nd ne SE a a es Be een HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. se, Na none Nat ABS. ABHANDLUNGEN VON DER SENCKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. MIT XXV TAFELN UND XLII TEXTFIGUREN. SERANKFÜRIER M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1903. Yn Ar Es u u u Pe l 8 u ! nn - 4 - P ö 5 # . g +iyart ‘ L N \ A Bi . BE a A EN ERW R zum = j ‘ ” ) y 5 ) d Be f h u u "E] 24 i er } 1 RER | j u N ia { wrr f . b N RS N “ Ada 5 " u’ ” LE he nu v häurlısıh jf Y u ? 5 j BR FR ü i ich I rer rn, a v A "Du s fi DN j n Bi v 2, Ber x N 14 E H I D N u "2 [2 & i ” f 4 ne ww ’ [4 0 nv N 5 £ a E » B Inhalt. Seite Kinkelin, Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums. Mit 6 Tafeln und 2 TMexthiouren re ee er u: Er a u a nz 1— 40 Reis, Das Skelett der Pleuracanthiden. Mit 1 Tafel . .. . vn 2 en men nn. 88—156 Edinger, Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns. IV. Neue Studien über das Zwischenhivn. der Reptilien. Wnbra:Datelnn 1597 Möbius, Der japanische Lackbaum, ARhus vernicifera DO. Mit 1 Tafel und 29 Textfiguren . 201—247 Engelhardt, Über Tertiärpflanzen vom Himmelsberg bei Fulda. Mit 5 Tafeln. . . ... . 249—305 Hagen, Schmetterlinge von. den Mentawej-Insen. Mit 2 Tafeln . 2... een. 307—340 Edinger, Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns. V. Untersuchungen über das Vorderhirn der Vögel. Mit 7 Tafeln und 11 Textfiguren . . . 2 2 2.2.2... 341426 ABHANDLUNGEN HERAUSGEGEBEN VON DER SENGKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN (@ESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. ERSTES HEFT. v MIT VII TAFELN UND II TEXTFIGUREN. FRANKFURT a. M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. >m1897. ABHANDLUNGEN HERAUSGEGEBEN SENOKENBERGISUHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHART. ZWANZIGSTER BAND. ERSTES HEFT MIT VII TAFELN UND II TEXTFIGUREN. FRANKFURT A. M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1897. u \ j | u a ie‘ AT FENZE iEF N 2 ar ‘ Y a RITA NALDIETRZZE | en N re. » ar u . ö 3 Se: & j j 2 aR, j > EZ ö RUE A 3 Be i ae j r N is Iran Hi | hr u CHE) & - ) 2 iR s } Be Ra R H r Kr - Ba u ; er ET: uk z or - z N L - i er bg 2 | j Le - RS, “r ri Sr > i a 5 v be j f j ir ee En A ern F . PR Fr es . oo. Er e. 2225, e & , a x 4 ») Er * DIE ur a ra ben Eu Fa KR ES EL - j R N Kiar 2, Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums, beschrieben von Professor Dr. F. Kinkelin, Dozent und Sektionär für Geologie und Paläontologie am Senckenbergischen Museum, Mit sechs Tafeln und zwei Textfiguren. Abhandlungen der Senckenbergischen naturforschenden Gesellschaft. Band XX, Heft I. FRANKFURT a. M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1896, Gt ”n m Rinige seltene Fossilien des Senekenbergischen Museums, beschrieben von Professor Dr. F. Kinkelin, Dozent und Sektionär für Geologie und Paläontologie am Senckenbergischen Museum. E Beschreibung des natürlichen Schädelausgusses eines Dison priscus Bo). aus den diluvialen Sanden am Hessler bei Biebrich-Mosbach. Tafel I, IT, III und IV 1. Unmittelbar über den untermiocänen Kalken des Hefsler (zunächst der Hammermühle) bei Mosbach-Biebrich liegen die sog. Mosbacher Sande, deren Leitfossil Blephas antiquus Fale. ist, in einer Mächtigkeit von 8 m. Dieselben sind, wie dies auch in den zwei grolsen Sand- gruben zwischen Mosbach und Wiesbaden zu beobachten ist, von Sandlöfs (im Max. 5 m) überlagert. Obwohl jene Sande und die vom Hefsler in der Luftlinie nur 1'/a km entfernt sind, so ist am Helsler die Schichtenfolge insofern verschieden von der in den Mosbacher Sandkauten, als sich in letzteren zwischen die mittelplistoeänen Sande und die untermioeänen Sehiehten unterdiluviale Schotter und -Oberpliocänsande einschalten. Die Sande vom Helsler sind ebenso wie die von Mosbach ziemlich reich an Skelett- resten diluvialer Säugetiere. Die Fossilien aus den ersteren werden dem Senckenbergischen Museum von den Herren Gustav und Rudolf Dyckerhoff in liberalster Weise zugewendet. So kamen uns im Sommer 1895 mit zahlreichen und mannigfaltigen tertiären Fossilien mehrere Reste diluvialer Säuger aus den Sanden zu, von welchen ich folgende nenne: einen pracht- vollen Oberkieferbackenzahn von Elephas primigenius Blumenb., einen Astragalus von Hippo- Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 1 potamus major Cuv., eine Unterkieferhälfte von Bison priscus Boj., einen vollständigen Ober- arm und eine Tibia von Rhinoceros mercki Jäg., den vollständigen Oberschenkel eines sehr grolsen Pferdes und den wohlerhaltenen Steinkern der Schädelhöhle eines dieser Säuger; aulser einem dieser Tiere könnte der Schädelausguls, der Grölse nach zu urteilen, nur noch dem Ursus spelaeus Rosenm. und möglicherweise auch einem der grofsen Hirsche, Alces latifrons Johnson oder Cervus canadensis Briss. angehören. Da dieses fossile Gehirn, wenn man es so nennen darf, vereinzelt gefunden wurde, so waren für die generische oder spezifische Be- stimmung keine Anhaltspunkte gegeben. Aus der Einlagerung der Knochenreste in lockerem Sand erklärt es sich, dals sie infolge des Verlustes des leimgebenden Gewebes und teilweiser Lösung des phosphorsauren Kalkes vielfach sehr mürb und zerbrechlich sind. Es würde dies in höherem Grade noch der Fall sein und auch wohl zur völligen Lösung geführt haben, wenn diese Sande nicht von kalkreichem Löls bedeckt wären, so dals hier die lösende Eigenschaft der Sickerwasser schon von diesem in Anspruch genommen ist. So sind denn vielfach sogar die brüchigen Knochen durch kohlensauren Kalk und auch durch Eisenhydroxyd fest mit dem Sand und mit Ge- schieben verkittet. Die Knochen können dann nur schwer oder gar nicht aus diesen ver- kitteten Massen herausgelöst werden, da sie nicht entfernt die Festigkeit der letzteren be- sitzen. Die der Erhaltung der Knochenreste ungünstigen Umstände waren es nun gerade, welche der Bildung des so seltenen Fossiles förderlich waren. Aus den Diluvialablagerungen ist mir der Fund eines natürlichen Schädelausgusses nicht bekannt, so dals wir es hier wohl mit einem Unikum zu thun haben. ! Wir haben uns seine Bildung wohl so zu denken, dafs, nachdem das Gehirn samt seinen Häuten schon der völligen Verwesung anheimgefallen war, der betr. Schädel, der wohl mit dem Scheitel auf der Sohle der Wiesbadener diluvialen Bucht lag, durch die ver- schiedenen Foramina mit feinem Sand allmählich völlig ausgefüllt wurde, so dals schlielslich auch diese damit erfüllt waren. Die völlige Füllung läfst auch erkennen, dals das Wasser, in dem der Sand sich absetzte, bewegtes Wasser war. Infiltrierter kohlensaurer Kalk führte in der Folge zur vollkommenen Verkittung des Sandausgusses. Wenn nun der Schädel beim ı Das fossile Gehirn eines kleinen Räubers aus der niederrheinischen Braunkoble hat Hermann v. Meyer in den Palaeontographica Bd. XIV beschrieben. v. Meyer hebt die grofse Seltenheit fossiler Gehirne und von Steinkernen der Gehirnhöhle hervor und führt hierbei den Fund von ein paar unvollständigen und undeutlichen solchen Steinkernen aus dem Pariser Tertiär, dann aus dem Wealden Deutschlands, aus dem Jura Englands und der Trias Schwabens an, Abgraben des Sandes etwa aus einiger Höhe herab fiel, so mulste er in Tausende von Stücken zertrümmert werden, während der in demselben befindliche verkittete Ausguls, kaum verletzt, nun freilag. Ich danke es der Aufmerksamkeit des Aufsehers der Helsler Brüche, Herrn Kunz, dals dieses knollige Fossil nicht unbeachtet, wie so viele im Sand und Löls vor- kommende knollige Konkretionen, beseitigt wurde, sondern mir mit der vorhin erwähnten Sendung zukam. Die am Gehirn entlang laufenden Windungen erscheinen in dem vorliegenden Schädel- ausgusse mehr als Hügel, zwischen denen sich Depressionen, die Furehen (fissurae) ver- tretend, hinziehen. Man kann kaum sagen, dals ein Teil dieses steinernen Grolshirnes weniger gut erhalten sei, als die anderen; nur der rechte Riechlappen ist abgebrochen. Der Verlauf von zwischen Schädelkapsel und Gehirn hinziehenden Blutgefälsen ist mehrfach zu beobachten. Das Kleingehirn ist nach seiner Oberflächenbeschaftenheit nicht vorhanden, während die Knochenpartien, zwischen denen es sich befand, noch erhalten sind. An zwei bis drei Stellen sieht man in der glatten Oberfläche des Ausgusses Risse, die wohl beim Trocknen entstanden sein mögen. Nach der Häufigkeit des Vorkommens der Säugetierreste in den Mosbacher Sanden zu urteilen, war es am wahrscheinlichsten, dals der Schädelausguls vom Helsler entweder von Bison oder von Eguus stammte. Wenn durch seine Bildung die Zugehörigkeit zu Egquus aulser Frage kam, so wäre also vorerst die zu Bison zu untersuchen gewesen. Die Ähnlichkeit des fossilen Gehirnes mit der Bildung eines Hippopotamus-Gehirns, das in vorzüglicher Abbildung und eingehender Beschreibung von Garrod (Trans. of the Zoolog. Soc. of London, Vol. XI, p. 11—17, Taf. III u. IV) vorliegt, veranlafste mich vor allem mit dem Gehirn dieses in den Sanden seltenen Genus Vergleiche zu machen. Trotz der Seltenheit von Hippopotamus-Resten war die Möglichkeit, dafs der fragliche Schädelausguls diesem Tiere angehören möchte, nicht ausgeschlossen; waren doch in den letzten Jahren drei Astragali und ein Vorderzahn von Hippopotamus am Helsler zum Vorschein gekommen. Bei der Zer- trümmerung eines Schädels war aber doch die Erhaltung mehrerer Zähne zu erwarten gewesen, ein Zahn wurde aber in letzter Zeit nicht gefunden. Nichtsdestoweniger wurde zum Zwecke obigen Vergleiches der Ausguss eines Schädels von Hippopotamus amphibius L. hergestellt. Der Vergleich des fossilen Ausgusses sowohl mit dem Gehirn, als auch mit dem Schädel- ausguls des recenten Hippopotamus liefs einige Übereinstimmung erkennen, u. a. grolse kamm- artige Wülste, welche auf der Oberseite den Ausgufs nach hinten abschlossen, befriedigte aber in wesentlichen Charakteren nicht. So liefs ich denn von unserem Präparator, Herrn 1* Et Aug. Koch, auch einen Ausguls des Schädels von Bison americanus Gm. (einen Schädel von Bison europaeus Ow. besitzt das Museum nicht) aus Walzmasse herstellen, welcher dann unmittelbar die gröfste Übereinstimmung mit dem fossilen Schädelausguls erwies. Beschreibung des fossilen Schädelausgusses. Tafel I 1, II 1, II 1 und IV 1. Auf der Oberseite des Ausgusses glaube ich folgendes Relief zu unterscheiden: Mediane. — Eine deutliche Mittellinie, die im Schädeldache einer schmalen Rinne entspricht, spaltet sich ungefähr in °/s der Länge, von hinten nach vorne gerechnet, in eine ziemlich schmale und tiefe, oben ca. 6 mm breite Rinne, so dals also die beiden Stirn- lappen sich hier mit ihren inneren Rändern nicht berühren, sondern beiderseits etwas nach aulsen hängen. Die vordersten Enden der Stirnlappen sind dann ca. 70 mm von einander entfernt. 15 mm über jene Enden hinaus reichen die Riechlappen, von denen nur der linke erhalten ist. Coronalspalte. — Nahe den inneren Rändern der Stirnlappen verläuft, diesen ziemlich parallel, beiderseits eine Furche. die nach hinten durch einen Blutgefälsstriemen — den Abdruck einer auf der inneren Seite der Schädeldecke für ein Blutgefäls bestimmten tinne — abgeschlossen scheint und auch weiter nach vorne, wenigstens auf der linken Hemisphäre, nochmals von einem Blutgefälsstriemen gequert wird. Diese Furche be- schränkt sich also auf die Stirnlappen. Vorne biegt sie sich beiderseits nach vorne und aulsen. Es dürfte diese Furche wohl die von Krueg bei den Ungulaten unter- schiedene Coronalspalte co darstellen (Zeitschr. für wissensch. Zoologie 1878, Bd. 31, p. 297—345, speziell p. 309, Taf. XXII co bei Bos und Bubalus, vergl. auch C. Müller und Ellenberger, Lehrb. d. vergleich. Anat. d. Haustiere, p. 741 und 742, Fig. 259 und 260). Diagonalspalte. — Ziemlich gleichlaufend mit der gen. Coronalspalte, jedoch mehr gewunden, also nicht so gerade gestreckt wie die Coronalspalte, sieht man auf der Aulsen- seite des linken Stirnlappens sich eine zweite Längsspalte hinziehen; ihr Abstand von der Mediane ist ungefähr 30 mm. Wir dürfen diese Furche wohl auf die Diagonalfurche d bei den Huftieren (Krueg 1. c. p. 310, Taf. XXII) beziehen. Zwischen den eben besprochenen Längsfurchen, also von der Coronalspalte seitlich nach aufsen, sind etwa 4 Querwülste. Während die Querfurchen, welche einesteils den letzten und vorletzten, andernteils den zweiten und ersten Querwulst trennen, nach der ev. Coronalspalte münden, läuft die die beiden mittleren Querwülste trennende Querfurche in die eben erwähnte zweite Längsfurche, die ev. Diagonalspalte aus. In die erste dieser (Juerfurchen verläuft der oben erwähnte Blutgefälsstriemen. Auf dem hintersten dieser Wülste sieht man auch eine kurze, der Mediane parallele, unbedeutende, seichte Furche, die ihn in einen äulseren und inneren Teil teilt. Diese sog. Querwülste verlaufen übrigens nicht rein quer zur Mediane, sondern von innen nach vorne und aulsen. Die ev. Coronalspalte scheint auf der linken Hemisphäre nach hinten und etwas seit- wärts aufwärts zu steigen und sich in eine flache Depression fortzusetzen, doch ist dieses Verhältnis nicht klar, da, wie erwähnt, jener starke Blutgefälsstriemen gerade in dieser Partie von der Mediane schief nach aufsen verläuft und so die ev. Verbindung verdeckt. Normal liegen diese Verhältnisse wohl auf der rechteu Hemisphäre. Kreuzfurche. — Hier sieht man, dals die Coronalspalte nach hinten durch eine kurze Querfurche abgeschlossen wird. Diese Querfurche, welche zur Mediane senkrecht steht und von ihr ausgeht, wird wohl die Fissura eruciata sein, welche, schon auf der medialen Seite der Hemisphäre entspringend, über den Medianrand auf die Oberfläche übertritt. Ellenberger nennt diese Furche und die Sylvische Spalte im Gegensatze zu den anderen Furchen „vertikal“ (l. e. p. 735—736). Wo die Fissura eruciata auf das hintere Ende der Fissura coronalis stölst, geht senk- recht zur letzteren nach aufsen eine ebenfalls kurze Furche ab, die mit der breiten und flachen Depression zusammenhängt, die wir im folgenden als suprasylvische Spalte gedeutet haben; diese kurze Furche möchte dann wohl dem Processus superior fissurae suprasylviae entsprechen. Suprasylvische Furche. — Die Depression, von der wir eben sprachen, die deutlicher in ihrem Verlaufe auf der linken Hemisphäre! zu verfolgen ist, entfernt sich rückwärts immer mehr von der Mediane; ihre Entfernung ist vorne ca. 20 mm, hinten ca. 35 mm. Von dem nach der Mediane zu liegenden Rande der Depression gehen kürzere, seichte Depressionen aus, die zwischen sich höckerige Wülste haben. In dem vorderen dieser Wülste, der auch der höhere ist, steigt eine von der Mittellinie ausgehende seichte Furche bis fast auf die Höhe aufwärts, diesen vorderen Wulst auf seiner Innenseite in zwei Wülste teilend. ! Auf der rechten Hemisphäre quert sie ein längerer, von innen nach aufsen und vorne sich strecken- der Blutgefälsstriemen. Die oben ihrem Verlaufe nach verfolgte flache und breite Depression dürfte wohl, wie schon angedeutet, der von Krueg als suprasylvische Spalte der Ungulaten bezeichneten Spalte entsprechen; sie wäre also im Schädelausguls nicht unbeträchtlich abgeschwächt. Was das vordere Ende der suprasylvischen Spalte angeht, so möchte ich glauben, dals sie mit der ev. Coronalspalte im Zusammenhang steht; wir haben diese Verbindungs- furche schon als Processus superior fissurae suprasylviae gedeutet. Kamm. — Hinter dem Zuge von höckerigen Wülsten, die längs des Innenrandes der flachen Depression (Fiss. suprasylvia) zu beobachten sind, folgt eine nach hinten sich ver- breiternde, wenig auffällige Unebenheiten darbietende Fläche. Von derselben erhebt sich kammartig ein querliegender, oben abgerundeter, hoher Höcker nach rückwärts, dessen Vorder- seite schwach konkav ist. Seine Hinterseite, welche zugleich die Hinterseite des Aus- gusses ist, fällt ziemlich steil nach hinten abwärts, flacher nach hinten und aulsen. Diese kammartigen Wülste beginnen an der Mittellinie; sie verlaufen von da in einem Bogen nach hinten und aufsen, in ihrer Fortsetzung dann nach vorne und aulsen; sie sind also nach hinten ausgebogen und bilden eine der auffälligsten Eigentümlichkeiten des fossilen Schädel- ausgusses. Sie schlielsen denselben in ganz eigentümlicher Weise nach rückwärts ab. Diese Kämme sind wohl der Ausguls eines Sinus auf der Innenseite der Schädeldecke. Lateralspalte. — Eine Depression, die etwa der Lateralspalte (2 Krueg) oder der Fissura collateralis (Ellenberger) entspräche, die also, der Mediane näher als die suprasylvische Spalte, ungefähr in der Verlängerung der Fissura coronalis nach hinten liegen soll und, der Mediane demnach ziemlich parallel laufend, bei den Huftieren beobachtet wird, ist nicht zu bemerken. Der hinterste der vier oben besprochenen, seitlich von der Coronalspalte gelegenen Wülste liegt auf seiner Innenseite am vorderen und nach aulsen liegenden Rand jener breiten Depression. Ihm schliefst sich nach hinten und etwas nach aufsen, ebenfalls seitlich vom vorderen Teile jener Depression gelegen, noch ein dicker Wulst oder Lappen an. Die Furche zwischen den beiden, nach aufsen und vorne scharf abfallenden, starken, hügelartigen Wülsten mündet in die ev. Diagonalspalte ein und zwar am hinteren Ende derselben. Ob der obere und hintere flache Teil dieser Furche etwa der Processus anterior fissurae suprasylviae (ssa Krueg) ist, möchte ich nicht mit Bestimmtheit behaupten ; wenn sie es nicht ist, so kann ich diesen Fortsatz der suprasylvischen Spalte überhaupt nicht erkennen. Nach hinten und aulsen ist der letztbesprochene dicke Lappen von einer tiefen, nach unten und vorne etwas schief laufenden Furche begrenzt, welche an ihrem oberen Ende sich in zwei kurze, flache, einen wenig spitzen Winkel! einschliefsende Rinnen teilt, die gegen die ev. supra- sylvische Spalte auslaufen, ohne sie ganz zu erreichen; von der vorderen dieser Rinnen ist dies sicher zutreffend. Die nach hinten laufende, dann die vordere und nach innen laufende Rinne, endlich eine kurze Strecke der flachen Depression, die wir für die suprasylvische Spalte halten, schlielsen einen niederen, dreiseitigen Hügel ein. Die erstgenannte Rinne läuft nach dem vorderen Abfall des oben besprochenen kammartigen Wulstes, verläuft aber nicht in denselben — ein flacher Wulst liegt dazwischen. Auch am unteren Ende spaltet sich die tiefe Spalte in zwei Furchen, von welchen die eine, nach vorne sich umbiegend, den zuletzt besprochenen dicken Lappen nach unten begrenzt. Die ev. Diagonalfurche wird von ihr nicht erreicht. Sylvische Spalte. — Die andere der eben erwähnten Furchen, die sich von dem unteren Ende der tiefen Spalte abzweigen, ist ebenfalls kurz; sie ist direkt vertikal nach unten gerichtet; die tiefe Spalte dürfte man demnach für die obere, etwas nach hinten ge- richtete Fortsetzung (Processus acuminis fissurae Sylvii) der eben erwähnten, ebenfalls tiefen, aber ganz vertikal nach abwärts gerichteten Furche (Fissura Sylvii) halten. Diese tiefe Quer- oder Vertikalfurche trennt auf der Aufsenseite den Stirnlappen vom Schläfenlappen. Sie stölst ziemlich senkrecht auf eine an der äulsersten Seite der Unterseite des Ausgusses sich etwas gewunden hinziehende Längsfurche. Begrenzt jene tiefe Vertikal- furche (Fissura Sylvii) auf eine kurze Strecke nach hinten den Stirnlappen, so ist sie doch nicht zugleich ein Stück der Vorderseite des Schläfenlappens. Hinter dieser Vertikalfurche beobachtet man nämlich eine den Schläfenlappen nach vorne begrenzende, weniger auffällige Querfurche, die also mit jener, in gleicher Richtung laufend, zwischen Stirn- und Schläfenlappen eine ungefähr S mm breite, schwachwulstige Einsenkung begrenzt, die nach unten auch von der letzterwähnten Längsfurche abgeschlossen ist. Die Längsfurche, von der zuletzt die Rede war, setzt sich von den beiden Stellen, in denen sie die beiden Querfurchen triftt, nach hinten und nach vorne fort, so dafs sie also eine sich von der Unterseite des Schläfenlappens bis nach der Unterseite des Stirnlappens ohne Unterbrechung fortsetzende Furche darstellt. ! Der Punkt, von dem diese zwei flachen Rinnen ausgehen, ist 48 mm von der Mediane entfernt. Bee Die Entfernung der beiden Stellen, in welchen die zwei zuletzt besprochenen Quer- furchen die Längsfurche treffen, also die mittlere Partie der Längsfurche, ist etwa 12 mm lang; die hintere etwas abwärtsgebogene Strecke der letzteren milst ca. 15 mm, die vordere bis zu ihrem vordersten Ende 32 mm; ungefähr in der Mitte dieser letzteren Strecke der Längsfurche steigt eine Querfurche senkrecht aufwärts, ohne jedoch die Diagonalfurche zu erreichen. Fast unmittelbar vor dem vorderen Ende der Längsseite, doch, wie es scheint, nicht von ihm ausgehend, steigt eine weitere Querfurche aufwärts, dem nach aufsen gebogenen vorderen Ende der Coronalspalte entgegen. Wir wollen nun auch versuchen, die eben beschriebenen Furchen auf der Aufsen- und Unterseite des fossilen Gehirnes mit solchen zu identifizieren, die Krueg als charakteristisch bei den Huftieren erkannt hat. Vor allem wird es wohl zutreffend sein, wenn wir die kurze, tiefe Vertikalfurche als Sylvische Spalte gedeutet haben. Insel. — Der schmale Zwischenraum zwischen den beiden parallellaufenden Quer- furchen zwischen Stirn- und Schläfenlappen ist dann die sog. Insel. Die von der ev. Fissura Sylvii etwas schief nach hinten und aufwärts abgehende tiefe Furche ist dann wohl der Processus acuminis dieser Spalte. Die kurze Furche, die von dem Anfangspunkt des Processus acuminis nach vorne um- biegt und den hintersten der oberen Wülste des Stirnhirns nach unten begrenzt, ist vielleicht als Processus anterior fissurae Sylvii zu deuten; einen Processus posterior kann ich jedoch am fossilen Gehirn nieht erkennen. Rhinalisspalte. — Die sich auf der Unterseite lang und wellig hinziehende Längs- spalte möchte wohl zuversichtlich mit der Fissura rhinalis zu identifizieren sein. Die von Fissura Sylvii nach vorne verlaufende Strecke derselben ist dann der Processus anterior, die hinter der Insel nach hinten abgehende der Processus posterior fissurae rhinalis. Präsylvische Spalte. — Die oben zuletzt beschriebene, vorderste Querfurche, welche sich nahe der vorderen und äufseren Grenze des Stirnlappens entlang erstreckt, indem sie aufwärts gegen den nach auswärts gebogenen Teil der Coronalspalte und mit letzterem parallel läuft, ist wohl zweifellos die präsylvische Spalte (ps Krueg). Dieselbe wird aber von dem auswärtsgebogenen Teil der Coronalspalte umfalst, während nach Krueg Taf. XXI stets, wenn auch meist nur auf eine kurze Strecke, der betreffende Teil der Coronalspalte von der präsylvischen Spalte umfalst wird. Fe Fissura postica. — Auf der Aulsenseite des Schläfenlappens und ungefähr in dessen Mitte fällt eine ziemlich tiefe, allenthalben von Wülsten begleitete Furche auf, die an ihrem Vorderende sich in zwei kurze, frei auslaufende Rinnen teilt; die eine davon hat die Richtung nach oben, die andere nach vorne und etwas nach unten. Diese Furchen werden mit der Fissura postiea (Krueg p. 311) identisch sein. Fissura lobi piriformis. — Nur schwach ist auf der Unterseite des fossilen Ausgusses eine der ey. Fissura rhinalis anterior parallel laufende, ihr ziemlich naheliegende Rinne angedeutet, die aber schon darum nur schwach in die Erscheinung tritt, weil sie von 3—4 Blutgefälsstriemen durchquert wird. Nach rückwärts setzt sie sich kaum sichtbar so weit fort, als dies von der über ihr hinziehenden Rhinalisspalte (rl p Krueg) geschieht. Sie entspricht in ihrem Verlaufe ungefähr einer vorderen Fortsetzung der Längsfurche, welche Ellenberger 1. ce. p. 541, Fig. 259 als Längsfurche im Lobus piriformis bezeichnet. Lobi olfactorii. — Am fossilen Ausguls ist, wie schon erwähnt, nur auf der linken Hemisphäre ein dem Riechlappen entsprechender, ziemlich beträchtlicher Fortsatz er- halten. An demselben ist übrigens nur die allgemeine Gestalt zu erkennen und nicht seine exakte Oberfläche; sonst ist nämlich am fossilen Schädelausguls die gesamte Oberfläche, ob sie Furchen, Höcker oder Striemen bildet, abgesehen von den oben erwähnten Rissen, glatt. Blutgefälsstriemen. — Da und dort ist schon hervorgehoben worden, dals mehr oder weniger lange, von Blutgefälsstriemen herrührende Striemen in ziemlich grolser Zahl zu beobachten sind; sie stören vielfach das an sich schon grofse Wirrsal von Höckern und Wülsten, Furchen und Depressionen. Grofshirn-Hemisphäre. — Vorherrschend ist in Obigem die Beschreibung der linken Hemisphäre entnommen; übrigens ist die rechte Hemisphäre, wenn auch nicht völlig, so doch in der Hauptsache mit der linken übereinstimmend. Unterseite. — Von der Unterseite des Ausgusses ist noch folgendes zu erwähnen: Wie der vordere Teil der Stirnlappen oben auseinandertritt, so treten auch in ähnlicher Weise die Riechlappen von ihrer breiten und angeschwollenen Basis an auseinander, so dals ein nach aulsen sich erweiternder Ausschnitt entsteht. Etwas vor der Mitte der Schädelbasis, also vor der Abgulsfläche des Basioceipitale, sieht man einen Hügel, der wohl der Sella tureica des Basisphenoids entspricht, zu der dann im Abguls vorne der wenig vermittelte Abfall, resp. Aufstieg gehört. Rechts und links davon geht je ein zapfenförmiger, dicker, sich verjüngender, stumpf vierkantiger Körper schief nach unten, vorne und aulsen; diese Ausfüllmassen mögen wohl dem Foramen ovale ent- Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 6) — 1 — sprechen. Hinter denselben befinden sich noch zwei wesentlich kleinere und dünnere, nach unten gerichtete Zapfen, die vielleicht die Ausfüllmassen des Foramen lacerum anterius sind. Von diesen Zäpfchen ist übrigens das der rechten Seite abgebrochen. Allgemeine Gestalt. — Die Gestalt des Ausgusses ist, soweit er dem Grolshirn entspricht, ungefähr eiförmig, doch ist der vordere, in seinem Stirnlappen spitzer zulaufende Teil scharf gegen die den Schläfenlappen entsprechenden Teile abgeschnürt, so dals sich hier ein einspringender Winkel bildet und der hintere, aus Scheitel- und Schläfenteilen be- stehende Teil wesentlich breiter ist. Wie schon oben erwähnt, trennen sich im vorderen Drittel der Mediane die den beiden Stirnlappen entsprechenden Teile des Ausgusses von einander, so dafs eine am Grunde abgerundete Spalte entsteht, die nach vorne bis zum Auseinander- treten der Riechlappen verläuft; es ist diese Spalte eben der Teil der Mittellinie, dem beiderseits die ev. Coronalspalte ziemlich parallel verläuft. Die glatte, kielartige Mediane lälst erkennen, dals zur Zeit, da der Sand in die Schädelhöhle eingeschwemmt wurde, nicht allein das Gehirn schon völlig verwest und ver- schwunden war, sondern dals dies auch von der Dura mater gilt, so dals also die Oberfläche des Schädelausgusses der inneren Fläche des Schädels im Grofshirmteil genau entspricht. Malse am fossilen Schädelausguls. Einschnürung des Grofshirnteiles von links nach rechts . . 2202.20... 9,4— 9,5cm Grölste Breite des Grofshirnteiles (Schläfenlappengegend) . . . ........123,8 n Länge des Grofshirnes bis zum vordersten Ende des Stirnlappens . . . . 131-132 „ Entfernung der Spitzen der Stirnlappen von einander . . 2. 2 22.2...709 n) Länge der klaffenden Spalte zwischen den beiden Stimlappen . 2... 47 5 Länge der Mediane hinter der klaftenden Spalte ste GesamtlängerderaMedianemeıı 0, nu 2 Re ee EB HiöhesdessAuszusseserene EN. an Eee 9 Entfernung der Sylvischen Spalte bis zur Stirnlappenspitze . . 2.2... 4&7 Hinterster Rand des Grolshirnteiles bis zum vordersten Ende des Riechlappens 14,6 a Kleinhirn. — Die Partie des Schädels, in der das Kleinhirn lag, ist ihrer Ober- tlächenbeschaffenheit nach nicht erhalten: die hier eingeschwemmten Sandkörner, unter welchen sich auch schlielslich grölsere Geschiebe einstellten, scheinen nicht fest genug ver- kittet worden zu sein. Diese Partie ist oberflächlich rauh und nur in ganz kleinen Partien glatt, wie die gesamte Oberfläche des dem Grolshirn entsprechenden Ausgusses. Hingegen Mi — ist rechts und links von dem vom Kleinhirn eingenommenen Teil der Schädelhöhle ein Teil des Schädels selbst erhalten. Es bleibt uns nun noch übrig, nach dieser Beschreibung das Tier kennen zu lernen, aus dessen Schädel der vorliegende Sandausguls stammt. Wenn man den Schädelausguls mit dem Gehirn eines recenten Tieres vergleichen will, darf man nicht erwarten, dals das in drei Häuten eingehüllte Gehirn in seinen Formverhältnissen mit der inneren Oberfläche des Schädels kongruent ist. Es sind somit künstliche Ausgüsse aus Schädeln von recenten Tieren, welche Gattungen angehören, die unter den diluvialen Säugern, insbesondere unter den aus den Mosbacher Sanden bekannten vorkommen, zu obigem Zwecke als Vergleichs- material von zuverlässigerem Werte als die Gehirne solcher Tiere. Zur Bestimmung des diluvialen Schädelausgusses könnte es sich fast nur um Ungulaten und unter diesen nur um Equus, Rhinoceros, Bison, einen der grolsen Cerviden, also Alces oder Cervus, endlich um Hippopotamus und Elephas handeln; bei der bedeutenden Grölse des fraglichen Ausgusses könnte höchstens noch Ursus in Frage kommen, der bei Mosbach ziemlich selten ist. Wenn wir uns bei unseren Vergleichen hauptsächlich an die nach Krueg für die Ungulaten charakteristischen Gehirnfurchen halten, so hat dies darin seine Berechtigung, dals jene Furchen die schon im fötalen Gehirn auftretenden sind und sich als wesent- liche Orientierungslinien auch in der Folge erhalten, wenn sich auch eine verwirrende Zahl accessorischer Furchen einstellt; es ist fast selbstverständlich, dals jene im fötalen Gehirn vorhandenen Furchen und Wülste sich dann auch wohl am sichersten und wohl auch am deutlichsten auf der Innenseite des Schädels ausprägen, da sie schon zu einer Zeit existierten, in welcher sich die Schädeldecke auch in Rüchsicht auf ihre geringere Härte mehr dem Relief des Gehirns anbequemte. Zur Beurteilung der allgemeinen Gestalt des Gehirns möchte der Ausguls auch zuverlässiger sein, da die Gehirnabbildungen meist von geschrumpften, in konservierender Flüssigkeit aufbewahrten Gehirnen genommen sind. Wir haben schon erwähnt, dafs der Schädelausguls nicht einem Hippopotamus angehört. Was für die Zugehörigkeit zu letzterem sprach, war vor allem die Existenz von kammartigen Querwülsten an der hinteren Seite, sowohl am fossilen Schädelausguls als auch am Schädel- ausguls des recenten Hippopotamus; bei letzterem steigen übrigens diese Kämme nicht un- wittelbar von der Mediane auf, sondern erst in einiger Entfernung von derselben, sind auch schärfer und nicht so bedeutend. Beim Vergleich mit Rhinoceros' stimmt weder die all- ı R. Owen, On the Anatomy of the Indian Rhinoceros (Transaet. of the Zool. Soc. of London 1850. T. IV, Part II, p. 31—58, Taf. XIX— XXI). — Garrod, On the Brain of the Sumatran Rhinoceros (Transact. of the Zool. Soc. of London. Vol. X. 1879). 