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Zweite, sehr stark erweiterte Auflage von desselben Verfassers »Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe und ihrer Lagerstätten« (Berlin 190 6). Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt Berlin N 4, Invalidenstraße 44. 1912. Preis 14 Mark. Abhandlungen der Königlich Preufsischen Geologischen Landesanstalt. Neue Folge. Heft 55, III. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 1912. Die rezenten Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Band III: Die Humus -Bildungen (2. Teil) und die Liptobiolithe. Eine Erläuterung zu der von den Deutschen Geologischen Landesanstalten angewendeten Terminologie und Klassifikation. Von Dr. H. Potonie, Kgl. Landesgeölogen und Professor. Zweite, sehr stark erweiterte Auflage von desselben Verfassers »Klassifikation und Terminologie der rezenten brennbaren Biolithe und ihrer Lagerstätten« (Berlin 1906). Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. BERLIK. Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt Berlin N 4, Invalidenstraße 44. 1912. Xnhalts-Ub ersieht Seito Humus-Bildungen (2. Teil) . 1 3. Hochmoore . 1 Allgemeines . 1 Flora . 16 Sphagnum . 16 Ernährung der Vegetation . 20 Besonderer Bau der Vegetation . 28 Xerophiler Bau der Vegetation . 36 Gründe für die Xerophilie . 50 Tierlehen . 63 Hochmoorgewässer . 69 A. Seeklima-Hochmoore . 83 B. Landklima-Hochmoore . 90 C. Trockenhorizonte in Seeklima-Hochmoor-Profilcn , . . 104 D. Höhenhochmoore . 123 4. Hang- und Quellmore . 136 A. Hangmoore . 136 B. Quellmoore . 139 5. Arktische Moore . 146 6. Absterbende und tote Hochmoore . 167 7. Tropenmoore . 180 8. Schlußbemerkungen über Moore . 204 9. Torflager unter Bedeckung . 216 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung . 222 VII. Alloclithone Humusbildungen . 244 Allgemeines . 244 Drift . 250 Strand- (Ufer-) Drift . 256 Flözdrift . 279 Moorausbrüche und -Rutschungen . 291 Ablagerungen durch Vermittelung des Windes . 293 Schluß über allochthone Humusbildungen . 298 Liptobiolithe . 299 Schluß . 312 Register . 314 3. Hochmoore. Allgemeines. Seite 38 — 41 von Band I wurden bereits kurz die Haupt- Charakteristika der Hochmoore angegeben; es handelt sich nun hier darum, das dort Gesagte zu belegen, näher auszuführen und zu ergänzen. Wenn sich das Flachmoor unter Bedingungen befindet, die eine ständige Anhöhung des sich bildenden Torfes gestatten, und dadurch die Bodenoberfläche vollständig aus dem Einflußbereich des Boden- und Uberschwemmungswassers heraustritt, so muß hierdurch ein Nahrungsmangel für die Bäume und viele der sonstigen Zwischenmoorpflanzen eintreten. Diese sterben ab, und es setzt wiederum eine neue Flora ein: eine solche, die sich mit den spärlichsten, vom Staub gebotenen Nahrungsstoffen und dem atmosphärischen Wasser einzurichten vermag. Die Zuzügler kämpfen mit den Alteingesessenen, und zwar sind es besonders Arten der Gattung Sphagnum — in Ostpreußen passend Hunger¬ moos genannt — , die dann eine Hauptrolle spielen; heißt doch bei uns diese Gattung treffend Torfmoos und die englisch reden¬ den Nationen sagen bog-moss. Die Eindringlinge nehmen schließlich mit ihren Begleitern > allen verfügbaren Platz ein und wir haben dann durch das Zwi- sckenstadium vermittelt eine ganz neue Moor-Landschaft vor uns: eben ein Hochmoor, gekennzeichnet durch im ganzen kleine Pflanzenarten, die schon dadurch auf die spärliche Nahrung hin- weisen, die ihnen nur noch zur Verfügung steht. Wenn nun auch die Hochmoorbildung beginnt, sobald die Oberfläche aus dem Bereich des Uberschwemmungswassers und des ursprünglichen mineralischen Untergrundwassers heraus ist, so 1 Neue Folge, Heft 55. III. 2 3. Hochmoore. steigt doch mit dem Wachstum des Moores in die Höhe das Untergrund wasser schließlich über dasjenige der Umgehung; dann enthält aber dieses Wasser keine Bestandteile des rein unorga- nischen Mineralbodens mehr in Lösung, sondern ist coelestisches Wasser. Es ist das Verdienst von J. R. Lorenz, zuerst auf die genetische Reihenfolge Flachmoor-Hochmoor nachdrücklich hingewiesen zu haben, auf die Tatsache, daß unter entsprechenden Bedingungen aus Flachmooren oft Hochmoore werden. In dem angenommenen Fall ist die Flachmoor- und Zwischen- moor-Torfschicht die »Isolierschicht« zwischen der Hochmoor- Vegetation und dem Mineralboden. Wenn dieser Mineralboden selbst dadurch eine Isolierschicht ist, daß er ausgelaugt ist wie die Bleicherde (II. S. 45) und demnach keine genügenden Bestand¬ teile mehr für eine üppige Vegetation enthält, so entsteht — ein hinreichend feuchtes Klima vorausgesetzt — auch auf dem Mineral¬ boden direkt ein Hochmoor, beginnend zunächst mit einer Lage von Trockentorf, der dann das Wasser festhaltend schließlich nach oben in Hochmoortorf übergeht. Wo Auslaugungsprozesse ver¬ möge höherer Regenfälle besonders an der Tagesordnung sind, werden also Hoclimoorbildungeu zu Hause sein, überhaupt auf Böden genügender Feuchtigkeit und mit nicht übermäßigem Nah¬ rungsgehalt. Deshalb kann auch aus unseren Mischwäldern, die alle mehr oder minder den floristischen Charakter der Zwischenmoore haben, direkt Hochmoor hervorgehen. Es ist nach dem Gesagten selbstverständlich, daß ein sehr nahrungsschwaches oder fast nah¬ rungsloses Wasser nicht durch Flachmoorpflanzen zu verlanden vermag, sondern nur durch die genügsamen Hochmoorpflanzen, Fig. 1. Natürlich gibt es hier alle Übergänge. Es sei aber daran erinnert, daß freilich eine einfache chemische Elementar- Analyse keine hinreichende Auskunft über die Wertig¬ keit eines Bodens für das Pflanzenwachstum gibt. Näheres darüber II. S. 137-146. Durch die Eigenschaft der Land-Sphagna, an der Luft lebende Wasserpflanzen zu sein — vergl. hinten Kapitel Sphagnum — , sind Hochmoore im Naturzustände mehr oder minder naß und 3. Hochmoore. 3 speichern Wasser, trotzdem sie auf eine terrestrische Flora folgen können und der Untergrund trocken gewesen sein kann. Auch in regenreicher Zeit braucht ein echtes Hochmoorgelände nicht we- Ö O sentlich nasser zu sein wie sonst, da sich die obere Decke gern hebt und vom Wasser getragen wird. Aber das überschüssige Wasser sammelt sich doch in solcher Zeit in den etwas tieferen Figur 1. Verlandung des sehr nahrungsschwachen Pechsees im Qrunewald bei Berlin durch ein in das Wasser allmählich vorrückendes Sphagnetum. Aufgenommen im März 1908. Stellen der Hochmoorfläche, die meist nicht absolut eben ist, sondern durch das verschieden schnelle Aufwachsen der einzelnen Pflanzen, die dann kleine Hügel, »Bulte« erzeugen, holperig ist, Fig. 2, dadurch daß einzelne Gruppen rasenförmig stärker empor¬ wachsen und dadurch zwischen sich rinnenförmige Stellen, die »Schl enken« erzeugen. o 1* 4 3. Hochmoore. Die Sphagnen bilden 2 Arten von Bülten, die Weber zu¬ treffend unterscheidet (vergl. S. 20 f. in seinem Buche »Hochmoor von Augstumal« 1902). Entweder nämlich sind lockere Bülten auf nassen Hochmooren die Folge eines besonderen Schutzes durch Heidesträucher usw. , in denen sie emporwachsen (Heidbulte), oder es entstehen festere Bülten aus dicht zusammengedrängten Köpfen der einzelnen Moossprosse und zwar, wie man anzunehmen pflegt, zum Schutz gegen zu starke Verdunstung (Moosbulte). Figur 2. Blick auf das Hochmoor von Augstumal (Memel-Delta) mit Bullen. Die Baumzeile am Horizont begleitet clie Rugullner Itülle. Aufgenommen am 31. August 1907. Die Schlenken zwischen ihnen und sonst enthalten zu nasseu Zeiten und in ständig feuchten Gebieten sogar dauernd Wasser, ja das Wasser kann sich in, wenn auch gewöhnlich klein bleiben¬ den Weih ern oder Seen sammeln, die oft mehr oder minder braunes Wasser enthalten können, wesentlich unterstützt durch die relative Undurchlässigkeit, die der reife Torf im Untergründe mit 3. Hochmoore. 5 dem Ton gemein hat. Es bilden sich auf größeren Hochmooren bei ihrer gewölbten, uhrglasförmigen Gestalt, von denen das über¬ schüssige Wasser wie von einem gewaltigen Dach abfließt, Abflu߬ rinnen, Bäche, die »Rüllen«, die eine Entwässerung bewirken, die teils die Umgebung weiter versumpft und so gute Bedingungen für eine fortschreitende Vermoorung schafft, teils das Wasser den Stromsystemen zuführt. Nach allem ist es wohl verständlich, wenn Hochmoorbildungen gern an den Wasserscheiden vorhan¬ den sind. Da die an den Rüllen lebenden Pflanzen reichlicher durch das fließende Wasser mit Nahrung versorgt werden und auch ihre unterirdischen Organe besser mit Luft versorgt werden ebenso wie die Vegetation am Rande der Hochmoore, sind die Pflanzenarten des vernäßten Hochmoorrandes größer, ebenso die der Rüllen, wo sie dann inmitten von typischen Hochmoorflächen sich durch ihre Andersartigkeit recht auffällig abheben (Fig. 2). Es ist darau festzuhalteu, daß bei der Wichtigkeit der Gat¬ tung Sphagnum für die Hochmoorbildung eine solche ordentlich nur dort zuwege kommen kann, wo auch die nötige ständige Luft¬ feuchtigkeit mit Regen resp. Tau vorhanden ist, die den Sphagnen das Leben möglich macht; wo sie jedoch nicht hinreichend üppig und ständig zu gedeihen vermögen, bleibt der erreichte letzte Moor-Zustand ständig dem Zwisclien-Moor-Typus genähert. Für alle Hochmoorgegenden Süddeutschlands betragen nach R. Grad¬ mann1) die Niederschläge über 80 cm, die relative Feuchtigkeit über 80 °/0, die mittlere Bewölkung über 6/io des Himmels. »Wo die Feuchtigkeits Verhältnisse unter diese Größen zurückgehen, trifft man keine Hochmoore.« Die Abhängigkeit des Hochmoor-Charakters von den klima- tischen Verhältnissen und der geographischen Lage äußert sich wie angedeutet durch die Verschiedenartigkeit der Vegetation. So sind oder waren die Hochmoore NW. -Deutschlands mit ca. 70 cm Regenhöhe wesentlich Sphagnetum- Moore. Da solche Moore wesentlich in Gebieten zu Hause sind, die — nach meteorolo¬ gischer Ausdrucksweise — Seeklima besitzen, so sind diese gut ') Gradmann, Das Pflanzenleben der Schwäbischen Alb. I. Bd. Tübingen 1900 S. 328. 6 3. Hochmoore. als Seeklima-Hochmoore zu charakterisieren. Die Hochmoore Ost- Deutschlands hingegen von der Provinz Brandenburg ab mit ca. 50 cm Regenhöhe mit Ausnahme des Küstenstreifens an der Ostsee neigen u. a. mehr zu Ericaceen- und Waldbestand mit kleinen Bäumen; wir werden sie Landkli m a - Hochmoor e nennen. Ein bestimmtes Mindestmaß von Feuchtigkeit, das der Vege¬ tation zur Verfügung steht, vorausgesetzt, ist die Ausbildung der Hochmoore als Seeklima- oder Landklima- Hochmoore abhängig von der Bilanz zwischen Niederschlag (einschließlich Tau), Nebel¬ bildung einerseits und Abfluß und Verdunstung andererseits. Na¬ türlich gibt es zwischen Seeklima- und Landklima- Hochmooren alle Übergänge. Die Höhe der Niederschläge ist aber durchaus nicht überall ausschlaggebend für die Entstehung der Seeklima- bezw. Land¬ klima-Hochmoore. Sind die Niederschläge, z. B. weil es sich um Hangmoore handelt oder um Höhenmoore in Gebieten mit vielem Schneefall, nicht ergiebig genug für die Moor -Vegetation aus¬ nutzbar, so können selbst bei einem Niederschlag von jährlich wesentlich mehr als 70 cm Höhe dennoch Hochmoore vom See¬ klima-Typus ausbleiben und solche vom Landklima-Typus ent¬ stehen. Näheres hierüber wird im Kapitel »Höhenhochmoore« mitgeteilt. Nach dem Gesagten sind die Seeklima- und Landklima- Hochmoore im Sinne der Geologen Facies- Bildungen , denn je nach den klimatischen Verhältnissen entsteht auf einem geeigneten Boden entweder der eine oder der andere der beiden genannten Moortypen, resp. aus einem Zwischenmoor kann entweder ein See¬ klima- oder ein Landklima-Hochmoor werden. Dieses wichtige Verhältnis wird am besten durch das folgende Schema fest¬ gehalten : 3 a. Seeklima-Hochmoor 3 b. Landklima-Hochmoor x . ^ . > I 2. Zwischenmoor A I 1. Flachmoor 3. Hochmoore. 7 Wir werden bei der näheren Besprechung der Landklima- Hochmoore sehen, daß Sphagnum- Decken auf fast lufttrockenen Torf-Böden Vorkommen — wie ich das im Großen in Kanada sah — als schlagender Hinweis darauf, daß diese Gattung in der Tat in erster Linie von dem atmosphärischen Wasser ab¬ hängig ist. Figur 3. W = nach Abbau des Sphagnetumtorfes zu Tage getretener Waldrest (eines Zwischenmoores?) in Form von Kiefernstubben. S = Profil des stehen gebliebenen Sphagnetumtorfes, das nach rechts in das noch intakte Hochmoor Ubergeht, nach links, dem Moorrande zu, aber allmählich abfällt. Nach einer Skizze von mir aus der Lüneburger Heide. Bei der angegebenen Eigentümlichkeit der Hochmoor-Land- Sphagnen, vom Bodenwasser unabhängig zu sein, erklärt sich die Anhöhung des durch diese erzeugten Torfes weit über den ur¬ sprünglichen Grundwasserspiegel hinaus. Es wächst demnach ein Hochmoor in seiner Mitte stärker in die Höhe als am Rande, so daß die Höhenlinien von dem meist eine große Ebene darstellenden Zentrum nach dem Rande hin abnehmen; durch das Randwachstum der Hochmoore (ihre Ausbreitung an ihrem Rande) muß die 8 3. Hochmoore. Mächtigkeit der Torfschichten vom Zentrum nach dem Rande zu abnehmen. Das Zentrum eines Hochmoores kann etwa 5 — 7 und mehr m höher liegen als der Rand des Moores. Diese Besonderheit ist es, die den in Rede stehenden Mooren den Namen Hochmoor im Gegensatz zu den im Ganzen flach bleibenden Flachmooren verschafft hat. Unsere Fig. 3 gibt eine Anschauung von der Uhrglasform der Hochmooroberfläche. Die echten Hochmoor- (Sphagnetum-) Torfe haben bei der Erhaltungsfähigkeit der Sphagnaceen lange Zeit hindurch einen anderen Charakter als die von vornherein homogener-schmierigen Torfe der Flachmoore, abgesehen hier — aus denselben Gründen wie bei Sphagnum — von den Hypnetum-Torfen. Es kommt, um die chemische und physikalische Verschiedenheit beider Torfsorten zu verstehen, noch hinzu, daß das Tierleben in den Seen, Riillen und Schlenken der Hochmoore spärlich ist. Synonyme u. zur Nomenclatur. — Von Bezeichnungen für Hockmoorgelähde, die im Vorausgehenden noch nicht benutzt oder gebraucht wurden, sind als Synonyme noch folgende zu nennen. Zunächst aber noch eine Bemerkung über »Hoch¬ moor« selbst. Hochmoore sind in bergigen oder hügeligen Gegen¬ den, die Luftfeuchtigkeit genug haben, gern die hochgelegenen, und dann sind die Hochmoore gleichzeitig Höhenmoore, so findet man denn auch in englisch geschriebener Literatur den Gegensatz mountain bog (Davis, Peat 1907 S. 10) zu flat bog (= Flachmoor) für die irländischen Moore. Aber die Bezeich¬ nung Hochmoor ist bei der Möglichkeit einer Verwechselung mit Höhenmoor doch nicht deshalb zu verwerfen, denn »hoch« be¬ deutet eben im Worte Hochmoor ein hohes Moor, nicht aber ein hochgelegenes Moor. Es entspricht das Wort Hochmoor ganz der Volksbeobachtung und -empfindung. Auch in der englischen Sprache heißt es High moss oder gelegentlich Climbiug bog (so z. B. bei Kearny 1901 S. 428), also »aufsteigendes Moor« wegen des Emporwachsens. Daß da, wo ordentliche lebende Hochmoore Vorkommen, dem Volk in der Tat das Wort Hoch¬ moor in dem von Moorkundigen definierten Sinne geläufig ist, o o. Hochmoore. 9 dafür seien die Litauer als Beispiel herangezogen. Augstumal- Moor kommt vom litauischen aukstoji = hoch; die Litauer nennen das genannte Moor aukstoji pelke = Hochmoor (pelke = Moor). (Nach Weber 1902 S. 6 und nach meiner Erkundigung.) Mir wurde das erste Wort auch auksztas = hoch diktiert. Augstumal ist ein Dorf, das am Hochmoorrande liegt und bedeutet hohes Ufer (mella = Ufer), d. h. ein Ort, der vor Überschwemmungen geschützt ist. In Ostpreußen sind noch mehr Bezeichnungen für Hochmoore charakteristisch. Die Kacksche Balis bei Lesge- wanouninnen hat ihren Namen von dem Dorf Kackschen und »balis« kommt von balä = Sumpf, lautlich und begrifflich = dem Lat. palus. Ein Hochmoor P an e balis liegt südlich der Schorel- lener Forst. Das »Packle dimer Hochmoor« hat seinen Namen von pakladim — Höllensumpf. Häufiger kehrt in Ostpreußen das litauische Wort plyne (nach Kurschat, Litt.-deutsches Wörter¬ buch 1883, eine freie, baumlose, unbebaute Ebene) wieder, so in der »Großen (Schorellener) Plinis« bei Schirwindt (Kreis Pill- kallen), ferner seien genannt die »Plinis« im Walde NWW. von Insterburg, diejenige südlich von der Badugnis bei Gr. Bersch- kallen, die Nawiscbker Plinis, die Dwarischker Plinis, die »Plien« in der Schueckenschen Forst SW. Heinrichswalde, der »Plein er Torfbruch« bei Plaschken nördlich dem Rußstrom. Endlich noch einige Worte über die Zehlau bei Tapiau, auch das Zehlau¬ bruch genannt. Albert Zweck (Samland, Pregel- und Frischingthal. Eine Landes- und Volkskunde. Stuttgart 1902) sagt: »Eigentlich ist Zehlau wohl kein Eigenname, sondern bedeutet schlechtweg »Werder«, »Bruch«, wie das polnische Zulawa (auch Zyolawa). In mehreren Quellen wird die Zehlau auch Zeylawa genannt.« Ich finde auch Zel, Zehla, Zela, und Zelaw geschrieben. Herr Prof. A. Bezzenberger in Königsberg i. Pr. , den ich befragte, schreibt mir freundlichst: »Die älteste Überlieferung "ibt Zela M orrast (wie Schumann, N. preuß. Prov.- Blätter III. Folge V 31 auch anführt), hilft damit aber nicht weiter. Das 2 ist kein echter litauischer Laut, ebensowenig altpreußisch. Anklingend und be¬ grifflich nicht ganz fern liegend ist lit. salawa »Insel« (daher 10 3. Hochmoore. Solowo, Solow, wie früher eine Mimdungsinsel der W eichsei hieß), aber es wäre ein halsbrecherisches Wagnis, dies Wort in Zehlau zu sehen.« Doose, Dose, Dosenmoor (nach C. A. Weber, 1899 S. 9 und 22), Bezeichnung NW. -Deutschlands bis zur Eider; es wird nach Herrn Landesforstrat Quaet-Faslem (mündl.) nur lebendes (wildes) Hochmoor Doose genannt. Filz, Filzen (besonders süddeutsch, vergl. Sendtner, 1854 S. 617 und 618). Grind (plur. Grind en) ist altdeutsch. Mit Grinden werden Hochmoore im Schwarzwald bezeichnet, aber eigentlich nur die Hochplateaus, die Kämme, die oft Hochmoore tragen. Grind heißt ursprünglich Schorf und in übertragener Bedeutung auch Kopf. (Die Hornisgrinde im Schwarzwald z. B. trägt ein Hochmoor.) Heide, Heidemoor (Heidmoor, dän. Hedeinoser). — Das Wort Heide (vergl. Fritz Graebner in Paul Graeb- ner's Handb. der Heidekultur, Leipzig 1904 S. 14 — 18) bedeutete ursprünglich einfach das Land im Gegensatz zum menschlichen Wohnplatz (Haus und Hof und vielleicht frühzeitig als besonderes Werk menschlicher Kunst auch den Garten). Später schied zu¬ nächst das bebaute Feld aus dem Begriff aus, dann schieden — soweit die fränkische Verfassung wirkte — durch die Umwand¬ lung der Gemeinde Waldungen in königliche Forsten die letzteren ebenfalls aus. »Jeder Forst kam außer Zusammenhang mit dem übrigen Gebiet, und so findet sich, daß in allen von jenem Vor¬ gänge getroffenen Gebieten im allgemeinen die Heide den Wald ausschließt.« Dagegen ist wohl für alle anders ausgebildeten Landgebiete im Mittelalter der Name Heide noch möglich. Die diese Heide bewohnenden Pflanzen heißen auch oft Heide und Heidekraut, so Thymus , Spartium scoparium , Empetrum , Ledum, Pulsatilla patens , Daphne cneorum , Genista germanica , endlich Buchweizen und einmal in Oberdeutschland die Birke. »An Zu¬ sammensetzungen von Pflanzen- und Tiernamen mit Heide er¬ wähnt Grimms Wörterbuch: Heidehopfen, -lerche, -flachs, -lilie, -ineise, -nelke, -elster und -rose.« Schließlich ist es nur noch die 3. Hochmoore. 11 »Einöde«, als dem unkultivierten Gelände, die den Begriff der Heide bildet; diese Begriffswandlung ist deshalb so allgemein ein¬ getreten, »weil sie auf dem allerursprünglichsten Gegensatz gegen das Bauland beruht«. Die Botaniker haben, sich dem mehr oder minder anschließend, diesen Begriff für Gelände mit solchen Pflan¬ zengemeinschaften übernommen, die bei hinreichender Regen¬ menge auf einem für Kulturpflanzen ungünstigen Boden auftreten und die auch dort vorhanden sind, wo sich »Wärme und Feuch¬ tigkeit, die beiden großen Förderer vegetativer Betätigung, in un¬ günstiger Weise trennen. Die Konstellationen sind niemals ganz günstig, doch auch niemals völlig ungünstig«. (Diese Sätze nach L. Diels [Pflanzengeographie, Leipzig 1908 S. 86/87], der den Begriff* der Heide auf die »Macchie« der Länder am Mittelmeer ausdehnt.) Ramann (in P. Graebner 1. c. S. 13) drückt sich so aus: »Heiden sind Formationen feuchterer Gebiete der gemäßigten Zonen, bedeckt von zwerghaften Sträuchern, Halbsträuchern, Grä¬ sern, Moosen und Flechten (und von Torfmoosen), ohne geschlos¬ senen Hochwald, auf nährstoffarmen, sauer reagierenden Böden.« — Nach alledem wäre — wenn man sich, wie das nötig ist, dein gegenwärtigen Begriff* Heide anschließt — ein Heidemoor ein auf einem Heidegelände entstandenes Moor, dementsprechend auch mit Pflanzenarten der Heidepflanzengemeinschaft besetzt. Übrigens heißen im Erzgebirge die dortigen Höhen- Hochmoore schlechtweg Heiden (s. Näheres im Kap. Höhenmoore). Einwendungen gegen die Benutzung des Ausdrucks Heide¬ moor für Hochmoor lassen sich daher auf Grund der floristischen Zusammensetzung nicht machen, jedoch wäre als störend zu er¬ wähnen, daß bei uns jetzt, wie schon gesagt, auch gewisse Pflanzen¬ arten aus der Familie der Ericaceen, die bei uns auf den nunmehr Heiden genannten Flächen wachsen, Heide schlechtweg genannt werden. In erster Linie ist es bei uns Ccilluna vulgaris , die in Betracht kommt. Dadurch hat sich vielfach die Ansicht gebildet, daß die Herkunft des Namens Heide als Gelände von der Pflanze herstamme; also gerade entgegen der wirklichen Entwicklung des Begriffes, die wir oben angegeben haben. Adelbert von Cha- misso z. B., der bekanntlich Botaniker war, sagte von der 12 3. Hochmoore. Calluna vulgaris , der gemeinen Heide (Übersicht der nutzbarsten und schädlichsten Gewächse, welche wild oder angebaut in Nord¬ deutschland Vorkommen. Berlin 1827 S. 227): »Dieser Strauch bedeckt in unserem Norden gesellig wachsend ganze Strecken Landes, die man gleichnamig Heiden nennt.« Wenn er dabei auch hier nicht zum Ausdruck bringt, daß nun die Heiden ge¬ nannten Gelände ihren Namen von der Pflanze haben, so ist doch gerade diese Meinung in Laienkreisen vielfach verbreitet. Dem heute allgemein besonders viel gebrauchten Sinne nach von Heide für Calluna vulgaris- und Erica- Arten ist daher ein Heidemoor ein stark mit Heide bestandenes Moor, und Heidepflanzen sind eben in erster Linie die genannten Pflanzen, die nur einen Teil der Heidefloren-Pflanzengemeinschaft ausmachen und nur auf beson¬ deren Hochmooren (den Landklima-Hochmooren und unseren toten Hochmooren) stark vertreten sind. Sagt man daher Heidemoor ganz generell an Stelle von Hochmoor, so wird man in den meisten Kreisen damit an Ericaceen erinnern und der Schluß: es handle sich immer um Ericaceen-Moore, ist dann selbstverständlich, während die Seeklima-Hochmoore keine solchen sind, sondern Sphagneten. Dementsprechend unterscheidet denn auch C. A. We¬ ber (Augstuinal 1902 S. 58) Moosmoor (Sphagnetum-Moor) und Heidemoor (z. B. Hochmoore wesentlich mit Calluna). Moos¬ moore können aber auch Hypneten sein, die meist zu den Flach¬ mooren gehören, deshalb würde der Terminus Moosmoor ebenfalls mit Vorsicht anzuwenden sein. Aber abgesehen von dem Gesagten Ö O ist der Begriff Heide — mag man ihn so oder so nehmen — nicht konkordant dem für den anderen Hauptmoortypus vorwiegend ge¬ brauchten, nämlich den Ausdrücken Flachmoor resp. Niedermoor. »Flachmoor« und »Hochmoor« gehen beide auf die äußere Ausge¬ staltung der Moore und passen daher weit besser zusammen als einerseits »Flachmoor« und andererseits »Heidemoor«, die ihrem Sinne nacli ganz verschiedenen Kriterien entnommen sind. Es kommt hinzu, daß Hochmoor weit häufiger gesagt wird als Heide¬ moor: auch dieser Punkt ist natürlich bei einer Entscheidung, wel¬ cher Terminus zu bevorzugen ist, stark zu berücksichtigen. Die Benutzung der Tatsache des Vorkommens auch von Eri- 3. Hochmoore. 13 caceen im Hochmoor für den Namen desselben ist nach alledem zu verwerfen. Da könnte man mit demselben Recht die Erlen- flachmoore, in denen aus der Verlandungszeit her noch Schilfrohr als echtes Relict durchsticht, ein Röhrichtmoor nennen, oder man könnte auch unsere Hochmoore, weil, wenn auch nur spärlich aber doch regelmäßig, Krüppelkiefern Vorkommen, Kiefernmoore nennen. Aber ebenso wie bei den Ericaceen sind die Kiefern besser ent¬ wickelt in den Zwischenmooren. In dem vorliegenden Fall will ich übrigens einmal die Gele¬ genheit benutzen, zu zeigen, inwiefern ich mich bemüht habe, bei meinen terminologischen Vorschlägen von einem umfassenden Standpunkt auszugehen, mit anderen Worten: von einem Stand¬ punkt, der der alleinige sein sollte in wissenschaftlichen Dingen. Wenn sich die Anwendung des Terminus Heidemoor in erweiter¬ tem Sinne auch einigermaßen bei einer ausschließlichen Betrach¬ tung der rezenten Vorkommnisse rechtfertigen läßt, so wird doch der Paläobotaniker diese Bezeichnung vermeiden müssen, schon deshalb, weil fossil Ericaceen — und in den ältesten Formationen Phanerogamen überhaupt — nicht Vorkommen, es demnach gar nicht angebracht sein würde, von dem Vorhandensein oder Fehlen von »Heidemooren« in solchen Formationen zu reden, während das Wort »Hochmoor« hier nicht so bedenklich ist. Denn bei den heutigen Begriffen, die wir von Heide haben, wird bei Benutzung des Wortes Heidemoor stets der Gedanke an die Heideflora und insbesondere an die Ericaceen mit einfließen. (Weiteres im Kapitel »Seeklima-Hochmoore«.) Hooge veen ist die holländische Bezeichnung für Hoch¬ moor. Hygrosphagni u m = Hochmoor, nach Diels, Pflanzengeogr. 1908 S. 94. Kärrmoore sind Moore nordischer und arktischer Gewässer ohne Sphagnum (Ramann 1905 S. 157). Kiesel moo re nannte Sendteer (1854 S. 635) die Hoch¬ moore, da die Vegetation derselben zu seinen »Kiesel-Pflanzen« gehören. Schon J. R. Lorenz (1858 S. 46 Anmerkung 2) weist mit Recht darauf hin, daß die Hochmoor-Vegetation durchaus 14 3. Hochmoore. nicht von einem Vorrat an Kieselsäure abhängig sei. Der An¬ nahme stehe u. a. entgegen, »daß die Hochmoor-Typen sich auf kaum zollhohen Schichten von Heide- oder Rasenvegetation an¬ gesiedelt haben, und zwar selbst dann, wenn dieses dünne pflanz¬ liche Substrat über reinem Kalkbrei folgte, mithin eine relevante Ansammlung von Kiesel nicht erfolgt sein konnte«. Ly ngmoser (dänisch) = Hochmoor. Moorheide, z. B. bei Rossmässler »Der Wald«, ist z. T. = Hochmoor. Moosbruch, Moosmoor (= Moosmyr der Norweger). Moos sumpf. Darunter werden zwar Hochmoore verstanden, je¬ doch sind manche Moosmoore — nämlich Moos in dem Sinne von Bryophyten genommen — Flachmoore, wenn es sich nämlich um Flachmoor-Hypneten (vergl. S. 218) handelt. Über die notwendige Ablehnung der Bezeichnung Moos für Moor als wissenschaftliche Bezeichnung wurde Bd. II, S. 131 schon Hinreichendes gesagt. Daraus ergibt sich, daß es für die Wissenschaft bedauerlich ist, wenn aus lokal-patriotischen Tendenzen doch wieder dafür plädiert wird, den auf dem Gebiete der Moorkunde so störend zweideu¬ tigen Namen Moos für Moor zu benutzen. Es handelt sich doch nicht darum, den Versuch zu machen, Liebhaber-Namen einzu¬ führen, sondern wissenschaftlich zweckmäßige Namen. Schreiber, der (1907) diesen abgetanen, nur noch volkstümlich, aber wissen¬ schaftlich nicht mehr berechtigten Ausdruck trotzdem wieder auf¬ nimmt, hat nämlich — obwohl kurz vorher von unserer Seite mit einiger Aussicht auf etwas Gefolgschaft der Versuch gemacht worden war, die verfahrene Nomenclatur endlich einheitlicher zu gestalten — eine Unmenge neuer Namen resp. Begriffs- Verschiebungen vorge¬ nommen. Er spricht von Braunmöser (scliwed. Brunmossar), Cesp es-Möser, Bülten-Möser, Heidemoos, Kriechtriebe- (Rhizom-) Möser, Liehe ne tum -Möser, Fl echten -Möser, Reiser -Möser (schwed. Rismossar), Fruticetu m - Möser, Weißmöser (Sphagnetum- Moore), Wiesen -Moos = ein zur Wiese umgeschaffenes Hochmoor. Es ist zwar keine Gefahr vor¬ handen, diese Namen in der wissenschaftlichen Literatur Boden gewinnen zu sehen, aber ich mußte sie doch vorführen, bei der 3. Hochmoore. 15 Verpflichtung, die Nomenclatur hier so vollständig wie möglich zu berücksichtigen. Ich gestehe aber freimütig, daß mir der Ab¬ schluß des vorliegenden Werkes eine wahre Erlösung ist: gestattet er mir doch von nun ab, nur noch solche nomenclatorische Ände¬ rungs-Vorschläge zu berücksichtigen, die nach irgend einer Seite hin etwas wissenschaftlich Brauchbares bedeuten, nach irgend einer wissenschaftlichen Richtung hin etwas Förderndes enthalten. Moosmorast sagt z. B. E. A. Rossmässler für Hochmoor. Mosse (pl. Mossar) (schwedisch) = Hochmoor. Muskeg (indianisch), Muskegs heißen in Kanada die dor¬ tigen Landklima-Hochmoore. Bei englisch schreibenden Autoren (Ganong 1897 — 98 usw.) findet man Hochmoor übersetzt mit Raised Peat Bog (erhobenes Torfmoor). Säuren (nach Schröter 1904 S. 13 Bezeichnung im Erz¬ gebirge). Sphagnum-Sumpf ist eine z. B. bei Floristen nicht seltene Bezeichnung für hochmoorige Strecken. Supraaquatische Moore (Über wasser-Moore) hatte Lesquereux (1847 S. 7) die Hochmoore genannt, aber es ist daraufhinzuweisen, daß ein nährstoff loses oder nährstoffarmes Boden¬ wasser natürlich ebenfalls nur Hochmoor- Vegetation gestattet (Fig. 1): wir hätten den Fall, daß infraaquatisch ein Hochmoor entsteht, wie denn überhaupt diejenigen unter den Hochmoor-Pflanzen, die mehr oder minder an das Vorhandensein von Wasser in liquider Form ge¬ bunden siud, »infraaquatisch« lebende Arten sind. Torfmoos m oo r. Torfmoossümpfe nennt z. B. P. Ascherson in seiner Flora der Provinz Brandenburg von 1864 die mehr oder minder mit Sphagnum (»Torfmoosen«) bestandenen Hochmoore. Torfstete Moore wurden von J. R. Lorenz (1858 S. 46 Anmerkung 2) die Hochmoore genannt, weil (1. c. S. 35/36) »die entschiedene Hochmoor-Vegetation .... stets nur auf einem Sub- strate von Vegetationsresten — und zwar in der Regel nur auf o o Torfboden« vorkomme. 16 3. Hochmoore. Wei ch wasser-M oore. — J. R. Lorenz (1858 S. 33) nennt die Hochmoor- Vegetation eine Weich wasser- Vegetation; dem¬ entsprechend findet man auch die Bezeichnung Weichwasser- Moor. Weißes Moor (W. Venn) nennt man bei der hellen Farbe des Sphagnum namentlich in NW. -Deutschland das noch jung¬ fräuliche Hochmoor, so im Westerbecker Moor der letzte Rest mit ordentlicher Sphagnum-Decke. Wittmoor (in Holstein) heißt weißes Moor. Wir gehen nun spezieller auf die einzelnen Punkte ein, zu¬ nächst auf die Eigentümlichkeiten der Hochmoorflora. Flora. Sphagnum. Es wurde (Bd. I S. 39) darauf hingewiesen, daß die Wasser¬ zellen von Sphagnum Wasserspeicher sind wesentlich für atmo¬ sphärisches Wasser; denn die Fähigkeit der Sphagnen, dem Unter¬ gründe Wasser zu entnehmen, ist eine sehr geringe und wirkt nicht weit, weshalb sie denn auch sehr leicht vertrocknen, auch dann, wenn Wasser in unmittelbarer Nähe vorhanden ist. Oft genug kann man sehen, daß Sphagnen, die vorher üppig aufwuchsen, bei einsetzender Trockenheit und dadurch bedingtem niedrigerem Wasserstande schnell zugrunde gehen und zwar im trocknen Binnenlande sogar auf Mooren mit nassem Boden, sobald eine längere Lufttrockeuheit einsetzt. Man kann in ausnahmsweise trocknen Sommern auch auf Seeklima-Hochmooren die Sphagnen vertrocknen sehen (so Anfang Juli 1908 im Memeldelta und Sommer 1911 vielerorts), trotzdem die Austrocknung des Moores an solchen Stellen nur wenige Zentimeter tief zu reichen braucht. Ebenso störend — austrocknend — wirken natürlich Winde, be¬ sonders an ausgesetzten Stellen im Subarktikum, so daß eine stän¬ dige winterliche Schneebedeckung hier wesentlich schützend wirkt. Wo die Sphagnum-Decke so weitgehend abgestorben ist, daß sie sich nicht schnell und leicht wieder erholt, beginnt sofort ein Kampf um den Platz durch stärkere Entwicklung besonders von Eriophorum vaginatum und Scirpus caespitosus. Ist nun gar der 3. Hochmoore. 17 Boden gefroren und vermag bei fehlender Schneedecke Sonnenbe¬ strahlung auf die Sphagnen zu wirken, so können sie eine be¬ trächtliche Schädigung erleiden (»Isbrand« der Skandinavier). Bietet aber die Atmosphäre genügend Wasser, so bleiben sie naß. M. DüGGELI (Sihltal bei Einsiedeln 1903 S. 196) macht denn auch zutreffend darauf aufmerksam, »daß eine ganze Reihe von Sphagnen sich auf stehen gebliebenen, trocknen Torfstücken an¬ siedeln, ja Sphagnum comp actum « fand er nur an trocknen Lokali¬ täten. »Wäre diese Sp h a gnum- Spezies in ihrer Wasserversorgung auf den Untergrund angewiesen, so könnten sie an solch trocknen Standorten nicht gedeihen.« Es verhalten sich demnach den Ein¬ flüssen der Trockenheit und Feuchtigkeit gegenüber die verschie¬ denen Sphagnum- Äxten verschieden: die einen sind unter Wasser lebende Pflanzen und vertragen das Luftleben überhaupt nicht, andere brauchen eine größere, viele andere eine geringere Wasser- Zuführung; es ist ihnen aber immer eine relativ größere, ständige Wassermenge, nötig. Schon Lesqüereüx (1847 S. 278) hatte kon¬ statiert, daß ein lufttrockner Sphagnumrasen das 17 fache seines Gewichts an Wasser aufnahm1). Viktor Zailer und Leop.Wilk haben (1907 Separat S. 36) dann lufttrockner Pflanzen aufnahmen: gefunden , daß von 100 Teilen Sphagnum acutifolium . . 2010 I "eile Wasser, » cymbifolium . 2016 » » 5 » cuspidatum . . 1877 » » , Hypnum stramineum . . 1751 » » , » scorpioides . 1521 » » , Polytrichum strictum 371 » » 5 Car ex- Arten . . 300 » » ? Arundo phragmites . . 235 » » Der Vergleich dieser Zahlen lehrt besser als Worte. Dabei ist zu beachten, daß Sphagnum cuspidatum ein Wassermoos ist. Die Sphagnen nehmen danach das 18 — 20 fache ihres Gewichts an Wasser auf. Kommen Sphagnen auch außerhalb der Hoch- 9 Näheres und Literaturangaben über das Obige s. bei Schröter, Moore der Schweiz 1904 S. 73. Neue Folge. Heft 55. UI. 9 18 3. Hochmoore. moore resp. nahrungsarmer Böden und Wässer vor, so sind doch große, reine Bestände fast auf Hochmoore beschränkt, so daß » Sphagnum-Moore« schlechtweg immer Hochmoore sind; Sphagnum- Flachmoore gibt es nicht, wohl aber Flachmoore untergeordnet mit gewissen Sphagnum- Atrien. Die Gattung Sphagnum bleibt im wesentlichen für das Hochmoor resp. nahrungsschwache Gelände charakteristisch; das ist so bei uns, in Nord-Amerika und überall auf der Erde. H. Paul1) bringt unsere Sphagnen nach ihrem Bedürfnis an mineralischer Nahrung in 3 Gruppen. 1. Ausschließliche Hochmoor- Sphagnen sind S. ru- bellum und fuscum , die erste gegen Kalklösungen am empfind¬ lichsten. 2. Vorwiegende Hochmoor-Sp hagnen, aber auch auf Zwischenmooren: a) auf weniger nassen Stellen oder Buchten: S. papillosum , molluscum und medium \ b) in Schlenken und Torf¬ löchern: S. cuspidatum , Dusenii\ a empfindlicher gegen Kalk¬ lösungen als b. 3. Häufiger auf Zwischenmoor resp. im Wald, können aber auch auf Hochmoor Vorkommen. Die Arten dieser Gruppe sind die eigentlichen Zwischenmoorsphagna. Wo sie am häufigsten auftreten und am kräftigsten entwickelt sind , kann man von Zwischenmoorbeständen sprechen. Sie sind hier die Vorläufer der Hochmoorsphagna und werden von diesen allmählich abgelöst. Man könnte sie deshalb vielleicht als die einzig wirklichen Zwischenmoorpflanzen bezeichnen«. Sie zerfallen in: a) Waldsphagna, besonders häufig im Moorwald oder Wald überhaupt: S. acutifolium , quinquefa rium , Girgensohnii , cymbifolium und squarrosum. — b) Zwischenmoorsphagna, »die am liebsten im Zwischenmoor wachsen und sich hier besonders an die Hypneten anschließen.« Repräsentiert durch die Spliagna subsecunda\ sie vertragen wie a) relativ viel gelösten Kalk. — c) In jeder Moor¬ form mit Ausnahme der kalkreichsten Flachmoore anzu¬ treffende Arten, wie recurvum und seine nächsten Verwandten, S. teres , subaltern, Warnstorfii. Paul, Was sind Zwischenmoore 1907. (S. auch Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1906.) 3. Hochmoore. 19 Der Wert dieser Liste für uns beruht darin, daß sie die re¬ lativen Ansprüche der verschiedenen Arten zur Anschauung bringt. Inwieweit jedoch Pauls Zwischenmoorsphagna z. B. für Zwischen¬ moore in der in dem vorliegenden Buch dargestellten Umgrenzung charakteristisch sind, wäre noch näher zu untersuchen, jedenfalls aber ist es auch — wie wir noch sehen werden — mit den meisten anderen typischen Zwischenmoor-Pflanzen so, daß sie auch auf die Hochmoore hinaufgehen. Die Sphagnen haben sich dermaßen nahrungsschwachen Böden angepaßt, daß sie — - wie u. a. schon Sendtner behauptet hatte — besonders gegen Kalkcarbonat, das in Wasser gelöst ist, empfindlich sind. H. Paul hat das näher untersucht1). Danach ist die Empfindlichkeit für Kalkcarbonat- Lösungen bei manchen Arten in größerem und bei anderen in geringerem Grade vor¬ handen. Gegen andere Minerallösungen verhalten sie sich teils ähnlich, teils mehr neutral. Sie scheiden eine Säure aus, mit deren Hülfe sie ihre Ernährung aus den Mineralstoffen der Umgebung bewirken. In den Arten der nährstoffreicheren Standorte (Magno- cariceten, Flachmoore) ist die Säure am schwächsten, ihre Be¬ deutung infolge des reichlicher vorhandenen Nährstoffes weniger wichtig und die Empfindlichkeit gegen alkalische, die Säure ab¬ stumpfende Salze daher am geringsten. Die Hochmoorsphagnen, die so gut wie ganz auf die Atmosphärilien und den darin ent¬ haltenen Staub angewiesen sind, besitzen zur Ausnutzung dieses spärlichen Nährmateriales die stärkste Säureentwicklung, die hier demnach für das Leben der Pflanze am wichtigsten ist, so daß die Hochmoor-Torfmoose die höchste Empfindlichkeit gegen ab¬ stumpfende Salze zeigen. Daß die Hochmoorpflanzen durchaus nicht ohne mineralische Nahrung auszukommen und sich nicht ausschließlich von den Gasen der Luft und Wasser zu nähren vermögen, zeigen die che¬ mischen Analysen sowohl des Hochmoortorfes als auch der Hoch¬ moorpflanzen, die mineralische Aschenbestandteile enthalten. ’) Paul, Die Kalkfeindlichkeit der Sphagna und ihre Ursache, nebst eiuem Anhang über die Aufnahmefähigkeit der Torfmoose für Wasser. Mitt. d. Kgl. Bayerischen Moorkulturanstalt. 1908. 2* 20 3. Hochmoore. Die einzige mineralische Nahrung, die den Hochmoorpflanzen zur Verfügung steht, ist diejenige, die sie dem Moorboden, der Asche der vertorften und vertorfenden Pflanzen entnehmen und dem Staub der Atmosphäre, wie das soeben schon angedeutet wurde bei Besprechung des Gehaltes an Säure der Sphagna, »die in um so größerer Menge vorhanden sein muß, je mehr die Sphagna auf die Zufuhr von Nährstoffen durch die Luft angewiesen sind.« (Paul, 1. c. S. 108.) Man sollte nun meinen, daß schließlich der Torf selbst durch diese Zufuhr ein für die Pflanzen leidlich günstiger Boden wird, jedoch enthält der reine Torf die für die lebende Vegetation wünschenswerten Stoße in Verbindungen, die für die Pflanzen nicht oder so gut wie kaum ausnutzbar sind, wenigstens dort, wo sich der Torf unter seinen natürlichen Verhältnissen befindet, während diese Stoße nach einer Zersetzung des Torfs infolge von Entwässerung für die Pflanzen besser ausnutzbar werden. Ernährung der Vegetation. In Ausführung des oben Gesagten sei zunächst auf die Staub- o o quelle eingegangen. Mineralischer Staub ist bekanntlich stets in der Atmosphäre vorhanden und oft genug ist er sehr auffällig; es sei nur an die Sand- und Staub-Stürme der Wüsten-, Steppen- und Tundren- Gebiete erinnert. Aber auch dort, wo sich Staub-Niederschläge nicht so kräftig bemerkbar machen, sind sie doch vorhanden, und namentlich dann augenfällig, wenn der Staub plötzlich vom Regen niedergeschlagen wdrd. Er kommt oft von sehr weit her, wie aus dem nordafrikanischen Wüstengebiet bis nach Norddeutschland. Meist ist er nur mit Zuhülfenahme besonderer Veranstaltungen nachweisbar, aber stets vorhanden. Die Zahl der Staubteilchen in der Atmosphäre hat vor länger als 20 Jahren John Aitken zu bestimmen versucht. Er batte die auch von anderen bestätigte Erfahrung gemacht, daß bei der Kondensation übersättigten Wasserdampfes in der Luft die Nebel¬ körperchen sich auf den Staubteilchen als festen Kernen nieder- schlagen. Diese Voraussetzung, daß jedes Nebeltröpfchen ein Hochmoore. 21 Staubteilchen als Kern enthält, ist indes, wie H. v. Helmholtz nachgewiesen hat, nicht streng richtig, indem auf die Konden¬ sierung übersättigten Dampfes in der Luft noch andere Momente von Einfluß sind. Gleichwohl kann Aitkens Verfahren dazu dienen, annähernd die Anzahl der Staubteilchen in der Luft zu ermitteln. Dasselbe beruht auf folgender Überlegung: Wird die zu untersuchende Luft in ein Glasgefäß gebracht und mit Wasser¬ dampf gesättigt, alsdann durch Verdünnung mit der Luftpumpe übersättigt, so bildet sich ein Nebel, von dem jedes Tröpfchen ein Staubteilchen als Kern enthält. Durch Zählung der Tröpfchen erhält man die Anzahl der Staubteilchen. Wiederholt man diese Nebelbildung sehr vielmal und zählt man jedesmal die Nebel¬ tröpfchen, so erhält man die Anzahl der Staubteilchen. Sobald die Luft staubfrei ist, findet keine Nebel bildung mehr statt. Letzteres ist aber nur bedingungsweise richtig, indem auch viele Nebeltröpfchen sich ohne festen Kern bilden durch Erschütterung der stark übersättigten Luft. Einige Messungen haben folgende Resultate ergeben: Zahl der Staubteilchen im Kubikzentimeter Außenluft, Regen ...... 32000 » schön Wetter .... 130000 Mitten auf dem Atlantischen Ozean fand Walter Knoche mit der angegebenen Methode bestimmt den höchsten Staubgehalt zu 3900 pro 1 ccm, den niedrigsten zu 275 *)• In roherer Weise, aber sehr bequem und instruktiv, kann man (nach G. von dem Borne) den Staub in der Atmosphäre konstatieren durch eine große, mit Glyzerin bestrichene Porzellan¬ schüssel, die man mehrere Stunden dem Winde aussetzt; durch Abwaschen der Schüssel mit destilliertem und filtriertem Wasser sammelt man den angeklebten Staub und kann nach dem Ver- dampfen des Wassers sein Gewicht bestimmen. (Aus Joh. Walther, Vorschule der Geologie 1905 S. 29.) !) Knoche, Einige Messungen des Staubgehalts der Luft über dem Atlanti¬ schen Ozean. Ann. d. Hydrographie u. Maritimen Meteorologie. Berlin 1909 S. 447-449. 22 3. Hochmoore, Solche Erfahrungen sind für uns insofern wichtig, weil sie darauf hinweisen, daß den Mooren stetig durch die Niederschläge mineralische Staubteile zugeführt werden müssen, wie allen Böden, die von Regen getroffen werden. Diesbezüglich sei auf die be¬ kannte luftreinigende Wirkung von Gewittern aufmerksam gemacht, die auch experimentell von Aitken bestätigt wurde. Er konsta¬ tierte1) an einem Tage auf dem Rigi-Kulm vor einem ganz nahen Gewitter ca. 4000 Staubteilchen in 1 ccm Luft, als das Gewitter herannahte (6 Uhr) fiel ihre Zahl auf 3000, um 7 Uhr 10 Min., als das Gewitter nahezu vorüber war, sank die Zahl auf 725. Sehr bekannt sind die Sandstürme aus den umgebenden Wüstengebieten am Roten Meer. Oft genug aber ist Staubfall auch ohne weiteres sowohl auf Hochmooren als auch auf dem Meere weit entfernt von den Kontinenten nachweisbar. So be¬ gegnete der Passagierdampfer »Prinz' Eitel Friedrich« der Ham- burg-Amerika-Linie Ende Januar 1905 auf seiner Reise von Santos nach Hamburg, unweit der Cap Verdischen Inseln in etwa 400 km Entfernung von der afrikanischen Küste einer von dieser heriiber- wehenden Staubwolke von großer Ausdehnung und Dichtigkeit. Die Luft wurde so dick, daß der die Straße zwischen St. Antonio und St. Vincent ansteuernde Dampfer seinen Kurs ändern und ihn westlich um St. Antonio herum nehmen mußte. Trotz des ver¬ änderten Weges und der wachsenden Entfernung vom Lande kam der Dampfer erst nach 40 Stunden aus der Staubwolke, während welcher Zeit sich das Deck mit einer dichten Staubschicht bedeckt hatte2). Hervorragendere Staubfälle sind aber durchaus nichts Un¬ gewöhnliches; Ch. Darwin hat vielmehr schon gezeigt3), daß all¬ jährlich während 4 Monaten eine große Menge Staub von dem nordwestlichen Afrika durch den Wind sehr weit in den Atlanti¬ schen Ozean hinausgeführt wird. 9 Vgl. die englische Zeitschrift »Nature« 1892 Bd. 45 p. 299. 2) Vgl. auch z. B. E. Herrmann, Die Staubfälle vom 19. — 23. Februar 1903 über den Nordatlantischen Ozean, Großbritannien und Mitteleuropa. Ann. tl. Hydrographie u. Maritimen Meteorologie. Berlin 1903 p. 425 ff. In dieser Zeit¬ schrift auch sonst mehrfach Nachrichten zu dem Gegenstände 3) Besprechung des feinen Staubes, der oft auf Schiffe im Atlantischen Ozean fällt. Quart. Journ. Geol. Soc. London 1846. 3. Hochmoore. 23 Die äolischen Löß- Ablagerungen Norddeutschlands, Canadas und Chinas sind ferner Beispiele, wie gewaltig auf den Kontinenten Staub-Ansammlungen mit der Zeit werden können und gelegentliche größere und dadurch auffällige Staubfälle erläutern uns, daß der Staub überall hinkommt. So der große Staubfall im Jahre 19013). Ein riesiger Sturm hob in der Wüste südlich von Tunis un¬ geheure Massen von Staub empor und führte sie mit einer Ge¬ schwindigkeit von 70 km in der Stunde nach Norden. Hierbei fielen die quarzreicheren, schwereren Mengen zuerst nieder, so daß man die Menge des in Nordafrika gefallenen Staubes auf 150 Mill. Tonnen berechnen konnte. Die feineren Staubteilchen wurden bis nach der Ostsee getragen, und wurden auf ihrem Weg durch sehr verschiedenartige Kräfte zu Boden geführt. Ein Teil fiel als trockner Staub nieder, andere Mengen wurden durch Regen (Blut¬ regen) und eine nicht unbeträchtliche Menge durch Schnee herab¬ befördert. Große Mengen von Salzstaub wurden1) bei einem gewaltigen Sturm am 22. Dezember 1894 tief im Innern Englands beobachtet. Selbst in Birmingham wurden noch Pflanzen, ja selbst Fenster von einer Salzkruste überzogen. Das Salz stammte von den in der Luft zerstäubenden Wellen der Meeresbrandung und war vom Sturm bis in diese Gegenden mitgerissen worden. Prof. Dr. 0. Mügge in Münster teilte ferner der deutschen See warte mit2), daß er am Morgen des 23. Dezember die Fensterscheiben von einer weißlichen Masse überzogen gefunden habe, welche er als einen Salzrückstand der in der Nacht gefallenen Regentropfen er¬ kannt habe, und welche natürlich denselben Ursprung hatte, wie die in England beobachteten Salzkrusten. Der Münster zu- 9 Vgl. H ellmann und Meinardus, Der große Staubfall vom 9. — 12. März 1901. Abt. d. K. meteorol. Instituts Berlin II Nr. 1. — Hapke in den Abhandl. des naturw. Vereins zu Bremen 1912. — J. Waltree, Der große Staubfall von 1901 und das Lößproblein. Naturw. Wochensckr. vom 20. Sept. 1903 Nr. 51 S. 603-605. 2) Nacli einer Mitteilung in Symon’s »Monthly Meteorological Magazine« Januarnummer 1905. 3) Vgl. Ann. d. Hydrogr. u. marit. Meteorol. (Aprilnummer 1S95) in einem Aufsatz von W. Koppen über den »Sturm vom 22, Dezember 1894«, 24 Hochmoore. nächstliegende Teil des Meeres, die Küste der Zuyder-See, ist nicht weniger als 135 km entfernt. Besonders augenfällig sind Staubmassen auf Eis, so weit ent¬ fernt vom Lande, daß man, wie NordenskiÖld für Grönland, an Meteorstaub gedacht hat. Aber auch auf Hochmooren selbst kann man unter Umständen trotz der den Staub so ungemein leicht verdeckenden dunklen Farbe des Torfes Verstaubung mit bloßen Augen beobachten. So schreibt P. Vageler1): »Ein gutes Bei¬ spiel für ein »verstaubtes« Hochmoor bietet Karolinenfeld (im südl. Bayern). Der ganze Torf ist mit Glimmerblättchen durchsetzt.« Eine wichtige Tatsache — worauf u. a. Wilh. Graf zu Leinin- GEN mit Recht aufmerksam macht2) — ist die Filterwirkung rand- licher Waldbestände von Hochmooren für den durch Horizontal¬ winde mitgeführten Staub, wodurch in solchen Fällen eine Anrei¬ cherung am Rande stattfindet. o Wegen des überall in der Luft vorhandenen Staubes ist das atmosphärische Wasser schon deshalb niemals rein H20. Selbst wo nur minimale Staubmengen mitkommen, enthält es doch immer auch Spuren von O, C02, N, Ammoniak und Salzen, sogar mitten auf den Ozeanen. Nach Angaben in der Literatur schwankt der Gehalt im Regen wasser und zwar nach Wässern, die inmitten der Ozeane und vom Laude herstammen, je nach dieser Herkunft zwischen den Zahlen: 0,2— 0,7 O, 0,6 — 1,4 N, 0,0— 0,6 C02 in 100 ccm Wasser. Also auch in Wasser lösliche Verbindungen nimmt das Regen- wasser aus der Luft auf und zwar kann das N-Bediirfnis der Pflanzen dadurch zum Teil befriedigt werden. A. Levy3) hat gezeigt, daß der Gehalt der meteorischen Wässer an Ammoniak¬ stickstoff größer ist als an Nitratstickstoff, wie aus folgenden Durchschnittswerten, zu denen er durch 16jährige Beobachtungen (1876—1891) gelangt ist, hervorgeht. Die mittlere Ammoniak- 9 Vageler, Untersuchungen über den Kaligehalt des Moorbodens. Bernau 1904, S. 5 (des Separatabzuges). 2) Leiningen, Die Wald Vegetation präalpiner bayerischer Moore. Naturw. Zeitschr. f. Land- u. Forstwirtsch., München 1907 S. 18 des Separats. 3) Levy, vergl. Wollny’s Forschungen auf dem Gebiete der Agrikultur- physik 1894 Bd. XVII S. 217 u. 218. Hochmoore. 25 stickstoffmenge beträgt hiernach, pro Liter berechnet 1,88 mg, pro ha berechnet 0,863 kg; die mittlere Nitratstickstoffmenge, pro Liter berechnet 0,71 mg, pro ha berechnet 0,327 kg. Durch nachstehende Zahlen zeigt der genannte Autor, daß die Wässer während der kälteren Jahreszeit an Stickstoff' reicher sind, als während der wärmeren, trotzdem im ersten Falle die Nieder¬ schlagsmenge eine geringere ist als im letzten: Niederschlags- Gebundener Stick- o höhe stoff pro Liter November — April . . . 246,0 mm 2,83 mg Mai— Oktober .... 304,5 » 2,43 » Dies findet seinen Grund darin, daß die Niederschläge wäh¬ rend der kälteren Jahreszeit, welche als Nebel, Schnee, Tau und Reif auftreten, sich durch einen hohen Gehalt, besonders an Ammoniakstickstoff, auszeichnen. AVährend im Mittel ein Gehalt von 1,88 mg Ammoniakstickstoff' und 0,71 mg Nitratstickstoff ge¬ bunden wurde, enthielten Nebelwässer im Mittel an Ammoniak¬ stickstoff pro Liter 24,7 mg, an Nitratstickstoff nur 0,7 mg, und Reifwasser an Ammoniakstickstoff pro Liter 10,6 mg, an Nitrat¬ stickstoff 1,0 mg. Hinsichtlich der absoluten Menge des in den Niederschlägen O zugeführten Stickstoffs ergibt sich während der wärmeren Jahres- zeit ein kleiner Uberschuß im Vergleich zur kälteren. Dies er- O hellt aus folgenden Zahlen: Niederschlagshöhe Stickstoff pro ha November — April . . . 246,0 mm 6,935 kg Mai— Oktober .... 304,5 » 7,348 » Die dem Boden zugeführte Stickstoffmenge steigt demnach mit der Niederschlagshöhe, während der prozentische Stickstoff¬ gehalt zu letzterer in einem umgekehrten Verhältnis steht. Dem- o Ö gemäß ist die Niederschlagsmenge für die Stickstoffmenge vor¬ nehmlich maßgebend, welche dem Boden zugute kommt. Der geringen Nahrungsmenge, die der Hochmoorvegetation aber dennoch im ganzen zur Verfügung steht — da die im Torf sich anreichernde N-Menge (1 — 2 v. H. der Trockensubstanz) in Verbindungen vorhanden ist, die die Pflanzen nicht auszunutzen 26 Hochmoore. vermögen — entsprechen besondere Eigentümlichkeiten im Bau und Leben von Hochmoorpflanzen, die gerade offenbar in erster Linie um des Stickstoffs willen vorhanden sind, den zu gewinnen für diese Organismen sehr nützlich ist. Am merkwürdigsten er- scheint diesbezüglich der Insektenfang durch die Laubblätter, wie das u. a. bei Drosera der Fall ist, die sich durch ihre Carnivorie von der sonst dem Boden entnommenen Nahrung unabhängig ge¬ macht hat. Außer Drosera ist bei uns als Moorpflanze resp. Art, die auf nahrungsarmen Böden wächst, zu nennen Pinguicula vul¬ garis und ferner ist im Wasser auf die Arten von Utricularia hin¬ zuweisen. »Indessen kommt — so sagt A. F. W. Schimper1) — die fleischfressende Flora unserer Moore neben derjenigen der nordamerikanischen gar nicht in Betracht. So sah ich auf den Hochmooren von Massachussets, außer großen Droseren , Sarracenia gurpur ea und die bodenbewohnende Utricularia cornuta einen wesentlichen Teil der Vegetation bilden, und in Florida stattliche Insektenfresser, wie Pinguicula lutea , elatior und gumila , S arracenia variolaris die Moorvegetation geradezu beherrschen. Außerhalb der Moore bewohnen die fleischfressenden Pflanzen vorwiegend sterilen Sand, also ein Substrat, welches, wie der Torfboden, durch große Armut an Nährstoffen ausgezeichnet ist.« Es ist sehr leicht, sich davon zu überzeugen, daß die carni- voren Pflanzen energisch stickstoffhaltige animalische Nahrung auf¬ nehmen. Wenn man ein Stückchen Moorboden (Moos usw.) mit Di 'osera oder der freilich mehr auf zwischenmoorigen Böden lebenden Pinguicula in stagnierendem Wasser kultiviert und die Blätter mit kleinen Stücken von hartgekochtem Hühnereiweiß belegt (zur Kontrolle sind auch daneben auf den Boden ebensolche Stückchen zu tun), sieht man — z. B. bei Pinguicula schon über Nacht — das Eiweiß erweichen und schließlich verschwinden, in¬ dem es vom Blatt aufgenommen wird (während die Stücken aut dem Boden völlig intakt bleiben). Weil ich selbst im Hinblick auf meine Moorstudien das Vor¬ kommen von Sarracenia purpurea näher in Canada beobachtet habe, sei auf diese noch etwas näher eingegangen. Sie ist im östlichen l) Schimper, PÜanzengeographie. Jena 1898 S. 695. o. Hochmoore. 27 Waldgebiet Canadas häufig und kommt an wenig nahrungsreichen, nassen Stellen zwischen Sphagnum vor, so insbesondere in Sphag- mm-Polstern am Rande nahrungsschwacher Seen. Die krugför¬ migen Blätter der Sarracenia , der »pitcher plant«, Kannenpflanze, enthalten in ihrer Höhlung eine Flüssigkeit, in jedem Kruge etwa soviel wie in einem kleinen Weinglase. In dieser Flüssigkeit findet man oft zahlreiche Insekten ertrunken, da die Krüge wie treffliche Fallen eingerichtet sind. Da nun aber bei dieser Pflanze ver¬ dauende Enzyme nicht vorhanden sind, wird man besonders ge¬ neigt sein, für die Pflanze einen gewissen Vorteil darin zu finden, daß sie durch den Zerfall der alten Krüge, in welchen sich die Insektenreste befinden, vermöge der Wurzeln die von den Tier¬ resten gebotene Stickstoffnahrung zu benutzen imstande sind, wo¬ bei dann das Fangen der Tiere zur Erzeugung von Dung in Be- ziehung stehen würde. Freilich wird außerdem von der sich zer¬ setzenden Substanz der gestorbenen Tiere, soweit sie dabei ver¬ flüssigt wurde, auch durch die Kannenwandung aufgenommen. Wird die Mooroberfläche, um sie in Kultur zu nehmen, abge¬ brannt, so sieht man auf dem zurückgelassenen schwarzverkohlten Boden überall die zum Teil noch grünen oder roten, vom Brande stark angegriffenen Rosetten der pitcher plant. Das habe ich sehr auffällig bei Ottawa auf dem Mer bleue genannten Hochmoor be¬ obachtet. Erst dann nimmt man wahr, wie häufig die Pflanze ist, die im lebenden Moore oft fast ganz im Sphagnumrasen versteckt lebt, so daß die Röhren oft wahre Fallgruben in der von Sphagnum gebildeten Bodenoberfläche darstellen. Daß die Pflanze nach dem Moorbrennen so auffällig stehen bleibt, während alles andere ver¬ brennt oder sich schwärzt, wird in dem großen Flüssigkeitsgehalt der krugförmigen Blätter begründet sein. Die Flüssigkeit in den Kannenblättern wird von Leuten, die ein Moor durchkreuzen, ge¬ legentlich getrunken, daher wohl auch der Name Soldier’s Drinking Cup, den man gelegentlich hört. Dann ist noch als Eigentümlichkeit nahrungsarmer Böden, also auch von Hochmoorböden, zu erwähnen, daß die sie bewoh¬ nenden Pflanzen gern »Wurzelknöllchen« besitzen. Das ist der Fall bei Lycopodium inundatum , nach Tubeuf (11)03) bei allen 28 Hochmoore. o O • Ericaceen, Myi'icale Gale , auch bei Ainus glutinosa usw. Die in Rede stehenden Knöllchen enthalten Bakterien, »Knöllchenbakterien«, die Stickstoff aufzunehmen vermögen. Durch ihre Vermittlung wird eine zweckdienlichere Ernährung der Moorpflanzen zur Gewinnung von Stickstoff* aus der Luft ermöglicht, indem diese »Stickstoff¬ bakterien« den gasförmigen Stickstoff der Atmosphäre zu binden und für die höheren Pflanzen nutzbar zu machen wissen. Das Zusammenleben, die Symbiose, der Bakterie und der höheren Pflanze ist wohl — - sagt u. a. Hugo Fischer1) — »ursprünglich phy¬ logenetisch, als eine Art Krankheit (analog den vielen Gallenbil- d ungen) aufzufassen, aus welcher dann allmählich eine wichtige Quelle der Ernährung geworden ist. Mit Stickstoff gut ernährte Pflanzen sind immun gegen die Infektion, die nur in stickstofl- annem Boden zustande kommt.« Auch J. Peklo2) vergleicht die Knöllchen mit Gallenbildungen. Freilich wird von A. Möller (Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1906) die angegebene Funktion der Wurzelknöllchen bezweifelt: er hat experimentell verschiedene Bäume mit Knöllchen kultiviert und gefunden, daß sie bei N- Mangel im Boden eingingen. Charlotte Pernetz hat aber neuer¬ dings wahrscheinlich gemacht3), daß die Ericaceen einer wenn auch geringen Assimilation von freiem Stickstoff vermöge ihrer Wurzel¬ pilze fähig sind. Da insektivore Pflanzen und Parasiten niemals Mykorhizen- bildung zeigen, so würde nach Stahl der Nährsalzerwerb nicht autotropher grüner Pflanzen auf dreierlei Weise zustande kommen: entweder durch Vergesellschaftung mit Pilzen oder durch Insekten¬ verdauung oder drittens durch Schmarotzertum. Besonderer Bau der Vegetation. Wie alle ausdauernden Pflanzenarten, die einem sich anhöhen¬ den Boden angepaßt sind, wie z. B. typische Dünenpflanzen, so zeigen auch die typischen Arten der Hochmoore Etagenbau, 9 Naturwiss. Wochenschr. 1907. 2) Die pflanzlichen Aktinomykosen. Zentralbl, f. Bakteriologie 1910. 3) Peijnetz, Über die Assimilation des atmosphärischen Stickstoffs durch Pilze. Jahrb. f. wiss. Bot. 1907 S. 353 — 40S. 3. Hochmoore. 