Natural H /33 5\ AbbaDdlungen der Königlicb Preußischen Geologischen Landesanstalt. Heue Folge, Heft 67. Izl ' ■ R v Die Geologie des Niederrheinischen Tieflandes. - ■ Von j f| W. Wunstorf und G. Fliegei in Berlin. Mit 2 Tafeln und 2 lose beigegebenen Anlagen. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Greologischen Landesanstalt Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. Preis 9 Mark. Abhandlungen der Königlich Preufsischen Geologischen Landesanstalt. ."V e n e Folge. Heft 67. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 1910 ■ r • - - Die Geologie des Niederrheinischen Tieflandes. Von W. Wunstorf und G. Fliegei ^ yi in Berlin. Mit 2 Tafeln und 2 lose beigegebenen Anlagen. Herausgegeben von der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt. BERLIN. Im Vertrieb bei der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. 1910. Inhalt Einleitung . Die SteinkoMenformation . Das Steinkohlengebiet des nördlichen Niederrheins . Das Steinkohlengebiet von Erkelenz-Brüggen und das Peelgebiet Der Zechstein . * . . Verbreitung . - . Gliederung . Das Zechsteinkonglomerat . Der Kupierschiefer . Der Zechsteinkalk . Die untere Anhydritzone . Der Salzhorizont . . Die Unteren Zechsteinletten . Der Plattendolomit . Die Oberen Zechsteinletten . Strati graphische Schlußfolgerungen . Das Mesozoicum . Der Bimtsandstein . Der Muschelkalk und Keuper . Der Jura . Die Kreide . Das Tertiär . Das P a leo cän . ’ . D as E o cän . . . . Das Ölig o cän . Das Untöroligocän . Das Mittel oligocän . Das Oberoligocän . D as Mi o c än . Das marine Mio cän . Das kontinentale Miocän . Das Pli o cän . Das Diluvium . Das südliche Diluvium . Der Älteste Diluvialschotter . Die Tegelenstufe . Die Hauptterrasse . Die Mittelterrasse . Die Niederterrasse . Die Entstehung des Rheintales . Der Löß . Das nordische Diluvium . Die tektonische Geschichte des Niederrheinischen Tieflandes . l 4 12 20 32 33 34 34 35 37 39 40 41 42 42 43 47 48 52 55 60 66 67 70 71 71 74 80 84 86 90 103 112 121 121 125 12S 136 140 145 153 15S 168 Die Darstellung der Geologie des Niederrheinischen Tief¬ landes, die wir in dem vorliegenden Aufsatz der Öffentlich¬ keit überleben, und die 2deichzeiti°r in der Festschrift des XI. Allgemeinen deutschen Bergmannstages in Aachen er¬ schienen ist, beruht zu einem großen Teil auf den Gesichts¬ punkten, die in den letzten Jahren bei der Aufnahme durch die Geologische Landesanstalt gewonnen worden sind. Als diese Arbeiten im Jahre 1902 am Nordabfall der Eifel ihren Anfang nahmen, befand sich die Kenntnis vom geologischen Bau dieses Teiles der Rheinlande im wesentlichen noch auf der Stufe, die durch das klassische Werk des Altmeisters der rheinischen Geologie — H. V. DECHEN, Erläuterungen zur geo¬ logischen Karte der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen, Bonn, 1884 — bezeichnet wird. Unerreicht ist die Fülle von Tatsachen, Welche V. DECHEN niedergelegt hat, und die Zuverlässigkeit seiner Beobachtun¬ gen. Bei dem Fortschreiten der geologischen Wissenschaft aber und der Ausbildung ihrer Untersuchungsmethoden ist es nur natürlich, daß gerade die leitenden Gesichtspunkte des Buches den heutigen Ansprüchen der Wissenschaft nicht mehr gerecht werden. Das gilt in Sonderheit von der Würdigung der Ober¬ flächenformen und der Deutung der jugendlichen Aufschüttun¬ gen, die vermöge ihrer allgemeinen Verbreitung am Nieder¬ rhein von ganz besonderer Wichtigkeit sind. Dazu kommt, daß auch die Kenntnis des Untergrundes seit V. DECHEN außerordentliche Fortschritte gemacht hat : Durch die intensive Bohrtätigkeit, welche am Ende des vorigen Jahr- Neue Folge. Heft 67. 1 2 Einleitung. hunderts einsetzte, sind nicht nur die früheren Vermutungen über den Zusammenhang des Steinkohlengebirges Aachens mit dem Ruhrgebiet durch tatsächliche Beobachtungen ersetzt, son¬ dern es ist zugleich das Vorhandensein mächtiger dyadischer und mesozoischer Schichtenfolgen und eine früher nicht ge¬ ahnte Vollständigkeit des Tertiärs nachgewiesen worden. Trotz des sehr viel reicheren Materials, das uns hierdurch zur Verfügung stand, muß es zukünftiger Forschung überlassen bleiben, die zahlreichen, auch jetzt noch vorhandenen Lücken zu .schließen. Wir zweifeln nicht, daß gerade der Bergbau, der sich jetzt nach Abschluß der Bohrtätigkeit aussichtsvoll zu entwickeln beginnt, Gelegenheit zu reichen neuen Beob¬ achtungen und zur Vervollständigung und Vertiefung unseres Wissens bieten wird. — In der der Arbeit beigegebenen Übersichtskarte1! wurde der Schwerpunkt auf die Darstellung der bislang unbekannten Formationen im Untergrund gelegt. Von selbst ergab sich daraus die Notwendigkeit, die Tektonik besonders zu betonen. Die Karte beruht in ihrem südlichen Teil auf der Auf¬ nahme der Geologischen Landesanstalt, die bis über München- Gladbach und Erkelenz hinaus vorgeschritten ist, und an der außer uns die Herren A. FüCHS, E. HOLZAPFEL, E. KAISER. P. G. IaRAUSE, A. Qüaas und W. Wolfe teilgenommen haben. Für die Darstellung des nördlichen Teils stand eine geologische Spezialaufnahme nicht zur Verfügung. Hier wurden lediglich die Ergebnisse eigener Begehungen und zahlreicher Tiefbohrun¬ gen benutzt. Soweit die Karte über die Landesgrenze hin¬ ausgeht, beruht sie auf der belgischen geologischen Karte im Maßstabe 1 : 40000, während für den holländischen Anteil die liebenswürdige Unterstützung der Herren W. C. KLEIN und VAN WaTEESCHÖOT VAN DER GRACHT zur Verfügung jstand. Unsere Darstellung beschränkt sich im wesentlichen auf denjenigen Teil des Niederrheinischen Tieflandes, der in der 0 Die Karte erscheint auch in einer holländischen Ausgabe im Jaarverslag der Rijksopsporing van Delfstoifen over 1909. Einleitung. 3 Übersichtskarte als R h e i n - M aas- Ge b i e t bezeichnet ist. Das ausländische Gebiet ist dabei nur insoweit mitbehandelt, als es der Zusammenhang erforderte. Das Niederrheinische Tiefland ist dem Nordabfall des Rheinischen Schiefergebirges als eine weite, sich nach Nord¬ westen allmählich abdachende Ebene vorgelagert, die nach Osten zu ohne scharfe Grenze in das Münsterland übergeht und im Westen einen großen Teil Hollands und Belgiens bis ans Meer hin umfaßt. Eine deutliche Umgrenzung besteht nur im Süden, wo die Niederrheinische Bucht als ein Grabenein¬ bruch bis über Bonn hinaus in das Gebirge vorspringt. Der Nordabfall der Eifel und der Anstieg des Bergischen Lan¬ des bilden die Ränder dieses Grabens, die nach Süden zu konvergieren und ihm dadurch die bezeichnende, dreieckige Form geben. Wenn der Höhenunterschied zwischen Tiefland und Ge¬ birge verhältnismäßig gering ist, so erklärt sich das z. T. daraus, daß die aus dem Gebirge heraustretenden Flüsse, besonders der Rhein, die morphologische Wirkung der tek¬ tonischen Bewegungen bis zu einem gewissen Grade auszu¬ gleichen suchten. Es erklärt sich daraus weiter die Eintönig¬ keit der Oberflächenformen und die Schwierigkeit, nach geo¬ logischen Gesichtspunkten eine weitergehende Gliederung des ausgedehnten Tieflandes durchzuführen. Soweit eine solche möglich ist, beruht sie ausschließlich auf dem Prozeß der Tal¬ bildung : Die altdiluviale, dem Abfall der Eifel und der Arden¬ nen entlang, vom Rhein bis über die Maas und nordwärts bis nach Süd-England reichende Aufschüttungsebene wird in der jüngeren Diluvialzeit von den Flüssen zerschnitten. So bildet sich das heutige Relief heraus, das mit seiner die Täler und besonders den Rhein weithin begleitenden Terrassenlandschaft an Großartigkeit und Einheitlichkeit in Nord-Europa seines gleichen nicht hat. 1* 4 Die Steinkohlenformation. Eine gewisse Belebung erfährt das Landschaftsbild außer¬ dem dadurch, daß dieselben tektonischen Kräfte, welche das tiefe Einsinken des niederrheinischen Grabens hervorscerufen und seinen Untergrund zerstückelt haben, auch zur Diluvial¬ zeit noch nicht zur Ruhe gekommen sind. Sie haben nicht nur manchen Flüssen den Lauf vorgezeichnet, sondern treten auch unabhängig hiervon vielfach im Landschaftsbilde als mehr oder minder beträchtliche, oft weithin zu verfolgende Steil¬ ränder in die Erscheinung. Die SteinkoMenformation. Von W. Wunstorf. Die zahlreichen Tiefbohrungen, welche in den letzten Jahr¬ zehnten im Niederrheingebiet ausgeführt worden sind, haben den naclmewiesenen Kohlenreichtum des westlichen Deutsch- O Lands um ein Bedeutendes vermehrt. Sie schoben die Gren¬ zen des nördlichen niederrheinischen Steinkohlenbezirkes weit hinaus und erschlossen einen neuen in der Gegend von Erke¬ lenz-Brüggen. Wenn heute auch noch eine weite, unaufge¬ schlossene Fläche die Genannten Gebiete trennt, so kann nach den bisherigen Bohrungsergebnissen doch kein Zweifel mehr sein, daß im Untergründe des Tieflandes eine ununterbrochene Verbindung zwischen dem Steinkohlengebirge Westfalens und Aachens besteht, und es ist nur eine Frage der Zeit, daß weitere Aufschlüsse die heute noch vorhandenen Lücken ver¬ schwinden lassen. Bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts war man der Ansicht, daß eine Verbindung zwischen dem Steinkohlengebirge Aachens und Westfalens nicht bestehe, wobei man sich auf die Ausführungen von NöGGERATH1) und V. Dechen2) stützte. b Vergleiche Beschreibung des Bergreviers Aachen, 1881, S. 39. 2) v. Dechen, Über den Zusammenhang der Steinkohlenreviere von Aachen und an der Ruhr, Zeitschrift für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, 3, 1856, S. 1. Die Steinkohlenformation. 0 Noch 1881 schreibt H. WAGNER1), »daß es jetzt ganz ge¬ wiß sei, daß sich zwischen den Kohlenrevieren von Aachen und der Ruhr ein breiter steinkohlenleerer Streifen von der Rur bis an die Rheinmündung erstreckt, in dem alle Bohrversuche vergeblich sind«. 1884 erscheint das klassische Werk von V. DECHEN, »Erläuterungen zur geologischen Karte der Rhein¬ provinz usw.«, welches sich über diese Frage nicht ausläßt, aber darin, daß zwei von der Inde- und der Wurm-Mulde ausgehende Linien genannt werden, welche die Aussicht böten, Steinkohlen zu finden2), erkennen läßt, daß der Verfasser die W A GN E R ’ sch e Ansicht nicht teilt. In demselben Jahre bringt Herr FRITZ HONIGMANN die erste fündige Bohrung auf der rechten Seite der Rur nieder, weit außerhalb der VON DeCHEN- schen Linien, und auf diesen Fund ist es zurückzuführen, daß die Aufschlußarbeiten eigene Wege gingen und sich schließlich in einem Maße ausdehnten, daß nicht mehr an eine Verbin¬ dung gezweifelt werden kann. Die von V. DECHEN genannten Linien verlaufen in der Fortsetzung der Esehweiler Mulden- achse über Stommeln und in der Fortsetzung der Wurmmulde über Grevenbroich. Die südliche hat sich als ungünstig er¬ wiesen, da in ihrer Fortsetzung bereits am östlichen Rur- talrand Devon erbohrt wurde ; die nördliche ist bis jetzt nicht n ac h gep r ü ft wo r d e n . Die sich an den HONIGMANN ’schen Fund anschließenden Bohrungen und die bald folgende Wiederaufnahme der Schürf¬ tätigkeit im Niederrheingebiet ergaben unerwartete Verhält¬ nisse. Es zeigte sich, daß die Möglichkeit, Steinkohle zu fin¬ den, weniger von der Faltung abhängig ist, als von dem Ein¬ fluß von Querverwerfungen, welche das gesamte Gebiet in eine Reihe von Schollen zerlegt haben, die vertikal und sehr wahrscheinlich auch horizontal gegen einander verschoben sind und als Horste und Gräben in die Erscheinung treten. Die Bedeutung der Querverwerfungen ist seit langer Zeit bekannt ') Bergrevier Aachen, S. 40. 2) S. 238. 6 Die Steinkolilenformation. sowohl im Ruhrrevier als auch in dem Bezirk von Aachen. In dein ersteren tritt sie zurück gegen die der Faltung.' wäh¬ rend die Verhältnisse des letzteren schon einen Hinweis auf die tektonische Gliederung des anstoßenden Tieflandes ent¬ halten1). Der Einfluß der Verwerfungen tritt sowohl in den Niveau- differenzen als auch in der Entwicklung des Steinkoiilen°'ebiro’es hervor. Eine Eolge der wiederholten Vertikalverschiebungen ist es, daß bei den verschiedenen Meerestransgressionen, welche unser Gebiet betroffen haben, das Maß der Abtragung bei den höher liegenden Schollen größer war als bei den tieferen, so daß es heute eine allgemeine Erscheinung ist, daß die Horste ältere Schichten umschließen als die eingesunkenen Gebiete. Die fündigen Bohrungen des Niederrheingebietes liegen auf dem Horst von Brüggen, dem Horst von Geld er n- Cr e- feld und im Nördlichen Rheintalo-raben2). D er Horst von Brüggen erhebt sich östlich vom Rur¬ tal und erstreckt sich mit einer Breite von 8 — 10 km aus der Gegend von Erkelenz über Brüggen hinaus bis in das Ge¬ biet des niederländischen Peel-Plateaus. Er wird nach Osten und Westen durch Verwerfungen begrenzt, welche durch Boh¬ rungen festgelegt und zum großen Teil auch über Tage ver¬ folgt werden konnten. Im Westen trennt *ihn die tiefe Ein¬ senkung des Rurtalgrabens, der sich über die Maas hinaus fortsetzt, von den Staffeln des Aachener Bezirkes. Im Osten schließt sich der Graben von Venlo an, der, wie aus einigen Tiefbohrungen hervorgeht, eine weniger tief eingesunkene Scholle darstellt als der RurtaHraben. O Den südlichen Abschluß des Horstes von Brüggen bildet das Schollengebiet von Erkelenz-Grevenbroich, in welchem ß Jakob, Die östlichen Hauptstörungen im Aachener Becken. Zeitschr. f. praktische Geologie, X, 1902. 2) W. Wunstorf, Der tiefere Untergrund im nördlichen Teil der Niederrhei¬ nischen Bucht. Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der Rheiulandc, 67. Jahrg., 1 909, S. 343. Die Stein kohlenformation. 7 der Einfluß von jüngeren Ost-West- Verwerfungen denjenigen des SO-NW-Systems überwiegt und eine Unterbrechung der nach diesem System vorhandenen Gliederung bewirkt hat1). Nord¬ westlich von Helenaveen schneidet der Quergraben von Ven- raj den Horst ab, eine Einsenkung, die wahrscheinlich ebenfalls auf Verwerfungen des O-W-Systems zurückzuführen ist2). Auch innerhalb des Horstes treten wiederholt Bruchlinien dieses Systems auf und bewirken verschiedentlich eine Verschiebung der Linien des SO-NW-Systems. Durch die Tiefbohrungen im nördlichen Niederrhein¬ gebiet ist dessen Gliederung in den Horst von Geldern-Cre- feld und den Nördlichen Rhehntalgraben bekannt geworden. O 0 7 welche durch eine über die Orte Vluyn, Kamp und am Westrand der Bönninghardt verlaufende, beträchtliche Verwerfung getrennt werden. Beide weichen sowohl in den Mächtigkeiten des Deck¬ gebirges als auch in der Entwicklung des Steinkohlengebirges erheblich von einander ab. Während in dem Graben das flöz- fiihrende Steinkohlengebirge bis nordöstlich von Orefeld nach Süden vorspringt, hebt es sich auf dem Horst schon wenig südlich von Geldern aus. Daß das Vorkommen der Zechstein¬ salze, wie auch der jüngeren, mesozoischen Formationen an den Graben gebunden ist, wird an anderer Stelle ausgeführt werden. Die westliche Begrenzung des Horstes ist nicht genau be¬ kannt. Eine von v. DECHEN beschriebene Bohrung bei Wan¬ kum3) scheint darauf hinzuweisen, daß bei Wankum-Straelen eine Grabenein Senkung vorliegt, welche sich nach Süden in das Niers-Tal bei Viersen fortsetzt, und neuere Beobachtun¬ gen auf niederländischem Gebiet scheinen diese Annahme zu bestätigen. Im Norden wird der Horst durch Querbrüche ab¬ geschnitten, welche ihrer Richtung nach denjenigen des Quer¬ grabens von Venraj zu entsprechen scheinen. ß W. Wcnstorf, Der tiefere Untergrund usw. 2) Die Angaben über die Tektonik der niederländischen Provinz Limburg verdanke ich den freundlichen Mitteilungen des Herrn v. Watekschoot van der Gracht. 3) W. Wunstorf, a. a. 0., S. 365. 8 Die Steinkohlenformation. Während wir durch Tiefbohrungen über die tektonische Stellung der Scholle, welche den Horst von Erkelenz-Brüggen von dem Aachener Bezirk trennt, unterrichtet sind, wissen wir nur wenig über den Untergrund der breiten Fläche zwischen jenem und dem Horst von Geldern-Crefeld. In gewisser Weise bieten uns die Beobachtungen über Tage einen Ersatz, welche als bedeutungsvolle Tatsache das Vorhandensein eines dritten Horstes, der als Horst von Viersen bezeichnet wurde, er¬ geben haben1). Der Nachweis dieses Horstes gründet sich auf diluviale Verwerfungen und auf die Beteiligung des Oberoligo- cäns an der Zusammensetzung der Oberfläche. Der Horst von Viersen läßt sich nur bis zum Maas-Tal verfolgen. In neuester Zeit hat aber westlich der Maas die niederländische staatliche Bohrverwaltung neue Erhebungen des Untergrundes festgestellt, die vielleicht als seine Fortsetzung anzusehen sind. Herr VAN WaTERSCHOOT VAN DER Gr RÄCHT teilt mir hierüber folgendes mit : »Jenseits des Quergrabens von Venraj haben unsere Flach¬ bohrungen einen deutlichen Horst nachgewiesen, den Horst von Mill (siehe Anlage I), in welchem das marine Miocän in geringer Teufe auf tritt. Östlich von diesem Horst liegt ein schmaler Graben, worauf wieder ein noch nicht genügend sicher nachgewiesener Horst bei Beugen folgt. Von diesem sinkt der Untergrund in Staffeln nach Osten hin ab. Nach Norden treten Querverwerfungen auf, welche die Horste abschneiden und zum Teil auch das scharfe Umbiegen der Flüsse bewirkt haben mögen. Es hat den Anschein, als ob die Horste von Mill und Beugen eher die Fortsetzung des Viersener Horstes ,als des Peelhorstes (Horstes von Brüggen) sein dürften, da sie bedeutend weiter nach Osten liegen.« Die beschriebene tektonische Gliederung ist ohne Zweifel von besonderer Bedeutung für die Verbreitung des flözführen¬ den Steinkohlengebirges im Untergründe des Tieflandes, bezw. für den V erlauf seiner Südgrenze. Letztere ist bekannt O W. Wunstorf, a. a. 0., S. 364. Die Steinkohleoformation. 9 aus dem nördlichen Niederrheingebiet und dem Aachener Be¬ zirk. Südlich von Erkelenz sind Anzeichen einer An- * näherung an die Südgrenze nicht vorhanden. Es hat nach den Ergebnissen der südlichsten Bohrungen vielmehr den An¬ schein, als ob zu dem bekannten Gebiet nach Süden eine neue Mulde trete, so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß die Grenze noch weit südlich von den heutigen Aufschlüssen verläuft. Öst¬ lich von Erkelenz fehlen jegliche Anhaltspunkte für ein Urteil über die Ausdehnung des Steinkohlengebirges. WACHHOLDEK nimmt nach den ersten Ergebnissen der letzten Bohrperiode eine gewundene Linie an1), die in ungefähr nordsüdlicher Rich¬ tung über Münichen-Gladb.ach verläuft. Sie ist hypothe¬ tisch. Wenn wir auch nicht in der Lage sind, den Verlauf der Grenze auch nur einigermaßen genau anzugeben, so kann nach dem heutigen Stand der Kenntnis vom Aufbau unseres Ge¬ bietes doch kein Zweifel mehr sein, daß die oben besprochene Gliederung in Hörste und Gräben diesen in hohem Maße beeinflußt, indem die ersteren beträchtliche, nach Nordwesten gerichtete Ausbuchtungen bedingen, wie in dem Niederrhein- gebiet bereits bekannt geworden ist. Neben dem Einflüsse dieser Gliederung kann noch derjenige der Faltung oder auch von Querbrüchen sich darin äußern, daß südlich der Grenz¬ linie nochmals flözführendes Carbon in isolierten Partien auftritt. Die Faltung tritt im allgemeinen Aufbau gegen die Quer¬ verwerfungen zurück ; sie regelt nur die Verbreitung des Car¬ bons und das Auftreten verschiedener Carbonstufen innerhalb der Einzelschollen und ist deshalb für diese von nicht un¬ erheblicher Bedeutung. Es liegt nahe, zu untersuchen, ob die in den verschiedenen Steinkohlengebieten erkannten Faltenzüge zu einander in Beziehungen stehen. Ein definitives Urteil über diese Frage ist heute noch nicht möglich, da die Tiefbohrauf- schlüsse ein genügend sicheres Bild von der Faltung der Einzel- ’) Bericht über den VIII. Allgemeinen Deutschen Bergmannstag zu Dort¬ mund, S. 67. 10 Die Steinkohlenformation. \ gebiete nicht geben. Wenn wir das Aachener und das öst¬ liche Niederrheingebiet mit seiner rechtsrheinischen Fortsetzung berücksichtigen, muß es zweifelhaft erscheinen, ob überhaupt derartige Beziehungen vorhanden sind. Wir wissen heute, daß die großen Querbrüche bereits vor der Zechsteinzeit vorhanden waren. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß sie gleich¬ altrig mit der Faltung sind und in einem ursächlichen Zu¬ sammenhang mit ihr stehen. In diesem Fall wäre es sehr gut denkbar, daß die Querbrüche Linien darstellen, an denen sich Unterschiede in der Spannung auslösten, und deshalb Schol¬ len mit abweichender Faltungsintensität aneinander stoßen. Die ältere Auffassung von dem Aufbau des Xiederrhein- gebietes führte dazu, das Vorhandensein einer beträchtlichen Aufwölbung anzunehmen, welche ungefähr über Crefeld ver¬ läuft und das flözführende Steinkohlengebirge des nördlichen Niederrheingebietes nach Süden hin begrenzt. Es wurde der Crefelder Sattel in die Literatur eingeführt1), und die V. DECHEN’sche Deutung der Ergebnisse der alten Tiefbohrung Wankum2) gab die Erweiterung zu der Bezeichnung Crefelder Devonsattel3). Es ist zunächst zu bemerken, daß die Rich¬ tigkeit der von VON DECHEN gegebenen Bestimmung durch neuere Bohrungen sehr fraglich geworden ist1). Unsere heutige Kenntnis von der Tektonik des Niederrheingebietes läßt ferner die weitgehende Bedeutung, welche man früher diesem Sattel beimaß, nicht mehr zu. Ob in dem engeren Gebiet des Horstes von Geldern-Crefeld und des nördlichen Rheintalgrabens eine Aufsattelung die Begrenzung des flözführenden Steinkolilen- ß J. Ahlburg, Tiefbohrungen in östlichen Holland, Glückauf, 44, 1908, S. 1205. 2) v. Dechen, Erläuterungen, S. 685. 3) B. Schulz-Briesen (Die linksrheinischen Kohlen- und Kaliaufschlüsse und das Minettelager der Bohrung Bislich, Glückauf, 40, 1904, S. 361) gibt an, daß bei Crefeld unter 200 m Tertiär Devon erbohrt sei, ohne die Bohrung und die Quelle der Nachricht zu nennen. Von den bei Crefeld niedergebrachten Bohrungen hat Verfasser in letzter Zeit noch einige Kernstücke erhalten, die aus carbonischein Sandstein bestehen, so daß die Mitteilung irrtümlich sein dürfte. 4) W. Wunstorf, a. a. O., S. 366. Vergleiche auch unten S. 65. i Die Steinkohlenformation 11 gebirges bedingt, läßt sich nach den bisherigen Aufschlüssen O O 0 7 O nicht beurteilen. Die Bezeichnung Crefelder Sattel entbehrt somit der Begründung. Über die Stratigraphie des Steinkohlengebirges im west¬ lichen Deutschland ist in den letzten Jahren eine Anzahl von wichtigen Arbeiten erschienen, welche die weitgehende Über- O 7 0 einstimmung in der Ausbildung der Profile Aachens und West¬ falens dartun und die Möglichkeit geben, sie in befriedigender 0 0 7 O Weise miteinander in Parallele zu stellen1). Es hat sich hier¬ bei gezeigt, daß die Gliederung, welche im Ruhrrevier üb- lieh ist und sich auf die Unterscheidung bestimmter Leitflöze gründet, für den Vergleich der Profile sehr geeignet ist. Die für die wichtigeren Leitflöze charakteristischen Merkmale sind von hoher Beständigkeit und auch in Bohrungen leicht wieder¬ zuerkennen. Die Einteilung in die Magerkohlen-, Fettkohlen-, Gas- und Gasflammkolilengruppe soll deshalb auch den folgen¬ den Beschreibungen der neuen niederrheinischen Steinkohlen¬ gebiete zu Grunde gelegt werden. o o o Es braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden, daß die Anwendung der genannten Stufenbezeichnungen keine im- bedingt sicheren Schlüsse auf die in wirtschaftlicher Hinsicht so wichtige chemische Zusammensetzung der Kohle zuläßt, da O 0 7 es heute wohl allgemein bekannt ist, daß die Flöze in dieser Hinsicht 'erheblichen Schwankungen unterworfen sind, welche vorwiegend auf sekundäre Einflüsse zurückzuführen sind. Unter ]) Westermann, Die Gliederung der Aachener Steinkohlenionnation usw. Verhandlungen d. Naturhistor. Vereins d. Rheinlande, 62, 1905, S. 1. Semper, Die marinen Schichten im Aachener Obercarbon. Ebenda, 65, 1908, S. 221. M. Müller, Ein Beitrag zur Geologie des westlichen Teiles der Wurm¬ mulde, Zeitschrift für praktische Geologie, 1909, S. 357. W. C. Klein, Grundzüge der Geologie des Süd-Limburgischen Kohlenge¬ biets. Berichte des Niederrheinischen geologischen Vereins, 1909, S. 69. O O 7 7 ders.: Dounees nouvelles pour la coupe du bassin houiller du Limbourg neerlandais usw. Annales Soc. Geol. de Belgique, 36, Bull. S. 236. Kukuk, Uber Torfdolomite in deu Flözen der niederrheinisch-westfälischen Steinkohlenablagerung. Glückauf 1909, Nr. 32. 12 Die Steinkohlenformation. diesen ist vor allem derjenige hervorzuheben, der durch Ge- birgsstörungen, sei es nun durch stärkere Faltung, sei es durch Verwerfungen, bedingt ist, welche stets eine verhältnismäßig starke Entgasung bewirken. Das schönste Beispiel hierfür bieten die Verhältnisse der Wurmmulde westlich vom Feldbiß, wo Kohlenflöze, welche ihrem Horizont nach den westfälischen Fettkohlen entsprechen, durch starken Zusammenschub Zick¬ zack-Faltung) eine weitgehende Entgasung erlitten haben. Es bestand bis jetzt vielfach die Ansicht, daß der Gas¬ gehalt der Flöze vom Ruhrrevier aus nach Westen gesetz¬ mäßig abnehme, wofür im wesentlichen wohl die Tatsache ma߬ gebend gewesen sein mag, daß das Flöz Sonnenschein auf Rhein¬ preußen nur 17 v. II. flüchtige Bestandteile enthält. Diese An¬ nahme hat bei den zahlreichen Tiefbohrungen der letzten Jahrzehnte keine Bestätigung gefunden. Es scheint im allgemeinen, wenn besondere, sekundäre Beeinflussungen nicht vorliegen, in dieser Hinsicht eine ziemliche Beständigkeit in den Steinkohlengebieten des Rhein-Maas-Gebietes zu herrschen. Das Steinkohlengebiet des nördlichen Niederrheins. Die Erschließung des linksrheinischen Teiles des nördlichen niederrheinischen Steinkohlengebietes verteilt sich auf 3 Bohr¬ perioden. Die erste begann mit der von Franz HäNIEL im Jahre 1854 bei Homberg ausgeführten Bohrung. Bis 1856 wurden 6 fündige Bohrungen niedergebracht, auf welche nach dem da¬ mals geltenden französischen Berggesetz die 4 Distriktsfelder Rheinpreußen, Diergardt, Verein und Humboldt verliehen wur¬ den, von denen die drei letzteren später in 10 kleinere Felder geteilt 'wurden. Der wirtschaftliche Aufschwung, welcher dem deutsch-fran¬ zösischen Kriege folgte, ließ in den Jahren 1872 — 1874 die Bohrtätigkeit wieder aufleben, wobei jedoch nennens werte Er¬ folge nicht erzielt wurden. Es kamen nur die beiden Normal¬ felder Heinrich und Tellus I zur Verleihung. Im Jahre 1897 setzte dann am Niederrhein die letzte Bohr- Die Steinkohlenformation. 13 periode ein, welclie die früheren an Bedeutung weit überragte und erst vor wenigen Jahren ihren Abschluß fand. Ihre Er¬ folge gründen sich im wesentlichen auf die Fortschritte der Bohrtechnik, für die es ein leichtes geworden war, Teufen, welche früher jeden Aufschlußarbeiten ein Ende setzten, zu überwinden. In dieser Bohrperiode wurde das Steinkohlen¬ gebiet um rund 575 Geviertkilometer vermehrt ; es erstreckt sich heute nach Horden bis Calcar und nach Westen bis an das Tal der Maas. Es kamen weit über 200 Kormalfelder zur Verlei¬ hung, so daß der nördliche niederrheinische Steinkohlenbezirk, soweit er links des Rheines gelegen ist, heute 830000000 qm umfaßt. In den Besitz des Eelderbezirkes teilen sich die Ge¬ werkschaft Nieder rhein, die deutschen Solvay- Werke, die rheiniseh-westf älische Bergwerksge sellschaf t , Bergas- sessor STEIN, die Rheinischen Stahlwerke, die A.-G. Phönix, die A.-G. Friedrich Heinrich, die Gewerkschaften Humboldt, Alfred (Krupp), Korddeutschland, Großher¬ zog von Baden, Ernst Moritz Arndt, Süddeutschland, Rheinpreußen, Heinrich, Vluyn I und II, Fritz (Krupp), Wilhelmine Mevissen, Diergardt und Tellus. Abbau geht bis jetzt nur auf dem der Familie HANIEL gehörenden Felde Rheinpreußen um, das mit 2 älteren und 3 modernen Schachtanlagen in der Reihe der ersten west¬ deutschen Steinkohlenbergwerke steht. Mit dem Abteufen be¬ schäftigt sind die A.-G. Friedrich Heinrich, die Deut¬ schen Sol vay- Werke, die Rheinischen Stahlwerke und die Gewerkschaft D ier g a rd t. Durch die Identifizierung der Flöze Sonnenschein und Katharina ist auch für die linke Rheinseite die Gliederung in die Magerkohlen-, Fettkohlen- und Gaskohlengruppe mög¬ lich. Die Abtrennung der Gasflammkohlen stößt dagegen noch auf Schwierigkeiten, da das Grenzflöz Bismarck noch nicht mit genügender Sicherheit erkannt wmrden konnte. Die Magerkohlen umfassen, soweit sie bekannt geworden sind, den oberen und mittleren Teil des rechtsrheinischen Pro- 14 Die Steinkohlenformation. f ils bis etwa zum Flöz Sarnsbank hinunter und enthalten in den Konglomeraten der Finefrau-Gruppe und der Partie unter Son¬ nenschein 2 Horizonte, welche für den Vergleich mit dem Ruhr- revier besonders wichtig sind, da marine Schichten bis jetzt nicht beobachtet werden konnten. Aus dem Vorhandensein des Finefrau-Konglomerates und der Flözführung überhaupt ergibt sich eine zweckmäßige Gliederung in 3 Abteilungen, von denen die untere die Schichten unter dem tieferen Konglomerat, die mittlere diejenigen zwischen dem letzteren und den Girondelle- Flözen, die obere den Rest umfaßt. In der Flözführung tritt ein wesentlicher Unterschied her¬ vor zwischen dem östlichen und westlichen Teil des Gebietes. Her erstere umfaßt etwa den nördlichen Rheintalgraben und schließt sich eng der rechtsrheinischen Entwicklung an, während der Horst von Geldern - Crefeld eine Übergangsstellung ein¬ nimmt zu der Entwicklung des niederländischen Peel-Gebietes. In der Nähe des Rheines ist im Liegenden des Finefrau- Konglomerates noch eine Schichtenfolge von rund 250 m nach¬ gewiesen. Sie umfaßt 6 — 8 Flöze, unter denen man die Geitling- Flöze und die Mausegatt-Gruppe mit Sicherheit wieder erken¬ nen kann. Die Kohlenmächtigkeit dieser Schichten beträgt rund 6 m, von denen 3 — 4 m auf die Mausegatt-Gruppe entfallen1). Das Finefrau-Konglomerat wird bis 40 m mächtig und wird fast unmittelbar überlagert von dem Flöz Finefrau mit 120 bis 130 cm Kohle. Die hangenden Schichten sind verhältnis¬ mäßig flözreich auf Rheinpreußen, während sie schon wenig westlich dieses Feldes ärmer werden und in ihrer Flözführung hinter der nächst tieferen Schichtengruppe zurückstehen. Wäh¬ rend auf Rheinpreußen in der etwa 110 m mächtigen Schich¬ tenfolge, abgesehen von Finefrau selber, noch 4 Flöze mit ß Betreffs cler Ausführungen in dem bei Gelegenheit des Internationalen Kongresses für Bergbau etc., Düsseldorf, 1810, gehaltenen Vorträge über das flözführendc Steinkohlengebirge im Bhein-Maas-Gebiet vergleiche Glückauf, 46. Jahrgang, 1910, Seite 1168. Die Steinkohlenformation. 