9% Boy gemeine Gestalt, noch der Besitz ungemein reicher Wulstung und aufserordentlich zahlreicher Windungen. Bei einem, Schädelausguls vom Rhinoceros mülste man zahlreichere Wülste und Windungen erwarten, besonders in der Scheitelpartie, wo beim fossilen Ausguls die Wulstung ja recht unbedeuteud ist. Dann ist auch u. a. der Verlauf der Coronalspalte ein gänzlich verschiedener. Das letztere ist auch beim Gehirn des Pferdes der Fall. Beim Pferdegehirn tritt auch die Entwickelung der Sylvischen Spalte sehr zurück, während sie beim fossilen Ausguls kräftig erscheint; dasselbe Verhältnis trifft auch bei der Kreuzspalte zu, welche beim Pferd eine Richtung nach vorn und aufsen hat; am Ausguls läuft sie direkt nach aufsen, senkrecht zur Mediane. Gegen die Zugehörigkeit zu Ursus spelaeus spricht schon bei unmittelbarer Betrach- tung die walzenförmige Gestalt des Bären-Schädelausgusses. Die Gehirne der grolsen Hirsche werden kaum die Gröfse erreichen, welche das Tier besals, von dem der fragliche Schädelausguls stammt. Vergleich mit einem Schädelausguss von Dison americanus. Tar. I 2, IL 2und 1722: So kommen wir nun zum Vergleich mit Dison. Wie erwähnt, liels ich zu diesem Zweck einen Ausguls vom Schädel eines Dison americanus herstellen. Stirnlappen. — Vergleichen wir vorerst die Oberflächenpartie des Stirnlappens, die zwischen Mediane, Diagonalspalte und Kreuzspalte liegt, so zeigt sich eine fast völlige Übereinstimmung — im Verlaufe der Coronalspalte und Diagonalspalte, im Relief der Furchen, Wülste und Gefälsstriemen zwischen der Mediane und der Coronalspalte, ferner im Relief zwischen dieser und der Diagonalspalte. Zum Vergleiche der linken Seite des fossilen Ge- hirnes müssen wir für diese Partie die rechte Seite des Schädelausgusses des recenten Bison benützen, da dessen linke Seite nicht unbedeutend durch den Sagittalschnitt lädiert ist, welcher zur Herstellung des Ausgusses links von der Mediane notwendig stattfinden mulste. Die rechte Hemisphäre des Bison americanus scheint hier in gleichem Malse normal ent- wickelt, wie das beim fossilen Ausgufs bei der linken Hemisphäre der Fall ist. Ein Unter- schied der beiden Hemisphären tritt übrigens hier nicht entfernt in dem Malse auf, wie z.B. bei dem von Garrod beschriebenen Hippopotamus-Gehirn und auch bei einem Ochsen- hirn, das ich in Spiritus habe. — BB — Entfernung des Ausgangspunktes der Kreuzspalte von beim fossilen beim recenten der Mediane und dem vorderen Ende des Vorderhirnes, wo- an selbst die Riechlappen beiderseits nach vorn und aulsen gehen 3,8 Entfernung jenes Ausgangspunktes von dem Endpunkt derzMedianendesa@rolshirenese vo 7,0— 7,1 7.0 Tele Scheitellappen. — Wenden wir uns nun zum Vergleiche der Oberseite der Scheitelteile der beiden Ausgüsse. Wie oben erwähnt, kann man auf der Scheiteloberfläche des fossilen Ausgusses eine länger sich hinziehende flache und ziemlich breite Depression erkennen. Nach ihrem ungefähren Verlaufe, besonders im Verhältnis zur Mediane zu ur- teilen, darf man sie wohl mit der sich weit streckenden, z. T. winkelig verlaufenden Furche im Ausguls des recenten Dison vergleichen, die als suprasylvische Spalte zu deuten ist und von Krueg bei der Abbildung des Gehirnes von Bos taurus und Bubalus vulgaris ]. e. Taf. XXII auch so gedeutet wird. Der Processus superior fissurae suprasylviae ist im Schädelausguls des recenten Bison nicht unwesentlich länger und auch ausgeprägter als die Furche, die ich im fossilen Gehirn so gedeutet habe. Ein vorderer Fortsatz der suprasylvischen Spalte (ss Krueg), der im fossilen Ausguls kaum oder nicht zu unterscheiden ist, ist beim recenten Bison deutlich zu sehen. Die suprasylvische Spalte hat im fossilen Ausguls eine entschiedene Richtung nach hinten und aulsen, so dals sie nach hinten von der Mediane divergiert; dasselbe beobachten wir auch im recenten Ausguls. Bei dem unbedeutenden Relief der Oberfläche des Scheitellappens des fossilen Ausgusses ist es begreiflich, dals man einen Processus posterior nicht unter- scheiden kann; auch beim Ausguls des recenten Bison bin ich über die Identifizierung mit diesem Processus nicht sicher; Krueg zeichnet nämlich emen solchen in den Abbildungen für Bos und Bubalus. Auch der Ausguls des recenten Bison ist in dieser Partie wenig ausgeprägt, Im fossilen Ausguls ist nicht die geringste, längslaufende Depression zu erkennen, die man als Lateralspalte (? Krueg) ansprechen dürfte ; fast dasselbe gilt aber auch für den Ausgufs von Bison americanus, wenigstens ist eine zwischen der Mediane und der suprasylvischen Spalte erkennbare Furche nur schwach und zudem durch Gefälsstriemen in ihrem möglichen Zusammen- hange verdeckt; auch in der Richtung dieser Striemen ist beiderseits grolse Übereinstimmung. Zwischen suprasylvischer Spalte und Mediane sieht man also in beiden Ausgüssen fast nur Wülste, die durch kurze @Querfurchen von einander getrennt sind. Während wir bisher fast in allen Details zwischen den beiden Ausgüssen eine grolse Übereinstimmung feststellen konnten, zeigt sich nun im hintersten Teil der Scheitelpartien ee der Hemisphären ein grofser Unterschied, denn beim fossilen treten die oben beschriebenen Querkämme auf, die nach vorne konkav gestaltet, nach hinten steil abfallen. Beim Ausguls des recenten Bison fällt dieser Teil ohne solche auffällige Erscheinung allmählich nach hinten ab, wo das Kleinhirn an das Grolshirn anstölst. Seitenansicht. — In der Seitenansicht fällt in den um die Sylvische Spalte ge- lagerten Furchen und Windungen bei ziemlicher Übereinstimmung im Verlaufe der Fissura Sylvii, ihres Processus acuminis und der von ihm nach der Scheitelpartie abgehenden kurzen, einen Winkel bildenden Furchen, ferner im Verlaufe der von der Sylvischen Spalte nach vorne sich abbiegenden kurzen, gegen die Diagonalspalte ziehenden Längsfurche, die wir als zweifelhaften Processus anterior fissurae Sylvii am fossilen Ausguls notiert haben, doch in- sofern ein nicht unbeträchtlicher Unterschied auf, als eine unter der letzteren Längsfurche von der Fissnra Sylvii abzweigende Furche am Ausguls des recenten Bison existiert, im fossilen Ausguls aber fehlt. Nach den Abbildungen von Krueg und Ellenberger für Bos ist aber dieser Ast der Sylvischen Spalte der wahre Processus anterior fissurae Sylvi. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dals beim Ausguls des recenten Bison die Sylvische Spalte nicht ganz bis zu der langgestreckten Rhinalisspalte reicht, dann auch, dals ein Processus posterior fissurae Sylvii sich gut von der Fissura rhinalis posterior abhebt und nach oben bogig verläuft, während letzterer sich ziemlich horizontal nach hinten weiter streckt. Im fossilen Ausguls findet demnach in der Partie der Sylvischen und Rhinalis-Spalte eine Abschwächung der Reliefverhältnisse statt. In dem Ausgufs des recenten Bison verläuft die präsylvische Spalte in den vorderen, nach aufsen umgebogenen Teil der Coronalspalte, in dem fossilen Ausguls laufen sie dagegen in dieser Partie emander parallel, so aber, dals die Coronalspalte die präsylvische Spalte nach aulsen um- falst ; bei Bos und Bubalus (Krueg) umfalst hingegen die präsylvische nach aufsen die Coronalspalte. Auf dem vorderen Teil des Schläfenlappens entspricht auf beiden Ausgüssen eine nach unten ausgebogene Furche der Fissura postica. Übereinstimmend sind auch die Fissurae lobi piriformis. Mafse am Schädelausguls des recenten Bison: Einschnürung des Grofshirnteiles zwischen Stirn- und Schläfenlappen, von links nachswechtsäeemessen. . (., vr le Emm Grölste Breite der Grofshirnpartie (Schläfenlappen) . . . 2 2 2 2 220.20..120 „ = Länge der Grolshirnpartie bis zum vordersten Ende des Stirnlappens . . . . 128 mm Entfernung vom Höcker, der zwischen den Zapfen auf der Unterseite liegt, bis zum obersten Punkt des Scheitels (Gehirnhöhe) . . 2 .2..2.2.2.91 „ Entfernung der Sylvischen Spalte bis zur Spitze der Stimlappen . . 2 .2..2.....47 Unterseite. — Auf der Unterseite ist zwischen den beiden Ausgüssen wenig Verschiedenheit zu erkennen; allerdings sind die den hinteren Foramma entsprechenden Zapfen beim Ausguls des recenten Bison-Schädels dicker und den vorderen mehr genähert. Das Obertlächen-Relief des Kleinhirns ist im recenten Ausguls ebenso wenig zu er- kennen, wie im fossilen. Nach alledem möchte es wohl nicht zweifelhaft sein, dals der Schädelausguls aus dem mitteldiluvialen Sande vom Hefsler bei Mosbach nur dem Bison der mitteldiluvialen Fauna, dem Bison priscus, angehören kann. Die Malsunterschiede, welche eine bedeutendere Grölse des Schädelausgusses des fossilen Dison priseus, verglichen mit denen am Schädelausguls von Bison americanus, ergeben, mögen von spezifischen, z. T. auch wohl individuellen Eigentümlich- keiten herrühren. Den ersteren wird dann wohl auch das Vorkommen der kammartigen Wülste ! auf der Hinterseite des Scheitellappens des Schädelausgusses des fossilen Bison, ferner das Ausbleiben des Processus anterior und posterior fissurae Sylvii beizumessen sein. Die Angabe im Senckenbergischen Berichte 1895, S. LXXXIV u. S. 61 ist demnach nicht zutreffend, die Zugehörigkeit des fossilen Schädelausgusses zu Hippopotamus hat sich bei eingehender Untersuchung als irrig erwiesen. Der besprochene Schädelausguls gehört dem Bison priscus ZU. Es erübrigt mir nun noch, Herrn Professor Dr. Edinger für gefällige Unterstützung mit Litteratur verbindlichen Dank zu sagen. ı Aus dem Vergleiche des Schädelausgusses von Hippopotamus mit dem von Garrod abgebildeten Gehirn dieses Tieres erkennen wir, dafs die Kämme auf der Hinterseite des Schädelausgusses nicht von der Gestalt des Gehirnes herrühren, sondern von Höhlungeu auf der Innenseite des Schädeldaches dieses Tieres. Aulser den im Text notierten Abhandlungen über das Gehirn von Boviden behandeln dasselbe noch: Leuret et Gratiolet, Anatomie comparde du systeme nerveux considerde dans les rapports avec intelligence accompagnee du Atlas de 33 planches dessindes, Paris 1839—1857. Taf, III, Fig. 1 u. 2 und Taf. IX, Guillot, Exposition anatomique de l’organisation du centre nerveux dans les quatres classes d’animaux vertebres. Paris 1844, avec 18 Tabl. Taf. XV, Fig. 204. Huschke, Schädel, Hirn und Seele des Menschen und der Tiere nach Alter, Geschlecht und Rasse. Jena 1854. Taf. XI, Fig. 1. Il: Der linke Unterkieferast eines sehr jungen Mammut aus dem diluvialen Sand von Mosbach bei Wiesbaden. Taf. IV 2 und Taf. V 1 und 2 und 1 Abbildung im Text. Mit dieser Mitteilung möchte ich eine Unterlassungssünde gut machen, der ich mich schuldig fühle. Vor einigen Jahren (Senckenb. Ber. 1885/86, p. 145—160) habe ich einen hochinteressanten Mammutrest beschrieben, ohne der kleinen Arbeit die Abbildung des Ob- jektes, von dem sie handelt, beigegeben zu haben. Wie sehr sie dessen wert ist, ergiebt sich schon daraus, dafs, soweit mir bekannt, noch niemals der Unterkiefer eines so jungen Mammuts zur Abbildung gekommen ist, eines Unterkieferastes, in welchem noch intakt die zwei ersten Milch-Molaren stecken. Das Fossil ist der linke Unterkieferast eines ganz jungen Mammutkalbes aus dem diluvialen Sand von Mosbach-Biebrich. Wie die Mehrzahl der in diesen von Sandlöls bedeckten, mächtigen Sandablagerungen eingebetteten Säugetier- reste, so hat auch dieses Fossil eine licht gelbbraune Farbe und ist infolge des Verlustes der organischen Knochensubstanz sehr brüchig. Durch Tränken mit verdünnter Leimlösung gelingt es, den mürben Stücken wieder mehr Festigkeit zu geben. Unterkieferast. — Die Oberfläche des Kiefers ist allenthalben deutlich in der Längsrichtung fein gestreift. Bekanntlich haben die Elefantenmandibeln vorne eine vor die übrige breite Kinnlade auffällig vorspringende schnabelartige Spitze. Die Einbiegung auf dem Vorderteil der Aulsen- seite des Unterkiefers, mit der dieser schnabelartige Vorsprung anhebt, lälst denselben er- raten; leider ist derselbe in seinem vorderen Abschnitt abgebrochen. So ist denn auch die Fläche, in welcher die beiden Äste des Unterkiefers zusammen- treten, die sog. Symphyse, nicht vollständig erhalten. Aus der höckerigen Form der Symphysenfläche erkennt man, dals die Verwachsung der beiden Unterkieferäste noch nicht erfolgt war, ein Hinweis auf die grolse Jugend des Tieres, dem diese Unterkieferhälfte angehört hat, da dieselben bei manchen Pachydermen schon beim Neugeborenen zu einem Stück verwachsen sind. Der zahnlose Symphysenteil des Unterkiefers, der mit den zwei vordersten Backenzähnen besetzte Teil und auch noch die Partie des Unterkiefers, welche nach oben im Knochenfortsatze endigt, sind zum grölsten Teile erhalten. Aulser der schnabelartigen Spitze an der Symphyse ist auch die Spitze des breiten, bez. langen, weil in der Richtung der Kieferlänge sich dehnenden, niederen Processus eoronoideus abgebrochen. Gänzlich fehlt der hinterste Teil mit dem Gelenkkopf. Der äulsere Rand des Unterkiefers divergiert in seinem vorderen Teil stark nach hinten. Der Winkel, den die äulsere Randfläche hier mit der höckerigen Symphysenfläche bildet, beträgt ungefähr! 35° so dals die unmittelbar hinter der schnabelartigen Spitze ge- legenen Randtlächen einen Winkel von 70° umschlielsen. Wie weit die schnabelartige Spitze vorgezogen war, lälst sich freilich an unserem Stück nicht bemessen. Auf der Innenseite zeigt der Symphysenteil in der Mittelpartie emen ausgehöhlten Rand. In der Region des ersten Zahnes nimmt die Divergenz nach hinten ab, wächst da- gegen wieder, nach einer flachen Einbiegung zu urteilen, in der Region des Beginnes der dritten Alveole, also hinter dem zweiten Backenzahn. In der Region zwischen dem ersten und zweiten Backenzahn nimmt also am Anfsenrande die Divergenz nach hinten beträchtlich ab, so dals die mittleren Teile der Aufsenwände des Unterkiefers einen Winkel von ungefähr 45° einschliefsen. In der Region des Kronfortsatzes nimmt der Winkel der Aulsenwandungen noch mehr ab, so dals die Aufsenwand des Kronfortsatzes zur Symphysenfläche oder, was dasselbe ist, zur Medianfläche nahezu parallel wird. Ungefähr unter der Mitte des Symphysenteiles, d. i. des unbezahnten Teiles der Unter- kinnlade, sieht man ein Kinnloch, die äufsere Öffnung des vorderen Alveolarkanales; letzterer durchbricht die Kieferwandung und setzt auf der Innenseite derselben als ein ca. 15 mm langer, offener Kanal fort. Infolge von Abbruch sieht man ihn sich noch weiter nach hinten fortsetzen. Ein zweites äulseres Mandibular-Foramen sieht man weiter nach hinten, ungefähr unter der Mitte der Krone des vordersten Milchmolars. Der Symphysenteil ist schlank ı Das Lineal läfst sich an der höckerigen Symphysenfläche nicht mit Sicherheit so legen, dals es bestimmt die Richtung der nur kurzen Fläche einhält; es wurde daher das Mittel aus mehreren Malsen genommen, Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX = und bildet eine scharfe Schneide nach oben; diese steigt ziemlich steil zum Vorderrande der Alveole des ersten Zahnes empor. Zur Aufnahme der Backenzähne nimmt nun nach hinten die Kinnlade an Breite be- deutend zu: besonders in der Region des Alveolarraumes, in welchem sich der dritte Zahn (1 M M) entwickelt, ist sie aufserordentlich breit. Diese aulsergewöhnliche Verbreiterung der Unterkieferäste zeichnet die Proboseidier vor allen anderen Pachydermen aus. In der Mitte der Region des zweiten Zahnes, wo die äulsere Knochenmasse die Breiten- dimension stark beeintlulst, hat der Kieferast bereits eine Dicke von 47 mm, hinten, wo die den Zahn umhüllende Knochenschale wesentlich dünner ist, aber eine Breite von ca. 53 mm. Leider ist der Processus coronoideus nur zum Teile erhalten. Nach einem mir vorliegenden, ebenfalls sehr jungen Unterkiefer von Elephas africanus kann man unter der Voraussetzung ähnlicher Formverhältnisse den wahrscheinlichen Ort der Spitze des Kronfortsatzes ungefähr beurteilen. Hiernach ist die Entfernung des noch vorhandenen oberen Vorderrandes der Unterkinnlade bis zum wahrscheinlichen Orte jener Spitze ca. 170 mm. Ich füge noch einige Malse bei, die aus den Abbildungen nicht genau erkannt werden können: Die geringste Dicke in der Mitte des Symphysenteiles des Unterkiefers milst 10,0 mm Die geringste Dicke, die überhaupt der Symphysenteil hat . . .... LO) er Die betr. Stelle liegt etwas unterhalb der Mitte des auf der Innenseite ver- laufenden Kanales. Entfernung des oberen Teiles der Symphyse von der Mitte des vorderen Foramens, aulsen gemessen ER EMI Pr ER >) re Diejenige vom zweiten Foramen a N 15 Entfernung der beiden Foramina von einander . 2 2 2 22020.20...400 „ Groölste ElöhexderASymphyser 0.020 > Ver Die Tiefe, d. i. die Dimension von vorne nach hinten, kann nicht gemessen werden, da die schnabelartige Spitze abgebrochen ist. Länge des Symphysenteiles (Entfernung des Oberrandes der Symphyse vom vorderen Alveolarrande) u ER SIVTE Geringste Höhe des Symphysenteiles . . »- » . 2 2 2 2 2 nn. 880 „ Höhe des vorderen Alveolarrandes über der Unterseite der Kinnlade . . 540 Höchste Spitze des ersten Zahnes über der unteren Kieferwand er Von der höchsten Spitze des zweiten Zahnes nach unten . . 22......60,0 Entfernung des oberen Teiles der Symphyse bis zur vorderen Basis des aufsteigenden Kronfortsatzes ..:..0.2. 0 ame .En Eu ne Bea Ve a —_ Zähne. — Der erste vordere, kleinste Backenzahn, dessen Achse stark nach hinten geneigt ist, hat eine dicke, ungefähr dreieckige Krone, die stark gegen die zweizackigen Wurzeln abgeschnürt ist. Die hintere Wurzelzacke steckt ziemlich senkrecht im Kiefer, während die vordere nach vorne geneigt ist. Die Krone hat im Grundrils ungefähr die Form eines Dreiecks mit verrundeten Ecken, derart, dals die grölste Seite (ca. 23 mm) dem Aufsenrande, jedoch nicht demselben parallel, entlang läuft, die nächst grölste Dreiecksseite (ca. 20 mm) dem Innenrand des Kieters parallel ist und die etwas kürzere dritte (ca. 19 mm) fast senkrecht zur Längsachse des Kieferastes nach aulsen gestellt erscheint. Die Spitze des Dreiecks liegt also nach Erster Milchmolar. hinten. Die höchste Höhe der Krone milst ungefähr 20,5 mm. von oben gesehen. Dieser Zahn erinnert durch seine gehäuften, zitzenförmigen Höcker Braursen, oirdmne, Whinten an hintere Oberkiefermolaren von schweinsartigen Tieren. In der i innen. hinteren Partie des Zahnes zeigen sich die zitzenförmigen Höcker deutlich in drei Reihen geordnet. Die hinterste Reihe ist durch ein sehr niederes Höckerchen vertreten, die zwei folgenden je durch drei Höcker, doch sind die Höcker der drittletzten Reihe wesentlich höher als die der zweitletzten. Die meisten vorderen Höcker halten die Höhe der Höcker der drittletzten Reihe ein. Die nächste Platte nach vorne ist nicht gerade, sondern nach hinten etwas ausgebogen; die davor liegenden Höcker erscheinen in keinem so deutlichen Zusammenhange, ein paar zwischenliegende Höckerchen machen die Anordnung unklar, dagegen zeigen sich die vordersten Höcker ziem- lich deutlich zu einer Platte gehörig. Die Höcker sind nicht immer gleich hoch. Pohlig, der sich in seiner grolsen Arbeit über die Dentition und Kraniologie des Elephas antiquus ete. I. Abschnitt (Nova Acta Band LIII Nr. 1 p. 83) auch über die Bildung der zwei Zähne des hier besprochenen Unterkieterastes äufsert, falst dieselben in folgender Notiz kurz zu- sammen: Der vorderste Zahn enthalte nicht weniger als x 4 x Platten in !0,023><0,019 m! Nach der Bildung dieses Zähnchens, welches also der erste Milchmolar oder 5 M _M (Pohlieg) ist, hält es Pohlig für wahrschemlich, dals es nicht dem Elephas primigenius-Typus, sondern dem Elephas primigenius trogontherii Pohl. zugehöre. Grolse Übereinstimmung zeigt der eben besprochene Zahn mit dem von Pohlig (l. e. p. 82) im Text abgebildeten, eben- falls linken mandibularen vordersten Milchzahn aus dem (?) Löls von Egeln. Was die grolse Jugend des Tieres, dem der vorliegende Kiefer angehört hat, am deut- lichsten demonstriert, ist, dals man an den zahlreichen zitzenförmigen Höckern kaum eine Ab- Dx bj — 200 nützung beobachten kann. Ob kleine Grübchen in der Spitze der 3—4 höchsten Höcker durch Abnützung entstanden sind, möchte ich bezweifeln; es sind nämlich auch solche auf tiefliegenden Spitzen von Höckern des zweiten Zahnes zu beobachten, auf Höckern also, die bedeutend überragt werden von solchen, die absolut keine Spur einer solchen Grube oder einer Abrasionsfläche besitzen, sogar auf Höckern, die, ihrer Lage zum Oberrande des Kiefers nach zu urteilen, noch gar nicht durchgebrochen waren. Das Tier suchte also, wenn es überhaupt schon ge- boren war, nur an der Mutterbrust seine Nahrung. Über das Alter des Mosbacher Mammut- kalbes giebt vielleicht ein ungefähres Urteil ein von Dr. Rüppell bei Massauah erbeuteter Jugendlicher Klephas africanıs. Nach Mitteilung des Herrn Th. Erckel, des Begleiters von Dr. Rüppell, hat letzterer das Tier, das bei seiner Gefangennahme höchstens zwei Wochen alt war, noch 8 Tage lebend erhalten. Ans den Malsen, die ich an den vordersten Milch- molaren dieses Elephantenkalbes nahm, ergiebt sich (Senckenb. Ber. 1885'86, p. 157), dals, wenn man das Wachstum der beiden Neugeborenen — bei Elephas primigenius und Elephas africanus — in den ersten Wochen als gleich annimmt, wofür ich freilich keinen Beweis habe, dafs also das Mammutkalb etwas älter war, als das drei Wochen alte Africanuskalb. Das steht sicher, dals der Altersunterschied ein geringer ist. Der zweite Zahn, nach Pohligs Bezeichnung 2 M M, also der zweite oder mittlere Milchmolar, ist ein ganz charakteristischer Elephantenzahn. Die Platten sind nach oben mit Schmelz abgeschlossen, haben also noch kaum eine Abrasion erfahren. Die einzelnen Qnerjoche lassen allenthalben die Höcker erkennen, aus denen sie durch seitliche Verschmelzung hervorgegangen sind. Der Zahn scheint noch zum eröfsten Teil im Kiefer versteckt gewesen zu sein. Die einzelnen Querplatten sind auf ihrer Quer- und Schmalseite von oben nach unten gestreift; sie sind von schmalen Rinnen durchzogen, die von den Höckerspitzen ausgehen: dasselbe findet auch beim vordersten Milchmolar statt. So erklärt sich die Runzelung der Schmelzbleche auf ihrer Abrasionsfläche. Von den zehn Querplatten sind die vorderste und die hinterste nicht allein die schmalsten, sondern auch die niedrigsten; die der vordersten unmittelbar folgende und die der hintersten unmittelbar vorausgehende (uerplatte sind höher und breiter; sie erreichen aber noch nicht die Höhe der zwischen ihnen liegenden. Von den letzteren mögen wohl die 2-—-3 vordersten schon durchgebrochen gewesen sein. Pohlig (l. ec. p. 83) falst die Bildung dieses Zahnes in folgender Formel zusammen: x 8 x in 0,07 m Kronenlänge. Fe, ‘ Die vorderste Querplatte hat nur 3, die hinterste 6 Höcker: auf den übrigen Platten sitzen 9—10 ungleiche Höcker. Die vier vorderen und die drei hinteren Platten stehen sich näher als die mittleren. Während die vier vorderen eine senkrechte Stellung haben. nimmt die Neigung der hinter ihnen liegenden Platten nach hinten und unten mehr zu, je weiter sie nach hinten gelegen sind. Die Länge des eben besprochenen zweiten Milchmolars beträgt 74 mm, die Breite desselben läfst sich mit Sicherheit nicht messen, da der Zahn von beiden Seiten und zum Teil nach oben von Kiefermasse umfalst ist, die mit ihrem scharfen Rande gegen den Zahn gebogen ist. Die achte Querplatte hat eine Breite von 32 mm; es mag dies wohl nahezu die grölste Breite der Querplatten des 2 M M sein. Im geräumigen, hohlen hinteren Teile des Kiefers lag ursprünglich, als mir Herr Coridass in Mosbach die Stücke übergab, die ich in der Folge verbunden habe, noch eine lose Platte von 39 mm Breite; sie hat jedenfalls dem hintersten Milchmolar 7 MM angehört; sie ist aber auf eine mir unbekannte Weise verloren gegangen. Zum Schlusse bemerke ich noch, dals meine frühere, hier z. T. rekapitulierte Arbeit über das hier besprochene Kieferfragment Vergleiche mit dem vorhin erwähnten jungen Elephas africanus aus Massauah enthält, die spezifische Unterschiede der beiden Elephanten- arten ergaben. I. Geweihreste aus dem untermiocänen Hydrobienkalk vom Hessler bei Mosbach-Biebrich. Taf. VI 1—6. Unter dem Genusnamen Palaeomery.x hat unser berühmter Palaeontologe Hermann von Meyer einige fossile Wiederkäuerformen mit hirschähnlichem Gebils zusammengefalst; für dieses Genus hat er im Zahnbau charakteristische Merkmale erkannt. Sie bestehen darin, dals die unteren Molaren auf der Aufsenseite hinter dem ersten Halbmond ein Fältchen oder Wülstchen besitzen, das von der Spitze desselben steil nach unten und hinten sich erstreckt: dann besitzen dieselben Zähne auch auf der Aulsenseite zwischen den beiden Halbmonden ein Basispfeilerchen, und endlich enthält das Gebils beiderseits einen langen, vorragenden, seitlich zusammengedrückten, sichelförmigen, oberen Eckzahn. v. Zittel hat in seinem Handbuch der Palaeozoologie, Bd. IV, p .395—397 das Genus ’alaeomeryz x. Meyer in 5 Genera zerspalten, in Amphitragulus Pomel, Dremotherium (seoftroy, Mieromeryx Lartet, Palaeomeryxw s. str. v. Meyer und Dieroceras Lartet. Fossile Stirnfortsätze aus dem Miocän. — H. von Meyer war S. Z. so sehr von der Geweihlosigkeit seines Palaeomeryx-Genus überzeugt, dals er bezweifelt hat, dals zu den Palaeomeryx-Kiefern aus dem oberen Sülswasserkalk von Steinheim bei Heiden- heim die ebendaselbst gefundenen Geweihe gehören. Die Zusammengehörigkeit hat jedoch O0. Fraas (Württemberg. Jahreshefte 1862, pag. 113, Taf. II und 1870, pag. 244— 251, L pag ’ ji Taf. XI) völlig sichergestellt. Fraas bezeichnete diese Geweihreste damals als die ersten, geologisch ältesten (Geweihreste, die man von Cervieorniern kannte, und hob hervor, dals man aus älteren Schichtgebilden überhaupt noch keine Tiere kenne, deren Schädel durch einen Stirnzapfen geschmückt waren. Die Steinheimer Geweihe sind in den verschiedensten Entwickelungsphasen gefunden worden. vom Spielser bis zum Gabler, bei welch letzterem zur Stange noch die Augensprosse hinzukommt. Die letztere Form hat Fraas mit dem Geweih des Muntjak (Cervulus) der heutigen Lebewelt verglichen; doch wirft der Muntjak sein Geweih periodisch ab, was beim Steinheimer Palaeomeryx (Dieroceras) nicht stattfand. Später sind Geweihfunde auch in Frankreich gemacht worden und zwar in den Sables de l’Orl&anais' in Thenay bei Pont Levoy (Loir et Cher). Die von dem Abbe Bourgeois und dem Abbe Delaunay aufgefundenen Stücke werden im College de Pont Levoy auf- bewahrt. Diesen Geweihstücken geht völlig die Wulstung ab, die zur Bildung der Rose führt. Nichtsdestoweniger zeigen diese Stirnfortsätze zwei bis drei Sprossen. Gaudry hat sie in „Les Enchainements du Monde Animal“, 1878, Mammiferes tertiaires, pag. 37—8U beschrieben, in Fig. 100 abgebildet und als Procervulus aurelianensis aufgeführt. v. Zittel stellt (I. e. p. 398) diese Geweihreste ebenso wie die Steinheimer zu Dieroceras Lartet, während sie Roger in seinem „Verzeichnis der bisher bekannten fossilen Säugetiere“ p. 66 (Jahresb. d. naturhistor. Ver. in Augsburg 1837) als Procervulus aurelianensis gesondert auf- führt. Er schliefst sich demnach wohl Rütimeyer (Abh. d. Schweizer. paläontolog. Ges., Bd. IV, 1877, p. 68) an, der gerade in dieser Form nicht sowohl einen Vorläufer des Cer»ulus sieht, als vielmehr eine Zwischenform zwischen Hirsch und Antilope; Rütimeyer nennt daher auch die Stirnaufsätze des Procervulus Gaudry „(reweihhörner“, d. h. bleibende, aber zur Verästelung schreitende, echte Supraorbitalaufsätze. Ähnliche Geweihe, wie sie von Fraas als Cerrus (Pulaeomeryx) furcatus Hensel von Steinheim beschrieben worden sind, hat Rütimeyer aus der oberen Sülswassermolasse von Heggbach und aus der Meeresmolasse von Baltringen in den Abh. d. Schweizer. paläontolog. Gesellschaft VII, 1880, Beiträge zur natürlichen Geschichte der Hirsche, Taf. I u. II ab- gebildet. Aus der oberen Sülswassermolasse von Reisensburg bei Günzburg bildet Rütimeyer (1. c. Bd. VII, Tat. I, Fig. 2, 3, 4, 5) ein linksseitiges Geweih ab, einen Stirnfortsatz, der ohne Rose am oberen Ende einen Kranz von vier bis fünf kurzen, stumpfen Sprossen trägt, die zu einer plattenförmigen Ausbreitung des Hornzapfens radial gestellt sind. Jede Spur fehlt, die erkennen lielse, dals ein Abwerfen stattgefunden habe. Rütimeyer hat im IV. Band der Abh. d. Schweiz. pal. Ges. p. 68 dieses Geweihstück etwas näher beschrieben und zwar unter Dieranoceros. Probst erwähnt ein „Geweihstück vom Scherben bei Essendorf (Obermiocän), welches. obwohl von den Steinheimer Geweihen abweichend, ı Die Sables de l’Orl&anais sind der geologische Horizont, der unmittelbar der Etage von Saint-le- Puy (Allier) folgt. Repräsentiert letztere das obere Untermiocän, so stellen erstere das Mittelmiocän dar. ru eine rosenstockartige Ausbreitung an der Basis zeigt‘ (Württemb. naturw. Jahreshefte 1879, p. 291). Aus den obermiocänen Ablagerungen von Sansan hat Gervais schon in seiner Zoologie et Paleontologie francaise, I. Edition einen Stirnfortsatz unter Antilope dichotoma aufgeführt und in II. Edition, 1859, Atlas Taf. 23, Fig. 4 u. 4a abgebildet; auf pag. 151 führt er ihn daselbst unter Dicrocerus ? erassus Lartet auf. Das mag wohl die erste Beobachtung eines Stirn- fortsatzes an einem tertiären Tier gewesen sein. Von Sansan sind auch noch andere Ge- weihe und zwar von der Bildung der Steinheimer bekannt. Diejenigen aus dem Falun d’Anjou, aus dem Eppelsheimer Sand und vom Mont Leberon sind schon von jüngerem als miocänem Alter (Les Enchainements ete., Mammiferes tertiaires, par A. Gaudry, p. 84 u. 85). Untermiocäne Geweihreste. — Durch den Ankauf von Säugetierresten aus dem untermiocänen Hydrobienkalk vom Helsler! bei Mosbach-Biebrich, welche der ehemalige Verwalter der Dyckerhoft’schen Brüche daselbst, Herr H. Lauber, gesammelt hatte, kamen wir in den Besitz von vier (reweihfragmenten. Hierüber habe ich eine kurze Notiz im Sektionsbericht (Senckenb. Ber. 1892, p. LXXXVII) gegeben. Zwei dieser Fragmente von chokoladenbrauner Farbe stammen aus einem thonigen Lager (Taf. VI, Fig. I u. 2); die zwei anderen Geweihbruchstücke sind dagegen von graulich- weilser Farbe und kommen aus einer kalkig-mulmigen Schichte (Taf. VI, Fig. 3—6). Die zwei veweihstücke aus thonigem Lager. — Der Erhaltung entsprechend konnten besonders die zwei ersteren Stücke den sicheren Beweis liefern, dals es sich hier um Greweihstücke, bezügl. Stirnfortsätze, handelt, dals sie also nicht etwa versteinerte Pflanzen- stengel oder -Äste sind, wie sie z. B. nicht selten im oberoligocänen Landschneckenkalk bei Flörsheim sich finden. Freilich widerspricht schon die Skulptur der kalkigen Stücke dieser Annahme völlig; sie können, danach zu urteilen, nur als Geweihstücke gelten. Nichtsdesto- weniger liels ich von dem dickeren Fragment (Taf. VI, Fig. 1) aus dem thonigen Lager einen Dünnschliff herstellen. Derselbe zeigt denn auch deutlich im Querschnitt die Havers’schen Kanälchen in konzentrisch struierter Substanz (Havers’sche Lamellen), in der in ziemlich ge- setzmäfsiger Anordnung die Knochenhöhlen verteilt sind. Durch Ausfüllung, wahrscheinlich ! Die Sohle des Steinbruches daselbst, in welchem die Hydrobienschichten in einer ungefähren Mächtigkeit von 25,5 m abgebaut werden (die Oberfläche derselben ist eine denudierte), liegt noch 29 m über einer von Corbiculen ganz erfüllten Bank; in den Schichten über dieser Bank ist kanm eine Schale dieser Bivalve gefunden worden. mit Brauneisen, sind auch die von den Knochenhöhlen ausgehenden Knochenkanälchen pracht- voll sichtbar. Aus der so erwiesenen Knochenbildung ist ersichtlich, dals das betr. Stück ein Teil des Stirnfortsatzes (Rosenstock) ist. Besonders das Fragment Taf. VI, Fig. 1, zeiet entsprechend der Bildungsgeschichte der Geweihe infolge der Korrosion ein seltsames Balkenwerk von längs- und querliegenden Balken. deren zahlreiche. röhrenförmige Seitenäste abgebrochen erscheinen, so dals die Balken mit vielen Löchern besetzt sind, nach Art der Poren einer Spongie. Auf der Seite des Stückes, welche abgebildet ist, erscheint die Oberfläche der Länge nach unregelmälsig parallel gestreift. indem zwischen Längsrippen Längsfurchen hinziehen. Eine andere Thatsache, als die, dals uns aus dem Untermiocän ein Geweihstück vor- liegt, kann das dicekere braune Stück (Taf. VI, Fig. 1) nicht liefern; es zeigt aulser dem oben Aufgelührten keine Merkmale, welchem Teile des Geweihes es entstammt. Das dünnere Stück aus thonigem Lager (Taf. VI, Fig. 2) läfst dieselbe Struktur wie das dickere erkennen. Während das letztere ungefähr von eylindrischer Gestalt ist, hat das dünnere Stück mehr die Gestalt eines vierseitigen Prismas mit abgerundeten Kanten. Dieses Säulchen ist nach einer Seite schwach verjüngt, undan der schmalsten Stelle sieht man eine Ausbiegung nach aulsen; es folet ihr dann plötzlich eine Verbreiterung, wie wenn hier auf den Rosenstock die Rose oder eine Abzweigung davon folgte. Eine Gewilsheit hierüber ist jedoch an dem Stück nicht zu gewinnen. Eine Streifung sieht man an ihm nicht. Spielsförmiger Stirnfortsatz. — Das auf Taf. VI, Fig. 3 dargestellte Geweih- stück ist von ziemlich drehrunder Gestalt, nimmt aber an Dicke nach oben hin etwas ab, so dals es die Gestalt eines sehr gestreckten Kegels hat. Die gröfste Breite (am unteren Ende) beträgt 20,5 mm, die geringste Breite (am oberen, noch unverletzten Ende) 13,0 mm. Am unteren Ende sieht man übrigens eine schwache Ausbiegung nach aulsen, als sei der Ansatz auf dem Stirnbein sehr nahe. Leider ist die Spitze nicht erhalten; ihr wahrschein- licher Ort lälst vermuten, dals das ganze Greweihstück eine Länge von 120—125 mm hatte. Das Geweihstück ist jedoch nicht gerade, sondern lälst eine zweimalige schwache Biegung erkennen, derart, dals die Vorderseite der unteren stärkeren Hälfte schwach nach aulsen, die Vorderseite der oberen Hälfte schwach nach innen gebogen ist. Wie oben die Spitze des Geweihes fehlt, so mangelt unten auch die Ansatzstelle an das Stirnbein. Wie oben bemerkt, werden wir uns jedoch das Stück nach unten nur wenig länger zu denken haben. Der Gestalt nach können wir in dem vorliegenden Objekt nur das Fragment eines Spielsergeweihes sehen. Von den Spielsergeweihen aus dem Obermiocän von Steinheim — Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 4 on es sind dies die, soweit bisher bekannt, geologisch ältesten Spielsergeweihe — unterscheidet sich das Spielsergeweih aus dem Untermiocän vom Hefsler in manchen Punkten. Die Spielser von Dieroceras furcatum sind seitlich zusammengedrückt (Fraas, Württemb. naturw. Jahresh. 