29 jedenfalls die Fähigkeit, wenn Sphagnum mit seinem ausgiebigen Spitzenwachstum emporwächst, ebenfalls in der Sphagnum-Decke mitzuwachsen oder durch Erzeugung hochgelegener Seitensprosse mehr oder minder Schritt zu halten wie Andromeda polifolia. Etagenbau ist besonders ausgeprägt bei Scirpus caespitosus , Erio- phorum vaginatum , Drosera, Bd. II, Fig. 21 u. 22, Sarracenia pur- purea usw. Ausführlicheres wurde bereits II. S.149 — 153 mitgeteilt. Indes neben Pflanzentypen, die wie die vorausgenannten den Verhältnissen, wie sie Hochmoore bieten, mehr oder minder voll¬ kommen angepaßt sind, gibt es andere, die diesbezügliche Anpas¬ sungen nicht aufweisen; insbesondere fehlt den Bäumen, die auch auf die Hochmoore übergehen, die Fähigkeit, Etagen zu bilden und, wie dies bei Flachmoorbäumen — namentlich der Tropen und u. a. auch bei Taxodium distichum — auffällig ist, sich den für das Wurzelleben notwendigen Sauerstoff* durch besondere Ein¬ richtungen zu verschaffen. Diesbezüglich verdient bei uns Firnes silvestris eine besondere Erwähnung, die zwar mit sehr wenig anorganisch mineralischer Nahrung vorlieb nimmt und daher auch auf Hochmoorböden wenn auch weniger kräftig gedeiht, aber durch den Mangel der erwähnten Fähigkeit in gut aufwachsenden Hoch¬ mooren sehr klein bleibt und im Alter verkrüppelt: Krüppel- kiefer, auch Betula puhescens und seltener Picea excelsa tritt bei uns als Krüppelbirke resp. Krüppelfichte auf. Selbst Pinus montana kommt auf Hochmoor in Krüppelformen (als »Kussein«) vor, wie unsere Fig. 4 veranschaulicht, obwohl gerade diese Ein- bultung weitergehend verträgt. Unsere Kiefer ist aber, wie es scheint, auf dem Wege, sich dem Hochmoorleben anzupassen durch Bildung einer besonderen Form: einer Moorkiefer. Ich habe Herrn Dr. Graebner um Auskunft über diese Form gebeten, die ich im Folgenden wieder¬ gebe1). Dieser Florist sagt: »Die Moorkiefer, Pinus silvestris var. turfosa (W oerlein, Bayer. Bot. Ges. III [1893] 181), besitzt meist wie die Fichte einen aufrechten Mitteltrieb, von dem die Seiten¬ äste wagerecht oder fast wagerecht abstehen, so daß die unteren 9 Ich habe dieselbe auch in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift 1899 Bd. XTY No. 46 S. 545 zum Abdruck gebracht. Hochmoore 30 3. Hochmoore. 3. Hochmoore. 31 dem Boden fast aufliegen. Die ganze Pflanze macht den Ein¬ druck eines stumpfen Kegels oder rundlichen Busches. Die meisten Exemplare sind nicht viel über mannshoch, selten erreichen sie 2 bis 4 m Höhe. Die einzelnen Zweige oder Triebe, deren jähr¬ licher Zuwachs selten mehr als 9 bis 10 cm beträgt, zeigen einen sehr kräftigen und gedrungenen Wuchs und sind ungemein dicht mit starken und starren blaugrünen ca. 4 bis 4,5 cm langen Na¬ deln besetzt, die sich nach der Spitze zu nicht verjüngen, sondern sich häufig verbreitern und dann plötzlich in eine scharfe Spitze ausgezogen erscheinen. Die Zapfen sind kaum halb so groß als die der gewöhnlicher Kiefer (2,5 cm lang und ca. 1,5 cm breit), ziemlich schlank und spitz-kegelförmig. Die Apophysen der unteren Schuppen sind oft hakenförmig nach dem Grunde des Zapfens zurückgekrümmt (f. hamata Steven Bull. Soc. Bot. Mose. XI [1838] 52). Die weiblichen Blütenstände stehen nicht selten im rechten bis stumpfen Winkel von den Ästen ab, sind aber wie bei der normalen Form gestielt. — Ich habe hier diese ausführliche Beschreibung gegeben, weil die Form gerade bei geologischen Untersuchungen der Moore eine Rolle spielt und leicht mit der Bergkiefer (Pinus montana) verwechselt werden kann. P. montana ist gewöhnlich schon an den breiten stumpfen ungestielten Zapfen erkennbar. — Nun scheint mir indes jetzt ganz zweifellos, was ich früher (Schriften Naturf. Ges. Danzig IX [1895] 334) bereits hy¬ pothetisch aussprach, daß die auf Heide-Mooren1) wachsenden nie¬ drigen Kieferformen zwei ganz verschiedene Dinge darstellen. Daß die einen nämlich die oben beschriebene Form bilden, die ent¬ schieden einen ziemlich hohen systematischen Wert besitzt und durchaus beständig zu sein scheint, die übrigen dagegen nichts sind, als durch ungünstige Standortsbedingungen verkrüppelte Exemplare der typischen Form der gemeinen Kiefer. Diese zeich¬ nen sich durch kurze, bereits im zweiten Jahre abfallende Nadeln, schwachen Wuchs, fehlende oder doch keine entwickelte Samen tragende Zapfen und sehr häufig durch eine gelbe Farbe des Laubes aus, die ihnen in der Lausitz den Namen der »Pome¬ ranzen -Bäu me« eino;etrao;en hat. Während also die Form O ö 9 Wo G. hier »Heidemoor« sagt, ist Hochmoor gemeint. P. 32 3. Hochmoore. turfosa auf den Heidemooren ihren normalen Standort hat und dementsprechend kräftig und normal gedeiht, zeigt die zweite alle Anzeichen der Verkümmerung und Erkrankung. — Eine Erschei¬ nung, wie wir sie bei Heidepflanzen oft finden (vergl. Engl. Bot. Jahrb. XX [1895] 636), nämlich daß dieselbe Art ebenso an ganz trockenen, als an ganz nassen Orten gedeiht, bemerken wir auch Figur 5. Ein Kiefernstubben im Sandboden, aufgegraben, um die wesentlich senkrecht herabgehenden Wurzeln zu zeigen. Ikeuhorster Forst im Memel-Delta. an den Moorkiefern, wir finden die Form in gleicher Ausbildung auf den Dünen der Ostsee, im Flugsande und an den heidigen Stellen. Die Pflanzen unterscheiden sich in nichts von der Form der nassen Moore.« Das Wurzelwerk der auf lebendem Hochmoor wachsenden Pinus silvestris weicht in seiner Ausbildung beträchtlich von dem¬ jenigen in Böden ab, die nicht dauernd naß sind. Die Kiefer ist Hochmoore. 33 3. in trockeneren und trocknen Böden, d. h. normal, ein Tiefwurzler, Fig. 5. Auf Hochmoor lebende Individuen haben jedoch ein durchaus horizontales Wurzelwerk und die einzelnen Wurzeln können trotz des Kleinbleibens der Bäume ganz überraschend lang werden: hier sind die Bäume Flachwurzler (Fig. 6). Wegen dieser Ausgestaltung und bei der Festigkeit des Holzes, die sich durch Figur 6. Krüppelkiefer von einem Seeklima-Hochmoor, um die horizontal strei¬ chenden, sehr langen, (an dem photographischen Objekt zur Platzerspar¬ nis spiralig um den Fuß des Stammes gelegten) Wurzeln zu veran¬ schaulichen. das sehr langsame Wachstum ergibt, finden gelegentlich (z. B. in Pommern) die Wurzelstöcke von Pinus silvestris aus dem Torf zum Fundamentieren von Moorhäusern Verwendung. Die Wurzeln der Moor-Kiefern sind außerdem meist Brettwurzeln: sie erscheinen wie seitwärts zusammengedrückt, Fig. 7. In diesem besonderen Neue Folge. Heft 55. III. 3 34 3. Hochmoore. Bau, der als normale Erscheinung auch von tropischen Bäumen des Regenwaldes her bekannt ist, mag sich das Bestreben der Wurzel kund tun, mit der Bodenanhöhung ebenfalls emporzu¬ kommen, um in die Nähe des Sauerstoffs zu gelangen. Da sich Figur 7. Kiefernstubben aus dem Hochmoortorf nördlich von Triangel (Lüne¬ burger Heide), namentlich aus den »Grenztorf-Horizonten«. die Wurzeln nicht nach Maßgabe des Emporwachsens der Sphagnum- Decke in eine immer wieder günstigere höhere Lage zu bringen vermag, wächst sie wenigstens oberseits, so weit es ihr möglich ist, mit, inden^ wesentlich nur dort, in der Nähe des at- 3. Hochmoore. 35 mosphärischen Sauerstoffs eine Dickenzunahme erfolgt, d. h. die Wurzeln sind exzentrisch gebaut und zwar epinastisch (wie die Brettwurzeln der Bäume des tropischen Regenwaldes). Es zeigt sich in dieser Ausbildung deutlich das Bestreben der Wurzel, in die Sauerstoff-Nähe zu gelangen oder — wenn man diesen Aus¬ druck vermeiden will — die Sauerstoff-Nähe und infolgedessen das größere verfügbare Sauerstoffquantum befördert das Wachstum. Würde das an den Kiefernwurzeln so weit gehen, daß die Ober¬ seite oder doch wenigstens einzelne Partien derselben an die Oberfläche über die Sphagnum-Y)ecke hinaus zu gelangen ver¬ möchten, so würden die Wurzeln durch solche hervorragenden Teile atmen können. Die Fähigkeit, Brettwurzeln bilden zu können, deutet jedenfalls darauf hin, wie man sich die Entstehung von Atemwurzeln wie bei Taxodium distichum wird vorzustellen haben. Die ungemeine Länge der Horizontal -Wurzeln ist offenbar mit bedingt durch die geringe Nahrung, die der Kiefer auf jung¬ fräulichem Hochmoor-Boden zur Verfügung steht, wodurch sie ver- anlaßt werden, die Nahrung in einem großen Umkreise zu suchen. Allein die Anstrengung, die Pinus silvestris durch die beson¬ dere Ausbildung ihres Wurzel Werkes macht, um den für sie un¬ günstigen Boden-Bedingungen gerecht zu werden, genügen doch in dem Kampfe mit dem aufwachsenden Sphagnum - Rasen nicht. Denn im Schutze der Kiefern und auch von Sträuchern (beson¬ ders Ericaceen) wachsen gewisse Sphagna an den Stämmen in die Höhe und bringen durch diese »Einbultung« die Kiefern und Bäume überhaupt zum Absterben, die ebenso wenig wie die meisten anderen Bäume des trockenen Landes den Abschluß der unteren Stammteile von der Luft vertragen können beziehungsweise die O O ständige Feuchtigkeit oder Nässe an diesen Teilen, die eine De- generierung der Rinde zur Folge hat. Die Gärtner wissen das sehr gut und lassen zwischen Baumstammbasis und Umgebung einen freien Raum, wo ein bemerkenswerter Baum erhalten bleiben, dabei aber die Umgebung, z. B. eine Straße, erhöht werden muß1). b Vergl. z. B. C. Bouche, Über Tiefpflanzen von Bäumen. (Monatsschrift (1. Ver. zur Beförd. d. Gartenbaues. Berlin 1880 S. 2 12 ff.) 3* 36 3. Hochmoore. Ist jedoch trotz Eindeckung der Stammbasis die Luftzirkulation nicht wesentlich gestört, so wachsen z. B. Kiefern weiter wie Exemplare davon auf der Kurischen Nehrung, die von lockerem Dünensand bis mehrere Meter hinauf eingedeckt worden sind, nicht in gleichem Maße und nicht so schnell darunter leiden, wenn sie auch gegenüber nicht verschütteten leicht krank aus- sehen durch dichten Flechtenbehang, der immer ein Zeichen des Niederganges ist, und durch kurze Jahrestriebe, wie ich das u. a. gut bei Schwarzort auf der Kurischen Nehrung beobachten konnte1}. Es gibt aber auch Bäume, die noch eine nachträgliche Eindeckuug der Stammbasis mehr oder minder vertragen und in entsprechen¬ der Höhe neue Wurzeln zu bilden vermögen, wie u. a. die oft auf Zwischenmooren der Nordhälfte von Nordamerika vorkom¬ mende Thuja occide?italis. Xerophiler Bau der Vegetation. Im ersten Augenblick überraschend erscheint insbesondere die Xerophilie vieler Hochmoor- und Zwischenmoorpflanzen, d. h. der für Trockenheit angepaßte Bau, bezw. das Vorhandensein von Vorrichtungen an diesen Pflanzen, die sie befähigen, die Ver¬ dunstung wesentlich zu vermindern. Unsere Hochmoorpflanzen kann man danach scheiden in obligatorische (ständige) und fakultative (zeitweilige) Xerophyten, denn die in Betracht kommenden Arten verdunsten entweder stets nur wenig Wasser wie echte Steppenpflanzen, während andere unter für sie günstigen Umständen relativ viel Wasser verdunsten, aber durch besondere Einrichtungen, die sie aufweisen, imstande sind, unter ungünstigen Verhältnissen die Verdunstung wesentlich herabzudrücken. Xero¬ philie spricht sich in dem derben Bau der Blätter aus (Ericaceen usw.), in ihrer Kleinblättrigkeit, starken Behaarung, in ihrem ge¬ drungenen und gern rasenförmigen Wachstum usw. Übersichtlich kommen die folgenden Eigentümlichkeit in Erwägung: Base nförmiges, dichtes Aufwachsen zum gegenseitigen ') Vergl. hierzu R. Hilbert, Eine naturw. Wanderung üb. die kurische Nehrung. (Naturw. Wochenschrift vom 10. September 1905 Fig. 15 aut S. 5S4.) 3. Hochmoore. 37 Schutz der Organe. Freilich gehen die Rasen beim Etagenbilden auf Hochmooren auseinander, aber dann stehen doch die einzelnen Stengel in engstem Verbände mit Sphagnum und bilden so einen gemeinsamen Rasen, o Pflanzen niedrig, niederliegend, oder wie Vaccinium Orycoccos kriechend, vollständig dem Boden au fliegend, zum Schutz gegen Austrocknung etwa durch den Wind. Verkleinerung der Körperoberfläche, z. B. durch Bil¬ dung weniger zylindrischer Blätter wie bei Carex dioica und chor- dorrhiza , oder gänzliche Unterdrückung von Laubblättern wie bei Scirpus caespitosus mit bloßen schuppenförmigen Blättern und zylin¬ drischen grünen Halmen. Bei Eriophonwi vaginatum , die bis ins Arkticum geht, haben wir fadenförmige, auf dem Querschnitt elliptische Blätter wie bei allen diesen Arten mit starker Cuticula ebenso wie bei den Stengeln, die die Assimilation mit besorgen. Hand in Hand damit geht bei solchen Arten die schwache Ausbildung d es D ur chlüftungssystems. Gerneck (Göttinger Dissertation von 1899), der Pflanzen in Nähr¬ lösungen zog, konstatierte bei Weizen in kochsalzhaltiger Lösung, die natürlich die osmotische Wasseraufnahme durch das Wurzel¬ werk erschwert, in den Blättern eine Vermehrung der Pallisaden- zellen, stärkere Verdickung der Epidermis und Abnahme der Inter¬ zellularen. Damit bestätigte er Angaben und Versuche von Schimper und Lesage. Immergrüne Pflanzen, d. h. Laubblätter mehrere Jahre an der Pflanze verbleibend. Es kann dadurch jeder Augenblick, der vermöge der Außenbedingungen die Assimilation gestattet, ausge¬ nutzt werden (Ericaceen). Dabei sind die Blätter »lederig« mit dicker Cuticula versehen, die trefflich geeignet ist, vor Austrocknung zu schützen. Bei der relativen Menge von Hochmoor-Pflanzen mit solchen oder doch mehr oder minder harten Blättern ist eine Aufzählung zu entbehren, jedoch sei besonders darauf hingewiesen, daß auch Arten, die sonst weichere Blätter besitzen, sofern sie regelmäßige Gäste auf Hoch¬ mooren sind, ebenfalls die Neigung haben, mehr oder minder lede- rige Blätter zu bilden. Ein treffliches Beispiel hierfür ist die Be - 38 3. Hochmoore. tula carpathica , jene strauchig bleibende Form mit lederigen Blättern von Betula pubescens. Betula nana hat ganz lederige Blätter und die typische Betula pubescens hat behaarte Blätter und Zweige mindestens in der Jugend, wenn die Organe am meisten des Schutzes bedürfen. Gelegentlich sind die Blätter anliegend wie bei Calluna vulgaris. Die Verschleimung der epidermalen Innenwände, die gelegentlich vorkomrrit, so bei Empetrum , ist ein Mittel zur Herab¬ setzung der Verdunstung oder wirkt — nach anderer Auffassung — als Wasserbehälter. Eingesenkte und durch Vorwölbungen geschützte Spaltöffnungen. »Bei Car ex limosa sind mit Ausnahme der Schließzellen und deren schmale Nebenzellen sämtliche Epidermis- zellen des Blattes mit Ausstülpungen versehen. Auf der un¬ teren Blattfläche, wo allein sich Spaltöffnungen vorfinden, sind die¬ selben bedeutend länger« und zwar »wendet sich immer die (Aus¬ stülpung), welche von einer unmittelbar oberwärts einer Spaltöff¬ nung gelegenen Epidermiszelle entspringt, so weit rückwärts, bis sie sich mit der ihr entgegenstrebenden Ausstülpung der Epidermis¬ zelle unterhalb derselben Spaltöffnung berührt« (G. Volkens1)). Die Behaarung der Blätter, z. B. der Blattunterseite von Leclum und stäbchenartige Fortsätze, die den Spalt bedecken, der die Blatthöhlung von Empetrum mit der Außenwelt verbindet, ebenso der weiße Wachs Überzug der Blattunterseite von Vacci- nium oxgcoccos und Andromeda polifolia und auf den Blättern von Vaccinium uliginosum sind nicht nur Mittel gegen Nässe, die die Atemöffnungen verstopfen kann, sondern setzen auch die Ver¬ dunstung herab. Gerneck (1. c. 1899) hat auch experimentell in der S. 37 angegebenen WTeise, d. h. beim Kultivieren von Weizen in kochsalzhaltiger Lösung eine überreiche Wachsausscheidung an Blättern, Halmen und im Blütenstande beobachtet. Hierher gehört auch die starke wollige Behaarung von Salix Lapponum , vielleicht auch die schildförmigen Haare von Andromeda calyculata. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, daß Viola epipsila der Zwischen- c - 9 Volkens, Beziehungen zwischen Standort und anatomischem Bau der Vegetationsorgane. Jahrb. d. K. bot. Gart, zu Berlin 1884, 3. Hochmoore. 39 moore behaart, die sehr nahe verwandte V. palustris hingegen kahl ist. Die Fähigkeit, die beiden Blatthälften längs ihrer Mittellinien nach aufwärts zusammenzulegen, findet sich bei Carex- Arten. »Wenn die Blatthälften sich einander nähern, entsteht eine Art »windstiller« Raum«, welcher durch die hervor¬ stehenden Papillen und Längsrippen der Blattoberseite noch wirk¬ samer zur Verminderung der Transpirationsintensität beitragen muß. Am deutlichsten wird dies bei Arten wie Carex aquatilis und C. vulgaris var. juncella , welche ausschließlich oder ganz vorwie¬ gend Spaltöffnungen nur an der Blattoberseite tragen« (Kihlman1). Blätter eingerollt oder zur Einrollung befähigt, wie bei Polytrichum strictum zum Schutz der assimilierenden und dünn¬ wandigen Zellen der Blattmitte und Verkleinerung der dem Außen- medium dargebotenen Oberfläche2), bei höheren Pflanzen auch Ein¬ rollung zum Schutz der Spaltöffnungen der Unterseite behufs Herab¬ minderung der Transpiration durch Bildung eines windstillen Raumes. Die Ericaceen- Blätter gehören hierher, so von Erica , Calluna , auch von Empetrum. Bei Ledum palustre und Andromeda polifolia ist die Einrollung oder Fähigkeit dazu bei der Größe der Blätter be- sonders augenfällig. Es ist hervorzuheben, daß die beiden eben genannten Arten auch hinsichtlich der Blattform sich direkt den Verhältnissen ihres Standortes anpassen, »je mehr dem Winde und der Trockenheit ausgesetzt, desto kleiner sind die Blätter und desto mehr zurückgerollt ihre Ränder« Warming)3). (Fig. 8.) In der Tat kann man in geschützten Lagen oder nach dem Schnitt von Ledum zum Gebrauch als »Mottenkraut« beobachten, daß diejenigen Sprosse, die im Sommer nach wachsen, auffallend große, ungerollte und breite Blätter besitzen, bei Ledum zuweilen von fast breitelliptischer Gestalt. Andromeda polifolia besitzt auf 9 Kihlmann, Pflanzenbiologische Schilderungen aus Russisch -Lappland. 1890, p. 112. 3) Eine ausführliche Darstellung der Polytrichaceen mit Berücksichtigung der biologischen Eigentümlichkeiten hat W. Losch (Abh. d. bayr. Akad. d. Wiss. 1908) geliefert. 3) Warming, Lehrb. d, ökol. Pilanzeogeogr, 2. Aufl. Berlin 1902 S. 204. 40 8. Hochmoore. typischen Hochmoorflächen stets schmale Blätter; im Zwischenmoor oder am geschützteren Hochmoorrand findet man aber oft sehr breitblättrige Exemplare mit ziemlich breit-elliptischen Blättern, während diese sonst lanzettlich sind. Solche breitblättrigen Indi- viduen dürfen freilich nicht mit solchen verwechselt werden , die von dem Pilz Exobasidium befallen sind, ein Parasit, der auch Figur 8. Ledum palustre in natürlicher Qröße mit kleinen Blättern. Vom Hochmoor zwischen SchweDtlund und Cranz in Ostpreußen. andere Ericaceen ( Vaccinium , Rhododendron ) befällt. Auch in diesem Falle verbreitern sich die Blätter auffällig, Fig. 9. Mit Rücksicht auf die von mir begründete Regel1), daß pathologische Erschei¬ nungen gern atavistische Momente bedingen, wird man aus der *) Vergl. meine »Grundlinien der botanischen Morphologie im Lichte der Paläontologie«. 2. Aufl. Jena 1912 S. 10. 3. Hochmoore. 41 angegebenen Tatsache die ursprüngliche ßreitblättrigkeit der An¬ dromeda polifolia -Vorfahren erschließen und umgekehrt die Mei¬ nung verstärkt sehen, daß die Schmalblättrigkeit der Spezies an ihren üblichen jetzigen Standorten durch die Eigenheit dieser Figur (J. Andromeda polifolia, befallen von Exobasidium Andromedae und daher sehr breitblättrig. Natürliche Größe. 42 o o» Hochmoore. bedingt ist. Dasselbe kann man bei Vaccinium uliginoeum beob¬ achten u. a. Von dem Vorgang des Einrollens kann man sich eine gute Vorstellung machen durch Beobachtung von Himalaya-Rhododen- dren, die bei uns ungedeckt im Freien stehen. Harschberger hat diesbezüglich Rhododendron maximuni studiert1). Diese Spezies ist ein 2 — '21/2 m hoher Zierstrauch, heimisch von Canada bis Karoliua. Die Blätter reagieren schnell und deutlich auf Wärme¬ wechsel. Bei höherer Temperatur (z. B. 15 — 20°,C.) stehen die Blätter vom Stengel ab und sind flach ausgebreitet; bei kalter Witterung (0° und darunter) senken sie sich und rollen sich so ein, daß die Oberseite jedes Blattes die konvexe Außenseite ein¬ nimmt. Dadurch werden die auf der Unterseite liegenden Spalt¬ öffnungen geschützt. Das Senken der Blätter verhindert auch, daß dieselben durch Schnee und Eis belastet werden. Das Senken und Ein rollen der Blätter erfolgt innerhalb 5 Minuten, wenn man einen Topf mit der Pflanze aus dem Zimmer ins Freie setzt. Der umgekehrte Prozeß dagegen, das Heben und Ausbreiten der Blätter, erfordert 10 Minuten. Garten-Besitzern ist diese Erscheinung an Rhododendren bekannt; an meinen Rhododendren verschiedener Herkunft, in meinem Garten zu Berlin -Lichterfelde, ist sie stets sehr auffällig. In der Erwägung, daß die Stammarten unserer Gartenformen in ihrer Heimat Frost auszuhalten haben, habe ich meine ins Freie ausgepflanzten Rhododendren von vornherein nicht decken lassen, und sie sind seit 17 Jahren in strotzender Gesundheit durch die Winter gelangt, indem sie sich stets beim Eintritt von Frost resp. größerer Kälte durch Einrollung der Blätter vor zu starker Verdunstung geschützt haben. Das soge¬ genannte Erfrieren der Rhododendren dürfte im wesentlichen auf übermäßiger Austrocknung bei Witterungsumständen (Kälte in Ver¬ bindung mit Wind) zurückzuführen sein. Bekanntlich sterben auch Nadelhölzer bei uns im Winter durch Austrocknung unter den gleichen Bedingungen ; auch hier pflegt der Laie anzunehmen, daß solche Exemplare »erfroren« seien. J) Harschberger, Thermotropic movement of tke leaves of Rhododendron maximnm L. in Natural Sciences of Philadelphia 1899 S. 219 — 224. 3. Hochmoore. 43 Wie oben au gedeutet, ist die Neigung von Pflanzen, kleinere Blätter zu bilden, wenn sie auf* Hochmooren wachsen, noch bei anderen Arten auffällig, insbesondere kommt dabei die Ausbildung schmalblättriger Formen in Betracht nicht nur auf den Hochmooren, sondern auch auf Zwischenmooren. In dieser Beziehung sind die folgenden Arten hervorzuheben, die alle in den genannten Moortypen des Moorgeländes südöstlich Nemonien bis zum großen Moosbruch Vorkommen, nämlich außer den schon genannten Ericaceen noch Arundo phragmites , Irin pseuclacorus , Orchis maculata und zwar die Form helodes , Fig. 10, Cardamine pratensis angustifoliola , Salix repens und zwar die Form angustifolia ( rosmarinifolia ), Cicuta virosa und zwar die Form angustifolia ( tenuifolia ), Fig. 11, Andromeda culyculata , Fig. 12, Me- lampgum pratense und zwar die Form paludosum. Auf Flachmooren ist, scheint es, weit untergeordneter Ähnliches zu beobachten, so ist Alectorolophus mojor in der Form angustifolius viel auf Flach- moorgeländen zu beobachten, die zu Wiesen umgearbeitet wurden, wie Flach moorwiesen stets die Form angustifoliola von Cardamine pratensis tragen. Uber die genannten Arten noch im Folgenden Näheres. Arundo phr. pflegt, wo es an Rüden auf Hochmoor vorkommt, etwas schmalblättriger zu sein als sonst üblich. Auch in der Hö- lienmoor- Region von Sebastiansberg im böhmischen Erzgebirge, wo die Pflanze nicht vorkommt, war sie, durch Herrn H. Schreiber in Kultur genommen, wie ich sah, genau so schmalblättrig gewor¬ den, wie in dem genannten Zwischenmoor-Gebiet. — Iris ps. geht im nemoniener Revier von Erlensumpfmoor immer seltener werdend bis in das Mischwald-Zwischenmoor und wird dabei immer schmal¬ blättriger, so daß die Pflanze — wenn sie nicht blüht — ganz den Eindruck einer anderen Spezies macht. — Orchis helocles , eine Charakterpflanze für dasselbe Zwischenmoor, ist eine schmalblättrige Form von 0. maculatus. Orchis helodes wird von Grisebach auf Bülten der Hochmoore an der Ems angegeben, woher diese Form von ihm überhaupt erst beschrieben wurde. Hier ging1) ja auch l) »Ging«, weil die dortigen Hochmoore jetzt allermeist tote sind und im obigen natürlich nur von den jungfräulichen Hochmooren die Rede ist. 44 3. Hochmoore. Figur 10. Orchis maculata, rechts untere Stengelhälfte von O. m. helodes. — der natürlichen Größe. w Figur 11. Clcuta virosa aus Ostpreußen. Links die gewöhnliche Form mit breiten Blättchen, (C. v. latifoliolata ), rechts See¬ klima-Hochmoor- Vorzonen- und Büllen-Form C. v. angustifolia mit sehr schmalen Blättchen. 1 1 v — der natürlichen Größe, Andromeda calyculata. In Links aus der Zwischenmoor- Zone südöstlich von Nemonien (Memeldelta), rechts vom Rande aber auf der Hochmoorfläche selbst mit etwas schmaleren, aber besonders kleineren Blättern. 3. Hochmoore. Figur 12. 46 3. Hochmoore. Myrica gale auf die Hochmoore und zwar ebenfalls nur auf ihre Bulte, und es scheint, daß auch hier die Blätter dann kleiner waren. Es sei auch daran erinnert, daß Orchis palustris , die auf Flachmoor- Wiesen vorkommt, im Vergleich zu ihren nächst ver¬ wandten Arten, z. B. zu 0. masculus , die an trockenen Orten zu finden ist, recht schmale Blätter besitzt. — Cardamine pratensis an - gustifoliola kommt sowohl auf den rülligen Vernässungsgebieten der Hochmoore Ostpreußens vor, die mit sehr breiten Blättchen ver¬ sehene C. p. paludosa hingegen in den Sumpfflachmooren, während wiederum die Flachmoor-Wiesen — wie gesagt — die Form an - gustifoliola tragen. — Wo Salix repens auf Hochmooren vorkommt, das ist ebenfalls nur gelegentlich auf rülligem Terrain der Fall, auf Vernässungs-Gebieten, wo eine gewisse Nahrungsanreicherung statthat, da ist die schmalblättrige (f. angustifolia ) oft häufiger als die breiter blättrige Form. — Cicuta virosa , die auf dem Gr. Moos¬ bruch in der Rülle nördl. Elchtal nur in der Form angustifolia (C. tenuifolia) vorkommt, ist am Rande des Hochmoor-Anteiles des Gr. Moosbruches vielfach vorhanden, so in der Röhricht-Hochmoorzone; C. angustifolia ist in ihrer Tracht so auffallend, daß man im ersten Augenblick eine ganz andere Pflanze als C. virosa vor sich zu haben meint. C. angustifolia ist wie die anderen hier genannten schmalblättigen Arten resp. Varietäten — mindestens im östlichen Europa — wohl ganz allgemein eine Pflanze der Moorgelände, speziell der Hochmoorvorzonen und Rüllen. Eduard Lehmann (Flora von Polnisch-Livland 1895 S. 72 und 380) gibt sie aus¬ drücklich ebenfalls auf »Torfmooren« an. Bemerkenswert ist auch die Angabe schon Sendtner’s (Vegetat. Verhältn. Süd-Bayerns 1854 S. 628 und 779), daß Cicuta virosa tenuifolia eine Pflanze der »Hochmoore« sei. — Melampyrum pratense hat von den Floristen in der schmalblättrigen Form mehrere Namen erhalten, von denen ich hier (wie schon in der 5. Auflage meiner Flora von Nord- und Mitteldeutschland) denjenigen wähle, der für uns am cha¬ rakteristischsten ist, nämlich M. p. paludosum Gaudin. Diese Form ist charakteristisch für fast alle Zwischenmoore, die ich in Centraleuropa gesehen habe, für Seeklima- Hochmoor-Vorzonen und Höhen -Hochmoore. Während die häufigere breitblättrige 3. Hochmoore. 47 Form eiförmige bis lanzettliche Blätter besitzt, trägt die Form paludosum langlineallanzettliche Blätter. — Andromeda calyculata ist freilich nur an einer Stelle auf bultigem Hochmoor in dem Hoch- moorkomplex südlich Nemonien viel vorhanden, aber dann klein¬ blättrig, während sie in der Kiefern* Zwischenmoorzone häufig ist. Man gewinnt zwar besonders in manchen dieser Fälle den Ein¬ druck, daß die spärliche Nahrung die Ursache der Klein- bezw. Schmalblättrigkeit sei, aber, sei dem wie ihm wolle, sie entspricht den xerophilen Arten , mit denen die genannten zusammen Vor¬ kommen. Wenn von nahe verwandten Arten die eine in nahrungsreicheren Böden vorkommt und die andere im Zwischenmoor oder Hoch¬ moor, so sind die letzteren ebenfalls die schmalblättrigen. Solche Pendants sind: Breiterblättrige Arten Schmalerblättrige Arten 1. Aspidium spinulosum Asp. cristatum 2. Agrostis alba Agrostis canina 3. Calamagrostis neglecta Ca/, epigeia 4. Epipactis lalifolia E. palustris 5. Drosera rotundifolia Dr. anglica 6. Stellaria palustris St. Friesiana Zu 1. A. spinulosum ist in unseren Standflachmooren häufig und zwar in der breitblättrmen Schattenform dilatatum : das sehr viel schmalerblättrme A. cristatum ist für Zwischenmoore Charakte¬ rs . ristisch. Von manchen Autoren wird A. c. als eine Varietät von A. sp. angesehen. — Zu 2. Agrostis alba mit ihren breiten Blättern ist u. a. auf Flachmoorwiesen zu finden, A. canina mit ihren viel schmaleren, z. T. sogar borstenförmigen Blättern besonders gern auf zwischenmoorigen Geländen. — Zu 3. Calamagrostis epigeia , an flachmoorigen und dergleichen Orten häufig, ist viel breitblättriger als C. neglecta , die gern in Zwischenmooren und Hochmoorvorzonen vorkommt. — Zu 4. Epipactis palustris kommt in der nassen Hochmoor- Vorzone des genannten Hochmoorgeländes bei Nemonien vor. Sie wird hier erwähnt, weil im Gegensatz zu dieser Art ihre 48 3. Hochmoore. auf trocknem Boden lebende, Nächstverwandte, nämlich E. latifolia , wie schon in ihrem Namen gesagt wird, breite Blätter besitzt. — Zu 5. Drosera rotundifolia mit ihren kreisförmigen Blattspreiten kommt in Ostpreußen — wie ich immer wieder und an vielen Stellen auffällig beobachtete — vorwiegend in der Hochmoorvor- zone vor, Dr. anglica mit ihren lineal-keilförmigen Blättern jedoch als gemeine Pflanze auf der Seeklima-Hochmoorfläche selbst, be¬ sonders in den Schlenkern — Zu 6. Stellaria Friesiana , eine Cha¬ rakterpflanze der ostpreußischen Zwischenmoore, besitzt feine und kleine, schmal-lineal-lanzettliche Blätter, St. palustris hingegen, die den Flachmoor-Anteil des Nemonienen Moor-Geländes auszeichnet, Größere, bis eiförmig-längliche Blätter. Schließlich ist auch noch auf das von Ledum erzeugte äthe¬ rische Öl hinzu weisen. Wenigstens ist nach Tyndall1) die an ätherischen Ölen reiche Luft weit weniger imstande, strahlende Wärme durchgehen zu lassen als reine Luft, woraus folgen würde, daß die duftende Atmosphäre, die sich die Pflanze schafft, ihre Bestrahlung und dadurch ihre Transpiration vermindert. Freilich meint K. Detto2), daß wenn diese Deutung richtig wäre, so müßte man einerseits in unserer Flora ein besonders häufiges Vorkommen aromatischer Pflanzen auf trockenen Standorten, ande¬ rerseits bei diesen ein Zurücktreten anderer Trockenschutzeinricli- tungen erwarten. Beides ist nicht der Fall, im Gegenteil geht eine Vermehrung der Ölproduktion mit einer Häufung anderer solcher Einrichtungen parallel. Ferner aber sind an den Stand¬ orten der in Rede stehenden Pflanzen ganz andere physikalische Bedingungen in Wirksamkeit als bei Tyndall’s Versuchen. Außer¬ dem gibt es in der Wüste sehr viele perennierende Pflanzen, welche keine Öle sezernieren, im übrigen aber den Ölpflanzen in Struktur und Wasserversorgung durchaus gleichen. Experimente, bei denen öllose Pflanzen in eine Atmosphäre von Öldämpfen ge¬ bracht wurden, zeigten dadurch keine Herabsetzung der Trans- J) Vergl. Warming 1. c. 1902 S. 205. 2) Detto, Über die Bedeutung der ätherischen Öle bei den Xerophyten. (Flora 1903 Bd. 92, S. 147—199.) ?). Hochmoore. 49 piration. Detto begründet sodann, daß die ölabsondernden Drüsen als Tierschutzmittel anzusehen seien. Im Zusammenhang mit dem Vorausgehenden sei auch auf die gern roten Farben (Anthocyan) von Hochmoorpflanzen und Moorpflanzen überhaupt hingewiesen. Sarracenia purpurea der Landklima-Hochmoore Südkanadas und der nördl. Vereinigten Staaten hat ihren Spezies-Namen daher, ebenso Sphagnum ruhel- lum. Die Tentakeln der Drosera- Blätter, namentlich ihre Spitzen, sind rot. Es sei ferner an die roten Scheiden von Car ex caespi- tosa erinnert, weil diese Art für die Zwischen-Moorgelände in Ostpreußen charakteristisch ist, die also wenigstens in ihrer Jugend — im Knospen-Zustande — durch die rote Farbe »geschützt« ist. Melampyrum paluclosum ist namentlich auf den Höhenhochmooren gern mehr oder minder rot usw. Schon aus diesen Beispielen geht hervor, daß es namentlich die dem stärksten Licht ausgesetzten Arten der Hochmoore sind, die die in Rede stehende Färbung aufweisen. In der Tat hängt die rote Farbe im wesentlichen mit der Lichtintensität zusammen, wo diese vermindert ist, schwindet die rote Färbung gern, so bei Drosera. Auch in den Tropen sind an Pflanzenteilen, die starkem Licht ausgesetzt sind, rote Farben beliebt. Jedoch wird von manchen Autoren bei den nordischen Pflanzen diese Färbung mit der Kälte in Beziehung gebracht, und in der Tat ist in Grönland z. B. »für Vorsommer und Frühjahr das häufige Auftreten intensiv rotbraun gefärbter Vegetations- organe auffallend. In seinen »Botanischen Beobachtungen aus Spitzbergen« (1902) machte Thorild Wulf auf das verbreitete Vorkommen von Anthocyan bei den arktischen Gewächsen auf¬ merksam. In unserem Fall handelt es sich um Winterfärbun¬ gen, die mit der fortschreitenden Vegetationsperiode mehr und mehr durch freudiges Grün ersetzt werden und nur bei direkt belichteten Pflanzenteilen zu beobachten sind, nicht aber bei Schattenpflanzen.« (AI. Rikli1).) Neuerdings hat dann aber W. 9 Rikli, Beiträge zur Kenntnis von Natur und Pflanzenwelt Grönlands. (Actes de la societe lielvetique des Sciences naturelles. 92. session 1909 ä Lau¬ sanne. Aarau. TI. I S. 159.) Neue Folge. Heft 55. III. 4 50 3. Hochmoore. Palladin1) eine Beziehung des Anthocyans zur Pflanzenatmung festgestellt, indem er zeigte, daß der für gewöhnlich farblose »Pflanzenblutstoff« sofort rot oder lila wird, wenn beschleunigte Atmung eintritt. Der Zellsaft färbt sich im Herbst rot, weil sich in der zum Winter rüstenden Pflanze dann die Atmungspigmente ansammeln. Aber auch Pflanzenteile, die zart sind, oder denen Kälte das Leben bedroht, färben sich purpurn oder violett. Sie atmen eben heftig, wobei eine ihnen nützliche höhere Temperatur ihres Körpers erreicht wird. Gründe für die Xerophilie. Wir haben die Hochmoorflora als eine wintergrüne kennen gelernt. Die erste Wärme nach dem Winter, die die Pflanzen trifft, vermag diese daher in Lebenstätigkeit der Belaubung zu setzen; allein ehe das Eis unmittelbar unter der lebenden Pflanzen¬ decke schmilzt, vergeht auch bei uns nach einem strengen Winter noch geraume Zeit, unter Umständen Wochen, wie ich das beson¬ ders an einem in meinem Garten für meine Studien geschaffenen künstlichen Hochmoor beobachten konnte2). Die Pflanzen haben dann aber keine Möglichkeit, dem Boden das für ein üppigeres Wachstum notwendige Wasser zu entnehmen und diejenigen, die eines xerophilen Baues entbehren, wie die Sphagnen, beginnen zu trocknen. Die Xerophile der Hochmoorpflanzen steht also mehr oder minder sicher damit in Beziehung, daß die Pflanzen wegen zu kalten Bodens (nasse Böden nehmen eine geringere Temperatur an als in gleichem Verhältnis befindliche trockene Böden) oft nicht in der Lage sind, von dem vorhandenen Wasser hinreichend auf¬ zunehmen; gefrorenes Wasser verhält sich wie ein ganz trockener ]) Palladin, Das Blut der Pflanzen. (Deutsche botanische Gesellschaft, Berlin 1908.) 2) Bei der Herstellung künstlicher Hochmoore z. B. für botanische Gärten ist zu beachten, daß sie nur mit Regenwasser gespeist werden dürfen, das be¬ quem aus der Dachgosse eines Hauses mit Schiefer- oder Ziegel- oder Blechdach bezogen werden kann. Am besten leitet man dieses Wasser direkt in und durch das künstliche Moor, das dann bei jedem Regen gründlich von neuem vernäßt und eventuell ausgelaugt wird. 3. Hochmoore. 51 Boden und dementsprechend gehört es zu den Eigentümlichkeiten hochnordischer Pflanzen, Anpassungen zur Herabminderung der Transpiration (nicht um sich gegen die Kälte zu schützen, wie GRISEBACH1) meinte) zu besitzen, mit anderen Worten: sie haben xerophile Merkmale wie die trockenen Böden angepaßten Arten. Eine starke Bestrahlung oder AVinde können die Transpiration der Pflanzen so steigern, daß sie bei zwar nassem aber kaltem Boden doch nicht genügend Wasser aufzunehmen vermögen und ver¬ trocknen müßten, und ist der Boden gefroren, so verhält er sich wie ein ganz trockner, so daß den Pflanzen dann jede Wasser- (und damit natürlich auch Nahrungs-) Entnahme unmöglich ist. Dementsprechend sieht man dann oft auf Seeklima-Hochmoor- Strecken (z. B. Ostpreußens) selbst die xerophil gebaute Cctlluna vulgaris mehr oder minder »erfrieren«, besser gesagt vertrocknen, wenn nämlich der Boden noch gefroren ist, aber die Pflanzen bei genügender Aufnahmefähigkeit der Luft und dem Beginn eifrige- ren Wachstums im Frühjahr eine stärkere Transpirations -Tätig¬ keit erfolgt. Auf die schädigende Wirkung des Windes legt Kihlman be- sonderen Nachdruck, indem er u. a. von der Halbinsel Kola sagt (1. c. S. 107), »die offenen Sümpfe und Moräste sind die zugleich windigsten und bodenkältesten aller Standorte unseres Erdteils; die Temperatur des Erdreichs wird noch lange, nachdem der Schnee verschwunden ist, durch das allmählich schmelzende unter¬ irdische Eis sehr niedrig gehalten, und auch im Hochsommer dürften die obersten Schichten des nassen Bodens fast konstant und oft bedeutend kälter sein als jene der trockneren Standorte. Schon während das W urzelsystem noch wenigstens teilweise ge¬ froren ist, lockt die Frühlingssonne einige Arten — z. B. Erio- phorum vaginatum — zu erneuter Blatt- und Sproßbiidung, um sie dann oft für längere Zeit dem austrocknenden Hauch der Polar¬ winde zu überlassen.« Nichts ist wohl besser geeignet, die aus¬ schlaggebende Wirkung der AAffnde zu erläutern, als der Hinweis, daß am Kältepol der Erde, bei Werehojansk an der Jana in ö Grisebach, Yeget. d. Erde, 1872 I. S. 34. 4* 52 3. Hochmoore. Sibirien, bei — 50° im Winter (!) Wald vorhanden ist: also nicht der Kältegrad1) ist es in erster Linie, der dem Banmwuchs im Subarktikum Halt gebietet. Es ist aber noch ein anderer Punkt zu berücksichtigen: Humus besitzt eine sehr große Wasserkapacität: er gibt Wasser nur bis zu einer gewissen Grenze ab, d. h. ein großer Teil des vorhandenen Wassers ist für die lebenden Pflanzen nicht aus¬ nutzbar. Humusböden binden infolge ihrer kolloidalen Beschaffenheit das Wasser sehr fest. Die Agrikulturchemiker (z. B. Br. Tacke 1907) betonen immer wieder, daß eine Entwässerung von Mooren für Kulturzwecke vorsichtig zu bewerkstelligen sei, da große Mengen Wasser vom Torf so festgehalten werden, daß sie den darauf wurzelnden Pflanzen nicht zugänglich seien. Es tritt dem¬ nach bei relativ sehr hohem Gehalt des Moorbodens an Wasser dennoch ein Wassermangel für die auf demselben angebauten Pflanzen ein. Wo Moore oberflächlich regelmäßig austrocknen, wie bei den Landklima-Hochmooren Nordamerikas — das habe ich in Süd-Kanada selbst beobachtet, vergl. auch Davis, Peat 1907 S. 161/162 — befinden sich die Moorpflanzen zeitweilig unter Be¬ dingungen wie auf einem entwässerten Hochmoor, so daß dann nur Arten gedeihen können, die Anpassungen an solche Böden besitzen, oder aber wie Sphagnum wenigstens das Tauwasser für Zeiten des Bedarfs zu speichern vermögen. Dies beides hat die Flachmoorflora nicht nötig, namentlich nicht die Sumpfflachmoor- Vegetation, die daher im Gegensatz zu der xerophytischen der Hochmoore im Ganzen hydrophytisch ist, sofern es sich nicht um ganz stagnierendes Wasser handelt. In solchen Fällen besitzen auch Flachmoorpflanzen, die dann freilich auch auf besser be¬ wegte Flächen übergehen können, ebenfalls xerophytische Eigen¬ schaften; denn starker Luftabschluß, der in stagnierendem Wasser für die unterirdischen Organe naturgemäß vorhanden ist, setzt die Lebenstätigkeit der Wurzeln herab, die hierzu des Sauerstoffs bedürfen. Um diesen zu haben, sehen wir denn auch, daß Sumpf- 9 Die nördliche Baumgrenze fällt etwa mit der 10° -Isotherme des wärm¬ sten Monats zusammen. 3. Hochmoore. pflanzen gern große Luftinnenräume , große Intercellularen, be¬ sitzen. Ja durch die Humus-Zersetzung finden sogar Reduktions- Erscheinungen im Boden statt, die natürlich den Luftmangel er¬ höhen helfen. A. F. W. Schimper meinte1), daß die »Humussäuren« im Moor wasser die »physiologische Trockenheit« des Bodens — so nennt Schimper einen zwar Wasser-haltigen, aber das Naß nicht hergebenden Boden — unterstützten. Edwin Blanck2) hat Ver¬ suche angestellt, um zu ermitteln, ob die Diffusion von Wasser durch den Gehalt des umgebenden Mediums an sauer reagieren- den Humusstoffen beeinflußt werde. Blanck kommt zu dem Re¬ sultat, daß die Diffusionsgeschwindigkeit von Wasser im Humus¬ boden weit hinter derjenigen des reinen Wassers zurückbleibt, und daß die Anwesenheit der »Humussäure« im Moorboden die Ur¬ sache der verzögerten Diffusionsgescliwindigkeit ist. Diese Tat- o o o Sache scheint die angegebene Wirkung der »Humussäuren« auf die geringere Aufnahmefähigkeit des Wassers durch die Pflanzen zu unterstützen; allein es ist auffallend, daß die Flachmoor- Vege¬ tation oft eine sehr üppige ist: man denke an die Flachmoor- Wälder mit ihrem Unterholz und ihren Krautpflanzen, mit einer Vegetation, die den xerophilen Charakter, wie ihn viele Hoch¬ moorpflanzen besitzen, vermissen läßt. Auch wenn man hierauf erwidern sollte: die Wässer der Flachmoore wären bei weitem nicht so »sauer« wie diejenigen der Hochmoore, so würde das nicht stören, weil auch in den sauren Hochmoorwässern des Hoch¬ moor-Randes viele nicht xerophile Pflanzen, ja Sumpfpflanzen des Flachmoorvereines Vorkommen. H. Minssen bestreitet nach seinen Versuchen3) die Richtig¬ keit des BLANCxPschen Resultates. In sogenannte Diffusionshülsen brachte Minssen CINa-Lösung von bestimmtem Chlorgehalt und bestimmte nach gewissen Zeiten teils die in den Hülsen verblie- 5) Schimper, Pflanzengeographie, Jena 1898 S. 6 u. 689. 2) Blanck, Die Landw. Vers.-Station, Band 58, Berlin 1903 S. 145. 3) Minssen, Über die Diffusion in sauren und neutralen Medien, insbeson¬ dere in Humusböden. (Landwirtscb. Versuchsstation, 6*2, Band. Berlin 1905 S. 445.) 54 3. Hochmoore. bene, teils die in das die Hülse umgebende Medium abgegebene Chlormenge. Als äußere Medien dienten ihm reines Wasser, 1-prozentige Zitronen-, Essig-, Salz- oder Schwefelsäure. Diese Versuche zeigten, daß in gleichen Zeiten stets gleiche Mengen Chlornatrium und damit auch die gleichen Mengen Wasser in das umgebende Medium diffundierten, gleichgültig, ob dieses ans reinem Wasser oder aus einer der genannten Säuren bestand. Bei wei¬ teren Versuchen diente als äußeres Medium eine breiartige Masse, hergestellt aus 25 g Moostorf und 350 ccm Wasser. Hierbei trat eine deutliche Diffusionshemmung gegenüber reinem Wasser ein, und zwar wuchs die Hemmung mit abnehmendem Wassergehalt des äußeren Mediums. Daß diese Beeinflussung aber nicht eine dem sauren Moostorf allein zukommende Eigentümlichkeit ist, son¬ dern lediglich hervorgerufen wird durch die Konsistenz des äuße- O ü ren Mediums, zeigte M. durch folgenden Versuch: Als äußeres Medium diente erstens ein Moostorf brei von oben angegebener Konsistenz und zweitens ein Stärkebrei von der gleichen Beschaf¬ fenheit. In beiden Fällen wurden innerhalb derselben Zeit die gleichen diffundierten Chlormengen nach gewiesen. Um sicher die o o o Wirkung freier Humussäure auszuschließen, verwandte Verfasser schließlich auch sauren Moostorf, dessen freie Säure durch kohlen¬ sauren Kalk neutralisiert wurde. Auch hier ergaben sich die gleichen Resultate wie bei Verwendung von nur saurem Moostorf. Also weder die freien »Humussäuren«, noch verdünnte organische oder Mineralsäuren üben einen Einfluß aus auf die Diffusions¬ geschwindigkeit des Wassers oder von Salzlösungen. Die »phy¬ siologische Trockenheit« ist also — so schließt MlNSSEN — in anderer Weise zu erklären. Es folgt demnach für uns, daß zwar ein Torfboden gegenüber z. B. einem Sandboden die Diffusion etwas verzögert, daß aber dies nicht in Zusammenhang stehen kann mit der Ausbildung von O Cd xerophilen Eigenschaften von Moorpflanzen, weil viele Moor¬ pflanzen diese Eigenschaften gar nicht besitzen. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß die Kälte der Moorböden es sein dürfte, die in erster Linie ihre physiologische Trockenheit bedingt. In der Tat kann z. B. Ainus glutinosa , die 3. Hochmoore. von den erwähnten Schutzmitteln keine besitzt, auf Mooren an den frisch ausgetriebenen Sprossen weitgehende Vertrocknungs-Erschei¬ nungen im Frühjahr (namentlich in Ostpreußen) zeigen, wenn Fröste in der Nacht den Boden stark erkälten, aber ein warmer Tag darauf einsetzt, der die Transpiration der Blätter anregt, die daun aber keinen Ersatz für das abgehende Wasser erhalten kön¬ nen und daher vertrocknen. So ist denn daran zu erinnern, daß es dementsprechend gerade die aus dem hohen Norden stammen¬ den oder wesentlich dort heimischen Pflanzen-Arten unserer Moore sind, die eine Anpassung an solche kalten Böden, an Trockenheit, aufweisen. Zum Beispiel geben Kihlmann und R. Pohle1) auf borealen und arktischen Hochmooren am nördlichen Weißen Meer u. a. Car ex limosa , Andromeda calyculata an, die weit im Süden noch vorkommt, nämlich am Rande der Zwischenmoor-Partie der Kak= sehen Balis, eines großen Hochmoors bei Kl. Puskeppeln in Ost¬ preußen und ebenfalls in der Zwischenmoor-Zone des Nemoniener Hochmoores im Memeldelta, in etwas kümmerlicherer Entwicklung auch auf den Rand dieses Hochmoores gehend (vergl. S. 45). Hier erreicht diese Pflanze in Europa ihre Süd westgrenze. Ferner sind zu nennen Andromeda polifolia , Ledum palustre (das etwa an der Elbe seine Westgrenze hat), Vaccinium oxycoccos , uliginosum und Vitis idaea , Empetrum nigrum usw. Es sei auch Salix Lap- ponum des borealen Waldgebietes noch als Beispiel genannt, deren Westgrenze vorgeschobene Posten ebenfalls in der Provinz Ost¬ preußen hat, wo ich sie ebenfalls selbst beobachtete, und schlie߬ lich noch Betula nana , die im Subarktikum und borealen Gebiet so häufig ist, mit einigen Fundorten in Norddeutschland, unter denen der westlichste vorgeschobene Posten in der Lüneburger Heide. Dann ist auch darauf aufmerksam zu machen, daß die Cype- raceen, die auf unseren Hochmooren einen hohen Prozentsatz der überhaupt wenigen Hoehmoor-Phanerogamen bilden, in den ark¬ tischen Ländern die an Arten reichste Phanerogamen-Familie ist. x) Pohle, Pflanzengeograpkiscke Stadien üb. die Halbinsel Kanin. (Acta Horti Petropolitani. Bd. XXI. St. Petersburg 1903.) S. 55 — 60, 3. Hochmoore. 56 Pohle sagt von den borealcn Hochmooren: sie verlören ihre Schneedecke viel früher (z. B. ca. 4 Wochen) als die umliegenden Wälder; »die der schützenden Schneedecke entbehrenden Ge¬ wächse sind im Frühjahr der verderblichen Wirkung rauher Winde preisgegeben; die meisten Moorpflanzen besitzen dafür an ihren Organen Einrichtungen, durch die sie in ausreichender Weise gegen Transpirationsverluste und ihre Folgen geschützt werden. Diejenigen jedoch, welchen dieser Schutz fehlt, besitzen -wie Betula (nana), Rubus ( chamaemorus ), Drosera eine bedeutend ab¬ gekürzte Vegetationsperiode; bei ihnen pflegt die Verfärbung der Blätter bereits im Hochsommer zu beginnen.« Auch auf den arktischen Hochmooren der Halbinsel Kanin sind die Schneemassen im Winter gering, »weil sie von denWin- den hinweggeweht werden« (Pohle 1. c. S. 79). Wir sehen danach deutlich, daß es in den eigentlichen heutigen Heimatsorten unserer Pflanzen die Boden¬ kälte in Verbindung mit den austrocknenden, d. h. die Transpiration beschleunigenden Winden ist, die die Pflanzen nötigt, sich der Transpirations-Schutzmittel zu bedienen, denn wir können solche gegen klimatische Einwirkungen schützenden Einrichtungen von Arten nur nach den Verhältnissen in der eigentlichen Heimat derselben beurteilen, d. h. wo diese Arten am häufigsten sind, nicht nach den Verhältnissen, wie sie. die Grenzge¬ biete des Auftretens der Arten aufweisen wie bei uns. Freilich kommen hier die durch die Kälte bedingten schlechten Ernährungs- Bedingungen für die Pflanzen noch mit in Betracht. Durch schlechtere Ernährung bleiben die Pflanzen kleiner, und die S. 43 erwähnte Schmal- und Kleinblättrigkeit gewisser Arten o o wird man in manchen Fällen besonders gern geneigt sein, auf schlechtere Ernährung zurückzuführen. Mag nun auch diese mit die erste Veranlassung gewesen sein, so haben sich die Merkmale jetzt mehr oder minder fixiert. Einige Exemplare von Cicuta tenuifolia z. B., die ich Herrn Prof. Abromeit zur diesbezüglichen Beobachtung im Botanischen Garten von Königsberg in Preußen sandte, haben auch dort unter guten Ernährungsbedingungen nur 3. Hochmoore. 57 schmale Blätter der tenuifolia- Form gebildet. Eine Anzahl Exem¬ plare, die ich in das künstliche Moor meines Gartens in Berlin- Lichterfelde eingesetzt habe, haben im nächsten und übernächsten Jahr ebenfalls ausschließlich die extreme tenuifolia- Form der Blätter bewahrt. Die liegende Pinus montana- Form mag ursprünglich vom Winde gemacht, niedergebogen worden sein, aber heute ist die liegende Form fixiert. Betrachtet man die Sache geologisch-historisch, so sind frei¬ lich unsere boreal-alpinen Hochmoorpflanzen gerade die ältesten, ursprünglichsten Norddeutschlands. Sie sind unter den jetzt bei uns lebenden Arten diejenigen, die am längsten unsere Heimat bewohnen: »es sind lebende Zeugen einer längst verschwundenen Zeit, der Eiszeit; sie stellen gleichsam ein Stück Vorwelt dar unter den Pflanzen der Gegenwart« *). Denn in der letzten Post¬ glazialzeit hatten wir hier dieselben Verhältnisse, wie sie jetzt im Subglazial-Gebiete der nördlichen Erdhalbkugel walten, und wir können daher mit demselben Recht die erwähnten Charakteristika der Hochmoorpflanzen aus den klimatischen Bedingungen der Postglazialzeit erklären, was aber dasselbe ist wie ihre Herleitung aus dem heutigen Subglazial-Gebiet1 2). Das Wesentliche dessen, was festgestellt werden soll, ist ja nur, daß unsere Hochmoor- Vegetation einem sub glazialen Klima entspricht3). Un sere Hochmoorpflanzen-Gemeinschaft besitzt nun natürlich noch andere dem subglazialen Gebiet angepaßte Merkmale. Gegen¬ über unseren einheimischen Pflanzen-Vereinen fällt, wie schon oben gesagt, diesbezügl. stark auf, daß die Hochmoorpflanzen-Gemein¬ schaft immergrün ist, d. h. zwar nicht hinsichtlich aller Arten, 1) Potonie, Die Pflanzenwelt Norddeutschlands in den verschiedenen Zeit¬ epochen, besonders seit der Eiszeit. Hamburg 1886. 2) Als pflanzengeographische Übersicht über Norddeutschland vergl. die 5. Aufl. (Jena 1910) meiner »Illustrierten Flora von Nord- und Mitteldeutsch¬ land«. 3) Richard Hilbert hat in seiner Abhandlung »Über die Beziehungen der norddeutschen Moorflora zu der arktisch -alpinen Flora« (Naturwissenschaftliche Rundschau, Braunschweig, den IS. Dezember 1886) versucht, den Bestand der norddeutschen Moore an arktischen Pflanzen festzustellen; allein abgesehen da¬ von, daß seine Liste ungenügend ist, hat er keine Scheidung in Flach- und Hochmoore vorgenommen. 58 3. Hochmoore. die dazu gehören, aber doch der tonangebenden; denn es behalten auch im Winter Belaubung insbesondere die sämtlichen Moose und die ericoiden Pflanzenarten. Diese für subglaziale, d. h. für sehr viele vor der Schneegrenze in den Polarländern und den Hoch¬ gebirgen lebende Pflanzenarten charakteristische Eigenheit wird — wie schon S. 37 bemerkt — so gedeutet, »daß günstige Temperatur und Beleuchtung das ganze Jahr sogleich ausgenutzt werden können« !). Die nordischen Pflanzen gehen weit nach Süden, wenn sie nur die hinreichenden Lebensbedingungen finden: hinreichende Feuchtigkeit, Standorte, die ihrer eventuellen Anpassung an spär¬ liche Nahrung gerecht werden, und Orte, wo die Konkurrenz schneller aufwachsender Pflanzenarten ferngehalten ist, weil der Boden zu nahrungsschwach oder zu luftarm oder vielleicht auch zu sauer ist. Daher finden wir bei uns im gemäßigten Klima sub¬ arktische, überhaupt boreale Arten. Umgekehrt finden aber die Pflanzen südlicher Breiten eine durch das Klima — besonders die Wärme — bedingte, scharfe Grenze ihres Vorkommens nach Norden. Man kann also cum grano salis sagen: die nördlichen Pflanzenarten finden die südlichen Grenzen ihres Vorkommens in der sich nach Süden immer mehr steigernden Konkurrenz mit anderen Arten, während siidl. Arten in ihrem mehr oder minder weiten Hinaufgehen nach Norden in erster Linie durch klima- tisclie, durch Wärme- Verhältnisse bedingt werden.' So kommt es denn, daß unsere Flora — namentlich durch das Vorhandensein von Hochmooren mit subarktischen und boreal-alpinen Arten in¬ mitten einer sonst aus ganz anderen Typen zusammengesetzten Flora, die ein größeres Wärmebedürfnis haben, wie unsere poli¬ tischen, westmediterranen und atlantischen Pflanzen — eine Misch¬ flora sehr heterogener Floren-Elemente ist. Eine Lehre ergibt o o sich aus dieser Betrachtung: eine Mahnung zur Vorsicht bei o o der Bestimmung klimatischer Verhältnisse der Vorzeit. Bei dem Auffinden einer Mischflora ist das Gewicht für die Be¬ urteilung einer früher vorhanden gewesenen Durchschnittstempe- J) Warming, Lelirb. d. oköl. Pfl.-Geogr. 2. Aufl. Berlin 1902 S. 232. 3. Hochmoore. 50 ratur auf die Pflanzenarten zii legen, die am meisten nach Süden weisen. Nach dieser Darstellung ist »die Auffassung unserer sonst boreal-alpinen Arten als Überbleibsel aus der Eiszeit, als »Re¬ liefe«, nicht so zu verstehen, daß sie sich etwa heute noch an genau denselben Stellen fänden wie zur Eiszeit. Jedenfalls kamen sie damals in Norddeutschland vor und jetzt haben sie — - soweit es sich um boreale Arten handelt — auf den zentral-europäischen Mooren vielfach die Südgrenze ihres Vorkommens; es ist einzu¬ sehen, daß sie auch später soweit nach Süden Vordringen konn¬ ten, wie ihnen Klima, Boden und überhaupt die Bedingungen ein Leben gewährten«1). Sehr belehrend, um sich das Gesagte eindringlich zu machen, ist die Verfolgung, wie heute Pflanzenarten sich verbreiten. »Alle Pflanzensamen kommen im Prinzip überall hin!« pflege ich drastig in Vorlesungen zur Erläuterung vieler Erscheinungen im Vorkommen von Pflanzenarten zu sagen. In bezug auf unsere Hochmoore sei diesbezüglich auf Folgendes hingewiesen. Durch die künstlichen Entwässerungen unserer Seeklima - Hochmoore nähern sie sich zunächst in ihrem Vegetationsbestand unseren Landklima-Hochmooren und so begreift es sich, daß selbst ty¬ pische Pflanzen fernster Gegenden, die dort für Landklima-Hoch¬ moore charakteristisch sind, Platz greifen und sich einfinden. Solche Pflanzen sind bei uns die nordamerikanischen Arten Sisyrrnch tim angustifolium (eine Xridacee), die sich seit langem im Eppendorfer Moor bei Hamburg und an einigen anderen Stellen eingefunden hat, ferner die Ericacee Kalmia angustifolia , die das Warnbühler Moor bei Hannover stellenweise dicht bedeckt2), und die Rosacee Aronia nigra , die von Herrn Prof. Abromeit einmal in einem Exemplar auf dem Schwendtlunder Hochmoor bei Cranz in Ostpreußen gefunden wurde. Ich selbst kenne die drei ge¬ nannten Arten von Landklima- Hochmooren Südkanadas. Wo durch Veränderung der Bodenbedingungen die alten Vegetationen mehr oder minder aussterben und dadurch freie Stellen geschaffen ]) Potonie, Flora 5. Auä., 1910 S. 40. 2) Forstbotanisches Merkbuch. Provinz Hannover. Hannover 1907 S. 164. 60 3. Hochmoore. werden, kann man überhaupt oft eine Neubesiedelung ferner Arten beobachten, denn die meisten Samen und Sporen kommen im Prinzip durch die Yerbreitungsmittel irgend einmal fast überall hin. So siedelte sich z. B. auf einer Stelle des entwässerten Teiles vom Augstumalmoor Eriophorum alpinum an, die dort vorher nicht vorkam usw. Namentlich siedeln sich neue Arten auf jungfräulichen Stellen an, seien sie geschaffen durch Entwässerungen wie bei unseren Hochmooren, wobei eine Anzahl Arten aussterben und dadurch Platz schaffen, sei es wie in dem hierunter geschilderten Fall bei Buch, wo Abgrabungen erfolgt sind, seien es Anschüttungen wie die Bahndämme usw. Gemeinsam ist all solchen Stellen der zu¬ nächst vegetationslose oder bei entwässerten Mooren durch Ab¬ sterben wesentlich frei werdende Boden, auf welchem bei der ersten Neubesiedelung die Konkurrenz mit bereits vorhandenen Arten mehr oder minder fehlt. Auf einem bereits voll besetzten Boden finden Samen u. dergl. von Ankömmlingen keinen Platz vor. Es ist oft unmöglich zu entscheiden, welchen Weg die Samen u. dergl. von Ankömmlingen genommen und welcher Art der Trans¬ port war. Im wesentlichen kommen als Vermittler in Betracht der Wind, die Tiere und hier für die Verbreitung nach sehr fernen Gegenden besonders die Vögel, als dritter Vermittler spielt dann der Mensch eine große Rolle. Ob z. B. die Kalmia etwa aus einer Baumschule entschlüpft ist, ob diejenigen Stellen in Zentraleuropa mit Sisyrinchium , die weitab von der intensiveren Kultur liegen, siclier als Besiedelungen mit Gartenflüchtlingen (Sisyrinchien wer¬ den in unseren Gärten gezogen) anzusehen sind, ist nicht sicher auszumachen. Wie soll die Aronia auf das Moor gelangt sein, wenn nicht durch Vermittlung von Vögeln? Aber zweifellos sicherstellen läßt sich das nicht. Es ist nur sehr wahrscheinlich, weil man weiß, daß Wasservögel an ihren Füßen und in ihrem Gefieder Samen weit verschleppen. Jedenfalls bleibt für diese Fälle die interessante Tatsache bestehen, daß unsere halbtoten oder toten (entwässerten) Seeklima-Hochmoore sich gern auch mit Pflanzen besiedeln, die auf den Landklima-Hochmooren von Nord¬ amerika zu Hause sind. 3. Hochmoore. 61 H err Prof. Paul Ascherson teilt mir freundlichst auf meine Bitte über die Fundstelle bei Buch nördl. von Berlin das Folgende mit: »An der Berlin-Stettiner Eisenbahn zwischen den Stationen Buch und Röntgental ist seit 20 Jahren durch die von der Verwaltung behufs Erdgewinnung ausgeführten Arbeiten ein Stand¬ ort bemerkenswerter, z. T. sehr seltener Pflanzenarten entstanden, welcher mit Recht das Interesse der Berliner Botaniker in Anspruch nimmt. Prof. Osterwald war der erste, der von dieser Lokalität Kenntnis nahm und der dieselbe seit 1895 auf zahlreichen Aus¬ flügen mit der größten Sorgfalt erforscht hat. Er hat bereits mehr als 700 Arten von Blütenpflanzen, Pteridophyten, Bryophyten und Thallophyten verzeichnet, da auch mehrere Spezialisten seine Un¬ tersuchungen unterstützt haben. Das ursprüngliche Gelände, ein dürrer Kieferwald mit der gewöhnlichen, armen und uninteressan¬ ten Flora ist 1 bis 3 m tief abgegraben worden. Der Boden der so entstandenen Vertiefung ist durch angeschnittene Quellenzüge feucht, stellenweise sogar sumpfig, so daß ein Teil als Karpfen¬ teich verwertet werden konnte. Neben den gewöhnlich auf feuch¬ tem Boden sich einfindenden Arten, wie Juncus capitatus und al- pinus , Sagina procumbens , Peplis portula , Radiola racliola, Centun- culus minimus , einer Anzahl Carex- Arten haben sich dort eine Anzahl bei uns gewöhnlich nur auf Mooren vorkommender Arten in größerer Zahl angesiedelt, wie Sphagnum sp., Pinguicula vul¬ garis , Drosera anglica und rotundifolia , Lycopodium inundaium (mit clacatum und selbst das bei Berlin so seltene L. Selago\ ferner 3 Orchidaceen, nämlich Orchis militaris , Epipactis palustris und Liparis Loeselii. Die bemerkenswertesten Gefäßpflanzen sind aber das bisher aus der Mittelmark noch nicht bekannte Eriophorum alpinum (richtiger Scirpus trichophorum ), dessen nächster bisher bekannter Standort sich bei Chorin, also immerhin eine beträcht¬ liche Anzahl von Kilometern entfernt befindet, und das an der¬ gleichen künstlichen Lokalitäten mit Vorliebe auftretende Equise- tum variegatum . Beide letztgenannten Pflanzen an mehreren Stellen. Unter den Moosen befinden sich ebenfalls verschiedene seltene und sogar einige neue Arten. Da von dieser Stelle bisher nur Erde weggeholt, nichts aber hingebracht wurde, so kann der 62 3. Hochmoore. Transport dieser artenreichen Ankömmlinge nur natürlichen Agen- tien, wie Luftströmungen und Vogelflug, zugeschrieben werden.