15 3 m Kohle auftreten, sind in den westlicheren Profilen nur 2 — 3 Flöze mit 125 cm Kohle beobachtet worden (Anlage II ). Die Gironde Her Partie ist mit dem bekannten Flöz- reichtum am gesamten Niederrhein entwickelt. Sie enthält im allgemeinen 2 — 3 Flöze mit 2 — 3 m Kohle, welche sich auf eine Schichtenfolge von ca. 40 m verteilen. Die mittlere Abteilung des Profils umfaßt somit eine Schichtenfolge von rund 150 m mit 4,25 — 6 m Kohle. Den tieferen Schichtengruppen stehen in der Flözführung die Schichten zwischen den Gironde 11 er Flözen und Son¬ nenschein gegenüber. Sie sind 200 — 300 m mächtig und ent¬ halten, abgesehen von Flöz Sonnenschein, das man bereits zur Fettkohlengruppe zu ziehen pflegt, neben einigen Kohlestreifen nur ein einziges bauwürdiges Flöz, Plaßhof fsbank, mit 30 bis 110 cm Mächtigkeit. Dasselbe liegt 80 — 90 m über den Girondeller Flözen und etwa 50 m unter dem für diese Schichten- gruppe charakteristischen Konglomerat, das 10—20 m mächtig wird. Die Gesamtmächtigkeit des aufgeschlossenen Teiles der Magerkohlenpartie ist 700 — 800 m. Einen Gegensatz zu dem verhältnismäßig hohen Flözreich¬ tum der Magerkohlengruppe im östlichen Teil unseres Gebietes bildet die Flözarmut der Stufe im westlichen Teil. In der Umgegend von Geldern sind die oberen Flöze der Mager¬ kohlen erbolirt worden und als tiefste die IGöze der Gegend von Finefrau, wie aus dem Auftreten eines Konglomerats von 30 m Mächtigkeit hervorgeht. Tiefere Flöze kennt man bis jetzt nicht. Nach den Ergebnissen von Bohrungen, welche noch südlicher liegen und trotz der clurchsunkenen Schichtenfolgen von mehr als 400 m kein bauwürdiges Flöz nachgewiesen haben, ist es wahrscheinlich, daß in dem unteren Teil der Magerkohlengruppe eine Vertaubung eintritt, die etwa bis Finefrau hinaufreicht. Die niederländischen Bohruno’en des O Peel-I4or.stes haben ähnliche Verhältnisse festgestellt. Die flöz- 16 Die Steinkohlenformation. leere Partie umfaßt hier aber die gesamte untere und mitt¬ lere Abteilung bis zu den Girondeller Flözen hinauf1) (An¬ lage II). Die höheren Schichten der Magerkohlengruppe entsprechen in ihrer Entwicklung im großen und ganzen denjenigen der östlicheren Gebiete. Mit Bezug auf die Abweichungen in der Ausbildung der Magerkohlengruppe ist zu bemerken, daß die auf der Karte (Anlage I) gegebene Südgrenze des flözführenden Steinkohlen¬ gebirges eine bestimmte stratigraphische Grenze nicht darstellt. Eine der Grenzlinie im Rheintalgraben in dieser Hinsicht ent¬ sprechende Linie wird auf dem Horst von Geldern-Crefeld viel¬ leicht über Aldekerk verlaufen und in Staffeln zu der Grenze des Rheintalgrabens hinüberleiten. Auf die Elözarmut der unteren Magerkohlenpartie ist es zum Teil auch zurückzuführen, daß man bei den zahlreichen Bohrungen nördlich von Crefeld in großer Verbreitung Schichten antraf, welche ihrem petrographischen Charakter nach zum pro¬ duktiven Carbon gehören, aber bauwürdige Elöze nicht ent¬ halten. Die Eettkohlengruppe ist in ihrer gesamten Mächtig¬ keit aufgeschlossen. Sie umfaßt fast genau 500 m und wird nach oben durch das Elöz Katharina, das bereits zu der nächst¬ höheren Stufe gestellt wird, begrenzt. Das Elöz Sonnenschein besitzt im allgemeinen eine Mächtigkeit von 0,60—0,75 m, sinkt bisweilen aber auch unter 0,50 m hinab. Sein Gasgehalt steigt von 17 v. H. bis auf mehr als 20 v. H. In seinem Hangenden folgt eine Schichtengruppe von etwa 200 m Mächtigkeit, welche in ihrem unteren Teil mächtige Sandsteinpacken enthält und nicht sehr flözreich ist. Die mächtigste Sandsteinbank, welche bis zu 50 m stark wird, liegt 50 m über Sonnenschein. Auf Rheinpreußen treten in der unteren Abteilung der 5 Van Waterschoot van der Gracht, The deeper geology of the Netherlands usw. ; Memoirs of the Government Institute for the Geological Exploration of the Netlierlands. 2. 1909. Die Steinkohlenformation. 17 Fettkohlengruppe außer Sonnenschein noch 6 Flöze mit etwa 400 cm Kohle auf. Nach Westen nimmt die Zahl der Flöze ab ; dafür wird aber ihre Mächtigkeit größer, so daß die Kohlen¬ menge ungefähr konstant bleibt. Die obere Grenze der flözärmeren Schichten, welche sich sowohl in ihrer Flözführung als auch in der petrographischen Ausbildung der Magerkohle nähern, liegt in der Gegend des Flözes Herrenbank. Über ihm folgt eine noch rund 300 m umfassende Schichtenfolge, welche durch hohen Flözreichtum ausgezeichnet ist und den wichtigsten Teil des linksrheinischen Profils überhaupt darstellt. Auf Rhein- preußen liegen in dieser Partie rund 15 m Kohle, die sich auf 17 gute Flöze verteilen. Wenn auch im einzelnen nach Westen die Flözentwicklung Abweichungen zeigt, so ist doch die Kohlenmenge nur geringen Schwankungen unterworfen. Vergleichen wir das linksrheinische Fettkohlenprofil mit dem rechtsrheinischen, so fällt vor allem der Unterschied in der Verteilung der Flöze in die Augen. Während linksrheinisch ein scharf ausgeprägter Gegensatz zwischen einer oberen, durch hohen Flözreichtum ausgezeichneten Abteilung und einer un¬ teren, flözärmeren besteht, ist im mittleren und östlichen Teile des Ruhr-Kevieres eine ziemlich gleichmäßige Verteilung der Flöze auf die ganze Gruppe wahrzunehmen. Rechtsrheinisch enthält das Fettkohlenprofil eine Konglo¬ meratbank im Hangenden von Johann. Auf der linken Rhein¬ seite konnte in einer Bohrung etwa in der Mitte der flöz- ärmeren Abteilung ein schwach konglomeratischer Sandstein beobachtet werden, welcher dem genannten Konglomerat ent¬ sprechen dürfte. Mit dem Flöz Katharina beginnt die nächsthöhere Stufe, die Gaskohlengruppe, von der im Anschluß an das Fett¬ kohlenprofil noch 300 m erschlossen sind. Es ist kein Zweifel, daß eine Reihe von Bohrungen noch höhere Flöze, und zwar so¬ wohl aus der oberen Gaskohlen- als auch aus der Gasflanpm- kohlengruppe, angetroffen hat. Die Identifizierung der 2 Neue Folge. Heft 67. 18 Die SteinkohleDformation. Flöze wird aber in den höheren Schichten durch das Zurück¬ treten charakteristischer Leitmerkmale sehr erschwert, so daß es bis jetzt nicht möglich ist, genau zu entscheiden, in welchem Umfang die Profile zur Gaskohlengruppe oder schon zur Gas- flammkohlengruppe gehören. Der Gasgehalt ist so beträchtlichen Schwankungen unterworfen, daß er nur mit Vorsicht zur Identi¬ fizierung benutzt werden kann. Der Gasgehalt des Flözes Ka¬ tharina seihwankt z. B. zwischen 29 und 35 v.H. Es mögen hierin zum Teil wohl primäre Unterschiede, zum Teil aber auch sekundäre Einflüsse, wie z. B. eine Entgasung durch Gebirgs- störungen, hervortreten. Es steht aber fest, daß die höchsten Schichten des linksrheinischen Profils nur Flächen geringer Ausdehnung einnehmen, so daß der genannte Mißstand an Be¬ deutung {verliert. Das Flöz Katharina ist durch das Auftreten einer ma¬ rinen Schicht in seinem Hangenden ausgezeichnet. Sie ist links¬ rheinisch zuerst von R. BARTLING beobachtet worden und be¬ steht nach dessen freundlicher Mitteilung aus einem 10 cm mächtigen, tiefschwarzen Schieferton mit verkiesten Exemplaren von Avieiilopecten papyraceus und Nautilus V onderbecki, die keinen Zweifel lassen, daß das etwa 5 m tiefer liegende Flöz mit Katharina ident ist. Mit dem Flöz Katharina, dessen Mächtigkeit zwischen 70 und 150 cm schwankt, schließt der durch einen besonders hohen Flözreichtum ausgezeichnete Teil des linksrheinischen Profils ab. Es folgt noch eine größere Zahl von Flözen, die aber weniger dicht gedrängt sind und insgesamt 6 — 8 m Kohle ein¬ schließen. Der höchste festgestellte Gasgehalt der linken Rhein¬ seite ist 36 v. H. Über die Beteiligung der verschiedenen Stufen an dem Auf¬ bau des Gebietes kann Genaueres noch nicht mitgeteilt wer¬ den. Es muß der Hinweis genügen, daß die Regelmäßigkeit, welche rechtsrheinisch in der Aufeinanderfolge der Stufen von S nach N zu erkennen ist, linksrheinisch weniger scharf her¬ vortritt. Es tritt hierin wahrscheinlich der Einfluß von strei- Die Steinkohlenformation. 19 ebenden Verwerfungen hiervor, die sich nach den vorhande¬ nen Aufschlüssen nicht genau festlegen lassen. Die Faltung scheint, soweit sich nach den Bohrungen ein Urteil gewinnen läßt, vom Süden nach Norden an Intensität abzunehmen. Auch das süd-nördlich gerichtete Einsinken der Carbon¬ oberkante ist von Verwerfungen, die mehr oder weniger in der Richtung des Streichens der Schichten verlaufen, beeinflußt und erfolgt z. T. sprungweise, wobei nicht selten horstartige Erhebungen zwischen eingesunkenen Schollen auf treten. Nord¬ östlich von Crefeld beträgt die Mächtigkeit des Deckgebirges 50 bis 100 m, bei den nördlichsten Bohrungen mehr als 1200 m. In der petrographischen Ausbildung schließt sich das Stein¬ kohlengebirge im linksrheinischen Teil des nördlichen nieder- rheinischen Bezirkes eng an die des rechtsrheinischen und des Ruhrreviers an. Bei der Untersuchung niederrheinischer Bohrkerne konnte eine größere Anzahl von Pflanzen gesammelt werden, die von Herrn Dr. GrOTHAN bestimmt und in folgender Liste zusam¬ mengestellt sind : Calamites typ. cannaeformis Schl. » Suckowi Brgt. » Cisti Brgt. » ramosus Artis. Anmdaria radiata Brgt. » microphylla Sauv. AsterophylUtes grandis Stb. » longifolins Stb. Finnidaria oolumnaris Art. sp. » capillacea L. u. H. Sphe n ophylliim cuneifolium Stb. Lepidodendron laricinus Stb. » lycopodioides Stb. » Uedding er i Ett. » obovatum Stb. aff. Wortheni Sesqu. » 20 Die Steinkohlenformation. Lepidophloios laricinus Ste. Lepidostrobus sp. Sig Maria sp. Stigmaria ficoides Becit. A lethopteris decurrens Abt. sp. » lonchitica Schloth, » aff. Davrenxi Brgt. Palmatopteris aff. Zobeli GöPP. » geniculata GEEM. u. KaULE. sp. Linopteris sp. Mariopteris muricata Schloth. » acuta Brgt. » sp. Neuropteris heterophylla Brgt. » gigantea Stb. » obliqua Brgt. Pecopteris plumosa Art. sp. Sphenopteris Hoeninghausi Brgt. » Lamenti Andr. » Sauveuri Crep. » obtusiloba Brgt. » crassmervosa Gothan » sp. Cordaites principalis Germ. Das Steinkohlengebiet von Erkelenz-Brüggen und das Peel- Gebiet. Di.e von Herrn Fritz HONIGMANN im Jahre 1884 bei Rat- lieim westlich von Erkelenz niedergebrachte Bohrung leitete die Erschließung des Steinkohlengebietes von Erkelenz-Brüggen ein, welches 102 Normalfelder umfaßt und sich von Löve¬ nich, südlich von Erkelenz, bis über Brüggen hinaus erstreckt. Neben ERITZ HONIGMANN teilen sich in den Besitz des Gebietes die Rombacher Hütte, die Deutsch-Österreichische Ivoh- Die Steinkoblenformation. 21 henbergbau-Gesellschaf t und die Rheinische Bo hrgesell- sch af t. Die ersten Mitteilungen über Bohrungsergebnisse in diesem Gebiet gab KÜPPERS1). Später sind dieselben in einer Reihe von Arbeiten teils erwähnt, teils ausführlicher beschrieben worden2), wobei sich indes die Bearbeitung des Steinkohlengebirges vor¬ nehmlich auf die Profile der Bohrmeister stützen mußte. Zu¬ letzt hat sich Herr VAX WATERSCHOOT VAX DER GRACHT über das Steinkohlengebirge von Erkelenz-Brüggen geäußert3) auf Grund der unter seiner Leitung ausgeführten Bohrungen in dem nahen Peel-Gebiet. Die in dem Steinkohlengebiet von Erkelenz-Brüggen nie¬ dergebrachten Bohrungen sind zum weitaus größten Teil nur Fundbohrungen, ein Umstand, welcher den Versuch, die Profile zu einander und zu denjenigen anderer Gebiete in Beziehung zu bringen, sehr erschwert. Nur einige wenige Bohrungen sind tiefer in das Steinkohlengebirge eingedrungen, ohne indes nen¬ nenswerte, umfassende Profile geliefert zu haben. Ein weiterer Mißstand ist es, daß die Bohrungen sehr ungleich verteilt sind und daß deshalb Gebiete mit zahlreichen, gedrängt stehenden Bohrungen durch ausgedehnte, unaufgeschlossene Flächen ge¬ trennt werden, und daß schließlich nur bei einer kleinen Zahl von Bohrungen die Kerne genau untersucht werden konnten. Die Beurteilung des Steinkohlengebirges muß sich deshalb le- b E. Küppers, Das Steinkohlenvorkommen bei Erkelenz. Mitteil', aus dem Markscheidewesen, Heft VI, 1892 S. 1. 2) M. Wachholder, Die neueren Aufschlüsse über das Vorkommen der Steinkohlen im Ruhrbezirk. Bericht über den VIII. Allgemeinen Deutschen Bergmannstag zu Dortmund, 1901, S. 67. B. Schulz-Briesen, Die linksreinischen Kohlen- und Kalisalz-Aufschlüsse usw. Glückauf. 40. Jahrgang, 1904, S. 361. E. Holzapfel, Bemerkungen zu den Ausführungen der Lethaea usw., Zeitschr. Deutsch. Geol. Ges. 54, 1902, B. M., S. 79. P. Keusch und W. Wunstorf, Das Steinkohlengebiet nordöstlich der Rur usw. Glückauf, 43. Jahrg., 1907, S. 425. s) y. AVaterschoot van der Gracht, The deeper Geology of the Xether- lands usw., S. 145. 22 Die Steinkohlenformation. diglich auf das Vorkommen von charakteristischen Sandsteinen und Konglomeraten und auf die Anordnung der Flöze stützen. Nur geringe Bedeutung wird auch hier dem Gasgehalt der Flöze und dem Auftreten von Schichten mit Süßwassermuscheln und Toneisensteinlagen beigelegt. Von besonderem stratigraphischen Interesse, sowohl in all¬ gemeiner Hinsicht, als auch für die Deutung der Profile des Gebiets von Erkelenz-Brüggen sind vier Bohrungen, welche die Staatliche niederländische Bohrverwaltung auf dem Peel-Horst, der Fortsetzung des PXorstes von Brüggen1), niedergebracht hat, und welche ein Gebiet von rund 90 qkm aufschließen. D er sich südlich von Venjo von der Maas über Helena¬ veen hinaus erstreckende Peel-Horst wird durch eine den Band¬ brüchen parallele Verwerfung in zwei langgestreckte Schollen zerlegt (Anlage I). Auf der südlicheren liegen in einer un¬ gefähr SO-NW streichenden Linie die 3 Bohrungen Kessel. Helden, Helenaveen, auf der nördlicheren die Bohrung Baarlo. Die genannten 4 Bohrungen haben ein Profil (Anlage II ) erschlossen, welches einen großen Teil der Maigerkohlen- par.tie, fast die gesamte Fettkohlen- und einen Teil der Gaskohlengruppe umfaßt. Die sichere Identifizierung von Sonnen schein ermöglicht auch hier die Gliederung des Ruhr¬ reviers du rchzu führen. D ie Magerkohlenpartie ist in einer Mächtigkeit von rund 500 m aufgeschlossen. Sie ist durch auffallende Flözarmut ausgezeichnet, indem lediglich die Girondeller Partie Flöze führt, während die tieferen, noch bis zu 300 m Mächtigkeit durehsunkenen Schichten fast flözfrei sind. Einen Übergang zu dieser Flözarmut lassen bereits die oben beschriebenen Ver¬ hältnisse des westlichen Niederrheingebiets erkennen. Die Girondeller Partie enthält drei Flöze mit insgesamt 264 cm Kohle und wird auch hier von einer flözarmen Schich¬ tengruppe überlagert, welche die höchsten Schichten der Gruppe umfaßt und 160 m mächtig ist. 9 Vergleiche oben S. 6, Die Steinkohlen form ation. 23 Die Fettkohlengr upp e läßt die am Niederrhein beob¬ achtete Gliederung in eine untere, flözärmere, und eine obere, flö/z reiche re Abteilung erkennen, steht aber im allgemeinen in ihrem Kohlenreichtum hinter dem Niederrhein zurück. Ein¬ schließlich Sonnenschein kommen auf das gesamte aufgeschlos¬ sene Fettkohlenprofil, das nahezu bis Katharina hinauf reicht, 12 m Kohle. Von den Gas kohlen ist eine Schichtenfolge von 300 m bekannt, welche nach dem Vorkommen einer Konglomeratbank über dem hängendsten Flöz bereits der oberen Abteilung der Gruppe angehört. Sie enthält noch 6 Flöze mit 30 — -35 v.H. Gas und eine Kohlenmächtigkeit von 519 cm. Der Gasgehalt ist auffallend gering und vielleicht auf Entgasung durch Ge- birgsstörungen z u r üc k z u f ü h r e n . Die einzelnen Stufen des flözführenden Steinkohlengebirges verteilen sich auf den südlichen Teil des Peel-Horstes in der Weise, daß die drei Bohrungen der südlicheren Scholle in stid- ost-nordwestlieher Richtung immer jüngere Schichten erreicht haben. Die Bohrungen Kessel und Helden stehen in der obe¬ ren Fettkohle, und das Profil von Helenaveen gehört bereits zur Gaskohlengruppe. Die Bohrung Kessel hat eine Ver¬ werfung durchteuft, welche vermutlich in der Richtung des Maas-Tales verläuft und eine westliche Scholle mit jüngeren Schichten gegen eine östliche mit älteren begrenzt. Die nördliche Scholle mit der Bohrung Baarlo besitzt Horst¬ charakter und hat stärkere Abtragung erfahren, so daß die erbohrten Schichten tieferen Horizonten entsprechen als die¬ jenigen der südlicheren Bohrungen. D ie Bohrprofile des Peel-Horstes lassen somit ein Heraus¬ heben des Steinkohlengebirges in südöstlicher Richtung er¬ kennen, eine Tatsache, die auch in dem Auftreten noch älterer Schichten in den nördlichsten Bohrungen des Stein¬ kohlengebietes von E r ke 1 e n iz - B r ii g g e n — in der U m- gebung des Ortes Brüggen — hervortritt. Diese haben einen grobkörnigen, kaolinhaltigen, in einigen Lagen kon- 24 Die Steinkohlenformation. glomeratischen Sandstein erschlossen, welcher nach der Anord¬ nung der begleitenden Flöze als das Äquivalent des Fine¬ frau - Konglomerates anzusehen ist. Im Hangenden des¬ selben liegt ein Flöz, das in der Bohrung Brüggen II 90 cm mächtig ist, und etwa 25 m im Liegenden des Konglomerates ein (zweites von 65 cm (Abb. 1). In der benachbarten Boh¬ rung Brüggen 3 tritt etwa 8 m tiefer noch ein zweites Flöz mit 110 cm Kohle auf. Die Profile von Brüggen lassen so¬ mit eine Anreicherung der Magerkohlengruppe gegenüber dem Peel-Horst erkennen. An die Bohrungen von Brüggen schließen sich nach Süden diejenigen der Umgegend von Elmpt an. Sie zerfallen in 2 Hauptgruppen, von denen die eine die Bohrungen nahe am Dorfe Elmpt, die andere die westlich von Elmpt, am Rande des Elmpter Waldes und in diesem gelegenen umfaßt. Zwei vereinzelt stehende Bohrungen liegen nördlich, bezw. nordwest¬ lich von Elmpt und leiten hinüber zu denjenigen von Brüggen. Die Bohrungen beim Dorfe Elmpt haben flözarme Partien angetroffen, welche in dem Vorkommen von groben, hellgrauen Arkose-Sandsteinen und in der Anordnung der Flöze weit¬ gehende Übereinstimmung mit den Profilen von Brüggen zeigen. Die westlichen Bohrungen haben dagegen flözreichere Schichten erschlossen, die aber wegen unzureichender Profil¬ mächtigkeiten eine genaue Parallelisierung nicht gestatten. Das umfassendste Profil ist das der Bohrung Elmpt 4 (Abb. 1 ), welches in einer Schichtenfolge von 123 m 6 Flöze mit 720 cm Kohle enthält. Die Flözmächtigkeiten, der Flözreichtum und auch der Gasgehalt der Flöze lassen es wahrscheinlich er¬ scheinen, daß das Profil die Gir'ondie Ile -Flöze enthält und somit der oberen Magerkohle angehört. Sehr wahrscheinlich stehen auch die Elmpt 4 benachbarten Bohrungen in der Giron- deller Partie, während es zweifelhaft bleiben muß, welche Be¬ ziehungen zwischen den am weitesten nach Norden vorgescho¬ benen Bohrungen und dem genannten Profil bestehen. Das nächste, gut aufgeschlossene Gebiet ist die Umgegend j| an der KöniSl. Gfioloö- La ndessnstalt 'a ' Neue Fof^e Heft 67. Abbildung 1. PR OFILE aus dem Steinkohlengebiet von Erkelenz-Brüggen 3orothea 14 (Dalheim) Fv 'K - 8 K 9 ’ic tS $8 55 5Z 90 90 66 70 • 75 T — “ - » 75,2 % 16% TamenU (Arsbeck) 5(7 f 75 2 0 75 50 30 80 20 Schiefer Sandstein Grobkörniger Sandstein d;?.v.o-:0J. • ‘ . .0'.» Konglomerat. Sandstein Oje Zahlen am Unken Rand der Pro¬ file aeben die Flözmächtigkeiten, am rechten Rand den Gasgena/f an. i : 2000. Dorothea 25 (Dalheimer Mühle) Elmpt 4 (am Elmpter Wald) ISO 17,n % 220 700 so so 150 Elmpt JSK (El mpt ) 70 72,09 % 20 1309 % 95 W Ta menIXrZ (Arsbeck) 55 735 l-L: ca 77% Brü^enlE « * ' . o o ;o • «V • • • • . • • .. •‘.Vv* •&, c*oV • • • ?:V. .' V •*.*. .• ’ • ' * •. Zu Seite24. Photolithogr.Leop.Kraatz, Berlin Die Steinkohlenformation. 25 von Dalheim, in der sich eine große Anzahl von.- Bohrungen auf einen sich von der Landesgrenze bis zum Dorfe Arsbeck hinziehenden Streifen verteilen. Der Gegensatz zwischen flöz¬ armen Schichten im Osten und flözreicheren im Westen tritt auch hier hervor. Die flözreichste Bohrung steht unweit des Bahnhofs Dalheim (Dorothea 14) und hat eine Schichtenfolge von 190 m mit 12 Flözen und 730 cm Kohle durchsunken, während die nördlich von Arsbeck gelegene Bohrung Tarnen II auf rund 270 m nur 385 cm Kohle ergeben hat (Abb. 1 . Benachbarte Profile sind noch ärmer. In den Profilen von Dalheim- Arsbeck und Elmpt tritt eine nicht unbedeutende Übereinstimmung hervor. Bei Arsbeck hat man wieder die grobkörnigen, hellgrauen Arkosesandsteine erbohrt, wie wir sie bei Elmpt und Brüggen kennen ge¬ lernt haben, und auch die Anordnung der Flöze und ihr Gasgehalt unterstützen die Annahme, daß bei Brüggen, Elmpt und Arsbeck gleichaltrige Schichten, welche der Gegend des Flözes Finefrau angehören, angetroffen wurden. Ein näherer Vergleich der Profile Dorothea 14 und Elmpt 4 läßt ebenfalls gewisse übereinstimmende Züge hervortreten, die neben dem Gasgehalt eine Parallelisierung gestatten und auch die Dalheimer Profile in die Gironde 11 er Partie verweisen. Die Flöze dieser Gruppe scheinen, was die Mächtigkeit und was die Anordnung betrifft, überhaupt ziemlich beträchtlichen Schwankungen unterworfen zu sein. Das Profil der Bohrung Dorothea 25, welche 1500 m westlich von Dorothea 14 nieder¬ gebracht ist und ohne Zweifel nahezu gleichaltrige Schichten durchsunken hat, zeigt wieder erhebliche Abweichungen, und noch größer sind diese bei der niederländischen Bohrung VI o- drop II, welche etwa in der Mitte zwischen der genannten Bohrung und Elmpt 4 liegt, und deren Profil auch von VAN Watersciioot van der Gracht in die Girondeller Gruppe gestellt wird1). Noch weiter südlich, etwa 2 km vom Bahnhof Dalheim b van Waterscuoot van dkr Gracht, a. a. O., Abb. 8. Die Steinkohlenformation. 26 entfernt, östlich von Rosental, liegen eine Anzahl von Boh¬ rungen, deren Profile sehr wahrscheinlich dem oberen Teil der Bohrung Tarnen II, bezw. dem unteren von Dorothea 14 ent¬ sprechen. Es ist somit südlich von Dalheim ein Herausheben des Steinkohlengebirges zu erkennen, das auf eine Aufsattelung hindeutet. In der Gegend von Brüggen ist ein Herausheben in nördlicher Richtung wahrzunehmen, so daß es den Anschein gewinnt, als ob das Gebiet von Dalheim und Elmpt eine ganz flache Mulde darstellt, die von einem Sattel nördlich von Brüg- gen und einem weiteren, südlich von Dalheim, eingeschlossen wird. Leider fehlen Aufschlüsse in der ausgedehnten Fläche O zwischen Dalheim und Elmpt, wenn wir von einer Bohrung ab- sehen, die bei dem Dorfe Niederkrüchten wieder die Schich¬ ten von Arsbeck und Elmpt angetroffen hat. Es muß deshalb dahingestellt bleiben, ob hier noch höhere Schichten auftretem oder ob in diesem Raume eine dritte Aufwölbung vorliegt, welche die breite Mulde Dalheim - Elmpt in Spezialmulden trennen würde. Die niederländische Bohrung Ylodrop II, deren Ansatzpunkt noch in dem Bereich des Horstes von Brüggen, etwa 4 km nordwestlich vom Bahnhof Dalheim, liegt, ist nicht maßgebend für eine Beurteilung des Steinkohlengebirges in dem östlichen Gebiet, da sie in einer Scholle liegt, welche durch die Einwirkung der Randbrüche des Rür-M aas -Tales gegen das Gebiet Dalheim-Elmpt abgesunken ist und deshalb in der vorhandenen Carbonstufe nicht mit diesem übereinzu¬ stimmen braucht. Am Ostrand des erschlossenen Gebietes, bei Elmpt, Nieder¬ krüchten und Arsbeck sind die ältesten Schichten angetroffen, was auf ein Herausheben der Mulde bezw. der Mulden in dieser Richtung hinweist. Dieses Herausheben ist durch mehrere Verwerfungen, welche die Scholle parallel zu den Randbrüchen durchsetzen, modifiziert und tritt deshalb weniger in einem gleichmäßigen als in einem staffelförmigen Ansteigen in die Erscheinung. Die Steinkohlen formation. 27 Der Neigung der Schichten des Steinkohlengebirges ent¬ spricht nicht die Lage ihrer Oberkante. Es ist in jüngerer Zeit eine Umkehr der Bewegung eingetreten, welche eine Schrägstellung der Scholle nach Osten zu bewirkt hat, so daß die Deckgebirgsmächtigkeiten von Dalheim bis Arsbeck von 350 m auf nahezu 500 m anschwellen. Daneben sinkt die Ober¬ kante des Steinkohlengebirges in nördlicher Richtung ein. Öst¬ lich von Ros'enthal liegt sie bei 350 m, bei Brüggen bei 580m, bei Kessel an der Maas bei 680 m und bei Helenaveen bei 913 m unter der Oberfläche. Der beträchtliche Teufenunter¬ schied von Kessel und Helenaveen ist auf ein Absinken an Querverwerfungen zurückzuführen, welche zwischen Helden und Helenaveen den Peel-Horst durchsetzen. Der südliche Teil des Steinkohlengebietes von Erkelenz- Brüggen weicht in tektonischer Hinsicht von dem nördlichen ab. Er umfaßt eine Reihe von Schollen, welche an o st- west¬ lich streichenden Verwerfungen in erheblichem Maße gegen ein¬ ander verschoben sind. Die Profile der Bohrungen bei Erkelenz und Lövenich gestatten noch weniger eine sichere stratigraphische Bestimmung als diejenigen der nördlichen Gebiete. Das umfassendste er¬ schlossene, aber nicht geologisch untersuchte Profil ist das der Bohrung Dorothea 16 (Abb. 2) westlich von Erkelenz mit einer Schichtenfolge von rund 120 m Mächtigkeit und 4 bauwür¬ digen Flözen mit 473 cm Kohle. Eine vorliegende Flözanalyse gibt bei 20.8 v.H. Asche 15,1 v.H. flüchtige Bestandteile an und weist in Übereinstimmung mit den übrigen Bohrungen bei Erke¬ lenz auf die Magerkohlengruppe hin. Die Anordnung und Mäch¬ tigkeit der Elöze läßt es nicht ausgeschlossen erscheinen, daß hier wieder die westlichen Dalheimer und Elmpter Flözgruppen auftreten. Die nördlichsten Bohrungen, bei Gerderath, haben Flöze von geringerem Gasgehalt, und die südlichsten, bei Lö¬ venich, gasreichere Flöze angetroffen (18.1 und 24,8 v.H.). Wenn die höheren Gasgehaltsziffern auch zum Teil wohl durch 28 Die Steinkohlenformation. einen ziemlich beträchtlichen Aschengehalt beeinflußt sind, so scheinen hier doch höhere Schichten hinzuzutreten. Diese Annahme wird noch dadurch unterstützt, daß in dem Profil mit 18,1 v. II. Gas das Fundflöz von einem flözleeren Mittel von 80 m überlagert Abbildung 2. Dorothea 9 Dorothea 16 (Wassenberg) (Hohenbusch) 1 : 2000 " 1 : 2000 7//////Ä — ~f— — ■ jsul'nfrrf Schiefer Sandstein Grobkörniger Sandstein wird, eine Tatsache, die einen Hinwieis auf die Partie unter Sonnenschein enthält. In tektonischer Hinsicht ist noch zu erwähnen, daß ein großer Teil der Fläche zwischen Erkelenz und Lövenich von einem Graben eingenommen wird, der sowohl im Norden wie im Süden von horstartig hervortretenden Schollen eingeschlossen Die Steinkohlenformation. 29 wird. Südlich von Lövenich tritt ein neues Einsenkungsgebiet hinzu, dessen südliche Begrenzung nicht bekannt ist. Ein tektonisch selbständiges Gebiet ist der Wassenberger Spezialhorst1), welcher als eine bis zu 4 km breite Scholle den östlichen Rand des Rurtales von Bi r gehen, nördlich von Wassenberg, bis in die Gegend von Hückelhoven begleitet. Im Bereich dieses Horstes sind Flöze mit nur 5 — 9 v. H. Gas ange¬ troffen worden, welche die gasärmsten des gesamten Steiokohlen- gebiets von Erkelenz-Brüggen darstellen. Die Profile der Bohrungen sind verhältnismäßig flözreich ( vergleiche das Profil Dorothea 9, Abbildung 2 ) und ent¬ halten wieder grobkörnige Sandsteine. Wenn somit neben dem Gasgehalt auch die Ausbildung der Schichten auf die Mager¬ kohlengruppe hinweist, so muß es doch dahin gestellt bleiben, welchem Teil derselben die Profile angehören. Die Unter¬ suchung der Pflanzenreste durch Herrn Dr. GOTHAN ergab das Vorkommen von Neuropteris obliquu BKGT., einer Form, die sowohl bei Aachen als auch im Ruhrrevier erst in der Fettkohle häufiger wird. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß der geringe Gasgehalt der Flöze des Wassenberger Spezial¬ horstes die Folge einer beträchtlichen Entgasung ist, welche vielleicht auf Gebirgsstörungen zurückzuführen ist. Andererseits muß bemerkt werden, daß das Abnehmen des Gasgehaltes den Verhältnissen bei Dalheim entspricht, wo bei Rosental schon gas ärmere Flöze vorhanden sind als bei Dalheim selbst, und daß in dem südlichen Teil des Horstes wieder gasreichere Kohlen (bis zu 19 v. H. Gas) angetroffen sind, eine Tatsache, die auf das Hinzutreten jüngerer Schichten und damit auf eine gewisse Übereinstimmung mit dem Gebiet Erkelenz-Lövenich hinweist. Es besteht somit bis jetzt ein Widerspruch zwischen den sich aus den Verhältnissen des weiteren Gebietes und aus dem pflan- zenpaläontologischen Befund ergebenden Schlußfolgerungen, ein 9 Die Bezeichnung Wassenberger Spezialhorst erscheint zweckmäßigem als die von P. Keusch und W. Wunstorf, a. a. 0., angewandte Bezeichnung Horst von Myhl-Doveken. 