1572, Taf.XL, Fig.l u. 2) und besitzen eine ziemlich feine. ungefähr parallel laufende Streifung ; nach der Spitze zu werden allerdings die Furchen tiefer und dadureh die zwischen ihnen liegen- den Striemen höher und auch breiter: man kann sogar nahe der Spitze sehr kleine Knötchen auf einigen Striemen beobachten. Beim untermiocänen Spielser ist die ursprüngliche Ober- tläche nur noch an wenigen Stellen erhalten: hier erscheinen die Striemen und Furchen (Ge fälseindrücke) breit. Die durch Verwitterung freigelegte innere Struktur wird wenig von der Gestalt der ursprünglichen OberHäche differieren. Die niederen, längslaufenden, breiteren Striemen sind auch hier nicht exakt parallel. sondern schwach wellig verlaufend, nähern sich einmal und entfernen sich wieder von einander, so dals die Furchen das Bild eines Netzes aus längsgestreckten, spindelförmigen Maschen bieten. Die Oberflächenskulptur bleibt von unten bis oben gleich: nur an einer Stelle, in der ungefähren Mitte des Spielses, tritt durch stärkere Wulstung ein kräftiger Knoten hervor. Es zeigt sich also, soweit wir den untermiocänen Spielser übersehen, keine Spur einer Rosenbildung. Die Grölse des Spielses lälst ein ziemlich grolses Tier vermuten, etwas grölser als das Dieroceras furcatum von Steinheim. Nach der Gröfse der Zähne, Kiefer, Astragali ete. des grolsen Palaeomeryr aus dem Hydrobienkalk des Helslers, welche wohl zweifellos zu den Geweihstücken gehören, zu urteilen, muls man dagegen den grölseren Gervulinen-Spielser aus dem Untermiocän für kleiner halten als das Dieroceras furcatım von Steinheim, welches nach Fraas dieselbe Grölse besitzt wie der Virginische Hirsch. Rosenstockähnlicher Stirnfortsatz, wahrscheinlich mit Gabelgeweih. — Was wir oben von dem Fragment Taf. VI, Fig. 2 sagten, dals das säulenförmige Stück an beiden Enden sich verbreitert. tritt bei dem auf Taf. VI, Fig. 4, 5 u. 6 abgebildeten Stück wesentlich deutlicher in die Erscheinung. Seime (Gestalt ist eylindrisch und zeigt sich nur auf einer Seite schwach komprimiert. Grölster Querdurehmesser Dicke) . or ron Kleinster. Querdurchmesser (Dicke) 2 Zr VD Breite am unteren Ende a a he ED a Breite am oberen Fnde (gemessen vom äulsersten Knoten bis zu dem ihm gegenüberliegenden Punkt der starken Auftreibung) . 2. 2 22 222020. 165 5 Länge von den Knoten bis zum untersten Punkt . . . 2 .2.2...2.0.610 „ 27 a Die Öbertlächenskulptur stimmt mit der des eben beschriebenen Spielsers von Helsler überein: sie ist unregelmälsig rinnig, rippig: es trifft dies auch für die zwei Stellen zu, an welchen die ursprüngliche Obertläche erhalten ist. Auch hier sieht man einen stärkeren Knoten, doch liegt derselbe in der unteren Hälfte des Geweihfragmentes. Das Bemerkenswerteste ist an ihm, dals nahe seinem oberen Ende eine starke Auf- treibung auftritt, und dafs dieselbe, wenigstens auf einer Seite, mit drei Knoten oder Perlen (Taf. VI, Fig. 4, 5 u. 6) beginnt. Von jedem dieser Knoten geht nach oben und nach unten ein kräftiger abgerundeter Striemen ab: zwischen je zwei Striemen befindet sich eine breite, abgerundete Furche. Nehmen wir an, die drei Perlen wären auf der einen Seite der Beginn einer Rosenbildung, so wäre also die Rosenanschwellung bei diesem Geweih eine unvollständige, da die Knotenbildung nicht auf die andere Seite fortsetzt. Eine bedeutende wulstige Auf- treibung, die in der Linie der drei Knoten liegt. setzt allerdings auf die andere Seite fort; auf letzterer sieht man aber dann nur kräftige Striemen aufsetzen, die keine oder nur ganz undentliche Knoten besitzen. Vergleichen wir unser Objekt mit dem von Fraas (l. e. Taf. XI, Fig. 3 u. 4) und mit dem von Rütimeyer (l. e. Bd. VII, Beitr. z. Gesch. d. Hirsche Taf. II, Fig. 3) abgebildeten Geweih von Dieroceras fwrcatum, so wird die Vermutung nahe gelegt, dals der obere Teil des Helsler Stirnfortsatzes einen gabelartigen (Greweihaufsatz besals, da die Gestalt der Vor- derseite der starken Anschwellung den Ansatz einer Augensprosse anzudeuten scheint. Ich habe es durch eine punktierte Linie angedeutet. wie ich mir die Gestalt des Geweihes vor- stelle, dessen Rosenstock unser Objekt ist. Hoffen wir, dafs bald andere Funde über diese Frage der Bifurkation bei den untermiocänen Geweihen Gewilsheit geben. Vielleicht am nächsten steht unserem Fragment das von Probst in der Molasse von Heggbach gefundene Geweihstück, das freilich sehr defekt ist (Rütimeyer l. e. Bd. VII, Beitr. z. natürl. Gesch. d. Hirsche, Taf. II, Fig. 5). Ein Abwerfen des Geweihes fand hier so wenig statt wie bei Dieroceras furcatum, auch mag wohl das Geweih zeitlebens mit dem Bast bedeckt geblieben sein. Nach der oben angezogenen Abbildung von Fraas (Taf. XI, Fig. 3), dann auch nach dem in den Württemb. naturw. Jahresheften 1862, Bd. 18, pag. 120 Dargelegten sind bei Palaeomeryx furcatus die Perlen auf der Innenseite kräftiger als auf der Aulsenseite. Dem entsprechend wäre unser Stück ein linksseitiges, was auch mit der Stellung der ev. Augen- sprosse übereinstimmt. 4* unge. Unser Helsler Geweihstück repräsentiert wohl die Phase der Entwickelung des Ge- weihes, welche von derjenigen, in der ein Abwerfen begann, noch entfernter liest, als wir dies aus den muntjakartigen Geweihen von Steinheim erkennen; an den letzteren fand doch immer- hin eine rosenartige Knochenwucherung ringsherum statt, was also zur Bildung eines Knoten- kreises führte, wenn anch ein Abwerfen bei ihnen nicht erfolgt ist. Wie beim Muntjak sich individuell die Zahl der Perlen an der Rose mit dem Alter mehrt, so hat eine Mehrung derselben auch bei der Weiterentwickelung der Gervieornier überhaupt stattgefunden von der Untermiocänzeit bis heute — von der Untermioeänzeit, zu welcher auf dem (reweih da- maliger Hirsche nur wenige Perlen aufgesetzt wurden. In der Bildung der drei Knoten auf dem Hefsler Geweihstück dürfen wir also den ersten, bescheidenen Anfang einer Rosen- bildung erkennen. Nach der Bildung der nunmehr bekannten ältesten (reweihreste, die uns also der Bruch am Helsler geliefert hat, zu urteilen, hat die Greweihbildung schon vor der Unter- miocänzeit begonnen, da sich zu dieser Zeit der Spielser schon zu einem Tier mit wahr- scheinlich einfach gegabeltem (reweih weiter entwickelt hatte, jedenfalls zu einem Tier, dessen Stirnfortsatz nahe seinem Ende schon Perlenbildung besals. Die Entwickelung des Geweihes begann jedenfalls mit der Spielserphase, die uns in der heutigen Lebewelt noch im südamerikanischen Spielshirsch (Coassıs) ebenso erhalten ist. wie die Phase mit einfach gegabeltem Geweih in den Muntjaks der Sundainseln. Coassus hat übrigens auch aufserdem noch 'Oharaktere des Palaeomeryx v. Meyer. Für die obige Bemerkung spricht, dals wir aus dem oberoligocänen Landschneckenkalk bei Flörsheim in der Sammlung Reste haben, die zu der v. Meyerschen Gattung Pulaeomeryx gehören. Trotz der starken Korrosion glaube ich nämlich an den Unterkiefermolaren doch das charakteristische Palaeomeryx- Fältchen oder Palaeomeryx-Wülstchen (Rütimeyer, Abh. d. Schw. pal. Ges. 1885, Bd. X, Beiträge zur (resch. fossiler Hirsche, II. Teil, p. 85, Taf. IX, Fig. 42—43) deutlich zu erkennen. Nochmals möchte ich darauf hinweisen, dals auf den fossilen Stirnfortsätzen aus dem Obermioeän von Steinheim u. a. O., wie aus den mittelmioeänen Sables de l’Orleanais die Furchung oder Streifung durchaus eine ziemlich feine ist, während die Striemen und Furchen bei den untermioeänen Stirnfortsätzen vom Helsler ziemlich grob entwickelt sind. Am Rosenstock eines Spielsers von Cervus elaphus im Senckenbergischen Museum sind übrigens ähnliche derbe. breite Striemen zu beobachten. 3 Bestimmung der Gattungen, welchen die Geweihreste vom Hessler zuzuzählen sind. Was uns nun noch zum Schlusse zu beschäftigen hat, ist die Besprechung der Frage, welchen Üervinen oder Cervulinen die Geweihreste vom Helsler angehören. Von Wieder- käuerresten besitzen wir vom Helsler: einzelne Zähne in grölserer Zahl, zwei fragmentäre Unterkieferäste, den Molarteil einer Oberkieferhälfte mit dem hintersten Praemolar, mehrere hintere Canons, zahlreiche Astragali ete. Vor allem ist ersichtlich, dals diese Reste zwei Arten angehören und zwar einem mittelgrolsen und einem kleinen Palaeomeryx v. Meyer. Die entsprechenden Skeletteile der kleinen Form sind einander völlig gleich, ebenso wie die der grolsen untereimander völlig übereinstimmen. Skeletteile, deren Grölse zwischen den eben angeführten steht. befinden sich kaum in unserem Materiale. Zur Bestimmung des Genus stehen uns vor allem ein rechter Unterkieferast und hintere Canons der grölseren Art zur Verfügung. Leider ist dieser Unterkieferast nicht intakt, sondern in zwei Stücken vorhanden; das eine Stück enthält die beiden hintersten Molaren und die hintere Hälfte des ersten Molar: das andere Stück zeigt die drei Alveolen der Incisivs, das lange Diastema, die zwei Alveolen der vordersten Praemolaren, den dritten Praemolar (von vorne gezählt) und die Vorderwand der Alveole des auf ihn folgenden, also vierten Zahnes. Der Defekt ist nun leider an der Stelle, die für unsere Frage, ob der Kiefer einem Amphitragulus oder einem Dremotherium angehört, entscheidend sein könnte. Amphitragulus wird von v. Zittel u. a. durch den Besitz von vier unteren Praemolaren charak- terisiert, während der Unterkiefer von Dremotherium nur drei Praemolaren besitzt. Dals die Helsler Geweihe entweder dem Genus Amphitragulus oder dem (Genus Dremotherium oder vielleicht auch beiden angehören, scheint aus der Bildung der hinteren Metapodien, ! die wir aus den Hydrobienschiehten vom Helsler besitzen, mit Sicherheit er- sichtlich. Aus den Schlosser ’schen Studien scheint es sich dann auch zu ergeben, dals im Helsler die Canons von Palaeomeryx s. str. von Meyer, von Mieromeryx Lart. und von Dieroceras Lart. fehlen: aus denselben ergiebt sich auch. dals die Weisenauer Palaeomeryz zu Amphitragulus oder Dremotherium gehören.” "Schlosser, Morpholog. Jahrb. Bd. XII, pag. 65—67, Taf. III und IV. 2 Palaeomery& medius v. Meyer identifiziert Schlosser mit Amphitragulus pomeli Filh. — 30 Wenden wir uns nun der Betrachtung der Kieferreste vom Helsler zu zum Zwecke der Bestimmung, ob sie die eines Amphitragulus oder eines Dremotherium sind. Die zwei Stücke des Unterkiefers des grölseren Palaeomeryx vom Helsler zeigen a einem Teil der Aulsenwand, wenn auch nur auf eine Strecke von ca. 5 mm, den ursprüng- lichen Zusammenhang ganz zuverlässig. Legen wir nun an dieser Stelle die beiden Frag- mente entsprechend aneinander, so bleibt oben ein Zwischenraum, der für die vordere fehlende Hälfte des Mı fast zu grols scheint. Aus der Abbildung, dieRütimeyer (l. ec. 1885. Beiträge z. Gesch. d. Hirsche, I, Taf. IX, Fig. 41) für eine Reihe von Unterkieferzähnen von Dremotherium feignouxi giebt, ist aber ersichtlich, dafs Mı auf seiner Innenseite ge- streckter ist als M» und eine Länge von 14,5 mm im Kiefer beansprucht. Ganz so grols ist jener Zwischenraum nicht. So steht es sicher, dals der vorliegende Unterkieferrest vom Helsler nur drei Praemolaren besessen hat. Da es nun auch Amphitragulen giebt, die nu drei Praemolaren! haben, so ist damit noch nicht ausgeschlossen, dals der grölsere Palaeomerya vom Helsler doch ein Amphitragulus ist, wenn es auch wahrscheinlicher ist, dals er einem Dremotherium angehört. In letzterem werden wir durch andere Charaktere bestärkt. Rütimever legt bei der Charakteristik der beiden fraglichen Genera das Haupt- gewicht auf die Obertlächenbeschaffenheit der Backenzähne. Während nämlich bei Amphi- tragulus die Oberfläche der Backenzähne fast völlig glatt, also fast ohne Runzeln ist, besitzt dieselbe bei Dremotherium ziemlich grobe Runzeln. Nach der Oberflächenskulptur der Backenzähne des betr. Unterkiefers vom Hefsler könnte es nun nicht zweifelhaft sein, dals er einem Dremotherium angehört hat; diese Skulptur ist nämlich recht grob runzelig:; vielleicht noch derber ist die Runzelung an den Oberkiefermolaren vom Helsler, dienach Mals und exaktem Ineinandergreifen in die Molaren des Unterkiefers vom Hefsler höchst wahrscheinlich sogar den- selben Individuum angehören. Diese Oberkiefermolarreihe ist zudem nicht zu unterscheiden von der in Fig. 39? abgebildeten Molarreihe von Dremotherium feignouxi Geoftr. Pomel hebt für Amphitragulus die starken Mittelrippen auf der Aulsenwand der oberen Molaren und Prae- molaren hervor. Nach den Abbildungen Fig. 26 u. 27° zu urteilen, trifft dies bei den Ober- kiefermolaren des Palaeomeryx vom Helsler nicht in dem Malse zu. Ganz bestimmt zeugt der Umstand für Dremotherium. dals die Innenwand der unteren Molaren deutliche Mittelrippen ı Rütimeyer, 1. c. 1883, Beiträge z. Gesch. d. Hirsche, II, pag. 9, und Schlosser, Morphol. Jahrb. 1887, pag. 65. ® Rütimeyerl.c. 1883, Beiträge z. Gesch. d. Hirsche, II, Taf. VII, Fig. 39. 3 Ebendaselbst Fig. 26 u. 27. < - und Randfalten besitzt, während dieselben bei Amphitragulus völlig fehlen. Rütimeyer hebt denn auch hervor, dals die Kiefer und Zähne bei Dremotherium wesentlich gestreckter, schlanker sind, als bei Amphitragulus, bei welchem diese Organe gedrungen erscheinen. Besonders führt Rütimeyer noch die Kürze des Diastema! bei Amphitragulus auf. Folgende Malse lassen erkennen, dals das Diastema beim Unterkiefer vom Helsler als lang zu bezeichnen ist. Länge des Unterkiefers vom äulsersten Ineisiv bis zum letzten Molar (inel.) 123 mm ängesdessN).iastemam.s 7, „A SE a N ENT En. ae u Endlich sei noch erwähnt, dals bei Amphitragulus das Palaeomeryx-Wülstchen fast fehlt, während dasselbe an den Palaeomeryx-Molaren vom Hefsler sehr deutlich hervortritt. v. Meyer war es schon aufgefallen, dafs in den Abbildungen der französischen Palaeomerya jene charakteristische Falte nicht zu sehen war. Es kann nach alledem nicht mehr zweifelhaft sein, dafs der gröfsere Palaeomeryx vom Helsler ein Dremotherium ist, und dals also einem Dremotherium mindestens die in Taf. VI, Fig. 3, 4, 5, 6 abgebildeten Geweihreste zuzuzählen sind. ‚Zur weiteren Orientierung seien noch emige Malse? mitgeteilt: | | | | | Palaeomeryx | medius =pyg- | Dieroceras fur- maeus —minor)\ catum Hensel v. Meyer von Steinheim ® von Weisenau’? | Amphötragulus , Dremotherium elegans Pom. \ feignouxi Geoffr. v. St. Gerand- | v. St. Gerand- le-Puy® le-Puy ® \ Palaeomeryx v. Meyer vom Hefsler 1} 7, I} F zZ T 50 mm Untere Zahnreihe = 65 mm 70 mm | 70 mm ‘0 mm | Untere Molaren ca. 40,5 mm? ca. 36 mm 40 mm 2325 mm | 40 mm Die vorderen drei Me A | ar | | 2 27,5—30,0* | 30 mm — 20 mm 36 mm Praemolaren Zen Ms infer. 17,5 mm | 12—15 mm | 20 mm 11—12 mm 17 mm ı Das Diastema ist der zahnlose Zwischenraum vom äulsersten Ineisiv bis zum vordersten Praemolar. : In der Tabelle sind nur Malse, die den Unterkieferfragmenten des gröfseren Palaeomeryx vom Heisler entnommen sind, angeführt. Vom kleineren Palaeomeryx besitzen wir ein Unterkieferfragment, von welchem ich nur folgende Mafse mitteilen kann: Ms infer. 12 mm; M»-+ Ms infer, — 21 mm. 3 Die zwei hintersten Molaren messen der Länge nach 30 mm. * Vom grölseren Palaeomeryx besitzen wir noch ein Unterkieferstück, das jedoch nur die Prämolaren enthält; hier mifst diese Reihe 29,5 mm. °® Rütimeyer, Abh. d. Schw. pal. Ges, 1883, Beiträge z. Gesch. d. Hirsche, II, pag. 96. ® u. ” Ebendaselbst pag. 91. ® Ebendaselbst pag. 90. Aus dieser Zusammenstellung ergiebt sich. dals der grölsere Helsler Palaeomery« nicht zu Palaeomerye medius v. Meyer von Weisenau gehört, welch letzteren v. Zittel (l. e. pag. 396) unter Amphitragulus aufführt und mit der einen oder anderen Pomel’schen Art aus dem Untermiocän des Dep. Allier und der Limagne als wahrscheinlich identisch bezeichnet. Schlosser identifiziert (l. ec. Taf. IL, Fig. 17) Palaeomeryx medius v. Meyer mit Amphitragulus pomeli Filhol. Die grolse Übereinstimmung der Malse beim gröfseren Hefsler Palaeomeryz und beim Dieroceras furcatum von Steinheim dürfte, vor allem in Rücksicht auf das verschiedene geologische Alter, wohl nur einen Anhalt liefern, wie grols wir uns den gröfseren Greweih- träger vom Helsler zu denken haben, da man Dieroceras furcatum von Steinheim nach den Fraas’schen Publikationen genau kennt. Dremotherium feignowxei Greofttr. — Wenn wir uns schon oben vollständig über das (Genus versichert haben, zu welchem die grölseren Kiefer und die grölseren Geweihreste vom Helsler gehören, so scheint mir aber auch aus der obigen Tabelle mit Gewilsheit die Species ersichtlich. Mit Dremotherium feignouzi von St. Gerand-le-Puy stimmen ja alle Malse, die vom Helsler Tier genommen sind, fast völlig überein, so dals es höchst wahr- scheinlich ist, dafs dieses Tier Dremotherium feignowxri Geoftr. ist. Nach v. Zittel sind Dremotherium feignouxi Geoftv. und Palaeomerya scheuchzeri v. Meyer, welcher in Weiseuan vorkommt, dieselben Tiere, so dals also wenigstens, was einen Palaeomeryx von Weisenau und vom Helsler betrifft, Gleichheit konstatiert ist. Bei der Nähe der beiden Orte und dem nahezu gleichen tertiären Horizont, in welchem die betr. Reste gefunden sind, Tiefs sich dies eigentlich erwarten. Mit jener Identifizierung stimmt das Material gröfserer Palaeomery«- Backenzähne von Weisenau überein, welches das Senckenbergische Museum aus dem Nach- lals von Hermann von Meyer besitzt. Kräftige Runzelung und ein deutliches Palaeomeryx- Fältchen zeichnen die betr. Zähne fast durchweg aus. Über die hinteren Metapodien von Dremotherium feignouwxi möchte ich noch eine kurze Notiz geben, da unser Material vom Helsler daran ziemlich reich ist und dazu auf- tordert, wenn auch die Erörterungen Schlossers gerade über diese Organe fast erschöpfend sind. Aulser zwei Fragmenten von distalen Partien vom hinteren Canon besitzen wir vier, welche die proximale Gelenktläche zeigen. Unter diesen ist ein kleiner Unterschied zu beobachten. Bei zwei Exemplaren sind die seitlichen Metatarsalien II und V mit dem Canon völlig verschmolzen. bei den zwei anderen sind dagegen die zwei entsprechenden Metatarsalien II und V, wenn sie auch mit dem Canon völlig verwachsen sind, doch ihrer Gestalt nach noch gut zu erkennen, wie dies bei Gaudry (]. c., pag. 119. Fie. 154 C—F) von einem Dremotherium von St. Gerand-le-Puy, dann auch bei Schlosser, der es unent- schieden lälst, ob der Canon zu Amphitragulus oder zu Dremotherium gehört (1. ec. Taf. III, Fig. 11), zu sehen ist. Von den vorderen Metapodien besitzen wir eine proximale und eine distale Hälfte, An diesem vorderen Canon sieht man auf der Seite, wo das Metacarpale V hingehört, eine lange Rinne, welche seitlich ungefähr bis zur Mitte entlang läuft, so dals der V Mittel- handknochen demnach noch am proximalen Teil getrennt existiert hat. Gaudry (l. e. pag. 109, Fig. 142) bildet einen vorderen Canon von einem Dremotherium aus dem miocänen Kalk der Limagne ab; an ihm ist anch am proximalen Teil noch das V Metacarpale vor- handen; es ist aber hier am Canon angewachsen; es mag ungefähr so lang sein, wie der für das Metacarpale V bestimmte Eindruck am Helsler Metacarpus. An letzterem ist die proximale Gelenkfläche viel ausgeprägter, als sie Gaudry abbildet. Schlosser bildet (l. e., Taf. IV, Fig. 1 und 9) von einem Metacarpus von Amphitragulus? Dremotherium? von St. Gerand-le-Puy die Hinterseite und die proximale Gelenkfläche ab; die letztere stimmt mit der des Hefsler Metacarpus ganz überein, die seitliche Ansatzfläche für das V Metacarpale fehlt ihm dagegen. An der distalen Hälfte des Metacarpus, den wir vom Helfsler besitzen, ist keine Spur eines an den Canon anliegenden, seitlichen Metacarpale zu beobach- ten. Das Dremotherium hatte demnach wie Cervulus, Elaphus, Dama u. a. einen plesiometa- carpalen Cervidenfuls. Aus den Mitteilungen, die ich in dieser Abhandlung gemacht habe, ist ersichtlich, dals Dremotherium ein Geweih besals. So steht denn auch zu erwarten, dals St. Gerand- le-Puy ete. einen ähnlichen Fund bringen wird, wie er vor ein paar Jahren in den Hydrobien- schichten am Hefsler gemacht worden ist. Die Geweihreste, über die wir hier berichtet haben, sind ja auch die ersten, obwohl seit langer Zeit die Hydrobienkalke in zahlreichen, umfangreichen und mächtigen Brüchen gewonnen werden und die thonigen Hydrobienschich- ten auch in grofsen Baugruben ausgehoben worden sind. Aus dem Verhältnis der Zahl der Astragali zur Zahl der Geweihe aus dem Hefsler Bruch dürfte man wohl schliefsen, dafs zur Untermioeänzeit die Hirschkühe auch geweihlos waren. Wir besitzen vom grölseren Palaeomeryx neun Astragali, darunter acht linke und einen rechten. Kleiner Palaeomeryx vom Heflsler. — Vom kleinen Palaeomeryx haben wir vom Helsler sechs Astragali, drei linke und drei rechte. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. = Von diesem besitzen wir ein Unterkieferfragment, das, wie oben schon mitgeteilt worden ist, nur die zwei hinteren Molaren enthält. Nach der Runzelung der Oberfläche derselben, nach der relativen Länge und der deutlichen Entwickelung des Palaeomeryx- Fältchen zu urteilen, gehörte der Unterkiefer auch einem Dremotherium‘ zu. Welche Dremotherium-Art bei Wiesbaden neben Dremotherium feignouxi gelebt hat, weils ich nicht anzugeben. Pomel führt aufser Dremotherium feignouwxwi noch zwei Arten auf: Dremotherium nanuım Geofir. und Dremotherium traguloides Pomel. In der Annahme, dafs das kleine Rosenstöckchen (Taf. VI, Fig. 1) dem kleinen Palaeomeryx zuzuschreiben sei, gehen wir wohl nicht irre. Wenn die Sables de l’Orl&eanais auch zeitlich mit den oberen Hydrobienschichten des Mainzer Beckens übereinstimmen würden — thatsächlich sind sie jünger — so hielte ich doch dafür, dals die hier behandelten Geweihstücke die geologisch ältesten sind, die man kennt. Dieselben haben die Skulptur der wirklichen Cervicornier-Geweihe und, was das wesentlichste ist, die Bildung der Rose, an welche sich die charakteristische Eigentümlichkeit des Geweihes der pliocänen, diluvialen und recenten ÜÖervicornier — das Abwerfen — knüpft, tritt in dem einen Stirnfortsatz (Taf. VI, Fig. 4, 5, 6) durch Knotenbildung zum ersten Male auf. Es ist dies eine Bildung, welche bei den Stirnfortsätzen, die, wie bei den Antilopen von heute, dauernd mit Hornsubstanz, wie in einer Scheide steckend, bedeckt sind, nicht vorkommt. Die Stirnfortsätze von Thenay, die Gaudry dem Procervulus aurelianensis zuschreibt, gravitieren, ihrer Bildung nach zu urteilen, mehr nach den Stirnfortsätzen der Antilopen hin, wenn sie auch Sprossen besitzen. Aber auch die heutige Lebewelt besitzt im Dicra- noceros furcifer Nord-Amerikas eine Antilope mit gabeligem Horn; in ihm scheint die Ent- wickelungsphase, wie wir sie in Procervulus aurelianensis Gaudry kennen, noch erhalten zu sein. Bei Dieranoceros furcifer ist zwar der Stirnzapfen nicht gabelig; es ist aber denk- bar, dafs die Gabelung des Stirnaufsatzes seit der Miocänzeit allmählich verloren gegangen ist, während sich die des Hornüberzuges erhalten hat. In ähnlichem Sinne äulsert sich auch Rütimeyer (l. c. Bd. IV, Die Rinder der Tertiärepoche ete., p. 68) bezüglich des Procervulus aurelianensis, auch bezüglich des selt- ı Unter den Palaeomeryx-Zähnen von Weisenau, die von H. v. Meyers Hand als zu Palaeomery& medius gehörig bezeichnet sind (aus dem Nachlafs von H. v. Meyer im Senckenbergisshen Museum), möchte ich kaum einen zu Dremotherium zählen; sie zeigen alle Amphitragulus-Charakter, sehr auffällig die oberen Molaren, doch ist das Palaeomeryx-Fältchen bei den unteren Molaren fast immer deutlich zu erkennen. samen „Geweihhornes‘“, das er aus der oberen Sülswassermolasse von Günzburg besprochen und abgebildet hat. Zur Untermioeänzeit sind demnach wohl die Formenkreise der Üer- vicornier und der Antilopen auseinander getreten. So stellte Dremotherium den Ausgangspunkt der Cervicornier dar. Dremotherium erscheint heute als die älteste Hirschgattung, bis noch ältere Geweihreste ge- funden werden. Bei der relativ hohen Ausbildung des Geweihes zur Ohermioecänzeit bei Dieroceras, das vom Spielser doch schon zum Gabler mit Rose aufgestiegen war, liefs sich erwarten, dafs geologisch ältere Palaeomeryx-Formen schon Geweihe besessen haben. Dafs aber dies weder die aus den mittelmiocänen Sanden von Thenay, noch das von Günzburg waren, macht ihre differente Bildung sehr wahrscheinlich. Die letzteren scheinen einem etwas anderen Ge- bilde, als einem wahren Geweihe anzugehören. Die Funde vom Hefsler haben obige Voraus- setzung bestätigt, denn sie stellen wahre Geweihe, jedoch in einfacherer Entwickelung als die obermiocänen Geweihe von Steinheim dar. Immerhin scheint aber doch bei den Helsler Palaeomeryx das wahre Geweih schon zur Gabel entwickelt. In einer geologisch noch etwas früheren Zeit wird das Geweih der damaligen Tiere beim Spiels stehen geblieben sein. IV: Ein fossiler Giftzahn aus den untermiocänen Hydrobienschichten vom Hessler bei Mosbach - Biebrich. Drei Abbildungen im Text. Vor ein paar Jahren habe ich bei Durchmusterung von Schlemmmaterial aus thonigen Schichten des mächtigen Schichtenkomplexes der Hydrobienkalke vom Hefsler bei Mos- bach-Biebrich — in denselben, welche uns die eben beschriebenen Geweihstücke geliefert haben — das Giftzähnchen einer Schlange gefunden. Ich habe dasselbe im Zoolog. Anzeiger März 1892, p. 93, Nr. 385 beschrieben und dabei hervorgehoben, dafs also schon im Unter- miocän zweifellose Zeugen von mit Giftzähnen ausgestatteten Schlangen existiert haben. Ich habe schliefslich das Tier, von dem das Zähnchen stammt, Provipera boettgeri nov. gen. et sp. genannt. Über diesen Giftzahn ist hierbei folgendes gesagt: Er ist ein schlankes, oben offenes, von einem Kanal durchzogenes, am distalen Ende in einen schmalen Schlitz ausmündendes Zähnchen, dessen Spitze abgebrochen ist; doch sieht man die schlitzförmige Öffnung noch auf eine Strecke von °/ı mm. Die Länge. des Zähnchens ist 4,5 mm, sein gröfster proximaler Durchmesser, welcher einer etwas aufgetriebenen Partie angehört, ist ”« mm, sein distaler Durchmesser !/ı mm. Der Krümmungshalbmesser des gebogenen, im Querschnitt ziemlich kreisrunden Zähnchens ist ungefähr 5 mm. Im Zoolog. Anzeiger vom 13. Juni 1892, p. 224, Nr. 593 hat E. D. Cope, Phila- delphia, über meine Mitteilung einige Bemerkungen veröffentlicht. Ich bin dem berühmten Palaeontologen dankbar für die mir hierbei mitgeteilten Notizen, unter welchen mir eine neu war, nämlich die über den Fund des charakteristischen Oberkieferbeines und Giftzahnes einer Crotalidenart in dem Loup Fork (Obermiocän), Kansas. Dals Lartet über Giftzähne aus dem Miocän von Sansan, Gers, publiziert hat, habe ich übrigens nach v. Zittel, Hand- ; buch der Palaeozoolgie, III, p. 631 in meiner Mitteilung erwähnt. Cope hebt den charak- teristischen Giftzahn, auf den Lartet eine Vipernspezies gründete, hervor und erwähnt, dafs er ihn geprüft habe. Die „Notice sur la Colline de Sansan“, in welcher Lartet von den Giftzähnen von Sansan berichtet, war mir nicht erreichbar, und so unterrichtete ich mich, soweit möglich, aus Gervais, Zoologie et Paleontologie francaise, II. Edition 1859, p. 452.! Ich bemerke dazu, dals Gervais oder Lartet hinter „Vipera“ ein Fragezeichen macht, ferner dafs bei Gervais über die Charakteristik jener Zähne sehr wenig zu finden ist, obwohl gerade hierüber vor allem eine befriedigende Notiz zu erwarten war. Welcher Art die Charakterisierung jener Zähne durch Lartet war, darüber konnte ich mich eben leider nieht instruieren. Die Kenntnisnahme dieser Charaktere war mir um so wünschenswerter, da Professor Cope am Schlusse seiner „Remarks‘“ schreibt: „I wish to protest against the naming of the tooth by Dr. Kinkelin as a new genus and species without further comparative study than he has made. His statement „Ob der Zahn einer Viperine oder Crotaline angehört, ist nicht festzustellen“ is suffieient to indicate that neither species nor genus can be possibly described from the specimen in Dr. Kinkelin’s possession.