta. kurzen Spanne, die dem Einzelnen gewährt ist; und wenn wir die Millionen kleiner Pflänzclien betrachten, die den Boden be¬ decken und einzeln genommen ein Nichts als Beitrag vermögen, aber gemeinsam und in aufeinander folgenden, zahllosen Generationen unaufhaltsam die mächtige Umgestaltung und Erhöhung des Ge- O O O o ländes bewirken: dann drängt sich auch aus einer beschaulichen Betrachtung der Moore ein Gefühl der Erhabenheit auf, daß all¬ überall Quellen findet, wo wir uns liebevoll in die Natur ver¬ senken. Wenn man auf einem großen Hochmoore steht, wo der Blick gar nicht oder nur in weiter Ferne durch anderes Irdische begrenzt wird, so lenkt die Einsamkeit, die ungestörte Ruhe, die Gedanken ohne weiteres zu jenen Betrachtungen, und Natur¬ stimmungen wirken auf uns ein, die durchzukosten, einen unver¬ gleichlichen Genuß bereitet. Die Sapr op e 1 -B i 1 du n gen . Sapropel (Faulschlamm) entsteht aus den im Wasser lebenden tierischen und pflanzlichen Organismen, indem diese oder Teile derselben und die Exkremente der Tiere zu Boden sinken, wo sic ein Lager bilden. Unter den pflanzlichen Organismen sind besonders wichtig die ölführenden Algen. Die abgestorbenen Or- minismen und die Exkremente der Tiere sammeln sich am Grunde der Gewässer an, wo sie oft mächtige Schichten bilden, die je¬ doch stets, wenn auch zuweilen nur untergeordnet, Drift-Bestand¬ teile enthalten; so findet sich so gut wie immer im Sapropel Blutenstaub von Windblütlern. Im Gegensatz zu den Humus- Bildungen, deren wesentliche Urmater ialien Kohlen¬ hydrate sind, spielen' in den Sap ro pel-Ur mate rialien die Fette und gewiß auch die Proteine eine besondere Rolle, und zwar in beiden Fällen in demselben Sinne, d. h. die genannten Stoffe üben einen wesentlichen Einfluß auf die ent¬ stehenden Kaustobiolithe aus, indem die sich zersetzenden Kohlen¬ hydrate der Landpflanzen anders charakterisierte Gesteine ergeben wie Urmaterialien, die weniger Kohlenhydrate, dafür aber relativ viel Fett- und Protein-Substanzen enthalten, deren Zersetzung daher auch andere Produkte liefert. Wo — kürzer gesagt — einerseits Kohlenhydrate, andererseits Fette und Proteine stark vertreten waren, müssen daher auch die resultierenden Kausto¬ biolithe dementsprechend von einander abweichen1). Das Prinzi- Bei der Kürze, mit der icli mich in den vorläufigen Mitteilungen aus- diücken mußte, haben meine früheren diesbezüglichen Angaben zu Mißverständ¬ nissen Veranlassung gegeben, z. B nach der Richtung, als sei ich der Meinung, daß die Fette noch wesentlich als solche in den Sapropel-Gfesteinen vorhanden seien. Die obige ausführlichere und exaktere Darstellung wird hinsichtlich dessen, was ich meine, aufklären. Näheres ergibt sich aus dem Text im Kapitel »Das Sapropel«. 60 Die Sapropel-BildungeD. pielle dessen, was ich meine, ist der generelle wesentliche Unterschied in dem quantitativen Vorhandensein von Fetten und Proteinen einerseits, nämlich in den Sapropel-Urmaterialien, und in dem von Kohlenhydraten andererseits, nämlich in den Humus-Urmaterialien, sowie überhaupt der chemische Unterschied zwischen beiden, der sich, wie es scheint, auch auf die allgemeine Beschaffenheit der Kohlenhydrate beider Gruppen erstreckt, wie denn auch die Fettarten der Landbewohner sich von denen der echten Wasser¬ organismen unterscheiden. Ein weiteres Eindringen der organi¬ schen Chemie in diese Unterschiede wäre freilich für unseren Gegenstand sehr erwünscht. Humus und Sapropel sind also che¬ misch so verschieden, daß eiue Scheidung beider geboten ist; jetzt wird noch beides zusammengeworfeu, z. B. von den »Humus«-Be- standteilen von Diatomeenpelit gesprochen. Es soll nur dann von Sapropel resp. Sapropel- Gestein ge¬ sprochen werden, wenn der organogene Schlamm der angegebenen Entstehung noch wirklich oxydierbare (brennbare) kohlenstoffhaltige Teile enthält; sind diese bereits ganz oder fast ganz oxydiert, so können zwar immer noch wesentlich organogene Bestandteile Zurückbleiben, z. B. beim Diatomeenpelit die Schalen, aber dieser Rest ist kein Sapropel mehr; wir haben es dann mit einem Akaustobiolith zu tun. Die Hauptörtlichkeiten, wo Sapropel entsteht, sind stagnie¬ rende oder der Stagnation angenäherte Gewässer und auch solche Gewässer, deren Trübe die organischen Reste sofort dicht ein- bettet. Dies tun tonige, überhaupt pelitisehe Sedimente. Auch das Sapropel selbst hat pelitisehe Beschaffenheit. Sapropelit bedeutet demnach ein mehr oder minder stark Sapropel enthalten¬ des Gestein von Pelit-Natur, d. h. dieser Terminus umfaßt das reine Sapropel und die Sapropel-Gesteine mit pelitischen anorga¬ nischen Zutaten, wobei »Pelit« demnach nur auf die feiue, ton¬ artige Beschaffenheit hinweist*). Ein Sapropelit kann also ganz *) Im Anschluß an Carl Fried. Naumann nennt man Gesteine von feinerdiger, tonähnlicher Beschaffenheit Pelite. Es ist für uns — wie z. B. in der Zusam¬ mensetzung Diatomeen-Pelit — vielfach bequem, den Terminus Pelit zu benutzen, wenn man nämlich nichts über den Sapropel- Geh alt aussagen will. In gleicher Weise werden wir für stark sandige Gesteine den Zusatz Psammit gebrauchen. Die Sapropel-Bildungen. 61 rein sein (ausschließlich aus organischen Resten hervorgegangen), oder kann noch anorganische Bestandteile, ebenfalls von Pelitnatur, enthalten. Auch gröberen Sand (Feinsand gekört dagegen zu den Pe- liten) kann Sapropel durch Einbettung enthalten; wir haben dann Sapr opsammit, der aber untergeordneter auftritt. Übersichtlich: Alle Gesteine von Pelit-Natur, deren Charakter durck das Vorhandensein oder Vorhandengewesensein von Sa- propel-Material mitbedingt wird, inkl. derjenigen, die ausschließlich oder fast ausschließlich nock Sapropel (in Schlamm-Konsistenz) sind oder die bereits den Saprokoll-Zustand angenommen haben oder aber bereits vollkommen erhärtet sind, sind Sapropelite. Ein Zusatz zu Sapropelit — wie Di atomeen-Sapropelit (kurz Diatomeen-Pelit) — würde also über den Zustand des Ge¬ steines, ob schlammig, gallertig oder fest, nichts aussagen, sondern in dem angegebenen Beispiel nur bedeuten: ein Sapropel oder ein aus Sapropel hervorgegangenes Gestern, dessen wesentliche Ur- materialien Diatomeen sind. Die bituminösen Tone und Mergel (z. B. der Posidouomyen-Schiefer) und bituminösen Kalke sind eben¬ falls Sapropelite (Ton - resp. Kalk-Sapropelit). Der Ausdruck Diatomeen-Pelit besagt nichts über den Gehalt an brennbarer organischer Substanz, umfaßt also auch die aus bloßen Diato¬ meenpanzern. bestehenden Gesteine, bei denen die brennbare organische Substanz durch Verwesung (oder Auslaugung?) ver¬ schwunden ist. Sapropsammite sind bei der porösen Beschaffenheit des Sandes, wodurch die Sapropel-Bestandteile sehr vergänglich werden, wie gesagt, weder rezent noch fossil wichtig, es sei denn, daß psammitische Bestandteile nur untergeordnet beigemengt sind. Im Gegensatz zu den Sapropeliten und -psammiten stehen die II umipelite resp. H um ipsammite, bei denen der brennbare organische Gemengteil eine H umus-Bildung ist. Nach der Ablagerungsweise handelt es sich bei der Sapropel- bildung um eine Sedimentierung, die aber wesentlich an Ort und © ©7 Stelle geschieht, wo die Organismen gelebt haben, d. h. um eine 62 Die Sapropei-Bildungen. aiitochthone Sedimentierung, im Gegensatz zur alloch- thoneu Sedimentierung von herzugeführter anorganischer Mineraltrübe (Ton, Sand etc.). Im Vergleich zur Antochthonie auf dem trocknen Boden, d. h. der terrestrischen Autoch- thonie z. B. von Moortorf, wären die Sapropel Bestandteile eines Schlammes als aqua tisch autochthon zu bezeichnen, nur ist dabei zu berücksichtigen, daß innerhalb eines Sapropel bildenden Gewässers, sofern dieses gelegentlich durch den Wind in stärkere Bewegung gebracht wird, dann innerhalb dieses Wassers die weniger tief abgelagerten Sapropelit- Massen gern aufgerührt und transportiert werden, so daß sicli dann oft Sapropelit- Bänke bilden, die entweder nur eine geringe Wasserbedeckung aufweisen oder auch vollständig zu Tage treten, wie z. B. oft genug am östlichen Ufer des Kurischen Haffs, Fig. 2, wo der stellenweise 2 m mächtige Sapropelit bei Sturm aufgewühlt wird und das Wasser stark trübt. Zuweilen sieht man, daß durch die vom Winde verursachte Bewegung des Wassers auf dem Boden desselben — falls die Wasserbedeckung über dem Sapropelit nur gering ist — dieses letztere in Geröllform gebracht wird. Ich sah dies u. a. im Feder¬ see nördlich des Schussenrieder Moores in Württemberg, wo an einer Stelle die Oberfläche des Sapropels mit größeren gallertig- weichbreiigeu Sapropel-Klumpen in Geröllform bedeckt war. Sapropel-Bildungsstätten und -Lagerstätten. Lagerstätten von Sapropelgesteinen sind vor allem stagnierende (stockende) bis halbstagnierende Wässer (unter den Torfen kommen ebenfalls gewisse Sorten in offenen Wässern vor [vergl. unter Schwemm- und Schlämm-Torf]). Die Wasserstellen, die für Sapropel-Bildungeu geeignet sind, verteilen sich auf ruhige oder ruhigere Küsten- und Ufer-Stellen des Meeres, großer Kontinental-Seen oder von Flüssen, und auf ruhige oder ruhigere Seen, besonders auf solche ohne Zu- und Abflüsse (»Blindseen«) und Teiche. Es ist für uns notwendig, Seen im engeren Sinne und T eiche ( W e i her, T ü m p e 1 usw.) zu Die Sapropel-Bildungen. 63 unterscheiden (vergl. diesbezüglich auch io Bd. II das Kapitel Flach- moor-Sümpfe), d. h. die tieferen Wasserwannen und die ganz flachen, höchstens einige Meter Tiefe erreichenden geschlossenen w asserstellen, denn es wird vielleicht möglich werden, die Sapro- pelite der Süßwässer hinsichtlich ihrer Entstehung in Seen oder Teichen mikroskopisch zu unterscheiden, wenn wir erst über die Verschiedenheit des Planktons in beiden genauer orientiert sein werden. (Näheres im Kapitel: die Sapropel bildenden Organismen.) Auch ist darauf zu achten, daß die Zersetzung von Sapropel an wenig tiefen Wasserstellen eine intensivere sein muß wegen der ständigen Durchwühlung, die es — abgesehen von gerade liier gern lebenden Wassertieren wie Schlammwürmern usw. — durch griindelnde Wasservögel erfährt. Ist eben ein für Sapropel-Er- zeugung sonst geeignetes Gewässer gleichzeitig besonders günstig für das Leben von Schlammbewohnern, z. B. von Schlammwürmern, so wird weniger Sapropel entstehen, als man es sonst zu er¬ warten hätte. Guido Schneider ]) gibt n. a. als Schlammbe¬ wohner an: von Rhizopoden Arcella vulgaris , Difflugia- Arten, von Insektenlarven Chironomus usw., von Würmern Tubifex rivulorum , Dorylaimus stcignalis , Plagiostoma lemani , von Krebschen Lynceus affinis. Von Fischen wühlt Abramis brama zur Nahrungssuche im oberen Schlamm. Usw. Sind Wasserstellen mit Sapropel oder Sapropel enthaltenden Sedimenten vollständig erfüllt, so haben wir sehr gefährliche Sümpfe. Ein Sumpf ist eine mit Schlamm erfüllte, nicht be¬ gehbare Stelle. Als Schlamm (im eigentlichen Sinne) darf nur ein naßschlüpfriges, gleitendes, fließendes Material bezeichnet werden, nicht fest genug, um etwa einen Menschen zu tragen. Dieser Schlamm kann Humus sein oder humusreich, gewöhnlich ist er ein Sapropelit, der in vielen Fällen den Boden für eine Moorbildung abgibt. Es ist demnach darauf zu achten, daß Moor und Sumpf zu unterscheiden sind: ein Moor ist ein — wenn auch oft schwierig und gelegentlich wegen Hochwasserstand gar nicht — begehbares !) Schneider, Der Obersee bei Reval (Archiv für Biontologie, Berlin 1908, S. 36, 37 und 57 ff.). t 64 Die Sapropel-Bildungen. Torfgelände; ein Sumpf hat aber eine schlammige Boden¬ beschaffenheit, die wegen steten Vorhandenseins von Wasser und, da Schlamm nicht tragfähm ist, ein Begehen verbietet. Freilich kann auch der Torf breiig, schlammig sein, dann haben wir eben einen Torf- Sumpf oder aber nur sumpfige Moore1). Wo Sapro- pelite in genügender Menge vorhanden sind, ist aber das Gelände bei der dann stets schlammigen Beschaffenheit des Bodens immer ein Sumpf: ein Sapropelit- Sumpf. Ein Terrain, das einem Sumpf angenähert ist, wird man als ein sumpfiges bezeichnen. Ein Moor kann also mehr oder minder sumpfig sein. Sumpf wird meistens anders definiert. Bei F. A. Forel z. B. finden wir2): »Sümpfe sind Weiher von so geringer Tiefe, daß sich überall die durch ihre über den Wasserspiegel empor¬ reichenden Triebe ausgezeichnete Sumpfflora entwickeln kann.« Dazu ist zu bemerken, daß solche Stellen freilich meist oder oft Sümpfe in unserem Sinne sind, aber einerseits kann eine solche Stelle auch festen begehbaren Boden haben, andererseits umfaßt diese Begriffsbestimmung bei Forel nicht die durch Sapropelit- ausfüllung aus stehenden, tieferen Wässern entstandenen Sümpfe, ebensowenig wie die mit Torfbrei erfüllten Moorstellen auch aut Hochmooren oder überhaupt viele mit wirklichem Schlamm be¬ setzte Stellen. Zur Synonymie: Meermoore nennt A. v. Chamisso 18*24 Lager aus Meerpflanzen. Als Kalkmoore bezeichnet Kefer- STEIN (1826, S. 78) speziell die Sapropelkalk- Lagerstätten (vergl. Kalkmoor in unserem Sinne, S. 37). Eiu Sumpf heißt auch Morast, der altplattdeutsche Ausdruck Vie ist jetzt in der Bedeutung Sumpf erloschen3). Es liegt auf der Hand, daß Gewässer, die keine hin¬ reichende Nahrung für ein üppiges Leben echter Wasserorganismen b Den Ausdruck Sumpfmoor brauchen wir für einen besonderen Moor-Typus, worüber später Ausführliches; s. auch schon vorn S. 36. 2) Forel, Handbuch der Seenkunde. Allgemeine Limnologie, Stuttgart 1901, S. 4. 3) Die obige Angabe über Yie verdanke ich Herrn Bezirksgeologen Dr. W. Wolff, der hinzufügt: Yie ist stammverwandt mit veen, fenn. Tn der Weser¬ marsch bei Bremen gibt es ein Nieder- und Ober-Yieland. Die Sapropel-Bilflungen. 65 bieten, auch dann keine geeigneten Sapropel-Bilduugsstätten sind, wenn sie der anderen Hauptbedingung genügen, nämlich der, mehr oder minder stagnierendes Wasser zu enthalten. So gibt es Hoch¬ moorseen, die so gut wie kein Sapropel erzeugen. Bei Dretschungen, die ich im Hornsee im Schwarzwald (einem baden-württember¬ gischen Grenzsee) und in anderen Hochmoor- Teichen und -Seen vornahm, konnte ich wesentlich nur Schlämmtorf als Boden des Sees wahrnehmen. Sapropelite können eine mehrere Meter (ich konstatierte in einem rezenten Vorkommen in Ostpreußen ca. 15 m) starke Mächtigkeit gewinnen; sie sind weit verbreiteter als Humusge¬ steine — sowohl rezent wie fossil — und zwar heute in allen Zonen der Erde, die überhaupt organisches Leben gestatten, während Humusgesteine in den Tropen, wie es scheint, weit untergeordneter vertreten sind als in der nördlich gemäßigten Zone. Auch aus den heißesten Tropen sind mir an Sapropel reiche Sapro¬ pelite bekannt. So erhielt ich einen sehr sapropelreichen Schlamm — in der Trockensubstanz rund 50 pCt. Brennbares — von Herrn Prof. Stille aus der Lagune von Maracaibo (Venezuela). Er hatte einen Bekannten, Herrn Hans Stumpf, gebeten, ihm für mich von dem Material zu besorgen. Herr Stumpf schreibt: »Ich versuchte selbst eines Sonntags Nachmittag mit dem Dampfer an die passendste Stelle des Sees zu gelangen und mir dort die Flaschen zu füllen, dabei wurden mir aber die Schrauben¬ flügel im Tang unklar und ich brachte das Boot nur mit tausend Mühen nach Haus. So ließ ich den Stoff dann durch Indianer besorgen.« Ich veröffentliche diese Briefstelle, um auf die Schwierigkeit aufmerksam zu machen, die die Aufsuchung von Sapropeliten oft bereitet, woraus sich zum Teil die geringe Beachtung erklärt, die sie gefunden haben. Mit »Tang« ist hier offenbar wesentlich der Schlamm gemeint. Das mir vorliegende Material stammte aus einem mit der Lagune durch einen Kanal verbundenen See (Cienega) auf dem durch Verlandung entstandenen Gelände, das im Osten die La¬ gune von dem Golf trennt. Auch in der Lagune selbst ist an der 5 Neue Folge. Heft 55. 66 Die Sapropel-Bildungen. Küste dieses Geländes Sapropelit vorhanden. Die Lagune führt von Dezember bis März Brackwasser. Die Gezeitendiffereuz beträgt 40 cm. Im Kanal lag der Schlamm 1 bis l1/2 Fuß tief, im See wurde er mit einer Stange von einigen Metern Länge nicht durchteuft. In der großen Fischbai, die von großen Organismen namentlich Fischen und einer Fülle kleinerer und namentlich mikroskopischer pflanzlicher und tierischer plauktouisch lebender Organismen wimmelt, »scheint — sagt Carl Chun1) — der massenhaft nieder¬ sinkende organische Detritus nicht vollständig aufgezehrt zu werden2); namentlich im hinteren Teile der Bucht, wo auch die Grundfauna nur spärlich entwickelt ist, war dem Schlamme übelriechende, in Zersetzung befindliche organische Substanz bei¬ ge in engt.« Es sind — wie gesagt — die ruhigen Gewässer, die für die Entstehung vou Faulschlammen oder Faulschlamm-Gesteinen in erster Linie in Frage kommen, da naturgemäß die Hintanhaltung o/o o oder wesentliche Erschwerung vollständiger Verwesung, die die bewegten Wässer durch die Sauerstoffzufuhr bewirken, Bedingung ist; sie ist eben dort, wo mehr oder minder stagnierendes oder nur wenig bewegtes Wasser vorhanden ist, erfüllt. Wir finden denn auch Faulschlamm- Ablagerungen in Seen ohne oder mit nur sehr schwachen Zuflüssen in allererster Linie. Welchen Unterschied bieten nicht die echten Faulschlammseen gegenüber denen, die kaum oder auch nicht eine Spur unzersetzter or¬ ganischer Reste aufzubewahren im Stande sind ! Das organische Leben drängt sich mit Macht in den Bereich der Faulschlammseen, um ihn schließlich durch die Fülle des erzeugten organischen Stoffes zu be¬ wältigen. Vom Wasser aus zum Lande sieht es aus wie ein Kampf, den die Lebewesen gegen das offene Wasser führen, das ihnen doch gerade die nützlichsten Lebensbedingungen bietet. Im Wasser selbst O o o 1) Aus den Tiefen des Weltmeeres. Jena 1900, S. 130. 2) Auch dann, wenn alles aufgezehrt würde, müßten doch wenigstens Kot- Ansammlungen vorhanden sein ; übrigens sind auch in den Tiefseeschlammen (s. z. B. hinten über Globigerinen-Schlamm) noch — wenn auch geringere Mengen — Quantitäten verdaiumgsfähiger Substanzen vorhanden. Die Sapropel-Bildungen. 67 häuft sich von Jahr zu Jahr der organogene Schlamm immer mehr au und erhöht ständig den Seeboden; vom Lande her treten die Sumpfpflanzen heran, die schließlich bei hinreichender Annäherung der Oberkante des Faulschlammes an den Wasserspiegel diesen Schlamm als Boden benutzen. Bei ausnahmsweise niedrigem Wasserstand oder nach künstlichen Seespiegel-Senkungen kann — wie unsere Figur 9 veranschaulicht — der nackte Faul- schlämm, d. h. noch unbestanden von Sumpfpflanzen, an der Ober¬ fläche erscheinen, und wer diesen tückischen, breiigen Boden nicht kennt, der meint wohl ihn betreten zu können; der Sumpf, der nunmehr an Stelle des Sees oder eines Teiles desselben vorhanden ist, gehört aber zu den gefährlichsten Geländen. Schon das Heran¬ kommen vom Lande her verbietet sich allermeist von selbst. So ist es denn unter natürlichen Verhältnissen und ohne besondere Vorkehrungen überhaupt oft unmöglich, das Ufer des verbleibenden Wasserspiegels eines Sapropelitsees zu erreichen. Seine Ufer sind Sumpfpflanzenbestände, die vorpostenartig von der Wasserfläche Besitz ergreifen. Einen vollen Gegensatz, das andere Extrem zu solchen Faul¬ schlamm-Seen, bilden z. B. die Seen in jungen Gebirgen mit vielen Steilhängen und dadurch Steinschlag, der die Ufer und den Grund einnimmt. So zeigte der Lüner-See in Tirol Ende August 1906 ein rund 10 bis 15 m breites vegetationsloses, steiniges Ufer mit kleinen Terrassen, die andeuten, daß der Wasserstand stark und regelmäßig wechselt1). Das Wasser selbst ist unheim¬ lich klar, sofern nicht ausnahmsweise die stärker anschwellenden Zuflüsse Trübe mitbringen; nur Forellen und einige andere Fische und wenige Organismen vermag die spärliche Nahrung des Sees zu erhalten. Das unbewaffnete Auge sieht überhaupt nichts von organischem Leben und erblickt durch das kristallklare Wasser den Grund, wo bei Sonnenschein die Kalksteinbrocken einen sicht¬ baren Schatten werfen. Das stark bewegte einfließende Wasser, der Abfluß des Sees, der periodische Wechsel des Wasserstandes l) Der Lünersee hat überdies in dem kurzen Zeitraum von 1873 bis 1887 nach Löwe seinen Wasserspiegel um 6,5 m gesenkt. (Zeitschr. des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins 1888, S. 27 ff.) o* Ein Teil des Schwarzen Sees bei LiebemühJ bei Osterode in Ostpreußen, die Verschlammung durch Faulschäamm (F) zeigend. Wasser, S = Sumpfflora (Typ ha usw.), dio Sumpftorf erzeugend auf dem Faulschlamm ein Schwingmoor gebildet bat. B = Birkenmoor (auch Erlen) als weitere Etappe der Verlandung. Die Sapropel-Bildungen. 69 bedingen eine reichliche Sauerstoffzufuhr und verhindern jegliche auch noch so geringfügige Ansammlung sich zersetzender orga¬ nischer Reste. Auch die Durchschnittskälte stört das Planktou- leben im Liinersee. Es gibt übrigens auch Gewässer, die hinreichende Bedingungen für eine SapropehEntstehung bieten, denen man das aber nicht ohne Weiteres ansieht. Natürlich ist dies dann zunächst der Fall, wenn der See noch nicht gehörig mit Sapropelit erfüllt ist, er insbe¬ sondere nur anorganisch mineralische Ufer besitzt. Steht man am Ufer, so vermag man — wenn es sich also nicht uni fast vollständig mit Sapropelit erfüllte Seen handelt — oft nicht zu erkennen, daß das Becken zu den Sapropel bildenden gehört; denn die Sapropel- Urmaterialien werden vom Wasser zu den ruhigsten Stellen ge- führt, d. h. in die Tiefen und an windgeschützte Stellen wie Buchten oder dann auch gelegentlich ans Ufer. So weisen die Ufer der Seen des Grunewaldes bei Berlin durch ihre meist san¬ digen Bestandteile nicht darauf hin, daß diese Seen ziemlich große Sapropelitmengen beherbergen; an der geschützten Stelle des Schlachtensees am Bahnhof Schlachtensee jedoch bildet — wie unsere Figur 10 zeigt — eine tüchtige Sapropelit-Bank (aus Sapropel- Kalk) das unscharfe Ufer, eine Bank, die den Boden für Sumpf¬ pflanzen abgibt, die landwärts eine begehbare Torffläche gebildet haben1). In unserem Fall kommt hinzu, daß der Schlachtensee und die anderen Seen derselben Seen-Kette ansteigende Ufer be¬ sitzen, so daß stärkere Regengüsse an den meisten Stellen immer wieder Sand ans Ufer bringen und so eventuell vorhandene Sa¬ propelit- Bildungen übersanden. Dretscht man in gehöriger Ent¬ fernung vom Ufer, so erhält man vielfach reines Sapropel, nament¬ lich unter der durch die Einflüsse der Menschen (Schiffahrt, Fischerei usw.) stärker veränderten und mit unnatürlichen Zu¬ taten gemischten obersten Schicht. Außer stagnierenden Seen kommen als Sapropelit-Bildungs- stätten in Betracht Altwässer, seeförmige Buchten langsam fließen- 9 Die.-e instruktive Stelle, bestanden mit Cladium Mariscus usw., ist durch Umgestaltung des Ufers Jeider wohl der Vernichtung verfallen. 70 Die Sapropel-Bildungen. der Gewässer, wie z. B. die der Havel, usw. Es ist dabei gleichgültig, ob es sich um Süß- oder Salzwasser handelt: Salz- seen kommen in den abflußlosen Gebieten vor. Wenn Sapropelite in Meerwasser entstehen, kommen die Strandregionen in Betracht; besonders genannt seien die flachen Salzwassersümpfe (z. B. Man- Figur 10. Sapropelit=Bank mit Sumpfpflanzen am Schlachtensee im Grunewald bei Berlin; Partie am Bahnhof Schlachtensee. Den Vordergrund bildet eine wesentlich mit Sumpfpflanzen bestandene Bank aus Sapropel - Kalk. Am Wasserrande eine Zone bestanden mit qSenecio paluster , da¬ vor Stratiotes aloides , vorn Glycerin aquatica und Cladium Mciriscus. (Aufgenommen im Sommer 1907.) groven-Siimpfe), in denen Sapropelit gebildet wird *). Die Brack¬ wasser-Zone ist überhaupt besonders hervorzuheben. Die Man- groven-Formation findet sich in den Tropen da, wo die Küste 0 Warmiisg, Ökolog. Pflanzengeogr., 2. Autl., 1902, S. 311, Die Sapropel-Bildungen. 71 ganz allmählich in den Meeresboden übergeht. Besonders bevor- zugt sind die Mündungen der Flüsse; entlang den letzteren gehen die Vertreter der Mangroven-Formation auch ins Innere hinein1). An günstigen Örtlichkeiten ist die genannte Formation sehr aus¬ gedehnt; Mohnike2) sagt z. B. von der Ostküste von Sumatra: »Dieser ganze, sich durch 10 Grade geographischer Breite hin¬ ziehende Küstenstrich ist mit diesen Wäldern bedeckt«. Die an den Flachküsten verbreiteten seichten, vom Aleere abgesclmittcnen oder noch mit ihm in Verbindung stehenden wasserbedeckten Stellen sind dann hier noch zu erwähnen. Um sich weiter zu vergegenwärtigen, wo Sapropel- Gesteine entstehen, mag auch auf das Wattenmeer3) zwischen den nord¬ friesischen Inseln und der Küste von Schleswig-Holstein liinge- wiesen werden, dessen Boden hier und da ein Schlick ist, dem aus den abgestorbenen, im Wattenmeer lebenden Tieren und Pflanzen Teile und Zersetzungsprodukte beigemengt sind. Solche ') K. Goebel, Pflanzenbiolog. Schilderungen I. 1889, S. 113 — 114. ^ Mohnike, Das Pflanzen- und Tierleben in den niederländ. Malayenlän- dern, S. 137. Zitiert bei Goebel, 1. c., S. 114. 3) Unter Watten versteht man dasjenige Gebiet im Bereiche von Meeres¬ küsten, das bei Hochwasser überschwemmt, bei Niedrigwasser in großen Flächen als Land hervortritt. Das Wort Watten hängt etymologisch mit waten zusammen: es bezeichnet also die amphibischen Strecken, die sich bei Niedrigwasser durch¬ waten lassen. Das franz. Wort vase (= Schlamm) ist desselben Ursprungs. Herr Oberlehrer Prof. Dr. F. Matthias schreibt mir: Watt, masc. und neutr. bedeutet »ein seichter Ort im Wasser, besonders die bei der Ebbe trocken lau¬ fende Abflachung der Ufer des Marschlandes« (Sanders). Es ist abzuleiten von waten (althochdeutsch watan, mittelhochdeutsch waten, mittelniederdeutsch und neu niederdeutsch waden). Zu vergleichen ist auch altnordisch vadha = waten, vorwärtsdringen, stürzen. Watt ist also eine Stelle, wo man hindurchwaten kann. Der Stamm ist indogermanisch, denn auch das Lateinische hat vädare = waten und vädum = seichtes Wasser, Untiefe, Furt; auch vädere = schreiten gehört wohl trotz des langen a zur Verwandtschaft. Es ist übrigens merkwürdig, daß gerade wie im Deutschen bei Watt so auch im Lateinischen neben dem Neutrum vädum ein Masculinum, vädus vorkommt. Schon die Römer haben unser Wattenmeer an der Nordsee mit demselben Namen bezeichnet. So spricht Tacitus in den Annalen I, 70 von dem vadosum mare an der Emsmündung, und II, 23 werden i. J. 16 n. Chr. die Schiffe des Germanicus bei Sturm aus Südwest verschlagen in insulas saxis abruptis (Helgoland!) vel per vada occulta infesias (die ostfriesischen Inseln!). 72 Oie Sapropel-Bildungen. sehr häufigen Gesteine — , von denen der Wattenmeer-Schlick nur deshalb erwähnt wurde, um eiu Deutschland angehöriges Beispiel zu zitieren, und weil ich gerade dieses Gebiet im Hinblick auf meine Studien besucht habe, — enthalten oft reichlich kohlenstoff¬ haltige Bestandteile in allen Übergängen hinsichtlich der Quantität derselben. Außer mehr oder minder einem Wattenmeer ähnlichen Strecken wären als Bildungsstätten von Faulschlamm-Gesteinen zu erwähnen die Yalli oder Paludi salzi (die Salz-Sümpfe) und Pal u di dolci (die gesundheitsgefährlichen Süßwasser- Sümpfe, »toten Lagunen«) der Italiener, die Etangs der Franzosen1), unsere FI aff s (vom schwedischen Wort für See), die Limans (aus dem griech. Ihnen der Hafen, die Bucht) der Russen etc. Alle diese mehr oder minder weitgehenden Wasserabschnürungen der Meeres¬ küste selbst oder besondere Stellen derselben, namentlich natürlich dort, wo sie besonders ruhige Stellen aufweisen oder gänzlich den Zusammenhang mit dem offenen Meerwasser aufgegeben haben, kommen in Frage, so daß hier dann auch Süßwasser-Sapropel entsteht. Kurz gesagt, die Lagunen (d. h. Küstenseen mit Sü߬ wasser) und Haffs (d. h. Küstenseen oder seeartige Buchten oft mit Salzwasser) kommen hervorragend in Betracht. Im Innern der Kontinente sind unter den Becken mit stagnierendem Wasser besonders die Salz-Seen der Steppen hervorzuhebeu. Aus dieser Aufzählung geht hervor, daß es sich im allge- meinen um flache Wässer handelt, die der Sapropel -Bildung günstig sind, denn die Zersetzung, Lösung und Chance gefressen und so weiter zersetzt zu werden, steigert sich beim Niedersinken des organisches Sedimentes mit der durchgemessenen Wassersäule2). Die Schlammarten tiefer Seen wie auch des tieferen Meeres und erst recht wohl der Tiefsee besitzen daher meist nur Spuren oder kleine Quantitäten brennbarer organischer Zutaten. Uber Ansammlungen solchen organischen Materials am Meeres- O O boden sind wir — wenn wir zunächst ein wenig tiefes Neben- b Vergl. z. B. den von Ch. Barrois berührten Fall auf S. I08 seiner »Legende de la feuille de Saint-Nazaire de la carte geologique de France« (Ann. soc. geol. du Nord. Lille 1896). 2j Vergl. hierzu auch Früh, Moore der Schweiz 1904, S. 19d. Die Sapropel-Bildungen. 73 meer betrachten — z. B. hinsichtlich der Ostsee insoweit orientiert, als wir wissen, dato die Vertiefungen damit erfüllt sind. Über (iie Herkunft dieses in Zersetzung begriffenen Materials ist das Folgende zu sagen1)- Zunächst sei daran erinnert, daß die Tem¬ peratur-Schwankung des Meeres kleiner ist als die des festen Landes; im Sommer ist daher das Land wärmer, im Winter hingegen die See. Es folgt daraus im Sommer eine Windbewegung der käl¬ teren unteren Luftschichten über der See zum Lande. Dieser »Seewind«, die »Seebrise«, bedingt an der Küste einen »Anstau«, »Windstau«. Dieser erhöht den Wasserstand am Strande, bewirkt aber eine am Boden seewärts gerichtete Gegenströmung (den »Soog«), die alles leicht Bewegliche vom Strande hinweg zu fegen bemüht ist, während die Oberflächendrift alles Schwimmende und Trei¬ bende an den Strand bringt. Der Unterstrom wäscht nun in der Ostsee den Boden rein von organischen Resten und spült diese in die benachbarten Vertiefungen, wo die weitere Zersetzung erfolgt. Der Schlamm riecht stark nach H2S, womit stattfindende Re¬ duktionen angedeutet werden, die die organischen Teile an den S enthaltenden Salzen des Meereswassers vornehmen. Dieser orga¬ nische Schlamm »charakterisiert auch die submarinen Furchen, wie denn den auf Newyork segelnden Kapitänen die »mud-holes« (= Mud -Gruben) in der Hudsonfurche während der dort recht häufigen Nebel eine willkommene Orientierung darbieten« (Krümmel 1. c. S 165). H. Fraude2) drückt sich so aus: es sind Schlickboden auf dem Grunde der Ostsee an tiefer als die Umgebung gelegenen Stellen vorhanden, die reichlich mit in Zersetzung begriffenen or¬ ganischen Resten durchsetzt sind. »Es sind diese Gruben die Ab¬ fuhrstätten des Meeres, auf denen die toten Leiber der Tiere und Pflanzen wieder zum Anorganischen verarbeitet werden. Üble b Vergl. u. a. 0. Krümmel, Handbuch der Ozeanographie. 2. Aufl. Stutt¬ gart 1907, S. 165— 166. 2) Fraude, Grund- und Plankton- Algen der Ostsee. (X. Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft zu Greifswald 1905 — 1906. Festschrift zum 25jähr. Bestehen der Gesellschaft, herausgegeben von K. Crkdner, Greifswald 1907. S. 229-230.) 74 Die Sapropel-Bildungen. Gase verpesten sie. Auf Muscheln in sie hiueintreibende Pflanzen «rehen bald zu Grunde, auch sind Steine in ihnen stets unbe- wachsen. Durch die Sinkströmungen wird iliuen stets neues Leicheumaterial zugeführt. Was irgendwo abstirbt, wird sofort in diese Gruben abgetrieben. So erklärt es sich, daß, wo wir auch immer den bewachsenen Meeresboden untersuchen, wir nie¬ mals am Grunde abgestorbenen Moder (besser wäre hier der Aus¬ druck Sapropelit oder dergl. — P.) finden«. Aus der Tiefsee, als Gegensatz zur flach einfallenden Konti¬ nentalstufe des Meeres (dem Schelf), von der aus die erstere meist plötzlich in starker Böschung abfällt, sind an Sapropel erinnernde Schlamme nur sehr selten heraufgebracht worden. Ich selbst habe so etwas von Herrn Prof. F. E. Schulze erhalten, gedretscht von der holländischen Siboga-Expedition aus einer Tiefe von 1158 in in der Mündung des Boni-Golfes. Der Leiter der Ex¬ pedition Prof. Max Weber gibt dort an: »coarse grey mud, su¬ perficial layer more liquid and brown«. Es handelt sich demnach durchaus nicht um eine Sapropel-Ablagerung, sondern nur um einen Anflug davon. Meine Probe bestand aus einem Gemenge von grobem Sand, Ton und Sapropel. Aus dem »Report on Deep- Sea Deposits« von Murray und Renard (London 1891) geht übrigens zur Genüge hervor, daß weder der Flach- noch Tiefsee- meeresboden geeignete Bildungsstätten für ordentliche Sapropelite bietet. Es ist das auch leicht erklärlich, da im Meere unablässige Bewegung stattfindet; es ist steter, wenn auch in den Tiefen sehr langsamer Fluß vorhanden, der ständig Sauerstoff auch in die tiefsten Tiefen des Meeres führt. Wie sollten auch sonst die Tief¬ seetiere, unter denen sich viele größere und große befinden, leben können? Die oberflächlichen Sedimente bestehen denn auch, so¬ weit sie überhaupt leicht oxydierbar sind, zum ganz über¬ wiegenden Teile aus oxydierten Verbindungen; es ist in der Meerestiefe daher wesentlich nur ein Verwesungsprozeß möglich, d. h. eine Zersetzung nach der Richtung, daß nur Wasser, Kohlen¬ dioxyd und dergl. entstehen, aber keine festen, kohlenstoffhaltigen Produkte Zurückbleiben können. Nur wenn Pflanzenteile recht¬ zeitig unter ruhige Wasserbedeckung und damit unter Luftabschluß Die Sapropel- Ril dun gen. 7 5 geraten, können je nach dem eingebetteten organischen Material Sapropel oder Humus entstehen, aber die Sedimentierung in land- feruen Gebieten der See ist nur schwach oder kaum der Rede wert. Es kommt hinzu, daß beim Durchsiuken großer Wasser¬ säulen — bevor das organische Material auf den Boden gelangt — eine besonders schnelle Zersetzung statthat. In den Gräben allergrößester Meerestiefen, die man für be¬ sonders geeignet halten könnte als Sapropel-Bildungsstätten, ist denn auch Sapropel ebenfalls nicht gefunden, wie u. a. aus einer Mitteilung von G. Schott1) hervorgeht. Die Sapropel bildenden Organismen. Von Organismen kommen als Bestandteile des Faulschlammes wesentlich in Frage: 1. Die Boden-Flora und -Fauna, das Phyto- und Zoo-Benthos. Die Benthos-Flora bringt Warming (Lelirb. d. ökolog. Pflanzen- geogr., 2. Aufl. 1902, S. 146 — 167) in die folgenden Vereinsklassen: A. Die Nereiden2), d. h. diejenige Flora, die an eine feste und harte Unterlage an Küsten und Ufern gebunden ist. Im Salzwasser sind nur Algen als Nereiden vorhanden, im Süßwasser teils Algen (fast allein Chlorophyceen, Schizophyceen und Diato¬ meen), teils Moose ( Fontinalis u. a.), teils Angiospermen (Podoste- monaceen). B. Die Enaliden3) (Seegras- Vegetation), die auf losem Boden des Salzwassers leben, wohin nur wenige Algen gehören (z. B. Caulerpa- Arten, Characeen); Angiospermen aber treten hervor, wenn auch mehr durch ihre Masse als durch ihre Artenzahl (27) be¬ merkenswert; es sind dies Potamogetonaceen (wie Zoster a, das See¬ gras usw., und im Brackwasser Ruppici und Zannichellia) und Hydrocharitaceen. 1) Schott, Lotungen .... im westlichen Stillen Ozean (Annal. d. Hydrogr. und Marit. Meteorol. 1907, S. 113). 2) Der Name ist der griechischen Mythologie entnommen. (Nereus und seine das Meer bewohnenden Töchter.) 3) om griech. en = in und ods = das Meer. 76 Die Sapropel-Bildungen. C. D ie Li in n äen1) , auf losem Boden des Süßwassers gedei¬ hend und zwar a) in nährstoffreichen Gewässern (hier von Algen: Characeen, Grünalgen; von Moosen: Fontinalu , Hypnum- Arten; von Pterido- phyten: Marstlia^ Pilularia\ von Angiospermen : Potamogetonaceen, Plydrocharitaceen, Sparganium simplex u. a., Batrachium. Nym- phaeaceen u. a.). b) in nährstoffarmen Gewässern (hier von Algen (als Epiphyten) besonders Oscillariaceen ; von Moosen: Sphagnum ; von Pterido- phyten: Isoetaceen; von Angiospermen: Sparganium minimum u. a.). L). Die Schi zophyceen- Vereine. a) In warmen Quellen (Thermen) leben Beggiatoa , Lyngbya , Oscillaria , llgpheothrix u. a. als verschiedenfarbige, schleimige oder fadenziehende Massen von mehreren cm Dicke, die bisweilen an¬ scheinend fast strukturlose Gallerte sind. In europäischen Thermen lebt Anabaena thermalis (in Temperaturen bis 57° C.), Lepto - ihr ix (in Karlsbad: 55,7° C.), Beggiatoa , Oscillaria (44 — 51° C.) usw. Es werden Schizophyceen in Temperaturen bis über 90° C. angegeben. b) Saprophyten- Vegetationen, auf toten organischen Massen lebend, namentlich Oscillarien und Bakterien. Besonders inter¬ essant sind die »Schwefelbakterien«, die z. B. weite Strecken von Meeresküsten so zahlreich bedecken, daß sie von weitem gesehen werden können. Besonders in ruhigen Buchten mit Brackwasser und Anhäufungen von Tangen etc. kommen sie vor und scheiden hier (wie in heißen Quellen) in ihrem Innern Schwefel ab, indem sie den durch Reduktions- Vorgänge der sich zersetzenden orga¬ nischen Teile gebildeten H2S aufnehmen und zu S reduzieren (Näheres in dem Kapitel Sapropel und Eisen). 2. Das Pleuston2) (ein von C. Schröter in seiner Schwebe¬ flora 1896, S. 10 eingeführter Terminus), d. h. die Schwimmflora, die an der Wasseroberfläche schwimmenden Pflanzen, zum Teil auch schwebend, soweit sie nicht oder fast mikroskopisch klein x) Vom griech. limne •■= Sumpf. 2) Vom griech. pleo = ich segle, ich schwimme (d. h. an der Oberfläche wie Schiffe etc.). Die Sapropel-Bildungen. 77 sind. Warming (Öko). Pfl. geogr. 