30 Die Steinkohlenformation. Widerspruch, der voraussichtlich sehr bald durch die z. Z. im Betrieb befindlichen Untersuchungsbohrungen aufgeklärt wer¬ den wird. Der Horstcharakter des Wassenberger Spezialhorstes tritt ganz besonders in der Lage der Carbonoberkante im Vergleich zu dem Bezirk von Erkelenz und Lövenich hervor. Östlich von Wassenberg wurde diese in wenig mehr als 300 m erbohrt, und in der Gegend von Millich, etwa 6 km südöst¬ lich von Wassenberg, erhebt sie sich bis auf 180 m unter Tas:e. Dieses Herausheben entspricht dem allgemeinen An- steigen des Steinkohlengebirges im nördlichen Teil des Stein¬ kohlengebietes von Erkelenz-Brüggen, so daß der Wassenberger Spezialhorst, wenigstens in seinem nördlichen Teil, in tektoni¬ scher Hinsicht als eine Fortsetzung des Horstes von Brüggen anzusehen ist. Die Schollen von Erkelenz und Lövenich sind dagegen tief eingesunken, so daß das Carbon in Teufen von 400 — 550 m liegt. D ie Ergebnisse der Betrachtungen über die Aufschlüsse des Steinkohlengebietes von Erkelenz-Brüggen lassen sich kurz da¬ hin zusammenfassen, daß es im wesentlichen einer breiten, flachen Mulde angehört, welche im Süden von einem zwischen Dalheim und Erkelenz und im Norden von einem nördlich von Brüggen verlaufenden Sattel begrenzt wird und ein Schichtenprofil ein¬ schließt, das vermutlich der Magerkohlengruppe Westfalens bis zur Girondeller Partie hinauf entspricht. Im Süden scheint eine neue Mulde hinzuzutreten, und im Norden schließt sich eine tiefe Mulde an, der das Steinkohlengebirge des Peel-Gebietes angehört. Neben der in der Ausbildung des Steinkohlen¬ gebirges hervortretenden Faltung äußert sich im südlichen Teil des Gebietes noch der Einfluß von jungen O-W-Verwerf ungen, welche die Schollen von Erkelenz-Lövenich von dem Horst von Brüggen abgetrennt haben. Die Flözausbildung zeigt einen besonders hohen Kohlenreichtum, der an die Flözführung des Puhrrevieres und des östlichen Niederrheingebietes erinnert. Die Steinkohlenformation. 31 Was die petrographische Ausbildung betrifft, so ist das Auftreten von groben bezw. konglomeratischen Arkosesand- s feinen bereits erwähnt. Neben ihnen kommen feinkörnige Sandsteine, Sandschiefer, Tonschiefer und Schiefertone vor. Wie es auch sonst die Regel ist, überwiegen Sandsteine in den tieferen Schichten, während die gedrängten und mächtigen Flöze der höheren Horizonte im allgemeinen von Schiefertonen begleitet werden, welche bisweilen weniger mächtige Sandstein¬ bänke einschließen. Die Schiefertone enthalten sehr häufig La- gen von Sphärosideritknollen und von Süßwassermuscheln, -die aber fast durchweg stark verdrückt und nicht bestimmbar sind. Herr Dr. Gothax hat die Bestimmung der bei der Unter¬ suchung der Kerne im Steinkohlengebiet von Erkelenz-Brüg¬ gen gesammelten Pflanzenreste in liebenswürdiger Weise über¬ nommen und mir die folgende Liste zur Verfügung gestellt : Calamites Suckowi Brgt. » varians Stb. Annularici sphe nophylloides Zenker sp. » radiata Brgt. » microphylla Sauv. Aster ophyllit es sp. Sphenophyllum cuneifolium Stb. sp. » myriophyllum Crep. Lepidodendron lycopodioides Stb. » laricinus Stb. » sp. Lepidophyllum trianguläre Zeiller. Lepidostrobus variabilis Lindl. u. V . » sp. Bothodendron minutifolium L. u. H. Stigmaria ficoides Brgt. Alethopteris lonchitica Schloth. sp. » decurrens Art. sp. Linopteris sp. Lonchopteris Bricei Brgt. 32 Der Zechstein. Mariopteris muricata Schloth. sp. » acuta Brgt. sp. » sp. Neuropteris heterophijlla Brgt. » obliqua Brgt. » gigantea Stb. Pecopteris plumosa Art. Sphenopteris aff. laxifrons Zeiller sp. » obtusiloba Brgt. » aff. Eremopteris artemisiaefolioides Crep. » sp. Palmatopteris furcata Brgt. Alloiopteris coralloides Pot. Radicites sp. Cordaites principalis Germ. sp. » cf. principalis Germ. sp. Der Zechstein. Von AV. AVunstorl und G. Fliegei. Seitdem im Jahre 1897 zum erstenmal im Niederrheingebiet das Vorkommen von Steinsalz in einer Bohrung beobachtet wor¬ den ist (Bohrung Budberg), hat die eifrige Schürf tätigkeit der darauf folgenden Jahre ein salzführendes Zechsteingebiet von un¬ geahnter Ausdehnung nachgewiesen, über das eine Beihe von Veröffentlichungen vorliegen. Diese beschränken sich im we¬ sentlichen auf die Darstellung einzelner Bohrprofile, ohne auf die Gesamtentwicklung des Zechsteins und die bekannten Zech¬ stein, stufen einzugehen. Das »Sammelwerk«1) gibt eine er¬ schöpfende Übersicht über die Literatur, so daß es sich erübrigt, hier ein Verzeichnis aller dieser Arbeiten zu geben. Der vorliegenden Arbeit liegen umfassende Beobachtungen ]) Die Entwicklung dos Niederrheinisch-AVestfälischen Steinkohlenbergbaues. 1903. Bd. I. Der Zechstein. 33 zu Grunde, die sich bei der Untersuchung einer sehr großen, über das gesamte Zechsteingebiet verteilten Zahl von Bohrungen ergeben haben. Eine Veröffentlichung der dabei gewonnenen, allgemeineren Gesichtspunkte erschien um so angebrachter, als die Schürfarbeiten infolge der bekannten gesetzlichen Ma߬ nahmen zu einem gewissen Abschluß gelangt sind. Verbreitung. Während sich die südliche Grenze der Verbreitung des Zechsteins am Niederrhein aus den Tiefbohrungen mit Sicherheit ergibt, ist die Nordgrenze nicht bekannt. Es be¬ steht vermutlich im westlichen Teil des Beckens von Münster ein Zusammenhang mit dem Zechstein von Ibbenbüren und dem Gebiet des Teutoburger Waldes, wofür auch der Nachweis der Schichtengruppe in der Gegend von Vreden- Winters wyk spricht. Andererseits weist die holländische Bohrung Helenaveen, west- lieh von Venlo, auf eine erhebliche Ausbreitung nach Westen hin. Wenn auch weitere Aufschlüsse in nordwestlicher Kich- tung fehlen, so darf man doch die Fortsetzung des nieder¬ rheinischen Zechsteins in England suchen. Daß auch in seiner Ausbildung der niederrheinische Zechstein ein Bindeglied zwi¬ schen dem mitteldeutschen und englischen Zechstein ist, geht aus der petrographischen Entwicklung seiner Glieder hervor. Hinsichtlich der Verbreitung des Zechsteins am Nieder¬ rhein sei im einzelnen auf die geologische Übersichtskarte (An¬ lage I) verwiesen. Seine südliche Begrenzung überschreitet die Rhein-Linie bei Homberg, springt aber zu beiden Seiten der¬ selben nach NW erheblich zurück1 . Dabei wird der Verlauf in hohem Grade durch die tektonischen Linien beeinflußt, wo¬ durch sich die eigenartig gestaffelten Grenzlinien erklären. Die zwischen den großen NW- Verwerfungen liegenden Abschnitte derselben werden nur zum Teil durch Verwerfungen gebildet und stellen überwiegend das Ausgehende der Formation dar. b Die Karte enthält durch ein Versehen bei der Farbenkorrektur bei Orsoy zwei Grenzen; die nördliche muß fortfallen. Neue Folge. Heft 67. 34 Der Zechstein. Dabei muß offen bleiben, wie weit sich das Zechsteinmeer nach Süden ausgedehnt hat, wenngleich eine erhebliche Ab¬ weichung der Kontinentalgrenze von der heutigen nicht anzu¬ nehmen ist. Die Verbreitung der einzelnen Glieder der Forma¬ tion ist insofern durchaus gesetzmäßig, als in dem südlichen Randgebiet der heutigen Zechsteinverbreitung nur Unterer Zech¬ stein auftritt, während sich erst weiter im Norden in regel¬ mäßiger Folge die jüngeren Schichten einstellen. Daraus er¬ klärt sich, daß die Südgrenze der Formation keineswegs zu¬ gleich die Südgrenze der Salzverbreitung ist. Selbst in den Gräben erreicht an keiner Stelle der Obere Zechstein die heutige Südgrenze der Formation. Gliederung. Aus der Bearbeitung der Bohrungen hat sich allgemein eine Gliederung ergeben, die der folgenden petrographischen Be¬ schreibung zu Grunde gelegt ist: D ja s Z 0 c h s t e i n k o n g 1 o m ei r a t ist den Schichten der Steinkohlenformation mit scharfer Grenz¬ fläche aufgelagert und erreicht bis 3 m Mächtigkeit. Seiner Entstehung als Transgressionskonglomerat ent¬ sprechend, wechselt seine petrographische Ausbildung in weiten Grenzen. Es ist überwiegend entwickelt als ein grobes, mas¬ siges, ungeschichtetes Konglomerat, das bisweilen in Sandstein mit vereinzelten Gerollen übergeht und auch durch grobkörnigen Sandstein vertreten werden kann. Während im allgemeinen die Größe der Gerolle ziemlich gleichmäßig ist, zeigen einige Kerne eine auffällige Mischung von Gerollen sehr verschie¬ denen Umfanges. Die Gerolle erreichen des öfteren Wallnußgröße ; vereinzelt kommen noch größere vor, und solche von auffällig flacher Form besitzen bis zu 10 cm Durchmesser. Sie sind unvoll¬ kommen gerollt, meistens nur kantengerundet, haben demnach keinen sonderlich weiten Transport im Wasser erfahren. An der Zusammensetzung des Konglomerats nehmen in Der Zechstein. 35 erster Reihe Gangquarze teil, wenngleich sie ihrer ganzen Masse -nach nicht die Hälft© des Konglomerates ausmachen. Außerdem treten u. a. Quarzite von rötlicher, grünlicher und schwärzlicher Farbe auf. Daneben beobachteten wir Kiesel- schiefer, hellgraue, sehr feinkörnige Sandsteine, glimmerige, schiefrige Sandsteine, besonders in größeren, flachen Gerollen, in großer Zahl rote und braune Toneisensteine, die häufig zur Rotfärbung des Gesteins beitragen, und Grauwacken. Typische Kohlensandsteine und carbonische Konglomerate sind nicht beobachtet worden ; es ist aber wohl nicht zweifelhaft, daß die genannten Gerolle im wesentlichen aus der Zerstörung car, bosnischer Schichten hervorgegangen sind. Die Gerolle sind bisweilen eingebettet in mittelkörnige Sande, meistens aber besteht die Grundmasse aus einem fein- bis grobkörnigen Grus der genannten Gesteine. Ein meist kalkiges, bisweilen kieseliges Bindemittel hat das Ganze zu dem sehr charakteristischen, außerordentlich festen Konglo¬ merat verkittet. Die Verkittung scheint nicht gleichmäßig dicht zu sein, denn bei einzelnen Kernen war das ganze Gestein vo|n dünnen, glänzenden Häutchen von Anhydrit durchsetzt, der außerdem hier und da als Ausfüllung kleiner Drusenräume auftritt. Außerdem zeigten sich Einsprengungen von Schwefel¬ kies und Kupferkies. Der Kupferschiefer. Eicht minder charakteristisch als das Konglomerat sind die Schichten des nächstjüngeren Horizontes, die im Gegensatz zu jenem in ihrer Ausbildung eine auf¬ fallende Übereinstimmung über [das gesamte niederrheinische Zechsteingebiet hin erkennen lassen. Ihre untere Grenze fällt mit einem scharfen Gesteinswechsel zusammen, indem sich ohne jede Vermittlung auf die Konglomerate bezw. groben Sand¬ steine ein Schiefer legt, der sich durch seine Eossilienführung als das Äquivalent des Kupferschieferhorizontes erweist. Die Mächtigkeit des Kupferschiefers ist ziemlich gleich¬ bleibend und beträgt im allgemeinen 2 m. 3* 36 Der Zechstein. In ihrer Ausbildung weichen die hierher gehörenden Schiefer nicht unwesentlich von den Kupferschiefern Mittel' deutschlands ab. Sie sind vor allem ausgezeichnet durch eine charakteristische, graue, ins Braune spielende Färbung, die je¬ doch nicht gleichmäßig im Gestein verteilt ist. Die Schicht¬ flächen erscheinen daher merkwürdig gefleckt, eine Eigentüm¬ lichkeit, an der der Horizont in allen Bohrungen unseres Ge¬ bietes leicht wiederzuerkennen ist. Im Gegensatz zu der rein tonigen Ausbildung des normalen Kupferschiefers zeigt sich in der westdeutschen Ausbildung eine Zunahme der gröberen, klastischen Se¬ dimente : Der Schiefer ist meistens schwach sandis: und O etwas glimmerig, und daher auch die Schichtung, die mit der Schieferung zusammenfällt, etwas rauhflächig. Der Facieswechsel spricht sich ferner auch darin aus, daß meistens ein Gehalt an kohlen saurem Kalk nachzu weisen ist, und sogar echte Mergelschiefer auftreten. Nicht selten sind auch wenig mächtige Bänke von hellgrauem Kalk und auch von Dolomit eingeschaltet. Man wird in der Annahme nicht fehl gehen, wenn man die schmutzig-braune Färbung unseres Kupferschiefers auf einen gewissen Bitumen-Gehalt zurückführt. Von einem erheblicheren Kupfergehalt ist nichts bekannt geworden, was ebenso wie die beschriebenen, petrographischen Eigentümlichkeiten auf eine Zwischenstellung des rheinischen Kupferschiefers zwischen dem echten deutschen Kupferschiefer und den englischen »slaty marls« hinweist. Daß der Kupfergehalt nicht ganz fehlt, geht aus leinem Anflug von Buntkupfererz hervor, der an den organi¬ schen Resten zu beobachten war. Über die Bitumen- und Erz¬ führung des westdeutschen Kupferschiefers hat P. KEUSCH1) wichtige Untersuchungen veröffentlicht, denen im wesentlichen eine Reihe rechtsrheinischer Bohrungen zu Grunde liegt. b P. Krusch, »Beitrag zur Geologie des Beckens von Münster mit beson¬ derer Berücksichtigung der Tiefbohraufschlüsse im Fürstlich Salm-Salmschen Kegalgebiet«. Zeitschr. Deutsch, geolog. Gesellseh. 61. 1909. S. 230. Der Zechstein. 37 Fossilien sind auch im rheinischen Kupferschiefer nicht selten. Palaeoniscas Freieslebeni Ag. konnte bestimmt werden. Daneben treten Pflanzenreste auf, von denen Herr Dr. GOTHAN die folgenden Arten bestimmt hat: Callipteris Martini Ger mar sp., Ullmannm frumentaria Göppert, VoUzia Liebeana Geix. Der Zechsteinkalk. Die obere Abteilung des Unteren Zechsteins, der Zechsteinkalk ist auch am Niederrhein als besondere Stufe entwickelt, wenngleich ihre untere Grenze nicht sonder¬ lich scharf ausgeprägt ist. Die bereits im Kupferschiefer vorhandenen Kalkeinlagerungen gewinnen an Mächtigkeit, wäh¬ rend an Stelle der dünnplattigen Mergelschiefer undeutlich ge¬ schichtete, feste Schiefertone treten. Die letzteren herrschen vor und schließen die Kalksteine und dolomitischen Kalksteine als Einlagerungen ein. Typisch ist in dieser Hinsicht das fol¬ gende Profil : Anhydrit mit lettio’en un d dolomitischen Einlagerungen. %j o o o dunkel o'rau er Kalkstein . . . 1,3m l dunkelgrauer Schieferton . 0,6 » Zech- \ dolomitischer Kalk mit dunkelgrauem Schieferton 0,8 » stein- dunkelgrauer Schieferton . 3,3 » kalk dolomitischer Kalkstein . 0,5 » 9.0 m / dunkelgrauer Schieferton . 0,6 » ' gelblichgrauer, dolomitischer Kalkstein . . . 1,7 » dunkelgrauer Tonschiefer. ....... 0,2 » Kupferschiefer. Die Schiefertone sind von wenig wechselnder, hell- bis dunkelsrrauer Farbe. Bezeichnend sind für sie — besonders im C Vergleich, zu den Mergelschiefern des nächsttieferen Horizontes — die auffällig unebenen Schichtflächen, auf denen sehr allgemein algenähnliche, organische Reste auftreten. In ihrer Ausbildung kann inan neben einem rein tonigen Gestein ein mehr sandiges unterscheiden. Ganz überwiegend sind beide kalkhaltig, 38 Der Zechstein. Die eingelagerten Kalke sind vorwiegend dicht, bisweilen etwas sandig, an einigen Stellen dolomitisch und schwach porös. Eine im Vergleich zu den Schiefertonen hellgraue Farbe herrscht vor ; nur die dolomitischen Schichten spielen ins Gelbliche über. Im westlichen Teil unseres Gebietes werden die Kalke unter gleichzeitigem Zurücktreten der Schiefertone toniger und gehen bisweilen in Kalkmergel über, die besonders reich an Fossilien zu sein pflegen. Auch der Zechsteinkalk zeigt bisweilen Einsprengungen von Schwefelkies und Kupfererzen. Bemerkenswert ist die Fossilführung. Nach freundlicher Bestimmung des Herrn E. PlCARD enthielten die von G. MÜLLER und den Verfassern am Niederrhein gesammelten Stücke: Pleurotomaria sp., Loxonema Phillipsi King, Loxonema medium King, Macrochilina germanica Dietz, Straparollus planorbites Metr. sp., Polytropis helicina Schl, sp., Polytropis Taylor iana King, Area striata Schl, sp., Aueella Hausmanni Golde, sp., Gervüleia ceratophaga Schl, sp., Sehizodus tnmeatus King, Pleuropkorus costatus Brown sp., Lingula Credneri Gein., Strophalosia lamellosa Gein., Produotus Horridus Sow., Orthis pelargonata Schl., Spirifer costatus Schl., T erebratula elongata Schl., Cyathocrinus ramosus Miller, Eudea tubermlata King. Von besonderem Interesse in faunistischer Beziehung , ist der Fund eines leidlich erhaltenen Limididen, der aus einem Der Zechstein. 39 Bohrkern von Issum fast vollständig erhalten vorliegt. Die p aläontolog i scbe Bearbeitung hat Herr P. G. Krause über¬ nommen. Die Mächtigkeit des Zechsteinkalkes ist 6 — 9 m. Die Untere Anhydrit-Zone. In der Art der Sedimentation der folgenden Schichten zeigt sich eine erhebliche Abweichung gegen die bis jetzt beschriebenen Horizonte. Während hier das klasti¬ sche Material weit überwiegt, tritt dieses jetzt zurück. Es wird ersetzt durch chemische Ausscheidungen in Form von Anhydrit, Dolomit und Salzen. Fettige Ein¬ lagerungen sind nahe der Basis dieser jüngeren Schichten noch ziemlich allgemein vorhanden, gewinnen größere Bedeutung aber erst im höheren Teil des Profils, nach Abschluß der Salz¬ bildung. Die durch die chemischen Gesetze bedingte Reihenfolge der Ablagerungen tritt im wesentlichen auch in unserem Profil her¬ vor, wenn auch der Untere Anhydrit nicht scharf geschieden ist von dem Dolomit in seinem Liegenden. Während in der mitteldeutschen Entwicklung auf den Unteren Zechstein eine mächtige Dolomit-Ablagerung folgt, die den Mittleren Zech¬ stein ausmacht, und darüber scharf geschieden der Altere An¬ hydrit .als Sockel des Salzes, ist bei uns der Dolomit zwar auch an der Basis vorhanden, jedoch in geringer Mächtig¬ keit und mit Anhydrit verwachsen. Nach oben geht er ohne scharfe Grenze in reinen Anhydrit über. Die Mächtigkeit der anhydritisch-dolomitischen Schichten beträgt im allgemeinen nur 5—12 m. Nur in einer Bohrung konnten wir eine Mächtigkeit von 21,3 m feststellen, wovon 17,3 m auf den reinen Anhydrit entfallen. Es geht hieraus hervor, daß die für den Dolomit hervorgehobene Mächtigkeits¬ abnahme für die gesamte Schichtenfolge gilt, welche die Haupt- salzablagerung von dem Unteren Zechstein trennt. Der Anhydrit ist meist körnig bis dicht und zum Teil stark bituminös. Auffallender ist der Bitumengehalt beim Der 40 Der Zechstein. lomit, der in einen echten Stinkstein übergehen kann. Die Farbe des Dolomits ist gelb, braun bis schwärzlich. Eine Schich¬ tung ist sowohl beim Anhydrit wie beim Dolomit kaum zu erkennen. Sie wird nur dort deutlicher, wo beide in Wechsel¬ lagerung auftreten, oder wo, wie an der Basis, lettige Ein¬ lagerungen hinzukommen. Die letzteren sind bisweilen in Lagen von einigen Zentimetern frei von Anhydrit und Dolomit, während sie in anderen Bohrungen von erbsengroßen Knoten von Anhydrit durchsetzt sind. Der Salzhorizont. Es ist bekannt, daß auch im Steinsalz des Nieder¬ rheins Kalisalze auftreten und zwar in einer Form ent¬ wickelt, die von den verschiedenen mitteldeutschen Typen wjesiejntlich verschieden ist. In dieser Hinsicht ist zu¬ nächst hervorzuheben, daß die Salzbildung nach dem uns be¬ kannten, sich auf ein großes Gebiet erstreckenden Beobach¬ tungsmaterial ohne Unterbrechung vor sich gegangen ist, und deshalb eine Gliederung durch eingeschaltete, mächtige Anhy¬ dritschichten und Salztone nicht vorliegt. Es muß deshalb vor¬ läufig offen bleiben, in welcher Welse sich die Salzablagerun- g|ein, unseres und des mitteldeutschen Zechsteins entsprechen. Man wird geneigt sein, unser mächtiges Salzlager am Nieder¬ rhein mit seinen Kalisalzen als das Äquivalent des Älteren Steinsalzes im Staßfurter Profil anzusehen, während das jün¬ gere Steinsalz, falls es zur Ablagerung gelangt ist, durch post¬ hume Auslaugung zerstört worden ist. Da eine Veröffentlichung über die Entwicklung des Salz¬ vorkommens zur Zeit noch nicht im Sinne der beteiligten Ge¬ sellschaften liegt, denen wir das dieser Arbeit zu Grunde lie¬ gende Material verdanken, müssen wir von einer Beschreibung unserer Salze und einer Erörterung ihrer Beziehungen zu den verschiedenen Typen Mitteldeutschlands heute absehen. Wir hoffen hierauf jedoch bald zurückkommen zu können und wer¬ den dann Gelegenheit haben, besonders auch die Ähnlichkeit des niederrheinischen Salzvorkommens mit dem Werra-Profil Der Zechstein. 41 zu erörtern. Im übrigen werden sich bei der Beschreibung der hangenden Schichten weitere Beziehungen ergeben. Die Mächtigkeit des Salzes am Niederrhein erreicht 476 m. Sie bleibt aber im allgemeinen unter 300 m und geht auch nicht selten auf weniger als 100 m zurück. In einigen Boh¬ rungen fehlt es ganz. Wenn auch die Schwankungen der Mäch¬ tigkeit des Salzes sicherlich z. T. auf nachträgliche Auslau¬ gung zurückzuführen sind und daher in einem gewissen, ur¬ sächlichen Zusammenhang mit den tektonischen Verhältnissen des Gebietes stehen, so fehlt es doch auch nicht an Anzeichen, % daß in den Randgebieten der heutigen Salzverbreitung das Salz stellenweise überhaupt nicht zur Ablagerung gekommen ist. Wenigstens dürfte es nur hierdurch zu erklären sein, daß in manchen Bohrprofilen zwischen dem Unteren Anhydrit und den Unteren Zechsteinletten — also im Niveau des Salzlagers — eine ununterbrochene, mehr als 30 m mächtige Ablagerung von Anhydrit erscheint. Auf ein ursprüngliches Dehlen des Salzes in dem östlichen Teil unseres Zechstein-Gebietes weisen einige Bohrungen bei Dorsten hin, in denen das Salz ebenfalls durch 25 m Anhydrit mit einer Einlagerung von 2 m krystallini- schem Kalk vertreten wird. Die Unteren Zechsteinletten. Das Hangende des Salzes wird gebildet von einer Folge von Salzton, Anhydrit, Gips und Letten, die nach oben von dem Plattendolomit abgeschlossen wird. Ihre Mächtigkeit be- trägt 30 m. Die scharfe Begrenzung nach oben und unten ermöglicht die Zusammenfassung zu einer Stufe. Wir begnü¬ gen uns mit dieser Zusammenfassung, obwohl eine weitere, an die mitteldeutschen Verhältnisse anklingende Gliederung vor¬ handen zu sein scheint. In der Mitte tritt nämlich eine bis 11 m mächtige Anhydritbank auf, die einen oberen von einem unteren Salzton scheidet und vielleicht dem Hauptanhydrit Mitteldeutschlands entspricht. Die von uns als Salzton bezeiehneten Letten sind bald grau, bald rot. In der Färbung scheint eine gewisse Gesetzmäßig- 42 Der Zechstein. keit insofern hervorzutreten, als die graue Farbe an die Nach¬ barschaft des Anhydrits und des Salzes gebunden zu sein scheint. Wie überall ist auch am Niederrhein der Salzton in der Regel von Anhydrit bezw. Gips und auch von Salz durchsetzt und schließt auch Knauern und wenig mächtige La¬ gen von Anhydrit ein. Daneben treten auch ziemlich reine Letten auf, welche die durch diese Beimengungen bedingte Neigung zum Zerfallen nicht besitzen und hier und da un¬ deutlich plattig werden. Dadurch, daß einige Schichten durch das V orhandensein eines kieseligen Bindemittels ausgezeichnet sind, entstehen festere, unregelmäßig und undeutlich abgegrenzte Einschaltungen. Gelegentlich waren die Letten in einzelnen Bänken etwas sandig. Der P latten dolomit ist das konstanteste Glied unseres Oberen Zechsteins und sowohl wegen seiner charakteristischen Ausbildung als auch infolge seiner scharfen Begrenzung nach oben und unten überall leicht erkennbar. Er wird bis 6 m mächtig und besitzt im allgemeinen eine deutliche Neigung zu flaseriger bis plattiger Absonderung, die durch die Einschaltung von ganz dünnen Bitumenschichten bedingt wird. Wenn er auch vor¬ wiegend dicht ist, konnte doch gelegentlich eine körnige Struk¬ tur beobachtet werden. Die Farbe des Dolomits ist gelblich¬ grau bis graubraun. Bisweilen treten Anhydrit und Gips in feinster V erteilung auf. Organische Reste sind selten und sehr schlecht erhalten. Die Oberen Zechsteinletten werden eingeleitet durch eine 2 — 3 m mächtige Anhydritbank, welche von roten und grauen Letten mit zahlreichen Gips- und Anhydrit-Einschlüssen überlagert wird. Die Letten besitzen im allgemeinen nicht die für den Salzton hervorgehobene Neigung zum Zerfallen und zeigen bisweilen deutliche Schichtung. Sie werden gelegentlich sandig und können in dünne Sandstein¬ bänke übergehen. Außerdem enthalten sie unbedeutende und O Der Zechstein. 43 unregelmäßig begrenzte, durch ein kalkiges Bindemittel ver¬ festigte Einlagerungen. Der Anhydrit an der Basis und der ihn teilweise ver¬ tretende 'Gips enthalten häufig noch Schmitzen und Streifen von Dolomit und sind nicht selten bituminös. In den Letten treten Gips und Anhydrit vorwiegend in Form von Knauern und Nestern auf ; doch beobachtet man auch einzelne, bis 0,5 m mächtige Bänke. Die Gips- und Anhydrit-Einschlüsse durchsetzen in der Kegel die Letten in ihrer gesamten Mächtigkeit. Nur in eini¬ gen wenigen Bohrungen waren die hängendsten Schichten frei von Gips und Anhydrit. Die Mächtigkeit der Zechsteinletten beträgt rund 40 m. Stratigrapbische Schlußfolgerungen. Wir haben im Vorstehenden die Schichtenfolge des nie¬ derrheinischen Zechsteins in folgender Weise gegliedert : Obere Zechsteinletten rund 40 m Plattendolomit . » 6 » Untere Zechsteinletten » 30 » Salz . » 0- 500 » Unterer Anhydrit . » 10 » Zechsteinkalk . » 7 » Kupferschiefer . » 2 » Zechsteinkonglomerat . » 2 » in dieser Schichtenfolge liegt vor allem zwischen dem Zechsteinkalk und dem Unteren Anhydrit ein scharfer Schnitt, mit dem ein schroffer Facieswechsel verbunden ist. An die Stelle der marinen Bildungen treten die Ablagerungen eines mehr oder weniger vom Meere abgeschlossenen Beckens, in dem die chemische Ausscheidung die mechanische Sedi¬ mentation bei weitem überwog. Diese Grenze ist von besonderer Wichtigkeit, weil sie auch sonst im Zechstein immer wiederkehrt und die Möglichkeit 44 Der Zechstein. gibt, die liegenden Schichten unseres Gebietes trotz einzelner Abweichungen in der petrographischen Ausbildung mit dem Unteren Zechstein Mitteldeutschlands zu parallelisieren. Die aus Mitteldeutschland bekannte Dreiteilung des Unteren Zechsteins tritt auch am Nieder rhein hervor. Das Zechstein- konglomerat transgrediert über die älteren Schichten und füllt die Unebenheiten des Untergrundes aus. Mit scharfer Grenze folgt darauf der bituminöse Mergelschiefer mit den Fossilien des Kupferschiefer-Horizontes, und die obere Abteilung wird von den Kalken und Schiefertonen gebildet, welche dem Zech¬ steinkalk entsprechen. Bemerkenswert ist eine örtliche Abweichung von dieser Ausbildung, die an den östlichen Teil unseres Gebietes ge¬ bunden zu sein scheint. Bereits G. MÜLLER1) erwähnt aus der Bohrung Springsfeld 17, südwestlich von Dorsten, im Han¬ genden des Carbons 70 m mächtige Dolomite mit Productus horridus Sow., überlagert von 5 m Riff kalk mit Fenestella retiformis Schl., Arm striata Schl, sp., Acanthocladia sp., auf den der Buntsandstein folgt. Bei Besten, etwa 5 km nördlich der genannten Bohrung, liegen unter einem po¬ rösen Dolomit mit Producius horridus Sow. noch Kupferschiefer und Konglomerat und über ihm der jüngere Zechstein, so daß hier die Zugehörigkeit des Dolomits zu dem Horizont des Zech¬ steinkalkes sicher ist, und es daher wahrscheinlich wird, daß auch die mächtigen Dolomite der erstgenannten Bohrung ledig¬ lich die untere Abteilung' der Formation vertreten. Daß auch bereits linksrheinisch dolomitische Einlagerungen im Zechstein- kalk auftreten, ist oben bereits angeführt. Sie scheinen in östlicher Richtung häufiger zu werden und schließen sich zu dem erwähnten mächtigen Dolomit zusammen. Die Bohrun¬ gen der Gegend von Kevelaer deuten darauf hin, daß im' west¬ lichen Teil des Gebietes Dolomite überhaupt fehlen. Ganz ausnahmsweise besännt auch linksrheinisch die Do- o !) G. Müller, »Über die neueren Aufschlüsse im westlichen Gebiete} des rheinisch-westfälichen Steinkohlenbeckens« , Yerlmndlg, Natqrhistor. \ er, Rheinl. Jahrgang 61, 1904, S, 199. Der Zechstein. 45 lomitbildung bereits im Kupferschiefer, indem die kalkigen Ein¬ lagerungen durch dolomitische vertreten werden. Die Dolo¬ mitbildung setzt also gelegentlich schon früher ein, wie sich * dieses ja auch aus der Bohrung Springsfeld 17 ergibt. In wie weit diese Verhältnisse ein Analogon zu den Fa- cies-Unterschieden im mitteldeutschen Zechstein bilden, wo ja auch bisweilen mächtige Riffbildungen einen mehr oder min¬ der großen Teil des Zechsteinprofils vertreten, muß dahin¬ gestellt bleiben. Bemerkenswert ist das Profil der holländischen Bohrung Helenaveen, des westlichsten Punktes, von dem der nieder¬ rheinische Zechstein bekannt ist. Nach VAN WATERSCHOOT VAX DER GRACHT liegt hier im Hangenden eines 2,70 m mäch¬ tigen Konglomerates 9,10 m harter, grauer Kalkstein, der fast ganz aus Schalen von Productus horridm Sow. und aus Bryo- zoen besteht. Darüber folgt eine überwiegend aus Mergeln b e s teh e n de Schichtenfolge. Das Profil nimmt eine Ausnahmestellung insofern ein, als der Kupferschiefer fehlt, und die Piffbildung unmittelbar über dem Grundkonglomerat beginnt. Es ist das eine örtliche Ab¬ weichung, denn im allgemeinen scheint die Gliederung unseres Unteren Zechsteins für ein sehr weites Gebiet gültig zu sein, da sie im Profil Englands unverkennbar wiederkehrt. Der »marl slate« ( Kupferschiefer) wird hier von dem »magnesian limestone«, der den Dolomiten unseres Zechsteinkalkes ent¬ spricht, überlagert. Auf weit erheblichere Schwierigkeiten stößt der Versuch, die höheren Zechsteinschichten im niederrheinischen Profile mit dem Mittleren und Oberen Zechstein des übrigen Deatschlands zu vergleichen, was im wesentlichen darin begründet ist, daß die als chemische Niederschläge entstandenen Anhydrite und Salze infolge der schnell wechselnden Entstehungsbedingungen weit weniger konstant sind als die mechanischen Sedimente. Es ist daher sehr erfreulich, daß im höheren Teil des Zech¬ steinprofils ein besonders leicht kenntlicher, aus anderen Ge¬ bieten längst bekannter Horizont auf tritt, der Plattendolomit. 46 Der Zechstein. Der Plattendolomit bildet den oberen Abschluß eines Schich¬ tenkomplexes, der über dem Zechsteinkalk beginnt und in seiner Entwicklung den Einfluß eines Einengungsprozesses erkennen läßt. Als Absatz austrocknender, mehr oder weniger abge¬ schnürter Pfannen erscheinen die Anhydritschichten mit dem mächtigen Salzlager, dessen Bildung durch dolomitische Aus¬ scheidungen eingeleitet und abgeschlossen wird. Die Glieder dieser Schichtengruppe gehören auf das engste zusammen, und wenn trotzdem die oben durchgeführte Gliederung möglich ist, so erklärt sich das dadurch, daß eine bestimmte Gesteinsfolge das Gebiet beherrscht. Das Auftreten des Plattendolomits gibt uns einen Anhalts¬ punkt für den Vergleich mit den übrigen deutschen Zech- steiimebieten, die zum Teil diesen Horizont in gleicher Ent- wicklung auf weisen. In dieser Hinsicht kommt in erster Reihe das Werra-Profil1) in Betracht. Bekanntlich folgt hier auf den wenig mächtigen Mittleren Zechstein eine 200 bis 300 m mächtige Salzfolge, welche von den 35 — 65 m mäch¬ tigen Unteren Zechsteinletten überlagert wird. Letztere be¬ stehen aus wechselnden Lagen von grauem, z. T. stark sandigen Salzton, grauen und roten Letten und aus Anhydrit. Der darüber folgende Plattendolo mit trennt sie von den Oberen Zech¬ steinletten. Beide Profile zeigen somit weitgehende Über¬ einstimmung, die sich in folgender Weise darstellen läßt : W e r r a p r o f i 1 Obere Zechst einletten 10 — 20 m Niederrheinprofil Obere Zechsteinletten rd. 40 m Plattendolomit 15 — 25 in Plattendolomit rd. 6 m Untere Zechsteinletten 35 — 65 m Untere Zechst einletten rd. 30 m Steinsalz mit 2 Kalisalzlagern, Steinsalz mit Kalisalzen 200—300 m 0 — 500 m Anhydrit und Dolomit »sehr Unterer Anhydrit mit Dolo- wenig mächtig«1) mit. rd. 10 m / Unterer Zechstein l) H. Everding, Zur Geologie der deutschen Zechsteinsalze. Abhandl. Geol. Landesanst. Berlin. N. F. 52. 