‘“ Bevor ich auf diesen letzteren Passus näher eingehe, muls ich konstatieren, dafs ich mich in der Mitteilung von 1892 allerdings nicht präcis genug ausgedrückt habe, als ich mein Giftzähnchen als den ersten zweifellosen Zeugen der Existenz von mit „Giftzähnen ausgestatteten Schlangen“ bezeichnet habe. Ich wollte das Gewicht darauf legen, dals 1) der betr. Zahn vom Helsler ein zweifelloser Giftzahn ist und 2) dals er der älteste, also erste Giftzahn sei (soweit bisher bekannt), d. h. dals die bisher gefundenen Giftzähne aus ı Il ajoute, cependant, & ce quiil dit de cette espöce (Coluber sansaniensis) et de son Vipera ? sansaniensis: „Il peut se trouver encore dans les d&bris d’Ophidiens de Sansan quelque autre espöce dont je ne saurais assigner le rang g@nerique, Toujours est-il qu’aucune n’a dü depasser la dimension de nos plus grandes Couleuvres‘“ Dans le möme ouyrage (Notice sur Sansan) M. Lartet distingue, sous le nom de Vipsra sansaniensis, que nous venons de citer, une seconde esptce d’Ophidiens, dont il a parl& en ces termes: „J’inseris dans ce genre, mais toujours avec lamä&me röserve un Ophidien ä crochets venimeux et canalicul6s qui different peu, dans leur forme, de ceux de nos Viperes.“ Hierzu fügt Gervais: „Je n’ai pas vu ces crochets et je ne saurais dire non plus si les vert@bres de l’esp&ce venimeuse dont ils proviennent, sont au nombre de celles dont j’ai figur& trois formes differentes. Ces determinations delicates demandent des materiaux nombreux que je ne possede pas encore, quoique j’aie deja röuni beaucoup de pieces ost6ologignes relativement aux Ophidiens.“ Auch Bourgignat giebt in seiner Aufzählung der Fossilien von Sansan eine Vipera an, ohne sie näher zu definieren. u eg jüngeren Sedimenten herrühren, als der vom Hefsler. Ich dachte nicht daran, die Lartet’- schen Bestimmungen zu bezweifeln. Wie sollte ich zweifeln, dals zur Obermiocänzeit im Dep. Gers Giftschlangen existiert haben, wenn ich eben den Nachweis liefere, dafs schon zur Untermiocänzeit im mittleren Rheingebiet solche gelebt haben. Über die obigen zwei Punkte kann aber kein Zweifel vorhanden sein. Das Zähnchen ist ein Giftzähnchen und sein Fundpunkt ist das Untermiocän zwischen Mainz und Wiesbaden. Die Lagerstätten der Lartet’schen Giftszähne zählt man aber zum Obermiocän oder höchstens zum oberen Mittelmioeän. Was nun den Protest am Schlusse der Cope’schen „Remarks“ betrifft, so bin ich Herrn Professor Cope verpflichtet, da er mich nötigte, sichere Anhaltspunkte zu geben, ob mein Giftzahn einer Viperine oder einer Crotaline angehöre.. Weder aus den eventuellen Notizen Lartet’s, noch aus den Notizen Cope’s über die Lartet’schen Giftzähne ! konnte ich mich über die Charakteristik der Viperinenzähne unterrichten. Auch die Cope’sche Mitteilung über die Crotalide in dem Loup Fork in Kansas im American Naturalist 1880, p. 141 konnte ich diesbezüglich nicht beraten. Ich habe überhaupt über diesen Gegenstand in der Litteratur keine entsprechenden Notizen gefunden. Eine Charakteristik, auf die mich Herr Dr. L. Kathariner in Würzburg, den ich auf den Rat von Professor O. Boettger in dieser Sache beriet, da er eben über den Bau der Schlangenzähne arbeitet, hinwies, konnte mich nicht fördern. Nach Owen (Ödontography, Taf. 65, Fig. 8 u. 9, p. 229) erscheint nämlich bei Orotalus die Zahnspitze eigentümlich abgebogen, während sie bei Vipera ganz gerade verläuft. Wie oben erwähnt, ist eben bei meinem Giftzähnchen die Spitze abgebrochen. Die liebenswürdige Antwort des Herrn Dr. Kathariner auf meine Frage, wie sich ein Viperinen- und ein Crotalinen-Giftzahn unterscheide, enthält weiter folgende Mitteilung: „Auf Längs- schliffen, wie bei mikroskopischer Betrachtung der Oberfläche des Crotalus-Zahnes hemerkte ich, dafs dieselbe von zahlreichen feinen, parallelen Längslinien gerieft erscheint, ein Ver- halten, das ich am Viperzahn noch nicht entdecken konnte. Da ich einstweilen auf diesen Umstand noch wenig geachtet habe, ist es möglich, dafs sich auch der Viperzahn ähnlich verhält, doch sah ich, wie gesagt, noch nichts derartiges, während es mir bei Crotalus sofort auffiel.‘“ Um betr. Oberflächenskulptur — denn von einem Querschnitt kann bei einem Unikum keine Rede sein — der Giftzähne der beiden Familien ganz sicher zu gehen, hatte mein ı Cope ist der Ort der Publikation seiner Notizen selbst nicht gegenwärtig. — 39 Kollege Professor Dr. Ose. Boettger die Freundlichkeit, mir aus der herpetologischen Sammlung des Senckenbergischen Museums die beiden Giftzähne einer Vipera berus L. von Tölz, die beiden Giftzähne eines Anecistrodon contortrix (L.), einer Crotalide von Nord- Amerika, und die beiden Giftzähne eines Trimeresurus borneensis Peters, einer Crotalide von Sumatra, aus den Köpfen der betr. Tiere herauszulösen. Von meinem gefälligen Kollegen Professor Dr. Reichenbach unterstützt, habe ich sowohl den tertiären Giftzahn, wie die eben aufgeführten recenten Giftzähne unter dem Mikroskop studiert und hierbei folgende Beobachtungen gemacht: Tertiärer Giftzahn. — Die lebhaft glänzende Oberfläche des durch Füllung mit Gesteinsmasse undurch- sichtigen und infolge des mergeligen Lagers braun gefärbten Giftzähnchens zeigt deutliche Längsstreifen; dieselben laufen einander parallel und scheinen ziemlich gleich weit von einander entfernt; gegen den Rand scheint allerdings die Entfernung der einander zunächst liegenden Streifen etwas abzunehmen.- Die Streifen sind von hinten nach vorne zu verfolgen. Es sind diese Streifen nicht hervorragende Leisten, sondern vielmehr Rinnen, so dafs also der Zahn äulserlich Giftzahn von.Provipera boettgeriKink. aus dem untermiocänen Hydrobien- kalk am Hefsler. gefüllt. Weiter nach unten, d. h. nach der Spitze zu, ist a von vorne, b von der Seite, e von hinten. Vergr. 1:10. kanelliert ist. Die Rinnen sind auch mit Gesteinsmasse aus- der Zahn doch durchscheinend, so dals sich hier die Streifen als dunkle Linien darstellen. Ihre Zahl ist auf einer Seite 10—11, im ganzen also unge- fähr 21. Zwischen diesen Streifen besitzt der Zahn keine regelmälsige Skulptur; man sieht nur da und dort Querrilschen. Zur Beschreibung dieses Zahnes trage ich aulserdem noch nach, dals am proximalen Teil des Zähnchens, und zwar an der Vorderseite der oben schon aufgeführten Auftreibung, der Eintritt in die Giftröhre auf eine Strecke von ungefähr '/. mm noch gut erhalten ist. Trimeresurus (Crotalide). — Ganz ähnliche, jedoch nicht so deutlich wie beim fossilen Giftzähnchen sich heraushebende Längsstreifen sind bei den Giftzähnen von T’rrimere- surus zu beobachten. — 0 — Anecistrodon (Crotalide). — Eine derartige Streifung konnten wir an den Zähnen von Aneistrodon, einer nordamerikanischen Crotalide, nicht unterscheiden; man ist im Zweifel, ob die Streifung, welche man an der konvexen Seite beobachten kann, von der Skulptur oder von der Färbung herrührt. Vipera. — Bei Vipera berus ist absolut keine Streifung zu erkennen; die Zähnchen sind völlig glatt. Da unsere Beobachtungen mit denen des Herrn Dr. L. Kathariner übereinstimmen, insofern als die untersuchten Orotalidenzähne (Crotalus nach Dr. Kathariner, Trimeresurus und Aneistrodon (?) nach unserer Beobachtung) durch Streifung unterschieden sind von den völlig glatten Vipera-Zähnen, so dürfte es wohl als nicht unwahrscheinlich gelten, dals dieser Unterschied an den Zähnen die beiden Familien unterscheiden liefse. Was Gervais nach dem Bericht Lartet’s über die obermiocänen Sansan-Giftzähne schreibt, ist nicht entfernt so eingehend wie das, was ich von dem untermiocänen Giftzahn mitgeteilt habe. So dürfte denn wohl dieses letztere zu einer Bezeichnung berechtigt sein, da Cope auch die Benennung der Sansanzähne nicht rügt, obwohl an ihnen kaum mehr Charaktere erkannt werden können. Die Crotalus-Art von Kansas mülste dieselbe sein wie die vom Hefsler, dann wäre freilich eine weitere Namengebung für den Helsler Zahn unnötig. Zu einer solchen Voraussetzung wird sich aber wohl Niemand versteigen; eine spezifische Übereinstimmung zwischen einer obermiocänen Crotalide von Kansas und einer untermiocänen Crotalide au$ dem westlichen Deutschland ist jedenfalls ausgeschlossen. Wie viele Genera und Species sind in der ausgestorbenen Tierwelt benannt, ohne dals man von den betr. Tieren mehr kennt als einen Zahn oder irgend einen Skeletteil. Der Namen „Provipera“, der von Cope angegriffen worden ist, kann ruhig stehen bleiben, da nach den neueren Untersuchungen von G. A. Boulenger, denen sich O. Boettger angeschlossen hat, Crotalus so gut wie Vipera zur Familie der Viperiden gehört. Ich rekapituliere. Vorderhand giebt es keinen geologisch älteren Giftschlangenrest, als das Giftzähnchen von Provipera boettgeri Kinkelin, welche wahrscheinlich eine Crotaline war. V. Das Kreuzbein eines mittelgrossen Nagetieres aus den Cerithienschichten des Frankfurter Hafens. Taf. VI 7-11. Das in natürlicher Grölse in Taf.VI, Fig. 7—11 abgebildete Kreuzbein wurde gelegentlich der Erweiterung und Vertiefung des Frankfurter Hafens in den tieferen, Cerithien führenden, oberoligocänen Mergelschichten, die hier durch Faltung aufwärts geprefst sind (Senckenb. Ber. 1884/85, p. 173 und 187, Taf. I, cer.), gefunden. Es ist der einzige Säugetierrest, den diese grolse Baugrube geliefert hat; Zähne oder andere Skeletteile, die, mit dem Kreuzbein gefunden, auf die Zugehörigkeit einen Schluls gestattet hätten, liegen also nicht vor. Wie aus den Abbildungen ersichtlich, setzt sich das fossile Kreuzbein aus zwei Wirbeln zusammen. Obwohl der kleine zweite Wirbel des fossilen Os sacrum der Bildung nach ein Caudalwirbel ist, der jedoch mit dem Sacrum, das also hier nur aus einem Wirbel besteht, verwachsen, also ein Pseudo-Sakralwirbel ist, will ich ihn doch in der Folge stets als zweiten Sakralwirbel bezeichnen. Schon die dunkle, chokoladenbraune Farbe des betr. Knochens, nicht minder aber auch seine gute Erhaltung lassen das thonige Lager erkennen. Nur an drei Stellen zeigen sich Defekte. Der Dornfortsatz des ersten Sakralwirbels, ferner die Postzygapophysen und der Dornfortsatz des zweiten Sakralwirbels sind abgebrochen ; aulserdem ist noch auf der linken Seite die aus der Verwachsung der Zygapophysen beider Wirbel hervorgegangene Leiste durch Bruch verloren gegangen. Hiernach kennen wir also weder die Höhe der beiden Dornfortsätze, noch die Länge des Dornfortsatzes des zweiten Wirbels. Es ist dies um so mehr zu bedauern, da die Verhältnisse der Dornfortsätze bei der Charakterisierung der Kreuzbeine, besonders bezüglich der Unterscheidung der Gattungen derselben Ordnung, stets hervorgehoben sind. Die Gestalt der abgebrochenen Leiste, die Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 6 BR MO: aus der Verwachsung der linken Zygapophysen entsteht, ist jedoch aus der entsprechenden Kante der rechten Seite zu ersehen. Die beiden Sakralwirbel sind so vollständig verwachsen, dals man die Grenze derselben gegen einander nur schwach angedeutet unterscheiden kann. Denken wir uns das Kreuzbein in seiner natürlichen Lage, so ergiebt sich die Be- zeichnung „vorne“ und ‚‚hinten“, „oben“ und „unten“, „rechts“ und „links“ von selbst. Obwohl die Mafsverhältnisse aus den Abbildungen mehrfach unmittelbar zu entnehmen sind, so teile ich doch die zur Beurteilung des fossilen Sacrums nötigen Malse im folgenden besonders mit: Länge des Kreuzbeines, von der Mitte der Vorderfläche bis zur Mitte der Hinterfläche gemessen Fs ist dies dieselbe Entfernung wie zwischen den Rändern der Vorder- und der Hinterfläche des Sacrums auf der Ober- und Unterseite. Maximal-Entfernung der Vorderränder der Querfortsätze des ersten Sakral- wirbels, an deren Aufsenseiten die Hüftbeine anliegen . . Maximal-Entfernung der unteren Ränder der Ansatzflächen des Hüftbeines Entfernung der hinteren Ränder dieser Flächen . . . . Entfernung der Innenseiten der Vorderkanten der vorderen Gelenkfortsätze (Zygapophysen) des ersten Sakralwirbels von einander (von der Gelenkfläche SEMESSEN)EFMH Mar BR es ME Entfernung der äufsersten Punkte dieser Praezygapophysen des ersten Sakralwirbelse ae. 2 ne, 2 Gröfste Dicke der Praezygapophysen des ersten Sakralwirbels Grölste Breite der Gelenktlächen der Praezygapophysen des ersten Sakralwirbels Geringste Breite dieser Praezygapophysen (an ihrer Einschnürung) . . Länge der Ansatzfläche zwischen dem ersten Wirbel und dem Hüftbein (von vorne nach hinten gemessen) Maximalhöhe dieser in der hinteren Hälfte höheren Fläche (von oben nach unten) Breite des Körpers an der Vorderseite des ersten Wirbels . , 3reite des Körpers an der Hinterseite des zweiten Wirbels 26,0 mm 32, Mn 24,D 7, 23.020, 18.0/506; PO Si Bd, a) ® 0ES an, 10 — An — Höhe des Körpers an der Vorderseite des ersten Wirbes . . . . ...105 mm Höhe des Körpers an der Hinterseite des zweiten Wirbels . 2. ......77 Mittlere Breite der Diapophysen des ersten Wirbels . . . 2. .22...75 „ Länge der Diapophyse des ersten Wirbels, von der Einschnürung derselben bisezume Nervenloch, alsor von vornesnachehmten rar, Länge des ersten Sakralwirbels (unten gemessen). . . ».... ca. 1175 „ Länge des zweiten Sakralwirbels (unten gemessen) . . . 2... ca. 1325 „ Länge der Basis des Dornfortsatzes des ersten Sakralwirbels Su elON0. Entfernung der vorderen Enden der zu einer Leiste verwachsenen Zygapo- physen der beiden Sakralwirbel von einander ER ON) Entfernung der äufseren Kanten der Diapophysen des zweiten Wirbels (zuvorderst an der Verwachsungsstelle der beiden Wirbel gemessen) . . . . 21,0 Länge der äufseren Kante der Diapophysen des zweiten Wirbels bis zur Endfächezdersstieltormigen@Hortsätzer el Dr, Dieser Aulsenrand bildet eine scharfe, nach aulsen schwach konkave Kante. Länge der freien, von den Diapophysen des zweiten Wirbels sich ablösen- den und direkt nach hinten verlaufenden, stielförmigen Fortsätze (Rippenfort- Satzes Saktaliippen)ie men, u ee 0, Durchmesser der fast kreisförmigen Endflächen dieser Fortsätze . . . 39. Entfernung der äufsersten Stellen der Endflächen der stielförmigen Fort- sätze von einander a Se Ne 0 RE En de BE 1 LO D At Breite des Rückenmarkkanales an der Vorderseite des Sacrums IB WISETH Breite des Rückenmarkkanales an der Hinterseite des Sacrums . . ....6, B Höhe des Rückenmarkkanales an der Vorderseite des Sacrums . 2. ....225 „ Höhe des Rückenmarkkanales an der Hinterseite des Sacrums . . . . ler Entfernung der Austrittsöffnungen der Nerven von einander (von Mitte zu IILLECEMESSEN) SIMAlH nl AnG INSaE. “al TIBRREBBRERIEE ID DIN ER Oro DurchmesserzdetaNerven]öche ka ES Hierzu bemerke ich noch weiter, dals die Vorderfläche des Körpers des ersten Sakral- wirbels schwach gewölbt ist, dafs aber eine seichte, quer verlaufende Depression dieselbe durchzieht, so dals also diese Einsenkung fast allseits, hauptsächlich aber oben und unten, wallartig umgeben ist; der Wall fällt dann gegen den Rand des Körpers ab. 6* 2) Me Anders ist die Hinterfläche des Sacrums gestaltet; dasselbe schliefst nämlich mit einer fast ebenen Fläche ab; auf derselben ist in der Mitte eine kleine, seichte, napfförmige Vertiefung zu beobachten. Das Uentrum des zweiten Sakralwirbels ist nicht unbeträchtlich schmaler als das des ersten (10,5 mm : 15,0 mm); dagegen ist der zweite Wirbel etwas länger als der erste (13,25 mm : 11,75 mm). Auf der Unterseite der Uentren des Kreuzbeines zeigt sich längs der Mittellinie eine sehr seichte, der ganzen Länge folgende Einsenkung; dieselbe ist vorne, in der Mitte und hinten am breitesten — ca. 3,5 mm —: in der Mitte der beiden Centren ist die Depression schmaler — 2—2,5 mm. Am Aulsenrande der Verwachsungsfläche der beiden Wirbel ist auf der Oberseite eine seichte, kurze Rinne vorhanden; dieselbe wird wohl die Grenze der beiden Wirbel gegeneinander darstellen. Das Hüftbein stand nur mit den Querfortsätzen des ersten Sakralwirbels in Verbindung. Die Dornfortsätze der beiden Wirbel sind durch eine tiefe Einsenkung von einander getrennt. Die Gelenkfläche der Praezygapophysen des ersten Wirbels ist breit, fast kreis- förmig, schwach konkav und nach innen und oben gerichtet. Die Gelenkfortsätze (Zygapophysen) zwischen den beiden Wirbeln bilden, mit einander verwachsen, eine ziemlich kräftige, zur Mediane fast parallele Leiste, die nach vorne in eine Spitze ausläuft; von letzterer fällt die Leiste nach hinten schwach ab. Die Diapophysen des ersten Sakralwirbels gleichen je einer fast drehrunden, glatten, halben Spule, deren äufsere Ränder jedoch nicht gleichlaufend sind, sondern von vorne nach hinten konvergieren, was besonders deutlich auf der Unterseite (Taf. VI, Fig. 7) zu beobach- ten ist. Es entspricht dies auch ganz der Verjüngung des Kreuzbeins nach hinten. Der Winkel jener Kanten beträgt ungefähr 30°. Was ich an keinem anderen Kreuzbein beobachtete, ist ein zum vorderen Aufsenrand der Diapophysen des ersten Sakralwirbels gehöriges, durch eine querverlaufende Rinne etwas abgelöstes Läppchen. Die Diapophysen des zweiten Sakralwirbels, welche vorne jederseits 7,5 mm, hinten 4,0 mm breit sind, bilden also nur eine schmale Leiste, die auf der Oberseite flach und von einem Gefälskanal der Länge nach durchzogen ist; auf der Unterseite ist sie walzig und hat nach aufsen eine scharfe Kante. Von dieser leistenförmigen Diapophyse löst sich nach hinten ein kurzer, stielförmiger Fortsatz von halbwalziger Gestalt frei ab; er verbreitert sich nach hinten etwas und endigt mit einer ebenen Gelenkfläche. Die oben erwähnte Kante, der Aulsenrand des Querfort- satzes des zweiten Wirbels, ist also schwach eingebogen. Vom Centrum dieses Wirbels steht der stielförmige Fortsatz etwa 1 mm ab; letzterer überragt nach hinten die Hinter- Hläche des Sacrums nur wenig. Es möchte wohl zutreffend sein, in den stielförmigen Fortsätzen der Diapophysen des zweiten Wirbels Gebilde zu sehen, die an manchen vorderen Caudalwirbeln, z. B. beim Hund, als Fortsätze ihrer Diapophysen zu beobachten sind und von Doederlein (Steinmann- Doederlein, Elemente der Paläontologie, 1890, p. 589) als Rippenfortsätze bezeichnet werden. Herr Dr. E. Koken hat sie in einem Briefe an mich wohl passender Sakralrippen oder Dia- costoide genannt. Die Unterschiede der Sakralrippen des Hundes etc. von den stielförmigen Fortsätzen des fossilen Sacrums sind zwar nicht unbedeutend; jene laufen nämlich stets schief nach aufsen und hinten, sind ziemlich platt und am Ende abgerundet und dienen zum An- satze von Muskeln, während, wie oben beschrieben, die stielförmigen Fortsätze des fossilen Saerums strack nach hinten, also zur Mediane parallel, verlaufen und an ihrem Ende irgend eine Gelenkverbindung zu besitzen scheinen, da sie mit einer ebenen, glatten Fläche endigen. Mit der beträchtlichen Verjüngung der Gestalt des Kreuzbeins nach hinten erscheinen mir die stielförmigen Fortsätze als das eigenartigste an dem tertiären Kreuzbein und mit jener Eigentümlichkeit am geeignetsten, die Säugetier-Ordnung und vielleicht auch die Gattung aufzuklären, zu welchen das Tier zu zählen ist, denen das fossile Sacrum angehört. Von durchschlagenden, sicheren Charakteren, die uns in erster Linie über die Ordnung orientieren könnten, ist vorerst die allgemeine Gestalt des Kreuzbeins hervorzuheben. Wie schon erwähnt, stellt sich in unserem fossilen Saecrum deutlich eine ziemlich beträchtliche Verschmälerung nach hinten dar. Schon dieser Charakter deutet auf die Ordnung der Nager. In manchen Beziehungen sind die Gattungen derselben Ordnung rücksichtlich der Bildung ihres Kreuzbeins verschieden; u. a. ist die Zahl der Wirbel, welche das Kreuzbein bilden, schwankend; sogar mit dem Alter ändert sich, also bei derselben Art, die Zahl der Wirbel. Somit werden wir darauf kein Gewicht legen dürfen, dals das Saerum nur aus zwei ‘Wirbeln zusammengesetzt ist. Bedeutsamer ist es, dals es wohl richtiger nur aus einem Sakralwirbel besteht, mit dem der erste Caudalwirbel verwachsen ist. Wenn es sich um «die Unterscheidung der verschiedenen Genera einer Ordnung handelt, da dürfte man dann auch darauf achten, ob das Hüftbein sich nur an den ersten Sakralwirbel oder auch noch mehr oder weniger an den zweiten anfügt, ferner ob die Dornfortsätze von einander ge— trennt, oder ob sie mit einander in einen Kamm verschmolzen sind. Auch die relative Höhe und Länge der einzelnen Dornfortsätze käme hier in Betracht, wenn uns das fossile Sacrum hierüber Vergleiche gestattete. 3eim Zusammensuchen von Kreuzbeinen zum Zwecke des Vergleiches kam ich auf ein fossiles Saecrum von Arctomys aus dem Sandlöfs von Eppelsheim. Dasselbe scheint nun die Vermutung, das tertiäre Sacrum aus dem Frankfurter Hafen möchte einem Nagetiere angehören, völlig zu bestätigen. Nicht allein, dals dasselbe sich auch nach hinten beträchtlich verjüngt und in manchem anderen eine nicht zu verkennende Ähnlichkeit zeigt, sondern es gehen auch ähnliche, wenn auch kürzere, stielförmige Fortsätze von den schmalen Diapophysen des letzten, bei Arctomys dritten Sakralwirbels nach hinten ab und endigen, ganz wie beim tertiären Sacrum, mit einer ebenen Fläche, die ebenfalls nur wenig die Hinterfläche des letzten Öentrums des Kreuzbeins nach hinten überragt. Die Diapophysen des letzten Sakral- wirbels sind auch von ganz ähnlicher Gestalt — nach aulsen kantig, auf der Oberseite fach, auf der Unterseite walzig — wie die beim tertiären Saecrum. Wegen der Bildung der stiel- förmigen Forsätze weise ich noch auf das Sacrum von Lepus cuniculus hin, von dem Giebel in Bronn’s Klassen und Ordnungen, Mammalia, Taf. LXV, Fig. 6 u. 6a Abbildungen giebt. In beiden Kreuzbeinen sind auch die Dornfortsätze des ersten und zweiten Sakralwirbels durch eine tiefe Einsenkung getrennt. Dafs das diluviale Kreuzhein von Arctomys beträcht- lich länger ist als das tertiäre, liegt nur daran, dals es aus drei Wirbeln besteht. Ein Unterschied in der Bildung dieser beiden Sacra besteht dagegen darin, dafs sich bei Arctomys die Hüftbeine auch an die Diapophysen des zweiten Sakralwirbels ansetzen, so dals die Ansatzfläche bei Arctomys wesentlich länger ist, als beim tertiären Sacrum. Die Ansatzfläche ist aber nicht allein länger, sondern auch schmäler, überhaupt recht verschieden in der Grestalt. Auch auf der Unterseite sind die beiden Kreuzbeine wesentlich verschieden: während nämlich in der Mediane des Kreuzbeins von Arctomys eine schmale Kante entlang läuft, tritt an deren Stelle beim tertiären Sacrum eine nicht schmale, sehr seichte Einsenkung. Diese unterscheidenden Charaktere scheinen mir nur generische zu sein. Nach den Dimensionen der ersten Sakralwirbel zu urteilen, hat der tertiäre Nager die ungefähre Grölse des Murmeltieres gehabt; er war sicher nicht wesentlich grölser. Sehen wir uns nun nach den Nagern um, die man aus dem mittleren Tertiär des Mainzer Beckens kennt, so könnte wohl nur Steneofiber (Chalicomys) in Betracht kommen. ee Derselbe ist u. a. auch im Hydrobienkalk vom Helsler bei Mosbach durch Zähne erkannt. Titanomys, Brachymys und Seiurus (Spermophilus speciosus) sind wesentlich kleinere Tiere. Leider fehlt uns im Senckenbergischen Museum das Skelett von Castor; er ist das ‚dem Steneofiber nächststehende Genus. So notiere ich hier, was Giebel in Bronn’s Klassen und Ordnungen, Mammalia, p. 345 sagt, soweit das hierbei Mitgeteilte beim Vergleiche mit unserem tertiären Sacrum Wert hat: Der erste Dornfortsatz ist völlig isoliert. Die Gelenk- fortsätze sind vollkommen selbständig entwickelt, die Querfortsätze verhältnismälsig schwach: der erste ist nicht gerade beträchtlich erweitert, völlig von den folgenden getrennt und dieser noch in seiner ganzen Breite mit dem Hüftbein verbunden, auch mit dem dritten ver- wachsen, welcher mit dem vierten etwas an Länge zunimmt. Die Körper sind dick und an .der Unterseite gerundet. Beim Vergleiche möchte besonders auf folgende Umstände hinzuweisen sein: Der erste Sakralwirbel des tertiären Saerums ist in der äulseren Randpartie der Diapophysen durch eine Rinne vom zweiten Sakralwirbel getrennt. Die Diapophysen sind auch bei Castor als schwach bezeichnet. Die Körper sind auf der Unterseite nicht gekantet, sondern eher gerundet. Ein wesentlicher Unterschied dagegen scheint mir besonders in der Notiz zu liegen, dafs der erste Sakralwirbel nicht beträchtlich erweiterter ist im Vergleiche zu den anderen. Die Verschiedenheit in der Zahl der Wirbel scheint mir nicht wesentlich. Auch die Ausdehnung des Ansatzes des Hüftbeines auf den zweiten Sakralwirbel stellt eine Differenz dar. Da es besonders nach den Schlosser’schen Studien feststeht, dafs die Nager im Skelettbau seit der Tertiärzeit keine beträchtliche Umgestaltung erlitten haben, so scheint sich aus obigem Vergleiche zu ergeben, dafs wir kaum annehmen dürfen, dafs das vorliegende fossile Sacrum dem Genus Steneofiber zugehöre. Es mülste demnach das Sacrum eines Nagers sein, den man aus den mitteltertiären Schichten des Mainzer Beckens noch nicht kennt. von dem also andere Teile noch nicht bekannt geworden sind. Der Umstand, dals aulser dem fraglichen Sacrum keine Säugetierreste in der grolsen Baugrube des Frankfurter Hafens, dessen Schichten in ein paar Lagen eine grofse Zahl von Fischskeletten enthielten, beobachtet worden sind, dann auch der totale Mangel von Spuren eines Transportes möchten darauf deuten, dafs der ehemalige Besitzer des Kreuzbeins, bez. seine Leiche nicht ein- geschwemmt ist, sondern in dem See, in dessen Absätzen das Sacrum gefunden worden ist, und in dessen Absätzen wohl auch die übrigen Skeletteile eingebettet lagen, ohne gefunden zu werden, gelebt hat. Den Herren, die 1885 und 1886 auf meine briefliche Anfrage betr. des tertiären- Sacrums die Freundlichkeit hatten, dem fraglichen Kreuzbein, an der Hand von Photographie desselben, ihre Beobachtung zu widmen, den Herren: Professor Dr. Oscar Fraas in Stutt- gart, Dr. E.Koken vom Mineralogischen Museum in Berlin, Dr. 0. Meyer am Yale College Museum in New-Haven, Conn., Professor Dr. A. Nehring in Berlin und Dr. Max Schlosser an der paläontologischen Staats-Sammlung in München, spreche ich auch hier meinen ver- bindlichsten Dank aus für ihre mir mitgeteilten Winke, besonders Herrn Professor Dr. E. Koken, der mir die Untersuchung des Kreuzbeimes eines jungen Kaninchens anriet und auf die ähnliche Gestalt der Sakralrippen bei den Leporiden hinwies. Da auch die Ansicht geäulsert worden ist, dals das tertiäre Kreuzbein einem Raub- tier, speziell einem Zutra ähnlichen Tiere, z. B. Lutra valetoni oder auch Stephanodon mombachensis, angehören möchte, so füge ich hier noch die Charaktere der Raubtier-Sacra bei, welche gegen diese Deutung sprechen. Eine ganz frappante Ähnlichkeit findet man zwischen dem ZLutra-Saecrum und dem tertiären Kreuzbein in der Gestalt der Ansatzfläche der Diapophysen an das Hüftbein. Abgesehen aber davon, dafs das Kreuzbein des Otters dreiwirbelig ist, ist bei Zutra, wie überhaupt bei allen Raubtieren, die Gesamtgestalt eine völlig verschiedene von der des tertiären Sacrums. Die Verjüngung der Sakralwirbel bei den Raubtieren und speziell bei Lutra ist näm- lich ganz unbedeutend,' dann ist die Entwickelung der Diapophysen der Sakralwirbel bei den Räubern eine sehr bedeutende, so dals aus ihnen eine breite, dünne Seitenplatte hervor- geht; die äufseren Ränder der Diapophysen sind demnach zur Mediane fast völlig parallel. Das Kreuzbein der Räuber ist also in seiner ganzen Länge von fast gleicher Breite. Über die Gestalt der Sakralrippen, in welchen sich die Diapophysen des letzten Sakralwirbels fortsetzen, habe ich mich schon oben geäulsert; sie sind platt, nach hinten divergent und am Ende abgerundet, also ganz verschieden von den stielförmigen Fortsätzen (Sakralrippen) des tertiären Kreuzbeines und der Nagetiere. Von ähnlicher Gestalt wie das Kreuzbein der Raubtiere ist auch das der Insectivora z. B. bei Talpa.? 1 Lutra tertiäres Sacrum Arctomys III. Wirbel II. Wirbel III. Wirbel! ı Breite der Vorderfläche des Saerums . . . »...15mm .. 145mm .. 140 mm Breite der Hinterfläche des Sacrums . . ..... 25mm. . 105mm . ."670mm 2 Von Talpa sind, wie von einem Lutra ähnlichen Tiere, Reste in den mitteltertiären Schichten des- Mainzer Beckens bekannt. 49 In Rücksicht auf die Grölse des fossilen Saerums könnten auch artiodaetyle Ungulaten, von denen in den mittleren Tertiärschichten hiesiger Gegend schon zahlreiche Reste auf- gefunden worden sind, in Frage kommen. Es ist daher auch an das bunodonte Hyotherium gedacht worden. Dicotyles, das in der heutigen Lebewelt dem Hyotherium am nächsten steht, hat aber auch wie die Carnivoren breite, flache Diapophysen: die Aufsenseiten der- selben konvergieren nur wenig nach hinten; eine stärkere Konvergenz zeigt dagegen der Verlauf der Gelenkfortsätze der vier Sakralwirbel, welche das Sacrum zusammensetzen. Die selenodonten Artiodoctylen (Caenotherium und Palaeomeryz) sind schon dadurch ausgeschlossen, dals bei ihnen die Diapophysen des ersten Sakralwirbels ungemein erweitert sind, um eine grolse Fläche zur Aufnahme der fast unter einem rechten Winkel gegeneinander, also sehr schief zum Kreuzbein gerichteten Darmbeine zu bilden, dann u. a. auch durch die Eigen- tümlichkeit, dals die unteren Nervenlöcher am Kreuzbein viel grölser sind als die oberen. Die Saera bestehen bei den recenten Wiederkäuern fast immer aus mehreren (4—5) Wirbeln, bei Moschus, das dem Palaeomeryx nahe steht, sogar aus sieben (Giebel 1. e. p. 342). Bei der Untersuchung des tertiären Kreuzbeines bin ich nach obigem nicht weiter gekommen, als dals es einem mittelgrolsen Nagetier angehört. Kınkeiin Taf! Ibkarıdı. d. Senchend risks er | | 5 TR 3 Ansicht des Schädelausgusses eines Bison americanus Gm. von oben. Ansicht des natürlichen Schädelausgusses eines Bison priscus Boj. von oben, Natürliche Grösse. aus den diluvialen Sanden am Hessler bei Biebrich-Mosbach. Nat. Grösse. (Die Stellung dieses Ausgusses beim Photographieren hat eine Verkürzung der Stirnlappen zur Folge gehabt.) ‚Ibhandl. d. Senckenb naturf Oesellsch. R _ — Kinkehn Taf. Fig.d Fig. 2. Btson JIrtScus Boy Zoramen oo" ES BER Be 2 as Pıson YHEILCAUUS Gr Fig. 2. Piss. criecialt Zor. lacer. anter. Fig. 1. Ansicht der linken Seite des natürlichen Schädelausgusses eines Bison priscus Boj. aus den diluvialen Sanden am Hessler bei Biebrich-Mosbach. Natürliche Grösse. Fig. 2. Ansicht der linken Seite des Schädelausgusses eines Bison americanus Gm. Natürl. Grösse. AUDIT A a ee a Xn —— SR, Ei re DRS \ > en \n Peg BENSENELCLENENEEN .L.giH nab zus .jod awseing noeidl zonis esazuyenslsbäds® nodaeihüssn 2ab stia@ nodnil 19b IdoianA 9z2ö1d adaihitsM .dosdeoM-Hsirdsid isd 19leesH ms msbnıse. nalsivulib S.gil ‚seeörd hinsM .m) eunsoinsmes mosidl eania aaeeuygeuslobädee 2ab stiod noAnil 9b IdaienA EN d.4 ü: ig, Pr Abhandl.d. Senckenb naturf Gesellsch. Hinkelm Jaf H. Ben lsSiseon priseus.>Boj Fig.2. Bison americanus Gm I Li ; Hinkelin Taf Unterseite des natürlichen Schädelausgusses eines Bison priscus Boj. ale ala Eiinden Anti: Heasler. hei Bikirteh-Mosbach. Mat. Gr. Unterseite des Schädelausgusses eines Bison americanus Gm. Nat. Gr. Hbhandl.d. Senckenb naturf Gesellsch Morkelin Taf IR. Fig.d Fig 2 PISOR JETLSCLS Boy > Fig.1. A Syn PR Klepuhas JITUNIGEeNIWS Blumers \ wer N\.