1902, S. 144 — 146) scheidet die Hydrochariten, wie er diese Klasse nennt, in A. Vereine in nährstoffreichem Wasser. Hierher von Algen besonders Conjugaten, die Pseudo -Wasserblüte bilden können (vergl. weiter hinten), so Zygnema , Spirogyra , Mougeotia u. a. Eine Trennung vom Plankton wäre besonders schwierig. Von Moosen sind zu erwähnen Riccia. Amblystegium giganteum u. a., von Pte- ridophyten Azolla , Salvmia , von Angiospermen a) untergetauchte ( Ceralophyllum , Utricularia , Aldrovcindia , Lern na trisvlca , Lebewesen, die man mit allen denen, die wie die genannten größtenteils oder ganz im Wasser schwebend leben, auch als Makroplankton zusammen¬ gefaßt findet; ferner ist zu a) zu rechnen z. B. die halb¬ untergetauchte Stratiotes aloides ), b) mit Schwimmblättern versehene (wie Hydrocharis morsus rancie, Lern na minor u. a.), c) und Ubergangsformen zu den Limnäen, wie Hottonia pa¬ lustris u. a. B. Vereine in nährstoffarmem Wasser. Hierher eine sehr artenarme Vegetation, zuweilen nur flutendes Sphagnum; Tierleben äußerst arm. 3. Das N ekton1), d. h. die aktiv schwimmenden Organismen, soweit sie nicht mikroskopisch klein oder doch sehr klein sind und dann zum Plankton gerechnet werden. Hierher Tiere wie Fische usw. 4. Das Plankton, im engeren (eigentlichen) Sinne (Micro- pl an kt on), die mikroskopischen und überhaupt sehr kleinen Sch webe- Organismen, die Schwebe-Flora und -Fauna (das Phyto- und Zoo- Plankton). Das ozeanische (an das offene Meer gebundene) Plankton ist wesentlich an Individuen und Formen ärmer als das ner ei tische (an die Küsten gebundene) Plankton des Meeres ebenso wie das Süßwasser-Plankton. Auch kleine Organismen mit Eigenbewegung gehören zum Plankton wie kleine Crustaceen u. dergl., die trotz dieser Fähigkeit doch wesentlich im Wasser treiben, d. h. den Bewegungen des Wassers preis- gegeben sind. *) Vom griecli. ne(ch)o = ich schwimme (d. h. ich gehe nicht unter). 78 Die Sapropel-Bildungen. Es ist von vornherein zu betonen, daß von diesen Gemein¬ schaften dieses Plankton als Urmaterial des Sapropels die hervorragendste Bedeutung hat; mit diesem müssen wir uns daher näher beschäftigen. Wie H. Lohmann1) gegenüber W. Ostwald2) betont — kann von einem Herabsteigen der Planktonorganismen auf den Meeres¬ boden im Ozean gar nicht die Rede sein. Früher hatte man all¬ gemein die OsTWALDsche Vorstellung von dem jährlichen Auf- und Absteigen der Planktonorganismen. In dem Worte »Auf¬ trieb« kommt diese Vorstellung zum Ausdruck. Die Tatsachen widersprechen dem aber. PIensen hat gezeigt, daß die erwähnte Vorstellung unzutreffend ist, und hat deshalb für das Wort »Auftrieb« das WTort »Plankton« (d. h. Schwebe-Organismen) eingeführt. An geeigneten Stellen (und diese sind h ä u f i g ) kann das Plankton in erstaunlich großer Individuen zahl ver¬ treten sein; daher kommt es bei der Sedimentierung mehr in Betracht als die Reste der abgestorbenen Fische und anderer größerer Sapropel bildender Or¬ ganismen. Das wird gemeinhin übersehen. Die Mi k ro¬ und die kleineren Organismen überhaupt' spielen die Hauptrolle als Urmaterialien von Sapropel: die Quan¬ titäten organischen Stoffes, die sie produzieren und die jahrein jahraus an geeigneten Stellen zu Sapropel werden, genügen vollkommen zur Erklärung der vor¬ handenen Sapropel-Mengen. Bedenkt man noch, daß Mikro¬ organismen sehr viel leichter ansiedelungsfähig sind als die Ma- ~ O C5 kroorganismen, so erhellt leicht die Bedeutung der ersteren für die Sapropcl-Bildung. Wo größere Wasserorganismen unmöglich sind, sehen wir Mikroorganismen entstehen; sie leben sogar in bloßen, schnell vergänglichen Regenpfützen u. dergl., in denen sich z. B. b Lohmann, Neue Untersuchungen über den Reichtum des Meeres au Plankton (in: Wissensch. Meeresuntersuchungen Abt. Kiel, N. F., Bd. 7, S. 81f.). -) Ost Wald, Zur Lehre vom Plankton (Natunviss. Wochenschr., Jena, 12. «Juli 1903). Die Sapropel -Bildungen. 79 die Alge Haematococcus pluvialis findet. Gewisse Mikroorganismen (Tiere und Pflanzen) sind solchem bloß periodischen Vorhandensein von Wasser besonders angepaßt. »Behelfe, lange Dürreperioden zu überstehen, gibt es zweierlei entweder der ganze Organismus scheidet eine undurchlässige Hülle aus, welche ihn, wenn es trocken wird, als schützende Kapsel um¬ gibt und in sich einen minimalen Feuchtigkeitsvorrat bewahrt; oder die in versiegenden Gewässern gerade vorhandene Gene¬ ration muß sterben, benützt aber die noch übrige Zeit, um eine widerstandsfähige Form von Fortpflanzungskörpern (Dauereier, Dauersporen) von sich zu geben. Im eingekapselten Zustand er¬ warten vornehmlich niedrigste Tiere, so Aufguß- und Rädertier¬ chen, aber auch der afrikanische Molchfisch das erlösende Naß ; Dauereier geben namentlich Vertreter der Ringelkrebse (Wasser¬ flöhe, Hüpferlinge, Muschelkrebschen), Dauersporen Vertreter der niedrigsten Pflanzenklasse, der Algen ab. Leichtere Kapseln und Keime werden oft vom Wind ergriffen und, wenn der Zufall es will, ins Wasser geweht, wo sie zu neuem Leben erwachen. Des¬ halb ergrünt jedes stehengelassene Wasserglas so schnell von den hineingelangten Algenkeimen, — und betrachten wir solche Tropfen mit dem Vergrößerungsglase, so wrerden auch die Aufgußtierchen nicht mehr fehlen. In größter Menge liegen aber organische Dauer¬ keime im Boden periodisch austrocknender Gewässer beisammen. Schon ein kleines Krümchen derartigen Schlammes, mag es stehen¬ dem oder fließendem, süßem oder salzigem Wasser angehört haben, enthält eine kleine Welt für sich, die nach erfolgter Vermischung mit Wasser zu reger Tätigkeit wiederaufersteht«. (Kämmerer)1). Plankton-Organismen vermehren sich vielfach unter geeigneten Bedi ngungen ganz ungeheuerlich. So wurde berechnet, daß sich ein erwachsenes Weibchen des gewöhnlichen Wasserflohs in 2 Monaten auf über 1 Milliarde Individuen vermehren kann. 0 Kämmerer, »Über Schlammkulturen« (Archiv für Hydrobiologie, II. Band, 1907), Wiedererweckung kleiner Tiere und Pflanzen aus getrocknetem Schlamm (Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde, 1907, Nr. 23 — 26). Obiges nach einem Selbstreferat K.’s in der Zeitschrift »Prometheus«. Die Sapropel-Bildungen. SO Richard Volk1) hat eine von Sfxk vorgenommene Bestimmung des Phyto -Planktons im Elbwasser bei Hamburg mitgeteilt. Da¬ nach berechnet sich die Anzahl der Individuen auf nur einen Kubikcentimeter wie nachstehend: Chlorophyceae 1 . Confervoideae . 2. Palmellaceae 3. Desmidiaceae . Diatomaceae 1. Raphideae . 2. Pseudoraphideae 3. Cryptoraphideae Schizophyta . Unsicherer Stellung . 70 19 250 37 55 29 330 31 730 / 19 357 61 115 10 617 1 731 92 820 Um eine weitere Vorstellung von den Planktonmengen zu gewinnen, welche in Oberflächenwässern sich finden, seien noch einige quantitative Untersuchungsergebnisse mitgeteilt, die Kolk¬ witz2) unter Verwendung der von ihm konstruierten 1 ccm- Plank¬ tonkammer gewonnen hat. O 1. Sommerplankton aus dem Tegeler See bei Berlin, entnommen am 19. Juli 1906. In 1 ccm Wasser 12 600 Algenzellen. 2. Sommerplankton aus der Havel bei Konradshöhe bei Berlin, entnommen am 29. Juli 1906. In 1 ccm Wasser 4 600 Algen¬ zellen. 3. Sommerplankton aus dem Wannsee bei Berlin, entnommen am 27. Juni 1906. In 1 ccm Wasser waren so viele Melosirci- Algenfäden vorhanden, daß diese ein förmliches Planktonge- 9 Volk, Hamburgische Elbuntersuchung: 1. Allgemeines über die biolo¬ gischen Verhältnisse der Elbe bei Hamburg und über die Einwirkung der Siel¬ wässer auf die Organismen des Stromes (Mitteilungen aus dem Naturhistorischen Museum zu Hamburg, 2. Beiheft des XIX. Jahrganges 1903). 2) Kolkwitz: Entnahme- und Beobachtungsinstrumente für biologische Wasseruntersuchungen. (Mitteil, aus der Kgl. Prüfungsanstalt für Wasserver¬ sorgung und Abwässerbeseitigung zu Berlin, Heft 9, 1907.) — Ferner: Über bio¬ logische Selbstreinigung und Beurteilung der Gewässer. (Hygienische Rundschau 1007, Nr. 2.) Die Sapropel-Bildungen. 81 rüst zu bilden schienen. (Eine Angabe, die ich nach eigener Beobachtung durchaus bestätigen kann — P.). 4. Sommerplankton aus dem Orankesee bei Berlin, entnommen am 2. August 1906: In 1 ccm Wasser ca. 200 000 Algen- zellen ( Polycystis aeruginosa und Aphanizomenon flos aquae). 5. Sommerplankton aus dem Kleinen Teich im Riesengebir^e, entnommen im August 1906: In 1 ccm Wasser 4 — 6 Algen- 0 o zellen (Desmidiaceen). 6. Winterplankton aus dem Wannsee bei Berlin, entnommen am 5. Dezember 1906: In 1 ccm Wasser: Asterionella . 8 lebende Zellen Melosira . 55 » » Cryptomonas .... 8 » » Nauplius . 1 » » Detritus . zahlreiche Flöckchen (wegen stürmischen Wetters). 7. Frühlingsplankton aus dem Hundekehlensee bei Berlin, ent¬ nommen am 1. April 1907: In 1 ccm Wasser: Euclorina . ca. 1000 Zellen Golenkinia .... » 500 » Stephano discus ... » 5400 » Sa. ca. 7000 Algenzellen 8. Frühlingsplankton aus dem Lago maggiore, entnommen bei der Isola bella im April 1906: In 1 ccm Wasser 1 — 2 Algen¬ zellen ( Ceratium hirundinella'). Rechnen wir den ccm zu 18 Tropfen, so ergibt sich: Zahl der Algenzellen pro Wassertropfen: Ort Jahreszeit Algen pro Tropfen Tegeler See . Sommer 700 Havel . » 255 Orankesee . » ca. 11 000 Kl. Teich im Riesengebirge » fast 0 Wannsee . » viele hundert Wannsee . W inter 4 Hundekehlensee .... Frühling 389 Lago maggiore .... » fast 0 Neue Folge. Heft 55. 6 82 Die Sapropel-Bilduogen. Ein Blick auf die Tabelle lehrt, daß die klaren Gebirgsseen wie Lago maggiore und Kl. Teich im Riesengebirge naturgemäß wenig Plankton enthalten, während die Niederungsseen und -flösse einen reichen Planktongehalt aufweisen, besonders im Sommer. In nicht seltenen extremen Fällen kann das Wasser vor Or¬ ganismenfülle förmlich breiig werden, wie noch näher auseinander¬ zusetzen sein wird. Algen können also bei der aquatischen Autochthonie eine beträchtliche Rolle spielen. Die schwebenden und an der Ober¬ fläche lebenden Algen geraten beim Absterben auf den Grund und können sich gelegentlich reich an den organogenen Ablagerungen beteiligen. Bei der unter dem Namen der Wasserblüte (auch See- bliite, an unseren Haffs Haffblüte) allbekannten Erscheinung stehen die Algen in der ersten Linie. Die A lgen -Wasser bl ü te (französisch fleurs d’eau, eng¬ lisch water bloom)1) besteht darin, daß das Wasser unter geeigneten Verhältnissen intensiv gefärbt (z. B. grün) und ganz trübe wird, was auf der massenhaften Produktion kleiner Algen beruht. In der Havel z. B. spielt Microcystis (Polycystis) flos aquae als Aigen-Plankton eine ganz hervorragende Rolle; die Kolonieen dieser Species färben an warmen August-Tagen das Wasser intensiv pflanzengrün. Eine mächtige Vermehrung der Plankton- Alge Sphaerella ( Haematococcus ) pluvialis kann das Wasser intensiv blutrot färben, daher der Name Blutalge. Wer denkt dabei nicht an das Rote Meer, das der in demselben stark auftretenden Plankton-Blut- Alge Trichodesmium erythraeum seinen Namen ver¬ dankt. Eine »rote Seeblüte« (»Burgunderblut«) wird auch von Oscillatoria rubescens z. B. im Murtensee erzeugt. Andere Plank¬ ton-Algen, besonders Diatomeen, bedingen eine gelbe (z. B. Trichodesmium Thiebauti ), wieder andere eine braune Färbung, so daß man ein Wasser, das dick mit solchen Diatomeen-Arten er¬ füllt ist, bei denen das Chlorophyll durch einen braunen Farbstoff b In Shropshire spricht das Volk nach Hughes, On the transport of fine mud and vegetable matter by conferva (Proc. Cambridge Phil. Soc. III, 1880, p. 340), von »breaking of the water«. Die Sapropel-Bildungen. verdeckt wird, leicht fälschlich für verschlammt durch Eisenocker halten kann. Es können dicke, breiähnliche Massen (z. B. von Chroococca- ceeu) entstehen, die das Wasser derartig durchsetzen und bedecken, daß u. a. die Fische absterben. Insbesondere häufen sich dick¬ schaumige und breiige Massen an, wenn der Wind Gelegenheit hat, die Algen in Buchten oder sonst zusammenzutreiben, wobei sie auch ans Ufer gebracht werden. Im August 1904 zeigte die Havel stellenweise auf der Leeseite mehr oder minder auffällig breiiges Wasser. Sehr auffallend ist dieselbe Erscheinung im Meere, die » Me er es - V e rs ch leim u ng« , von den italienischen Fischern, die hierdurch in ihrer Berufstätigkeit stark gestört werden, Meer¬ krankheit (malattia del mare) genannt. Im Golf von Triest sah man im Juli 1905 »im Meere enorme Mengen von Schleim- massen treiben. Man muß dies mit eigenen Augen gesehen haben, um sich von dem Umfang dieser Erscheinung eine richtige Vor¬ stellung bilden zu können« sagt Carl J. Cori1). Es waren Peri- dineen, wohl hauptsächlich Peridinium- Arten, die in Frage kamen. »Stundenlang konnte man fahren und sah immer und immer die Schleimmassen das Meer erfüllen. Das Bild war so, als ob sich der mit Wolken bedeckte Himmel im Meere abspiegeln würde.« In dem in der Tiefe treibenden Meerschleim fanden sich u. a. nahezu Reinkulturen von Diatomeen. Schleimige Diatomeenmassen in der Adria bei Triest hatte früher schon Syrski beschrieben unter dem Namen »masse glutinöse« (italienisch2). Mari- naris nennt ähnliche Massen — nach Bruno Schröder3) — »limonata«. A. Forti hat in der »mare sporco«, d. h. im l) Cori, Die Erscheinung der Meeresverschleimung. (Die Umschau, Frank¬ furt a. Main, 28. Oktober 1905, S. 868 — 870.) (Dasselbe in der Österr. Fischerei- Zeitung 1905.) — Ferner derselbe »Über die Meeresverschleimung im Golfe von Triest während des Sommers von 1905« (Archiv für Hydrobiologie und Plank¬ tonkunde von Zacharias, Stuttgart 1906, S. 385 — 391). 2) Syrski, Sülle masse glutinöse (Diatomee) oss n. part. setten tr. delf adri- atico. Trieste 1872. 3) Schröder, Beiträge zur Kenntnis des Phytoplanktons warmer Meere. (Vierteljahrschr. der Naturf.-Ges. in Zürich 1906, S. 373). 6* 84 Die Sapropel-BiM ungen. schmutzigen Meer, wie die in Rede stehende Erscheinung des Adriatischen Meeres genannt wird, 1891 und 1905, in welchen Jahren sie besonders auffällig war, 46 Arten von Mikroorganismen gefunden1). Schröder bemerkte im Indischen Ozean (vergl. 1. c.) ein ähnliches Vorkommen von Ceratium volans und anderen Cera- tien und Hundshausen schrieb ihm : es sei ein massenhaftes Vor¬ kommen von Individuen dieser Gattung im Indischen Ozean zu erwarten »nach den großen, braunpurpurigen Flecken, mit denen die Oberfläche seines schwarzblauen Wassers ununterbrochen be¬ deckt war«, als der Genannte 1901 dort verweilte. Als Beispiel dafür, daß auch Tiere in ungeheuren Scharen auftreten können, sei auf eine Medusen plage an der Ligu- rischen Küste hingewiesen, die sich in den ersten Tagen des Juni 19032) unangenehm bemerkbar machte. Das Meer war mit einer ungeheuren Masse von Meerestieren bedeckt, die durch heftige, zwei Wochen andauernde Winde gegen die Küste ge¬ trieben worden waren. Diese lebendige Flutwelle bestand aus un¬ zähligen Individuen der Gattung Velella (Scheibenschwimmpolypen) » Die Überschwemmung mit ihnen erstreckte sich über die Riviera di Ponente und die Riviera di Levante in so enormen Massen, daß an einigen Orten, wie in Pegli, Sturla und Sori, die Ufer damit vollständig überdeckt waren, und daß für die Küstenbe¬ wohner eine wahre Plage daraus entstand. Es mußte für die Ver¬ nichtung der Quallen Sorge getragen werden, weil sie bald in Fäulnis übergingen und einen furchtbaren Geruch verbreiteten. Ganze Wagenladungen der Tierleichen, die die Luft zu verpesten begannen, wurden im Sande vergraben. Die Velella spirans — um diese handelt es sich ausschließlich — ist im Mittelmeer sehr verbreitet und lebt gewöhnlich in großen Trupps zusammen. Sie besteht aus einer flachen knorpligen Scheibe, die auf der Ober¬ seite einen wie ein Segel senkrecht gestellten Kamm trägt, durch den sie sich vom Winde treiben läßt. Infolgedessen sammeln sich die Quallen bei langanhaltendem, warmem Seewind häufig am 9 Forti, Alcune osservazioni sul »Mare sporco« ed in particolare sul fe- nomcno avvenuto nel 1905 (Nuovo Giornale bot. it. 1906, p. 357 — 408). 2) Verg'l. Zeitschr. Globus (Braun schweig) vom 9. VII. 1903. Die Sapropel-Bildungen. 85 Ufer, doch ist eine so kolossale und über so weite Küstenstreeken gehende Überschwemmung, wie sie in diesem Fall im Ligurischen Meerbusen eingetreten war, eine ziemlich seltene Erscheinung. Erklärt wird sie diesmal dadurch, daß im letzten Frühjahr die Fortpflanzung der Quallen durch das monatelang schöne und ruhige Wetter begünstigt worden war.« Über Wasserblüte bildende Algen hat sich H. Klebahn geäußert1). Er beschränkt die Bezeichnung Wasserblüte auf die¬ jenigen Organismen, die vermöge ihres geringen spezifischen Ge¬ wichtes an der Oberfläche schwimmen. Für uns ist das gleichgültig: es soll ja hier nur auf die elementar leicht zu beobachtende Form des Vorhandenseins auch zahlreicher Algen in geeigneten Wassern aufmerksam gemacht werden. Die vielen im Wasser schwebend (als Plankton) lebenden Arten wie z. B. Volvox (Otto Zacharias berechnete im Pfaffenteich zu Schwerin 1904 rund 680 Voloox- Kolonieen in einem Liter des Teich wassers : vergl. Fischerei-Ztg., Neudamm 1905, S. 286), Pediastrum und überhaupt sehr viele Grünalgen, Diatomeen usw. sind natürlich für unseren Gegenstand ebenso wichtig, doch wird so oft gerade von der wegen des Ober- flächen-Lebens auffälligen Algen-Wasserblüte gesprochen, daß wir auf diese noch etwas eingehen wollen. Das eigentliche Bereich der Wasserblüte — in Klebahn s Sinn — sind bei uns die etwas größeren, sowie die großen stehenden oder sehr langsam fließen¬ den Gewässer. In vor dem Winde geschützt liegenden kleineren Wasserbecken treten die in Rede stehenden Algen wohl nur als Wasserblüte auf. In den größeren Gewässern hingegen, die selten hinreichend ruhig sind, leben diese Algen schwebend unter der Oberfläche und treten — nur bei großer Ruhe — als Wasserblüte auf. Namentlich in der wärmsten Jahreszeit vermehren sich die Algen ganz gewaltig, so daß sie eine zusammenhängende Schicht wie einen Schäum bilden können. »Nicht selten — sagt Klebahn ') Klebahn, Über Wasserblüte bildende Algen, insbesondere des Plöner Seegebietes, und über das Vorkommen von Gasvacnolen bei den Phycockroma- ceen, (Forschnngsberichtc aus der Biologischen Station zu Plön, IV. Teil 1896, S. 189 — 206.) — Literatur über Wasserblüte auf Schweizer Seen vergl. in der Bibliographie Ed. Fischek’s »Flora helvetica (1530 — 1900).* Bern 1901, S. 48 fT, Die Sapropel-Bildungen. 86 weiter — scheint dieser Höhepunkt ihrer Entwicklung eine ab¬ norme, rasche Vernichtung der Algen zur Folge zu haben, da die dichte Zusammendrängung so zahlreicher Individuen, verbunden mit intensiver Bestrahlung der Sonne, namentlich für das Leben dieser Algen, die auch beim Zusammenhäufen in kleineren Ge¬ fäßen in kürzester Zeit zug-runde gehen, wenig günstige Bedin- O ö j o o o gungen liefert.« »Es ist nicht ausgeschlossen, daß das plötzliche Absterben der Fische, das mitunter in Verbindung mit dem Auf¬ treten der Wasserblüte beobachtet worden ist, eher auf eine Er¬ krankung der Fische durch die Fäulnisprodukte .... zurückzu¬ führen ist.«1) Solange sich die Algen am Leben befinden, können sie die Tiere (Fische u. dergl.) nicht schädigen; es sei denn, daß die eventuell breiige Konsistenz des Wassers die Tiere in der Atemtätigkeit stört. Sonst verbessern die Algen im Gegenteil das Wasser für die Tiere, indem sie durch ihre Assimilations-Tätigkeit, bei der sie Kohlendioxyd aufnehmen und Sauerstoff abgeben, das Wasser durchlüften. Sind aber zuviel Algen vorhanden, so sterben sie massenhaft ab und verbrauchen nun durch ihre Zersetzung viel Sauerstoff und entwickeln überdies giftige Gase. So kann reiche Wasserblüte ein großes Fischsterben und Absterben von Wasser¬ tieren überhaupt veranlassen und so nicht nur selbst — wenn es sich um ein geeignetes Wasser handelt — sondern es können zur selben Zeit auch viele andere Organismen periodisch besonders viel Sapropel-bildendes Material zur Ablagerung bringen. Es ist klar, daß das periodisch übermäßige Vorhandensein von Algen- Wasserblüte in Gewässern, die große Gemeinden versorgen, zu einer Calamität werden kann, wie dies wiederholt mit dem aus dem Obersee stammenden Trinkwasser der Stadt Reval der Fall ') Aus den Seen bei Plön gibt der genannte Autor die folgenden Wasser¬ blüte bildenden Algen an: Codosphaerium Kützingianum Näg., Polycystis aerugi¬ nosa Kürz , Trichodesmium lacustre Kleb., Gloeotrichia eehinulata P. Richter, Anabaena fios ayuae und noch drei andere Arten dieser Gattung, Botryococcus Braunii Kürz., er nennt nach anderen Autoren noch: Polycystis prasina und P. ßos-aquae Wittk., Oscil/atoria rubesccns De Can dolle, 0. prolißca (Grev.) Gomont, t>. Agardhii Gom., A’iabaena variabi/is Kürz, und Ilassalii (Kürz.) Wittk, Noda- laria spumigera Mertens. Die Sapropel-Bildungen. 87 gewesen ist, wo durch Anabaena flos aquae die Oberfläche des Sees sich gelegentlich »mit einer rahmartigen Schicht« be¬ deckt ]). Im Brackwasser und im Meere kommt, wie gesagt, Algen- Wasserblüte ebenfalls vor. Übrigens können auch Algen, die nicht zu den mikroskopisch kleinen gehören, gelegentlich das Wasser streckenweise oberflächlich bedecken und eine Pseudo-Algen-Wasserblüte erzeugen, so Figur 11. W = Algenwatte am Südufer der Krummen Lanke im Grunewald bei Berlin. (Aufgenommen von Herrn Lehrer E. Steinau bei Gelegenheit einer vom Verfasser veranstalteten Exkursion am 5. Oktober 1907.) l) Schneider, Obersee bei I\eval 1908, p. 39. 88 Die Sapropel- Bildungen. Fadenalgen *), die durch die bei der Assimilation gebildeten Gas¬ blasen, die zwischen den Fäden festgehalten werden, an die Ober¬ fläche gelangen. Sie schwimmen dadurch wie eine grüne Watte (» Algen watte«) an der Oberfläche des Wassers (Fig. 11). Hughes2) macht darauf aufmerksam, daß manche fließende Gewässer in warmen Sommern ganz trübes Wasser aufweisen, obwohl dasselbe gewöhnlich hell und klar ist. Der Boden des Wassers ist dann mit Fadenalgen (H. sagt Conferven) besetzt, die insbesondere bei Sonnenschein durch die Ernährungstätigkeit viel •Sauerstoff produzieren, der sich in Blasenform zwischen die Fäden festsetzt. Die Algenmassen werden dadurch so leicht, daß sie sich schließlich vom Boden erheben, um mit Schlamm, den sie mit¬ nehmen und der vom Wasser wieder ausgespült wird, mit dem Ge¬ wässer herabgeführt zu werden. In gleicher Weise können übrigens O o ö auch schleimige Kolonieen, z. B. von Diatomeen, in großen Fladen transportiert werden3). Am h Steine können emporgehoben und dann auch transportiert werden ; besonders auffällig geschieht dies durch Vermittlung von Tangen. Tange wachsen nicht auf losem o ö r> Grund und Boden, sondern nur auf festem Gestein. Sind es Ge¬ schiebe, die den Boden bilden, so können die Tange, vermöge ihres geringen spez. Gewichts emporstrebend und -wachsend, immer größere Lasten tragen und schließlich den Stein, auf dem sie festsitzen, emporziehen und so die V eranlassung werden, daß der Stein, durch Wellen und Fluten bewegt, an den Strand ge¬ worfen wird. Dieser Gesteinstransport aus der Tiefe durch Ver¬ mittlung von Tangen ist besonders schön und reich u. a. auf Hel¬ goland zu beobachten, wo eine Unzahl von Geschieben umherliegen, denen die Algen noch anhängen (Fig. 12). a) Oft habe ich im Frühjahr an stilleu Stellen von Seen bei Berlin z. B. Spiroyyra mit etwas Cladophora vermischt in dieser Weise üppig und dicht das Wasser bedeckend beobachtet. Im Züricher See beobachtete C. Schröter (Schwebeflora 1 806, S. 11) Algenwatten von OscHlatoria limosa. Usw. 2) Hughes, T.Mc. K., On the transport of fine mud and vegetable matter by eonferva. (Proeeedings Cambridge Philosophical Society. Yol. III, Pt. VIII, 1 SSO, p. 330—341.) 3) Kolkwitz, Uber biol. Selbstreinigung und Beurteilung der Gewässer (Hygienische Kundsehau 1907), Figur 12 Die Sapropel-Bildungen. 89 Gerolle mit anhaftendem Tang .(Laminaria), von diesem aus dem Meeresgründe aufgeholt. Strand von Helgoland. Die Objecte wurden vom Verfasser auf dem Saudstrand ausgebreitet, um die Geschiebe zu vereinzeln und dadurch zu verdeutlichen. (Aufgenommen im Herbst 1904). 90 Die Sapropel-Bildungen. Natürlich findet in gleicher Weise auch eine Bewegung von geeigneten Organismen, insbesondere von Mollusken-Schalen statt. Diesbezüglich berichtet C. Sauyageaü von einem neu auftretenden Austernfeind1) in Gestalt der Alge Colpome7iia sinuosa. Sie ist in allen nicht zu kalten Meeren verbreitet und kommt sowohl im Mittelmeere, wie in den benachbarten Teilen des Atlantischen Ozeans vor. Wahrscheinlich gelangte sie an dem Rumpf eines Schiffes in den Golf von Morbihan, wo sie nun den Bestand der Austernbänke von Vannes (nicht weit von Bordeaux) bedroht. C. sinuosa siedelt sich auf der Oberfläche der Austernschale an, wo sie ziemlich rasch den Umfang großer Hühnereier erreicht. Die Wandung ist sehr dünn und elastisch; die mit Wasser ge¬ füllten Schläuche fallen zur Ebbezeit in sich zusammen. Durch die Risse ihrer Hülle entleert sich ihr Inhalt, aber infolge seiner Elastizität füllt sich der Schlauch darauf mit Luft und der Riß verschließt sich wieder. Während der Flut werden dann die Austern, auf denen sich die Algen angesiedelt haben, von den mit Luft gefüllten »Ballons« (diesen Namen geben ihnen die Austern- züchter) an die Oberfläche des Wassers gebracht. Doch das sind Ausnahmserscheinungen; wo ruhige Verhält¬ nisse herrschen, sinken schließlich die Plankton-Algen, gelegentlich auch Algen watten zu Boden und vermischen sich dort mit den sonstigen Resten der Schwimm- und Schwebe-Flora und -Fauna, wie Diatomeen, Infusorien usw. des Zoo- und Phyto-Benthos und Nekton sowie den Exkrementen der Wassertiere. Aus diesem Material besteht der Faulschlamm, dem außerdem noch allermeist Reste von Landpflanzen wie Betulaceen- und Kiefern-Pollen, ge¬ legentlich noch bestimmbare Blätter, Früchte, wie Haselnüsse u. dergl. als Drift-Materialien beigemischt sind, unter Umständen auch Humus an zweiter Lagerstätte, wie Schlämmtorf. Die beigemengten Pollen-Massen können vorher auf dem Wasser als Polle n- Wasserblüte (»Falsche Wasserblüte«) in die Erscheinung ge¬ treten (Näheres hierüber später), demnach aus »Schwefelregen« ') Sauvageau, A propos du Colpomenia sinuosa signale dans los huitriercs de Vannes (Bull, de la Station biologique cTArcaclion 1906). Die Sapropel-BilduDgen. 91 hervorgegangen sein. Sapropel ist daher nur selten, vielleicht kaum jemals rein autochthon, d. h. allein entstanden durch die abge¬ storbenen Organismen (und ihre Ausscheidungen), die in dem Wasser lebten; vielmehr zeigen, wie wir sehen werden, die hierher gehörigen Bildungen, wenn sie überhaupt noch hinreichende Struktur zur Erkennung der zusammensetzenden organischen Be¬ standteile aufweisen, fast stets auch solche, die durch Drift hinein¬ gekommen sind. Der Faulschlamm ist also gewöhnlich zum Teil autochthon, zum Teil allochthon. Wir werden bei reichlicher Drift- Zufuhr die Bildung besser kurz als semi-autochthon bezeichnen und dann nicht mehr von Sapropel schlechtweg sprechen. Nicht bloß brennbare organische Bestandteile tragen zur Bil- o o düng der in Rede stehenden Gesteine bei, sondern — sofern das Wasser kalkhaltig ist — auch Kalkskelett-Teile von Organismen und anderweitig abgeschiedener Kalk, ferner — sofern das Wasser hinreichend Kieselsäure in Lösung enthält — Kiesclskelette von Organismen, und endlich können auch, wenn Zuflüsse vorhanden sind, allochthone Sedimente, wie Ton, Grob- und Feinsand, dem Faulschlamm beigemischt werden. Generell wird man daher von Sapropel- (Faulschlamm-) Gesteinen sprechen und diese unterscheiden in (reinen) Faulschlamm (Sapropel), Kalk- Faulschlamm usw., während man die reichlicher mit anorgani¬ schen Sedimenten versehenen als Faulschlamm- (Sapropel-) Erden bezeichnen wird, die samt und sonders Sapropelite sind. Ist auch das Vorhandensein eines relativ ruhigen Wassers eine Hauptbedingung für die Entstehung von Sapropel, so ist doch die Quantität, die innerhalb eines gewissen Zeitraumes entsteht, noch von anderen Bedingungen abhängig. Wässer, in denen eine relativ niedere mittlere Temperatur herrscht, beherbergen weniger Planktonten als Wässer mit höheren Temperaturen., Was das Phytoplankton anbetrifft, so ist das der eigentlichen Hochgebirgsseen sehr arm sowohl an Arten wie auch an Individuen. Unter 11 Seen der Ostalpen, die 1260 — 2500 m über dem Meere liegen und freilich nur einmal während des Jahres von V. Brehm und E. Zederbauer besucht wurden, be¬ fanden sich 4, in denen überhaupt kein Phytoplankton gefunden 92 Die Sapropel-Bildungen. wurde; in 3 anderen wurden nur Fadenalgen ( Zygnema , Spirogijra) gefunden; in den übrigen war die Zusammensetzung des Planktons sehr verschieden 1). Ganz benachbarte Seen können zu ein und derselben Jahreszeit ein ganz verschiedenes Plankton besitzen2). W. und G. S. West führen die sehr große Fülle von Desmidia- ceen in den schottischen Seen auf den Mangel an Kalk und das Vorhandensein von Humussäuren aus den anliegenden Mooren zurück3). ln kälteren Gegenden scheint das Zooplankton zu überwiegen4), aber es tritt dort überhaupt quantitativ so zurück, daß offenbar auch die Sapropelbildung gegenüber der Torfbildung nach steht. Diese Verschiedenheit in der Zusammensetzung und in dem Produktionsquantum des Planktons in den verschiedenen Ge¬ wässern erklärt zweifellos, daß in ziemlich gleichaltrigen Seen, z. B. bei uns in Norddeutschland in unseren Grundmoränen-Seen, doch die Mächtigkeiten der Sapropelbildungen recht verschiedene sein können. Es ist aber selbstverständlich, daß bei hinzukommenden Zusätzen wie Kalk oder Feinsand oder dergleichen die Sapropelit- entstehung wesentlich schneller vor sich gehen kann, als die des reinen Sapropels, um die es sich hier handelt. Die Sapropel¬ bildung nimmt wie die Torfbildung (worüber Näheres im zweiten Bande) sehr viel Zeit in Anspruch; denn betrachten wir Bei¬ spiele, die uns einigermaßen ein Urteil darüber gestatten, wie z. B. die Vorkommnisse im Grunewald bei Berlin, so bemerken wir, daß die bereits vollständig durch Vertorfung verlandeten Seen und Teiche als Liegendes des Torfes nur Andeutungen von 9 Brkhm und Zederbauer, Beobachtungen über das Plankton iu den Seen der Ostalpen. (Archiv für Hydrobiologie und Planktonkunde. Bd. I. Heft 4. 1906 p 469 — 495.) — Yergl. z. B. auch K. v. Keissler, Über das Phytoplankton des Traun-Sees. (Österr. botan. Zeitschr. 57. Jahrg. 1907. p. 146 — 15*2.) 2) Vergl. z B. K. v. Keissler, Planktonstudien über einige kleinere Seen des Salzkammergutes. (I. c. 1907. p. 51 — 58.) 3) W. und 0. S. West, A further contribution to the freshwater plaukton of the Scottish Lochs (Trans. Royal Soc. Edinburgh 1906. p. 477 — 518.) 4) C. II Ostenfeld und C. Wesenberg Lund, A regulär fortnightly explo- ration of the plankton of the two lcelandic Jakes, Thingvallavatn and Myvatn (Proceedings Royal Soc Edinburgh 1906. p. 1091 — 1167). Die Sapropel-Bildungen. 93 Sapropelit, oft nur von Zentimeter oder Dezimeter Mächtigkeit aufweisen, während die noch nicht verlandeten Seen stellenweise mehrere Meter mächtige Lager von reinem Sapropel oder Sapropel- kalk oder Sapropelerden an ihrem Grunde besitzen: Sapropelite, die also im letzten Falle seit dem Rückzuge der diluvialen Eis- decke in Entstehung begriffen sind, aber im Verlauf der voll¬ ständigen Verlandung der Gewässer noch stark an Mächtigkeit O o o abnehmen würden mit Rücksicht auf den sehr starken Wasser¬ gehalt der frischen Sapropelite, dessen mehr oder minder weit¬ gehender Verlust die Mächtigkeit stark reduziert. Von mir untersuchte kontinentale rezente bis diluviale Sapro¬ pelite Norddeutschlands, meist je mehrere Proben von über 80 ver¬ schiedenen Fundorten1), ergaben, soweit es sich um ohne größere Mühe bestimmbare Bestandteile handelt, die folgenden noch figu¬ riert erhaltenen Reste oder Individuen. Einige Einschaltungen wurden hinsichtlich der Algen im weitesten Sinne nach Lagerheim vorgenommen. Die Liste macht aber auf Vollständigkeit keinerlei Anspruch, sondern soll nur dazu dienen, den Charakter der er¬ haltungsfähigen Elemente vorzuführen. Die häufigsten und häu- figeren Reste wurden durch den Druck hervorgehoben und auch diesbezügliche Bemerkungen beigesetzt: Pflanzliche Reste: Schizophyten S chizophy c eae (häufig2). Oscillariaceen ( Oscillaria ). Nostocaceen (wie Anabaena). Rivulariaceen (. Rivularia , Gloeotrichia). Chroococca ceen (wie die Gattungen Aphanocapsa , Aph a- nothece , Gloeocapsa , Gloeothece , Microcystis , Polycystis ) zuweilen so ]) Herrn Dr. W. Gothas sage ich besten Dank für die Unterstützung, die er mir bei der zeitraubenden mikroskopischen Untersuchung der vielen Proben geleistet hat. 2) Wegen der Algen im weitesten Sinne vergl. G. Lagerheim, Unter¬ suchungen über fossile Algen: I. Übersicht der bisher in quartären Ablage¬ rungen gefundenen Aigen. II. Über das Vorkommen von Phacotus lenticularis (Ehrenb.) Stein in tertiären und quartären Ablagerungen. (Geol. Foren. Förhandl. 1902.) — Siehe auch Früh, Torf und Dopplerit 1883: Neuweiler, Beiträge zur Kenntnis Schweiz. Torfmoore 1901 und andere Schriften. 94 Die Sapropel-Bildungen. massenhaft, daß sie über wiegen oder die Grundsubstanz bilden können ; so bestand die Hauptmasse mancher Sapropele aus Micro- cystis (Polycystis) flos aquae auch Clathrocystis aeruginosa. Schizomyceten (Bakterien) z. B. Leptothrix ochracea (vergl. das Kapitel über Eisen) u. a. Algen (echte1) (sehr häufig). Chrysomonadinen. Confervaceen ( Conferva , Ophiocytiuvi). Zygnemaceen {Spiro gyra und Mougeotia ). Desmidiaceen ( Closterium , Cosmarium , Desmidium , Eicastrum , Hyalotlieca , Pleuro taen ium , Staurastrum, Xanthidium. Siehe u. a. Nordstedt 1870 und Raciborski, Bot Centralbl. XXX, 1887, p. 33). Diatomaceen (Baci llariaceen) (oft außerordentlich häufig, zuweilen so überwiegend, daß man dann von Diatomeen-Pelit spricht). Phacotaceen: Phacotus lenticularis (besitzt eine Kalkschale). Nach Lagerheim (1. c. p. 481 — 498) nur in kalkhaltigen Ablage¬ rungen, wie jetzt vorwiegend in kalkreichen Gewässern. Volvocaceen {Pandorina). Tetrasporaceen {Botryococcus). Protococcaceen. Scenedesmaceen (wie Scenedesmus , Coelastruni). ITydrodictyaceen {Pediastrum , Tetraedroii). Oedogoniaceen (wie Oedogonium). Cladophoraceen. Vaucheriaceen ( Vauclieria , s. WiTTROCK, Bot. Zentralbl. XXIX, 1887). ' Cli arales. Pilze (wie Hyphen, Sporen: Teleutosporen u. a., nicht häufig). Bryophyten (Sporen, Stengel- und Blattreste, z. B. auch Hypnaceen- und Sphagnum- Blattstücke). Pteridophyten (z. B. Sporen, gelegentlich Sporangien, Gewebe¬ fetzen, wie Hydro'iden). *) Nomenclatur und Reihenfolge der Algen nach Oltmanns, Morph, u. Biol. der Algen, 1904. Die Sapropel-Bildungen. 95 Gymnospermen (Holzreste wie Hydrosterei'den , zuweilen holz- koldig erhalten, gelegentlich Nadelreste, z. B. von Juniperus). Be¬ merkenswerter sind : Pinus silv estris -Pollen, -Zapfen, -Borke. Picea excelsa - Pollen. Monocotyledonen. Gewebefetzen, namentlich Epidermisfetzen von Gramineen oder Cyperaceen, Cyperaceen- Pollen etc. Dicotyledonen. Gewebefetzen, u. a. Epidermisfetzen z. ß. von Nymphaea , Innenhaare von Nymphaea , nicht selten Laubblätter, Lemna-lleste usw. — Samen (z. B. von Menyanthes ), Früchte, ge¬ legentlich z. B. Trapa natans usw. — Pollen oft häufig, so na¬ mentlich von Ainus , Betula und Corylus. Ericaceen-Pollen. Tierische Reste: Khizopoden (wie Arcella , Centropyxis , Difflugia , Lesquereusia , Quadrula (Lagerheim 1. c. 1902, p. 489, 490 etc.; ich selbst habe aber ebenfalls in rezenten Sapropeliten der Provinz Brandenburg etc. Rhizopoden-Gehäuse z. B. von Arcella gefunden1). Spong illenn adeln (sehr häufig). Schnecken- und Muschelschalen oder Stücke davon (meist sind dieselben jedoch vollständig zersetzt, zerfallen, daher figuriert dann nicht mehr konstatierbar. Schneckendeckel halten sich länger). Crustaceen -Reste (die Chitinteile sehr häufig), nament¬ lich sind es die kleinen Formen, deren Reste in den Sapropeliten immer wiederkehren, so von Alonci , Acropcrus , Bosmina , Cerio- daphnia, , Daphnia. Insektenreste (Chitinteile, Haare, Eier z. B. von Wasserwanzen. Tardigradeneier (selten). Fische (Abdrücke, gelegentlich Knochen, Schuppen, nicht ge¬ rade häufig). Kot. Varia : Gallertige Gr und Substanz aus zersetzten orga- »z; O nischen Massen und von gallertigen Teilen, an denen viele echte Wasserorganisfhen besonders reich sind. 9 Zum Bestimmen von Rhizopodengeliäusen ist sehr empfehlenswert: Eug. Pe na kd, Faune rhizopodique du bassin du Loman. Geneve 1902. 96 Die Sapropel-Bddungen. Kalk, Ton, Sand, Ferrosulfid (Einfach-Schwefeleisen). Kleine Pyrit-Konkretionen, beim Druck unter dem Mikroskop zuweilen in Kryställchen zerfallend. (Vergeh auch Früh 1885, p. 707/708.) Kieselscheibchen. Vi vianit (gelegentlich). Usw. Dem Biologen wird sofort auffallen, daß figurierte Bestand¬ teile gewisser Organismen fehlen, trotzdem sie in den Gewässern Norddeutschlands — und die untersuchten Proben sind ganz über- wiegend norddeutsche — sehr häufig sind, daß andere ebenso häufige, aber figuriert erhalten gebliebene nur gelegentlich auftreten und wiederum andere, die nicht häufiger sind als die, von denen figurierte Bestandteile fehlen, solche doch zahlreich hinterlassen. So fehlen z. B. in den untersuchten Sapropeliten als solche erkennbare Reste von Geiselinfusorien (Mastigophoren) durchaus, obwohl sie oft in enormer Zahl im Wasser vorhanden sind1). Es gemahnt dies ein¬ dringlich, aus den figurierten Bestandteilen in Sapropel-Gesteinen nicht zu schließen, daß nun diese auch unbedingt die wesent¬ lichsten Lieferanten des Sapropel-Materiales sein müssen; viel¬ mehr hängt das Vorhandensein figurierter Bestandteile ab von dem Vorhandensein schwerer zersetzbarer Teile, während die als amorphe Grundmasse in die Erscheinung tretenden vollständig zersetzten Teile, z. B. in einem sogenannten »Algen«-Sapropel-Gestein, we¬ sentlich anderer Herkunft sein können In gewissen Fällen werden sich auch leichter zersetzbare Teile figuriert erhalten können, wenn nämlich eine gewaltige periodische Produktion gewisser Organismen (wie bei der Wasserblüte) stattfindet, die dann, gleichzeitig abster¬ bend, auch eine verhältnismäßig dicke Bodenlage schäften, so daß die untersten durch die bedeckenden Organismen sofort hinreichend vor schnellerer Zersetzung geschützt sind. b Yergl. auch Schröter, Moore der Schweiz, 1904, S. 29. Die Sapropel-Bildungen. 