« Unter den Moosen sind nordische Arten vorhanden. Ich selbst kenne die interessante Stelle westlich Röntgental ebenfalls. Es sind zwar eine ganze Anzahl Pflanzenarten vorhanden, die Flach¬ moortypen sind, wie Typha angustifolia , Magnocariceten, Salices ( amygdalina , viminalis usw.), Equiselum limosum , Arundo phrag- mites , Lycopus europaeus , Eriophorum angustifolium usw., aber im ganzen tendiert die Flora zu der der Zwischenmoore durch Par- O vocarieeten und eine Anzahl der schon oben von Herrn Ascherson genannten Arten sowie anderen. Die große in Betracht kommende Fläche ist bebuscht; von kleinen Bäumen, die das Gelände bekleiden, ist Betula verrucosa (auch B. pubescens kommt vor) dominierend. Der Untergrund besteht wesentlich aus Braunmoosen. Stellenweise be- ginnt eine jetzt nur einige Zentimeter mächtige Torfbildung. Prof. Ascherson fügt dann noch hinzu: »Den amerika¬ nischen Pflanzen Sisyrinchium , Kalmia und Aronia hätte noch das vor einem Menschenalter so viel empfohlene Vaccinium macrocarpum (Cranberry) hinzugefügt werden können, das Schmalhausen auf dem Moor am Steinhuder Meer fand und auf der niederländischen Nordseeinsel Terschelling angesiedelt ist. Für mich ist es so un¬ wahrscheinlich wie möglich, daß diese Pflanzen direkt aus Ame¬ rika durch Vögel oder Winde hergebracht sein sollen; entweder ist anzunehmen, daß die Vögel usw. sie aus europäischen Gärten zu den Fundorten brachten, falls nicht Menschenhände sie ange¬ pflanzt haben, was bei Vaccinium so gut wie gewiß und bei Kalmia möglich ist. Wie rasch sich solche Einwanderer ausbreiten kön¬ nen, sehe ich an Onothera ammophila Focke, einer auf den deut¬ schen Nordseeinseln entstandenen Mutation, die 1899 erst an einer einzigen Stelle der Helgoländer Düne wuchs, 1911 aber dort schon überall sich ausgebreitet hat. Ich habe jetzt auch einen ähnlichen Fall einer tropisch ame¬ rikanischen Pflanze, Pilea muscosa , die 1890 am feuchten Felsen bei Saloniki, 1909 auf dem Karstterrain am Fuße des Velebit in Kroatien auftrat. Ich zweifle nicht, daß beide Fundorte von durch Vögel verschleppten Samen herrühren.« 3. Hochmoore. 63 Tierleben.. Entsprechend der Flora weisen auch einige Arten der Hoch¬ moorfauna auf den hohen Norden, wie der von Stürmhöfel 1895 auf der Zehlau, jenem großen Hochmoor von 22,9 qkm Fläche südlich von Tapiau in Ostpreußen aufgefundene große Schmetter¬ ling Oeneis Jutta , der dort seitdem fast alljährlich an verschiedenen Stellen in beschränkter Zahl immer wieder beobachtet wurde. Es kommen noch mehr nordische Tiere auf unseren Hochmooren und den sieh diesen nähernden Moorgeländen vor. Herr Prof. H. Kolbe hat mir diesbezüglich freundlichst die folgende Zu¬ sammenstellung gemacht, bei der es sich auch um Vorkommen auf Kiefernzwischenmooren handelt, wie bei dem Moor bei Neulinum. »Von borealen Lepidopteren finden sich auf »moorigen Wiesen, Moorboden und Brüchen« West- bezw. Ostpreußens folgende Arten: Colias palaeno L., Subsp. europome Esp. nach Speiser (Beitr. z. Naturk. Preußens, Nr. 9: Die Schmetterlingsfauna Ost- und Westpreuß. 1903 S. 10) auf Brüchen in Ost- und Westpreußen nicht selten, sonst in Pommern, Posen und Livland (Suwalki), Außerdem ist palaeno in anderen Formen über Skandinavien Finnland, Nordrußland, Schlesien, die Alpen, Sibirien und das boreale Nordamerika (Hudsonsbai, Alaska) verbreitet. Argynnis aphirape Hb. bei Memel im Juni ziemlich zahlreich, dann auf dem Zehlau-Bruch, bei Danzig, Oliva und Neustadt; auch in Pommern. Außerdem in Livland, Polen, Mittelrußland, im westlichen Mittel¬ deutschland, östlichen Belgien und in Bayern. Ferner in einigen anderen Formen über Kurland, Mittelskandinavien, Lappland, Sibirien, Labrador und das arktische Nordamerika verbreitet (Rebel- Staüdinger s Kat.). Oeneis jutta Hb. war früher für die deutsche Fauna unbekannt, wurde nach Speiser (1. c. S. 19) zuerst 1895 von Surmhöfel auf dem Zehlau-Bruch im Kreise Friedland ge¬ funden und seitdem alljährlich an verschiedenen Stellen in be¬ schränkter Zahl gefangen. Ferner in Westrußland (Suwalki), in Nordrußland, im Innern Skandinaviens, in Lappland und Sibirien bis zum Amur, auch in Labrador. Außerdem (Rebel-Staudingers Kat.) in einigen Formen in Ostsibirien (subsp. magna Graes.), 64 3. Hochmoore. Alaska (subsp. alaskensis Holl.) und Labrador (var. Balder Hb.), letztere auch in Livland. — Bararge maera L. var. tristicolor (Hagen) Treichel, findet sich nach Speiser (Beitr. S. 20) in Ostpreußen ebenso häufig, wie maera selbst, besonders auf dem Zehlau-Bruch und bei Sorquitten; sie scheint auf Ostpreußen be¬ schränkt zu sein. Die Hauptart maera ist über Ost- und West- preußen (in Laubwaldungen) weit verbreitet und im größten Teile Europas zu Hause. — Orgyia ericae Germ, wurde nach Speiser (Beitr. S. 32) 1901 von Stürmhöfel auf dem Zehlau-Bruch ent¬ deckt und später von Dampf (die Schmetterlingsfauna d. Kr. Heyde- krug in Ostpreußen, Schriften d. P. Ö. G. XL VIII 1907) in Menge gefangen. Nach Kebel-Staudinger’s Kat. außerdem in Nord¬ westdeutschland, soll aber bei Crefeld durch die Kultur ausge¬ rottet sein; auch in Belgien, Dänemark, Livland, Zentral- und Südwestrußland, Armenien, Nordwestpersien und in der Mongolei. Eine Subsp. ( intermedia Friv.) in Ungarn und Pommern. — Anarta cordigera Thunbg. ist nach Speiser (Beitr. S. 56) an 3 Stellen des Gebietes auf Moorboden nachgewiesen, und zwar bei Willen¬ berg, Kartliaus und Löblau. Nach Rebel-Staudinger s Kat. außer¬ dem in Pommern, Posen, Brandenburg, Sachsen, Livland, Finn¬ land, am Ural, in Sibirien, Labrador und Aragonien. — Serenthia tropidopterum Flor., eine kleine Hemiptere, wurde auf dem Moor bei Neulinum an der Zwergbirke ( Betula nana} gefunden und ist für Deutschland neu (Kuhlgatz 1901 — 3, Speiser 1906, Verwalt.- Bericht d. westpreuß. Prov.-Museums f. 1906 S. 90, 91). Außer¬ dem in Livland auf Morästen, z. B. bei Dorpat nicht selten. Nach O SH anin, Verz. d. paläarkt. Hemipt. (Petersburg 1908 S. 458) bei Petersburg, Yamburg und in lugrien gefunden.« Herr Prof. Dahl schreibt mir ferner: »Eine hoch nordische Spinne, die innerhalb Deutschlands bisher nur auf dem Aug- stumal-Moor gefunden wurde, ist Lycosa hyperborea Thor. Sie kommt auf den dichteren und festeren, ganz freiliegenden Torf¬ moorpolstern, nicht zwischen Gebüsch daselbst, vor. Die Exem¬ plare sind alle verhältnismäßig klein und entsprechen der von Tiiorell unterschiedenen Varietät »minor «. Am nächsten steht die Art der Lyc. saltuaria L. Koch, welche in den Alpen und im 3. Hochmoore. 65 Riesengebirge über der Baumgrenze und dann wieder von Mittel¬ skandinavien an vorkommt«1). Das Tierleben ist in den Hochmooren zwar vergleichsweise gering, aber manche gesellige Insekten wie die Mücken, die ihre Eier in ruhigem Wasser absetzen, namentlich in den etwas nah¬ rungsreicheren Wasserstellen der Hochmooränder, sind nur gar zu oft ebenso wie in Flachmooren eine Plage, so daß die carnivoren Hochmoorpflanzen in der Zeit ihrer größten Lebenstätigkeit sehr reichlich Gelegenheit haben, Insekten zu fangen und dadurch ins¬ besondere ihren StickstoflPbedarf zu decken; es sind von Insekten nicht selten Käfer, Fliegen, Hautflügler und Motten, ja sogar große Schmetterlinge (. Pieris Daplidice und Rapae) sind von H. v. Klinggraeff2) in Massen durch Drosera gefangen beobachtet wor¬ den. Sehr häufig habe ich auf ostpreußischen Seeklima-Hochmooren die Raupe von Bombyx ( Macrotkylacea ) rubi L. gefunden. Es wird behauptet3), daß die Flüssigkeit in den kannenförmigen Blatt¬ stielen der Sarracenia purpurea gewissen Moskito-Larven als Auf¬ enthalt dienen. Es scheint aber Hochmoore zu geben, die von Mücken und Moskitos so weit frei sind, daß von einer »Plage« nicht zu reden ist. Für Amerika gibt B. Smith (nach der engl. Zeits. »Nature« vom 15. Okt. 1908 S. 607) an, daß Moskitos in Ge¬ genden mit vielen Sphagnum- Mooren sehr zurücktreten. Von anderen Insekten sind die sonst in der Umgebung vor- handenen auch dann auf Hochmooren vorhanden, wenn sie dort ihre Nahrung finden, so werden die Krüppelkiefern auch von der !) Yergl. za dem obigen Gegenstand über hochnordiscke Tiere auf unseren Hochmooren: L. Fredericq, La faune et la flora glaciaires du plateau de la Baraque-Michel (Point culminant de l’Ardenne). (Bull. Acad. roj. Belgique. Bruxelles 1904). Die Abhandlung von Johannes Schilde, Selektionskritische Seitenblicke ins Insektenleben auf nordischen Mooren. (Entomologische Nachrichten, herausgeg. von Katter, Berlin 1884 S. 3 — 9) habe ich für meinen Zweck nicht ausnutzen können, denn sie berichtet nur über Insektenbeobachtungen auf einem Moorgelände, dessen Zugehörigkeit zu einem der Moortypen nicht hinlänglich klar ist. 2) v. Klinggraeff, Schmetterlingsfang der Drosera anglica (Naturwissen¬ schaftliche Wochenschrift vom 27. April 1890). 3) Fred. Y. Theobald, Mosquitoes and peat (Nature. London, v. 15. Okt. 1908, S. 607). Neue Folge, lieft 55. UI. J 66 3. Hochmoore. Nonne ( Ocneria dispar ) besucht; ferner wären auch die parasitisch auf dem Wilde lebenden zu nennen, insbesondere die Hirschlaus. Große, jungfräuliche Hochmoore sind bei uns — namentlich in Ostpreußen — Zufluchtsstätten für das Wild und vieles andere Getier, das bei der beständigen Unruhe, die das kultivierte Land bietet, dorthin sich zurückzieht, aber seine Äsung wo anders sucht. Kreuz und quer, oft dicht beieinander, ziehen Wildwechsel durch, in denen oft Wasser steht, so daß man an sehr schmale Hüllen erinnert wird, aber das W asser fließt nicht und die typi¬ sche Rüllen-Randflora fehlt. Hervorragend ist nach der ange¬ gebenen Richtung die Zehlau, die am Rande auch stets Kraniche beherbergt, die dort einen ruhigen Brut- und Wohnort finden. Schon Hennenberger (Erclerung der Preußischen größeren Landtafel, Königsberg 1595) berichtet: der »Zela Morrast« ist ein sehr großes Morrast oder Gebruch . . . , auf welchem im Sommer die Kranche jungen ziehen . « Ch. A. Davis (Peat 1907 S. 165) macht auch auf das zeit¬ weilig reiche Vogelleben auf nordamerikanischen Hochmooren auf- merksam, wobei die vielen Beeren tragenden Pflanzen, u. a. Aronia nigra , das Anziehungsmittel sind. Auf den trocknen Bülten ostpreußischer Hochmoore bemerkt man nicht selten Kreuzottern ; namentlich halten sie sich gern am Rande der Hochmoore auf und auf trocknen und toten Hoch moor¬ strecken; sie sind auch in den Vorzonen zum Hochmoor zu finden. Re^enwürmer und Maulwürfe finden sich — wie auf allen Mooren o — auch auf Hochmooren oft schnell ein, wenn der Wasserstand nur um ein Geringes unter das Oberflächen-Niveau dauernd ge¬ senkt wird, da die bleibende Feuchtigkeit bei der Nähe des nunmehrigen Grundwasserspiegels den Regenwürmern sehr dien¬ lich ist. Höhenhochmoore werden hingegen gelegentlich von Maulwürfen auch schon vor stärkerer Entwässerung besucht, und das ist ja bei ihrer größeren Trockenheit — gehören sie doch zum Landklima-Hochmoor-Typus — erklärlich. Ich sah hier und da Maulwurfshaufen am Rande von Höhenmooren des Iser- und Erzgebirges. Wo großes Wild in beträchtlicherer Zahl geschont wird, kann 3. Hochmoore. 67 das auf den Habitus des Hochmoorgeländes stark verändert wirken, insofern als dann z. B. der Bestand größerer Gehölze mehr oder minder vollständig verschwinden kann durch Wildverbiß und Ab- weiden des Anflugs. Dem Bredszuller Moor im Memeldelta fehlen deshalb auf sehr große Strecken Krüppelbäume gänzlich: Fig. 131). Daß selbst der schwere Elch die Hochmoore in Ostpreußen regel- Figur 13. Hochmoor von Bredszull im Memeldelta. Diesseits des Wildzaunes mit Krüppel-Kiefern, jenseits, im Elch- und Waldrevier, ohne Baumwuchs. mäßig besucht, wird ihm durch die weite Spreizbarkeit seiner langen Hufe ermöglicht. Auch die im weichen Boden mitwirkenden Afterklauen helfen mit, einem Einsinken des Tieres entgegenzu¬ wirken. l) Es sei die Gelegenheit benutzt, auf das Gemälde von Rich. Friese »Bredszuller Moor« hinzuweisen, das mit seinem Elch eine sehr gute Anschauung von diesem Moor gibt. Das Bild befindet sich in der Gemäldegallerie der Stadt Königsberg. 5 68 3. Hochmoore. Diese zum Teil durch die Kultur bedingten Verhältnisse dürfen aber nicht auf das Tierleben der Hochmoore unter Naturzuständen übertragen werden. Sehen wir die Tierwelt an, die zum Hoch¬ moor selbst gehört, so ergibt sich eine relativ sehr spärliche Arten- und Individuenzahl, bedingt durch die einheitlichen Bedingungen und die geringe Nahrung, die auch für Wassertiere spärlich ist. A. Protz hat 1905 (Physik. -ökon. Ges. zu Königsberg i. Pr.) die Gewässer der Zehlau untersucht und fand im Juli nur — abgesehen von Protozoen und Rotatorien — 29 Tierarten, nämlich 5 Coleo- pteren, 2 Hemipteren, 1 Arackmide, 4 Hydrachmiden, 1 Oribatide und 12 Daphniden, sowie Dipteren und Orthopterenlarven. Ostra- coden und Mollusken wurden nicht gefunden. Frösche fehlen übrigens ebenfalls den Hochmooren. Von größeren Insekten habe ich selbst in den Kolken nördlich Manchem nur einmal 2 Exemplare von Gyrinus natator und 1 Exemplar von Notonecta glauca gesehen und diese Kolke liegen nicht weit von bewohnten Orten und sind überdies vielleicht von Quellen beeinflußt. C. A. Weber gibt im »gelblich-weißen«, also im Sphagnetum- Torf des Augstumal-Moores (1902 S. 15) an »wenige Chitinreste (Eihüllen von Würmern usw.)«. »Hochmoortönnchen«, das sind Co- cons von Nephelis , sollten — ihrem Namen entsprechend — für Hoch¬ moortorfe charakteristisch sein. Ich habe mich aber vergeblich bemüht, im Torf jungfräulicher Seeklima-Hochmoore solche »Tönn¬ chen« zu finden; jedenfalls sind sie also selten und können nicht als generelle Vorkommnisse angesehen werden. Auch erwachsene Exemplare von Nephelis habe ich in Schlenken, Teichen und dergl. auf jungfräulichem Seeklima-Hochmoor nicht beobachten können, jedoch kommen sie auf totem Hochmoor usw. vor. Bei solchen Untersuchungen sind stets die speziellen Umstände zu berück¬ sichtigen. So kann man gelegentlich auch einmal an Rüllen selbst Gehäuse tragende Mollusken, wie Planorbis finden, wenn näm¬ lich das Wasser der Rulle wesentlich einer außerhalb des Hoch¬ moores entspringenden, Kalk führenden Quelle entstammt. Das war z. B. der Fall bei der Rülle, die auf dem Großen Moosbruch von Norden herunter auf die Kolonie Elchtal zufloß. Eine Anreicherung von Nahrung und zwar durch Exkremente 3. Hochmoore. 69 namentlich in den Hochmoorteichen findet durch die oft sehr zahl¬ reichen Vögel statt, die die Teiche aufsuchen. Bei den gewaltigen Scharen von Enten, aber auch von Gänsen und Kranichen, die ich auf und an den abgelegenen Teichen immer wieder beobachtet habe, Scharen, die freilich hier mehr Ruhe suchen als Nahrung, die wenigstens auf unseren Seeklima-Hochmooren nur sehr spärlich vorhanden ist, kann unter Umständen die Zufuhr an Nährstoffen nicht gering sein. Hochmoorgewässer. Die Hochmoorgewässer sind allermeist sehr still und klar trotz der oft bräunlichen Farbe. Ordentliche Wasserblüte habe ich nie gesehen. Nur die Hochmoorbäche, die Quellen ihren wesentlichen Ursprung verdanken und dann nahrungsreicher sind, können sich u. a. durch starke Algenbesetzung auszeichnen. Die Wasserstellen und Gewässer scheiden sich in 1. Sch len¬ ken, 2. Teiche und Seen, sowie 3. Bäche, die gemeinhin Rüllen genannt werden. 1. — Schlenken sind mit Wasser besetzte oder nasse Stellen, oft von gestreckter Form zwischen den Bülten bezw. den tieferen Stellen einer bultigen Oberfläche, wenn sie auffälliger durch Nässe hervortreten, oder ausgetrocknet durch Wasser wesentlich beein¬ flußt sind. Hier wachsen Wasserpflanzen und starke Nässe liebende Pflanzen, besonders Wasser-Sphagnen, die untergetaucht leben und in trocknen Perioden oder bei Entwässerungen schnell absterben. Dann sieht man die Schlenken als humusfarbige Bänder zwischen Bülten auftreten, weil in dem angegebenen Fall die abgestorbenen Pflanzen durch den Einfluß der Luft sich schneller zersetzen, die Humation schneller vonstatten geht. Beispiele von Schlenken und von schlenkigem Terrain bieten unsere Fig. 14 und 15. o O 2. — Die Hochmoor-Teiche und -Seen (Bd. I S. 54 u. S. 57, Fig. 7, Bd. II S. 182 Fig. 29) nennt man in manchen Gegenden Augen, in anderen Bläcken, Blecken, Blänken, Gesäre (Erzgebirge), Kolke, Lochs, in den Mooren östlich und westlich -der Ems spricht man von Meeren, sonst auch zum Teil hier und Schlanke, die durch Sphagnum im Zuwachsen begriffen ist. Bredszuller Hochmoor im Ibenhorster Forst (Memel-Delta). auf den Kreis- und anderen Karten des Großen Moosbruchs, Dumble usw. Ein in seinem Zentrum mit vielen Seen und Teichen besetztes Hochmoorgelände veranschaulicht die Fig. 16 und zwei dieser Wasserstellen aus der Nähe gesehen die Fig. 17. Ihre Genesis hat schon A. Pokorny richtig angegeben1), indem l) Pokorny, Nachrichten über den Laibacher Morast und seine Vegetations- Verhältnisse. (Verhandl. zool.-botan. Ges. Wien 1858 S. 354). 70 3. Hochmorre. wo anders von Moorseen, Seeblecke, Seeblicken, See¬ fenster (u. a. in Österreich), Seelacken (Böhmer-Wald), Torf¬ seen usw. Die Litauer mit ihren vielen und großen Hochmooren wenden ebenfalls eine Anzahl besonderer Namen an, so Bedugnis (d. h. ohne (-be) Grund (-dugnas), von Deutschen verbalhornt in Padugnis usw.), Burbolinen (burbulas = Wasserblase) heißen sie Figur 14. Schlenke auf einem schwedischen Hochmoor. Die Photographie verdanke ich der Moorkultur-Station in Jönköping. Hochmoorgelände nördlich von Mauchern, im Zentrum mit Teichen und Seen. Der Vordergrund ist ein.. Teil einer aus dem Moor^ aufragenden Diluvialinsel. Mit dem Teleobjektiv von dem Vermessungsturm aus für mich aufgenommen von Herrn Otto Roth. 72 3. Hochmoore. 3. Hochmoore. 73 er sagt: Solche in Mooren vorkommende Tümpel pflegen in auf¬ steigenden Quellen . . ihre Ursache zu haben. . .Andererseits sind sie öfter nur mit gewöhnlichem Moorwasser ausgefüllt, welches ... in Hochmooren einen beträchtlich höheren Wasserspiegel hat, als be¬ nachbartes fließendes Wasser.« Nach meinen Erfahrungen und Eindrücken überwiegen die von Quellen unabhängigen Teiche und o v rj o Figur 17. Hochmoorteiche mit Nymphaea im nördlichen Teile des Großen Moosbruchs (Memel=Delta). Aufgenommen am' 25. September 1907. Seen auf den Hochmooren bei weitem; es findet sich in ihnen der Uberschuß des aufs Moor gelangten Wassers. In diesen Seen können auch Pflanzenarten wachsen, die sonst dem Hoeh- moorpflanzen-Yerein fremd sind, wie Nymphaea alba , auch N. candida*, die spärliche, wenn auch in den Wässern etwas angereicherte Nahrung gestattet aber meist kein üppiges Auftreten solcher 74 3. Hochmoore. Arten. Am Rande der Seen stehen bei ihrem frischeren Wasser gern etwas größere Bäume, die sich gelegentlich so auffallend um sie herumdrängen, daß man auf der Hochmoorfläche die Seen schon von weitem an diesem Baumwuchs erkennt. Besonders handelt es sich bei uns um Pinus süvestris und Betula pubescens , auch um Picea exceha. Die Seen resp. Teiche können mehrere Meter tief sein; es ist vielfach gewissermaßen ein langsames stellenweises Auseiuanderweichen des Torfes der Hochmoorfläche anzunehmen: die Aufbruchsstellen müssen dann natürlich Seen oder Teiche sein. Vielfach müssen die Stellen mit Seen sehr dauernd dieselben Stellen besetzt halten, denn nicht selten (in NW-Deutschland) werden sie von Waldmoorbilduugen unter- lao-ert, die auf die latme an diesen Stellen vorhanden gewesene etwas reichere Nahrung hin weisen. Wenn die Kolke Quellen ihren Ursprung verdanken oder durch solche unterstützt werden ; so ver¬ steht sich das Festhalten ihres Ortes von selbst. Zwischen den Wasserstellen und den Wasserpflanzen (beson¬ ders Wasser-Sphagnen) und Wasser liebenden Pflanzen des Hoch¬ moors findet ein ständiger Kampf um den Platz statt; es können dadurch H o c h m o o r s ü in p f e und Sc h w i n g h o c h m oor- Strecken entstehen. Schlenken verwachsen natürlich besonders schnell wieder. Fig. 14. Vergl. auch Bd. I S. 56 Fig 7: ein durch Sphagnum ver¬ landender See. Hochmoorsümpfe würden diejenigen Gelände sein, die breiigen, nicht begehbaren Torf enthalten, während die zunächst durch Verlandung entstehenden auch außerhalb des Moorgeländes vor¬ handen sind, nämlich dort, wo es sich überhaupt um sehr nah¬ rungsschwache Wässer handelt, die der Versumpfung durch Organismen anheimfallen. Die Verlandung von Wasserstellen auf Hochmooren und in nahrungslosen Gewässern überhaupt ge¬ schieht durch andere Pflanzen-Vereine als diejenigen nahrungsreicher Gewässer: Fig. 1. Hier spielt von Sphagnum- Arten bei uns besonders S. cuspidatum eine hervorragende Rolle, auch Hypnuvi fluitans kann große Moos- Schwingflächen erzeugen. In einem Hochmoor¬ teile im südlichen Kehdinger Moor bei Stade fand ich reichlich das Hochmoore. 75 Braunmoos Jungermannia (Lophozia) inflata *). Der Bd. II S. 18/5 Fig. 29 abgebildete Hornsee (Wilde See) im Schwarzwald mit Sphagnum- Rasen ist eine Wasserstelle (ein großer Teich) in einem Hochmoor. Solche Wässer sind zwar nahrungsarm aber immerhin nahrungsreicher als der umgebende Hochmoorboden. Fs kann daher nicht wundernehmen, wenn hier auch Arten als Verlandet' anftreten, die sonst vorwiegend in nährstoffreicheren Boden zu finden sind, wie zusammen mit großen Sphagnum- Teppichen ein großer Carex riparia- Bestand an der Luv-( West-)Seite des Hornsees mit vielen Exemplaren bis 1,80 m lang; diese Art ist sonst für die fruchtbaren Marschgegenden charakteristisch. Eriophorum angusti- folium , die sonst eine Flachmoorwiesen-Pflanze ist, im Gegensatz zu der Hochmoor-Art E. vaqinatum , bekleidet am Rande des Horn- sees an einer anderen Stelle eine große Schwingmoor-Partie. In der Lüneburger Heide spielt als Verlandet' in gleichem Falle auch Rhynchospora alba eine große Rolle, in den östlichen Provinzen des Königreichs Preußen S cheuchz er ia palustris. In und an den fast ver¬ landeten Hatzseen in der Lüneburger Heide, die überdies als Tränken für die Heidschnucken durch ihre Exkremente Nahrungszufuhr und Veränderung im Pflanzenbestande erfahren, notierte ich August 1905 die folgenden wundervoll abgegrenzt entwickelten Zonen: 1. im Zentrum, im Wasser stehend Glyceria fluitans und Scirpus palustris, 2. Am Rande im Wasser Sparganium cliversifolium , darauf folgten nach der Landseite 3. eine Sphagnum-Lowe (mit Sphagnum der acuti- folium- Gruppe) mit Agrostis canina stolonifera und Scirpus palustris, dann 4. eine Zone mit Eyclrocotyle , Agrostis canina communis und Polytrichum strictun (worauf dann auf dem vollständig Trocknen 5. eine Zone mit Erica Tetralin sodann 6. mit Calluna vulgaris und Juncus squarrosus folgte). Vergleicht man solche Bestände mit jenen nahrungsreicher Wässer, wie sie im Kapitel Flachmoore Bd. II S. 162—185 an¬ geführt wurden, so ergibt sich meist ein beträchtlicher Unter¬ schied, der sich auch durch die kleineren Pflanzenformen in den ’) Freundlichst bestimmt von dem Bryologen Herrn Loeske. 76 3. Hochmoore. letzterwähnten Fällen gegenüber den größeren in den zuerst behan¬ delten jedermann auffällig macht. Der Schwingmoorteppich wird naturgemäß nach Maßgabe seines Alters immer mächtiger durch die an der Oberfläche stetig O O weiter erzeugte organische Substanz und dem allmählichen Einsinken in das Wasser, so daß die Oberkante des Schwingmoores in der¬ jenigen des Wassers bleibt; die Decke kann schnell begehbare Mächtigkeit erreichen, besonders wenn der Wind die in das Wasser hiuauswachsenden Sphagnum- usw. Rasen immer wieder ans Ufer drückt und Glumifloren-Bulte die Verlandung unterstützen. So ist es meist möglich, bis ans Wasser selbst zu treten. In man¬ chen Fällen aber verdrängen Land- Sphagna in kompakter Masse und gleich mit Ericaceen durchsetzt das Wasser, so daß auch eine solche Wasserkante wie eine kleine Steilküste aussieht; so sah ich wiederholt die Verlandung nahrungsschwacher Gewässer (nicht auf Hochmooren, wo ich dort Kolke überhaupt nicht beobachtete) im östlichen Waldgebiet Süd-Canadas vor sich gehen; vielleicht ist sie für extreme Gebiete mit Landklima charakteristisch. Das Schwinghochmoor am Nordufer des Pechsees im Grune- wald bei Berlin, Fig. 1, ist ein Sphagnetum. Es lassen sich 4 Zonen unterscheiden: 1. Am Rande des Wassers selbst, das sehr nahrungsschwach ist (mit Ammoniumoxalat versetzt, gibt es — - z. B. im Gegensatz zum Grunewaldsee — gar keinen Niederschlag von Calciumoxalat), aber doch immerhin etwas reicher als das Moorwasser selbst, wächst Car ex canescens , Car ex liniosa, {Car ex rostrata ), Scirpus palustris. — 2. Dann folgt in schmaler Zone ein Bestand von Sphagnum und Juncus ejfusus. — 3. Sodann eine breitere Zone wiederum natürlich mit Sphagnum-lDoden, mit etwas Polytrichum strictum , Anflug von Pinus silvestris , der schon in 2 beginnt. Ferner sind bemerkenswert Juncus ejfusus , Eriophorum vaginatum , (Scheuchzeria palustris), ljedum palustre (kleinblättrige Hoehmoorform), Vaccinium oxycoccus , Drosera rotundifola. — 4. Die 4. Zone hat dann den Charakter eines kontinentalen Hochmoores, das sich hier noch besonders nach N hin erstreckt, mit Sphagnum , weniger wie in 3, Poly- 3. Hochmoore. 77 Figuren 18 und 19. Rülle von Schießgiirren im Hochmoor von Augstumal (Memel- Delta). Auf dem unteren Bilde ist im Verfolg der Rüllenrichtung bis fast zum Horizont ein Arundo phragmites-Be stand sichtbar, der in dem oberen Bilde aus der Nähe wiedergegeben ist. Aufgenommen am 31. August 1907. 78 3. Hochmoore. trichum strictum , Aspidium spinulosum , Pinus silvestris in dichtem Bestand kleiner Exemplare und Betula pubescens , Vaccinium oxy- coccus, D roser a rotundifolia, Rubus idaeus. 3. — Auch die Rüllen (Rillen) (Bd. I S. 54 und S. 57 Fig. 8) haben besonders bei den Litauern verschiedene Namen: Szoge, auch Schoje geschrieben (z. B. die Bindo Szoge auf dem Gr. Moosbruch) heißt allgemein Fließ und Flüßchen, auch Upit hat denselben Sinn. Aus dem schon Bd. I S. 54 angegebenen Grunde werden die Rüllen von anspruchsvolleren Pflanzen begleitet, vergl. auch Fig. 18 u. 19, erst recht dann, wenn sie Quellen ihren Ursprung verdanken, wie z. B. die Bd. I S. 57 Fig. 8 abgebildete Rülle bei Elchtal. Solche Quellen mögen zuerst Quellmoorhügel gebildet haben (vergl. hinten). Das Wasser der Rüllen erreicht schließlich den Rand des Hochmoors und vernäßt ihn; wir sehen daher auch hier Verlander nahrangsreicher Gewässer und sonstige Flachmoor¬ typen wieder auftreten, indem sich bei uns dann besonders gern eine Hochmoorvorzone mit Arundo phragmites (Bd. I S. 53 Fig. 5) entwickelt, deren Einfluß durch die Rülle topographisch deutlich zu verfolgen ist. Kleinere Rüllen beschränken sich oft auf die Vernässung des Hochmoorrandes, wo sie sich zu beiden Seiten verlaufen, bedeu¬ tendere aber können ihren Einfluß weit in die eventuell vorge- lagerten Moorzonen bemerkbar machen und diese auch als Wasserlauf durchfließen. In den dem Hochmoor vorgelagerten Zonen südöstl. Nemonien ist oder war dies der Fall; aus der Zehlau fließt ins Vorland ein tüchtiger Bach hinein, dieses bis zum Anschluß an den nächsten Fluß durchlaufend. In Zwischenmooren ist dann der Floren- Gegensatz besonders auffällig. Bei Nemonien sind in dieser Moor¬ zone durch den Rüllen-Einfiuß dort, wo sie vor der Entwässerung verlief, vorhanden: Aspidium thelypteris , Arundo ph., Calamagrostis lanceolata , Comarum palustre, Meng an th es trifoliata , Lysimachia thyrsiflora usw. Das Ufer der Rüllen läßt oftmals deutlich Zonen erkennen, die parallel zu ihr verlaufen und ihre mit der Entfernung abneh- 3. Hochmoore. 79 menden Einflüsse der Nahrungs-, Sauerstoff*- und Wasserzufuhr zu erkennen geben. So zeigte mir ein Teil der Schießgirrener Hülle des Augstumalmoores (bei Heydekrug, Ostpreußen), die nach Weber (1902 S. 109) Quellwasser führt, 3 Zonen, nämlich 1. in» und unmittelbar am Wasser Lysimachia thyrsiflora , Arundo phrag- mites } dann folgte 2. eine Sphagnetum-Zone mit Carex rostrata und Scheuchzeria palustris , sodann folgte 3. eine solche mit Calluna vul¬ garis , Ledum palustre , Ruhus chamaemorus , Cladonia rangiferina , auf den Bülten auch etwas Polytrichum strictum , durch diesen Bestand darauf deutend, daß die Hüllen aus ihrer Nähe das Wasser abziehen können, wie das ein künstlicher Graben tut, und so vermögen auch die Hüllen eine kleine Annäherung au die Vegetation toter Hochmoore zu schaffen. An und in der Hülle nördlich Elchtal, die — wie schon ge¬ sagt — ebenfalls Quellwasser führt, das von der inmitten aus dem Moor aufragenden Diluvialinsel, auf der Mauchern liegt, Fig. 16, her¬ stammen dürfte und so kalkreich ist, daß selbst die für ihre Schalen¬ bildung bedürftige Planorbis eorneus in der Hülle lebt, waren auf¬ fällig: Algen watten, Marchantia , Aspidium thelypteris , Arundo phragmites , Carex canescens, Carex disticha od. elongata , Carex filiformis 1 Carex rostrata , Eriophorum angustifolium , Hydrocharis morsus ranae , Lernna minor , Calla palustris , Nymphaea alba , Be¬ tula pubescens in etwas größeren Bäumen, Comarum palustre , Cieuta virosa tenuifolia, Menyanthes trifoliata , Lysimachia thyrsiflora. Der Rüllentorf unterscheidet sich auffällig durch seine schwarze Farbe von dem umgebenden hellen Sphagnetum-Torf. Große, tiefer ins Moor eingesenkte Hüllen haben Hänge, die naturgemäß bei ihrer stärkeren Abböschung und dadurch leich¬ teren Entwässerung im ganzen melir die Flora von Bülten zeigen. Dasselbe ist der Fall an den Hängen, die größere Hochmoor-Flächen begrenzen. In den Moorgeländen des Memel-Deltas usw. ist dieser Hochmoor-Handhans; eine Kiefern-Ledum-Zone mit kleinen Kiefern, die aber dicht stehen. Es ist begreiflich, daß solche Hänge wegen der stärkeren Entwässernns: in ihrem Vegetations- Charakter an unsere Landklima-Hochmoore erinnern. 80 3. Hochmoore. C. A. Weber hat den Vegetationsbeständen vom Übergang vom Hochmoor in das Vorgelände (1902 S. 126 — 131) eine Dar¬ stellung gewidmet. Südöstlich und südlich von Nemonien fand ich in der durch Ver¬ nässung von (freilich jetzt wegen Kultivierung großer Hochmoor- Plateau-Strecken nicht mehr fließenden) Rüllen gebildeten Röh- richt-Hochmoor-Vorzone die folgenden Pflanzenarten. Diese Zone ist in floristischer Hinsicht das ergiebigste Gelände des ganzen o o o Moores (Jagen 29 und 31). Um die Liste richtig würdigen zu können, ist nicht nur ein Vergleich derselben mit den früher ge¬ botenen Listen notwendig, sondern auch mit den später gebrachten, welche sich mit der eintönigen Flora des Hochmoorplateaus be¬ schäftigen. Am auffälligsten ist ein lockerer Bestand von Arando phrag- mites! Andere Gramineen sind Calamagrostis lanceolata! C. neglecta. Gehölze sind: Betula pubescens ! (kleine Exemplare), (Picea excelsa: kleine Exemplare), Salix Lapponum u. a. Salix- Arten, die vom Elch stark verbissen sind. — Ericaceen besonders Andromeda calgculata. — Von Moosen ist außer Sphagnum! noch Aulac omnium palustre zu nennen. — Pteridophyten : Equisetum limosum und Aspidium thely- pteris. — Unter den Monocotyledonen überwiegen die Cype- raceen: Car ex chordorrhiza , Car ex dioeca , Car ex filiformis , Car ex limosa , Carex paradoxa , Carex pauciflora , Carex rostrcita , Erio- phorum vaginatum (aber auch Eriophorum angustifolium). Andere monocotyle Stauden sind: (Typha latifolia ), Triglochin palust ., Scheuchzeria palustris , (Iris pseudacorus) . Besonders reichlich ver¬ treten sind Orchidaceen: Corallorrhiza innata, Epipactis pa¬ lustris, Liparis Loeselii , I Aster a ovata , Microstylis monophylla , (Orchis incarnata ), Orchis macul. elodes! Platanthera bifolia. Schlie߬ lich sind noch zu nennen von dicotylen Stauden: (Cicuta virosa angustifolia ), Cirsium pulustre , Comarum palustre , Drosera rotun - difolia , Epilohium palustre , Galium palustre , Lychnis flos cuculi , I Ajsimachia thyrsiflora , Menyanthes trifoliata , (Myosotis palustris), (Pirola uniflora, an Bäumen), Rumex cicetosa, Stella, ria palustris. Man sieht hier wie an den Rüllen manche Flachmoorformen 3. Hochmoore. 81 auftreten, wie überhaupt ganz allgemein floristisch ein Rückschlag nach den vorausgehenden Moorzonen stattfindet. Gelegentlich sind große Gelände-Lappen, die in das Hoch¬ moor eindringen, stark vernäßt, sei es, daß das ganze Terrain rüllig ist, sei es, daß sonst eine Ursache dafür vorhanden ist; oft mögen quellige Stellen des Untergrundes solche Vernässungs- Gebiete bedingen. Auf dem vom Landesgeologen Dr. Kaunhowen geologisch aufgenommenen Meßtischblatt Nemouien sind die Ver¬ nässungs-Gebiete eingetragen. Ihre Flora tendiert wie die der o o o Füllen zum Zwischen- und Flachmoor. Das große, breite Vernässungsgebiet im südöstl. Teil des Nemoniener Hochmoores war 1911 in dem noch erhaltenen Teil (der größte Teil ist kultiviert) durchweg bestanden mit Arundo phragmites. Der Boden trägt oft mehr Braunmoose als Sphagnen. Von sonst charakteristischen, überall ziemlich gleichmäßig ver¬ tretenen Arten seien genannt an Gehölzen, und zwar überall ziemlich gleichmäßig verteilt sind Salix repens und zwar die breitblättrige aber auch schmalblättrige Form, ganz niedrig- strauchige Exemplare von Betula pubescens , von Kräutern Equi- setum limosum, Cardamine pratensis angustifoliola, Carex paradoxa (6'. stricta nur? am Rande, wo das kultivierte Gebiet vielleicht schon größeren Einfluß hat), C. rostrata, Comarum palustre , Drosera rotundifolia , Rumex acetosella , Stellaria palustris , Menyanthes trifoliata.. Von solchen Hochmoor- Vernässungsgebieten bis zum reinen Seeklima-Hochmoor-Bestand gibt es natürlich alle Übergänge. Das in der Fig. 20 wiedergegebene Gebiet aus dem südöstlichen Teil des Großen Moosbruches nördlich von der Mehlaukener Forst in Ostpreußen ist ein solches Gebiet. Hier ist zwar Sphagnum als Bodendecke so gut wie ausschließlich vorhanden, aber es sticht spärlich hier und da etwas Arundo phragmites durch. Der im Nemoniener Gebiet zwischen der S. 80 angegebenen Röhricht-Hochmoor- Vorzone und dem Hochmoor-Plateau einge¬ schaltete (etwas trocknere) Hochmoorhang trug die folgende Flora, die im Gegensatz zu der Röhricht-Zone wesentlich mehr 6 Neue Folge. Heft 55. III. Seeklima- Hochmoor. Blick In den südöstlichen Teil des Großen Moosbruchs nördlich der Mehlaukener Forst in Ostpreußen* An einer stark vernäßten Stelle. Es sticht spärlich Arimdo phragmites durch. Das Terrain ist gleichzeitig etwas rüllig. (26. Sept. 1909.) f) Hochmoore. 83 Trockenheit liebende Arten aufweist (Jagen 26, 32, 42, 43, 54, 55); auch das besonders reichliche Vorkommen von Kreuzottern und Eidechsen ( Lacerta agilis) deutet auf die größere Trockenheit: in einem Falle fand ich sogar einen Regenwurm. Die folgende Liste ist ebenfalls zu ihrer richtigen Würdigung außer mit vor¬ ausgehenden mit den folgenden zu vergleichen. Gehölze: Pinus silvestris! (kleine Exemplare, aber dichter Bestand; Triebe kurz, aber die letzten Jahre langtriebig als An¬ zeichen für die Entwässerung), (Picea excelsa- Anflug), (Ainus glutinös a , gelegentlich kleine Büsche), ( Betula pubescens- Enftug), (Rhamnus fr angula), ( Sorbits aucuparia ). — Ericaceen: Andro¬ meda calyculata , Andromeda polifolia , Calluna vulgaris , Ledum pa- lustre! ( Vaccinium Myrtillus ), V. oxycoccus , V uliginosum , F. idaea. — Außerdem Enipetrum nigrum. — Von Moosen sind außer Sphagnum!! vorhanden: Aulacomnium palustre , Hypnum Schreberi usw., Mnium , Polytrichum strictum. — Cyperaceen: Carex canescens , 6’. elongata , Eriophorum vaginatum. — Dicotyle Kräuter: ( Cirsium silvaticum ), ( Comarum palustre\ Drosera rotun- difolia , Galeopsis , Pirola minor , P. unißora , Ramischia secunda , Rubus chamaemonis ! Ganz allgemein und fast nur da nicht mehr vorhanden, wo die Kultur Änderungen bewirkt hat, sind die Hochmoore umgeben von diesem nach den auffälligten Arten am besten als Pinus-Ledum- Hochmoor- Vorzone zu bezeichnenden Rand, mit dicht stehen¬ den Kiefern und groß aufwachsendem Ledum. Diese Vorzone kann unter Umständen recht breit sein. A. Seeklima-Hochmoore. Abgesehen von den, durch besondere Bedingungen veranlaßt (Riillen usw.) auf unseren Hochmooren wachsenden Arten, die sonst für Flachmoore u. dergl. charakteristisch sind, ist doch die Vegetation der Hochmoore eine gegenüber den früher genannten Moor- Typen durchaus selbständige und zwar dies am ener¬ gischsten ausgedrückt auf den Seeklima - Hochmooren (Kü steu- 6* 84 3. Hochmoore. hoch ffloor typ us) 1). Das echte ordentliche Hochmoor dieser Klasse wird so vorwiegend von Sphagnum gebildet, daß man zu der Zeit, wenn die Cyperaceen noch nicht emporgewachsen sind, fast nur einen ausgedehnten Moos-Teppich sieht. Denn wo die Feuchtigkeitsverhältnisse so günstig für das üppige Wachstum von Sphagnum liegen, daß dieses durch schnelles Hoch wachsen die sonstigen in seiner Gemeinschaft lebenden, aber nicht so schnell mitwachsenden Arten, wie Ledum , Andromeda (vergl. Bd. II S. 140 die Fig. 20) usw. usw. zu ersticken vermag, da haben wir ein reines Sphagnetum-Hochmoor. Auf den eigentlichen Hochmoorflächen sind dann nur noch in ewiger Wiederholung wenige Arten vorhanden. Alles wird vom Sphagnum bedrängt und wächst in kleinen Exemplaren auf, wie z. B. in Ostpreußen auch Rubus chamaemorus , die überdies hier steril bleibt, aber auf entwässerten Stellen kräftig aufwächst und dann auch Früchte erzeugt. Nur Carex limosa und Scheuchzeria palustris sind an nassen Stellen in ihrer vollen Ausbildung vor¬ handen. Der Seeklima-Hochmoortypus ist bei uns in den Gebieten stärksten Regenfalles sehr verbreitet oder, besser gesagt verbreitet gewesen, also in NW. - Deutschland und dann an der Küste bis zum Gebiet des Kurischen Haffs und von Finland2). Unsere haupt¬ sächlichsten Hochmoore sind und waren solche vom Seeklima-Typus. P. Graebner äußert sich so3): »Im regenreichen Nordwest¬ deutschland und an den ähnlichen Küstengebieten des Ostens wird durch Sphagnum oft die ganze Vegetation des Flachmoors bald unterdrückt. Je weiter man jedoch nach dem östlichen Binnen¬ lande vordringt, einen desto schwereren Kampf kämpfen die Sphag¬ num-Massen mit ihren Begleitern, desto mehr zieht sich die reine Sphagnum- Vegetation in den Schutz anderer Pflanzen namentlich der Bäume zurück. Die Folge ist, daß in feuchten Klimaten die !) Potonie, Eine Klassifikation der Kaustobiolithe. Sitzungsber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. vom 13. Februar 1908. 2) Vergl. hierzu G. Hf.llmann’s Regenkarte von Deutschland. Berlin 1906. 3) ln der 1. Aufl. des vorliegenden Werkes. 3. Hochmoore. 85 Zwischenmoortorfe meist verhältnismäßig schwach ausgebildet sind, während sich in trockneren, wärmeren Gebieten die fremden Bei¬ mischungen noch sehr lange, ja mitunter dauernd erhalten. Von den Waldbäumen verschwindet meist die Fichte bei üppigem Sphagnum- Wuchse zuerst und allmählich treten namentlich im Osten Nord¬ deutschlands an Stelle der Bruchwaldpflanzen die Kiefer (nament¬ lich P. ä. var. turfosa ) und die Besenbirke, Betula pubescens (häufig in der strauchigen Rasse carpatica').« In Fortsetzung der im Vorausgehenden, S. 83, gebotenen Pflanzenarten-Listen der Moorzonen des bei Nemonien vorhandenen Moorgeländes nennen wir im Folgenden die Arten des sich an das dortige Zwischenmoor mit Einschaltung einer Hochmoor-Vorzone anschließenden Hochmoors des »Großen Moosbruchs«. Der trockenere Randhang, der zwar auch einen Sphagnum- Teppich wie die Hochmoorfläche besitzt, ist meist ein dichterer Bestand kleiner Exemplare von Pinus silvestris , daneben ist viel Calluna vulgaris vorhanden (S. 83). Auf den Hang folgt dann die ge¬ waltige Hochmoorfläche, deren Boden natürlich erst recht von Torf- moosen eingenommen wird. Die wesentlichen Flora-Bestandteile, in eintöniger, steter Wiederholung sind : Moose: Sphagnum! !!! Aula- comnium palustre. — Nadelholz: Pinus silvestris, sehr klein, sehr vereinzelt und meist verkrüppelt. — Cyperaceen: Carex limosa! Scirpus caespitosus ! ! Eriophorum vaginatum! (hier Federblume ge¬ nannt; vergl. Bd. I S. 135), Rhynchospora alha. — Juncaginacee: Scheuchzeria palustris. — Ericaceen: Andromeda polifolia, Vacci - nium oxycoccus! — Andere Dicotyledonen: Drosera anglica ! D. obovata , D. rotundifolia , Rubus chamaemorus. — Besonders auf den trockenen Stellen, d. h. den Bülten: Cladonia rangiferina , Polytrichum strictum , Calluna vulgaris , Ledum palustre , Empetrum nigrum. — (Verschleppt (vielleicht vom Wild) fand sich nur in einem Exemplar die kalkfeindliche Rumex acetosella'). Man vergleiche damit die Floren-Zusammensetzung eines im NW. Deutschlands gelegenen Hochmoores, als es zur Zeit Grise- bach’s1) zum Teil noch jungfräulich war, nämlich die Flora einer l) Gkiesebagh, Bildung des Torfs in den Einsmooren 184G S. 24 ff. 86 3. Hochmoore. damals von dem Genannten Ende Mai 1844 besuchten, »durch die Kultur unverändert gebliebenen« Strecke des Bourtanger Moores. o O Seine »vollständige« Liste enthält nur 27 Arten: Sphagnum acuti- folium!! Daneben (»accessorisch«): Mnium palustre , Bryum caespi- ticium , Polytrichum piliferum , Eriophorum vaginatum ! Scirpus caespi- tosus! Accessorisch: Drosera longifolia , D. rotundifolia, Hydrocotyle vulgaris, Orycoccus palustris , Andromeda polifolia , Galium hercyni- eum , Scheuchzeria palustris (selten), Juncus conglomeratus (stellen¬ weise die Cyperaceen verdrängend), Carex panicea, C. limosa (sehr selten), C. ampullacea (1 Exemplar), Scirpus pauciflorus. — »For¬ mation der Bülten«: Erica Tetralix! Calluna vulgaris! — Accessorisch: Empetrum nigrum , Myrica Gale , Orchis helodes , Narthecium ossifragum! Ly copodium Selago , Cladonia rangiferina , 67. coccifera. Bei Beurteilung dieser Liste ist natürlich die Zeit ihrer Auf¬ stellung zu berücksichtigen, in der z. B. die Kenntnis der Sphagna noch nicht weit gediehen war; Grisebach hätte sonst mehr Arten angegeben: jedoch ist sie auch in der gegebenen Form für unseren Zweck ausreichend, um zu zeigen, wie groß die prinzi¬ pielle Übereinstimmung der alleröstlichsten und westlichsten See¬ klima-Hochmoore ist. Es ergibt sich aus den gebotenen Listen deutlich, daß sich gewissermaßen zwei Pflanzen-Vereine auf dein Hochmoor eng mit¬ einander mischen, die eine könnte man die typische eigentliche Hochmoorflora nennen, die andere ist die Flora der Bulte, die diejenige der Zwischenmoore (abgesehen natürlich von den Zwischenmoor- Wasser- oder Sumpfpflanzen) ist. Durch das par¬ tielle Höherwachsen gewisser Sphagnen, gewöhnlich im Schutze aufkeimender Bäume oder von Ericaceen, bieten die Bulte trockenere, jedenfalls über dem Wasserstand mehr oder minder hervorragende Partien und dadurch den Standort für Cladonia , Polytnchum, Calluna , Ledum , Myrica u. dergh, und wenn die Bulte sich ver¬ größern, können sie sogar kleine bewaldete Parzellen veranlassen. Bei Zunahme des Hochmoors in die Höhe werden aber die Bulte oder die aus den Bülten hervorgegangenen trockeneren, bewaldeten 3. Hochmoore. 87 Stellen immer wieder vernäßt, so daß die Bulte und Bultstellen wieder verschwinden, um an anderen Stellen wieder zu entstehen. Auf der ganzen Oberfläche eines lebenden Hochmoors findet ein fortwährendes Entstehen und Vergehen von Bülten und aus Bülten hervorgegangenen größeren, trockeneren Strecken statt, so daß sich nachher im Sphagnetumtorf eingelagert flache, linsenförmige Bultlageu in den allerverschiedensten Größen vorfinden. Wo es sich um noch unreifen Sphagnetumtorf handelt, treten im Profil die Bultlagen als dunklere Teile oder flache, an den beiden Enden auskeilende Zonen deutlich hervor, meist nur als wenige Zentimeter mächtige Lagen, zuweilen aber, wenn eine bewaldete Stelle ent¬ standen war, wesentlich mächtiger (vergl. Bd. I S. 103). Lim den für Hochmoore typischsten Vegetations- Verein zu erkennen, sind Hochmoorstrecken zu untersuchen, die von anderen Einflüssen als denen, die für die Entstehung von Hochmoor aus¬ schlaggebend sind, möglichst unberührt geblieben sind. Die Pflanzen-Gemeinschaften auf den angeritzten Moorstrecken, und wenn sie auch nur wenig künstlich beeinflußt sind, können bei der Empfindlichkeit vieler Pflanzenarten für kleine Änderungen in den Umgebungs-Bedingungen auf keinen Fall zugrunde gelegt werden, um die für die verschiedenen Moortypen eigentlich charakte¬ ristischen Pflanzenarten kennen zu lernen. Dürfte doch im nordwest¬ lichsten Deutschland Scheuchzeria palustris , die früher — wie die Reste in den Torfen lehren — dort auf Hochmooren häufig war nur durch die Entwässerungen ausgerottet worden sein, obwohl es dort trotzdem noch viele Hochmoorstrecken gibt, die, sollte man denken, naß genug geblieben sind, die aber jetzt durch Trocken¬ perioden — - wegen der Entwässerungen der Umgebung — leichter in Mitleidenschaft gezogen werden. Um die charakteristischen Arten kennen zu lernen, sind ausgedehnte, möglichst jungfräuliche Moorflächen zu untersuchen, wie sie gegenwärtig noch in Ost¬ preußen vorhanden sind, daß ich daher auch so vorwiegend heran¬ gezogen habe. Als Paradigma und Ausgangspunkt für den Vergleich der Hochiuoor-Typen untereinander sind daher die durchaus ganz 88 3. Hochmoore. jungfräulich erhalten gebliebenen Seeklima-Hochmoore zu nehmen, bei denen das Gesagte der Fall ist. Sie stellen ein Extrem in der Ausbildung der Hochmoore dar. Die mehr oder minder weit¬ gehende Annäherung, welche die anderen Hochmoortypen an den Seeklima-Hochmoortypus zeigen, oder ihre Entfernung von diesem Typus gibt ihren Sondercharakter an, der eben durch die floristi- schen Unterschiede gekennzeichnet wird. Da es über den See- klima-Hochmoortypus nicht hinausgeht, ist bei allen anderen Hoch¬ moortypen eine mehr oder minder weitgehende Tendenz zum Zwischen moortypus (zum echten Heidemoor) oder auch zum toten Hochmoor selbstverständlich: der Unterschied der Hochmoore von dem reinsten Typus derselben, dem Seeklima-Hochmoor, kann nur nach der angedeuteten Richtung gehen. Wenn wir nun — um den notwendigen Ausgangspunkt zu gewinnen — die auf ein typisches Seeklima-Hochmoor lebenden Pflanzenarten feststellen, so sieht man, daß dies von den auf die Hochmoore überhaupt gehenden Pflanzen nur wenige sind; d. h. die echte Hochmoor¬ pflanzen- Gemeinschaft, die übrig bleibt, wenn rein und ausschlie߬ lich Hochmoor-Bedingungen walten, umfaßt nur wenige Arten und unter diesen befinden sich überdies noch solche, die auf See¬ klima-Hochmooren zwar regelmäßig gedeihen, aber hier durchaus nicht ihren Hauptstandort haben, sofern dieser durch volles üppiges Ausgestalten der Arten angegeben wird. Im Grunde genommen sind die allerextremsten, typischsten Seeklima- Hoch¬ moor strecken einfach Gelände mit einer Sphagnum- D ecke und alle übrigen P fl anzentypen erscheinen nur wie mehr oder minder geduldet. Deshalb ist der Name Heidemoor (vergl. auch vorn S. 10 — 13) insbesondere auf Seeklima-Hochmoor angewendet, besonders mi߬ lich, wenn auch Ericaceen als regelmäßige Bestandteile auf unseren heutigen Seeklima-Hochmooren nicht fehlen; aber die Pflanzen¬ arten sind hinsichtlich ilirer Wertigkeit für einen Pflanzen- Verein nach denjenigen ihrer Fundorte zu beurteilen, wo sie üppig und regelmäßig Vorkommen, und das sind für die Ericaceen die reinen Seeklima- Hochmoore eben nicht. Da könnte man mit demselben 3. Hochmoore. 89 Rechte die Hochmoore bei uns auch Kiefernmoore nennen, da Kiefern fast ständig Vorkommen, wenn auch nur verkrüppelt und auf Seeklima-Hochmooren nur vereinzelt. Stellenweise sieht man auch aus anderen Anzeichen, wie wenig die Begleitarten der See- klima-Hochmoor-Sphagnetum-Decken unter den Ericaceen hier ihre harten Lebensbedingungen finden. Denn gelegentlich ist Calluna vulgaris streckenweise in ihren oberen Teilen erfroren oder vertrocknet, wie ich das u. a. auf der Gr. Plinis und der Zehlau in Ostpreußen beobachtete. Nochmals — wie auch schon Bd. II S. 136 — sei nach dem eben Gesagten betont, daß bei Aufstellung von Pflanzenlisten die extremen Verhältnisse zunächst klar erkannt sein wollen, wenn man eine Pflanzengemeiuschaft ordentlich klassifizieren will, daß insbe¬ sondere die in Kulturländern durch Angriffe auf die Moore so häutigen künstlichen Wechselmoore durchaus für sich zu be¬ trachten sind. Auf einem Mangel nach dieser Richtung beruht es wohl auch, daß die z. B. von Otto Sendtner (Die Vegetations¬ verhältnisse Süd-Bayerns 1854 S. 627—633) angegebenen Pflanzen¬ arten, die für Hochmoor charakteristisch sein sollen, sehr hetero¬ gene Elemente enthalten, von denen insbesondere viele für Zwischen¬ moorgelände charakteristisch sind, aber auf wirkliche Hochmoore überhaupt nicht hinaufgehen. Es ist freilich dabei auch zu be¬ achten, daß der Begriff des Moores bei Sendtner insofern ein anderer ist wie bei uns, als er auf das Vorhandensein von Torf als Boden kein Gewicht legt. Aber auch heute werden noch immer in der angedeuteten Richtung störende Fehler gemacht, denn auch in der heutigen neuesten Literatur werden Pflanzen¬ listen, die für Hochmoore charakteristisch sein sollen, geboten, die in der angegebenen Richtung durchaus keine Kritik aushalten. Am schlimmsten ist es, wenn sie vom grünen Tisch aus nach Floren und anderer Literatur zusammengestellt wurden. Die bei den Kultur-Einflüssen heutige Seltenheit von jungfräulichen Mooren macht es verständlich, daß eine Kenntnis des reinen Seeklima- Hochmoor-Typus nur bei ganz wenigen vorhanden ist. (Vergl. hierzu auch hinten im Kapitel »Kultur«.) 90 3. Hochmoore. B. Landklima -Hochmoore. Das Prinzipiellste über die Landklima-Hochmoore (den ßi n nenhochmoortyp us, Potonie 1908) in ihrem Gegensatz zu den Seeklima- Hochmooren wurde S. 5 — 7 angemerkt; siehe auch Bd. I S. 39-— 4L Landklima- Hochmoore sind weit verbreiteter als Seeklima- Hochmoore. Schon äußerlich zeigen die Landklima- Hochmoore in ihrem Vegetationsbestande dadurch ein sehr abweichendes Bild von den Seeklima-Hochmooren, als sie nicht, wie diese, der bloßen äußeren Betrachtung wesentlich einen Sphagnum- Teppich bieten mit her¬ vorstechendem Gehälm, sondern es handelt sich um ein mit mehr oder minder hohes Strauchwerk besetztes Gelände, das im allge¬ meinen einen dichteren Baumbestand, freilich auch hier aus kleinen, meist Krüppelbäumen, trägt. Da die ganz überwiegende Menge von Landklima- Hoch¬ mooren bewaldete Ericaceen- Moore (Heidemoore in unserem, in engerem Sinne) sind ebenso wie die Zwischenmoore, nur daß diese größere Bäume tragen, die den Landklima -Hochmooren nicht so generell eigen sind, so könnte man im ersten Augenblick zweifel¬ haft sein, ob man die Landklima -Hochmoore nicht noch bei den Zwischenmooren unterbringen soll, insbesondere weil der ent¬ stehende Torf nach dem Vegetationsbestande und den sonstigen Verhältnissen, unter denen die Landklima -Hochmoore entstehen, oft mehr die Eigentümlichkeiten eines Zwischenmoortorfes besitzt. Allein als Moore, d. h. als Torfboden -Gelände, die sich durch ihre Vegetation charakterisieren, weichen die in Rede stehenden Moore schon von vornherein sehr auffällig von den Zwischen¬ mooren ab, und die hierzu Veranlassung gebende nasse Boden¬ beschaffenheit im Gegensatz zu der trocknen echter großer Zwischen moore ist ein weiterer wichtiger Grund, die als Landklima- Hochmoore klassifizierten Moore zu den Hochmooren zu stellen, sie aber dabei eben als Landklima-Hochmoore besonders herauszu¬ heben. Wir würden den Einteilungsgrund der Moore, der sich nach langem hin und her als der zweckmäßigste herausgestellt hat, nämlich denjenigen nach ihrem Vegetationsbestand in dem 3. Hochmoore. 91 Sonderfall der Landklima- Hochmoore aufgeben, wollten wir diese nicht zu den Hochmooren rechnen. Last, not least folgt, wo sich der Cyclus der Moorformen abwandelt, der Landklima- Hoch¬ moor-Zustand ebenso auf die Etappe des Zwischenmoores, wie das in feuchteren Gebieten mit dem Seeklima-Hochmoor der Fall ist. Die Landklima-Hochmoore und Zwischenmoore sind demnach zwar sehr anfällig verschieden, so daß der hier gegebene besondere Hinweis unnötig erscheinen könnte; es war mir aber doch wichtig, noch besonders in Kürze auf die Unterschiede hinzuweisen, weil selbst Autoren, deren Berufstätigkeit in der Beschäftigung mit Mooren liegt — freilich gewöhnlich auf dem Gebiete der Moor¬ kultur aber doch mit den Ansprüchen auch wissenschaftlich hin¬ reichend orientiert zu sein — hier Verwechselungen begehen1). Die Haupt -Pflanzengattung unserer Hochmoore ist zwar Sphagnum und die mit dieser eine Pflanzen - Gemeinschaft bilden¬ den anderen Arten, aber in den östlichen Provinzen im Binnen¬ lande Nordost -Deutschlands wird Sphagnum gern durch Poly¬ trichum strictum (juniperinum) mehr oder minder weitgehend er¬ setzt, das bei weitem nicht so wasserbedürftig ist. Wo sich diese Gattung in den Vordergrund drängt, haben wir Braunm oos -Hochmoore (= Braunmoosmoor z. T., die anderen Braunmoosmoore sind z. B. die Hypnetum-Moore, vergl. Bd. II S. 218). Die Vorliebe der Polytrichen, namentlich des Polytrichum strictum , kann man oft leicht beobachten. Ein künst¬ licher Graben parallel dem Rande eines kleinen Hochmoors nord¬ westlich des Teufelsees im Grunewald bei Berlin hatte eine ge- ringere Vernässung der dem Rande des Moores zugewendeten Seite bedingt, die mit einem dichten Polytrichum stfnhtam-Teppich 9 Vergl. z. B. die redaktionelle Anmerkung auf S. 243 zu einem von den Mitteilungen des Vereins zur Förderung der Moorkultur im Deutchen Reiche 1906 aus der Naturw. Wochenschrift abgedruckten Artikel aus meiner Feder. In dieser Anm. wird das Landklima- Hochmoor nördlich des Grunewaldsees für ein Zwischenmoor erklärt. Freilich kommen am Rande dieses Moores auch zwischenmoorige Partien vor; diese sind aber in der Anmerkung nicht gemeint, denn sie bezieht sich auf meine Schilderung des Hochmoor- Anteils des Gesamt- moores. / 92 3. Hochmoore. bestanden war, während das naß gebliebene Moorgelände jenseits des Grabens wesentlich mit Sphagnum und Eriophorum vaginatum besetzt war. Der Graben bildete bei der Größe der in Betracht kommenden Fläche eine sehr auffällige, ganz scharfe Grenze zwi¬ schen diesen beiden Hochmoor-Pflanzen-Yereinen. Wo Sphagnum- Bulte vorhanden sind, nimmt Polytrichum strictum gern die trockenste Stelle des Bültes, nämlich den Gipfel desselben ein. Das sind jedem Moorkenner sehr geläufige Tatsachen. Kleine Polytrichum- Moorstrecken finden sich im Grunewald südlich Hundekehle und südlich Paulsborn. Sie sind bestanden mit Krüppelkiefern, auch etwas Betula pubescens , sonst mit Erio¬ phorum vaginatum , Ledum palustre usw. In diesen partiell reinen Polytrichum-Kiefern-Mooren unseres Ostens — - Sphagnum ist nur an den nässeren Stellen reichlicher vorhanden — - ist eine für Land¬ klima-Hochmoore wohl überhaupt charakteristische periodische Er¬ scheinung zu beobachten, nämlich des lebhafteren und weniger lebhaften Wachstums von Sphagnum in Beziehung zum Auf¬ wachsen und Wiederabsterben der Bäume, bei uns der Kiefern. Für diesen eigentümlichen Lebenscyclus unserer norddeut¬ schen Landklima -Hochmoore gibt Graebner1) die folgende tref¬ fende Schilderung: Untersucht man den Stammgrund der Kiefern, so findet man ihn ganz tief im Moose versteckt und durch die dauernde Feuch¬ tigkeit mit stark mißbildeter Rinde bedeckt. Nach stärkerem An¬ wachsen des Mooses gehen die Kiefern daher allmählich zugrunde, sie ersticken im Moose. Durch das Absterben der Kiefern wird der Sonne nun der Eintritt in den Bestand gestattet, die Moose werden stärker bestrahlt, die Verdunstung nimmt zu, sie trocknen stärker aus und bleiben deshalb in ihrem Wachstum zurück. In dieser Periode der Hemmung sehen wir dann wieder zahlreiche Kiefern aufsprießen, die allmählich wieder Schutz und Schatten spendend den Moosen ein kräftigeres Gedeihen ermöglichen. Die b Graebner, »Die Flora des Grunewaldes« (Naturw. Wochenschrift. Jena 1907 S. 362) und früher und in dem von mir herausgegebenen Heft »Der Grune¬ wald bei Berlin« 1907 S. 35. 3. Hochmoore. ins Moose bringen dann natürlich wieder durch ihr üppiges Wuchern die Kiefern zum Absterben. Diesen Kreislauf kann inan auf den Grunewaldmooren gut beobachten.« Durch das Absterben der Bäume geht eben unter Landklima- Verhältnissen der Schutz verloren , die Sphagna sterben ab, und das Spiel wiederholt sich von Neuem. Figur 21. Kiefer, in deren Schutz ein genau abgemessener, bis zu dem Förster hinten reichender Kreis eines Sphagnum -Vaccinium- etc. Bestandes vorhanden ist. Ibenhorster Forst (Memel-Delta), eine Stelle im Entwässerungsgebiet unmittelbar westlich des Bredszuller Moores. Aufgenommen am 27. September 1907. Wie sehr die Bäume geeignet sind, durch ihren Schatten, insbesondere durch den Schutz, den sie gegen austrockneude Sonnenstrahlen bieten, das Aufwachsen der Bultpflanzen insbeson¬ dere von Moosen zu unterstützen, kann man oft (gleichsam wie in einzelnen für den Unterricht bestimmten Modellen) auch außer- 94 3. Hochmoore. halb von Moorgeländen beobachten. Diesbezüglich soll unsere Fig. 21 eine Anschauung geben. Die Bult-Bildung ist, wie man sieht, auf Landklima-Höeh- mooren ganz besonders zu Haus; es finden sich Moos-Bulte von 60 und mehr cm Höhe. Unsere Figuren 22 — 23 zeigen Einblicke in Laudklima- Hochmoore des Grunewaldes mit schönen Polg- Figur 22. Polytrichum strictum-Bult (in dessen Schutz Sphagnum mit aufwächst) am Fuße einer Kiefer. Hinten einige Fruchtstände von Eriophorum vaginatum. Landklima- Hochmoor nördlich des Grunewaldsees bei Berlin. Aufgenommen im Mai 1907. trichum- Bülten um die Stammbasis von Pinus silvestris und den auffälligen Fruchtköpfen von Eriophorum vaginatum. Bei uns sind also die Landklima- Hochmoore mit kleinen Kielern bestanden, die durch die Einbultung bald verkrüppeln, jedenfalls stets klein bleiben, und mit ihr vergesellschaftet tritt be¬ sonders die Ericacee Ledum palustre auf und andere besonders im 3. Hochmoore. 95 Zwischenmoor gut wachsende Arten, aber immer ist das Land¬ klima-Hochmoor mit dichter Moosdecke besetzt wie die Seeklima- Hochmoore. Der Boden großer Zwischenmoore ist jedoch wald¬ bodenähnlich und dadurch recht abweichend. Damit fehlt den Landklima-Hochmooren die typische Waldflora, von der höchstens gelegentlich Einzelnes hineingeht. Die Bäume dieser Moore stehen o O O Figur -23. Blick in das Landklima-Hochmoor nördlich des Grunewaldsees bei Berlin. Aufgenommen im Mai 1907. dicht oder dichter; bei uns sind die Landklima-Hochmoore durch ihren Bestand vorwiegend von Kr üp pel- Kiefern — im Gegen¬ satz zu den höheren Kiefern und Moorbirken echter Zwischen¬ moore — ausgezeichnet: aber natürlich gibt es Moore, die Zwi¬ schenstellungen zwischen den Landklima- und Zwischenmooren einnehmen, was sich besonders äußerlich durch die schwankende Größe der Bäume auffällig macht. 