1907. S. 104. Das Mesozoicum. 47 Die Ähnlichkeit beider Profile fällt ohne weiteres in die Augen. Abgesehen von dem in beiden Gebieten vorhandenen Plattendolomit ist noch Übereinstimmung vorhanden in der ge¬ ringen Mächtigkeit des Salzsockels, der an der Werra als Mitt¬ lerer Zechstein bezeichnet wird, und in der Überlagerung des Salzes durch die anhydritführenden, zum Teil als Salzton ent¬ wickelten Unteren Zechsteinletten. Wenn diese im Werraprofil bisweilen eine Abweichung insofern erkennen lassen, als sie nochmals ein dünnes Steinsalzlager einschließen, so ist dieses bei uns vielleicht angedeutet durch eine mächtigere Anhydrit¬ schicht, deren Beständigkeit oben bereits hervorgehoben wurde. Auch in der Ausbildung des Salzlagers selbst scheint eine ge¬ wisse Analogie insofern vorhanden zu sein, als die Kalisalze auf den mittleren Teil der Salzfolge beschränkt sind. Beide Profile stimmen auch darin überein, daß das Hangende des Plattendolomits von den Oberen Zechsteinletten gebildet wird, die aus dem Werra-Profil entsprechend unseren Letten als ein 10 bis 20 m mächtiger, massiger, roter Ton mit Anhydrit in Knauern und Schmitzen bekannt sind. Das Mesozoicum. Von W. Wunstorf und G. Fliegei. Gegenüber Carbon und Zechstein treten im geologi¬ schen Bau des Niederrheinischen Tieflandes die Schichten des Mesozoicums zurück. Der Buntsandstein, der die mesozoische Schichtenfolge einleitet, besitzt zwar noch größere Verbreitung, die jüngeren Triasschichten und die des Jura aber sind nur hier und da in spärlichen Besten erhalten. Die Erscheinung steht in ursächlichem Zusammenhang mit der Tektonik des Gebietes : Die Ablagerung der jüngeren Triasschichten und des ältesten Jura wird in hohem Maße, wie aus den lückenhaften Profilen dieser Schichten hervorgeht, durch gleichzeitige tek- 48 Das Mesozoicum. tonische Vorgänge und die damit zusammenhängenden, wieder¬ holten Verschiebungen der Meeresküste beeinflußt. Vom Jura sind jüngere als liasische Schichten nicht be¬ kannt. Ebenso fehlt, soweit wir bis jetzt wissen, die gesamte Untere Kreide. Auch die Schichten der Oberen Kreide sind zunächst nur in spärlichen Resten erhalten ; erst das Danien transgrediert über größere Flächen. Inwieweit die angegebe¬ nen großen Schichtenlücken ursprünglich oder eine Folge spä¬ terer Abtragung sind, muß vorläufig offen bleiben. Der Buntsandstein. Am Niederrhein folgt über den Oberen Zechsteinletten in großer Verbreitung ziemlich unvermittelt eine außerordentlich mächtige Folge überwiegend grober Sandsteine. Sie sind teils mittel- bis feinkörnig und führen, wenn auch meist nur unter¬ geordnet, lettige Einlagerungen. Nur in den oberen Schichten werden Letten häufiger und herrschen bisweilen vor, so daß man berechtigt ist, eine obere lettige Abteilung von einer un¬ teren, vorwiegend sandigen abzutrennen. Die Sandsteine der unteren Stufe sind vielfach, und zwar sowohl in ihren roten, wie in den eingeschalteten weißen Schichten kalkhaltig. Jedoch ist neben dem kalkigen meistens ein kieseliges Bindemittel vorhanden 5 nur ausnahmsweise ist dieses so gering, daß der Sandstein mürbe wird und bei den Bohrungen keine Kerne ergab ; die Proben bestehen dann aus Sand. Wie in anderen Buntsandsteingebieten treten im Sand¬ stein immer wieder Tongallen auf. Die Lettenschichten wer¬ den bisweilen rauh und sind dann etwas sandig. Sie schwanken auch in der Färbung, indem neben roten weißlichgraue Letten auf treten. Von besonderem Interesse ist naturgemäß das Vorkommen von Konglomeraten, da diese anderswo und auch im östlichen Niederrheingebiet zur Gliederung herangezogen worden sind. In den zahlreichen, von uns bearbeiteten Bohrungen konnten hin und wieder Konglomerate beobachtet werden 5 sie erreichten Das Mesozoicum. 49 nur in einem Palle l1/^ m Mächtigkeit ; meistens waren es nur einzelne, dünne Bänke. Die Gerolle bestanden etwa zur Hälfte aus stark gerollten Gangquarzen, unter den anderen herrschten gut gerundete, graue und rötliche Quarzite vor. Eine Niveaubeständigkeit der Konglomeratlagen ist in un¬ serem Gebiet nicht vorhanden. Insbesondere ermöglichten sie nicht die Trennung der mächtigen Sandsteinfolge in eine obere und untere Abteilung. Auch andere Anhaltspunkte, die eine derartige Gliederung rechtfertigen würden, haben sich in den von uns bearbeiteten, zahlreichen Bohrungen nicht ergeben. Wir sind, trotzdem uns gute Kernserien Vorgelegen haben, außer stände, irgend welche Gesetzmäßigkeit in der wechselnden Gesteinsbeschaffenheit, im Kalkgehalt, in der Parbe, in den Letteneinlagerungen zu er¬ kennen. Es erscheint uns daher zweifelhaft, ob in den mäch¬ tigen Sandsteinablagerungen der Untere Buntsandstein anderer Gebiete mit enthalten ist. P. KrüSCH1) vertritt für das rechtsrheinische Ge¬ biet nördlich der Lippe die Anschauung, daß der Un¬ tere Buntsandstein vielfach auf den alten Zechsteinhorsten nicht zur Ablagerung gelangt sei. Wir können bei uns der¬ artige, tektonisch bedingte Unterschiede in der Entwicklung der Pormation nicht feststellen. Es ist aber nicht ausce- schlossen, daß ähnliche Verhältnisse trotz der Unmöglichkeit einer petrographischen Gliederung auch bei uns herrschen, da bei Wesel Unterer Buntsandstein mit Kogenstein nachgewiesen worden ist. G. MÜLLER hat nämlich für die Bohrung Plüren das folgende Profil aufgestellt : Boter, mürber Sandstein . 6,8 m Sandstein mit schwachen Gipseinlagerungen . ' . 4,1 „ Gips . 2,0 „ Bunter Sandstein mit bunten Letteneinlagerungen 27,5 „ Koter, mürber Sandstein . 34,6 „ b P. Krusch, Becken von Münster, a. a. 0. Neue Folge. Heft 67. 4 50 Das Mesozoicum. Sandstein, rot, mit Gipsknollen . 10,5 m Sandstein, rot, mit Lettenlagen . 9,6 „ Sandstein, grau, konglomeratiscli . 1,3 „ Buntsandstein mit roten Letteneinlagerungen, etwa in der Mitte eine Rogen steinbank . 336,8 „ Obere Zechst einletten. Der Obere Buntsandstein läßt sieb in einem Teile der untersuchten Bohrungen des Gebietes vom Mittleren Buntsand¬ stein abscheiden. Seine untere Grenze ist wenig scharf, in¬ dem die Letteneinlagerungen häufiger werden und schließlich in der Zusammensetzung der Schichten weitaus überwiegen. Feine und mittelkörnige, tonige Sandsteine bilden nur noch wenig mächtige, vereinzelte Bänke und gehen durch sandige Letten in reine Letten über. Auch der Obere Buntsandstein ist großenteils kalkig und schließt Lagen von tonigem Mergel ein. Daneben treten auch O O O feste, graue Kalke auf, die wegen der in ihnen gefundenen 7 0 7 0 O Versteinerungen besonders wichtig sind. Im Geologischen Lan- o O o desmuseum liegen eine Anzahl von G. MÜLLER herrührender Kernstücke von Bohrungen aus der Umgegend von Wesel o o o (Weselaue, Flüren, Schulte- Yoß). in denen Myophoria sp., Lingula tenuissima Bronn gefunden wurden, also Vertreter einer charakteristischen Röt¬ fauna. Außerdem ist für unseren Oberen Buntsandstein das er¬ neute Auftreten von Gips und Anhydrit in Knauern und dünnen Lagen bezeichnend, was auf eine Wiederkehr der physikali¬ schen Verhältnisse der jüngeren Zechsteinzeit schließen läßt. In der Verbreitung dieser Gips- und Anhydritbildung, die übri¬ gens bisweilen schon im Mittleren Buntsandstein beginnt, fällt auf, daß sie vornehmlich im östlichen Teile unseres Gebietes, im Westen dagegen, wie es scheint, nur vereinzelt auftritt. Zu einer Steinsalzablagerung ist es nicht gekommen, das Auf- Das Mesozoicum. 51 treten von Anhydrit leitet aber vielleicht zu der nach Norden zu folgenden Steinsalz führenden Ausbildung1) der Stufe über. Die Mächtigkeit des Mittleren Buntsandsteins erreicht in unserem Gebiet nur selten 500 m, während der Obere im all¬ gemeinen unter 100 m bleibt, jedoch in einer Bohrung auf 240 m anwächst. Es ist selbstverständlich, daß die Mächtig¬ keitsunterschiede sich in weitestem U mf a nge aus der Tektonik des Gebietes erklären. So wie der Zechstein am Niederrhein das verbindende Glied zwischen der bekannten, mitteldeutschen und der englischen Ent¬ wicklung der Formation bildet, nimmt der Bunts and stein unseres Gebietes eine bemerkenswerte Zwischenstellung zwischen o den beiden deutschen Facies gebieten dieser Formation ein: Bekanntlich reicht die südwestdeutsche Ausbildung des Bunt- Sandsteins in einem schmalen, durch nachträgliche Erosion teilweise zerstückelten Streifen aus der Trierer Bucht nordwärts bis zum Abfall der Eifel. Sie ist hier vor allem dadurch gekennzeich¬ net, daß die Formation bis an die untere Grenze des Oberen Buntsandsteins petrographiseh so gleichartig entwickelt ist, daß eine dem hinteren Buntsandstein entsprechende Stufe nicht ab¬ zutrennen ist. Wenn auch der »Hauptbuntsandstein« der .Vo¬ gesen und des Eifelrandes gewöhnlich dem Unteren 4- Mitt¬ leren Buntsandstein Norddeutschlands gleichgestellt wird, so ent¬ behrt diese Anschauung doch der sicheren Grundlage. Petro- graphisch ganz eigenartig entwickelt ist der Hauptbuntsand¬ stein des Eifelrandes ferner insofern, als er mächtige, teilweise sogar vorherrschende Konglomerate führt. Der Obere Buntsand¬ stein besteht hier im wesentlichen aus bunten Sandsteinen, die sogar noch Geröllagen und einzelne Gerolle führen, während Letten, die im norddeutschen Röt eine Hauptrolle spielen, ent¬ schieden zurücktreten. Vergleichen wir den Buntsandstein vom Eifelrande mit dem ß Die Bohrung Vreden hat salzführenden Röt erschlossen. G. Mülleb, Uber Dyas u. Trias an der holländischen Grenze. Zeitschr. Deutsch. Geol. Ges. 54, 1902, S. 110. 4* 52 Das Mesozoicum. niederrheinischen, so fällt vor allem in die Augen, daß auch hier, wenigstens links des Eheines, eine Gliederung in eine untere und mittlere Stufe nicht möglich ist. Dagegen fehlen die Kon¬ glomerate des Eifelrandes fast völlig, eine Ausbildung, die an norddeutsche Verhältnisse erinnert. Eine entsprechende Abnahme des Kornes der Sedimente gegenüber dem Eifelrande läßt der Obere Buntsandstein er¬ kennen, indem Letten und Mergel durchaus überwiegen und so zu der norddeutschen Entwicklung der Stufe hinüberleiten. Das von P. KrüSCH1) für den Kordosten des Niederrhein¬ gebietes hervorgehobene Vorkommen von Unterem Bunt¬ sandstein mit Bogenstein weist auf Norddeutschland hin. In der Gegend von Wesel sind Kogensteine nur ganz untergeord¬ net vorhanden, so daß hier die Abtrennung des Unteren Bunt¬ sandsteins bereits schwieriger wird, links des Eheines ist sie überhaupt nicht durchzuführen, was wiederum auf die Ver¬ hältnisse am Eifelrande hinweist. Der Schluß ist naheliegend, daß der Untere Buntsandstein zwar rechts des Eheines und weiter im Norden zur Ausbildung gelangt ist, daß er aber in dem südlichen Gebiet kein Äquivalent hat. Mit dieser Schichtlücke hängt vielleicht die in einigen Bohrun¬ gen beobachtete, lokale Abtragung des Oberen Zechsteins zusam¬ men. Damit würde übereinstimmen, daß weiter im Westen die Bohrung He Lena v een Unteren Buntsandstein mit Bogenstein angetroffen hat, während nach den Bohrungen in der Campine ebenfalls die Abtrennung einer unteren Stufe nicht möglich ist. Nach VAX WaterSCHOOT VAX DER GRACHT transgrediert hier der Mittlere Buntsandstein nach Süden. Muschelkalk und Keuper. In einer Bohrung bei Geest tritt über dem Buntsandstein eine aus Dolomiten und Kalksteinen bestehende Schichtfolge auf, welche nach ihrer Fossilführung und ihrem petrographi- schen Charakter dem Muschelkalk und dem Keuper angehört. H P. Keusch, Becken von Münster, a. a, 0. Das Mesozoicum. 53 Leider gestattete weder das Profil des Bohrmeisters noch die Teufenangabe auf den Kernen die genaue Aufeinanderfolge die¬ ser Schichten festzustellen, so daß das gegenseitige Alter nicht ohne weiteres feststeht. Jedenfalls repräsentieren eine Anzahl charakteristischer Stücke den Schaumkalk. Er tritt als ein gelblichweißer, fein- ooiithischer Kalkstein auf, der einzelne kleine, dichte, hellgraue Partien einschließt. Ferner liegt eine größere Anzahl Kerne eines dichten^ weißen, mergeligen Kalksteines vor, der von Gips durchsetzt ist und bisweilen Glaukonit führt. Lagenweise treten in ihm dünne Linsen und Streifen eines hellgrauen, dichten, gipsfreien Kalksteines auf. Von Fossilien konnte Myophoria vulgaris SCHLOTH. sp. mit Sicherheit bestimmt werden. Während hinsichtlich der Zugehörigkeit dieser Gesteine zum Muschelkalk kein Zweifel sein kann, muß es dahin¬ gestellt bleiben, ob ein drittes Gestein, das ebenfalls in einer größeren Keihe von Kernen vorliegt, noch zum Muschelkalk oder bereits zum Keuper gehört. Es kommen nämlich in ihm nach der freundlichen Bestimmung von E. PlCAED Gervilleia cf. substriata Credner, Gervilleia cf. subcostata Goldfuss, Myophoria vtdgaris Schloth. sp., vor. Die näehsto;ele2;enen, für einen Vergleich in Betracht kom- 0 0 7 O rnenden Triasschichterf stehen am Eifelrande an. Nach Blax- CKEXHORX1) kommen dort die genannten Versteinerungen be¬ reits im Oberen Muschelkalk vor, doch gehen Gervilleia sub¬ striata Credxer und Gervilleia subcostata GOLDE, auch in den Unteren Keuper hinauf. Das Gestein ist ein schmutziggrauer, gefleckter, kalkiger Dolomit, der stellenweise Glaukonit und, wie es scheint, auch 1 1 j etwas Phosphorit enthält. In Hohlräumen tritt vereinzelt Faser¬ gips auf. ’) M. Blancivenhorn, Die Trias am Nordrande der Eifel, Abliandl. Geol. Landesanst. Berlin. VI, 2. 1885. 54 Das Mesozoicum. Das Triasprofil des Eifelrandes enthält Dolomite sowohl im Oberen Muschelkalk als auch im Unteren Keuper. Es kann somit vorläufig weder aus dem Gestein noch aus den Ver¬ steinerungen ein zuverlässiger Rückschluß auf die stratigraphi¬ sche Zugehörigkeit dieses Dolomits zum Muschelkalk oder Keuper gezogen werden. Endlich liegt noch ein Gestein vor, das nach Ausweis des größeren Kerndurchmessers bestimmt jünger ist, als die beschriebenen Gesteine. Es ist ein kieseliger, dichter, fester Kalkstein von muscheligem Bruch, den man unbedenklich als Steinmergelkeuper bezeichnen wird. Als hängendste Schicht des Keupers treten dunkelgraue, plattige Schiefertone auf, die sich durch ihre Fauna als Räth erweisen. Die Schichtflächen sind bedeckt mit Protocardia Phillipsiana Dünker sp., Taeniodon Eivaldi Born., seltener mit Avicula contortci Portl. Manche Schichtflächen zeigen dicht aneinander gedrängt unbestimmbare Fischschuppen, Knochenreste und Zähnchen und bilden ein echtes Bonebed. An der Grenze gegen den Mitt¬ leren Keuper liegt ein Bonebed, das durch besondere Größe der Bestandteile ausgezeichnet ist. Neben den genannten or¬ ganischen Resten treten hier einzelne kleine, anscheinend phos- phoritisierte Gerolle auf. Die Mächtigkeit des Räths in dieser Bohrung beträgt, nach den Kernen zu urteilen, gegen 10 m. Doch mag sie größer gewesen sein, da die Kernbohrung erst hier eingesetzt hat, und brauchbare Meißelproben der hangen¬ den Schichten nicht Vorlagen. In einer der rechtsrheinischen Bohrungen bei Bislich, nur etwa 6 km von Geest entfernt, konnten ebenfalls und zwar im Liegenden des Lias Schichten des Räths beobachtet werden. Inwieweit das Fehlen einzelner Triasstufen in den uns vorliegenden Kernen auf die Lückenhaftigkeit des Kern¬ materiales, das ja erst jahrelang nach Ausführung der Bohrungen an uns zur Untersuchung gelangt ist, zurückzuführen ist, kann Das Mesozoicum. 55 vielleicht zweifelhaft sein. Da wir aber clie gesamte Mächtig¬ keit des Muschelkalkes und Keupers nach dem Profil des Bohr¬ meisters auf ziemlich genau 100 m schätzen müssen, und diese Mächtigkeit ungefähr mit der der gleichen Schichten am Eifel¬ rande übereinstimmt, so scheint die Entwicklung der jüngeren Trias tatsächlich vollständig gewesen zu sein. Ein vollständiges Triasprofil kennt man aus dem Nieder¬ rheinischen Tieflande bisher noch nicht. G. MÜLLER1) hat zwar in einigen rechtsrheinischen Bohrungen Unteren und Mittleren Muschelkalk nachgewiesen, während Steinmergelkeuper im Lie¬ genden des Käths bei Bislieh auftritt. Der Muschelkalk ist weiter nördlich und nordwestlich bis in die Niederlande hinein (z. B. bei Winterswyk, Ochtrup, Eibergen, Bentheim) nachgewiesen, während er in den bis¬ herigen Bohrungen auf dem Peelhorst und in der belgischen Campine zu fehlen scheint, oder vielleicht — als Übergang zu der englischen Facies — schon im Buntsandstein mit ent¬ halten ist. Das oben beschriebene Keuper Vorkommen am Niederrhein ist dagegen neu. Der Jura. Im Gegensatz zu der sonst weit verbreiteten Erscheinung, daß die jüngsten Triasschichten ohne scharfe Grenze in den Unteren Lias übergehen, läßt die Schichtenfolge am •Nieder¬ rhein an der Grenze beider Formationen eine Schichtenlücke erkennen. Daß das Auftreten des Unteren Lias mit einer Trans- gression verbunden ist, geht nämlich mit großer Wahrschein¬ lichkeit aus dem Profil der Bohrung Ensehenhof (6 km süd¬ lich von Xanten) hervor, wo wir Lias im Hangenden von Buntsandstein nachweisen konnten. Hier schiebt sich zwischen Tertiär und Buntsandstein eine etwa 9 m mächtige Schichtenfolge ein, deren wahre Mächtigkeit sich jedoch bei Berücksichtigung des steilen Einfallens von etwa ’) G. Müller, Neuere Aufschlüsse, a. a. 0. 56 Das Mesozoicum. ^0° auf knapp 4 m reduziert. Das Profil ist im einzelnen das folgende : bis 318 m Tiefe Tertiär, 2,6 m grauer Tonmergel mit vereinzelten Y erstem erungen, 0,2 » Kalkstein mit Schnüren von Kalkspat, pseudomorph nach Fasergips, 0,4 » dunkler Mergel mit Kalkspat schnüren, pseudomorph nach Gips und mit Versteinerungen (Ammoniten), 0,5 » fleckiger, bituminöser Tonschiefer mit Kalkspatschnüren, pseudomorph nach Gips, 0,5 » fleckiger Tonschiefer und dunkler Tonmergel mit Kalk¬ spatschnüren, 0,1 » grauer Mergel, wechsellagernd mit grauem Crinoiden- mergel, 0,3 » Crinoidenkalkstein mit Versteinerungen (Lima gi- gantea Sow.), 0,05 » Tonmergel, 0,05 » Crinoidenmergel, 0,2 » Grauer Tonmergel, versteinerungsreich (Ammoniten), 0,05 » Crinoidenmergel, 0,05 » grauer Tonmergel, 2,0 » fleckiger, bituminöser Tonmergel, 2,0 » Crinoidenmergel und fossilführender Kalkstein mit dünn¬ plattigem, hellgrauem, kalkigem Sandstein, 9,00 m bei 327 m Tiefe Buntsandstein. Die Versteinerungen, besonders die Ammoniten, sind nicht gut erhalten. Mit einiger Sicherheit können wir nur sagen, daß Schlotheimia angulata Schloth. sp. und Lima gigantea SOW. vorliegen. Es fanden sich ferner ein nicht näher be¬ stimmbarer Abdruck eines Ammoniten aus der Gattung Psilo- ceras, ferner Exogyra sp., Ostrea sp. und Echinidenstachebn. Das Vorkommen von Psiloceras außer Schlotheimia angu¬ lata SCHLOTH. sp. macht es zweifelhaft, ob die wenig mäch¬ tige Schichtfolge ausschließlich den Horizont der Schlotheimia Das Mesozoicum. 57 angulcita SCHLOTH. sp. oder daneben noch tiefere Liasschich- ten umfaßt. Die Gesteinsentwicklung gestattet in dieser Eich¬ tling, wie das mitgeteilte Profil zeigt, ebensowenig eine Ent¬ scheidung. In den Bohrungen bei Bislich, rechts des Kheines, gegen¬ über Xanten, sind in erheblicher Mächtigkeit Schichten des Un¬ teren und Mittleren Lias erbohrt worden, welche durch das Vor¬ kommen von oolithischen Eisenerzen allgemein bekannt geworden sind. Mit der Bearbeitung des Kernmaterials aus diesen Boh- rungen ist A. Mestwerdt beschäftigt, der uns in liebenswürdiger O o J o Weise folgendes über die beobachteten Horizonte mitteilt: Lias cq, Psilonoten - S chichten, grauer Mergelschiefer mit Einlagerungen yon harten Kalken und mit o o Psiloceras planorbe Sow. Ostrea sublamellosa Der. Lima gigantea Sow. Lias «2, Angulaten- S chichten, dunkle Schieferletten und Kalke, mit Schlotheimia angulata v. Schloth. Lias «3, Arieten- Schichten, graue Letten mit Arietites Bucklandi Sow. Gryphaea arcuata Lam. Inoceramus pinnaeformis Dkr. Avicula inaequivalvis Sow. Lias ß, P/ärafcos£a-Scliichten, graue Letten, zu oberst ein rotes und grünes oolithisch.es Eisenerz (Minette) mit Letten¬ mitteln und mit Aegoceras raricostatum Sow. » planicosta Sow. Belemnites acutus Mill. Gryphaea cymbium Lam. Avicula inaequivalvis Sow. Spiriferina rostrata V. Schloth. Rhynchonella variabilis v. Schloth. Lias y, t/umc5o^USchichten, graue, mergelige Letten mit 58 Das Mesozoicum. Aegoceras brevispina Sow. » Jamesoni Sow. Phylloceras Loscombi Sow. Belemnites acutus Mill. Inoceramus ventricosus Sow. Modiola scalprum Sow. Lias o, A malthe en-& c hi eilten, graue, vielfach, mergelige Letten mit Amaltheus spinatus BrüG. » margaritatus Montf. Amblycoceras cf. capricornu v. Schloth. Belemnites clavatus MlLL. Inoceramus ventricosus Sow. Pinna folium Yg. u. Bd. Pecten priscus v. Schloth. Lima acuticosta Gf. Myoconcha clecorata-v . Münster. Cucullaea Münsteri v. Zieten. jSacli G. Müller1) erreicht der Lias bei Bislick eine Mäch¬ tigkeit von 355 m, von denen 190 m auf den Luteren und 165 m auf den Mittleren Lias entfallen. Die Mächtigkeit der Minette . Yack Schulz - a mm en s et z un g- : Briesen2) erg Fe . . . . . . 31,95 P . . . . . . 0,60 CaO . . . . . . 11,15 CaC03 . . . . . . — P2O5 ... . . . 1,33 Mg O . . . . . . 0,59 Si02 . . . . . . 11,55 Al2 O3 . . . . . . 8,15 0 G. Müller, Neuere Aufschlüsse, a. a. 0. 2) B. Schulz-Briesen, Die linksrheinischen Kohlen- und Kalisalz-Aufschlüsse und das Minette-Lager der Bohrung Bislich, Glückauf, 40. Jahrg. 1904, S. 361. Das Mesozoicum. 59 Die wirts cli aftliclien Erwartungen, welche auf das Vorkommen von Minette am Niederrhein gesetzt wurden, bestätigten sieb nicht. Es zeigte sich bei weiteren Bohrungen sehr bald, daß das Lias- Vorkommen einem schmalen. SO — NW streichenden Graben an¬ gehört, und daß das Minette-Lager sowohl nach NM wie nach SO sehr bald seine Begrenzung findet. In einigen Bohrungen bei Rees war der Mittlere Lias und das Eisenerz nicht mehr vorhanden. Wenn auch bei Bislich im Liegenden des Lias Schichten des Rhäts beobachtet wurden, so ist es doch nach den oben gemachten Angaben wahrscheinlich, daß die beiden Horizonte durch eine, wenn auch nur kleine und nur einen Teil des Oberen Rhäts um¬ fassende Schichtenlücke getrennt sind. Diese wenigen Bohrungen, in denen bisher allein am Nie- O O J de rr he in Liasschichten beobachtet werden konnten, gestatten einen Rückschluß auf die frühere , allgemeine A erbreitung der Formation. Denn daß hier die letzten, der Abtragung ent¬ gangenen Reste einer ausgedehnten Liasdecke vorliegen, ist umso weniger zweifelhaft, als ähnliche Schichten auch am Rande der Eifel, wenn auch nur an einem Punkte, gefunden worden sind : Bei D rove (zwischen Düren und Zülpich, Blatt Vett¬ weiß) stehen dunkle, schwefelkiesreiche Schiefertone unter rund 8 m Diluvium an, in denen Sohlotheimia angulata SCHLOTH. sp. in einer Reihe bestimmbarer Stücke bei einem Brunnenbau gefunden worden ist. Diese tieferen Liasschichten, die von V. DECHEN1) und BLANCKENHORN2) bereits genannt worden sind, und deren im Museum des Naturhistorischen Ver¬ eins der Rheinlande zu Bonn befindliche Versteinerungen uns Vorgelegen haben, stehen nämlich räumlich zwischen dem nieder¬ rheinischen Lias und dem lothringisch-luxemburgischen. Ob die¬ ses Vorkommen auf einen ehemaligen Meereszusammenhang hin- ß v. Deches, Erläuterungen, S. 405. 2) Blanckenhorn, Trias am Nordrande der Eifel, S. 78. 60 Das Mesozoicum. weist, möchten wir in Rücksicht auf die Faciesverschieden- heiten beider Gebiete offen lassen. Es braucht kaum hervor¬ gehoben zu werden, daß die Erhaltung des Lias an einigen wenigen, bevorzugten Punkten mit Scholleneinbrüchen geringer Ausdehnung ‘zusammenliän g t . Die Kreide. Die Eestlandsperiode, welche nach unserer bisherigen Kenntnis von der mittleren Liaszeit ab im Niederrheinischen Tief lande herrschte, dauert, wie es scheint, während eines großen Teiles der Kreidezeit an. Zwar hat R. BäBTLING1 ) rechts des Rheines in einer Bohrung bei Forsthaus Freudenberg nord¬ westlich von Dorsten Untere Kreide naclmewiesen. Links des o Rheines dagegen haben sich für eine weitergehende Trans- gression dieser Schichten bisher keine Anhaltspunkte ergeben, und es scheint auch aus den Ergebnissen der niederländischen Bohrungen auf dem Peelhorst hervorzugehen, daß die Untere Kreide nicht zur Ablagerung gelangt ist. Die Kreideschichten, die wir aus den niederrheinischen und niederländischen Boh¬ rungen kennen, gehören ausschließlich der Oberen Kreide an. G. MüLLEB hat als erster im mittleren und nördlichen Rheinland Schichten der jüngsten Kreide nachgewiesen, die, wie sich dann allmählich gezeigt hat, große Verbreitung im westlichen Niederrheingebiet bis hin nach Erkelenz besitzen. Sowohl bei Geldern wie auch im Erkelenz - Brüggener Steinkohlengebiet treten im Hangenden des Carbons weißlich¬ graue und graue, feste Kalke in Wechsellagerung mit bryozoen- reichen Kalkmergeln auf, welche in einer Bohrung bei Elmpt2) eine reiche Fauna an Bivalven geliefert haben. Herrn J. Böhm, der mit der Bearbeitung dieser Fauna be¬ schäftigt ist, verdanken wir die folgenden freundlichen Mittei¬ lungen: »In einer Reihe von Bohrungen bei Dalheim, Elmpt, ß B. Bartling, Ein neueres Vorkommen von Oberem Gault usw. Zeitschr. Deutsch. Geol. Ges. 60. 1908. M. B., S. 185. 2) P. Krusch und W. Wunstorf, Das Steinkohlengebiet nordöstlich der Bur usw. Glückauf 1907, S. 585. Das Mesozoicum. 61 Twisteden und Yeert wurden in 450 — 510 m Teufe feste, rein organogene Kalksteine von gelblicher und ff rauer Farbe, sowie grauer und bläulicligrauer Kalksandstein angetroffen, zwischen die weichere Lagen eingeschaltet waren. Glaukonit- und Eisenkies- o o Körnchen treten in geringerer oder größerer Menge darin auf. O o o o vereinzelt auch eingeschwemmte Tonschieferbruchstückchen. Die Mächtigkeit der Kalke ist im allgemeinen nur gering und über- o o o o steigt nicht 45 m. O Sämtliche Bohrkerne sind von Foraminiferen erfüllt. Den Hauptanteil daran stellen die Milioliden, deren winzige, weiße Schälchen so dicht bei einander auf den Querflächen hegen, daß diese wie mit einem feinen Mehlstaub bestreut erscheinen. Dazu gesellen sich Bröckcken von Bryozoen, Korallen (u. a. Isis) und Eckmodermenstacheln, welche durch TT ellenschlag zerrieben sind. Dort, wo die letzteren im Querbruch einen Durchmesser von 2 — 3 mm haben, geben sie den Handstücken ein kristallinisches Aussehen. Die gesamte Ablagerung charakterisiert sich hiernach O m o als eine lit orale Bildung. Obwohl die Fossilien der Bohrung Elmpt 8 nur als Stein - kerne erhalten waren, ließ sich nach dem von TT. Wunstorf gesammelten Material die folgende Bivalven- und Gastropoden- Fauna bestimmen: Ostrea sp. Pecten sp., aff. P. mrgatus XiLSS. Crassatella sp. Limopsis G. Müllen n. sp. Area elmptiensis n. sp. » Kruschi n. sp. Trigonia Fliegeli n. sp. » geniculata n. sp. Lucina sp. CeritJiium sp. Actaeonina Rutoti n. sp. Serpula torquata v. Hag. Micrabacia cf. coronula E. u. H. 62 Das Mesozoicum. Die Bohrkerne yon T wis t e d e n umschließen : Parasmilia sp. Terebratulina chrysalis Defr. Gryphaea cf. vesicularis Lam. Plicatula Wunstor fi n. sp. Aus einer älteren Bohrung bei Elmpt lag ein Kernstück mit Thecidea cf. papülatci Schloth. vor. Die Fauna schließt sich an die des Obersenons an. Die Er¬ wägung aller Umstände hinsichtlich ihres Alters führt zu dem Schluß, daß die Ablagerung dem Danien angehört, nicht, wie man früher annahm, dem Maestriclitien oder der Kreide von Nouvelles (Mucronatenkreide). Beziehungen zu der Fauna des Montiens und des Paleocäns sind nur insoweit vorhanden, als ein¬ zelne Gattungen den drei Horizonten gemeinsam sind. Dem Danien gehören auch von G. Müller und TV . Wun¬ storf gesammelte Handstücke an, welche aus den Tiefbohrungen von Hassum (bei Goch), Kapellen (bei Geldern) und Udemer Bruch im Geologischen Landesmuseum aufbewahrt werden, ebenso weiße Kalke mit Area Waterschooti n. sp. , welche dem Museum von Herrn van TV aterschoot aus einer Tiefbohrunp' o von ITelenaveen gütigst überlassen worden sind. Die Beschreibung der Fauna wird im Jahrbuch der Königl. Geologischen Landesanstalt erfolgen«. — Im nördlichen Niederrheingebiet nimmt das Danien eine Fläche ein, welche sich westlich einer zwischen Geldern und Issum verlaufenden S-N, bezw. SO-NW-Linie ansdehnt. In dem Steinkohlen gebiet von Erkelenz-Br üggen ist es nur noch im nörd¬ lichen und mittleren Teil vorhanden und geht nach Süden nicht über Erkelenz hinaus; im Westen läßt es den Wassenberger Spe¬ zialhorst und das sich nördlich anschließende Gebiet frei. Sowohl im westlichen Teil des nördlichen Niederrheingebietes, als auch am Westrande des Steinkohlengebietes von Erkelenz- Brüggen treten auf einzelnen, abgesnnkenen Schollen im Liegen¬ den des Daniens noch Haukonitische Viereck Sandsteine und Sande auf, denen ein senones und znm Teil ein noch höheres Das Mesozoicum. 