97 A. Seligo *) nennt die oberste 5 m-Schicht norddeutscher Seen die trophogene Region (»Nährschicht«), weil in der Regel in über 5 m Tiefe überhaupt keine Ernährung der Algen und grünen Pflanzen mehr stattfindet, da in größerer Tiefe die Licht-Intensität nicht aus¬ reicht; jedoch hat die größere Tiefe Bedeutung für die Planktontiere, deren Mehrzahl lichtscheu ist und kühlere Temperatur bevorzugt. Daher gedeihen sie nicht in flachen Gewässern. — Vergl. hierzu O o auch im 2. Bande das über die »photische« (helle) Region etc. Gesagte. Strömung wirkt auf Plankton »offenbar als verscheuchender Reiz. Man findet auch in Gewässern, die mit größeren fließenden Gewässern in direkter Verbindung stehen und an deren Anschwellen und Absinken regelmäßig teilnehmen, nur ausnahmsweise und in geringer Entwicklung eigentliche Planktonten« (1. c. p. 17). Je nach der Tiefe des Wassers und den sonstigen Verhältnissen kann daher die Zusammensetzung des entstehenden Sapropels recht verschieden sein. Unter den Sapropel bildenden Gewässern gibt es eine große Zahl, die höchstens die angegebene Tiefe von 5 m erreichen und in solchen Fällen sind die Verhältnisse nicht nur dem Plankton günstig, sondern unter Umständen eben so sehr dem Leben von Boden-Flora (und Fauna). Bis 3 m Tiefe haben wir bei uns in Sü߬ wässern Existenzbedingungen für fast alle Wasserpflanzenarten, und auch große Sumpfpflanzen können gedeihen, wie insbesondere viele Arten der Röhrichtgemeinschaft (Arunclo phragmites, Scirpus lacustris usw.). In einer größeren Tiefe, zwischen 3 — 4 m, sind besonders Nymphaeaceen und Potamogeten, nämlich die mit Schwimmblättern versehenen Arten zu Hause, in einer noch größeren, 4 — 6 m, Pota¬ mogeten mit untergetaucht verbleibenden (submersen) Blättern; in einer noch bedeutenderen Tiefe, bis 10 m, kommt noch Najas vor, auch Fontinalis (ferner gehen Characeen bis hierher)2). Die Folge ist, daß flache Wässer, wenn sie stagnieren oder sich stark der Stagnation * O O 9 Seligo, Hydrobiologische Untersuchungen II, Danzig 1907, S. 3. 2) Ausführliches über diesen Gegenstand vergl. im 2. Bande über die Ver¬ landungs-Pflanzen; überhaupt ist zum Obigen das dort über Teiche und Seen Mitgeteilte zu vergleichen. Neue Folge. Heft 55. 7 98 Die Sapropel-Bildungen. nähern, ganz dick voll mit solchen Pflanzen erfüllt sein können, z. B. bei Neapel mit Potamogeton , auch Ruppia , oder bei uns mit Nymphaeaceen, Potamogeton , Hippuris u. dergl., und zwar in so dichtem Bestände gewöhnlich ein und derselben Art oder einiger weniger Arten in großer Individuenzahl, daß unter Umständen die Wasserfläche wiesenartig aussieht. In solchen Fällen wird die Planktonbildung zurückgehalten, O O und das sich aus diesem bildende Sapropel ist besonders reich vermischt mit Produkten der genannten Humuslieferanten. Auch dann tritt Plankton wesentlich zurück, wenn es sich um sehr nahrungsarme Gewässer handelt, wie dies u. a. die kleinen auf Hochmooren vorkommenden Seen sind. Hier und überhaupt in Moorgewässern kommt noch etwas anderes hinzu. In diesen finden sich gelöste, oft sauer reagierende Humussubstanzen: »Humussäu¬ ren«. Nun hat aber H. Moliscfi nachgewiesen1), daß die Algen zu ihrem Gedeihen meist einer Nährflüssigkeit mit ganz schwacher alkalischer Reaktion bedürfen. Das hat dann später O. Richter 2) speziell für die Kieselalgen (die Diatomeen) noch besonders her¬ vorgehoben. Durch sauer reagierende Nährlösungen werden die Algen in ihrer Entwicklung gehemmt oder sogar getötet. Molisch erläutert dies an Arten von Spirogyra , Vaucheria , Claclophora , Oeclo- gonium und Oscillaria. Natürliche Gewässer mit Algenvegetation rea¬ gieren daher meistens alkalisch. Die Experimente, die dies erhärten, entsprechen den natürlichen Verhältnissen; denn es ist zu beob¬ achten, daß die speziell für eine reiche Algenentwicklung geeignet¬ sten Gewässer der freien Natur die Weiß wässer sind (Gewässer, die keine Humussäuren enthalten), während in Moorgewässern die Algen Vegetation in der Tat sehr zurücktritt. Es ist auffällig, daß auch Gewässer, die man ohne weiteres für typische Weißwässer halten möchte, gelegentlich keine oder doch keine auffällige Algen- Wasserblüte aufweisen, obwohl die Gewässer daneben sie reich- 9 Molisch, Die Ernährung der Algen (Süßwasseralgen, II. Abteilung). (Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Math. Kl., Bd. 1G5, 1896, S. 1—16.) 2) Richtlr, Sitzungsber. der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien, i 906. Die Sapropel-Bildungen. 99 lieh besitzen; so ist es mit einigen mit der Havel in Zusam¬ menhang stehenden Seen, wie dem Sacrower See und dem Heiligen See bei Potsdam — wenigstens habe ich im August 1904 in diesen Seen vergeblich nach ordentlicher Wasserblüte gesucht, während sie gleichzeitig in der Havel mächtig in die Erschei¬ nung trat. Vielleicht spielt auch in solchen Fällen das Vor¬ handensein oder Fehlen von Säuren eine Rolle. Es wird noch lauerer Untersuchungen über die Bedürfnisse der verschiedenen Or- ganismen- Arten und die Eigenschaften der Gewässer bedürfen, um das massenhafte Auftreten oder Fehlen bestimmter Arten in Ge¬ wässern, die sonst gleiche Natur zu haben scheinen, zu erklären. Es sei diesbezüglich noch ein weiteres Beispiel nach Josef Brunn- THALER geboten, der1) auf den Gegensatz in dem spezifischen Gehalt an Lebewesen in dem Brückenwasser einerseits und dem Karpfenwasser (2 Alt wässern der Donau) aufmerksam macht. »Das Brücken wrasser — sagt er — ist ein Chroococcaceen-See im Sinne Apstein’s, das Karpfenwasser ein D i nobryon-See. In ersterem dominierte Clatlirocystis aeruginosa , Dinobryen sind wohl vorhanden, überwiegen aber nicht. In letzterem fehlt dagegen Clatlirocystis vollständig, was um so merkwürdiger ist, als ursprünglich (bis in die siebziger Jahre) eine Verbindung zwischen beiden Wässern bestand. Dinobryen sind zeitweise sehr häufig, außerdem ist Sy- nura Uvella . charakteristisch«. Auch z. B. Guido Schneider (Obersee 1908, p. 125) sagt u. a. vom Obersee bei Reval, der ein Chroococcaceen-See ist: »Unter den sehr zahlreichen Chroococca- ceen sind quantitativ die wichtigsten und bilden Wasserblüte Microcystis- Arten und Clatlirocystis aeruginosa. Es bestätigt sich also die Trennung der Weißwasserseen bei uns in 2 Kategorien, wie sie CarlApstein 18942) vorgenommen hatte. Er fand3) die folgenden Unterschiede: 9 Buunntkaler, Die Algen und Schizophyceen der Altwässer der Donau bei Wien. (Verhandl. K. K. zool.-bot. Ges. Wien 1907, S. 178 — 179.) 2) Apsteis, Vergleich der Planktonproduction (Ber. Naturf. Ges. Freiburg im Br. 1 894) • 3) Apstein, Das Süßwasserplankton. 1896, S. 95. 7* 100 Die Sapropel-Bildungen. Chroococcaceenseen : Dinobryonseen : Chroococcaceen zahlreich . selten Dinobryon (eine Flagellate) . fehlend oder selten zahlreich Chydorus (eine Daphnide) . pelagisch .... litoral Plankton . reich . arm Wasser . trübe (durch Organis- men) . klar O. Zacharias hat das Seen - Plankton als Limno- Plankton bezeichnet im Gegensatz zu dem Teich-Plankton, das er Heleo-Plankton nannte. Nach seiner Zusammenstellung über die Unterschiede beider1) wissen wir bis jetzt diesbezüglich das Folgende: Teiche. mannigfaltiger, weniger zahlreich. P. u. D. und andere Algen spielen eine große Rolle, außer den links ge¬ nannten auch Golenkinia rndiata , Dictyosphaerium pulchellum , auch Scenedesmus- Arten, Glosterium. Ferner Pediastrum, Rhaphidium polymorph um. D.-P. sind spärlich, jedoch Asterionella manchmal in einiger Häufigkeit und viel Attlieya und Rhizosolenia. Rädertiere besonders häufig ( Brach ionus . Schizocerca diversicornis , Pedalion mirum. \ Der genannte Autor sagt zum Schluß »mit einigem Vorbe¬ halt«, »daß sich die meisten limnoplanktonischen Arten auch in Teichen wiederfinden; aber im umgekehrten Sinne aufgestellt, würde dieser Satz durch viele Tatsachen widerlegt werden, weil es eine ganze Menge Komponenten des Heleoplanktons gibt, die niemals oder höchstens ganz sporadisch in Seen angetroffen werden«. Seen. Plankton weniger mannigfaltig. Zahlreiches Auftreten von Planktonten, Protococ-caeeen und Desnfidiaceen und andere Algen spielen geringe Rolle. Von Desm. sagt Chodat, die Ab¬ wesenheit der sonst so häufigen Gat- tuugen Cosmarium , Euastrum , Staur¬ astrum etc. sei charakteristisch. Diatomeen-Planktonten sind häufig. 0 Zacharias, Das Süßwasser-Plankton. Leipzig 1907, S. 99 — 105. Das Sapropel. 101 Das Sapropel. Der reine Faulschlamm, von dem wir zunächst eingehender sprechen, ist einmal mehr pflanzlicher Herkunft (phytogen), ein andermal mehr tierischer Herkunft (zoogen), und Post stellt die letztere für die von ihm untersuchten Fälle in den Vordergrund. In der Tat ist das Wasser vergleichsweise tierreicher als das Land und besonders sehr viel tierreicher als die Moore, deren saurer Boden in Verbindung mit der ständigen Nässe sogar Regen¬ würmer unmöglich macht1 * *). Wir hatten als Bedingungen für die Entstehung von Faul¬ schlamm (Sapropel) angegeben: 1. Das Vorhandensein von stag¬ nierendem oder mehr oder minder stagnierendem, daher dem Fäul¬ nisprozeß günstigem Wasser, in welchem 2. ein organisches Leben üppig gedeiht, und als Folge: die Entstehung einer Ablagerung aus den abgestorbenen Organismen (und ihren Exkrementen), die wegen des Mangels oder starken Zurücktretens von Sauerstoff namentlich am Boden des Wassers nicht vollständig verwesen können, sondern — da eben unter diesen Bedingungen wesentlich ein Fäulnisprozeß stattfindet — einen bleibenden festen Rest zu¬ rücklassen. Die Eigenart der Sapropele ist nun aber nicht allein von den angegebenen Umständen abhängig, sondern wesentlich auch von der Beschaffenheit der Organismen selbst. Diesbezüg- lieh ist nicht nur darauf zu achten, daß im W7asser das Tierleben besonders reichlich entwickelt zu sein pflegt, sondern auch darauf, daß die typischen Wasserpflanzen durch ihren oft reichlichen Ge¬ halt an fettem Öl in chemischer Hinsicht Verwandtschaft mit den Tieren zeigen und sich von den Landpflanzen entfernen, wenig¬ stens diejenigen Wasserpflanzen, die — wie die Öl führenden Plankton- Algen — als Ur-Material des Sapropels hervorragend mit in Frage kommen. Schon die Verwesungsgerüche von Algen, die an die von Tieren erinnern, deuten auf die chemische Natur dieser l) Entwässerte Moore (tote Moore) jedoch geben für die Regenwürmer na¬ türlich oft einen passenden Boden ab; diese sind aber keine eigentlichen ordent¬ lichen Moore mehr. 102 Das Sapropel. Pflanzen; Kolkwitz (1906, S. 230) spricht ganz treffend von »Fischgeruch« bei der Zersetzung von Asterionella , einer Öl-Dia- tomee; überhaupt entwickelt sich dort, wo Algen verwesen, ein pestilenzialischer Geruch wie bei Tieren: man kann das gelegent¬ lich bemerken, wenn übermäßige Entwicklung von Algen- Wasser¬ blüte auch eine Zersetzung an der Oberfläche des Wassers bedingt, oder wenn sie, vom Winde ans Ufer geworfen, dort ganz an die Luft gerät. Welcher Unterschied gegenüber der Verwesung der Landpflanzen, die höchstens den durchaus nicht unangenehmen schwachen Modergeruch besitzen ! Das Plankton — und diese Lebensgemeinschaft ist die für die Sapropel-Bildung wichtigste — ist relativ reich an Fett: auch das Phytoplankton, wohl weil fettes Öl ein geringeres spezifisches Gewicht hat als Stärke, das hauptsächliche Stoffwechselprodukt der Sumpf- und Landpflanzen, so daß ein Schweben im Wasser leichter ermöglicht wird. Den Diatomeen und Cyanophyceen, zu denen die meisten Plankton- Algen gehören, fehlt Stärke völlig. »Auf größeren Seen — sagt C. WESENBERG-Lund J) — sieht man manchmal an stillen Tagen unregelmäßige und ihre Form ändernde Stellen, die der Wind nicht beeinflußt. Sie liegen wie glatte, schwimmende, stille Wasserstellen auf dem sonst schwach gekräuselten See. Ganz ähnliche Stellen kann man leicht erzeugen, wenn man nur ein Stück recht fettfleckiges Butterbrotpapier auf das Wasser wirft. Um das Papier bildet sich dann, besonders bei warmem Wetter, ein fettiger Fleck«. Aller Wahrscheinlichkeit nach' entstehen die glatten Stellen »durch das Öl, welches während des Verwesungs¬ prozesses des organischen Materials, u. a. jedenfalls zu überwiegen¬ dem Teil des Planktons, frei wird. Dieses Öl steigt empor und breitet sich auf der Oberfläche aus«. Auch auf die Schaum¬ streifen an den Meeresküsten macht der Autor aufmerksam, dessen Entstehung zum Teil durch frei gewordenes Planktonöl mitbedingt ist. Namentlich alter Schaum fühlt sich fettig an. Es sei dem hinzugefügt, daß auch größere planktonreiche Seen des Kontinents, >) W KSEiNBKKG, Uber SüßvvasserplaDkton. (Prometheus: Berlin 190G, S. 802.) Das Sapropel. 103 sofern der Wind nur überhaupt etwas Brandung zu erzeugen ver¬ mag, Fettschaumstreifen zeigen1). Um der Sache auf chemischem Wege näherzutreten, habe ich Herrn Prof. C. Engler in Karlsruhe gebeten, eine in der Mark Brandenburg besonders als Sapropel-Bildnerin auftretende Kleinalge zu untersuchen, nämlich Micro ci/stis flos aquae , die in der Havel zu Zeiten die ganz überwiegende Lieferantin des Urmaterials für das entstehende Sapropel ist. Er fand2) nicht weniger als rund 22 pCt. mit kochendem Äther aus dem getrockneten Material zu extra¬ hierende Stoffe, die »in der Hauptsache als Fett resp. Wachs in Anspruch genommen werden dürfen« 3). Demgegenüber enthalten J) Die glatten Stellen auf dem Wasser, von denen Wesenberg spricht, mögen wohl in manchen Fällen durch Fett veranlaßt sein. F. A. Forel (Le Leman, 1895, p. 241 ff.), der die Erscheinung schon seit 1863 studiert, berichtet über die »Öl-Flecken« unter dem Namen »taches d’huile«. Die Anwohner des Leman (des Genfer Sees) nennen sie in der Annahme, daß ihre Ursache in unter¬ seeischen Quellen läge, »fontaines« und in dem Fall, daß eine solche Stelle wie ein geschlängelter Weg verläuft, sprechen sie von »chemin«. Die verschiedenen Ansichten, die über die Natur der Flecke geäußert worden sind, findet man bei Forel. Er macht zur Erklärung derselben darauf aufmerksam, daß, wenn der See bei Regen ganz ruhig und glatt ist, an seiner Oberfläche weiße Flecken ganz entsprechend den erwähnten auf grauem Grunde zu beobachten sind, die dadurch entstehen, daß die Regentropfen innerhalb und außerhalb der Flecke in von ein¬ einander abweichende Medien fallen, indem innerhalb der Flecke, die von den Tropfen erzeugten kleinen Wellen schnell verlöschen, während sie das reine Wasser fein kräuseln. Gelegentlich irisieren die »Öl-Flecken«. E. v. Cholnoky, der die Erscheinung am Balaton- (Platten-) See untersucht hat, begründet nun aber eingehend, daß die »taches d’huile« »einfach solche Stellen sind, wo die Geschwindigkeit der Luftströmung 0,3 m pro Sekunde nicht erreicht«. (Die Farbenerscheinungen des Balatonsees. Resultate der wiss. Erforsch, des Balaton¬ sees, I. Bd., 5. Teil, 2. und 3. Section Wien 1906, S. 51 ff.) 2) Yergl. Potonie, Zur Frage nach den Urmaterialien der Petrolea (Jahrb. der Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1104. Berlin 1905, S. 348). 3) In einer neueren Mitteilung, betitelt »Die neueren Ansichten über die Entstehung des Erdöles« (Berlin 1907, S. 10), spricht C. Engler von einer An¬ reicherung von Fett auf 20 pCt. und mehr in dem ihm von mir gesandten Ma¬ terial, »während die frische Pflanze nur 1,7 pCt. enthielt«. Hierzu bemerke ich, daß ich Herrn Prof. Engler (wie in meiner Schrift »Zur Frage nach den Ur¬ materialien der Petrolea«, Berlin 1905, S. 347 angegeben) nur frisches, soeben ans Ufer geworfenes Material der Alge zugesandt Labe, die sofort am Ufer in Zersetzung eingegangen war. Ich hatte das Material daher — um die weitere Zersetzung zu sistieren — mit HgCJ-2 und anderen Desinficientia versetzt, so daß 104 Das Sapropel. Landpflanzen (inkl. Sumpfpflanzen) — abgesehen von Spezialfällen, die gegenüber der Masse der anderen ganz zurücktreten — sehr viel weniger Fettsubstanzen und dafür mehr zu den Kohlenhydraten gehörende Verbindungen. Für unseren Zweck ausnutzbare Angaben finden sich in K. Brandt’s Arbeit »Beiträge zur Kenntnis der chemischen Zu- ich annehmen muß, daß ganz wesentliche Unterschiede im Fettgehalt der noch lebenden Organismen gegenüber den in den Anfängen ihrer Zersetzung begriffenen nicht vorhanden wareD, d. h. ich meine, daß der gefundene Fettgehalt auch im ganzen ‘genommen demjenigen in den lebenden Organismen entsprechen muß. Ich glaube nach dem Gesagten berechtigt zu sein, auf einen höheren wesentlichen Gehalt der echten Wasserorganismen gegenüber den Landpflanzen und den zum Wasser¬ leben zurückgekehrten Pflanzen schließen zu dürfen, in Ansehung der Tatsache, daß die meisten der in Frage kommenden Algen usw. wie Microcystis in ihren Zellen relativ viel »Ol« zu erkennen geben. Herr Prof. Engler hat die 1,7 pCt. offenbar nur so erschlossen, daß er bei einigen Wasserpflanzen, nämlich bei »Grünalgen« und Hypnum aduncum die Zahlen 1,6, ferner 2,0 und 1,0 pCt. Fett findet. Aber die »Grünalgen« waren wohl nicht Ölalgen, die bei der Sapropel - Bildung so reich in Betracht kommen, sondern wohl Fadenalgen aus der wesent¬ lich Kohlenhydrate enthaltenden Gruppe wie Spirogyra etc., und Hypnum aduncum hat hier erst recht auszuscheiden. Wir wissen, daß die Moose — gleicbgiltig ob es sich um Landmoose oder um Wassermoose handelt — keine Sapropel- Bildner sind. Will man chemische Untersuchungen über die wesentlichen Ur- materialien des Sapropels anstellen, so muß man echtes Plankton zur Verfügung haben. Wenn in dem Sapropel eine wesentliche Anreicherung von Fetten, die in der oben angegebenen Weise extrahierbar bleiben, stattfände und nicht vielmehr — wie ich annehme — eine Zersetzung in Richtung der » Bituminierung«, so müßten ja die Sapropele, je älter sie sind, auch im Durchschnitt um so reicher an Fett sein; die Untersuchung erweist das aber nicht. Es fanden sich im rezenten Ludwigshofer Faulschlamm — wie wir sehen werden — 3,6 (Krämer u. Spieker) resp. auf aschenfreie Substanz berechnet 5,12 und 5,78 (Holde) pCt. Fett; in einem diluvialen Sapropelit (Diatomeen-Pelit untersucht von A. Böhm) fanden sich 2,41 pCt. in der aschenfreien Substanz, und ich habe Herrn Dr.*BöiiM gebeten, diesbezüglich auch einen Sapropelit tertiären Alters zu untersuchen, nämlich den »Dysodil« von Messel bei Darmstadt, und er fand nach 6 ständiger Extraction 2,73 pCt. fettartige Stoffe in der lufttrocknen , ascheufreien Substanz, extrahiert nacheinander mit Petroläther (zog aus 0,71 pCt.), Benzol (0,04) und Toluol (1,08). Das Alles spricht durchaus nicht für eine wesentliche »Anreiche¬ rung« von »Fett«. Ich könnte auf Grund der Tatsachen daher nur — bis auf weiteres — annehmen, daß im Verlaufe des ersten Zersetzungsstadiums das Fett, weil haltbarer als die anderen wesentlichen Bestandteile (Proteine, Kohlenhydrate), sich wohl etwas anreichern möchte, daß es jedoch schnell genug der Bituminie- rung in dem S. 19 ff. angegebenen Sinne anheimfällt. Das Sapropel. 105 sammensetzung des Planktons«1). Wir finden dort auf S. 73 (31) Planktonfänge u. a. auf ihren Protein- und Fettgehalt, berechnet auf aschenfreie Trockensubstanz, angegeben. Danach enthielten 11 Planktonfänge, die im Folgenden angegebenen Prozente von Protein und Fett: Proteine Fett Proteine H- Fett ? -+- 5,15 = ? 24,25 4- 2,35 = 26,60 22,13 + 2,47 = 24,60 24,92 4- 3,80 = 28,72 29,04 4- 6,22 = 35.26 33,89 4- 6,49 = 40,38 40,32 -4 10,98 = 51,30 59,70 4- 2,59 = 62,29 41,64 4- 10,82 = 52,46 33,36 4- 5,03 = 38,39 ? 4- 8,55 = ? Hingegen berechnen sich aus den Angaben 1. c. S. 87 (45) und 89 (47) die Prozentquantitäten der gleichen Stolle, ebenfalls auf aschenfreie Trockensubstanz bezogen, für Landpflanzen wie folgt2) : Proteine Fett Proteine + Fett Wiesenheu, weniger gut Wiesenheu, gut . Junger Roggen (= Roggen- Grün futt er) . Futterwicke, sehr gut Fettweide . Lupine, gut . . . 9,23 4- 1,80 = 11,03 14,81 4- 3,48 = 18,29 12,73 4- 3,51 = 16,24 26,6 4- 3,0 '= 29.6 23,0 4- 5,0 = 28,0 25,5 4- 2,8 = 28,3 ') Erschienen in den »Wissenschaftlichen Meeresuntersuehungen«, heraas¬ gegeben von der Kommission zur Wissenschaft!. Untersuchung der deutschen Meere in Kiel und der Biolog. Anstalt auf Helgoland. Neue Folge. 3. Bd. Abt. Kiel. Kiel und Leipzig 1898, S. 45—90. 2) Yergl. auch die bezüglichen Angaben bei J. König, Untersuchung landw. und gewerbl. wichtiger Stoffe. Ferner: Chemie der menschlicbeu Nahrungs- und Genußmittel, die übrigens Brandt zum Teil ebenfalls zugrunde gelegt hat. 106 Das Sapropel. Der Unterschied ist also ein recht beträchtlicher, und er würde noch mehr in die Erscheinung treten, wenn ich nicht — aus Mangel an geeigneteren Angaben — besonders gute, d. h. protein- und fettreiche Futtermittel hätte heranziehen müssen, sondern wenn mir hinsichtlich ihres wilden Vorkommens dem Plankton gleich¬ wertig zu setzende Angaben über Landpflanzen zur Verfügung ständen. Immerhin ist der Unterschied zwischen dem durchschnitt¬ lichen Protein- und Fettgehalt des Planktons einerseits und der Landpflanzen andererseits auch nach Obigem auffällig genug. Es wäre aber interessant, die Untersuchungen fortzusetzen, um rich¬ tigere Zahlen zu erhalten, die dann noch extremer ausfallen müssen. Nehmen wir z. B. eine Pflanzenart, deren Futterwert als ein nur »mäßiger« angegeben wird, so erhalten wir gleich sehr auffällig extremere Zahlen, die den Unterschied zwischen Plankton und Landpflanzen noch viel krasser illustriert. So fand Fingerling bei älteren Pflanzen von Alopecurus agrestris !) (auf aschenfreie Substanz umgerechnet) in der Trockensubstanz nur Proteine Fett Proteine 4- Fett 7,18 -+- 2,45 = 9,63 pCt. Wir haben also in den herangezogenen Fällen beim Plankton O O 24,60— 62,29 pCt. Fett -4- Protein, während die erwähnten Land¬ pflanzen nur 9,63 — 29,6 pCt. aufweisen. Gewiß schon jetzt ein sehr beträchtlicher Unterschied! Äußerungen bezüglich des hier hervorgehobenen Unterschiedes finden sich auch bei Brandt. Er sagt 1. c. S. 89 (47): Wenn man ganze Futterpflanzen betrachtet, »so ist ein so bedeutender Fett¬ gehalt wie bei Diatomeen nie vertreten. Auch der Eiweißgehalt der Diatomeen ist verhältnismäßig sehr hoch«, und die zum Ver¬ gleich mit den Diatomeen von ihm herangezogenen Futtermittel (Futterwicke, Fettweide und Lupine), die wir oben ebenfalls zum Vergleich benutzt haben, sind eben besonders protein- und fett¬ reiche Pflanzen. Brandt fährt fort: »Durch sehr hohen Gehalt an Fett und durch Armut an Kohlenhydraten unterscheidet sich 9 Mitgeteilt Id Fkuwirtm, Der Ackerfuchsschwanz. Berlin 1908, p. 18. Das Sapropel. 107 also die aschenfreie Trockensubstanz der Diatomeen von derjenigen der Futterpflanzen«. Für letztere gibt er in seinen Vergleichs¬ objekten rund 70 pCt. (nämlich 67,8, 70,0, 71,6 und 72,0) und für Diatomeen 63,2 pCt. Kohlenhydrate an. Auf S. 90 (48) lesen wir dann noch, daß in gewissen Planktonfängen der Prote'ingehalt »sehr bedeutend, der Fettgehalt in einem Falle niedrig, im anderen abnorm hoch und der Gehalt an Kohlenhydraten verhältnismäßig sehr niedrig« sei. Bei alledem ist aber noch zu beachten, daß auch das, was als Kohlenhydrat oder Rohfaser beim Plankton an¬ gegeben wird, sich sicher chemisch nicht wenig von den Kohlen¬ hydraten bezw. der Rohfaser der Landpflanzen unterscheiden wird — diesbezüglich läßt die Chemie noch zum guten Teil im Stich — , so daß auch dieser Unterschied möglicherweise für die entstehen- den subfossilen und fossilen Produkte von Einfluß ist, d. h. viel¬ leicht ebenfalls einmal für die Erklärung: der Verschiedenheiten zwischen den fossilen Sapropeliten und Humusgesteinen wird in Rechnung gezogen werden müssen. Demzufolge ist es nicht unmöglich, daß im Gegensatz zu den wegen ihres hohen Fettgehalts als Öl-Algen bezeichneten Sa- propel-Bildnerinnen die anderen Algen mit vorwiegendem Kohlen¬ hydratgehalt , die man kurz als Kohlenhydrat- Algen bezeichnen könnte, nichtsdestoweniger in ihrer Wirkung auf den entstehenden Kaustobiolith diesem eine Bituminierunofs-Tendenz verleihen. Erst wenn wir über die Fäulnisprodukte der Landpflanzen-Kohlen- hydrate einerseits und der Kohlenhydrate der echten Wasserorga¬ nismen andererseits unterrichtet sein werden, wird sich etwas Be¬ stimmtes darüber sagen lassen. Jedenfalls bleibt die Tatsache be¬ stehen, daß eben die Kaustobiolithe, die wesentlich aus Land¬ pflanzen hervorgehen, von denjenigen, die wesentlich aus echten Wasserorganismen hervorgehen, sich so auffällig unterscheiden, daß eine klassifikatorische Trennung beider Gruppen geboten ist. Die für Brandt (1. c. S. 57 [15]) ausgeführten Plankton-Fettbe- stirnmungen beruhen auf der Extraktion der Substanz mittels über Natrium getrockneten Äthers. Eine derartige Extraktion nahm bei dem Material ca. 6 Stunden in Anspruch. »Ist dieselbe be¬ endet, so gießt man den vor Extraktion verwendeten Äther in eine 108 Das Sapropel. Schale oder besser noch in ein Kölbchen und verjagt den Äther auf einem erwärmten Wasserbade. Das so erhaltene Fett trocknet man eine Nacht im Exsiccator und 2 Stunden bei 100° C. und findet dann den Fettgehalt durch Wägung und Subtraktion des gewogenen Kölbchens«. Ich gebe hier die für Brandt befolgte, bekannte Methode der Fettbestimmung so ausführlich an, weil die Quantität des gewonnenen Materials je nach der Verschiedenartigkeit der Art und Weise, sie zu bestimmen, auch recht verschieden ist. Or¬ dentliche Resultate wird man natürlich auch nur erreichen, wenn die beste (d. h. derzeitig aber auch gleichzeitig die langwierigste) Methode der Fettbestimmung für alle und sämtliche in Vergleich zu ziehende Substanzen zur Anwendung gelangt. Solche ganz exakten Untersuchungen stehen aber für unseren Fall noch nicht zur Verfügung. Untersuchen wir chemisch die Sapropelite, so finden wir oft weniger durch Extraktionsmittel nachweisbare Fette als in ihren Urmaterialien. G. Kraemer und A. Spilker geben1) im Sa¬ propel von Ludwigshof in Pommern 3,6 pCt. »Fettwachs« in der Trockensubstanz an. Kraemer hat das Material — wie wir noch sehen werden — fälschlich für Diatomeen-Pelit gehalten, was für die vorliegende Fett-Frage freilich belanglos ist, da auch ein kaustobiolithischer Diatomeen-Pelit ein Sapropelit ist. Ich habe aber einen (diluvialen) Diatomeen-Pelit (von Bispingen in der Lüneburger Haide) untersuchen lassen; in diesem fand Herr Dr. Arthur Böhm 2,41 pCt. (Aethyläther-)Extrakt in der aschen¬ freien lufttrocknen Substanz, und zwar eine »feste grüngelbe wachsähnliche Masse, die beim Erhitzen wachsig-teerigen Geruch zeigt«. Kraemer und Spilker haben zur Erzielung reichlicherer Ausbeuten das Ludwigshofer Sapropel zuvor längere Zeit mit 5-prozentiger Salzsäure gekocht, wodurch nahezu die Hälfte der Trockensubstanz in Lösung ging. Der ungelöst bleibende Teil wurde nach dem Trocknen im Soxhlet-Apparat mit Toluol ausge¬ zogen. Herr Prof. Holde, der freundlichst 2 Proben desselben l) Kraemer und Spilker, Das Wachs der Bacillariaceen und sein Zusammen¬ hang mit dem Erdöl (Ber. Deutsche ehern. Ges, 1899, S. 2944). Das Sapropel. 109 Materiales für mich untersuchte, fand in der aschenfreien Trocken¬ substanz 5,12 und 5,78 pCt, und zwar wurden von diesem als Extraktionsmittel nach einander benutzt Petroläther, Benzol und Toluol. Die extrahierten Stoffe waren »wachsartig« grün, gelb¬ braun, braun und schwarzbraun und rochen z. T. »schwach bitu¬ minös«. Der Sapropelit von Maracaibo (Venezuela) enthielt 3,42 in derselben Weise extrahierte geruchlose Stoffe von ebenfalls wachsartiger Beschaffenheit, bräunlichgelber und brauner Farbe. Torfproben, die ich dem Genannten zum Vergleich mitgab, er¬ gaben nach derselben Untersuchungs-Methode, und zwar sehr reifer, alter Flachmoortorf von Aussee 2,58 pCt. wachsartige, hei 1- und dunkelbraune, »sehr schwach faulig riechenden« Stoffe, Dop- plerit von Aussee 0,25 pCt. fettartige und wachsartige, grünlich¬ gelbe und gelblichbraune, geruchlose Stoffe und ein jüngerer Sphagnetum-Torf aus dem Kehdinger Moor bei Stade 2,88 pCt. wachsartige und kolophoniumartige spröde, braungelbe, braune und schwarzbraune, schwach faulig riechende und geruchlose Stoffe. Es ist bei solchen Vergleichen nicht zu vergessen, daß die richtigen relativen Zahlen nur gefunden werden, wenn man unge¬ fähr gleichalte Materialien vergleicht, denn gewisse Fette, auch Wachse und insbesondere Harze reichern sich im Verlaufe der Zersetzung organischer Substanzen an, andererseits muß auch das ungefähr gleiche durch die Zeit gegebene Zersetzungsstadium vor¬ liegen. Im Vergleich zu anderen Zersetzungen organischer Sub¬ stanz im gewöhnlichen feuchten Zustande zersetzt sich nach Hübner1) von dem Fett nur eine sehr geringe Menge, in sehr nassem Boden konnte er keine Zersetzung beobachten : hier ver¬ hindert die mangelnde Durchlüftung eine Fettoxydation. Es ist aber zu beachten, daß die Fette, die in den echten Wasserorganismen vorhanden sind resp. diejenigen der Organismen, die wesentlich als Urmaterial des Sapropels in Betracht kommen, nach dieser Richtung noch nicht untersucht sind. Instruktiv ist hierzu immer¬ hin die Tatsache, daß in einem Material, das auf der Grenze steht, 0 Rubner, Über Spaltung und Zersetzung von Fetten und Fettsäuren im Boden und in Nährflüssigkeiten (Archiv für Hygiene, Bd. XXXVIII, S. 67). 110 Das Sapropel. zwischen einem ganz reinen Akaustobiolith, das soll heißen einem Biolith, der gar keine brennbaren C-haltigen organischen Bestand¬ teile mehr enthält, und einem solchen, der noch geringe Quan¬ titäten davon besitzt, nämlich in dem Globigerinen-Schlamm ozea¬ nischer Tiefen durch Gümbel1) wesentlich »eine Art Fett« als Re¬ siduum der brennbaren organischen Substanz nachgewiesen worden ist. Es trat in Gestalt von blendend weißen Knöllchen auf, war durch kochenden Alkohol herauszuziehen und schied sich beim Erkalten oder Vermengen mit Wasser wieder aus. Gümrel •schätzte den Anteil in seinem Fall auf 0,1 pCt. des Globigerinen- Schlamms, dieser bei 100° getrocknet. Im ganzen erhielt er in diesem Zustande 6 pCt. organische Betandteile und Wasser. »Be¬ sonders reiche ausgesuchte Stücke enthielten 5,7 pCt. der Fett¬ substanz« 2). Wenn man das Gesagte berücksichtigt, ist es klar, daß sich ein ganz falsches Bild ergeben muß, wenn man etwa einen alten Torf mit einem jungen Sapropelit vergleicht. Als Beispiel sei nur angeführt, daß ein reifer (alter) Sphagnetum-Torf des Kehdinger Moors (»älterer Moostorf«) nach einer Untersuchung von H errn Prof. Holde 7,67 pCt. Extrakt! v-Stoffe ergab. Es muß übrigens bei diesen Untersuchungen stets dahin gestellt bleiben, inwieweit es sich außer Fetten und Wachsen auch um Harze handelt, daher ’) Gümbel, Die miüeralogiseh-geologische Beschaffenheit der auf der For¬ schungsreise S. M. S. >■ Gazelle« gesammelten Meeresgrund-Ablagerungen. (Die Forschungsreise S. M. S. «Gazelle« in den Jahren 1874 bis 1876, herausgegeben von dem Hydrographischen Amt der Admiralität. II. Teil. Berlin 1888, S. 73 bis 74, auch S. 75 unten.) 2) Als ich meine Abhandlung über die Urmaterialien der Petrolea schrieb, war es mir entgangen, daß Gümbel auf Grund der oben mitgeteilten Tatsache zu der Ansicht gelangte (1. c. S. 74): »Es wird daraus für die in vielen Meeresabla¬ gerungen ans älteren geologischen Zeiten vorkommenden bituminös-fettigen Beimengungen und vielleicht auch für das Petroleumvorkommen in Fällen, in denen tierische oder pflanzliche Einschlüsse sich nicht deutlich erkennen lassen oder bemerkbar machen, eine befriedigende Erklärung abgeleitet werden dürfen«. Freilich hat auch er das rezente massenhafte Vorhandensein von Sapropel-Erden mit ganz wesentlich größerem Gebalt an brennbarem Material übersehen Es ist immerhin bemerkenswert, daß Gümbel schon die »Fett «-Quantität des Glo- bigerinenschlammes für ausreichend hielt, das viele Petroleum zu erklären. Das Sapropel. 111 vorsichtig nur von »Extraktiv-Stoffen« die Rede war1). Die Be¬ merkung von Prof*. Holde, daß ein Teil dieses Sphagnetum-Torfs kolophoniumartig spröde ist, macht den Gedanken rege, daß aus Sphagnetum -Torf vielleicht fossil ein Liptobiolith werden könnte. Hiermit stimmt auch eine Bemerkung von Herrn Prof. Dr. H. TiiOMS überein, der mir freundlichst mit demselben prinzipiellen Resultat einen anderen alten Hochmoortorf untersucht hat, und der hinzu- fügt; es handelt sich in dem Extraktiv-Stoff seines Hochmoortorfs (von Dalle in der Lüneburger Haide) um ein » mon tanwachs «- ähnliches Produkt, und das ist ein aus einem tertiären Lipto¬ biolith, nämlich aus Pyropissit oder aus einer mehr oder minder pyropissitischen Kohle gewonnenes Produkt, das E. v. Boyen aus dem genannten, in der Technik als Schwelkohle bezeichneten Material durch Extraktion mit Benzin gewann2). Auch Herr Dr. A. Böhm, der älteren Sphagnetum-Torf des Kehdinger Moores untersuchte und mit Aethyläther 5,10 pCt, extrahierte, sagt von diesem Extraktionsprodukt in prinzipieller Übereinstimmung mit den beiden vorgenannten Herren, dieses Produkt sei eine »feste dunkelbraune wachs-harzähnliche Masse von leichter Sprödig¬ keit«, die beim Erhitzen einen wachsig-teerigen Geruch habe; ') Es sei die Gelegenheit benutzt, Definitionen von Fett, Wachs und Harz zu geben, die ich Herrn Prof. Holde verdanke: Er schreibt: »Fette sind in Wasser nicht lösliche Verbindungen von Glycerin (dreiwertiger Fettalkohol) mit höheren Fettsäuren, Wachse Verbindungen von einwertigen Fettalkoholen (Aethyl- alkohol, Myricilalkobol usw.) oder einwertige aromatische Alkohole (Cholesterin, Isocholesterin) mit höherer Fettsäure Je nachdem in den Fetten und Wachsen flüssige oder feste Säuren vorwiegen, gibt es flüssige und feste Fette und Wachse, also auch Fette von äußerlich wachsartiger und Wachse von äußerlich fettartiger Beschaffenheit, also flüssige Wachse. Als Nebenbestandteile finden sich in Fetten und Wachsen freie Fettsäure, Kohlenwasserstoffe, Farbstoffe etc. Einzelne Fette z. B. Butter, Kokosfett etc. enthalten auch Glycerin, flüchtige Fettsäuren, aber nur in kleineren Mengen. Die Harze enthalten in erster Linie, so weit es sich um Fichtenharz etc. handelt, feste hochmolekülare Säuren, auch Kohlenwasser¬ stoffe, Superoxyde ctc.; sie sind im allgemeinen spröde. Es finden sich aber auch fett- und wachsartige chemische Verbindungen und auch noch Verbindungen anderen chemischen Charakters in ihnen, so daß sie nicht leicht einheitlich zu definieren sind«. 2j Näheres über Montanwachs vergl. in E. Elidmann, »Die Chemie der Braunkohle«. Halle a. S., 1907, S. 78. 112 Das Sapropel. und dabei ist zu beachten, daß alle drei unabhängig und unbe¬ einflußt von einander gearbeitet haben. Dazu kommt nun noch eine wichtige Mitteilung von V. Zailer und L. WiLK1), die bei 3 Sphagnum- Aorten 0,93, sodann 1,27 und 2,13 pCt. durch Äther aus der Trockensubstanz extrahierbare Stoffe angeben, jedoch als alkohollöslich resp. angeben 2,58, sodann 3,87 und 4,37 pCt. Be¬ rücksichtigt man, daß durch Äther extrahirt werden »der Haupt¬ sache nach ätherische und fette Öle, Fette (Wachs) und ein Teil der Harze, sowie geringe Mengen von Chlorophyll und Alkaloide, die bei Anwesenheit von Fett zum Teil ausgezogen werden und andere in Spuren vorhandene Substanzen wie flüchtige Säuren, Aldehyde und Ester enthalten, während die alkohollöslichen Sub¬ stanzen größtenteils aus Harzen, Gerbsäuren, Bitterstoffen, Alka¬ loiden, Glykogen und Farbstoffen bestehen« (1. c. S. 77), so weist auch dies darauf hin, daß die wesentlich aus Sphagnum hervor¬ gehenden Torfe trotz der großen Mengen Extraktivstoffe, die sie enthalten, diesbezüglich nicht mit den Sapropelen zusammen¬ geworfen werden können, sondern zu den Liptobiolithen tendieren. Übrigens ist auch darauf hinzuweisen, daß bei dem Extraktions¬ verfahren die strukturelle Beschaffenheit des zu untersuchenden Materials offenbar eine beträchtliche Rolle spielt. Bei dem einen Stoff’ wird man viele Tage, ja Wochen gebrauchen, um die ge¬ samte extraktionsfähige Substanz zu erhalten, bei einem anderen Stoffe jedoch können unter Umständen ein paar Stunden dazu hin¬ reichen. Herr Dr. A. Böhm von der KM. Geolog. Landesanstalt O Ä * in Berlin hat nach dieser Richtung für mich freund liehst sorgsame Untersuchungen angestellt. Ein Sapropelton, dessen Inneres auch nach Pulverisierung für die Extraktionsmittel schwer zugänglich ist, verlangt für die Extraktion sehr viel Zeit, Sphagnum jedoch ist durch seinen histologischen Bau dazu prädestiniert, die lösungs¬ fähigen Substanzen relativ schnell herzugeben. Wir haben es, wie wir sahen, bei dieser Gattung mit einem Gewebe der Blätter und Stammrinde zu tun, das nach außen durch recht große Löcher l) Zailer u. Wilk, Einfl. der PÜanzenkonstituenten auf die pliys und cliem. Eigensch. des Torfes. 1907, S. 76, 77. Das Sapropel. 113 kommuniziert, die im Leben das atmosphärische Wasser aufnehmen (vergl. vorn S. 39 und Fig. 1), bei der Extraktion aber der Ex¬ traktionsflüssigkeit bequemsten Zugang zu den Zellen mit den lösenden Stoffen gestatten. Werden doch diese Zellen vermöge des erwähnten besonderen Baues dann von den Lösungsmitteln um¬ spült. Es ist demnach einzusehen, daß die Anwendung der Zeit¬ räume für die Extraktion bei heterogenen Materialien, die ver¬ glichen werden sollen, verschiedene sein müssen, und es ein Trug¬ schluß wäre, zu glauben, daß nur dann exakte Zahlen zu gewinnen seien, wenn mit der Anwendung gleicher Lösungsmittel nun auch gleiche Zeiten zugrunde gelegt werden. Wie beim Sphagnetum-Torf ist es auch mit unseren übrigen echten Torfen: die Extraktivstoffe sind hier nur zum Teil Fette und Wachse, bei den Sapropelen aber über wiegen die Fette und Wachse. Aber wenn auch weitere Analysen diesen Unterschied mehr verwischen sollten, so ist doch hervorzuheben, daß die¬ jenigen Zersetzungsprodukte der Fette, Proteine usw., die in dem Sapropel verbleiben, diesem offenbar zum großen Teil seine Eigen¬ tümlichkeit verleihen. Was diese Zersetzungsprcdukte chemisch sind, wissen wir noch nicht. Offenbar verhalten sie sich gegen¬ über den Fettlösungsmitteln nicht wie Fette. Wir befinden uns hier in der gleichen Lage wie mit den wesentlich Kohlenhydrate enthaltenden Humus bildenden Pflanzen. Auch hier zersetzt sich z. B. die Cellulose, die dann aber nicht mehr als Cellulose nach¬ zuweisen ist, ebenso wfie die Fette der Sapropel-Urmaterialien als solche nur noch zum Teil in den Sapropel-Gesteinen vorhanden sind. Die zurückbleibenden Zersetzungsprodukte der Cellulose etc. einerseits und der Fette etc. andererseits bedingen aber den Cha¬ rakter und zwar einerseits der Humus-Gesteine, andererseits der Sapropele wesentlich mit. Man darf von vornherein nicht er¬ warten, in den Kaustobiolithen die chemischen Verbindungen der lebenden Organismen wiederzufinden1), wenn auch die stabileren unter ihnen sich am längsten erhalten werden. Die Fette der Sa- ]) Vergl. Potonie, Die Entstehung der Steinkohle. 