\..... Arster aermolar " Vorderes R TTTerrer / x Sympayserteil ” Dem, peter Baemoir 2 MM | ) 7 Alveole des dritter Praermrolar .. = +73 Biel. Ansicht des natürlichen Schädelausgusses eines Bison priscus Boj. von hinten, aus den diluvialen Sanden am Hessler bei Biebrich-Mosbach, Nat. Gr. Bip.2: Ansicht des linken Unterkieferastes eines sehr jungen Elephas primigenius Blumenbg. von hinten, aus dem diluvialen Sand von Mosbach-Biebrich. Nat. Gr. REIST ATS BE ESHÄISIIIIIOE NUT BESS N sÄ a Sa. IEaR N Fr h el „= EI Ta > DYPz 2 DE — rl | Laser nänıın 2% / | NW R IR. E A X IE . Ba er nn sein 2sp Bosch I.gil ‚nstaid mov ‚(oA evaeing moeidl zanis asaeugensisbädse nsdailütsn 2sb tdoienA ıı dsl ‚dosdeoM-doirdsid isd ı9leesH ms asbas2 nalsivulib nsb aus S gi .gdnsmuld evinsgiming asdgsid nsyani ıdae zonia astesısteihhstnU nsAnil aab IdoienA dd 4sM .doindsid-dasdeoM mov base nolsivulib mob zus ‚nstnid mov u Abhandl.d.Senckenb naturf Gesellsch. Kınkelin BiennPisen priscus Boj Fig.2.Elephas primigenius Bilumenb Abhandi.d. Senckenb naturf Gesellsch. Imikelen Taf \ Fig. 1. Frg.l. | ‚‚vrorforlsalx Ymweiler Praemolar An Z Hull un 3 Erster Faemolar Praem.ot ? pr Fig F4 Ärster Praemalar , NIMM Lmeiter Fraemolar IN DRERUN) Ki Hirnloerv Fig. 1. | | l Fig. 2. Aectısserg |Seitenansicht ‚des: linken Unterkieferastes eines sehr jungen Elephas primigenius Blumenbg. aus dem diluvialen Sand von Mosbach-Biebrich. Nat. Gr. re no N | Sorlsnn N > Wer ur BROS SCAN RG RÜSMSSÜ AHA NN aolnneN ana N RN ARMARSN N ut r Rz BESSSIETSÖGERS TEN x KISS \S x, „ 4 N ER \alasranti stick v3 TUI KETTE Ksnitizuiun i LION RIESTER N Bi nogau, ıdae ass asterısleicdtstnl) nodnil 2sb Idoiansnotise ton 0) 38 ‚doindsid-dosdaoM nov base? nolsivolib mob 2u8 ‚gdasmuld euinsgiming esdgsid 8.94 nognuj ıdse zanis astesıstsidistnU mosnil sb Irlsiensnstise sıseenoA 1) 16 ‚doindsid-dasdeoM nov bns2 nolsivulib mob aus ‚ydasmmld euinsgiming escıgsiA ‚Abhandl.d. Senckenb naturf. Gesellsch. Hinkelin Taf W Frg.d. Elephas primigenius Bilumenb. p LER enchend nal (res ) 7, v/ #19. 7. Fig. fig.I. | Vorderflache Fi Pörserfläche Poezygarorny se; a raexygapapdiyse Daszyyarornkysen. ; Jondere Kygaroyyıyse < R N 5 a I: i Länpchen Ä VE "Dornfertsatz des !. Sakralo ’ ‚Nerverloch BZ Ste/förınigef SE , Fortsadı TRCOSOLU LnrdPloche «os. ' r. a z zn ; Finterfiache er Hirterfläche 739.10 7 N j ” ! Hinterfläche N Untere Nervenlöcher £ig.8, Fig. 1 u. 2. Geweihstücke aus thonigem Lager der untermiocänen Hydrobienschichten am Hessler bei Biebrich-Mosbach. Natürliche Grösse, J Fig. 3. Spiess des grösseren Palaeomeryx aus mulmig kalkigem Lager der untermiocänen Hydrobienschichten am Hessler bei Biebrich-Mosbach. Nat. Gr. Fig. 4, 5, u. 6. Gabel des grösseren Palaeomeryx aus mulmig kalkigem Lager der untermiocänen Hydrobienschichten. Fig. 4 von innen, Fig. 5 von aussen, Fig. 6 von vornen. Nat. Gr. Fig. 7—11. Kreuzbein eines mittelgrossen Nagers aus den Corithienschichten des Frankfurter Hafens. Fig. 7 von unten. Fig. 8 von der Seite. Fig. 9 von oben. Fig. 10 von vorne. Fig. 11 v. hinten. Nat. Gr. BF EN Ta SSH SRHTEnN RNISHEUN nal seien SSIIARHL, sanisassmurt | uyisussgsumt 5 Brandl SANS ICH " 14 / slugsrlahusnanl nt 7 SUSI SER ERESENNT AAN a N NN es Su saasunnsl...\.z fs Sur. KESSENSESIERRTHRNN KARaR Is AnduomUN_..... EISSONLEIESEIENSESIIUN TE AS EIENT NIT ENT pas Era asuntt BETITÄT, erh. Ze Asegrülue S yrlenict 7, EN II sum Ast = 5 ISLISORTRSRENIGEN f k le TERN EIERN ERS ERS REN Bu Na Da Fe x E { N Auısemü 2 a \ ee ER EREIIR RENNEN N) EA B SINE. | DAS A SORT wage ass) TE int EN RR, IRA! st R on as ERST stem | tr BRRETERN PREISEN *SISEHHRIENMM ir [ ar... |; | ! EEE SSREN EN EINEN aaand 19leesH ms metdoidsensidorbyH nonsooimmaing ob 10g8.1 mayinont zus sdoitediowod € u 1 ‚gi ‚geeön) odoihüts N ‚dosdeoM-daindsidl iad nyusooinmoiay 9b 1995.1 mogiAls?! yimlum aus xyrsmosslsg ms1922Ö1g zob zeige .ı) ds .‚dosdeoM-doindsidl isd 19leesH ms notdaidsensidorbyH 5 gi nanBooirmistan 1ob 1996.1 moginlsd yimlım aus xyramossisg moıseeörg asb lodsd 9 u ‚@ gi ir) Is .nomov nov d .‚yi’l ‚nozeus nov & .gil ‚nonni mov & .gil ‚nstrloidoensidorbyH ‚enoistl 1stınllnsı’l zob mstroidoensidtrioD mob aus arsgsM moeeorglsttim zanio nisdsusıl „IL u) Js —T 31 oil v IL girl ‚omiov nov OL .giT .nado nov ® .gil .stise 10b mov 8 gi ‚asiau mov T ‚gi nn EEE Bun Abhandl.d.Senckenb naturf Gesellsch. u Se ih Fig.10. Hınkelin Fig.2. Fig.Hi. Fig. 6. Taf WI. Das Skelett der Pleuracanthiden und ihre systematischen Beziehungen Dr. Otto M. Reis, München. Mit einer Tafel. FRANKFURT a.M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. m 1897, sr; j Das Skelett der Pleuraeanthiden und ihre systematischen Beziehungen Dr. Otto M. Reis*), München. Mit einer Tafel. Der erst vor 12 Jahren bekannt gewordene Chlamydoselachus anguineus Garman hat mit seiner auffallenden Zahnbildung von Anfang an lebhafte Vergleichsversuche mit fossilen, nur oder fast nur nach den Zähnen bekannten Haifischen hervorgerufen; Garman, Cope, Gill. v. Zittel haben ihn sowohl mit Cladodus als mit Pleuwracanthus verglichen. Letzterer Haifisch, der vorzüglich in Betracht kam, hat umgekehrt nach dem Bekanntwerden einzelner zuverlässiger Organisationsverhältnisse auch zoologische Kreise lebhaft erregt. Im Zoolog. Anzeiger war zweimal von ihm die Rede; A. Fritsch hat hier seine Feststellung über den archipterygialen Bau der Peetoralis publiziert und besonders hat L. Doederlein (Zoolog. Anzeiger XII, 1889, No. 301) nach einer nicht in jeder Hinsicht glücklichen, restaurierenden Darstellung der gesamten Skelettverhältnisse von Pleuracanthus durch Ch. Brongniart diese * Die nachfolgende Abhandlung enthält eine kritische Prüfung und restaurierende Darstellung fast sämt- licher über das Skelett der Pleuracanthiden und deren systematische Beziehungen ausgesprochenen Ansichten und gegebenen Daten (besonders zum Schluls eine Besprechung des Archipterygiums), welche durch ein Studium von Materialen der bekannten Sammlungen in Frankfurt a. M., Leipzig, München und Strassburg unterstützt wurden. An allen diesen Materialen wurde mir auch Gelegenheit gegeben histologische Untersuchungen an- zustellen, welche im Folgenden als die eigentliche Grundlage der Entwickelungsgeschichte der Pleuracanthiden aufgestellt wurden. Ich spreche hiermit Herrn Prof. Dr. Benecke, Herın Geheimrat Prof. Dr. von Zittel und besonders den Herren Prof. Dr. Felix in Leipzig und Prof. Dr. Kinkelin in Frankfurt a. M. meinen herzlichsten Dank für die freundliche Überlassung der benutzten Exemplare aus. Die Abhandlung enthält am Schluls eine übersichtliche Zusammenstellung der gewonnenen Resultate. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX N ar zum ersten Male in kurzer, aber sachgemäfser Weise behandelt. Arbeiten von Koken, Fritsch und Jaekel sind dieser Studie sowohl in Detailuntersuchungen als auch in Ver- suchen von Gesamtdarstellungen gefolgt. ohne dals über den systematischen Anschluls dieser merkwürdigen Knorpelfische Abschlielsendes erbracht wurde. Die letzte Arbeit von O. Jaekel (Sitzungsber. der Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin, 1895, No. 4), welche nur betrefis der Morphologie des Axenskeletts kein abschliefsendes Urteil zu bringen vorgiebt, hat nun den merk- würdigen lebenden Chlamydoselachus mit den alten Pleuracanthiden in engste Beziehung zu bringen gesucht: äufsere Ähnlichkeiten in der Zahnbildung, welche schon v. Zittel, Handbuch IIL, S. 88 besprach, sind ja vorhanden und da der Körper für den ersten Blick gar keine bietet, so wurden von Jaekel gewisse innere Verhältnisse betont, welche beide Typen miteinander gemeinsam haben sollen. Wie diese sehr „vermeintliche“ Gemeinschaft zustande kommt, muls ieh kurz als Ausgangspunkt jeder ferneren Frörterung zeigen. Skelettverhältnisse, welche zeitlich so weit auseinander liegende Elasmobranchier mit sonst ganz geringer äulserer Ähnlichkeit verbinden, müssen aufsergewöhnliche und auffällige sem; demgemäls sollen nach Jaekel beide in Rede stehende Typen darin übereinkommen, dals der vorderste wirkliche Kiemenbogen bei Chlamydoselachus neben seinem Copular- Apparat ein ventrales, überzähliges Verbindungsstück mit dem Hyoidbogen habe, welches auch bei Pleuracanthus vorhanden sein soll; hierselbst sei indessen der Bogen selbst ausge- fallen, d. h. vor den fünf Kiemenbogen der Pleuracanthiden sei bei Ohlamydoselachus noch ein sechster nach dem Hyoid zu, welcher bei ersteren durch das ventrale unpaare Rudiment vertreten ist. Garman', der erste Autor über Uhlamydoselachus, beschreibt nun die fragliche Stelle des vordersten Kiemengerüstes folgendermalsen: „Das dicke frontale Ende des Hyoids artikuliert am Basihyale (der lingualen Copula); dieses Basihyale ist aber so beschaffen, dals es sich mit einer oberen dreieckigen Scheibe über den äufseren, dünnen Artikularteil des anstolsenden Hyoids nach hinten fortsetzt, um sich vermittelst zweier lateraler Ecken mit dem Ceratobranchialteil des I. Kiemenbogens zu verbinden.“ Da nun bei Elasmobranchiern im Allgemeinen die Hypobranchialteile selbst mit den nach hinten gerichteten Copulis eine seit- liche Verbindung der aufeinanderfogenden Bogenpaare herstellen, so nennt er diese Eckenteile der lingualen Copula (Basihyale) „hypohyals“, ohne sie indessen als separate Stücke zu be- ! Bull. of the Mus. of Comp. Zool. Harvard Coll. Cambridge. Vol. XII, 1885—86, P. 1—37. 59 ° — zeichnen !; sie sind nur „thehinderangles ofthe basihyal cartilage.“ In Garmans Tafel IN ist nun das Kiemenskelett von unten gezeichnet: da die letzterwähnten Teile des Basihyale über den breiten frontalen Vorderrand des Hyoids sich von der Schlundseite her nach hinten hinüberschieben, so konnte ihre obere Ausdehnung im Bereich der Hyoidenden in der Zeichnung nur punktiert angedeutet werden. Bei flüchtigem Anschanen der Fieur scheint sich hier vom ersten Kiemenbogen eine Knorpelplatte auf das Basihyale heraufzulegen. Dies hat nun O. Jaekel in der That so gesehen: „unzweifelhaft vergleichbar“ (!) mit der, wie Jaekel meint, überzähligen Platte bei Pleuracanthus legt sich nach seiner Versicherung auch bei Chlamydoselachus eine „einfache‘* ventrale Platte von eimem ersten Kiemenbogen nach dem Hyoid und dieser erste Kiemenbogen von Chlamydoselachus und die Platte bei Pleuracanthus sind Rudimente des vordersten Branchialbogens primitiver Haie (0. Jaekel). Demnach mülste also bei allen Haien mit fünf Kiemenbogen der vorderste Kiemenbogen hinter dem Hyoid ausgefallen sein. Ich habe nun eigentlich nicht nötig zu wiederholen, dafs die „einfache“ Platte bei Chlamydoselachus gar nichts anderes ist, als der erwähnte dreieckige plattige Fortsatz des Basihyale, welcher ein integrierender, nicht abgetrennter Teil des Basihyale ist! Bisher glaubte man allgemein und mit Berechtigung, dals das hintere Ende des Kiemengerüstes die Region sei. wo die Glieder desselben reduziert werden: nach Jaekel soll sich aber auch hinter dem Hyoid eine ähnliche Region befinden, in welchem die Branchialsegmente verschwinden! Hiermit sind aber auch noch andere Mifsdeutungen verbunden, die wir nun einzeln vorführen müssen, um zu einer klaren An- schauung vom Kiemengerüst zukommen. Schon in seiner Abhandlung über Pristiophorus (Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1890, S. 108) verwechselt Jaekel die Copularia (= Hypobranchialia)” mit den Copulae (= Basibranchialia) ; aus dieser Vermengung feststehender Begriffe der Skelettlehre entspringen ı Echte, separate Hypohyalia giebt es bei lebenden Elasmobranchiern nieht und es wäre aulserdem mehr als fraglich, ob die Hypobranchialia sich von den Oopularelementen ableiten lassen. = Oopulare bedeutet das Verbindungsstück jedes Ceratobranchiale mit seiner Copula und ist identisch mit dem Terminus Hypobranchiale (vergl. besonders Bronn, Klassen u. Ordn., Fische, Tafel VII, Erklärung zu Fig. 4 u. 5); erstere sind paarig, letztere unpaar. Bei Pristiophorus 1. e. S. 108 sagt dagegen Jaekel: die ventralen Verbindungsstücke oder Copularia bestehen aus einer grossen Endplatte und drei paarigen Spangen; darnach ist ihm also Copulare — Copula. Das Verhängnisvolle dieser Identifizierung ganz wesentlich verschiedener Gebilde zeigt sich bei Pleuracanthus. er bei Pleuracanthus neue Irrtümer. An den beiden hintersten Bogen ist eine einzige mediane Platte zu erkennen, an den drei vorderen Bogen bemerkt man: je paarige, nach hinten gerichtete Knorpelspangen, die sich median zusammenlegen und mit den folgenden direkt verbinden. Ein vorurteilsloser Kenner der elementaren Branchialverhältnisse lebender Haifische würde die Diagnose so stellen: an den drei vorderen Bogen sind Hypobranchialia ohne ihre Copnulae vorhanden, wie dies bei lebenden Haien häufiger vorkommt, bei den zwei hintersten fehlen die Hypobranchialia. wie dies ebenda sehr oft der Fall ist. Die Notidaniden und Holocephalen beweisen aber, dals jedem Bogen ursprünglich je zwei Hypobranchialia (= Uopulare) und je eine Copula zukommen, welche bei den Plagiostomen von jedem vorhergehenden Bogen sich nach hinten zu dem folgenden richten. Obige Deutung hat nun in der That schon Koken ausgesprochen; aber Jaekel geht über dieselbe hinaus, wie folgt: Uopulare und Copula sind, wie erwälnt, eins und dasselbe und so findet er bei Pleuracanthus einen neuen „primitiven Zustand“, in welchen die bei lebenden Haien unpaaren Copulae noch aus zwei T'heilstücken bestehen!! Dafs bei einer grolsen Anzahl lebender Elasmobranchier neben den unpaaren Copulae noch die paarigen „Uopularia“ an denselben Bogen bestehen, wird nieht beachtet und Jaekel schlielst mit dem umwälzenden Gesichtspunkt: „Damit ändert sich aber auch die Auffassung der Visceralbogen überhaupt: dieselben sind dann primär jederseits aus drei Stücken zusammengesetzt, eine Auffassung, die wie wir sehen werden, auch durch die gleiche Gliederung des Schultergürtels bei Pleuracanthus bestätigt wird.” — Jaekel übersieht hierbei auch, dafs nebenbei noch eine Gliederung in Epi- und Keratobranchiale vorliegt, welche auch den ganz alten Acantho- dinen eigen ist. Der Hyoidbogen von Pleuracantluus besteht nach Jaekel jederseits aus drei Teilen: der Hyomandibel, dem Hyoid und den Hypohyalien;! von letzteren heilst es kurzer Hand: „Ventral wird der Hyoidbogen geschlossen durch zwei vollkommen getrennte dreieckige Stücke, welche als Hypohyalia zu bezeichnen sind und der einheitlichen Copula der jüngeren Selachier entsprechen.“ Wenn also diese — ich will mich einstweilen nur adjektivisch ausdrücken — „hypohyalen“ Gebilde einem Vorstadium der einheitlichen lingualen Copula entsprechen ı Die Gebilde, welche bei Jaekel Hypohyalia sind, werden bei Koken (Sitzungsber. d. Ges. natur!. Freunde zu Berlin 1889, S. 86) zur Copula; was ich als Copula auffasse, ist bei Koken das Verschmelzungs- produkt von zwei Hypohyalien und bei Jaekel die merkwürdige Illusion von dem gar nicht existierenden Verbindungsknorpel des Hyoidbogens mit dem ersten Kiemenbogen bei Chlamydoselachus. Jaekel übergeht die diametral entgegengesetzt geäusserte Ansicht Kokens ohne jede Diskussion. — 6l — (sollen), so ist allerdings die oben besprochene eigentümliche Knorpelplatte, welche sich nach Jaekel bei Pleuracanthus vom ersten Kiemenbogen nach dem Hyoid hinüberlegen soll, ein rätselhaftes, im Plan des RKiemenbogenskeletts ganz überflüssiges Gebilde. Da aber die Hypobranchialia sehr wohl von den Copulis unterschiedene und unterscheidbare Gebilde sind, so könnte und sollte neben den von Jaekel als Hypohyalia bezeichneten Knorpeln auch noch eine Copula vorhanden sein und man kann sie leicht in der fraglichen medianen Platte erkennen. Es sucht ja bei fast allen Haien der erste Kiemenbogen mit seinem keratobran- chialen Glied (meist ist das Hypobranchiale hier sehr reduziert) eine enge Verbindung mit dem Hvoidbogen und besonders mit der lingualen Copula, warum nicht vielleicht auch hier? Das einzig Unregelmälsige wäre, dals „hypohyale* Gebilde hier zu eimer selbständigen jugularen Symphyse kommen und der Lingualknorpel etwas hinter diese Symphyse gerückt wäre (abgesehen davon, dals Hypohyalia bei Elasmobranchiern noch nieht beobachtet sind). — Aber sind nicht bei Plewracanthus selbst die Copulae der drei ersten Branchialbogen durch die mediane Längsvereimigung der Hypobranchialia ganz verdrängt? Ist nicht eine solche Verdrängung bei Chlamydoselachus vom ersten zum zweiten und dritten Bogen stadienweise zu beobachten; ist nicht ähnliches am vorderen Kiemengerüst bei den Spinaciden sehr deutlich? Ist nicht bei Chlamydoselachus selbst infolge der sehr geringen Kehlbreite die basihyale i. e. linguale Copula sehr in die Länge gezogen und teilweise so sehr nach oben gedrängt. dafs die Keratohyalia selbst hinten unten (postlingual) nahezu zu einer ventralen Symphyse gelangen. Bewirkt dies nicht, dals die Verbindung des ersten Branchialbogens mit der lingualen Copnla nur durch die Entwickelung jener etwas aulsergewöhnlichen, weit nach hinten vorspringenden lateromedialen „angles of that eartilage“ (basihyal), welche Jaekel so eigentümlich verwechselt und obendrein theoretisch zu verwerten gesucht hat —, möglich wurde? Es könnten hier grofse prinzipielle Ähnlichkeiten bei immerhin grolser morpho- logischer Verschiedenheit vorliegen, wenn wirklich, was mir sehr zweifelhaft ist, die in Rede stehenden Gebilde überhaupt zum Hyoidbogen gehören. Hypohyalia sind bei Selachiern, wie erwähnt, noch nie beobachtet und wir haben allen Grund, sie anders zu deuten. Es liegen zu ihrer Interpretation nun noch zwei Möglichkeiten vor, von welchen wir die eine gleich besprechen wollen. Schon Koken hat das in Rede stehende Gebilde vor dem Hyoidhorn beobachtet, hat aber nichts Rechtes damit anzufangen gewulst. Ähnlich nun wie die Hyoid- hörner bei Chlamydoselachus sich hinter der Copula nahezu berühren, ähnlich wäre eine Symphysenbildung derselben vor der lingualen Copula keine Unmöglichkeit, sobald an dritter Stelle Gründe vorhanden sind, dals die Copula nach hinten rückt; es würden in diesem — 2 — Falle die Hyoidhörner in die Funktion der lingualen Copula rücken und es wäre eine endliche Abgliederung zweier symphysealer Stücke nur eine weitere Konsequenz. Eine solche Abgliederung könnte aber nur eine ursprünglich pathologische Bildung sein und als solche ist sie mir so lange verdächtig, bis gar keine andere Ursache zur Erklärung ausfindig zu machen ist. Es bleibt uns aber noch eine Möglichkeit, die der „Angliederung“, auf welche wir aber erst unten zurückkommen können. Zunächst möchte ich nur diesbezüglich betonen, dals mir die Lagerung der fraglichen Gebilde, wie sie Koken und Jaekel nach dem berühmten Prachtstück der Jordanschen Sammlung (vergl. Kner, Tafel VI, Fig. 1) angeben, durchaus nicht so sicher gestellt scheint." Darnach richtet sich die frontale Diaphyse der Ceratohyale nur nach dem sogenannten Hypohyale. Eine ausgezeichnete Figur bei Fritsch (Fauna der Gaskohle, Band III, Heft 1, Tafel 96, Fig. 1), welche ich in Fig. 3 mit Fig. 2 (nach Koken und Jaekel) zu vergleichen bitte, zeigt das Hyoid mit seinem frontalen Ende nach der Mitte, d. h. nach dem Linguale umgebogen und setzt an diesem breit an! Das sogenannte „Hypohyale* ist auch da, aber scheinbar normal mit seiner hinteren Spitze deutlich in den Winkel zwischen Hyoid und Mandibel eimgeschaltet; ein Stück der Sammlung des Herrn Professor Felix zeigt auch die Hyoidea in einer mehr der Fritschschen Figur entsprechenden Lage, die mir viel natürlicher dünkt. Auch ist zu bedenken, dals das Jordansche Prachtstück, das eine direkte diaphyseale Angliederung von Hyoid und dem fraglichen Hypohyale auf der rechten Seite zeigt, gerade da die stärkste Zerstörung aller Teile aufweist; auf der linken Seite der Figur scheint einerseits das Hyoid sich mehr an die Copula anzuschlielsen und das fragliche Hypohyale mehr die Lage zu haben, wie es Fig. 3 darstellt. Auf die weitere Deutung kommen wir unten zurück. Was also in dem Verhalten des Hyoid- und Kiemenbogenskeletts Verwandtschattliches zwischen Pleuracanthus und Ohlamydoselachus gefunden werden kann, ist nicht mehr und nicht weniger, als dals man behaupten kann, beide seien Elasmobranchier. Chlamydoselachus steht hierin den Notidaniden viel näher als Pleuracanthus beiden. Pleuracanthus hat indessen das Gegenteil von primitiven Eigenschaften, die ihm Jaekel zuerkennen möchte; er ist ziemlich stark reduziert und vereinfacht, er steht, wenn die Restanrationen sachlich richtig sind. im allgemeinen fast auf dem Reduktionsstadium der Spinaciden. ' Es wäre zur Entscheidung dieser Frage wichtig, dals das alte Jordansche Material in guten Abbildungen nochmals publiziert würde. —65 — Ein anderer Punkt der Jaekelschen Studie über Pleuracanthiden verlangt eine kurze Besprechung, sowohl um kritisch die Reihe der morphologischen Auffassungen, auf welche dieser Autor seine Systematik gründet, durchzugehen, als auch, weil man ihn mit demselben Recht wie die eben besprochenen hinsichtlich der Verbindung von Pleuracanthus mit Chlamydoselachus als Gemeinschaft primitiver Merkmale anführen könnte: es betrifft das Fehlen von Labialknorpeln, welche man bei Pleuracanthus gemäls der starken Verkalkung aller Knorpel, wenn sie vorhanden gewesen wären, auch verkalkt und fossilisationsfähig vorgebildet voraussetzen muls. Auf Grund dieses Fehlens bei Plewra- canthus polemisiert Jaekel gegen die Anffassung, dals diese Knorpel primäre viscerale Bogenelemente darstellen. Die Sache hat aber noch eine andere Seite, von der sie sich anders ausnimmt, als von dem Verhalten bei Pleuracanthus, das uns kem Paradigma werden darf. Bekanntlich haben die Holocephalen reich entwickelte Lippenknorpel. Diese Lippen- knorpel, welche Hubrecht (vgl. Bronn. Class. u. Ordn., Pisces, Taf. VIII) nicht ganz richtig deutete, hat B. Vetter schon früher (‚Jenaische Zeitschr. Bd. XII) nebenher, aber im wesent- lichen richtig dargestellt; besonders wurde ihren Nerven und Muskeln nach die volle Identität mit dem Labialsystem der Plagiostomen festgestellt. Verfasser dieses hat im Geolog. Magazine 1895, S. 386 bei der Besprechung der Lippenknorpel von Squaloraja auch die der Holocephalen nochmals einer detailierteren Darstellung unterzogen. Die Holocephalen sind nun zweifelsohne ältere Typen als die Pleura- canthiden, sie sind jedenfalls devonisch (bezüglich sonstiger Alterskennzeichen verweise ich O0. Jaekel auf die Ausführungen von E. Koken in Zeitschr. d. d. geolog. Ges. 1891, S. 156). Haben nmım die Holocephalen mit den vielen lebenden Plagiostomen das gleiche Lippenknorpelsystem gemeinsam, so kann ihr Fehlen bei Pleuracanthus nicht von vorneherein primär sein. Die Lippenknorpel sind jedenfalls Rudimente und bei solchen genügen geringe Ursachen, um sie ganz zu unterdrücken. Diesbezüglich lälst sich folgende Erschemung leicht erkennen: bei sonst normaler Körper- und Kopfform sind die Lippenknorpel bei denjenigen Haien am stärksten entwickelt, bei denen die Kiefer einer entschiedenen „Plagiostomie*“ entsprechend ventral ziemlich quer zu der Längsaxe des Kopfes gestellt sind. Es scheint dies natürlich, weil die Labialgebilde bei solcher Stellung in ihrer in gewisser Hinsicht fixierten Lage an den Kieferknorpeln nach der Seite des Rostrums zu am wenigsten im Wachstum und in der Wirkung gehindert sind. Sie sind daher bei den Rochen noch stark entfaltet, wo sie aber allmählich (auch umgekehrt gegen das Rostrum gedrängt) mehr und mehr in die Nasenklappe aufgenommen werden. woselbst sie dann erst verschwinden. Bei den Plagiostomen werden — 64 — sie bei mehr deutlicher rostrolateraler Kieferstellung nach dem (Quadratgelenk zu gedrängt, Das Verschwinden derselben von Hexanchus zu Heptanchus ist hiefür ganz charakteristisch. Chlamydoselachus mit seiner fast ganz teleostomen Kieferstellung (an elongate body, an anterior mouth, a most extensive gap give it a remote resemblance to certain ophidia: Garman |. ce. p. 1) hat keine Lippenknorpel, sie sind nach meiner Ansicht nach hinten verdrängt. Schon Doederlein erwähnt bei Pleuracanthus die teleostomenartige Stellung der Kiefer und so kann auch von dieser Seite aus dem Fehlen der Lippenknorpel keine unbedingt primitive Bedeutung zuerkannt werden. Wir sehen in Unterstützung dieser An- sicht. den infraorbitalen Teil des Palatoquadratums in einer Weise, wie es sonst bei keinem lebenden Elasmobranchier der Fall ist, das Auge von hinten her nach aulsen unterschieben: jedenfalls bedeutet dies eine stark lateral-externe Stellung, welche notwendig auf die Ver- drängung der Labialbildungen zurückwirken muls. Dafs ein Arrangement und eine Funktions- änderung, wie wir sie bei Acanthodes letzthin dargestellt haben, das Fehlen von Labial- knorpeln bei diesem alten Typus von vornherein verständlich macht. braucht wohl nicht weiter betont zu werden. In ähnlicher Weise, wie in dieser Frage giebt O0. Jaekel auch in Bezug auf das Problem der „submentalen“ Knorpel (vgl. Terminus bei Gegenbaur, Untersuch., Heft III, S. 209) sein Urteil, freilich ohne jede Benutzung zoologischer Litteratur, ab. Pleuracanthus besitzt nach seiner Meinung submentale Radien nicht und so macht ihn sowohl dies, als auch der Umstand an ihrer Deutung als primitive Elemente stutzig, dals sie gerade bei so hoch entwickelten Selachiern (Seylliiden) und bei diesen allein unter den lebenden Vertretern bewahrt sein sollen. Und dennoch gehören diese Knorpel dem Urbauplan des Kieferskeletts an und müssen auch von den primitiven Bauelementen, seien es nun radiale oder arcuale Elemente des Kiefer - Kiemenbogenskeletts, abgeleitet werden; wir wollten hierbei nur vergleichend- phylogenetisch vorgehen und die physiologische Erwägung nur kurz pomtieren, nach der einer Neuentstehung eines solchen Knorpels wichtige Veränderungen in den Weichteilen und deren Funktionen vorhergehen sollten. Die Ansicht von einem pilzartigen Aufschielsen eines Knorpels, für den im weiteren Umkreis keine Funktion, keine physiologische 3eziehung zu erkennen ist, enthält zu viel Phantastisches, und wir sind daher gewohnt, Knorpelgebilde dieser Charakteristik mit Recht als funktionslos gewordene KRudimente anzusehen. au. Auch hier sind wieder die lebenden und fossilen Holocephalen wichtig, die Jaekel nicht oder nur wenig berücksichtigt. Auch diese besitzen in der That die submentalen Knorpel und es gilt hier derselbe Schluls wie oben: sind dieselben den Seylliiden (die trotz ihrer „hohen Entwickelung“ noch mehrere andere recht primitive Merkmale zum Teil sogar mit den Holocephalen bewahrt haben) gemeinsam, so kommen sie ebenfalls deren Vorfahren zu, wenngleich sie bei denselben sehr selten in das Reifestadium aus der Ontogenese hinübergerettet werden. Dals die Holocephalen wirklich die submentalen Knorpel besitzen, das hat Solger, Morphol. Jahrb. 1875, dargestellt. Verfasser dieses ist in Geogn. Jahreshefte, 1890, S. 3—4, hierauf kurz eingegangen; auch ist die Solgersche Deutung in Bronn, Rl. u. Ordn. d. Th., Pisces 8. 56, aufgenommen. Es genügt das in letzterem Werke über das Skelett der Elasmo- branchier Vorgebrachte vollständig für einen Paläontologen, dem es nicht möglich sein sollte, die übrige zoologische Original- und Speziallitteratur in ausreichender Weise zu benutzen. Warum erscheinen aber nun diese Knorpel, wenn sie primitive Elemente sein sollen, bei den Elasmobranchiern so selten? Wir müssen hierauf kurz eingehen! Ein primitives branchiales Element ist nicht nur durch einen Skelettteil angedeutet, sondern auch durch die segmental mit ihm angelegten Muskeln, Nerven und Blutgefälse; so scheint auch die submentale Region bei den Fischen nicht nur diese „submentalen“ Knorpel als Kennzeichen alter Teile des oralen Planes zu besitzen. B. Vetter hat bei den Ganoiden und Knochen- fischen einen Muskel zwischen den vordersten Unterkiefern (den M. intermandibularis) be- schrieben, der zur visceralen, ursprünglich segmental (branchiomer) entstehenden Ring- muskulatur gehört und hier völlig selbständig bleibt. Vetter hat weiterhin festgestellt. dals dieser Muskel bei den Elasmobranchiern mit der oberflächlichen, am Unterkiefer inserierenden Partie der ventralen Hyoid-Ringmuskulatur verschmilzt, trotzdem er von Zweigen der Kiefernerven versorgt wird; Vetter, der den Kieferadduktor noch für homolog dem Kiemenbogenadduktor ansah, hielt ihn für den Rest eines Kiefer-Ringmuskels. A. Dohrn hat nun aber festgestellt, dals die dem Palatoquadratum und der Mandibel branchiomer zugehörigen Ringmuskeln allein durch den grolsen Add. mandibularis repräsentiert sind; also wird darnach der „Intermandibularis® ein überzähliges Element. Nun hat Parker auch bei Amphibien nachgewiesen, dals in der Ontogenese praemandibular ein Knorpelehen entsteht, welches im Laufe der Entwickelung zwischen die Unterkiefer in die Symphyse eingeschaltet wird und als sogenanntes Mento-Meckelianum verknöchert. Dieses Mento - Meckelianum, dessen Entstehung der eines praeoralen Elements gleicht, haben aber auch Ganoiden, Abhand. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX g oe z. B. Amia und damit scheint auch für den bei ihnen auftretenden Muse. intermandibularis das segmental zugehörige Knorpelelement gegeben zu sein. Dieser Muskel ist bei Ganoiden und Teleostieren frei, wohl weil die eigentliche, am Unterkiefer inserierende oberflächliche Hyoid-Ringmuskelschicht eine grolse Umgestaltung erfährt. Bei Elasmobranchiern ist der Intermandibularis mit dieser letzteren eingeschmolzen zur Beherrschung des in gewaltigem Übergewicht entwickelten knorpeligen Kiefers; daher werden auch die submentalen Knorpel ganz bedeutungslos und verschwinden in den meisten Fällen. Dafs nun diese Knorpel bei den Holocephalen so stark entwickelt sind,! das hat dieselbe Ursache, wie die reiche Labialknorpel-Entwickelung derselben: die Zahnbildung ist reduziert (wenn auch die einzeln vorhandenen Zähne relativ grols sind), die Kiefer sind sehr verkürzt, die Autostylie ist eingetreten und die praeoralen Elemente haben daher nach vorn und aufsen den freiesten Spielraum. Ob Ähnliches vielleicht auch für die Seylliiden mit breit auseinander stehenden Kiefern mit kleinen, nach vorn gelegenen und vor den Kiemen- öffnungen relativ weit entfernter Mundspalte gilt, wage ich nicht zu sagen, glaube aber platzschaffende Momente zu kennen, welche in ähnlicher Weise wirken könnten (vgl. S. 33), wie bei den Holocephalen. Bei den Teleostomen endlich tritt der Mandibularknorpel als Meckelscher Knorpel sehr zurück, da die Kieferfunktion von den selbständig bewegten dermalen Knochen besorgt wird: infolge davon können auch praemandibulare Knorpelelemente wieder zu einer höheren Bedeutung gelangen, welche bei Elasmobranchiern eben durch die substantielle und dynamische Praevalenz der Mandibularknorpel funktionslos wurden. Andererseits wird bei Teleostomen durch die Entstehung des ganz neuen dermalen Opercular- und Branchio- stegalapparates das Hyoid mit seiner Muskulatur nach hinten gezogen, letztere in ihrem Ansatz und Fasernverlauf sehr geändert und so die Verbindung mit dem Intermandibularis gelöst, wodurch weiterhin die Selbständigkeit intermandibularer (= submentaler) Elemente erhöht werden konnte. Wenn wir nun bei Pleuracanthus das einzige Gebilde, das ohne Vorurteil als linguale Copula gedeutet wird, auch als solches deuten und in normaler Weise hier auch das frontale Hyoidende annehmen, so müssen wir bemerken, dafs hier aus irgend einem Grunde (vergl. unten) die Lingualregion sehr weit aboralwärts gerückt ist und hierdurch auch die Möglichkeit stärkerer Reifeentwickelung intermandibularer Gebilde gegeben ist. ı Bei den fossilen holocephalen Myriacanthiden bilden die submentalen Knorpel die starke Stütze eines im Gewebe der Unterlippe zunächst den distalen Enden dieser Knorpel auf der Aufsenseite des Mandibular- knorpels befestigten medianen Stachelzahnes (vergl. Geological Magazine 1895, S. 388, Tafel XII, Fig. 3). Fran Ich glaube daher, dals die Knorpel, welche Jaekel Hypohyalia nennt und welche, wie wir oben ausgeführt haben, bei Elasmobranchiern ein ganz fremdartiges Element im Hyoidbogen darstellen, dals diese Knorpel den submentalen Knorpel der Seylliiden und Holocephalen entsprechen. Sehr spricht dafür die Lage dieser Knorpel bei dem Exem- plar von A. Fritsch, vgl. Fig. 3, Taf. I unten. Wenn nun unsere Ansicht riehtig ist, dals der M. intermandibularis ein diesen sub- mentalen Knorpeln segmental zugehöriger Ringmuskel ist und wenn dieser Muskel bei den Elasmobranehiern mit der äufseren mandibularen Schieht der Hyoidmuskulatur verschmilzt, so ist eine engere Anlagerung der dem Unterkieferunterrand sonst angelagerten Submentalia und der gleichartig gelagerten Hyoidea durchaus nichts Überraschendes. Nach dieser Auf- fassung ist auch die von Jaekel so sehr verkannte linguale Copula an ihrer richtigen Stelle und unser obiger Rechtfertigungsversuch einer Deutung der vor dem Zungenbeinbogen liegenden Knorpel als von der lingualen Copula verschiedene „Hypohyalia“ ganz überflüssig. Unter gar keinen Umständen können aber die erwähnten „intermandibularen“ Bildungen, mögen sie sein, was sie wollen, in stammesgeschichtlicher Hinsicht für die Plewracanthiden ausgebeutet werden. Einer weiteren primitiven Eigenschaft bei Pleuracanthiden, welche Jaekel gefunden zu haben glaubt, muls mit grofsen Zweifeln entgegengetreten werden. Er glaubt am Pala- toquadratum Kiemenradien entdeckt zu haben, welche abweichend von dem Verhalten der sog. Spitzlochknorpel, als Träger einer äulseren Membran, am äufseren Hinterrand des oberen Teils des Quadratkiels ansitzen und über das Hyo- mandibulare hinübergreifen sollen. Diese Gebilde wurden von ihm an einem ein- zigen Exemplar von der Innenseite der Kiefer aus durch Präparation nach dem Gestein zu blolsgelegt, wobei die Lage der Skelettteile verhinderte, den ganzen Hinterrand des Ober- kiefers frei zu machen! Dies ist eine sehr prekäre Sache: weils man ja nie, ob unter den Skelettteilen (also hier unter dem Oberkiefer) noch andere Teile unterlagern (vielleicht die Hyo- mandibel, vielleicht Kiemenbogen), deren Radien unter dem Hinterrand des Palatoquadratum hervor schauend, demselben anzusitzen scheinen. Es ist sogar die wichtige Möglichkeit in Betracht zu ziehen, ob nicht die Hyoid- und Hyomandibularradien, wie sie bei Notidaniden (vgl. Gegenbaur, Unters.. Heft III, 179) an die Mandibel bezw. an das Palatoquadratum rücken und ihren Zusammenhang mit dem Hyoidbogen verlieren, auch hier am Hinderrand des Palatoquadratums ihre Betesti- gung finden, was sich vielleicht auch durch das Verschwinden des oberen Hyomandibularendes 9% 68 — unter dem Palatoquadratum rechtfertigen lielse. Diese Erscheinung der Verrückung der Hyo-Radien vom postoralen Bogen zum oralen hat seine tiefere Begründung darin, dals der ganze Ringmuskel (dem die Hyo-Radien zur Stütze dienen) am Palatoquadrathinterrand und Mandibelunterrand seinen Ursprung hat, was bei Notidaniden in besonders starkem Malse der Fall ist. Nun hat A. Fritsch mit Recht betont, dafs die Hyomandibel von Pleura- canthus von der Seite gesehen stets unter dem Palatoquadratum liege; an keinem der bisher veröffentlichten Exemplare ist die Hyomandibel deutlich zu erkennen und nur an einzelnen der von mir untersuchten Stücke sah ich dessen Unterende wie auch bei Acanthodes hinter dem unteren Quadratabschnitt des Palatoquadratums auftauchen. Nirgends ist das Lageverhältnis so, wie es Jaekel in seiner Restauration darstellt, wie es allerdings auch sein mülste, wenn seine in Rede stehende Hypothese möglich wäre. Abgesehen hiervon ist es ganz undenkbar, dals bei einer dem gewöhnlichen Verhalten bei so vielen Elasmobranchiern ganz entsprechenden, engen Anlagerung des Hyoidbogens an den Kieferbogen und bei einer Entwickelung der Hyoid-Hyomandibularfalte mit ihren Radien zu einer immerhin bemerkbaren Opereularfalte ein Bestehen des Spritzlochs in solcher höchst primitiven Ausdehnung und in solcher ursprünglichen Gestaltung von Begleitmomenten bestehen bleiben kann Aulserdem möchte ich noch meinen, dafs bei dem so voluminös entwickelten Quadratteil und der stark lateralen Kieferstellung, deren Wirkung sich hinten am meisten äufsert, eine so ausgedehnte Spritzlochspalte gar nicht erhalten bleiben kann. Bei den Batoiden und typischeren Quermäulern ist das Spritzloch mit seinen Knorpeln wohl entwickelt. Wenn bei den Rochen die von der degenerierenden Zahnbildung ausgehende Reduktion in Länge und in Stellung der Kiefer nicht eine bessere Entfaltung der Spritz- löcher gestattete, wäre die Art ihrer Lebensweise ganz unmöglich. Merkwürdiger Weise verschwinden bei den Notidaniden (wo die Labialknorpel ganz gradweise verschwinden) auch die Spritzlochknorpel und die Spritzlöcher werden klein. Zlewracanthus hat nun mit den Notidaniden nahezu deckende Form, Gröfse und Stellung des Oberkiefers und trotzdem sollten hier die ursprünglichsten Verhältnisse vorliegen? Hier, wo alles so gebildet ist, dals es bei den bekannten lebenden Formen gerade die Bedingung zur Reduktion schon eines nur durchschnittlich entwickelten Spritzlochbestandes darstellt ? Auch bei Chlamydoselachus ist das Spritzloch klein und der Knorpel fehlt ganz, wie auch die Lippenknorpel nicht vorhanden sind. Trotzdem der Quadratteil des Palatoquadratums hier nicht so voluminös vorliegt, verengert doch die sehr laterale Kieferstellung mit der aufserordentlich langen Mundspalte und dem starken Schlundraum bei dorsoventraler Kom- — 69 — pression der Teile die hintere Ausdehnung der skelettären Partieen: dabei ist zu bedenken, dals wenn auch die geringere Stärke des Palatoquadrats an jüngere Haie (von den Spinaeiden abwärts) erinnert, doch hier noch etwas vorliegt, was auf das Verhalten bei den Notidaniden hinweilst, nämlich die sehr schief nach vorne gerichtete Lage der Hyomandibel, die bei den erwähnten lebenden Haien vom jüngeren Typus seltener einfach senkrecht, aber meist auf- wärts und etwas nach hinten gerichtet ist!. Auch ein anderes Moment könnte hier noch zur Reduktion des Spritzlochs einwirken, worüber Garman eine feine Bemerkung macht (l. e. p. 2): as is to be expected in connection with large branchial apertures, the spiracles are very small. Ich will hier noch kurz bemerken, dals mir sehr wohl bekannt ist, dals nach den ontogenetischen Untersuchungen von Dohrn u. a. die Spritzlochknorpel gar nicht als Radien des Oberkiefers entstehen, sondern als Teile eines selbständigen Branchialsegments:; auch aus diesem Grunde ist ein Verhalten wie es Jaekel bei Pleuracanthus annimmt, von vorne herein höchst unwahrscheinlich. Wie Jaekel übrigens die deutlichen Kiemenradien bei Pleuracanthus milsverstehen kann und sagt, dals sie „mehr den Eindruck von Verbindungsstücken der Bogen als eigent- licher Kiemenradien machen“ ist ebenso an und für sich unverständlich, als die neue Deutung selbst morphologisch und physiologisch jeder Begründung entbehrt. „Äussere Kiemenbogen fehlen bei Pleuracanthus; dieselben können wohl auch bei Jüngeren Haien nur als sekundäre Bildung in der Haut entstanden sein, nachdem der oben besprochene Deckel verkümmert war“ (Jaekel, 1. e. 75). Was das entwicklungsgeschichtliche Alter dieser extrabranchialen Knorpel betrifft, so lälst sich daraus ein Schlufs ziehen, dals der lebende Notidanus einerseits und Cestracion andererseits äulsere Bogen besitzen. Notidanus ist nun schon jurassisch und die Cestra- eioniden sind in ihren typischsten Vertretern jurassisch und triassisch: die Notidaniden stammen nun sicher von Hybodontiden und haben mit den Cestracioniden im engeren Sinne nichts unmittelbar gemein; die Hybodontiden sind aber auch überwiegend triassisch, also älter’; die Vorfahren beider letzten Gruppen (der Cestracioniden in weiterem ! Diese primitive Stellung des Hyom. zeigen auch unter den Teleostomen die Acipenseroiden gegen- über den Lepidosteiden. ?2 Dals die Extrabranchialknorpel bei Hybodus noch nicht beobachtet sind, beweist nichts; sie sind eben nicht verkalkt; gerade so wie auch die Kiemenradien bei Hybodus, welche mit den Extrabranchialknorpeln dieselbe Entstehung und ähnliche Funktion haben und doch sicher vorhanden waren, nieht verkalkt sind ee Sinne) müssen also schon die äufseren Bogen besessen haben, es waren vortriassische Selachier und mindestens permisch, standen also zeitlich den Pleuracanthiden sehr nahe. Welche Bedeutung hat nun das Fehlen dieser Bildungen bei Pleuracanthiden? Gar keine, wenigstens keine in dem Sinne wie Jaekel meint. Was die Ontogenese der äulseren Bogen betrifft so muss ich Jaekel auf die Mit- teilungen der Zoologischen Station in Neapel verweisen: es sind die zwei am meisten dorsal bezw. ventral stehenden Radien nach Dohrn um die distalen Enden der intermediären Radien einfach herumgewachsen; sie sind durchaus nicht, wie Jaekel meint, „in der Haut“ ent- standen: „in der Haut“ entstehen überhaupt nur die sexuellen Knorpel. Die extrabran- chialen Knorpel sind wahrscheinlich schon so alt als die Ringmuskulatur alt ist, deren wichtigste Stütze sie bilden: also wohl so alt als die Elasmobranchier selbst. Nach oben zitierter Äufserung nimmt nun Jaekel an, dals diese äufseren Bogen erst entstanden seien. nachdem der „Deckel“ verkümmert war. Also die älteren primitiven Elasmobranchier haben darnach Kiemendeckel etwa nach Art der Holocephalen besessen ? So grols mülste der Deckel ja jedenfalls sein; er mülste in seinen Wirkungen bis zum letzten Bogen reichen, wenn sein Verschwinden eine Ersatzbildung in den extrabranchialen Knorpeln an sämtlichen Bogen verursachen sollte. Da die Aktionsfähigkeit am Hyomandibulare eine relativ geringe und seine Wirkung in die Ferne unbedeutend ist, so mülste die Wirkung von einem flächenhaft und substanziell bis zum Schultergürtel ausgedehnten, wirklichen Deckel ausgeübt werden; eine etwas vorstehende Hyoidfalte, wie bei Chlamydoselachus und anderen Haien, reicht dazu nicht aus und diese „anderen Haie“ haben auch alle extrabranchiale Knorpel; wie kann da das Verschwinden der Falte Ursache der letzteren sein? Eine anatomisch- physiologische Grundanschauung, welche nur eine schwache Berechtigung hätte, kann also für diese Behauptung Jaekels nicht angeführt werden. Wie entstehen nun überhaupt solche „Deckel“? Was sind die Begleiterscheinungen ihrer Entstehung? Eine Ausbreitung der Hyoidfalte über den ersten Bogen und eine Stütze derselben durch grölsere, oft verschmolzene Radien ist bei Elasmobranchiern nicht zu selten; hierfür ist festzustellen, dals die Formen, die ein normales Kiemengerüste haben, am geringsten diese etwas vorstehende Falte zeigen, wo aber die Hyoidfalten und ihre Stützen etwas grölser und stärker werden, da zeigt es sich, wenigstens bei den Plagiostomen, dals auch das Kiemengerüst Reduktionen erfahren hat, dals ein nicht primitives Zusammenrücken der Bogen stattgefunden hat, was sich besonders in Eliminationen und Verschmelzungen im System der Hypohyalia und Copulae darstellt. Sehr wohl bemerkbar ist dies gerade bei Te Chlamydoselachus und ein kaum höheres Mals hatte diese Bildung bei Pleuracanthus erreicht.! Bei Pleuracanthus finden sich auch, wie dargestellt, im ventralen Hyoidskelett und dem ventralen Systeme der ohnehin schwachen Kiemenbogen sehr bemerkbare Eliminationen und Verschmelzungen, besonders aber eine geringe orale Erstreckung des Hyoids (vergl. unten), welche sich in einer etwas grölseren Ausdehnung seiner Radien nach hinten bemerkbar machen kann. Es giebt nun gar keinen anderen Ausweg bei dieser Frage, entweder ist eine wirkliche Ausdehnung der Hyoidfalte Ursache der Konzentration der Branchialbogen oder eine anderweitig verursachte Konzentration des Branchialskeletts ist Ursache der relativen Ausdehnung der Hyoidfalte. Unter allen Umständen ist diese Falte aber etwas durchaus Sekundäres. Bei der sehr hoch entwickelten Opercularfalte der Holocephalen spielen hier noch andere Umstände mit, nämlich vor allem eine Verengerung des Branchialraums von hinten durch die Gelenkung des aus zwölf sehr kontrahierten Wirbelsegmenten und Flossenknorpeln entstandenen neuralen Stützgehäuses der stacheltragenden Dorsalis mit dem Schädel und ein hiermit verbundenes Vorrücken des Schultergürtels. Gleichzeitig geschah durch die Ver- schmelzung der verkürzten Oberkiefer mit dem Schädel (auch von der plattig degenerierten Zahnbildung ausgehend) durch die entsprechende Reduktion des Unterkiefers mit der Rück- bildung des Hyomandibulare ein Raumgewinnst vor dem Kiemenkorb. so dals hier weniger Verschmelzungen im ventralen Branchialskelett eintraten. Nicht in gleicher Weise hat sich dabei das Hyoid reduziert; es ist mit Radien und seinem Ringmuskel in einem der Schädel- grölse entsprechenden Verhältnis geblieben und steht daher gegen den Kiemenkorb relativ überwiegend da. Woher dies kommt, das wollen wir im Anschluls an eine genauere Dar- stellung der Verhältnisse von Chimaera an anderer Stelle erörtern. ‘ Bei der Zusammendrückung, die fossil überlieferte Fischreste erlitten haben, ist natürlich der Sehultergürtel etwas nach dem Kiemenraum zu vorgerückt, umgekehrt die divergierend gespreizten Kiefer mit dem eng angelegten Hyoidbogen etwas nach hinten verschoben, so dass die Hyoidfalte weiter zu reichen scheint, als sie wirklich gereicht hat. Zwischen Schultergürtel und Oceipitalgelenk (dessen Lage vertikal ungefähr dem Kiefergelenk entspricht) lassen sich bei Pleuracanthus mindestens acht Wirbelsegmente zählen, auf welche sich fünf hinter dem Gelenk liegende Kiemenbogen verteilen; die Radien der Hyoids reichen jedenfalls nicht bis zum zweiten Bogen hin. Eine „Deckelbildung‘ im eigentlichen Sinne kann also gar nicht vorliegen; es fehlen auch die hierbei stets zu bemerkenden Verschmelzungen der Radien, welche im dorsalen Segment immer stärker sind. Dies ist aber bei Pleuracanthiden nicht der Fall; im gewissen Sinne liegt sogar das umgekehrte Verhalten vor, da die dorsalen Radien ganz bedeutend zärter sind, als die ventralen. Ob nun ein vollständig gleiches Moment, wie bei Holocephalen, auch bei Pleuracanthus in geringerem Malse vorliegt, das ist mir sehr zweifelhaft; denn es ist durchaus nicht so sicher, ob der mit dem Kopf verbundene Stachel, wie Jaekel meint, ursprünglich Flossen- stachel war. Ein Flossenstachel als solcher kann niemals an den Schädel rücken, sondern nur in Verbindung mit einem Flossenknorpel und dies scheint hier nicht der Fall zu sein. Die Stellung der ersten Dorsalis ist bei den Fischen die zwischen der Peectoralis und Ventralis; wenn sie sich auch dem Schultergürtel nähert, so tritt sie doch erst bei solchen Typen auf den Kopf selbst über, bei welchen auch die Ventralis ihre abdominale Stellung verlälst, gleichfalls nach vorne rückt und einesteils thoracal oder gar jugular steht. Bei Holocephalen stehen Schultergürtel und Dorsalflosse neben- oder übereinander: ebenso stehen bei denjenigen Acanthodiern, bei denen die Dorsalis am weitesten vorrückt, Schulter- gürtel und Dorsalis nur senkrecht übereinander. Bei hochdifferenzierten Teleostomen ist solche Bildung auch nur unter der gleichzeitigen innigsten Verbindung des Schultergürtels mit dem Schädel möglich, welche in gewisser Beziehung schon bei allen Teleostomen existiert. Bei Elasmobranchiern zeigten die Pleuracanthiden den einzigen Fall, welcher eine weit vor dem Scapulare stehende Dorsalis demonstrierte, wenn (?) ein Beweis vorläge, dafs ihr Stachel wirklich ein Flossenstachel wäre. Eine gewisse Strukturähnlichkeit mit Flossenstacheln allein ist nicht beweisend, da gleiche Schichtdifferenzierungen wie an den Flossen- stacheln auch bei den an Knorpelteilen flächenhaft anliegenden Oracanthus- Kopfstacheln und sogar Holocephalenzähnen vorkommen. — Es ist indessen merkwürdig, dals Jaekel diesen Stacheln auch dadurch zu einem Flossenstachel stempeln will, dals er ihn zu den als Stachel modifizierten Hautschuppen der Centrobatiden in Gegensatz setzt und sagt, dals sich „etwas“ Ähnliches nirgends bei Haien und Rochen wieder- findet.“ Was sind aber die vielgenannten lateralen Cranialstacheln von Menaspis; sie sind morphologisch viel flossenstachelähnlicher als der Pleuracanthidenstachel und man wird sie doch nicht etwa von Stacheln der paarigen Brustflossen ableiten sollen (vergl. unten über die Struktur des Hautskeletts) ? Um dieser Frage bei Pleuracanthus näher zu treten, müssen wir festzustellen suchen, in welcher Weise der Cranialstachel zur Wirkung kommt. Ein Grundeharakter aller Flossenstacheln ist ihre Fähigkeit als Kiel für die Vorwärtsbewegung zu wirken; eine scharfe vordere Schneide fehlt nie. weil dieselbe in natürlicher Weise dem vorderen Flossenknorpel eigen ist, «durch dessen Gestalt und Querschnitt auch die Gestalt und der Querschnitt des ihm aufsitzenden und sich anschmiegenden Stachels bedingt ist. Dieser (Querschnitt des Ba 1 Knorpels bedingt auch die hintere Area der dermalen Stacheln; dies entspricht der trans- versalen Knorpelabplattung an dem Kontakt des vordersten „Stachelknorpels“ mit dem darauf- folgenden Flossenknorpel. Die beiden seitlichen Kanten der hinteren Area sind meist mit Seitenstachelehen bewehrt. welche aber wegen der (infolge des Anschlusses an die hinteren Flossenknorpel) auch im Stachel herrschenden Eimbiegung der hinteren Kante nach hinten innen und nicht nach anlsen gerichtet sind, demgemäls in der Entwickelungsfolge die Ten- denz zeigen, nach der Medianlinie der Area zu rücken und daselbst unpaare Stachelreihen oder Skulpturkanten zu bilden. Beim Kopfstachel der Pleuracanthiden ist nun dieser Querschnitt nicht vorhanden ; es sind bei Orthacanthus zwar zwei hintere Stachelreihen vorhanden, diese zeigen aber die umgekehrte Entwickelungsrichtung, sie kehren bei den dorsoventral flachen und auch in ihren Wänden dünner werdenden Stacheln von Pleuracanthus und NXenacanthus mehr und mehr auf die Seitenkante. Es zeigt sich hier auch im Querschnitt die umgekehrte Entwickelungs- richtung von der bei den Flossenstacheln, deren Extrem die scharf bilateral komprimierte Form ist (vgl. Acanthodes); bei Pleuracanthus ist es das entgegengesetzte Extrem: die dorsoventral komprimierte Form. Hiermit reiht sich diese Stachelform von Pleuracanthiden der Form der Gentrobatidenstacheln an, d. h. den nicht als Kiel brauchbaren, sondern zu seitlicher Wirkung gebrauchten Waffenstacheln. Es ist zu bedenken, dals die Flossenstachelform keine selbständige mor- phologische Gestaltung des Dermalskeletts, sondern durchaus von der Gestalt der Knorpelanlagerungstläche abhängig ist. Dies muls aber für alle Stacheln gelten, welche sich an Knorpelzapfen anlegen und eigentlich nichts anderes sind, als in Anlagerung an ein Zapfen- wachstum stark konisch gewordene Hautplatten. Dadurch, dals sie nun stärker in die Länge wachsen als die zugehörigen Knorpelzapfen, entsteht distal eine Höhle. welche der jeweiligen älteren Anlagerungshöhle entspricht. Stacheln wie der von Plewracanthus bedingen einen Knorpelzapfen, auf welchem sie basal aufsitzen und sei er noch so kurz. Ein soleher Zapfen, der auf dem Schädel unter dem Winkel aufsitzt, den (vgl. unten) die gewöhnlich bei Pleura- canthus zu beobachtende Stachellage angiebt, mufs dorsoventral oder kann wenigstens nicht bilateral komprimiert sein; dabei ist hier die Bildung einer hinteren Area ebenso natürlich, wie die einer schmalen hinteren Area entsprechende starke Dornenreihe an der hinteren Konkavseite der sehr flossenstachelähnlichen lateralen Cranialstacheln von Menaspis. Ganz aulser- ordentlich grols ist die Konvergenz in (Querschnitt, Form und Bewehrung mit den Stacheln der Myliobatiden, welche eben beweist, dafs die äulsere Form des Kopfstachels nicht für Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 10 einen Flossenstachel sprechen muls:; die innere Höhlung allein kann aber ebenso nicht aus- schlielslich emen Flossenstachel andeuten, sondern kann nur für ein Aufsitzen auf einem Knorpelzapfen angeführt werden. Fritsch hat nun in der That einen solchen kleinen Zapfen bei Xenacanthus entdeckt und ihn als integrierenden Teil des Schädels erkannt; wir werden über seinen Aufbau unten noch Näheres nachtragen. Wenn diese Thatsache selbst nicht beobachtet wäre, so müsste doch die Überlegung hierzu führen. Nach den von Davis (Seientifie Trans- actions. Roy. Dublin Soc. 1892, Vol. IV, S. 2) abgebildeten unteren Enden der Kopf- stacheln von Pleuracanthiden ist dieses fast quer abgestutzt und hat hie und da nur hinten einen schwachen, ganz kurz aufwärts gehenden Schlitz, nicht stärker, wie ihn die bilateral komprimierten Oracanthusstacheln besitzen, ohne dals sie Flossenstacheln sind. Wirkliche Flossenstacheln sitzen auf beweglichen Flossenknorpeln und werden nur durch Muskeln bewegt, welche an diesen Knorpeln wirken: nur diese Knorpel bilden auch die etwaigen Gelenkungen. Angenommen, letzteres wäre hier der Fall, so könnte ein Knorpel, der wie hier vom Stachel rings bis zum Gelenk umschlossen war, gar keine äulsere Fläche darbieten, wo Muskeln inserieren könnten. An dem Flossenstachel selbst sind weder Gelenk- noch Muskelansatzstellen ausgebildet, wie letzteres bei Plakoidgebilden selbst überhaupt nie stattfindet (vgl. Geogn. Jahreshefte 1890, Kap. XIII). Also sitzt, auch darnach zu urteilen, der Stachel unbeweglich auf dem Schädel und ist dann auch kein Flossenstachel. Sälse der Stachel aber mit einem Trageknorpel beweglich auf dem Oceipitalteil des Schädels, so mülste ein Gelenk vorliegen, auch Vorrichtungen da sein, welche das Ausgleiten des Stachels mit seinem Knorpel aus dem Gelenk unmöglich machten; wenn man beachtet, welche Vorrichtungen zum Gebrauch und Schutz des beweglichen Dorsalstachels bei Chimaeriden vorliegen und dals alles Derartige bei Pleuracanthus fehlt, so wird man nicht an seiner Natur als eines fest mit dem Schädel verbundenen Cranialstachels zweifeln (ef. Menaspis und Oracanthus). — Zum Über- tluls ist der craniale Knorpelzapfen von Fritsch beobachtet (vgl. auch unsere Ergän- zungen unten". ! Wenn nun ein Flossenstachel an dem Flossenknorpel seine hauptsächlichste Befestigung hat, so gilt dies für den Pleuracanthidenstachel nicht. Seine Befestigung geschieht offenbar dadurch, dafs die Cutis sich auf die frontale Stachelfläche fortsetzt und wie bei den Holocephalenstacheln zäh mit dem Dentin verwachsen ist; andererseits zeigt eine Abbildung bei Daws (Trans. R. Dubl. Soc. N. S. Vol IV, Taf. LXXII, Fig. IT), dals auf der proximalen Unterseite des Stachels eine Area vorhanden ist, welche eine sehr feste Faser- verwachsung mit der tieferen Cutis kennzeichnet. Diese kann nicht mit der Insertionsbasis eines Flossen- stachels verwechselt werden. Auf Andeutungen einer sehr starken inneren Befestigung im proximalen Teile der Stachelhöhlung kommen wir unten zurück. ee Jaekel meint nun auch, dals die starke Vorbiegung der vordersten Dornfort- sätze darauf hinweise, dals hinter dem Stachel eine Haut ausgespannt war, wie dies schon Brongniart annahm! Es giebt aber noch eine andere, mehr von thatsächlichen Befunden ausgehende Erklärung der Vorbiegung der Dornfortsätze. Der Stachel liegt in den meisten fossil zu beobachtenden Fällen den Dornfortsätzen fast direkt auf! Da diese nun nicht bis an die äulsere Rückenkante hinaufreichen, so bedeutet das gar nichts anderes, als dals der Cranialstachel bei normaler Stellung des Hauptes gar nicht in ganzer Länge frei aus dem Körper hervorragte, sondern offenbar in einer Einfaltung der Haut geborgen, ähnlich dem Flossenstachel von Chimaera, fast auf den Neurapophysen auf- lag. In der That liegt der Stachel stets so, dals unmittelbar hinter seiner Spitze die Träger der Rückentlosse sich mindestens noch einmal so hoch erheben als der Stachel d. h. seine Spitze über dem Chordalumen liegt. Ja! durch die Erstreckung einer solchen, den Stachel voll- ständig in der Medianebene zwischen den Seitenrumpfmuskeln aufnehmenden, tiefen Falte scheint überhaupt die Erstreckung der Rückenflosse nach vorne bestimmt zu sein, da hier gerade der Raum für etwaige Interspinalknorpel durch den Stachel oder seine Falte ein- genommen ist (vgl. Taf. I, Fig. 1). Eine solche Bergung des Kopfstachels, dessen Lage und Haltung man bis jetzt ver- kannte!, bedingte, dals er nur bei genügendem Abbiegen des Kopfes als Waffe gebraucht werden konnte. Diese Bewegung konnte in ausgedehntester Weise gemäls der Form des nur dazu vorhandenen und so stark entwickelten Oceipitaleondylus stattfinden; der Schädel mulste aber hierbei jedenfalls durch aulsergewöhnliche Entwickelungen in der Rumpf-Nackenmuskulatur bewegt und für den Stols mit dem Stachel selbst fixirt werden, was im allgemeinen in Aktion und Gegenaktion auf eine Verkürzung der Entfernung zwischen ı Alle hisherigen Restaurationen zeichnen den Stachel in einer Lage und Stellung, in welcher er notwendig Kielform haben oder, da er jedenfalls ein grolses Hindernis der Bewegung böte, ganz unver- hältnismälsig stärker befestigt gewesen sein mülste, als er es thatsächlich ist. = Wie diese Gelenkbildung nur zum Gebrauche des fest mit dem Cranium verbundenen Stachels da ist, ebenso mülste sie fehlen, wenn der Stachel ein Flossenstachel wäre und sich dahinter (wie Brongniart und Jaekel meinen) eine Flossenhaut befände, welche sogar nach Jaekel auf die Richtung der Dornfortsätze einwirken, also eine mechanisch bedeutsame Beziehung gehabt haben soll. In diesem Falle wäre das Cranium wie bei Notidaniden zweifellos mit der Wirbelsäule starr verbunden; man vergleiche die gewaltigen Ver- schmelzungen in der Wirbelsäule der Holocephalen, welche blos dazu da sind, dem hier beweglichen Flossen- skelett und seinem Stachel eine fixe Unterlage zu geben, um seine Beweglichkeit und seinen Schutz zu sichern. Die Konkreszenzen der Radien der Flossenstachelflossen überhaupt, ihre entschiedene Verbindung mit der Wirbelsäule unter Reduktion der oberen Schlulsstücke u. A. verfolgen dieselbe Tendenz. 10* a Sehultergürtel und Cranium hinarbeitet. Das ist nun ein Umstand, welcher ähnlich wie bei den Holocephalen auf die Verringerung des Branchialraums und eine relative Vergrölse- rung der Hyoidfalte hinwirken könnte, weshalb wir noch näher auf die Mechanik des Stachelgebrauchs eingehen. Lateral kann der Stachel durch die lateralen -Hälften der Rumpf-Rückenmuskulatur bewegt und fixiert werden: rückwärts gebogen und in die hypothetische Medianfalte zurück- gelegt werden, konnte er jedenfalls auch nur durch eine Differenzierung dieser thorakalen Längsmuskeln, welche nahezu in der Medianebene der Dornfortsätze wirkten und, wie ich meine, im Verein mit den ersteren Muskeln und ihrer Hauptwirkung die eigenartige Vorbiegung derselben bewirkte. (Was eine äuflsere Flossenmembran, welche eine cutane Faltenbildung ist, mit einer Umbiegung der Dornfortsätze in der Tiefe der Medianebene der Myomere zu thun haben soll, wie Jaekel meint, das verstehe ich nicht). Aus der Falte emporgehoben und zum Stols freigemacht wird er durch starkes Beugen des Kopfes ; solche Bewegungen besorgt die mediane Längsmuskulatur der Kehle, hauptsächlich der Korakohyoideus und Korakomandibularis. Diese gleichartig und bei der Schluckthätigkeit gleichzeitig wirkenden Glieder der ventralen Längsmuskulatur werden in ihren Wirkungen modifiziert durch die aufserodentlich wichtige, eng substanzielle Verbindung, welche Unter- kiefer und Hyoid nahe dem Unterkiefergelenk miteinander haben; die gleiche Verbindung gilt auch für die Hyomandibel und das Palatoquadratum vieler Plagiostomen. Die erwähnten Muskeln ziehen bei sich kontrahierenden Kieferadduktoren die dem Kinn und der Zunge ent- sprechenden ventralen oralen und postoralen Bogen-Symphysen zurück, bei kontrahierten ventralen Ringfasermuskeln öffnen sie den Unterkiefer, bei der Kontraktion sämtlicher zum oralen und postoralen Bogen gehörigen (besonders deren am Schädel inserierenden) Muskeln müssen sie auf denSchädelbeugend wirken. Dies ist der Fall bei den Plagiostomen, bei welchen geringe oceipitale (relenkbildungen oder nur Anfänge dazu vorliegen. Bei Notidaniden ist daher, um den Nachteilen einer solchen, immerhin einmal möglichen Wirkung bei fehlendem Oceipitalgelenk zu begegnen, der Schädel mit der Wirbelsäule dureh sehr straffe Bänder verbunden. Bei den kochen ist die oceipitale Gelenkentwickelung am stärksten fast unter allen Elasmobranchiern. Trotzdem nun hier der Hyoidbogen selbst in Hyomandibel und Hyoid auseinander gerissen ist und eine wesentlich andere Beziehung der Teile dessiben zu den oralen Bogenteilen und indirekt zu dem Cranium vorliegt, so dafs die ventrale Längsmusku- latur des Hyoids und der Mandibel nicht mehr durch Vermittelung von Skelettteilen auf den ET, — Schädel zu wirken vermögen, so sind hier doch Teile der Muskulatur des Hyoid- seements zum Heben und Beugen des Kopfes resp. Rostrums verwandt, und zwar sind die Teile desselben Muskels, durch dessen Vermittelung bei Plagiostomen hauptsächlich die Beugung des Kopfes möglich werden kann, der vorderste zum Hyoidbogen gehörige Ringmuskel bei Rochen in Teilen zum Depressor und Levator rostri (vgl. Sagemehl in Bronn. Klassen und Ordn. Pisees S. 102) umgewandelt, wobei die dorsale Längsmuskulatur nicht nur fixierend auf die Schädelhaltung wirkt, sondern in ganz eigenartigen Differenzierungen als ein zweiter Levator rostri von der Oceipitalregion her einspringt. Ein Ausdruck der letzteren Aktion, die sehr energisch wirken muls, ist die höchst merkwürdige Ver- schmelzungserscheinung im vordersten Wirbelsäulenabschnitt der Batoiden, nämlich die die Wirbelgliederung und deren Bewegungsmöglichkeit rückbildende, aus den oberen und unteren Bogen verschmolzene einheitliche und starre Knorpelröhre; sie bildet das feste Widerlager, die starre Axe der Bewegungsmöglichkeit des ungeschlachten Schädels. Hiermit sind die einzigen und wichtigsten muskulösen und skeletären Faktoren für eine Beugung und Hebung des Kopfes gegeben. Schreiber dieses wird anderwärts ausführlich auf diese Umstände bei den Rochen eingehen und darstellen, dals in O0. Jaekels Ableitung der Rajo-somatie sich eine Anzahl unsachlicher Behauptungen und Milsverständnisse vorfinden; in der Behand- lung der gleichen Fragen bei Pleuracanthiden begegnen wir durchaus Ähnlichem. Ich glaube nun, dafs bei den Pleuracanthiden dem Gebrauch des Stachels gemäls die laterale Bewegung des Kopfes vorwiegt und dals diese vor allem endlich auf die weitere Ausbildung der starken bilateralen Kompression ihres Körpers hinwirkte. ‚Jedenfalls war aber auch eine bemerkenswerte Möglichkeit der Hebung und Senkung des Kopfes vorhanden. Die Bewegung des Kopfes nach unten durch die ventrale Längsmuskulatur konnte aber nur durch Vermittelung der in ihrer Wirkung jedenfalls vereinigten Hyomandibel und des Qua- dratkiels des Oberkiefers stattfinden; als dem Stachel zunächst liegende Beuger können vor allem der M. Coracohyoideus und Coracomandibularis in Betracht kommen, welcher bei den zuletzt erwähnten Muskelkontraktionen und den auch bei Pleuracanthiden sehr engen substanziellen Verbindung des Hyoids und der Hyomandibel je mit Mandibel und Palatoquadratum (vgl. unten) die beugende Wirkung auf den Schädel übertrug. Eine solche Funktion, deren primärer Ausdruck am hinteren Schädelende und am vordersten Wirbel- säulenabschnitt recht bemerkenswerte Veränderungen hervorgerufen hat, konnte nun auch an dem einzig möglichen Punkt der notwendigen antagonistischen Ausgleichung nicht ohne morphologische Folgen bleiben. Aus diesem Grunde glaube ich, dals das Hyoid derart EN ER verkürzt ist und aus diesem Grunde das symphyseale Basihyale als Inser- tionsstück des Coracohyoideus so weit hinten liegt, dafs eine so breite Lückenach derMandibular-Symphyse zuentsteht, diedaher zur Unterstütz- ung der Schluckthätigkeit durch praehyale oder intermandibnlare Neu- bildungen oder auch Metamorphosen ausgefüllt werden konnte oder musste. Auch eine weitere aulserordentlich wichtige Bildung im oralen-postoralen Skelett, das Auftreten der Hyostylie kommen wir unten zurück ; wir können ihre wichtigen Beziehungen zu den eben besprochenen Thatsachen nicht sogleich anfügen, weil die Besprechung der Sache selbst einen zu grolsen Raum beausprucht und hier nicht ohne starke Diversion vom Zusammenhang berücksichtigt werden kann. Wenn nun die ventrale Längsmuskulatur in ihren wichtigsten Zweigen vom Coracoid- teil des Schultergürtels nach dem Basihyoid und der Mandibularsymphyse, so erheblich neue Funktionen in Zusammenhang mit Skelettumwandlungen eingeht, so ist die Frage, ob auch die Verbindung dieser Muskelgruppe mit dem Schultergürtel so ganz ohne alle Modifikation stattgefunden hat. Ich halte es nun nicht für ausgeschlossen, dafs das von Doederlein als unteres Schultergürtelsegment aufgefalste prae- oder infrascapulare Knorpelstück seine Entstehung (— oder Wiederauftreten?) den neuen Funktionen im System der coraco- arcualen Längsmuskeln verdankt; ob hier eine Abgliederung vom Scapulare oder eine An- eliederung eines VI. branchialen Elements vom Kiemenbogenskelett her vorliegt, dafür sprechen leider keine besonderen Anzeichen. Ich halte wenigstens die letztere Ansicht für inindestens ebenso berechtigt, als die Ansicht A. Fritschs, dafs hier eine der Gliederung der Kiemenbogen ähnliche branchiale Gliederung in ein Pharyngo-, (Epi-)Cerato- und Hypo- Scapulare vorliege !; diese Deutung sucht Jaekel, ohne A. Fritsch zu erwähnen, durch Hinweis auf seine Auftassung der ventralen Kiemenbogengliederung zu begründen und sieht darin einen „weiteren und wichtigen Beleg für die viscerale Natur des Schultergürtels“ ! Wenn nun diese im Vorhergehenden unter weitester Berücksichtigung aller hieher zu beziehenden Thatsachen begründeten Momente, welche den oralen und postoralen Bogen dem Skapulare zu nähern streben, als die wahren Ursachen einer schwachen sekundären ı Die Terminologie, welche Fritsch für den Schultergürtel vorgeschlagen, ist zu tendenziös; das untere Stück habe ich schon vor Fritsch — analog der Infraclavieula — Infrascapula genannt (Geogn. Jahresh. 