63 Alter zukommt. G. Müller gibt aus der Bohrung Hülm die folgenden, von ihm nicht veröffentlichten Schichten aus dem Lie- o ' genden des Tertiärs an: 13,60 m grauer, sandiger Mergel, 2,80 » fester Kalkstein, 3,60 » grauer Sandstein (wasserführend), 1,70 » fester Kalkstein, 5,30 » grauer Mergel, 2,00 » fester Kalkstein, 10.00 » grauer Mergel, 16,00 >■> grüner Sand, 16,00 » grüner Mergel mit Kalkstein wechsellagernd, 20,00 » grauer, milder Sandstein j rp / — 1 uron, 27,00 » fester, grauer Mergel 13,00 » milder, grüner Mergel, 20,00 » milder, heller Mergel mit Inoceramus labiatus , 11,00 » hellgrüner Mergel = Cenoman, Buntsandstein. Die Fossil-Bestimmungen und die darauf beruhende Auf¬ fassung G. MüLLER’s von der stratigraphischen Stellung die¬ ser Schichten sind von VAN W ATERSCHOOT VAN DER GRACHT auf Grund einer Nachprüfung der im Geologischen Landesmuseum befindlichen Kernserie angezweifelt worden. Fr hält die ge¬ samte Schichtenfolge für Senon, und zwar die höheren Schich¬ ten für oberes, die tieferen für die Grünsandfacies des Unteren Senons (»Hervean«1)). Demgegenüber betont uns gegenüber J. BöHM, daß die Bestimmung des entscheidenden Leitfossils als Inoceramus labiatus SCHLÜTER aufrecht erhalten werden muß. Wir müssen daher das Vorkommen von Turon als. er¬ wiesen und das von MÜLLER angenommene Auftreten von Cenoman in den tieferen Schichten für sehr wahr¬ scheinlich halten. Demgemäß wäre auch die von VAN WaTERSCHOOT VAN DER Gracht angegebene Küste des Kreide¬ meeres der Cenoman- und Turonzeit zu modifizieren. 70,00 » grüner, sandiger Mergel l) VAN WaTERSCHOOT VAN DER GßACHT, R. a. O., S. 394. 64 Das Mesozoicum. Auch in dem Bohrloch Ü dem scheinen tiefere Schichten der Oberen Kreide durchsunken zu sein. G. Müllee* hat nach den Angaben des Bohrmeisters das folgende Profil aufgestellt: T ertiär 8,00 m milder Kalkstein, 16,00 » sandiger Mergel, 11,00 » fester, grauer Sandstein, 2,00 » grauer Sand, 6,00 » grauer Sand, z. T. Sandstein, 2,00 » hellgrauer Sandstein, 11,00 » grüner Sand, 0,50 » grüner Sandstein, 31,50 » grüner, sandiger Mergel, 2,00 » grüner Sand, 38,00 » grüner, sandiger Mergel, 4,00 » grüner Sand, 2,00 » grauer Sandstein, 2,00 » grüner, sandiger Mergel, 6,00 » fester Sandstein, 14,00 » grüner, sandiger Mergel, 4,00 » fester Sandstein, 3,00 » grüner Sand, 12,00 » fester, grauer Sandstein, 9,00 » grauer Mergel, 0,60 » grauer Sandstein, 6,40 » grauer Mergel, Steinkohlengehirge. Die tieferen Schichten sind ohne Zweifel schon Unterer Zech¬ stein, während bei den höheren die Zugehörigkeit zur Oberen Kreide wohl sicher ist. Yon der Bohrung Hassum, einer der nordwestlichsten des Niederrheingebietes, liegen im Geologischen Landesmuseum einige Kernstücke, nach denen die Kalke des Daniens von schwach glaukonitischen, groben, an der Oberkante konglomeratischen Sandsteinen unterlagert werden. Das Mesozoicum. 65 Audi in den Bohrungen bei Twiste den (nordwestlich von Geldern) wurden von W. Wunstorf zwischen dem Danien und dem Unteren Zechstein noch 20 m sandige, graue, glaukonitische Mergel und 10 » graue, in den tieferen Schichten rötliche Mergel beobachtet, welche ohne Zweifel tieferen Schicht en der Oberen Kreide angehören. Nach dem yon v. Dechen1) mitgeteilten Profil der alten Bohrung W ankum wurde hier bei 360 m Teufe »weißlicher Kalkstein mit sehr vielen, ganz kleinen Quarzkry stallen« und in dessen Liegendem noch bis 455 m Teufe »mehrere tonige, milde Schichten« angetroffen, v. Dechen spricht die Kalke als Mittel¬ devon oder Kohlenkalk an. Nachdem durch die letzte Bohr¬ periode aber im westlichen Teil des Niederrheingebietes die festen, weißen Kalke des Daniens in großer Verbreitung nachgewiesen sind, erscheint die Annahme berechtigt , daß es sich auch hier um Danien und Sen on handelt, besonders wenn man bedenkt, daß das damalige Bohrverfahren nur eine sehr unsichere Bestimmung der Proben erlaubte. Schließlich ist aus dem Steinkohlengebiet von Erkelenz-Brüggen noch das Profil der Bohrung Elmpt 1 zu erwähnen, in dem nach Angabe des Bohrmeisters im Liegenden des Tertiärs die folgen- O O O den Schichten durchsunken worden sind: 8 m Kalkstein Danien. 4 » 33 » 15 4 8 21 » » grauer Sand Kalkstein grauer Sand grüner Sand O grauer Sand » Sandstein 2 » dunkelgrüner, sandiger Ton/ 9 » Grünsand 24 » grauer Sand 10 » grauer Sandstein Steinkohlengebirge. Senon. k; b v. Dechen, Erläuterungen, S. 685. Neue Folge. Heft 67. 5 66 Das Tertiär. Aus dem Fehlen der unteren Kreide muß geschlossen wer¬ den, daß die so verbreitete Transgression des oberkretazi¬ schen Meeres auch das Niederrheingebiet betroffen hat. In gleicher Weise geht aus der weiteren Verbreitung des Daniens gegenüber dem Senon hervor, daß einem aus tektonischen Be¬ wegungen zu erklärenden Rückzug des Meeres zu jung- senoner Zeit eine nochmalige Transgression gefolgt ist. Das Tertiär. ATon W. Wunstorf und G. Fliegel. Von den tertiären Bildungen des Niederrheingebietes war, wenn wir ihre Bedeutung für den Aufbau des Untergrundes in Betracht ziehen, bis vor einigen Jahren nur wenig bekannt. Infolge ihrer wirtschaftlichen Bedeutung waren die Schichten der Braunkohlenformation etwas genauer untersucht, und von den marinen Bildungen hatte man das Obere Oligocän und das marine Miocän in einigen älteren Tiefbohrungen und auch in einigen fossilführenden Ausbissen beobachtet. Der Stand der Kenntnisse am Ende des vorigen Jahrhunderts ergibt sich im wesentlichen aus den Angaben V. Dechen’s in seinen Er¬ läuterungen der geologischen Karte der Rheinprovinz und West¬ falens. Ein Wandel trat hierin mit der lebhaften Bohrtätigkeit ein, die sich in den letzten Jahrzehnten am Niederrhein ent¬ faltete. W enn auch die lockeren Deckgebirgsschichten im all¬ gemeinen mit Meißel und Wasserspülung durchbohrt wurden, und so der Wert der Bohrungen für die Kenntnis des Ter¬ tiärs wesentlich herabgesetzt wurde, so brachte doch die überaus große Zahl von Bohrungen und der Umstand, daß die Kernboh¬ rung bisweilen schon im Tertiär einsetzte, eine große Bereiche¬ rung unserer Kenntnis von der Entwicklung des Tertiärs. Die Bearbeitung des fossilführenden Probenmaterials ist zwar noch Das Tertiär. 67 nicht abgeschlossen, doch betreffen die aus ihr zu erwarten¬ den, neuen stratigraphischen Ergebnisse lediglich Schichten des ältesten Tertiärs, ohne das Gesamtbild der Schichtenfolge und der Beteiligung der verschiedenen Stufen an der Zusammen¬ setzung des Untergrundes wesentlich zu beeinflussen. Neben den Tiefbohrungen hat die im Anfang dieses Jahr¬ hunderts in Angriff genommene geologische Kartierung wich¬ tige Resultate für die Stratigraphie unseres Tertiärs ergeben, und zwar sowohl durch die genaue Untersuchung der jüngeren wie auch eines Teiles der älteren, marinen Schichten. Die von der Geologischen Landesanstalt im Interesse der geologi¬ schen Aufnahme ausgeführten Tiefbohrungen erweiterten und vervollständigten die Ergebnisse um ein erhebliches. Da die petrographische Ausbildung des Tertiärs für den eben jetzt auf der linken Seite des Niederrheins beginnenden Bergbau von größter Bedeutung ist — beruhen doch die tech¬ nischen Schwierigkeiten beim Schachtabteufen vor allem auf der Beschaffenheit und Mächtigkeit des Tertiärs — , so soll es im folgenden etwas ausführlicher behandelt werden. Nach unserer heutigen Kenntnis enthält das Niederrhein¬ gebiet ein umfassendes Tertiärprofil, das sich aus den folgenden Stufen zusammensetzt : Pliocän Oberes (?) \ Mittleres > Miocän Unteres ) Oberes ) Mitteres ) Oligocän Unteres Eocän (?) Paleocän. Das Paleocän. Bei den ersten Bohrungen im Steinkohlengebiet von Erke¬ lenz-Brüggen wurden s. Z. bei Ratheim in geringer Teufe 68 Das Tertiär. Muschelsande gefunden, die von E. HOLZAPFEL nach einigen ihm zugegangenen Proben als Paleocän erkannt wurden1). Um ein genaues Profil dieser interessanten Schichten und um Fos¬ silien aus ihnen zu erhalten, hat die Geologische Landesanstalt im Sommer 1909 in der Nähe des alten Bohrplatzes eine Boh¬ rung niederbringen lassen, welche die IdOLZAPFEL'sche Bestim¬ mung bestätigte und ein reichhaltiges Material an Fossilien lieferte. Die noch ausstehende Bearbeitung der letzteren wird nachzuweisen haben, welcher Stufe des Paleocäns die Schich¬ ten angehören. Das bei der Bohrung gewonnene Profil ist folgendes: 0 — 18,50 m Diluvium 18.50 — 35,50 » Mittelkörnige Quarzsande mit vereinzelten groben Quarzkörnern und vielen Fossilien und Schalen¬ trümmern. Yon etwa 30 m an wird die Bei¬ mischung von Schalentrümmern so erheblich, daß die Sande in förmliche Kalksande übergehen. O 35.50 — 36,50 » hellgrauer, krystallinischer Kalkstein 36.50— — 45,75 » graue Tuffkalke mit Einlagerungen von krystaUi- nischem Kalkstein, bei 45,75 m Kalktuff; 45,75—46, — » Gemenge von Quarzgeröllen und Feuersteinen mit Stücken von Tuffkalk und krystallinischem Kalk¬ stein. Es muß dahingestellt bleiben, ob die Gerolle aus der Schlußteufe wirklich einer dort anstehenden Schicht entstam¬ men, oder ob sie nicht aus den hängendsten Schichten auf die Bohrlochsohle gelangt sind. Die festen Kalksteinbänke er¬ schwerten nämlich das Tieferbringen der Rohre sehr, und es ist nicht ausgeschlossen, daß bei den Versuchen, die Rohre zu bewegen, Material aus dem Diluvium hinter den Rohren hinabgefallen ist. Bei 46 m wurden die Schwierigkeiten, welche sich dem weiteren Vordringen mit dem Handbohrapparat ent¬ gegenstellten, so erheblich, daß die Bohrung eingestellt werden mußte. 9 UnveröÜt entlieht. Das Tertiär. 69 Nach den Profilen der Steinkohlenbohrungen folgt auf die beschriebene Schichtenfolge noch ein rund 150 m mächtiger Komplex, der sich aus Tonen, »harten« Sanden, »Stein« und auch aus Braunkohle zusammensetzt und gegen das Steinkohlen¬ gebirge mit »Mergel« abschließt. Es ist nicht möglich, aus diesen Angaben irgend welche sicheren Schlüsse zu ziehen und zu beurteilen, inwieweit diese tieferen Schichten noch dem Pa- leocän angehören. Es ist nicht ausgeschlossen, daß sie zum Teil bereits Senon sind. Sicher ist, daß das in dem nörd¬ lichen Teil des Steinkohlengebietes von Erkelenz-Brüggen vor¬ handene Danien, dessen charakteristische, feste Kalkbänke auch in Meißelproben leicht zu erkennen sind, in dem Profil nicht vertreten ist. Die krystallinischen Kalke enthielten undeutliche Zwei- sehaler-Kerne und vor allem nicht selten Echinidenstacheln, eine Tatsache, welche die Möglichkeit gab, in anderen Bohrun¬ gen den Horizont wieder zu erkennen. So konnten in den Bohrungen östlich von Wassenberg und bei Myhl unter kalk¬ haltigen Tonen des mittleren Oligocäns Kalksteinschichten mit Echinidenstacheln und Sande mit Schalentrümmern beobachtet werden, welche ohne Zweifel den Ratheimer Schichten ent¬ sprechen. Aus einer der Bohrungen östlich von Wassenberg liegt ein Kern vor aus den Schichten im Hangenden des Steinkohlen¬ gebirges. Er besteht aus einem milden, grauen Sandstein mit Holzkohle-Stückchen. Eins der Profile von Ratheim gibt Braun¬ kohle in den tieferen Schichten an, und auch die Bohrungen bei Millich,, 2,5 km südöstlich von Ratheim, welche ebenfalls im Liegenden des Oligocäns angesetzt sind, haben Braunkohle angetroffen. Der Bohrmeister hat nicht zwischen Braunkohle und Holzkohle unterschieden ; es kann aber kaum ein Zweifel sein, daß die Braunkohle der Bohrungen von Ratheim den Holz¬ kohle führenden Schichten von Wassenberg entspricht. Das Vor¬ kommen von Braunkohle bezw. Holzkohle im Liegenden der Ratheimer Muschelsande ist deshalb nicht eine lokale Er- 70 Das Tertiär. scheinung und etwa auf Einschwemmungen zurückzuführen, son¬ dern besitzt eine größere Verbreitung und weist auf einen ganz bestjjmimten, durchgehenden Horizont hin. Die stratigraphische Stellung des Horizontes läßt sich erst nach der Bearbeitung der Ratheimer Eauna genau festlegen. Das Paleocän im Niederrheingebiet ist, soviel wir bis jetzt wissen, auf die kleine Scholle des Wassenberger Spezialhorstes beschränkt, der bereits bei der Beschreibung des Steinkohlenge¬ birges eine Rolle spielte. Aus der Verbreitung der Steinkohlen¬ formation ging hervor, daß die heutige tektonische Stellung dieser Scholle vielleicht nicht derjenigen früherer Perioden entspricht. Dieselbe Folgerung ergibt sich aus dem Auftreten des Paleocäns, das sich nur dadurch erklären läßt, daß der Wassenberger Spezialhorst erst in verhältnismäßig junger Zeit, und zwar, wie aus der Verbreitung des Oligocäns hervorgeht, erst nach der Oligocän-Zeit als Horst gegenüber der Umgebung hervortrat, und daß er noch nach der Paleocän-Zeit dem Einsenkungsgebiet des Rurtales angehörte bezw. eine Staffel bildete, die zu die¬ sem hinüberleitete. Das Eocän. In einer im Jahre 1905 erschienenen Arbeit1) beschrieb W. WUNSTORF ein nach Kernen aufgestelltes Profil aus dem tiefsten Tertiär der Bohrung Elmpt, 13, das ein dünnes Braun¬ kohlenflöz einschließt, und sprach die Vermutung aus, daß es sich um eocäne Schichten handle. Inzwischen hat 0. VON LlNSTOW die nicht gut erhaltenen Fossilien genauer untersucht ; die Schichten gehören nach ihm bereits zum unteren Oligo- cän. D as Profil wird unten beschrieben werden. In einer zweiten Bohrung bei Elmpt konnten in dem lie¬ gendsten Tertiär graue und fleischrote bis rostfarbene Tone von geringer Mächtigkeit beobachtet werden. Ähnliche Tone fanden sich im Liegenden des Mitteloligocäns auch in den Bohrungen bei Dalheim und Arsbeck, und zwar zum Teil 0 P. Ivrusch und W. Wilstorf, a. a. 0. Das Tertiär. 71 zusammen mit Lagen von Quarzgeröllen bis zu Linsengröße und mit unbestimmbaren Schalentrümmern. Die niederländischen Bohrungen des Peel-Gebietes haben im Hangenden der Kreide ebenfalls Spuren von roten und grauen Tonen angetroffen, welche ohne Zweifel mit unseren bunten Tonen gleichaltrig sind und von VAN WATERSCHOOT VAN DER GRACHT zum Ileersien gestellt werden1). Paläontologische Be¬ weise sind jedoch noch nicht erbracht, so daß das Alter der Tone noch nicht hinreichend begründet erscheint. Das Oligocän. Das U nt er o li go c an. Unteroligoc äne Schichten kennen wir bis jetzt aus dem Niederrheingebiet mit Sicherheit nur aus der Schachtbohrung bei Baal. Hier schließt das Mitteloligocän mit festen, kalkigen Sand¬ steinen ab. Unter ihm folgt ein Schichtenkomplex von 29.50 m Mächtigkeit, der sich aus feinen und gröberen Sanden und aus grünlichgrauen, sandigen Tonen zusammensetzt und zwei fossil¬ reiche Lagen einschließt. Die Schichtengruppe wird durch ein 0,20 m mächtiges Konglomerat aus groben Quarzkörnern und gelblichweißen Kalksteingeröllen gegen das Steinkohlengebirge begrenzt. Mit freundlicher Unterstützung des Herrn Geheimrat V. KoENEN konnten die folgenden Arten bestimmt werden : Tritonium expcmsum Sow., var. post er a v. Koenen, Mur ex brevicauda Heb., Firnis orassisculptatus Beyr., Biiccinum suturosum Nyst., Dolidhotoma anodon v. Koenen, Surcida Beyriclü Phil., Conus plicatilis v. Koenen, Voluta suturalis Nyst, b van Waterschot van der Gracht, a. £L. 0., S. 46, 72 Das Tertiär. Natica dilatata Phil., Turr Hella planispira Nyst, Serpula heptagona Sow., Ostrea ventilabrum Goldf. (in Fragmenten), Area sulcicosta Nyst, Nuoula sulcifera v. Koenen, Cardium sp., Cytherea inorassata Sow. Die Fossilien weisen darauf hin, daß unsere Schichten dem Tongrien inferieur der Belgier entsprechen. Nach dem aus der Bohrung Elmpt 13 vorliegenden Kernen enthält hier das älteste Tertiär die folgenden Schichten : 456 — 457 m Glaukonitische Sande 457 — 462 » Schwach glaukonitische, tonige Sande mit blau grün¬ lichen, steinmarkähnlicken Einlagerungen 462 — -463 » Fester, grauer Sandstein 463 — 464 » Steinmark ähnliche Schichten 464 — 480 » Grauer Kalkstein mit vereinzelten Ostreen. verdrück¬ ten anderen Zweisckalern uud mit zahlreichen, klei¬ nen Gastropoden 480 — 483 » Glaukonitische, milde Sandsteine mit Häcksel 483 — 488 » Fast schwarze, ziemlich gleichmäßig dichte Braun¬ kohle mit Holzkohle 488 — 527 » Kötlichgraue , fette Tone mit Holzkohlestückchen, wechsellagernd mit hellgrauem, tonigem Sand 527 — 528 » Schwachtonige Sande mit Lagen von groben Q.uarz- geröllen und zahlreichen zertrümmerten und abge- rollten Turritellen und einigen wenigen anderen Gastropoden. 0. VON L INSTOW hat die Fossilien aus dem Kalkstein als Gyprina rotundata A. Bronn und Lueina tenuistria PIeb. be¬ stimmt. Die Turritella, welche in den tiefsten Schichten sehr häufig ist, gehört nach ihm zu Turritella cremdata Nyst. Auf Grund seiner Untersuchungen stellt er die folgende Tabelle auf : Das Tertiär. 73 Petrographische Ausbildung Tiefe Mächtig¬ keit Horizont Glaukonitische Sande und Kalkstein . 456—480 m 24 m Marines Tongrien superieur Sandsteine , Braunkohle und Tone . 480-527 » 47 » Süßwasserbildungen des Ton- grien superieur Tonige Sande mit Gerollen 527-528 » 1 » Küstennahe Bildungen des Tongrien inferieur Es würden dann die Gerolle von Elmpt den oben be¬ schriebenen Muschelschichten von Baal entsprechen. Dabei ist jedoch (sehr auffällig, daß Turritellci cremdata Nyst, welche fast allein die Fauna der Geröllschicht bei Elmpt ausmacht, dort nicht vertreten ist. Das nächste Gebiet, aus dem unteres Oligocän bekannt ist, ist Holländisch Limburg. Hier sind nach W. C. KLEIN1) die Schichten mit Ostrea ventilabrum Golde, entwickelt, die von braekischen Tonen mit Cerithien und Cyrenen überlagert wer¬ den. Die letzteren Schichten könnten den Elmpter Braun¬ kohlenbildungen gleichzustellen sein. Die Kiese des Elmpter Profiles lassen auf Landnähe schließen, doch erscheint es sehr wahrscheinlich, daß sich das U nteroligocän über einen großen Teil des Niederrheingebietes erstreckt, und hier eine V erbindung mit den norddeutschen Vor¬ kommnissen des Horizonts bestanden hat. Der Transgression des mittleren Oligoeäns, die für unser Gebiet von ganz beson¬ derer Bedeutung ist, sind also die unteroligocänen Schichten bis auf wenige Reste zum Opfer gefallen. Fraglich muß es bleiben, ob die Braunkohle führenden Schichten einer Bohrung bei Kamp und dunkle, glaukonitische Sande und Mergel, welche in einigen der nördlicheren Bohrungen das mittlere Oligocän unterlagern, hierher zu stellen sind. Im Gegensatz zu den älteren Tertiärbildungen nimmt 0 W. C. Klein, Grundzüge der Geologie des Süd-Limburgischen Kohlen¬ gebiets. Berichte des Niederrhein, geolog. A7er. 1909, S. 69. 74 Das Tertiär. das Mitteloligocän einen großen Teil des nördlichen Niederrheinischen Tief¬ landes ein und bildet eine zusammenhängende Decke, welche Schichten verschiedensten Alters — vom Palaeozoicum bis zum unteren Oligoeän — auf lagert. Am Schluß der Unteroligocänzeit wurde unser Gebiet nämlich von beträchtlichen Schollenbewe¬ gungen betroffen, auf welche die Transgression des mittleren Oligocäns folgte, die entstandenen Niveau-Unterschiede aus¬ gleichend und dabei ältere Schichten in mehr oder minder großem Umfang zerstörend. Das Mitteloligocän läßt sich wegen seiner vorwiegend toni- gen Ausbildung in den meisten Bohrungen nachweisen und ist in der Gegend von Wassenberg auch über Tage zu beob¬ achten. Vom nördlichen Niederrhein liegen die Proben einiger Kern¬ bohrungen aus dem Mitteloligocän vor, welche gestatten, ein genaueres Schichtenprofil des größten Teiles der Schichten¬ gruppe aufzustellen. Eine Bohrung bei Xgnten gab folgendes Profil : Tonig-sandiger Kalkstein (Septarie) . 3,50 m Kalkfreie, graue, sandige Tone . 25,50 » Kalkhaltiger, grauer Ton mit Septarien . 6, — » Graue Tonmergel und schwach kalkhaltige Tone . . . 13,— » Graue, kalkfreie, bezw. ganz schwach kalkhaltige Tone mit einer 0.10 m mächtigen Lage von weißlichgrauen Kalkmergeln und mit Gips-Einlagerungen . . . .13, — » Hellgraue Tonmergel . 2, — » Kalkfreie, graue Tone . 1, — » Kalkhaltige Tone, in weißliche Tonmergel übergehend . 6, — » Weißlichgelbe, feste Kalkmergel . 0,50 » Weißlickgraue Tonmergel . 0,50 » 71, — m Die folgenden 29 m fehlten in der Kernserie. Als liegendste Schichten folgten dann noch Das Terti är. 75 Hellgraue, sandige Mergel . 6, — m Dunkelgraue, glaukonitisclie Mergel mit unbestimmbaren . Sckalentr ümmer n . 0,50 » Die tiefsten Schichten weichen in der beträchtlichen Glau¬ konitführung so erheblich von den höheren ab, daß sie wahr¬ scheinlich einem tieferen Horizont angehören. Die hellgrauen, sandigen Mergel würden dann die Schichtenfolge des mittleren Oligocäns abschließen. Die Kernbohrung hat somit rund 100 m der mitteloligocänen Schichtenfolge erschlossen. Nach dem Profil des Bohrmeisters ist die Schichtreihe nach oben noch um etwa 50 m zu erweitern, die aus grauen und grünlichen Tonen bestehen, so daß die gesamte Mächtigkeit des Horizontes rund 150 m umfaßt. Die Zusammensetzung der Schichtenfolge, die nach dem an¬ gegebenen Profil im wesentlichen aus Tonen, Tonmergeln und Kalkmergeln besteht, ist erheblichen Schwankungen unterworfen, welche sowohl den Kalkgehalt, als auch die sonstige petrogra- phische Ausbildung betreffen. Bei einer anderen, etwa 7 km entfernten Bohrung hat man z. B. die folgende Schichtenaus¬ bildung angetroffen : Sandig-dolomitischer Kalkstein (Septarie) . Sandige Tone . Sandig-tonige Schiefer und sandige, glimmerführende, kalkfreie Tone mit undeutlichen Schalresten und mit Schwefelkies . Fester, weißlich grauer Mergel . Schwach toniger Sand . Graue, glimmerführende, sandige Tone und sandig-to¬ nige Schiefer . Dunkler, dolomitischer Kalk (Septarie) . Tonige, dunkelgraue Sande . Heller, kalkhaltiger Ton und toniger Mergel mit Schwe¬ felkies . Undeutlich schiefrige, tonige Sande . Tonmergel mit vereinzelten, undeutlichen Fossilien und mit Schwefelkies . Tonmergel, an der Basis schwach schiefrig . 0,30 m 3, — » 4 » 4,- » 3, — » 9, — - » 0,15 » 10,— » 10,— » 18,— » 83,45 » 76 Das Tertiär. Die gesamte Mächtigkeit des mittleren Oligocäns in der letzten Bohrung beträgt 136 m. A on besonderem Interesse ist es, daß bisweilen an der Basis des Mitteloligocäns grobkörnige, schwach konglomerati- sche Sande angetroffen wurden, welche als ein Transgressions- konglomerat anzusehen sind. Eine abweichende Zusammensetzung, die besonders in der Einschaltung von Sauden hervortritt, zeigt das Mitteloligocän der 'Gegend von Erkelenz. Bei AMassenberg liegen dunkle, sandige, glaukonitische Tone, welche früher zur Herstellung von Dachziegeln An¬ wendung fanden, in größerer Fläche zu Tage. V. DECHEN1) und GüRLT2) erwähnen bereits die AVassenberger Tone, und stellen sie mit den überlagernden Sanden zur Braunkohlen¬ formation. Bei der geologischen Aufnahme zeigte es sich, daß sie zum Oligocän, und zwar zum Mitteloligocän zu stellen sind. Im Interesse der geologischen Aufnahme wurden die Tone von Seiten der Geologischen Landesanstalt durch eine Bohrung erschlossen, wobei sich das folgende Profil ergab : Dunkelgrauer, kalkfreier, etwas glaukonitischer, sandiger Ton 14 m Dunkelgrauer, kalkhaltiger Ton . 6 » Grauer, stark kalkhaltiger, sandiger Ton . 3 » Grauer, mittelkörniger Quarzsand mit vereinzelten Schal¬ resten und mit Gerollen von fester Braunkohle und Holz¬ kohle . 16 » Hellgraue Tonmergel mit undeutlichen Schalenresten . . 4 » 43 m Nach den Profilen der nur 1 km östlich von dieser Bohrung liegenden Steinkohlenbohrungen beträgt die Gesamtmächtigkeit des Mitteloligocäns in diesem Gebiet 80—100 m. Sie ist somit gering im AMr gleich zu derjenigen des Niederrheins, eine Tat- 0 v. Dechen, Erläuterungen, S. 669. 2) A. Girlt, Übersicht über das Tertiärbecken des Niederrheins, Bonn 1872. Das Tertiär. 77 sache, welche vermutlich in der tektonischen Stellung des Gebietes begründet ist. Über die genauere Entwicklung des Mitteloligocäns in dem übrigen Teil des Steinkohlengebietes von Erkelenz-Brüggen ist nur wenig bekannt, da Kernbohrungen nicht vorliegen. Es steht nur fest, daß die Stufe auch hier im wesentlichen aus » Tonen besteht, deren Mächtigkeit rund 150 m und damit die¬ jenige des Niederrheins erreicht. Erst über die liegendsten Schichten wissen wir wieder Ge¬ naueres. In einer Bohrung bei Erkelenz wurden unmittelbar über dem Steinkohlengebirge Kerne gezogen, die aus schwach- tonigen, kalkhaltigen Sanden bestehen und sehr häufig eine Nueula führen, die nach freundlicher Mitteilung des Herrn Ge¬ heimrats v. K OEXEN in die Verwandtschaft der Nueula eompta GOLDE, gehört1). Daneben wurde auch eine Leda — wahrschein¬ lich Leda Deshayesiana KyST — beobachtet, so daß das Alter der Sande mit Sicherheit feststeht. In der oben schon erwähnten Bohrung bei Baal wurden die¬ selben Schichten angetroffen. Sie schließen hier mit einem Kalk¬ sandstein gegen das Unteroligocän ab. Auch in Hol ländisch-Limburg wird nach W. C. Kleix2) das Unteroligocän von glaukonitarmen, etwas tonigen Sanden mit zahlreichen Exemplaren einer Nueula überlagert. Gleichartige und petrographisch ähnliche Schichten liegen in Kernen aus einer Bohrung bei Aldenhoven und aus einer Bohrung des Cölner Braunkohlenbrikettsyndikates bei Dürbos¬ lar vor, wo im Hangenden des Steinkohlengebirges stark sandige, glimmerführende Mergel liegen, welche in einigen Lagen Glau¬ konit und Phosphoritgerölle von Linsen- bis Bohnengröße ein¬ schließen. Die Glaukonitkörner sind unregelmäßig verteilt und bilden zusammen mit mittelkörnigen Quarzsanden Einlagerun- b Die in der Arbeit von P. Keusch und W. Wünstorf, Das Steinkohlenge- biet nordöstlich der Rur usw., mitgeteilte vorläufige Bestimmung ist danach nicht aufrecht zu halten. 2) a. a. 0. S. 80. 78 Das Tertiär. gen in Form von Linsen und Schnüren. Besonders glaukonit- reich sind die phosphoritführenden Schichten. In ihnen konnte neben Phosphorit auch ein Quarzgeröll beobachtet werden. Die Mergel schlossen eine Septarie ein, welche ebenfalls Glaukonit führte, und enthielten undeutliche Schalenreste. Abgesehen von der Phosphoritführung und dem beträcht¬ licheren Glaukonitgehalt stimmen die Kerne in ihrem petrogra- phi sehen Charakter mit denen von Erkelenz und Baal überein, so daß ihre Zugehörigkeit zum Mitteloligocän sicher ist. Aus den Profilen der Steinkohlenbohrungen und auch aus der durch W. C. KLEIN bekannt gegebenen Entwicklung in Hol- ländisch-Limburg1) ist mit Sicherheit zu schließen, daß die Schichtengruppe auch im Aachener Gebiet im wesentlichen aus Tonen besteht. Ihre Mächtigkeit scheint 100 m nicht zu über- schreiten und erreicht somit nicht diejenige der nördlicheren Gebiete. Die Mächtigkeitsabnahme ist eine Folge der nahen Süd¬ grenze unseres Horizontes überhaupt. In der Gegend von Geilen¬ kirchen fällt diese mit der Sandgewand zusammen. In dem öst¬ licheren Gebiet läßt sie sich nicht mit Sicherheit angeben 5 sie ver¬ läuft aber jedenfalls nördlich vom Aachener Sattel. Abgesehen von den kalkhaltigen Sanden der Bohrungen von Erkelenz und Baal ist das Mitteloligocän des Niederrheingebietes sehr arm an organischen Resten. Bisweilen konnte Leda Deskay esiana Nyst beobachtet werden. Charakteristisch für die mitteloligocänen Schichten des Niederrheingebietes sind auch eigenartige, stabförmige, stark verdrückte Gebilde von 1 — 2 cm Länge, welche in Schnüren angeordnet sind und vielleicht Reste von Algen darstellen. Die Tonmergel der beschriebenen Bohrung Wassenberg ent¬ halten eine reiche Mikro -Fauna, welche von Herrn A. FRANKE in Dortmund untersucht wurde. Nach seiner freund¬ lichen Mitteilung waren die folgenden Formen zu bestimmen: *) W. C. Klein, a. a. 0. Das Tertiär. 79 1. Foraminiferen. Quinqueloculina oblong a d'Orb. » seminulum L. » triangularis d’Orb. yar. Ermani Born Spiroloculina tenuis Czjz. Sqnroplecta carinata D Orb. Gaudryina chilostomina Bss. Bolivina antiqua d'Orb. » Beyrichi Bss. Nodosaria soluta Born. » ( Dent .) consobrina d’Orb. Glandulina laevigata D'Orb. » elongata Born. Lagena apiculata Bss. » vulgaris Williams Cristellaria paucisepta Bss. » Böttcheri Bss. » concinna Bss. » depauperata Bss. » depauperata yar. intumescens Bss. » cultrata Montf. » inornata D'Orb. Polymorphina amygdaloides Bss. » gibba d’Orb. » rotundata Born. » lanceolata Bss. » guttata Bss. Truncatulina lobatula Ficht, u. Moll. » Weinkaufi Bss. Rotalia S oldani d’Orb. yar. Girardana Bss. Pullenia sphaeroides Bss. 2. Ostracoclen. Cytheridea debilis Jones Cythere obliquata Bss. CytJierella compressa v. Mstr. 80 Das Tertiär. Im Gegensatz zu den Tonmergeln waren die oberen, dunklen Tone frei von Foraminiferen. Im östliclien Teile des Niederrheingebietes ist der Verlauf der Südgrenze des Mitteloligocäns ganz unbekannt. Dagegen gibt O O O o O O es v. Dechen1) und neuerdings Zimmermann2) rechts des Rheines als Hangendes des Kohlenkalkes im Liegenden der diluvialen Hauptterrasse von Ratingen an. Auch hat J. Böhm vor einigen Jahren bei Mülheim a. d. Ruhr unter der Hauptterrasse, also unter gleichen Lagerungs Verhältnissen wie bei Ratingen, einen Ton beobachtet, der ebenfalls hierher gehört. Denn A. Franke hat daraus die folgenden, ausschließlich mitteloligo- cänen Foraminiferen bestimmt: Lagena reticulata Margill » vulgaris Williams » tenuis Born. » apiculata Rss. Nodosaria rudis d’Orb. Cristellaria cultrata Mtf. » depauperata Rss. PolymorpJiina Humboldti Born. Glandulina elongata Born. » laevigata d’Orb. Spiroplecta carinata d’Orb. Rotalia contraria Rss. W. Wunstorf hat das Mitteloligocän mit Leda Deshayesiana Nyst in der Bohrung Unter Lohberg bei Dinslaken beobachtet. Das Ob er o li go cän. In dem bereits genannten Bahneinschnitt bei Wassenberg war die Überlagerung der glaukonitischen , sandigen Tone des Mitteloligocäns durch das Oberoligocän zu beobachten, das in seinen tiefsten Schichten aus stark eisenschüssigen Feinsanden besteht, welche in einer Mächtigkeit von 6 m aufgeschlossen b v. Dechen, Erläuterungen S. 671. 2) E. Zimmermann, Kohlenkalk und Culm des Velberter Sattels im Süden des westfälischen Carbons, Jahrb. Geol. Landesanst. Berlin 1909, 30, T. II, S. 369. Das Tertiär. 