4. Aull. Berlin 1!X)7. S. 43-44. Neue Folge. Heft 55. 114 Das Sapropel- propel bildenden Organismen gehören aber unter den Fetten viel¬ leicht zu den leichter zersetzlichen Kurz, hier findet der Chemiker noch sehr viel zu tun. Nun ist aber in der Fettfrage noch ein sehr wesentlicher Punkt zu beachten. Es ist nämlich zu erwägen, inwieweit die Fette des entstehenden Sapropels verseift werden, also in dem fertigen Sapropel als Seifen vorhanden sind. Auf S. 11 wurde darauf hingewiesen, daß in einem Specialfall bei Fleisch, das an¬ genäherten Fäulnisbedingungen unterworfen wurde, eine Zunahme um 100 pCt. des Gehaltes an Fettsäure, zum größten Teil verseift gebunden, zu beobachten war. Gleiche Verhältnisse sind bei der Entstehung von Sapropel anzunehmen. Die große Verbreitung des Kalkcarbonats insbesondere lenkt das Augenmerk auf die Entste¬ hung von Kalksalzen (Kalkseifen). A. Künkler und H. Schwed- helm sagen z. B.1): Das Kalkcarbonat »reagiert schon bei nor¬ malen Druck- und Temperaturverhältnissen, besonders bei An¬ wesenheit von Wasser, unter CO2- Entwicklung auf flüssige Fett¬ stoffe und zwar energisch auf Fettsäuren, langsam auf Glyceride unter Emulsionsbiidung. Es bilden sich die Kalksalze«. In einer Anmerkung hierzu wird hinzugefügt: »ebenso verseifen doppeltkohlensaure Alkalien, sämtliche kohlensaure Erdalkalien und Aluminiumhydroxyd.« Es gibt übrigens auch Eisenseife. Es ist nun darauf zu achten, daß Kalkseifen etc. sich nicht in den üblichen Fett- Lösungsmitteln lösen, daß also das ur¬ sprüngliche Vorhandensein reichlicher Fettmengen sich dann auf diesem Wege nicht nachweisen läßt. Die Eigenschaften der Seifen, beim Erhitzen besonders viel brennbares Gas zu liefern, drücken aber diesbezüglich den Materialien denselben Stempel auf als seien unverbundene Fette vorhanden. In Kalkseife etc. läßt sich die Fettsäure freimachen durch Zusatz von HCl, so daß Chlorcalcium etc. entsteht, Auswaschen des überschüssigen HCl, durch d as Filtrieren und Untersuchen des Restes auf Fett- 0 Künkler und Schwedhelm, Uber das Verhalten der Fette und fetten Öle zu kohlensaurem Kalk (Seifensieder-Zeitung und Revue über die Harz-, Fett- und Ölindustrie. Augsburg lt>08) Das Sapropel. 115 säure mit den üblichen Fett- Lösungsmitteln. Herr Dr. Böhm ist damit beschäftigt, den tertiären Sapropelton von Messel in dieser Weise zu untersuchen und hat in Uebereinstimmung mit dem Ge¬ sagten in der Tat nach dem Behandeln mit HCl, in der theore¬ tischen Annahme, damit eventuell verseifte Fettsäuren extraktions¬ fähig zu machen, eine wesentliche Erhöhung der Extractiv-Stoffe beobachtet. Es ist dabei aber zu berücksichtigen, daß zunächst noch tagelang eine Extraction mit Chloroform weitergeführt wurde, die noch beträchtliche Mengen unverseifter Extractivstoffe ergab; erst danach wurde mit HCl aufgeschlossen. Bis jetzt hat er auf diese Weise in dem Sapropelton von Messel ca. 10 pCt. Extrac¬ tivstoffe in der wasser- und aschenfreien Substanz gefunden. Man vergleiche damit die in der Anmerkung S. 104 angegebene Zahl 2,73; hierzu kommen ca. 5 pCt. Chloroformextrakt und ca. 2,3 pCt. Produkte nach dem Behandeln mit HCl, was etwa ca. 10 pCt. ergibt. — Über die Fortführung der Untersuchungen zur Ent¬ scheidung der im Vorausgehenden aufgeworfenen Fragen chemi¬ scher Natur wird der Genannte seinerzeit berichten. Das reichere Vorhandensein von Proteinen in den Organismen, die die Urmaterialien des Sapropcls sind, kommt, wie aus mehreren Angaben im Vorausgehenden ersichtlich ist, ebenfalls in Frage, weshalb wir besonders in den Tabellen S. 105 die Pro¬ teine mitberücksichtigt haben. Bei der Anreicherung von fettartigen Stoffen oder Fett-Derivaten in dem Sapropel spielen u. a. auch die Proteine eine Rolle, denn bei ihrer Zersetzung entstehen — wie schon im Kapitel »Zersetzungsprozesse« S. 11 erwähnt und worauf soeben S. 114 noch einmal aufmerksam gemacht wurde — erhebliche Mengen von Fettsäuren 1). Eine hierher gehörige interessante Beobachtung hat A. Seligo gemacht. In dem Barle- witzer See2) waren im harten und langen Winter 189G — 1897 fast alle in ihn hineingesetzten Fische erstickt. »Die toten Aale — sagt er nun — hielten sich noch bis in den Sommer 1897 hinein 1) Vergl. auch C. Neuberg, Die Entstehung des Erdöles (Akad. d. Wiss., Berlin 1907). 2) Seeigo, Untersuchungen in den Stuhmer Seen. Dauzig 1900. S. 1. 3* 116 Das Sapropel. kaum verändert. Die Reste fanden sich noch bis zum Herbst 1898, aber in auffallend veränderter Form. Alle stark knochenhaltmen Teile, Kopf, Flossen, Schwanzende, waren verschwunden, die Knochensubstanz der Wirbelsäule ausgelaugt, auch die Eingeweide fehlten, nur der Rumpf war übrig geblieben. Die Haut war panzerartig erhärtet mit unregelmäßigen Erhöhungen, wie wenn sie geschmolzen und unregelmäßig wieder erstarrt wäre. Die Substanz desFleisches war schneeweiß und sehr bröcke¬ lig«. Es handelte sich um entstandenes Leichenfett. Im Gegensatz zu den hauptsächlichsten Urmaterialien der Sa- propele sind die Hauptmaterialien, die die höheren (zu den Pterido- phyten und Siphonogamen gehörigen) Wasserpflanzen und die Sumpfpflanzen zusammensetzen, also insbesondere diejenigen Pflan¬ zen, die an Örtlichkeiten wachsen können, die dem Vertorfungs¬ prozeß günstig sind, Kohlenhydrate wie bei den ausschließlichen Landpflanzen. Diese sind denn auch erst die richtigen Humus¬ bildner. Es ist hervorzuheben, daß diese höheren Pflanzen und der Torf eine beträchtliche Quantität Pentosane enthalten, d. h. relativ widerstandsfähige Kohlenhydrate von der Formel C5H8O4. Bei Calluna vulgaris fand H. v. Feilitzen1) in der aschen- freien Trockensubstanz 15,36 pCt. davon, bei Sphagnum cuspi- clatuni 14,7 2), in Hochmoortorf 2,65 — 12,75 pCt. Im reinen Sa¬ propel hingegen tritt ebenso wie in den typischen Urmaterialien desselben der Pentosan-Gehalt mehr zurück. Herr Prof. Dr. 11. Thoms, dem ich zur Untersuchung eine Probe Sapropel von Lud¬ wigshof in Pommern zustellte, fand in der aschenfreien Trocken¬ substanz 6,56 pCt. Pentosane. Es ist bei Beurteilung dieser Zahl darauf zu achten, daß es sich um ein junges Sapropel handelt, da in den älteren Kaustobiolithen der Gehalt an Pentosanen durch ihre Zersetzung abnimmt3). Auch die bloße Verschwelung, von Sapropel einerseits und ') Feilitzen, Über die Zusammensetzung des Torfes etc. Göttingen 1897. 3) Weitere Beispiele in der von Fu. Czapek »Biochemie der Pflanzen« (Jena 1905) I, S. 543 gegebenen Zusammenstellung. 3) v. Feilitzen und Tolless, Uber den Gehalt des Torfes an Pentosan und anderen Kohlenhydraten (Journal f. Landw. 1898, Bd. 46). Das Sapropel. 117 Torf andererseits gibt zu erkennen, daß beide recht verschie¬ den sind. Bei einer Verschwelung (trocknen Destillation) lufttrocknen Materiales ergab sich in einer Sap ropel- Probe (25 Gramm) von Ludwigshof (siidl. des Stettiner TIaffs) in Pommern: 21,05 pCt. Ölteer, 25,15 pCt. Koks, 53,80 pCt. H20 und Gase1). Prof. C. Engler in Karlsruhe (Baden) hatte in einer anderen Probe gleichen Herkommens gefunden (veröffentlicht in Potonie 1905, S. 347): 30,8 pCt. Ölteer, 33,3 pCt. Koks, 35,8 pCt. H20 und Gase. Ein in gleicher Weise für mich von Hrn. Bergingenieur JöS. Kern unter Leitung des Vorstehers des Laboratoriums für Boden- Untersuchungen der Kgl. Geolog. Landesanstalt in Berlin, Herrn Dr. Robert Gans, untersuchtes Sapropel von Liebemühl in Ost¬ preußen ergab : 28,13 pCt. Ölteer, 29,97 pCt. Koks, 23,97 pCt. H2Q, 18,35 pCt. Gase. Zur richtigen Würdigung der sich aus diesen Tatsachen er¬ gebenden Eigenheiten des Sapropels gegenüber dem Humus seien zum Vergleich die Resultate mitgeteilt, die sich aus gleicher Be¬ handlung von Moortorf ergeben. Ein von mir untersuchter Torf von Purpesseln in Ostpreu ßen ergab : 4,46 pCt. Teer, 40,03 pCt. Koks, 55,51 pCt. H20 und Gase. Herr Prof. C. Engler hat freund liehst eine andere Probe desselben Vorkommens untersucht und gefunden: 11,0 pCt. Teer, 33,8 pCt. Koks, 29,8 pCt. H20 und 25,4 pCt. Gase. Eine von Hrn. Kern wie oben untersuchte Torf-Probe von Liebemühl ergab: 10,58 pCt. Teer, 43,88 pCt. Koks, 15,90 pCt. H20 u. 29,64 pCt. Gase. E. und K. Birnbaum (1880, S. 243) bieten nach verschiedenen Beobachtern eine Tabelle, ans der sich eine vollkommene Uber- ') Asche und anorganische Sedimente also hier und in den folgenden Ana¬ lysen abgerechnet. 118 Das Sapropel. ei u Stimmung der Resultate mit den unsrigen ergibt. Lufttrockne Torfe enthalten danach: 1,46 1 18,97 1 21,19 \ 11,11 bis > Teer, bis ; Koks, bis > H20, bis 9,08 ) 42,5 ) 58,03 ) 57,75 Es sind bei Untersuchungen vorstehender Art streng typische Sapropele von typischen Moortorfen zu unterscheiden. In der Literatur gehen als Torfe auch Streifen- und Sumpf-Torfe, also reichlich Sapropel- (resp. Saprokoll-) haltige Torfe, ja sehr oft auch reinere Sapropele oder Saprokolle. Ubergangsbildungen von Sapropel zu Torf (Saprokoll-Torfe, S. 33) und von Torf zu Lipto- biolithen, also mit hervorragenderem Gehalt an harzigen und wachsigen Teilen zeigen natürlich auch hinsichtlich der oben an- gegebenen Charakteristika Übergänge. Dementsprechend schreibt mir denn auch Herr Prof. C. Engler: »Mit Ihrer Unterscheidung zwischen Torf und Sapropel bin ich prinzipiell vollkommen einverstanden. In der Tat wird ein Rest mit viel Fett resp. Fettwachs wie im Sapropel stets eine höhere Teerausbeute ergeben müssen als im wirklichen Torf. Es wird aber doch auch daran zu denken sein, daß sich unter besonderen Verhältnissen, also ausnahmsweise auch in einem Torf, die Fette bezw. Wachse und Harze so anreichern können, daß höhere Teer¬ ausbeuten resultieren. Auch hierbei können aber die Grenzen übereinander greifen, gerade wie etwa der Kohlenstoffgelialt der Steinkohlen, Braunkohlen und des Torfes.« Bei den oben ausgeführten Experimenten ist ferner zu beachten, daß natürlich die »Menge der einzelnen Substanzen verschieden ist je nach der Art der Destillation und nach der Beschaffenheit des Rohmaterials. Erhitzt man den Torf langsam, beginnt man die Destillation bei Rotglut und bewirkt die weitere Erwärmung durch sehr allmählich gesteigerte Heizung, so erhält man viel Teer und eine lockere Kohle; wird dagegen die Erhitzung des Torfes rasch vorgenommen und von Anfang an bei hoher Temperatur durch¬ geführt, so gewinnt man neben guter kompakter Kohle sehr viele gasförmige Zersetzungsprodukte« (E. u. K. Birnbaum, 1880, S. 242). Das Sapropel. 119 Will man daher vergleichbare Zahlen erhalten, so müssen die Torf- und Sapropel-Proben unter denselben Bedingungen ver¬ schwelt werden 1). Die sich aus den einfachen Versuchen ergebenden Unterschiede sind durch Gegenüberstellung im Folgenden hervorgehoben: Sapropel. 1. Das Destillationsprodukt ist ein Ölteer (es sieht aus wie dickflüssiges Petroleum). Bei guter Kühlung der Vorlage (ich selbst hatte nur eine Vorprobe mit unvollkommenen Einrichtungen gemacht) ergibt das Sapropel über Y4 seines Gewichtes Ölteer. 2. Es bleibt Ys bis 1/^ der Substanz als Koks zurück. 3. Das H2O reagiert al¬ kalisch. 4. Die sich entwickelnden Gase sind gut und andauernd brennbar. Moortorf. 1. Das Destillationsprodukt (Teer) besitzt nicht ölige Kon¬ sistenz; es macht nur rund Y20 und noch weniger vom Gewicht des verbrauchten Torfes aus. 2. Es bleibt fast Y«s der Sub-» stanz als Koks zurück. 3. Das H20 reagiert meist sauer. 4. Die sich entwickelnden Gase sind schlecht und mit Unterbrechungen brennbar. o In gleicher übersichtlicher Zusammenstellung der Unterschiede o O zwischen Sapropel und Moortorf sei das vorher Gesagte im Fol¬ genden rekapituliert mit Hinzufügung noch anderer bemerkens¬ werter Eigentümlichkeiten : O Sapropel. 5. Das Urmaterial besteht wesentlich aus echten Wasser¬ organismen , besonders kommt das (Micro-) Plankton in Betracht. Moortorf. 5. Das Urmaterial besteht wesentlich aus Landpflanzen, be¬ sonders kommen die »Sumpf¬ pflanzen« in Betracht. ’) Yergl. z. B. diesbezüglich auch E. Börnstein, Über die Zersetzung fester Heizstoffe bei langsam gesteigerter Temperatur. (Journal für Gasbeleuchtung u. Wasserversorgung, Karlsruhe 1906\ 120 Das Sapropel. Sapropel. 6. Dementsprechend ist das A usgangsmaterial reicher an o o Fetten und Wachsen, so daß der resultierende Kaustobiolith dadurch in seinen Eigenschaften wesentlich beeinflußt wird. 7. Harze fehlend oder sehr stark zurücktretend. . 8. Es findet wesentlich ein Bituminierungs-Prozeß statt. 9. Demgemäß reichert sich H an. 10. Dementsprechend C - ärmer. 11. Reicher an Proteinen, 12. also auch reicher an N. 13. Das Urmaterial ist ärmer an Kohlenhydraten. 14. H umussäuren fehlen, da¬ her keine Schwarzwässer er¬ zeugend. O 15. Deshalb wird Eisen, das in Sapropel getan wird — wegen der Reduktionsvorgänge in dem letzteren — konserviert und, wenn es rostig war, durch Des¬ oxydation wieder blank (vergl. S. 15). 16. Sapropel ist eine breiig¬ fließende, gallertig - schlammige Masse, während es Moortorf. 6. Dementsprechend ist das Ausgangsmaterial ärmer an o O Fetten. 7. Harze und harzartige Stoffe reichlich vorhanden. 8. Es findet wesentlich ein Inkohlungs-Prozeß statt. 9. Demgemäß tritt ein be¬ merkenswerter Verlust von H ein. 10. Dementsprechend C- r ei eher. 11. Ärmer an Proteinen, 12. also auch ärmer an N. 13. Das Urmaterial ist rei¬ cher an Kohlenhydraten, wodurch der resultierende Kaustobiolith in seinen Eigenschaften wesent¬ lich beeinflußt wird. 14. Humussäuren vorhanden, daher Schwarzwässer erzeugend. 15. Deshalb wird Eisen, das in Moortorf getan wird — trotz der Reduktionsvorgänge in dem letzteren — zerfressen (vergl. S. 15). 16. Moortorf ist im allge¬ meinen eine zusammenhaltende, schneidbare Masse, Moortorf. Sapropel. 17. lufttrocken ungemein hart ist. 17 lufttrocken ist er leicht oder leichter brechbar (wird aber um so fester und härter, je mehr Sapropel in ihm vorhanden ist). Es wurde in der zweiten Spalte der Moortorf als Vergleich herangezogen, weil dieser die verbreitetste, jedenfalls an Quanti¬ tät hervorragendste Humusart ist, jedoch gilt das für diesen Ge¬ sagte in den wesentlichen Punkten, jedenfalls für die meisten Unterschiede, auch für die anderen Humusarten, z. B. vom TrOckentorf, der sich im allgemeinen sogar noch weit auffälliger als der Moortorf vom Sapropel unterscheidet. Bezüglich der unter 5 — 15 erwähnten Unterschiede sei noch¬ mals ausdrücklich in einem zusammenfassenden Satze hervorge- hoben, daß die bei der Vertorfung und die bei der unter Wasser stattfindenden bloßen Fäulnis entstehenden Produkte in ihren chemischen Eigentümlichkeiten nicht allein von der Verschiedenheit der Prozesse abhängig sind, sondern, was wesentlicher ist, von der ur¬ sprünglichen (chemischen) Beschaffenheit der Orga¬ nist e n. Zu 16 und 17 wird noch Näheres weiter hinten gesagt. Wir sehen aus alledem, daß eine systematische Scheidung der Humus-Gesteine und Sapropel- Gesteine geboten ist, und dies zeigt sich noch weiter und eindringlicher, wenn auch die fossilen Kaustobiolithe in Rücksicht gezogen werden. Was- nun die Trennung der genannten Kaustobiolithe von den Liptobiolithen angeht, so kann ich mich ganz kurz fassen, denn hier hat die bisherige Wissenschaft schon lange vorbereitet: einen Kaustobiolith, wie z. B. den Bernstein, hat man stets in einer be¬ sonderen Klasse behandelt, jedenfalls nicht zu den Humus-Gesteinen gerechnet, z. B. nicht in die engere Gruppe gestellt, in die die Steinkohle gehört. Anders ist es aber hinsichtlich derjenigen »Kohlen«, die Sapropelite sind, wie die Cannel- und Boghead- Kohlen, die man in unseren besten Mineralogien bei den 122 Das Sapropel. Harzen untergebracht findet, so bei Naumann-Zirkel1) und zwar deshalb, weil die Bogbead kohle »mehr H als O« enthält. Ebenso ist es bei F. Klockmann, wo sogar der Dopplerit, das reinste Hu¬ mus-Gestein, das wir überhaupt besitzen, bei den Harzen figuriert2). Nun haben in der Tat — wenn auch nicht die Humus-Gesteine — aber doch die Sapropel- Gesteine eine größere chemische Hin¬ neigung zu den Liptobiolithen, und es ist hier deshalb die Grenze in chemischer Hinsicht schwankender als zwischen den Humus- Gesteinen und den Liptobiolithen. Es wird in einigen Fällen noch der ‘Streit intensiver möglich sein, ob man gewisse Kaustobiolithe zu den Sapropeliten oder zu den Liptobiolithen stellen will. Deshalb bin ich bis auf Weiteres geneigt, hier ganz besonders die Herkunft der Urmaterialien mitsprechen zu lassen. Kommen sie von Land¬ pflanzen, wie die Erlenpollen- Ansammlungen (Fimmenit) oder wie die Sporen beim Tasmanit des Palaeozoicums, bei dem es sich um eine Ablagerung von Pteridopliyten-Sporen handelt, so stelle ich diese Gesteine zu den Liptobiolithen, weil die wesentlichen Sapropelit- Urmaterialien eclite Wasserorganismen sind, und zwar geschieht dies trotz des oft sehr hohen »Fett«-Gehaltes der Pollen und Sporen, der eben den wesentlich aus ihnen hervorgegangenen Kaustobiolithen ein Gepräge aufdrückt, das ihre Trennung von den Humus- Gesteinen verlangt. Es bleibt da nur zu ent¬ scheiden übrig, ob man nun solche, in ihren Urmaterialien stark »fett« -haltigen Sonderbildungen zu den Sapropeliten oder zu den Liptobiolithen stellen soll, und ich lasse hier, wie gesagt, die Her¬ kunft von Landpflanzeu den Ausschlag geben. Kurz und bündig: Bieten auch die Liptobiolitlie in ihren chemischen Äußerungen so viel Übereinstimmendes mit Sapropel- Gesteinen, daß man sie diesbezüglich vielleicht zusammentun könnte, so empfiehlt sich doch wegen der sehr verschiedenen Ge¬ nesis ihrer Urmaterialien ihre Trennung. Überdies sind gewisse Endprodukte als Mineralien oder Gesteine so verschieden — wie 0 Naumann, Elemente der Mineralogie. 15. Aufl. von Zirkel, Leipzig 1907. S. 787. 2) Klockmann, Lehrbuch der Mineralogie. 4. Aufl. Stuttgart 1907. S. 592. Das Sapropel. 123 z. B. einerseits der Liptobiolith Bernstein und andererseits die Sapropelite Cannelkohle, Sapropel usw. — daß hier unbedingt eine scharfe systematische Trennung erforderlich ist. Pollen und Sporen, besonders erstere, sind übrigens in so gut wie allen Sapropeliten vorhanden. Außer den im Wasser lebenden Wesen pflegt überhaupt das Sapropel auch Reste von Landbewohnern zu enthalten, die in das Wasser geraten sind, wie Laubblätter von Bäumen, Früchte, wie Haselnüsse usw.; be¬ sonders bemerkenswert sind nun eben in dieser Beziehung die oft sehr zahlreichen Pollen- und Sporen-Masseu (siehe Pollen- Wasser¬ blüte). Alle Übergänge vom autochthonen Faulschlamm bis zum Drifthumus, d. h. bis zu dem vollständig durch Drift zusammen¬ gebrachten Material, können beobachtet werden. Liegen an einem Wasser, das die Bedingungen für die Ent¬ stehung von Faulschlamm erfüllt, Humuslager, z. B. Torfmoore, so können Teile davon als »Schlämmtorf« hinzugeführt werden, die sich dann mit dem Faulschlamm vermischen. Auch Schwarzwasser-Niederschläge können das sich absetzende organische Material vermehren helfen (Näheres unter Dopplerit- Sapropel), und ferner enthält der Faulschlamm — wie wir sahen — naturgemäß oft mancherlei unorganisches Material, wie Kalk, Ton und Sand als Übergangsbildungen zu den Faulschlamm¬ kalken, Faulschlammtonen usw. (s. dort). Als Beispiel eines reinen Sapropels sei hier dasjenige vorge¬ führt, das sich am Boden eines ursprünglichen Sees (des »Ahl- becker Seegrundes«) bei Ludwigshof bei Ueckermünde am Stettiner Haff vorgefundeu hat, dessen stark vorgeschrittene Verlandung durch Ablassen von Wasser noch weiter gefördert wurde. Unter einer Torfdecke, die jetzt die ursprüngliche Wasserfläche ein¬ nimmt, steht dort eine mächtige Schicht von Faulschlamm an, die au einer Stelle bei einer in Gemeinschaft mit Herrn Dr. C. Goebel unternommenen Peilung die in dem folgenden Profil angegebene Mächtigkeit aufwies: Verlanduno;storf . 30 cm Faulschlamm . ca. 5,50 m Kalk-Faulschlamm . mehrere Meter. 124 Das Sapropel. Mikrophotogram in einer Fiachmoortorfprobe von dem bei Triangel in der Lüneburger Heide aufgeschlossenen Torfprofil. Der reife Torf, dem das Präparat entnommen wurde, stammt aus dem untersten Teil des Torflagers. Rechts geht ein Epidermisfetzen einer Monocotyledone (Graminee?) schräg durch das Bild. Während Torf im mikroskopischen Bilde — soweit die figu¬ rierten Bestandteile überhaupt noch bestimmbar sind — diese naturgemäß vorwiegend oder ausschließlich als von pflanzlicher Dieser Faulschlamm ist graubraun, von dickbreiiger Konsi¬ stenz und fühlt sich fettig-schlickig an. Lufttrocken wird er außerordentlich hart. In Wasser weicht er dann allmählich, aber ohne die frühere Schlammbeschaffenheit auch nur annähernd wieder zu gewinnen, wieder etwas auf, indem er höchstens einen festeren S ap rokoll-Z us tan d a n n i m m t. Figur 13. Das Sapropel. 125 Herkunft abstammend erkennen läßt, Fig. 13, zeigt Sapropel, Fig. 14 und 15, unter dem Mikroskop vorwiegend figurierte Reste von echten Wasserorganismen; in dem Sapropel von Ludwigshof z. B. sind vorhanden sehr viele tierische Reste, wie Häute, die von kleinen Crustaceen stammen, ferner sonstige figurierte Chitin- reste solcher Tiere, wie Gliedmaßen und dergleichen und auch Figur 14, Sapropel, 75 x vergrößert, aus dem Ahlbecker Seegrund bei Ludwigshof in Pommern. Rechts ein Kopfstück einer Bosmina (B. longirostris oder coreyoni ?), ferner Panzer¬ reste von Cladoceren usw., Cauda von Lynceus sp.? — Pmws-Pollen und dicht dabei Pediastrum. Melosira. Usw. (Freund liehst aufgenommen von Herrn Rich. Volk.) (Das Bild wurde aus den Mikrophotogrammen zweier verschiedener Präparate kombiniert; die Grenzlinie beider ist rechts sichtbar.) etwas Spongillen-Nadeln, von Pflanzenresten sind Algen bemerkens¬ wert, und zwar viele Fadenalgenstücke ( Oscillaria u. dergh), sehr viel Pediastrum (P. duplex und bory anuni ), wenig Diatomeen ( Melosira usw.), ferner durch Nahedrift hiuzugekommene Pollen 126 Das Sapropel. von Pinus silvestris und Betula , Epidermisfetzen höherer Pflanzen, eventuell von Wasserpflanzen und endlich mit bloßem Auge er¬ kennbare Stengel- und Wurzelteile. Der Kalkgehalt ist gering und wohl durch Wasserpflanzen niedergeschlagen, sonst sind noch Sand- (Quarz-) Partikel, die wohl wie die Pollen ebenfalls vom Winde in das ursprüngliche Wasserbecken getrieben worden sind1). Figur 15. Sapropel, stärker vergrößert als das Präparat Fig. 14, ebenfalls vom Ahlbecker Seegrund bei Ludwigshof in Pommern. Mit 2 Exemplaren von Pediaslruin , Diatomeen (z. B. links oben), einem Pollenkorn von Pinus sifvestris (oben) usw. (Freundlichst aufgenommen von Herrn Dr. Stange.) (Das Bild wurde aus den Mikrophotogrammen zweier verschiedener Präparate kombiniert; die Grenzlinie beider ist links sichtbar.) Wir haben übersichtlich in den untersuchten Proben des Faul¬ schlammes im Wesentlichen: ') Ich habe absichtlich das obige Beispiel gewählt, weil G. Krämer und A. Spilker (Das Wachs der Bacillariaceen und sein Zusammenhang mit dem Das Sapropel. 127 05 d o 4-> C5 ) 1. c. 1883, S. 40. 2) Früh, 1. c. 1883, S. 40. s) Vaupell, De nordsjaellandske Skovmoser, Kopenhagen 1851, S. 1(J — 18, nach Fischer -Benzon, 1891, S. 39. Termini für Sapropelite. 145 Senft fügt bei der Besprechung dieser »Torfe« hinzu: »Wird in der Neuzeit am meisten zur Bereitung von Paraffin verwendet«, was schon darauf hinweist, daß unter diesem Namen vielfach Sapropel gemeint ist. Blättertorf findet man hier und da Saprokoll oder Dopplerit- Saprokoll genannt, wenn diese lufttrocken auffällig aufblättern. Der Ausdruck ist sehr schlecht, da man auch Laubblatt-Ansamm¬ lungen, die vertorft sind, Blättertorf nennt. Braune Leber wird das Saprokoll (die meisten Namen be¬ ziehen sich ja auf den subfossilen oder, wenn mau lieber will, fossilen Zustand des Gesteins) in der Provinz Schleswig- Holstein genannt1) wegen des oft mehr oder minder leberfarbenen Aus¬ sehens. Brennbare Leber = Lebertorf. Chitin- Gytt ja oder -Gytje ist ein Chitin -Sapropel oder Sapro- pelit. Der Ausdruck wird benutzt, wenn man einen hervorragen¬ den Chitingehalt besonders hervorheben will (vergl. z. B. Wesen¬ berg-Lund, 1901). Conferventorf : Saprokoll mit vielen Conferven oder fast ganz aus ihnen bestehend. Cyanopliyceen- Gytje (Wesenberg -Lund 1901). Sapropelit mit vielen Cyanophyceen. Daulebm ist eine westfälische Bezeichnung für Saprokoll2), wegen der oft lehmgelblich-grauen Farbe. o ö O Dopplerit-Saprokoll und Dopplerit-Sapropel. Die letztgenannte Bezeichnung wurde von mir zuerst gebraucht in »Zur Frage nach den Ur- Materialien der Petrolea, 1905, S. 354, die erstgenannte in Klass. und Term, der rezenten brennbaren Biolithe« 1906, S. 26. Diese Gesteine bestehen aus Sapropel mit reichlichem Humussäure- Zusatz, auch Schwemmtorf und Schlämmtorf, letzterer herstammend von dem am Ufer vorhandenen Torf, ersterer entstanden aus der !) Nach L. Meyn, Amtlicher Bericht über die XI. Versammlung deutscher Land- und Forstwirte zu Kiel. Altona 1848, S. 586. 2) C. A. Weber, Vegetation zweier Moore bei Sassenberg in Westfalen. 1897, S. 315. Neue Folge. Heft 55. 10 146 Termini für Sapropelite. Anschwemmung von höheren Wasser- und Sumpf-Pflanzen-Teilen. Dopplerit-Sapropel frißt daher z. B. Eisen-Blechbüchsen durch, in denen das Material frisch aufbewahrt wird, was reines Sapropel nicht tut. In Zweifelsfällen leicht von letzterem durch die sehr starke Bräunung der Flüssigkeit nach Behandlung mit Ammoniak zu erkennen. Dopplerit-Sapropel oder — wenn die Sapropel- Bestandteile zurücktreten und die anderen Bestandteile überwiegen — Sapropel-Torfe geben gern den Boden für die Entwicklung von Röhricht-Beständen ab, so daß in Profilen dann darauf folgt Röh¬ richt-Torf. — Es sei rekapituliert: Die hier erwähnten Gesteine enthalten neben Sapropel-Bestandteilen auch Torf-Bestandteile; sie gehören also zu den Torf-Sa propelen resp. bei vorwiegendem Torf Sapropel-Torfen. — Vergl. auch unter Dy. Dy (schwedisch) heißt einfach Schlamm und wurde namentlich von v. Post in die Literatur eingeführt; es ist wesentlich Dopp¬ lerit-Sapropel, also entstanden wesentlich durch eine Vermischung von Sapropel mit Humussäuren, die aus einem in der Nähe oder aus einem darüber befindlichen Sumpftorf stammen können. Da niedergeschlagene Humussäuren, die ein fest- gallertiges, dunkel¬ braun-schwarzes Gestein liefern, als Mineral den Namen Dopp- lerit führen, kann das Gestein daher bequem als Dopplerit- Sapropel bezeichnet werden oder, wenn es feste Gallertkonsistenz gewonnen hat, als Dopplerit-Saprokoll. Häufig sind dem Gestein Driftbestandteile beigemengt, und zwar Schlämmtorf- oder Schwemmtorf bestandteile, d.h. transportierte Torfteilchen oder Reste von Bäumen, Sträuchern usw. oder von höheren Wasserpflanzen. Da die eingeschwemmten Bestandteile besonders an den Ufern eingelagert sind, so unterscheidet man auch einen Uferdy (v. Post, schwedisch Stranddy) von dem reineren Dy, der so nur in etwas tieferem und offenem Wasser vorkommt, dem Seedy (v. Post, schwedisch Sjödy). Nicht nur Wässer mit Ufern aus Torf wer¬ den aus dem Torf Humussäuren aufnehmen, die sich dann am Grunde niederschlagen und hier mit dem Faulschlammgestein resp. reinen Faulschlamm vermischen, sondern auch dort, wo reichlich höhere Schwimmpflanzen (Stratiotes, Potamogeton , Nymphaeaceeu, Termini für Sapropelite. 147 Polygonum amphibium , Myriophyllum , Batrachium usw.) vorhanden sind, die daher v. Post besonders Dy -bildend nennt, ist Veran¬ lassung gegeben zur Entstehung von Humussäure und damit von Dy. Dementsprechend sind die etwa bis nur 5 m tiefen Sapropel bildenden Gewässer besonders geeignet zur Dy-Bildung, weil ge¬ rade diese (vergl. vorn, S. 97) den höheren Wasserpflanzen geeig¬ netste Bedingungen bieten, insbesondere wird das unmittelbar unter dem die Verlandung einleitenden Sumpftorf befindliche Sapropel mit Humussäure versetzt sein können; man findet denn auch nicht selten das Profil: Sumpftorf Dopplerit-Sapropel resp. -Saprokoll Sapropel resp. Saprokoll. Ist genügend Eisen und Kalk vorhanden, so wird es sich in den doppleritischen Beimengungen um Kalk- oder Eisen-Humate handeln. Ist das Material nicht mehr schlammig, befindet es sich also im subfossilen Zustande, so sprechen die Autoren von Torfdy oder Dytorf. Diese Ausdrücke sind aus zwei Gründen zu verwerfen: 1. Handelt es sich nicht um Torf, nur gewisse Bestandteile des Materials sind Torf in dem engeren, allein annehmbaren Sinne, und 2. ist »Dy« bei seiner bloßen Bedeutung »Schlamm« nur eine Zustandsbezeichnung. Dygyttja ist ein besonders viele mineralische (anorganische) Bestandteile wie Sand und dergl. enthaltender Dy. Dytorf siehe Dy. Eisen - Sapropelit siehe Kapitel »Sapropel und Eisenverbin¬ dungen«. Faulgallerte = deutsche Bezeichnung für Saprokoll, wie sie von der Königl. Preuß. Geolog. Landesanstalt neben Saprokoll ge¬ wünscht wurde. Den Ausdruck Faulschlamm für das Sapropel habe ich zu¬ erst in der Notiz »Eine rezente organogene Schlammbildung des Cannelkohlen-Typus« 1904, S. 406, gebraucht. — Faultorf nannte ich, ohne eine Definition gegeben zu haben (im Programm der 10* 148 Termini für Sapropelite. Königl. Bergakademie zu Berlin für 1903/1904, S. 50), ursprüng¬ lich Saprokoll. — Die Bezeichnung »Fauler See«, die öfter wie¬ derkehrt, so für einen bereits vollständig verlandeten, also früheren See bei Ziesar in der Provinz Sachsen, ferner für Seen südöstlich Spandau und bei Lychen in der Provinz Brandenburg, einem See südlich des Stettiner Haffs in Pommern, einem anderen bei Gran¬ see, einem weiteren bei Königl. Rehwalde, NO. Briesen usw., be¬ zieht sich vielleicht zuweilen auf ihren Gehalt an Sapropeliten resp. au Sapropel bildenden Organismen in warmen Sommerzeiten; jeden¬ falls sind die genannten und andere »Faule Seen« mehr oder minder mit Sapropelit erfüllte und vertorfte noch offene oder bereits er¬ loschene Wasserstellen. In anderen Fällen — wie in dem Alt¬ wasser »Faule Spree« östlich Spandau — bezieht sich der Name wohl nur auf das Auf hören der fließenden Bewegung des betreffenden Wassers, wodurch dann allerdings solche abgeschnittenen Flußteile ebenfalls leicht zu vertorfenden Sapropelit- Gewässern werden. — Im übrigen siehe Sapropel. — (»Fauls chie fer« hat mit dem Sapropelgehalt eines Schiefers nichts zu tun; so heißt nämlich ein bröckeliger, daher leicht wasserdurchlässiger und infolgedessen für die Forstkultur schlechter, trockener Boden bei den Forstleuten im nördlichen Sauerlande.) Der Fetttorf G. Andersson's 2) ist wohl zum Teil wenigstens Saprokoll. Flieh storf wird nach einer mir gemachten mündlichen Mittei¬ lung des Herrn Professors Conwentz in Westpreußen volkstüm¬ lich für Saprokoll gebraucht resp. für einen stark saprokollhaltigen Sapropelit. (Bei seiner Farbe wird hier und da — z. B. in der Gegend von Triangel in der Lüneburger Heide — auch der unreife Sphagnetum-Torf Fuchstorf genannt.) Gein, wie es Senft (1862, S. 23) beschreibt, ist Dopplerit- Sapropel. Grüner Torf ist z. B. die Bezeichnung für das Saprokoll, das den am Rande des Schwarzen Sees bei Liebemühl bei Osterode in Westpreußen vorhandenen Moortorf unterlagert. 9 Andersson, Studier öfver Finlands Torfmossar. Bull. Com. geologique de Finlande. Helsingfors 1898, p. 33. Termini für Sapropelite. 149 Gyttja (auch Gytja geschrieben) ist eine schwedische Bezeich¬ nung für Schlamm (dänisch Gy tje). H. v. Post1) hat Sapropelit als Gyttja beschrieben, und dieser Ausdruck ist seitdem auch bei uns sehr gebräuchlich geworden. Der genannte Autor bezeichnet die Farbe als grau oder graulich bis hellbraun. Nach ihm wäre die Hauptmasse der Gyttja Kot von Wassertieren. Wie wir, so haben auch die Schweden noch eine Reihe von weiteren Namen für die Sapropelite, so Bundmög, Fede, Fedtmög2); immer handelt es sich entweder um Synonyme oder um mehr oder minder voneinander abweichende Variationen in der Zusammen¬ setzung und Beschaffenheit der Faulschlamm-Bildungen. Wie wir sehen, ist es der vorwiegend zoogene Schlamm, den v. Post im Sinne hat, und manche Autoren sind ihm genau seiner De¬ finition gemäß gefolgt und haben nur diesen als Gyttja be¬ zeichnet, so Nathorst3) und z. B. auch Diederighs4), der stets Gyttja von Lebertorf (s. hierhinter) unterscheidet. Die Mehr¬ zahl der Autoren versteht aber jetzt unter Gyttja jeden Sapro¬ pelit mit keinen, wenig, meist aber vielen anorganischen Drift¬ bestandteilen. Auch dann, wenn diese Begriffserweiterung nicht stattgefunden hätte, würde doch der Terminus Gyttja — dann aber allgemein für Sapropelit, nicht aber speziell nur für Sapropel — hier auszumerzen sein, da er in der Volkssprache, wie gesagt, weiter nichts als Schlamm bedeutet. Es ist aber noch weiter zu bemerken, daß manche schwedischen Autoren — gemäß der letzt¬ erwähnten Bedeutung — u. a. Diatomeenpelit auch zu den Gytjen rechnen und die zoogene, wesentlich aus Molluskenschalen gebildete Seekreide als Snäck gy ttja (dän. Snäckgytje) bezeichnen usw. Übrigens enthält die von Post als Beispiel analysierte Gyttjaprobe 56,79 pCt. Sand und Ton, und dementsprechend ist es immer mehr 1) Ramann, Die v. Post’ sehen Arbeiten über Schlamm, Moor, Torf und Hu¬ mus (Thiel’s Landw. Jahrbücher, Berlin 1888). 2) Post- Ramann, 1. c. 1888, S. 410. 3) Nathorst, Über den gegenwärtigen Standpunkt unserer Kenntnis von dem Vorkommen fossiler Glazialpflanzen. Stockholm 1892. 4) Dikderichs, Über die fossile Flora der mecklenburgischen Torfmoore, Güstrow 1894, S. 10 u. a. 150 Termini für Sapropelite. Gewohnheit geworden, die mit vielen anorganischen Mineralteilen versetzten Sapropelgesteiue Gytjen zu nennen, so daß man oft in Profilen »Gyttja« und »Lebertorf« angegeben findet, letzterer dann als reineres oder reines Saprokoll oder Doppleritsaprokoll unter¬ schieden. Eine treffliche Illustration zu dem heutigen allgemeinen Gebrauch des Wortes Gyttja gibt die Definition dieses Terminus bei C. WESENBERG-Lund 1). Er schreibt: »I only apply the term to those particular mudformations of coprogen nature, which occur at the bottom of pure, limpid waters and which commonly contain • a considerable amount of clay and lime (20, 30pÜt.), and only a slight amount of indigested material.« Ja, er fügt ausdrücklich noch hinzu: die »pond-gytje« (= T e i chg y tj e) »must be excluded«; hiermit meint Verfasser offenbar in diesem Falle reines Sapropel resp. Saprokoll. Noch weiter geht Ramann2). Er sagt: »Der Gehalt an organischen Stoffen ist in der Gytje gering bis mäßig und über¬ steigt selten 25 pCt.« Das würde danach heißen, die Verwirrung in der Terminologie unseres Gegenstandes weiter unterstützen, wenn man den Terminus Gytje für Sapropel benutzen wollte. Nach dem heutigen gewöhnlichen Gebrauch des Wortes Gytje enthält diese Sapropel, wie Meerwasser Salz enthält, deshalb ist aber das Meerwasser kein Salz und die Gytje kein Sapropel. Daß Ra¬ mann3) Gytje und Sapropel für Synonym hält, zeigt, daß er meine vorausgehenden Äußerungen zum Gegenstände leider gar nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt hat; als Beweis dafür ist zu erwähnen, daß er hinzufügt, die Bezeichnung Sapropel sei »sehr unglücklich gewählt, da in ausgesprochenen Gytjeablagerungen Fäulnisvorgänge so sehr zurücktreten, daß auch leicht zersetzliche Körper wie Chlorophyll sehr lange erhalten bleiben«. Diese Eigen¬ schaft der Sapropelite hatte ich gerade selbst vor der Veröffent¬ lichung Ramanns im Anschluß an Früh besonders betont als 1) Wesenberg, Summary of studies upon lake-lime etc. in danish lakes. Copen- hagen 1901, S. 161. 2) Ramann, Einteilung und Benennung der Schlammablagerungen (Deutsch. Geol. Ges., Monatsber.) 1906, S. 180. » 3) Ramann, Vorschläge für Einteilung und Benennung der Humusstoffe. (Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen) 1906, S. 637, Anm. Termini für Sapropelite. 151 charakteristisch für die »Fäulnisprozesse« der in Rede stehenden Gesteine. Ramann aber definiert stillschweigend offenbar den Be¬ griff Fänlnisprozeß ganz anders als ich ihn ausdrücklich vorher für meine Zwecke im Anschluß an Liebig angenommen und ein¬ gehend auseinandergesetzt hatte. Nun kommt aber drittens noch hinzu, daß Ramann in den beiden oben zitierten Schriften (es kann sich also nicht gut um ein Versehen oder Druckfehler han¬ deln) von den »Gytjestoffen« (das ist also nach Ramann = Sa- propel) sagt, sie seien »meist feinfaserige Körper«. Nun ist aber Sapropel alles andere eher als faserig: im Gegenteil gerade die auch von Früh1) mit Recht betonte amorphe Beschaffenheit ist charakteristisch, und gerade dieses dem echten, eigentlichen Torf gegenüber so auffallende Merkmal hat ja dem Sapropel resp. Sa- prokoll den Namen »amorpher Torf« (vergl. vorn S. 144) einge¬ tragen. Daher ist ja auch Saprokoll von einigen Autoren (z. B. Kossmann) mit Dopplerit verwechselt worden oder mit Dopplerit verglichen worden (vergl. hinten unter »Phytocollit«). Ramann ist in seiner Synonymsetzung von Sapropel und Gytje von C. Wesen- BERG-Lund beeinflußt worden, der2) zunächst ebenfalls auf dem¬ selben Standpunkt steht, so daß der Verdacht gerechtfertigt ist, daß auch dieser auf dem Gebiet sonst so bewanderte Autor wirk¬ liches Sapropel gar nicht kennt3). So kommt es denn, daß Wesenberg (Prometheus 1905, S. 561 ff.) auch die wenig Sa¬ propel enthaltenden Schlicke als Gytjen bezeichnet, z. B. als »ma¬ rine Strand gytje « , die aber von reinem Sapropel ganz und gar verschieden sind. Andererseits wurde auch Sapropel noch als Gytje von den Skandinaviern bezeichnet, wie z. B. von E. J. Miche- let4), der eine »Badegytje« vom norwegischen Badeort Modum 9 Früh, Moore der Schweiz 1904, S. 210, und in früheren Veröffentlichungen. 