1890). Das obere Stück, das in seiner Länge so wechselnd ist, dafs man, wenn es nicht auch bei lebenden Selachiern aufträte, fast glauben könnte, es sei durch Bruch an der dorsalen Flächenumbiegung des Scapulare entstanden, kann man füglich Suprascapulare nennen. eNON Deckelbildung bei Pleuracanthus gelten können, so ist die Ableitung, welche Jaekel ver- sucht, um die Bildung der äufseren Bogen mit der Reduktion des Deckels am Hyoid in Abhängigkeit zu setzen, auch von anderer Seite her leicht aus dem Feld zu schlagen. In diesem Falle könnte bei dem Hyoidbogen selbst nie „ein äulserer Bogen“ beobachtet werden und dennoch kommen sie den Radien des Zungenbeinbogens einiger Selachier z. B. Centrophorus und Ihynehobatus! zu (vgl. Gegenbaur, Unters. Taf. XVI, Fig. 1, £y und S. 166 und Bronn Klassen und Ordn. Pisces S. 52). Man mülste dann die Bildung eines äulseren Bogens am Hyoid wieder auf die Reduktion einer „Deckelfalte* am Palatoquadratum bei Pleuracanthus setzen, wenn nicht die Annahme einer Hyoidfalte an und für sich schon ge- eignet wäre, diese hypothetischen Radien ganz in Frage zu stellen. Wir holen zu dem Zweck ‚etwas weiter aus. Der Gestaltung der Kiefer nach ist das Verhältnis der Kieferadduktoren bei Pleura- canthus genau dasselbe, wie bei lebenden Selachiern (Fig. 1). Auch das Verhalten der beiden Hyoid-Ringmuskelschichten auf der Kehlseite muls als gleich angenommen werden, so dafs also die oberflächliche Schicht am Unterkieferunterrand, die davon separierte tiefere Portion am Hyoidhorn selbst ansetzt. Letztere Insertionsstelle, ein schwacher Kiel mit einer tiefen Furche, ist sehr deutlich ausgeprägt, wie ich an einem Exemplar aus der Sammlung von Herrn Prof. Felix in Leipzig konstatieren konnte; auch Fig. 5, Taf. I (nach einer Abbildung von A. Fritsch, l. ec. 1890, Taf. 96, hergestellt) zeigt die Furche. A. Fritsch hielt diese Furche für eine Trennungslinie zweier separater Knorpel und machte daraus den ersten und zweiten Kiemen- bogen, während er das „Intermandibulare“ für das Hyoid hielt?. Der Beweis für die Existenz der obertlächlichen Schicht liegt in der engen Anlagerung und offenbar sehr starken ligamen- tösen Befestigung des hinteren Hyoids an der Mandibel. Jaekel hat dies nicht richtig dargestellt; Hyoid und Hyomandibel sind dem Palatoquadratum engstens angelagert, be- sonders gilt dies für die Hyomandibel, welehe mit ihrem oberen Ende das Palatoquadrat noch stets unterlagert. Diese Lagerung, die Fritsch mehrfach betont, Jaekel aber übersehen ı Der Umstand, dals Centrophorus und Bhynchobatus auf der Ventralseite des Hyoidbogens noch extrabranchiale Knorpel besitzen, beweist, dafs auch vorjurassische Vorfahren beider Gruppenrepräsentanten «diesen Knorpel am Hyoidbogen besessen haben, dafs er also wahrscheinlich bei fossilen Cestracioniden eine grölsere Verbreitung hatte, als jetzt; sein sporadisches Auftreten bei lebenden Formen hat durchaus dasselbe Kriterium eines mehr rudimentären und durch geringfügige andere Ursachen leicht aus seiner Funktion und in seinem Auftreten selbst zu verdrängenden Gebildes. 2 A. Fritsch kam darnach — da hinten noch fünf Bogen folgten — naturgemäls zu der Siebenzahl der Kiemenbogen; es lälst sich also auch aus diesem Material sicher folgern, dafs Kokens Zählung richtig ist, das heilst, dass die Pleuracanthiden nur fünf Kiemenbogen besassen. hat, ist vergleichend anatomisch ein sehr wichtiger Umstand und typisch für viele lebenden Plagiostomen:; sie beweist, dals auch hier die dorsale Partie des Hyoidringmuskels 'nicht an der Hyomandibel selbst, sondern am Hinterrand des Palatoquadratums inseriert und so auch ganz der oberflächlichen Schicht des ventralen Muskels des postoralen Bogenkomplexes entspricht, welche an der Mandibel inseriert. Dieser Ringmuskel ist der eigentliche Deckelfaltenmuskel; wir müssen annehmen, dals er bei Pleuracanthus wohl ent- wickelt war und nicht von dem unter das Palatoquadrat (wie bei Notidaniden) unter- geschobenen Hyomandibulare entspringen konnte. Als etwas höher als gewöhnlich entwickelter Kiemendeckelmuskel mülste er ganz besonders das bei lebenden Plagiostomen selbst bei nicht starker Hyoidfalte bestehende Verhältnis zeigen, d. h. seinen Ursprung an dem kräftigen, vorragenden Quadratkiel haben, dessen Form ja keine selb- ständig morphologische, sondern eine von seinen Muskelbeziehungen abhängige ist; dies zugegeben, kann daneben natürlich eine Kiemenspalte zwischen Palatoquadrat und Hyomandibel nicht existieren, am allerwenigsten eine solche, deren pri- mitive Radien mit ihrer Membran das Hyomandibulare von aufsen bedecken! Wie oben erwähnt, können indessen die Hyoidradien im oberen Teile sehr wohl an dem Palatoquadrat selbst ansitzen (vgl. Heptanchus), was wohl zu der Täuschung von Palato- quadratradien Anlals gab. Im übrigen ist nochmals zu betonen, dals die Hyoidfalte nicht im entferntesten die Funktion und Form hatte, die ihr Jaekel beileet, d. h. einen Deckel oder überhaupt eine Deckelfalte für die eigentlichen Kiemen bildete: die Falte konnte kaum etwas stärker sein, als bei Chlamydoselachus ; die Kiemenöffnungen waren immer noch äulfsere. Die fehlenden äulseren Kiemenbogen wurden durch besonders starre kürzere Radien ersetzt, welche Jaekel in der oben (S. 69) erwähnten Weise milsdeutet hat. Es zeigt sich hierin vielleicht ein ähnliches Verhalten wie bei Chlamydoselachus, welcher auch seine äufseren Kiemenbogen ı Was die Berechtigung der Anwendung der bei lebenden Elasmobranchiern beobachteten Muskel- verhältnisse auf die fossilen Vertreter betrifft, so ist vor allem zu betonen, dafs es solche Muskeln giebt, welche nicht sowohl allen Plagiostomen, sondern auch Holocephalen und Teleostomen eigen sind; diese müssen also auch allen fossilen Zwischentypen eigen gewesen sein. Andere Muskelverhältnisse lassen sich zwar für verschiedene Gruppen als spezifische erkennen, aber auch unschwer auf gewisse Durchschnitts- verhältnisse bei Plagiostomen zurückführen, sobald man die skeletären Umwandlungen berücksichtigt; ein Durchschnittsverhalten der Muskulatur für einen allgemeineren Fischtypus läfst sich daher sehr wohl abstrahieren und als Grundlage des sehr wichtigen Verständnisses der Art der Funktionen der Skelettteile für eine sich nieht mehr mit Beschreibung den Knochen begnügende Palaeo-Osteologie aufstellen. Nur eine durch Kenntnis der Muskelverhältnisse unterstützte Deutung ermöglicht auch tiefer in fremdartige Gebilde einzudringen; vor diesem Versuch kann nur der stehen bleiben, dem die wahren Ziele der Entwiekelungs- geschichte gleichgültig sind. a ebenso wie die Lippen- und Spiracularknorpel verloren hat. Dals das Verhalten ein primäres sein soll, dagegen spricht auch sehr die geringe Zahl der Kiemenradien, welche ontogenetisch und physiologisch den extrabranchialen Knorpeln nahe stehen; bei lebenden Selachiern hat nach Gegenbaur Sceymnus ungefähr ebensoviele; ihm fehlt auch der hinterste extrabranchiale Knorpel, sonst sind stets bedeutend mehr Kiemenradien vorhanden, als bei Chlamydoselachus. — Auch die Verhältnisse der Körperform sprechen hier mit. Die Batoiden besitzen die extrabranchialen Knorpel in sehr reduzierter oder metamorphosierter Form, dabei ist die Kiemenradienzahl noch eine grolse geblieben; wenn daher aus dem Verhalten der Plagiostomen geschlossen werden kann, dals bei Abnahme der Kiemenradien auch die extrabranchialen Knorpel reduziert werden, so ist das Verschwinden derselben bei den Rochen offenbar auf die Körperabplattung zurückzuführen. Wir wollen nun noch die übrigen Skelett- verhältnisse berühren. Wir haben oben S. 78 das Lagenverhältnis der Hyomandibel zum Palatoquadratum berührt, und haben hierzu noch einen wichtigen Umstand nachzutragen, nämlich deutliche Anzeichen der Hyostylie bei Pleuracanthiden, welche von den bisherigen Autoren nicht genügend gewürdigt oder erkannt wurde.! Nicht nur Exemplare der Sammlung von Prof. Felix, sondern auch die Abbildungen von Kner, Cope und Fritsch lassen erkennen, dals der Quadratkiel des Palatoquadratums (besonders nach dem Gelenk zu) eine zur Längsaxe der Kiefer senkrechte Kielentwickelung erfährt, wonach er von aulsen (in sagittaler Richtung) sehr schmal erscheint, aber in die Tiefe hinein (in transversaler Richtung) stärker wird. Die Gelenkgrube an der Mandibel er- scheint daher äulserlich sehr schmal, ist aber eine transversal verlängerte Grube. Diese bezeichnet aber nicht das Hinterende der Mandibel. denn es erscheint hinter ihr, aber von aulsen etwas in die Tiefe gerückt, zuerst eine bemerkbare Vertiefung, welche hinten einen Fortsatz mit einer breiteren knopfartigen Verdiekung trägt. Dieselbe ist auch deutlich auf den Abbildungen enthalten, welche Davis (Transactions of the Roy. Dublin Society, Vol. IV, Ser. I, XIV, Pl. LXVII, Fig. 2 u. 5) giebt; der Fortsatz liegt hinter der deutlichen Ge- lenkgrube und ist nach Davis der „artieulating process.“ Da aber nach den Dr. Felixschen Exemplaren dieser Fortsatz frei hinter dem eigentlichen Gelenk liegt, welches am Unterkiefer ı Koken spricht kurz von einer Verbindung des Unterkiefers mit Palatoquadratum, Hyomandibulare und Ceratohyoid durch echte Gelenke; Jaekel übergeht die Erscheinung ganz, in seiner Zeichnung über- wiegt die jedenfalls untergeordnete Gelenkung mit dem Hyoid. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 11 er go hier, wie gewöhnlich, eine Grube bildet, so gilt diese „Artikulation“ jedenfalls nicht für einen oralen Bestandteil. Ein Exemplar (Coll. Felix), das mir vorliegt, zeigt, dals auf diesen Artikulations- fortsatz das Unterende der Hyomandibel anstölst, welches auch stets sein muls, wenn die Hyomandibel die gewöhnlich aufgefundene Lage besitzt. Da dieser ganze Abschnitt am Unter- kiefer nun von dessen Aulsenfläche etwas in die Tiefe gerückt ist, so ist hierdurch auch an- gedeutet, dals zwichen beiden, oralen und postoralen Gebilden eine wirkliche Artikulation statt- fand, und die davorgelegene kleinere Grube einer begleitenden Sehnenverbindung entsprach. In etwas wird diese Thatsache auch dadurch gestützt, dafs nämlich an dem 2. Exemplar der Coll. Felix, welches diese Verhältnisse zeigt, das Hyoid selbst nicht bis zur Höhe der Unterkiefergelenke hinaufreicht sondern weit von denselben endet, so dals die Hyoradien am Unterkiefer selbst anzusitzen scheinen (was freilich an weiteren Materalien nochmals kontrolliert werden muls). Die Bedeutung dieser Hyostylie ist sehr vorsichtig abzuwägen; ich halte sie für eine ganz aulser der Reihe der Entwickelungen unabhängig auftretende, aber natürlich anatomisch zu begründende Erscheinung. Der Begrifi der Hyostylie behauptet die Trägerfunktion der Hyomandibel gegenüber dem Kieferapparat; dieser Begriff bedarf aber sicher einer Läuterung. Dem wahren Sachverhalt nach werden die Skelettteile nicht allein durch andere Skelettteile „getragen“, sondern durch die Muskulatur; so die Kiemenbogen durch die Ringmuskulatur, welche sich an der Längsmuskulatur befestigt. Bei den Kiefern ist die Ringmuskulatur durch die Kaufunktionen ganz in Anspruch genommen und es tritt daher von dem funktionsarmen postoralen Bogen diese Muskulatur in sehr konstante Beziehungen zum oralen Bogen. Am umfassendsten ist diese Verbindung einer oberflächlicheren Schicht des Hydoidringmuskels bei den Notidaniden, es sind daher der orale und postorale Bogenapparat zur Stütze der Wirkung des erstern förmlich zu einem einzigen Bogen substantiell wie verschmolzen,' indem beide eine ° Es ist hier die Stelle daran zu erinnern, dafs nach A.Dohrns Untersuchungen die vier Hauptab- schnitte desoralen und postoralen Bogens vier getrennten, den Kiemenbogenanlagen aequivalenten Branchialanlagen entsprechen, dafs die epi- und ceratobranchiale Gliederung der Kiemenbogen eine sekundäre A b gliederung nach der wichtigen Artikulations-A n gliederung der beiden oralen Bogen ist, der sich die beiden postoralen gleich- sinnig anschliessen; Hyomandibel und Palatoquadratum sind also nicht einem Epibranchiale, Hyoid und Mandibel nicht dem Ceratobranchiale homolog, sondern nur analog; die der Branchialgliederung voraus- gegangene Kieferangliederung entspricht einer Summierung branchialer Elemente, daher auch das dynamische Übergewicht derselben viel erklärlicher wird. Das Hervortreten der Hyoidfalte ist daher ebenso natürlich, wie die Beziehung der Hyoidglieder zum oralen Bogen im allgemeinen und die Möglichkeit raschen Wechsels dieser Beziehung bei verwandten Formen. Da das Hyoid der dem Branchialapparat zunächst stehende Ab- schnitt ist, so ist auch die stets innigere Beziehung der Hyomandibel zum oralen Bogen von vorneherein natürlich und die Hyostylie eine schon embryonal in gewisser Ausdehnung praestabilierte Erscheinung. ET De Längsanlagerung und eine Rinnenbefestigung an einander eingehen und sogar die Radien des postoralen Bogens auf den oralen übertreten. Lokalisierteren Beziehungen der oberflächlichen postoralen Schicht mit dem oralen Bogen entsprechen dann auch mehr lokalisierte Verbindungen der. beiderseitigen Skelettteile, welche zuletzt sich auf den wichtigsten Punkt konzentrieren und reduzieren, nämlich das Kiefergelenk. An dieser Stelle bleibt der postorale Bogen mit dem oralen verbunden, nicht allein als skelettärer Träger der Skelettteile des oralen Bogens (wie dies besonders bei skelettierten Exemplaren auffällig ist), sondern auch entweder als Kommunikationspunkt zur Vereinigung der Wirkungen beider zum Zwecke der Kauthätigkeit, oder auch zur Bildung eines postoralen Widerlagers der oralen Bewegungen und hiermit zur Fixierung des Kiefergelenks selbst bei den Kaubewegungen. Es kann daher eine hyostyle Verbindung des postoralen und oralen Bogens sehr wohl ganz aulser der Reihe der bekannten Entwickelungen in dieser Hinsicht auch dann sporadisch auftreten, wenn besondere Anforderungen von Vereinheitlichungen und Übertragungen der Bewegungen der beiden Bogen an sie gestellt werden. Dals bei Pl. von einer thatsächlichen „Hyostylie“, von einer Tragefunktion des Hyomandibel nicht die Rede sein kann, ist klar, da der dorsale Kieferteil praeorbital und postorbital sehr deutliche und kräftige Befestigungs- anzeichen am Cranium zeigt. Jedenfalls sind diese Befestigungen genügend gegen etwaige gewaltsame Zerrungen und Verschiebungen des Palatoquadratums am Cranium; die Zähne, so aulserordentlich zahlreich sie sind, wurden jedenfalls zu gewaltsamen Aktionen nicht ge- braucht, demgemäls ist auch der suberaniale (vomerale) Symphysealteil, der sonst häufig die starken Reilszähne trägt, so klein und schwach. Es können also vom Zahn-Kieferskelett als zahntragenden Skelettteilen die Ursachen dieser Hyostylie nicht ausgegangen sein; es ist aber kein Zweifel, dafs andere wichtige Umänderungen in der Organisation des Visceral- und Cranialskeletts hiermit engstens zusammenhängen müssen. Wir werden hierdurch wieder auf jenen Ausgangspunkt unserer früheren Überlegungen hingewiesen, nämlich die Notwendigkeit desGebrauchs desÜranialstachels, welche als erste grundlegende Folge das Oceipitalgelenk bildete. Betrachtungen über die Möglich- keit der bewegenden Faktoren — (die Bewegung aus der Ruhelage des Stachels auf der Körper- kante muls eine Kombination aus einer seitlich ausschlagenden und einer emporhebenden Aktion sein) — führte uns auf die Annahme der Beteiligung der den Kopf beugenden ventralen Längsmuskulatur, welche, wie in anderen Fällen, durch die Muskeln des postoralen und oralen Bogens vermittelt wird. Wenn wir so bei Pl. das Hyoid und seine Copula nicht sehr stark entwickelt und eng an die starke Mandibel angelegt finden, so glauben wir, dals der Cora- 11* Be comandibularis hier überwiegt, die Mandibel die Wirkungen der ventralen Längsmuskulatur sammelt und durch den hyostylen Kommunikationspunkt energisch auf den Schädel überträgt: diese Übertragung kann ja nur bei Kontraktion besonders des grolsen Kieferadduktoren und Levatoren stattfinden, weshalb die hyostyle Verbindung als einziger nächster Kommmni- kationspunkt besonders wichtig ist. Möglich ist, dals auch hier wie bei den Rochen ein Teil des ventralen Hyoidconstrietors zur Beugung des Schädels mithilft und hierdurch das Hyoid von der Hyomandibel selbständig wird. Wie hierdurch der intermandibulare Raum freier wird, so können auch submentale Gebilde als eine intermandibulare Verbindung von Hyoid und Mandibel eine besondere Bedeutung erlangen. Ich wiederhole auch, dafs bei besonderen Funktionen des Coracomandibularis auch die das Coracoid vertretenden Infrascapularia als sekundäre Entwickelungen aufgefalst werden können. Was die unpaaren Flossen betrifft, so sagt Jaekel, dafs namentlich primitive Charaktere darin zu sehen seien, dafs dieselben „sehr ausgedehnt und noch ganz indifferent sind“. Es muls dies wunder nehmen, wenn Jaekel dagegen die Brustflossen als hoch spe- zialisierte Bildungen ansieht: aber es haben freilich unpaare und paarige Flossen nach der Hypothese, der er beitritt, keinen inneren Zusammenhang und die Anpassung an den schlammigen Untergrund, welches Moment Jaekel zu vielseitig — sogar für die Entwickelung eines grolsplattigen Dermalskeletts bei den Menaspiden! — verwendet, ist auch ein- seitige Ursache des Archipterygiums. Auch ich halte das Archipterygium für spezialisiert; und habe dies schon in meiner Dissertation: Zur Osteologie der Coelacanthinen S. 13 aus- geführt; ich glaube, dafs ein solche Gestaltung eine interne Angelegenheit der sämtlichen Flossen untereinander ist und nur durch eine innere Anpassung an die Wandlungen des ungleich wichtigeren Bewegungsorgans der unpaaren Flossen zu verstehen ist. An der gleichen Stelle (Diss. S. 15) habe ich auch erwähnt, dafs die sog. zweite Analis der Pleuracanthiden eigentlich der Caudalis, d. h. dem ventralen Öaudallappen vor dem ventralen Einschnitt angehöre, der nach hinten vorrücke und am hintersten Schwanzende verschwinde. Dieser Einschnitt fehlt den meisten Elasmobranchiern, denen auch die Analis fehlt und sein Verschwinden giebt sich daher als ein Reduktionsvorgang, sein Auftreten daher nicht als fortschreitende Differenzierung in den ventralen unpaaren Flossen kund.! ! Jaekel nennt in seinen „Selachiern vom Monte Bolca“ den vor dem Einschnitt liegenden Teil die „Schwanzsteuer“; ich finde die Bezeichnung überflüssig, da hiefür der Ausdruck ventraler Caudallappen schon lange im Gebrauch ist. Für das hinter dem Einschnitt liegende Flossengebilde habe ich schon (vgl. Östeol. d. Coel. Diss. S. 19) mit einer vergleichend anatomischen Begründung die Bezeichnung „Schlufsflosse“ eingeführt; man sollte die Bezeichnungen nicht ohne Not vermehren. I Ein gewisser Parallelismus zwischen der Analis und einer individualisierten Oaudalis ventralis zeigt sich auch bei Pleuracanthiden, wo beide Flossenelemente bei grolser Reduk- tion der Zahl der beteiligten Segmente eine aulsergewöhnliche Längenentwickelung und dabei fast ganz gleichartige Verschmelzung und Gliederung zeigen, welche bei der Analis fast archipterygial genannt werden muls; die Caudalis verhält sich natürlich etwas weniger selbständig." Die Bildung dieser Flossen zeigt also im allgemeinen eine starke Reduktion in der Radienzahl, welche durch die Längenentwickelung und Spezialisierung in ihrer Ver- schmelzung und Gliederung innerhalb der beteiligten Flossensegmente bei weitem nicht wett gemacht wird. Hinter dem kleinen Caudalflölschen folgt nun der hinter dem Caudaleinschnitt liegende Teil der Flosse, ohne distale Knorpelradien nur mit Hornstrahlen versehen: dies ist eine Spezialisierung der hier sehr grofsen „Schlulstlosse“ gegenüber dem Flösselabschnitt vor dem Einschnitt. Da mit seiner Bildung eine Unterdrückung der Flossenträger vor sich gegangen ist, kann er also auch nicht primitiv genannt werden. Nun bleibt nur als „problematischer primitiver Charakter“ die lange Rückenflosse; für diese ist nun von vornherein schon auszusagen, dals sie keine primitive Flosse sein kann. Die Dorsalflossen bilden das Gegengewicht und eine Ergänzung der ventralen Flossen in Gesamtheit. Das Gleichgewicht der sämtlichen Flossen ist eine der elementarsten und selbstverständlichsten Forderungen; wo die ventralen Flossen alle eine höchste Speziali- sierung aufweisen, kann der Zustand der Dorsalflossen unmöglich ein primitiver bleiben. Hierfür sprechen noch andere Umstände; die Dorsalis der Pleuracanthiden hat eine verdacht- erregende Ähnlichkeit mit der 2ten Caudalis der Holocephalen, welche jedenfalls ursprünglich eine Stacheltlosse von viel gedrungenerem Bau war und nach Verlust des die Radien kon- zentrierenden Stachelbesitzes (entsprechend der Tendenz zur Längenentwickelung im hinteren Körper) sich nach vorne und hinten ausdehnte. Dollo hat nun (Bulletin de la Soc. Belg. de Geologie 1895, S. 79—128), zum Teil nach Traquairs Vorgang, überzeugend für den Stamm- baum der Dipneusten klar gelegt, wie aus einer ursprünglich „dipteren“ Bildung der Rücken- flosse und heterocerken Caudalis in Begleitung mit einer aulserordentlichen Streckung des Körpers eine langzeilige „monoptere“ Dorsalis und eine gephyrocerke Candalis hervorgehe, welche endlich auch zu einer einzigen kontinuierlichen, auch die Analis umfassenden, scheinbar ı Woodward war sicher berechtigt (Natural Seience Vol. I, S 31) die Bildung dieser Flossen zum Vergleich mit dem Archipterygium herbei zu ziehen; hingegen spricht die Existenz dieser fast archiptery- gialen unpaaren Flöfschen nicht für eine Anpassungserscheinung der Pleuracanthiden an den Aufenthalt auf schlammigen Boden, wie es Jaekel annahm. Zee ganz embryonalen Flosse auswächst. Auch der Verfasser des Vorliegenden hat diesen Standpunkt schon einige Jahre früher mit voller Bestimmtheit ausgesprochen, soweit die Auf- fassung der Diphyocerkie (und das Archipterygium) in Betracht kamen; sein Ausgangspunkt war der morphologische Nachweis, dals die Schwanzflosse der Coelacanthinen eine sekundäre Diphyocerkie zeige und aus einer ursprünglich heterocerken Caudalis hervor- gegangen sein müsse. Beides gilt nun mit der grölsten Wahrscheinlichkeit auch von den Holocephalen und Pleuracanthiden, woselbst wie bei den Dipneusten eine aulsergewöhnliche Streckung des Körpers und Schwanzes mit der Bildung der langzeiligen monopteren Dorsalis und der nahezu diphyocerken Caudalis mit fast nicht aufgebogener Chordal-Axe in irgend einem hier nicht näher zu definierendem Kausalverhältnis steht. Diese langzeilige Rückenflosse hei Pleuracanthiden ist also eine ebenso spezialisierte, zum Teil mit Reduktionen, zum Teil mit Neubildungen zusammenhängende Umwandlung und durchaus kein primitives Merkmal zu nennen. Werfen wir nun einen Seitenblick auf Chlamydoselachus, so finden wir total verschiedene Verhältnisse. Der ventrale Einschnitt der dentlich und einfach heterocerken Caudalis ist am hinteren Schwanzende ganz ver- schwunden. Eine sehr bemerkbare Körperstreckung bewirkt auch in Analis und Dorsalis gewisse Begleiterscheinnngen. Diese Flossen sind relativ klein und zeigen als einen Beweis eintretender Degeneration eine auch für die unpaare Dorsalis bei Pleuracanthus und Chimaera geltende sehr reduzierte, bezw. ganz mangelnde Verbindung der Angliederung an die Wirbel- säule. Die Entwickelungs- oder Reduktionstendenz ist aber bei Chlamydoselachus gänzlich ver- schieden von der bei Plenracanthiden. (Ganz eigenartig ist dies bei dem Becken und der Ventralis von Chlamydoselachus der Fall, welche einen der Dorsalis von Pleuracanthus ana- logen, aber nur scheinbar primitiven Zustand darstellt. Eine andere kurze Erörterung über die Zahl der Kiemenbogen mag hier an die Betrachtung der Flossen von Chlamydoselachus angeschlossen werden; weil Chlamydoselachus äulserlich eine den Notidaniden sehr ähnliche Reduktion und Stellung der unpaaren Flossen besitzt und aulserdem der einzige Elasmobranchier ist, welcher 6 Kiemenbogen, wie Hexanchus zeigt, so wurde hieraus auf eine nähere Verwandtschaft geschlossen. Es ist nun eine merkwürdige Thatsache, dals die Notidaniden mit 6 und mehr Kiemenbogen in dem fossilen Aybodus mit 2 dorsalen Stachelflossen einen Vorfahren mit 5 Kiemenbogen (nach Woodwards Feststellung) besitzen. Andererseits ist es auffällig, dals Chlamydoselachus, der mit den Notidaniden, wie mir scheint, nicht unmittelbar verwandt —. 97 ist, keine vordere Dorsalis und eine Flossenstellung hat, die derjenigen der Notidaniden nicht unähnlich ist. ebenso 6 Kiemenbogen hat. Nun ist es im allgemeinen sehr deutlich, dafs die Fische mit 2 Dorsales, von denen die vordere thoracal steht, sämtlich einen sagittal gedrungeneren Rumpf und meist auch einen zusammengedrängten, bei älteren Typen stark aufgebogenen Schwanz haben. Der Konzentrationsprozess („the erowding of the fin supports“ Woodward), welcher die Dorsaltlossen schafft, wirkt, wie es scheint, auch zusammen- drängend auf die Metamerie des Rumpfes, ganz besonders aber scheint dies der Fall zu sein, wenn die Dorsales als Kieltlossen stacheltragend sind; die Kontraktion der Flossenträger, zeigt sich sodann in den übrigen unpaaren Flossen und im Schwanz. Sie wirkt auch auf die paarigen Flossen, den Schultergürtel und soweit sich die Längsmuskulatur erstreckt nicht nur infolge der Homodynamie ihrer Muskelsegmente, welche ja alle der Bewegung dienen, sondern auch nach mechanischem Prinzip zur Verkürzung der Hebelarme a) zwischen Kopf und Schultergürtel (zur Fixierung des letzteren und der Fundamentierung der emporhebenden Funktionen der Pectoralis), b) zwischen Scapulare, Peetoralis und erster Dorsalis, e) zwischen dieser und der Ventralis, endlich zwischen diesem ganzen Apparat und dem propulsierenden Schwanz mit der Caudalis. Besonders ist dies bei stacheltragenden Dorsales wichtig, die nicht nur als Kiele wirken (und so in Funktions-Üorrelationen zu den paarigen Flossen stehen), sondern auch sehr wichtige Waften sind, welche nur von unten nach oben wirken; die Stacheln sind öfters giftig, was ihre Bedeutung als Waffe spezialisiert, und werden häufig so stark und heftig gebraucht, dals man nicht nur an vielen Stacheln auf Zerreissungen der Haut zurückzuführende Wachstums-Unregelmälsigkeiten der Stacheln selbst, sondern auch patho- logische Erscheinungen in der Wirbelsäule unmittelbar unter der Flossenknorpeln findet.! Derartigen Funktionen, welche kurze und energische Propulsationen und Emporschnellungen zum Zweck haben, kann nur durch durchgängig eintretende Hebelarmverkürzungen zwischen den einzelnen Propulsationsorganen und deren Trägern von der Oeccipitalregion des Kopfes an bis zur Caudalspitze die richtige Grundlage gewährt werden. Da nun die Metamerie des Branchialapparats und die Metamerie der Längsmuskulatur des Rumpfes von durchaus ver- schiedenen Einwirkungen beeinflulst sind, so müssen sie nicht unbedingt mit einander parallel ı Abgesehen von den Acanthodiern, wo auch die paarigen Flossen und die Analis stacheltragend wurden, ist daher die Stellung der zwei Stachelflossen thoracal bis abdominal, niemals abdominal bis caudal; ein Beweis, wie wichtig der Bereich der paarigen Flossen zur Funktion dieser Stachelflossen ist; bei einigen Acanthodiern verschwindet die thoracale I Stacheldorsalis und es bleibt ausnahmsweise eine abdominale Flosse, welche aber einer gleichfalls stacheltragenden Analis entspricht, aber wie die phosphoritisierte Mus- -kulatur erkennen lälst, mehrere Segmente vor derselben steht. 