81 waren. Der höbe Eisengehalt äußert sich auch in Ausscheidun- gen von Eisenoxydhydrat in Form von kleinen Knollen und Bän- dern, von denen die Feinsande in einer etwa 0,50 m mächtigen Bank durchsetzt sind. I her dem Bahneinschnitt folgen bald mittelkörnige, weiße, graue und gelbe Sande, welche im all¬ gemeinen schwach glaukonitisch sind und das Steilufer des Tales von Birgelen bis Hückelhoven zusammensetzen. Die Glau- o konitführung wechselt, indem den glaukonitarmen, grauen Sanden stark glaukonitiscke. grüne Schichten eingeschaltet sind. Eine Gesetzmäßigkeit in der TV echsella ger ung von glaukonitreichen o o o o und glaukonitarmen Schichten war nicht zu erkennen. An einigen Stellen, wie z. B. oberhalb des Dorfes Myhl und in der Xähe von Millich, sind den Sanden stark eisenschüssige Lagen eingeschaltet, welche Steinkerne von Fossilien enthalten. Diese Schichten stellen vermutlich das T erwitterungsprodukt von festen, kieseligen Bänken dar. welche in den Tiefbohrungen des Gebietes an getroffen wurden und ebenfalls reich an Steinkernen sind. Eine Schachtbohrung bei Baal hat eine ganze Leihe solcher Schichten durchsunken und ein reiches Fossilienmaterial geliefert-, das noch der Bestimmung harrt. Eine von Herrn Dr. E. Eyme im Laboratorium der Geologischen Landesanstalt ausgeführte Analyse ergab für die festen Bänke die folgende Zusammen- J O O Setzung : Si02 . . 43,370/0 Ti Oo . — Al2 03 . . . . . . . 0,95 » F e2 G3 . . 2,12 » Fe 0 . . 26.54 » CaO . . 4,10 » MgO . . . . . 0,72 » k2o . K a?> 0 . h2o . . . . . 1.51 » co3 . . 19.39 » so8 . . 0,25 » P2G5 . . 0,23 » 100,15 o/0 Neue Folge. Heft 67. 6 82 Das Tertiär. Der hohe Ivolilen, Säuregehalt läßt den Schluß zu. daß das o j Gestein ein kieselsäurereicher, vielleicht nachträglich verkieselter J o Spat eis enstein ist. In den hängendsten Schichten des oberen Oligocäns konnten in den Bahneinschnitten bei Birg eien und Dalheim gröbere Ein¬ lagerungen mit Feuersteinsplittern und auch Feuerst eingeröllen be¬ obachtet werden. Der TV echsel in der Korngröße und auch die Gerolle weisen auf eine Hebung des Meeresbodens hin, welche die Ablagerung der nun folgenden Schichten der miocänen Braunkohlenformation vorbereitet. Auch die Schachtbohrung bei Baal hat an der Grenze des oberen Oligocäns gegen die Braun- kohlenformation eine Lage von Feuersteingeröllen durchsunken. Das Auftreten des oberen Oligocäns in der Gegend von W assenberg ist eine Folge der tektonischen Verhältnisse. Das O O Ostufer des Burtales wird von Birgelen bis Hückelhoven von einem schmalen Horst gebildet, dem bereits erwähnten T\ assen- berger Spezialhorst, auf dem infolge jungtertiärer Krusten¬ bewegungen die Schichten des Miocäns und des Pliocäns fehlen und. auch das Diluvium nur geringe Mächtigkeit hat. Der nächste Punkt, von dem das obere Oligocän bekannt ist, ist Wald hausen, ein Vorort von M ü n c h e n - Gl a d b a c h. In einer sich hinter der nördlichen Häuserreihe dieses Ortes hinziehenden Sandgrube sind graue, gelbe und braune Sande in I m Mächtig¬ keit aufgeschlossen, welche zum Teil schwach glaukonitisch sind und in den hängendsten Schichten Geröllagen einschließen, deren Bestandteile im allgemeinen Linsen- bis Erbsengroße haben. Da¬ neben treten Lagen von sehaligen Eisenoxvdhvdrat-Konkretionen O O J J und eisenschüssige Sandsteine auf, welche wieder Steinkerne von Fossilien führen. \ Die Geröllagen setzen sich vorwiegend aus wasserhellen und und milchweißen Quarzen zusammen. Untergeordnet kommen rote Eisenkiesel, schwarze, glänzende Lydite und Feuersteingerölle vor. Bisweilen werden die Feuersteine, die meistens sehr stark verwittert sind, häufiger und nehmen auch an Größe zu. Hach dem Vorkommen von Geröllagen erscheint es wahrscheinlich, daß Das Tertiär. 83 das obere Oligocän von München-Gladbach den hängendsten oli- gocänen Schichten von Dalheim, Birgelen und Baal entspricht. Bei Waldhausen erstreckt sich das Oberoligocän am Nordufer des Tales bis nach München-Gladbach hinein, wo es an der Abtei in gelegentlichen Aufschlüssen beobachtet wurde. Es tritt nach der Mitteilung von A. Q ua AS auch am F uße des Steilhanges auf, der sich you München-Gladbach über Helenabrunn bis Viersen hinzieht, und nimmt Yon Viersen ab nach Norden große Flächen an den Hängen des Viersen er Horstes ein, der sich bis über He¬ rongen hinaus erstreckt. Das Vorkommen you oberem Oligocän im Bereich dieses Horstes ist seit langer Zeit bekannt und wird auch Yon Gurlt und y. Dechen erwähnt1). Es ist in mehreren Gruben auf¬ geschlossen und besteht auch hier aus gelben und braunen Sau¬ den, welche bisweilen eisenschüssige Lagen mit Steinkernen you Fossilien einschließen. Ebenfalls seit langer Zeit bekannt ist das obere Oligocän der Umgegend Yon Crefeld, wo in einer großen Zahl von Brunnen und älteren Tief bohrungen Grünsande mit einer reichen Fauna erschlossen wurden, die bereits durch Y. Dechen2) mitgeteilt wird. Die you E. Königs3) vom Egelsb er g beschriebene oberoligocäne Fauna scheint nicht mehr auf primärer Lagerstätte zu liegen. Südlich von Crefeld ist in neuerer Zeit das obere Olio-ocän in o einer Bohrung bei Waldhütte, 2,5 km westsüdwestlich von Schief¬ bahn, erschlossen worden. Nach einer freundlichen Mitteilung von P. G. Krause ist es kürzlich auch bei den vorbereitenden Ar¬ beiten für den Bau einer Eisenbahnbrücke bei Neuß im Rhein in einiger Tiefe erbohrt worden. Das Vorkommen von Neuß weist auch bereits v. Dechen4) nach. An die beschriebenen Fundpunkte reihen sich die Aufschlüsse b A. Gurlt, Tertiärbecken des Niederrheines, a. a. 0. S. 22 — 26. v. Dechen, Erläuterungen S. 671. 2) v. Dechen, a. a. 0., S. 672. 3) E. Königs, Die geologische Vergangenheit der Gegend von Crefeld und darauf bezügliche Funde. Jahresber. Naturwiss. Ver. Crefeld für 1894/95, S. 52. 4) v. Dechen, a. a. 0., S. 675. 84 Das Tertiär. der zahlreichen Tiefbohrungen der letzten Jahrzehnte, welche die Verbreitung des oberen Oligocäns über das gesamte Niederrkein- gebiet von Wesel bis nach Aachen nachgewiesen haben. Auch in diesen Tiefbohrungen besteht das obere Oligocän weitaus über¬ wiegend aus mehr oder weniger glaukonitischen Sanden , welche oft sehr reich an Fossilien sind und eine Mächtigkeit von rund 150 m erreichen. Die Bearbeitung des reichen, neueren Fossil- materiales steht noch aus. Im Süden greift das obere Oligocän über das mittlere hinaus, eine Tatsache, die wieder auf eine Transgression hinweist. Anderer¬ seits muß stellenweise schon der Beginn der oberen Oligocänzeit mit einer Verflachung des Meeres verbunden gewesen sein, denn bei Wassenberg gehen die Tone des Mitteloli gocäns in Feinsande und diese in mittelkörnige Sande des Oberoligocäns über, während an der Oberkante, wie erwähnt, nicht selten Lagen von Fluß- geröllen auftreten, die man geneigt sein wird, mit den Flußschottern an der Basis der Braunkohlenformation im südlichsten Teil der Niederrheinischen Bucht, der Vallendar er Stufe C. MordziolIs1) in Parallele zu setzen. Es bereitet sich also die Umwandlung des zu oberoligocäner Zeit noch vom Meere bedeckten Gebietes in das Festland des Untermiocäns allmählich vor. Das Miocän. Der großen, mitteloligocänen und der kleineren, ober- oligocänen Transgression folgt mit dem Beginn der Mio- cänzeit ein allgemeiner Rückzug des Meeres nach Nor¬ den. Die Ursache dürfen wir in den jungen, gebirgsbilden- den Vorgängen sehen, die zu dieser Zeit eingesetzt haben. Wenigstens fehlt, da noch nirgends eine Wechsellagerung der marinen und kontinentalen, miocänen Sedimente beobachtet worden ist, jeder Anhalt dafür, daß das Meer durch die An¬ häufung der kontinentalen Sedimente verflacht und nach Norden zurückgedrängt worden ist. J) C. Mordziol, Beitrag zur Gliederung und zur Kenntnis der Entstehungs¬ weise des Tertiärs im Rheinischen Schiefergebirge. Zeitschr. Deutsch, geolog. Gescllsch. 60, 1908. M. B. S. 270. Das Tertiär. 85 Im Gegenteil : Die Auflagerung der sogenannten »Liegenden Schichten«1) am Siebengebirge auf Unterdevon dort und ent¬ lang dem Rheintal bis Linz und ins Neu wieder Becken, die ohne eine Zwischenschaltung mittel- oder oberoligocäner Meeres¬ sedimente geschehen ist, zeigt, daß hier und daher Avohl auch in anderen Teilen des Rheinischen Schiefergebirges die Ent¬ stehung der Braunkohlenformation nur die Fortdauer einer bereits länger anhaltenden Festlandszeit bedeutet. Wenn anderswo, im Sauerlande, in dem Fund von Cetaceenknochen in den Spalten des Massenkalkes2), die man am ehesten auf marines Oligocän beziehen kann, die Spuren einer Meeresablagerung auf dem heutigen Gebirge entdeckt worden sind, und wenn auf dem Kohlenkalk von Ratingen Septarienton ruht, so darf daraus nicht der Schluß auf eine allgemeine, oligocäne Meeresbedeckung des Schiefergebirges gezogen werden. Die Braunkohlenformation, die sich als eine schützende Decke über sie gelegt haben müßte, hätte sie uns dort erhalten, wo sie selbst nicht der Denudation zum Opfer gefallen ist. Es ist daher naheliegend, aus der beschränkten Verbreitung des marinen Oberoligocäns zu schließen, daß die Niederrheini¬ sche Bucht damals bereits vorhanden war. In so allgemeiner Form ist das jedoch nicht richtig : Die oligocäne, flache Meeres¬ küste mag zu einem Teile ungefähr mit den heutigen, auch damals schon tektonischen Rändern der Bucht zusammenge- fallen sein. Sie griff aber mancherorts darüber hinaus, während ihr Vor (allem die südliche Fortsetzung der Bucht ins Gebirge hinein, dem heutigen Rhein entlang, die man gern als den süd¬ lichsten Teil der Bucht betrachtet, nicht angehörte. Dieses Ge¬ biet ist jedenfalls in seiner Anlage nicht vormiocän und be¬ sitzt tektonisch eine geAvisse Selbständigkeit, während bei der eigentlichen Bucht die Anlage zAvar vormiocän, die heutige 0 E. Kaiser, Geologische Darstellung des Nordabfalles des Siebengebirges, Verhdlg. Naturhist. Ver. Rheiniande, 54. Jahrg, Bonn 1897. — II. Laspeyres, Das Siebengebirge am Rhein, ebenda 1908. 3) H. Lotz, Über marines Tertiär im Sauerlande, Zeitschr. Deutsche Geolog. Gesellsch. 54, 1902, P. S. 14, 86 Das Tertiär. morphologische Form aber jung- und bis zu einem gewissen Grade naejimio'cän ist. D as marine Miocän. Marine, mioeäne Ablagerungen in Form des sogenannten Glimmer to ne s, d. h. eines schwärzlichen, stark tonigen, glim¬ merreichen Sandes sind aus dein Niederrheinischen Tief lande seit langer Zeit von einer Reihe von Punkten bekannt1). Am Ostrande des Rheintales streichen sie zwischen Dingden und Bocholt in einer größeren Anzahl von Aufschlüssen unter einer .nicht sehr mächtigen Decke von Schottern der diluvialen Hauptterrasse zu Tage aus. V. DECHEN2) gibt ferner eine reiche Fauna aus den gleichen, bei Geldern erbohrten Schichten an. Der Zu¬ sammenhang dieser mioeänen Meeresablagerung mit den gleich¬ artigen Schichten mehr im Nordosten und in den Niederlanden ist außer Zweifel. Der unterirdische Zusammenhang im Nieder- rheinischen Tief lande selbst dagegen ist erst durch neuere Boh¬ rungein genügend aufgeklärt worden. Es ist hier durch die reiche Bohrtätigkeit auf Steinkohle und Salz in den Grabenein¬ brüchen allgemein nachgewiesen worden, während es auf den Horsten vielfach der Abtragung zum Opfer gefallen ist. Seine Südgrenze wird etwa durch die Linie Rheinberg-Kamp-Gel- dern bezeichnet. Die Grenze springt dann aber weit nach Süden vor, denn jenseits der Maas ist es in den Bohrungen auf dem Peelhorst (Helenaveen, Kessel3)) in typischer Ausbildung ange¬ troffen worden. Andererseits ist es weit nach Nordosten zu verfolgen, da es in gleicher Facies aus den östlichen Nieder¬ landen (Provinzen Drenthe, Oberyssel, Gelderland4)) seit langem bekannt ist. Bei der oft beklagten Bohrmethode ist es nicht möglich genaue Profile anzugeben. ') v. Dechen, Erläuterungen usw., S. 694 If. 2) Ebenda, S. 695. 3) Van Waterschoot van der Gracht, a. a. 0., S. 407. 4) W. C. H. Staring, De Bodem van Nederland. — Van Watehsciioot van per Gracht, a. a. 0, Das Tertiär. 87 Hinsichtlich der spezielleren stratigraphischen Stellung des Miocäns am Niederrhein vertritt der beste Kenner dieser Faunen. Herr v. KOENEN, den Standpunkt1), daß in den bekannt gewor¬ denen Bohrungen ausschließlich mittleres Miocän vorliegt, eine Auffassung, die er uns gegenüber soeben noch bestätigt hat (siehe auch S. 301). Bezeichnend ist die folgende Fossilliste, die er uns aus einer neueren Bohrung, V een (Gegend von Xanten), in liebenswürdi¬ ger Weise zur Verfügung gestellt hat : Murex inornatus Beyr. Tiphys fisiulosus Brcc. Cancellaria Bellardii Mich. » varicosa Brcc. » subangulosa Wood. » sp. Ficula reticulata L. Fusus crispus Bers. » sexcostatus Beyr. Terebra Hoernesi Beyr. » acuminata Bers. » forcolata Beyr. » Beyrichi ? Semper Nassa Facki v. K. » syltensis Beyr. » holsatica Beyr. » sp. Phos decussatus v. K. Cassis bicoronata Beiüe Columbella attenuata Beyr. Ancillaria obsoleta Brcc. » glandiforniis Lm. Conus autediluvianus L. Pleurotoma cf. rotata Brcc. ') v. Koenen, Sitzungsberichte der Gesellsch. z. Beförderung der ges. Naturw. zu Marburg, Nr. 8, 1871. — Neues Jahrbuch B. B. II. 1883, S. 223, 1886, I, S. 81. 88 Das Tertiär. Pleurotoma flexiplicata Nyst. » porrecta Wood. » cf. denticula Bast. » sp . Dolichotoma cataphracta B. Pseudotoma sp. Surcula semimarginata » interrupta B. Clavatula sp. Drillia Hosii v. K. » festiva Död. Mangelia Römeri Phil. » Selenkae v. K. » pannoides y. K. » sp. » sp. Voluta Bolli Koch Natica Begrichi v. K. » Beneckei v. K. » helicina Brcc. Odontotoma sp. Turbonilla sp. » sp. » sp. Eulima lactea d'Orb. » mbulata Dn. Niso sp. Ceritliium spina P. Aporrhais alata Eichw. Turritella subangulatci Brcc. Scalaria lamellosa Brcc. Xenophora Deshag esi Mich. Dentalium Dollfussi v. K. » entale L. sp. » Das Tertiär. 89 Gadila sp. Ringicula auriculata Mem. Cylichna sp. » sp. Bulla utriculus Brcc. » acuminata Brg. Pecten elegans Nyst. » Lamarcld And. » D uwelzi Nyst. » sp. » sp. Nucula subglobosa Phil. Leda pygmaea Münst. » Weste ndorpi Nyst. Yoldia laecigata Nyst. Pectunculus sp. Area latesulcata N. Limopsis auriculata Br. » anomala Eichw. Cardita chamaeformis Nyst. Astarte radiata Nyst. » sp. Isocar dia sp. Lucina borealis L. » sp. Cyprina sp. Cardium subturgidum N. » papillosum Brcc. » sp . Gytherca multilamellosa Nyst. » sp. Süocicava arctica L. Corbula gibba Ol. Dazu kleine Korallen, Krebsscheren, Fisclizäline und Oto- lithen. 90 Das Tertiär. Es liegt also eine Schichtlücke im unteren Miocän vor ; das Meer ist gegen das Ende der Oligocänzeit weit nach Nor¬ den zurückgegangen, um zu mittelmiocäner Zeit wieder nach Süden zu transgredieren. Ob über dem Mittelmiocän im Niederrheinischen Tieflande auch marines Ober miocän auftritt, möge vorläufig offen blei¬ ben. Es ist keineswegs unwahrscheinlich, daß sich seine Schich¬ ten von den Niederlanden1) her wenigstens bis in den nord¬ westlichen Teil unseres Gebietes erstrecken. Das kontinentale Miocän. Die kontinentale Facies des Miocäns findet sich in großer Ausdehnung im südlichen Nieder rheinischen Tief lande bis hinein ins Rheinische Schiefergebirge entwickelt und ist von hier als Braunkohlenformation bekannt. Als seiner Zeit hiervon die das Hangende bildenden Kieseloolithschichten2) als Pliocän abgetrennt wurden, wurde bereits der Vermutung Aus¬ druck gegeben, daß am Abhang der Eifel3) neben Miocän und typischem Pliocän auch eine Randfacies des letzteren ver¬ breitet sei. A. QüAAS und W. W OLFF sind dieser Auffassung gefolgt4). Auch wurden bereits pliocäne Braunkohlen5) am Niederrhein nachgewiesen. Ganz neuerdings haben nun E. Holzapfel und G". FLIEGEL unabhängig a on emandei fest- gestellt, daß auch Braunkohle führende Schichten, die man bis jetzt unbedenklich zum Miocän rechnen konnte, nach ihrer pe- trographisclien Beschaffenheit nur zur Kieseloolithstufe gestellt Averden können. E. HOLZAPFEL hat nämlich, nachdem seiner Zeit bereits die hangenden Schichten des Hauptbraunkohlen¬ flözes des Lucherberges6) als typisches Pliocän bezeichnet aa-oi1- den Avaren, in einigen Bohrprofilen im Liegenden des Flözes die *) Van Waterschoot van der Gracht, a. a. 0., S. 408. 2) Siehe unten S. 107. 3) G. Flieger, Pliocäne Quarzschotter in der Niederrheinischeii Bucht, Jahrb. Geolog. Landesanst. 28, 1907, S. 22. 4) Erläuterungen zu Bl. Vettweiß und zu Bl. Euskirchen. 5) G. Flieger, a. a. 0., S. 102. 6) G. Flieger, a. a. 0., S. 113. Das Tertiär. 91 gleichen Quarzsande und -Kiese mit Kieseloolithen und anderen bezeichnenden Pliocängeröllen aufgefunden1). Aus zahlreichen Bohrprofilen der weiteren Umgebung des Lucherberges im Be¬ reich des Blattes Düren hat er ferner ermittelt, daß diese Braun¬ kohle führenden Kieseloolithschichten mehrere hundert Meter Mächtigkeit erreichen, und daß ihnen die Flöze des liurtales zum großen Teil angehören. Die Grenze gegen das Miocän im Liegenden ist dabei ganz ungewiß, da die Spülproben eine Abtrennung nicht möglich machten. Andererseits hat G. FLIEGET2) ähnliche Beobachtungen auf Grund der Bearbeitung der Bohrung Dürboslar (Blatt Linnich ) veröffentlicht, die im Jahre 1909 im Aufträge des Braunkohlen¬ brikett-Syndikates in Cöln zur Ermittelung der genauen ter¬ tiären Schichtfolge bis aufs Steinkohlengebirge niedergebracht wurde, und die bei der sorgfältigen Probeentnahme das bei weitem beste, bisher bekannte, niederrheinische Tertiärprofil er¬ geben hat. Es folgen unter 40 m Diluvium 16 » Ton 369 » Mittelfeine bis grobe, graue Quarzsande mit untergeordneter Braunkohle 65 » Feiner, weißer miocäner Sand. Das Liegende bilden 95 » Oberoligocän O o und 55 » Mitteloligocän. so daß das Steinkohlen- gebirge in 640 m Tiefe erreicht ist. Der graue Quarzsand ist durchgängig von eigentümlich scharfem Korn und unterscheidet sich schon im Habitus sichtlich von dem weißen, liegenden Sand. Er besteht meist aus wasser¬ hellem Quarz und führt die bezeichnenden Gerolle der Kieseloo- lithstufe, während der liegende Sand jedenfalls zum Miocän ge¬ stellt werden muß. Die Proben sind nur durch Nachfall anfäng¬ lich etwas vermischt, die Grenze ist aber trotzdem deutlich. Die 9 Vortrag auf der Versammlung des Nied er rheinischen gcolog. A er. Trier, 1910. 2) G. Eliegel und J. Stolleu, Jungtertiäro und altdiluviale, pilanzen- iührende Ablagerungen im Niederrheingebiet, Jalirb. Geolos,'. Landesanst. Bd. 31, 1910, S. 230. 92 Das Tertiär. Kieseloolithschicliten füh!ren hier von 50,65 — 51.90 m. von 140 bis 155 m und von 296 — 299 m je ein Braunkohlenflöz. Die miocänen Schichten treten, wie die Bohrung zeigt, im Burtale gegenüber den Braunkohle führenden, pliocänen Schichten durchaus zurück. Da sie hier ausschließlich als Quarzsand ohne Feuersteingeröllagen entwickelt sind, ist ihre genauere Stellung innerhalb des Miocäns ungewiß. Wie das Miocän noch weiter im Westen, jenseits der S a n d ge w and u n d des Feldbisses, entwickelt ist, möchten wir vorläufig offen lassen. Bisher gelten die dort in der weiteren Umgebung von Herzogenrath bis weit nach Holländisch-Limburg1 ) hinein verbreiteten, weißen Quarzsande mit Feuersteingeröll- lagen und mit Braunkohlenflözen für Miocän. Da G. Flieget aber bei Herzogenrath in diesen Sauden Linsen eines groben Sandes entdeckt hat, die neben überwiegenden Feuer¬ steinsplittern zahlreiche Kieseloolithe führen, ist möglich, wie das auch E'. HOLZAPFEL meint, daß auch sie bereits trotz ihres im allgemeinen abweichenden petrographischen Cha¬ rakters Pliocän sind. Weitere Beobachtungen über die Ent¬ wicklung dieser Schichten sind notwendig, um ihre stratigraphi¬ sche Stellung endgültig zu klären, wie überhaupt die Abtren¬ nung der pliocänen, Braunkohle führenden Schichten von der miocänen Braunkohlenformation am Niederrhein noch nicht end¬ gültig durchgeführt werden konnte. Die miocäne Braunkohlepformation2) ist typisch ]) W. C. Klein, Grundzüge der Geologie des Süd-Limburgischen Kohlen¬ gebietes, Berichte des Niederrheinischen geologischen Vereins, 1909, S. 74 — 77. 2) Von neuerer Literatur sei genannt: G. Fliegel, Das linksrheinische Vorgebirge, Zeitschr. Deutsche geolog. Gesellsch., Bd. 58, 1906, M. B. S. 291 — 304. — Derselbe, Die niederrheinische Braunkohlenformation, Handbuch für die deutsche Braunkohlenindustrie, Halle a. S., 1910, S. 97 — 112. Derselbe, Die Tektonik der Niederrheinischen Bucht in ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Braunkohlenformation, Vortrag Internationaler Kongreß für Bergbau usw. Düsseldorf 1910 (auch in Braunkohle, Heft 13 vom 24. 6. 1910). Derselbe, Die miocäne Braunkohlenformation am Niederrhein. Abhandlungen Geolog. Landesanstalt Berlin. N. F., Heft 61, 1910. Erläuterungen geol. Karte von Preußen, Bl. Brühl (E. Kaiser), Bl. Kerpen, Frechen, Sechtem (G. Fliegel). Das Tertiär. 93 auschließlich in dem Gebiet östlich des Rurtalgrabens entwickelt, und es gehören ihr einerseits die ausgedehnten, kohleführenden Ablagerungen des Vorgebirges im Westen von Cöln, anderer¬ seits diejenigen rechts des Rheines am Abfall des Sieben- gebirges und am Ostrande der Niederrheinischen Bucht an. Die Ablagerungen beider Gebiete stehen in unmittelbarem Zu¬ sammenhang, da die Schichten unter dem Rheintal durch¬ streichen. In welcher Weise die Braunkohlenformation westlich vom Vorgebirge entwickelt ist, und wie sie sich in ihrer Aus¬ bildung: zu der im Rurtalgraben versenkten verhält, ist nur teilweise bekannt : Am nördlichen Vorgebirge, nämlich dort, wo der Erftsprung sein Ende erreicht, und die Erft aus ihrer Nordwestrichtung in die nördliche bis nordöstliche umbiegt, läßt sich die Braun¬ kohlenformation in dem Erkielenz-Grevenbroicher Schol¬ lengebiet nach Westen bis Erkelenz und bis auf den Horst von Brüggen verfolgen. Sie erreicht auf diese Weise den Rand des Rurtales und dehnt sich diesem entlang durch den Elmpter Wald vielleicht bis nach Heidhausen1) aus. In dem Schollengebiet selbst ist sie in ostwestlich und nordwestlich laufenden Streifen, auf den Spezialhorsten in mäßiger Tiefe kohleführend, vorhanden, während in den dazwischen liegen¬ den. tiefen Gräben unter dem Diluvium jüngeres Miocän (Q.uarz- sand) und meist auch Pliocän in unbekannter Mächtigkeit auftritt. Auch für die weitere Verbreitung im Norden sind die tek¬ tonischen Verhältnisse entscheidend. Doch ist gleichzeitig zu berücksichtigen, daß wir uns hier bereits nahe der nördlichen Grenze der Braunkohlenformation befinden, und daß die Mäch¬ tigkeit daher allmählich abnimmt. So wie sie auf einem Teile des Horstes von Brüggen fehlt, ist sie auch auf dem diesem parallelen Viersener Horst nicht entwickelt, der unter einer dünnen diluvialen Decke einen Sockel von marinem Oberoligocän besitzt. 9 Krusch und Wunstorf, Das Steinkohl engebiet nordöstlich der Rur usw. Glückauf 1907. — Es ist nicht unmöglich, daß das Vorkommen bei Heid¬ hausen bereits jünger ist. 94 Das Tertiär. In dem trennenden Graben dürfte sie im Untergründe wolil nicht überall fehlen ; ihre Tiefenlage ist aber sicherlich von den zahlreichen, durchsetzenden Störungen abhängig und im allge¬ meinen nicht gering. Das Gebiet zwischen Bur und Erft südlich vom Erkelenz- Grevenbroicher Schollengebiet bildet eine vielfach durch Brüche ist, wie die bisherigen Bohrungen sämtlich zeigen, groß zerstückelte, breite Staffel zwischen dem Horst der Ville und dem tiefen Graben des Burtales, die Bur-Erf t-Scholle. Die Mächtigkeit der diluvialen und pliocänen Deckgebirgsschichten so sind die jungen Elußaufsehüttungen bei Schneppenheim (Blatt Sechtem) mit 207 m nicht durchbohrt, bei Ahe (Bl. Brechen) betragen sie gegen 70 m und in einer Beihe anderer Bohrungen allgemein über 80 m1). Die Braunkohlenformation selbst ist bisher nur am Nordrande der Bur-Erf t-Scholle in der Bohrung N i e d e r - E m p t 1 ) erreicht worden. Östlich vom Yiersener Horst dagegen ist sie wieder be¬ kannt : Nahe seinem Bandbruch ist sie in der Bohrung M.- Gladbach bereits im Bereich der Mittelterrasse des Bheines nach¬ gewiesen. D ie Bohrung2), die, ohne das Liegende der .For¬ mation erreicht zu haben, eingestellt worden ist, hat unter 21 m Diluvium das folgende Profil ergeben : 39,- in Weißer Quarzsand 1,25 » Sand mit Feuersteingeröllen 33,7 5 » W eißer Quarzsand 1,5 » Braunkohle 0,5 » Quarzsand 0,8 » Braunkohle 0,2 » Quarzsand 8,5 » Braunkohle 6,75 » Quarzsand 2,75 » Braunkohle — » Quarzsand ') G. Fliegei. und J. Stoi.ler, a. a. 0. S. 229. 2) Bohrproben im Geologischen Landesmuseum (Bohrung der Buntweberei Peltzee und Dkoste). Das Tertiär. 95 Bei Helenabrunn (Ompert1)), halbwegs zwischen M.- Gladbach und Viersen tritt in 17,5 m Tiefe hellgrauer Ton auf, 6,3 — 7 m mächtig, der in seinen untersten Schichten und auch nahe der Oberkante Sphärosiderit in Nieren von 16 cm Stärke enthält. Das Liegende besteht aus 4,7 m gelbem Sand, 0,7 m fettem, festen Ton, 3,2 m eisenschüssigem, braunen Sand. Es folgen nach der Tiefe zu als Liegendes der Braunkohlen¬ formation überhaupt glaukonitisehe Schichten. Der Ton hat s. Z. eine reiche Flora ergeben. A. QüAAS bestätigt uns auf Grund seiner Kartierung, daß diese Schichten bereits Pliocän sind. Auch weiter nördlich, bei C ref e ld 2) treten wenig mächtige, bisher zum Mioeän gestellte Tone mit Braunkohlen auf, die jedoch wahrscheinlich jünger als die Braun¬ kohlenformation sind. Dasselbe gilt von dem Bohrloch Tönis¬ berg Unter 9,4 m Diluvium folgen 1,57 m Gelber Ton 5,97 » Blauer Ton mit Braunkohle 3,67 » Braunkohle 7,54 » Blauer Ton mit Braunkohle 3,0 — 1 4,0 » Blauer Ton mit Spuren von Braunkohle 5,02 » Blauer »Mergel« 5,65 » Grauer Sand 8,16 » Grober Sand mit Gerollen 52,70 » Grauer Sand mit Muschelschalen (— Oberoligo- cän). Das von V. DECHEN als nördlichster Punkte ange¬ gebene Braunkohlenvorkommen von Nieukerk, halbwegs zwi¬ schen Crefeld und Geldern, zeigt ein ganz uncharakteristi¬ sches Profil und dürfte ebensowenig hierher gehören. Über die weitere Ausdehnung der Formation nach Osten zu, im engeren Rheintal, ist nichts bekannt. Ob die von Kloster Meer3) und von der Büdericher Spitze3), zwischen 0 v. Dechen, Erläuterungen, S. 640. 2) Ebenda, S. 640. 0 Ebenda, S. 639. 96 Das Tertiär. Neuß und Ürdingen bekannten Quarzite hierher zu rechnen und nicht vielmehr Geschiebe sind, ist bis jetzt sehr zweifelhaft, während von Neuß1) selbst bereits marines Oberoligocän be¬ kannt ist, das ja auch am Ostrande der Niederrheinischen Bucht, südwärts mindestens bis zum Ellerbach, ansteht. Das nördlichste Vorkommen der Braunkohlenformation am östlichen Gebirgsrande liegt bei Vohwinkel2). Es ist kaum zweifelhaft, daß die Grenze der Braunkohlen¬ formation gegen das marine Oberoligocan so. wie wir sie heute sehen, keine ursprüngliche ist. Beide Formationen stoßen über¬ wiegend an Verwerfungen an einander und nur ausnahmsweise ist ein Best der Braunkohlenformation auf dem Oligocän erhalten geblieben. Aus der geschilderten Verbreitung ergeben sich für das Verhältnis der Braunkohlenformation zum marinen Ter- t i ä r f olgen.de Schlußfolgerungen : Die Schichten der miocänen Braunkohlenformation bilden im nördlichen Teil des Gebietes das Hangende des marinen Oberoligoeäns, wie in jüngster Zeit in einem Bahneinschnitt bei Dalheim ausgezeichnet zu beobachten war. Nicht minder geht dieses gegenseitige Alters Verhältnis aus der Tektonik des Ge¬ bietes hervor: Wo beide Bildungen an einer Verwerfung an¬ einander stoßen, gehört die Braunkohlenformation der abge- sunkenen Scholle an. So ist es bei München-Gladbach : Die oben angeführte Bohrung steht im Senkungsgebiet, ■wäh¬ rend das Oberoligocän nur wenig westlich von ihr unter der Hauptterrasse beobachtet ist. Bei Wassenberg und Birgelen bil¬ det dieses den Sockel des Was.se nberger Spezialhorstes, der rings von Braunkohlenformation umgeben ist. Diese bleibt also J) Siehe oben S. 83. 2) v. Dechen, Erläuterungen, S. 650. Waldschmidt, Dolinen im mittelde¬ vonischen Kalk bei Elberfeld. Jahresber. des Naturwiss. Vereins in Elberfeld, 10. Heft, 1903. Das Tertiär. 97 jünger als Oberoligocän1), wenn auch die Beweiskraft der meist wenig klaren Profile des Purtales, aus denen man bisher das miocänie Alter der Formation ableiten konnte, hinfällig geworden ist, da sich die Braunkohle führenden Schichten dieses Gebietes überwiegend als nicht zum Miocän gehörig erwiesen haben. Sie ist Miociäm, da sie vielfach, so z. B. auf der Ville, vom Unterpliocän überlagert wird. Sie etwa in ihrer Gesamtheit ins Plioeän zu stellen, verbietet sich von selbst, da sie am Ab¬ hang des Siebengebirges, bei Pott eine zweifellos aqui- tanische Fauna2) führt (Anthraootherium breviceps), und da diese Schichten in ähnlicher petrographischer Entwicklung sich bis ins südliche Vorgebirge verfolgen lassen3). Zwischen dem marinen Miocän und seiner kontinentalen Facies liegt bisher noch ein breiter Streifen, aus dem weder das eine noch das andere bekannt ist, so daß unmittelbare Be¬ obachtungen über das Altersverhältnis beider nicht möglich sind. Die genauere stratigraphische Stellung als Untermiocän ergibt sich aber daraus, daß die Braunkohlenformation bei Rott die er¬ wähnte Fauna führt, also eine Fauna mit aquitanischen Formen, die in anderen Gebieten sogar für ein oberoligocänes Alter be¬ weisend ist. Die aus einer Bohrung Nieu wenhagen von V. DECHEN zwischen marinem Miocän und marinem Oberoligocän angegebene Einschaltung der Braunkohlenformation hatte G. J) Zusatz bei der Korrektur: Die Braunkohlenformation umfaßt, wenn wir die hangenden Quarzsande (siehe unten S. 100) dazurechnen, zweifellos die Schich¬ ten von der Oberkante unseres marinen Ober-Oligocäns bis ins Mittel-Miocän hinein. Dem ganz kürzlich von Dolleuss (Compte rendu somm. seanc. Soc. geol. France. Nr. 10, 2, I, 1910) gemachten Versuch, sie zum Oberoligocän zu stellen, kann daher nicht zugestimmt werden, zumal die aquitanische Säugerfauna -von Rott unmittelbar an der Basis der Formation liegt. 2) Vergl. G. Steinmann, Über die Beziehungen zwischen der niederrheinischen Braunkohlenformation und dem Tertiär des Mainzer Beckens. Berichte über die Versaufen 1. des Niederrheinischen geolog. Ver. 1907, S. 17. 3) Vergl. die ausführlichen Angaben bei G. Flikgel, Die miocäne Braun¬ kohlenformation am Niederrhein. Abhandlungen Geolog. Landesanstalt Berlin. N.F., Heft 61, S. 30. Neue Folge. Heft 67. 