2) WESENBERG-Lund, Über Süßwasserplankton (Prometheus 1906), S. 803. 3) Ich habe aber Herrn Prof. Ramann auf seinen Wunsch nach der Ver¬ öffentlichung seiner beiden obigen Schriften eine größere Probe von echtem Sa¬ propel gesandt, so daß nun hoffentlich die wünschenswerte Einigung erzielt werden wird. 4) Michelet, Archiv for Mathematik og Naturvidenskap, Bd. 27, Kristiania 1906. 152 Termini für Sapropelite. angibt mit nur 4,44 pCt. »Asche«. Es ist ein ganz unhaltbarer Zu¬ stand, so verschiedene Dinge als Gytje zu bezeichnen, ohne wei¬ tere terminologische Klassifizierung. Was ist z. B. in dem von Andersson (1893, S. 55) angegebenen Profil: Strandgrus, ^ Torf, Gyttja, Torf, Gyttja, Mergel das, was in demselben als »Gyttja« bezeichnet wird? Ist es Sa- prokoll oder Dopplerit-Saprokoll oder ein wesentlich mit anorga¬ nischem Sediment (Sand, Ton) vermischter Sapropelit oder Kalk- Saprokoll usw. ? Kurz, die Angabe Gyttja genügt auch dann nicht, wenn wir deu Ausdruck nicht ganz allgemein als Schlamm verstehen, sondern so, wie er jetzt üblicherweise in der Literatur gebraucht wird. Wenn man nach diesem Üblichen geht, hätte ich den Terminus Gyttja bei Sapropelerden abhandeln müssen; da er jedoch, wie wir sahen, auch für reines Sapropel benutzt wird, ist er schon hier vorgeführt worden, um so mehr, als es gut ist, über diesen vielverwendeten Namen von vornherein orientiert zu sein. Es sei deshalb auch gleich hier erwähnt, daß die » Gyttj a « -Arten nach dem Ort ihrer Entstehung von den Schweden (s. besonders Ham- pus von Post) unterschieden werden in Sj ögyt tj a (See schlämm), Strandgyttja(Uferschlamm),Damgyttja (Teichschlamm), Flodgyttja (Flußschlamm), Källgyttja (Quellschlamm) u. a. Dem Sötvatten sgy ttj a (Süßwasserschlamm) setzen die Schweden die Hafsgyttja oder Salvattensgyttja (Meer¬ schlamm oder Salzwasserschlamm) entgegen (Sveriges geol. Undersökning 1902). Usw. Abgesehen von den angegebenen Gründen, die unvermeidlich dazu drängen, den Ausdruck Gyttja für etwas anderes außer Schlamm in der volkstümlichen Bedeutung abzulehnen, ist noch Termini für Sapropelite. 153 hervorzuheben, daß die Geologen und Bergleute, die nun genötigt sind, die rezenten Gesteine mit den fossilen zu vergleichen, mit dem Ausdruck Gyttja nichts anfangen können: die Unterschiede der fossilen »Gytjen« sind ebenso wie die der rezenten zu große, als daß nicht das Bedürfnis vorhanden wäre, enger zu klassifizieren, z. B. in Cannelkohle, bituminöse Tone oder Tonschiefer (Sapro- pelittone), bituminöse Kalke (Sapropelitkalke) usw. Infraaquatisclier Torf, s. in Bd. II die Liste der Ausdrücke für Flachmoorbildungen. Kalkgyttja oder -gytje s. im Kapitel »Sapropel und Calcium¬ carbonat«. KalkfaulscMamm oder -sapropel resp. Kalkfaulgallerte oder -saprokoll etc. (wie vorher). Klapptorf s. Baggertorf. Der Klibberigte Darg Eiselen’s 1802, S. 30 ist zum Teil Sa¬ prokoll resp. Doppleritsaprokoll. Leber s. Lebertorf. Lebermudde sagt C. A. Weber neuerdings (20. Oktober 1905, S. 1651) für Lebertorf, woraus man schließen möchte, daß auch er nunmehr anerkennt, daß es unzweckmäßig ist, Sapropelite als »Torfe« zu bezeichnen, was mich ja eben nach mehrjähriger Überlegung veranlaßt hatte, schon lange vorher für das in Rede stehende Material im Schlammzustand (Sapropel, Faulschlamm) und für das subfossile, festgallertige Material Saprokoll (Faulgallerte) einzuführen. Vergl. hierzu auch unter »Gyttja«, ein Ausdruck, den Ramann an Stelle von Faulschlamm wünscht, ferner unter Leberschlamm (hierhinter) und »schwarzer Schlamm« (unter Sapro¬ pel und Eisenverbindungen), den Stahl irrtümlich für Sapropel nimmt, und endlich unter »limnischer Torf«, wie Früh für Sapropel sagen möchte. Weber gebraucht den Ausdruck Lebermudde sowohl für Sapropel wie Saprokoll, wesentlich für letzteres, wie überhaupt zwischen Sapropel und Saprokoll nicht unterschieden worden ist. Es muß aber unterschieden werden das Material im Schlamm¬ zustand (Sapropel), gallertig (Saprokoll) und fest (wie Saprodil = reines Dysodil und Sapanthrakon = reine Cannelkohle). 154 Termini für Sapropelite. Sonst wäre Cannelkohle auch Lebermudde. Es ist bei den Autoren der Mangel zu verspüren, daß sie die korrespondierenden fossilen Kaustobiolithe nicht kennen resp. übersehen, ihre Nomenklatur also zu beschränkt ist, keine Rücksicht nimmt auf das, was aus den rezenten Gesteinen schließlich wird, und inwieweit die fossilen eine terminologische Scheidung verlangen, die auf die rezenten Kaustobiolithe klärend zurückwirkt. Es muß eben nach Möglichkeit Alles berücksichtigt werden. In einer Darstellung der Genesis der fossilen Kaustobiolithe mit Rücksicht also auf * die rezenten, die ich seit Jahren unter der Feder habe, wird das klarer hervortreten als in der vorliegenden Zusammenstellung, die nur ganz gelegentlich einmal auf die Fossilien eingeht. Leberschlamm ist ein neu auftretender Terminus und zwar bei E. Ramann1) als Synonym zu Lebertorf (s. dort). Der Lebertorf ist aber Saprokoll oder doch ein saprokollähnlicher Sapropelit, aber kein Schlamm; ebensowenig wie der jurassische Posidonomyen-Schiefer ein Schlamm ist: dieser Sapropelit ist ein Schlamm gewesen, ebenso wie der Lebertorf, d. h. wie Saprokoll resp. Dopplerit-Saprokoll. Über den Ausdruck Leberschlamm wäre sonst dasselbe zu sagen wie vorher über Lebermudde. Auch Ramann hat nun wohl infolge der Aufstellung meiner Termini Sapropel, Saprokoll und dergl. die Empfindung gehabt, daß die Bezeichnung Lebertorf besser zu vermeiden ist und sagt nun Leber sch lamm. Es ist bedauerlich, daß die Synonymie nun gleich wieder so belastet worden ist. Lebertorf ist eine Volksbezeichnung, die in der Literatur schon bei Eiselen 1802 vorkommt2). Seit R. Caspary's Be¬ schreibung des Materials aus dem Liegenden des Torflagers von Purpesseln bei Gumbinnen3) ist der Ausdruck in der Literatur häufiger geworden. Er beschreibt das von ihm so bezeichnete *) Ramann, Einleitung und Benennung der Schlammablagerungen (D. Geol. Ges., Monatsber. 1906) S. 183. 2) Eiselen, Handbuch zur näheren Kenntnis des Torfwesens, 1802, S. 29. 3) Caspary, Lebertorf von Purpesseln. (Schriften der Königl. physikalisch¬ ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. 11. Jahrgang 1870. Königsberg 1871, Sitzungsbericht S. 22—24.) Termini für Sapropelite. 155 Saprokoll makroskopisch als grünbraun, dick und gleichartig, sehr elastisch1), mit grobmuscheligem Bruch. Beim Eintrocknen wird es blättrig (ist also dann schon vorher durch den Druck der hangenden Massen geschiefert worden) oder es bleibt gleichmäßig dicht und wird grauschwarz. Unter dem Mikroskop bemerkt man — wie das für Sapropel-Gesteine typisch, ist — Wassertierreste (Crustaceen- Hautstücke), Pollen (von Pinus silvestris ), Algen (Cos- marium) usw. Der Lebertorf hat — wie überhaupt die in Rede stehenden Bildungen — »ganz vorzügliche Heizkraft und hinterläßt wenig Asche«. Lebertorf ist demnach in diesem Falle subfossiler, nicht mehr schlammiger, sondern bereits fester (fest-gallertig) gewor¬ dener Faulschlamm : eben typisches Saprokoll. Ich habe die klas¬ sische Fundstelle bei Purpesseln besucht. In seinen oberen Partieen enthält das dortige Saprokoll — die Arbeiter nannten das Material einfach Leber — viele Rhizome und Wurzeln als Anzeichen dafür, daß die oberste Schicht der Boden der Vegetation war, die die jetzt vollständig vollzogene Verlandung besorgt hat. Der Lebertorf von Purpesseln enthält Humussäuren, die ihm aus den vertorfenden Verlandern beigemengt wurden; es handelt sich also streng genommen, insbesondere in den oberen Partieen, um ein Dopplerit-Saprokoll. Überhaupt geht unter Lebertorf zweierlei: das reinere Saprokoll und Dopplerit-Saprokoll. Der Terminus Lebertorf ist überdies auch deshalb unhaltbar, weil »Torf« zweck¬ mäßig für Humusgesteine zu reservieren ist. Als Limnischen Torf bezeichnet Früh (Moore der Schweiz 1904, S. 188 und 203) das Sapropel und Saprokoll, aber auch Schwemm- und Schlämmtorf ist natürlich dem Sinne nach »limni- scher Torf«. Der Ausdruck ist also nur z. T. ein Synonym zu Sapropel resp. Saprokoll, die überdies keine »Torfe« sind. Meergeil heißt das Saprokoll oder Dopplerit-Saprokoll nach Fleischer2) im Wesergebiet. !) Ramann sagt, der Lebertorf sei »knetbar und elastisch«: das sind inso¬ fern Widersprüche, als ein Stoff innerhalb seiner Elastizitätsgrenze nicht knetbar sein kann. j- 2) Fleischer, in Yogler’s Grundlehren der Kulturtechnik. I, 1903, S. 95. 156 Termini für Sapropelite. Meer-Lebertorf nennt C. A. Weber (Über Litorina- und Prälitorinabildungen der Kieler Föhrde 1904, S. 4 und 23) marines Saprokoll. Das von dem Autor beschriebene Material aus der Kieler Föhrde ist lehmgelb »ohne Spur von Schichtung«. Beim Trocknen dunkelte die Masse stark und wurde endlich schwarz¬ grau; sie wurde dabei »hornartig und nahm ein scherbig-blättriges Gefüge« an. Die getrocknete Masse, in destilliertes oder Salz¬ wasser getan, erweichte, gewann aber weder den ursprünglichen Rauminhalt, noch die ursprüngliche Konsistenz, noch nahm es • die frühere Farbe wieder an. Durch die noch figuriert erhaltenen Konstituenten ergibt sich dieses Saprokoll als im Salzwasser ent¬ standen. Ich selbst habe eine Probe von Saprokoll-Kalk aus einer Bohrung nördlich Ellerbeck (Bohrung 57 im Kieler Hafen) unter¬ suchen können. Das Profil war 4. 0— -9,8 m Schlick mit Meeres-Conchylien. 3. 9,8—11 » Moortorf. 2. 11 — 12,1 » Saprokoll-Kalk. 1. 12,1 — 13,2 » Kiesiger Sand. Eine Probe der Schicht 2. enthielt an organischen Resten u. a. viele Diatomeen, und zwar sowohl marine wie Süßwasser¬ arten, Desmidiaceen, Spongillen-Nadeln, einige Moosblätter (wie Sphagnum ), Pollen von Ainus. Das Wort Mod.de gebraucht u. a. Reinke (1903, S. 372 und 380) für den organischen Detritus im Meere; er schreibt mir, daß dies wohl das hochdeutsche Wort des plattdeutschen Mudd oder Mäd sei. Bei Kiel »sagen die Leute zum Meeresschlamm Mudd«. In Ostpreußen (z. B. von Fischern des Ilgen-Sees unweit Liebemühl) hörte ich für schlammige Sapropelite Modd oder Mott sagen. Siehe auch unter Mudde S. 159. Es war mir vor¬ geschlagen worden, für Faulschlamm das englische Wort für Modde = Schlamm, uämlich »mud« zu benutzen; allein Herr Professor E. Philippi schreibt mir hierzu das Folgende, aus dem erhellt, daß mit dieser Bezeichnung etwas ganz anderes gemeint ist. »Murray und Renard (Deep Sea Deposits, Challenger Report) Termini für Sapropelite. 157 verstehen unter »Mud« die terrigenen, schlammigen Absätze der Tiefsee, d. h. diejenigen Tiefseeablagerungen, welche ihr Material größtenteils vom Lande beziehen. Sie unterscheiden einen blauen, roten, grünen, vulkanischen und Korallen-»Mud«. Der Gehalt an organischer Substanz ist in allen »Muds« nach den vorliegenden Analysen gering, aber beträchtlicher als in den landfernen Tiefsee¬ ablagerungen. Man übersetzt »Mud« wohl am besten mit Schlick, da sich die Zusammensetzung, besonders die des am meisten ver¬ breiteten blauen »Muds«, der des Schlicks unserer Wattenmeere nähert.« — Herr Lehrer Müller in Schmalkalden teilt mir noch freundlichst mit, daß das Wort Mud auch in der deutschen Sprache vorkommt und zwar im Nassauischen der Umgegend von Frankfurt für den feinen Bodensatz, der sich in der Kaffeetasse bildet, wenn der Kaffee durch ein nicht genügend feines Sieb gegossen worden ist. — Vergl. auch Mudde. Das Wort Modder kommt schon bei J. H. Degner (1760, S. 31) vor. Außer dem Folgenden vergl. über Modder auch das bei den Synonymen im Kapitel Sapropel und Calciumcarbonat Gesagte. — Modder nennen besonders die Bewohner der Provinz Brandenburg jeden Schlamm, wie den schmutzigen Schlamm der Spree und dergl., und daher ist auch der reine Faulschlamm »Modder«. Dementsprechend nennt z. B. Joh. Frenzel1) einen schwarzen Sapropelit des Müggelsees bei Berlin Modder, und der Kleine und der Große Modder -See bei Köris bei Halbe haben ihre Namen von einer Sapropel-Erde (einem Sapropel-Sand), die diese Wässer stark erfüllt. Ich kann es mir nicht versagen, die Worte Theodor Fontane’s hierherzusetzen, die sich (an der schon S. 134 zitierten Stelle) auf eine Befahrung dieser Seen beziehen. »Das Wasser in diesen Becken — sagt er — stand nur etwa fußhoch über einem aus gelbgrünen Pflanzenstoffen bestehenden Untergrund, der so weich war, wie ein mit Hilfe von Reagentien eben gefällter Niederschlag. Unser Schiff durchscknitt diese reiz¬ losen, aber für die Wissenschaft der Torf- und Moorbildungen *) Frenzel, Die Diatomeen und ihr Schicksal. Naturw. Wochenschrift vom 4. IV. 1897, S. 160 Anm. 158 Termini für Sapropelite. vielleicht nicht unwichtigen Wassertümpel) die vor uns, un- aufgerüttelt, in smaragdner Klarheit, hinter uns in graugelber Trübe, wie ein Quirlbrei von Lehm und Humus lagen«. Moor werden oft organische Teile enthaltende Schlamme genannt, so also auch Sapropelite, unter diesen gelegentlich sogar der Faulkalk. Wie Meer ein Gelände mit Wasser ist, so ist Moor (Meer und Moor hängen übrigens etymologisch zusammen) ein Gelände mit Humus und zwar mit Torf. Wie ein Meerbad, ein Seebad, ein Bad im Meere ist, so wäre ein Moorbad ein Bad * in einem Moor. Die Mediziner sagen für Moortorf etc. freilich abgekürzt oder in übertragenem Sinne einfach Moor und dem- entsprechend Moorbad für ein Bad in Torf oder in gewissen Schlammen; dieser Gebrauch wird auch kaum zu beseitigen sein. Für rein wissenschaftliche Dinge ist aber die genaue logische Scheidung einerseits von Moor als Gelände und andererseits von Torf usw. als Gestein streng zu handhaben. — Die »Moorlake« bei Potsdam (eine Bucht der Havel) führt gewiß ihren Namen von ihrer Bodenbeschaffenheit; wir finden dort einen Schlämmtorf- Bestandteile enthaltenden Sapropelit. Moorboden ist die Übersetzung, die Ramann 1888, S. 411 für Dy gebraucht hat. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß heute das Wort Moorboden nicht mehr für ein Gestein benutzt werden darf, ebensowenig wie etwa Sandboden. Moorschlamm nennt Rämann- Post (1888, S. 409) Gyttja, wenn Sand, Ton usw. eingeschlämmt ist. E. Geinitz (Seen, Moore usw. Mecklenburgs 1886) nennt die Sapropelite der Mecklenburger Seen Moorschlamm und Conwentz z. B. das Sapropel des Okunek- Sees bei Briesen moorigen Schlamm (die Gefährdung der Flora der Moore, Prometheus 1901/02). Bei anderen Autoren ist Moor¬ schlamm schlammiger, breiiger Moortorf. Also wieder einmal ein Terminus Norddeutschlands, der in höchst verschiedenem Sinne ge¬ braucht wird. Vergl. auch unter Myrdynd. Mott (Femininum) heißt bei den Fischern am Kurischen Haff der Sapropelit dieses Haffs. So lesen wir bei B. Benecke (Fische, Fischerei und Fischzucht. Königsberg i. Pr. 1881, S. 344): »Es Termini für Sapropelite. 159 darf nur auf der Tiefe des Haffes, in dem Strom oder der Mott mit dem Herbstgarn gefischt werden, ohne die Schaareu und flachen Stellen zu berühren.« Das Wort Mott kommt auch für andere Kaustobiolithe und auch für Straßenkot vor und zwar als Mascu- linum oder als Neutrum. Mudde (Fern.). — Muddebildun gen nennt C. A. Weber (Augstumalmoor 1902, p. 227, u. Darst. der Moor-Vers. Stat. auf der Ausst. für Moorkultur 1904, S. 6, 7 und 14) sowohl unsere Sapropelite (inklusive der Sapropel-Kalke = Kalkmudde usw.) als auch das, was wir als Schlämm- und Schwemmtorf (»Mudd e- torf«) scheiden; auch Sapropel mit Schwemmtorf-Bestandteilen nennt Weber (20. Oktober 1905, S. 1651 — 52) Muddetorf. Sa¬ propel, Schlämmtorf usw. kommen aber in der Natur vergleichs¬ weise rein und in hinreichend auffälligen Ablagerungen vor, um ihre Unterscheidung zu verlangen. Der Faulschlamm besitzt sehr oft Schlämmtorf-Bestandteile. — In seiner letzten Äußerung drückt sich der Genannte1) so aus: »Es sind jene zerteiltpflanzlichen, limnischen Torfarten, die man bei uns als Mud den (Sing, die Mudde), bei den Skandinaviern als Gyttja und Dy bezeichnet, und deren besondere Form Lebermudde (Lebertorf), Torf- mud de, Kalkmudde, Ton mudde, Schnecken mudde usw. heißen.« Myrdynd (d. h. übersetzt Moorschlamm) ist (z. B. bei G. Andersson 1903) Dopplerit-Sapropel. Panzers chlamin wurde neuerdings das Sapropel des Ahlbecker Seegrundes bei Ludwigshof bei Eggesin in Pommern genannt als Reklamename für seine medizinische Benutzung (Schlammpackun¬ gen), in der fälschlichen Annahme, daß dieser Schlamm zu % aus Panzerresten von Diatomeen bestehe. Papiergyttja (z. B. bei Andersson, 1. c. Helsingfors 1898, S. 185). Nach dem Trocknen blättrig zerfallende Gyttja. Siehe auch unter Lebertorf. *) Weber, Aufbau und Vegetation der Moore Norddeutschlands. 4. Zusammenkunft freie Vereinigung System. Botan. Pflanzengeogr. 1907, S. 21. Bericht Leipzig 160 Termini für Sapropelite. \ Papierlehm ist ein Sapropel-Gestein von Saprokoll-Beschaffen- heit, das Wittrock unter dem angegebenen Namen beschreibt (Botan. Centralbl. XXIX, 1887, S. 222 — 223), den er aber viel¬ leicht irgendwo schon vorgefunden hat. Unter Torf von 0,4 bis 1 m Mächtigkeit gibt er ein Lager von 0,2 — 0,6 m Mächtigkeit von »Papierlehm« an, das von figurierten Bestandteilen enthielt wesent¬ lich Vaucheria , deren Zellwände noch schöne Cellulose -Reaktion mit Chlorzinkjod zeigten, ferner Diatomeen, Mycelfädeu eines auf Vaucheria schmarotzenden Pilzes und endlich Reste phanerogamer * Wasserpflanzen. — Ob es sich wesentlich um eine Humus- Erde handelt oder um ein Saprokoll ist nicht klar. Pflanz enpelit findet sich bei E. Geinitz, 1906, S. 9, der an¬ gibt, daß es sich um ein schiefriges Material mit Spongillennadeln usw. handelt, also offenbar um ein lufttrocknes Saprokoll. Die Phyto collite von H. C. Lewis (On a new substance re- sembliug Dopplerite from a peat bog at Scranton. Amer. Philos. Soc. 1881) sind Saprokoll resp. Saprokoll-Gesteine. Saprokoll (Faulgallerte) (soll als Neutrum gebraucht werden; früher von mir Saprocoll geschrieben) ist älteres, fest-gallertig ge¬ wordenes Sapropel, es sei denn, daß sich in dem Gestein sehr zahlreiche Skelettteile, z. B. Diatomeen-Panzer, befinden, wodurch die gallertige Konsistenz naturgemäß zurücktritt oder fast ganz oder ganz herabgemindert werden kann. — Wie lange Saprokoll oder eine Übergangsbildung zu Sapropel schon bekannt ist und von guten Beobachtern von dem echten Torf unterschieden wurde, dafür mag das Folgende zeugen, das ich aus Keferstein (1826, S. 37/38) entnehme: Binge (Beiträge zur Naturkunde und Ökono¬ mie. Altona 1817, S. 17) beschreibt 2 ost-holsteinische Torflager, die auf »einer breiartigen Leimmasse« ruhen; »dieser Torf er¬ scheint frisch als ein gewöhnlich schwärzlicher Torf, mit vegetabi¬ lischen Resten, beim Trocknen zerspaltet er sich in starke Blätter, die das Ansehen von Schuhsohlen haben; ganz ausgetrocknet werden diese Blätter so dünn als feines Schreibpapier und kräuseln sich in stark gebogene Wellenlinien ; manche Stücke nehmen beim Austrocknen eine leberbraune Farbe an und gleichen dann voll- Termini für Sapropelite. 101 kommen einer dickschaligen Kiefernrinde«. An einigen Stellen beobachtete Binge viele Muschelgehäuse, auch Braunmoostorf. Das Lager ist von feinkörnigem Mergel bedeckt. Saprokoll-Erdeil resp. Sapropel-Erden sind die reich mit anorganischen Sedimenten versehenen Sapropelite. Schon manches der in dieser Übersicht der Termini für Sapropel und Saprokoll Vorgeführte gehört besser zu den Sapropel-Erden; bei dem allmäh¬ lichen Übergang, und weil vielfach die Autoren Sapropel resp. Saprokoll einerseits und Sapropel-Erden andererseits nicht unter¬ schieden haben, wurde jedoch schon hier auch auf Gesteine, die zu den Sapropel-Erden gehören, Bezug genommen. Im Übrigen vergl. das Kapitel Sapropel-Erden, wo sich noch weitere Termi¬ nologie vorfindet. Sapropel (Faulschlamm) kommt zuerst vor in meiner Notiz »Über Faulschlamm -(Sapropel-) Gesteine« (Sitzungsber. d. Ges. naturf. Freunde 1904). Es soll nur dann von Sapropel gesprochen werden, wenn der organogene Schlamm noch wirklich oxydierbare (brennbare) kohlen¬ stoffhaltige Teile enthält; sind diese bereits ganz oder fast ganz oxydiert, so können zwar immer noch wesentlich organogene Be¬ standteile Zurückbleiben, z. B. beim Diatomeenpelit die Schalen der Organismen, aber dieser Rest ist kein Sapropel mehr, sondern tritt zu den Akaustobiolithen über. Zum Begriff Sapropel gehört, daß (freilich nie fehlend) nur ganz untergeordnet fremde, nicht organische Bestandteile vorhanden sind. Einige Autoren haben oder hatten zunächst noch irrtümlich auch die mit reichlich anor- ganischen Sedimenten vermengten Bildungen, die Sapropel-Erden, zum Sapropel selbst gerechnet und dadurch in ihren Schlußfolge¬ rungen mehr oder minder fehlgegriffen. Yergl. diesbezüglich das unter Gyttja und Lebermudde Gesagte; auch bei H. Monke und F. Beyschlag1) werden z. B. beide in ihren typischen Ausbildungen so sehr verschiedenen Gesteins-Kategorien noch durcheinander ge¬ bracht. 9 Monke und Beyschlag, Über das Vorkommen des Erdöls. Zeitschr. f. prakt. Geologie, Berlin 1905, S. 9 u. 10 des Separats. Neue Folge. Heft 55. 11 102 Termini für Sapropelite. Sapropelite sind alle rezenten, auch fossilen Gesteine (Schlamme bis feste Gesteine) von Pelit-Natur, die wesentliche Eigenschaften durch einen Sapropel-Gehalt gewinnen. Bei dem ganz unter¬ geordneten Vorkommen von Sapropsammiten wird man für recente oder fossile Sapropel enthaltende Gesteine, sofern der Gehalt an diesem Material bemerkenswerter ist, generell den Ausdruck Sapropelit gebrauchen können. Er ist besonders insofern becpiem, als er über die schlammige, gallertige oder feste Beschaffen¬ heit, dementsprechend auch über das geologische Alter eines Ge¬ steins nichts aussagt. Bezeichnungen wie Kalk-, Eisen-, Dia¬ tomeen- etc. Sapropelit usw. sind daher sehr geeignet, wenn man kein Gewicht darauf legt, ob das Gestein sich noch im schlam¬ migen oder gallertigen oder schon im festen, harten Zustand vor findet. Der Ausdruck Sapropelit-Kalk z. B. deckt die recenten noch schlammigen Sapropel-Kalke bis zu denjenigen »bituminösen« Kalken aller geologischen Formationen, soweit das in ihm vor¬ handene kaustobiolithische Material genetisch Sapropel ist (vergl. S. 32 u. 60). Sapropsammite vergl. im Kapitel »Sapropel und Silicium¬ dioxyd«. Schief ertorf oder Torfschiefer heißt Saprokoll besonders gern dann, wenn es lufttrocken blättrig ist oder überhaupt eine deutliche Schichtung zeigt. Im werdenden Zustande ist bei dem Faulschlamme irgend eine Schichtung und Schieferung natur¬ gemäß nicht zu beobachten, da es sich um einen mehr oder minder leicht fließenden Brei handelt. Die entstehende Blättrigkeit ist also in erster Lin ie keine Folge des allmählichen Absatzes der abge¬ storbenen Organismen und ihrer Reste. Vielmehr kommt die Blät- trigkeit erst durch Druck zu Stande, sei es bei mächtigerer An¬ häufung des Materiales durch Druck desselben auf seine tiefsten Lagen, sei es durch Überlagerung mit anderem Gestein wie Torf, Sand u. dergl. Der Ahlbecker Seegrund bei Ludwigshof südlich des Stettiner Haffs ist ursprünglich ein See. Dort wo der Faulschlamm des Seegrundes durch Verlandungstorf und eine Sandbeschüttung bedeckt wird, ist er — wie schon früher gesagt — geschiefert, obwohl er noch sehr weich ist, während der Schlamm sonst ein- Termini für Sapropelite. 163 fach breiig ist und von irgend einer Schichtung keine Spur aufweist. Solche Beobachtungen widersprechen der Annahme FrÜh’s (1. c. 1885, S. 710), daß die Blättrigkeit »eine innere strukturelle Ursache habe«. Gelegentlich kann wohl eine reiche Zufuhr von Nahedrift der Sand- und Ton-Einführung die »Blättrig¬ keit« unterstützen; sie ist aber ursprünglich im Faulschlamm selbst nicht vorhanden. Torfschiefer1) brennt mit stark leuchtender und anhaltender Flamme wie eben die echten reinen Sapropele und die sapropelhaltigeren Sapropelite überhaupt alle. Schlamm übersetzt Hamann (1888, S. 406) das bei v. Post als Gyttja (s. dort) bezeichnete Material. Neuerdings hat der erst¬ genannte Autor eine »Einteilung und Benennung der Schlamm¬ ablagerungen« geboten (Zeitschr. d. Deutsch. Geolog. Ges. 1906, S. 174 — 183). Die »Schlammablagerungen« teilt er nun aber in 2 Gruppen, nämlich in »Schlamm« und »Schlick«, erstere Be¬ zeichnung für die unter Süßwasser entstandenen, letztere für die unter Salzwasser entstandenen Bildungen. Das ist gewiß nicht glücklich, denn auch Schlick ist — wie er selbst ganz richtig sagt — (vergl. auch sein Selbstreferat im Geologischen Zentralblatt) schlam¬ mig. Man kommt eben über den volkstümlichen Sinn von Schlamm nicht hinaus, da man ihn zu oft gebraucht und kein anderes Wort dafür hat, auch wohl vergeblich gegen den Begriff des Schlammes im gewöhnlichen Sinne kämpfen würde: man müßte dafür ein anderes Wort vorschlagen , das aber sicher nicht auf Annahme würde rechnen können. Allgemein (volkstümlich) bereits benutzte Worte muß man auch, wenn man einmal eine bestimmte Sprache anwendet, in der Wissenschaft weiter so benutzen, höchstens kann man die Worte genauer definieren, aber man darf sie in O 7 ihrem Sinne nicht zu sehr verschieben, wenn man Verwirrung vermeiden will. Wenn der genannte Autor früher, d. h. in der Übersetzung der PoST’schen Schrift den Ausdruck Schlamm für Gyttja benutzte, so ist dagegen nichts einzu wenden, da Post selbst kein anderes Wort als Gyttja, d. h. eben Schlamm, hatte; damals war die Anwendung des Wortes auch auf das Sa- ’) Vergl. z. B. Früh, 1885, S. 709. 11* 164 Termini für Sapropelite. propel eine Verlegenheits-Bezeichnung. Nachdem wir nun aber über das Material jetzt besser unterrichtet sind und wir wissen, daß es sich um einen Schlamm besonderer Art handelt, für den ein sonst passender, nicht mißverständlicher Terminus nicht vor¬ handen ist, ist die Benutzung der Termini Faulschlamm resp. Sa- propel gegeben. Ramann s Einteilung ist folgende: »I. Unter Salz wasser: Schlick. a) Ablagerungen der Tiefsee: Roter Tiefsee¬ schlick (bisher roter Ton); Radiolarienschlick ; Di¬ atomeenschlick; Globigerinenschlick; Pteropoden- schlick ; Laterit sch lick (bisher Rotschlamm); Schlick des Schwarzen Meeres. b) Flachsee und Küste: Blauschlick (bisher Blau¬ schlamm); Grünschlick (bisher Grünschlamm); Wat¬ ten sch lick (Ablagerung der Nordseeküste); See¬ schlick (Ablagerung brackischer Meerbusen und Flu߬ mündungen) und dessen Schwefeleisen enthaltende Abart = Pulvererde. Mangroveschlick. c) Schlick der Salzseen. II. Unter Süßwasser: Schlamm. 1. Vorherrschend zugeführtes Material: Flu߬ schlamm ; Pollenschlamm. 2. Ausgefälltes Material: Kalkcarbonat (Seekreide; Wiesenkalk; Uferkreide); Eisenverbindungen (Eisen¬ oxydhydrat ; Schwefeleisen). 3. Tier- und Pflanzenreste, Tierkot; Diatomeen¬ schlamm. Als wichtigste Untergruppen werden unterschieden Gytje (Teich sch lamm), vorherrschend feinfaserige, strukturlose, graue bis bräunliche Massen: vorwiegend durch Bakterien veränderter Tierkot. — Mud de (C. Weber) vorherrschend strukturlose, gal¬ lertartig aufgelockerte hell- bis dunkelbraune, an der Luft rasch dunklere Färbung annehmende liumose Massen (Dy bei v. Post). — Teichschlamm ist die Schlammform der keine gelöste organische Termini für Sapropelite. 165 Substanz enthaltenden Gewässer, Mudde die vorherrschende Schlamm¬ ablagerung der Schwarzwässer.« Die in dieser Tabelle unter II, 3 aufgeführte kaustobiolithi- sche Schlammgruppe enthält also als wichtigste Untergruppen nach dem Genannten »Gytje (Teichschlamm)« und »Mudde«. Es mag ja sein, daß es für die Bedürfnisse des praktischen Bodenkundigen deshalb wenig auf eine genauere, durchsichtigere, wissenschaftliche Behandlung und Benennung der Schlamme ankommt, weil sie landwirtschaftlich gegenüber den anderen Bodenarten nur ganz untergeordnet in Frage kommen, und darin dürfte sich wohl auch das derzeitig noch geringere Verständnis für den Gegenstand er¬ klären. Wer aber in der Lage ist, die fossilen Bildungen mit in Rücksicht ziehen zu können und zu müssen und damit eine weitere Einsicht in den Gegenstand hat, sieht bald die Unmöglichkeit einer so beschränkenden, wenig durchgreifenden und auch nicht ganz klaren Nomenklatur ein, wie sie noch immer von einigen Seiten durch unangebrachtes und auch der Wissenschaft nicht nütz¬ lich es Festhalten an einmal Gesagtem benutzt wird. Wer sach¬ verständig auch die fossilen Schlamme in Einteilungen wie die IiAMANN sche als Probe ihrer Haltbarkeit unterzubringen sucht, der gerät sofort in Kollision. Was ist nach Obigem z. B. Cannelkohle und was Pseudocannelkohle? Nach der eben gegebenen Einteilung ließe sich die erstere nur als fossiler »Teichschlamm« angeben, nur daß sie überwiegend gar nicht in »Teichen« entstanden ist. Es gibt eben in der RAMANN’schen Einteilung keine Rubrik für solche wichtigen fossilen Kaustobiolithe. Übrigens wäre der Sapropelit des Kurischen Haffs hinsichtlich des in ihm vorhandenen Sapropels danach auch »Teichschlamm«. In logischer Weiterbildung einer solchen Nomenklatur wäre dann das Sapropel des Wattenmeeres »Teichschlick«, also Sapropel-Ton des Wattenmeeres wäre Teich¬ schlick-Ton (!), denn das Pendant von Schlamm — im Süßwasser — soll ja Schlick — im Salzwasser — sein. Finden wir also Sapropel-Material im Salz wasser, so wäre das danach Teich¬ schlick, entsprechend Teichschlamm im Süßwasser. Von den fossilen Kaustobiolithen wissen wir zum Teil gar nicht, ob es sich um einen Schlamm oder einen Schlick im Sinne Ramann’s bnn- 166 Termini für Sapropelite. delte. Wo gehören aber nun die vielen Sapropelite des Brack¬ wassers hin? — Wir geraten also damit vollständig in die Brüche, d. h. diese wissenschaftlich überwundenen Einteilungen sind und bleiben ein unhaltbarer Zustand, sobald man das gesamte in Betracht kommende Gebiet in Rücksicht zieht, abgesehen davon, daß eine weitergehende Vertiefung, auch schon bloß in die rezenten Sapropelite, die Unzweckmäßigkeit der alten Termini auf¬ deckt. — Ich habe die von Ramann gegenwärtig bis auf Weiteres gewünschte Terminologie so ausführlich behandelt, weil gerade er einer der heute angesehensten Bodenkundigen ist und daher natur¬ gemäß auch eine weitgehende Einwirkung auf den Gegenstand auszuüben in der Lage ist. Demnach ist auch ein besonderes Eingehen auf seine Ansichten bezüglich der Schlammformen an¬ gebracht, um genauer meinen gegensätzlichen Standpunkt kenn¬ zeichnen zu können. Schlammmull. Wollny (1897) hatte die Vorstellung, daß im Wasser aus den sapropelbildenden Organismen Parallelen zu den außerhalb des offenen Wassers vorhandenen Humusbildungen vor¬ handen sein müßten. Wie er nun hier in der üblichen Weise unterschied in »Mull« (das ist jetzt unser Moder), »Rohhumus« (das ist bei uns Trockentorf) und »Torf« (also Moortorf oder Torf im engeren Sinne), so unterschied er dementsprechend Schlamm¬ mull, Schlamm-Rohhumus und Schlamm-Torf. — Schlammmull geht danach — nach W. (1897, S. 196) — in sauerstoffreichen Gewässern aus den Resten von Wasserpflanzen, Tieren und ihrem Kot hervor; er ist grau- oder grünbraun, sehr feinkörnig und ge¬ wöhnlich mit unorganischen Beimengungen versehen. W., der also meinte, daß es sich um ein wie Moder leicht zersetzliches Material handelt, setzt synonym hierzu den Schlamm Ramann's (= Post’s Gyttja). — Bei seinem Schlamm-Rohhumus legt W. (1897, S. 196 und 202) hinsichtlich der beigemengten orga¬ nischen Teile den Nachdruck darauf, daß diese durch Drift hinein¬ gelangt sind. Schlicke, bei denen wesentlich letzteres der Fall ist, sind natürlich vorhanden, es handelt sich aber im allgemeinen um Sapropel-Schlick, um eine Sapropel-Erde. — Der Schlamm- torf Senft’s (Humus-, Marsch- und Limonit-Bild, 1862, S. 120 und Termini für Sapropelite. 167 129), von dem dieser bemerkenswerter Weise sagt, daß er wie bitu¬ minöser Tonschlamm aussehe, ist ein Saprokoll. Wollny bringt den Schlammtorf (1897, S. 214) in Gegensatz zu seinem Schlamm¬ mull. Der erstere entstehe in sauerstoffarmen Gewässern aus den Resten von Wasserpflanzen, Tieren und ihrem Kot; er ist rot¬ braun oder braunschwarz. Auch Fleischer1) unterscheidet zweierlei und zwar »Lebertorf« und »Schlammtorf«; er sagt von letzterem, daß er beim Trocknen sehr hart wird und dann Wasser kaum noch aufnimmt. Auch früher ist der Ausdruck Schlamm¬ torf oft für Saprokolle gebraucht worden (vergl. Keferstein, 1826, S. 32, 39 und 64, Wiegmann, 1837, S. 13). Auch Früh (1904, S. 210) wendet noch den Ausdruck Schlammtorf als Syno¬ nym für »Lebertorf« an. Schlamm-Rohlmmus s. Schlamm- Mull. Schlamm-Torf s. Schlamm-Mull. Schlick ist einerseits ein Verlegenheitsausdruck der Technik für echtes Sapropel2), da jedoch andererseits richtiger Schlick — nämlich abgesetzte feinste Trübe (wesentlich aus Ton) aus Fluß- und besonders Meer- Wasser — ebenfalls technische Ver¬ wendung — und zwar als Düngemittel — findet, kann, um Irrtti- inern zu begegnen, das Sapropel auch von der Technik nicht mehr als Schlick bezeichnet werden. — Vergl. auch unter »Schlamm«* Schn ecken gytje oder -gyttja s. Gyttja. Schwarzer Moder und schwarzer Schlamm ist meist durch Gehalt an Einfach -Schwefeleisen schwarzfarbig. Näheres über denselben im Kapitel über Sapropel und Eisenverbindungen. Seedy (= Sjödy von Post) s. Dy. Seemoor ist Ramann’s (1888, S. 412) Übersetzung für PoSTs Seedy. Vergl. unter Moor. Slläckgyttja (Schneckengyttja) s. unter Gyttja. Strandmoor ist Ramann’s (1888, S. 412) Übersetzung für PoSTs Uferdy. Wir werden das Wort Strandmoor für Moore reservieren, die am Strande liegen. 9 Fleischer, 1. c. 1903, S. 95. 2) Vergl. Poto NIE, Eine rezente Schlamm-Bildung des Cannelkohlen-Typus 1904, S. 406. 168 Termini für Sapropelite. Tangsaprokoll (= »Tangtorf«) entsteht aus Stranddrift vod Tangen (Fucaceen und Laminariaceen), die durch Bedeckung durch Sediment sich erhält. Es bedarf dieses Gestein übrigens hinsicht¬ lich seiner Eigenschaften noch der näheren Untersuchung. Herr Kustos Prof. Dr. P. Kuckuck von der Kgl. Biologischen Anstalt auf Helgoland übersandte mir ein Stückchen von älterem Tang- Saprokoll, der beim Bau der neuen Landungsbrücke in dicken Lagen freigelegt wurde; das Material sieht äußerlich durchaus wie ein Saprokoll aus, ist in lufttrockenem Zustande sehr hart und blättert auf. Der Tiefenschlanim Passarge’s (1902, S. 93 und 96) ist wesent¬ lich Faulschlamm, der die tiefsten Stellen der von Passarge unter¬ suchten Seen bedeckt. Torfdy s. Dy. Torfgyttja (v. Post) ist subfossile Gyttja, wie sie sich im Liegenden von lacustren Torfmooren findet. Torfleber — Lebertorf; Torfleber heißt aber auch der Dopplerit. Torfschiefer *) s. Schiefertorf. Uferdy (= Stranddy v. Post’s) s. Dy. Weißer Torf heißt das Saprokoll gelegentlich dort, wo es durch helle Farbe besonders auffallend in Gegensatz tritt zu da¬ rüber liegendem, schwarzem Verlandungstorf, so nach Mitteilung des Herrn Rektors Heym in einem Torfmoor bei Rehden bei Briesen in Westpreußen. (Auch unreifer und halbreifer Sphagne- tum-Torf heißt weißer Torf oder Weißtorf.) Wienerde ist ein Ausdruck, den ich von Herrn Direktor Rotbarth jun. in Triangel hörte, für den Sapropelit, der stellen¬ weise an der Basis des dortigen großen Torflagers vorkommt. So hätten wir denn für die rezenten und subfossilen Sapro¬ pelite wahrlich Namen genug zur Verfügung, und es sind deren noch viel mehr, wie wir bei der Besprechung der weiterhinten be¬ sonders herauszuhebenden Sapropel-Erden sehen werden. Diese Fülle verwirrt aber mehr denjenigen, der sich nicht selbst fach- *) 15. Geinitz nach Früh, 1883, S. 21. Sapropel mit reichen akaustobiolithischen Zutaten. 169 männiseh mit dem Gegenstand beschäftigt, als daß sie fördernd wirkte. Ebenso ist es bei den weiter hinten behandelten Sapropel- Erden. Sapropel mit reichen akaustobiolithischen Zutaten und Sapropel-Erden. Unter den Sapropeliten mit reichen akaustobiolithischen Zu¬ taten sind in erster Linie zu nennen der Sapropelit-Kalk oder Kalk-Sapropelit, unter den Sapropelführenden Gesteinen mit reich¬ lichem anorganischem Sediment, d. h. unter den Sapropel-Erden (vergl. vorn S. 34) sind besonders hervorzuheben der sehr häufige Sapropel-Ton (ein Sapropelit) und der seltenere Sapropel-Sand (Sapropsammit). Synonyme zu den hier zu behandelnden Gesteinen wurden schon unter Sapropel S. 143 ff angegeben (vergl. dort z. B. unter Gyttja, Moorschlamm usw.); weitere Synonyme finden sich in den 4 folgenden Kapiteln, welche die Sapropelite (und Sapropsammite) behandeln, sofern Kalk, Kieselsäure, Eisen, Ton usw. in ihnen eine besondere Rolle spielen. Auch war es zum besseren Ver¬ ständnis gegeben, im Folgenden auf einige Akaustobiolithe und ihre Namen einzugehen, weil oft genug auf die brennbaren Be¬ standteile keine Rücksicht genommen worden ist und so Kausto- und Akaustobiolithe zusammengeworfen worden sind. So bei den Sapropelit-Kalken , den Diatomeen-Peliten usw. Gewisse Akaustobiolithe nennen die Engländer Ooze, nämlich die organo- genen küstenfernen Tiefseebildungen; sie sprechen danach von Pteropoden- , Globigerinen-, Diatomeen-, Radiolarien-Ooze. Al. Agassiz unterschied slab als biogenes, im Gegensatz zu silt als terrigenes, schlammig-schlickiges Material. Sapropel und Calciumcarbonat. Die meisten Seen Norddeutschlands enthalten nährstoffreiches, insbesondere kalkhaltiges Wasser; so besetzen denn kalkliebende Pflanzen und Tiere (von diesen besonders Mollusken) die geeigneten 170 Sapropel und Calciumcarbonat. Stellen des Wassers, von ersteren unter den Algen gern Charaeeen und höher organisierte Wasserpflanzen (Laichkräuter [Potaviogeton - Arten], Hydrocharis usw.), die sich mit Kalk inkrustieren. Nach Siegfried Passarge1) enthalten Chara in lufttrockenem Zustande 65 — 70 pCt., Stratiotes , Myriopliyllum, Ceratophyllum rund 60 pCt., Eiodea rund 50 — 55 pCt. Calciumcarbonat oder nach Fried. Georg Kohl2) in der Asche Chara foetida 05 — 96 pCt., die Alge Cla- dophora glomerata 59 pCt., Nuphar luteum 42 pCt. und Eiodea 35—53 pCt. Es wird gewöhnlich angenommen, daß die in Rede stehenden Wasserpflanzen die Fähigkeit hätten, aus dem im Wasser enthal¬ tenen Calciumbicarbonat ihr zur Assimilation nötiges Kohlendioxyd aufzunehmen, wobei sich dann Calciumcarbonat auf der Pflanze absetzen kann, denn in CO‘2-freiem H2O löst sich CaC03 durch¬ aus nicht. Kohl macht jedoch darauf aufmerksam (1. c. 1889, S. 102), daß wenn diese Anschauung richtig und dieser Prozeß die alleinige Ursache der Kalkablagerung auf Wasserpflanzen wäre, so müßten notwendigerweise alle in kalkreichen Gewässern lebenden Gewächse Kalküberzüge besitzen, was nicht der Fall ist (z. B. nicht bei Zygnema , Spirogyra usw.). Immerhin ließe sich denken, daß eben gewisse Arten die Fähigkeit hätten, in der an¬ gegebenen Weise CO2 dem Calciumbicarbonat zu entreißen, andere nicht. Die absterbenden Organismen und auch schon die als Kalkregen abfallenden Inkrustationen der lebenden erzeugen daher auf dem Boden des Sees sehr kalkreiche Schichten, die sich zu¬ nächst durch ihre Leichtigkeit und geringe Bindigkeit auszeichnen ') Passarge, Die Kalkschlammablagerungen in den Seen von Lychen, Ucker¬ mark. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanstalt und Bergakademie für 1901, Bd. XXII, Heft 1, Berlin 1902, S. 110. — Von den Schriften, die sich mit der Genesis der organogenen Kalkschichten der in Rede stehenden Art be¬ schäftigen, sei zuni Studium auch empfohlen: C. WESENBERG-Lund, Studier over Sokalk, Bönnemalen og Sögytje i danske Indsöer. (Meddelelser fra dansk geologisk Forening No. 7, p. 1 — 180.) Kopen¬ hagen 1901. Ein gutes ausführliches Resume von Dr. Wolfe befindet sich in Jusx’s Botanischem Jahresbericht, Paläontologie, Arbeiten für 1902, S. 775 — 776. 2) Kohl, Anatom. -phjsiol. Untersuchungen der Kalksalze und Kieselsäure in der Pflanze, Marburg 1889, S. 10, Sapropel und Calciumcarbonat. 171 und gelegentlich bei Vor wiegen von Characeen als bröckliger Characeenkalk und feinerer Phanerogamenkalk unterschieden werden können. Je nach den Beimengungen kann der Kalk dunkelgrau bis hellgrau oder durch Eisenoxydhydrat gelblich gefärbt sein. Wenn die Kalkabseheidung durch Pflanzen oder Tiere sehr be¬ trächtlich war und die organische Substanz vollkommen verwest ist oder doch sehr zurücktritt, kann der Kalk schließlich so rein werden, daß nur weiße Kalkschichten erhalten bleiben, die unter dem Namen Seekreide (nach der Bedeckung durch Torf als Moor kr ei de) bekannt sind. Manche unserer Seen haben dann einen schneeweißen Untergrund und davon ihren Namen, wie u a. der »Weiße See« östlich von Buckow bei Strausberg in der Pro¬ vinz Brandenburg danach benannt ist1). Kalksapropelite ent¬ stehen mit Rücksicht darauf, daß die kalkreichen Wasser einem zahlreichen und üppigen organischen Leben sehr günstige Bedin¬ gungen bieten, verhältnismäßig schnell. Nach Maßgabe der Kalk¬ entnahme aus dem Wasser und der Auslaugung der Umgebung des Sees wird der Kalkgehalt des Wassers naturgemäß allmählich geringer, so daß im Verhältnis zu der Kalkproduktion durch die Pflanzen (oder Tiere) immer und immer mehr organische Sub¬ stanz zusammen mit dem Kalk zur Ablagerung gelangt. In diesem Falle erhalten wir ein von dem vorigen durch den stärkeren Sa- propelgehalt abweichenden Sapropelit und zwar bei geringerem Sapropelgehalt einen Sapropelkalk (Faulschlammkalk, kurz [incl. Faulgallertekalk] = Faulkalk), bei stärkerem ein Kalk- sapropel. Schließlich wird nur noch — wieder in langsamem Übergang durch allmähliches, vollständiges Verschwinden des Kal¬ kes — reines Sapropel abgelagert2), falls nicht schon vorher die Verlandung eingetreten ist. ') Natürlich können sich älmliche Namen auch auf genetisch nicht zu den Akaustobiolithen gehörige Kalkablagerungen beziehen, so auf das Vorhandensein ron Quellkalksinter, wie die Namen »Kalkbach« und »Kalkholz« bei Mühlen¬ kamp (Kreis Bublitz) in Pommern, wo diese Sinter 6 m mächtige Ablagerungen in einer Ausdehnung von 1,5 km bilden; wahrscheinlich hängt damit auch der Name »Kalkhorst« (ein Buchenwald) bei Altstrelitz zusammen. 2) Ein weiteres Eindringen in den Gegenstand wird erst zeigen, in wieweit eine bestimmtere Definition der oben genannten Sapropelite zweckmäßig sein wird. 172 Sapropel und Calciumcarbonat. Es sei nochmals betont, daß diese Folge nur da möglich ist. wo das Wasser aus den angegebenen Gründen bis zum Verlust oder zur wesentlichen Herabminderung des Kalkes immer kalk¬ ärmer wird, und das ist gewöhnlich in Seen der Fall. Es muß aber gleich hinzugefügt werden, daß in Seen usw. je nach den Bedingungen gleichzeitig an der einen Stelle kalkreiche, an anderen kalkarmere und auch Ablagerungen mit sehr geringem Kalkgehalt entstehen können *). Insbesondere ist hervorzuheben, daß unsere wesentlichen Kalkbild'ner, die Charaarten und Muscheln und Schnecken gern die weniger tiefen Randpartieen der Wässer bewohnen und dort kalkreiche Ablagerungen bilden, die tieferen Stellen derselben Wasser aber kalkarmen Faulschlamm besitzen können, ganz entsprechend dem Kalkabscheidungsvermögen der Organismen, und da diese in verschiedenen Tiefen leben, so unter¬ scheidet sich auch die Beschaffenheit verschieden tief gelegener Bodenstrecken tieferer Seen namentlich hinsichtlich ihres Kalkge¬ haltes unter Umständen sehr wesentlich. Demgemäß entsprechen in den Seen bis 32 m Tiefe, die Passarge (1. c.) untersuchte, die verschiedenen Schlammformen eines und desselben Sees den ver¬ schiedenen den Boden bewohnenden Lebewesengemeinschaften. Der Pflanzenrasen zerfällt hier in drei Typen: 1. in den reinen Chara- rasen, 2. den gemischten Rasen aus Chara , Elodea , Potamogeton, Ceratophyllum , Myriophyllum , Stratiotes und 3. den Vaucheria- Rasen. Die Schlammarten sind nun den verschiedenen Pflanzen¬ rasen entsprechend: 1. »t/mm-Schlamm«, 2. »gemischter Schlamm«, 3. » Vaucheria- Schlamm« und 4. »Tiefenschlamm«, letzterer in Tiefen über 7 m. Der Charaschlamm hatte 70—80 pCt., gemisch¬ ter Schlamm 50 — 60 pCt. Calciumcarbonat. Vaucheria scheidet keinen Kalk ab. Ihr Schlamm enthält daher nur wechselnde Mengen Kalk, der an Conchylienschalen gebunden ist. Der Tie¬ fenschlamm ist, wie Passarge sagt, ein Produkt von zusammen¬ geschwemmtem Detritus von Tieren und Pflanzen, Fischkot und Planktontieren. Daher hat er auch sehr wechselnde Kalkmengen (16—50 pCt.). Die Bildung von Seekalk ist demnach nicht allein ’) Siehe auch WESENBERG-Lund und Passarge, 1. c. Sapropel und Calciumcarbonat. 173 abhängig von der Höhe des Kalkgehaltes des Wassers; eine gleich¬ mäßige Ablagerung von Seekalk ist nur da zu erwarten, wo sich die Wassertiefe in gleichen Zahlen bewegt, und selbst dann sind Unterschiede vorhanden, je nach den Stellen, wo Wasser ein- und ausfließt usw. Dort, wo die Bedingungen zur Entstehung von Seekalk und von Faulschlamm vorhanden sind oder die Möglichkeit eines stän¬ digen Zuflusses von kalkhaltigem Wasser gegeben ist, wird natür¬ lich kein reiner Faulschlamm, sondern wesentlich Kalkfaulschlamm oder Faulschlammkalk gebildet, und das ist in den Buchten resp. überhaupt an den weniger bewegten Stellen solcher Bäche und Flüsse möglich, die mehr als eine durch Wasserverbindungen an¬ einander gereihte Seenkette erscheinen, wo also ständig gelöster Kalk hinzugeführt wird, der durch Aufnahme und Niederschlag seitens der Pflanzen und Tiere bei dem schließlichen Niedersinken zur Ruhe gelangt. Solche Verhältnisse herrschten vielfach in der Provinz Brandenburg, z. B. im alten Berliner Haupttal, dem bei seinem geringen Gefälle (das zwischen Cöpenick und Spandau, in Luftlinie eine Strecke von ca. 27 km, nur ca. 2 m beträgt) von dem langsam fließenden, kalkigen Wasser feine Sande zugeführt wurden, das aber in Buchten und sonst an ruhigeren Stellen viele Gelegenheiten zur Entstehung eines Sapropelits bot, der dann ein Sapropelkalk war, der sich vielfach in diesem Tal, so auch in Berlin selbst im jetzigen Untergründe unter Torf vorfindet (vergl. über diesen Faulkalk unter Diatomeen-Sapropel-Kalk). Fr. Kaun- howen gibt über das Vorkommen an1): »Das Hauptverbreitungsgebiet des Torfes und Faulschlamm¬ kalkes in Berlin liegt zu beiden Seiten der Spree und ihrer jetzt schon meist beseitigten Arme, wo sie nicht selten bis 10 m und mehr Gesamtmächtigkeit erreichen ; ferner sind das Panketal und die das Teltowplateau durchziehenden Rinnen reich daran. Der südliche Teil von Berlin enthält ausgedehnte und teilweise mäch- tige Ablagerungen von Torf und Faulschlammkalk in einem Ge¬ biet, das sich aus der Gegend des Hafen- und Askanischen Platzes b Kaunhowen in der Festschrift des Vereins deutscher Ingenieure. Berlin, 190G. 174 Sapropel und Calciumcarbonat. über den Belleallianceplatz, die Puttkaraer-, Bessel-, Hollmannstraße, an der Jerusalemer Kirche vorbei bis zur Neuen Grünstraße aus¬ dehnt und ebenfalls auf einen uralten Flußarm in dieser Gebend hindeutet. Ohne Pfahlroste ist hier kein Bau zu errichten.«1) !) Berlins Häuser sind in diesem Sinne zum Teil sehr kostspielige »Pfahl¬ bauten«', auf eingerammten Pfählen zur Schaffung eines festen Untergundes er¬ baut. Bekanntlich ist das heutige Berlin aus ursprünglich 2 gleichalten Gemein¬ den, (Alt-) Berlin und Kölln, hervorgegangen, und beide Namen weisen mit großer Wahrscheinlichkeit auf Geländeformen, die der Sapropelbildung günstig . sind. Herr Geheimer Oberverwaltungs-Gerichtsrat Immanuil Hoffmans schreibt mir diesbezüglich auf meine Anfrage : »Bei der Erklärung des Wortes B erli n dürfte davon auszugehen sein, daß dieses Wort nicht bloß zur Bezeichnung von Städten, sondern auch von Seen und Plätzen gebraucht wird. Es gibt bei Wittstock zwei Seen, welche der große und der kleine Berlin heißen, in Halle zwei Plätze, die diese Namen führen (vergl. Dr. Killisch, Berlin, der Name der deutschen Kaiserstadt, S. 8 und 9). Auch wird daher Berlin in alten Urkunden öfters »der Berlin« genannt (1392 wird geschrieben »An die vier Gewerke und die ganze Gemeinheit tu dem Berlin«). Ich bin deshalb auf den Gedanken gekommen, daß der Name Berlin mit dem Namen Warbelin oder Werbellin identisch und aus diesem Namen durch Metathesis entstanden sein könnte. Bekannt ist ja der Werbellinsee und das an diesem See liegende Dorf gleichen Namens und die durch den Sieg des Großen Kurfürsten über die Schweden berühmt gewordene Stadt Fehrbellin, die noch im Jahre 1217 urkundlich Warbelin heißt. (Bf.rgau, Bau- und Kunstdenk¬ mäler der Provinz Brandenburg — Artikel Fehrbellin.) Daß nun Werbelin oder Warbelin mit dem wendischen Wort für die Weide ( salix ), das wrba heißt (der zwischen w und r liegende Vokal schwankt zwischen a und e und hat überdies ein leises j vor sich, weshalb das Wort auch oft wjerba oder wjarba geschrie¬ ben wird) zusammenhängt, ist wohl als sicher anzunehmen. Im Alt-Wendischen wird wjerb(o)liny jasor der Weidensee, wjerblina wass das Weidendorf, wjerblino mesto der Weidenplatz geheißen haben, und wie wir im Deutschen statt Liuden- dorf oder Lindenau einfach Linden (bei Hannover) und statt Eichenplatz einfach Eiche (in Niederbarnim) oder Eich (Luxemburg und Hessen) und statt Weiden¬ dorf Weiden (Bayern) sagen, so ließ wohl auch der Wende jasor (See), wass (Dorf) oder mesto (Platz) fort und brauchte einfach wrblin (wjerblin) (Werbelin), um einen mit Weidenbäumen bepflanzten und umpflanzten (oder bestandenen. — P.'' Ort (Gau, See, Niederlassung usw.) zu bezeichnen. Daß nun aber aus dem wendischen Wrblin sehr leicht Berlin im deutschen Munde werden konnte, dafür sprechen viele Analogien. Wie aus dem mons Vosegus die Vogesen wurden, so konnte, aus dem wrblin das bequemer zu sprechende Berlin werden. Wurde doch aus dem serba (reka) — dem sorbischen Fluß — durch Metathesis (Sbr(e)a, unsere Spree. Der Sorbenfluß hieß die Spree, weil das Volk, welches der Deutsche die Wenden nannte und heute noch nennt, sich selbst die Sorben nannte und heute noch nennt. (Der wendische Titel des Lausitzisch-We ndi sehen Wör¬ terbuches von Pfuht. lautet Serbski Slownik). Für diese Ableitung des Namens Sapropel und Calciumcarbonat. 17b Paul Range hat ein bestimmtes Vorkommen in einer Notiz näher beschrieben 1). Das Profil des Untergrundes des Patholo¬ gischen Instituts der Charite in Berlin wies danach über alluvi- & alem Sapropel-Sand ein 4 — 14 m mächtiges Faulkalk-Lager auf, darüber Torf. »Es hat also hier in alluvialer Zeit ein tiefes See¬ becken bestanden, wahrscheinlich als ruhige Seitenbucht der Spree, etwa wie jetzt der Wannsee südwestlich Berlin. Nach und nach wurde das Becken von Faulkalk erfüllt, verlandete schließlich und wurde von einem Bruch wald überwachsen.« Heute kann man die Bildung solcher Lager verfolgen an be- sonders ruhigen Stellen der Havel und des Havelgebietes. Das ist z. B. der Fall im Sacrower See, im Heiligen See und im Griebnitz-See bei Potsdam, während die ruhigeren Stellen der Havel, soweit ich sie zwischen Spandau und Potsdam abgedretscht habe, so die Scharfe Lanke, die Gargen-Lanke, die Klare Lanke, der Wannsee, die Strecke westlich der Pfaueninsel, Moorlake, der Schwielow-See, weniger kalkreichen Faulschlamm, mehr oder minder stark vermischt mit tonigen und sandigen Teilen, auf¬ wiesen. Wenn solche Strecken mehr oder minder noch durch Torf¬ bildung verlanden, wie das bei dem in die Havel einmündenden Bäketal der Fall ist, das zum größten Teil von dem jetzigen Teltow¬ kanal benutzt wird, so haben wir, wie die Aufschlüsse zeigten, die Berlin aus Wrblin spricht aber auch noch der Umstand, daß das Ländchen Bellin — sein Hauptort ist Fehrbellin, weshalb der Name dieser Stadt auch als »Fähre im Lande Bellin« erklärt worden ist — noch heute seinem Namen Ehre machen würde durch die Fülle seiner Weidenbäume, wenn auch »Bellin« nur eine Zurechtmachung des wendischen Wortes wrblin wäre. Endlich sei darauf hingewiesen, daß die heutigen Wenden unsere und ihre Hauptstadt nicht Berlin, sondern Barlin nennen. Ist also die Deutung »Weiden« richtig, dann träte hier wieder, wie in dem für Fehrbellin bezeugten »Warbelin« das a in wrba (wjarba) hervor. — Da Kölln, wie wohl jetzt allgemein anerkannt ist, nichts anderes als »Pfahlbau« bedeutet (Kollna heißt noch heute jedes Haus im Spreewald, da es auf Pfählen steht (kol der Pfahl, kolk Pfählchen, Schandpfahl am alten Berliner Rathause), so wird Berlin seinen Namen vielleicht schon von den im Spreetal sich in der Urzeit ansiedelnden wendischen Pfahlbauern erhalten haben.« b Range, Der Untergrund des Pathologischen Instituts der Königlichen Charite zu Berlin. (Jahrb. d. Kgl. Geolog. Landesanstalt für 1907, S. 457 — 461.) 176 Sapropel und Calciumcarbonat. der Kanalbau so schön gewährte (z. B. ca. 300 m nordöstlich des durch den Kanal vernichteten Teltower Sees), das folgende Profil: 3. Sumpf-Torf, 2. Faul-Kalk, stellenweise bis über 8 m mächtig, 1. Ton und Feinsand, oder an einer anderen Stelle (weiter nördlich der vorigen): 3. Sumpf-Torf, 2. Faul-Kalk und Faulschlamm-Ton, 1. Moor-Kreide. Alte, jetzt verlandete Teiche, die vom Teltowkanal durch¬ schnitten wurden (so z. B. in Steglitz westlich der Siemensbrücke), ergaben generell wiederholt das Profil 5. Torf, 4. Saprokoll, 3. Kalk-Sapropel, 2. Sapropel-Kalk, 1. Sand. Bohrungen auf dem jetzigen Witzlebensplatz am Lietzensee in Charlottenburg ergaben das Profil: (4. Aufgefüllter Boden bis 5 m), 3. Torf bis 3,60 m mächtig, 2. Sapropel-Kalk bis 3,20 m mächtig, , 1. Sand. Ein weiteres Beispiel — wenn wir Berlin und Umgebung ver¬ lassen — ergab sich z. B. im Kieler Hafen nördlich von Ellerbek durch Bohrungen, wo sich fand: 5. Hafen- Wasser, ( 4. Schlick mit Meeres-Mollusken-Schalen, Alluvial 3. Torf über 1 m mächtig, v 2. Faulkalk (mit vielen Diatomeen) über 1 m mächtig, Diluvial 1. Kies-Sand. Sapropel und Calciumcarbonat. 177 Noch ein Beispiel sei erwähnt: der wiederholt schon ge¬ nannte Ahlbecker Seegrund südlich des Stettiner Haffs, wo, wie wir schon sahen, stellenweise vorhanden ist: 4. Torf, 3. Faulschlamm (mehrere Meter mächtig), 2. Faulschlamm-Kalk resp. Kalk-Faulschlamm (mehrere Meter mächtig), 1. Sand. Die in Rede stehenden Kalkgesteine sind sehr verbreitet; es sei nur auf die »Kalakari-Kalke« Süd-Afrikas hingewiesen, die — um ihre Genesis zu verstehen — Passarge1) zu dem Studium der bei uns heimischen Seekalke geführt haben. In Deutschland haben die See- und Moor -Kalke bei ihrer Häufigkeit verschiedene Namen erhalten, die im folgenden vorge¬ führt werden und zwar inkl. der Synonyme für diejenigen Kalk¬ gesteine (See- oder Moorkreide), die bei einer genetischen Grund¬ lage der Betrachtung den Sapropeliten nahestehen, also einschlie߬ lich der akaustobiolitischen Kalke. Alm (Sendtner 1854, S. 123, meint, daß dieser Volksaus¬ druck vielleicht aus dem Lateinischen alba terra entstanden sei) heißt in Südbayern die Wiesen- oder Moorkreide (vergl. hinten S. 181/182) und der Faulschlamm-Kalk (S. 179). Es geht aus der Beschreibung Sendtner’s (1. c., S. 123 — 124) hervor, daß dort meist Faulschlamm-Kalk vorliegt. Dieser Autor hat die Genesis der in »Südbayern weit verbreiteten Bildung« allerdings falsch aufgefaßt, indem er den Alm für eine Kalkbildung hält, die von Quellen ausgeschieden sei, also für Kalksinter, den die Süddeutschen übrigens unter Alm einbeziehen, so daß besser zu sagen ist, daß sie früher den prinzipiellen Unterschied der beiden in Frage kom¬ menden Kalk-Gesteine nicht erkannt haben. Dieselbe Anschauung findet sich bei Gümbel (Geologie von Bayern II. 1894, S. 269 und 308) vertreten. Er sagt (S. 308): Alm entsteht »durch Aus- l) Vergl. Passarge, Die klimatischen Verhältnisse Süd -Afrikas seit dem mittleren Mesozoicam. (Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkunde, Berlin 1904, S. 183 ff.) Neue Folge. Heft 55. 12 178 Sapropel und Calciumcarbonat. Scheidung von anfänglich amorphem, mit organischen Substanzen verbundenem, breiigem Kalkschlamm aus Quellen oder auch aus dem kalkigen Grundwasser.« Auch aus dieser Bemerkung geht hervor, daß Faulkalk gemeint ist. Auch C. A. Wiesner1) — um noch einen weiteren Autor zu zitieren — wirft beides, den organogenen Kalk und den Kalksinter, zusammen, indem er u. a. (S. 5 (23) und S. 6 (24)) den Alm und den »white clay of bottom«, der den Untergrund des »großen schrecklichen Sumpfes« (the great dismal swamp) der atlantischen Ebene des mittleren Nord- Amerika bildet, einen Tuff nennt. Dieser white clay besteht aber aus phytogenem und zoogenem Kalk; er enthält (außer Dia¬ tomeen usw.) u. a. Characeen und Conchylien. Den Alm beschreibt Wiesner als breiig, organische Substanz enthaltend, mit Spon- gillen-Nadeln usw. Übrigens sind diejenigen Autoren, die sich eingehender mit den rezenten, organogenen Süßwasser-Kalken be¬ schäftigt haben, nicht zweifelhaft, daß Alm genetisch ein Seekreide- Gestein ist (vergl. z. B. Passarge, S. 80). Bacillarien-Kalk-Faulschlamm oder B.-Faulsclilannn-Kalk. Siehe unter Diatomeen-Faulschlamm-Kalk und »Modder«. Bergmilcli (Fischerström 1784, S. 257 nach Keferstein 1826, S. 59). Blake und Bleke (Fischerström 1. c.), schwedisch, = See¬ kreide. Cliara- (resp. Cliaraceeil-) Kalk heißt unser organogener Kalk, wenn wesentlich aus einem Charetum hervorgegangen. _ ' — Diatomeen- (Bacillarien-) Faulschlamm- (oder Sapropel-) Kalk. Besonders häufig ist u. a. in der Mark Brandenburg2) ein Gestein, das in seiner Eigenart am schnellsten durch den Namen Diato- m een- Sapropel -Kalk charakterisiert wird, also ein Sapropel-Kalk oder Kalk-Sapropel, der viele Diatomeen enthält oder wo doch unter den noch figuriert erhaltenen organischen Resten die Diatomeen-Scha- len besonders auffällig sind. Es ist dies die namentlich durch Ehren- Ö Wiesner, Beitrag zur Kenntnis der Seekreiden und des kalkigen Teich¬ schlamms der jetzigen und früheren geologischen Perioden. Yerhandl. der physikal.-medizin. Gesellschaft zu Würzburg. 1893. 2) Potonie, Kalkgytje aus dem Bäketal, 1903. Sapropel und Calciumcarbonat. 179 BERG so bekannt gewordene, jetzt gewöhnlich » B erliner Diato- meen-Erde« genannte Bildung, die dieser Autor selbst noch zu seiner »Infusorien-Erde« rechnete, die aber in Wirklichkeit wesentlich ein Sapropel-Kalk mit vielen Diatomeen ist. Der Modder der Berliner (vergl. S. 157, 173 und 1801)) ist bei dem häufigen Vorkommen dieser Bildung im Untergründe Berlins daher meist das in Rede stehende Faulschlamm-Gestein. Die Dänen nennen es Kieselag (Forchammer und Steenstrup 1842, vergl. Ramann-Post S. 416); auch diatomeenreiche »Kalk-Gy tj en « gehören hierher. Was ich selbst aus Berlin gesehen habe (alte und neue Proben aus hunderten von Bohrungen und Auf¬ schlüssen von der Charite bis zur Museumsinsel, hier die neuen Bohrproben des Terrains, auf dem jetzt das Kaiser Friedrich- Museum steht, und von anderen Stellen), war kein Diatomeen- Pelit, sondern eben Sapropel-Kalk, der sich stellenweise bei An¬ reicherung von Diatomeen allenfalls als Diatomeen-Sapropel-Kalk bestimmen läßt. Interessant ist die Angabe Lossen V2), der darauf aufmerksam macht, daß dieser Schlamm entzündliches Grubengas enthält. Man kann es in recenten Sapropelen besonders leicht und reichlich fast stets beobachten. Daß zu dem hier beschrie¬ benen Gestein als wesentliche Zutaten Ton- und Feinsand-Sedi¬ mente hinzukommen können, sei der Vollständigkeit halber noch erwähnt. Erdkalk (v. Klöden, 10. Stück, 1837, S. 9) = Moorkalk. Faulschlamm-Kalk (gekürzt inkl. Faulgallertekalk = Faulkalk) oder bei vorherrschendem Sapropelgehalt Kalk -Faulschlamm (ge¬ bildet entsprechend z. B. den beiden Ausdrücken Ton-Mergel und Mergel-Ton) s. unter Sapropel-Kalk. Der gemischte Schlamm Passarge's (1902, S. 96, auch S. 92) ist im Wesentlichen Kalk-Faulschlamm; sein VaucherHa- Sch lamm ebenfalls, nur daß hier Vaucheria- Arten die Haupt-Sapropelbildner sind, wie in anderen Fällen Diatomeen überwiegen können. *) Lossen, General- Bericht über die im Aufträge des Magistrats der Königl. Haupt- und Residenzstadt Berlin ausgeführte Geologische Untersuchung des städtischen Weichbildes. Berlin 1879, S. 1039 und 1041. 2) Lossen, 1. c., Berlin 1879, S. 1042. 12* 180 Sapropel und Calciumcarbonat. Graue und weiße Leber ist in Schleswig-Holstein (Fischer- Benzon 1891, S. 37) ein Sapropel-Kalk bis Moorkreide. Über »Leber« vergl. im Kapitel über die reinen Sapropele, S. 154/155. Gytja (Gyttja) siehe S. 149. Humoser Süßwasserkalk ist ein schlechter Ausdruck, da die Beimengung nicht Humus ist; freilich wurden aber früher und werden noch jetzt ohne Unterschied die- meisten brennbar-organo- genen Reste des Bodens Humus genannt. Kalkbrei, Lorenz 1858, S. 31 und 41. Kalk-Faulschlamm resp. -Faulgallerte s. unter Sapropel-Kalk. Kalk-Gyttja ist ein öfter gebrauchter Ausdruck für ein phy- togen-zoogenes Faulschlamm-Gestein, das sehr reich an Kalk ist. Siehe Näheres unter Sapropel-Kalk. Kalkmudde (Weber 1904, S. 6) ist Faulschlammkalk. Mudde s. S. 159. Kalk-Sapropel resp. -Saprokoll s. unter Sapropel-Kalk. Limuocalcit ist identisch mit Seekalk der Süßwässer, also Süßwasserkalk. Mergel-Sapropel (oder Sapropel-Mergel) oder -Saprokoll siehe Kapitel Sapropel-Erden, S. 232. Mergeltorf oder Torfmergel ist gelegentlich ebenfalls hierher gehörig (in anderen Fällen handelt es sich jedoch (vergl. Ramann 1905, S. 181) sinnentsprechend um einen Halbtorf mit hohem Kalkgehalt). Modder der Berliner nennt Lossen (1879, S. 1039) das, was ich als Sapropel-Kalk bezeichne, oder — da in dem Berliner Modder besonders viele Diatomeen-Schalen sind — genauer Di- atomeen-Sapropel-Kalk genannt werden kann; es ist das die so¬ genannte Berliner Infusorien- oder Diatomeen-Erde. Wie schon S. 179 erwähnt, heißt sonst beim Berliner usw. jeder Schlamm Modder, aber unter diesen ist der genannte im Untergründe Berlins besonders verbreitet. Übrigens ist auch das Gestein, das Julius Schumann 1857 als »Königsberger Infusorienlager« beschreibt, ebenfalls kein Diatomeenpelit, sondern ein etwas reichlich Diato¬ meen führender Sapropelit. Da der Sapropel-Kalk oft auffallend Sapropel und Calciumcarbonat. 181 hell ist, hört man ihn denn auch besonders charakterisieren als Weißen Modder, im Gegensatz zu schwarz oder dunkel ge¬ färbtem Schlamm (also auch Sapropeliten), der dann Schwarzer Modder z. B. in der Gegend von Buckow bei Straußberg, (d. h. in der »Märkischen Schweiz«) heißt. Molluskeil-Kalk (Schnecken-Mergel = Snäck-Gyttja der Schweden), wenn das Gestein vorwiegend aus Mollusken- Schalen entstanden ist. Moorkalk ist Seekalk oder irgend einer von den genannten Kalk-Sapropeliten, sofern er nach der Verlandung des Wassers durch Moorbildung sieb unter Torf gelagert vorfindet in allen Übergängen von Kalk-Sapropel bis zu reinem, schneeweißem Kalk (Kreide). In dem letztgenannten Falle wollen wir den Moorkalk als Moorkreide unterscheiden. Moor-Mergel ist bei manchen Autoren Faulschlamm-Kalk oder Kalk-Faulschlamm mit tonigen Beimengungen (Schlick-Beimengung). Nach Hrn. Geh. Bergrat F. Wahnschaffe wird jedoch auf den Karten der Königl, Preuß. Geolog. Landesanstalt unter Moor- Mergel ein sandiger Humus (unsere Moorerde, S. 46) verstanden, der nachträglich durch Überrieselung mit kalkhaltigen Wässern oder durch Auflösung der reichlich vorhandenen Mollusken- Schalen einen mehr oder minder hohen Gehalt an Kalkkarbonat * erlangt hat. Muschelkalk heißt Sapropel-Kalk resp. Moor- oder Seekalk gelegentlich bei der Landbevölkerung. (Vergl. Jentzsch 1892, S. 229.) PhacotllS - Kalk. In dem graublauen Süßwasserkalk von Hollerup in Dänemark, sagt G. Lagerheim (Untersuchungen über fossile Algen 1902, S. 498), kommen P/mcoto-Schalen so massen¬ haft vor, daß der Kalk zum großen Teil daraus besteht und zweck¬ mäßig als Phacotus- Kalk bezeichnet werden kann. Als dieses Se¬ diment abgesetzt wurde, muß das Wasser von den zahllosen, herumschwimmenden Phacotus- Zellen grün gefärbt gewesen sein. Die Polleu-gytje Steusloff’s (Torf- und Wiesenkalk- Ablage¬ rungen im Kederang- und Moorsee-Becken 1905, S. 39) ist, wie mir 182 Sapropel und Calciumcarbonat. Hr. Steusloff unterm 11. September 1905 auf meine Anfrage mit¬ teilt »ein Wiesenkalk mit ca. 60 pCt. CaCOg, dessen organischer Teil fast nur aus Pollenkörnern besteht. Sonst unterscheidet er sich von dem Wiesenkalk aus anderen Tiefen desselben Lagers nicht, ist also kein Pollentorf (Fimmenit). Den Namen wählte ich in Anlehnung an Wesenberg-Lund’s Diatomeen-, Cyanophyceen- und Chitin-gytje (Summary of studies upon lake-lime, pea-ore and lake- gytje in Danish lakes. Copenhagen 1901), wenn man allerdings den Pollen auch nicht direkt zum Plankton rechnen kann.« Es handelt sich also durchaus nicht um Fimmenit, wie man aus dem Namen Pollen- Gytje schließen möchte, sondern um Sapropel- Kalk, denn unter den noch figuriert erhaltenen organischen Bestand¬ teilen sind nur die Pollenkörner besonders auffällig. Der Name ist also nicht geeignet. Sapropel- und Saprokoll-Kalk (Faulschlamm- und Faulgallert- Kalk) resp. Kalk-Sapropel und -Saprokoll (Kalk-Faulschlamm und -Faulgallert) sind sehr häufig und bilden unter Umständen mäch¬ tige Lager. Bei einigermaßen unter dem Mikroskop auffälligem Vorhandensein von Diatomeen sind diese Gesteine oft für Diatomeen- Pelit angesehen worden (Näheres S. 178/179). Der Sapropel- Kalk ist an Ort und Stelle breiig (schlammig), er wird bei Wasserver¬ lust zunächst gallertig, in welcher Form er subfossil als Sapro¬ koll-Kalk häufig ist; er ist lufttrocken ein poröses, leichtes und meist leicht brechbares Gestein, das bei hohem Kalkgehalt sich der See- und Moorkreide nähernd schmutzig-weiß, mehr oder minder grau, bei Eisenoxydhydrat-Beimengung gelblich oder auch — - wenn durch Humus usw. beeinflußt — schwarz gefärbt ist. — Kalk-Sapropel hingegen ist, wegen des hohen Sapropel-Gehaltes, lufttrocken sehr hart. Schnecken -Kalk, -Mergel etc., s. Mollusken-Kalk. Seekalk ist dasselbe wie Moorkalk, so lange das Material noch den Boden unverlandeter Wässer bildet. Den schneeweißen, sa- propelfreien oder fast sapropelfreien Seekalk wollen wir Seekreide nennen, sei es, daß in diesem Falle von vornherein durch reiches Vorhandensein von Kalkwasser wesentlich Kalk ab¬ geschieden wurde, sei es, daß die Sapropel-Substanzen Gelegenheit Sapropel und Calciumcarbonat. 183 hatten, der vollständigen Zersetzung anheim zu fallen. Seekalk bildet sich übrigens — wie aus früher Gesagtem hervorgeht — natürlich nicht blos in Seen. Seemergel = vorwiegend Seekreide. Weiße Leber, s. graue Leber. Weißer Modder, s. unter Modder. Weißer Sohlton (nämlich »white clay of bottorn«) wird der Moorkalk des Great dismal-swamp genannt. Weißsand (Gümbel, Geologie von Bayern II, 1894, S. 365) ist ein Synonym für Alm. Wiesenkalk und -kreide. Synonyme zu Moorkalk resp. Moor¬ kreide. Wiesenmergel desgl. Die meisten dieser Termini beziehen sich auf Saprokoll- Kalk, oder bei stärkerem Sapropel-Gehalt auf Kalk-Saprokoll. Beide haben etwa die Konsistenz von festerem Quark. Auch bei reichlicherem Sapropel-Gehalt kann lufttrockener Sapropel-Kalk sehr hell oder fast bis ganz weiß sein. Will man sich nun schnell und bequem orientieren, ob man es wirklich mit Kalk-Sapropel oder Sapropel-Kalk zu tun hat oder aber mit reinem Kalk, so empfiehlt es sich — wenn man nicht eine mikroskopische Unter¬ suchung vorzieht — - das Material unter Luftabschluß zu erhitzen, wobei die Sapropel-BestandteiJe als Destillations-Rückstand Kohle zurücklassen, die die Gesteine schwarz färbt, während der reine und reinere Kalk (See- und Moorkreide in unserem Sinne) weiß bleibt, höchstens (bei sehr geringem Sapropel-Gehalt) hellgrau wird.1) Letzteres ist sogar bei der Rügener Kreide der Kreideforma¬ tion der Fall! — Um sich zu vergewissern, daß es sich wirklich in der schwarzfärbenden Substanz um Kohle handelt, wird man 9 Ich nehme für dieses einfache Experiment einen mit Porzellandeckel be¬ deckten kleinen Platintiegel, der durch einen Bunsenbrenner erhitzt wird. Dies gestattet auch ein approximatives Urteil über den Gehalt an brennbaren Destil¬ lations-Produkten zu gewinnen, die in Gasform zwischen Deckel und Tiegelrand, resp. bei zentral durchlöchertem Deckel aus dem Loch entweichend, dort ver¬ brennen. 184 Sapropel und Calciumcarbonat. zur Kontrolle eine bei Luftabschluß geglühte Probe nachträglich bei Luft-Gegenwart glühen, wobei durch Verbrennung der Kohle wiederum Aufhellung stattfinden muß. Kommt nämlich FeS2 (Zweifach-Schwefeleisen, Schwefelkies) in Sapropeliten vor, so er¬ gibt sich nach dem Glühen ebenfalls Schwarzfärbung durch Bil¬ dung von FeS (Einfach-Schwefeleisen). Um nun in solchen Fällen zu sehen, ob außerdem nun noch Kohle entstanden ist, wird man das FeS durch Behandlung mit HCl verwandeln in das in Lösung hellgrüne FeCl2 (Ferrochlorid); es entwickelt sich H2S, das sich durch den Geruch bemerklich macht. Bleibt danach die Probe doch noch schwarz, so ist Kohle vorhanden und man wird dies ebenfalls durch Verbrennen bei Luft-Gegenwart kontrollieren. Da es nun aber auch Humus-Gesteine und Liptobiolithe gibt, die beim Glühen unter Luftabschluß dunkel bis schwarz werden, nämlich dann , wenn helle Humusstoffe oder harzige etc. Stoffe in dem Gestein vorhanden sind, so ist es in den Fällen, in denen es zweifel¬ haft ist, ob man es mit einem Sapropelit zu tun hat, die mikrosko¬ pische Untersuchung nicht zu umgehen. Je nachdem in dem Material von Pflanzen oder von Tieren gebildeter Kalk vorwaltet, wird man phytogenen oder zoogenen Kalk oder Sapropel-Kalk usw. unterscheiden. Charac#en-Kalk- Reste z. B. können Seekreide fast ganz ausschließlich zusammen¬ setzen und ihm einen besondern Charakter verleihen (Characeen- Kalk), der sich von dem derjenigen Seekreiden unterscheidet, die vorwiegend aus Molluskenschalen (M oll u ske n- K alk) bestehen. Da die Kalk-Skelette in den See- und Moor-Kreiden oder Kalk- Sapropeliten jedoch meist so zerfallen, daß sie nicht mehr zu er¬ kennen sind, ist es nicht immer festzustellen, ob der Kalk wesent¬ lich phytogener oder zoogener Herkunft ist. Gewöhnlich handelt es sich um phytogen-zoogene Kalke wie in den folgenden Beispielen. Die noch figuriert erhaltenen, bestimmbaren Bestandteile eines bestimmten Falles von Sapropelkalk unter Flachmoortorf, ca. 300 in NO. des Teltower Sees (H. Potonie leg. 1903) waren1): 9 Bei der Bestimmung der Reste hat mich Hr. Prof. Dr. Marsson freund- lichst unterstützt. Potonie, Über Kalkgytje aus dem Bäkethal in Engler’s Bot. Jahrbüchern, Beiblatt, Leipzig 1903, S. 79. Sapropel und Calciumcarbonat. 185 Pflanzliche Reste: Gewebefetzen höherer Pflanzen (z. B. u. a. ein Fetzen einer Coniferen-Hydrostereide, Lemna , Epidermis und Wurzeln), viele Pollenkörner von Pinus silvestris , Farn- und andere Sporen, Moosreste, Pediastrum boryanum var. longicorne u. var. granulatum , Fadenalgenstücke (wie Cladophora und Vaucheria ), sehr viele Diatomeen-Arten *). Tierische Reste: Schnecken und insbesondere ihre Deckel, Chitinpanzerstücke von kleinen Crustaceen und Insekten, Schnabelstücke von Bosmina ( longirostrisf ), Insektenlarven und Insekteneier, Eihüllen von Rotatorien, Spongillennadel, Cryp to difflugia . Das ganze noch bestimmbare Material ist in einer gallertigen Grundsubstanz eingebettet, herstammend aus verfaulten Teilen der Organismen und gewiß -auch Tierkot. Außerdem viel CaCOg vor¬ handen. In einer anderen Probe eisenhaltigen Sapropel-Kalkes unter Torf (darunter Sand) von Beelitzhof bei Wannsee (Havelgebiet) be¬ stimmte Hr. Prof. Marsson freundliehst: Pflanzliche Reste: viele Diatomeen: Cymbella cistula , Navicula viridis und major , Navicula inflata , Cymatopleura vo/öa-Fragmente, Synedra uhia- Fragmente, Epithemia- Fragmente, Melosira tenuis- Fragmente, S tephanodiscus sp., Encyoneum ventri- cosum , viel Pinus- Pollen, Pediastrum boryanum var. longicorne , pflanzlicher Detritus. Eine Liste der Diatomeen-Arten findet sich weiter hinten im Abschnitt Sapropel und Siliciumdioxyd. 186 Sapropel und Calciumcarbonat. Tierische Reste: Euglypha alveolata , einzeln, Hüllen von Rotatorien-Eiern, Hüllen von Insektenlarven, nicht selten, viele Chitinpanzerstücke von Crustaceen, besonders Daph- niden: Chydorus sp., Alona sp., Daphnia sp., Gerüstnadeln von Spongillen. Im Übrigen wie vorher, dazu noch reicherer Eisengehalt. Der ebenfalls ziemlich eisenhaltige Sapropel-Kalk von dem S. 176 angegebenen Profil in Charlottenburg (Witzlebenplatz) zeigte von organischen figurirt erhaltenen Teilen: Pfl anzen-Reste: Diatomeen, sehr spärlich, Microcystis , Nymphaeaceeen-Innenhaare, Betulaceen-Pollen, Einus silvestris- Pollen und Spiral-Hydroide wohl von der¬ selben Spezies, unbestimmte Gewebefetzen usw. Tierische Reste: Gastropoden-Schalen, Insekten-Beinreste, Eier von Wasserwanzen. Ferner: Schwarze Pyrit-Kügelchen, massenhaft. Ein von Prof. Jentzsch 1905 mitgebrachter Sapropel-Kalk von Gosslershausen in Westpreußen (Grenze Hohenkirch-Bruzwa) wies auf: P fl anzen-Reste: Viele Kleinalgen, wie Palmelia , Microcystis , Scenedesmus , Cosmarium , Pediastrum , Leptothrix- Fäden, Farnsporangium-Ring, Pmws-Pollen (viel), Betulaceen-Pollen, Nymphaea- Gewebereste und andere. Sapropel und Calciumcarbonat. 187 Tierische Reste: • Crustaceen-Häute und -Gliedmaßen, Eier von einer Wasserwanze, wie Fig. 16 z. Ferner: Pyrit-Kügelchen (wenig). Diese Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, daß ein prin- cipieller Unterschied hinsichtlich der noch figuriert vorhandenen Bestandteile zwischen reinem Sapropel und Sapropel-Kalk etc. nicht besteht. Im Gegensatz zu den Pflanzen- und Tier-Kalken stehen die ohne Unterstützung von Organismen gefällten Kalkniederschlä¬ ge, nämlich die Kalksinter. Kalksinter (oder leider dann oft Kalktuff genannt, wenn das Material mehr porös, locker ist1), Travertin, lapis tiburtinus — Tiber-Gestein etc.) ist ein Kalkabsatz in meist reinerer Form aus solchen Kohlendioxyd-Quellen, die reich an ge¬ löstem Calciuinbicarbonat sind. Aus dem Quellwasser wird an alle im Wasser befindlichen Gegenstände (Steine usw.) CaCOs niederge¬ schlagen, da das Wasser an der Luft das Kohlendioxyd leicht abgibt, wodurch die Lösungsfähigkeit für Calciumcarbonat aufhört. Daß solcher Kalk natürlich auch an Pflanzen, die in dem von der Quelle gespeisten Wasser leben und zwar (vergl. S. 170) dann besonders reichlich niederschlagen wird, ist natürlich, macht aber diese Kalk¬ sinter noch nicht zu echten ausschließlichen Pflanzenkalken. Aber es gibt danach selbstredend Übergänge zwischen dem meist festen, nur zuweilen lockeren, aber doch immer mehr oder minder als Krusten- Absätze erscheinenden Kalksintern und den mehr erdigen Pflanzen¬ kalken, die lufttrocken bei uns gewöhnlich stauben. Gewisse Pflan¬ zenkalke (Algenkalke) des Meeres sind hingegen gewöhnlich so 1) Se nft, 1861, S. 266, unterscheidet die an der Oberfläche der Erde ent¬ stehenden Kalk- Ausscheidungen als Kalktuff von den im Innern der Erde (in Höhlen usw.) gebildeten als Kalksinter. Andere — - wie Walther — wollen für obige Gesteine nur von Kalksinter gesprochen wissen, da es sich nicht um (vul¬ kanischen) Tuff handele. In der Tat ist Kalktuff nur im übertragenen Sinne Tuff, diesem nur in der lockeren Beschaffenheit gleichend. 