96 3 Hochmoore. Zusammen mit den vielen Sträuchen), meist Ericaceen oder ericoide Arten, sind die Landklima“ Hochmoore Gehölz-Hoch¬ moore, bei Vorhandensein von Bäumen W ald-, bei ihrem Fehlen Reiser- Hochmoore, und zwar in diesem Falle echte, eigent¬ lich (lebende) Heide- Hoch inoore (unter »Heide« Ericaceen verstanden). Auf diese Art von Hochmooren wollte ich den Aus¬ druck Heidemoore beschränken, so daß sie sich dann scheiden in H eide-Zwischenmoore und Heide-Hochmoore. Ich habe auch seinerzeit von Dr. P. Graebner (der aber trotzdem immer weiter Heidemoor synonym dem allgemeineren Hochmoor ge¬ braucht) eine schriftliche Zustimmung erlangt. Er schrieb mir1): »Je stärker in einem Gebiete die Verdunstung ist und je ge¬ ringer die Niederschläge, desto weniger üppig gedeiht das Sphag¬ num. Das langsame Wachstum läßt dann die übrigen Hochmoor¬ pflanzen, die Ericaceensträucher etc. kräftig heranwachseu , alles überziehen und die ganze Physiognomie verändern. Der hieraus entstehende Torf ist äußerlich manchen Zwischenmoortorfen sehr ähnlich, aber sofort durch das gänzliche Fehlen der Elemente des Flachmoors als echter Hochmoortorf charakterisiert. Da diese Form der Hochmoore wohl keinen Bestandteil enthält, der nicht auch für feuchtsandige Heiden charakteristisch ist, wäre für diese Facies der Name Heidemoor zu konservieren.« Bei reicher Besetzung der Landklima- und Zwischenmoore im Osten mit Ledum oder der Zwischenmoore im Westen mit Myrica heißen sie nicht selten Post-(Porst-) Moore oder -Fenne, so das Post-Moor östlich Burgfeld (Lüneburger Heide) nach Myrica und eine Anzahl Moore in der Provinz Brandenburg und in östlichen Provinzen nach Ledum. Als Beispiel für die floristische Zusammensetzung unserer Landklima-Hochmoore sei auf das Grunewald-Hochmoor nördlich des Grunewaldsees hingewiesen, dessen Typus östlich der Elbe häufig ist und besonders war. Es sind hier besonders die folgenden Arten zu erwähnen, wohlgemerkt, wenn wir von der Zwischen- Vergi. die 1. AuÜ. der vorliegenden Schrift S. 4t). 3. Hochmoore. 97 moor-Randzone, die namentlich im Westen, Norden und Süden vorgelagert ist, absehen: Außer Sphagnum und auch viel Polytrichum strictum sowie Pinus silvestris in Krüppelform, von Ericaceen: Andromeda poli- folia , (etwas Calluna vulgaris ), Ledum palustre u. Vaccinium oxy- coccos. — Cyperaceen: u. a. Car ex limosa, dioeca u. canescens , Eriophorum vaginatum und Rhynchospora alba. — Von anderen Stauden und zwar an den nässesten Stellen Scheuchzeria pa¬ lustris und Malaxis paludosa, die sich jetzt in die Sphagnum- Decke eines alten von Norden nach Süden durchgelegten Grabens zurück- o o gezogen hat. Ferner Drosera rotundifolia usw. Wo es mehr zum Zwischen moor übergeht, mischen sich auch Elemente ein, die den typischsten Hochmoorflächen mehr abwen¬ dig sind, wie Polystichum cristatum und spinulosum , Equisetum li- mosum , Eriophorum polystachyum ( angustifolium ), Molinia coerulea , Triodia decumbens , Agrostis canina , Juncus conglomeratus , Potentilla silvestris , Viola palustris , Hyrocotyle vulgaris. Hier ist auch Betula pubescens häufiger neben höheren Exemplaren von Pinus silvestris. Im Postfeun bei Buckow notierte ich (Frühjahr 1907) von auffälligeren Arten: Krüppelkiefern ( Pinus silvestris ), kleine Betula pubescens , Ledum palustre , Andromeda polifolia , Vaccinium oxy- coccos , Eriophorum vaginatum , Carex limosa , von Moosen (bestimmt von Prof. Osterwald): Aulacomnium palustre , JF^m* nuta?is sphagnetorum , Polytrichum strictum , Sphagnum acutifolium usw., medium. Solche Hochmoore sind vielfach aus verlandeten Wasserstellen entstanden; sie liegen namentlich in Senken, deren Wasserstand daher keine so große Gefahr läuft, sich wesentlich zu erniedrigen, deren Entwässerung daher unausführbar oder schwieriger ist als bei freier liegenden Hochmooren. Durch die Konfiguration des Ö o umgebenden Geländes ist eine Wassernot nicht zu befürchten. Abgesehen von den floristischen Unterschieden zwischen un¬ seren heutigen Seeklima- und Landklima-Hochmooren kann dann noch die Flora der Moore überhaupt etwas beeinflußt werden durch das Hinzutreten von Arten von Hochgebirgen, die sich etwa 7 Neue Folge. Heft 55, III. 98 3. Hochmoore. in der Nähe befinden. Solche kleinen Einflüsse sind naturgemäß bei uns in den Alpenvorländern wahrzunehmen. Ich verzichte jedoch darauf, diese Unterschiede durch Angabe von Arten hier anzugeben , weil ich selbst solche Moore nur ganz nebenbei be¬ sichtigen konnte und diesbezügliche Angaben in der Literatur mit der größten Vorsicht aufzunehmen sind. Denn das, was von den Figur 24. Landklima-Hochmoor mit hohen Ericaceen bei Weiland in Canada. Herbst 1908. Autoren als Hochmoor usw. angegeben wird, bedürfte doch noch der exakteren Klassifikation. In den überwiegenden Fällen z. B. handelt es sich bei den Hochmooren um solche, die mehr oder minder von der Kultur beeinflußt sind, besonders durch Entwässe¬ rungen gelitten haben. Im Großen habe ich Landklima - Hochmoore im ganzen süd¬ lichen Canada (natürlich mit Ausnahme des Prärie-Gebietes) beob- Hochmoore. 3. 99 achtet, Fig. 24. Sie werden dort natürlich den »Barrens«, d. h. den unfruchtbaren Geländen subsummiert. Landklima-Hochmoore sind — soweit man das den Beschreibungen aus der dortigen Literatur entnehmen kann — überhaupt für fast ganz Nordamerika charakteristisch insbesondere für die nördlichen Vereinigten Staaten (vergl. z. B. Davis, Peat 1907 S. 162 u. a.). Nirgends stand auf den von mir begangenen Hochmooren offenes Wasser auch nicht einmal in Schlenken; sie sind daher gut begehbar und unterscheiden sich auch dadurch recht wesentlich von unseren Seeklima-Hochmooren, die oft genug unbegehbare Stellen aufweisen und deren Begehung auch sonst (so das Große Moos¬ bruch , die Zehlau!) nicht selten wegen des tiefen Einsinkens in den schwanken und nachgiebigen Boden sehr ermüdend und schwierig ist. Es ist freilich dabei zu berücksichtigen, daß ich die siidcanadischen Moore nur in ihrem Spätsommer -Zustande (Sept. — Okt.) kennen gelernt habe, aber zu derselben Zeit zeigen unsere Seeklima-Hochmoore die eben von ihnen angegebenen Ver¬ hältnisse. Seeklima- Hochmoore habe ich in Süd-Canada überhaupt nicht zu sehen bekommen in der Ausbildung etwa, wie wir sie jetzt noch so schön in der Provinz Ostpreußen besitzen. Die canadischen Landklima-Hochmoore neigen höchstens an besonders geschützten Stellen, z. B. unter einem dichteren Baumbestände zu dem Seeklima- Hochmoortypus hin. Ich habe diese Verhältnisse nicht nur an einem Beispiel im äußersten Osten, uämlich in Neu- Schottland, sondern auch mitten im Lande, nämlich bei Ottava, und dann weiter westlich bei Schreiber und südlich bei Weiland in der Nähe der Niagara-Fälle und dann auch jenseits der Prärie im äußersten Westen auf der Insel Vancouver, dort östlich von Duncan, beobachtet. Dem echt und stark kontinentalen Klima Canadas entspricht demnach auch die Ausgestaltung der Hoch¬ moore. Bei der starken Verdunstung, die bei dem geringen Regen und daher geringer Bewölkung in Süd-Canada statthat, wird hier die Mooroberfläche leicht trocken und diese Austrocknung kann ziemlich tief gehen. So regelmäßig auch der Tau wirkt, so ge¬ nügt er doch nicht, den Boden mehr als oberflächlich bis zu nur u 7 ' 7* 100 3. Hochmoore. sehr geringer Tiefe anzufeuchten und das dadurch hergegebene Wasser wird von den Landspliagnen nur dort ordentlich ge¬ speichert, wo sie wenigstens durch Buschwerk oder aber durch Bäume etwas geschützt sind. Man sieht dann auch die Sphagnen in solchem Schutz gewissermaßen emporklettern und in den oft sehr großen Büschen oder am Fuße der Bäume besonders große o o Bulte erzeugen. Sie vermögen aber unter solchem Schutz mit dem gespeicherten Wasser hinreichend hauszuhalten, um sich im allgemeinen vor Austrocknung zu schützen; jedoch sind auf den Mooren in besonders trocknen Sommern sehr viele vollständig abgetrocknete Sphagnumstellen zu sehen. Die Köpfe der Sphag¬ nen stehen besonders dicht gedrängt aneinander in der Weise, wie wir das von Hochmooren in Nordwest-Deutschland her kennen, die entwässert wurden, aber noch nicht hinreichend, um bei dem nassen Klima ein Leben der Sphagnen zu verhindern. So haben wir denn zur Hochsommerzeit in den südcanadischen Landklima- Hochmooren an der Oberfläche einen durch die wasserspeichern¬ den Sphagnen dargestellten nassen Horizont, dessen Liegendes von einer fast lufttrocknen Torfschicht eingenommen wird, und erst dann folgt darunter der ständig naßbleibende Torf. Diese beiden Wasserhorizonte werden sich aber gewiß in der nassen Jahreszeit allmählich annähern und schließlich durch vollständige Vernässung der trocknen Lage miteinander vereinigen, um dann im Verlaufe des Sommers sich wieder voneinander zu entfernen. Gräbt man daher im Hochsommer ein solches Hochmoor auf, so füllt sich das Loch nicht mit Wasser. Ich habe solche Aufgra- bungen vorgenommen und auch Gelegenheit gehabt, ein tieferes Loch in einem Hochmoor, demjenigen bei Duncan, zu sehen, das vor längerer Zeit offenbar von Indianern als Fallgrube für Tiere (Pumas) hergerichtet war. Hier fand sich an der Oberfläche eine lebende Sphagnumdecke im Schutze recht hohen Buschwerkes, gleichsam wie ein voll Wasser gesaugter Badeschwamm, der auf einer lufttrocknen Unterlage ruht, nämlich der trocknen Torf¬ schicht, die hier über 75 cm mächtig war. Erst von da ab stand in dem erwähnten Loch Wasser. In einem großen Hochmoor bei o o. Hochmoore. 101 Ottawa traf ich bei 75 cm Tiefe noch kein Wasser an, und dabei handelt es sich wohlgemerkt in diesen Landklima-Hochmooren nicht etwa um tote Hochmoore, sondern um solche, die sich durch¬ aus noch im ursprünglichen, natürlichen Zustande befinden, wenn auch das letztgenannte einige Kilometer von der aufgegrabenen Stelle weg in Kultur genommen ist. Bei diesen Untersuchungen ergab sich die naturgemäß stär¬ kere Zersetzung des Torfes als die entsprechende obere Lage in unseren Seeklima- Hochmooren. Der Torf ist weit dunkler und entspricht in seinem Zersetzungsgrad mindestens unseren halb¬ reifen Sphagnetum - Torfen ; es gibt freilich in Süd-Canada auch unreife Sphagnetum -Torfe, aber, wie es scheint, nicht so häufig wie bei uns in Norddeutschland. Wenn der Torf sich aber gene¬ rell von vornherein schneller zersetzt, so müssen im ganzen die Torfmächtigkeiten geringer sein als dort, wo viele Seeklima- Hoch¬ moore vorhanden sind; das ist in der Tat der Fall: die Torflager der canadischen Landklima-Hochmoore sind durchschnittlich nicht so mächtig wie die unserer Seeklima- Hochmoore. Im Frühjahr nach der Schneeschmelze sind — wie mir ge¬ sagt wurde — die in Rede stehenden Landklima-Hochmoore kaum und zuweilen überhaupt unbegehbar naß. Die Flora muß also gleicherweise einen trocknen und einen ganz nassen Boden zu er¬ tragen im Stande sein. Der Vegetationsbestand dieser Hochmoore war, soweit die Pflanzen im September und Anfang Oktober auffälliger waren, in ihren besonders hervortretenden Typen die folgenden: Am Lost Lake nördlich Victoria auf der Insel Vancouver geschah 1. die Verlandung a) durch Lemna , Nuphar , Helioscia - dium, sodann b) durch Scirpus lacustris , Magnocariceten und Typha latifolia , sodann war 2. ein sehr schmaler Streifen von Ainus rubra , Cornus , Spiraea tomentosa , Salices , Symplocarpus (Skungs- cabbage) und Lycopus vorhanden, 3. setzte Landklima-Hochmoor ein mit alten, aber kleinen Exemplaren von Pinus contorta , ferner Gaultheria , Andromeda cf. polifolia , viel Ledum latifolium und auch Trientalis und Drosera im Sph a g mim -Bode n . 102 3. Hochmoore. Das Moor bei Duncaii mitten in einer Waldsenke, eine ziem¬ liche Strecke östlich von dem Ort, besaß eine dichte Sphagnum - Decke mit Polytrichum strictum und auch Aulacomnium palustre. Die Sphagnen bildeten große Bülte namentlich in den Büschen von Vaccinium uliginosum , außerdem waren von Ericaceen be¬ merkenswert Vaccinium oxycoccos und Ledum latifolium. Von Sträuchern war ferner Spiraea tomentosa namentlich am Rande des Moores häufig. Von anderen Pflanzen seien nur genannt Drosera Jo7igifolia , ferner mehr am Rande Gentiana , einige Magnocari- ceten und sogar Pteridium aquilinum lanuginosum. Die anderen von mir besuchten Hochmoore befinden sich in der östlichen W aldregion. Dasjenige bei der Eisenbahn-Station Schreiber eben¬ falls mit einer dichten, aus kleinköpfigein Sphagnum zusammen¬ gesetzten Decke liegt an einem offenen Wasser mit Nymphaea , darauf folgt eine äußerst schmale Zone von A/nws-Gebüsch, Sorhus aucuparia , Thuja , Menyantlies trifoliata und Ca lama grostis , soweit die auffälligeren Pflanzen allein in Betracht kommen, dann ist eine wiederum sehr schmale Zone mit Myrica gale und Sarracenia purpurea im Sphagnumboden vorhanden, die stellenweise bis an das Wasser herantritt, wo dann die x41nuszone fehlt. Erst dann beginnt die reine Hochmoorfläche ohne Myrica und hier auch ohne Sarracenia. Von Bäumen sind auf dem Hochmoor selbst vorhan¬ den Picea nigra bis ca. 6 Zoll im Durchmesser bei einem Alter von etwa 100 Jahren, ferner Larix canadensis. Ericaceen in dichtem hohen Bestände sind Ledum latifolium , Andromeda caly- culata und polifolia , mittelgroße Vaccinium- Arten und Vaccinium oxycoccos , Lycopodium annotinum sticht überall durch, auf den Bülten wächst Hypnum. Bei diesem Pflanzenbestande ergibt sich das Moor als ein wesentlich zu den zwischenmoorigen Geländen hinneigendes, ich meine durch die relativ großen Bäume — aber auch kurzsprossige Krüppelfichten sind vorhanden — ferner durch das Vorhandensein von Lycopodium annotinum , das in Süd-Canada für Zwischenmoore ebenso charakteristisch ist wie bei uns. Das Hochmoor, ca. 7 — 8 englische Meilen westlich von Weiland, nämlich bei der Ortschaft Marshville gelegen, Fig. 24, war mit kleinen Bäumen 3. Hochmoore. 103 vou Picea nigra , Larix uud Betula alba bestanden. Die Sträucher waren bis fast mannshohe Vaccinium- Arten (wohl V. corymbosum u. a.), außerdem auch Vaccinium macrocarpum , ferner Andromeda polifolia und calyculata. In den Gebüschen aufwachsend bildeten die sonst kleinköpfigen, dichten Sphagnen, untermischt mit Poly- trichum , sehr hohe Bulte. Ein Teil des sehr großen Moores ist 1906 abgebrannt und der andere Teil entwässert worden. Diese beiden Teile sind vollständig baumlos und die Sphagnum- Decke ist ver¬ nichtet, aber Polytrichum strictum ist reichlich vertreten. Im Prinzip alles wie auf unseren norddeutschen toten Hochmooren. * Ferner sind anzutreffen Pteridium aquilinum , mächtige Bulte von Eriophorum , sehr viel Epilobium angustifolium, eine Lobelia , Rumex acetosella , Ledum latifolium , besonders viel Andromeda calyculata , Aronia nigra *), Aralia hispida , Lycopus virginicus und eine große Senecio- Art. Das sehr große Moor bei Blackburn bei Ottava war an der Stelle, an der ich hineintrat zur Durchquerung des Moores, am Rande mit einer Vegetation besetzt, die im ganzen größere Ansprüche an die Bodennahrung macht, nämlich mit Ainus in - cana , Salix balsamifera und anderen Arten dieser Gattung, Spiraea tomentosa , Viburnum castanoides , Ilex verticillatum. Ferner Kalmia angustifolia , Ledum latifolium , Andromeda calyculata und polifolia sowie Vaccinium macrocarpum. Ferner wären zu nennen Viola blanda , Hypericum ellipticum , Lypocus virginicus , Eupatorium per- joliatum , Sarracenia purpur ea , Carex oligosperma und magellanica , von Farn Aspidium tlielypteris und Osmunda cinnamomea. Außer Sphagnum war Polytrichum strictum reich vertreten. Der Torf dieser Hochmoor- Vorzone war schwarz. Durch¬ schreiten wir nun das eigentliche Hochmoorgelände, so zeigt sich eine überall sehr einheitliche Flora. Es sind als besonders auf¬ fällig vorhanden Moose: Sphagnum in ziemlich dichten Rasen, l) Aronia nigra ist in einem Exemplar nach einer Mitteilung von Abromeit einmal auf dem Hochmoor bei Cranz in Ostpreußen gefunden worden. Dieses Hochmoor ist am Rande stark von der Kultur angegriffen und der Strauch — der vielleicht seinen Ursprung dem Transport seiner Samen durch \ ögel ver¬ dankt — scheint auch hier auf einer mehr toten Hochmoorstrecke gestanden zu haben. Yergl. S. 59. 104 3. Hochmoore. die aber au geschützteren Stellen (unter Bäumen) lockerer bis locker werden, Polytrichum strictwm. — Bäume: Picea nigra in vielen kleinen und abgestorbenen Exemplaren, Larix americana ist weniger häufig, mehr vereinzelt. — Cyperaceen: Carex limosa , C. triflora die mit ihren feinen Stengeln die Sphagnum - Decke durchzieht, erinnert dadurch sehr an unsere Carex chordorrhiza , Eriophorum vaginatum und E. virginicum oft in niedrigen Bülten. — Dicotyledonen: Andromeda calyculata , A. polifolia , Chio genes hispidula , Gaylussacia resinosa , Kalmia angustifolia , K. glauca , Ledum latifolium , Sarracenia putpur ca , namentlich viel in den kleinbaumigen, feuchteren Partien, Vaccinium atrococcum , F. o«£y- coccos. Trockenhorizonte in Seeklima-Hochmoor-Profllen. Daß während der Bildung der Hochmoortorfprofile die Be¬ dingungen oft stark gewechselt haben, ergibt sich aus dem in den Profilen häufigen Vorhandensein von Torflagern, Torfhorizonten, die auf trockenere Verhältnisse deuten. Solche Profile, die auf einen besonders starken Wechsel der Feuchtigkeitsverhältnisse der Moor-Oberflächen schließen lassen, bieten z. B. die meisten N.W.- deutschen Hochmoore. In diesen wird oft eiu älterer (mehr schwar¬ zer) Sphagnetum-Torf von einer schwachen (braunen) Torfschicht aus Calluna vulgaris , Eriophorum vaginatum etc. überlagert und diese wieder von einem jüngeren (hellgelben) Sphagnetum-Torf. Der ältere und daher wesentlich zersetztere Sphagnetum-Torf ist denn auch oft etwas schwieriger als solcher zu erkennen. Grise- baCH (1846) hielt ihn für Callunetum-Torf, Früh (1885) hat ihn als Moostorf aus Sphagnum zuerst erkannt. J. Stoller1) hat in einem bestimmten Fall sehr viel Calluna vulgaris- Reste in ihm ge¬ funden, die wohl in dem älteren Sphagnetum-Torf überhaupt oft eine größere Rolle spielen, vielleicht durch Anreicherung der Reste, aber ein Callunetum-Torf ist es nicht. Den Grenztorf, wie C. A. Weber die schwache Torf läge zwischen den beiden Sphagnetuin-Torfen nennt (auch jüngerer l) Wolff und Stoller, Bohlweg im Wittmoor. Jahrb. d. Kgl. Preuß, Geol. Landesanstalt 1905 S. 332. 3. Hochmoore. 105 Waldtorf, gelegentlich, namentlich früher, auch Hagetorf ge¬ nannt), führt dieser Autor auf den Einfluß einer vorübergehenden trockenereu Zeit zurück. Er hat sich wiederholt darüber geäußert, u. a. drückt er sich so aus1): »Nur einmal ist es2) für längere Zeit infolge des Eintritts einer säkularen Trockenperiode größten¬ teils verwittert und durch Cladonieten, Calluneten oder Eriopho- reten aus E. vaginatum 3), hier und da auch durch einen kümmer¬ lichen Waldwuchs aus Betula pubescens und Pinus silvestris ver¬ drängt worden. Während dieses trocknen Zeitalters vollzog sich in dem bis dahin abgelagerten Sphagnum-Torf aber eine tief¬ greifende chemische Zersetzung, die die Reste der Moose häufig nahezu unkenntlich machte, und ich halte es nicht für ausge¬ schlossen, daß während dieser trocknen Zeit ein Teil des Sphag¬ numtorfs hier und da in Gestalt von Mullwehen4) durch den Wind fortgeblasen ist, ähnlich wie in Kola gegenwärtig. Dann trat wieder eine feuchte Säkularperiode ein, die .... bis in die Gegenwart anhält.« Es würde danach der Grenztorf, wie er in Hochmooren an der Ems einen älteren, reiferen Sphagnetumtorf von einem jüngeren und rezenteren, unreifen Sphagnetumtorf trennt, auf eine Trockenperiode hinweisen, die Weber als eine säkulare bezeichnet. In seiner letzten Veröffentlichung, die sich darüber äußert, sagt er nochmals5), nachdem er bemerkt hat, daß die Anhäufung des Sphagnetumtorfes in unserem Lande überaus lange Zeit gedauert habe, sie sei »während derselben aber einmal durch den Eintritt einer säkularen Trockenperiode, der einzigen in postdiluvialen Mooren Norddeutschlands nachweisbaren, des längeren unterbrochen worden, indem das Torf erzeugende Sphag- netum durch klimatische Trockenheit vernichtet wurde. Nur ge- :) Weber, Aufbau und Vegetation der Moore Norddeutsehlands, ßer. der 4. Zusammenk. d. freien Vereinig, d. System. Botaniker. Leipzig 1907 S. 24—25. 2) Nämlich das Sphagnetum unserer westlichen Hochmoore. 3) Wir sagen kurz mit Schröter Vagineten. 4) Humuswehen nach unserer Terminologie, weil Mull nunmehr in be¬ stimmter Definition Anwendung findet. 5) Weber, Erläuterung zu den Profilen eines Nieder- und Hochmoores mit ihrer ursprünglichen torfbildenden Vegetation. Gebrüder Bornträger in Berlin, ohne Jahreszahl, S. 3. 106 3. Hochmoore. ringmächtige terrestrische Torfbildungen fanden in dieser Zeit, vornehmlich an ihrem Schlüsse, hier und da auf den Hochmooren statt. Der Wiedereintritt einer bis zur Gegenwart reichenden feuchteren Säkularperiode leitete eine erneute Versumpfung des Geländes, eine Wiederansiedelung der Torfmoose und eine erneute Anhäufung von Sphagnumtorf ein. Wir treffen demgemäß in allen älteren Hochmooren unseres Gebietes zwei verschiedene Sphagnum- Torfschichten an, eine ältere, stärker zersetzte, und eine jüngere, wenig zersetzte, beide geschieden durch den oft scharf abgesetzten und stets durch das ganze Moor gehenden Grenzhorizont.« Damit ist ausgedrückt, daß diejenigen Moore, die bei Vor¬ handensein von Sphagnetumtorf einen Grenztorf nicht besitzen, jüngeren Datums sein sollen als die anderen. Es steht also soviel fest, daß wir in Norddeutschland Hoch¬ moore haben, die nur einen »jüngeren« Sphagnetumtorf aufweisen, andere, bei denen der jüngere Sphagnetumtorf unterlagert wird von einem, einer Trockenzeit entsprechenden Hochmoortorf und dieser wieder das Hangende eines halbreifen oder reifen Sphag- netumtorfes bildet. Ich habe nun für Norddeutschland noch einen 3. Fall beob¬ achtet1). Schreitet man in dem Großen Gifhorner Moor nördlich von Triangel (im Süden der Provinz Hannover) nach Norden, so trifft man sehr bald auf mehr als 3 Horizonte in dem Sphagnetum- torf-Teil des Profils, nämlich auf nicht weniger als 5 Horizonte, die sich sehr scharf unterscheiden lassen, und zwar so weit, wie die Profile überhaupt nach Norden reichen. Während der aller¬ südlichste Teil des Moores in seinem ursprünglichen Aufbau kaum mehr eruierbar ist, da das meiste bereits abgetragen worden ist, ergaben sich mir dennoch Andeutungen, aus denen hervorzugehen schien, daß hier über dem Scheuchzerietum-Torf sofort und aus¬ schließlich ohne weitere Untergliederung ein verhältnismäßig wenig J) Eine vorläufige Notiz über den Gegenstand hatte ich in den Monatsber. d. Deutsch, geol. Ges. 1908 Nr. 6 S. 135 geboten und sodann eine ausführliche Darstellung im Jahrb. d. Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt für 1908 (ßd. XXIX Teil II Heft *2, Berlin 1909) unter dem Titel »Das Auftreten zweier Grenztorf¬ horizonte innerhalb eines und desselben Hochmoorprofils«. 3. Hochmoore. 107 mächtiger, unreifer Sphagnetumtorf folgte. Etwas weiter nach Norden ist dann der Torf über dem Scheuchzerietum-Torf ge¬ gliedert in: o e) unreifen Sphagnetum-Torf, d) Grenztorf, c) halbreifen Sphagnetum-Torf. Noch weiter nach Norden schreitend, wo das Gesamt-Torf¬ lager allmählich mächtiger wird, ist dann aber innerhalb des Sphag- netumtorf-Komplexes das folgende Profil vorhanden: e) unreifer Sphagnetumtorf, d) (oberer) Grenztorf, c) halbreifer Sphagnetumtorf, b) (unterer) Grenztorf, a) reifer Sphagnetumtorf. Bei der großen Ausdehnung, die das letzterwähnte Profil hat, verlangt es eine besondere Berücksichtigung. Es war mir daher lieb, daß mein Kollege Herr Dr. J. Stoller in der Nähe zu tun J o hatte, so daß ich ihn bitten konnte, sich dieses Profil ebenfalls anzusehen. Er berichtet mir über seine Begehung unter dem 26. April 1908 freundlichst wie folgt: »Ich habe von der Haltestelle Neu-Platendorf aus ein 800 m langes Profil gegen NW. verfolgt, bin dann nordöstlich ge¬ gangen und habe 2 weitere, dem ersten parallele Profile, dazu mehrere verbindende Querprofile angesehen. Hierauf besah ich noch ein Profil längs des neuen Verbindungsweges von der Hauptstraße am Eisenbahndamm am nördlichsten Ende des Dorfes, ca. 400 m lang. Überall konnte ich Ihre Beobachtung bestätigen, daß nämlich. 2 Grenzhori- zonte vorhanden sind. Das allgemeine Profil ist: Jüngerer Torf e) Weißer Sphagnetumtorf 70 — 100 — -120 cm, d) Grenztorf 20 — 30 cm, c) Vaginetentorf 30 — 50 cm, b) Grenztorf 10 — 20 cm, a) Schwarzer Sphagnetumtorf 100 cm. Ältere Torfe 108 3. Hochmoore. Die Grenztorfe sind mulmig, während alle anderen Torfe nicht vollständig zersetzt sind. Die Schichten a — d gehören enger zusammen als größere Einheit (bedeutend stärkere Zer¬ setzung als bei e!). In den Grenzhorizonten finden sich Stubbenlager von Pinus silvestris und Betula pubescens , die offensichtlich in dem Grenzhorizont selbst Wurzel gefaßt hatten. Schicht c deutet auf eine wohl rasch einsetzende Periode größerer Feuchtigkeit, dauernder Überschwemmung, die die Bäume des unteren Lagers zum Absterben brachte. Das obere Stubbenlager greift in den jüngeren Sphagnetum- torf (Schicht e) hinauf. Da, wo dieses obere Stubbenlager vorhanden ist, hat man den Eindruck, daß Schicht e soge¬ nannter simultaner Entstehung sei, aus einem durch allmäh¬ liche Versumpfung eingehenden Kiefernwald heraus (wie ich in Schweden viele Beispiele sah), also anders als Schicht b, c. Die Hauptlücke in der Bildung des Moores liegt zwischen d und e (bezw. in d). Es wäre wohl interessant, den sicher lokalen Ursachen dieser Grenztorfbildungen nachzugehen. Ich vermute einen größeren Stau im Süden, zwischen Triangel und Gifhorn, wo das diluviale Ilsetal sich ohnedies verschmälert, und wo wir heute gewaltige Dünenketten aufgetürmt sehen. Ob sich nicht in jenen Dünenbildungen die Ursache suchen läßt?« Die Tatsache des Vorhandenseins von nunmehr 3 verschie¬ denen Profilentwicklungen innerhalb des Hochmoor- (Sphagnetum-) Torfes in Norddeutschland drängt eben auch mich zu der An- nähme, daß das Auftreten von Grenztorfhorizonten eine lokale Erscheinung sein möchten; sie dürften nicht ohne weiteres darauf hin weisen, daß etwa regional vorhanden ge¬ wesene feuchtere Zeiten mit relativen Trockenzeiten abgewechselt haben, trotzdem das Vorhandensein eines Grenztorfhorizontes sehr verbreitet ist, u. a. von Skandinavien bis Österreich (hier u. a. in Vorarlberg); aber bei dem Bestreben der Hochmoore, über ihre Umgebung emporzuwachsen, ist es weiter nicht auffallend, wenn ihre Wasserhaltung sich in einem vergleichsweise labilen Zustand O o 3. Hochmoore. J 09 befindet, so daß hier schnelle, natürliche Wasserspiegelsenkungen leichter stattfinden und dies natürlich überall, wo Hochmoore über¬ haupt Vorkommen. Es ließe sich demnach aus dem so häufigen Vorhandensein von Grenztorf horizouten in mächtigen Sphagnetum-Torflagern auch schließen, daß es zur Natur der Seeklima-Hochmoore gehört, einen zeitweiligen Abschluß in der Erreichung trockner, zu den toten Hochmooren tendirender Oberflächen zu gewinnen, daß diese Flächen aber wieder in echte, flott aufwachsende Seeklima-Hoch¬ moore übergehen, nach Maßgabe des Zusammensinkens des bereits gebildeten Torfes. Die Unterbrechung in der regelmäßigen Weiter- entwicklung eines Hochmoor-Sphagnetums kann lange Zeit währen resp. gewährt haben — ein Zeitspatium läßt sich nicht angeben — und diese Zeit mag hingereicht haben, die älteren Sphagnetum- Torfe so weit zu zersetzen, daß diese Torfe unter und über einem schmalen Trockenhorizont, wie das meist der Fall ist, sich in ihrem Zersetzungsgrad stark unterschieden. Weber (Zeitschr. d. Deutsch. Geol. Ges. 1910 S. 158) meint, daß hier ganz besondere Verhältnisse gewaltet haben müssen, die das allein erklären könnten, nämlich eine dem Trockenhorizont entsprechende trockne Zeit. Er sagt: »Hervorzuheben ist der starke, auffällige Unter¬ schied in dem Erhaltungszustände der beiden Sphagnumtorf¬ schichten, der durch das höhere Alter des älteren Sphagnumtorfs nicht allein erklärt werden kann. Denn der Sphagnumtorf dilu¬ vialer Moore, unter anderen auch des präglazialen Hochmoors von Lüneburg, steht in seinem Erhaltungszustände dem jüngeren Sphagnumtorf der postglazialen Moore weitaus näher als dem älteren. Es muß zwischen beiden Bildungen eine Zeit gegeben haben, während der die zersetzenden Agentien ausgiebig und hin¬ reichend lange in die ältere Schicht einzudringen vermochten, ohne daß sie daran durch beständige Neuauflagerung von wasserge- sättigtem Torf gehindert wurde, die gewöhnlich in ähnlicher Weise vor Zersetzung schützend wirkt wie das moränische Material, das die diluvialen Hochmoore bedeckt hat.« Hierbei ist aber zu er¬ wägen, daß Sphagnetum-Torfe , die relativ bald nach ihrer Ent- 110 3. Hochmoore. Stellung zur Einbettung gelangten, wie z. B. interglazialer, sich außerordentlich gut erhalten: das ist bei der guten Erhaltungs¬ fähigkeit der Moose bei allen Moostorf lagen der Fall, auch bei den aus Brauumoosen hervorgegangenen. Indessen will ich damit durchaus nickt behaupten, daß nicht doch klimatische Verhältnisse die Entstehung der Trockenhorizonte veranlaßt hätten, sondern ich will nur betonen, daß die Annahme trockner Zeiten, um die Trockenhorizonte zu erklären, durchaus nicht notwendig, also jedenfalls Vorsicht geboten ist, wenn man Trockenzeiten, die aus den Trockenhorizonten deduziert sind, als sicher begründet bei weiteren Schlußfolgerungen zugrunde legt; die gehegten Gedanken zur Erklärung der Trockenhorizoute sind meines Erachtens bis auf weiteres ziemlich gleichwertig. Eine von Ernst H. L. Krause vorgebrachte Ansicht scheint mir aber nicht hinreichend begrün¬ dungsfähig. Er meint (1909 S. 154), die Grenztorfschicht falle in frühgeschichtliche Zeit und sei möglicherweise die Folge mensch¬ licher Tätigkeit. Diese Auffassung ist recht unwahrscheinlich, denn sie würde die Annahme verlangen, daß zeitweilig der Ein¬ griff des Menschen auf die Moorgelände weiter oder ebenso weit ging wie heute. Die Trockenhorizonte nun gar in Höhenmooren, die doch sehr viel später wie die im Unterlande vorhandenen Moore in Angriff genommen wurden und früher doch wohl besonders unzu¬ gänglich, jedenfalls mindestens so unwirtlich wie heute waren, auf Einflüsse des Menschen zurückzuführen, liegt doch etwas abseits. Ein schön entwickelter Trockenhorizont kommt z. B. im Höheu- hochmoor bei Sebastiansberg im Erzgebirge vor. Übrigens sind auch mehrere Grenztorfzonen innerhalb des Sphagnetuintorf-Horizontes bereits aus Schweden bekannt1), und J. Holmboe2), der ebenfalls solche Grenzhorizonte augibt, sagt direkt: solche Horizonte schienen nicht so regelmäßig aufzutreten, 9 So z. B. nach einer Angabe im Geolog. Zentralblatt (herausgeg. von Keilhack) in dem Referat über eine 1904 erschienene Abhandlung von R. Tolf? nach dessen Tode zusammengestellt von E. Haglund. 2) Holiuboe, Planterester i Norske torvmyrer. Kristiania 1903 (kürzer und in deutscher Sprache in Engler’s botan. Jahrb. von 1904). 3. Hochmoore. 1 1 1 wie Axel Blytt meinte, und es sei nicht notwendig, zu perio¬ dischen Klimaschwankungen zu greifen, um sie zu erklären 1). Um zu zeigen, daß die Meinung, ob die Trockenhorizonte auf Rechnung lokaler oder regionaler wechselnder Verschiedenheiten in den klimatischen Verhältnissen zu setzen seien, durchaus noch nicht bei den Kennern hinreichende Übereinstimmung besitzt, sei noch ein weiteres Beispiel vorgeführt. Francis J. Lewis hat eine ziemliche Anzahl von Mooren Schottlands inkl. der Shetlands-Inseln untersucht2). Er bemerkt, daß in allen älteren Mooren des südschottischen Uplands ein unterer und ein oberer Waldhorizont vorhanden sei und zwischen ihnen ein Sphagnetum-Lager mit einer eingeschalteten Zone ark¬ tischer Pflanzen. Im Upland Südschottlands weisen die Profile der Torflager ebenfalls eine Folge im Auftreten der Pflanzenreste auf, die auf wesentliche Änderungen besonders in den Feuchtig- keitsverhältnissen deuten, und zwar gibt der Autor u. a. (1. c. 1905 S. 723) folgende Profile (S. 112 die obere Tabelle) an. Lewis opponiert gegen Gunnar Andersson, der den Wechsel von Waldmoortorf mit Sphagnetumtorf und mit Ericaceentorf, wie er auch in Zentral- und Südschweden vorkommt, lokal ge¬ deutet hatte durch natürliche oder künstliche lokale Änderungen der Wasserverhältnisse des Geländes. Lewis meint, die Regel¬ mäßigkeit in der angegebenen Folge der Torfarten in Profilen O O ö o weit abgelegener Moore unterstütze die Ansicht, daß es sich um Äußerungen klimatischer Änderungen handele, besonders möchte er die Zone mit den Resten »arktischer Pflanzen« mit Erniedri¬ gung der Temperatur in Verbindung setzen. 9 Über die sehr bekannt gewordenen Untersuchungen Blytt’s, von dem die Ansicht von säkularen Klima- Veränderungen nach der Eiszeit auf Grund seines Studiums von Moor-Profilen ausgegangen ist, vergl. für uns besonders die deutsch geschriebenen: 1. Zur Geschichte der nordeuropäischen, besonders der norwegischen Flora (Beiblatt zu den botanischen Jahrbüchern, herausgegeben von A. Engler. Ausgegeben Leipzig, den 20. Septemher 1893. Im 17. Bd. der ge¬ nannten Jahrbücher.) — 2. Die Theorie der wechselnden kontinentalen und in¬ sularen Klimate, 1. c. II 18S1. 3) Lewis, The plant remains in the scottisch peat mosses. (Transactions Royal Soc. Edinburgh.) P. I 1905, P. II 1906, P. III 1907 und P. IV 1911. 1 J 2 3. Hochmoore. Moore bei Merrick und Keils . Moore bei Tweedsmuir 8 Scirpus und Scirpus und Sphagnum Sphagnum 7 Pinus silvestris Betula alba 6 Sphagnum Sphagnum 5 Eriophorum vaginatum E. vag. 4 Empetrum nigrum Loiseleuria procumbens 3 Eriophorum vaginatum E. vag. 2 Sphagnum Sphagnum Betula alba und Galluna vulgaris Bet. alba 1 »Mosspeat« (= Hypnetum-Torf?) Salix und Racomitrium Salix uud Equisetum Profile, die der Autor dem Nordosten des schottischen High¬ landes verdankt, ergeben das folgende Resultat (1. c. 1906 S. 360). Hauptsächlich Scirpus und Sphagnum Pinus silvestris Sphagnum Pinus silvestris Sphagnum und Eriophorum Betula alba Empetrum Salix arbuscula , außerdem in dem einen Profil Arctostaphylos alpina , in einem andern außer S. a. auch Betula nana und Dryas octopetala. Salix reticulata , in dem einen Profil außerdem S. herbacea. 3. Hochmoore. 113 Bei Zugrundelegung der WEBER’schen Annahme wäre auf ein ganz besonders hohes Alter des Triangeler Moores zu schließen, weil es eben zwei säkulare Trockenperioden durchgemacht hätte, während andere Moore nur eine solche Trockenperiode und wieder andere gar keine erlebt haben. Es ergibt sich aber eben aus der hier mitgeteilten Tatsache des gelegentlichen Vorkommens auch von zwei verschiedenalterigen Grenztorfhorizonten die Anregung zu einer weiteren Untersuchung, inwieweit diese Grenztorfschichten sich vielleicht besser aus lokalen Erscheinungen heraus deuten lassen, da es doch immerhin recht auffällig ist, daß im übrigen in demselben Gebiet — wenn überhaupt — nur ein Grenz¬ torfhorizont im Sphagnetumtorf vorhanden ist, obwohl nach allem, was wir auf Grund der geologischen und topographischen Konfi¬ guration anzunehmen geneigt sein müssen, die großen Moore einen ziemlich gleichzeitigen Anfang ihrer Entstehung gehabt haben müssen. Ich denke dabei an die großen Moore der Lüneburger Heide, zu denen unser Moor bei Triangel gehört. Übrigens hat Herr Dr. Stoller — wie er mir sagt — auf Grund ebenfalls von stratigraphischen Gesichtspunkten, aber auch aus der Betrachtung der subfossilen Pflanzenreste in diesen Mooren dieselbe Überzeu¬ gung gewonnen. In Ostpreußen zeigen die mächtigsten Moore mit mehreren Metern Sphagnetumtorf meist keine Spur eines Trockenhorizonts; nur einmal (im November 1904) habe ich hier in einem Hoch¬ moor einen Trockenhorizont gefunden, der sich, als Waldhorizont mit ziemlich starken Baumstubben im Profil eingeschaltet, zwischen einem älteren und einem jüngeren, ca. 1 m mächtigen, aber stark zusammengesunkenen Sphagnetumtorf auffällig hervorhob; es war dies in Torfstichen am Nordrande des Kackschen Balis bei Les- gewangminnen. Die Profile in den Torfstichen am SW- Ran de desselben Moores zeigten nichts von einem Trockenhorizont. Ich o habe mich in den folgenden Jahren vergeblich bemüht, in Ost¬ preußen noch an anderen Stellen Grenztorfhorizonte zu finden. Das schematische Profil Fig. 25, einen Idealschnitt von Süden nach Norden bis fast zum Zentrum des Gesamtmoors bei Triangel Neue FoIges Heft 55= 111. 8 114 3. Hochmoore. darstellend, veranschaulicht die Gründe, warum wir im S nur einen Grenztorfhorizont, im Zentrum jedoch deren 2 haben. Da¬ nach entwickelte sich auf dem Scheuclizerietummoor, in zentralen Lagen der Wanne beginnend und nach außen wachsend, ein Hochmoor, in dem Profil durch den reifen Sphagnetumtorf a ge¬ kennzeichnet. Es wurde dann der untere Grenztorf b erzeugt. Eine darauf eintretende Vernässung hatte den jetzt halbreifen Sphagnetumtorf c zur Folge, der übergreifend über die alte Hoch¬ moorbildung im S jetzt dort über dem Scheuchzerietumtorf liegt. Wiederum wurde ein Grenztorf d gebildet. Sodann trat von Figur 25. Schematisches Profil der Schichten des Moores nördlich von Triangel. A = Flackmootorfe, B = Scheuchzerietumtorf, C = Hochmootorfe und zwar a = reifer, c = halbreifer und e = unreifer Sphagnetum- Torf, b = unterer, d = oberer Grenztorf-Horizont. Bei I Sphagnetumtorf über Flachmoortorf und Scheuchzerietumtorf, bei II der Sphagnetumtorf durch einen Grenztorfhorizont unterbrochen, bei III durch zwei Grenztorfhorizonte unterbrochen. neuem Vernässung ein, die den heute das Moor bedeckenden un¬ reifen Sphagnetumtorf e zur Folge hatte, der über alle bisher ent¬ standenen Hochmoorhorizonte a, b, c, d, am Rande übergreifend, hier von einem Scheuchzerietumtorf unterlagert wird. Es ist nicht etwa gemeint, daß es sich dabei durchweg um ein simultanes Scheuchzerietum gehandelt habe, sondern es wird dieses nach Maßgabe des südlichen Vorrückens des Hochmoores, insbesondere wohl durch die dabei resultierende Vernässung des Moorrandes, ebenfalls weiter wachsend herausgerückt sein. Die beiden Grenztorf horizonte des Triangeler Moores waren Figur 26. 3. Hochmoore, 115 bC c3 icä a O • rH H ^3 a r-* 8" keit des Profils auf eine größere Erstreckung zu veranschaulichen.) F = Flachmoortorf, Z = Zwischenmoortorf mit Kiefernstümpfen und einer durch vorübergehend höheren Wasserstand entstan¬ denen Kehle, a = reifer Sphagnetumtorf, b = unterer Grenztorf-Horizont, c = halbreifer Sphagnetumtorf, d = oberer Grenztorf- Horizont, e = unreifer Sphagnetumtorf und zwar e2 sehr stark ausgetrocknete obere Lage, in e ist ganz links auf dem Bilde ein Graben eingeschnitten, aus welchem Wasser herabfließt. 116 8. Hochmoore. mir besonders in den nassen Jahreszeiten seit längerem aufge¬ fallen, da sie dann auf den Profilen kleine Quellhorizonte dar¬ stellen (Fig. 26). Das Regen- und Schmelzwasser dringt dann zum guten Teil durch den unreifen Sphagnetumtorf bis auf den oberen Grenzhorizont hinab, in welchem es aber auf den Profilflächen Figur 27. Profi! in der Nähe der Stelle, die die Figur 26 geliefert hat, aber zu einer anderen Zeit (im Sommer) aufgenommen, in der sich die Grenztorf* Horizonte nicht wie in Figur 26 sofort als Quellhorizonte markieren. Z = Zwischenmoor- Horizont mit großen Stubben von Pinus silvestris, darüber Hochmoortorf, deren oberster Teil besonders stark zusammengesunken und aus¬ getrocknet ist., Im Entwässerungsgraben liegen Stümpfe und Stumpfteile be¬ sonders aus dem Zwischenmoortorf. bei der Diclitigkeit des Grenztorfes heraustritt. Etwas von dem Wasser vermag aber doch diesen Grenztorf horizont zu durch¬ queren und gelangt so in den wieder leichter durchlässigen halb¬ reifen Sphagnetumtorf, bis es am unteren Grenztorfhorizont wie¬ derum halt macht, um hier einen neuen quelligen Horizont in die 3, Hochmoore. 117 Erscheinung zu bringen. Die so innerhalb des Sphagnetumprofil- teiles hervortretenden beiden horizontalen, durchaus parallelen, schmalen, sehr nassen Streifen sind, wie gesagt, in nassen Zeiten im hohem Maße auffällig, indem sich dort horizontal verlaufende Rinnen, Kehlen bilden; die Torfe dieser beiden Streifen sind, wie gesagt, Grenztorfe; unter dem untersten befindet sich noch ty¬ pischer und zwar reifer Sphagnetumtorf. Die Erstreckung des bis jetzt von mir konstatierten Profiles mit 2 ununterbrochen durch¬ gehenden Grenztorf horizonten beträgt von Westen nach Osten und zwar in der Linie, die etwa durch die Haltestelle Neuplaten¬ dorf hindurch geht, fast 3 km; von Norden nach Süden beläuft sich das angegebene Profil ebenfalls, soweit es bis jetzt aufge¬ schlossen ist, auf mehrere Kilometer. Fig. 27 veranschaulicht ein Profil in der Fortsetzung des vorigen im Sommer aufgenommenen, d. h. zu einer Jahreszeit, in der die Quellhorizonte nicht scharf äußerlich in die Erscheinung treten, wenigstens habe ich sie dann nicht deutlich hervortreten sehen. Fig. 28 ist ein Aufschluß we¬ sentlich weiter nach Süden; er entspricht dem Abschnitt II in dem Profil Fig. 25. Natürlich dürfen die in der angegebenen Weise entstehenden O O Quellkehlen nicht mit solchen verwechselt werden, wie sie oft an Torfprofilen beobachtet werden können, deren unterer Teil im Wasser steht. Es bilden sich dann unter Umständen an der Oberkante des Wassers Brandungskehlen, die bei einem Fallen des Wasserspiegels auffälliger zur Erscheinung gelangen. Ein glücklicher Umstand hat es bedingt, daß auch solch eine Bran¬ dungskehle unten auf unserem Profil (Fig. 26) vorhanden ist, die also in diesem Falle nicht durch die Verschiedenartigkeit der Struktur der im Profil aufgeschlossenen Torfarten bedingt ist, wie das mit den beiden oberen Kehlen der Fall ist. Beim Aufschwemmen der drei Sphagnetumtorfe zeigt der reife Torf ganz fein zerteilte Reste, soweit seine aus Sphagnum bestehende Hauptgrundmasse in Betracht kommt. Die meisten dieser feinen Partikel sind unter der Lupe oder dem Mikroskop sofort als zu Sphagnum gehörig zu erkennen. Der halbreife Sphagnetumtorf 118 n O Hochmoore ef © ui Ul p © *3 Cf er >~i © B © •r B> © CB © Ul BJ © “ cf C+ ca cs B t H a *3 ©* © -5 CG r+- B Cs B c o i— i • cf U "3 >-! -1 ©"* © a B sa •< 3 © o B Ca •T © © a s Ce r— CB ^ • Ce Qj ce P • c^> Ce © a > S* i— < • CO *"* N e~r* O Cf * ® CTQ cb © © “1 O © er 3 o o t-i > C «i 09 o er CT5 3 © b © i-S ffi P Jjr CTQ Cg © 2- er SO ss c £, 'S* CfQ cb © © Ul © SO © er 3 © © s 3 p ca SO £B ca © i-i B. ca ca _ © © CB c+- g s: ! s -1 © er cf © rf © >1 ui "H- ►-1 p CJQ a a= B- 02 sr © >— ■ • ca P © . a “1 o ® 2 p ° Q *-i © B N I Cu © i-i © er CA c; ca 0=1 n 3* 05 rf © 3 H pc Ostindien. Nach Kooeders. tage. Zwei Nächte, am 20. — 21. und 21. — 22. März* (1891), wurde in der Mitte des Moores biwakiert. Bei den beiden Biwaks wurde nur stagnierendes Süßwasser beobachtet von dunkelbrauner Färbung und von sehr schwach adstringierendem Geschmack, mit¬ unter sehr schwach bitter, immer fast geruchlos und immer schön durchsichtig, ohne Trübung. Der Gebrauch dieses wie starker klarer Tee aussehenden Wassers zeigt sogar auch bei ungekochtem Gebrauch bei keiner der mehr als 250 Personen starken Expeditions¬ kolonne auch nur die geringsten Nachteile. Das Betreten des Moores, Fig. 38, war nur dadurch möglich, daß es überall mit einem Walde bestanden war, dessen Wurzeln die ganze Oberfläche mit einem dichten Netze bedeckten. Große o Neue Folge. Heft 55. III. 13 194 7. Tropenmoore. Schwierigkeiten wurden bei dem Marsch dadurch verursacht, daß die meisten Baumspezies von zahllosen aufrecht wachsenden, ent¬ weder dünnkegelförmigen, geraden oder dünnzylindrischen, sich später knieförmig oben umbiegenden Atemwurzeln (sogenannten aerotropischen Wurzeln oder Pneumatophoren) umgeben waren. Diese aufrechtwachsenden Atemwurzeln erhoben sich in einer Höhe von etwa 1/^ — V 2 m oberhalb der stagnierenden Wasser¬ fläche. Sie besaßen meist nur 2 — 4, seltener 6 — 10 cm im Durch¬ messer. Die Oberfläche der erwähnten Kniewurzeln war in Über¬ einstimmung mit ihrer Atemfunktion ohne Ausnahme dicht mit großen, kräftig funktionierenden, durch die weiße Farbe auffallen¬ den Lenticellen bedeckt. Das Vorkommen dieser aerotropischen Wurzeln war deshalb so interessant, weil solche Wurzeln damals (1891) im Malaiischen Archipel nur für Mangroven, nämlich Sonneratia , Avicennia , Bru- guiera , Rhizophora und andere Baumarten, dann auch für Metro¬ xylon , Pandanus usw. bekannt waren, während diese Pneumato¬ phoren hier von mir bei ganz anderen Gattungen, nämlich bei Calophyllum , Eugenia , Chisocheton , Canarium und Myristica beob¬ achtet wurden. Ich konstatierte ferner, wie vielleicht kaum her¬ vorgehoben zu werden braucht, noch das vollständige Fehlen von allen für die Mangroven des Malaiischen Archipels charakteristischen Bäumen. Unser Moorwald besteht vorwiegend aus sehr enix zusammen- stehenden, 25- — 35 m hohen, immergrünen Bäumen, mit glatten, auffallend geraden Stämmen, welche erst sehr weit oben unregel¬ mäßig verzweigt sind und eine ziemlich dichte, aber nur wenig breite, kleine Krone besitzen. Das Unterholz besteht hauptsächlich aus kerzengeraden Bäumchen, derselben Baumspezies, welche den Plochwald zusammensetzen, aus den Familien der Guttiferae , Bur- seraceae , Meliaceae , Myristicaceae , Myrtaceae und Euphorbiaceae. Di ese Bäumchen zeichnen sich, als Folge des Halbdunkels, in welchem sie vermutlich viele Jahrzehnte ihr Leben fristen müssen, dadurch aus, daß die kerzengeraden Stämmclien nur an ihrer Spitze eine auffallend kleine, schlecht belaubte Krone tragen. 7. Tropen moorc. 195 Unter den höchsten Waldbäumen dieses Flachmoorwaldes fehlten Gymnospermen und Monoeotyledonen vollständig, und der Hauptbestand war ausschließlich aus Dicotylen zusammengesetzt, und zwar aus Repräsentanten solcher Familien, die in dem Ma¬ laiischen Archipel das Hauptkontingent bilden in immergrünen, hochstämmigen, häufig aus 500 — 600 Baumarten bestehenden Misch-Urwäldern, wie dieselben in der heißen Ebene dort auf fruchtbaren (sauerstoffreichen, frischen) Böden charakteristisch sind, und wie ich dieselben nicht nur auf Sumatra, sondern auch auf Java und Nord-Celebes zu studieren Gelegenheit hatte. Bemer¬ kenswert war indessen, daß die den Hauptbestand des Moorwaldes bildenden Baumarten spezifisch verschieden waren von denjenigen Baumarten derselben Gattungen, welche die umgebenden Wälder auf Boden mit nicht stagnierendem Wasser zusammensetzen. Es handelt sich demnach nicht um Abkömmlinge der Salzwasser- (Mangroven-) Gemeinschaft, sondern um einen besonderen Pflanzenverein, der sich aus Inlaudtypen herleitet. Unter den kleineren Bäumen, sowie unter den Sträu¬ che rn sind die Monoeotyledonen wohl, aber relativ spärlich, in dem Moorwald vertreten und die Gymnospermen fehlen ganz. Unter den baumartigen Vertretern der Monocotylen sah ich nur einige wenige zerstreut stehende, kleine Pti/chosperma-ä hnliche Palmen mit schön purpurroten Blattscheiden, und einige zertreut stehende Exemplare von einem Pandanus, der sich durch die für diese Gattung beträchtliche Höhe von 18 — 20 m auszeichnete und der einen kurz gedornten, dünn zylindrischen Stamm besaß, der unten keine Stelzwurzeln hatte und nur am Gipfel ein einziges Mal ver¬ zweigt war. Sehr häufig war hier ein Pandanus , der sich durch niedrigen, strauchartigen Wuchs und besonders lange Blätter kennzeichnet. Unter den physiognomisch interessanten kleineren Bäumen dieses Moorwaldes verdient ein kleiner, vermutlich zur Gattung Alsophila gehöriger Baumfarn erwähnt zu werden, der nur sehr zerstreut auftrat. Unter den St räuchern war die Fa¬ milie der Palmae durch zahlreiche Exemplare einer Zalacca mit sehr sauren Früchten vertreten, und unter den Lianen spielten 13* 196 7. Tropenmoore. die Palmen durch sehr zahlreiche Individuen von ein Paar Calci - mus- Arten, besonders an dem nördlichen Saum des Moorwaldes eine sehr wichtige Rolle. Zur Erläuterung des Profils Fig. 39 sei darauf hingewiesen, daß die tropischen Lianen häufig einfache Kletterer, nicht windende Pflanzen sind; der untere Stengelabschnitt alter, langer Lianen ist demnach sehr häufig mehr oder minder frei. Figur 39. Teil der Figur 38, etwas stärker vergrößert zur Charakterisierung der Vegetationstypen des Moores in der Nähe von Biwak 20./21. III. 1891, Original, gezeichnet von Koorders. Die Kräut ervegetation war außerordentlich spärlich, so¬ wohl hinsichtlich der Artenzahl wie auch der Individuen. Gra- mineae und Cyperaceae fehlten so gut wie vollständig. Meist war der Boden fast nackt und die kleinen Zwischenräume waren zwischen den in gedrängtem Stande überall über die Oberfläche ragenden, aufrecht wachsenden Kniewurzeln und kegelförmigen Atemwurzeln nur durch einige wenig auffallende, kleine Kräuter und sonst nur durch dicke Schichten abgefallener, in Zersetzung o j o begriffener Blätter der Waldbäume bedeckt. Sphagnen fehlten ganz 7. Tropenmoore. 197 und andere Moose, sowie Lebermoose, Flechten und kraut¬ artige Pteridophyten waren nur sehr spärlich vertreten. Epi- pkyten fanden sich wegen der Glattstämmigkeit und sehr hohen Verzweigung der Bäume nur in den Kronen der höchsten Bäume. Die zahllosen, mit braunem, stagnierendem Wasser erfüllten Tümpel waren vermutlich z. T. durch Lichtmangel relativ sehr arm an phanerogamen Wasserpflanzen, dagegen an durch Windbrüche etwas gelichteten Stellen ziemlich reich an Faden¬ algen. Im allgemeinen trug die Wasseroberfläche dieser selten mehr wie ein paar Dezimeter tiefen Tümpel keinen Pflanzenwuchs. Figur 40. Eine spargelförmige, aufrecht in die Luft wachsende Atemwurzel von einem der Charakterbäume des Moores. Original von Koorders. Die Stämme des Moorwaldes liattcn alle eine ziemlich glatte Rinde (keine Borke) und diese zeigte, besonders an den unteren Stammteilen, in vertikaler Anordnung eine auffallend große Zahl infolge kräftiger Atmungsfunktion schön weiß aussehender Lenti- cellen. Die meisten Stämme der Bäume, und besonders der größten Bäume zeigten in unserem Moorwald neben den erwähnten aero- tropischen »spargelartigen« (Fig. 40) und knieförmigen Wurzeln noch drei Charaktere, die speziell erwähnt zu werden verdienen, 198 7. Tropenmoore. nämlich 1. Stelzwurzeln, 2. Brettwurzeln, und 3. horizontal wachsende besenartige Luftwurzeln. Die Stelzwurzeln und die Brettwurzeln treten in einer so üppigen Entwicklung auf, daß dadurch der Pflanzenphysiognomie ein ganz besonderer Charakter aufgedrückt wird. Zuweilen gehen beide Formen ineinander über, aber im allgemeinen kann man Baumspezies mit ausgeprägten, viele Meter über der Erde ausge¬ dehnten und bis zu 3 —4 m hoch an den Stamm heraufreichenden Brettwurzeln beobachten, neben Baumarten, bei denen der 25 — 30 m hohe Stamm auf einem Gerüst von 2 — 5 m hohen Stelzwurzeln ruht. Figur 41. Einer der Charakterbäume des Moores mit großen Brettwurzeln, horizontal wachsenden »besenförmigen Luftwurzeln« und aufrecht wachsenden, spargelförmigen Pneumatophoren. Original von Koorders. Diese brettartigen Stammfußverbreiterungen, Fig. 39 u. 41, und die Stelzwurzeln siud auf dem weichen, schlammigen Boden als Be¬ festigungsmittel zweifellos sehr nützliche Einrichtungen, aber es darf auch nicht übersehen werden, daß durch diese starken Oberflächen¬ verbreiterungen des Stammfußes der Waldriesen die Gelegenheit für Luftaufnahme (durch Lenticellen usw.) sehr erheblich vergrößert wird. Diese Vermutung: wird dadurch gestützt, daß die Brett- und Stelzwurzeln ebenfalls reichlich mit stark funktionierenden, schön weißen, turgeszent ausgestülpten Lenticellen versehen sind. Die ausgesprochene Vermutung, daß die Brettwurzeln neben 7. Tropenmoore. 199 dem Zweck der Unterstützung des Baumes unter Umständen auch noch (und zwar besonders auf sauerstoffarmem Boden) eine Be¬ deutung haben für Sauerstoffzufuhr, resp. als Atmungsorgan, wird noch dadurch wahrscheinlicher, daß die einzige Baumspezies der Mangrove, welche keine für die Atmung speziell dienenden Pneu¬ matophoren besitzt, nämlich Carapa obovata , sich durch hohe, über die Erdoberfläche laufende Brettwurzeln auszeichnet, die auch hier durch eine große Zahl Lenticellen aulfallen. Für Carapa hat Karsten1) zuerst auf das Fehlen von Pneumatophoren und das Auftreten von solchen großen Brettwurzeln aufmerksam ge- macht; ich habe in verschiedenen Mangrovewäldern des Malaii¬ schen Archipels diese Angabe bestätigt gefunden. Der dritte oben erwähnte Charakterzug dieser Moorwaldbaum¬ riesen besteht in der außerordentlich üppigen Entwicklung von höchst eigentümlichen Luftwurzeln, welche büschelartig, bis zu einer Länge von ein bis eineinhalb Meter herauswachsen. Daß diese horizontal wachsenden Luftwurzelbüschel (welche ich, wegen der Ähnlichkeit mit einem Reiserbesen, kurz »besenartige Luft¬ wurzeln« nennen will) hauptsächlich dazu dienen, den im Stamm auf&teigenden Saftstrom mit Sauerstoff zu versehen, scheint mir deshalb höchst wahrscheinlich, weil 1. ihr pareuchymatiscber Bau darauf hinweist und 2. weil die Üppigkeit ihrer Entwicklung und die außergewöhnliche Häufigkeit des Vorkommens dieser »Besen¬ luftwurzeln«, gerade hier auf dem durch konstanten Sauerstoffmangel ausgezeichneten Moorboden besonders hervortritt. Die Besenluftwurzeln, Fig. 41, zeigen in der Regel weder im Anfänge ihrer Entwicklung noch im späteren Alter positiv-geo- tropische Krümmung wie gewöhnliche Ernährungswurzeln, und ebensowenig negativ-geotropische Krümmungen wie die aus dem sumpfigen Moorboden zeitweise oder immer aufrecht in die Luft wachsenden, spargelförmigen und knieförmigen Pneumatophoren. Die Spitzen dieser Besenwurzeln sind, in Übereinstimmung mit ihrer Atmungsfunktion, über eine große Länge entweder nicht l) Karsten, Die MaDgrove- Vegetation. (Karsten u. Schenk, Vegetationsbilder, Reibe II Heft 2 Erklärung von Tafel 7 — 12 [1904]). 200 7. Tropenmoore. oder nur sehr wenig kutikularisiert und schön weiß gefärbt, oder mit zahlreichen, turgeszenten Lenticellen versehen. Es sei aber bemerkt, daß ich derartige Besenwurzeln auch außerhalb des Moores und auch auf Standorten ohne ausgeprägte Bodensauer¬ stoffarmut, sowohl auf Sumatra, wie auch auf Java, beobachtet habe, aber nie so allgemein bei den meisten Individuen und bei den meisten Baumspezies, wie hier in dem geschlossenen Hoch¬ wald-Flachmoor, und nie so üppig entwickelt und so kräftig funktionierend wie hier. Es sei bemerkt, daß bei einem der meist kultivierten Alleebäume Javas, nämlich bei Canarium com¬ mune L., auch bei Kultur auf frischem, sauerstoffreicbem Boden besenartige, mehr oder weniger horizontel wachsende Luftwurzel- büschel, sogar bis zu einer Höhe von mehreren Metern über der Erdoberfläche, an dem Stamm eine sehr gewöhnliche Erscheinung sind; aber während vieljähriger Beobachtungen auf zahlreichen Reisen in den verschiedensten Gegenden von genannter Insel konnte ich wiederholt konstatieren, daß die Wurzelspitzen in den trockneren Monaten eintrockneten und abstarben und nur in Zeitperioden besonders hoher Luftfeuchtigkeit (und nur bei genügender Beschat¬ tung) durch große Turgeszenz und weiße Farbe der Spitzen und der Lenticellen ihre Funktion bekundeten. Nun spricht das Vor¬ kommen von besenartigen Luftwurzeln bei Canarium commune ge¬ rade dafür, daß seine natürlichen Standortsbedingungen vermut¬ lich wohl verschieden sind von denen auf Java, wo diese Spezies nie wild wachsend, sondern immer nur kultiviert beobachtet wor¬ den ist. Und dann ist es sehr gut möglich, daß der Besitz von Besenluftwurzeln bei dieser Spezies nur eine vererbte, für diese Art aber nicht unbedingt nötige Anpassung ist. Hierfür spricht noch der Umstand, daß ich, wie oben erwähnt, auf dem beschrie¬ benen Moorboden in Sumatra gerade bei einer dort wildwachsen¬ den, aber von C. commune verschiedenen Spezies von Canarium eine außergewöhnlich üppige Entwicklung von Besenluftwurzeln beobachtet habe. G. Karsten und M. Gresshoff1) gebührt das Verdienst, die l) Karsten und Gresshoff in Karsten, Mangrovevegetation im Malaiischen Archipel. (Bibliotheca botanica Heft 22 1391 S. 41 ff.) 7. Tropemnoore. 201 von Göbel1) zuerst ausgesprochene Vermutung der Atemfunktion der aerotropischen W urzelu von Sonneratia durch experimentelle Untersuchung erwiesen zu haben. L. Jost hat durch Experimente mit Gewächshauspalmen gezeigt, daß bei zunehmendem Sauerstoff¬ mangel des Bodens reichlichere Bildung von Pneumathoden statt¬ findet. Die Sauerstoffarmut und die durch die »Humussäuren« her¬ vorgerufene »physiologische« Trockenheit des Moorbodens2) bedingt eine oberflächliche und sehr weit ausgedehnte Entwicklung des gesamten Wurzelsystems; diese konnte an den ziemlich zahlreichen, durch Wind oder Alter umgefallenen, im Walde herumliegenden Baumriesen sehr schön konstatiert werden. Und wie a priori er¬ wartet werden konnte, fehlten Pfahlwurzen hier immer ganz. Die trotz des großen Wassergehaltes des Moorbodens durch den hohen Gehalt an löslichen Humusverbindungen verursachte SCHiMPER’sche physiologische Bodentrockenheit kam auch hier in der besonders reichen Entwicklung der für die Wasseraufnahme resp. für die Ernährung bestimmten flachstreichenden Ernährungswurzeln zum Ausdruck, und im Zusammenhang mit der durch den gedrängten Stand der hier wachsenden Moorwaldbäume gehemmten, räumlichen Ausdehnung der Ernährungswurzeln sind diese rings um jeden Baum zu einer dichten, der Bodenoberfläche flach aufliegenden, rasenfilzähnlichen Decke infolge außergewöhnlich reicher Verzwei¬ gung ausgebildet. Die geschilderte Moorwaldvegetation zeigte sich am deutlich¬ sten ausgeprägt in der Mitte des durchquerten Moorgebiets, und nur allmählich machte die Moorvegetation am südlichen und am nördlichen Rande des Moores für andere Vegetationsformen Platz. Im südlichen Teile ging der Moorwald in einen vorwiegend aus Gluta Renghas L. bestehenden, lichten Hochwald über. Dieser G/wto-Hochwald befand sich auf dem wiederholt längere Zeit durch stark strömendes Wasser tief überschwemmten, linken Ufer ß Go ebel (Berichte der Deutsch. Botan. Ges. IV 1886 S. 255). 