7 98 Das Tertiär. Fliegel1) bereits vor Jahren angezweifelt. Heute ist dieser Zweifel, da diese Schichtenfolge nirgends wieder angetroffen worden ist, -allgemein2). Dabei bleibt jedoch folgendes zu beachten : Das untermiocäne Alter ist durch die gemachten Angaben nur für die braunkohle¬ führenden Schichten der Formation erwiesen, nicht aber für die sogenannten tertiären »Liegenden Schichten« von LaS- PEYRES und KAISER, die am Siebengebirge die Folge der kon- tinentalen Schichten einleiten. Die in diesen über tonigen Schichten auftretenden quarzigen Schichten. Kiese. Sande und daraus hervor gegangene Sandsteine, Quarzite und Kieselkonglomerate sind die nördliche Fortsetzung der »Yallendarer Stufe« C. MORDZIOL’s3), also vermutlich die Aufschüttung’ eines Flusses, über dessen Verlauf im heutigen Vorlande des Schief er gebirges wir noch so gut wie nichts O O o wissen. Schließt man sich den Vorstellungen von C. MORDZIOL an. daß die Yallendarer Schichten im Kiederrheingebiet Ablage- O O rangen im Unterlauf eines deltaartig verzweigten Stromes sind. o o o dessen Mündungsgebiet im Korden der Kiederrheinischen Bucht zu suchen ist, so muß ganz dahin gestellt bleiben, ob diese Flußablagerungen wirklich dem marinen Miocän entsprechen und nicht vielmehr den oberoligocänen Meeressanden, die wir ja bis in die südlichen Teile der Kiederrheinischen Bucht kennen. Viel¬ leicht spricht hierfür das, daß in diesen Meeressanden dann und wann Kiesbänder auftreten, die doch von einem Flusse stammen müssen, und daß z. B. in der Bohrung Dürboslar diese Kiese gerade die obersten Schichten der Meeressande bilden4). Es ist ß G. Fliegel, Pliocäne Quarzschotter, a. a, 0., S. 24 (»überlagert sein soll«). 2) A. Briqcet, Snr les relations des sables ä lignites da Rhin et des terrains tertiaires marins. Annal. de la Societe geol. du Kord 35, Lille 1907, S. 206. W. C. Klein’, Grundzüge der Geologie des Südlimburgischen Kohlen¬ gebietes. Berichte des Kiederrhein. Geolog. Vereins, 1909, S. 77. 3) C. Mordziol, Beitrag zur Gliederung und Entstehungsweise des Tertiärs im Rheinischen Schiefergebirge. Zeitschr. Deutsche Geolog. Gesellsch. 60, 1909, M. B., S. 282. 4) siehe auch oben S. 82 — 84. Das Tertiär. 99 daher wahrscheinlich, daß, wenn auch das untermiocäne Alter der Braunkohlenformation unverändert feststeht, die tertiären liegenden Schichten von dieser losgelöst und als Oberoligocän angesehen werden müssen. Die ältesten vulkanischen Ausbrüche des Siebengebirges, auf die die ausgedehnten Traclivttuffablage- 0 0 7 O i/ O rungen an der Grenze zwischen Liegenden und Hangenden Schichten zurückzuführen sind, fallen dann an die Grenze von Oligocän und Miocän. Trotz dieser H ormationsgrenze ist eine Einheitlichkeit der gesamten kontinentalen Ablagerungen nicht zu verkennen, die in ihrer Aufeinanderfolge einen allmählichen Wechsel der physi¬ schen Verhältnisse des Niederrheingebietes bezeichnen: An der Basis der Liegenden Schichten treten in der Um¬ gebung des Siebengebirges, wie wohl überhaupt am Gebirgsrande im Süden tonige Schichten auf, die als subaerisch entstandene und dann umgelagerte Yerwitterungsprodukte des alten Gebirges, also als kontinentale Bildungen erscheinen. Sie scheinen nur beschränkte Verbreitung zu haben, wenig- O J O stens greifen die höheren, quarzigen Schichten der liegenden Stufe über sie hinweg und sind noch im Vorgebirge nachge¬ wiesen. Auf diese Schichten, die oben bereits als Flußauf schüttung gekennzeichnet worden sind, folgt mit dem Beginn der ßliocän- zeit der Hauptbraunkohlenhorizont, dessen Schichten über¬ wiegend aus Tonen, untergeordnet aus Sand und eingeschalteten Kohlenflözen bestehen. Die Flußaufschüttungen werden also ab¬ gelöst durch die Ablagerungen ausgedehnter, flacher Seen und zeitweise unter Wasser stehender, sumpfiger Niederungen, in denen die Wälder, die das Material der den Tonen eingeschalte¬ ten, überwiegend autochthonen Braunkohlenflöze lieferten, in tropischer Üppigkeit wuchsen. Allmählich sanken die flachen Niederungen tiefer, die Vege¬ tation wurde vernichtet und bei einer allgemeinen Wasserbe- 100 Das Tertiär. deckung wurden die ausgedehnten Hangenden Q u ar z s and e , als jüngste Stufe der Formation gebildet. Die in ihnen auftretenden Lagen gerollter Feuersteine deuten auf bewegtes, flaches Wasser, der Mangel mariner Fossilien auf die nichtmarine Natur des Beckens hin, so daß man am ehesten an eine lagunenartige Entstehung dieser jüngsten Stufe denken kann1). Das eigent¬ liche, stets nur lokale Vorkommen von vermutlich zusammen- gesehwemmten Braunkohlen in den Sauden in Form von Flözen und mehr oder minder großen Linsen deutet auf ähnliche Bil- d ungsbedi n g u n g e n hin. Liegt die Grenze zwischen Oligocän und Miocän, wie oben angenommen wurde, unmittelbar an der Basis des Hauptbraun¬ kohlenhorizontes, so stehen mit dem Wechsel der soeben be¬ schriebenen Bildungsbedingungen der Braunkohlenfor¬ mation die Oscillationen der Meeresküste in auffälliger Parallele und ursächlichem Zusammenhang: Den Flußaufschüttungen der Vallendarer Stufe entsprechen, wie. schon erwähnt, kiesige Einschwemmungen in den oberoligo- cänen Meeressanden; die Sümpfe, Seen und flachen Niederungen des HauptbraunkohlenhorizonteiS mit seinen Tonen und Flözen entstehen, indem das Meer sich zur Untermiocänzeit hoch nach Norden zurückzieht. Das mit der Ablagerung der Hangenden Quarzsande verbundene Sinken des Landes hat notgedrungen ein erneutes Vordringen des Meeres zur Folge, das seinen Ausdruck in dem Auftreten mittelmiocäner , nicht untermiocäner Meeresssande südlich bis Geldern findet. Die Hangenden Ouarz'sande müssen daher aus dieser Erwägung heraus als Mittel m i o c ä n an ge s p roch e n w e r de n . Diese Auffassung vom Alter der Niederrheinischen Braun¬ kohlenformation läßt sich folgendermaßen darstellen: ]) Yergl.W. Wunstork, Der tiefere Untergrund im nördlichen Teil der Nieder- rheinischen Bucht. Yerhdlg. Naturhist. Yer. Bheinlande. 66, 1909, S. 357. Das Tertiär. 101 Marine Ablagerungen im Nieder] Kontinentale Ablagerungen rh ein gebiet Mittel-Miocän Glimmerton, südlich bis Geldern-Rheinberg Quarzsande mit Feuerstein- geröllagen Unter-Miocän — Hauptbraunkohlenhorizont Ober-Oligocän Allgemein verbreitete Meeressande Flußaufschüttungen der Vallendar er Stufe Hinsichtlich der Verbreitung der Braunkohlenformation am Niederrhein sind beiden Stufen der die tektonischen Ver¬ hältnisse bestimmend ; wie weit die hangenden Quarzsande ur¬ sprünglich nach Süden gereicht haben, läßt sich nicht mehr angeben. Frechen am Ostrande der Ville und Spich (BL Wahn) sind die südlichsten, bisher festgestellten Punkte. Hie Mächtigkeit der Formation schwankt sehr und ist in hohem Maße von der Tektonik abhängig. Vom Abhang des Siebengebirges gibt E. KAISER für den Hauptbraunkohlenhorizont als Maximum 64 m an, wobei das Liegende nicht erreicht zu sein, scheint. Auf der Ville schwankt sie sehr, je nach der Mächtigkeit der Ivohle. Auf Grube Friedrich Wilhelm Maxi¬ milian1), wo diese Schichten durchbohrt worden sind, ist der Ton im Hangenden 7 — 8 m. der im Liegenden mit Einschluß einer ganz untergeordneten Sandeinlagerung 38,5 m mächtig. 4,8 m Sand, die darunter folgen, gehören vielleicht auch noch dazu • die Mächtigkeit beträgt also je nach der Mächtigkeit des Flözes 86 — 103 m. Hie Hangenden Quarzsande am Ost¬ abhang der Ville dagegen sind bei B'uschbell gegen 84 m mäch¬ tig2). Nach Norden geht die Mächtigkeit allmählich zurück. Hie Entwicklung der Braunkohle selbst wird in einer gleichzeitigen, besonderen Arbeit3) dargestellt, so daß nur der Unterschied im geologischen Auftreten der Kohle in den beiden Stufen hervorgehoben zu werden braucht: Am ß G. Fliegel, Erläuterungen Bl. Kerpen, S. 8. 2) G. Fliegel, Erläuterungen Bl. Frechen, 8. 15, 49. 3) G. Fliegel, Miocäne Braunkohlenform ation, a. a. 0. 102 Das Tertiär. Abhang des Siebengebirges ist eine größere Anzahl von Flözen, deren mächtigstes ausliahmsSveise 8 m erreicht, auf der Yille ein einziges, dafür aber desto mächtigeres Flöz nach¬ gewiesen. In beiden Gebieten sind die weithin anhaltenden Flöze meist Tonen eingelagert, jedoch sind die hangenden Tone auf der Yille meist der pliocänen und diluvialen Erosion zum Opfer gefallen. In den mittelmiocänen Quarzsanden da¬ gegen sind die Kohlevorkommen unregelmäßig und weniger an¬ haltend. Sie erscheinen als mehr oder minder große Linsen innerhalb einer mächtigen Sandablagerung, fehlen meist aber ganz. Was die Stellung unserer Braunkohlenformation zu den ter¬ tiären Ablagerungen anderer Gebiete betrifft, so ergibt sich aus der Zuteilung der Schichten zu den einzelnen Horizonten ge¬ nügender Anhalt für einen Vergleich. Nur hinsichtlich des Ver¬ hältnisses zum Tertiär des Mainzer Beckens erweisen sich einige B ein e r k ungen als ,no t w endig: C. MOEDZIOL ist kürzlich in einer eingehenden, dieser Frage gewidmeten Arbeit1) — nicht ohne Vorbehalt — von der bisher allgemein anerkannten Voraussetzung ausgegangen, daß die Lie¬ genden Schichten des Siebengebirges zur Braunkohlenformation gehören ; es scheint, als ob die Schwierigkeiten, die sich einem wirklich befriedigenden Vergleich der Schichten beider Gebiete für ihn wie für wohl alle bisherigen Autoren ergeben haben, vornehmlich in dieser Vereinigung der Liegenden Schichten mit der Braunkohlenformation begründet sind. Ist die oben vor¬ getragene, veränderte Auffassung richtig, so kann die Stellung der Cer ithien schichten des Mainzer Beckens zum Oberoli- goeän, wie sie V. KOENEN2) zuerst ausgesprochen hat, nicht b C. Mordziol, Über die Parallelisierung der Braunkohlenformation im Kheinischen Schiefergebirge mit dem Tertiär des Mainzer^ Beckens usw. Ver- handl. Naturhistor. Verein Eheinlande, 66. Jahrgang, 1909, S. 165. Vergl. auch v. Koenex, Uber die Gliederung der oberen Schichten des Mainzer Beckens. Zeitschr. Deutsche Geolog. Gesellsch. 62. 1910, M. B., S. 121. 2) v. Koenex, Uber das norddeutsche und belgische Obere Oligocän und Miocän. N. J. 1886p I, S. 81. Das Tertiär. 103 vom Niederrhein her umgestoßen werden, da ja die Yallen- darer Stufe dann selbst Oligocän ist. Daß ein Vergleich der Stufen des niederrheinischen und des Mainzer Tertiärs wegen der faciellen Verschiedenheiten der be¬ treffenden Schichten beider Gebiete nicht leicht durchzuführen ist, zeigt auch der von G. STEINMANN1) gemachte Versuch. Er stellt ein Vorkommen von Litorinellenkalk bei Metternich an der Mosel zur Braunkohlenformation, d. h. zu den Schichten, welche das Liegende der Braunkohle bilden, und sieht in dieser das Äquivalent des Litorinellenkalkes mit Einschluß des Corbi- cula- und Cerithienkalkes. Dieser Beweisführung, die von der An¬ nahme ausgeht, daß auch die Tone,- Sande und Kiese im Liegen¬ den der Braunkohle Bildungen des kalkigen Litorinellenmeeres gewesen seien, können wir deshalb nicht beistimmen, weil die Glieder der Braunkohlenformation heute auf - größte Tiefen, wo O 1 immer sie auch auftreten, kalkfrei sind. Eine Entkalkung unter dem Einfluß der Vegetation, die die Elöze geschaffen hat, kann unmöglich bis zu 38 m mächtige, meist plastische Tone, wie sie z. B. auf der Yille als Liegendes der Kohle auftreten, betroffen haben. Diese Tone, die demnach von Haus aus kalkfrei gewesen sein müssen, sind aber petrographisch durchaus identisch mit den Tonen im Liegenden der Braunkohle weiter im Süden, am Siebengebirge, und bis zur Ahr hin. Sie haben genetisch nichts zu tun mit einer nordwärts gerichteten Transgression des Mainzer Litorinellenmeeres. Das Pliocän. Die jüngste Stufe der Tertiärformation hat insofern für die Geologie des Niederrheingebietes besondere Bedeutung, als sie durch die Beschaffenheit und die Verbreitung ihrer Ablage¬ rungen allmählich zum Diluvium und damit auch zur Gegenwart hinüberleitet. Die Basis des Pliocäns bildet nämlich eine be¬ merkenswerte Grenze im N i ed e r r he innebiet, die vielleicht nicht ß G. Steinmann, Eber die Beziehungen zwischen der niederrheinischen Braunkohlenformation und dem Tertiär des Mainzer Beckens. Sitzungsberichte des Niederrhein, geolog. Yer. 1907, S. 12. 104 Das Tertiär. weniger wichtig ist, als die Scheide an der oberen Grenze der Formation gegen das Diluvium. Ist die letztere hervorgemfen durch den vollständigen Wechsel der physischen Verhältnisse der Erdoberfläche beim Vordringen des gewaltigen skandinavi¬ schen Inlandeises über ganz Fordeuropa westwärts bis ins Fieder- rheinische Tiefland hinein, so ist die scharfe Grenze an der Basis des Plioeäns eine unmittelbare Fblge der großen tektonischen Bewegungen der M i oc än^e i t. Denn, wenn wir uns auch bisher noch kein zusammenhängendes Bild von der anderswo so intensiven mioeänen Gebirgsbildung im Rheinischen Schiefer¬ gebirge machen können, so ist sie doch im Vorlande des Schie¬ fergebirges in den großen Grabeneinbrüchen, mit denen die Entwicklung der Braunkohlenformation ursächlich zusammen¬ hängt, nachgewiesen, andererseits verrät sie ihre Anwesenheit im Gebirge selbst durch die großartige v u 1 k a n i sc h e Tätig¬ keit, deren Spuren wir in der Eifel, dem Siebengebirge, dem Westerwalde in den zahlreichen mioeänen, von den späteren, diluvialen leicht zu unterscheidenden Vulkankuppen, Eruptiv¬ decken und Tuffablagerungen erblicken. Es konnte nicht ausbleiben, wie das E. KAISER1) noch kürz¬ lich hervorgehoben hat, daß infolge dieser tektonischen Bewe¬ gungen in dem fast völlig eingeebneten, morphologisch kaum ge¬ gliederten Rheinischen Schiefergebirge- die Erosion einsetzte, und daß sich ein Flußnetz herauszubilden begann. In den Ablage¬ rungen der unteren Pliocäjizeit, die sich vom Mainzer Becken über das (damals noch nicht herausgehobene Schiefergebirge2) 0 E. Kaiser, Die Entstellung des Rheintales. Vortrag au! der Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte. Cöln 1908. 2) E. Kaiser, Pliocäne Quarzschotter im Rheingebiet zwischen Mosel und Niederrheinischer Bucht. Jahrb. Geolog. Landesanstalt Berlin 1907, Bd.28, S.57. — C. Mokdziol, Uber einen Zusammenhang des Plioeäns des Mainzer Beckens mit dem am Niederrhein. Sitzungsber. Niederrheinischer geol. Ver. 1907, S. 7. — Derselbe: Uber das jüngere Tertiär und das Diluvium des rechtsrheinischen Teiles des Neuwieder Beckens. Jahrb. Geol. Landesanstalt Berlin 1908, Bd. 29, S. 348. — Derselbe: Beitrag zur Gliederung und zur Kenntnis der Entstehungs¬ weise des Tertiärs im Rheinischen Schiefergebirge. Zeitsclir. Deutsche Geolog. Gesellsch., Bd. 60, 1908, M. B. S. 270. — Derselbe: Ein Beweis für die Antece- denz des Rheindurchbruchtales. Zeitschr. Gesellsch. f. Erdkunde, 1910, Heft 2. Das Tertiär. 105 hinweg in einem breiten, heute vielfach unterbrochenen Streifen nordwärts zur Niederrheinischen Bucht hinziehen, erblicken wir das Bett eines Stromes, den wir als den Urrhein bezeichnen müssen. Und zu gleicher Zeit entstanden die ältesten Ablage¬ rungen der Urmosel und der Urmaas1). In dem flachen Vor- lande2) des Schiefergebirges aber gingen die fluviatilen Ablage¬ rungen des Bh eines und der Maas gewaltig in die Breite, so daß Flußablagerungen dieser Zeit auch hier in weiten Flächen auf treten. Das Pliocän ist also für das Niederrheingebiet eine Periode fluviatiler Tätigkeit. An seiner Basis scheidet sich hier von dem vorangegangenen Miocän mit seinen teils marinen, teils terrestrischen Bildungen eine jüngere Festlandszeit, deren Bil¬ dungen durch das Diluvium hindurch bis zur Gegenwart ganz überwiegend aus Flußaufschüttungen bestehen, während das Meer seit dieser Zeit dauernd außerhalb des deutschen Niederrhein¬ gebietes hoch im Norden und Nordwesten, in Holland, England und Belgien geblieben ist. Das fluviatile Pliocän der Niederrheinischen Bucht, dessen Ausbildung fast ausschließlich durch geologische Kartierung be¬ kannt geworden ist, soll im folgenden nur in seinen Hauptzügen dargestellt werden, da es gerade in den angeführten Arbeiten der letzten Jahre eingehend geschildert worden ist: Die Ablagerungen bestehen, wie die meisten Flußaufschüttun¬ gen, überwiegend aus Kies und Sand • untergeordnet tritt Ton und Braunkohle auf. Diese Bildungen sind in ihrer Ablagerung sichtlich von den Strömungs- und Gef äll Verhältnissen sowie von der Wassermenge des transportierenden Flusses abhängig ge¬ wesen : denn sie verteilen sich in ziemlich regelloser Weise. ß Yergl, besonders G. Fliegel, Eine angebliche, alte Mündung der Maas bei Bonn. — Zeitschr. Deutsch. Geolog. Gesellsch. 59, 1907, M. B. S. 256. 2) G. Fliegel, Pliocäne Quarzschotter in der Niederrheinischen Bucht. Jahrb. Geolog. Landesanstalt Berlin 1907, Bd. 28, S. 72 — 131. — Derselbe: Eine angeb¬ liche Mündung der Maas bei Bonn, a. a. 0. — Erläuterungen der Blätter der geo¬ logischen Karte von Preußen. Lieferung 142 und 144. — G. Fliegel und J. Stoller, Jungtertiäre und altdiluviale pflanzenführende Ablagerungen am Niederrhein. Jahrb. Geol. L.-A. Berlin 1910, Bd. 31, I, S. 224. 106 Das Tertiär. Immerhin ist unverkennbar, daß im südlichen Teile der Nieder¬ rheinischen Bucht von der Wurzel des Vorgebirges bei Mecken¬ heim und Fler'zheim ab nordwärts bis nach Weilerswist, ebenso am Ostrande der Niederrheinischen Bucht, am Gebirgs- abhang des Bergischen Landes in der Umgebung der Wahner Heide, überwiegend grober Kies auf tritt. Er fehlt auch mehr im Norden und Nordwesten keineswegs, tritt hier aber gegen¬ über den sandigen Schichten mehr zurück. Die Transportkraft des von Süden kommenden Flusses nahm nach Norden zu ab. Auffällig in der Verteilung der verschiedenen Sedimente ist ferner, daß Ton im Hangenden des Kieses und Sandes er¬ scheint ; doch fehlt er auch nicht als verschiedenmächtige und v e r s c h i e d e ;n au s g e d e h n t e Einlagerung. Dem Sande eigentümlich ist ein scharfes bis splittriges, meist grobes Korn, so daß er in vielen Aufschlüssen schon hierdurch von älteren, miocäneu und jüngeren, diluvialen Sanden zu unter¬ scheiden ist. Außerdem ist er stets wohlgeschichtet, indem meist Kreuzschichtung herrscht; es wechseln gern dünne Bänke reineren Sandes mit tonigen Sandschichten ab, während zugleich hier und da dünne Kiesstreifen und kleine Kieslinsen eingeschaltet sind. Es äußert sich eben auch hierin die wechselnde Stromstärke des fließenden Wassers. Was dem rheinischen Pliocän seinen besonderen Charakter gibt, ist die petrogf aphische Zusammensetzung der Kiese, die in der gleichen Weise auch in den Sanden vorhanden, hier aber vielfach wegen der Kleinkörnigkeit nicht erkennbar ist : Es sind Quarzschotter, die ganz überwiegend aus Kieselgesteinen bestehen, d. h. aus Gerollen von Gangquarz, Kieselschiefer, Lydit, Hornstein, Achat, Feuerstein und dergl. ; Gangquarze herr¬ schen bei weitem vor und geben dem Ganzen eine weiße Farbe. Leichter verwitternde, »bunte« Gerolle lokaler Herkunft, Grau¬ wacken, Sandstein, Basalt usw. treten durchaus zurück. Unter den kieseligen Gesteinen sind besonders auffällig verkieselfe Kalkoolithe, sogenannte »Kieseloolithe«, glänzend schwarze Lvdite und die zahlreichen Bruchstücke von verkieselten Versteine¬ rungen. Interessant ist die Herkunft dieser Gesteine insofern, Das Tertiär. 107 als sie offenbar auf zwei verschiedenen Wegen, einerseits durch Mosel und Rhein, andererseits durch die Maas ins Riederrhein¬ gebiet gelangt sind. Die Versteinerungen weisen nämlich auf das ostfranzösische Juragebiet, und zwar auf dessen jüngere Stufen als Ursprungsland hin, wobei freilich noch offen bleiben muß, wieviel weiter die jurassischen Schichten damals das Schie¬ fergebirge bezw. die Ardennen überdeckt haben mögen als heute. Der Ursprung aus jenem Gebiet ist aber dadurch sicher gestellt, daß die pliocänen Quarzschotter an Mosel und Maas bereits weit flußaufwärts verfolgt sind und dort überall die bezeichnenden Gerolle führen. Da diese Gesteine und besonders die Kieseloolitlie sich im Rheingebiet als Leitgesteine des fluviatilen Unterpliocäns er¬ wiesen haben, hat man es auch als »Kieseloolithstufe« be¬ zeichnet. Die Verbreitung’ der Kieseloolithstufe ist bisher erst in der Niederrheinischen Bucht genauer, weiter nördlich dagegen nur lückenhaft bekannt. Sie fällt, soweit wir bisher wissen, mit der Niederrheinischen Bucht auffällig zusammen, denn ihre Schichten stehen in erheblicher Ausdehnung rechts des Rheines am Gebirgs- rande, wie auch links, am Nordabfall der Eifel, an. In dem weiten dazwischen liegenden Gebiet liegen ausgezeichnete Aufschlüsse in einem großen Teil der Braunkohlentagebaue der Ville in den Deckgebirgsschichten vor. Nach Norden und nach Nordwesten zu kennen wir sie bis Erkelenz und München-Gladbach und weiterhin bis an den Rand des Nierstales, südlich von Goch. Schon die Aufschlüsse auf dem Vorgebirge zeigen, daß die Kieseloolithstufe in diesem Gebiet nicht überall unter dem Dilu¬ vium vorhanden ist. Wenn wir zur Erklärung auch vielleicht an nehmen können, daß der pliocäne Eluß hier und da eine Insel umflossen hat, und daß es demnach Stellen geben mag, an denen kein Sediment abgelagert worden ist, so ist das Fehlen der Stufe doch im allgemeinen auf die Wirkung der Flußerosion zu dilu¬ vialer Zeit zurückzuführen. Da der Rhein bei Beginn der Dilu¬ vialzeit schon nicht mehr eine weite, aus pliocänen Aufschüttun- 108 Das Tertiär. gen bestellende Kies- und Sandebene vorfand, vielmehr ein durch tektonische .Schollenbewegungen der Oberpliocänzeit verändertes Relief, so sind die Kieseloolithschichten vielfach in den Graben¬ einbrüchen erhalten geblieben, während sie auf den Horsten zu diluvialer, vielleicht auch schon zu jungplioeäner Zeit abgetragen wurden. Die heutige Verbreitung der Stufe gibt daher wichtige Fingerzeige zur Deutung des tektonischen Baues des tieferen Untergrundes, ein wissenschaftliches Hilfsmittel, das sich Herr VAN WATERSCHOOT VAN DER GRACHT bei den Bohrungen der Staatlichen Niederländischen Bohrverwaltung im Maastale und auf dem Peelhorst mit großem Erfolge zu Nutze gemacht hat1). Die ursprüngliche Mächtigkeit der Stufe anzugeben ist nicht leicht, da fast überall Flußablagerungen des Diluviums das Han¬ gende bilden, und daher stets der Verdacht einer teilweisen Ab- tragung vorliegt. Da auf der Ad Ile die Grenze von Diluvium und Pliocän durchaus scharf ist, und sichtlich keine erhebliche Auf¬ nahme von plioeänem Material ins Diluvium stattgefunden hat, scheint hier die ungefähre ursprüngliche Mächtigkeit erhalten zu sein. Sie beträgt bei Weilerswist z. B. rund 9 m. Anderer¬ seits wächst sie weiter im AV esten, und zwar im Rurtal und im Tale der Maas so an, daß daraus auf ein tieferes Einsinken dieser Gräben zu pliocäner Zeit geschlossen werden muß: Aufschüttung und Absinken hielten gleichen Schritt. Zwei Zahlen werden das beweisen : Das Pliocän der Bohrung Dürboslar (Blatt Linnich) reicht von 40 — 425 m, ist also 385 m mächtig2). Ebenso ist das Pliocän im Rurtal in der Gegend des Lucherb erges nach HOLZ¬ APFEL3 *) mehrere 100 m mächtig, ohne daß die Grenze gegen das Miocän im Liegenden nach den Bohrprofilen genau anzugeben wäre. Im unteren Rurtal, wohin sich das rheinische Pliocän b P. Tesch, Der niederländische Boden n. die Ablagerungen des Rheines u. der Maas aus der jüngeren Tertiär- u. der älteren Diluvialzeit. Mitteil. No. 1, Staatl. Bohrverw. Niederl. 2) Vergl. oben S. 91. 3) E. Holzapfel, AVrtrag auf der Versammlung des Niederrheinischen geo¬ logischen A7ereins, Trier, 1910. Das Tertiär. 109 fortsetzt, ist es in der Bohrung YLodrop1) nicht nur zufolge späterer Schollenbewegungen von 189 m Diluvium bedeckt, sondern erreicht selbst eine Mächtigkeit von 371 m. Bei einer solchen Mächtigkeit ist es nicht von der Hand zu weisen, daß diese Schichten solche der jüngeren Pliocänzeit mit um¬ fassen2), indem die Auffüllung des tektonischen Rurtales zu der Zeit noch anhielt, als anderswo die Aufschüttung bereits durch eine Periode der Plußerosion abgelöst wurde. Die Art der Sedimentation in diesem Gebiet ist mit der Bildung eines Deltas zu vergleichen, zumal das Meer in jener Zeit im Horden und Nordwesten gelegen hat. Leider ist über eine Wechsellagerung dieser Plußbildungen mit Schichten des marinen Pliocäns noch nichts bekannt. Die Auflagerung der Kieseloolithschichten auf marines, mitt¬ leres Plioeän ist keine allgemeine Erscheinung, vielmehr, wie es scheint, auf den Nordwesten beschränkt, während die Kiesel- oolitihschichten mehr im Südosten auf älteren Tertiärschichten ruhen3). Sie umfassen allem Anschein nach in einem Teile des Gebietes das ältere bezw. ganze Plioeän, während im Nord¬ westen das ältere Plioeän in mariner Facies verbreitet ist. Talaufwärts begleiten die Kieseloolithschichten die Maas in Form hochgelegener Terrassen in ähnlicher Weise, wie es im Durchbruchstal des Rheines zu beobachten ist. Wenn es auch schwierig ist, die Stratigraphie dieser alten Flu߬ terrassen ohne eine geologische Kartierung aufzuklären, so hat G. FLIEGEL doch bei seinen Übersichtsbegehungen in diesem Gebiet das Vorhandensein der Kieseloolithstufe nachgewiesen4). Der Auffassung des Herrn BriqüET5), daß diese Flußauf- ]) P. Tesch, a. a. 0. 2) Yergl. hierzu auch G. Fliegel in G. Fliegel und J. Stoller, a. a. 0. 3) P. Tesch, a. a. 0. — A an AVaterschoot van der Gracht, The deeper geo- logy of the Nctherlands, Haag 1909. — G. Fliegel in G. Fliegel und J. Stoller, a. a. 0. — ATergl. auch H. Staixier, La geologie du Nord-Est du Limbourg d’apres de recents sondages. Bull. Soc. beige, de geol. 1907. 4) G. Fliegel, Eine angebliche, alte Mündung der Maas, a. a. 0. 5) A. Briquet, Les gisements d’ oolithe siliciiie de la region de la Aleuse. Annales de la Societe geologique du Nord, Lille 36, 1907, S. 203. 110 Das Tertiär. schiittungen wesentlich jünger als die Kieseloolithstufe und erst aus ihrer Aufarbeitung hervorgegangen seien, vermögen wir des¬ halb nicht beizustimmen, weil auch am Rhein die Kieseloolith- schichten flußaufwärts mannigfacher zusammengesetzt sind als im Vorlande des Gebirges. Auch wäre auffällig, wenn ganz im Gegen¬ satz zu den Verhältnissen am Rhein dort auf dem Gebirge die Kieseloolithstufe völlig abgetragen worden wäre. Die gewaltige, ostwestliche Ausdehnung der Kieseloolithstufe wird man sich am besten in derselben Weise erklären, wie das für die ähnlich ausgedehnten Aufschüttungen des älteren Dilu¬ viums des Niederrheingebietes heut fast allgemein anerkannt wird, als einen riesenhaften Schuttkegel, den die in zahlreiche Arme gespaltenen und an kein Ufer gebundenen Wassermassen allmählich in dem flachen Vorlande zwischen Gebirge und Küste auf schütteten. Kür die Erkenntnis der tektonischen Vorgänge sowohl, wie für die Entstehungsgeschichte des Rheintales ist die genaue Alters¬ stellung der Kieseloolithstufe von Bedeutung. Ihr unterpliocänes Alter im Bereich der Nieder rheinischen Bucht wird nicht mehr bestritten werden, seit die reiche Flora, die nicht nur auf ein mediterranes Klima hinweist, sondern sogar Anklänge an miocäne Floren zeigt, von J. STOLLER1) bearbeitet worden ist. Er gibt folgende Arten an : Taxodium distichum L. (pliocenicuvi Kink.) Populus latior Al. Braun » ottenuata Al. Braun » glandulifera Heer » cf. melanaria Heer Fagus ferruginea Axt. fossil is Nathorst » cf. silcatica L. Castanea cf. vesca Gaertn. Carpinus grandis Unger Ulmus pyramidalis Göpp. b J. Stoeler in G. Fliegel. und J. Stoller, a. a. 0. Das Tertiär. 111 Planer a cf. Ungeri Ettingsh. Benzoin antiquum Heer Ficus cf. tiliaefolia Al. Braun Liquidambar europaeum Al. Braun Zyzyphus integrifolius Heer Cinnamomum Rossmaeleri Heer » Scheuchzeri Heer ❖ lanceolatum Ung. » Buchi Heer » cf. Buchi Heer. Ferner: Sa lix sp . Quer cu s sp. luglans sp. Fraxinus sp. Laurus sp. Betula sp. Ainus sp.. Linus sp. Nicht minder wichtig ist der Nachweis des Zusammenhanges der Kieseloolithscliichten mit den Dinotheriensanden des Mainzer Beckens durch C. MORDZIOL1). Ablagerungen der Oberpliocänzeit (die Durchführung einer weitergehenden Gliederung des Pliocäns, wie in Belgien, ist bei derartigen Flußaufschüttungen wohl kaum möglich) haben sich bisher nicht als solche abtrennen lassen, sind aber im Nordwesten nach den Angaben auf Seite 108 vorhanden. Auch im Burtal¬ graben, wo die Stufe außerordentliche Mächtigkeit erreicht, dürften sie umsoweniger fehlen, als die bekannt gewordenen Floren ausschließlich aus den unteren Schichten der Stufe stammen. l) C. Mordziol, Uber einen Zusammenhang usw., a. a. 0. 112 Bas Diluvium. Das Diluvium. Von G-. Fliege!. Das Diluvium ist für das Niederrheingebiet eine Festlands¬ zeit und so, wie auch schon die Pliocänzeit, durchaus be¬ herrscht von der auf schüttenden sowohl, wie von der abtragen- den Tätigkeit der Flüsse. Dazu tritt als ein zweiter charakte¬ ristischer Umstand der Einfluß der Eiszeit, die sich jedoch, soweit wir bisher wissen, nur während einer verhältnismäßig kurzen Phase in dem Vordringen des skandinavischen Inlandeises ins Niederrheinische Tiefland unmittelbar äußert. Desto aus¬ gedehnter ist die mittelbare Einwirkung, denn, wie es scheint, stehen die wechselnden Zeiten der Aufschüttung des Eheines und der Tal Vertiefung mit den verschiedenen Phasen der Eis¬ zeit nicht nur in zeitlichem, sondern bis zu einem gewissen Grade auch in ursächlichem Zusammenhang. Dabei ist dieser Einfluß der Eiszeit im wahren Sinne des Wortes aus zwei Eich¬ tungen gekommen : Einerseits lag während der Diluvialzeit das Inlandeis wiederholentlieh, wenn nicht im Niederrheinischen Tief¬ lande selbst, so doch in dessen Bandgebiet; seine Schmelzwässer mischten sich mit dem von Süden kommenden Strom; sie hemmten zeitweise, ebenso wie das Inlandeis selbst, den bis dahin uns;e- hinderten Abfluß ; kurz, das Inlandeis wirkte in verschiedener Weise auf die Talbildung ein. Andererseits wissen wir, daß der Ehein bereits seit dem Beginn der Pliocänzeit seinen Weg von Süden her über das heutige Eheinische Schiefergebirge hinweg nach Norden nahm1). Wir dürfen auch als sicher annehmen (worüber gerade Untersuchun¬ gen der letzten Jahre größere Klarheit gebracht haben.), daß der Abfluß des Oberrheingebietes bei Beginn des Diluviums nördlich gerichtet war, wie ja auch die Gletscher der Südvogesen in derselben Zeit ihre Wässer bereits durch die Mosel nach Nor- b Die Literatur hierüber findet sich bei C. Mordziou, Ein Beweis für .die Antecedenz des Bheindurchbruchtals, Zeitschr. Gesellsch. f. Erdkunde. 