188 Sapropel und Calciumcarbonat. fest wie Korallenkalke, so die Lithothamnion- Kalke. Die beiden Gesteins- Arten sind aber in ihrer so überwiegend häufig typischen Entwicklung durchaus zu trennen. Ob manche Kalksinter in der Tat — wie angenommen wird — nur durch Vermittlung von Pflanzen entstehen oder nicht auch gebildet würden, wenn die die Bildung freilich unter¬ stützenden Pflanzen nicht da wären, wäre doch noch näher zu untersuchen. Eine sehr kalkreiche Quelle muß, sollte man den¬ ken, an das Freie kommend, aus rein chemischen Gründen Kalk absetzen. Ferd. Cohn meint1), daß es wesentlich Schizophyceen (Phycochromaceen, Cyanophyceen) seien, die durch krystallinische Ausfällungen im Innern ihrer Gallerte die Travertine erzeugten. Bei den im Anio liegenden Blättern, Stengel- Teilen und dergl., die mit einer Kalkkruste überzogen sind, ist diese Kruste freilich von solchen niedersten Algen bedeckt2). Auch in den warmen Quellen von Karlsbad hat der Genannte3) beobachtet, daß Kalk¬ sinter gleich dem , aus welchem die ganze Sprudeldecke besteht, innerhalb der lebendigen Decke blaugrüner Schizophyceen abge¬ schieden wird. Ähnliches konnte dann noch vielfach anderweitig konstatiert werden, so an den Sinterterrassen der Mammut Springs (von 78° C.) im Yellowstone-Park, Colorado4). Cohn sagt, daß es sich offenbar um ein Speicherungsvermögen gewisser Algenarten in ihren Gallert -Scheiden handelt, wie es auch den kalkabschei- denden Tieren (Mollusken, Echinodermen, Polypen, Foraminiferen usw.) zukommt. Die erwähnten Kalksinter sind freilich niemals oder doch nicht irgend wie bemerkenswerte sapropelhaltige Gesteine. Fossil, d. h. in den vordiluvialen Formationen sind bekannt¬ lich organogene Kalke sehr häufig, aber ebenso häufig sind fossile b Cohn, 70. Jahresber. der Schles. Gesellsch. für vaterländische Kultur Breslau 1893, S. 77 — 79. 2) Yergl. auch Cohn, Jahrb. für Mineralogie 1863. 3) Cohn, Uber die Algen des Karlsbader Sprudels mit Rücksicht auf die Bildung des Sprudelsinters, 1862. 4) W. H. Weed, Formation of travertine aud siliceous sinter by the Vege¬ tation of hot springs. U. S. Geol. Surv. Report 1887/88. Washington 1891. Sapropel und Calciumcarbonat. 189 Sapropel-Kalke: es sind dies die so sehr häufigen »bituminösen Kalke«. Die Kalke, ob rezent oder fossil, sind — wenn sie überhaupt kaustobiolithisches Material führen — ganz vorwiegend Sapropelit- Kalke, während Humus- Substanzen sich in Kalk weit schlechter konservieren. Diesbezüglich mache ich auf eine Mitteilung Kefer- STEIn’s (1826, S. 66) aufmerksam, der schon schreibt: »Hr. Ab- beston zeigte (Ann. philos. Aug. 1819), daß Kalk die Fäulnis der animalischen Substanz in eben dem Maße verhindere, als er, den Vegetabilien zugesetzt, die Zerstörung desselben befördere; er vergrub Fleisch mit Kalk umgeben und nach 5 Monaten war es noch ganz unverdorben; Vegetabilien auf gleiche Art behandelt, zeigten sich in der gleichen Zeit vollkommen zerstört.« Wir wissen, daß dort, wo sich »Humussäuren« bilden, diese bei hinrei¬ chend vorhandenem Kalk »Kalkhumat« bilden; dieses zerfällt aber relativ leicht wieder, doch so, daß zwar auf der einen Seite wieder Calciumcarbonat entsteht, das dann von neuem Humussäure bildet, auf der anderen Seite jedoch entstehen sich meist verflüchtigen¬ de Gase. Die vollkommene Oxydation von Humussubstanzen wird • also durch Kalk beschleunigt1), wie das von der Kalkdüngung von Humusböden her bekannt ist, während bei den für das Sapropel wesentlichen Bestandteilen, wenn der Kalk auf ihre Zersetzung über¬ haupt einen Einfluß übt, dieser jedenfalls kaum gegenüber demjeni¬ gen *auf Humussubstanzen in Rechnung kommt. Es scheint rich¬ tig, daß CaCOs (von Ca(OH)2 sehe ich ab, da er in der freien Natur nicht in Betracht kommt) auf die wesentlichen Urmateria- lien von Sapropel (Proteine, Fett) konservierend wirkt. Ich habe in Reagenzgläsern Sapropel-Kalk-Pulver und Wasser 1. mit rohem Rindfleisch, 2. mit Rinderfett, 3. mit frischen Tfr/aaWAws-Blättern, 4. mit frischem Moor -Torf zusammengetan, einige Jahre stehen lassen (nur gelegentlich H20 nachgefüllt) und glaube bemerkt zu haben, daß die Humus^esteine in der Tat sich schneller zersetzen. Die Experimente müßten aber genauer wiederholt werden. b Vergl. B. WoLLNy, Die Zersetzung. Heidelberg 1897, S. 130 ff. 190 Sapropel und Siliciumdioxyd. Es würde daraus folgen, daß in einem Kalk-Sapropelit, der sich unter Zersetzungs-Bedingungen befindet, die Humus-Bestand¬ teile schneller verschwinden als die Sapropel- Beimengung. Sapropel und Silioiumdioxyd. Die wesentlich Siliciumdioxyd führenden Sapropelite sind in 2 Gruppen zu scheiden. 1. Sapropelite mit organogenem Siliciumdioxyd. Unter ihnen sind die Di atomee n-Pelite die wichtigsten für uns, weil sie es unter den Kieselskelettablagerungen sind, die noch besonders viel brennbare organische Substanz enthalten. — Diatomeen-Sa- propel nennen wir einen Diatomeen - Pelit mit reichlicheren brennbaren Teilen. Der Ausdruck Diatomeen- Saprokoll ver¬ steht sich nach dem Gesagten ohne Weiteres. 2. Sapropelite mit anorganogenem Siliciumdioxyd. Diese sind solche, die durch Drift oder Wind beigemengten Quarzsand ent¬ halten; hier haben wir also Sapropel- (Saprokoll-)Sand (wenn der Sand gröber: Sapropsammit) u. dergl. 1. Der Diatomeen-Pelit. Neben den Pflanzen, die große Mengen von Kalk zu ihrem Skelettbau verwenden, gibt es auch solche, die dazu lösliches Si¬ liciumdioxyd benutzen und bei reichem Vorhandensein im Saprope- lit diesem dadurch besondere Eigentümlichkeiten verleihen. In erster Linie kommen hier die Kieselalgen in Betracht, deren Kieselskelettanhäufungen den Characeen- und Algenkalken über¬ haupt entsprechend nun sehr kieselreiche Ablagerungen von »Di¬ atomeen-Pelit« zu bilden vermögen. Es gibt Plankton- und Schlamm-Diatomeen, auf Wasser¬ pflanzen befestigte oder zu Kolonieen vereinigte, angewachsene Di¬ atomeen, und unter diesen sind es die Plankton-Diatomeen, die ordentliche, oft recht mächtige Ablagerungen erzeugen. Die Bezeichnung der in Rede stehenden Kieselalgen als Diatomeen ist am gebräuchlichsten, obwohl die Kieselalgen schon 1817 von Nitzsch als Bacillarien bezeichnet worden sind, während Sapropel und Siliciumdioxyd. 191 der Name Diatomee erst 1824 von Agardh gegeben wurde1). Ich schließe mich trotz der Priorität, die der Name Bacillarie hat, dem Gebrauch Diatomeen zu sagen an, weil das Wort Bacillaria nicht nur dem Sinne nach, sondern auch lautlich dasselbe bedeutet wie Bacterie (vulgo Bacillus ); die Diatomeen besitzen ja aber nur zum Teil die Form von Stäben (bacilli, bacilla, sing, bacillus, bacillum). Insbesondere dem Mediziner bezw. Bakteriologen kann die nament¬ liche starke Übereinstimmung für diese beiden so heterogenen Organismengruppen nicht genehm sein, so finden wir denn auch z. B. bei B. Proskauer, der sich mit dem Diatomeengehalt eines Bodenuntergrundes beschäftigt, die Diatomeen als »sogenannte Ba- cillarien« bezeichnet2). In Meeresbildungen würden außer Diatomeen auch die tieri¬ schen Kieselskelettbesitzer, die Radiolarien, in Betracht kommen. Und wie es Diatomeenlager gibt, so gibt es auch solche, denen 0 Nach einer brieflichen Mitteilung von Herrn Prof. Dr. Otto Müller in Tempelhof bei Berlin. Er schreibt mir unterm 1. II. 1904: »Der Name »Ba- cillariaceen« ist der richtige, und ich habe mich desselben bei allen meinen Ar¬ beiten bedient, wenn auch der Ausdruck »Diatomaceen« weitaus gebräuchlicher, insbesondere im Auslande, ist. — Die Gründe sind in E. Pfitzer, Bau und Ent¬ wicklung der Bacillariaceen, S. 5 ff. ausführlich entwickelt. Gmelin gab 1788 dem Vibrio paxillifer den Namen » Bacillaria paradoxa « und stellte damit die erste Bacillariaceengattung auf. Die Gattung » Diatoma « wurde erst 1805 von de Candolle gebildet. Nitzsch nannte 1817 die ganze Gruppe »Bacillarien« und Bory de St. Vincent 1822 richtiger »Bacillariees«. Erst 1824 bildete Agardh den Namen »Diatomeen«. Ehrenberg hielt mit Recht stets an der Be¬ zeichnung »Bacillarien« fest. Auch Kützing’s Hauptwerk führt den Titel: Die kieselschaligen Bacillarien oder Diatomeen. Der Familienname Bacillarien stammt also 1817 von Nitzsch her, während Agardh erst 1824 den Namen Diatomeen gebrauchte. Die Ableitung von der Gattung Diatoma besteht zudem, wie der Gattungsname selbst, zu Unrecht, da Loureiro 1790 eine Myrtacee als Diatoma brachiata bezeichnete. de Candolle unterdrückte später den Namen und änderte ihn zu Gunsten seiner Gattung Diatoma in Petalotoma. — So liegt die Sache; das hinderte aber nicht die weitaus größere Verbreitung der Namen Diatomeen bezw. Diatomaceen. — Richtig müßte es heißen: Bacillariaceen-Erde, allerdings ein sehr langes Wort.« 2) Proskauer, Über die hygienische und bautechnische Untersuchung des Bodens auf dem Grundstücke der Charite und des sogenannten »Alten Charite¬ kirchhofes«, S. 8. (Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten von Koch und Flügge, 11. Bd., Leipzig 1892.) 192 Sapropel und Siliciumdioxyd. viele Radiolarienschalen beigemengt sind, natürlich sind auch aus beiden Kieselskelett-Elementen gemischte Ablagerungen bekannt. Ich selbst konnte eine von der Valdivia-Expedition mitge¬ brachten Probe untersuchen. Sie stammte aus 5508 m Meeres¬ tiefe, aufgeholt aus 590 1?2' südlicher Breite und 47° 38,3' östlicher Länge, und glich einem reinen Diatomeen-Pelit mit nur noch Spuren organischer brennbarer Substanz. Die mehr oder minder diatomeenreichen Diatomeen-Schlamme der Tiefsee gehören der kalten Region (der Arktis und Antarktis) an, nur ausnahms¬ weise kommen sie auch in der tropischen Meeresregion vor wie1) im Perustrom nahe am Äquator (nach Alex. Agassiz) und öst¬ lich von den Philippinen (nach Flint). Es steht das in einem Gegensatz zu der Verbreitung des Radiolarienschlammes (eines roten Tones mit vielen Skelettresten von Kieselorganismen, be¬ sonders von Radiolarien, aber auch von Diatomeen und Kiesel- spongien, deren Nadeln sich in dem Schlamm finden), der in ge¬ ringerer Verbreitung nur in tropischen Regionen zu Hause ist. Die Diatomeen lieben in der Tat im allgemeinen klares und kühles Wasser, weshalb ein solches Wasser ein besonders reiches Diatomeenleben aufweist, wie dies z. B. beim Traunsee der Fall ist, in welchem unter dem Plankton den Diatomeen nach K. von Keissler die Hauptrolle zufällt. Jedoch bedürfen die Arten, die in dem genannten See mit relativ niedriger Mitteltemperatur Vor¬ kommen, der Sommertemperatur, um sich massenhaft zu entwickeln. Asterionelia formosa var. subtilis ist dort durch lange Zeit hin¬ durch führend, so daß dort Reinkulturen davon vorhanden sind2). Kalkliebende Organismen gedeihen im Gegensatz zu den Diato¬ meen in den kälteren Gewässern weniger gut, dem entspricht dann auch die gewaltige Verbreitung des Globigerinenschlammes, besonders in den tropischen und subtropischen Meeresregionen. Ist wenig oder kein Kalk in Lösung, so wird auch aus diesem Grunde das Diatomeen-Plankton reichlicher sein. Je ge¬ ringer der Kalkgehalt, um so zahlreicher sind die Diatomeen3). 9 Vergl. Krümmel, Ozeanographie 1907, S. 205. 3) Keissler, Phytoplankton des Traunsees, 1907. 3) S. diesbezüglich auch Tolf, Sv. Tidskrift 1902, p. 283. Sapropel und Siliciumdioxyd. 193 Dies ist der Fall in Gegenden mit ausgelaugten Böden, oder wo von vornherein kein oder zu wenig Kalk vorhanden ist. In diesem Falle ist die Lösungsfähigkeit des Wassers für Siliciumdioxyd größer. So fand sich in einem Fall nach einer Analyse von Wein *) in 1 1 Flachmoorwasser 102 mg CaCOß und 1,6 mg Si02, in 1 1 Hochmoorwasser jedoch kein CaCOß, aber 10,18 mg SiCV Dem entspricht die Angabe S. Passarge s bei Besprechung der in allen Wüsten häufigen Kieselsäurebildungen* 2), indem er als Vorbedingung für ihre Entstehung auf die Anreicherung von Salzen, namentlich kohlensauren Alkalien (doch auch Chlornatrium kommt in Betracht) hinweist, die Siliciumdioxyd stark lösen, so¬ bald sie selbst bei Beginn nasser Perioden in Lösung geraten. Diese Lösungen fällen bei der Verdunstung des Wassers Opal und Chalcedon aus und »kiesein« lockere Gesteine (Sand) ein. Daher finden wir Diatomeenlager, rezent und fossil, z. B. häufig in der Lüneburger Heide und auf Böden bezw. in Medien mit eruptiven Silikatgesteinen, wie im Cantal (Frankreich)3), im trachy tischen Gebiet vom Monte Amiata (Italien)4), im südöstlichen Teil der Pinal County (Arizona), wo ein sehr mächtiges Lager von Diatomeenschalen, vermischt mit äolischer, vulkanischer Asche vorkommt als Ausfüllung eines ehemaligen Sees 5). Im Gegensatz zum Kalk sind eisenhaltige Wässer für die Entstehung von Diatomeen-Lagern nicht störend: in der Lüne¬ burger Heide sind die Diatomeen-Pelit-Lager in Sande eingelagert, die stark durch Eisenoxyd hydrat gelb gefärbt sind. Am Monte Amiata kommen sie zusammen mit Eisenocker (»Bol«) vor. Das ist überhaupt oft der Fall, so z. B. auch bei dem diluvialen Di- 9 Mitgeteilt in Reindl, Die schwarzen Flüsse Südamerikas, München 1903, S. 96. 2) Passarge, Kalahari, Berlin 1904. 3) Heribaud, Les Diatomees fossiles d’Auvergne (Paris 1903 und vorher). 4) B. Lotti, Kieselgur und Farberden in dem trachytischen Gebiet vom Monte Amiata. (Zeitschr. prakt. Geologie, Berlin 1904, S. 209 ff.) 5) W. P. Blake, Diatom-earth in Arizona (Americ. Jnst. Mining Engrs. Trans. 1903, p. 38—45). Neue Folge. Heft 55. 13 194 Sapropel und Siliciumdioxyd. atomeenlager bei Klieken zwischen Roslau und Coswig (Anhalt)1). Ja diese Erscheinung ist so allgemein, daß sich sogar in einem sehr viele Diatomeen in 25 Arten enthaltenden Staub, der bei Camberwell und St. Kilda in Australien durch Regen niederge¬ schlagen wurde, — nach der Mitteilung von F. Chapman und H. J. Grayson2) — auch reichlich Limonit vorfand, daher der Name »roter Regen«. Diese Bestandteile kamen wahrschein¬ lich aus den Gebieten nördlich und westlich von Melbourne her, von wo sie während der abnormen Trockenzeit von den Rändern der Sümpfe und Salzseen weggefegt worden waren. Nach alledem ist es erklärlich, daß Diatomeen-Lager im Meerwasser, wie schon gesagt, in den kalten Regionen vorhanden sind, wo sie sich durch einfaches Niedersinken der absterbenden Planktonindividuen bilden. Besondere Bedingungen kommen unter Umständen hinzu. So treten nach H. Lohmann3) in gewissen Meeressedimenten (im »roten Ton« und im »blauen Mud«) im Atlantischen Ozean zwischen den Azoren und New York fast immer gewisse große Diatomeen, Koscinodisken, auf und zwar an einzelnen Stellen in so großer Menge, daß jedes mikroskopische Präparat des Schlammes zahlreiche Exemplare enthält. Der Kos- cinodiskus ist Coscmodiscus radiatus Ehrbg., eine sehr verbreitete, aber vor allem in den nordischen und arktischen Küstengebieten häufig vorkommende Art. Da nun die koscinodiskusreichen Se¬ dimente in dem Gebiete liegen, wo das kalte Labradorstromwasser mit dem warmem Golfstromwasser zusammentrifft, so wird hier wahrscheinlich ein unausgesetztes massenhaftes Absterben der Diatomeen erfolgen, und da die zarten Skelette der Thalassiosiren, Skeletonemen und von Chaetoceras , sowie die meisten übrigen echt pelagischen Diatomeen schnell aufgelöst werden, bleiben in den Ablagerungen nur die dickschaligen Koscinodisken übrig. Diatomeen-Ablagerungen im Meerwasser mögen auch dadurch b Vergl. K. Ströse, Das Bacillarienlager bei Klieken in Anhalt (Dessau 1884) und Mitteilung über das Diatomeenlager bei Klieken (Dessau, Schulpro¬ gramm, 1891). 2) Chapman und Grayson, Victorian Naturalist vom Juni 1903. 3) Lohmann, Sitzungsber. d. Kgl. Akad. d. Wiss. zu Berlin vom 30. April 1903. Sapropel und Siliciumdioxyd. 195 entstehen können, daß durch ständigen Transport von Plankton- Arten in Strömungen aus Wassern bestimmter Salzkonzentration in Gewässer mit wesentlich anderer Konzentration, die dem Leben dieser Arten ungünstig sind, ein stetiges massenhaftes Absterben und daher Ablagern von Schalen bedingt wird. H. Reichelt präzisiert das genauer in der folgenden Weise1): »Die Pflanzen¬ zellen sind (nach den Untersuchungen von Hugo de Vries) für Änderungen im Salzgehalt ihrer Umgebung wegen der dadurch bedingten Veränderung der in ihnen herrschenden Druckverhält¬ nisse empfindlich, und es können infolgedessen diese Druckver¬ hältnisse durch Änderungen im Salzgehalt der umgebenden Flüssig¬ keit gemessen werden. Lebende Bacillarienzellen, in denen durch¬ schnittlich ein Druck von 4 — 5 Atmosphären vorhanden ist, sind es in hohem Grade. Werden Süßwasserbacillarien in Salz wasser gebracht, so zieht sich der Protoplasmainhalt zusammen. Umge¬ kehrt tritt beim Eindringen von Diatomeen aus Wasser von hohem Salzgehalt in solches von niederem eine Ausdehnung des Plasina- körpers bis zur Sprengung der Zellhaut ein. Aus dieser Ursache findet an den Mündungen der Flüsse und überall, wo sich Fluß- und Meerwasser mischt, fortwährend ein massenhaftes Absterben von Bacillarien statt, und die nun zu Boden sinkenden, verkiesel- ten Schalen tragen an geeigneten Stellen zur Bildung von Schlick¬ ablagerungen bei.« Von Übergangs-Bildungen des Diatomeen-Pelits zu anderen Gesteinen ist besonders der S. 178/179 beschriebene Diatomeen- Sapropel-Kalk hervorzuheben. Bei der Tatsache, daß die Saprope- lite bisher nicht genügend untersucht und klassifiziert wurden, ist es Gewohnheit geworden, auch solche Gesteine, sofern sie auch nur einige Diatomeen in jedem Präparat aufweisen, insbesondere Sa- t propel-Kalk, bei uns auch gleich als Diatomeen-Pelit u. dergl. zu bezeichnen. Der längstwährende Irrtum dieser Art ist auf Ch. G. Ehrenberg zurückzuführen, der seinerzeit einen etwas stärker Diatomeen führenden Sapropel-Kalk Berlins »Infusorien- !) Reichest in F. Schicht, Das Wasser und seine Sedimente im Flutgebiet der Elbe. Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1904, S. 455 — 456. 13* 196 Sapropel und Siliciumdioxyd. Diatomeen = Pelit, 300 x vergrößert, von Ober = Ohe in der Lüneburger Heide. (Freuudlickst für mich aufgenommen von Herrn Richard Volk.) dann zur Folge, daß verkehrte Theorien zuwege kommen, wie die¬ jenige von der Herkunft des Petroleums wesentlich von Diato- meen-Lagern. Vielfach ist Diatomeen-Pelit nur ein Verlegenheits¬ ausdruck geworden, weil die Autoren das Gestein sonst nicht zu bestimmen verstehen. Die Diatomeen sind unter dem Mikroskop dermaßen auffällige und als Diatomeen so leicht zu bestimmende Organismen, ihre Erkennung ist so leicht, daß ihr bloßes Vor- Erde« nannte ebenso wie die reinen Diatomeen-Pelite, und Krä¬ mer nennt aus demselben Grunde — wie wir S. 126 (Anmer¬ kung) sahen — ein ganz typisches, sehr gemischt zusammen¬ gesetztes, auch Diatomeen enthaltendes Sapropel ein »Leichen¬ feld von Bacillariaceen« , indem er freilich vieles als dieser Fa¬ milie zugehörig angesehen hat, was nicht dahin gehört; das hat Figur 19. Sapropel und Siliciumdioxyd. 197 bandensein nur zu oft für die Autoren genügend war, um ein Gestein als Diatomeen-Pelit anzusprechen. Was müßte man dann aber nicht dazu rechnen? Wo kommen nicht Diatomeen vor? Vom Winde transportiert, findet man sie oft im Staub, in Exkre¬ menten von Wasservögeln, die sie mit der Nahrung aufnehmen, so im Guano sind sie sehr häufig usw. Deshalb, weil Meerwasser Kochsalz enthält, ist es doch noch kein Kochsalz; wenn ich dem¬ entsprechend in einem Gestein eine Anzahl Diatomeen finde, darf ich doch nicht ohne Weiteres dieses Gestein als Diatomeen-Pelit ansprechen! Diatomeen-Pelit darf in Zukunft nur ein Gestein mit so vorwiegendem Diatomeen-Gehalt genannt werden, daß es tech¬ nisch als »Kieselgur« verwertbar ist, Fig. 19, ebenso wie man z.B. von Steinkohle nur dann spricht, wenn das Gestein als gutes Brenn¬ material brauchbar ist und man dementsprechend einen nur etwas kohligen Schiefer nicht als Steinkohle bezeichnet. Um eine Vorstellung davon zu geben, wie viele Diatomeen- Arten zusammen leben und sich dementsprechend in Diatomeen führenden Sapropeliten vorfinden können, sei eine Liste von Arten geboten, die Herr Prof. Dr. Otto Müller in einem kleinen Pröbchen Diatomeen-Sapropel-Kalk, den ich in 8 m Tiefe unter Torf beim Bau des Teltowkanals bei Gr.-Lichterfelde nordöstlich des Teltower Sees vorfand, freundlichst für mich bestimmt hat. Dieses berg¬ feucht nur wenige Zentimeter große Pröbchen enthielt: cd o Amphora ovalis Kütz. » ovalis var. affinis — A. affinis Kütz. » ovalis var. Pediculus = A. Pediculus Kütz. Cocconeis Pediculus Ehr. » Placentula var. lineatci Cl Cyclotella comta (Ehr.) Kütz. » comta var. radiosa Grün. » Kützingiana Chauv. » Meneghiniana Kütz. Cymatopleura elliptica (Breb.) W. Sm. » Solea (Breb.) W. Sm. » Solea var. n. Cymbella affinis Kütz. 198 Sapropel und Siliciumdioxyd. Cymbella amp)hicephala Naeg. » Cistula Hempr. » cuspidata Kütz. » cymbiformis Ehr. » Ehrenbergii Kütz. » Ehrenbergii var. delecta Cl. — C. delecta A. S. » helvetica Kütz. » lanceolata Ehr. » leptoceros (Ehr.) Grün. » maculata (Kütz.) — C. Cistula var. maculata Cl. » parva W. Sm. » aequalis W. Sm. = C. obtusa Greg. » aequalis var. subaequalis Cl. Epithemia Argus (Ehr.) Kütz. » turgida (Ehr.) Kütz. » Zebra (Ehr.) Kütz. » » var. proboscidea Grün. Eunotia gracilis (Ehr.) Rbh. nee. W. Sm. » pectinalis var. stricta Rbh. Fragilaria construens var. venter Grün. Gomphonema acuminatum. Forma Brebissonii Cl. = G. Bre¬ bissonii Kütz. Gomphonema acuminatum var. intermedia — G. ac. v. elon- gata W. Sm. Gomphonema constrictum Ehr. » constrictum var. subcapitata Grün. » intricatum Kütz. » parvulum Kütz. = G. Lagenula Kütz. » subclavatum var. Mustela Cl. = G. Mustela Ehr. » subclavatum var. montana Cl. = G. montanum var. suecica Grün. Naviculae: Anomoeoneis sphaerophora Kütz. Coloneis Silicula y genuina Cl. — Nav. limosa Donk. ?> Silicula var. alpina Cl. = Nav . Silicula Grün. Sapropel und Siliciumdioxyd. 199 » » » Navicula anglica Ralfs gastrum (Ehr.) Donk. oblong a KÜTZ oblonga Kütz. var. Piacentula Ehr. \ Uneolatae Cl. radiosa var. tenella Breb. i radiosct var. acuta Grün. Reinhardtii Grün. rostellata Kütz. Tuscula (Ehr.) Grün. cuspidata Kütz. Orthostichae Cl. Pupula Kütz. Mesoleiae Cl. BacHlum Ehr. ) ^ f naciUares EL. Pseudobaciüum Grün. \ Neidium bisulcata Lgst. amphigomphus Ehr. affine var. amphirhynchus Ehr. = Nav. amphirhynchus » Iridis Ehr. = Nav. firma Kütz. Pinnularia major Kürz. » nobilis (Ehr.) 'Kütz. » » » » » » » viridis Kütz. » microstauron Ehr. = P. Brebissonii Kütz » stauroptera Grün. \ » stauroptera var. in te rrup tct'N L . Stauroneis P/wenicenteron Ehr. Pleurosigma attenuatum (Kütz.) W. Sm. Nitzschia sigmoidea (Ehr ) Sm. » recta Hantzsch. Rhopalodia gibba (Kütz.) O. M. Synedra capitata Ehr. » Ulna var. splenclens Surirella constricta Ehr. » biseriata Breb » elegans Ehr. 200 Sapropel und Siliciumdioxyd. Melosira grenuiata var. ambigua Grün. » granulata (Ehr.) Ralfs. » granulata , forma australiensis var. procera » granulata var. jonensis , forma procera » tenuissima Grün. Herr Dr. Otto Müller berichtet hierzu unterm 5. Septem¬ ber 1903: »Die gestellte Frage: ob die in der Schlammprobe vorkom¬ menden Arten alle zu der jetzigen Flora der Provinz Brandenburg gehören, bezw. ob wesentliche Abweichungen gegenüber der heu¬ tigen erkennbar sind, vermag ich nicht mit genügender Sicherheit zu beantworten. Die Diatomeen -Flora der Provinz Brandenburg ist bisher nicht systematisch bearbeitet worden; die Aufgabe wird die unlängst gebildete Kommission für die Kryptogamen-Flora von Brandenburg erst im Laufe mehrerer Jahre lösen. Ich bin daher auf meine beschränkte Kenntnis dieser Flora angewiesen. Dagegen kann ich aussagen, daß alle in der Liste aufgeführ¬ ten Arten zu den heute lebenden gehören und daß die Mehrzahl derselben mir auch aus der Provinz Brandenburg bekannt sind. Wesentliche Abweichungen hinsichtlich der Gestalt oder der Größe sind nicht aufgefallen; doch kommen Formen von Cymatopleura Solea vor, welche vielleicht als neue Varietät aufzufassen wären. Von besonderem Interesse dagegen ist das häufigere Vor¬ kommen der Surirella constricta Ehr. Ehrenberg fand diese Art in der Berliner Diatomeen-Erde x) und bildete sie in der Mi- •• krogeologie Tab. XIV., Fig. 37 ab. A. Grunow (Osterr. Diät. 1862. Erste Folge S. 451) suchte sie daselbst vergebens und auch ich habe sie in Proben aus der Karlstraße nicht aufgefunden; sie scheint daher in der Berliner Diatomeen-Erde selten zu sein. Nach der allein vorliegenden Abbildung Ehrenbergs blieb die Art zweifelhaft. Grunow hielt die im fossilen Depot von Benis Lake, White Mountains U. S. vorkommende Form mit S. constricta Ehr. identisch und bestimmte ferner eine im Brasso-Flusse bei Santos *) Ist, wie das Material von Gr. Lichterfelde, das Herr Prof. 0. Müller unter¬ sucht hat, ein Sapropel-Kalk, aber kein Diatomeen-Pelit (vergl. S. 178/179). — P, Sapropel und Siliciumdioxyd. 201 in Brasilien lebende Form als Varietät. Stärker abweichende Va¬ rietäten fand ich lebend im Nyassa- und Malomba-See in Süd- Ost- Afrika. — Eine kurze Form aus der Erde von Klieken bildet Stroese (Bacillarienlager bei Klieken, Tab. I, Fig. 26) ab. Diese und die Formen von Benis Lake stimmen in der Tat mit den in der Teltower Probe vorhandenen, mannigfach variierenden, Formen überein. — Lebend wird Surirella constricta Ehr. von Racibors- ki und Gutwinski aus der Tatra zitiert; ob es sich hier um die EHRENBERG’sche Art handelt oder um Surirella linearis var. con¬ stricta W. Sm., ist mir zweifelhaft. Vielleicht aber gehört diese letztere, von W. Smith (British Diatomaceae, Bd. I, Tab. VIII, Fig. 58 a) abgebildete Art richtiger zu Surirella constricta Ehr., und dann würde sie nach A. Grunow nicht selten in Alpenbächen und Alpenseen Vorkommen. Ich kenne S. linearis var. constricta leider nicht aus eigner Anschauung. — Daß Surirella constricta Ehr. jetzt noch lebend in der Provinz Brandenburg angetroffen werden wird, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht wahrschein¬ lich.« Bezüglich der im Folgenden vorgeführten Synonyme ist zu bemerken, daß sie sowohl Diatomeen-Sapropel und Diatomeen-Sa- prokoll umfassen, als auch diejenigen Diatomeen-Pelite, die brenn¬ bare organische Materialien nicht mehr enthalten. Diese Syno¬ nyme sind: Algenmehl (Steinvorth 1864, S. 22). Bacillarien(Badllariaceen)-Er(le. Bergmehl. Diatomeen- (oder Diatomaceen)-Erde. Diatomeen- Schiefer. Die Diatomeen-Pelite entstehen durch Sedimentierung, wodurch von vorn herein eine Schichtung der Lager angestrebt ist. Durch nachträglichen Druck resultiert eine senkrecht zur Druckrichtung orientierte Schieferung. Diatomeeil-Sclilamm wird meist für Tiefsee-Diatomeen führen¬ de Ablagerungen gesagt. Der reinere D.-Schl. ist Diatomeen- Pelit. Ramann möchte für diesen, sofern er dem Meere entstammt, einführen (vergl. S. 164): 202 Sapropel und Siliciumdioxyd. Diatomeeu-Schlick. Diatomeen-Torf. Sogenannt von Früh, wenn noch brennbare Bestandteile in dem Gestein vorhanden sind. Ein von dem ge¬ nannten Autor (Üb. Torf u. Dopplerit, Zürich 1883, S. 21) unter¬ suchter »Diatomeen-Torf« enthielt mindestens 90 pCt. Diatomeen, im Übrigen sogen. »Humus« und Chitin. Fossiles Mehl, nämlich farina fossile sagt man in Italien. Inflisorien-Erde (auch lnfusorien-Kieselerde und In- fusorien-Mehl genannt) Ehrenbergs, der die Diatomeen für Tiere (Infusorien) hielt. Seine Berliner Infusorien -Erde ist aber kein Diatomeen-Pelit (s. S. 178/179). Kieselgur (gewöhnlich Kieselguhr geschrieben, gur stammt aber von gären). Kieselmehl. Kieseltllff, der ein vom Wasser, nicht durch Vermittelung von Organismen abgeschiedener Kieselsinter ist, ein Ausdruck, der aber leider auch gelegentlich für Diatomeen-Pelit Verwendung findet, die doch keine »Tuffe« oder besser Sinter sind. Modder der Berliner. Siehe S. 157 u. 180. Polierschiefer der Technik. Raudanit, benannt von Salvetat nach der Örtlichkeit Randan in Frankreich. Saug - Kieselschiefer und Saug-Sehiefer ist ein von Opal¬ masse durchdrungenes Diatomeen-Gestein, das lufttrocken begierig Wasser einsaugt. Bei der leichten Löslichkeit der Diatomeen- Schalen bildet sich beim Wiederniederschlagen des Materiales Opal (Hornstein), sodaß schließlich auch in Schichten, die viele Diatomeen enthalten, Opalknollen (Hornsteinknollen, Menilite) ent¬ stehen, wie im »Menilit- Schiefer« des Tertiärs. In der unteren Partie eines Diatomeen-Lagers vom Monte Amiata in Italien traf B. Lotti (Zeitschr. f. Prakt. Geol. vom Juli 1904, S. 209) hie und da gelatinöse, leicht an der Luft erhärtende Kieselsäure und in den mit den Lagern verbundenen Eisen- (Ocker-) Schichten, die Diatomeen- Schalen enthalten, »Halbopalplättchen« (S. 1. c. 211), offenbar aus den aufgelösten Schalen herstammend. Sapropel und Siliciumdioxyd. 203 Schwimm-Kiesel ist ein Name, der sich auf die Schwimm¬ fähigkeit von lufttrockenem und dann viel Luft enthaltenden Dia- tomeen-Pelit bezieht. Terra silicea ist eine Bezeichnung, die man neben Kieselgur gelegentlich im Handel findet und zwar die gebrannte als terra silicea calcinata. Tripel, Tripelscliiefer (frz. Tripoli, lat. lapis Tripolis und terra tripolitana) sind von der Technik häufig benutzte Bezeich¬ nungen. Ich gebe in Klammern die lateinischen Ausdrücke mit an, um auf die Etymologie des Wortes Tripel aufmerksam zu machen. Nicht zu den Synonymen von Diatomen-Pelit gehören, obwohl es dem Wortsinne nach so sein müßte, außer Ehrenberg’s Ber¬ liner Infusorienerde, die — ich habe sehr viele Proben unter¬ sucht — generell durchaus kein Diatomeen-Pelit ist, ferner der Kieselag der Dänen (Forchhammer und Steenstrup, 1842), die Diatomeen-Gytj e Wesenberg- Lund’s u. a. Diese sind Sapropel-Kalke oder Kalk-Sapropele mit besonders vielen Diato- meen-Schalen, die aber in kaum irgend einem Sapropelit fehlen. Mit dieser Aufzählung ist schon auf eine Anzahl Merkmale i des reinen Diatomeen-Pelits hingewiesen. Diatomeen-Pelit kann schneeweiß sein und bildet einen äußerst t feinen aber scharfen Staub. Es ist aber zu beachten, daß solcher Dia¬ tomeen-Pelit nur da möglich ist, wo nachträglich oder bald nach oder während der Bildung derselben eine Verwesung der verbrennlichen kohlenstoff-haltigen Bestandteile möglich war. Es kann demnach von vornherein Diatomeen-Pelit an Stellen unter Wasser entstehen, die wegen größerer Sauerstoff-Zufuhr für die Bildung von Faul¬ schlamm ungünstig sind. Meist allerdings findet erst nachträglich eine Verwesung resp. Auslaugung statt, die dann die Kieselpanzer zurückläßt. So beobachtete ich in einer Kieselgurgrube der Lü¬ neburger Heide das Fig. 20 wiedergegebene Profil, das einen durch Aufpressung hervorgebrachten Sattel von Diatomeen-Pelit zeigt. Ganz unabhängig von den die Schichtung des Diatomeen-Pelits an¬ zeigenden Linien sind nun die tieferen und höheren Lagen in diesem Profil so verschieden stark ausgelaugt, daß die oberste Partie 204 Sapropel und Siliciumdioxyd. schneeweiß, die mittelste Partie dunkelgrau und die stärkste, un¬ terste Partie noch durchaus typische Faulschlamm-Farbe besitzt, in diesem Falle dunkelgrünlich-braun. Im Kieselgur-Betrieb wird danach weiße, graue und grüne Kieselgur unterschieden. Die beiden letztgenannten Sorten müssen denn auch, um eine handelsfähige Waare zu liefern, vorher gebrannt werden, und es ist meist derartig reichliche organische Substanz darin, daß dieser Diatomeen-Pelit, nachdem er lufttrocken geworden ist, in Form von Meilern zusammengepackt, weißbrennt (»calciniert«). Der sich dabei entwickelnde brenzliche Geruch ist bei richtigem Wind kilo- Figur 20. Profil durch ein aufgesatteltes Diatomeenpelit = Lager bei Ober = Ohe in der Lüneburger Heide. 1 = Geschiebesand, 2 = weißer, 3 = grauer, 4 = grüner Diatomeenpelit. meterweit zu verspüren. Es ist unter diesen Umständen nicht wunderbar, wenn Diatomeen-Sapropel (graue und grüne Kieselgur) als Isoliermasse, etwa für Dampf- und Warmwasser-Heizrohre be¬ nutzt, bevor sie »calciniert« (gebrannt) wurde, gelegentlich Brände zu erzeugen im Stande sind, wie das z. B. in Hamburg manchmal vorgekommen ist. Es darf für solche Zwecke eben nur gebrannte Kieselgur benutzt werden. Von figurierten Bestandteilen fand ich im Diatomeen-Pelit von Ober-Ohe in der Lüneburger Heide: Diatomeen (zahllos), Sporen (wohl von Pteridophyten), Sapropel und Siliciumdioxyd. 205 Pinus- Pollen (viel), einzelne Hydrostereiden und Holz von P. silvestris und Zapfen dieser Spezies, sowie von Picea excelsa , Ainus-, Betula -, Corylus-B ollen, Calluna-B o\\en (jedenfalls Ericaceenpollen, viel), Gewebefetzen höherer Pflanzen, Holz von Pinus silvestris usw., Laubblätter und andere Reste höherer Pflanzen, Haare von? Fischreste und Fische, Schwarze Pyritkügelchen, Organische, brennbare Grundsubstanz (viel). Die Diatomeen- (auch Radiolarien- usw.) Schalen bestehen wie der Opal aus SiC^-f-aq. Diese Verbindung ist sehr viel leichter löslich und angreifbar als Quarz (Si O2). Beim Diato- meen-Lager von Klieken findet man stellenweise nach StröSE (1884, S. 5) »meist talergroße Stücke amorpher, fester Kieselerde, wahrscheinlich durch Lösung von Bacillarienerde entstanden«. Dementsprechend sind in rezenten Vorkommen (am Boden von Ge¬ wässern) und diluvialen Ablagerungen oft angegriffene (korrodierte) Diatomeen-Schalen zu finden, und auf den Boden sehr tiefer Ge¬ wässer gelangen aus den oberen Regionen des Wassers oft nur wenige oder keine Schalen hinab, da sie unterwegs beim Niedersinken gern in Lösung übergehen. Daher ist auch anzunehmen, daß die fossilen und subfossilen Diatomeen-Lager in seichten Gewässern ent¬ standen sind, entsprechend den heutigen Verhältnissen, wie wir sie z. B. in Buchten der Ostee (Häfen) beobachten können. Spongillennadeln (ebenfalls SiOg-f-aq) bilden nur ganz ge¬ legentlich so reine Anhäufungen wie die Kieselschalen von Dia¬ tomeen in den Diatomeen-Peliten. Aus einer Bohrung beim Bahnhof Bellevue in Berlin habe ich eine Sapropelitprobe untersucht, die aus dem Liegenden eines Torflagers stammte, die von figu¬ rierten Bestandteilen fast nur Spongillennadeln in sehr großer Zahl aufwies. Sind die Diatomeen-Pelite in lufttrockenem Zustand erdige (mehr oder minder staubende) Gesteine, abgesehen von den Fällen wie beim Saugschiefer und ähnlichen, so gibt es doch auch durch 206 Sapropel und Siliciumdioxyd. Vermittelung von Pflanzen abgeschiedenes Siliciumdioxyd-Gestein, das von vornherein oder sehr schnell steinfeste Konsistenz ge¬ winnt. Nach Weed nämlich (1. c. 1891) u. a. können sich — ähn¬ lich wie das beim Kalksinter der Fall ist (vergl. S. 187) — durch Vermittlung von Schizophyceen Kieselgallerte ausscheiden, die mächtige Kieselsinter-Ablagerungen erzeugen. 2. Der Sapropel- (Saprokoll-) Sand (Faulschlamm- [Faulgallerte-] Saud) ist im Schlammzustande wie auch Sapropel-reichere Sapropel- Tone und überhaupt ordentliche Sapropelerden makroskopisch von Sapropel oft nicht zu unterscheiden ; er kann flüssig-gallertig sein, da der Sand — meist Feinsand — im Sapropel suspendiert ist wegen der äußerst wasserreichen Beschaffenheit der gallertigen Grundsubstanz des Sapropels. Älteres Material kann ganz wie reines Saprokoll aussehen. Lufttrocken — oder wenn er in der Natur den Schlammzustand verlassen hat (z. B. in Profilen) — sieht er aber wTie Sand, gewöhnlich Feinsand, aus und ist hell, gewöhnlich hellgrau bis dunkelgrau. Besonders, wenn es sich um Feinsand handelt, ist der Sapropelsand im lufttrockenen Zustande locker, porös, zuweilen so stark porös, daß man einen stark aus¬ gelaugten Feinsand oder einen Diatomeen-Pelit vor sich zu haben glaubt. Beim Erhitzen unter Luftabschluß wird er durch den Destillationsrückstand schwarz. Eine vorherige mikroskopische Untersuchung ergibt natürlich figurierte Sapropelbestandteile (z. B. u. a. auch Diatomeen, wodurch eine Verwechslung mit Diatomeen- Pelit erst recht möglich ist). Die lockere Beschaffenheit des nicht mehr im Schlammzustande befindlichen Sapropelsandes bedingt die leichte, vollständige Zersetzung der Sapropelbestandteile. Die alten Sapropelsande zeigen also nach dem Gesagten lufttrocken nichts von der Festigkeit des lufttrocknen Sapropels, sondern zer¬ fallen sehr leicht. Sapropelsand kommt z. B. im Wattenmeer, den Hafis (im Kurischen Haff), im Havelgebiet usw. vor. In dem schon S. 176 erwähnten Profil eines verlandeten Teiches westlich der Siemensbrücke in Steglitz bei Berlin kam an der Basis auch eine Schicht Sapropelsand vor, der sich an der ausgetrock- Sapropel und Siliciumdioxyd. 207 neten Profilfläche wie ein helles Band von lockerem Feinsand stark von den dunklen, an Sapropel reicheren Sapropeliten abhob, die dieses Band unten und oben begleiteten. Beim Glühen unter O- Ab¬ schluß wurde dieser Sand ganz schwarz. Unter dem Mikroskop zeigten sich sehr viele, sehr feine Sandpartikel, ferner Diatomeen, teils noch mit Chlorophyllinhalt, Spongillennadeln, viele teils noch grüne Algen- undPflanzenfetzchen, eine Schmetterlingsschuppe usw. Bei dem Glühen unter Luftabschluß, wie das S. 183/184 unter »Sapropel und Calciumcarbonat« bereits geschildert wurde, gibt sich der Sapropelgehalt durch die hellleuchtende, entweichende Gasmenge zu erkennen, die geringer oder größer ist, und dadurch einen Wink über die Höhe des Sapropelgehaltes abgibt; die Schwarzfärbung des Rückstandes ist dabei charakteristisch, auch wenn nur wenig Sapropel im Gestein vorhanden war, zuweilen so wenig, daß man das Vorhandensein überhaupt nicht ohne weiteres vermuten konnte. A-ndererseits überschätzt man — wie gesagt — bei frischen (noch schlammigen) Sapropeliten das Quantum an vorhandenem Sapropel sehr leicht. Will man darüber schnell — insbesondere schon im Felde — ein Bild gewinnen und die Sapropelite bestimmen, so ist es zweckmäßig, eine Streichprobe zu machen, indem ein Pröbchen mit dem Messer — so viel auf seine Spitze geht — auf Papier abgestrichen wird. Solche Proben sind eingefaltet bequem transportabel und werden dann offen hingelegt. So trocknen sie schnell genug und zeigen dann bequem, um was es sich handelt. Als Sapropel wird man das Material bestimmen, wenn es zu einem harten, zerspringenden Hornhäutchen zusammentrocknet. Die einzelnen Teilchen bleiben, zwischen den Fingern gerieben, ganz oder zerspringen wie zarte Schüppchen aus Horn oder aus ge¬ trockneter Gelatine oder getrocknetem Leim. Je nach dem stär- keren Zusatz von Kalk, Ton oder Sand sind die Proben mehr oder minder leicht zerreibbar oder nähern sich der hornigen Be¬ schaffenheit. Meist sieht man bei größerem Kalk-, Ton- und Sandgehalt den wie angegeben behandelten Proben ohne Weiteres an, ob es sich um Sapropel-Kalk, -Ton oder -Sand handelt, über¬ dies steht ja zur Prüfung des Kalkgehaltes Säure zur Verfügung. Während naß gewesener, als Streichprobe behandelter Sand nach 208 Sapropel und Eisen-Verbindungen. dem Trocknen von dem Papier ohne Weiteres herabrieselt oder durch nur sehr geringe Nachhilfe sich lockert, klebt der Sapropel- Sand dem Papier mehr oder minder an, und auch die einzelnen Sandkörnchen bleiben in besserem Zusammenhänge. Sapropel- und Eisen- (auch Mangan-) Verbindungen. 