3) Eine »physiologische Trockenheit« auf Grund des Vorhandenseins von Humussäuren dürfte keine Rolle spielen, sondern nur der O-Mangel. Vergl. p. 53 ff. — P. 202 7. Tropenmoore. des großen Kamparflusses. Auf Seite 524 des gemeinschaftlich mit den anderen Expeditionsmitgliedern geschriebenen Reiseberich¬ tes der ansgeführten Durchquerung von Mittel- Sumatra 1) findet sich eine Beschreibung eines solchen Gluta Renghas-W aldes. Der nördliche Saum des Moorwaldes kennzeichnete sich da¬ durch, daß allmählich die charakteristischen Moorwaldbäume mit ihren Atemwurzeln und anderen interessanten Anpassungen an das Leben im Moore mit dem Steigen des aus lehmigem Quarzsand bestehenden LTntergrundes allmählich für andere Baumspezies und andere, nicht baumartige Pflanzen zugleich mit auflallender Zu¬ nahme von Calamus- Arten und anderen Lianen Platz machten. Bei diesen fehlten die physiologischen Anpassungen der Moorpflanzen vollständig oder so gut wie vollständig. Hier an dem nördlichen Ö o o Saum hatte das Wasser die braune Farbe ganz eingebüßt und war wieder klar und sehr schwach strömend, und bei dem Weiter¬ dringen nach Norden konnte man nunmehr mit einem gewöhn¬ te 5? liehen Spazierstock den anorganischen Untergrund fühlen, der in dem eigentlichen Moorwalde sogar mit einem Stock von 6 Meter O O Länge nicht erreicht werden konnte2). Sowie endlich das aus rein anorganischen Mineralbestandteilen bestehende, trockne, sich ein paar Meter über dem Wasserspiegel erhebende Gelände erreicht war, waren alle Charakterpflanzen des geschilderten Moorwaldes gänzlich verschwunden. Am 26. März 1891 wurde ein zweiter Flachmoorwald, und zwar bei Pangkalan-Dulei (vier Tagemärsche nordöstlich von dem Kampar-Laubwaldmoor) beobachtet. Ich fand eine physiognomisch und auch systematisch von der früher beschriebenen verschiedene Flora. Die Bäume standen hier nicht so eng wie dort und waren niedriger. Sie erreichten meist nur 5 — 12 m Höhe und hatten krumme, niedrig verzweigte Stämme mit dichten Kronen. Auch 9 Dwars door Sumatra. Tocht van Padang naar Siak, onder leiding von den Hooft-Ingenieur der Staats-Spoorwegen I. W. Yzermann, besekreven door de leden der expeditie Yzermann, van Bemmelen, Koorders en Bakiiuis (Batavia 1S95). 2) Es sei daran erinnert, daß Larive bis 9 m Torf-Mächtigkeit angibt. Vergl. S. 1S5. — P. 7. Troponmoore. 203 hier war die Zahl der Baumspezies nur sehr klein, darunter eine Anonacee , ein paar Eugenia- Arten und eine Barringtonia , sowie eine sehr langblättrige Art von Panclanus. Im Zusammenhänge mit der geringen Höhe der Bäume und wahrscheinlich mit dem Fehlen verschiedener im Kampar-Moorhochwald vorkommender Baumspezies fand man hier keine großen Brettwurzeln, keine Bäume auf hohen Stelzwurzeln und auch keine Luftwurzeln. Es fanden sich jedoch hier überall zusammen mit den rasenfilzähn¬ lichen Ernährungswurzeln die knieförmigen, aufrecht wachsenden Atemwurzeln, welche rings um jedes dieser Moorwaldbäumchen eine dichte Schicht bildeten, auf welcher sich die abgefallenen Blätter ansammelten. Diese beim Gehen unter dem Fuß ela¬ stischen Wurzel- und Blattdecken bildeten gewissermaßen kleine, nur wenige Quadratmeter große Inselchen, und dazwischen fand man einen Schlamm, der zum größten Teile aus Pflanzenresten zusammengesetzt war. Als Unterschied mit dem Hochwaldflach¬ moor vom Kampar sei noch hervorgehoben, daß in dem Moorwäld¬ chen von Pangkalan-Dulei die Moorbildung anscheinend deshalb so w'enig vorgeschritten ist, weil das Bodenwrasser an den von mir besuchten Stellen eine wenn auch schwache, doch deutliche Strö¬ mung erkennen ließ«. Soweit Herr Dr. Koorders. Wenn die tropischen Sumpfmoore ihren Torf so weit angehöht haben, daß der ganze, früher einmal vom Wasser besetzt gewesene Raum von Torf eingenommen wird, so wird der nunmehr einset¬ zende Pflanzenbestand dem unserer Standflachmoore entsprechen. Ob es schließlich selbst zu Zwischenmooren oder ihnen faciell gleichzustellenden Mooren kommt: das ist ja alles noch unbekannt. Es sind Zwischenmoore vielleicht aber kaum zu erwarten, weil jede Humusbildung über dem ursprünglichen Grundwasserspiegel bei der Pütze und Feuchtigkeit einer zu eifrigen Zersetzung unterliegt. Bis jetzt sind jedenfalls als unter tropischem Klima Torf produzierend nur unser Sumpfmoor bekaunt und die S. 189/190 erwähnten afrikanischen Moore. Es ist anzunehmen, daß Sumpf¬ moore in den Tropen verbreitet sind; leider aber mangelt es an 204 8. Schlußbemerkungen über Moore. Untersuchung der Böden und, wie wir gesellen haben, selbst der Flora. Hochmoore gibt es unter Tropenklima nicht. Die Pflanzen- Gemeinschaft, die im hohen Norden ihre eigentliche Heimat hat, die insbesondere durch die Eigentümlichkeiten der Gattung Sphagnum die Entstehung von Hochmooren veranlaßt, spielt unter Tropen- Kliina keine Bolle. Die Gattung Sphagnum insbesondere ist nur ganz untergeordnet vertreten. Im übrigen ist zu beachten, daß ein Wasser, das in einem wärmeren Klima zu einem Flachmoor Ver¬ anlassung geben würde, im Norden, wo das Wasser meist und vielleicht das «ranze Jahr hindurch wenigstens zum Teil gefroren ist, nur Hochmoortypen ernähren kann. Ein Fehler, der immer wieder unbewußt gemacht worden ist, ist der, die weite und auffälligere Entwicklung von Hochmooren in der mittleren gemäßigten Zone mit dem Vorkommen von Hu¬ mus-Ablagerungen in den Tropen miteinander zu vergleichen, an¬ statt dies mit den FJachmoor- Vorkommen hier^und dort zu tun. Flachmoore sind aber weniger auffällig und waren daher in den Tropen bis jetzt übersehen worden. (Vergl. das Schema Figur 19 auf S. 123 in Bd. II und die Erklärung im Text dazu. Von dem wärmeren Gebiet [links im Profil] bis zum Subarktikum [rechts] nehmen Flachmoore ab und Hochmoore zu.) 8. ScMußbemerkungen über Moore. Im Prinzip dürfte die Entwicklung von Moor-Geländen auf der ganzen Erde die gleiche sein, nur daß in weitabliegenden Ländern auch vielfach verschiedene Pflanzenarten als charakteristi¬ sche Elemente der zu unterscheidenden Moortypen auftreten, Pflanzenarten, die aber dann oft genug in den gleichen Moortypen oder -Etappen verwandt sind, jedenfalls aber der generellen Pflau- zengemeinschaft der betreffenden Moortypen angehören. Durchaus bestätigen kann ich dies selbst für Canada im Vergleich mit Europa. Um das aber noch mehr näher zu rücken, als sich dies schon aus An¬ gaben im Vorausgehenden ergibt, seien nach einer Abhandlung von Samuel Monds Coulter über nordamerikanische Vegetationen von 205 8. Schlußbemerkungen über Moore. Sumpf- uud Moor-Geländeu die sich ergebenden Vergleichspunkte als Beispiel vorgeführt *). Die Pflanzenarteu sind hier — nach dem Gesagten — in einem und demselben Moor-Typus: 1. zum Teil dieselben wie bei uns, 2. zum Teil mehr oder minder verwandte Arten, 3. sich gegenseitig stellvertretende, nicht nahe miteinander verwandte Arten. In einem Moordistrikt am Saint Francis River (NO. Arkan¬ sas und SO. Missouri) kann man nach der Auseinandersetzung Coulter s (1. c. S. 55 — 56 und Liste S. 65 — 69) die folgenden Zonen feststellen: 1. Zunächst treten im Wasser selbst Wasserpflanzen auf wie Myriophyllum , Ceratophyllum demersum , Potamogeton natam und die Nymphaeaceen Cabomba caroliniana , an sehr ruhigen Stellen kann die ganze Wasseroberfläche dicht bedeckt sein mit der Salviniacee Azolla caroliniana ; auch Lemna minor ist dann gern reich vertreten und auch das Lebermoos Ricciocarpus natans kommt vor, beide letzteren auch hei uns an gleichen Örtlichkeiten zu¬ sammen auftretend. Wo die hierunter unter 4. und 5. erwähnte Gestrüppzone unterbrochen ist, findet sich Nelumbo lutea unter¬ mischt mit Nymphaea adoena in dichten Massen. 2. Als nächste Etappe erblickt man dann Arten der amphi¬ bisch lebenden Pflanzengruppe wie besonders Polygonum densiflorum und die Rohrgraminee Zizaniopsis miliacea. Hier und da ist das Polygonum vergesellschaftet mit der Aracee Peltandra undulata und besonders der an gleichen Stellen auch bei uns vorhandenen Ty- pha latifolia. 3. In der darauf, vom Wasser abgerechnet folgenden Zone nimmt die genaunte Polygonum- Art noch viel Platz ein und Pel¬ tandra undulata nimmt zu. Saurur us cernuus tritt auf, ebenso Sium cicutaefolium. 4. Sodann folgt Weiden-Gestriipp und schnell darauf 5. Cephalanthus occidentalis , eine auch aus unseren Gärten her bekannte strauchige Rubiacee. 9 Cout.ter, An ecological comparaison of some typical swamp areas (Mis¬ souri Botanical Garden. Fifteenth annual report. St. Louis, Mo., 1904 S. 49 bis 71 und viele Abbildungen). 206 8. Schl aß bemerk ungen über Moore. 6. Nunmehr kommen wir unmittelbar in den Flachmoorwald r oder Sumpfflachmoorwald, der hier als wesentlichsten Baumbestand die Cornacee Nyssa uniflora und die Sumpfcypresse Taxodium disticlium führt. 7. Am Saint Francis River schließen sich, soweit aus Coul- ter’s Angaben ersichtlich, keine hochmoorigen Partieen an, jedoch sind wesentlich mit Sphagnum bestandene Hochmoore aus Nord¬ amerika usw. lange bekannt. Wenn wir die Auseinandersetzung des Genannten weiter zugrunde legen, so würde zunächst als zwischenmooriges Gelände mit unseren Zwischenmooren zu ver- gleichen sein mehrere von ihm weit nördlich von dem erst¬ genannten River herangezogene »swainp areas « namentlich in Michigan, wo in solchen Revieren Vorkommen Andromeda calyculata (also wie auch in Europa von Ostpreußen ab nördlich) und andere Ericaceen auch — wie bei uns — insektenverdauende Arten wie Drosera, Sarracenia purpurea usw. Auch aus der eingehenderen Auseinandersetzung eines Spe¬ zialgebietes von Kearney ergibt sich dasselbe (vergl. Bd. II S. 303), ebenso wie aus allen Schilderungen von Botanikern, die fremde Länder bereist haben. In dem Fall des Hervorgehens eines Hochmoores aus einem durch Moorbildung verlandeten, nährstoffreichen Wasser haben wir schließlich im Profil von unten nach oben immer nährstoffärmer werdende Torfe. C. A. Weber (1907 S. 27) benennt sie eutrophe (nährstoffreiche), mesotrophe (mittelnährstoffreiche) und oligo¬ trophe (nährstoffarme) Torfe, und dem entsprechen die Pflanzen¬ vereine, die je nach ihren Nahrungsansprüchen an den Boden eutra- phente, m esotraphente und oli gotraphente sind. Dieselbe Einteilung kann man geographisch vornehmen, denn je weiter wir nach Norden gehen, um so schwerer wird die Ausnutzung der Bodennahrung, d. h. um so leichter entstehen die zum Hoch¬ moor neigenden Moorformen auch auf anorganisch-mineralischem Boden. Die im Vorausgellenden gebotene Klassifikation der Hu- mus-Lagerstätten kann man im großen und ganzen als eine gene- tische insofern bezeichnen, als die erwähnten Hauptmoorformen in S. SchluöbemerkuDgen über Moure. 207 ihrer Entwicklung in der angegebenen Folge nach- und aufein¬ ander entstellen können. Wenn wir nun noch das nicht selten der Moorbildung vorausgehende Stadium, nämlich das der Sumpf¬ bildung durch Ausfüllung eines Wassers wesentlich mit Sapropelit hinzufimen, so können wir bei uns alle die folgenden Stadien haben: Wald (als terrestrische Bildung) in zunächst mehr oder minder zwischenmooriger Ausbildung kann entstehen auf einer stärker entwässerten und zusammengesunkenen Hochmoor- Bildung (auf n ährstotfarmen Böden). Wo ein ordentlicher Wald erwachsen konnte, muß das Hochmoor durch Entwässerung zunächst ein Totes Hoch moor gewesen sein (also eine terrestrische Bil¬ dung), das bei dem Überwiegen von Ericaceen ein echtes Heide¬ moor ist. Vor der Entwässerung ist ein L ebendes Hoch moor (als semiterrestrische Bildung) vor¬ handen gewesen und zwar unter Landklima -Verhältnissen ein Landklima-, unter Seeklima- Verhältnissen ein S eekli ma- Hoch¬ moor (ein reines Sphagnetum-Moor), dessen trockner Rand¬ hang, weil hier das Wasser leichter abfließt, eine (Pinus-Ledum-) Hochmoor vorzone ist. Dem Sphagne- tum-Moor kann vorausgegangen sein eine Zwischen moor -Bildung und zwar ein Scheuchzerietum oder V a g i u e t u in (als semiaquatische B.) oder diesem vorausgehend ein Mischwald-Moor (als terrestr. B.) aus Kiefern, Fichten, auch Quercus peclunculata usw. mit üppigem Ericaceen-Unterholz. Als 1. Zwischen-Moorstadium kann ein Birken moor (terr. B.) vorausgegangen sein. Das Zwischen¬ moor kann sich entwickelt haben aus einer Fl ach moor- Bildung (auf nährstoffreichem, ausnutzbarem Boden), nämlich zunächst aus einem (Erlen -)Standmoor (als terr. B.), dem ein (Erlen-) Sumpfmoor (als semiterr. B.) vorausgegangen sein kann. Wo dieses durch allmähliche Verlandung eines Wassers hervorgegangen ist, geht dem Erlen-Sumpfmoor ein 208 S. Schlirßbemerkungen über Moore. Röhricht sumpf voraus uud wenn das Wasser die geeigneten * L O O Bedingungen für eine Entstehung von Sapropel aufwies, insbe¬ sondere stagnierend genug war, kann zunächst ein Saprop e 1 i t- S umpf resp. ein auf seinem Grunde Sapropelit führendes Gewässer vorhanden gewesen sein. Die Gesteine (Kaustobiolithe), die sich im Profil aus einer würden sein: (Streu ). Hochmoor - Torf, z. B. Sphagueturn-, Polvtrichetum-Torf. Zwischenmoortorf, z. B. Zwischenmoor- W ald t o r f (Eeucobryu m -Torf). Flaclnnoor-Torf, z. B. Alnetum-Torf, Hy p n e tu m -To r f. Röhricht-Torf, z. B. Phragmitetum-Torf, Equisetetum-Torf. (Sekundär-allochthoner Torf). Dopplerit-Saprokoll. Saprokoll. Kalk-Saprokoll. Saprokoll-Kalk. Moor- Kalk oder Saprokoll- Mergel, oder -Ton oder -Sand. Der durch das vorletzte Profil, S. 207/8, das wir das Hauptprofil nennen wollen, dargestellte Fall ist ein solcher, der sich zwar nur unter besonderen Voraussetzungen verwirklicht, der aber hier aus¬ gewählt wurde, um alle wesentlichen Bildungen, die bei der Moor- Pmtstehuug in Betracht kommen, unter einem einheitlichen Gesichts¬ punkt darstellen zu können; damit haben wir einen bequemen Über¬ blick über die Verschiedenheit dieser Bildungen gewonnen, der es uns bedeutend erleichtert, Sonderfälle, die übrigens mehr oder minder in dem geschilderten Fall enthalten sind, zu verstehen. Von der Verlandung eines Gewässers bis zum toten Hoch¬ moor ist unter Verhältnissen, wie wir sie an dem vorausgehend ähnlichen Folge ergeben, U. O H L weilen St o £ Können zu r e i - \ fen -Torfe sein, j in diesem Falle: Saprokoll- Torf’e. S a p r o p e 1 i t e . 8. Schlußbemerkuugen über Moore. 209 hei den einzelnen Etappen immer wieder als Beispiel benutzten Moor-Gelände im südlichen Memeldelta und sonst meist erblicken, ein zeitlich sehr langer Weg'. Wenn wir hier noch einmal zum Vergleich mit dem vorausgehenden, ziemlich vollständigen Profil übersichtlich alle, aucli die kleineren Mooretappen zusammenstellen, so wird besonders auffällig klar werden, wie allmählich die Über¬ gänge von dem einen Moortypus zum anderen stattfinden und wie wenig infolgedessen die Einteilung der Moore — wie die meisten Einteilungen, in die wir aus notwendigen Bequemlichkeitsrück¬ sichten die Naturtatsaclien zwingen — überall scharf durchzu¬ führen ist. Die Kultur schafft im Memeldelta Hochmoor Zwischen moor Flachmoor totes Hochmoor, das durch Entwässe¬ rung aus dem (lebenden) See klima-Hoch moor her¬ vorgeht. Am Rande, vom Hochmoor hin¬ absteigend, kommen wir zunächst in die Pinus -Lediim - Hoclimoor-V orzone, sodann eventuell in eine durch die Ver¬ nässung des Randes vom Riillenwasser gebildete Röhricht-Hoch moor - Vorzone. Es folgen dann eine Pinus- (M ittelwald-)Zone, M i s ch w a 1 d m o o r - Z o n e (aus Picea usw.), B i r k e n - M i s c h w a 1 d in o o r - Z o n e , Birkenmoor-Zone, B i r k e n - E r 1 e n m o o r- Z o n e , (Erle n -Stau dm oor-Zoue), Erlen-Sumpfmoor-Zone, Erlen moo r - Vorzon e, Wiesenmoor-Z o n e , V e r 1 a n d u n g s - ( R ö h r i c h t - ) Z o n e und endlich eine Sapropelit-Bank. Heue Folge. Heft 55> III. 14 210 8. Schlußbemerkungen über Moore. Näheres über diese einzelnen Etappen ergibt sich aus den eingehenden Schilderungen im Yorausgehenden. Unsere 4 far¬ bigen Bilder (Tafeln 1 — 4), die in der numerierten Folge anein¬ andergepaßt zu denken sind, geben eine Übersicht über das in Rede stehende Gelände. Vergl. die beigefügten Erklärungen und die im Zusammenhang die 4 bunten Tafeln erläuternde Fig. 42, die die Zonenfolge in noch stärkerer Verkürzung, als sie leider schon bei den 4 Tafeln zur Anwendung gelangen mußte, darstellt, zu¬ gleich mit überhöhter Einzeichnung des Bodenprofils. Figur 42. Zm -A. Schematische Darstellung des Moorgeländes südöstlich Nemonlen im Memeldelta, darunter Bodenprofil. K = Künsches Haff. Rv = Röhricht- Flachmoor-Verlandungszone. Fm = Flach¬ moor und zwar Erlen moor (E). Zm = Zwischenmoor und zwar Birkenmoorzone (B) und Mischwald -Nadelwald -Zone (M). Rh = Röhricht -Hochmoor -Vorzone. Hm = Hochmoor. Im Bodenprofil bedeuten SS = Sapropelfeinsand. F = Flach¬ moortorf. Z = Zwischenmoortorf. H = Hochmoortorf. Besonders klar tritt zur Anschauung, daß die Bäume des Ge¬ ländes nach Maßgabe der Entfernung vom Kurischen Haff und dementsprechend ihrer Annäherung an das Hochmoor immer kleiner werden mit Rücksicht auf die für Gehölzwuchs sich all¬ mählich steigernd ungünstiger werdenden Bodenverhältnisse. Das dargestellte »Waldprofil«, Fig. 43, war an Ort und Stelle mehr¬ fach demonstrativ zu sehen durch die Abholzungen, die einzelne Strecken erlitten hatten. Es reicht leider freilich nur von der Birkenzone links bis zur Hochmoor- Vorzone rechts, ist aber auch so anschaulich genug, um namentlich auch fürs Auge eindringlich zu machen, daß mau zwischen Sumpfmoor und typischem Hoch- Co -Jj 8. Schlußbemerkungen über Moore 211 moor so viele Übergangsformen einscbalten kann, wie man will; es fragt sich nur: was zweckmäßig ist bezw. welche Intentionen man hat. Figur 43. Waldprofil aus dem Nemoniener Hochmoor im Memeldelta. Für mich aufgenommen von Herrn Otto Roth. Figur 44. ft R Profil (schematisch) unter dem Schwarzen See (zwischen R—R) und in seiner Umgebung bei LiebemUhl in Ostpreußen. R = Röhricht -Verlandung. H = Hochmoor resp. jüngster Hochmoortorf, links davon Waldmoor, wesentlich zwischenmoorig. Rt — Röhricht -Verlandungs-Torf. Sp = Sapropel. Sk = Saprokoll. 14* 8. Schlußbemerkungen über Moore. 212 Zum Vergleich mit dem Nemoniener Profil sei in Fig. 44 eines geboten, das die Verhältnisse zeigt bei Verlandung eines Sees durch Schwingmoor. Ich wähle dazu die Verhältnisse, wie ich sie bei dem in Bd. I S. G8 Fig. 9 abgebildeten See bei Liebe- mühl in Ostpreußen kennen lernte. Die Unterschrift der Fig. 44 ergibt Genügendes. Besonders sei darauf hingewiesen, daß in solchen Fällen natürlich ein allmähliches Einsinken des sich bil¬ denden Torfes durch Zusammenpressung des in dem Beispiel vor¬ handenen Sapropels stattfindet, so daß sich bei Aufgrabungen in genügender Entfernung von dem noch unverlandet gebliebenen offenen Wasserrest unter dem Torf Saprokoll vorfindet. Eine jede der in unserem Paradigma S. 209 in schöner Reihen¬ folge vorhandenen Etappen kann in Zusammenhang mit nur einigen der anderen oder auch ganz allein für sich auftreten, wenn das Gelände nur dieselben Bedingungen für das Gedeihen der Pflanzen- Vereine aufweist, wie die einer jeden der aufgeführten Zonen sie auf dem letzten Stadium der ihr vorausgehenden Zone vorfindet; auch mannigfache andere Ausbildungsformen als die oben ange¬ führten sind je nach den Umständen vorhanden, wie Beispiele im Vorausgehenden gezeigt haben: es sei nur an die Landklima- Hochmoore, die tropischen Flachmoore, die Flechtenmoore des Subarktikums usw. usw. erinnert. Immer aber lassen sie sich als Flachmoore, Zwischen- oder Hochmoore erkennen oder als Zwischen¬ stadium derselben. Aus dieser generellen Anwendbarkeit der in diesem Werk benutzten Terminologie und Klas¬ sifikation ergibt sich ebenfalls gegenüber anderen ihre o o o größere Zweck m ä ß i g k e i t. o o Die Erlenstandmoorzone wurde oben S. 209 eingeklammert, weil sie in dem vorgeführten Fall nur hier und da augedeutet ist. Der Kampf zwischen den Einflüssen des Wassers des vor- rückendeu, jetzt freilich durch die Kultur an den meisten Stellen am Rande getöteten Hochmoores und denjenigen des Wassers aus dem Kuriscken Haff, das bei steigendem Wasserstaud ins Erlensumpfmoor läuft, ist oder besser war an unserem Moorgelände gut zu studieren. Der Übergang des Sumpfmoorgeländes zum 8. Schlußbcmerkungen über Moore. 213 Zwischemnoor und dieses zum Hoclimoor ist liier ein besonders schneller und darauf mag die untergeordnete Vertretung der oben als Nr. 6 angegebenen Zone ebenfalls Hinweisen. Die Hoch- moor-Einfliisse haben an Boden gewonnen. War doch im süd¬ lichsten Teile des Meßtischblattes Nemonien das Hochmoor bereits bis auf wenige 100 m von der Küste des Kurischen Haffs heran¬ gerückt. Von dem Hauptprofil noch wesentlicher abweichende Ent¬ wicklungsformen ergeben sich z. B., wenn die Moor-Bildung von einem Wasser ausgeht, dem ständig Kalk zugeführt wird, wie das an geeigneten Stellen buchtenreicher Flüsse beobachtet werden kann. Es wird dort zur Bildung eines reinen Faulschlammes eben¬ sowenig kommen wie im Kurischen Haff, im Frischen Haff u. dergl., wie im Jamunder See, Buckower See usw. (alles ähnliche Haffe und Seen au der Ostseeküste), w'eil in diese Gewässer besonders Feinsandsediment sich dem entstehenden Sapropel beimengt. Nehmen wir an, daß der Fluß seine Ufer periodisch und zwar mit Eisgang oder stark fließendem Wasser überschwemme, so wird noch eine fernere Variation in unserem Hauptprofil eintreten: es wird nämlich nach der Bildung von Sumpftorf kein Waldtorf ent¬ stehen können, weil das Eis oder stark fließende Wasser das Auf¬ kommen von Gehölzen verhindert, ebenso wenn der Boden gleich so stagnierend wird, daß Gehölze — wenigstens die unsrigen — nicht aufwachsen können. An Stelle des Waldes wird dann die Sumpfflora von einer Wiesenflora abgelöst. Um das zu bemerken, sind natürlich Stellen aufzusuchen, die den Naturzustand erläutern: dazu gehört einige Übung, denn man muß die Fähigkeit erworben haben, die Kultureinflüsse in Gedanken abziehen zu können. Ins¬ besondere sind heute so viele Strecken entwaldet, die unter natür¬ lichen Verhältnissen Bäume tragen würden, daß sich jetzt auch dort Moor- Wiesen und Wiesen überhaupt befinden, wo mit oder ohne Überschwemmung doch kein Eisgang oder schnell fließendes Wasser usw. die Bewaldung stört. Die Wiesenmoore sind also bei uns jetzt meist eine »geologische Facies« der Waldmoore. W ir hätten also, z. B. wenn wir 2 Fälle vergleichen: 214 8. Schlußbemerkungen über Moore. See mit (schwindendem) Kalk ge halt: Bewegtes Wasser mit (dauern¬ dem) Kalkgehalt. Mit Eisgang od. dergl. usw. usw. X 1 X 1 3, Waldtorf 3. Wiesentorf 2. Sumpftorf 2. Sumpftorf 1c. Faulschlamm ( 1. Kalk-Faulschlamm lb. Kalk-Faulschlamm < oder la. Seekreide f Faulschlamm-Kalk Diese Verschiedenheit in der faciellen Entwicklung der Schichten ist oft noch dadurch auffallend, daß der gebildete Wie¬ sentorf in dein gedachten Falle gern mit mineralischen Sedimenten untermischt sein wird, die von dem Wasser mitgeführt und zum Teil auf den Moor- Wiesen abgesetzt werden. Andere Fälle sind gegenüber dem Hauptprofil mehr oder minder abgekürzte. Vor allem ist in dieser Beziehung auf einen der für Nord- Deutschland und Nord-Europa überhaupt charakte¬ ristischsten hinzuweisen, bei welchem die Torfbildung keineswegs immer ihren Ausgangspunkt von Wasser bedeckten Stellen aus nimmt. Im Gegenteil: die meisten und die größten sind (vergl. S. 2) auf dem Trocknen entstanden. Einem Heidetrockentorf- Gelände , das wie ein abgestorbenes Hochmoor aussieht, braucht nämlich durchaus nicht ein Sphagnetum- Moor und diesem braucht keineswegs ein Zwischenmoor und diesem ein Flachmoor in der Entstehung vorauszugehen. Ein Hochmoor kann vielmehr ohne jede vorausgängige andere Moorbildung für sich auf nacktem Sandboden (Bleichsand) entstehen: es müssen nur die Bedingungen für das kräftige Wachstum der Hochmoorpflanzen- Gemeinschaft verwirklicht sein. Diese sind wesentlich 1. nährstoff¬ arme Böden und 2. hinreichende Luftfeuchtigkeit. Wo beides vor¬ handen ist, überzieht sich der Boden zunächst mit der Heide- 8. Schlußbemerkungen über Moore. 215 Vegetation, deren absterbende Teile einen Humus (Trockentorf) hinterlassen, der anwachsend schließlich einem reinen Sphag?ietum den Boden bereiten kann, wenn nämlich Seeklima herrscht. Wir haben in diesem Fall sofort eine Hochmoorbildung mit Sand- Untergrund. Wir haben in dem geschilderten abgekürzten Fall das Profil: Sphagnetum-Torf Heide- Trockentorf Bleichsand. Sobald durch irgend welche Umstände, z. B. stauendes Wasser, ein Hochmoor wesentliche Nahrungszuflüsse erhält oder etwa durch die Verlegung eines mineralreichen Wassers, das eventuell Sedi¬ mente (Lehm usw.) mitbringt, so wandern sofort Pflanzengemein¬ schaften ein, die in solchen Fällen in der Konkurrenz um die Plätze den Hochmoorpflanzen überlegen sind, und wir erhalten den Fall, daß ein Flachmoor auf einem Hochmoor entsteht. Pro¬ file durch Torflager solcher Moore weichen durch diese Um¬ kehrung natürlich am stärksten vom Hauptprofil ab. Ein solches Profil wurde übrigens schon seinerzeit von J. R. Lorenz (Zeitschrift Flora 1858) von 2 Mooren am Oberbrum mer See im Salzburgischen beschrieben, die beide das folgende Profil zeigen : 6. Hochmoortorf 5. Flachmoortorf 4. Moorkalk 3. Hochmoortorf 2. Flachmoortorf 1. Moorkalk. Nach Lorenz' Untersuchung hat sich nach Fertigstellung von Schicht 3 der Wasserspiegel des anstoßenden Sees wesentlich ge¬ hoben, so daß von neuem zunächst Seekreide (Moorkalk) gebildet wurde und dann wiederum zunächst Flachmoortorf, sodann Hoch¬ moortorf. 216 9. Torflager unter Bedeckung. Es würde für unseren Zweck nicht von Belang sein, alle Pro¬ file, die sich bei den Moor-Bildungen ergeben können, anzuführen ; es kam nur darauf an, zu zeigen, wie die Moor-Bildung im all¬ meinen vor sich geht, ihre Bedingungen kennen zu lernen, die Verschiedenartigkeit der letzteren zu erläutern, die die Verschieden¬ heit der Moorprofile erklärt und hiermit darauf hingewiesen zu haben, daß auch die Produkte, die Torfe, in ihrer Zusammen¬ setzung sowohl betreffs der Pflanzenarten, aus denen sie entstanden sind, als auch — und zwar zum Teil infolge der Verschieden¬ artigkeit der Pflanzengemeinschaften — betreffs ihrer chemischen Beschaffenheit. 9. Torflager unter Bedeckung. Das p. 215 unten angegebene Profil ist ferner lehrreich, weil es zeigt, wie ein IIochmoortorf-Lager zur Erhaltung als subfossiles Lager gelangen kaum Nach der Genesis der Flach- und Hoch¬ moore sind aber naturgemäß die ersten zur dauernden Erhaltung als subfossile, dann fossile Torflager zunächst prädestiniert. Nachträglich von tonigen oder sandigen Massen überschüttete Moore sind namentlich in den Strandzonen häufig. Geraten Moore durch Erdbewegungen unter das Meerwasser oder hat das Meer etwa bei Hochfluten Gelegenheit, Torfmoore mit Sedimenten zu überschütten, so erhalten wir Humusablagerungen, die durch Meeresablagerungen bedeckt sind, was sich oft durch das Vor¬ handensein von Meerestierresten in diesen Deckschichten zu er¬ kennen gibt. Auch das unmittelbar Liegende der Torflager kann ein Meeresabsatz sein, und schließlich kann auch der Torf selbst Reste von Meerestieren enthalten, die aktiv hineingedrungen sind. So habe ich wiederholt in den in Rede stehenden, unter den Meeresspiegel geratenen Torfen Bohrmuschellöcher gefunden und Reste der Bohrmuschel und noch lebende Tiere. Bequem läßt sich diese Beobachtung gelegentlich an ausgeworfenen Torfstücken machen. Und bei alledem handelt es sich um einen auf dem Lande entstandenen Torf aus fjandpflanzenarten ! 9. Torflager unter Bedeckung. 217 Untermeeriseher Torf ist unter dem Namen Meertorf (Strandtorf, Litoraltorf, Mar Törv der Dänen) bekannt, auf Sylt heißt er T u ul. Alle diese »Meertorfe« — sie sind sehr häufig — gehören zu Mooren, die unter den Wasserspiegel des Meeres geraten sind. Oft kann man solche Untermeer-Moore, Figur 45. Bei Ebbe trocken gelaufenes submarines Torflager südlich von Westerland auf Sylt. Nach J. Reiske. wenn sie oberflächlich liegen, an der Nordsee bei Niedrigwasser hervortreten sehen, Fig. 45, und auch an der Ostsee sind sie oft ohne weiteres zu beobachten, Fig:. 46. Sie sind laime bekannt. Schon A. v. Chamisso hat die »Meertorfe« als Landtorfe erkannt und GrisebaCH sagt (1846 S. 83): »Von Schleswig bis zur Schelde liegen allgemein unter den See-Alluvien Torflager« (von Darg). 218 9. Torflager unter Bedeckung. Auch L. Meyn (Sylt 1876 S. 69 und 70, vergl. auf S. 137) ist es nicht entgangen, daß der Tuul eiu Landmoortorf ist. Er sagt u. a. : »Ich habe hunderte von Schollen dieses Torfes, welche am Strande lagen, genau untersucht und bin seit vielen Jahren mit der inneren Beschaffenheit der Moore auf einer großen Aus¬ dehnung der norddeutschen Ebenen bekannt, es ist mir aber, bei Figur 4t>. Untermeermoor mit Baumstubben an der Ostseeküste bei Leba in Hinterpommern. Nach einer zur Anfügung gestellten Photographie. Vergleichung beider, auch nicht der leiseste Zweifel über den völlig identischen Ursprung beider geblieben.« Es sind ganz gewaltige Torfmengen und Moorflächen untergegangen. So hat das Watten¬ meer große Quantitäten Salztorf (vergl. Bd. II, S. 11) hergegeben. »Noch im Winter 1870/71 — sagt Meyn (Sylt 1876 S. 69) — sind mehr als 400 Fuder des untermeerischen Torfes von dem Strand in die Dörfer gefahren, und Ähnliches geschah schon in den ältesten 9. Torflager unter Bedeckung. 219 Zeiten.« Eine ausführlichere Liste gibt Früh (1885 S. 680), dein nach der Literatur und durch Untersuchung von Materialien sub¬ marine Landtorfe bekannt geworden sind von der französischen Kiiste von Biarritz bis zur Somme, der belgischen, holländischen, deutschen, dänischen, schwedischen, englisch-schottischen und von irischen Küsten. Ich selbst kenne sie von einer ganzen Reihe von Figur 47. Torfgerölle, ausgeworfen vom Meere von einem in der Nähe des Strandes unter Wasser anstehenden Torflager südlich Westerland. Für mich 1910 aufgenommen von Herrn Otto Roth. Stellen an der Nord- und Ostsee, Fig. 47. Diese untermeerischen Landtorfe sind natürlich meist von Meeressedimenten bedeckt, so im Wattenmeer von Schlick mit Meerestieren. Vergl. Meyn (Sylt 1871 S. 67 und S. 137 — 138) oder wie z. B. im folgenden Profil nach E. Erdmann ]) von Strandmaterial. 9 In Gunnar Andersson, Växtpaleontologiska undersökningar af svenska torf- mossar. (K. svenska vet.-akad. Handlingar Bd. 18, Afd. III, No. 8, Stockholm 1893.) 9. Torflager unter Bedeckung. »Strandgrus« (gegen 1 in mächtig), 220 »Torf«, »Gyttja«, also ein Sapropelit, »Torf«, »Gyttja«, »Hvarfvig mergel«. Im Memel- und Weichseldelta läßt sich hier und da das folgende Profil beobachten. Schlick, Landtorf, Meeressand, Landtorf. Im Elbdelta wird das Kedinger Moor von Schlickbänken unterbrochen, deren Material bei Hochwasser abgesetzt wurde. An den Nordseeküsten findet man ebenfalls vielfach marines Alluvium über Landtorf-Lager. So im Deltagebiet der Schelde: zu oberst Alluvial- Schlick (1 und mehr Meter mächtig) mit marinen Tierresteu, 1 — 1,50 m Landtorf, Sand und Ton mit marinen Tierresten. Weiter westlich bei Watten (Pas-de-Calais) in der »maritimen Ebene« (plaine maritime) finden sich marine Sedimente und darunter ein Laudtorf-Lager, das menschliche Werkzeuge aus der Steinzeit enthält, darunter, unmittelbar unter den marinen Schichten finden sich Topfscherben und römisch-gallische Münzen, deren jüngste aus dem Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. stammen. Hier hat also nachher ein weitgehender Meereseinbruch stattgehabt. Gegen das 7. Jahrhundert war die Küste so angehöht, daß Torf-Bildung von neuem Platz greifen konnte, um 500 Jahre später wiederum einem 2 m mächtigen marinen Sande Platz zu machen. Hier sind 9. Torflager unter Bedeckung. 221 gewiß Boden-Bewegungen die Ursache für diese Veränderungen gewesen. In der »plaine maritime« bei Watten (Pas-de-Calais) ist 2 m über dem Meeresspiegel (also nachträglich wieder gehoben) z. B. das Profil zu beobachten. (Gosselet und Ladriere, Ann. soc. geol. du Nord 1893). . c Sand mit Cardium edule , 1 m Marine Sedimente 1 „ . T7 7 . _ ( Ion mit Hydrobia ulvae , 1 m, Landtorf, Mariner Sand mit Cardium edule. Noch weiter westlich, im Nordosten der Bucht von Moriaix (Finistere) findet sich (C. Cayeux 1907): Mariner Sand, Flachmoortorf mit Arundo phragmites , Mariner Sand, Flachmoortorf mit Arundo phragmites. Gelegentlich finden sich auch weit draußen in der offenen See Untermeer- Landtorflager. Wie mir diesbezüglich mein Kollege Dr. W. Wolff mitteilt, kommen an verschiedenen Stellen des Nordseebodens weit außerhalb der nördlichen deutschen und west¬ lichen dänischen Küste in Wassertiefen bis zu etwa 60 Metern anstehende Torfe vor. Ein Altonaer Fischdampfer dretschte vor einigen Jaliren derartigen Torf auf der kleinen Fischerbank weit westlich von Jütland. Im April 1912 dretschte ein Fahrzeug der Kgl. Biologischen Anstalt auf Helgoland einen von Bohrmuschelu bewohnten Flachmoortorf etwa 30 Seemeilen nordwestlich von Helgoland in 36 m Wassertiefe und sandte Proben davon an die Kgl. Geologische Landesanstalt. Ich habe den Torf gesehen: es kommen u. a. Arundo phragmites- Rhizome und Hölzer darin vor. Um auch eiu uns fernerliegendes Beispiel zu erwähnen, sei uach Lyell mitgeteilt, daß Bestände von Arundinaria macrosperma am Mississippidelta Vorkommen, die Meeresaufschüttungen mit Entenmuscheln besitzen. 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor 222 * Die Tatsache, daß es sich heute in dem Vorkommen von sub¬ marinen Landtorfen, bedeckt und unterlagert von Meeressedi¬ menten, um eine allgemeine Erscheinung handelt, ist von beson¬ derer Wichtigkeit zur Erklärung der Genesis von fossilen Kohlen aus Landpflanzen ; auch hier kommen gelegentlich mit ihnen in den hängenden und liegenden Gesteinen Meerestiere vor, deren Vor¬ handensein daher nicht ohne weiteres ausgenutzt werden darf, nun die Kohlen ebenfalls als marinen Ursprungs anzusehen (vergl. meine »Entstehung der Steinkohle« 1910 5. Aufl. S. 187 ff.). 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. Sehr zutreffend schrieb mir der Professor der Geographie am eidgenössischen Polytechnikum in Zürich Herr J. Früh einmal: »Wir stehen im Zeitalter großer Entwässerungen, anthropömorpher Umformungen.« Diese Tatsache wird eindringlich gemacht durch das Studium O O unserer Gewässer, Sümpfe und Moore: geradezu erschreckend für- den Naturfreund, der es wünschte, daß zukünftigen Geschlechtern wenigstens etwas von der ursprünglichen, eigentlichen Natur erhalten bliebe, für den, der die Empfindung hat, daß der Mensch auch ein Recht an der unverfälschten Natur hat. Überall haben im Dienste von Forst- und Landwirtschaft tief¬ greifende Veränderungen stattgefunden oder sind im Gange, min¬ destens ist so gut wie überall, wo Menschen wohnen oder ge¬ wohnt haben, der Versuch zu meliorieren gemacht worden, und so wurde die ursprüngliche Natur vernichtet oder mehr oder minder arg gestört. Durch Kanalisationen, Ausbaggerungen, Wasserspiegelseukun- gen und Ablassen von Seen und Teichen1) werden Faulschlamm- 0 Bezüglich des Verschwindens von Seen durch die Kultur siehe u. a. die Zusammenstellung von W. Halbfass in seiner Abh. »Klimatologische Probleme im Lichte moderner Seenforschung« (Jahresber. des Gymnasiums zu Neuhaidens- leben L GOT). und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 223 (Sapropel-) Bildungen beseitigt oder es wird ihre Weiterbildung unterbrochen, ebenso die der Moore, die im Begriffe standen, viele dieser Gewässer vollständig auf natürlichem Wege zu verlanden. Wo die brandende Tätigkeit des Wassers Küstenstrecken zer¬ stört, wird nach Möglichkeit durch Schilfrohrpflanzungen wie z. B. am Stettiner Haff und sonst im Ostseegebiet, ebenso am Bodensee usw. das Land geschützt oder gelegentlich gar Land gewonnen. Im Interesse der Fischwirtschaft wird andererseits Schilfrohrbe¬ stand zerstört, weil sich Teiche mit weniger Schilfrohr schneller erwärmen1); auch werden die Schwingmoorbildungen auf der Luv¬ seite von Seen, um ihre Verlandung usw. zu verhindern, be¬ seitigt. Hermann Walser hat auf Grund eines Vergleichs einer guten älteren Karte (der Gygerkarte) des Kantons Zürich nachgewiesen2), daß wesentlich durch »das Uberwiegen der der Raumgewinnung wegen seefeindlichen Interessen der Bevölkerung über die see- erhaltendeu Interessen« es kommen konnte, daß in dem genannten Kanton »eine lange Reihe von Jahrtausenden nicht genügt hat, alle wassererfüllten Becken des Gebietes auf natürlichem Wege zum Verschwinden zu bringen, während innerhalb der letzten 250 Jahre fast 50 v.H. der kleinen Seen der Gygerkarte erloschen«. Von 149 sind die kleinen Seen im genannten Gebiet auf 76 herab¬ gegangen. Und dabei ist zu berücksichtigen, daß die aus 56 Blät- tern bestehende Gygerkarte sehr viele Wasserspiegel angibt, »von denen auf der modernen Karte entweder gar nichts mehr, oder nur eine dürftige Spur in der Form einer Ortsbenennung wie Weierthal, Bibersee, Weier, Egelsee, oder aber, und zwar in den meisten Fällen, in Form einer Signatur für sumpfiges Gelände sich findet.« Eine ähnliche Untersuchung hat Georg Breu für ein anderes Gebiet angestellt8). Er zählt Bayerns in historischer Zeit er- *) Vergl. z. B. Rössing in der Fisch erei-Ztg. Neudamm 30. III. 1907, S. 201. a) Walser, Veränderungen der Erdoberfläche im Umkreis des Kantons Zürich seit der Mitte des 17. Jahrhunderts. Bern 1896. 3) Vergl. Breo in den Verh. des 16. Deutschen Geographentages. Berlin 1907 S, 334 ff. u. BericLte des naturwiss. \ er. zu Regensburg. 1908 S. 23 — 46. 224 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor losebene Seen auf. Seine Liste umfaßt in Südbayern 33, in Nord¬ bayern 31, darunter den bekannten Fichtelsee im Fichtelgebirge auf der Wasserscheide zwischen der Ficlitelnab und dem Main, der einst eine Größe von 241 ha besaß. Außer den namentlich aufgeführten Seen gibt es natürlich noch viele hundert, falls man alle kleinen Fischteiche usw. mit aufführen wollte. Breu betont, daß in erster Linie nicht natürliche Ereignisse, sondern das Ein¬ greifen des Menschen das Eingehen so vieler Wasserflächen ver¬ anlaßt hat. Hier handelt es sich aber nur um kleinere Seen. Hochmoore aber, die oft sehr große Flächen einnehmen, sind im allgemeinen viel leichter zu entwässern — — — und das ist ausgiebig ge- schehen. Der Fernerstehende wird zunächst an die Zerstörung der Moore durch Ausbeutung des Torfes denken und früher war die Torfproduktion auch in Norddeutschland recht beträchtlich; vor einigen Jahren betrug sie in Rußland nach Larson und Wallgren jährlich noch rund 4 Millionen Tonnen, die Tonne zu 20 Zentnern, in Holland und Schweden je über 1 Million usw.; aber so groß diese Zahlen auch sein mögen : sie bedeuten nur sehr wenig gegenüber den — wenn auch ganz gelegentlich mißglückten, aber, wie gesagt, an Hochmooren leicht zu bewerkstelligenden — Ent- Wässerungen und Entwässerungsversuchen, die mau überall an Mooren beobachten kann, sei s um später abzutorfen, den Torf sonst für einen bestimmten Zweck zu gewinnen oder um das Ge¬ lände urbar zu machen, als Wiesen- oder Ackerland zu gewinnen. Stellenweise, wie z. B. in Bayern, ist infolge seiner noch größeren Regenhöhe als sie Nordwest-Deutschland besitzt, die Entwässerung etwas schwieriger, aber auch hier durch alte Kultur sehr weit vorgeschritten. Über das allernördlichste Deutschland haben wir über Torf- benutzuug schon eine fast 2000 Jahre alte Nachricht, nämlich von Plinius dem Älteren. Er schreibt in seiner »Historia naturalis« (10, 1 — 2) von den »Chauken«: »Ein bedauernswürdiger Volks- stamm wohnt an den Ufern des Meeres, das zweimal binnen Tag und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 225 und Nacht unübersehbare Strecken überflutet, auf Erdhügeln *), die nach den Erfahrungen der höchsten Flut erbaut sind2). Wenn das Wasser die Umgebung überschwemmt, dann gleichen ihre Hütten Schiffenden, Schiffbrüchigen, aber, wenn das Wasser zurück¬ gegangen ist. . . . Mit den Händen formen sie feuchte Erde3) und trocknen sie mehr durch Wind als durch die Sonne, und mit dieser Erde kochen sie ihre Speisen und wärmen ihre vom Nord¬ winde erstarrten Glieder4). Hiermit sind deutlich die Nordsee¬ küsten des heutigen Deutschland gekennzeichnet, mit ihrer Ebbe und Flut. Mit der zum Feuermachen dienenden »feuchten Erde« kann nur Torf gemeint sein. Die Gewinnung von Torf ist demnach sehr alt und damit der Beginn zur Vernichtung; der Moore. Norddeutschland war ur- sprünglich durch das Vorhandensein vieler Sümpfe und großer Moore ausgezeichnet. Schon Cornelius Tacitus sagt 98 n. Chr. in seiner »Germania« (5), das Land sei »im allgemeinen mit fin¬ sterem Urwald oder wüsten Sümpfen«5) bedeckt, und Prokop6) gab einige Jahrhunderte später von Niederrhein an: dort befänden sich Sümpfe, in denen zu alten Zeiten die Germanen wohnten. Oft genug haben die Römer die Moore durch Holzdämme über- quert, wovon die jetzt durch die Erhöhung des Torfes weit im Innern unter der heutigen Oberfläche der Moore gut erhaltenen noch vorhandenen Balken und Knüppel Zeugnis ablegen. Es ist charakteristisch, daß die Römer diese Dämme nicht als Straßen, sondern als »lange Brücken«, pontes longi, bezeichneten. Nach Angabe der Historiker wurde die Trockenlegung der Moore und Sümpfe im Brandenburgisch-preußischen Staat beson¬ ders seit dem Einzug des Christentums zur Zeit Albrechts des 9 Den »Warften« oder »Werften« der heutigen Hallig- Bewohner ! 2) . . . tumulos obtinet altos ceu tribunalia extructa manibus ad experi- menta altissimi aestus. 3) lutum. 4) . . . ventis magis quam sole siccantes terra cibos et rigentia septentrione viscera sua urunt. 9 ... in Universum ^ . aut silvis horrida aut paludibus foeda . . . 6) Gothenkrieg, Abschnitt 12. Neue Folge, tieft 55. III. 15 226 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor Bären (1134 — 1170) energischer ins Werk gesetzt. Große Moore waren aber noch oft Hindernisse beziehungsweise Schutzmittel bei der Kriegführung. So war für die Friesen der Nordseeküste — o o das ist ja der ursprüngliche Sitz der »Chauken« — , das Moor¬ gebiet im Süden ihrer Heimat ein wichtiger Schutz gegen Einfälle. Im Spreewald, jenem großen Erlenbruch, der zum Teil Moor ist, sitzen bekanntlich heute noch Wenden (Sorben, wie sie sich selbst nennen), die ihre alte Sprache beibehalten haben, und dasselbe ist der Fall mit den Litauern im Memeldelta. Der 70 km lange Havelländische Hauptkanal, angelegt 1718 bis 1725 unter Friedrich Wilhelm I., dient in erster Linie der Entwässerung der großen Moorgelände des Havellandes. Das Nieder-Oderbruch wurde 1747 — 56 unter Friedrich dem Grossen entwässert und urbar gemacht und später die Warthe- und Netze- briicher. Mitte des vorigen Jahrhunderts, unter Friedrich Wil¬ helm IV., war immerhin noch so viel unkultiviertes Land vor¬ handen, daß damals (von 1849—51) nicht weniger als rund 11500 qkm Landes urbar gemacht werden konnten. In Ostpreußen scheint Torf nach einer Angabe Heine. Hagen's erst seit rund 200 Jahren gewonnen zu werden. Dieser Autor sagt nämlich1) 1761 (S. 3): »Seit etlichen 40 Jahren hat ein aus Dännemarck ge¬ bürtig gewesener Papiermacher- Geselle, . den allerersten Torfgrund in Preußen entdeckt, und gewiesen, wie man es machen müsse, den Torf zu stechen, ihn geschicklich zum Trocknen auf¬ zusetzen und dadurch zur Feuerung bequem zu machen.« Heute aber gibt es bei uns selbst in Ostpreußen kein ordentliches Moor, das nicht durch die Kultur angeritzt oder beeinflußt wäre. Die seit 1876 bestehende preußische Zentral-Moorkommission, als be¬ ratendes Organ des Landwirtschaftsministers und andere Organi¬ sationen sorgen eifrig weiter für die vollständige Vernichtung des in wissenschaftlicher Beziehung so sehr interessanten Landschafts¬ typus der Moore. Im preußischen Abgeordnetenhause teilte der Landwirtschaftsminister am 13. Februar 1912 mit, daß seit 1856 9 Hagen, Abhandlungen chemischen und physikalischen Inhalts, herausge¬ geben von IC. G. Hagen, Königsberg 1778. und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 227 440 Millionen Mark vom Staat verausgabt wurden für Zwecke der Meliorationen, unter denen die der Moore einen hervorragenden An¬ teil ausmachen. So ist es denn in der Tat höchste Zeit daran zu denken, eine der charakteristischsten Geländeformen unserer Heimat an passenden Stellen in hinreichender Ausdehnung dauernd zu erhalten: eine Landschaftsform, die, — wo sie uns jugendfrisch in ihrer natürlichen Kraft entgegentritt — zu den stimmungsvollsten gehört, die die Erde bietet. Früh berechnet für die Schweiz1) 5464 größere »Sümpfe und Moore«, die ehemals vorhanden gewesen sind, von denen aber heute nur noch 2083 der Kultur noch nicht vollständig unterlegen ö O sind: 3381 sind demnach bis jetzt schon verschwunden. Unter diesen Umständen ist es beim Studium von Mooren eine Pflicht, sich ständig zu bemühen, Einflüsse der Kultur zu erkennen, wohin u. a. außer der Entwässerung gehören: Düngung, J o O O O j künstliche Übersandung (= »Sanddeckkultur«, »Moordammkultur«) oder wie bei den Mooren der Marschgebiete Beschüttung mit Wühlerde, oder, wie es in den Marschen heißt, »Kuhlerde«, weil dort durch Anlage von Gräben und Gruben (»Kuhlen«) kalkhal¬ tiger Boden des Untergrundes zum Meliorieren benutzt wird (»überkuhlen«), oder es wird auch Seeschlick dazu genommen, womit das »Überkleien« stattfindet. Ferner ist zu achten auf die Ausbaggerung von tiefer liegenden Mooren zur Herstellung von Seen, wie z. B. in der Kolonie Grunewald und in Zehlendorf bei Berlin, oder zur Herstellung von Fischteichen, wie u. a. vielfach in der Lüneburger Heide. o Wo sind unter diesen Umständen die Zeiten geblieben, da es in Deutschland noch möglich war, sich draußen, z. B. in unserem moorreichsten Landteile, in Nordwest-Deutschland, eine ordentliche Vorstellung von einer Moorlandschaft und ihrer Erhabenheit zu bilden, wie das seinerzeit an so sehr vielen Punkten möglich war? Noch 1846 2) konnte A. Grisebach dort diese Vorstellung ge- 0 Früh, Die Moore der Schweiz. Bern 1904 S. 250. -) Grisebach, Über die Bildung des Torfs in den Emsmooren. Göttingen 1846. 15* 228 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor winnen. »An der hannoverisch-holländischen Grenze — sagt er — habe ich, zwischen Hesepertwist und Ruetenbrock das pfadlose Moor von Bourtange überschreitend, einen Punkt besucht, wo, wie auf hohem Meere der ebene Boden am Horizont von einer reinen Kreislinie umschlossen ward und kein Baum, kein Strauch, keine Hütte, kein Gegenstand von eines Kindes Höhe auf der scheinbar unendlichen Einöde sich abgrenzte. Auch die entlegenen Ansiedlungen, die, in Birkengehölzen verborgen, lange Zeit noch wie blaue Inseln in weiter Ferne erscheinen, sinken zuletzt unter diesen freien Horizont hinab. Dieses Schauspiel, auf festem Boden ohne seinesgleichen überallhin auf abgerundete Heiderasen und Ö O über dem Schlamm gesellig schwebende Cyperaceen das Auge ein¬ schränkend, zugleich das Gemüt mit der Gewalt des Schranken¬ losen ergreifend, versetzt uns in ursprüngliche Naturzustände, wo eine organische, jedoch einförmige Kraft alles überwältigend ge¬ wirkt hat.« Aber Grisebach versäumt nicht die auch damals schon weitgehenden Einflüsse der Kultur auf das Bourtanger Moor hervorzuheben, und jetzt — ich habe das Gelände zuletzt im Herbst 1907 besucht — gehört schon einige Phantasie dazu, um sich die ursprünglichen Zustände wieder zu vergegenwärtigen. Um sich von der Bedeutung eine Anschauung zu machen, welche die Moore für das gesamte Landschaftsbild Nordwest- Deutschlands im Gebiet der Ems besessen haben, empfiehlt O. Drude1) sehr gut das Studium »der in ihrer schlichten Ein¬ tönigkeit anziehenden und überraschenden Generalstabskartenblätter des Papeschen Atlas von Hannover und Braunschweig.« So ist es denn für den Kenner der Verhältnisse kein Wunder, wenn nicht nur die meisten Laien, sondern sogar Gelehrte, die über Moore Schriftstellern, natürliche Moore zu kennen vermeinen, aber in Wirklichkeit aus Mangel an bei uns hinreichendem, zum Studium geeigneten Gelände nur tote und halbtote oder doch dem Absterben mehr oder minder entgegengehende Moore gesehen haben. Man lese auch Gedichte, Novellen und Romane, z. B. vou Claus Groth, Annette von Droste-IIülsdorf, Theodor Storm J) Dri.de, Deutschlands Pflanzengeögraphie. 1896 S. 356. und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 229 usw., kurz von Belletristen, die mit offenbarer Liebe auch Moor- stimmungen zum Ausdruck bringen wollten, uud man wird sehen, daß immer nur tote, von der Entwässerung bereits weit beein¬ flußte Moore vorgeschwebt haben. Die vielen stimmungsvollen Moorlandschaften, die der Maler Wenke- Worpswede dem Teufels¬ moor nördlich von Bremen abgelauscht hat, geben alle nur tote und höchstens halbtote Moorgelände wieder, ebenso das von Hans am Ende gemalte große Bild in der Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, das er als »Rohes Hochmoor« bezeichnet. Die Herrlichkeit noch voll jungfräulicher Moore hat die Schil¬ derung durch einen Dichter — wie es scheint — noch kaum ge¬ funden. Zahlreich sind auch die wissenschaftlichen Veröffent¬ lichungen, aus denen das angegebene Mißverständnis nachgewiesen werden könnte. Wenig bekannt sind insbesondere die noch in- takten Seeklima-Hochmoore, deren Begehung freilich einige Mühe macht und stellenweise nicht ganz ungefährlich ist. Es ist nicht jedermanns Sache, stundenlang im Wasser herumzuwaten, wie man das muß, wenn man Seeklima-Hochmoore ordentlich untersuchen will. So kommt es dann, daß bis jetzt eine derjenigen Vegetations¬ geländeformen, die einst eine der wichtigsten in Deutschland war, die Hochmoorpflanzengemeinschaft in vollständig von der Kultur unberührter Zusammensetzung, in optima forma den allermeisten Floristen und Systematikern gar nicht bekannt ist. Da ist denn freilich eine Verständigung schwer, namentlich dann, wenn ungenügende Kenntnis es unternimmt, an vermeint¬ liche Eigenschaften lebender Moore festzuhalten, die in Wahrheit für absterbende oder halbtote oder gar nur tote Moore gelten, oder wenn ausschließlich Höhenhochmoore als Maßstab der Beurteilung von Hochmooren überhaupt genommen werden u. dergl. Kurz, wenn auch hier der alte Fehler wirksam ist, auf Grund ungenü¬ gender Einzelheiten zu verallgemeinern. Die heutigen Moore — » namentlich die Hochmoore — sind also ganz überwiegend tote Moore. Mir selbst ist trotz vieljähriger Reisen in Moorgebieten Zentraleuropas überhaupt noch niemals 230 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor ein vollkommen von der Kultur unberührt gebliebenes Moor¬ gelände begegnet, obwohl ich begreiflicherweise gerade auf diesen Punkt besonders geachtet habe; es handle sich denn um ganz kleine Moore von höchstens einigen hundert Quadratruten, die aber dann meist durch Fällen von Bäumen, Gewinnung der Streu u. dergl. ebenfalls in ihrem natürlichen Zustande gestört sind. In allen Kulturländern ist es dasselbe; so teilte mir der oberste Forst¬ beamte von Dänemark, Herr Kammerherr Dr. P. E. Müller in Kopenhagen mit: in Dänemark gebe es wohl keine jungfräulichen Flachmoore mehr, es seien denn die durch Neuverlandung erst entstehenden. Selbst in Süd-Canada vom Atlantischen bis zum Stillen Ozean habe ich bereits Schwierigkeiten gehabt, noch voll¬ ständig intakte Moore zu finden. Wo menschliche Kultur schon seit so langer Zeit den Boden mächtig angegriffen hat wie in Österreich-Ungarn, im Vorlande der Schweiz, in Süddeutschland (Baden, Württemberg, Bayern), in Holland und NW. -Deutschland und sonst im Königreich Preu¬ ßen (den Provinzen Brandenburg, Pommern usw.), steht es natür¬ lich besonders schlimm. Es ist eben bei uns fast vorbei mit der Möglichkeit, das Werden und die Ausbildung von Mooren aus- 0 7 o giebig zu studieren. Ö C5 Etwas besser liegen für den Forscher die Verhältnisse gegen¬ wärtig noch in Ostpreußen; auch hier geht jetzt die Kultivierung auch der Hochmoor-Strecken mit großer Geschwindigkeit vorwärts. Es ist sehr erfreulich, daß der preußische Fiskus auf einen von mir veranlaßten Antrag der Kgl. Geologischen Landesanstalt wenigstens soweit entgegengekommen ist, daß er die Erhaltung der »Zehlau« im Frisching südlich von Tapiau als Naturdenkmal »bis auf weiteres<< bestimmt hat. Möchte sich das »bis auf wei¬ teres« in »dauernd« verwandeln, damit auch in Zukunft bei uns dieses herrliche großartige jungfräuliche Gelände wenigstens dem einen unserer wuchtigsten Moortypen der Wissenschaft und Kunst dienlich bleibt. Es weist zwar ebenfalls streckenweise weitgehende Spuren von Entwässerungs-Versuchen auf, die sich aber wieder ausbessern würden, wenn man das Moor in Zukunft in Ruhe und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 231 ließe. Julius Schumann sagt1): »Möge die Zehlau unberührt bleiben! Sie speist unsere Bäche und Flüßchen. Im übrigen mag man dieses merkwürdige Stück der nordischen Natur den ersten Besitzern, den Kranichen, überlassen!« Bei der ungemein rasch, gerade in unserer Ära fortschreiten¬ den Kultur, unter der man ja auch die wenig tief überlegte Ver¬ wüstung von Wäldern und Vegetationen überhaupt versteht, wenn nur für den momentanen Besitzer oder Berechtigten des Geländes ein Nutzen herausschaut, wäre das Festhalten eines letzten Fleckens als dauerndes Naturdenkmal, das noch die natürlichen, vom Men¬ schen unbeeinflußten oder wenig beeinflußten Zustände aufweist, eine Tat, die unvergeßlichen Dankes wert wäre. Wer sich heute in die Zustände Norddeutschlands vertiefen will, wie sie noch TaCITUS außerordentlich charakteristisch und treffend kennzeichnet, der vermag sich nach der jetzigen Gestal¬ tung des Landes nur dann eine Vorstellung zu bilden, wenn er sich sehr eingehend mit den Pflauzenvereinen des Geländes be- schäftigt und es, wie gesagt, versteht, den Gebinden in seiner Phantasie die ursprünglichen Verhältnisse einigermaßen wiederzu¬ geben. Es wird daher dringend notwendig, das, was davon noch annähernd jetzt für kurze Zeit vorhanden ist, wenigstens im Bilde und in der Beschreibung zu retten. O So ist denn im Grunde genommen die vorliegende Arbeit wesentlich ein Beitrag zu dem Thema der in so gewaltigem Maße durch die Tätigkeit des Menschen veranlaßten Wandlungen der Erdoberfläche, insbeson¬ dere der deutschen Landschaft2); vor allem ist sie eine Urkunde, aus der sich hoffentlich hinreichend ergibt, wie es auf großen Strecken vor den tiefgreif enden Ve r - O änderungen durch den Menschen ausgeseheu hat. Leider O o ist es jetzt fast schon zu spät, diesbezüglich ordentliche Studien ;) Schumann, Wintertour über den Zehlau-Bruch 1860 S. 10t. 2) Hiermit hat sich u. a. auch beschäftigt Hans Hausratii, vergl. sein Buch »Pflanzengeographische Wandlungen der deutschen Landschaft« (B. G. Teubner in Leipzig und Berlin 1911). 232 10. Kultureinüüsse auf Sumpf und Moor zu machen und in der allernächsten Zeit wird es — bei dem gerade jetzt stattfindenden kräftigen und energischen Vorwärts¬ schreiten in der weiteren Vernichtung der »Üdländereien« — so gut wie unmöglich werden, und das nicht nur bei uns, sondern auch anderswo wie in Kanada und den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Das Vorausgehende bezog sich hauptsächlich auf die Hoch¬ moore, die ja bei der gewaltigen Verbreitung, die sie bei uns hatten, hier überhaupt auffälliger sind, auch durch ihre Charakte¬ risierung als »Ödland«, während unsere Erlenmoore, die wesent¬ lichen unter unseren Flachmooren, sich weniger herausheben; sie sind einfach nasse Wälder, wie es viele gibt, ohne Moore zu sein, Wälder, die zeitiger als die Hochmoore vom Menschen in Angriff genommen wurden. Größere Flachmoorstrecken sind in Zentral- und Süd-Europa überhaupt nirgends verschont geblieben. Sie sind jetzt Torfstiche und nach der Abtorfung der Landwirtschaft nutz¬ bar gemacht worden oder auch nach Entwässerungen und eventuell auch anderweitiger Vorbereitung unmittelbar zu Ackerland oder Wiesen umgestaltet worden, oder endlich der Forstwirtschaft ver¬ fallen. Der letzte Fall ist für das Studium der Ursprünglichen Vegetationsbestände der günstigste, da eine vernünftige Forstkultur die dem Gelände angepaßten Gehölze, bei uns in erster Linie die Erle ( Ainus glutinosci ), pflegt, in deren Gemeinschaft sich der ur¬ sprünglich immer mit diesem Baum vorhanden gewesene Pflauzen- verein so weitgehend erhält, daß man in dieser Beziehung oft nicht einmal von einem »Halbkultur-Pflanzenverein« sprechen möchte. Aber trotzdem ist es unter den angegebenen Umständen nicht immer leicht, zuweilen fast oder ganz unmöglich, den dichten Schleier, den der Fortschritt der Kultur über die ursprüngliche Natur gebreitet hat, sich wieder beseitigt zu denken, wie man dies beim Studium von Sumpf und Moor leider so oft versuchen muß. Über die rein materielle Nützlichkeit der Vernichtung von Mooren und ihrer Umgestaltung zu Kulturland ist schon so viel O O gesagt und geschrieben worden und eine Anzahl eigener Zeit- imd ilirc Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 2,33 Schriften beschäftigen sich ausschließlich mit der Frage der Kul¬ tivierung der Moore, daß cs gut ist, sich auch die unter Um¬ ständen für den Menschen vorhandenen Schattenseiten, die der Kampf gegen die Moore mit sich bringt, zu vergegenwärtigen. Durch die mit der Beseitigung der Moore verbundene Elit¬ Wässerung sind meteorologische Veränderungen bedingt, die für die Kultur der anliegenden Ländereien von Bedeutung sein können, wie die unheilvollen Entwaldungen, die mitgewirkt haben, frühere Kulturländer dem Rückgänge entgegenzuführen und in heutigen Kulturländern vielfach das Klima schädigen. Auf der Leeseite großer Moore ist ein reichlicherer Niederschlag vorhanden, der sich mit der Entwässerung verringert. »Stark und zwar stärker als von offenen Wasserflächen — sagt Eduard Brückner1) — ist die Verdunstung von Moorflächen aus2). So üben Vegetations¬ flächen in feuchten Klimaten ähnliche Wirkungen aus wie Seen, indem sie der Luft Wasserdampf zuführen; sie sind Gebiete ge¬ steigerter Verdunstung.