1910, Heft 2. Das Diluvium. 113 den sandten. Der Lauf des Flusses und die Ausbildung seines Tales wurde daher durch die wechselnden Vergletscherungen der Alpen und die sie trennenden Zwischeneiszeiten beeinflußt. Denn ein so gründlicher Wechsel der physischen Verhältnisse eines Gebietes, wie er sich in einer Vereisung und einer Zwischen¬ eiszeit ausdrückt, muß notgedrungen einen Einfluß auf die Wasser- und Geröllführung eines Stromes und damit auf den Mechanismus ’der Talbildung ausüben. Die Grenze des Diluviums gegen das Pliocän ist gerade im Niederrheingebiet heiß umstritten. Die Meinungsverschieden¬ heiten knüpfen sich an gewisse Schichten, welche am .Rande des Maastales, östlich von Venlo über Tegelen und Beifeld, im Liegen¬ den der »Hauptterrasse« anstehen. P. Tesch1« hat noch neuer¬ dings die historische Entwicklung der Frage nach dem Alter dieser Tone von Tegelen geschildert, die von E. DüBOIS auf Grund paläntologischer Funde aus diesen Schichten zum Pliocän ge¬ stellt, von LORIE mit ebenso großer Entschiedenheit als diluvial angesprochen werden. Wegen aller Einzelheiten und der ge¬ samten Literatur verweise ich auf die angeführte Arbeit. Aus der sonstigen geologischen Literatur über das Dilu¬ vium des Niederrheinischen Tieflandes geht vor allem hervor, daß die geologische Forschung in diesem ganzen, ausgedehnten Ge¬ biet eigentlich erst wenige Jahre alt ist. Ich werde im folgen¬ den die Entwicklung unserer Kenntnis vom niederrheinischen Diluvium kurz darzustellen suchen, beschränke mich aber auf die wichtigsten Arbeiten und auf solche, welche das deutsche Niederrheingebiet unmittelbar betreffen: Da ist es zunächst vielleicht berechtigt, darauf hinzuweisen, daß V. DECHEN2) in seinen sonst so inhaltsreichen Erläute¬ rungen zur geologischen Karte der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen das Diluvium und besonders das des Nieder- 1) P. Tesch, Der niederländische Boden und die Ablagerungen des Rheines und der Maas aus der jüngeren Tertiär- und der älteren Diluvialzeit. Mittei¬ lungen der Staatlichen Bohrverwaltung in den Niederlanden. Nr. 1. 1908. 2) v. Dechen, Erläuterungen zur geologischen Karte der Rheinprovinz usw., 1884, S. 710 ff. Neue Folge, Heft 67. 8 114 Das Diluvium. rheinischen Tieflandes nur sehr kurz behandelt. Er beschränkt sich auf die Unterscheidung von Alluvium und Diluvium, wobei er den ersten Begriff auf alle in den Tälern auftretenden Ter¬ rassen ausdehnt; er beschreibt aus seinem Diluvium eine gröbere Anzahl von Aufschlüssen in den hoch gelegenen Schottern, weist auf das Auftreten großer Geschiebe südlichen Ursprungs in diesen Kiesen bis weit nach Norden hin, beschäftigt sich aus- V führlicher mit dem Löß und seiner Fauna, gibt auch schon in den Hauptzügen die Südgrenze der Verbreitung der nordischen Geschiebe an ; aber vergeblich sucht man nach Angaben über die Gliederung und die Entstehung aller dieser Bildungen. »Es wird noch viele Arbeit erfordern«, schreibt er, »diese Verhältnisse für das vorliegende Gebiet aufzuklären, da erst in neuerer und neuester Zeit sich die Beobachtung demselben zugewandt hat.« Hinsichtlich dieser Arbeiten der nachfolgenden Zeit, die sich ausschließlich mit dem Durchbruchstale des Rheines durch das Schiefergebirge und mit dem Südzipfel der Niederrheinischen Bucht bei Bonn beschäftigen, verweise ich auf die Literatur- apgaben bei J. FENTEN1). Nur soweit sie auch für das Nieder¬ rheinische Tiefland von unmittelbarer Bedeutung sind, soll das Wichtigste hier hervorgehoben werden : Noch im Jahre 1901 begnügte sich II. LäSPEYRES2) in der Umgebung des Siebengebirges mit der Unterscheidung von Plateau- und Gehängediluvium. In dem ersteren (unserer Haupt¬ terrasse) sieht er ein großes Delta, das sich von der Ahrmündung aus mit rasch zunehmender Breite nach Norden vorgeschoben habe, und zu dem auch die Nebenflüsse, Ahr und Sieg, reich¬ liches Bildungsmaterial geliefert hätten. Der Löß ist nach ihm der einheitliche Absatz des zu einem See auf gestauten Rheines, und zwar ans. der Zeit, wo die diluviale Talbildung bereits» vollendet war. Eine Eisbarre von 240 m Plöhe (der höchste b J. Feisten, Untersuchungen über Diluvium am Niederrhein. Verhdlg. Naturhist. Yer. Rheinlande, 65. Jahrgang 1908. Bonn 1909. S. 163. 2) H. Laspevres, Das Siebengebirge am Rhein. Verhdlg. Naturhist. Vor. Rheinlande, 57. Jahrgang. 1900. S. 1 19. Das Diluvium. 115 Punkt, von dem LASPEYRES ursprünglichen Löß kannte; habe hierzu genügt : er stellt sie sich mit THOMAS Belt als eine aus Xordeuropa. bis zur Mündung der Seine westwärts reichende Eisbarriere vor. Einen wesentlichen Fortschritt bezeichnet demgegenüber die Gliederung des Rheindiluviums, die E. KAISER1) in einem Vor¬ träge auf dem deutschen Geographentage in Cöln im Jahre 1903 veröffentlicht hat. Er gliedert das Elußdiluvium des engeren Rhein tales, ähnlich wie vor ihm schon LORIE (siehe unten, S. 118), jedoch von diesem unabhängig, in drei Terrassen, die er als Haupt-, Mittel- und Xiederterrasse bezeichnet: er betont dabei, daß sich im engeren Rheintal vielfach mehrere Mittelterrassen unterscheiden lassen. Zum ersten Male wird hier die Bedeutung des Lösses, dessen Ent¬ stehung zwischen die Aufschüttung der tiefsten Mittel¬ terrasse und der X ieder terrasse fällt, für die Gliederung des niederrheinischen Diluviums betont. Auch bringt E. KAISER, wenn auch nur für ein beschränktes Gebiet. Angaben über das Gefälle der diluvialen Terrassen und zeigt, daß sie flußabwärts konvergieren; ob das ein allgemeines Gesetz in der Entwick¬ lung des Rheintales ist. läGt er offen. Ein Bericht über meine geologischen Aufnahmen in den Jah¬ ren 1903 und 1904 auf den Blättern Sechtem und Erp beschreibt das Auftreten von Schottern lokalen Ursprunges am Eifelrande - — ebenso wie TV 1VOLFE und A. EUCHS2) — und stimmt in der Gliederung des Diluviums des Rheintales mit E. KAISER überein. Kur habe ich statt der mißverständlichen, weil zum Teil am Oberrhein in stratigraphischem Sinne gebrauchten Terrassenbe¬ zeichnungen, »Haupt-, Mittel- und Xiederterrasse« den indiffe- 9 E. Kaiser, Die Ausbildung des Rheintales zwischen Neuwieder Becken u. Bonn-Cölner Bucht. Yerhdlg. XIY. Deutschen Geographentag zu Cöln 1903. 2) G. Fliegel, Zur Kenntnis von Tertiär und Diluvium zwischen Xieder- rhein und Erft. Jahrb. Geolog. Landesanstalt Berlin 1904, 25, S. 553. A. Fuchs, Zur Kenntnis von Devon, Trias, Tertiär und Quartär am Xordrande des niederrheinischen Schiefergeh irges. Ebenda, S. 543. V. Wolff, Zur Kenntnis von Tertiär und Diluvium am Niederrhein. Ebenda, S. 550. S* 116 Das Diluvium. renteren Ausdruck »obere, mittlere, untere« Terrasse gewählt. Die breiten Talböden der Nebenflüsse des Rheines, z. B. der Erft, werden hier zum ersten Male als das Äquivalent der Nieder¬ terrasse a n g e sp r o c he n . Die Karten der Geologischen Landesanstalt, von denen im Laufe der folgenden Jahre eine Anzahl von Blättern der süd¬ lichsten Niederrheinischen Bucht erschienen sind1), zeigen die Gliederung in Haupt-, Mittel- und Niederterrasse. Dabei ist die Niederterrasse mit der grünen Farbe des Talsandes des Nord¬ deutschen Flachlandes dargestellt, und für sie die stratigraphi¬ sche Signatur »9« gewählt worden; sie wird also als das Äquivalent der letzten Eiszeit aufgefaßt. Einen neuen Gesichtspunkt bringt STEINMANN2), indem er auf Grund seiner Erfahrungen am Oberrhein den Löß in zwei Lö߬ stufen, den sogenannten Älteren und Jüngeren Löß scheidet. Da der erstere nur bis herab auf eine der älteren Mittelterrassen KAISER’s vorkomme, bezeichnet er diese als Hochterrasse im Sinne der oberrheinischen Geologen und parallelisiert als der erste die Terrassen beider Gebiete mit einander. Das Äqui¬ valent des Älteren Deckenschotters fehlt ihm. Er betrachtet daher die Kieseloolithschichten als dieses Äquivalent, wozu er eine gewisse Berechtigung insofern haben konnte, als E. KAISER das pliocäne Alter damals als nicht zuverlässig erwiesen an¬ sprach. Da die Unterscheidung der älteren und jüngeren Lößstuf e am Rodderberg durch STEINMANN nicht ganz einwandfrei er¬ scheint, sind sodann die Beobachtungen von H. RAUFE3) in der weiteren Umgebung des Rodderberges wichtig geworden. Die Existenz verschiedenaltriger Lößbildungen am Niederrhein ist b Lieferung 142 und 144. 2) G. Steinmann, Über das Diluvium am Rodderberge. Sitzungsberichte der Niederrhein. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde, Bonn 1906, S. 21; Über Alteren Löß im Niederrheingebiet. Zeitschr. d. Deutschen Geolog. Gesellsch., Bd. 59, 1907, M. B. S. 5. 3) H. Rauff, Älterer Löß am Niederrhein. Yerhdlg. Naturhist. Ver. Rhein¬ lande, 65. Jabrg., Bonn 1908, S. 143. Das Diluvium. 117 damit erwiesen, freilich noch nicht, ob nicht der Ältere Löß beträchtlich unter die Hochterrasse STEINMANN’s herabreicht : j denn gerade das ist nach den Beobachtungen RaüFF’s vor¬ läufig zweifelhaft ; ebenso kann daher auch zweifelhaft sein, ob diese ältere Lößstufe stratigraphisch ident ist mit der des Oberrheins. Diese Fragen finden auch durch J. FEXTEX1), der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, die STEIXMAXX 'sehen Beobachtun¬ gen im engeren Rheintale zwischen Bingen und Bonn auf ihre allgemeinere Gültigkeit zu prüfen, noch keine befriedigende Be¬ antwortung2;. Eine für die Geschichte des Rheintales wichtige Einzel¬ beobachtung hat A. STEUER3) veröffentlicht : das Vorkommen von Radiolariten aus alpinem Tithon in den hochgelegenen Rhein¬ schottern von Trechtinghausen und in der Hauptterrasse von Linz. Es geht daraus hervor, daß der Rhein bereits in altdiluvi¬ aler Zeit vom Alpenvorland© her über das heutige Schieferge¬ birge nach Norden floß. Die Versuche, das Diluvium am Niederrhein paläontologisch zu gliedern, haben bisher zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. Daß hierfür die Zeit noch nicht gekommen ist, hebt L. M. R. RüTTEX mit Recht in seiner wertvollen Arbeit über »Die diluvialen Säugetiere der Niederlande«4) hervor. All diese Veröffentlichungen sind von Bedeutung für das Studium des Diluviums im Niederrheinischen Tief lande, besonders, so weit sie die Grundlage für die Terrassengliederung weiter im Norden bilden. Wichtig sind aber hier vor allen Dingen die- x) a. a. 0. 2) Siehe unten S. 158. 3) A. Steuer, Über das Vorkommen von Radiolarienliornsteinen in den Diluvialterrassen des Rheintals. Xotizblatt d. Ver. f. Erdkunde u. d. großherz. Landesanstalt zu Darmstadt, 1906. Vergl. hierzu auch: Berichte über die Versammlungen des Xiederrhein. geolog. Verein, 1909, S. 1 — 2. J) Dissertation, Utrecht 1909, 118 Das Diluvium, j enigen Arbeiten, die sich mit dem Tief lande selbst be¬ schäftigen1) : Die Zusammensetzung und den Ursprung der hochgelegenen Plateaukiese behandelt zunächst eine Arbeit von E. HOLZAPFEL2». Er betrachtet sie als Ablagerungen einer Meeresbucht, in die der Rhein bei Bonn, die Maas unterhalb Lüttich gemündet habe, eine Auffassung, die an die y. DeCHEX’s anklingt, daß der Rhein unterhalb der Ahrmündung jede Beziehung zu einem Fluß verliere und nur mit der Küstenbildung eines nahen Meeres ver¬ glichen werden könne. HOLZAPFEL weist ferner darauf hin. daß seine »Rhein-Maas-Iviese« (d. h. die Hauptterrasse) nach Westen in das »Campinien« der belgischen Geologen übergehen, und zeigt, daß am Kordrande des Gebirges über diesen Schottern vielfach ein Kies lokaler Zusammensetzung liegt, wie das oben schon von dem Gebirgsrande mehr im Osten erwähnt wurde. In einem gewissen Gegensatz hierzu stehen die interessanten Untersuchungen von E. KüRTZ3 4) aus den letzten Jahren. Xach ihm sind in einem weiten Gebiet im Westen die alten Diluvial¬ schotter der Maas etwas älter, als die der rheinischen Haupt¬ terrasse, von der sie überlagert werden, der Rhein habe also erst allmählich seinen Lauf nach Westen verschoben. Die Gliederung des Diluviums stellt im Vordergründe bei J. LORIE U, der im Jähre 1902 den ersten von einer Karte begleiteten Versuch veröffentlicht hat. das fluviatile Diluvium im Tief lande links des Rheines morphologisch zu gliedern. Er unterscheidet dabei drei, der KAISER’ scheu Haupt-, Mittel- und b Es liegt ganz außerhalb des Rahmens dieses Aufsatzes, auf die umfang¬ reiche Literatur über das Diluvium der Niederlande einzugehen, wie ich auch aus der deutschen Literatur nur einige Hauptarbeiten heraushebe, um die Ent¬ wicklung unserer Kenntnis in großen Zügen darzustellen. 2) E. Holzapfel, Beobachtungen im Diluvium der Gegend von Aachen, Jahrb. Geol. Landesanstalt 1903, Bd. 24, Berlin 1905, S. 483. 3) E. Kcrtz, Beziehungen zwischen Rur, Maas u. Rhein zur Diluvialzeit. Gyinnasialprogramm, Düren 1909. — Das Mündungsgebiet des Rheines und der Maas zur Diluvialzeit. Düren 1910. 4) J. Lorie, Le Rhin et le glacier scandinave quateruaire. Bull. Soc. beige d. geolog. XYI, 1902, Mem., S. 129. Das Diluvium. 119 Nieder terrasse entsprechende diluviale Terrassen, deren Ver¬ breitung er darstellt. Auf den Löß und dessen Stellung im Dilu¬ vialprofil geht er jedoch nicht ein. Er deutet zugleich die eigen¬ tümlichen, wesentlich aus auf gepreßten Kies- und Sandschichten der Hauptterrasse bestehenden Höhenrücken im Kheintal und be¬ sonders an dessen Westrand, von Crefeld ab nordwärts bis Cleve und Nimwegen, als eine gegen das Ende der Hauptterras¬ senzeit entstandene, durch den Druck des Inlandeises erzeugte Endmoräne. Ein zweiter, im Jahre 1908 erschienener Aufsatz1) desselben Verfassers über die Terrassenentwicklung rechts des Rheines ist als die Fortsetzung dieser Arbeit zu betrachten. Der erstgenannte der beiden Aufsätze bedeutet einen außer¬ ordentlich wichtigen Fortschritt in der geologischen Erkenntnis des Niederrheinischen Tieflandes. Er behält seine Bedeutung, auch wenn sich zeigt, daß die Abgrenzung der Terrassen z. B. bei einem Vergleich mit dem Übersichtskärtchen auf Tafel I nicht überall der Wirklichkeit entspricht, und wenn sich auch Lorie's Auffassung von der Altersgleichheit der Hauptterrasse und der Eiszeit, die die Clever Endmoräne geschaffen hat — eine Auffassung, der auch ich mich, solange ich das betr. Gebiet nicht selbst kannte, anschließen mußte — , nicht halten läßt. Ich erwähne dann weiter die Arbeit von STÜRTZ »Das Rhein¬ diluvium talwärts von Bingerbrück«2). Der Verfasser bezeichnet sie selbst als eine Skizze. Sie ist weniger dem Nachweis der Gesetzmäßigkeit in der Entwicklung des niederrheinischen Dilu¬ viums gewidmet, vielmehr werden eine Menge von Beobachtun¬ gen aus dem ganzen Gebiet lose aneinandergereiht. Da gerade die wichtigen Arbeiten der neueren Zeit dem Verfasser bei seinen Begehungen noch nicht Vorlagen, der Druck aber später erfolgt ist. war der Aufsatz bereits bei seinem Erscheinen überholt. Ein / Versuch, die Terrassen im Niederrheinischen Tief lande zu glie- :) J. Lome, De Terrassen lags den rechten Rijnoever, beneden liet Zeven- gebergte. Tijdschr. Kon. Ned. Aardrijkskundig Genotschap, 1908, S. 253. 2) Verhandlungen Naturhist. Verein Rheinlande. 64, Jahrgang, 1 9Q7? S, L 120 Das -Diluvium. der Q, wird nicht gemacht. Verfasser wäre sicherlich auch in dieser Hinsicht zu unmöglichen Ergebnissen gekommen, da er die Höhenrücken der Clever Gegend und nördlich von Emmerich als eine »Hochterrasse« ansieht. Er hat sich von dem Vorhanden¬ sein der Staumoräne nicht überzeugen können, meint sogar, trotz der großen Zahl von Aufschlüssen in dieser Gegend, daß das Diluvium nicht gestört sei. Zu abgeschlosseneren Ergebnissen gelangt aber neuerdings A. BriqüET1)- in einem Aufsatz, der wesentlich das Resultat von Kartenstudien ist : Hinsichtlich der Gliederung und Verbrei¬ tung der Terrassen schließt er sich eng an LORIE an. Die von diesem ohne weitergehende Schlußfolgerungen beschriebene Staumoräne rekonstruiert er zu einer großartigen, das heutige, damals nach seiner Ansicht noch nicht vorhandene Rheintal mehr¬ fach querenden Endmoräne, deren Entstehung etwas jünger oder allenfalls gleich alt mit der Mittelterrasse und damit mit der Riß- (Haupt-) Eiszeit sein soll. Wir werden später sehen, daß diese Anschauungen des Verfassers, in denen ich nach ihrer Begründung nur Vermutungen sehen kann, nur zum Teil richtig sind. Eine ganz neuerdings über das hier in Frage stehende Ge¬ biet erschienene Arbeit, in der man von vornherein reiches Beob- achtu'ngsmaterial erwarten sollte, — Entwässerungsplan für das Gebiet des linken Niederrheins. Homberg, 1910 — wird man nicht ohne Enttäuschung aus der Hand legen. Eine einiger¬ maßen klare Vorstellung über die Entstehung der lockeren Auf¬ schüttungen des Niederrheinischen Tieflandes scheint der Ver¬ fasser des geologischen Teiles nicht gehabt zu haben. Die benutzte Literatur besteht ausschließlich aus J. RENTEN, Unter¬ suchungen über Diluvium am Niederrhein und H. BOSCHHEID- GEN, Urstromtäler am Niederrhein (Crefeld 1904). Diese letz¬ teren, die gar nicht existieren, spielen dementsprechend in der Darstellung eine bedeutende Rolle. ]) A. Briquet, La vallee de la Meuse ec aval de Sittard. Bull. Soc. beige de geologie pp., XXII, 1908, P. V., S. 366. Das Diluvium. 121 Meine eigenen Anschauungen über die Diluvialgeologie des Niederrheinischen Tieflandes finden sich in Kürze, aber doch in den Hauptzügen in dem Auszug1) eines Vortrages nieder¬ gelegt, den ich auf der Versammlung des Naturhistorischen Ver¬ eins der Rheinlande in Crefeld am 3. Juni 1909 gehalten habe. Das südliche Diluvium. Als südliches Diluvium bezeichne ich im Gegensatz zu den glazialen Bildungen nordischer Herkunft dm Gesamtheit der Flu߬ auf Schüttungen im Niederrheinischen Tieflande. Sie gliedern sich zwanglos, wie das aus dem Rheindurch¬ bruchstale und aus der südlichen Niederrheinischen Bucht all¬ gemein bekannt, fürs nördliche Niederrheinische Tiefland durch LOKIE dargestellt ist, in eine Anzahl von Terrassen, die ebenso- viele, durch langanhaltende Zeiten der Tal Vertiefung getrennte Perioden überwiegender Talaufschüttung bezeichnen. Naturge¬ mäß sind die höchstgelegenen Schotter die älteste Aufschüttung, während die jüngeren Terrassen als Reste ehemaliger Talböden in tieferem Niveau an den Talhängen zu beobachten sind, bis herab zum heutigen Talboden, dem sogenannten Alluvium, das die Talsohle einnimmt. Der Älteste Diluvial-Schotter. In scheinbarem Gegensatz zu diesem allgemeinen Gesetz der Talbildung liegen im nördlichen Niederrheinischen Tief lande die ältesten, bisher kaum bekannten diluvialen Flußaufschüttungen im Untergründe unter jüngeren Aufschüttungen, besonders unter denen der später zu besprechenden Hauptterrasse begraben. Sie sind daher bisher nur dort beobachtet worden, wo der steile Rand eines Tales einen tieferen Einblick in die liegenden Schichten der Hauptterrasse gestattet, oder auch in Bohrungen, bei denen die Probeentnahme genügend sorgfältig war: 9 G. Fliegel, Rheindiluvium und Iulaudeis. Yerbandl. Naturbist. Yer. Rheinlande für 1909, S. 327 — 341. 122 Das Diluvium. E. DüBOIS1) liat vor einigen Jahren vom östlichen Rande des Maastales ein solches Bohrprofil veröffentlicht, wonach hier, bei Tegelen, eine Tonablagerung von etwa 7 m Mächtigkeit das »Diluvium rhenan«, unsere Hauptterrasse, von einem älteren, nicht weniger mächtigen Schotter trennt. Dieser liegende Kies, der aus Gerollen von Milchquarz, grauem, grünlichem und röt¬ lichem Quarzit, Grauwacke, Feuerstein und Lydit besteht und Gerolle von mehr als; 10 cm Länge enthält, unterscheidet sich nach DüBOIS nicht von dem Kies im Hangenden. Es ist ein Rhei u-Maaskies. Daß dieser Schotter als diluvial betrachtet werden muß, nicht als Pliocän, wie DüBOIS auf Grund der Fauna und Flora des Tones von Tegelen wollte, ist kürzlich2) eingehend begründet worden. Allgemeinere stratigraphische Bedeutung erhält die bei Te¬ gelen festgestellte Schichtfolge durch meine Beobachtungen wäh¬ rend der beiden letzten Jahre, die es wahrscheinlich machen, daß hier zwei im K ied e r r hei ui sehe n Tief lande weit verbreitete Horizonte, der Ton von Tegelen und ein »Ältester Diluvialschot¬ ter« vorliegen : Im Liegenden der zu einer Staumoräne aufgepreßten Haupt¬ terrasse des \V ylerberges zwischen Cleve und Nimwegen treten ebenfalls echte Rhein-Maaskiese auf, von der Hauptterrasse wiederum durch eine mächtige Tonablagerung getrennt. Wäh¬ rend hier ein bunter, von der Hauptterrasse wenig verschiedener Kies im Liegenden ansteht (er führt überwiegend Maas- und ver¬ einzelte Rheingerölle), erscheint westlich von Cleve, bei Dons¬ brüggen, dort, wo die Clever Erdmoräne steil zum Rheintale abfällt, in mehreren Aufschlüssen ein eigentümlich grober Sand und kiesiger Sand, den ich ebenfalls hierher zu stellen geneigt b E. Dubois, La pluralite des periodes glaeiaires dans les depots pleisto- cenes et pliocenes des Pays-Bas. Archives du Musee Teylor, Ser. II, Yol. X, 1906. S. 174—177. 2) G-. Fliegei. und J. Stoller, Jungtertiäre und altdiluviale, pflanzenführende Ablagerungen im Niederrheingebiet, a. a. 0. Das Diluvium, 123 bin. Es ist eine petro graphisch von dem bunten Kies der Hauptterrasse auf den ersten Blick verschiedene Ablagerung : sie besteht fast nur aus wasserhellem und milchigem Quarz sowie anderen Kieselgesteinen. Dabei führt sie in ziemlicher Häufigkeit Gerolle von rotem Feldspat. Sie kann also nur diluvial, nicht pliocän sein, und dies umso eher, als die be¬ kannten Leitgesteine der pliocänen Kieseloolithstufe, wie mir scheint, völlig fehlen. Leider sind die Lagejungsverhältnisse in diesem Gebiet in¬ tensiver Schichtenstauchung unklar. Ebenso stehen in der Ebene, die sich zwischen dasRheinalluvium und die Cleve-Nimwegener Endmoräne von Donsbrüggen bis über Kranenburg hinaus ein- schiebt, feine, weiße Quarzsande an, von denen ich vermute, daß sie ebenfalls hierher gehören. Wenn diese Ebene auch von Herrn BriqüET1) für die Niederterrasse des Rheines gehalten wird, so kann ich darin doch nichts anderes als die durch Eluß- erosion freigelegten Schichten im Liegenden der Hauptterrasse2) erblicken, zumal sie nach dem Gehänge zu sehr rasch ansteigt. In der Karte auf Tafel I habe ich eine kleine, sich nur wenig über den Talboden erhebende Fläche als Niederterrasse dargestellt, obwohl auch sie wohl nur einei vom Ältesten, Diluvialschotter gebildete Erosionsterrasse aus der Zeit un¬ mittelbar vor Aufschüttung der Niederterrasse ist. Dieselben kiesigen Quarzsande wie bei Donsbrüggen treten auch rechts des Rheines, wiederum mit Gerollen von rotem Feld¬ spat, bei Elten am Abhang des IToeheltener Berges, am Fuße der dortigen Endmoräne, also unter den gleichen Lagerungsver¬ hältnissen wie bei Cleve auf. Andererseits läßt sich eine ältere Kiesaufschüttung von Te- gelen aus südwärts am Rande des Maas- und Rurtales verfolgen. W. WUNSTORF hat einen ausgezeichneten Aufschluß bei Hückel¬ hoven (Blatt Erkelenz) in solchem Kies, der hier wiederum von ß a, a. 0. 2) Diese Auffassung hat soeben eine Bohrung der Geologischen Landesan¬ stalt bei Nütterden bestätigt. 124 Das Diluvium. der Ilauptterrasse durch eine Tonablagerung getrennt ist. beob¬ achtet (siehe Abbildung 4, Seite 131 ). Aber nicht nur nahe dem Maastale, sondern auch mehr im Osten scheint dieser älteste diluviale Kies vorhanden zu sein und sogar allgemeinere Verbreitung zu haben. Wenigstens trennt in der Gegend westlich und südwestlich von Mors eine vor- aussichtlich ebenfalls der Stufe von Tegelen ungehörige Ton- und Feinsandablagerung einen liegenden Kies von der in insei- artigen Kesten aus dem Tale herausragenden Hauptterrasse, wie ich das teilweise selbst beobachtet, zum Teil auch einer soeben erschienenen Veröffentlichung von Herrn P. G. KRAUSE1) entnehme. Am Egelsberg, nördlich von Crefeld, liegt die Hauptterrasse in auffälliger Diskordanz über einem älteren Kies, der vielleicht ebenfalls hierher zu stellen ist. Da die tren¬ nende Ton- und Feinsandbildung schon westlich von Mörs sehr an Mächtigkeit im Vergleich zu den Aufschlüssen von Tegelen o o o und Wylerberg abgenommen hat, wäre es nur natürlich, wenn noch mehr im Süden dieses trennende Mittel fehlt, und die beiden Schotter einander diskordant überlagern. Das Liegende und damit die Mächtigkeit des »Ältesten Dilu- vialschotters« ist nicht bekannt. Bei Tegelen folgt eine ziemlich mächtige, tonig-sandige Ablagerung und darunter gröberer Sand. Schichten, deren stratigraphische Zugehörigkeit zum Diluvium oder Pliocän nach den vorliegenden Angaben nicht ohne weiteres klar ist. Auch scheint in diesem Gebiet die Mächtigkeit und petrographische Entwicklung — wohl im Zusammenhang mit tektonischen Bewegungen — starken, unvermittelten Schwankun¬ gen unterworfen zu sein. Am Wylerberg beträgt sie 12 m, ohne daß das Liegende erreicht ist. Daß die Grenze gegen das Plio¬ cän im Maastal unscharf ist, dürfte sich daraus erklären, daß hier im Ältesten Diluvialschotter vermutlich aufgearbeitetes Plio¬ cän enthalten ist. ß P. G-. Krause, Über einen fossilführenden Horizont im Hauptterrassen- diluvium des Niederrheins. Jahrb. Geol. Landesanstalt für 1909, Bd. XXV, T. II, Berlin 1910, S. 91. Das Diluvium. 125 Über die weitere Verbreitung der ältesten Kiese nach Süden zu ist nichts bekannt, trotzdem gerade der größte Teil der Niederrheinischen Bucht geologisch bereits kartiert ist. Wir wer¬ den später sehen, daß die Stufe hier mit der Hauptterrasse, mit der sie ja flußaufwärts konvergiert, in einem Niveau liegt, und daher jedenfalls auf große Strecken der Erosion in der Zeit bei und vor Aufschüttung dieser Terrasse zum Opfer gefallen ist. Die Tegelen Stufe. Die Abtrennung des Ältesten Diluvialschotters von der Haupt¬ terrasse wird durch die Schichten der Tegelen-Stuf e er¬ möglicht : Diese bestehen bei Tegelen selbst aus Ton, da¬ neben aus Sand und tonigem Sand, ebenso, wenn meine Vermutung, daß die Tone weiter im Süden großenteils hierher gehören, zutrifft, in der Cf egend von Brüggen und Niederkrüchten, bei Hückelhoven und noch weiter im Südosten bei Dürboslar Blatt Linnich). Bei letzterem Ort stellte ich in der bereits genannten Bohrung unter 5.8 m Löß, j J 29,2 m Kies und Sand der Hauptterrasse, 2,1 m kalkigen Ton, 1.95 m Torf, 1.10 m kalkigen Ton zusammen 5.15 m, sehr wahrscheinlich zur Tegelen-Stuf e ge¬ hörige Schichten fest. Das Liegende besteht nicht aus dilu¬ vialem Kies, sondern unvermittelt aus kalkfreiem, plio- cänem Ton. Soweit bei Tegelen Sand auf tritt, charakterisiert er sich durch das Fehlen jeder Kreuzschichtung als ein echter Beckensand. Am Wylerberg tritt neben Ton kalkiger Feinsand und kal¬ kiger, feiner Sand auf : ebensolche Schichten beobachtete ich in der Umgebung von Cleve und Xanten, wie sie auch Herr P. Cf. KRAUSE in den genannten Aufschlüssen westlich von Mörs mehr¬ fach beobachtet hat. Charakteristisch für die Sedimente der Stufe ist ihr Kalk- 126 Das Diluvium. # gehalt, der zwar oberflächlich fortgeführt, io der Tiefe aber wohl meist vorhanden ist. Die Gleichaltrigkeit der Tone von Tegelen und vom Wyler¬ berg drückt sich auch in der übereinstimmenden, auf ein int er- O 7 glaziales Alter hinweisenden Mora aus, worüber J. STOL- LER1) nähere Angaben veröffentlicht hat. So wie ich am Wy¬ lerberg Bruchstücke von Schnecken in diesen Schichten ge¬ funden habe, hat P. G. KRAUSE (a. a. 0. am Bayerberg, Dachsberg, Gulixburg und Örmter Berg in der weiteren Um¬ gebung von Mors eine Fauna gesammelt und kürzlich beschrie¬ ben ; er spricht sich gleichfalls für das interglaziale Alter der Ablagerung aus, weil nichts in der Fauna auf ein kälteres Klima, als wir es heut haben, hindeute. E. WÜST hat aus von mir bei Tönisberg (Bl. Kieukerki, also noch erheblich südlich von den Fundpunkten bei Mörs, gesammeltem Material folgende Fauna freundlickst bestimmt: Unio sp., Pisidium (. Fluminina ) amnicum MÜLLER, » ( Fossarina ) sp., Helix ( Trichia) sp. | Clausilia sp. je ein kleines Fragment, Succinea sp. J Vivipara ? diluviana Kunth sp., Bithynia tentaculata L., Valvata ( Cincinna ) naticina Mke., » » antiqua Sow., Arvicoliden-Zähne. Über den Charakter der Fauna macht er dabei die folgen¬ den Angaben, die sich in ihrem Ergebnis mit der Auffassung P. G. KRAUSE’s decken : »Von den gefundenen Arten ist Valvata naticina Mke. von großem Interesse. Diese Art kommt lebend im Blieingebiet nicht vor. Sie gehört heute den mittleren Breiten des öst¬ lichen Europa an 5 die südlichsten Fundorte liegen im Donau- b G. Fi.ncGEt. u. puü.Gt-oiogJJE3iL~licr,BU-j3Cu;-.f,o|^o.l[nrt 57. ;T 3&32bb ' - i .■ui. n1 m • ; -i Berliner lithographisches Institut. BerimW 35 Farben- Erklärung: £SSS tum Mafistab 1:200000. In Vertrieb bei der Könige Geologischen Lar.desansinll Berlin N.b.InvulideRslrttBe -Vt. PROFILE aus dem Steinkohlengebirge des nördlichen Niederrheins und des Peel-Gebiefes 1 £ u * $ 5 ll’l !lj > 4t r i IO • Q # Buchdruckerei A. W. Schade, Berlin N., Schulzendorfer Straße 26. . 9 * }?{»r - 1 .ht ’t ! 'I 't » > $ * 58 ■UUI «Mal i,n ■U ihli'iUVi * • _* i . t 4 i , ^ »fil» I i • j i 4 • * * r* [ , I ■ ( - 1 i T i % t , f „ J ^ ] • : i / - ®i 4 I ^ A 4 J 4 * £ » I ; f r f i* r ■ f*V li’,,’? fÄli'i'fÄM ! «»» ; 3 ;p v V- 'li! 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