1. Sapropelite mit reduzierten Eisenverbin düngen. Viele Sapropel-Erden sind ausgezeichnet durch einen mehr * oder minder hervorragenden Eisengehalt, insbesondere findet man unter den Sapropel-Schlicken von Meeresküsten, aber auch des Kontinents, wo hinreichende Ruhe vorhanden ist zum Absatz von Feinsediment, also auch von Sapropel, schwarz oder schwarzdunkel¬ blau gefärbte Schlamme, deren Färbung meist auf dem Vorhandensein von intensiv schwarz färbenden, nicht oxydierten Eisenverbindun¬ gen (besonders FeS, Ferrosulfid, Einfach-Schwefeleisen) beruht, entstanden durch die stark reduzierenden Eigenschaften des Sa- propels, das z. B. auch im Kupferschiefer den Kupferkies, das Buntkupfererz und andere reduzierte Mineralien geschaffen hat. Inwieweit bei dieser Reduktion die von W. M. Beijerinck1) auf¬ gefundene Bakterie Spirillum desulfuricans eine Rolle spielt, d. h. event. mehr oder minder notwendig ist für diesen Prozeß, ist für uns weniger wichtig; uns ist die Hauptsache, daß unter den an¬ gegebenen Bedingungen die Reduktion zu FeS stattfindet. An der Luft hellen sich die »schwarzen Schlamme« oft mehr oder minder auffällig stark durch Oxydation auf, da ans FeS an feuchter Luft Ferrosulfat wird, weshalb denn auch oft zu beobachten ist, daß die oberflächliche Schicht einer schwarzen Sa- propel-Erde in einem See wesentlich heller sein kann als der übrige Schlamm. Sehr auffällig beobachtete ich dies u. a. im Illgensee in der Kgl. Forst Liebemühl in Ostpreußen, der mit einem eisenhaltigen, mehrere m mächtigen Sapropel-Kalk erfüllt ist, der oben hell, darunter dunkler ist. Noch viel auffälliger ist es mit dem schwarzen Schlamm aus dem Toten Meer, den mir l) Beijerinck, Über Spirillum desulfuricans als Ursache von Sulfatreduktion (Zentralbl. f. Bakteriol. 1896). Sapropel und Eisenverbind ungen. 209 Herr Dr. Werner Magnus mitbrachte, ebenso mit demjenigen des Schwarzen Meeres usw. usw. Im Gegensatz zu dieser auf¬ fälligen schnellen Aufhellung der schwarzen Eisen-Sapropelite steht z. B. Dopplerit-Sapropel, das nachdunkelt, schwarz wird, eben¬ so wie überhaupt Sapropele, die mehr oder minder stark miPHu- mussäuren oder überhaupt mit Torfsubstanzen versetzt sind. Das Sapropel aus dem Schwarzen See bei Liebemühl in Westpreußen z. B. hat sich aus diesem Grunde in den Glasbüchsen, in denen ich es seit mehreren Jahren auf bewahre, in seinen oberen, der Luft ausgesetzten Partieen geschwärzt. Es kann daher Vorkommen, daß Ferrosulfid enthaltende Schlamme sich nicht auf hellen, wenn nämlich gleichzeitig reichlicher Humus beigemengt ist, und daß sie auch keinen H2S Geruch besitzen, dann ist der Nachweis von Ferrosulfid durch Beifügung von Salzsäure sofort zu erbringen durch die Entwicklung von H2S: 2 HCl 4- FeS = FeCl2 -j- H2S Salzsäure -4- Ferrosulfid = Ferrochlorid -p Schwefelwasserstoff. FeS hat die Tendenz in FeS2 (Eisendisulfid, Pyrit) überzu¬ gehen unter der Voraussetzung bleibenden Luftabschlusses. Bake- nell beobachtete1) an Mäusen, die er in FeS04- Lösung aufbe¬ wahrte, Kryställchen von FeS2. Der Schwefel stammt 1. aus den Organismen, 2. aus den Salzen des Wassers. Zu 1: Beim Zusammentun von Ferrihydroxyd (oder Ferrosulfat) mit faulenden schwefelhaltigen Organismen oder ihren Teilen (z. B. Fleisch) kann man die Entstehung von Schwefeleisenverbin¬ dungen leicht beobachten, wodurch die Masse dann naturgemäß die schwarze Farbe des Einfach-Schwefeleisens (das zunächst ent¬ steht) annimmt. Ich habe solche Experimente wiederholt in Rea¬ genzgläsern gemacht. Zu 2: Bekanntlich enthält das Meerwasser reichlich Sul¬ fate, außerordentlich viel mehr als Süßwasser. Die Möglichkeit H2S zu bilden , das zunächst entsteht, ist daher im Meer- oder Brackwasser sehr viel größer. H2S wird dann aber bei Vorhan¬ densein von Fe- Verbindungen zunächst zu FeS. Ist nicht hin- ') Nack Fuchs, Die künstlich dargestellten Mineralien. S. 55. Neue Folge. Heft 55. 14 210 Sapropel und Eisenverbindungen. reichend Fe vorhanden, so riecht der Schlamm resp. das Wasser nach H2S und hier ist daran zu erinnern, daß das Meerwasser relativ wenig Eisen- Verbindungen enthält. Danach ist es klar, daß gerade die Schlamme ruhigerer Salz Wasserstellen besonders prädestiniert sind stark nach H2S zu riechen. Sehr instruktiv ist für das Angegebene, daß die an ruhigen Stellen in der Ostsee und ihren Salzwasser enthaltenden Buchten vorhandenen Saprope- ] ite stark nach H2S stinken, während der Sapropelit z. B. des . Kurischen Haffs, das Süßwasser führt, keinen irgendwie auffälligen Geruch von sich gibt. Synonyme. — Schwarze Schlamme, namentlich aus Tei¬ chen und Seen russischer Salzsteppen wrerden als »sch warze Heil- • •• schlämme« der Mediziner zum Baden benutzt. Ähnliches Ma¬ terial im Schlamm - Zustande resp. subfossil heißt in den Marsch¬ ländereien auch Pulvererde. Von Warming !) wird der schwarze Schlamm organischer Schlick (sehr mißverständlich!), von H. A. Meyer und K. Möbius1 2) auch schwarzer Moder genannt, C. A. Weber3) sagt zu dem Schlamm der Kieler Föhrde, den auch M. und M. im Auge haben, schlammige Moor er de und schlam¬ miger Moorsand. Otto Krümmel nennt4) speziell den schwar¬ zen eisenhaltigen Schlamm des Schwarzen Meeres Schwefel ei¬ senschlick. Usw. Ein mäßigerer Gehalt an FeS bedingt eine mehr blaue Farbe, wie sie der unter dem Namen Blauschlamm (blauer Schlamm, blauer Schlick) bekannte, sehr verbreitete, schwach Sapropel- und FeS -haltige Meeresboden der Flachsee zeigt5). Die oberste Lage des Blauschlammes ist rot bis braun durch Oxydation, die am Meeresgründe durch das sich fortbewegende Wasser durch- 1) Warming, Ökologische Pflanzengeographie. 2. Aufl. 1902, S. 147. 2) Meyer und Möbius, Fauna der Kieler Bucht, T. Bd., Leipzig 18G5, S. XIV. 3) Weber, Uber Litorina- und Prälitorinabildungen der Kieler Föhrde (Engler’s Botan. Jahrbücher, Leipzig 1904, S. 3, 4 und 23). 4) Krümmel, Ozeanographie 1907, S. 178. 5) Die Farbe des in der Literatur als Rotschlamni (roter Schlamm) aufgeführten Materiales, ist — abgesehen von dem Rotschlamm der Tiefsee, vergl. S. 164 — bedingt durch Vorhandensein von roten Bakterien ( Pseudomonas ( Chromatium ) Okenii und vinosn ) in Süß- und Brackwasser und zwischen sieh zersetzenden Tangen. Sapropel und Eisen Verbindungen. 211 gängig die Reduktion überwiegt. Gelegentlich ist an Stelle des Blauschlammes ein fast schwarzer (eisenhaltiger) Schlamm vorhan¬ den wie nach K. Natterer1) vor Akka an der Küste von Palästina. »Die Dicke der hellen Schlammschicht war in den verschiedenen Teilen des östlichen Mittelmeeres verschieden groß, manchmal betrug sie nur wenige Millimeter.« »In der Regel brachten jedoch sowohl das Lot als auch das beiläufig 0,25 m in den Grundschlamm eindringende Schleppnetz nur hellen Schlamm herauf, d. h. es ist in der Regel dem freibeweglichen, sauerstoffreichen Meerwasser Gelegenheit geboten, bis zu dieser Tiefe in den Schlamm einzu¬ sinken und die Bildung dunkelgefärbter organischer Substanzen oder gar von Schwefeleisen zu verhindern.« (1. c. S. 24 — 25). Schwarze Eisen-Schlamme kommen in Norddeutschland und sonst sehr häufig vor. Sie sind insbesondere vorhanden an ruhi¬ geren Ufern und Mündungs-Stellen von Flüssen, wo das abgelagerte feine Ton-, Sand- und Mergel -Material Sapropel bildende Orga¬ nismen (insbesondere Plankton) einzubetten in der Lage ist. Die Salzseen der abflußlosen Gebiete, enthalten besonders auffällig schwarze Schlamme2). — Dort, wo namentlich in Küsten-Gegen- 'den des Meeres ruhigere Verhältnisse walten, wie in Wattenmeer- Gebieten — z. B. im Königshafen an der N.-Spitze von Sylt, wo der schwarze Schlamm stellenweis wieder von Sand bedeckt wurde, wird solcher Schlamm abgesetzt, auch unter Umständen da, wo man es nicht vermuten sollte. So hatte ich gehört, daß S.O. der Insel Amrum sich Schlamm finden sollte, der verrostete eiserne Gegenstände wieder blank machte. Danach mußte sich dort ein Schlamm finden, der durch die sich zersetzenden Organismen re¬ duzierende Eigenschaften besitzt, ln der Tat ist dieser Schlamm vorhanden, der durch Ferrosulfid -Gehalt schwarz gefärbt ist und sich am Sauerstoff’ der Luft schnell auf hellt: ein Hinweis darauf, daß die viel besprochenen schwarzen Schlamme des Schwarzen !) Natterer, Über chemisch-geologische Arbeiten der »Pola«-Expedition (VII. Intern. Geogr. Kongreß. Berlin 1899. »Auszug von Vorträgen«) S. 25. 2) Vergl. z. B. Ferdinand Ludwig, Chemische Untersuchung einiger Mine¬ ral-Seen ostsibirischer Steppen. Zeitschr. für praktische Geologie. Berlin 1903, S. 401 ff. 14* 212 Sapropel und Eisenverbindungen. Meeres durchaus nichts Besonderes sind, sondern an geeigneten Stellen wohl aller Meere eine häufige Erscheinung sind. Überall wo eisenhaltige Wässer unter genügendem Luftabschluß mit sich zersetzenden organischen Bestandteilen vorhanden sind, kann man Schwarzfärbung und schnelle Aufhellung an der Luft beobachten, sogar an vielen Stellen am Strande unter der oberen Sand- decke ist diese Erscheinung oft zu beobachten. Ein Nachgraben ergibt hier überraschend häufig schwarze oder schwarzblaue, sich .schnell aufhellende Sande. Für die Bildung stärker Faulschlamm enthaltende Böden ist das Wattenmeer im allgemeinen durch die Ebbe- und Flut -Erscheinung zu bewegt. Die Stelle bei Amrum ist recht interessant, da sie zeigt, daß auch unter oder in nächster Nähe von recht stark bewegtem Wasser noch Bedingungen vorhanden sein können, die die längere Erhaltung von Faulschlamm begünstigen. Bei Amrum handelt es sich um den Schutz, den eine Sandbank gewährt. Als weiteres Beispiel sei auf den schwar¬ zen Schlamm des Zicker Sees (einer Ostseebucht) auf Rügen hingewiesen. Auch der schwarze Schlamm des Schwarzen Meeres gehört — wie gesagt — hierher und ist nichts Besonderes. Durch freundliche Übersendung von Proben aus dem Schwarzen M eer, die ich Herrn Nik. AndrüSSOW verdanke, und einer Probe aus der Region des Kaspischen Meeres, die ich Herrn A. F. Stahl verdanke, wurde ich in die Lage versetzt, diese schwarzen Schlamme mit solchen aus kontinentalen Gewässern und von der Meeresküste Norddeutschlands zu vergleichen. Der schwarze Schlamm vom Schwarzen Meer sowohl als auch z. B. der vom Zicker See, ebenso der von der Kieler Föhrde u. a. riechen wegen der sich in ihnen abspielenden Reduktions- Vor¬ gänge bei reichlich außer in den Organismen besonders in den Sulfat- Salzen des Wassers vorhandenem Schwefel nach H2S ; sie hellen sich an der Luft schnell und beträchtlich auf und werden hellgrau. Das mir zur Verfügung stehende Material des Schwarzen Meeres (Dredge VIII aus 387 Faden Tiefe) von geringem spezifi¬ schen Gewicht, zerging in Wasser getan sofort. Es bestand aus sehr feinem anorganischen Sediment (viel feiner als eine Probe aus Sapropel und Eisenverbindungen. 213 200 Faden Tiefe), dessen Bestandteile kleiner waren als die reich¬ lich beigemengten noch figurierten organischen Teile. Die sehr ähnliche Probe aus 200 Faden Tiefe (Station 34) enthielt in dem Mineralschlamm eingebettet verschiedene Diatomeen - Arten und andere Reste von Plankton- usw. Organismen z. T. mit schwarzen Inhaltskörnern, die Pyrit waren ; überhaupt waren solche schwarzen Kügelchen auch außerhalb der Organismen sehr häufig. Pyrit fehlt in den schwarzen Schlammen neben FeS fast niemals und ist in Sapropeliten überhaupt häufig, in denen oft mikroskopisch kleine Kugeln von Pyrit zu beobachten sind, die dann leicht Spo¬ ren oder ähnliche Objekte vortäuschen : hielten doch früher eini¬ ge Zoologen solche Kügelchen, die in faulenden Foraminiferen auffällig sind, für »Keimkugeln« dieser Kalkschalentiere, bis dann L. Rhumbler definitiv die Pyritnatur dieser Gebilde nach wies1). Auch im Lumen abgestorbener Pflanzenzellen (z. B. auch in Dia¬ tomeen) können die schwarzen Kügelchen gelegentlich beobachtet werden2). Neuerdings hat W. Deecke3) aus dem ältesten Tertiär (Unter-Eozän) aus FeS2 bestehende Kieskerne von Diatomeen be¬ kannt gemacht, als vollständige Ausfüllungen der Diatomeen- Kiesel- - schalen, die aber selbst vollständig verschwunden (gelöst) waren. c Prinzipiell stimmt auch der mir vorliegende schwarze Schlamm vom Tschale Deria nördl. vom Kaspischen Meer mit dem des Schwarzen Meeres überein. Er ist sehr feinsandig, hellt sich an der Luft auch im feuchten Zustande schnell auf, indem er grau wird; er riecht nach H2S und enthält Diatomeen, viele andere organische Reste, auch Pollenkörner und ebenfalls wieder viele Pyrit- Kügelchen. Aus der Gegend des Toten Meeres hat mir Herr Dr. Werner Magnus freundlichst Schlamm mitgebracht. Er schreibt mir: h Rhumbler, Eisenkiesablagerungen im verwesenden Weichkörper von Fo¬ raminiferen, die sogenannten Keimkugeln Max Schültze’s u. a. (Nachrichten von derfKönigl. Gesellsch. der Wiss. und der Universität zu Göttingen, Göttingen 1 81)2, S. 419—428). 2) Siehe u. a. auch Steusloff 1905. 3) Deecke, Diät omeenkieskerne im paleozänen Tone Greifswalds. (Monats¬ berichte der Deutschen geologischen Gesellschaft 1907. Protokoll S. 254 —255.) 214 Sapropel und Eisenverbindungen. »An der rechten Seite der Mündung des Jordan in das tote Meer befinden sich in etwa 1 km Entfernung von der Mündung und etwa 200 m vom Ufer des toten Meeres eine Reihe brackiger D Tümpel, an deren Rand teilweise nur schwer heranzukommen war, da der Boden schlammig ist. Diese Zone kann überschwemmt werden, wie sich aus zahlreichen Reisebeschreibungen ergibt, eben¬ so aus dem gänzlichen Vegetationsmangel an diesen Stellen. Das Ufer des toten Meeres selbst ist hier mit Kieseln bedeckt. Der Grund dieser Tümpel sieht weißlich oder schwärzlich aus oder auch * grünlich, nämlich wenn sich, wie häufig, eine starke Cyanophyceen- flora vorfindet. Die Probe ist aus etwa ^2 m Tiefe an einer mehr weißlichen Stelle entnommen. Sie enthielt bei mikroskopischer Untersuchung am nächsten Tage lebende Diatomeen, Cyanophyceen und Spi¬ rillen (wohl schwefelhaltig?). Geruch war salzig brackig, nicht oder kaum nach Schwefelwasserstoff riechend. Schwefelhaltige o Quellen befinden sich, soweit zu ermitteln, nicht in der Nähe. Standort: Nahe dem »Badeplatz« am toten Meer. 25. 4. 1905.« Die mir übergebene Probe war ganz schwarz, hellte sich an der Luft in der üblichen Weise stark auf und roch stark nach H2S. Es fanden sich von organischen Resten viele Diatomeen usw. und wiederum die schwarzen Kügelchen. Den Schlamm vom Zicker See hat Herr Dr. Gans freund- lichst auf seinen Eisengehalt untersucht und in getrocknetem Zu¬ stande ungefähr 1,8 pCt. Eisenoxydul gefunden und zwar in Ver¬ bindung mit S, d. h. ca. 2,2 pCt. H2S. Der Schlamm ist stark sandig, enthält viele Diatomeen-Arten, Desmidiaceen (Cosmarium) , Pediastrum , Betulaceen- und Pmws-Pollen, unbestimmbare Pflanzen- und Tier-Reste, Spongillennadeln, Crustaceen-Reste u. dergl. Lebedinzeff hat1) das Vorkommen von H2S in tieferen Schichten von Seen als regelmäßige Erscheinung betont und Seligo bestätigt2), daß er selbst in verhältnismäßig planktonreichen 1) Lebedinzeff, G-asumtausch in abgeschlossenen Wasserbecken und seine Bedeutung für die Fischzucht. Berichte der Fischzuchtanstalt zu Nikolk 1904. Russisch mit deutschem Resume. 2) Seligo, Hydrobiologische Untersuchungen, II und III. Danzig 1907. Sapropel und Eisenverbin düngen. 215 kleinen Seen H2S in den tieferen Schichten nachweisen konnte. Ich selbst finde H2S auch in großen Seen und auch in offenen, aber stagnierenden bis halb stagnierenden Gewässern mit Sapro- pelitboden. »Die Planktontiere — sagt Seligo, 1. c. S. 4 — scheinen gegen einen gewissen H2S-Gehalt nicht besonders empfind¬ lich zu sein, wenn gleichzeitig genügender Sauerstoff vorhanden ist.« Im schwarzen Schlamm des Zicker Sees auf Rügen, der stark nach H2S riecht, leben übrigens u. a. viele Aale. Der Sapropel- Gehalt der in Rede stehenden schwarzen Schlamme schwankt natürlich in allen Grenzen, eine lufttrockene Probe solchen Schlammes von der Gargen-Lanke bei Schildhorn (Havel) von 22 g Gewicht verlor durch Glühen 9 g Substanz, so daß hier auf jeden Fall über die Hälfte, vielleicht 2/ß anorganisches (sedimentäres und äolisches) Material darunter ist. Der schwarze Schlamm des Neuwarper Sees (Bucht des Stettiner Hafis1)) verlor durch Glühen einer lufttrocknen Probe von 49 g Gewicht 17 g, södaß 32 g übrig blieben usw. Stahl sagt2), daß er den Faulschlamm oder das Sapropel in seinen »früheren Artikeln als schwarzen Schlamm bezeichnet« habe. Der Schwarze Schlamm ist aber — wie aus dem Mitgeteilten her- Vorgeht — kein Sapropel, sondern enthält nur mehr oder minder große Quantitäten davon. Mit demselben Rechte könnte man sagen, gewisse helle schlammige Ton- Absätze, das sind gewisse »Schlicke« (nämlich die Sapropel-Tone) seien Faulschlamm oder ein Sand, der wenige Prozent Humus enthält, sei Humus. 2. Oxydierte Eisen- (und Mangan-) Verbindungen. Handelt es sich in den schwarzen, eisenhaltigen Schlammen um reduzierte Eisenverbindungen, bedingt durch sich zersetzende, organische Stoffe, so werden andererseits auch vollständig oxydierte 9 Ich habe früher einmal (Eine rezente organogene Schlammbildung des Cannelkohlen -Typus. Jahrb. der Königl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1903, Berlin 1904, S. 407) diesen Schlamm vor seiner näheren Untersuchung einfach als Faulschlamm bezeichnet, jedoch handelt es sich, wie man oben sieht, um eine Sapropel-Erde. •’) A. F. Stahl, Einige Bemerkungen zu Potonie’s: Zur Frage nach den Urmaterialien der Petrolea. Chemiker-Zeitung 1903, 30, Nr. 3. 216 Sapropel und Eisenverbindungen. Eisenverbindungen geschaffen, aber in diesem Falle durch noch lebende Organismen. Eisenoxyd ist in der Natur in vielen festen Verbindungen (Ferri- Verbindungen) vorhanden; es wird durch sich zersetzende organische Teile reduziert zu Ferro- (Eisenoxydul)-Verbindungen und geht in dieser Form leicht in Kohlendioxyd (oder organische Säuren) enthaltendem Wasser in Lösung. Noch leichter freilich wird das Calciumcarbonat gelöst, und in der Regel erst, nachdem dieses wesentlich entfernt ist, geht das Ferrocarbonat in Lösung. Nächst Calcium- und Siliciumverbindungen sind also Eisen Verbindungen die wesentlichsten, die in den natürlichen kohlendioxydhaltigen Süßwässern gelöst sind. Wie nun gelöste Calcium- und Siliciumverbindungen durch die Tätigkeit der Pflanzen und Tiere wieder zum Niederschlag gebracht werden können, so auch die gelösten Eisenverbindungen, und auch hier resultieren nicht selten aus dieser Tätigkeit Eisenerzlager, wie in den ersten Fällen Kalk- und Kiesellager. In näherer Ausführung des Gesagten das Folgende: Die Lösungen von Calcium- und Eisenverbindungen verhalten sich in der Natur sehr ähnlich. In kohlendioxydhaltigem Wasser — das besonders bei dem überall durch die Zersetzung der Or- ganismen entstehenden Kohlendioxyd so gut wie überall verbreitet ist — löst sich Calciumcarbonat, indem es zu Calciumbicarbonat wird, aus welcher Form es dann von Pflanzen und Tieren wieder zum Niederschlag gebracht, wie wir gesehen haben, zu organo- genen Kalklagern Veranlassung gibt. Dementsprechend finden wir auch Ferrobicarbonat in den natürlichen Wässern sehr ver¬ breitet; sind doch zur Enteisenung vieler Wässer, die nutzbar ge¬ macht werden sollen, besondere und kostspielige Einrichtungen vonnöten. Ferner sei an die dicken, verstopfenden Eisenrost¬ krusten erinnert, die hier und da in Wasserleitungsröhren ent¬ stehen und ferner an den der Technik so lästigen »Kesselstein«, der beim Sieden des Wassers in den Dampfkesseln nach dem Entweichen von Kohlendioxyd entsteht, indem dann insbesondere Calciumcarbonat, aber auch Ferrocarbonat und Eisenoxyd als feste Masse sich ausscheidet. Sapropel und Eisenverbindungen. 217 Besonders sind es die in Zersetzung begriffenen organischen Substanzen, die das häufige Eisenoxyd zu Oxydul reduzieren. Das gleichzeitig entstehende Kohlendioxyd macht Ferrocarbonat daraus, das von dem kohlendioxydhaltigen Wasser zu Ferrobicarbonat ge¬ löst wird. Daß trotz des überall reichlich in der Natur vorhan¬ denen Eisens, dort wo auch viel Kalk vorkommt, dieser letztere als Wiederablagerung in größerer Menge auftritt als Eisen Verbin¬ dungen, hat seinen Grund in der Tatsache, daß in der Regel zu¬ nächst wesentlich Calciumbicarbonat in Lösung übergeht und erst nach seiner Auflösung das Ferrocarbonat »durch Auflösung« als Ferrobicarbonat »in Bewegung kommt« (A. Orth1)). Es ist das das ÜRTH’sche sog. »Gesetz des Kalkes und Eisens«. Darauf beruht z. B. die Enteisenung des Wassers durch Zusatz von Ca(OH)2 oder CaC03, denn wo die üblichen Eisenverbindungen in Wasser gelöst sind und die Lösung auf Kalk trifft, wird dieser gelöst und die Eisen Verbindung als Ferrihydroxyd gefällt; man kann daher in Ferrihydroxyd metamorphosierte Mollusken¬ schalen finden2), und der von Hans Hess y. Wichdorff be¬ schriebene Fall »Über einige in Raseneisenerz umgewandelte fossile Hirschgeweihe aus einem Raseneisensteinlager der Provinz Posen« (Jahrb. der Königl. Preuß. Geol. Landesanstalt, Berlin 1907, S. 544 ff.) gehört ebenfalls hierher. Es ist bei diesem Verhalten der löslichen Kalk- und Eisen- Verbindungen zu einander begreiflich, daß es Flachmoore mit viel Eisenmineral gibt (Eisenmoore) und dann wenig anderen, ins¬ besondere Kalk-Mineralien, sowie umgekehrt andere mit großem Kalk- und dann geringem Eisengehalt (Kalkmoore im engeren, eigentlichen Sinne). J. M. van Bemmelen z. B. gibt3) in der Asche des Sumpftorfes (der Dargschicht) des Drenther Moores einen hohen Gehalt an Eisenoxyd und nur eine minimale Quanti- 9 Orth, Kalk- und Mergel-Düngung. Berlin 1896, S. 44. 2) C. WnsENBERG-Lund, Summary of studies upon lake-lime, pea-ore and l'ake-gytje in danish lakes. Meddelelser fra dansk geologisk forening. Kopen¬ hagen 1901, p. 159, Kap. II. 3) van Bemmelen, Über das Vorkommen, die Zusammensetzung und die Bildung von Eisenanhäufungen in und unter Mooren. Zeitschrift für anorgani¬ sche Chemie. 22. Bd. Hamburg und Leipzig l90ü, S. 350. 218 Sapropel und Eisen Verbindungen. tät anderer mineralischer Bestandteile an. Flachmoore in Ländern, deren Boden ein vorgeschrittenes Auslaugungsstadium zeigt, der also kalkarm ist, wie der Boden der Lüneburger Heide, sind über¬ haupt besonders reich an Eisenerzen. Daß die Organismen Eisenverbindungen nur mehr unterge¬ ordnet als Skelettmaterial benutzen und überhaupt weniger oft Ge¬ legenheit haben, Eisenverbindungen zum Niederschlag zu bringen, hängt offenbar mit dem genannten Orth sehen »Gesetz« zusammen. Enthält doch das Meerwasser, dem namentlich an den Küsten durch die Flüsse reichlich Calciumbicarbonat zugeführt wird, da¬ her nur Spuren von Eisen Verbindungen. Wo aber vorwiegend eisenhaltige W7ässer vorhanden sind, da sehen wir auch Nieder¬ schläge von Eisen Verbindungen durch Vermittlung der Organismen eintreten. Es sind Pilze (Bakterien), Algen und gewisse Tiere (Flagellaten) diesbezüglich besonders hervorzuheben, aber auch höhere Pflanzen verstehen Eisenverbindungen niederzuschlagen, und zwar sind es naturgemäß wie beim Kalk wiederum Wasserpflanzen, die hier in erster Reihe stehen *). Unter den Bakterien sind zu nennen die fadenförmigen, großen Arten Ch l amy do thrix (Leptothrix) ochraceci (Kützing) Mi- gula, Ch la my d o tlirix ( Grallionelia ) ferruginea (Ehrenberg) Migula * 2 3), Cladothrix dichotoma Cohn, der »Brunnenfaden« Crenothrix poly- spora Cohn, Clonothrix fusca Schorler und Spirophyllum ferne- . gineum Ellis, die durch Oxydation von gelösten Ferroverbindungen Ferrihydroxyd (Eisenocker) zur Ablagerung bringen. Diese Eigen¬ schaft hat ihnen den Namen Eisenbakterien eingetragen4). In den geeigneten Wässern treten oft mächtige, rostfarbene Schleimmassen auf, bei deren mikroskopischer Untersuchung solche Eisenbakterien 0 Verg]. besonders H. Molisch, Die Pflanze in ihren Beziehungen zum Eisen, 1S92. 2) Migula hält Leptothrix ochracea und GallioneUa ferruginea neuerdings für ein und dieselbe Art. 3) Wegen der letztgenannten Spezies vergl. David Ellis, A contribution to our knowledge of the thread-bacteria. Zentralbl. für Bakteriologie. 2. Abt. Jena, 18. Okt. 1907, S. 502 ff. 4) s. Winogradsky, Uber Eisenbakterien. Bot. Ztg. Leipzig 1888. S. 261 bis 270. Sapropel und Eisen Verbindungen. 219 Eisenocker mit Chlamydothrix (Leptothrix) ochracea aus einem schwach fließenden Wasser bei Bispingen in der Lüneburger Heide (leg. 1905). Stark vergrößert. (Das Mikrophotogramm hat Herr Dr. Stange in Leipzig freundlichst für mich angefertigt.) hängt. Ohne Zufuhr von Eisenoxydul wachsen die Fäden z. B. von Leptothrix ochracea nicht. Die Zellen oxydieren also die Eisenver¬ bindungen vollständig, dann scheiden sie sie aus. Zur künstlichen Erzeugung von Ferrihydroxyd durch Bakterien nahm Wino- massenhaft sichtbar werden, Fig. 21, und auch mit bloßen Augen kann man in eisenhaltigen Wässern die schwach milchigweißen Kolonien der Bakterien als große, wolkig-schleimige Massen be¬ obachten. Winogradsky hat nachgewiesen, daß nur dann eine Eisenausscheidung erfolgt, wenn es sich um lebende Bakterien handelt, mit deren Lebensvorgängen die Ausscheidung zusammen- Figur 21. 220 Sapropel und Eisen Verbindungen. GRADSKY ein Glasgefäß, in das er maceriertes, in sehr viel Wasser ausgekochtes Heu tat, dem er frisch gefälltes Ferrihydroxyd und Brunnenwasser hinzufügte. Durch die Zersetzung des Heus traten nun Kohlendioxydbläschen auf und das Ferrihydroxyd wurde in¬ folge der sich zersetzenden Pflanzenmasse zu Ferrohydroxyd redu¬ ziert; dieses konnte nun in dem Kohlendioxyd wasser als Ferrobi- carbonat gelöst werden und alsbald traten im Wasser rostfarbene Flöckchen auf, die fast ganz aus Eisenbakterien bestanden. Übri- gens läßt sich das Experiment bequemer machen, indem man ein- * fach eine sehr schwache Ferrosulfat-Lösung (kaum 1 : 5000) be¬ reitet, in die man vielleicht ein Steinchen legt. Enthielt das Wasser Keime, z. B. von Crenothrix polyspora, so wird das Steinchen bald Rasen dieser Art aufweisen und das Wasser durch Ferrihydroxyd-Bildung getrübt werden. Auf diese Weise kann man Crenothrix- Keime im Wasser nachweisen *), die zum Auswachsen gebracht werden, wenn eisenhaltige Flüssigkeit geboten wird. Auch in diesem Falle findet eine Oxydation des Ferrosulfats statt. B. Schorler* 2) beschreibt Wasserleitungsröhren der Stadt Dresden von 10 cm lichter Weite, die durch Rostbildung außer¬ ordentlich bis zur stellenweis vollständigen Verstopfung verringert war. Es zeigte sich, daß G-allionella die Ablagerung veranlaßt hatte. Trotzdem konnte man in den festgewordenen Partien des Ferrihydroxyds selbst keine Spuren von Gallionella wahrnehmen, da molekulare Umlagerungen in dem Rost vor sich gehen, die zu einer Krystallisation führen und dadurch die Bakterienfäden zum Verschwinden bringen. Es erklärt sich dadurch, warum in solchen natürlichen, festen Eisenerzen, deren Entstehung durch Vermitt¬ lung von Bakterien anzunehmen am nächsten liegt, doch Reste dieser Organismen sich nur selten finden. Auch der Kalk hat die Neigung, leicht krystallinisch zu werden, und die figurierten orga¬ nischen Bestandteile werden dann ebenfalls meist ganz vernichtet oder doch nicht mehr konstatierbar. Es muß noch hinzugefügt werden, daß das Dresdener Leitungswasser nur 0,20 — 0,30 mg 0 0. Rössler, Deutsche MediziE. WockeQSchr. 1906, Nr. 40. 2j Schorler, Die Rostbildung in Wasserleitungsröhren. Zentralbl. für Bak¬ teriologie. Jena, 21. Dez. 1905, S. 564 — 568. Sapropel und Eisen vorhin düngen. 221 Eisen pro Liter enthält, und dieser geringe Gehalt hat doch hin¬ gereicht, die Röhren in 30 Jahren mit einer 3 cm dicken Rost- Schicht auszutapezieren. Aber die Rostablagerungen — sagt SCHORLER — »würden ohne die Gallionella nicht möglich sein«. Der Genannte hat denn auch gezeigt, daß das Eisen nicht den Röhren entnommen war, sondern diese, selbst wo sie die dicksten Rostkrusten hatten, noch ganz unversehrt waren. Unter den Algen findet eine Einlagerung bei gewissen Arten auch in den Membranen statt, und auch im Zehinhalt kann Eisen und zwar dann in der Form von Ferrohydroxyd und Ferro-Ferri- Hydroxyd aufgenommen werden. Bei gewissen Conferva- (Psicho- hornium ), Oedogonium- und Cladophora- Arten können gelbliche bis rostrote Körnchen oder Brocken von Ferrihydroxyd stellenweise um die Fäden eine ziemlich dicke Kruste bilden (Molisch, 1892, S. 12). Die Fäden von Cladophora aegagropila z. B., die in Alpenseen in Seeball ähnlichen Hohlformen1) von durchschnittlich Faustgröße auftritt, erscheinen nahezu alle mit einem Überzug von Ferrihy¬ droxyd mit etwas Beimengung von Ferrohydroxyd versehen, Ver¬ bindungen, die bald inselartig, bald in dünner oder dickerer Schicht als geschlossene Kruste die Fäden bedecken, und auch die Zellhaut selbst erscheint bei vielen Fäden auf kurze Strecken hin von diesen Eisenverbindungen durch und durch imprägniert (Molisch 1892, S. 14). Von Desmidiaceen sind u. a. nach Georg Klebs2) Closte- rium- Arten zu nennen, bei denen die Zellhaut Eisenoxyd speichert, so daß man nach dem Glühen Eisenoxydskelette erhalten kann. Das Eisen muß in den Verband der Zellhautmicellen selbst aufgenommen sein, da sich die Zellen dabei fortpflanzen und leben, ln der Gallerte jedoch ist kein Ferrihydroxyd vorhanden, höchstens aus dem Wasser niedergeschlagenes. Lange im Dunkeln , 64 Salvinia .... 77 Sapropelit-Ton . . . . 153 . Salzseen .... 72 Sapropelkalk . . . . 34, 171, 195 Salzsümpfe . . . 72 Sapropelmergel . . . 180 Salzwasserschlamm 152 Sapropelsand 35, 169, 190, 206, 233 Salzwassersümpfe . 70 Sapropelschlick . . . 166 Saudrhizopoden 222 Sapropelsee (Abb.) . . • • 68 Sapanthrakon . . . 33, 153 Sapropelteppich . . . 139 Saprocoll .... 160 Sapropelteppich (Abb.) . • • 141 Saprodil .... 153 Sapropeltöck . . . . 236 Saprokoll . . . . . 33, 135, 160 Sapropelton . 34, 169, 234 Saprokoll- und Sapropelkalk 182 Sapropeltorf . 33, 146 Saprokoll, unreifes, halbreifes und Saprophyten . 76 reifes .... 142 Sapropsammit . . . 32, 61, 190, 232 Saprokollerde . . . 34, 161 Saugkieselschiefer . . . 202 Saprokollkalk . . 34 Saugschiefer . 202 Saprokollmergel 180 Scenedesmus . 94, 100, 186 Saprokollsand . . 190, 208 Scenedesmus quadricauda • . 130 Saprokollton . . 234 Scheingerölle .... 227 Saprokolltorf . . 33 Schelf . 74 Saprol . 2 Scheuchzeria palustris • 38 Sapropel 13, 21, 32, 59 ff, 90, 91, 101, Schiefertone, bituminöse • • 35 , 61 161 Schiefertorf . 162 Sapropel (Mikrophotogramme) 125, 126, Schießpulvererz . . . 227 12S Schizocerca diversicornis • • • 100 Sapropel und Calciumcarbonat . 169 Schizomyceten .... 94 Sapropel und Eisen- (auch Man- Schizophyceen .... 75, 93, 1S8 gan-) Verbindunge n . . • • 208 Schizophyceen- Vereine . • • • 76 Sapropel- und Siliciumdioxyd • 190 schlagende Wetter . . • • • 23 Sapropel, unreifes, halbreifes und Schlamm . 63, 163 reifes .... 142 Schlammbewohner • • • 63 Sapropel (Unterschied von Moor- Schlammerz . 224 torf) .... 119 schlammige Moorerde • • • 210 Sapropelbildungen • 2 59 schlammige Moorsand . • • . 210 Sapropelerde . . .34, 91, 169, 232 Schlammmoder .... 44 Sapropelgeröll . . 62 Schlammmull .... 166 Sapropelgestein . . . . . 32, 60 91 Schlammrohhumus . . • • • 166 Sapropelit ... . . 32 60, 162 Schlammtorf .... 166 Register. 249 Seite Seite Sclilämmtorf . . 44, 123, 145, 146 Seeschlick ...... 164 Sch lamm wärmer . . . 63 Selbstentzündung . . . ’ 5 Schlick .71, 157, 163, 164, 167, 234 Selbsterhitzung . Schlipfe . 28 Selbstzersetzung .... . 12. 24 Schnecken . 185 semiautochthon . • • 91 Schneckengehäuseteile . • • • 95 Senecio paluster .... • • 70 Schneckenmergel . . . 1S1 Sigara . • • 129 Schneckenmudde . . . 159 Silt . • • 169 schwarzer Heilschlamm . • • • 210 Sinura Uvella . 99 schwarzer Modder • • • 181 Sjödy . 146 schwarzer Moder . . . . 167, 210 Sjögyttja . 152 Schwarzerdeboden . . • • • 46 Skeletonemen . 194 schwarzer Schlamm . . 153, 167, 208 Slab . • 169 schwarzer Schlamm des schwarzen Snäckgyttja (-gytje) . . . 149, 181 Meeres . 212 Sohlband . • • 47 Schwarzwasser . . . . 42 Soog . 73 Schwebeorganismen . . . . 77 , 78 Sötvattensgyttja .... • * 152 Schwefel . 228 Sparganium . 76 Schwefel, kaustobiolithischer . . 1 Specktorf . 42 Schwefelbakterien . . . . . 76, 228 Sphaerella pluvialis . . . • • 82 Schwefel eisen-Schlick • • • 210 Sphagnetum-Moor .... 39 Schwefelregen . . . . 90 Sphagnetumtorf .... 110, 168 Schwemmmoder . . . • • • 44 Sphagnum 39, 40, 53, 54, 76, 77, 94, Schwemmtorf . . . . 43, 145, 146 112, 131, 142, 156, 237 Schwimmflora . . . . 76 Sphagnum (Abbildung zur Histo- Schwimmkiesel . 203 logie) . 40 Schwingmoor . . . . 37 Sphagnum cuspidatum . . . 40, 116 Scirpus . 131 Sphagnum cymbifolium . . • • 40 Scirpus lacustris . . . 97 Spirillum desulfuricans . . • • 208 Sedimentation, autochtho ne . 27 , 62 Spirogyra 77, 92, 94, 98, 104 , 141, 170 Sedimentierung, allochthone . 28, 62 Spirophyllum ferrugineum . • • 218 See i. e. Sinne . 62 Spongilla . . 127, 156, 160, 185, 186 Seeblüte . 82 Spongillennadeln . 95, 129, 205, 237 Seedy ....... . 146, 167 Staurastrum . . 94, 100 Seeeisenerz . 225 Steinkohlenlager .... 38 Seeeisenerz mit Molluskenschalen Stephano discus . 81 auf Seegrund (Abb.) . • • • 225 Stranddrift . 28 Seeerz . • . 225 Stranddy . 146 Seegras . 75 Strandgyttja . 152 v Seekalk . . . 34, 182 Strandmoor . 167 Seekreide . 164, 171, 182 Stratiotes . . 146, 170, 172 Seemergel . . . . • • • 183 Stratiotes aloides .... . 70 , 77 Seemoor . 167 Streichprobe zur Bestimmung von Seenplankton . . . . * 3 t 100 Sapropeliten . 207 Seerose . . . 132 Streichtorf . 144 Seeschlamm . 152 Streifenkohle . 33 250 Register. Seite Seite Streifentorf ...... . . 33 Tonschiefer, bituminöser • « 3d , 61 Streu . . . 42 Tophus . 224 Streudecke . . . 42 Tophus Tubalcaini . . • • • 224 Sumpf . . 32, 63 Torf . 21, 42, 166 Sumpfeisen . . . 224 Torf, unreifer, halbreifer und reifer 142 Sumpferz . . . 224 Torfdy . 147 Sumpfmoor . . 35, 64 Torfgyttja . 168 Sumpftorf . . . 33 Torfleber . 168 Surirella constricta . . 200 Torfmergel . 180 Surirella linearis .... . . 201 Torfmudde . 159 Süßwasserkalk . . . 180 Torfmull . . . . 17 , 26 Süßwasserschlamm . . . . . 152 Torfsaprokoll .... 33 Torfsapropel .... . . 33, 146 T Torfschiefer . 162 taches d’huile . . . 103 Torfstreu . 17 Tang als Transportmittel . . . 88 Torfsumpf . 64 Tang mit anhaftenden Gerollen tote Moore . . . 36. 101 (Abb.) . . . 89 Traehelomonas .... 222 Tangsaprokoll . . . 168 Trapa natans .... 223 Tangtorf . . . 168 Travertin . 187 Tardigraden . . . 95 Trichodesmium erythraeum • • • 82 Tasmanit . . 47, 122 Trichodesmium lacustre . • • • 86 Teer . . . 12 Trichodesmium Tliiebauti • • • 82 Teich . . . 62 Trift . 28 Teichgytje . . . 150 Tripel . 203 Teichplankton . . . 100 Tripelschiefer .... 203 Teichschlamm . 152, 164 tripoli . 203 Teichschlick . . . 165 Trockenlaubtorf . . . 44 Teichschlickton . . . 165 Trockentorf . . . 42, 166 Teleutosporen . . . 237 trophogene Region . . • • • 97 terra adamica . . . 143 Tubalcain . 224 terra silicea . . . 203 Tubifex rivulorum . . . 63 terra silicea calcinata . . . . 203 T ümpel . 62 terra tripolitana .... . . 203 Typha . 68 terrestrische Autochthonie . . 27, 62 Typha (Abb.) . . . . 68 Tetraeclron . . . 94 Tetrasporaceen . . . 94 U Thalassiosiren ..... . . 194 Uferdrift . 28 Tibergestein . . . 187 Uferdy . . 146, 167 Tiefenschlamm . 168, 172 Uferkreide . 164 Tierkalke . . . 187 Uferschlamm .... 152 Töck . 138, 235 unreifer Torf .... 42 Töck (Abb.: Fig. 12 rechts unten) 89 Urtica dioeca .... 51 Tongytje . Urtica dioeca (Abb.) . . • • • 50 Tonmudde . . . 159 Utricularia . 77 Tonsapropelit . . . 61 Register. 251 valli . . 72 Vaucheria 94, 98, 160, 172, 179, 185 Vaucheria-H&seTi Vaucheria- Schlamm . . . 172, 179 Velella . . 84 Verkohlung . . . . 19 Vermoderung . . . . . .3, 5, 21 Verschwelung . . . 12 Verschwemmung . . 28 Vertorfung . . . . . 3, 9, 21, 23 Verwesung . . . ... .3, 4, 21 Verwitterung . 3 Vibrio paxillifer . 191 Victoria regia . . . 8 Vie . . 64 Vivianit .... .... 96, 229 Vögel . . 63 Volvocaceen . . . ..... 94 Volvox .... Wachs . . Waldboden . Wasserblüte . Wasserlaubtorf Wasserwanze Wasser watte water bloom Watten . . Wattenmeer . Wattenschlick Wehen . . Weide . . . Weiher . . . 111 . 45 . 82 . 44 95, 128, 186, 187 . 142 . 82 . 71 . 71 . 164 . 28 . 174 . 62 Seite weiße Leber . . . .... 180 weißer Modder . . . .... 181 weißer See .... .... 171 weißer Soolton . . . .... 183 weißer Torf .... .... 168 weiße Torfsubstanz . .... 229 Weißsand .... .... 183 Weißtorf . .... 168 white clay of bottom . . 178, 183 Wienerde . .... 168 Wiesenerz .... .... 224 Wiesenformen , .... 37 Wiesenkalk .... . 34, 164, 183 Wiesenkreide .... 183 Wiesenleder .... .... 142 Wiesenmergel . . . .... 183 Wiesenpapier . . . .... 142 Wiesentuch .... .... 142 Windstau .... .... 73 witte Klien . . . . .... 229 W ürmer . .... 63 X Xanthidium .... .... 94 Z Zannichellia .... .... 75 Zerfall . .... 3 Zersetzung .... .... 3 zoogener Kalk . . . .... 184 Zooplankton .... ... 77, 92 Zostera . .... 75 Zwischenmoor . . . .... 38 Zwischenmoor (Abb.) .... 52 Zygnema .... 77, 92, 141, 170 Zygnemaceen . 94, 141 23 OCX 1909 * Buchdruckerei A. W. Schade, Berlin N., Schulzendorfer Straße 26. Warn m* »* . Ti 7 . ,i ■ i ■ I: tJ . 1 f