« O O Die sich über Moore, sobald die Tageswärme abnimmt, in der Dämmerung bildenden Nebel, zeigen augenfällig die besonders hohe Luftfeuchtigkeit über solchen Geländeu an. Eine wissenschaftlich-kritische, von sonst welchen Interessen unbeeinflußte Prüfung der Tatsachen führt dann immer wieder zu dem Schluß: »Das Vorkommen ausgedehnter Moose und Moore hat einen erheblichen Einfluß auf das Klima. Dieselben wirken abkühlend auf die Luft und erhöhen den Feuchtigkeits- gehalt derselben.« (Julius Hann, Handb. d. Klimatologie I 1897 S. 198). Brückner fährt in seiner oben begonnenen Auseinander¬ setzung fort: »Ein großer Irrtum aber wäre es, wollte man die Wirkung dieser gesteigerten Verdunstung im Regenfall derselben Gegend o o o o o !) Brückner, Über die Herkunft des Regens (Hettner’s Geographische Zeit¬ schrift. Leipzig 1900, S. 95). 2) Vergl. z. B. Homen in Bidrag tili Kännedom af Finnlands Natur och folk. Hefe 54. Helsingfors 1S94. 234 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor zu erkennen suchen. Ebensowenig, wie große Landseen, z. 13. der Ladogasee, der Onegasee, von kleineren Seen ganz zu schweigen, eine deutliche Steigerung des Regenfalls an ihren Ufern erkennen o o o lassen, ebensowenig die Wälder. Der Wind verträgt den durch Verdunstung erzeugten Wasserdampf, so daß die Mehrung des Regenfalls gar nicht dem Walde selbst, sondern leewärts in grö- ßerer Entfernung gelegenen Gebieten zugute kommt.« o o o o Die Moore, die demnach in einem Moorlande wie Nord- deutscliland die klimatischen Verhältnisse stark mitbedingen, regeln außerdem vielfach die Bewässerung weiter Länderstrecken. O o An einzelnen Stellen sind die Nachteile von Moorentwässerungen so auffällig, daß für engere Landbezirke ein Zweifel an der Nütz- O } o lichkeit der unversehrt gebliebenen (lebenden) Moore nicht be¬ steht, so insbesondere dort, wo sich als Folge verheerende Über¬ schwemmungen ergeben haben, die sich früher nicht in dem Maße O O 7 betätigten, als noch Moorbildungen in der Lage waren, das über¬ schüssige Wasser aufzunehmen. Man sehe sich nur einmal gründe O O lieh ältere Meßtischblätter des Generalstabes z. B. von der Lüne¬ burger Heide an, um zu sehen, wie viele der kleinen Bäche, die die Zuflußadern der Flüsse sind, Mooren ihren Ursprung ver¬ danken oder doch, besser gesagt, verdankten. Nach allem, was wir über die Hochmoore gehört haben, ist das ja aber auch selbstverständlich. Das Regenwasser sammelt sich auf ihnen in Kolken, die Rüllen entwässern das Moor regel¬ recht durch eine natürliche allmähliche Wasserabfuhr, die Ver¬ nässung des Hochmoorandes zeigt, abgesehen von den ins Vorland zum Anschluß an die Flußsysteme fließenden Rüllen, wie das Vor¬ land vom Moor Wasser empfängt. So sehr daher auch durch die so gewaltig weitgehende Ab- tötung der Moore eine Auskunft für die Entscheidung der Streit- frage, ob die Entwässerungen insbesondere der großen Hochmoore auf den Wasserstand und auf die Abflußverhältnisse einen Einfluß ausgeübt haben, erschwert ist, so ist es doch geradezu verwun¬ derlich, wie hier und da von »Moorkimdigen« ein solcher Einfluß geleugnet werden kann, wenn man sich nicht sagte, daß die Be- und ihre Folgen auf Klima uud Wasserhaltung. 235 treffenden die Moore, insbesondere die lebenden Moore, ihren Eigen¬ tümlichkeiten nach nicht hinreichend kennen. Denn wenn man nur die eine Tatsache in Rücksicht zieht, daß ebenso wie es — und das sind die ganz gewaltig überwiegenden — tote Hochmoore gibt oder halbtote, wo nämlich die Entwässerung nur so weit ge¬ wirkt hat, daß immerhin noch eine gute lebende, Sphagnum- Deeke vorhanden ist, so auch tote Rüllen vorhanden sind, das heißt solche, die fließendes Wasser auch nicht einmal in Spuren mehr zeigen, sondern deren Auffindung unter Umständen nur noch durch die andersartige Beschaffenheit des Rüllentorfes in Torfprofilen oder durch Bohrungen konstatierbar ist, Rüllen, die einmal, nämlich vor der Entwässerung des Moorgeländes, die W asserquantität der Nachfluter vermehren halfen, so ist die Mei¬ nung, daß die Hochmoore vor ihrer Entwässerung auf die Nach¬ fluter gänzlich einflußlos gewesen sein sollen, vollständig unver- stündlich. Die lebenden Hochmoore mit ihrer lockeren, lebhaft wachsenden Sphagnum- Decke sind in der Tat Wasserspeicher, die namentlich in ihren Rüllen das gesammelte Wasser allmählich und ständig ihrer Umgebung zuführen , wozu freilich tote und auch halbtote Hochmoore nicht mehr in der Lage sind. Das ist überall immer uud immer wieder im kleinen und im großen zu beobachten. So ist z. B. — nach Otto Grasholz — ein kleineres Moos oberhalb Roggenstein zwischen den Dörfern Alling und Gilching (in Ba}Tern), das früher recht wasserreich war, gänzlich ausgetrocknet — der Abfluß dieser Moorfläche, der Starzelbach, ein ehemals sehr wasserreicher, stellenweise manns¬ tiefer Bach mit herrlichem Forellenstande, der von Roggenstein aus durch das ganze Moor hinablief und erst unterhalb Dachaus in die Amper einmündete, ist ganz ausgetrockuet und verschwun¬ den, und nur das trockne Rinnsal erinnert an seine ehemalige Existenz. Nach allem, was wir über die Wasserabgabe von Mooren wissen, dürften sie wegen ihres nassen Bodens in Verbindung mit der dichten Vegetationsdecke mehr Wasser verdunsten als selbst eine offene Wasserfläche desselben Geländes. Dementsprechend 236 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor ist natürlich der liquide Wasserabfluß geringer. Nur wenn ein Moor, namentlich ein Hochmoor, wie z. B. die Zehlau bei einem plötzlichen starken Regen noch gefroren ist oder das Höchstmaß an W asser bereits aufgenommen hat, erfolgt der Abfluß des Was¬ sers natürlich so schnell, als wenn es sich um einen Boden aus dichtem Gestein wie Granit etwa handelte. Abgesehen von dieser Sonderbedingung verdunstet unter denselben Niederschlags- Ver- hältnissen ein mit Sand gemischter Torfboden weniger und ein mit Sand bedeckter Torfboden noch weniger und dementsprechend steigert sich die Quantität des Wasserabflusses. Es verhält sich in Prozenten (auf die jährliche Regenmenge bezogen) ausgedrückt das Verhältnis von Verdunstuni; zu Abfluß nach den Unter- suchungen der Moor- Versuchsstation in Bremen, und zwar nach einer von M. Fleischer1) gemachten und von E. Oppokow2) in der angedeuteten Weise bezüglich der Zahlen für den Abfluß o o ausgenutzten Angabe: O O Verdunstung Abfluß Mit Sand bedeckter Moorboden. . . . ll,6°/o 87 °/o » » vermischter » .... 25,5 » 63 » Nackter Moorboden . 29,3 » 59 » Diese Angaben beziehen sich auf Hochmoore. o Über die Bedeutung der Moore für die Wasserversorgung macht E. Oppokow sonst noch die folgenden zutreffenden An¬ gaben3): »Unstreitig wirken die Torfböden vermöge ihrer hohen Was- seraufnahmefähigkeit in gewissem Sinne regulierend auf den Ab¬ fluß ein, indem sie Wasser nach der Schneeschmelze im Frühjahr und nach heftigen Regengüssen zurückhalten, doch schließt dies 9 Fleischer in Vogler, Grundlehren der Kulturteclmik. 3. Aufl. 1903, I S. 164. 2) Oppokow, Sur faccumulation et la consommation de Fhumidite dans lc sol des bassins des fleuves de plaines. (Direction de LHydraulique Agricole. XI. Con gres. St. Petersbourg 1908 S. 12. Vergl. auch seine später zitierte Schrift von 1904 S. 15). 3) Oppokow, Zur Frage der vieljährigen Abflußschwankungen in den Bassins großer Flüsse, im Zusammenhang mit dem Gang der meteorologischen Elemente. (Zeitschrift für Gewässerkunde, 6. Band. Leipzig 1904. Besonders S. 13 u. 15.) und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 237 die Möglichkeit nicht aus, daß sie auf den Abfluß des warmen Jahresdrittels in negativem Sinne influieren.« Ferner: »So wider¬ willig nun auch der Moorboden die aufgesogene Feuchtigkeit an die darauf wachsenden Pflanzen oder an den Untergrund abgibt, so wenig kommen diese Schwierigkeiten für die Verdunstung in Betracht. Wie ein vollgesogener Schwamm, den man auf einen Teller legt und der Sonne und dem Winde aussetzt, trocknet der Moorboden bei ungenügenden Niederschlägen und beschränktem unterirdischem Zuflusse sehr leicht aus und dient den Flüssen nicht bloß nicht als Nahrungsquelle, sondern er entzieht ihnen sogar noch während des Sommers das ihnen zukommende Wasserquan¬ tum.« Ich füge hinzu: so kann es sein, nämlich dort, wo der Niederschlag und der Tau nicht hinreichen, um das Moor dauernd in seiner größten Wasseraufnahmefähigkeit zu belassen, und hier¬ her gehören z. B. generell unsere Landklima- und Höhen-Hocli- moore. Die Seeklima-Hochmoore jedoch kommen nach der ge¬ nannten Richtung fast nur in Frage in ganz ausnahmsweise o o o trocknen Jahren oder Perioden. Auch hier zeigt sich wieder, wie notwendig der in diesem Werke stärker betonte Unterschied zwischen Seeklima- und Landklima-Hochmooren ist. Das außerordentlich langsame Auftauen eines gefrorenen, ganz dicht mit Vegetation bedeckten Bodens insbesondere der Moore bedingt es, wie gesagt, freilich, daß wenn der Boden bei einem plötzlichen starken Regen noch gefroren ist, daß dann der Ab¬ fluß sehr schnell erfolgt. Aber durch das äußerst langsame Auf- tauen des Moorbodens ist eine Überschwemmungsgefahr durch das getaute Bodenwasser ganz ausgeschlossen. Nur der schmelzende O o o auflagernde Schnee kann bei Eintritt warmer Tage ebenso im Vor- O ö lande wirken wie überall dort, wo Schneeschmelzwässer hin¬ gelangen. Der Würmsee (= Starnberger See) hat nach Ule1) seinen Wasserstand erhöht durch die großen Entwaldungen, Entwässe- 1901). 0 Ule, Der Würmsee (Wiss. Veröffentl. d. Ges. f. Erdkunde in Leipzig 238 10. Fulturein flösse auf Sumpf und Moor rungen vieler Moore und das Ablassen vieler Seen in seiner Um- O gebung. Bei A. Sauer lesen wir zu unserer Frage1): »Es erscheint dem Yerf. in vielen Fällen oft recht fraglich, was von volkswirt¬ schaftlichem Standpunkte aus mehr zu befürworten sei, eine gründ¬ lich durchgeführte Drainage der hochgelegenen Sumpfgebiete in der Waldregion unserer Mittelgebirge oder die Belassung des natürlichen Zustandes. Denn es ist ganz auffallend, in welcher hervorragenden Weise diese Sümpfe und nassen Stellen des Wal¬ des den Wasserabfluß der sommerlichen Niederschläge zu regu- lieren vermögen. Gerade hierüber war Yerf. gelegentlich seiner ö O O langjährigen geologischen Aufnahmen im Grenzgebiete des Erz¬ gebirges zwischen Sachsen und Böhmen in der Lage, vergleichende Beobachtungen anzustellen, wTo auf der sächsischen Seite eine mit intensiver Waldwirtschaft bis ins einzelne durchgeführte Drainage nach jedem starken Sommerregen ein plötzliches, starkes An¬ schwellen, aber auch ein ebenso schnelles Zurückgehen der Rinn¬ sale zur Folge hat, während auf der böhmischen, weniger rationell bewirtschafteten Seite die Bäche weder übermäßig anschwellen, noch schnell aufhörten zu fließen. Beseitigt der Mensch die na- türlicheu Regulatoren, so hat er auch die Verpflichtung, in ge¬ wissem Grade für Ersatz zu sorgen, wenn nicht das natürliche Gleichgewicht der hydrologischen Yerhältnisse in empfindlicher Weise gestört und die hierauf begründeten menschlichen, im Erz¬ gebirge vorwiegend industriellen Einrichtungen dauernd geschädigt O O ö Ö o O werden sollen. Und dieser Ersatz kann nur in der Anlage von Talsperren zur Herstellung von großen Staubecken geboten wer¬ den, welche das zu Zeiten des Überflusses schnell abfließende W asser zurückhalten.« Jetzt baut man tatsächlich künstliche Regulatoren in der o Form von Stauwerken, und es ist allen Ernstes vorgeschlagen ' O O worden, in geeigneten Gebirgen, z. B. dem Rieseugebirge nach !) Sauer, Zirkusseen im mittleren Schwarzwalde als Zeugen ehemaliger Vergletscherung desselben. (Globus, Braunschweig, März 1894 S. 201—202, Änmerk. 2.) und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 239 einem bestimmten Verfahren künstliche Gletscher zu erzeugen, die die Bestimmung haben würden, als nützliche Regulatoren des Wasserabflusses zu dienen1). Besser wäre wohl in diesem Falle, die Moore des genannten Gebirges, die schon vielfach angeritzt oder vernichtet sind, zu schützen und zu pflegen. Im Widerspruch mit dieser Forderung findet man Angaben, nach denen Torf durchaus nicht imstande sein soll, Wasser wie ein Schwamm aufzunehmen und dadurch festzuhalten, um es lang¬ sam und allmählich wieder abzugeben. Hierbei wird aber ein wichtiger Punkt übersehen. In der Tat ist reifer Torf für Wasser fast undurchlässig, und auf diese Eigenschaft gründet sich eine Methode beim Torfstechen in we¬ niger entwässerten Mooren, indem in solchen Fällen eine Torf- »Stauwand« stehen bleibt, um das Wasser von der auszubeutenden Grube zurückzuhalten (vergl. Bd. II S. 89 Fig. 11). Hier handelt es sich in den ganz überwiegenden Fällen um tote Moore, die die Eigentümlichkeiten der lebenden Moore, die für die Wasserregulation zunächst in Frage kommen, nicht mehr aufweisen. Bei der Untersuchung eines Sonderfalles muß daher auch festgestellt werden, ob es sich um tote oder lebende Moore bandelt. Denn ganz anders wie der reife Torf, der bei toten Mooren bald nur noch allein vorhanden ist, verhalten sich halbreife und unreife Torfe, insbesondere der unreife Hochmoor¬ torf, der tatsächlich wie ein Schwamm in der angegebenen Weise wirkt, so daß in ständigerer Regenzeit eine Erhebung und bei dauernderer Trockenheit eine Senkung der Oberfläche zu beob¬ achten ist, nicht zu verwechseln mit der selbstverständlich dem Wasserstand folgenden Hebung und Senkung von Schwingmoor¬ strecken, die als Etappe verlandender Seen, mit dem jeweiligen Wasserstande schwimmend auf- und niedergehen, oder einem an¬ deren ähnlichen Vorgang, der darauf beruht, daß ein Torflager bei verschiedener Beschaffenheit der einzelnen Torfschichten sich horizontal spalten kann, so daß dann der obere Teil des Lagers 9 A. Kirschmann, Physikal. Zeitschrift 1904 Nr. 27. 240 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor bei erhöhtem Wasserstand durch Ausfüllung der Spalte mit Wasser zu »schwimmendem Land« (so bei Waakhausen) werden kann. Sogar der halbreife Sphagnetumtorf ist noch weitgehend für Wasser durchlässig, das habe ich bei der Besprechung der Trockeu- horizonte S. 1 15 — 1 17 ausführlich angegeben. In dem dort erwähnten O O Falle sehen wir weit unter der Mooroberfläche quellige Horizonte auftreten; es sickert also auch aus unteren Lagen auf Torfprofilen unter bestimmten Bedingungen Wasser heraus. Daß Hochmoore sich in nassen Zeiten aufwölben, ihre Ober¬ kante eine höhere Lage einnimmt, während sie in trocknen Zeiten zusammensinken, ist allbekannt. Ein experimentelles Beispiel hier¬ für bringt Storp bei1). Selten trifft ein Vergleich so zu wie der des jüngeren, oberen Teiles eines Hochmoores mit einem Schwamm. Schön der Name Sphagnum (sphagnos und sphacos bei Plinius) ist »wahrscheinlich von sphongos, Schwamm, abgeleitet2). Zum richtigen Verständnis dieses Vergleiches darf nur eines nicht übersehen werden. Ein nur feuchter Schwamm hat eine hohe Wasserkapazität. So lange die Höhe derselben noch nicht erreicht ist, nimmt er ständig Wasser auf, ohne solches abzugeben; erst wenn noch mehr Wasser hinzugefügt wird, so geht es wieder und zwar dann so vollständig ab, als wenn gar kein Schwamm da wäre. Nun ist ein Hochmoor nicht mit einem einzelnen Schwamm zu vergleichen, sondern es verhält sich wie eine große Summe, wie ein großer Haufen, wie ein mit einer Unzahl von Einzelschwämmen bedecktes Gelände, wobei die Einzelschwämme wie ein mit sehr dicht ge¬ packten Gerollen besetztes Gelände dem schnellen Abfluß des W assers Hindernisse auch dann entgegensetzen, wenn die Schwämme o o J bereits kein Wasser mehr aufzunehmen vermögen. Darauf wird an der passenden Stelle gleich exemplifiziert werden. Wie ein Schwamm, so wirkt nun die lebende Pflanzendecke der Moore, insbesondere wenn sie fast ganz aus Moosen besteht oder die Moose in ihr eine hervorragendere Rolle spielen — und J) In Weber, Hochmoor von Augstumal 1902 S. 61. 2) GrsTAf Limpricht, Die Laubmoose Deutschlands usw. I. Leipzig 1S9Ö S. 97. and ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 241 das ist häufig, bei lebenden Hochmooren sogar ganz oder stark überwiegend der Fall — , hervorragend Wasser haltend. Das hat schon Fried. Oltmanns exakt nachgewiesen1). Fug. Warming gibt in seinem »Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeographie«2) auf Grund dieser Untersuchung direkt die Überschrift: »Der Moosteppich wirkt wie ein Schwamm.« Die dichten Moospolster nehmen in ihren kleinen Zwischenräumen atmosphärisches Wasser auf, aber durch Aufsaugen aus dem Boden gar kein oder sehr wenig Wasser. »Daher schlucken und ver¬ dunsten die lebenden und die toten Moosteppiche ungefähr gleich¬ viel Wasser« (Warming), wohl bemerkt: auch die toten Moos¬ teppiche. Daß übrigens Moose auch gelegentlich von unten Wasser o o o aufzunehmen und capillar in die Höhe zu bringen vermögen, geht schon aus der Benutzung von Dicranum elongaium und fuscens als Lampendochte hervor, wie das in Grönland geschieht3). A. Csercy stellte fest4)? daß eine Wassermenge, welche un¬ gefähr das Sechsfache des Eigengewichts beträgt, von den Moosen sehr schnell (innerhalb einer Minute) aufgenommen und im Laufe von etwa sieben Tagen wieder abgegeben wird. Da die Moos¬ decke soviel Wasser rasch aufzunehmen und der Umgebung suk- zessive wieder abzugeben imstande ist, so kommt ihr dort, wo sie eine große Bodenfläche bedeckt, eine doppelte Bedeutung zu und zwar einesteils, indem sie die zerstörende Kraft starker Nieder¬ schläge durch rasche Aufnahme und Festhalten einer großen Menge Wassers herabsetzt, anderenteils aber, indem sie durch Abgabe von Feuchtigkeit an die Luft sicherlich auch auf die hydrometeorologischen Verhältnisse einwirkt. C. hatte in Selmecz- benya Gelegenheit, den großen Unterschied zwischen einer mit Moos bewachsenen und einer nackten Berglehne im Falle eines *) Oltmanns, Über die Wasserbewegung iu der Moospflanze und ihren Einfluß auf die Wasserverteilung im Boden. Breslau 1884. 2) 2. Deutsche Ausgabe. Berlin 1902 S. 92. 3) Kihlman 1. c. S. 125. 4) Nach dem Referat im Botanischen Zentralblatt vom IG. X. 190G S. 390—391. Neue Folge. Heft -S5. IIi. 16 242 10. Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor Wolkenbruches zu beobachten; während das Wasser von den kahlen Berglehnen in Sturzbäcken ungestüm herabläuft, wird es auf den mit Moos bewachsenen Berglehnen von der Moosdecke zum großen Teil aufgesogen und dadurch festgehalten1). Über die Wasser haltende Kraft der Moose wurden ferner auch vorn S. 17 genauere Daten geboten. O O Ein Hochmoor, selbst wenn es sich über seine Umgebung erhebt, ist daher eine Wassersammelstelle genau so wie ein See. M. Fleischer2) teilt mit: Es habe sich ergeben, »daß die Wassermengen, die ein Hochmoor aufsaugt, dem Raume nach 80 — 85 °/o des Hochmoors ausmacht. Denkt man sich aus einem 4 m mächtigen Moor die moorbildenden festen Pflanzenreste her¬ ausgenommen, so würde das zurückbleibende Wasser eine 3,20 bis 3.40 m hohe Schicht bilden.« Und das ist eine Anmerkung zu einem Satz im Text, in welchem zum Ausdruck kommt, daß die Gebirgshoclunoore »wegen ihres hohen Wasseraufsaugungsver- mögens für die Erhaltung der Vegetation an den Gebirgsabhängeu von größter Bedeutung« seien. Dem stimme eben auch ich voll¬ ständig zu. Nehme ich das Moor weg, so kann eben Wasser nicht festgehalten werden, sondern fließt sofort hinab, während ein Moor, das durch Verdunstung vorher Wasser verloren hatte, neu hinzukommendes nunmehr festhält und speichert, ebenso — wie vorn gesagt — wie ein nasser Badeschwamm, der Wasser abge¬ geben hat, neu hinzukommendes aufzunehmen vermag, das dann bei ihm bleibt, während es sonst gleich davongeht. Daraus folgt eben, daß bei der Beseitigung oder Entwässerung von Hochmooren der Abfluß schon gleich im Beginn von Regenzeiten stärker sein muß, also Überschwemmungen eiutreten können, wo vorher keine waren. Liegen die Regentage im allgemeinen so auseinander, daß zwischendurch das Moor immer wieder hinreichend Wasser ver¬ dunsten konnte, um neues aufnehmen zu können, so werden Über- !) Vergl. zu der Frage auch den Abschnitt Früh’s in »Moore der Schweiz« 1904 S. 3 3 ‘2 , der sich betitelt: »Moore als hydrographisch reservierendes und ausgleichendes »Wasserödland««; auch S. 333 und 334 sind zu beachten. -) Fleischer in Vogler, Kulturtechnik 3. Aufl. I. Bd. Berlin 1903 S. 104. und ihre Folgen auf Klima und Wasserhaltung. 243 schwemmungen im Vorlande zu den Seltenheiten gehören. Nun kommt aber noch hinzu, daß selbst in dauernden Regenzeiten das Wasser langsamer abfließt als auf einem verhältnismäßig ebenen steinigen Gelände, das den Untergrund des Moores bilden kann. Denn das in den Schlenken sich sammelnde Wasser fließt und sickert in einem fort durch die Windungen aufgehalten aus dem Moor sehr langsam, gleichsam wie durch ein feines Sieb heraus, das nur sehr allmählich das Wasser aus seinem Inneren abgibt. Auch die unendlich vielen Räume zwischen den einzelnen engstehenden Pflanzenindividuen, insbesondere den Moosstengeln, wirken wesentlich verlangsamend auf den Wasserabfluß und so sieht man denn auch tatsächlich selbst in trockeneren Zeiten oft¬ mals Wasser langsam heraussickern. Sind aber durch das Moor Gräben gezogen, so geht von diesen ab das Wasser schnell und ungehindert, ohne Aufenthalt nach abwärts. Ferner ist noch darauf zu achten, daß Moore durch ihre fortschreitende Torfbildung der Abrasion auf ihrem Gelände entgegenwirken und so die Verfrachtung von unorganischem Gesteinsmaterial nach abwärts zurückhalten. Im Riesengebirge konnte ich tiefe Schluchten in Moorgeländen und vor ihnen be¬ obachten, die in vorher unbekannter Weise Geröll und Sand hinab¬ führten, Schluchten, die erst infolge der Anlage von Entwässe¬ rungsgräben entstanden waren. o o So sind denn die Moore, insbesondere die Hochmoore, in dem auseinandergesetzten Sinne in der Tat als Wasserspeicher Regu¬ latoren des Wasserabflusses. Die Frage, inwieweit die mit unglaublicher Schnelligkeit schwindenden Torflager berufen sein würden, Ersatz für die einmal abgebauten Kohlen zu sein, kommt hier nicht in Betracht, jedoch soll wenigstens erwähnt sein, daß auch dieser Punkt in Berück¬ sichtigung zu ziehen ist, wenn es sich darum handelt zu ent¬ scheiden, ob die Erhaltung der Moore zweckdienlicher ist als ihre generelle Vernichtung. Schon Dau sagt 1 823 1), indem er gegen die Nutzung der Torfmoore zu Ackerland »aufs stärkste prote- ') Dau, Neues Handbuch über den Torf. Leipzig 18*23 S. 21G. 244 VIT. Allochthone Humusbildungen. stiert«, man sollte »alles vermeiden, was den noch vorhandenen Vorrat (an Mooren) vermindert.« In Norddeutschland sind Moore gerade da besonders vertreten, wo es an anderen älteren Mineral¬ kohlen fehlt oder wo sie nur untergeordnet Vorkommen, und so wird denn in diesen Gegenden wie in Pommern z. B. und in Bayern noch viel Torf als Brennmaterial gestochen. So kommen wir denn zu dem Schluß: Für den einzelnen bedeutet allerdings ein in Kultur genommenes Moor Landerwerb, für das Ganze aber können vernichtete Moore eine Schädigung sein. Mag dein aber sein wie ihm wolle; eins kann von keiner Seite bestritten werden, sie sei noch so »praktisch« gesonnen: Gemüt und Geist, Kunst und Wissenschaft, haben das höchste Interesse an der j ungfräulichen Erhaltung von Mooren. Gewiß: die Kultur wird das Land weiter besiegen, aber es sollten doch größere Stücke der LTrheimat in ihrem alten Zustande bewahrt bleiben; hoffen wir, daß unseren Nachkommen noch stille Flecke übrig bleiben, wo die ehemaligen Zustände wieder vor dem geistigen Auge zu erstehen vermögen, wo eine Versenkung in die natürlichen Urzustände der Heimat möglich bleibt. VII. Allochthone Humusbildungen. Die autochthonen Lagerstätten von Kaustobiolithen sind die ganz überwiegenden der Jetztzeit und nach allem, was wir aus dem Vergleich dieser mit den fossilen schließen können, auch der Vorzeit. Die autochthonen Lagerstätten sind, namentlich in der Form von Mooren gegenüber den allochthonen so verbreitet und O cT> mächtig entwickelt, daß die allochthonen dagegen fast ver¬ schwinden. Schon im Vorausgehenden war jedoch wiederholt Gelegenheit, doch auch auf allochthone Ablagerungen einzugehen, so ist z. B. der Fall der Wanderung gelösten kaustobiolithischen Materials und sein nachheriger Niederschlag bereits in Bd. II auf S. 30 — 50 er- o ö VII. AUochthone Humusbildungen. 245 ledigt worden, ebenso die Bildung des Alpenmoders II S. 70 — 76, bei dem es sieh um eine mehr oder minder weitgehende Auf¬ arbeitung und Umlagerung von Trockentorf handelt, ferner Bd. II S. 232—238 die schwimmenden Vegetationsinseln. Das, was von allochthonen Ablagerungen noch zu besprechen übrig bleibt, sei im Folgenden vorgebracht. Von pflanzlichen Drift-Bestandteilen kommen vor 1. lebende Pflanzen oder Teile von solchen, wie Samen und Früchte, 2. frische, aber im Absterben begriffene oder abgestorbene Pflanzen- oder Pflanzenteile und 3. bereits sub-fossile oder fossile Kaustobiolithe, die dann nach nochmaliger Ablagerung und Erhaltung Huinus- usw. Gesteine an 2. Lagerstätte auch an 3. Lagerstätte sind. o o Danach seien unterschieden1): 1. P r i tn är-al 1 och tho ne Kaustobiolithe. — Hierunter sollen diejenigen K. verstanden werden, deren pflanzliche Ur- materialien einen Transport erlitten haben und erst an ihrer Ablagerungsstelle zu Kaustobiolith (Humus, Kohle usw.) geworden sind. — Die Autoren pflegen bei einer Verseil wemmung des Ur- materials (in anderen Fällen kann auch der Wind das Material transportiert haben), dieses, sofern es sich um Humus handelt, als Scliwem m h u m u s , de r S c h w e in m t o r f oder Sch w e m m m oder sein kann, zu bezeichnen, wenigstens wird die Vorsilbe Schwemm- allermeist in der angegebenen Bedeutung benutzt und in möglich- ster Anknüpfung daran habe ich früher die Ausdrücke Schwemm- huinus und dergl. in dem angegebenen Sinne benutzt2). 2. Sek undär- allochtho ne Kaustobiolithe. — Hierunter sind diejenigen Kaustobiolithe zu verstehen, die, mögen sie autoch- thon oder primär-allochthon sein, umgelagert worden sind: Kausto¬ biolithe an 2., 3. usw. Lagerstätte. — Unter den rezenten Humusbildungen sind die S chlämmh um us- Arten (Schlämm- 0 Nach Potonie, 1. Zur Genesis der Braunkolilenlager der südlichen Pro¬ vinz Sachsen (Jahrbuch d. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanst. für 1 903 S. 542, 543). — 2. Entstehung der Steinkohle, 5. Auü. 1910 S. 19. 2) Potonie, Über rezente allochthone Humusbildungen (Sitzungsberichte der Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften. Berlin, IG. Januar 1908). 246 VII. Allochthone Humusbildungen. Torf1) lind Schl ämm-Mo der) sekundär-allochthone Kausto- biolithe. Sie sind meist aufgearbeiteter (ausgeschlämmter) und meist unter Wasser wieder abgesetzter Humus. Auch der Bröckeltorf gehört hierher, der durch die Anschwemmung von Torf brocken und -fetzen entsteht, die, vom Wasser losgerissen, zu Lagern oder Nestern angehäuft werden. Es ist also darauf zu achten, daß es sich bei den primär- allochthonen Kaustobiolithen um Material aus gedrifteten, lebenden oder im Absterben begriffenen oder erst abgestorbenen, frischen Pflanzen und Pflanzenteilen handelt, bei den sekundär-allochthonen Kaustobiolithen hingegen um bereits zu Kaustobiolith gewordenes Material, das umgelagert wurde. Da die Namen mit den Vorsilben Schlämm- und Schwemm¬ leicht mit einander zu verwechseln und sie überdies dem Sinne nach nicht immer zutreffend sind — weil der Transport z. B. auch auf andere Weise, z. B. durch den Wind erfolgen kann — , wird es gut sein, die zweifellos festgelegten und sofort verständ¬ lichen Ausdrücke primär- bezw. sekundär-allochthon an die Stelle dieser Vorsilben zu benutzen2). Eine Übersicht über die allock- thonen Fälle wurde im übrigen bereits im Bd. I S. 28 — 30 ge¬ boten. Wir werden im Folgenden freilich anders disponieren. In manchen Fällen können beträchtliche Zweifel obwalten, !) Der Schlämmtorf der Technik ist (vergl. z. B. Hausding, Handb. d. Torfgewinnung und -Verwertung, 2. Aufl. 1904 S. 86) zerkleinerter und durch Wasser zu einem dünnen Brei aufgeschlämmter Torf von Torf-Mooren. Man kann also — wenn man genau sein will — natürlichen und künstlichen Schlämm¬ torf unterscheiden. 2) Ich benutzte ursprünglich für die oben genannten beiden Kategorien die Termini Schwemmtorfe und Schlämmtorfe wieder in möglichstem Anschluß an den bisherigen Gebrauch der Autoren. Aus den Beschreibungen derselben geht hervor, daß sie unter Schwemmtorf (vergl. z. B. Schröter, Bodensee 1902 S. 39, Neuweiler, 1901 S. 14, Andersson, Finlands-torfmossar 1898 S. 184) und unter Schlämmtorf (vergl. J. P. Früh, 1883, S. 38) oft die oben unter diesen Namen definierten Bildungen im Sinne haben; freilich ist es so, daß die Autoren meist beide Bildungen als Schwemmtorf zusammenfassen. Auch aus diesem Grunde wäre die Ausmerzung von »Schwemm-« und »Schlämm-«Torf opportun, wenn¬ gleich ihre umfassenderen Ersatzausdrücke »primär«- und »sekundär-«allochthone Torfe umständlicher sind, dafür aber bei diesen jedes Mißverständnis ausge¬ schlossen ist. VII. Allochthone Humusbildnngen. 247 wohin inan nach der Genesis — oh allochtlion oder autoehthon eine Humusbildung stellen soll; Zwischenbildungen zwischen beiden Hauptfällen sind ja überdies oft genug vorhanden. Aus dem Bd. I S. 61 — 62 Gesagten geht zur Genüge hervor, daß na¬ mentlich die Bildungen im offenen Wasser zu den allochthonen oder autochthonen zu klassifizieren seine besonderen Scliwierig- keiten hat, die bei solchen, die auf dem Lande ihre Entstehung nehmen, nicht in Frage kommen. Freilich hat aber auch die fragliche Entscheidung beim Faulschlamm insbesondere nicht die¬ selbe Bedeutung wie bei dem Humus. Wir haben es deshalb für angezeigt gehalten, die Autochthonie in den offenen Wässern zu unterscheiden von derjenigen auf dem Lande in aquatische Autochthonie gegenüber der terrestrischen Autochthonie. Die aquatische Autochthonie ist wie die Allochthonie eine Sedi- mentierung, worauf deshalb nochmals ausdrücklich hinzuweisen ist, weil sonst so gern eine Sedimentierung stets, ohne an die Ausnahme der Entstehungsart des Sapropels zu denken, als ein Beweis für Allochthonie angesehen wird. Die aquatische Autochthonie wird dementsprechend von Früh als sedimentäre Autochthonie bezeichnet. Umgekehrt können gelegentlich allochthone Humus- Vorkommen leicht für autochthone angesehen werden: es betrifft das z. B. besonders die Bd. II, S. 232 — 238 schon besprochenen Humusinseln. Die durch aquatische Autochthonie entstandenen Sapropelit- lager sind — wie wir Bd. I sahen — besonders auffällig mit mehr o o oder minder zahlreichen allochthonen Bestandteilen vermischt; die durch terrestrische Autochthonie entstandenen Humuslager hin- gegen führen so überwiegend autochthone Reste, daß für eine weniger ins Einzelne gehende Darstellung, die Eventualitäten, die auch allochthones Material hinzugefügt haben, außer acht bleiben können. Reinere allochthone Fälle jedoch sind nun die folgenden. ln den meisten Fällen haben wir es mit primär- allochthonem Ma¬ terial zu tun, aber auch sekundär-allochthones ist nicht gerade selten. Bezüglich des letzteren ist darauf hinzuweisen, daß Torf von Torflagern, die unter den Meeresspiegel geraten sind, auf den 248 VII. Allochthone Humusbildungen. Strand geworfen wird. Mit Sapropeliten ist das gleiche der Fall; vergl. diesbezüglich das Bd. I S. 235 — 237 über den Sapropel- Töck von Helgoland usw. Gesagte. Torfstücke und Gerolle von Torf findet man, wie wir sahen, u. a. oft an den Küsten der Nord- und Ostsee, z. B. an den Küsten der nordfriesischen Inseln, wie Sylt, Föhr usw., an der Ostsee an vielen Stellen von Swinemünde über Großmöllen, Leba bis nach der Kurischen Nehrung; an einigen Stellen wird der ausgeworfene Torf in der Flutwallzone aufgehäuft und kann dann auch durch Sand bedeckt erhalten bleiben, wodurch dann ein stückiger (sek.- allochthoner) Torf entsteht, der Brock cito rf. Meist verwesen die Stranddrift-Materialien vollkommen; es kann aber auch durch reichlicheres Vorhandensein eine Art Moder (prim.- all. Moder), ja sogar bei sehr dichter Packung wie am Bodensee und dadurch wegen des Luft-Abschlusses ein Vertor¬ fungsprozeß Platz greifen und so prim. -all. Torf entstehen. Im allgemeinen aber muß es sich bei Stranddrift-Materialien, die sich erhalten, wegen der leichten Auslaugungs-Möglichkeit um Moder- bildungen handeln. Auch prim. -all. Moder und Torf ergeben keine auch nur entfernt mit den Mooren vergleichbare Humus-Bildungen. Zur dauernden Erhaltung gelangt Stranddrift, die nicht nach¬ träglich bedeckt wird, natürlich nicht, da sie am Strande, wenn es sich nicht gerade um Länder in den Polargebieten handelt, wo sie sich länger hält, schnell verwest. Eine Strandregion wird zu sehr durch die Wogen in Mitleidenschaft gezogen, als daß dort günstigere Bedingungen für die Erhaltung von Fossilien vorhanden sein könnten. Nur das, was von den Wogen ins Wasser gerissen und dort in genügender Entfernung, wenn auch in der Strand¬ gegend wieder abgelagert wird, insbesondere wenn es sich um eine Küste handelt, die sich in einer Senkungsperiode befindet, so daß die Beste von Sedimenten bedeckt werden, wird uns als Zeugen der Stranddrift auffälliger erhalten bleiben können. Bei der Driftung von Material, das aus großen und kleinen, aus gröberen und zarteren Elementen besteht, die überdies ihrem spezifischen Gewicht nach sich verschieden verhalten, muß — wie VII. Allochthone HurausbilduDgeu. 249 « der Bergmann sieh Ausdrücken würde — eine »Separation erfolgen. Schon bei der Stranddrift kann Separation der in dem genannten Sinne gleichwertigen Elemente im kleinen beobachtet werden, bei der Flözdrift geschieht sie im großen: bei dieser lagern zoo O sich die Baumstämme gemeinsam ab, Samen und Früchte von be¬ trächtlich abweichendem spezifischen Gewicht häufen sich wiederum gemeinsam zusammen und ganz leichte und feine Teile von Pollen¬ körner werden weiter hinweggeführt, die dann unter Umständen ebenfalls Gelegenheit haben, zusammen eingebettet zu werden, so daß wir stets mehr homogen zusammengesetzte Ablagerungen O O O o erhalten: das ist ein wesentlicher Charakter der Flözdrift. Übersichtlich ergeben sich die folgenden Fälle von Alloeh- o o thonie : 1. All och thonie durch Drift: Transport durch Vermitt¬ lung des Wassers. A. Stranddrift: Absatz des kaustobiolithischen Ma¬ terials auf dem Strand. Es kann sich handeln a) um lebendes Material, z. B. von Fuchs , Lami- naria , Zostera (primäre All.) oder b) um bereits kaustobiolitliisches Material, z. B. um »Untermeertorf« (sekundäre All.). B. Flözdrift: Absatz des kaustob. Materials unter Wasser: a) lebendes Material (prim. A.), b) kaustob. » (sek. A.), C. Schwimmende Moorstücke (sek. All., durch die auf den Inseln vorhandene lebende Vegetation ge¬ paart mit prim. All.). 2. Moorausb rüclie. 3. Wehen: Transport durch Vermittlung des Windes. a) Lebendes Material (prim. All.): ec. Laubwehen ß. Sporen-(Pollen-) Wehen. b) Totes Material (sek. All.): Ilumuswehen, z. B. Torfstaub. 250 VIT. Allochthone HumasbildiiDgen. Drift. Wenn Pflanzen an Ort und Stelle, wo sie wuchsen, durch eine Herbeiführung von Sediment zur Einbettung gelangen, müssen sie — das ist ohne weiteres einzusehen — in besserer Erhaltung auf uns kommen, als wenn sie vom Mutterboden losgelöst oder Teile derselben, vom Wasser geflözt, gedriftet, dadurch vor der Einbettung allen möglichen chemischen und mechanischen Insulten ausgesetzt o o sind. Oft kommen sie dann erst besonders weitgehend zersetzt oder mechanisch zerkleinert zur Ruhe. Eine mechanische Zerkleinerung o findet insbesondere bei der Driftung iu Strömen und unter ähn¬ lichen Verhältnissen statt, sowde am Meeresstrande und den Ufern von Seen, kurz dort, wo die Pflanzenteile immer wieder mit dem Gestein der Ufer und demjenigen, das eventuell aus dem Wasser ragt, in Berührung tritt. Schließlich können die Pflanzen unter diesen Umständen so zertrümmert werden, daß nur noch ein gleichmäßig zerkleinertes Material übrigbleibt. Ein solches Ma¬ terial nennen wir (natürlichen) Häcksel. Bei dem natür¬ lichen Häcksel — und daher sein Name — besitzen also die ein¬ zelnen Stücke untereinander etwa gleiche Größe: sie sind kleiner, wenn die mechanischen Insulte stärker wirken konnten, größer bei geringerer Inanspruchnahme. Die bekannten zahlreichen Baum¬ stämme, die, beim Transport ihrer Kronen und Wurzeln beraubt, als »Treibholz« an den Strand geworfen werden, gehöreu dem¬ nach in unserem Sinne zum Häcksel. In der Brandungszone des Meeres und der Ebbe-Flut-Zone, am Ufer von Seen und großen Strömen mit bewegtem Wasser¬ rande wird das Pflanzen-Material, Algen und was sonst zufällig hineingeraten ist, unermüdlich zu Häcksel aufgearbeitet und die geeigneten Teile wie Holzstücke können wie Kiesel zu Gerollen o o> verarbeitet werden, wie solche auch fossil Vorkommen. Häcksel entsteht also insbesondere überall dort, wo das Wasser an Küsten und Ufern in ständiger Bewegung begriffen ist. Das ist zu beachten, denn die pflanzlichen Objekte, die in dieser Weise zerkleinert werden, können durch Nahedrift oder Ferndrift in die zerstörende Region geraten sein. Zweige eines VII. Allochthone H umusbildungen. Baumes und von fernher herbeigefuhrtc andere Pflanzen-Keste CJ können zusammen am Fuße des Baumes, von dem die Zweige herstammen, durch das dort plätschernde Wasser gleichmäßig zer¬ kleinert werden, so daß sich aus der Größe der Häcksel- Bestand¬ teile dann die Herkunft, oh durch Nahe- oder Ferndrift herbei¬ geschafft, nicht ergibt. Und umgekehrt: Pflauzenreste gemein¬ samen Ursprungs, die, um den Strand zu erreichen, miteinander denselben Weg zurückgelegt haben, können doch bald, je nach der Lage, in die sie schließlich geraten, bald gänzlich verschie¬ dene Erhaltungs-Zustände aufweisen. Das ist sehr auffallend und häufig in Strandregionen zu beobachten, die durch Auswürf¬ linge, durch das »Spülicht«, gesäumt sind. Walther scheidet diesbezüglich den Strandwall von dem Flutwall. Der Strand- wall befindet sich im Durchschnittsniveau des Meeresspiegels, der Flutwall hingegen entsteht durch die erhöhte Tätigkeit der sturmbewegten Wogen, und während Pflanzenteile und Tierreste (Conchylien) im Strandwall zerkleinert und abgeschliffen sind, finden wir sie im Flutwall gut erhalten. Betrachten wir die Häckselbildungen etwas näher, so be¬ merken wir, daß die gleichwertigen Elemente derselben durch¬ schnittlich die gleiche Größe aufweisen, also Holzstücke unterein¬ ander u. dergl. Aus der Größe der einzelnen Häcksel-Elemente kann man auf die mehr oder minder weitergehende Bearbeitung, die das Material erlitten hat, schließen. Schwimmender Häcksel nimmt zur Richtung der Wasserbe¬ wegung eine andere Lage ein, oder, besser gesagt, verhält sich zur Bewegungsrichtung des Wassers anders wie Objekte, die spezifisch schwerer als Wasser sind wie Geschiebe aus Quarz, Granit, Sandstein und dergl.1). Sind die einzelnen entstehenden Pflanzenteile von länglicher Form, so begeben sie sich natürlich, falls keine Hindernisse ent- Vergl. über den letztgenannten Fall E. Noel, Note sur l’orientation des galets dans un courant et la direction des courants en quelques points du gres vosgien (Bulletin mensuel des seances de la Societe des Sciences de Nancy. 1906? [Separatabzug ohne Jahreszahl]). 252 VII. Allochthone Humusbildungen. gegenstehen, parallel zur Bewegungs-Richtung des Wassers resp. der Strömungsrichtung wie ein treibender Kahn oder Baumstamm nicht quer zur Strömungsrichtung einen Strom hinabgeflözt wer¬ den. Dadurch entsteht Parallel-Häcksel, der auch fossil oft zu beobachten ist, z. B. in den Pflanzenreste enthaltenden Culm- Gesteinen, die mit Recht als Strand- oder Flachsee-Sedimente an¬ gesehen werden 1). Figur 48. Natürlicher Häcksel von Schilfrohr (Arundo phragmites) an einer Uferstelle des Stettiner Haffs. Die einzelnen, gleich großen Häckselstücke liegen parallel zur Ufcrlinie. Bei Driftungen an Land legen sich die Häcksel-Elemente O o hingegen senkrecht zur Stoß-Richtung des Wassers: Fig. 48. Hier entspricht daher die Längs-Richtung der Häcksel-Elemente nicht der Strömungs-Richtung des Wassers. Bei einer nachträglichen Bedeckung und Erhaltung des Häcksels wird man hier sehr leicht zu einem falschen Schluß geführt. Unsere schematische Figur 49 soll das Gesagte näher veran- O O schaulichen. Wo das Häcksel-Material noch im Wasser schwimmt, liegen die einzelnen Stücke in der Stoß-Richtung des Wassers, x) Vergl. Fig. 42 auf S. 128 der 5. Aufl. meiner »Entstehung der Steinkohle«. VII. Allochthone Humusbildungen. 253 die angetriebenen Häckselelemente liegen aber parallel zur Ufer¬ linie, weil sie mit einem ihrer Enden anstoßend umgelegt werden. Auf den Strand geworfen liegt aus gleichem Grunde der Häcksel parallel zur Uferlinie. (Vergl. Fig. 48.) Die Stelle, an der un¬ sere Figur 48 aufgenommen wurde, zeigt das ausgezeichnet, leider sind aber bei dem bewegten Wasser die anschwimmenden noch im Wasser befindlichen Häcksel-Elemente auf der Photographie nicht herausgekommen. o Figur 49. Wasser >- Wasser 1 1 1 Strand 1 1 Q ■ cP —! 1 5’ 1 1 1 cs’ 1 ff Strand 1 - w p D i O PT* cs Schematische Darstellung der Lagerungsrichtung von Häcksel zu der von dem Pfeil angegebenen Stoßrichtung des Wassers. Ein relativ gleichmäßiges »Korn« von Häcksel ist insbeson- ö O dere bei der Flözdrift zu beobachten, da hierbei eine Separation der leichter schwimmenden gegenüber den weniger leicht fortzu¬ bewegenden Elementen stattfindet. Dasselbe ist der Fall, wenn Torf oder Moder aufgearbeitet wieder zum Absatz gelangen. O O O Wenn mechanische Einwirkungen wie am Strande nicht statt¬ fanden, so können — und dies ist besonders im schrankenlosen Meere der Fall — naturgemäß sehr große Strecken auch von zarten Organen zurückgelegt werden, ohne zu Häcksel zerkleinert oder zertrümmert zu werden — wie z. B. die vielen pflanzlichen Treibprodukte, das »Golfkraut«, im Karaibischen Meer — 254 VII. Allochthone Humusbildungen. und sie können schließlich zur Einbettung gelangen und dabei noch die ursprüngliche Form aufweisen. Nichtsdestoweniger ist doch der Gesamt-Eindruck eines solchen Pflanzenlagers meist auch dann ein anderer als eines solchen, das autochthonen Ursprungs ist: D ie Reste zeigen weitere Zersetzungs-Stadien und ganz zarte Organe, wie dies z. B. fein zerteilte Farn-Wedel sind, sind doch nicht oder nur untergeordnet vorhanden und dann auch nur in kleineren Fetzen, da für solche zarteren Organe die bloße Wellen¬ bewegung zur Zerstörung ausreicht. In gewissen Fällen hingegen — wenn es sich um festere Organe oder Organteile handelt — findet bei der Driftung eine Zerstörung nicht statt, manche Objekte können sogar lebensfähig bleiben, wie gewisse Samen und Früchte von AVasserpflanzen, die sogar einer Driftung zur Verbreitung der Arten angepaßt sein können, denn auch Samen von Land- pflanzen werden über die Ozeane hinweg lebend transportiert und keimen unter Umständen fern von der Heimat. Eine abgerissene phanerogame Wasser-Pflanze kann ebenfalls lebensfähig bleiben und ganz entfernt von der Ursprungsstelle wieder anwurzeln. Vor allem aber sind die im Wasser schwebend (planktonisch) lebenden Pflanzen- Arten gewissermaßen meistens im Wasser überall und nirgends zu Hause. Es hat daher seine große Schwie- rigkeit, insbesondere hei den ausschließlichen Wassergewächsen von Allochthonie zu reden. Es ist denn auch durchaus nicht immer leicht, oft sogar un¬ möglich, Nahedrift, Ferndrift und namentlich bei Wasserpflanzen Drift von der aquatischen Autoehthonie (Einbettung am Orte, wo die Pflanzen lebten) zu unterscheiden. Als Spezialfall sei auf die bekannten Tang-Driften eingegangeu, die im Meere nicht selten sind. v. Drygalsky z. B. spricht1) von Macrocystis- und Durvillia-Masseu , die in der See bei Ker¬ guelen am Schiff* vorbeitrieben, »teilweise so dicht, daß darin die Wellen sich legten.« »Große Flächen von Macrocystis und Dur - villia hinderten förmlich die Fahrt.« Uber die »Sargasso-See« Näheres hinten unter »Flözdrift.« *) v. Drygalsiu, Zliiü Kontinent des eisigen Südens 1904 S. 54S. VII. Allochthone Humusbildungen. 255 Wo sich Steilküsten befinden, die Humuslager enthalten, werden diese vom Wasser mit abgebaut und — falls sie nicht in Umstände gelangen, die eine nunmehrige vollständige Verwesung O O j o o o herbeiführen — so wieder abgesetzt, daß ein fossiles Humuslager an zweiter Lagerstätte entsteht. Hält man dies zusammen mit dem oben S. 250/251 Gesagten, so ist ersichtlich, daß der umge¬ lagerte Humus auch Reste von zur Zeit der Zerstörung seines Lagers lebenden, durch Nahe- oder Ferndrift hinzukommenden Pflanzen aufnehmen kann. Diese Überlegung macht so recht eindringlich, daß es ver¬ kehrt wäre, vor der genauen Untersuchung der Genesis eines fossilen Humus-Lagers anzunehmen, daß alle in und bei demselben vorhandenen floristischen Elemente nun auch im Leben zu derselben Pflanzen-Gemeinschaft zusammengehört haben müssen. Es kann vielmehr ein und dasselbe Humus-Flöz entstanden sein und auch die im unterlagernden und überlagernden Gestein erhaltenen Reste können Elemente enthalten, deren Herkunft sich herleitet aus 1. Nahedrift, 2. Ferndrift und 3. von Pflanzen, die im Wasser selbst an Ort und Stelle wuchsen (aquatische Autochthonie). Dies ist aber nur ein Beispiel; in Sonderfällen kaun es noch komplizierter sein und es sei schon hier darauf hingewiesen, daß ähnliche Verhältnisse auch bei dem Fall eintreten können, den wir als den häufigsten für die Genesis der Humuslager ansehen müssen, bei der terrestrischen Autochthonie. Übrigens ist die schlagendste Tatsache für das Gesagte die des Vorkommens von Landpflauzen-Resten zusammen mit Meeres¬ tieren. Vergl. S. 216 ff. Als weiteres Beispiel sei dafür ein von Früh (1885 S. 679—680) untersuchter Torf von Nykerk südlich der Zuidersee erwähnt, dessen Konstituenten herstammten »aus Mooren, Wald- und Kulturgebieten, welche sich, obwohl an und für sich recht leicht, in dem zwischen Schilfrohrhalmen recht sanft fließenden Wasser absetzen konnten, woselbst sie sich mit einigen brackischen oder marinen Algen und Tierformen mischten.« 256 Vif. Allochthone Humusbildungeü. Strand- (U f e r -) Drift. Wir haben nun etwas eingehender die Erscheinungen der Strand- und Uferdrift zu betrachten. Bei dem überall, und zwar in Kontinentalgebieten oft nur sehr wenig merkbaren, an den Küsten der Ozeane jedoch durch Ebbe und Flut hier sogar täglich stark wechselnden Wasserstand, zerfällt die Uferregion jenachdem mehr oder minder deutlich in Zonen, die vom Lande aus heißen: 1. Flut wall (vergl. S. 251). (Als Hochstrand bezeichnet L. Meyn [Sylt, 1876 S. 62] einen hochgelegenen alten Strand, der ein Überbleibsel hoher Sturmfluten ist.) 2. Strandwall (S. 251). 3. Schorre (gewöhnlich Strand im engeren Sinne, oder auch, wo Ebbe und Flut herrschen, Ebbestrand genannt). — Diejenige Region, die mehr oder minder regelmäßig, in kürzeren oder län¬ geren Perioden einmal vom Wasser bedeckt, ein anderes Mal von ihm frei ist, also die Zone zwischen Hoch- und Niedrig- Wassser (vergl. Bd. II, S. 165). 4. Schelf. — Von manchen Ufern geht es seicht, allmählich in das Wasser hinein unterhalb der Schorre, dies wäre die Re¬ gion des Schelf im Gegensatz zu der weiter nach dem Wasser zu mehr plötzlich abfallenden Region der 5. Tiefsee. Es liegt auf der Hand, daß der Flutwall, wenn Gelegenheit war, zur Zeit des Hochwassers Pflanzenmaterial anzudriften, dieses unzerkleinert enthalten kann, daß jedoch der Strandwall, die Schorre oder gar die Brandungszone des Wassers in einem fort oder oft so bearbeitet werden, um natürlichen Häcksel zu bereiten oder auch Gerolle. Auch findet nach der Richtung hin eine Son¬ derung statt, als im allgemeinen von der Wasserkante nach dem Laude zu die Elemente sich sondern in schwerere und leichtere. Bei den Strömen sei diesbezüglich an die durch Hochwasser ver- anlaßten Überschwemmungen erinnert, die zuerst die groben Mate¬ rialien, die Kiesel, sodann den Sand, drittens eine Zone mit feinem Ton absetzen und endlich als leichteste Materialien, die das VII. Allochthone Humusbildungen. 257 Wasser enthielt, eine huinose Ablagerung erzeugen können, die somit dort zum Niederschlag gelangt, wo das Wasser am ruhigsten ist. Die pflanzlichen Drift-Auswürfe des Meeresstrandes, die von Landpflanzen stammen, sind hei der Auffälligkeit der Erschei¬ nung sehr lauge hei den Bewohnern von Küsten-Ländern bekannt und auch die Wissenschaft hat sich früh mit dem Gegenstände beschäftigt; es kann im Folgenden nur auf einiges Wenige hin¬ gewiesen werden. Da die Stranddrift noch lebender und noch gauz frisch aussehender fremder Pflanzenteile und das Treibholz namentlich dorthin, wo sonst keine Gehölze oder doch nur ganz kleine wachsen, naturgemäß stets besondere Beachtung gefun¬ den hat, sei auf diese beiden Fälle zunächst näher eingegaugen. Drift von Samen und Früchten. — Schon 1696 spricht Sloane !) von »Arten merkwürdiger Bohnen, die häufig auf dem Strande der Orkney-Inseln durch das Meer ausgeworfen werden.« Es handelte sich — wie Sloane richtig erkannte — , um Samen von Entada scandens, Guilandina Bonduc und Mucuna pruriens. Außer diesen werden und wurden noch an der Küste Skandina¬ viens und der genannten Inseln gefunden die ebenfalls auffälligen Kokos-Nüsse, Samen von Cassia fistula und Abrus precatorius 2 3). Bei Herrn Lehrer II. Philippsen in Utersum auf Föhr sah ich Samen von Entada scandens , die er am Westrande von Föhr aufgelesen hatte, und die nur mit dem Golfstrom dorthin gelangt sein können. Er schreibt mir noch, daß der Samen ziemlich * regelmäßig autreibt, etwa alle 2 Jahre fand der Genannte einen Samen. Der in Rede stehende Same hat übrigens wegen seiner auffälligen Größe und der entfernten Ähnlichkeit mit dem der Kastanie auf Nowaja Semlja der einen Bucht den Namen Kasta¬ nienbucht eingetragen. In Norwegen angetriebene Entada- Samen wurden in Upsala zur Keimung gebracht. A. F. W. Schimper1) J) Nach Schimper, Die indo-oialayische Strandflora 1891 S. 158. 2) Vergl. besonders W. B. Hemsley, Rep. scient. results voyage Challenger Botany I 1885. 3) Schimper, Die indo-malayische Strandflora. Jena 1891 S. 158 ff. 17 Neue Folge, Heft 55. III, 258 VII. Allochthone Humusbildungen. hat sich eingehend mit den »Driftsamen« und »Driftfrüchten« der indo-malayischen Inseln beschäftigt, insbesondere mit den An¬ passungen, die ihre Schwimmfähigkeit bei den häufigen Wande¬ rungen, die sie über weite Meeresstrecken antreten, bedingen und mit der Bedeutung der Meeresströmungen für die geographische Verbreitung der Strandgewächse. Er führt eine große Zahl von Arten auf, deren Samen und Früchte sich in der Stranddrift finden. Als die Insel Krakatau in der Sundastraße durch die vulka¬ nischen Eruptionen im August 1883 mit dem Verlust der Hälfte ihrer Oberfläche ihre gesamte Vegetation verlor, wurde sie bald wieder besiedelt, und zwar auch durch Pflanzen, deren Samen herzugedriftet worden waren. Als Melchior Treub1) 3 Jahre später (1886) die Insel besuchte, wurden in der Stranddrift Samen und Früchte der folgenden Arten gefunden: Heritiera littoralis , Terminalia Kcdappa , Cocos nucifera , Pandanus , Barringtonia spe- ciosa und Calophyllum inophyllum . A. Ernst hat dann die Insel 1886, 1897 und 1906 besucht2). Er hat nicht weniger als 137 Pflanzenarten sammeln können, unter denen 92 Phanerogamen. Von diesen sind sicher 36 durch Meereströmungen auf die Insel gelangt, wahrscheinlich aber mehr (1. c. S. 356). Treibhölzer. — Allbekannt sind die Treibhölzer, die — von weither angetrieben — sich an den tropischen Küsten bis zu denen der nördlichsten Meere finden. An der Nordküste von Neu-Guinea traf die Gazelle3) Treib¬ holzfelder, bestehend aus 5 m langen Baumstämmen, Pandanus - Früchten, Sargassum , Spirula und schwarzem Bimsstein. Lepas bedeckte die Unterseite der Baumstämme, und eine sägemehlartige Masse von Stabalgen schwamm im Wasser. Von den Treibhölzern Grönlands und überhaupt vieler nor¬ discher Länder ist sehr oft und immer wieder die Rede ge- *) Treub, Notice sur la dou veile Flore de Krakatau 1888. 2) Ernst, Die neue Flora der Vulkaninsel Krakatau (Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. in Zürich 1908). 3) Studer, Gazelle 1 S. 198. VII. Allochthone Humusbildungen 259 Figur 50. Dri(t=Hölzer an der Küste der Amsterdam-Insel. Nach einer mir von Herrn Prof. A. G. Nathorst überlassenen, von ihm aufgenommenen Photographie. 260 VII, Allochthone Humusbildungen. wesen1). Die Figur 50 erläutert diese Treibholz-Stranddrift. »Island war von Norwegen am Schlüsse des 9. Jahrhunderts nur kurze Zeit kolonisiert gewesen, als man in historischen Schriften schon das Treibholz als einen Gegenstand von so hoher Bedeutung erwähnt findet, daß darüber mehrere gesetzmäßige Bestimmungen gefaßt wurden« 2). »An3) der Nordküste dieser Insel besteht das Treibholz meist aus Nadelholz, doch kommt auch Laubholz vor. Im Jahre 1797 trieb viel westindisches Zuckerrohr an; tropische Nüsse sind gar- nicht ungewöhnlich. Das am Strande liegende Holz ist größtenteils alt und verrottet.« Jetzt nehmen die speziell vom Golfstrom transportierten Zeugen der iiord» und mittelamerikanischen Flora wesentlich ab, ent¬ sprechend der Abnahme der Wälder an den Ostküsten Amerikas. Sonst wurden u. a. lange Baumstämme gefunden und härtere Samen, und zwar Stämme z. B. von der Weymouthskiefer ( Pinus Strobus) und die schon vorher genannten Samen. Einen Samen von Entada scandens fand Torell sogar (1861) im hohen eisigen Norden, nämlich am Nordoststrand von Spitzbergen angedriftet und N,\ THOR ST (1. c. S. 166) sammelte auf Spitzbergen einen Samen der westindischen Quillandina Bonduc . An der Torell sehen Stelle (Shoal-Point4)) »ist der Strand überall mit ungeheuren Massen von Treibholz bedeckt.« »Die Hauptmasse des Holzes aber besteht aus Larix- Stämmen, welche von Sibirien stammen. Am Walter- Thymen-Fjord sieht man Larix- Stämme von 15 m Länge, meist mit Wurzeln, selten mit Ästen, aber immer ohne Rinde. Außer- 9 Vergl. diesbezüglich unter vielen anderen die Schriften von Rabot über seine Reisen in Rußland und im hohen Norden, ferner auch Nansex’s Reisebe¬ schreibung seiner Nordpol-Expedition und Nathorst’s Expedition zur Aufsuchung Andree’s (Tvä somrar i norra ishafvet. Stockholm I. Bd. im 11. Kapitel). Dann H. J. Pearson’s Three sommers among the Birds of Russian Lapland, London 1904, dann Roald Amundses, »The North-West Passage« 1908. — Weitere Lite¬ ratur im Folgenden. 2) F. C. Schübeler, Die Pflanzenwelt Norwegens. Christiania 1873 S. 30 ff. 3) Thoroddsen, Petermanns Mitt. XXXIV S. 117. 4) Schübeler, 1, c. und Petermanns Mitteilungen XVI S. 232, 445, VII. Allochthoüe Humusbildungen. 261 dem findet man Rindenstücke von Larix, Pinus, Betula, Juniperus«.. (Walter, 1893/94 S. 851.) Die von der 2. deutschen Nordpolexpedition an der Küste Ost-Grönlands aufgesammelten Treibholzreste stammten ebenfalls von Sibirien !). Herr Charles Rabot in Paris, der Grönland, die Insel Jan Mayen und Spitzbergen besucht hat, hat — wie er mir schreibt — besonders viel Treibholz auf der Insel Jan Mayen beobachtet. Vergleichen wir eine geographische Karte, auf der die Meeres¬ strömungen vermerkt sind, so sehen wir, daß diese Treibhölzer ebenfalls von Sibirien herstammen müssen, deren Flüsse gewaltige Holzquantitäten ins Meer flößen. Vor Jahren betraute — so teilt mir Herr Rabot mit — - Rußland besondere Expeditionen mit der Aufgabe, die enormen Holz-Massen, die sich in Flüssen Sibiriens und des Gouvernements Perm angehäuft hatten, zu untersuchen, um deren Beseitigung anzubahnen. Herr Rabot hat selbst einen solchen Flußlauf verfolgt und Zahlen über die Holzmengen ver¬ öffentlicht. (»A travers la Russie boreale«). Fredrik Ingvarson, der eine generelle Untersuchung über das Treibholz im Nördlichen Eismeer angestellt hat* 2), kommt zu dem Schluß, daß für die Treibholz-Ansammlungen im Eismeere der Polarstrom zwar von überwiegender Bedeutung ist, daß aber selbst hier die Rolle des Golfstromes nicht ganz außer acht zu lassen ist. Eduard von Toll schildert die Herkunft der sibirischen Treibholzmassen u. a. wie folgt3): »Die großen Ströme sind es, die zur Zeit des Eisganges und bei Hochwasser die bewaldeten Ufer, besonders ihres mittleren und unteren Laufes, unterspülen und nicht nur einzelne Bäume, die, J) Kraus, Über die Abstammung der auf der II. deutschen Nordpolexpe¬ dition gesammelten Treibhölzer. (Sitzungsber. d. physik. -medic. Societät zu Er¬ langen. 12. Febr. 1871.) 2) Ingvarson, Om drifveden i Norra Ishafvet (K. Svenska Vetenskaps-Akad. Handl. Stockholm 1903). 3) von Toll, Die russische Polarfahrt der »Sarja«. Herausgeg. von Emmy von Toll. Berlin 1909 S. 128—130. 262 VII. Allochthone Humusbildungen. ihrer Unterlage beraubt, ins Wasser stürzen, sondern oft ganze Gehölze, von mehreren Quadratfaden Umfang mit fortreißen und dem Meere zutragen. So ist mir dieses Bild besonders in leb- hafter Erinnerung von der Jana her, wo nach dem Eisgang des Sommers 1885 kleine bewaldete Inselchen und einzelne Bäume stehend den Fluß abwärts getrieben wurden. Dasselbe Schauspiel vollzieht sich in allen Neben- und Zuflüssen der großen Ströme, und hier sammelt sich in Gebirgsgegenden oft eine solche Menge von Stämmen an, daß der Reisende nur mit der Axt sich Bahn durch diese natürlichen Barrikaden erkämpfen kann. Von einer Krümmung des Flusses in die andere geschoben, von einem Felsen- kap des Stromes zum nächsten und so fort der Mündung zuge¬ trieben, erreicht der entwurzelte, seiner Heimat oft auf Tausende von Wersten entrückte Baum, allen Schmuckes beraubt, ohne Zwrnige und Aste, ohne Rinde und Krone die Mündung des Stro¬ mes, das Eismeer. Doch auch hier kommt der Vertriebene noch nicht zur Ruhe. Der Strom, der nun das Meer, sein Endziel er¬ reicht, reißt die der Pflanzenwelt geraubte Beute noch eine weite Strecke ins Meer hinein fort. Dort aber, wo der Strom aufhört, eine Sonderexistenz zu führen, wo er sich endlich mit dem Meere vereint, da fassen die Winde den bisherigen Raub des Stromes, das glattgerollte, hin- und hergestoßene Treibholz, und führen es weiter, bis sie es wie einen Spielball an eine Küste des Meeres hinaufschleudern. Natürlich häufen sich an den Mündungen der großen Ströme, oder an den in Luv der Winde, resp. Strömungen, gelegenen Küsten die meisten Hölzer an, so an der Lenamünduug und deu gegenüber gelegenen neusibirischen Inseln, oder am Je¬ nissei-Busen, bei der Kuskin-Insel (Dicksen-Hafen) u. a. O.« Sehr bekannt und olt zitiert ist die Schilderung Lyell’s der Holzdrift im Mississippi (s. besonders seine 2. Reise nach Nord¬ amerika li). Bei der Fülle des vorhandenen Holzes habe ich versucht, in Canada kaustobiolithische Ablagerungen zu finden, die durch Drif- O j tung von Gehölzteilen entstanden sind. Man braucht nur einmal einen durch waldreiches Gebiet fließenden Strom in einem noch weniger kultivierten Gebiet streckenweise zu befahren, z. B. den VII. Allochthone Humusbilduugen. 263 Columbia-River in Britisch-Columbien, um eine Vorstellung von der großen Menge von Baumstämmen zu gewinnen, die ständig, namentlich von Steilufern aus, bei ihrer Aufarbeitung durch den Fluß ins Wasser gelangen, um dann in Etappen gedriftet zu wer¬ den. So sind denn überall unglaubliche Mengen von Driftholz vorhanden, die man am Ufer, namentlich im Gebiet der Cordilleren, aber auch in Ost-Canada an den Ufern der Flüsse und Seen an¬ geschwemmt findet, zuweilen zu »Holzbergen« so angehäuft, daß gelegentlich, wie ich das am lllecilliwaet-River östlich Revelstoke (British Columbien) sah, das fließende Wasser auf einer Strecke vollkommen den Blicken entschwindet1). Meist liegen sie nach ihrem Untersinken unter das Wasser auf dem Boden, wo sie schließlich zur Ruhe kommen; es ist aber hervorzuheben, daß sie oft in eigentümlicher Weise unter¬ sinken, die in subfossilen oder fossilem Zustande wohl bei ober¬ flächlichem Hinsehen den Eindruck erwecken könnte, als seien die Bäume dort gewachsen. In Strömen, die Treibholz führen, sinken schwimmende Baumstämme, die mit ihren Wurzeln ausgerissen wurden, mit den letzteren nach abwärts gerichtet unter, erst recht dann, wenn die verschwemmten Baumstämme mit schwereren, vielleicht noch mit umklammerten Steinen belastetem Wurzel werk in tiefere Wasser gelangen. Sie sinken schließlich mit dem schwe¬ reren Teil unter und weisen schräg aufwärts stehend die Richtung des fließenden Wassers an. Solche »Lanzen« (snags) der Schiffer. Lanzen, die bei hohem Wasserstande ganz bedeckt sein und dann der Schiffahrt gefährlich werden können, wie das aus älterer Zeit u. a. vom Mississippi her bekannt ist, waren in Upper Arrow Lake (einer breiteren Stelle des Columbia River) bei Arro- wheat in großer Zahl aus dem Wasser ragend zu sehen2). b Yergl. meinen Aufsatz: »Eine naturwissenschafdiche Exkursion durch Süd-Kanada«. Naturwissenschaftliche Wochenschrift vom 11. April 1909, S. 225 ff., Fortsetzung in der Nummer vom 18. April 1909 S. 241 ff. Yergl. hier besonders die Figuren auf S. 242 und 246. 2) Möglicherweise handelt es sich in den »im Wasser treibenden entwur¬ zelten Eichen, die nach Plinius (Nat. histor. lib. XVI 2) einst der Schrecken der römischen Flotten in den nordwestdeutschen Binnengewässern waren« (Weber, Hochmoor Augstumal 1902 S, 221 Anm. 1) auch um solche Lanzen. 264 VII. Allochthone Humusbildungen. Zur Erzeugung und Erhaltung von Humuslagern durch solches Driftmaterial sind aber die Transportwege und die Ablagerungs¬ stellen zu bewegt: es wird gewöhnlich alles mit der Zeit voll¬ ständig zersetzt. Nur gelegentlich finden hinreichend ständige und mächtigere Anhäufungen an ruhigeren Stellen statt, wo dann ein Humuslager entsteht. Dies ist z. B. der Fall am NCh-Ufer des Moyie Lake (British Columbien). Hier ist ein in der angedeuteten Weise entstandener, pulveriger Humus in ziemlicher Mächtigkeit vor¬ handen; er ist von schwärzlicher Farbe und durch das zerfallende Holz und die Rindenbestandteile etwa von der Beschaffenheit des Holzmulms auf alten Holzhöfen. Als ich dort war, wurde das weit aufs Land geworfene Driftholz gerade in mächtigen Haufen verbrannt, um die dort ebene Landfläche als Weide zu gewinnen. Außer Holz kommen hier und sonst, an Volumen freilich unterge¬ ordnet, auch gedriftete Blätter und Sprosse, besonders von Wasser¬ pflanzen wie Nymphaeaceen, Potamogeten, Früchte und Samen u. dergl. hinzu. An den Küsten wärmerer Meere verwest das Treibholz so rasch, daß es nicht erhalten bleibt wie im Polarkreise. Aber auch an wärmeren Küsten erhält sich natürlich Treibholz, wenn es dort zur Einbettung gelangt, wie das gelegentlich vorkommt. Gelangen regelmäßig Hölzer, die von Strömen gedriftet werden, bis an ihre Mündungen, so finden sie hier natürlich besonders günstige Be¬ dingungen, im Deltagebiet eingebettet zu werden, wo sich denn auch solche Fälle und Holzberge beobachten lassen. So kann sich denn auch Holz in solchen Fällen fossil erhalten. Hierher scheinen die sogenannten »versteinerten Wälder« zu gehören, große Massen verkieselter Stammreste, die u. a. im Rotliegenden von Radowenz in Böhmen Vorkommen, im Mesozoicum der Farbenwüste (Paiuted desert) von Arizona und im Tertiär östlich von Kairo. Auch ver¬ kohlt kommen fossile Drifthölzer vor. Alle diese fossilen Vor¬ kommen haben das Gemeinschaftliche, daß die Stammreste ver¬ brochen in der Schichtungsebene liegen und daß aufrechte Stümpfe nicht vorhanden sind. Es ist zu erwähnen, daß außer Windbruch, der ins Wasser gerät, ferner außer von Steilufern abstürzenden Bäumen, von Hochwassern VII. Allochthone Humusbildungen. 265 und Eisgang gemähten Gehölzen auch durch die Tätigkeit von Tieren Beiträge zu der gedrifteten Holzmenge geliefert werden köunen. In erster Linie ist hier an den Biber zu denken, der durch das Fällen von Bäumen, das er vornimmt, die Aufhäufung von Holz an seinen Wohnstätten, wo er große und viele Ansammlungen verursacht, dadurch oft bemerkenswerte Beiträge für die Drift* 1) liefert. Gerade in Canada ist das der Fall — — — gewesen, vor der weitgehenden Vernichtung des Bibers. Gerolle. — Daß Stranddrifthölzer und überhaupt festere Pflanzenteile genau so wie anorganisch-mineralische Gesteine, je¬ doch wegen der weniger festen Beschaffenheit schneller zu Gerollen, » Rol 1 hol z e rn «, verarbeitet werden, wird man von vornherein annehmen. In der Tat finden sich oftmals Holzgerölle, abgerollte Coniferenzapfen u. dergl. an den Küsten, die eine pflanzliche Drift besitzen. Eine Abbildung findet sich in meiner »Entstehung der Steinkohle« 5. Aufl., 1910, S. 140, Fig. 49. In unserer Zeit weitgehender Kultur mit ihrem gewaltigen Verkehr sind Gerolle, die von menschlichen Werkzeugen und sonstigen künstlichen Gegenständen herstammen, von Schiffsresten u. dergl. an den Küsten natürlich jetzt fast stets ebenfalls zu finden. (Es sei hier die Gelegenheit benutzt, den Lokalnamen Sprock - holz zu erwähnen, der in Ostpreußen allgemein gebraucht wird, und von welchen mir Herr Prof. Alfred Jentzsch mitteilt: er bezeichne kurze, vom Wasser angespülte, mehr oder minder abgerollte Hölzer.) Daß überhaupt aus allen festeren Teilen, die Gelegenheit haben, von bewegtem Wasser bearbeitet zu werden, Gerolle ent¬ stehen können, ist selbstverständlich ; es sei diesbezüglich auch auf Bern stein -Gerolle und Harz -Gerolle usw. überhaupt hinge¬ wiesen, z. B. östlich von Friedrichshafen am Strande des Bodensees. O. Kirchner2) hat hier bernsteinähnliche Gerolle von »Fichten- 9 Von den vielen Abhandlungen, die sich mit diesem Gegenstände be¬ schäftigen, beziehungsweise auf die erwähnte Tätigkeit der Biber eingehen, sei nur die mit guten Illustrationen versehene Abhandlung von R. Collett, Baeveren i Norge, dens Udbredelse og Levemaade (1896) (Bergens Museums Ararbog 1897, Bergen 1898) zitiert. -) Schröter u. Kirchner, Die Vegetation des Bodensees. (Bodenseefor- schungen, Neunter Abschniit II. Lindau 1902) S. 39- 42. 266 VII. Allochthone Humusbildimgen. harz« in der Landpflanzenstranddrift von Langenargen gefunden. Auch ich war in der Lage, bernsteinähnliche Harzgerölle in diesem primär- allochthonen Moder, von der Fichte und wohl auch der Kiefer, zu beobachten, sowie von harzigen Substanzen, mit denen die Schiffe bestrichen werden. Bei der Veränderung, die diese Harzstücke erlitten haben, werden sie von Anwohnern direkt wie Kolophonium für Streichinstrumente benutzt. Festeren Torf, aber auch alluviale bezw. diluviale Sapropelite sieht man besonders oft als Gerolle am Strande der Ost- und Nord¬ see, wenn diese Ablagerungen nachträglich unter den Meeres¬ spiegel geraten sind und dadurch oft der Wasserbewegung, den Wellen und der Brandung preisgegeben sind. Solche Torfgerölle, von denen S. 219 (vergl. Fig. 47) die Rede war, werden gelegentlich See kugeln (Klose, 1904 S. 17) genannt. Seebälle. — Unsere Figuren 51 und 52 geben Beispiele von pflanzlichen Gerollen besonderer Art. Während die üblichen Gerolle wie Kiesel- oder Holz- usw. Gerolle durch die formende Tätigkeit des Wassers aus ursprüng¬ lich größeren Stücken hervorgehen, die gewissermaßen zugeschnitten werden, gibt es auch Geröllformen, die im Gegensatz hierzu durch Aneinanderfügung getrennter Teile gebildet werden und zwar durch dieselbe Tätigkeit des Wassers, die sonst die echten Gerolle erzeugt. Das ist zunächst der Fall bei den Genist paketen, so genannt, weil diese Pakete wie Vogelnester (Geniste) aussehen. Genistpakete kommen durch das Ineinanderverhlzen und -verstricken herabgeschwemmter Pflanzenteile zustande; durch die dauernde Bewegung und die mechanischen Angriffe erhalten die bis storch¬ nestgroßen oder noch größeren Pakete eine mehr oder minder kugelige bis walzige, geröllartige Form, wie ich das z. B. schön bei Hochwassern in der Saale und ganz besonders in der Loire bei Tours beobachten konnte. Vom Meeresstrande und aus grö¬ ßeren Landseen sind solche Genistpakete in uoch besserer Geröll- foi m unter dem Namen Seebälle (Aegagropileu, Me er ballen, Seefladdern, so z. B. auf Usedom und Wohin genannt, See- VII. Allochthone Humusbildungen 267 Figur 51. Seebälle. Etwa -g- verkleinert. Nach C. Schröter. Figur 52. Seebälle vom Ostseestrande; in der Mitte Seeball*ähnliclie Klumpen von Algen=Wasserblüte. knödel namentlich in Süddeutschland, Seekugeln, Faserbälle, französisch boules de mer, pelotes fibreuses Forels, pi- lulae marin ae der alten Apotheken) bekannt. Tu Fig. 51 sind Sie entstehen bei der Bewo^umr im Wasser Seebälle abgebildet. 268 VII. Allochthone Humusbildimgen. und in der Strandregion und auf dem Strande durch sich ver- n filzende, geeignete Reste. Die in Fig. 52 stark verkleinert abgebildeten Seebälle habe ich am Strande der Ostsee auf der Strecke zwischen Swinemünde und Kolberg gesammelt. Die großen Haufen von Pflanzenstengeln und dergleichen werden durch die Bewegung des Wassers in¬ einander verstrickt, wie das Genist oben von Fig. 52 veranschau¬ licht. Wird nun gar das eine Ende durch Einbettung in Sand u. dergh festgehalten, so daß ein Schwanz entsteht, wie an den beiden Seebällen links und links unten Fig. 52, so ist die Roll¬ bewegung, die der übrige Teil ständig ausführt, noch ausgiebiger für die schnelle Erreichung eines vollkommenen Seeballes, dem man es schließlich, wenn man die Entstehungsweise nicht kennt, gar nicht ansieht, um was es sich handelt. Denn der feine Filz, aus dem vollkommene Seebälle gebildet sind, und ihre schöne Kugel- oder Zylioderform erwecken den Gedanken, daß man etwa besondere Organismen vor sich hat. Es gibt übrigens in der Tat in großer Meerestiefe Organismen, die vollkommenen Seebällen täuschend ähnlich sehen, wie die von Franz Eilhard Schulze als Rhizopoden erkannten und von ihm Psammetta erythrocytomorpha benannten Tiere1). Die großen Genistpakete sind gewöhnlich von ins Wasser geratenen Landpflanzenteilen zusammengesetzt. Gelegentlich kom¬ men von solchen Seebälle besonderer Art vor, wie die von Caoz (Mitt. nat. Ges., Bern 1884 S. 44) beschriebenen, die aus Nadeln der Lärche (Larix) gebildet waren. Die aus einem feinen Filz zusammengesetzten Seebälle geben aber stets durch die mikroskopische Untersuchung noch ihre wahre Natui" zu erkennen. Am Mittelmeerstrande Frankreichs und sonst am Mittelmeer, ebenso am Ostseestrande usw., findet man stellenweise Massen von solchen schönen Seebällen, bis zu Kopfgröße. Bei diesen aus feinem Material bestehenden Seebällen handelt es sich gewöhnlich 0 Schulze, Die Xenophyophoreu (Wiss. Ergehn, d. deutschen Tiefsee- Expedition. Gustav Fischer in Jena, 1905). Taf. I, Fig. 1—3. VII. Allochthone Humusbildungen. 269 wesentlich um die resistenteren Skelettzellen (Bastfasern) von höheren Wasserpflanzen, aber naturgemäß können z. B. auch Tier¬ haare u. dergl. zu Seebällen Veranlassung geben. ö ö o An der Riviera bestehen die feinfilzigen Seebälle gewöhnlich aus Skelettzellen von Potamogetonaceen. Von Posiclonici oceanica werden »durch Wellenbewegung von den Blattresten (gewöhnlich um ein Grundachsenbruchstück als Kern) zusammengedrehte bis kindskopfgroße Faserbälle« gebildet. (AsCHERSON, Potamogeto- naceae in den Natürl. Pflanzeufamilien II, 1, Leipzig 1889 S. 207). Und von Zoster a marina sagt Charles Bernard (Naturwiss. Wochenschr., Jena, den 8. Februar 1903 S. 228): »Diese Pflanze wird von den Fluten abgerissen, am Strande hin- und hergewälzt; sie verliert ihre weicheren Gewebe, während die Skelettstränge (das Stereom) Zurückbleiben, und diese verfilzen sich durch die ständige Hin- und Herbewegung wie verworrene Fäden, die zu kugeligen Gebilden verwoben werden. Wir haben alle Stadien von den abgerissenen, noch grünen Pflanzen bis zu den schön geformten »Aegagropilen« gefunden.« Fadenalgen können natür¬ lich ebenfalls das Material für Seebälle abgeben. Seeballähnliche Bildungen weisen Cladophora- Arten auf, be¬ sonders diejenigen einer Untergattung, die danach ihren Namen führt, nämlich die Untergattung Aegagropila (vom griech. aigagros die Gemse und pilos die Kugel)* 1). Diese Bälle entstehen durch Anheften junger Pflanzen an ein rundliches Steinchen oder au ein kleines Kalkskelett von Lithothamnion , die von den Wellen gedreht und gerollt den Pflanzen ermöglichen, die Unterlage allseitig zu bewachsen2). J) Aegagropilen (Gemsenkugeln, Haarbälle, Bezoare) hießen ursprünglich Kugeln in dem Magen von Pflanzenfressern, die sich, aus Haaren und festeren Pflanzenfasern zusammengesetzt, durch die Bewegung in den Eingeweiden der Tiere zu Kugeln verfilzen. Auch diese wurden früher wie die Strand-Seebälle in der Medizin gebraucht (Nemmch, Allgem. Polyglotten-Lexikon der Naturgeschichte I 1793 S. 85). 2) Vergl. besonders F. R. Kjellmann, Zur Organographie und Systematik der Aegagropilen 1898. — Zederbauer, »Seeknödel«-ähnliche Ballenbildung durch Cladophora cornea. K. k. zool.-bot. Ges. in Wien 1902 S. 155 — 159. 270 VII. xVIlochthone Humusbildungen. Besonders merkwürdig sind den echten Seebällen vergleich¬ bare grüne Kugeln oder geröllähnliche Massen von beträchtlicher Größe (ich beobachtete sie am Ostseestrande [von SwinewündeJ bis über faustgroß) aus mikroskopisch kleinen Algen. Von diesen sehr eigentümlichen Seebällen habe ich in Fig. 52 in der Mitte 11 kleiuere photographieren lassen. Ich habe sie in der Literatur nicht erwähnt gefunden und auch der gründliche Thallophyten- Kenner Herr Prof. G. Lindau in Berlin teilt mir mit, daß über diese Art Seebälle noch nichts bekannt zu sein schiene. Ist eine reichliche Algen- Wasserblüte vorhanden, so kann sie bei günstiger Windrichtung in großen Mengen einen breiigen, grünen, mehrere Zentimeter dicken Saum bildend an den Strand geworfen werden, zuweilen in solcher Fülle, daß sie mit Suppen¬ löffeln und Spaten aufgenommen werden kann. Eine solche Strand¬ drift und zwar von Pediastrum erwähnt Schröter (1904 S. 28); ich selbst habe u. a. schöne Stranddrift von Algen- Wasserblüte öfters an Stellen der Havel beobachtet; hier handelte es sich in den dicken schleimig-breiigen Ansammlungen fast um Reinkulturen von Polycystis flos aquae1). Daß solche Plankton- Algeu-Strand- drift große Seebälle zu bilden imstande ist, ist überraschend. Die gallertigen Seebälle von Swinemünde bestehen nach freundlicher Bestimmung des Herrn Prof. M. Marsson wesentlich aus Micro - cystis elabens Kützing (= Polycystis elabens [Breb.] Kütz. var. ichthyolabe [Ktz.] Hansg.) und Clathrocystis aeruginosa ; manche Bälle aber — wie mirHerrProf. Lindau bestätigt — fast ausschließlich aus der letzgenannten Alge allein. Die minimalen, in selbsterzeugten Gallertklümpchen lebenden Kolonien von Clathrocystis aeruginosa sind häufig so massenhaft vorhanden, daß sie förmlich grüne Decken auf dem Wasser erzeugen. An den Strand geworfen, können die kleinen Kolonien dann vom Wasser hin- und herbewegt aneinanderbacken und so die erwähnten großen, weichen, grünen, eigentümlichen Geröllformen hervorbringen. Lager von Stranddriftmaterial. — Es wurde schon S. 264 *) Vergl. auch P. B. Nelsson, Observations upon some algae whick cause »water bloom.« (Minnesota Botanical Studies. Minneapolis 1903.) VH. Allochthonc Hurausbildungen. ‘271 bei Gelegenheit der Besprechung der Treibhölzer vermerkt, daß gelegentlich auch kleinere Lager von gedriftetem kaustobiolithischem Material unter besonderen Bedingungen und bei größeren Ansamm¬ lungen zu Wege kommen können; es erübrigt, noch etwas näher auf solche Lager einzugehen. Denn, wenn auch die pflanzlichen Auswürfe des Meeres und von Seen, die übrigens gelegentlich auch noch vom Winde weiter aufgehäuft werden können, keine oder nur ganz unbedeutende Lager zu erzeugen pflegen, so kommt die Bildung solcher doch vor. Gehen wir zunächst auf die diesbezüglichen Verhältnisse an den Meeresküsten ein. D ie Pflanzen-Stranddrift dieser Küsten wird in der Tat ge- legentlich durch Dünen oder Sedimente, die die Hochflut herbei- geschaft, bedeckt, wird aber dann — wie gesagt — nur die Ur¬ sache für vergleichsweise spärliche Kaustobiolith- Ablagerungen. In unserer geographischen Zone sind es am Meere vorwiegend Tange, und zwar Fucaceen und Laminarien, die bei ihrem geringen spezifischen Gewicht hier und da massenhaft an den Strand ge¬ worfen werden. Gelegentlich können die Tange und die mit ihnen zusammen an den Strand geworfenen Organismen den Sand schwarz verfärben. Oft habe ich solchen Sand an der Nordsee beobachtet. An der Luft oxydiert sich die färbende Substanz schnell, so daß die Oberfläche nur dann schwarz verfärbt erscheint, wenn die verflüssigten Materialien unmittelbar vorher hingelaugt sind. So sieht man die oft mächtige Tang-Stranddrift Helgolands ö O O (Fig. 53) eine schwarze Flüssigkeit abgeben. Wird die Tang -Stranddrift vor ihrer vollen Verwesung nachträglich durch toniges Gestein, Sand und Gerolle bedeckt, so können sie mehr oder minder fest werdende Ansammlungen orga¬ nischer Substanz hinterlassen. Über solchen Tang-Saprokoll von Helgoland teilt mir Herr Prof. P. Kuckuck das Folgende mit. Dort wurde an der NO-Seite des Kurhauses beim Graben ein Tanglager gefunden, das, ehe der durch Antrieb an den Strand geworfene Tang hatte verwesen können, bei umsetzendem W7inde mit Strandgeröllmassen überschüttet worden war. »Die Tange tigur 53. Tang-Stranddrlft von Helgoland. Nach einer von Prof. Kuckuck aufgenommenen Photographie. VIT. Allochthone Humusbildungen. 273 waren gut erhalten, die Hauptmasse wurde von der sehr konsi¬ stenten Desmarestia aculeata gebildet.« Ich selbst konnte nur Spuren von solchem Material, und zwar aus Laminarien beobachten. Im Herbst 1904 wurde aber durch die Wirkung einer starken Brandung ein Tang-Saprokollager an der Küste des Unterlandes von Helgoland wieder an das Tageslicht gebracht. Es war nur einige Zentimeter mächtig. Auch an der nordfrauzösischen Küste wurden einige Stellen mit Tang-Saprokoll beobachtet, aber es handelt sich immer nur um recht untergeordnete Vorkommen. »In1) die Bucht von Teven (Finisterre, Bretagne) führt das Meer beständig See- Tang hinein und lagert ihn daselbst ab. Dadurch hat sich eine sehr dichte, homogene, blättrige, aber cohärende und selbst politurfähige schwarze Masse gebildet, die 1500 m lang und 800 m breit ist2). (Nach Walther, Einleitung in die Geo¬ logie 1893/94, S. 854.) Daß Wasserblüte als auffällige Stranddrift an den Strand gelangen kann, ergibt sich schon aus Mitteilungen in Bd. I. Am Stettiner Haff z. B. kann solche Stranddrift gelegentlich 15 cm dick auftreten. Vergl. auch vorliegenden Band S. 270. Auch Seegräser bilden Stranddrift. An der Ostsee häuft sich Zostera gelegentlich mächtig am Strande auf und kann dann — falls sie von- Sand bedeckt wird — durch einen Zersetzungsprozeß dunkelbraune Humus-Massen erzeugen3). Von Dünensand ein¬ gebettete Zostera- Ablagerungen konnte ich wiederholt am Nordsee- strande, namentlich an Wattenmeerinseln beobachten, gelegentlich auch reinere Ablagerungen z. B. mehrfach am Strande von Sylt. Die Uferdrift größerer Seen erinnert noch an die Strand- drift der Meere. Gelegentlich besitzen Seen eine besonders be- o merkenswerte Stranddrift. Die Figuren 54 und 55 zeigen torfartige Massen am Ufer des 9 Bobierre, Ann. chim. phys. XXX S. 376. Ref. Neues Jahrb. f. Min. 1852 S. 338. 2) Man benutzt sie als Düngemittel. Ihre Analyse ergibt: 83,3% orga¬ nische Substanz. 3) Fischer-Benzox 1891 S. 35, 36. Neue Folge. Heft 55. III. 18 274 VII. AUochthone Humusbildungen. Bodensees, die durch große Anhäufung von Stranddrift entstan¬ den sind. Wie die Tangstranddrift auffällige Strandwälle erzeugen kann, so auch augeschwemmte Pflanzenreste, die, ursprünglich dem Lande angehörend, ins Wasser geraten sind und nun von diesem wieder auf ein Ufer gebracht werden. Bei uns ist diesbezüglich beson¬ ders auffällig die aus Röhrichtbestandteilen, besonders Stengelteilen Figur 54. Anschwemmungen organischen Materials, das ein metertiefes Lager bildet. Unmittelbar am Strande »Häcksel«. Auf dem Lager liegen hin und wieder gerollte Harzstücke (»rezenter Bernstein«). ßodeDsee: Gegend bei Langenargen. — Photographie von Prof. Kirchner. von Rohrschilf (. Arundo phragmites) zusammengesetzte Stranddrift, die in mehr oder minder mächtigen Ansammlungen vorkommt, freilich oft genug nur von niedergelegten und zu natürlichem Häcksel mehr oder minder zerkleinerten Massen der au demselben Ufer wachsenden Röhrichtpflanzen herstammend. Dieses Material kann sich ebenfalls zu Strand wällen anhäufen; sie begleiten die Ufer unserer havelländischen und anderer Gewässer, wi.e z. B. die VIT. Allochthone Hnrausbildungen 275 Figur 55. «Mi Dasselbe Lager wie Figur 54, von größerer Nähe gesehen. Die Photographie ließ ich bei meinem Studium des Lagers yon einem Friedrichshafeuer Photographen aufnehmen. 276 VII. Allochthone Humusbildungen. Ufer des Müggelsees. Nur selten erhalten sich solche Ansamm- OO lungen in bemerkenswerteren Schickten, da oft genug alles verwest, insbesondere aber, weil diese Stranddrift von der Kultur beseitigt wird, und zwar dort, wo sie bis 1,5 m mächtig werden kann, wie an der Südküste des Stettiner Haffs, durch Verbrennung, damit die bedeckten lebenden — oft zum Schutz der Küste und im In¬ teresse von Landgewinnung (so z. B. am Stettiner Haff, am Ku- rischen Haff, am Bodensee usw.) erst angepflanzten — Röhrichtbe- stände nicht »erstickt« werden. Freilick, ein wirklickes vollständiges Ersticken des Rohrsckilfes speziell würde nur bei ausnahmsweise mächtigen Aufschüttungen erfolgen können, da Arundo phragmites die Fähigkeit besitzt, durch recht dicke Schichten wieder durch¬ zustecken; aber die durchstehenden Sprosse bleiben doch zunächst kleiner und nehmen erst nach und nach wieder nutzbringende Größe an. Die eben erwähnte natürliche, mächtigere Ablagerung von Landpflanzenstrand drift am Bodensee hat C. Schröter gemeinsam mit O. Kirchner beschrieben1). Er bezeichnet die Ablagerung als »Schwemmtorf«, und zwar setzt er hier das Wort selbst in An¬ führungsstriche; weiter unten sagt er dann nur: »Überführung mit Gesteinsmaterial würde zweifellos solche Anhäufungen zu einer , torfähnlichen1 Schicht zusammenpressen.« J. Früh hingegen2) nennt das Material solcher Ablagerungen ohne Beschränkung Schwemmtorf. Es handelt sich um eine primär-allochtone Uferdrift. Schröter beschreibt a. a. 0. die größeren der in Rede stehen¬ den Ablagerungen wie folgt: »Die braunen Pflanzentrümmer bestehen aus abgerollten Holz¬ stücken, Zweigfragmenten, Rindenfetzen, Rhizomteilen usw. und bilden eine über metertiefe Aufschüttung, in welcher die sukzessiven Wasserstände ihre parallel verlaufenden , Strandlinien4 hinterlassen haben. Die Masse hat das Aussehen eines lockeren Torfes; sie ist von Wasser durchtränkt, und man sinkt tief darin ein; die Ö Schröter und Kirchner, Die Vegetation des Bodensees. (Bodenseefor¬ schungen, 9. Abschnitt II. Lindau 1902 S. 39 — 42.) 2) Früh und Schröter, Die Moore der Schweiz 1904 S. 213. VII. Allochthone Humusbildungen. 277 Grundlage bildet der vollständig zerriebene feinere Detritus; ein¬ gestreut sind größere Pflanzenfragmente, die am Wasserrande von den AVellen hin- und herbewegt werden«. Kirchner1) hat auch bernsteinähnliche Gerolle von »Fichtenharz« im Schwemmoder von Langenargen gefunden. (Vergl. vorn S. 265.) Ich habe die Stelle besucht und kann danach das Folgende berichten. Was zunächst die mächtigste Ablagerung angeht, die sich zwischen der Schlissen mündung und Langenargen (im Württem- bergischen) befindet, so stammt ihr Material von den Ufern der in den Bodensee mündenden Schüssen, die bei Hochwasser zeit¬ weilig viel Pflanzenmaterial erhält, wie ich das selbst noch, zu beobachten in der Lage war, was aber nach Vervollständigung der begonnenen Regulierung ganz hintangehalten werden wird. Die Überschwemmungen schaffen auf den anliegenden Streuwiesen Abraum, der zum Teil mitgenommen wird, und das bewegtere Wasser des Flußbettes selbst bringt an den Steilküsten Bäume zum Sturz und reißt sie zum Teil mit sich fort. Als ich Ende August 1906 dort war, waren noch die Folgen aus dem Frühjahr zu beobachten. Der Fluß hatte durch reißende Gewalt von einer östlichen Steiluferstrecke ganze Stücke mit Vegetationsbestand, darunter große und ziemlich, viele Bäume zum Sturz gebracht. Sobald das vcrschwemmte Material in das Wasser des Bodensees gerät, beginnt der Kampf zwischen der im Norden einmündenden Schüssen, die es hinauszuführen bestrebt ist, so daß ihr bereits eine mächtige Sandbank im Bodensee vorgelagert ist, und zwischen dem von dem vorherrschenden West- und Südwestwinde ge¬ peitschten Bodensee wasser. So kann2) bei Sturm in einem einzigen Tage soviel Pflanzendetritus an den Strand geworfen werden, daß 2 m mächtige Ablagerungen ent¬ stehen: wesentlich aus Material, das namentlich im Frühjahr, von der Schüssen herausgeführt, Zeit hatte, sich voll Wasser zu ') a. a. 0. S. 40 und 41. 2) Nach zuverlässiger Mitteilung des Herrn Handelsgärtners Albert Schöll¬ hammer, 278 VII. Allochthone Huniusbildungen. saufen und daher vor der Sandbank unterzusinken, um auf dem Boden des hier flachen Seewassers abgelagert zu werden. Das Material wird naturgemäß mehr oder minder separiert an den Strand geworfen und wird von den Anwohnern »Seekot« auch »Gemür« genannt. Das in Rede stehende Lager befindet sich im Besitze des Herrn Schöllhammer, der es zur Verwendung bei seinen Kulturen als »Gartenerde« abbaut. Zu der Zeit, als ich dort war, war es ziemlich tief ganz ausgetrocknet: ist es doch durch seine Lage am Nordufer des Sees der direkten Sonnenwirkung stark aus- gesetzt. Hiermit dürfte es Zusammenhängen, daß es mir bei diesem und überhaupt bei so exponierten Lagern nicht gelungen ist, in ihnen auch nur einen Regenwurm zu finden; auch Herr Schöll¬ hammer hat in seinem Lager nie einen gesehen. Es steht dies ganz in Gegensatz zu den Ablagerungen gleicher Art an vor der Sonne geschützteren Stellen am Südufer des Bodensees (auf der Schweizer Seite), z. B. östlich von Rorschach, wo ich im Schwemm¬ moder zahlreiche Regen würmer aufland, während in bergfeuchtem Torfe (unentwässerter Reviere) eben Regenwürmer und ihre Be¬ gleiter niemals vorhanden sind. Die Ablagerungen sind verschie¬ den, je nachdem ihr Material eine geringere oder größere Ver- schwemmunff bezw. Wasserein Wirkung; erlitten hat. Ist dieser Einfluß gering, so sind die Materialien weit weniger ausgelaugt, als die z. B. von der Schüssen gelieferten. Aber auch da, wo die Auslaugung eine geringere ist, ist doch der Einfluß der Atmo¬ sphärilien meistens ebenso weitgehend wie dort, wo sich — wie in geeigneten Wäldern — Moder bildet. Primär-aliochthoner To rf könnte aus Pflanzendetritus nur da entstehen, wo dieser frisch, in gehörigen Lagen an den Strand kommt und schnell genug, wie bei der Torfbildung, zum hinreichenden Abschluß vor den Atmo¬ sphärilien gelangt oder wo er unter stagnierendes Wasser gerät. Außer Rohrschilfresten finden sich in den in Rede stehenden prim. -all. Moderlagern, deren Bestandteile alle den Charakter von natürlichem Häcksel tragen, Holzstücke und Gerolle, Blattreste der verschiedensten Pflauzenarten, Kiefern- und Fichtenzapfen und Vll. Allochthone HurausbilduDgen. 279 andere Früchte und Samen. Die Samen, wenn nicht gerade ganz frisch herzugeführt, nur von solchen Arten, die eine resistentere Schale besitzen. So ist es bemerkenswert, daß von Quercus -, Corylus-, Aesculus- Samen sich nur die hohlen, leeren Schalen fin¬ den, ein Hinweis auf die reichlicheren Verwesungsbedingungen, die herrschen, so daß das zurückbleibeude Gesamtmaterial in der Tat als Moder auzusprechen ist. Diese vielen, oft nur kleinen, zuweilen ohne bemerkbare Öffnungen versehenen leeren Schalen geben eine gute Erklärung ab für die Ent¬ stehung der so häufigen fossilen Samensteinkerne, z. B. des Carbons. Alles leichter Zersetzliche überhaupt ist in diesem primär -allochthonen Moder (Schwemmoder) verschwunden, sehr gegensätzlich zum Torf, in dem sich, sofern die Objekte von vornherein unter reine Fäulnisbedingnngen geraten, noch leicht- zersetzliche Teile vorfinden. Über bernsteinähnlic he Harz¬ geröll e vergl. weiter vorn S. 265 u. 277. o o Ablagerungen ähnlich den am Bodensee habe ich bei uns noch wiederholt an den verschiedensten Örtlichkeiten, wenn auch nir¬ gends in so großer Entwicklung wie bei Langenargen beobachten können. Eine besonders schöne Ablagerung dieser Art fand ich südlich Sarkau auf der Kurischen Nehrung, wo sich ein großes Arundinetum befand, dessen Boden aus primär -allochthonem Ma¬ terial bestand, gemischt mit den an Ort und Stelle zu Häcksel zerkleinerten Resten des Arundinetums selbst. Flözdrift. Wir kommen nun zur Flözdrift, anders ausgedrückt zu Humus- Ablagerungen, die durch allochthone Sedimentierung entstanden sind. 1 . Primär-allochthone F 1 ö z d r i f t. Die unter dieser Überschrift gemeinten Kaustobiolithe sind, wohl verstanden, durch Drift nicht humoser Teile zustande ge¬ kommen, die erst nach ihrer Ablagerung zu Humus werden und zwar je nachdem sie besondere Elemente vorwiegend enthalten, besonders charakterisiert z. B. als echter Blättertorf, wenn es 280 VII. Allochthone Humusbildungen. vorwiegend Laubblätter sind, die abgelagert wurden. Holztorf, wenn die Urmaterialien vorwiegend Holz waren usw. Vergl. Bd. II S. 103. Gelegentlich sind es in der Tat fast nur Blätter und zwar ganze natürliche »Flöße« (rafts), die z. B. in den Flüssen des atlantischen Teils der Vereinigten Staaten Vorkommen. Hier sinken sie schließlich meist unter und werden von Sedimen¬ ten bedeckt1). Nahedrift. — Holz, Blätter, Früchte, Samen, Pollenkörner, Sporen usw., die in ein Wasser, z. B. in einen See fallen und mehr oder minder schnell untergehen, können durch Sedimente, die etwa ein Zufluß herbeiführt, zur Einbettung gelangen und so als Fossilien erhalten bleiben oder auch bei größerer Anhäufung Veranlassung zu einem Humuslager geben. Oft findet dies dort statt, wo auch Wasserorganismen Humus resp. Sapropel erzeugen. D ie durch Nahedrift von Sporen und Pollen gebildeten Kausto- biolithe werden in dem Kapitel Liptobiolithe beschrieben. Wenn in den aufgeführten Fällen auch die schwimmfähigen Pflanzenteile, bevor sie untersinken, auf der Oberfläche des Wassers hin und hergetrieben werden, so müssen sie ebenso wie der fol¬ gende Fall von der Ferndrift unterschieden werden. Nicht nur die kontinentalen Gewässer, auch das Meer bietet Beispiele von Nahedrift. Wo das Meer durch die Brandung Steilküsten erzeugt, deren zeitweilig abstürzende Massen oben Vegetation tragen, kann diese unter Umständen in der Nähe eingebettet werden. An der Ost¬ see z. B. finden sich solche Steilküsten2), deren Vorhandensein, wie der 1. c. auf Taf. 3 gebotene, wichtig ist zur Erklärung von allochthonen Land- Pflanzenarten, die zusammen mit Meerestieren in Strandzonen- Gesteinen Vorkommen. Die Aufarbeitung der le¬ benden Vegetationsdecke durch das Meer ist dann, wenn eine so- x) Vergl. E. W. Berry, Leaf Rafts and Fossil Leaves. Torreya. VI. 12. S. 247-248, 1906. 2) Vergl. E. Geinitz und C. A. Weber, Uber ein Moostorflager der post¬ glazialen Föhrenzeit am Seestrande der Rostocker Heide. Arch. d. Ver. d. Fr. d. Naturgesch. in Mecklenburg. 58. 1904. 15 Seiten, 1 Kärtchen und 4 Tafeln. 281 VII. Allochthone Humusbildungen. fortige oder doch baldige Einbettung erfolgt, so abweichend von D CT CT CT 7 derjenigen weit gedrifteter Pflanzenmaterialien, daß in den über¬ wiegenden Fällen eine Beurteilung, ob es sich um fossile Pflanzen¬ reste, die einer Nah- oder einer Ferndrift unterlegen waren, nicht schwierig ist. Auch Blätter und überhaupt zartere Organe und Organteile finden sich durch die Nahedrift auf bewahrt, die durch Fern drift meist zerstört oder doch so unkenntlich gemacht oder zerkleinert werden, daß ein und dieselbe Flora in beiden Fällen in fossiler Erhaltung einen gänzlich verschiedenen Eindruck machen kann. Pflanzenreste, die durch Nahedrift eingebettet und uns fossil überkommen sind, sind zwar vielfach vorhanden, allein Kohlen- Ablagerungen könnte man — es sei denn, daß die im Liegenden und Hangenden eingebetteten Fossilien durch ihre Erhaltung zweifellos darauf hinweisen — nicht mit Sicherheit hierauf zurück¬ führen; sie sind auch selten. Dies entspricht ganz der heutigen Seltenheit von Humuslagen, die durch Nahe- Drift zusammen¬ gebracht wurden. Ferndrift. — Zur Erklärung der Genesis fossiler Humus- Lager wurde aber seit Lyell s Darstellung besonders viel Bezug genommen auf ein bestimmtes Beispiel von Ferndrift, nämlich auf das Mississippidelta, welches vom Strom massenhaft herabge¬ schwemmte Pflanzenteile enthält, die, nachher von Schlammmassen bedeckt, torfig-kohlige Ablagerungen zwischen tonigen Schichten bilden. Zu natürlichen Holz- und überhaupt Vegetationsflößen (Rafts) vereinigte Stämme und Pflanzenreste kommen den Missis¬ sippi herunter, die, gewaltige Dimensionen erreichend, geradezu Inseln bilden können. Das ist auch anderwärts oft beobachtet worden, wie z. B. am KongQ. Aber auch das Meer gibt naturgemäß insbesondere Beispiele für Ferndrift her, ist doch der Schritt vom Delta zum Meer nicht nennenswert. Ein Strom, der seinem Delta Pflanzenreste zuführt, muß auch solche ins Meer befördern können und die vorn, S. 256 bis 262, behandelte Stranddrift weist ja schon nachdrücklich auf weiten Transport im Meere hin. 282 VII. Allockthone Humusbildungen. Ferndrift ist besonders Seereisenden seit jeher aufgefallen. Bei der großen Produktion organischer Substanz in den Tropen sind es in erster Linie die mächtigen tropischen Ströme, die Hölzer (Baumstämme usw.), Zweige, Blätter, Früchte, ja ganze Vegetations¬ inseln ins Meer bringen. Solche Inseln sind bis mehrere 100 km weit von den Mündungen entfernt im Meere angetroffen worden, so vor Sumatra, dem Kongo-, dem Amazonenstrom usw. Besonders viel gelangt natürlich gleich im Mündungsgebiet der Ströme zur Einbettung, wo Landpflanzenreste zusammen mit Meerestierresten charakteristisch sind. Es ist zu beachten, daß treibende Bäume in ihrem Wurzelwerk auch Steine weithin mitführen und schlie߬ lich irgendwo ablagern können. Daß die beförderten Objekte aber durchaus nicht alle an einen »Strand« gelangen, sondern auch untersinken und am Meeresgründe verbleiben, ist wiederholt beobachtet worden, fand man doch »im Karaibischen Meer J) Orangen, Zuckerrohr, Mangoblätter 1800 bis 2740 m tief« (nach Walther, Einl. i. d. Geol. 1893/94, S. 157) und »auf der Leeseite* 2) der Westindischen Inseln ist der Meeres¬ grund bis über 2800 m übersät mit großen Massen von Holz, frischen und verwesenden Baumzweigen, Blättern und Früchten in allen Stadien der Zersetzung« (nach Walther, 1. c. S. 679). Gelegentlich kann man auch eine Einbettung solcher Reste be¬ obachten, so sind »Unmassen3) verwesender Baumzweige und Blätter den Globigerinenschichten zwischen Mexiko und den Gala- pagos beigemischt« (nach Walther, 1. c. S. 157). An manchen Stellen in den Ozeanen sind gewiß auch Land¬ pflanzenreste vorhanden, die noch weniger gut erhalten, durch Transport und Zersetzung soweit ramponiert und unkenntlich sind, daß dort nur noch klein zerteiltes Pflanzenmaterial zu be¬ merken ist. Es liegt hier so recht auf der Hand, wie Florenelemente der verschiedensten Vegetationsgemeinschaften bei der Flözdrift zu- sammen zur Einbettung gelangen können: Teile der Landvegetation 9 Moseley, Nature 1880 S. 593. 2) Agassiz, Bull. Mus. Comp. Anat. 1892. XXIII, 1, II S. 12. 3) Agassiz, Bull. Mus. Comp. Zool. 1892 S. 11. VII. Allochthone Humusbildungen. 283 aus nächster Nähe können Zusammenkommen mit solchen einer ganz anderen Vegetationsgemeinschaft, die durch Ferndrift herbei¬ geführt wurden, und endlich können auch Wasserpflanzen, wie Algen, ein gemeinsames Grab mit den Landpflanzenresten finden. Das allermeiste von dem Ferndriftmaterial verschwindet aller¬ dings durch vollständige Verwesung, wie im Folgenden noch näher betont wird. Als Anhang zu diesem Abschnitt sei auf das sog. Sargasso- Meer des Atlantischen Ozeans eingegangen, weil immer wieder die Vorstellung auftaucht, daß sich in den tiefsten Meerestiefen kaustobiolithische Lager bilden müßten, deren reichlich vorhandenes Urmaterial in diesem Falle die Alge Sargassum bacciferum sei, und weil ferner diese vermeintlichen Lager nun gar zur Erklärung der Entstehung der Steinkohlen des Carbons seit Friedr. Mohr immer wieder herangezogen werden. Wenn auch Sargassum bacciferum , das wesentlich die schwim¬ menden Massen des Sargasso-Meeres liefert, eigentlich eine an festen Gesteinen der Ostküste Nordamerikas festsitzende Lebens¬ weise hat, so bleiben die massenhaft abgerissenen und nun von Meeresströmungen in den Golfwirbel des Atlantischen Ozeans ge¬ führten, abgerissenen Stücke doch noch lange am Leben. Das Sargassum wandert1) im Sommer aus dem Golfstrom¬ gebiet nach Südosten und überschreitet im Winter 30° nördl. Br., im Frühling 25° Br. Die Sa Stücke kommen aus dem Florida¬ strom, und zwar genauer aus dem Ursprungsgebiet im Karaibischen Mittelmeer, dessen Inseln und Küsten der Strom mit starkem Laufe bestreicht. Erfahrene Seeleute wissen, daß jeder sommer¬ liche Tropenorkan mit wütender Brandung den Tang abreißt und der Drift überantwortet. Die Stücke können schwimmend wohl ein paar Jahre Lebensdauer bewahren, da es Lebensbedingungen in sich und der Umgebung findet. »Freilich aber werden die Ernährungs¬ verhältnisse gegenüber dem Wachstum am Strande insofern un¬ günstiger sein, als der Strom die losgelösten Pflanzen mit ihrer ganzen Wasserumgebung zugleich fortführt, deren Nahrungsstoffe !) Nach Krümmel, Reisebeschreibung der Plankton-Expedition. Kiel und Leipzig 1892. 284 VII. Allochthoue Humusbildungen. sich also verringern und schließlich fast erschöpfen müssen, wenn nicht die Atmosphäre für neue Zufuhr, etwa durch salpetersäure¬ reiche Gewitterregen sorgt.« Sehr selten nur besitzt das treibende Sargassum Geschlechtsorgane. Eine Vermehrung durch Zweig¬ bildung kann ebenfalls als ausgeschlossen gelten: dazu sind die Bedingungen der Ernährung zu ungünstig. Das Endschicksal jedes treibenden Stückes ist immer dasselbe: die Bryozoen umspinnen mit ihren Kalknetzen die Schwimmblasen, die schließlich spröde werden und abbrechen, worauf die Alge versinkt. Auf dem Meeresboden bilden aber die Algen und Meeres¬ pflanzen — soweit bekannt — keinen Faulschlamm und auch Humusablagerungen kommen dort nicht vor, sondern alles zersetzt sich bald zu gasförmigen und flüssigen Produkten, offenbar auch dann, wenn partiell größere Ansammlungen auf dem Meeresboden zuwege gebracht werden sollten. Dies muß wenigstens nach O O o den bisherigen Detailbeobachtungen angenommen werden, die be¬ achtenswerte Humusbildungen bis jetzt nicht ans Tageslicht be¬ fördert haben, es handle sich denn um untergegangene Landmoore (S. 216 ff.). Die Wasserpflanzen des Meeres selbst, die ein Hauptkontin¬ gent für die Humuslager sein müßten, sind im Leben meist spezifisch leichter als Wasser und Walther (1. c. S. 678 und 853) meint daher, daß sie daher keine Lager der genannten Art im Meere bilden könnten, da sie eben gewöhnlich nicht unter¬ sinken. Dem ist entgegenzuhalten, daß wirklich abgestorbene Reste dennoch bald untergeben und daß auch die Bildung von Faulschlamm aus Algen, für die hinsichtlich ihres spezifischen Ge¬ wichtes dasselbe gilt wie für Meerespflanzen, der WALTHERschen Meinung widerspricht. Vielmehr zersetzen sich abgestorbene Meerespflanzen — und hier kommen vor allem Tange in Frage — in dem ständig bewegten Wasser schnell und leicht, so daß kein festes kohlenstoffreiches Produkt übrigbleibt1). Es fehlt im Meere die Stagnation von abgeschlossenem Wasser, die bei der Ent¬ stehung von Kaustobiolithlagern im Wasser von Wichtigkeit ist. b Vergl. auch R. v. Fischer- Benzon, Die Moore der Provinz Schleswig- Holstein 1891 S. 35. 285 VII. Allochthone Humusbildungen. Wo Stagnation statthat, da entsteht auch ein solches Lager und im Meere kann dies nur an Örtlichkeiten wie versteckteren Buchten u. dergl. verwirklicht sein. Yergl. auch Bd. I, S. 73 — 74. Tiefseegrundproben, die ich daraufhin untersuchen konnte, ergaben denn auch beim Glühen unter Luftabschluß keine Schwarz¬ oder Dunkelfärbung als Zeichen, daß organische Substanz kaum vorhanden war. Die Proben — ich verdankte sie Herrn Prof. Phi¬ lipp! von der Gauß-Expedition — waren Globigerinen-Schlamm (Station 116), Diatoineen-Scklamm (Station 45), Roter Ton (Sta¬ tion 11, aus 5317 m Tiefe) und ein marin-glaziales Sediment (Station 63, aus 2715 m Tiefe). E. Philippi beantwortet die Frage1)- Können sich organische Substanzen auf dem Boden der Tiefsee anhäufen? etwa wie folgt: Auf den ersten Blick erscheint es unbedenklich, die Frage zu bejahen, im Hinblick auf Funde von fernher stam¬ mender Pflanzen-Teile von Agassiz im Karaibischen Meere und im Stillen Ozean zwischen Kalifornien und den Galapagos. Dieser erhielt nämlich auf Dretschzügen in 1800 — 3000 m Tiefe große Massen von Zweigen, Blättern und anderen Pflanzenteilen; eine andere Frage ist es jedoch, ob es hier wirklich zur Bildung von organischen Ablagerungen kommt. Es ist sehr wohl denkbar, daß sich diese Pflanzenreste am Boden der Tiefsee zersetzen, ebenso wie auf dem Lande die abgestorbenen Pflanzenteile in vielen tro¬ pischen und auch anderen Gebieten, ohne auch nur eine Spur von organischem Sediment zu bilden. Sollte sich aber in den von Agassiz beobachteten Fällen wirklich organische Substanz am Grunde der Tiefsee anhäufen, so wird es sich doch nur um einen ganz speziellen Fall handeln, der nicht ohne weiteres auf die großen landfernen Ablagerungen der Tiefsee übertragen werden 3 O O O kann. Wenn wir absehen von dem Material, das von der Küste her verschleppt ist, so wird organische Substanz, die sich am Boden der Tiefsee ansammelt, im wesentlichen von dem in höheren Wasserschichten und speziell in der Nähe der Oberfläche treiben- x) Philippi, Über organische Ablagerungen am Grande der Tiefsee. (Na¬ turwissenschaftliche Wochenschrift. Jena, d. 13. März 1904 S. 381 — 382.) 286 VII. Alloclithone Humasbildungen. den Plankton stammen; Nekton und Benthos sind für den Aufbau der Tiefseeablagerungen ohne Bedeutung. Man wird also sagen dürfen, daß von vornherein dort die Aussichten für eine Sedimen- tierung organischer Substanz am günstigsten liegen müssen, wo das reichste Planktonleben zu beobachten ist. Man wird aber dabei im Auge behalten müssen, daß der weitaus größte Teil der absterbenden organischen Substanz wiederum zur Ernährung der planktonischen oder nektonischen Tiere dient, also gar nicht auf den Meeresboden gelangt. Immerhin mag ein, wenn auch kleiner Prozentsatz von Tier- und Pflanzenleichen den Meeresboden er¬ reichen. Auch von diesem wird noch immer ein gewisser Teil von dem Benthos der Tiefsee verarbeitet werden. Der Rest aber könnte sich dann zu organischen Ablagerungen anhäufen — wenn er nicht verweste. Ist im Meereswasser der Tiefsee noch genügend freier Sauerstoff vorhanden, um die zugeführte organische Substanz zu oxydieren, so wird nie eine Anhäufung derselben stattfinden können, mit einer Ausnahme allerdings; wenn nämlich die Sedi¬ mentablagerung anorganischer Substanzen, z. B. von Ton oder Kalk, so rasch vor sich geht, daß die niedersinkende organische Substanz rasch eingehüllt und damit der oxydierenden Wirkung des Seewassers entzogen wird. Das sauerstoffreiche Wasser der Tiefsee stammt von der Ober¬ fläche und ist dank seiner tieferen Temperatur oder dem höheren Salzgehalte allmählich zu Boden gesunken. In den Weltmeeren O O ist die Quelle des Tiefenwassers in den Polargebieten, speziell im Südpolargebiet zu suchen. Wo eine derartige absteigende Wasser¬ zirkulation fehlt, wie z. B. im Schwarzen Meere, ist der Sauerstoff des Tiefeuwassers ungenügend zur Oxydation der organischen Substanz, es findet eine Reduktion der Sulfate zu Sulfiden statt, durch welche das Tiefenwasser mit Schwefelwasserstoff impräg¬ niert wird. Theoretisch wird man also eine Anhäufung von organischer Substanz am Boden der Tiefsee dort erwarten dürfen, wo das planktonische Tier- und Pflanzenleben der Oberflächenschichten sehr reich ist und wo entweder das Tiefenwasser arm an Sauer- VII. Allochthone Humusbildungen. 287 Stoff1 ist oder dem Meeresboden sehr reichlich anorganisches Sedi¬ mentmaterial zugeführt wird. Sehen wir nun, wie sich mit diesen Forderungen die Erfahrungen der Tiefsee-Expeditionen vereinigen lassen. In seiner klassischen Bearbeitung der »Tiefseeablagerungen, welche vom Challenger erlotet wurden«, gibt John Murray an, daß sich Spuren von organischer Substanz in nahezu allen Grund¬ proben der Tiefsee fanden. In den roten Tonen und anderen rein pelagischen Sedimenten ist jedoch die Menge der organischen Substanz sehr viel geringer als in den terrigenen, wie z. B. im blauen Schlick. Jedoch kommt es auch bei den landnahen Tief¬ seeablagerungen zu keiner irgendwie nennenswerten Anreicherung von organischer Substanz, wie aus den Analysen zu ersehen ist. Wichtigere Aufschlüsse gibt uns Conrad Natterer in einer Reihe Berichte über die Chemie des östlichen Mittelmeeres, des Marmara- und des Roten Meeres. Er sagt darüber: »Man könnte erwarten — , daß im Meer ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Zerstörung organischer Substanz besteht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der unleugbare Verbrauch von freiem Sauerstoff1 in den Meerestiefen hat nicht eine entsprechende Vermehrung der Kohlensäure zur Folge, vielmehr dient dieser Sauerstoff1 haupt¬ sächlich zur Bildung von Zwischenprodukten der Oxydation or¬ ganischer Substanzen, welche Zwischenprodukte ebenso wie die sonstigen organischen Reste von Pflanzen und Tieren nur zum O O geringsten Teil in Lösung sind oder in Lösung gehen, sondern zum größten Teil auf dem Meeresgründe abgelagert werden. Es bilden also im östlichen Mittelmeere und wahrscheinlich auch in weiten Gebieten der Ozeane die Meerespflanzen eine be¬ deutend größere Menge organischer Substanzen, als gleichzeitig bis zur vollständigen Zerstörung oxydiert wird.« Zu einer besonders starken Anreicherung von organischer Substanz kommt es nach Natterer an dem unterseeischen Ab¬ hang der Küsten von Syrien und Palästina. Dadurch wird eine Reduktion der schwefelsauren Salze und Bildung von Schwefel¬ eisen hewirkt; es bilde sich aber auch, was von besonderem In¬ teresse sei, Petroleum, das in Spuren im Tiefenschlamm und in 288 VII. Allochthöne Humusbildungeß. dem darüber stehenden Wasser nachgewiesen werden konnte. Ähnlich liegen die Verhältnisse am Ausgange des Golfes von Suez, wo ebenfalls das Schlammwasser Spuren von Petroleum enthielt. Natterer meint sogar, daß das Petroleumvorkommen auf der be¬ nachbarten afrikanischen Küste (am Djebel Zeit) durch capillares Aufsteigen des im Tiefschlamme sich bildenden Petroleums zu er¬ klären wäre. In ähnlicher Weise findet sich Petroleum an der syrischen Küste bei Alexandrette in der Nähe des petroleumhal¬ tigen Meeresschlammes. (Es ist mir aber wahrscheinlich, daß das Petroleum umgekehrt aus alten Lagerstätten ins Meer geraten ist. — Potonie.) Im allgemeinen dürfte sich die Frage unter Zugrundelegung der leider noch sehr spärlichen praktischen Erfahrungen wohl da¬ hin beantworten lassen, daß organische Substanz sich wohl nie am Grunde der küstenfernen, wohl aber im Gebiete der küsten¬ nahen Tiefsee anreichern kann. Besonders bevorzugt erscheinen in dieser Hinsicht Binnenmeere, im Weltmeere die Mündungs¬ gebiete großer Ströme. Nach dem heutigen Stande unserer Kennt¬ nisse werden aber derartige submarin abgelagerte Massen von organischer Substanz eher gasförmige oder flüssige, als feste Kohlenstoffverbindungen hinterlassen. Soweit im wesentlichen Philippis Antwort, die wir nur wenig für unsere Zwecke abgeändert haben. Wir ersehen daraus, daß irgendwie bemerkenswerte Ablagerungen organischer Massen am Grunde der offenen Meere, die sich auch nur von fern z. B. mit werdenden Steinkohlen-Ablagerungen vergleichen ließen, nicht vor¬ handen sind. 2. Sekundär-allochthone Flözdrift. Ebenso wie alle Gesteinsprodukte — sofern sie nur durch Wasser transportfähig sind — kann natürlich auch Humus, re¬ zenter oder fossiler, vom Wasser aufgearbeitet und nach einem Transport wieder abgesetzt werden. Findet eine solche Umlage¬ rung mit Torf statt, so sprechen wir von seku n där-alloch- th onem Torf. Synonyme dafür sind: Schlämmtorf1), Schlemm- b Früh, Torf und Dopplerit, 1883 S. 38. VIT. Allochthone Humusbildungen. 289 torf1), Mu ddetorf2), Torf-Detritus oder Moor-Schlamm und Häcksel-Torf3). Er ist oft sehr homogen aufgearbeitet, hat (im Gegensatz zu den autochthonen Torfen) wenig Zusammenhang und enthält zu¬ weilen viele eingeschwemmte Holzstücke, auch ganze Stämme. Zuerst ist er naturgemäß sehr wäßrig, fließend4). Der sekundär- allochthone Torf ist daran leicht zu erkennen, das er sich, in Wasser getan, meist leicht in feinen Torfdetritus zerlegen läßt, namentlich nach längerem Stehen in dem Wasser. Andere solche Torfe enthalten, wie gesagt, gröbere Pflanzenteile und sie sind dann leicht mit Bildungen zu verwechseln, die durch Drift noch nicht humoser Teile entstanden sind; natürlich kann ein primär-allochthoner Torf aber solche Teile enthalten. Daß sekundär-allochthoner Torf mit anderen Materialien wie Sand- und Ton-Sedimenten vermischt auftreten kann, ist selbst¬ verständlich. Geht die Vermischung so weit, daß nur einzelne Elemente des Torfes dem Gestein beigemengt sind, so erscheinen diese wie Stranddrift-Häcksel. Man darf demnach nicht in jedem Falle bei Vorhandensein von gleichmäßigem Häcksel in einem Ton O ö oder Sand eine Stranddrift annehmen. Die Separation der feineren von den gröberen und der ihrem spezifischen Gewicht nach verschiedenen Elemente ist beim sekundär-allochthonen Torf naturgemäß ebenso zu beobachten wie beim primär-allochthonen Torf. Auf den Fall des Zusammen-Vorkommens von sekundär¬ all o c h t h o n e m H u m u s mit au to c h t h o n e n P f la n z e n ist beson¬ ders aufmerksam zu machen. So fangen bei uns die am Wasser stehenden Schilfdickichte eventuell reichlich angeschwemmte Pflan¬ zenteile und bereits fertige Humusbildungen auf und halten sie fest, wodurch, eine Vermischung von authoehthonem und Drift- Material zuwege kommt. Ganz rezente Humusablagerungen werden überhaupt nicht selten ß Sitexski, Torfmoore Böhmens, 1891 S. 189 und 191. 2) Weber, Augstumal 1902, S. 206, 1904 S. 7. 3) Früh, Moore der Schweiz, 1904 S. 245. 4) Weber, Augstumal 1902 S. 220. Neue Folge. Heft 55. III. 19 290 VII. Allochthone Humusbildungen. durch Wasser verschleppt. Wo die Gewässer des Vorlandes des Usambara-Gebirges in Deutsch-Ost- Afrika — sagt z. B. Ad.Engler1) — »von den bewaldeten Gebirgen herunterkommen und fortdauernd humose Bestandteile herabführen, da hat sich schwarzer Alluvial¬ boden gebildet.« In den Tropen ist bei den starken Regen die Verschwemmung von Humus eine generelle Erscheinung. F. Wohltmann sagt diesbezüglich2): Es »pflegen die ungeheuer hef¬ tigen und oft auch lang anhaltenden Niederschläge, welche in einer o O 0 7 Minute 1 — 2 mm Wasser und darüber zu liefern imstande sind, dazu beitragen, daß in den Tropen die in der Vermoderung be¬ griffenen organischen Substanzen ihrem ursprünglichen Lagerungs¬ orte bald entführt werden und keine tiefe schichtmäßige Ablage- rung erfahren. Nur da, wo der Boden durch dichten, undurch¬ dringlichen Urwald geschützt wird und namentlich langsam und schwer vermodernde Baumfarne die niedere Vegetation bilden, oder wo eine flache, horizontale Lage des Bodens den Gewässern einen schnellen Abzug versagt, pflegen unter Umständen Humus¬ bildungen vor sich zu gehen; nicht minder auch dort, wo äolisch fortbewegte Staubmassen die Vegetationsdecken der Steppen und Prärien alljährlich zur Trockenzeit ersticken und einbetten. Im übrigen reißen die mächtigen, abfließenden Regenmassen die locker gelagerten vermodernden Substanzen mit sich fort. Wer einmal o O die Wässer des Kongo gesehen, dem wird nie die kaffeebraune Färbung desselben aus der Erinnerung schwinden, welche meilen¬ weit ins Meer hinaus dem Schiffer die Nähe dieses gewaltigen Stromes verrät und bei der Menge der fortgeführten organischen Substanzen dereinst ein meilenweit ins Meer sich vorschiebendes Delta verspricht. Jene geradezu auffällige Menge braunfärbender organischer Substanz — wie sie übrigens auch in anderen west¬ afrikanischen Flüssen anzutreffen ist — entstammt dem mittleren und oberen Lauf des Kongo und der großen Zahl seiner gleichfalls zumeist braun gefärbten Nebenflüsse, die sich im weiten Kongo- l) Engler, Vegetationsformationen Ost-Afrikas (Zeitschr. d. Ges. für Erd¬ kunde. Berlin 1903 S. 399). s) Wohltmann, Handbuch der Trop. Agrikultur. I. Die natürlichen Faktoren der Tropischen Agrikultur. Leipzig 1892. VII. Allochthone Humusbildungen. 291 becken sammeln«1). Stets wird man in den Tropenländern be¬ merken, daß die Flüsse, zumal zur Regenzeit, eine außerordentlich schmutzige bis dunkelbraune Färbung besitzen, eine Folge der Fortspülung und Auswaschung organischer Substanzen, nachdem die Atmosphärilien, von tierischen und pflanzlichen Zerstörern unterstützt, den Zersetzungsprozeß einer üppigen Vegetation ein¬ geleitet. Im Kleinen kann man die Driftung von Moder in unseren Wäldern — namentlich nach stärkeren Regengüssen (z. B. auch im Grunewald bei Berlin) — natürlich dann besonders gut beob¬ achten, wenn es sich um welliges Terrain handelt. Mächtigere Ablagerungen der angegebenen Entstehung haben wir schon Bd. II S. 70 — 76 bei Besprechung des Alp enm oders kennen gelernt; niemals aber sind sie in ihrer Ausdehnung und Häufigkeit auch nur entfernt mit Moortorf- Ablagerungen (Mooren) zu vergleichen, wenn auch gelegentlich der verschwemmte Humus in alluvialen Ablagerungen namentlich großer tropischer Ströme (vergl. unter Tropenmoore S. 189) sich in Lagern vorfindet. Moor-Ausbrüche und -Rutschungen. Von dem Transport in fließendem Wasser sind die Erschei¬ nungen wie die Moorausbrüche u. dergl., bei denen allerdings das Wasser ebenfalls eine Rolle mitspielt, zu unterscheiden. Bei diesen Vorgängen haben wir es ebenfalls mit Umlage¬ rungen bereits vorhandener Humusbänke zu tun, so daß die neu¬ gebildeten solche an zweiter Lagerstätte sind. Dieser Vorgang ist naturgemäß nur mit Humuslagern möglich, die sich noch im wei¬ chen Zustande befinden, noch nicht verfestigt sind. Jakob Früh2) berichtet von über 30 Fällen von »Mooraus¬ brüchen«, die übrigens in Irland eine gewöhnliche und sehr alt- J) Vergl. hierzu Wissmann, Meine zweite Durchquerung Aquatorialafrikas, Frankfurt a. 0. 1890. Anhang 3. Profile der Wasseradern des Kassaigebietes. 2) Früh, Über Moorausbrüche. (Vierteljahrsschrift der Naturf. Ges. in Zürich 1898, 42. Jahrg. S. 202 ff.) Auch Früh u. Schröter, Moore der Schweiz 1904 S. 184. 19* 292 Vif. Alloehthone Humusbildungen. bekannte Erscheinung sind *). Sie sind gleitend sich bewegende Massen (»Schlipfe«), also Rutschungen, oder fließende Massen (»Murgänge«)* 2) zuweilen sehr dünnflüssiger Natur und zwar von Hochmooren. Die besonders nach nassen Tagen, wenn große auf¬ genommene Wassermassen einen riesigen Druck auf die unteren Torfschichten ausüben, erfolgenden Ausbrüche finden gelegentlich am tiefer liegenden Ende der Moore statt, dort wo häufig eine natürliche Entwässerung stattfindet. Diese Moorströme können sich, alles verwüstend, weit ins Land ergießen und, wenn sie einen See oder das Meer erreichen, dort unter dem Wasser Humus¬ ablagerungen bedingen. Rutschungen von Humus- also auch Moorpartien kommen auch an Steilküsten vor, die oben eine Moor- usw. Bedeckung tragen. Man kann dann gelegentlich beobachten, daß ganze Moor¬ stücke herabrutschen, nachdem die Brandungswellen durch hin¬ reichende L^nterspülung vorgearbeitet haben. Julius Schumann hat seinerzeit für die untergegangenen Wälder an der Ostseeküste die folgende Beschreibung geliefert3), die auch für manche Fälle zutrifft: »Ist die Düne mit Wald bestanden, und durch eine Grasnarbe gegen das Weiterrücken gestützt, so müssen zuerst Abfälle ent¬ stehen, dann Senkungen und Rutsche, die so langsam erfolgt sein mögen, daß der Wald sich mehrfach erneuern konnte. So sind bewaldete Strecken mit senkrecht stehenden Bäumen bis an die Uferlinie und endlich beim weiteren Vorrücken der See bis unter die Wellen geraten.« Bei uns in Deutschland werden wohl an passenden Stellen gelegentlich auch Moorausbrüche stattgefunden haben. Ein Reißen von Moorstrecken kommt auch heute noch hier und anderweitig; vor. !) Vergl. u. a. z. ß. auch Hunter in dem Magazine Natural History, Mai 1836 (Referat in Poqgendorf’s Annal. 1836 S. 515), ferner von Hoff, Geschichte der durch Uberlief, nachgewiesenen natürl. Veränderungen der Erdoberfläche. III. Teil 1834 S. 31. 2) Nach Früh, Moore der Schweiz, 1904, S. 182 ist Mur und Moor das¬ selbe Wort. 3) Schumann, Ein Wald unter dem Walde: 1859. In »Geologische Wan¬ derungen durch Altpreußen.« Gesammelte Aufsätze. Königsberg 1869 S. 29. VII. Allochthone HumusbildungeD. 293 »Die mit dem Auseinandergleiten der Masse verbundene Ober¬ flächenvergrößerung — sagt C. A. Weber (Zeitschrift der Deut. Geolog. Gesell. 1910 S. 149 — 150) — äußert sich gewöhnlich in der Weise, daß man über das Moor parallel mit den Rändern laufende, meist etwas unregelmäßig gestaltete nasse Schlenken sich ziehen sieht, die den Hauptreißlinien entsprechen.« Sehr schöne Ri sse dieser Art habe ich an dem nach dem Kurischen Haff* zu¬ gewendeten Teil des Hochmoores bei Agilla beobachtet. Durch den randlichen Torfabbau der Torfstreu- usw. Fabrik reißt dort das Moor regelmäßig in mehr oder minder parallelen Streifen ein und die Lücken füllen sich mit Wasser. Streckenweise ist hier das Moor dadurch gänzlich unbegehbar geworden. Ablagerungen durch Vermittelung des Windes. Daß der Wind leichte Pflanzenreste weit zu transportieren vermag und mit Staub mikroskopische Organismen außerordentlich große Entfernungen zurücklegen, ist lange bekannt. Hierher würde auch der sogenannte »Schwefelregen« gehören, von dem in Bd. I S. 90 die Rede war; er trägt seinen Namen von der meist hell¬ gelben Farbe des Pollens der in Betracht kommenden Wind- blütl er. Auffallendere Erscheinungen derart sind mehrfach in der Literatur registriert worden. Ehrenberg berichtet z. B.1) von »Meteorpapier« (vergl. Bd. I S. 142), das 1686 in Kurland mit Schneegestöber aus der Atmosphäre herabgefallen war. Primär - allochthone Wehen. — Der Transport von Kaustobiolith bildenden Teilen durch die Luft kommt schon in Frage bei der Erzeugung der Streudecke. Die von den Bäumen und Sträuchern abfallenden Blätter, Zweige, Früchte und Samen sowie umgefallene und sonst absterbende Pflanzen unterliegen einer mehr oder minder weiten Luftwanderung, bevor sie die Streudecke vermehren helfen. Es kommen zur Bildung derselben aber noch hinzu die Elemente der Bodenflora und tierische Reste. 9 Ehrenberg, Bericht über die von Herrn Göfpert eingesandte natürliche papierartige Masse aus Schlesien von 1736. (Verhandl. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1S41 S. 225 — 227.) 294 VII. Alloehthone HumusbilduDgen. Gelegentlich können pflanzliche Teile in großen Mengen sich zu Ablagerungen anhäufen, wenn sie durch den Wind an be¬ stimmte, geschützte Stellen zusammengetragen werden, insbeson¬ dere ist das bei Laubblättern zu beobachten und man spricht dann von Laub wehen. Wie Eisenbahnzüge im Schnee stecken bleiben können, so kann das auch gelegentlich einmal durch mächtige Laubwehen geschehen. Das ist im Herbst 1908 sogar bei uns auf der Strecke von Kottbus nach Weißwasser der Fall gewesen. Je nach den Bedingungen, welche die Orte bieten, wohin das ver¬ wehte Pflanzenmaterial gelangt ist, kann es natürlich nachher doch noch vollständig wieder verschwinden oder zu einem Kaustobiolith werden. Freilich wird man einen Unterschied zwischen der Genesis des Moders und Trockentorfs einerseits und des Moortorfs an¬ dererseits in manchen Fällen namentlich dann nicht mehr sta¬ tuieren können, wenn z. B. Trockentorf nur von einem niedrigen Pflanzenbestand ausgeht wie der Heidetrockentorf (Heide-Roh¬ humus). Anders ist es, wenn die durch die Luft transportierten Pflanzen¬ teile ins Wasser geraten, hier schließlich meist als »Nahedrift« untersinken und unter Wasser Humusansammlungen bedingen oder bereits durch Wasserpflanzen und -Tiere gebildete Faulschlamm¬ bildungen vermehren helfen. Se kundär-allochthon e Wehen. -—Besonders bemerkens¬ wert und lange bekannt sind die Humus wehen, d. h. vom Winde aufgenommener Humusstaub. Meist wird es sich bei solchen Ab¬ sätzen um die Entstehung einer Moderablagerung handeln, da auch der aus Torf hervorgegangene Staub (vergl. Bd. I S. 69) zum Moder zu rechnen ist. Es wird sich also meistens um Moderwehen han¬ deln (gewöhnlich als Mull wehen bezeichnet, ein Ausdruck, der aber nunmehr zu verlassen ist, da Mull jetzt eine andere Definition erhal¬ ten hat (vergl. Bd.II S. 52). Schon 1794 schildert James Anderson1) die mit Erosionsfurchen versehenen Moore von Aberdeenshire in Hochschottland, über denen inan bereits aus der Ferne die großen 9 Nach Früh, Moor-Ausbrüche 1898 S. 235. VII. Allochthone Humusbildungen. 295 Wolken von »Staubtorf« erkennen kann, die der Wind auf¬ geblasen bat. Aus Lappland hat Kihlmann1) Humuswehen be¬ schrieben, wo durch Frost aufgelockerter und ausgetrockneter Moorboden vom Winde transportiert und dann zu Dünen aufge¬ häuft wird. Bei uns sind die künstlichen Entwässerungen eine Bedingung zur Erzeugung von Humuswehen, namentlich wenn die absterbende Vegetation und ein starkes Austrocknen der Ober¬ fläche den Torfboden an die Oberfläche bringt. Die schwarze Farbe des Torfes ist bei Sonnenschein sehr geeignet, ihn stark zu erwärmen und trocknet ihn dementsprechend scharf aus, indem er dann zu Pulver zerfällt. Man kann das auch in Braunkohlen- Tagebauen beobachten mit dem so lästigen Braunkohlenstaub. Bei uns hat man auffälligere Humuswehen nach seiner Ent¬ wässerung auf dem etwa 24 km laugen und 2,5 bis 6 km breiten Wietingsmoor, einem Hochmoor im Regierungsbezirk Hannover, beobachten können, wo nach F. Brügmann2) hauptsächlich durch die gar zu starke Ausnutzung der toten Hochmoorfläche als Weide für die Heidschnucken für die Kultur sehr störende Humuswehen die Folge waren. »Die Nachbargrundstücke wurden gefährdet, auf einer Neubauerei bei Ströhen drang der Moorstaub schon in die Wohnräume und überlagerte die Ackerländerei; die Lände¬ reien einer früheren Windmühle . sind noch heute mit Moorstaub überlagert, die Gebäude abgerissen.« Ich selbst kenne Humuswehen u. a. besonders von einer stärker entwässerten und ebenfalls durch zu starke Weide der Vegetation fast beraubten Fläche auf dem südlichen Teil des Hochmoores nördlich von Triangel. Auch das Kahlschälen (der »PJaggenhieb«) befördert natür¬ lich die Erscheinung, ebenso das Abbrennen von Moorflächen. Es sei auch hier auf den Pseudo-Kryokonit auf Schnee- und Eisfeldern der Alpen (auch auf den Rocky mountains in Ka- 1) Kihlmann, Pflanzenbiologisclie Studien in Russ.-Lappland 18S9 — 1890 S. 128. 2) Yergl. Brügmann, »Die landwirtschaftl. Kulturen im Wietingsmoor« und »Die Deckung der Sand- und Mull wehen im Wietingsmoore« (Mitt. des Vereins zur Förder. d. Moorkultur i. Deutsch. Reiche. Herausgegeb. v. Grahl, Berlin 1891 Nr. 10 S 161—171 und Nr. 11 S. 186—189.) 296 VIT. Allochthone Humusbilduogen. nada sah ich dasselbe) hingewiesen, von dem Bd. I S. 238 die Rede war, und zwar nach einem Referat in der früheren Zeit¬ schrift »Humboldt« (1888). »Das oberbayerische Bauernsprichwort: »der Schnee düngt«, welches hauptsächlich auf die Alpenwiesen angewandt wird, illustriert die Tatsache, daß die eben vom Winter¬ schnee befreiten Rasenflächen ein besonders üppiges Wachstum zeigen. In der Tat liefert Gebirgsschnee, welcher nicht einmal alt zu sein braucht, nach dem Schmelzen einen dunklen Rück¬ stand, der bis zu 50 v. H. und mehr aus organischen Resten — Bruchstücken von Föhrennadeln, Alpenrosenblättern, Rinde, Harz, Holz, Bast, Moos, Algen, Pilzen, Pollen, Samen, Haaren, Käfer¬ flügeln usw. besteht. Daß ein kleiner Firnfleck von 1000 cbm Inhalt, der in 1800 — 2200 m Höhe liegt, beim Abschmelzen in der Regel mehr als 1 kg trocknen Niederschlags mit 25 und mehr Prozent organischer Substanz liefert, kann nach Ratzel (Mitt. d. deutsch, u. österr. Alpenvereins 1887) für bewiesen gelten. Die unorganischen Substanzen des Rückstandes (in einzelnen Fällen nur 20 v. H.) enthalten bis 32,4 v. H. Eisenoxyd, oft auch Oxydul. Die organischen Bestandteile sind zum weitaus größten Teil durch aufsteigende Luftströme zugeführt, vom Schnee aber festgehalten und vor weiterer Verwehung geschützt worden. Sicher nicht zu übersehen sind die organischen Massen, welche durch die oft Meilen von Firnfeldern bedeckende und tief in den Firn dringende Alpen¬ vegetation des Protococcus nivalis (roter Schnee) erzeugt werden, ebensowenig die Reste der oft zahllos auftretenden Gletscherflöhe. Die Reste der nach oben geführten Insekten bilden stellenweise eine Hauptnahrung der Schneedohlen. Schulz fand auf dem Eise kaum einen Quadratzoll, auf welchem nicht mehrere Mücken und Fliegen zu sehen gewesen wären. Schnee, der ein Jahr liegt, zeigt diese fremden Beimengungen in der schon von ferne wahr¬ nehmbaren schmutzigen Farbe. Die gröberen Elemente des Schmutzes bleiben an der Oberfläche liegen, die feinsten sickern mit dem Schmelzwasser durch den Schnee durch und setzen sich an dessen Unterseite als höchst zarter, samtartig sich anfühlender VII. Allochthone Humusbildungen. 297 Schlamm ab. In starker Schmelzung befindliche, unten hohl lie¬ gende Firnmassen lassen so viel Schlamm nach unten gelangen, daß sich dichtgedrängte Wülstchen bilden, welche an Kothäufchen der Regenwürmer erinnern und gegen 75 v. H. organische Sub¬ stanz enthalten. Wo ein Firnfleck dem bewachsenen Boden un¬ mittelbar aufliegt, legt sich das Schneesediment diesem dicht an und bereichert ihn mit fein zerteilten Massen, die einen über die gewöhnliche Zusammensetzung des Humusbodens hinausgehenden Anteil organischer Stoffe enthalten. Das Hinaufreichen der Vege¬ tation in den Hochgebirgen schneereicher Gebiete, wie unsere Alpen, die Kahlheit der höheren Teile des Apennin, der südlichen Sierra Nevada Kaliforniens, des Libanon und ähnlicher an dau¬ ernden Schneelagen armer Gebirge, auf denen die feinen staub¬ artigen Massen nicht oder viel schwerer Boden fassen, ist durch die humusbildende Tätigkeit der Schnee- und Firnlager zu er¬ klären. Der Reichtum an Humuserde, welchen unsere Alpen in Regionen aufweisen, wo kaum ein grünes Hälmchen mehr zu er¬ blicken ist, gehört zu den merkwürdigsten Erscheinungen. Die gewöhnliche Wiesenerde der Alpenmatten enthält 16 — 20 v. H., der fette, schwarze, an fettesten Moorgrund erinnernde Boden in der oberen Legföhrenregion und auf den Graslehnen stellenweise über 60 v. H. organische Substanz. Der Moorcharakter der Hochge¬ birgsflora wird bei solcher Zusammensetzung des Bodens verständ¬ lich.« (D.) Bei den Humuswehen handelt es sich also um die bloße nach¬ trägliche, durch den Wind besorgte Aufarbeitung von bereits vor¬ gebildetem Humus, der dann zu Dünen angehäuft werden kann. Wo ein nachträglicher Abschluß vor der Luft stattfindet, vermag sich wohl einmal davon etwas dauernd zu erhalten; aber irgend eine hervorragendere Rolle spielen die Wehen oder daraus ent¬ standene Ablagerungen nicht. In ruhiges Wasser geraten mag * eingeblasener Humusstaub sich öfter dauernd erhalten, dann ge¬ wöhnlich vermischt mit Sapropel. 298 VII. Allochthone Humusbildungen. Lufttransport kommt also in Frage bei der Bildung von Humus an 1. Lagerstätte und zwar entsteht auf dem Trocknen Streudeckenmaterial, das entweder , wenn das Material ins Wasser gerät, primär- allochthoner Torf. von Humus an 2. Lagerstätte: Humus-Dünen, Pseudo-Kryokonit u. dergl. Moder1) od. Trocken¬ torf l) erzeugen kann. Die Frage, inwiefern durch Drift — die so gern und so oft zur Erklärung der fossilen Humuslager herangezogen wurde — heute dauerndere Humuslager erzeugt werden, beantwortet sich nach dem Vorausgehenden dahin, daß die Ausbeute recht schwach ist: wie untergeordnet erscheinen z. B. die doch immerhin be¬ merkenswerten Driftablagerungen des Mississippi in seinem Delta gegenüber den großen Waldmooren (den Cypress-Swamps) an diesem mächtigen Strom, von denen wir Bd. II S. 243, 264, 275 und 303 geredet haben. *) Es ist wohl zu beachten, daß besonders Moder aber auch Trockentorf außerdem auch die Reste der Bodenorganismen enthalten (vergl. Bd. II S. 68 u. 79). Liptobiolithe. Die Stoffe, aus denen die zu den Liptobiolithen zu zählenden Kaustobiolithe bestehen, sind schwer verweslich. Bei hinreichen¬ der Produktion durch die Pflanzen bleiben sie leicht nach der voll¬ ständigen Verwesung der übrigen Bestandteile zurück. Aus einer sehr stark harz-, wachsharz- und wachshaltigen Flora können daher die genannten Produkte als Gesteine bezw. Minerale zu¬ rückgelassen werden, daher der Name Liptobiolith (vom griechi¬ schen leiptos, latinisiert liptos = zurückgelassen und Biolith). In der 1. Auflage S. 80 hatte ich die Kaustobiolithe dieser Gruppe als Pyromonimite bezeichnet (vom griechischen pyros das Feuer und monimos bleibend oder ausdauernd); da aber dieser Terminus nicht recht gefiel, überdies mißverständlich ist, so habe ich im Protokoll über die Versammlung der Geologischen Landesanstalten der Deutschen Bundesstaaten (verhandelt Eisenach d. 24. Sept. 1906) den Namen Liptobiolith vorgeschlagen, um so mehr als mir diesbezüglich von den Anwesenden freie Hand gelassen worden war. Außer den Resiniten (vom lateinischen resina das Harz) und C er eiten (von cereus wächsern, wachsartig [Cerit ist jedoch bekanntlich ein Cer-Mineral]) als Zersetzungs-Residuen sollen auch die Gesteine und Mineralien als Liptobiolithe gelten, die trotz größeren Gehaltes an Wachsen oder Fetten keine Sapropelite sind. Die Liptobiolithe verlangen gebieterisch eine Trennung von den Humus- und Sapropel-Bildungen: Gesteine resp. Mineralien wie die rezenten und subfossilen Kopal, Denhardtit und die tertiären Pyropissit, Bernstein1) u. dergl. können weder bei 9 Mit Rücksicht darauf, daß der Bernstein gelegentlich auch gelber Amber (gelbe Ambra) heißt, sei hier auch der rezente Amber, die Ambra schlechtweg erwähnt, auch graue Ambra (orientalischer Ag- oder Agt¬ stein) genannt. Ambra findet sich bei dem geringen spezifischen Gewicht des Materials schwimmend in tropischen Meeren in Stücken bis rund 50 kg Gewicht, sehr viel häufiger aber in kleineren. Es besteht aus einem Fett mit einem äthe¬ rischen Öl und ist ein Produkt des Pottwals ( Physeter macrocephalus). 300 Liptobiolithe. den Humus -Gesteinen, noch bei den Sapropeliten untergebracht werden. Naturgemäß gibt es aber, je nachdem die übrigen kaustobio- lithischen Bestandteile mehr oder minder weit durch Verwesung verschwunden sind, alle nur denkbaren Übergänge zwischen den Liptobiolithen und den Humus-Gesteinen. Zu diesen Übergängen gehört u. a. das »Kerzenholz« (Candle-wood der Engländer): ein Holz, das sich gelegentlich im Moortorf findet und so ungemein harzhaltig ist, daß es wie eine Fackel brennt oder auch wie bei Harzhölzern aus der Tertiärformation wie Siegellack beim Brennen tropft. Es ist eine bekannte Erscheinung, daß nach dem Fällen oder Abbrechen von Baumstämmen die in der Erde zurückbleibenden Stümpfe harzführender Bäume leicht »verkienen«, also besonders zur Harzproduktion geneigt sind, da der Harzfluß in physiologischer Hinsicht ein Wund Verschluß ist. Solche Verhältnisse können Harzholz schaffen, das auch subfossil natürlich gelegentlich durch das Alter verändertes Harz als besonderes Mineral enthalten kann. Ein solches Harz ist z. B. der Fichtelit (zuerst im Fichtelge¬ birge gefunden) (Bromeis) in subfossilem (aus Mooren stammendem) Nadelholz ( Pinus montona , silvestris und Picea excelsa). Zwischen Rinde und Holz und den Rindenschuppen von Nadelhölzern (Fichte und Kiefer), die Hartig1) im Hochmoortorf des Harzes fand, beobachtete er »Schererit« »in schönen wasserklaren, denen des Gipses ähnlichen Krystallen.« Schererit, Hartit, Fich¬ telit usw. sind vielleicht nur verschiedene Zustände eines Harzes, das ursprünglich vielleicht so ziemlich dasselbe war. Eine interessante Mitteilung über ein in Brasilien technisch verwendetes Harzholz erhielt ich von Herrn Dr. Georg L atter¬ mann im Dezember 1910. Er schreibt: »Im Hochland von Parana, der Heimat der Araucaria brasi- liensis , finden sich im Urwaldboden verstreut zahlreich Holzknorren von der Form einer Zuckerrübe, die hartnäckig der Verwitterung 9 J. Hartig, Über Braunkohlen-Hölzer (Ber. Naturw. Ver. des Harzes für 1847/1848) S. 5-6. Liptobiolithe. 301 widerstehen. Es sind Überreste alter Araukarienstämme, die vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten zusammenbrachen, vermoderten und außer Humus nur die harzigen Astzapfen, d. h. den Teil des Astes, der im Stamm steckt, zurückließen. Diese »Lipto-Biolithe« sind das begehrteste Heizmaterial Paranas. Man bevorzugt sie für Lokomotiv- und Kaminfeuerung, weil sie einen hohen Heiz- wert haben, mit einer stetigen, nur wenig rußenden Flamme brennen und keine Feuchtigkeit aufnehmen. Als Zeugen einer vergangenen Zeit sind sie wertvoll, weil sie gelegentlich Kunde von dem Vorhandensein außergewöhnlich großer Exemplare der Araukarie geben, wie man sie jetzt nicht mehr findet. W o die Araukarie heutzutage wälderbildend auftritt, erreicht sie 20 — 30 m Höhe und, 1 m über der Wurzel gemessen, einen Durchmesser von 0,80 — 1,20 m. Ihr Stamm ist schlank und ge¬ rade wie der einer Edeltanne. Auffällig ist, daß bei alten Exem¬ plaren die untere Hälfte des Stammes nicht nur äußerlich, sondern auch im Innern astrein ist, so daß man aus dem Holz Bretter von mehreren Metern Länge spalten kann. Die Äste drängen sich auf dem oberen Teil zusammen, und hier machen die Astknoten nicht selten mehr als die Hälfte der ganzen Holzsubstanz aus. Das größte bekannte Exemplar dieser Lipto-Biolithe ist im Besitz des Coronel Telemaco Borba in Tibagy. Es mißt 1,60 m und entspricht einem Stamm von 4 m unterem Durchmesser. Ein Astzapfen von 0,75 m Länge befindet sich im Stationsgebäude von Ponta Grossa.« Herr Dr. Lattermann hat mir freundlichst einige Exemplare der beschriebenen Bildungen übergeben. Es handelt sich um das, was aus Mooren unter dem Namen Wetzikonstäbe beschrieben worden war. Ich gebe in Figur 56 oben einen solchen Stab aus einem Torflager in der Lüneburger Heide (solche Wetzikonstäbe sind in Mooren Norddeutschlands gar nicht selten), darunter eines der Ob¬ jekte aus Brasilien. Um Schröter zu zitieren, der eine ausführ¬ liche Arbeit über die Wetzikonstäbe geschrieben hat, seien seine Worte hierhergesetzt: »Die Wetzikonstäbe sind eingewachsen ge¬ wesene, aus dem Stamm herausgewitterte Aststücke von Fichte und Kiefer, die Zuspitzung entspricht der natürlichen Verjüngung 302 Liptobiolithe. des Astansatzes«1). Unsere brasilianischen Stücke sind also Arau- caria-y> Wetzikonstäbe«. Wetzikonstäbe sind immer besonders harz¬ reich. Die Gründe hierfür ergeben sich aus dem S. 199 der 5. Auflage meiner »Entstehung der Steinkohle« Gesagten. Denn sind die Wetzikonstäbe die im Stamm einsitzenden untersten Teile abgebrochener Äste, so findet an der Bruchstelle und der dazu gehörigen Partie im Innern des Stammes ein Wundverschluß durch Harz resp. eine Verharzung statt. Figur 56. Wetzikonst'abe. Oben von der Kiefer aus einem Torflager der Lüneburger Heide, unten von Araucaria aus Brasilien. V3 der nat. Gr. Von weiteren Übergangs-Bildungen sind namentlich diejenigen zu den Torfen und zum Moder zu nennen, die dann als Resinit- 9 Vergl. das ausführliche Referat Heierli s in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift vom 25. Okt. 1896 S. 516 — 518. Liptobiolithe. 303 (Harz-torfe einiger Autoren) und Cereit-Torfe resp. -Moder gekennzeichnet werden können. F. Senft1) sagt, daß der sich unter dem Einfluß der Luft zersetzende Hochmoortorf »eine pulverige, braunschwarze, viel Wachsharz haltige Humuserde« bilde. Vergl. hierzu meine Auseinandersetzung in Bd. I (Sapropelite) S. 112, in der ich auf die Tendenz der Sphagnetum-Torfe hinweise, Lipto¬ biolithe zu werden. Bei der schweren Zersetzlichkeit des Harz- und Wachs-haltigen Humus, des » Harzhumus«, bezeichnet man ihn auch in der Praxis als tauben oder ko h liefen Humus (Senft 1862 S. 32). Pflanzenteile, die harzhaltig sind, zersetzen sich dementsprechend ebenfalls schwerer und langsamer als solche, die des Harzes entbehren, so verwesen Nadeln von harzführenden Nadelhölzern schwerer als das Laub harzloser Laubpflanzen. Man sieht daher oft bei uns in Waldungen, die teils mit Laubholz, teils mit Fichten bestanden sind, auf dem Boden mit Fichten mehr in Zersetzung begriffene Streu als auf den Strecken mit wesentlich harzlosen Pflanzen und das (harzfreie) Erlenholz, das sich in Torf¬ lagern erhalten hat, ist mit dem Spaten leicht zu durchschneiden, ja sogar oft in der Hand wie ein Badeschwamm zusammendrückbar, während das (harzhaltige) Kiefernholz sich viel besser erhalten hat und dem Spaten vollkommenen Widerstand leistet. Wo nasse Perioden mit stärkeren Trockenperioden abwechseln, da wird die jeweilig oberste Torflage, die dieser Trockenperiode entspricht, eine Harzanreicherung aufweisen. So mögen in der im all- gemeinen autochthonen Kohle des Altenburg-Zeitz- Weißenfelser Oligocän-Braunkohlenrevieres die helleren Lagen pyropissitischer Braunkohle entstanden sein, die mit dunkelbraunen Kohlenlagen ab¬ wechseln. Man kann sich auch in Anlehnung an heutige Verhält¬ nisse vorstellen, daß die harzhaltige Flora jeweilig zugenommen hat. Harzsand ist die »Stauberde« C. Grebe s 2) (1887). Er beschreibt sie als lockeres Sandgehäufe von hellgrauer Farbe, das vom Wasser nicht genetzt wird. Er fand in einer Probe 1,09 9 Senft, Die Humus-, Marsch-, Torf- und Limonitbildungen. Leipzig 1362 S. 110. 2) Bei DXzel 1795 S. I ist jedoch der Torf eine »mit einem Öl und sauren Geist gemischte »Stauberde.« 304 Liptobiolithe. 0/o Humussubstanz und 0,27 °/o Harz, in einem anderen Falle 0,61 O/o Harz (d. h. im Liter etwa 90 g). Ein solcher Sand kann das Produkt von Coniferenwäldern sein. Davon ist natürlich der Harzsand der Bernsteinküste zu unterscheiden, der durch hin¬ eingedriftete viele Bernsteinpartikelchen und Bernsteinpulver zu¬ stande kommt. Öle, Fette, Wachse und Harze gehören zu den H- und C-reichen und O-armen Verbindungen. Hinsichtlich der Produkte der trockenen Destillation verhalten sich die Liptobiolithe daher ähnlich dem Sapropel (vergl. Bd. I S. 122). Beim Verbrennen unter Luftabschluß im Platintiegel rußen die harzigen Liptobiolithe stärker als das Sapropel. Von rezenten oder subfossilen Liptobiolithen sind außer den genannten die folgenden durch größeres Vorkommen bemerkenswert. Kopale. — Kopale sind Pflanzen -Harze von tropischen Bäumen (besonders Trachylobium , auch Copaifera und Cynometra) ; als Kaustobiolithe können die Kopale nur gelten, wenn sie gegraben werden, subfossil sind, und diese unterscheiden sich denn auch von den ganz rezenten, vom lebenden Baum geernteten wesentlich durch die Veränderung, die mit ihnen im Laufe der Zeit vorge¬ gangen ist: es sind das die harten Kopale des Handels. Wo sie gefunden werden — etwa durch Bedeckung vermittels des Windes oder durch grabende Tiere oder durch Bedeckung mit Humus in den Boden geraten — , ist meist von der Herkunftspflanze sonst nichts mehr zu sehen resp. zu erkennen, da alles andere ver¬ west ist. Denhardtit. — Denhardtit (benannt von mir1) zu Ehren der Gebrüder Clemens und Gustav Denhardt) ist ein fast weißer hellgelber Stoff, der sich in einer rezenten oder besser subfossilen Ansammlung vorfand und zwar in dem Sultanate Wito (Britisches Protektoratsgebiet in Ostafrika) in den Ufern des Flusses Tana in dessen Mittelläufe. — »Der Fluß hatte dort die aus rotem Lehm bestehenden, 3 bis 5 m hohen Ufer fast senkrecht abgespült, und 9 P oto nie, Über rezenten Pyropissit. Juliprotokoll der Zeitschr. d. Deut. Geol. Ges. Berlin. Jahrg. 1905 S. 255—259. Liptobiolithe. 305 in ihnen lagerte der weiße rezente Pyropissit 2 bis 3 m unter der Erdoberfläche. Die Pyropissitschicht bildete einen weißen, fast immer horizontalen Streifen von 10 bis 50 cm Dicke und 200 bis 600 m Länge in beiden Ufern, war zuweilen verschüttet und über¬ wachsen, trat dann aber wieder zutage. Wir fuhren mit unseren Booten einige Tage lang an den weißen Schichten vorüber, haben aber nicht ermittelt, welche Ausdehnung sie landeinwärts haben.« (Clemens Denhaedt in Potonie 1. c.) Das in Rede stehende Material ist ein hellgelbes Wachsharz. W ie das Mineral an seine Lagerstätte geraten ist, könnte nur durch Studium an Ort und Stelle entschieden werden, vielleicht handelt es sich um eine Drift des Tanaflusses. Ich vermochte in der floristischen Literatur keinen Hinweis zu finden, von welcher Pflanze dieses Wachsharz wohl stammen könnte, und Herr Prof. E. Gilg schreibt mir denn auch: »Die Flora von Witu ist bisher nur sehr schlecht bekannt; nur in einigen Küstengebieten ist gesammelt worden, ferner an wenigen Stellen des oberen Tana. Von den Arten, die bekannt sind aus diesem Gebiet, scheidet keine Wachs aus, jedenfalls nicht in ähn¬ licher Weise wie etwa Sarcocaulon .« Es scheint mir nämlich nahe zu liegen, hier an die Drift einer Wachsharz ausscheidenden Wüstenpflanze zu denken, deren sonstige Bestandteile, vollkommen verwest, das chemisch widerstandsfähigere Wachsharz zurückge¬ lassen haben. Deshalb hatte ich bei Stellung meiner Frage als Beispiel auf die in Südafrika verbreitete Geraniacee Sarcocaulon Burmanni hingewiesen, deren Stengelorgane zuin Schutz gegen austrocknende Verdunstung mit einer Wachsharz -Kruste bedeckt sind, Fig. 57. Die Stengel schwimmen bei dem geringen spezifi¬ schen Gewicht der starken Wachsharzbekleidung sehr leicht. Von den Eingeborenen werden sie als Fackeln benutzt, weshalb die Pflanze bei den Europäern die Buschmannkerze heißt. Herr Prof. Hans Schinz (Zürich), der treffliche Kenner der Flora Deutsch-Südwest- iVfrikas, den ich ebenfalls wegen Sarcocaulon interpellierte, schreibt mir noch: »Außer Sarcocaulon sind mir aus Südwestafrika keine auf¬ fällige Wachsüberzüge ausschwitzende Pflanzen bekannt. Pflanzen o o Neue Folge. Heft 55. III. 20 306 Liptobiolithe. mit lackierten Blättern und Stengeln gibts natürlich, namentlich unter den Acanthaceen, aber der Überzug steht in keinem Ver¬ hältnis zu dem eigentlichen, harten Mantel der Sarcocaulon- Arten. Figur 57. Wachsharz=Mantelstücke von Sarcocaulon. Id | . Von der W üste hinter der Lüderitzbucht (Angra Pequena). Erhalten von Herrn Bergrat G. Duft. D as Sarcocaulon- Wachs findet sich in bis zu faustgroßen Klumpen im Sande in der Litoralzone Groß-Namalandes, weniger häufig in Hereroland, die Klumpen werden gesammelt von den Buschmännern der Litoralzone, oder sagen wir lieber von den auf die Kultur- Liptobiolitbe. 307 stufe der Buschmänner heruntergesunkenen Hottentotten der Litoral¬ zone, die aus dem Wachs wohlriechende, kirschengroße Perlen formen, die aneinandergereiht als Hals-, Bein- und Armschmuck dienen. Die zwei oder drei Sarcocaulon- Arten Deutsch-Südwest- afrikas sind im Litoralgebiet bis in die Euphorbienzone1) hinein sehr häufig.« Bei dem chemisch sehr resistenten Wachsharzmaterial soll der Boden in der Wüste stellenweise davon bedeckt sein. Der ältere, sehr stark zersetzte Schwemmoder des Bodensee¬ strandes (vergl. S. 276) nimmt, einmal ausgetrocknet, kein Wasser mehr an. Bei der schweren Zersetzbarkeit von Harz ist diese Erscheinung wohl auf eine Anreicherung an harzigen Substanzen zurückzuführen, und das gibt einen Wink, wie man sich die Ent¬ stehung des rezenten Denhardtits vorzustellen hat. Aus Sporen (inkl. Pollen) geb ildete Liptobiolithe = Sporite. — Unter diesen interessiert uns in Norddeutschland be¬ sonders der Firn men it (von Früh 1885 S. 716 und 721 zu Ehren eines oldenburgischen Moorbeamten Fimmen benannt). Der Fim- menit ist ein durch Anschwemmung von Pollen und Sporen, also ein aus einem Pollen- oder Sporen-Schlamm entstandener Kaustobiolith. Im Großherzogtum Oldenburg nennt man den Fim- menit hellen oder lichten Leuchttorf; bei dem hervorragenden Fettgehalt, den der Pollen und die Sporen aufweisen (Pollen von Pinus silvestris enthält über 10 v. H., die Sporen von Ly cop odium clavatum enthalten gar über 49 v. H. »Fett«; vergl. die Zusammen¬ stellung bei Czapek 1905, I S. 150 — 151) bezw. hohen Protein - gehalt resultiert aus mehr oder minder reinen Ablagerungen der- selben ein Gestein, das nicht mehr als »Torf« bezeichnet werden kann, sondern in chemischer Hinsicht sich den Sapropeliten nähert. Es kommt hinzu, daß die Außenhaut von Pollen und Sporen cu- tinisiert ist und Cutin wird als ein fettartiger Stoff angegeben; auf jeden Fall treten die Kohlenhydrate sehr zurück. Die reinen und reineren Pollen-Sporen-Kaustobiolithe brennen bei ihrem »Fett«- 9 Viele Euphorbia- Arten führen einen ebenfalls zu einem harzähnlichen Produkt werdenden Milchsaft. — P. 20* 308 Liptobiolithe. gehalt leicht mit helleuchtender, anhaltender Flamme. In dem von K eierstein (1826 S. 51) als Resintorf bezeichneten Mineral könnte es sich nach seiner Beschreibung (S. 50) um Fimmenit handeln. Der Ausdruck Pollen- Torf ist für Fimmenit zu ver¬ meiden; »Pollen -Gytje« ist etwas anderes (vergl. Bd. I S. 181 bis 282). Im »Verzeichnis der geol. -mineral. Sammlung des Herzogtums Oldenburg« in der Stadt Oldenburg findet sich auf S. 165 unter Nr. 56 — 66 die folgende Angabe über den Fimmenit: »Leuchttorf. Mächtigkeit 0,6 — 1,8 m. Nach Angabe des Herrn Plate in Markhausen hat das Leuchttorflager eine Aus¬ dehnung von pl. m. 20 ha gehabt, dasselbe ist seit Jahrhunderten ausgebeutet und weil das Graben planlos vorgenommen, so findet man nur noch Bänke, welche die ursprüngliche Mächtigkeit des Lagers dartun.« Es dürfte zunächst erstaunlich erscheinen, daß so kleine Kör¬ per, wie es die Pollenkörner und Sporen sind, ordentliche Ge¬ steine zu erzeugen imstande sein sollen, jedoch ist die Produktion von Pollenkörnern und Sporen bei vielen Pflanzen der Zahl nach eine so enorme, daß Pollenkörner den Boden auffällig bedeckend bei ihrer schwefelgelben Farbe den Eindruck hervorrufen, als habe es pulverigen Schwefel geregnet. Das Volk spricht dann in der Tat von »Schwefelregen«; die Erscheinung ist als Pollen- Wasserblüte zu bezeichnen, wenn der Blütenstaub ins Wasser gerät, zum Unterschiede von der ebenfalls Wasserblüte genannten Erscheinung so massenhafter Anhäufung von Mikroorganismen (Klein- Algen), die das Wasser gewöhnlich intensiv grün färbt (vergl. Bd. I S. 82). Man wird daher gut tun, Algen- und Pollen -W asserblüte terminologisch zu scheiden. Ich wähle absichtlich »Wasserblüte« an Stelle des kürzeren »Seeblüte«, weil die Erscheinung auch in Flüssen wie z. B. der Havel stark auf¬ fällig ist. Eine Unterscheidung ist schon deshalb angebracht, weil die Pollen-Wasserblüte (bei Betrachtung der Genesis) zur Drift, die Algen- Wasserblüte zur aquatischen Autochthonie gehört, wo¬ zu noch die große Verschiedenheit der Materialien (Pollen einer¬ seits und Algen andererseits) kommt. Liptobiolithe. 30 Es handelt sich um Blutenstaub von Windblütlern, die den »Schwefelregen« erzeugen. Die Coniferen, die Erlen und Betu- laceen überhaupt sind im Frühjahr durch Massenproduktion von Pollen ausgezeichnet, daher denn auch die »Schwefelregen« in Zentraleuropa gerade im Mai Vorkommen. Kirchner (Veget. des Bodensees 1896 S. 29/30) gibt für die Wasserblüte des Bodensees den Pollen von Fichten ( Picea excelsa) und Kiefern (Pinus sil¬ vestris) an *). Die halbkugeligen Luftsäcke des Nadelholzpollen (s. unsere Figuren 15 [S. 126] und 16 [S. 128] in Bd. I) füllen sich mit Wasser und die Pollenkörner sinken dann unter (Kirchner 1. c. S. 30). Ich selbst habe das allerdings nicht beobachten können. Pollen von Pinus silvestris, den ich monatelang in Wasser (im Reagensglase) hielt, sank nicht unter, obwohl das Glas von Zeit zu Zeit geschüttelt wurde; es scheinen daher solche Pollenkörner eher mit anderen untersinkenden Organismen mitgerissen zu wer¬ den. So fand sich im Grunewaldsee (Anfang VI, 1904) eine Pollen- AI gen-Wasserblüte zusammengesetzt aus Pollen von Pinus silvestris o o und Algen, wesentlich Aphanocapsa pulchra , aber auch Pediastrum , Scenedesmus u. a., die im Reagensglase schließlich untersank und den Kiefernpollen mitnahm. Pollen- Wasserblüte ist außerordentlich häufig und man sollte bei der Kleinheit der Pollenkörner kaum glauben, welche großen Quantitäten davon ins Wasser geführt werden. Zum Verständnis ist zu beachten, daß die Pollen- und Sporenproduktion vieler Pflanzen (besonders der Windblütler wie Erle, Haselnuß, Birke, Fichte, Kiefer, auch von Lycopodium usw.) in der Tat eine ganz immense ist, wird doch sogar von unseren kleinen Lycopodium- Pflanzen das Sporenmaterial für den Handel als Bärlapp-Samen (Hexenmehl) gesammelt. Green* 2) berichtet von einem großen 1858 stattgehabten Schwefelregen in Schottland (Inverness Shire), verursacht durch die Kiefer. Der Boden, sagt 9 Früh (1885 S. 697 Anmerkung) sagt, daß der Bodensee zur Blütezeit der Obstwälder »blühe« und zu dieser Zeit blühen ja auch die Kiefern und Fichten; die Annahme, daß der Pollen von Obstbäumen sich wesentlich an der Wasserblüte beteilige, ist wohl nicht zutreffend und dürfte auch von dem ge¬ nannten Autor selbst jetzt nicht mehr angenommen werden. 2) Green, Coal, its History and Uses. London 1878 S. 24 — 25. 310 Liptobiolithe. er, war an manchen Stellen Zoll (half an inch), also 1,5 cm hoch mit Pollen bedeckt und die Erscheinung wurde von Örtlich¬ keiten notiert, die 33 englische Meilen von einander lagen. Die ganze Oberfläche der großen Seen in Kanada und in anderen Ländern werden nicht selten durch einen dicken Schaum desselben Pollens bedeckt. Wenn man diese große Produktion von Sporen und Pollen mit der Tatsache zusammenhält, daß sie durch die chemische Be¬ schaffenheit ihrer Membranen der Zersetzung ganz außergewöhn¬ lich zu widerstehen vermögen, so ist es wohl verständlich, daß sich gelegentlich geradezu Pollen- und Sporenlager erhalten finden. Bureau und Poisson beschreiben1) ein solches ockerfarbenes Lager, das de lTsle auf Reunion bemerkt hat, und zwar in etwa 1 m Mächtigkeit den Boden einer Höhle bildend (es soll dort noch eine zweite Höhle mit Sporenlager vorhanden sein). DE lIsle teilt mit, daß die Ly copodium- Sporen auf Reunion unter Umständen in solchen Massen in der Luft vorhanden sein können, daß die Atemtätigkeit leidet. B. und P. halten die Sporen des Lagers für solche von Farn und zwar wahrscheinlich von einer Polypodiacee. Vermutlich sind die Sporen in den Höhlen von Wasser zusammen¬ geschwemmt worden. Durch die Liebenswürdigkeit von Herrn Prof. C. Eg. Bertrand habe ich eine Probe von diesem Material erhalten. Es handelt sich ähnlich wie bei Hexenmehl (nur daß der Sporit von Reunion ein braunes an Stelle eines gelben Pul¬ vers ist), fast um eine ganz reine Ansammlung von großen Pteri- dophyten-Sporen. Der schon genannte Fimmenit ist — wie ich mich ebenfalls überzeugen konnte — aus Pollenkörnern und zwar wohl von der Erle zusammengesetzt (vergl. unsere Figur 58). Anderes einge¬ driftetes Material (insbesondere Hautgewebereste [Periderm], Holz-, Zweigstückchen u. dergl.) ist mehr untergeordnet vertreten. Al¬ kohol zieht viel Wachs und Harz aus und der Torf brennt an¬ haltend und gleichförmig für sich wie eine Kerze. Fimmenit von gelbbrauner Farbe, den ich im Liegenden von ]) Bukeai und Poisson, Snr une röche d’origine vegetale (C. r. de l’Acad. Paris 187 b). Liptobiolithe. 311 Moortorf des Großen Moors bei Wietzendorf in der Lüneburger Heide fand, bestand neben Feinsand und Ton aus Pflanzenepi- dermen, Holzkohlenstückchen, die sehr viel vorhandenen gelben Stellen des Gesteins aus Pollen von Ainus in größter Menge, ferner auch aus Betula - und Pinus- Pollen, Moos- und Pteridophyten- Sporen. Da ein bewegtes Wasser eine Separation der von ihm Figur 58. Mikrophotogramm von Fimmenit aus Oldenburg, wesentlich aus Pollen von Ainus glutinosa bestehend. transportierten Trübe und Teile überhaupt vornimmt, ist die Zu¬ sammenablagerung spezifisch etwa gleich schwerer Objekte leicht erklärlich. Ein Rinnsal eines Erlenmoores oder ein Fluß, der das Moor durchquert, wird zur Blütezeit der Erlen dicht mit Pollen bestreut ; nehmen wir an, daß der Wasserlauf ruhige Stellen, etwa Buchten habe, oder an einer ruhigen Stelle münde, so ist die Bildung eines 312 Liptobiolithe. Pollenlagers wohl verständlich. Dabei ist zu beachten, daß — wie man sich leicht bei Versuchen im Aquarium überzeugen kann — der Pollen der Betulaceen (. Ainus , Corylus, Betula ) sofort schwe¬ bend untersinkt, im Gegensatz zu dem Pollen der Windblütler mit Luftsäcken wie der der Nadelhölzer ( [Pinus und Picea usw.). Ge¬ trocknet ist der Fimmenit so leicht, daß er auf dem Wasser schwimmt. Einen reineren Liptobiolith wie Bernstein, Kopal u. dergl. unter¬ scheidet jedermann ohne weiteres von einem Humus- oder Sapro- pel-Kaustobiolith. Aber auch hier gibt es alle möglichen Über¬ gänge zu dem Humusgesteine, wie es solche zwischen diesen und den Sapropeliten gibt. Ob es praktisch wäre, irgendwo, bei bestimmtem Humus- oder Sapropelgebalt, in letztem Falle z. B. zwischen Diatomeenpelit und Seekreide usw., Grenzen zu ziehen, um das Gestein noch so oder so zu benennen, ist für unseren Zweck — hier soll nur eine wissenschaftliche Übersicht geboten werden — belanglos. Besonders häufig sind unter den Sapropeliten solche, die die meisten der Hauptbestandteile gleichzeitig enthalten, so Kalk, Diatomeen und Spongillennadelu, Faulschlamm, primär- und se- kundär-allochthonen Humus, Ton, Sand, Eisenverbindungen. Eine Spezialisierung nach dieser oder jener Richtung bringt die er¬ wähnten Spezialgesteine zur Erscheinung. Die Termini werden aus praktischen und wissenschaftlichen Bedürfnissen geschaffen: wir können in unserem Fall Faulschlamm, Diatomeenpelit, See¬ kreide stets zweifellos so unterscheiden, daß für niemanden Ver¬ wechslungen möglich sind, aber da diese drei Bildungen in der freien Natur auch in allen Mischungen und Übergängen Vorkommen, könnte eine Grenzlegung, bis wie weit man noch von dem einen oder anderen sprechen will, sich nur durch ein dringendes prak¬ tisches (z. B. juridisches) Bedürfnis ergeben. Dasselbe gilt natür¬ lich für die Humus-Gesteine und Liptobiolithe. Für uns kommt das nicht in Betracht; für die Aufgabe des vorliegenden Themas steht die rein wissenschaftliche Seite des Gegenstandes im Vordergründe: dazu gebrauchen wir klare Termini für die o o Liptobiolithe. 313 charakteristischen (für die Grenz-)Gesteine und die Kenntnis, daß sie in einander übergehen. Die lange Darstellung über organogene Schlamingesteine (na¬ mentlich in Bd. 1) wurde geboten, um an einem Beispiel recht eindringlich zu machen, daß scharfe Grenzen zwischen den Kausto- biolithen nur gezogen werden können, wenn man die Zwischen¬ bildungen außer acht läßt; dann aber soll durch diese eingehendere Darstellung der Vergleich mit den altfossilen, insbesondere paläo¬ zoischen Kaustobiolithen erleichtert werden. Gleichsam wie Strahlen gehen die spezialisierten Kaustobiolithe von einem gemeinsamen Zentrum aus, das sie zusammenhält und ihre genetischen Beziehungen ins Bewußtsein rückt. Yerbes ser ung. Die auf S. 124 als die 25. angegebene Figur sollte als Fig. 30 bezeichnet sein und so fort bis S. 186, Fig. 32. Da der Text correspondierend die falsche Numerierung aufweist, so werden sich aus dem Versehen keine wesentlichen Stö¬ rungen ergeben. Von S. 193, Fig. 38 ab sind dann die Angaben der Figuren- Nummern wieder zutreffende. Register. Ein hinter einer Seitenzahl angegebener Vermerk (A) weist anf eine Abbildung auf dieser Seite. — Pflanzennamen wurden nur gelegentlich angegeben, nämlich u. a. da, wo über eine bestimmte Spezies etwas mehr gesagt wurde. Aapa . 155 Aegagropilen . 2(56, 269 aerotropische Wurzeln . .' . . 194 äther. Oie bei Moorpflanzen . . 48 Ag, Agtstein . 299 Agrostis alba . 47 Algen . 69 Algen- Wasserblüte-Seebälle . 267 (A) Algen-Pollen-Wasserblüte . . . 308 allochthone Humusbildungen . . 244 Alm . 138 Alnetum-Torf . 208 Ainus glutinosa, Erle . . 54/55, 161 Alpenmoder . 291 Amber . 299 Ambra . . . 299 Analysen (chem.) von Torf 188, 190 Andromeda calyculata . 45, 47, 206 Andromeda polifolia . . . 39, 41 (A) Anthocyan- Färbung von Hoch- moorpflanzen . 49 aquatische Autochthonie . 247, 254 Hmwcar/a-Wetzikonstäbe . . 302 (A) Arkticum . 146 arktische Moore . 146 Arktotundra . 147 Aronia nigra ... 59, 60, 66, 103 Arundo in Landklima-Hochmooren 162 Arundo phragmites . 43 Aspidium cristatum ..... 47 Seite Aspidium spinulosum . 47 Atemwurzeln . . .35, 194, 197 (A) Augen . 69 Augstumal-Moor . . 9, 77 (A), 170 Ausbrüche von Mooren .... 291 Auswürflinge . 251 Autochthonie, aquatische . . . 247 Autochthonie, sedimentäre . . . 247 Autochthonie, terrestrische . . . 247 B. Bäche der Hochmoore 5, 69, 78, 77 (A) Balis . 9 Bärlapp-Samen . 309 barren grounds, barrens . . 99, 152 Bedugnis . 70 Behaarung von Hochmoorptlanzen 38 Bergmoorkiefer . 130 Bernstein-Gerölle . 265 Besenwurzeln .... 198 (A), 199 Betula nana auf Höhenmoor 124 (A) Bezoare . 269 Binnenhochmoortypus .... 90 Birkenmischwald-Moorzone . . 209 Birkenmoor . 207 Birkenmoorzone 209, 210 (A, s. auch Tafel II) Bläcken . 69 Blänken . 69 Blatteinrollung bei Hochmoor¬ pflanzen . 39, 42 Register. 315 Seite | Seite Blättertorf . . . 279 I). Blecken . . . 69 Dailly . . . 130 Bleicherde . . . 2 Denhardtit .... . . 303 Bleichsand . 214, 215 Diatomeen-Pelit . . 312 Blutregen . . . 23 Dicraneten .... . . 147 bog-moss . . . 1 Doose . boreal-alpine Hochmoorpflanzen . 57 Dopplerit-Saprokoll . • . . 208 boreale Pflanzen .... . . 58 Dose . . . 10 boules de mer . . . 267 Dosenmoor .... . . 10 Bourtaoger Moor .... . . 86 Drift . 249, 250 Brand! agen in Torfprofilen . . 121 Drift-Früchte . . . . . 258 Brandungskehlen .... . . 117 Drift-Hölzer .... . 259 (A) Braunkohle . 295, 303 Drift-Samen .... . . 258 Braunmoose . 146, 148 Drift von Samen und Früchten . 257 Braunmooshochmoore . . . . 91 Drosera . . 26, 49 Braunmoosmoor .... . . 91 Drosera anglica . . • • . . 48 Braunmöser . . . 14 Drosera rotundifolia . • . . . 48 Bredszull-Hochmoor . 67 (A), 70 (A) Dumble . . . 70 Brettwurzeln . . 33, 34 (A), 198 (A) Durchlüftungssystem . • t . . 37 Bröckeltorf ...... 246, 248 Brunmossar . . . 14 E. Bultbildung ...... . . 94 Ebbestrand .... . . 256 Bulte . . 3, 4 (A) Einhaltung .... . . 35 Bülten-Möser ..... . . 14 Entwässerungen von Mooren . . 224 Bultlagen . . . 87 Epipactis lati folia . . . . 48 Burbolinen . . . 70 Epipactis palustris . . . . 47 Equisetetum-Torf . . . . 208 C. Erica Tetralix . . • • . 75, 168 Calamagrostis epiyeici . . . 47 Eriophorum alpinum . • • . 60, 61 Calamagrostis neglecta . . 47 Eriop h oruni ang ustifo li um . . . 75 Calluna- Moor ..... . . 168 Eriophorum vaginatum • • . . 75 Galluna vulgaris . .51, 75, 168, 172 Erle s. Ainus canadisches Landklimahochmoor 98 (A) Erlenmoorvorzone . . • • . . 209 Candle-wood . . . 300 Erlenmoorzone 209, 210 (A , s. Gar dämme pratensis angustifoliola . 46 auch Tafel 1) Cardamine pratensis paludosa . . 46 Erlen-Standmoor . . • • . . 207 Carnivorie . . . 26 Erlenstandmoorzone . . . 209 Cereite . . . 299 Erlen-Sumpfmoor . . . . 207 Cereit-Moder . . . 303 Erlensumpfmoorzone . • • . . 209 Cereit-Torfe ...... . . 303 Ernährung der Hochmoorpflai uzen 20 Cesps-Möser . . . 14 Etagenbau .... . . 28 Cicuta virosa angustifolia ( tenui - eutraphent . . . . . . 206 folia ) . 44 (A), 46, 56 eutroph . . . 206 Cicuta virosa latifoliolata . 44 (A) Cicuta virosa tenuifolia . . . . 79 F. climbing moss ..... . . 8 Farrenmoos .... . . 130 316 Register. Seite Faserbälle . 267 Faulschlamm 184, 213, 214, 222, 247, 284, 294 Federblume . 85 Femdrift . 250, 254, 281 Fichtelit . 300 Fichtenhangmoor . 138 Fichten-Höhenmoor .... 134 ’(A) Filz . 10 Fimmenit . 307, 308, 310, 311 (A) Flachmoor 1, 8, 12, 193 (A), 196 (A), 207, 209 Flachmoortorf . 208 Flachwurzler . 33 Fiatbog . 8 Flechtenmoore . 155 Flechten-Möser . 14 Flora der Hochmoore .... 16 Flöße, natürliche .... 280, 281 Flözdrift . 249, 279 Flutwall . 251, 256 Föhrenmoos . 130 fortschreitende Moorbildung . . 154 Fruticetum-Möser . 14 G. Gebirgs-Hochmoore . 123 Gebirgsland-Hochmoore . . . . 123 Gebirgs-Trockentorf-Tundren . . 126 Gehängemoore . 136 Gehölzhochmoore . 96 Gemür . 278 Gemsenkugeln . 269 Genistpakete . 266 Gerolle . 250, 265 Gerolle von Torf . 219 (A), 248, 266 Gesäre . 69 Golfkraut . 253 Grenztorf . 104 Grenztorfhorizonte in Profilen 114 (A), 115 (A) Grind . 10 großes Moosbruch 72 (A), 73 (A), 82 (A), 85 Grundwasserstand in Hochmooren 179 Grunewald -Hochmoor ... 94 (A) Seite Guano . 146 Guano-Tundren . 146 H. Haarbälle . 269 Häcksel, natürlicher . 250 ff., 252 (A) Häckseltorf . 289 Hagetorf . 105 hängende Moore . 136 Hangmoore . 136 Hartit . 300 Harz-Gerölle . 265 Harz-Hölzer . . . 300 Harzhumus . 303 Harzsand . 303 Harztorfe . 303 Hauptprofil . 208 Hedemoser . 10 Heidbulte . 4 Heide . 10 Heidehochmoore . 96 Heidemoor . . . 10, 12, 88, 90, 207 Heidemoos . 14 Heiden . 125 Heide-Rohhumus . 294 Heidetrockentorf . 294 Heidezwischenmoore . 96 Heidmoor . 10 Heller Leuchttorf . 307 Hexenmehl . 309, 310 High-moss . 8 Historisches über Moore . 224—226 Hochmoor 1, 4 (A), 67 (A), 70 (A), 71 (Al, 72 (A), 73 (A), 77 (A), 82 (A), 94 (A), 95 (A), 98 (A), 208, 209, 210 (A, s. auch Tafel IV) Hochmoorbach . 77 (A) Hochmoorgewässer . 69 Hochmoor, lebendes . 207 Hochmoor-Profile 114 (A), 115 (A), 116 (A), 118 (A), 120 (A) Hochmoorsümpfe . 74 Hochmoorteiche und -Seen 72 (A), 73 (A) Hochmoortönnchen . 68 Hochmoortorf . 208 Hochmoortorf der Höhenhochmoor e 1 28 Register. 317 Seite Hochmoor, totes .... 207, 209 Hochmoorvernässungsgebiete 81, 82 (A) Hochmoorvorzone 83, 207, 209, 210(A, s. auch Tafel III u. IV) Hoclistrand . 256 Höllenhochmoor vom Schwarzwald 29, 30 (A) Höhen-Hochmoore 123, 124 (A), 127 (A), 237 Höhenmoore 8, 123, 124 (A), 127 (A), 134 (A) Hohen-Trockentorf-Tundren . . 126 Höhen-Zwischenmoore . . . . 123 Holzberge . 263 Holzgerölle . 265 Holztorf . 280 Hooge veen . 13 Horizontalwurzeln . 35 Humuswehen .... 105, 249, 294 Humuszehrer . 172 Hungermoos . 1 Hygrosphagnium . 13 Hypnetum-Torfe . 8, 208 I, J. immergrüne Pflanzen . . . 37, 57 Insektenfang von Pflanzen ... 26 Inseln aus Vegetationsmaterial . 2S1 Iris pseudacorus . 43 Isbrand . 17 Isolierschicht . 2 Jänkkä . 155 jüngerer Waldtorf . . . 104/105 K. Kacksche Balis . . . . 9, 172/173 Kalksaprokoll . 208 Kalmia angustifolia .... 59, 60 Kältepol der Erde . 51 Kaolinisierung . 125 Kärrmoor . 13 Kedinger Moor . 220 Kerzenholz . 300 Kiefer mit Flachwurzeln 33 (A), 34 (A) Kiefer mit Tiefwurzeln ... 32 (A) Kiefernmoor . 89 Seite Kieselmoor . 13 Kleinblättrigkeit von Hochmoor¬ pflanzen . 43 Klima-Bestimmung der Vorzeit . 58 Klima und Moore . 222 Knieholz . 130 Kohlen, Kohlenlager 222, 243, 281, 283, 288, 295 kohliger Humus . 303 Kolke . 69 Kolophonium . 266 Kopale . 304 Kriechtriebe-Möser . 14 Krummholz . 130 Krüppelkiefern ...... 29, 95 Krüppelkiefer mit Flachwurzeln 33 (A) Kuhlerde . 227 Kultureinflüsse auf Sumpf und Moor . 222 Küstenhochmoortypus . . . 83/84 L. Landklima-Hochmoor 6, 12, 90, 94 (A) 95 (A), 98 (A), 175, 207, 237 Lanzen . 263 Latsche . 130 Laubwehen . 249, 294 lederige Blätter . 37 Ledum palustre . . . 48, 96, 176 (A) Ledurn palustre , Hochmoorform 39, 40 (A) Legföhre . 130 Lenticellen . . . 194, 197, 198, 200 Leuchttorf . 307, 308 Leucobryum- Torf . 208 Lianen . 195, 196 Lichenetum-Möser . 14 lichter Leuchttorf . 307 Liptobiolithe . 299 Litoraltorf . 217 Lochs . 69 Luftwurzeln . 199 Lyngmoser . 14, 168 M. Macchie 11 318 Register. Seite Seite Mangroven . 191, 195, 199 Mullwehen . 105, 294 Mar Törv . 217 Murgänge . . ... 292 Meerballen . 266 Muskeg . . . Meere .......... 69 Myrica Gale • • • 96, 176 (A) Meertorf . 217 Melampyrum pratense paludosum 46 ,49, N. 125 Nahedrift . . • • ■ 250, 254, 280 mesotraphent . 206 Niedermoor . . ... 12 mesotroph . 206 nordamerikanische Moore . 204-206 meteorolog. Veränderungen infolge Nyssa .... . . . 206 von Entwässerungen .... 233 Meteorpapier . . .... 293 O. Mineralmoor . 144 oligotraphent ... 206 Mischwaldmoor . 207 oligotroph . . ... 206 Mischwaldmoorzone . 209 Orekis helodes . • • • . 43, 44 (A) Moder, primär allochthoner . . 248 Orchis maculata ... 44 Moder-Stranddrift . . 274 (A), 275 (A) Moder- Wehen . 294 Molinia coerulea .... 170 — 172 Moor, Moore 39, Allgemeines 204, Historisches . 224 — 226 Moorausbrüche . 249, 291 Moorbrände . 121 — 122 Moordammkultur . 227 Moorentwässerungen . 224 Moorheide . 14 Moorkalk . 208 Moorkiefer . 29 Moorrutschungen . 291 Moorschlamm . 289 Moorseen . 70 Moortorfe . 208 Moorzonen 210 (A u. Tafeln I — IV), 211 (A) Moosbruch . 14 Moosbulte . 4 Moose . 197 Moose, ihre Wasserhaltung . . 240 Moosmoor . 12, 14 Moosmorast . 15 Moosmyr . 14 Moossumpf . 14 Mosse, Mossar . 15 Mountainbog . 8 Muddetorf . 289 mudlumps . 141 9 9 253 (A) • 3 (A) . 267 287, 288 . 208 53 . 267 . 26 83, P. Packledimer Hochmoor . . Panebalis . Parallel- Häcksel . . 252 (A) Pechsee im Grunewald . . pelotes fibreuses .... Petroleum . Phragmitetum-Torf . . . physiolog. Trockenheit . . pilulae marinae .... Pinguicula . Pinus- Ledum- Hochmoor -Vorzone 207, 209, 210 (A, s. auch Taf. III) Pinus- (Mittelwald) -Zone . . . . 209 Pinus montcina . 57, 130 Pinus montana auf Höhenhoch¬ mooren . . 30 (A), 124 (A), 127 (A) Pinus sylvestris . 29 Plaggenhieb . 295 Pleiner Torfbruch . 9 Plien . 9 Plinis . 9 Pneumathoden . 201 Pneumathoporen . . . 194, 198 (A) Pollen- Algen-Wasserblüte . . . 309 Pollen- Gytje . 308 Pollenschlamm . 307 Pollen-Sporen-Kaustobiolithe . . 307 Pollen-Torf . 308 Register. 319 Seite Pollen-Wasserblüte . . . 308, 309 Pollenwehen . 249 Polytrichetum-Moore . 147 Polytrichetum-Torf . 208 Polytrichum juniperinum . ... 91 Polytriclium strictum . 91 Polytrichum strictum- Bult . . 94 (A) Porstfenne oder -Moore .... 96 Postfenne oder -Moore .... 96 Pozzine . 135 primär- allochthone Flözdrift . . 279 primär-allochthone Wehen . . . 293 primär-allochthoner Moder. 248, 279 primär-allochthoner Torf . . . 248 primäre Allochthonie .... 245 Profil aus dem Moor nördl. Trian¬ gel . ■ . . . 1 15 (A) Profil durch ein Moorgelände im Memeldelta 210 (A, s. auch Ta¬ feln I-IV) Profil durch ein Torflager, mit zugespitzten Kiefernstubben 120 (A) Profil durch tropisches Hochwald¬ sumpfflachmoor . . 193 (A), 196 (A) Profil durch verlandenden See 211 (A) Profil eines Hochmoores von Uhr¬ glasform . 7 (A) Profil mit Grenztorfhorizonten 114 (A), 115 (A) Profil, schematisches durch das Moor nördl. Triangel. . .114 (A) Profil vom Sapropelit- bis zum Hochmoortorf . 118 (A) progressive Moorbildung . . . 154 Pseudo-Kryokonit . 295 Pyromonimite . 299 pyropissitische Braunkohle . . 303 Q. Quellflachmoorhügel .. . 139, 140 (A) Quellkehlen . 117 Quellkehlen an einem Moorprofil 115 (A) Quellmoore . 136, 139 Quellmoorhügel . .140 (A), 141 (A) Quellzwischenmoorhügel . . . 139 Rafts . 280, 281 raised Peat Bog . 15 Rasenbau von Hochmoorpflanzen 36 Regenhang-Moore . 136 regressive Moorbildung .... 154 Reiserhochmoore . 96 Reiser-Möser . 14 Relikte . 59 Resinite . 299 Resinit-Torfe . 302/303 Resintorf . 308 Rhizom-Möser . 14 Rillen . 78 Rimpi . 155 Rismossar . 14 Rohr im Landklima-Hochmoor . 162 Röhricht-Hochmoor vorzone 209, 210 (A, s. auch Tafel III) Röhricht- Sumpf . 208 Röhricht-Torf . 208 Röhricht-Zone 209, 210 (A, s. a. Tafel I) Rollhölzer . 265 Rotfärbung von Hochmoorpflanzen 49 Ruh us chamaemorus . 84 rückschreitende Moorbildung . . 154 Ruderal-Flora auf Mooren . . . 174 Rüllen . 5, 69, 77 (A), 78 Rüllen-Schlenken . 129 Rüllen, tote . 178 S. Salix repens . . . Salzmoore . . . Salztorf .... Samenverbreitung . Sanddeckkultur Saprokoll .... Saprokollkalk . . Saprokollmergel Saprokollsand . . Saprokollton . . Saprokolltorfe . . Sapropel 184, 187, . 46 . 144 . 218 . 59 . 227 . 208 ..... 208 . 208 . 208 . 208 . 208 213, 223, 297, 304, 312 Sapropelitbank 209, 210 (A, s. a. Tafel I) 320 Register. Seite Sapropelite . . 208,299,300,307,312 Sapropeltöck . 248 Sarcocaulon- Wachs .... 305 ff. SurcocawAm-Wachsharzpauzer 306 (A) Sarg asso -Meer . 283 Sarracenia purpurea . . . 26, 27, 65 Sattelmoore . 137 Säuren . 15 Schelf . 256 Schererit . 300 Sclieuchzeria palustris . 75, 87, 167 ff. Scheuchzerietum . 207 Schlämmhumus . 245 Schlämmoder . 246 Schlämmtorf .... 245, 246, 288 Schlemmtorf . 288 Schlenke auf Höhenmoor . . 127 (A) Schlenken . . 3, 69, 70 (A), 71 (A) Schlipfe . 292 Schmalblättrigkeit von Hochmoor¬ pflanzen . 43 Schoje . 78 Schorre . 256 schwappende Tundra .... 157 Schwefelregen . . . 293, 308, 309 Schwemmhumus . 245 Schwemmoder . 245, 279 Schwemmtorf .... 245, 246, 276 schwimmende Moorstücke . . . 249 schwimmendes Land . 240 Schwinghochmoor . 74 Schwingmoor . 239 Scirpus caespitosus . 173 sedimentäre Autochthonie . . . 247 Seebälle . 266, 267 (A) Seeballen . 266 Seeblecke . 70 Seeblicken . 70 Seeblüte . 308 Seefenster . 70 Seefladdern . 266 Seeklima-Hochmoor 6, 12, 67 (A), 70 (A), 72 (A), 73 (A), 77 (A), 82 (A), 83, 126, 207, 209, 210 (A, s. auch Tafel IV), 229, 237 Seeknödel . 266/267 Seite Seekot . . . 278 Seekreide . 312 Seekugeln . 266, 267 Seelacken . 70 Seen der Hochmoore .... 4 sekunaär-alloehthone Flözdrift . 288 sekundär-alloehthoner Torf . . 288 sekundär-allochthone Wehen . . 294 sekundäre Allochthonie .... 245 sekundäres Seggenmoor .... 154 Separation . 249 Sisyrincliium angustifolium . . 59, 60 Snags . 263 Solband . 172 Spaltöffnungen von Hochmoor¬ pflanzen . 38 Sphagnetum . 215 Sphagnetum-Hoehmoor .... 84 Sphagnetummoor . 12, 207 Sphagnetumtorf der Höhenhoch¬ moore . 128 Sphagnetumtorfe ... 8, 208, 303 Sphagnetum-Verlandung . . 3 (A) Sphagnum 1,5,16,169,175, 196,204,235 Sphagnum- Sumpf . 15 Spirke . 130 Sporenschlamm . 307 Sporenwehen . 249 Sporit . 307, 310 Sprockholz . 265 Spülicht . 251 Standmoor . 207 Standmoorzone . 209 Staubquellen . 20 Staubtorf . 174, 294 Stauberde . 303 Stauden-Hochmoore . 173 Steinkohlenlager . 192 Stellaria Friesiana . 48 Stellaria palustris . 48 Stelzwurzeln . 198 Stranddrift . 249, 256 Stranddrift-Lager 270 ff., 272 (A), 274 (A), 275 (A) Strandtorf . 217 Strandwall . 251, 256 Seite Seite Streifentorfe . 208 Streu, Streudecke .... 208, 293 subalpine Hochmoore .... 123 Subarkticum . . 14G subarktische Pflanzen .... 58 subfossiler Wald . 118 (A) submarines Torflager 217 (A), 218 (A) Sumpf kiefer . 130 Sumpfmoor . 207 Sumpfmoorzone . 209 Sumpftorfe . 208 supraaquatische Moore .... 15 swamp areas . 205 Symbiose . 28 Szoge . 78 T. Tangdrift . 254 Tangsaprokoll . 271 Tangstranddrift . . .271, 272 (A) tauber Humus . 303 Tcixodium . . . 206 Teiche auf Hochmoor 69, 72 (A), 73 (A) terrestrische Autochthonie . . . 247 Teufelsmoor . 229 Tiefwurzler . 33 Tier-Einfluß auf die Moor- Vege¬ tation .... 66/67, 68/69, 146 Tierleben der Hochmoore ... 63 Torf-Analysen (ehern.) . . 188, 190 Torf der Tropen 185 — 188, 186 (A) Torf-Detritus . 289 Torfgerölle . . . 219 (A), 248, 266 Torflager, submarines . . .217 (A) Torfmoos . 1 Torfmoosmoor . 15 Torf, primär-allochthoner . . . 248 torfstete Moore . 15 Torfmoossumpf . 15 Torfsackung . 161, 170 Torfs een . 70 Torfwehen . 158 tote Hochmoore 158, 167, 176 (A), 209 tote Rüllen . 178 Treibhölzer . . . 250, 258, 259 (A) Trockenhorizontc in Hochmoor¬ profilen . 104 Trockenperiode . 164 Trockentorf . 2, 215 Tropenmoore . . . 180 Tropentorf . . . 185 — 188, 186 (A) Tundra-Moore .... 148, 149 (A) Tundren . 146 Tundren des Hochgebirges . . 126 Tuul . 217, 218 Tyrus-Moor . 175, 176 (A) ü. Übergangstundra . . überkleien .... Überkuhlen .... Überwasser-Moore . . Uferdrift . Unterlands-Hochmoore untermeerischer Torf. Untermeermoor . . Untermeertorf . . Upit . Utricularia .... .... 147 . 227, 228, 229 .... 227 . . . . 15 .... 256 . . . 125 .... 217 217 (A), 21S (A) .... 249 .... 78 .... 26 V. Vagineten . 105, 207 Vegetationsbestand im Schutz einer Solitärkiefer . 93 (A) Vegetationsinseln . . . . 281, 282 verkientes Holz . 300 Verlandungszone 209, 210 (A, s. auch Tafel I) Verlandung von Hochmoorkolken 178 Vernässungsgebiete auf Hoch¬ moor . 81, 82 (A) Verschleimung in Hochmoorpflan¬ zen . 38 Versteinerte Wälder . 264 W. Wachsharzpanzer yon Sarcocau- lon . 306 (A) Wachsüberzug bei Hochmoor¬ pflanzen . 38 Neue Folge. Heft 55. III. 21 322 Register. Wälder, versteinerte . . Seite . . . 264 Waldhochmoore . . . . . . 96 Waldhorizont eines Torflagers, abgedeckt . . . 118 (A) Waldmoor . . . . 213 Wasserblüte . . . 69, 308 Wasserhaltung und Moore . . 222 ff. Wasserkapazität von Humus . . 52 Wechselmoore .... . . 89, 145 Wehen . . 249, 293 ff. Weichwassermoore . . . . . 16 Weichwasservegetation . . . . 16 Weiher der Hochmoore . . . . 4 weißes Moor .... . . . 16 weißes Venn .... . . . 16 Weiß-Möser . . . . 14 Wetzikonstäbe .... 301, 302 (A) Wiesen . . 125, 132 Wiesenmoor . . . . 213 Wiesenmoorzone . . . . . . 209 Wiesenmoos . . . . 14 Wind, Ablagerungen durch Ver¬ mittelung des W . Windwirkung auf Pflanzen . . Seite Winterfärbungen von Pflanzen . 49 Wittmoor . 16 Wühlerde . 227 Wuoma „ . 155 Wurzelknöllchen . 27 X. Xerophilie, Gründe für ihr Auf¬ treten bei Hochmoorpflanzen . 50 Xerophilie von Hochmoorpflanzen 36 Z. Zehlau 9, 63, 66, 63, 78, 89, 99, 230, 231, 236 zirkulative Entwicklung der Moore 155, 159 Zwergstrauchtundra . 14S Zwischenmoore 90, 175, 207, 209, 210 (A, s. auch Tafelll u. 111) Zwischenmoorhorizont unter Sphag- netumtorf . . . . 115 (A), 116 (A) Zwischenmoor-Torf . 208 Zwischenmoorwaldtorf .... 208 293 51 3 0 JUL 1912 1. Bucht an der Ostküste des Kurischen Haffs mit Sapropel-Sand-Strand, der bald von Ver- landern — zunächst von Bidens cernuus, Catabrosa aquatica usw., sodann vom Röhricht-Verein mit Schilfrohr usw. — besetzt wird. Dahinter tritt Erlen-Sumpfmoor mit Sumpfflora im Untergründe auf. 2. Die Erlen-Sumpfmoor-Zone geht nach einer schwachen Andeutung von Erlen- Standmoor (mit Urtica dioeca und anderen Waldpflanzen) über in eine Birken¬ moor-Zone, auf die eine Mischwaldmoor- Zone (aus Pinus, Picea usw.) folgt. 3. Der Mischwald ~ Zone (zunehmend besetzt mit Ericaceen wie Ledum usw.) schliesst sich eine Hochmoor- Vorzone an, die u. a. mit Schilfrohr bestanden ist, soweit der Einfluss eines vom Hochmoor herunterkommenden Baches reicht. V 4. Der trockne Hochmoorhang ist mit Eriophorum vaginatum usw. bestanden. Die Hochmoorfläche ist ein Sphagnetum mit Krüppelkiefern usw. Rechts ein Hochmoor- teich, darunter ein Stückchen eines herunterkommenden Baches mit höheren Stauden. \ ' Buchdruckerei A. W. Schade, Berlin N., Schulzendorfer Straße 26. V** Ml KU