38 — | laufen, sondern es kann eines das andere im Wachstum beeinflussen. So ist es auch möglich, dals das Vorhandensein einer thoracalen (besonders einer stacheltragenden) I. Dorsalis mit allen ihren Folgen die Zahl der Kiemenbögen von hinten her beschränkt, dals anderer- seits eine nach hinten rückende I. Dorsalis oder gar das Schwinden derselben, (sobald keine anderen. den Kiemenkorb verkürzenden Wirkungen eintreten) etwa vorhandene Spannungen, unter denen die Entwickelung des Kiemenkorbs steht, auslöst und die Zahl der Bogen sich atavistisch auf 6 und 7 vermehren kann. Unter diesem Gesichtspunkt müssen, wie mir scheint, die Kiemenbogenverhältnisse der Notidaniden und Chlamydoselachiden betrachtet werden. welche leicht auch im Zusammenhang mit Körperform und Flossenstellung zur Auf- stellung von Verwandtschaftsbeziehungen dienen könnten. Andererseits verstehen sich hie- durch die Kiemenbogenverhältnisse der älteren Hybodontiden und der Cestracioniden besser. Schon allein aus dem Grunde, dafs sehr wesentliche, den Kiemenkorb beengende Ver- hältnisse bei Pleuracanthus vorliegen, ist mir Kokens Feststellung, dals diese nur 5 Kiemen- bogen besitzen, überzeugend (vgl. oben S. 79 u. s. Anm.). Ebensowenig also, wie irgend ein Punkt des Visceralskeletts eine Brücke von Chlamy- doselachus zu Pleuracanthus schlägt, ebensowenig gilt dies für das Axen- und Flossenskelett; beide lassen zwar bedeutende Metamorphosen erkennen, welche aber an ganz verschiedenen Punkten in verschiedener Art und Grölse eingewirkt haben. Was die von A. Fritsch betonten Unterschiede im Vorhandensein und in der lokalen Abwesenheit der Hornstrahlen bezw. bei Orthacanthus, Pleuracanthus und Xenacanthus be- ı Ein umgekehrter Fall liegt bei den Rochen vor, wo der Kiemenkorb durch Auslösung von vor dem Hyoidkomplex liegenden Spannungen im Kieferskelett von vorne und oben her Luft bekommt; infolgedessen tritt das Hyoid aus den Verbindungen, welche der konzentrierten Kieferwirkung entsprechen, aus und erscheint seiner ontogenetisch selbständigen Entstehung gemäls, abgetrennt von der Hyomandibel an der Spitze des Kiemenkorbes, sozusagen als selbständiger 1. Kiemenbogen. Durch einen ähnlichen Vorgang vor dem Hyoid scheint bei Pleuracanthus eine freiere Entwickelung und teleologische Verwertung der submentalen (inter- mandibularen) Knorpel ermöglicht zu werden (vergl. S. 78). Vielleicht ist in einer Art Vereinigung beider erwähnten Fälle auch das Auftreten der submentalen Knorpel bei Seylliiden zu verstehen; wenn wir bedenken, dafs auch bei ihnen die Dorsalflossen sehr weit nach hinten gerückt sind und annehmen, dafs es auch Um- stände giebt, welche eine Lockerung des branchialen Apparates an der vorderen Grenze, also zwischen Mandibel und Hyoid, statt an der hinteren verursachen künnen, so kann die Verschiebung der Dorsalflossen nach hinten (welche sich auch in einer schr deutlichen Abplattung des vorderen Rumpfabschnitts äufsert) sehr wohl in weiterer Ferne als unmittelbar vor der Scapula, auf die postoralen Rudimente einwirken. Wir erwähnen dies, um vermuthungsweise den Kreis der Möglichkeiten zu betonen, welche allein durch den inneren Skeletteonnex gegeben sind, um Skelettänderungen zu verstehen (S. 66). 89 trifft. so habe ich schon Geoen. Jahresh. 1893. S. 51. darauf hingewiesen. dals dies nur als ein Unterschied in der Verkalkung angesehen werden dürfe, wonach eine ganz andere syste- ınatische Verwertung einzutreten habe. Jaekel (Neues Jahrb. f. Min. 1891. Bd. Il. S. 161 u. l. e. S. 82) spricht auch gegen Fritschs Deutung. ohne indessen den Kern der Sache zu treffen. Wenn Fritsch und Jaekel weiterhin die sichelförmigen Krallen an den Kopu- lationsorganen für Modifikationen der Hornstrahlen ansehen. so ist dem zu widersprechen; alle derartig sexuell umgebildeten Hilfsorgane der sexuellen Knorpel stammen aus dem echten, rechten Plakoidskelett. Hornfäden werden ebensowenig zu den sexuellen Organen hinzu- gezogen. als die sexuellen Knorpel aus dem Radialskelett der Flossen abzuleiten sind: die Untersuchung der Struktur bestätigt dies (vgl. unten). Von allen Kennzeichen. welche von Pleuracanthus auf Chlamydoselachus hinweisen sollen oder könnten. bleiben so schlielslieh nur noch die Zähne. Vergleichen wir sie kurz: Die Plenracanthiden haben dreispitzige Zähne mit zwei grolsen Lateralspitzen und einer kleinen inneren medialen: Chlamydoselachus hat fünfspitzige Zähne mit zwei den Lateralspitzen von Pleuracantliws ähnlichen Lateralspitzen. dann zwei mediolaterale kleimere (je eines eben- falls den medialen Spitzchen von Pleuracanthus ähnlich). endlich eine grölste Medialspitze. die auf Pleuwracantlous sich nicht zurückführen lälst. Eine nahe Abstammung der Zahnbildungen beider Typen mit einer „Zerlegung der Krone in mehrere Spitzen“. wie Jaekel meint. könnte nun in einem gelegentlichen Auf- treten von drei kleinen Mittelspitzen an Stelle von emer bei Orthacanthus (Tat. 85 1. ce. Fritsch. Bd. Il. Heft 4) eine fürspreehende T'hatsache finden: es mülste aber dann die mittlere. erölsere von den drei kleineren Mittelspitzen zu der grölsten Hauptspitze aus- wachsen. während die erofsen Seitenspitzen sich gleichbleiben. wenn man daraus den Zahn- typus von Ohlamydoselachus ableiten wollte. Dies ist sehr unwahrscheinlich. Umgekehrt macht die Zahnbildung von Chlamydoselachus mehr den Eindruck. als ob ein Zahn mit einer medial stärksten Spitze und unregelmäfsig seitlich abfallenden Lateralspitzen ihr Urtypus gewesen sei; dies bemerkt ganz richtig schon A. Fritsch und es fiele dann Pleuracanthus ganz und gar aulser Betracht. ı Übrigens sind die Hornfäden keine „cuticularen* Ausscheidungen, sondern eutane, obwohl ersterer N Ausdruck hie und da gebraucht wird (vergl. Bronn Cl. u. Ord. Pisees S. 33). Cutieulare Ausscheidungen bezeichnen in der Zoologie eigentlich Ausscheidungen auf der Aufsenfläche eines epithelialen Stratums. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX 12 — 0 — Wenn so in der Form der Zähne bei Chlamydoselachus nichts vorliegt, was auf eine, wie Jaekel annimmt, einfache Vervielfältigung der Krone der Pleuracanthidenzähne um zwei weitere Spitzen hinweist, so ist doch der morphologische Allgemeincharakter ein sehr ähnlicher. Selbst wenn man die Zähne von Chlamydoselachus auf eine einfache drei- spitzige Zahnform (z. B. den Lamnidentypus unter Annahme einer Vervielfältigung der Spitzen in seitlicher Anfügung zweier grölserer Spitzen) zurückführen könnte, so wäre die eigenartige Ähnlichkeit der Form immer noch nicht da. Das beruht auf einem histologischen Grund: bei beiden Zahntypen bestehen, wie Jaekel schon erwähnt, die Zahnspitzen nicht aus Vasodentin, welches nur auf die Wurzel beschränkt ist; es gehen daher die Seitenflächen der Zahnteile nicht allmählich in die Wurzel über, sondern entspringen aus ihr mit schärferem Absatz gegen sie. Ohne diesen Umstand und seine morphologisch leichtverständliche Begleit- erscheinung würde man die Zähne von Chlamydoselachus überhaupt gar nicht mit dem Diplo- dontentypus verglichen haben, wie A. Fritsch thatsächlich eine Vergleichbarkeit leugnet. Wenn nun diese gewebige Reduktionserscheinung auch sehr wohl bei durchaus nicht verwandten Haien auftreten kann (man vergleiche nur die bekannte Struktur der Zähne von Carchariden, v. Zittel Handbuch III, S. 86 und Doederlein |. c. S. 532, Fig. 659), so könnte doch noch eine andere Betrachtung für die Verwandtschaft beider Typen ins Feld geführt werden. Die Bezahnung von Chlamydoselachus wurde zuerst von Garman nach der äulseren Form morphologisch richtig als eladodont bezeichnet. Die Art der Bezahnung von Cladodus scheint (?) mehreren fossilen Elasmobranchiern mit ziemlich verschiedener Organisation anzugehören und ein allgemeinerer Typus zu sein (vgl. Bashford Dean, Cladoselache), dessen Variationen verschiedene Skeletttypen zukommen. Von einem dieser Variationen ist offenbar die Bezahnung von Plenracanthiden dadurch abzuleiten, dals eine Lateralhälfte bis zur Mittelspitze degenerierte. In ähnlicher Weise leitet A.S. Woodward (Natural Science Vol. I, No. 9, 1592, S. 674) aus dem symmetrischen Hybodontentypus durch Vermittelung von Hybodus polyprion den einseitig entwickelten Notidanidenzahn ab. Auch die Zähne von Pleuracanthus sind im Grunde einseitig und berechtigen zu obiger Ableitung. Ist nun hypo- thetisch Chlamydoselachus ein Nachkomme von Pleuracanthus, so könnte eine Entwickelung der Zahnkrone sehr wohl in einem Rückschlag nach dem Cladodontentypus gedacht werden. Ein solcher Rückschlag würde, was das Nächstliegende wäre, in den Grenzen der schon bei Pleuracanthiden neuerworbenen histologischen Eigentümlichkeiten stattfinden, welche wie oben erwähnt (vgl. auch Jaekel l.c. S. 75) für Pleuracanthiden charakteristisch sind und jeden- A falls Begleitmomente der unilateralen Degeneration des „Cladodus“typus zum „Diplodus“- typus waren; mit anderen Worten: der Rückschlag mülste kein vollständiger sein und die Strukturverhältnisse blieben zwischen Diplodus- und Chlamydoselachuszähnen die gleichen. Die Annahme der Möglichkeit eines solchen Rückschlags schlielst ein, dals beide Zahntypen sehr nahe verwandt sind. Unter diesem Gesichtspunkt könnte sogar vielleicht von einer sehr unmittelbaren Descendenz: Pleuracanthus-Chlamydoselachus gesprochen werden. Hierbei müssen wir aber die Bedeutung der Zähne für die Systematik etwas näher ins Auge fassen !. Bei den höheren Vertebraten gelten die Zahnverschiedenheiten als die sicher- sten Kennzeichen der Gattungen und Arten, die Gröfse ihrer Veränderungen ist viel stärker, als die der Teile des Innenskeletts. Änderungen im Zahnskelett sind das Signal zu Änderungen im Innenskelett. Man kann sagen, dals wie im allgemeinen die Variabilität der Zähne eines Gebifses unter sich, die Fähigkeit zu Grölsen- und Form-Differenzierungen grölser ist, als die unter homologen Teilen des Innenskeletts. so auch die Zahntypen dem gleichen Gesetz gehorchen im Vergleich zu den Einzeltypen der inneren Skelettteile. Ähnliches gilt für die niederen Wirbeltiere. Für ihre Zähne selbst ist die Erscheinung meist etwas weniger prägnant, sie gilt aber für das gesamte Hautskelett; es liegen so viel mehr Einzelteile des vielfältigen Dermalskeletts vor, dies Gesetz zu bethätigen. Da nun der Kreis der Formen kein zu grolser sein kann d.h. die Natur für dieselben Zwecke nicht un- endlich viele verschiedenartige Formen zu schalfen vermag, so erscheinen im Zahn- und Haut- skelett an ganz verschieden Punkten des Systems Analogieen und Konvergenzbildungen. Gerade im Dermalskelett sind diese besonders häufig und es treten fast in allen Stämmen mit vollständig eigener Descendenz Hautskelett- und Zahnskeletttypen auf, welche zu anderen Stämmen hinüber zu leiten scheinen und so die Anfänge der ichthyologischen Forschungen in der Paläontologie verhängnisvoll beeinflulsten. Dies gilt auch nach meiner Ansicht für die Pleuracanthiden: ebensowenig wie unter den Fischen die plakoiden Pteraspiden mit den teleostomen Cephalaspiden, die Cephalaspiden mit den Siluroiden, die Pla- kodermen mit gewissen Acipenseroiden, wie andere Acipenseroiden mit gewissen Siluroiden, wie die Acanthodinen mit den Palaeonisciden, wie die Holoce- phalen mit den Dipneusten in irgend einem näheren Verwandtschaftsverhältnis stehen, ı Hierin nimmt A. Fritsch, über dessen Ausführungen Jaekel hinweggeht, wie mir scheint, einen ganz richtigen Standpunkt ein, wenn auch die Grundlage derselben auf der unriehtigen Annahme basiert, dals die Pleuracanthiden mehr als 5 Kiemenbogen hätten. 12* 92 ebensowig glaube ich, dafs die Zahnbildung bei Champdoselachus mit der bei Pleuracanthus irgend etwas zu thun hat. (Grundsätzlich verschiedene Innenskelettentwickelung. in fast allen Punkten vollständig verschiedener Plan und zusammenhanglos divergierende Ans- bildungen in allen Skelettsystemen, können sich nicht bei nahezu gleichbleibendem Zahntypus herausbilden. wenn sogar ganz hochgradige morphologische Verschiedenheiten bis in die Kieterknorpel selbst hineinreiehen. Diese Kieferknorpel haben bei Chlamydoselachus einen Umbildungsgrad. welcher zum Teil etwa dem des Palatoquadrats ete. unter jüngeren und ganz jungen Selachiern entspricht. Ich halte so Chlamydoselachus für einen jüngeren Descendenten der normaleren Stamm- veihe der Elasmobranchier, für einen Abkömmling vielleicht der Hybodontiden, deren Zähne (resp. die Zahnspitzen) dann eine ähnliche histologische Umwandlung erfahren hätten, wie die Diploduszähne mit einfacher Pulpa in Bezug auf die Oladoduszähne mit netzförmiger Pulpa verwandelt wurden. Die morphologische Umwandlung, welche dieser Hybodontentypus erfahren hätte. entspricht dem Typus der O/adoduszähne; letzterer Zahntypus ist jedenfalls auch auf Hybodus-artige Urzähne mit einer Hauptmittelspitze und seitlich gradweise kleiner werdenden Nebenspitzen zurückzuführen. Dafs die Zähne von Chlamydoselachus wirklich von einem normaleren Zahnban abznleiten sind, dafür spricht auch (der Einheit des Hautskeletts gemäls) die geringe morphologische Reduktion des dermalen Schuppenskeletts; der Charakter der Zahnbildung bei Elasmobranchiern ist am allerweniesten von dem der gleicher- ' Unter den oben angeführten Konvergenzen kann man auch Menaspis (als Cochliodontiden) und die Holocephalen nennen; es giebt für mich betreffs Menaspis nur diese Alternative: entweder sind Menaspıs und einige ihm offenbar eng anzuschlielsende Cochliodontiden (Oracanthus) Holocephalen, dann ist die Konvergenz im Zahnskelett mit dem anderen Teil der Cochliodontiden eine enorme. oder Menaspis ist eiu Coehliodontide, dann ist hauptsächlich die Konvergenz im ganzen Hauptskelett mit den Myriacanthiden- Holocephalen eine aufserordentliche. Irgend welche Verwandtschaftsverhältnisse zwischen beiden Gruppen (Coechliodontiden und Holoeephalen) können (vgl. oben S. 60) nach der ganz verschiedenen Zeit des geologischen Auftretens der viel älteren und difterenzierteren Holocephalen und jüngeren, zuerst weniger differenzierten Coehliodontiden nicht vorliegen, denn auch die normaleren Urtypen der letzteren, die älteren Cestraciontiden treten erst fast gleichzeitig mit den Cochliodontiden auf, so dass die Bestimmung des Zeitunterschieds ihrer Erscheinung eine zuverlässige ist. Das Hautskelett vermag keine Entscheidung zu liefern und wenn Jaekel (Sitzber. Natf. Freunde, Berlin 1892, S. 155) aus meinem Zeugnis für Chalcodus- Menaspis als einem Cochlio- dontentypus Folgerungen zieht, so hätte er aus demselben Zeugnis entnehmen können, dafs ebensowenig, als man typische Cochliodontenzähne ohne Nachweis der Autostylie des Üraniums zu den Holocephalen stellen darf, falls man vor dem „Forum der ruhigen Forschung Entschuldigung finden will“ (vgl. Koken Neues Jahrb., 1896, 8. 482), man ebensowenig auf ein paar abnorme, hauptsächlich nur isoliert bekannte Dermalbildungen hin eine neue, von den Selachiern und Holocephalen getrennte Abteilung aufstellen kann, besonders wenn man von dem ausschlaggebenden Innenskelett dieser neuen Abteilung gar nichts weils und jene hypothetische Zwischenstellung nicht auch durch das hiefür einzig in Betracht kommende Innenskelett festzustellen vermag 93 weise primitiven Hantbedeckung zu trennen, und für den Charakter der Zähne von Chlamy- doselachus ist wichtig. dals anf den hinteren Kiefern eine Zahnregion differenziert ist, wo sie nur eine Spitze haben. Garman will ihnen die Bezeihnung „Zähne“ gar nicht zu- kommen lassen, sondern nennt sie Schuppen: sie ähneln den Schuppen am äufseren Lippen- winkel, von welchen sie aber scharf getrennt sind (vel. auch Günthers Darstellung der Tiefseefische der Challenger Exped.). Dieser Übergang zu dem Schuppenskelett beweist für Chlamydoselachus eine eigene Ableitungsrichtung von einem Haifisch mit normaler entwickeltem Dermalskelett, dem auch ein normaleres Zahnskelett entsprechen muls. als dies beides die Pleuracanthiden besitzen. Hierbei können also die Pleuracanthiden nicht in Betracht kommen, deren Zahnbau viel reduzierter, deren Hautskelett aber so extreme Lokalisierung und so excessive Spezialisierungen zeigt, dals beim Fehlen aller besonderen Verwandtschafts-Anzeichen im Innenskelett auch nieht von einer Regeneration im Dermalskelett gesprochen werden kann. Die immerhin bemerkenswerte Konvergenz beider Zahntypen zeigt sich im Innen- skelett, wie mir scheint, nur darin, dals die Summen der Umwandlungen und Neubildungen bei beiden Gattungen, wenn auch lange nicht ein durchaus gleiches, so doch ein ver- gleichbares Mals darstellen. deren Summanden sich indessen an ganz verschiedenen Stellen des Innenskeletts in verschiedenster Art und Grölse, ganz unvergleichbar und aufeinander unbeziehbar geäulsert haben. ! Abgesehen von diesem Allen schemen mir die Plenracanthiden zu den Gruppen zu gehören. welche wenig Anhaltspunkte zur Annahme einer lebens- und entwickelungsfähigen Descendenz gewähren. Ihre Skelettbildung gehört unter den Fischen zu den Typen. welche sich ohne wesentliche Änderungen durch Formationen hindurehschleppen (Holocephalen. Dipnoi), die in geringer Arten- und Individuenzahl auf den Aussterbeetat gesetzt sind oder beinahe (wie so manche Typen der gegenwärtigen Ichthyofauna) in so extremer Weise um- gebildet sind. dals eine Rückbildung zu normalerer Körpertorm einerseits unmöglich scheint, andererseits ein Fortschreiten in der ihnen eigenartigen Entwickelungstendenz die Unmög- lichkeit des Fortbestehens im Kampf ums Dasein in sich birgt, wobei endlich geringe biologische Umwälzungen in den äufseren Verhältnissen ihres Daseins genügen. ihnen die Möglichkeit ihrer Existenz ganz abzuschneiden. Zu diesem morphologischen An- zeichen der Degeneration gesellen sich bei Pleuracanthiden noch wichtige histologische Erscheinungen im Gewebe ihrer Hartbildungen. ! Das konstantere Gewebe des Innenskeletts folgt hier dem variableren des Dermalskeletts bei weitem nicht in dem gleichen Malse nach, wie bei Pleuracanthiden (vgl. unten und die Zusammenfassung ete ). N — Der Charakter des Hautskeletts ist nicht einfach der der Spezialisierung, sondern der der Degeneration, wenn man den Begriff der Spezialisierung beschränkt auf Vorkommen von einzelnen Differenzierungen in einem nach seinem primitiven Allgemeinbestand sonst un- veränderten Dermalskelett. Die Pleuracanthiden zeigen eine ziemlich allgemeine Degeneration des Schuppenskeletts bis auf ganz vereinzelte Relikte seines früheren Bestandes mit (wie das häufig der Fall ist) lokal auftretenden morphologisch extremem Bildungen, dem Kopfstachel. Im Zahnskelett spiegelt sich (der Einheit des Hautskeletts gemäls) diese Degeneration auch. Unsere Ableitung der Diplodontenzähne von den Cladodonten kennzeichnet morpho- logisch eine einseitige Degeneration der Krone beim Diplodustypus; sie ist hier gepaart mit gleichartig einseitigen histologischen Erschemungen: 1) bei allen primitiven vielspitzigen Zähnen ist die Schmelzgrenze gegen die Wurzel für alle Spitzen eine gemeinsame und ist nicht nach den Spitzen differenziert; bei dem Lamnidentypus werden indes die Schmelz- bedeckungen der Spitzen separiert und fast ganz getrennt. Diesen Lamnidentypus besitzen hierin auch die Pleuracanthiden zu einer aufserordentlich frühen Zeit der Stammesgeschichte der Flasmobranchier. 2) Ist auch das Vasodentin derart differenziert, dals es nur in der Basis und nicht in den Zahnspitzen auftritt, was, wie Jaekel mit Recht betont, für die primitiveren Selachier durchaus ungewöhnlich ist; es kommt dies erst spät bei den Car- chariden vor. Die Mikrostruktur der Stacheln ist von A. Fritsch in sehr unvollständiger Weise behandelt worden. Wir betrachten zuerst Pleuracanthus und dann Orthacanthus. Man kann vier Schichten unterscheiden: eme innerste mit grofsen unregelmälsigen Hohlräumen zeigt sich nur in den ältesten Stachelteilen:; in den jüngeren und jüngsten Teilen fehlt sie und es bildet hier ein Komplex von mehr weniger zahlreichen, koncentrisch ringför- migen Lamellen die innerste Schicht, welche einerseits von sehr vielen feinen Dentinröhrehen radial durchsetzt wird, andererseits nur wenige radial verlaufende Haverssche Kanäle zeigt. Darauf folgt eine ziemlich gleich dieke Schicht mit parallel zur Stachelaxe verlaufenden Längskanälen, welche sich verzweigen und anastomosieren; diese Kanäle treten an dem unteren Stachelrand in den Stachel ein und haben keine direkte Verbindung mit der inneren Stachelhöhlung. Dentinröhrchen strahlen davon nach allen Seiten aus; zwischen den distalen Enden der Röhrchen benachbarter Kanäle zeigt sich eine Granulationszone mit kleinen Interglobular- räumen: sehr deutlich und stark ist diese Zone zwischen den beiden bis jetzt erwähnten Schichten selbst, da wo deren beiderseitige Dentinröhrehen mit ihren distalen Spitzen ein- ander entgegen stehen. Auch auf der Aulsenseite der Längskanalschicht zeigt sich eine Zoe stärkere Granulationszone mit Interglobularräumen:; diese zeigt auch hier ein ganz anderes Wachstumsystem, das der äulseren Schicht, an. Wir erkennen in ihr einen meist recht scharf getrennten Komplex von dichten gefälsarmen Lamellen, welche in deutlichen Wellungen sich an wellige Biegungen der Mittelschicht anlegen; diese "Wellen sind die Querschnitte von Längsleisten auf der Aulsenfläche des proximalsten Teiles, da wo die Aufsenschicht noch ganz fehlt. Merkwürdig ist, dals die Dentinröhrchen in diesen Lamellen von der äulseren Oberfläche eintreten und sich nach innen verzweigen; desgleichen gehen von den Kanälen die Hauptverzweigungen der Röhrchen nach innen (nach der äufseren Granulationszone der Mittelschicht) vor. Diese Schicht wächst bis zu einer gewissen Dicke und bildet an zwei seitlichen Kanten in vegelmälsig wachsenden Abständen die Dornen des Stachels. Es treten hierbei z. T. Kanäle von aufsen ein, z. T. entspricht den Kanten ein innerer Gefälsstrang, welcher je einen normalen Vasodentinzahn mit geringer Gefälsverzweigung bildet: im ältesten distalen Stachelabschnitt ist der Gefälsreichtum in der Aufsenschicht ein grölserer. Der Längsschliff zeigt wenigstens dorsal und seitlich, proximal und distal keine Spur einer queren Gefälsverbindung zwischen dieser äulseren und der nächst inneren Schicht: das Wachstum aller drei Lagen ist hier ein völlig selbständiges. Die reichlicheren Kanäle der oberen und lateralen Seite des Stachels laufen von dem Proximalende des Stachels an bis zur Spitze nahezu parallel und haben nur wenig quere Verbindungen untereinander, jedenfalls fast keine mit der nächst inneren Schicht. Nur ventral zeigt sich (vgl. Fig. 4 die Pfeilrichtung und Fig. 12a den Flächenschliff in dieser Richtung) eine sparsame Kommuni- kation der Gefälsröhrchen der Mittelschicht mit dem in der Stachelnähe gefälsreichen Röhrchengeflecht der lateralen Kante. Es ist ganz natürlich, dals das organisch Einheitliche des Stachels wenigstens an irgend einer Stelle eine Gefälskommunikation der äulseren Schichten zeigt: dals dieselbe auf der dem Körper anliegenden Seite und jedesmal in der Nähe der Basis der Seitendorne erfolgt, ist nicht weiter merkwürdig; deswegen ist diese Aulsenschicht doch so selbständig, wie die Innenschicht, welche bei anderen Ichthyodoruliten auch für sich reduziert werden kann, wie auch der geschichtete Teil der Schuppen, die Basalplatte. welchem sie zu vergleichen ist. Daraus folgert vor allen Dingen, dals der Stachel bis zu den seitlichen Dornen hinauf mit einer dicken Cutislage gleichmälsig umgeben war, welche allein ein so ausgedehntes Wachstum rein von aulsen her ermöglicht und also proximo- distal die äulsere Lage allmählich zu bilden erlaubt; zugleich ist zu bedenken, dals das sehr regelmälsige Dornenwachstum hierbei nicht möglich wäre, wenn der Stachel die exponierte, vom Kopfe ab und nach hinten in die Höhe gerichtete Stellung gehabt hätte, wie es die bisherigen rt estaurationen darstellen. Unsere Ansicht aber, dafs der basale Teil des Stachels sehr eng an der Körperoberfläche gelegen war und sich überhaupt nur wenig von derselben entfernen mochte. während der mit Dornen besetzte Teil nach rechts und links excedieren konnte, ent- spricht viel mehr den Lageverhältnissen, welche dureh die histologische Struktur nahegelegt werden. Ich glaube daher, dafs die höchst eigenartige Erscheinung. dafs die seitlichen (bis hinteren) Dornen meistens erst in der distalen Hälfte be- einnen, eben darin ihre Ursache hat. dals nur dieser Teil der wirklich ganz freie Absehnitt ist und der proximale Abschnitt fast in einer Analogie mit der Wurzel der Flossenstacheln, derart mit eutanem Bindegewebe bedeckt ist. dafs er wewissermalsen als im Körperumfanege eingeschlossen betrachtet werden kann.' Der vollständige gerade und flache Stachel von Pleuracunthus und Xena- canthus hat jedenfalls auch im Zustande des Nichtgebrauchs dem Rumpf fest aufgelegen; der von Orthacanthus war mit seinem distalen Teil etwas gekrümmt. und scheint nicht so eng aufgelegen zu haben. Vielleicht war dies wegen der hier auf der Hinterseite liegenden Seitenstacheln nötig. was übrigens ebensowenig zu Verletzungen Ursache gegeben haben mulste, wie die Stachelehen des Flossenstachels von Chimaera bei zurückgelegtem. in der hinteren Hautfalte geborgenen Lagerung des Stachels. Die Struktur des Stachels von Orthacanthus zeigt einige Unterschiede von dem eben skizzierten Verhalten. indes ohne wesentliche Änderungen in der Anordnung der Haupt- sehiehten: in der Mittelschicht zeigen die äulseren Längskanäle öfters eine mehr radiale Umbieeung und ihr Verlauf richtet sich stets nach einer von den schon bei Pleuracanthus erwähnten welligen Erhebungen, welche sich also auch hierdurch als von der Anlsenschieht be- deekte Skulpturleisten zu erkennen geben. Letztere Schicht hat entgegengesetzt, also von aulsen nach innen verlaufende. kurze Haverssche Kanäle, welche mehr nach den eingebogenen Teilen der Wellungen der Mittelschicht sich richten. was auch bei Pleuracanthus zu bemerken ist. Aber auch hier liegt keine Kanalverbindung der Aulsenschicht mit der Mittelschicht vor und beide sind ganz selbständig voneinander wachsende Lagen, die eine mit den Haversschen Kanälen und Dentinröhrehen nach innen. die andere von innen nach aulsen gerichtet. Der ! Deswegen muls er aber nicht, wie die gewöhnlichen Flossenstacheln zwischen den RKumpfmuskel- hälften gesteckt haben; er war jedenfalls ganz trei, der basale Teil lag nur mit dieker Cutisumhüllung engstens dem Vorderrumpf auf und war wahrscheinlich einer äulseren Vertiefung eingebettet. Hier liegt in mehreren Punkten eine äufserlicehe Ähnliehkeit mit dem Flossenstachel von Chimaera vor. —. in Aulsenschieht mit den Kanälen gehören auch die Dormen der Stacheln an, deren Dentin- verzweigungen aber natürlich nach anlsen gerichtet sind. Charakteristisch ist für Orthacanthus, dals die Aulsenschicht nicht ringsum die gleiche Dicke hat, wie bei Pleuracanthus, sondern auf der vorderen resp. oberen Seite die höchste Stärke erreicht und sehr stark nach den hinteren Dornen zu abnimmt. Wenn so die innere Höhlung wie die Innenschicht und Mittelschicht eine regelmälsige. nahezu kreisförmige Rundung hat, so wird durch das Anschwellen der Aulsenschicht der Qmerschnitt mehr hufeisenförmie. Wenn man für diese Struktur Vergleiche sucht, so findet man sie nur für die zwei inneren Schichten bei plakoiden Schuppen, Platten und Stacheln im Allgemeinen. Man hat bei Schuppen zwischen Wurzel und Zahnteil seitlich und senkrecht durch die Wurzel nach oben in die Pulpa eintretende Haverssche Kanäle. Beim Plattenwachstum., welches die auf Knorpeln aufsitzenden Stacheln bildet, findet das seitliche Wachstum selbstverständ- lieh durch die seitlich eintretenden Kanäle statt, welche dann im Inneren der Stachelplatten eine eigene Schicht bilden, da der basale Teil mit senkrecht eintretenden Kanälen vorzüglich der Befestigung dient und meist viel weniger vascularisiert ist; die Reduktion der Havers- schen Kanäle himterlälst aber in letzterer radial in die Basis eintretende Dentinröhrchen. So treten bei dem metamorphosierten. die Schuppenform äulserlich beibehaltenden plakoiden Plattenwachstum der Acanthodier-Schuppen (wo Pulpa und Gefälskanäle fehlen) von der Basis und von dem Hals der Schuppen zwei völlig von einander getrennte Systeme von Dentin- röhrehen ein. Bei Flossenstacheln. welche nur stark konisch ausgewachsene Plakoidplatten sind, ist die Stelle des seitlichen Eintritts der Kanäle in den Stachel der Unterrand und die dieser Eintrittszone entsprechende Schicht ist die äulsere Schicht mit jenen der Stachelaxe parallel verlaufenden Längskanälen. Es ist natürlich, dals sich die nach den Dentintuberkeln und -leisten der ornamentierten äulseren Obertläche ' abzweigenden Kanäle äulserlich auch etwas radial umwenden. Die öftere Ausmündung von Haversschen Kanälen auf der Aulsen- tläche beweist die Persistenz einer (wenn auch schwachen) Lage der ungeschichteten, mit Kapillargefälsen durchsetzten Cutis zwischen den Ornamenten,. welche allmählich abstirbt. Eine Reduktionsform der tuberkulierten Aulsenschicht ist. dals sie (aulser geringen Resten) nicht mehr mit Kanälen verkalkt, also auch keine oder fast keine Tuberkeln mehr bildet: es hat den Anschein. als ob die Kanäle in weichem Zustande auf der Aulsenfläche des Stachels ver- ı Bezüglich der Bedeutung der ÖOrnamentierung für das Plattenwachstum vergl. unten die „Zu- sammenstellung“* Anm. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges, Bd. NX 13 gg. = harrten und die Dentinröhrehen. die sonst von den Kanälen allseitig ausstrahlen. nur von einer Seite (der Aulsentläche) in den Stachel eintreten: die kleinen Röhrchen bilden aber eine kontinnierliche Schieht. welehe eine Reduktions-Frsatzschicht für die Längskanalschicht be- deutet. Dies ist z. B. bei Chimeera (und Spinax) der Fall. wo auch in der That die Flossen- stacheln in grolser Ausdehnnmng mit einer dieken weichen Cutislage bedeckt sind: nur an den beiden seitlichen Hinterkanten verharren die Dentintuberkeln und die sie ernährenden Kanäle öffnen sich nach der mit Weichteilen bedeekten Oberfläche. Wie bei Pleuracanthus entspricht der Kante und den Seitendornen, welche bei Spinar noch Schmelz haben, ein Längs- röhrchengetlecht. anch ohne dals irgend eine Verbindung mit einem inneren, hier ja fehlenden (refälsnetz vorläge. Das Kantenröhrengeflecht ist der lokalisierte Rest der früher gleichmälsig verbreiteten Vasenlarisierungsschieht nnd der ihr ursprünglich angeschlossenen Ornamen- tierung. Das Vorhandensein solcher linear lokalisierter (Grefälsgetlechte deutet auf der Ober- fläche noch vorhandene oder auch schon stark reduzierte Skulpturleisten an (vergl. Acanthodes). Was haben nun die Plenracanthidenstacheln von diesen Strukturverhältnissen ? Sie haben die innere Höhlungsschicht mit ringförmiger Lagerung und radialer Anordnung der Dentin- elemente, dann die äulsere Schicht mit Längskanälen, welche sich teilweise nach den schwachen Leisten der Aulsenfläche des proximalen Stachelteils radial nach aulsen richten. Im proxi- malen Teil stimmen sie also mit der Stinktur des distalen Teils der Flossenstacheln und der Cranialstacheln (Oracanthus) überein. Im distalen Teile tritt aber eine ganz nene Schicht hinzu, eine Differenzierung, welche zwar für sich, aber in dieser Verbindung noch nirgends im plakoiden Skelett beobachtet wurde. Diese Schicht ist nın der Mutterboden der seitlichen Dornen des Stachels, deren Iimearem Verlauf auch ein inneres, hervorragend entwickeltes Gefäfsgetlecht entspricht. 3ei Flossenstacheln giebt die innere Höhlung genau den Querschnitt des Flossen- knorpels an, der formgebend für den Stachel ist; die bei vollständiger Reduktion der Skulptur noch verbleibenden. hinteren seitlichen Stachelreihen sind in erster Hinsicht als Kantenlinien noch von dem Knorpelquersehnitt bedingt: nicht so bei Plenracanthiden. Die Knorpelhöhlung hat stetseinenanderen Querschnitt als der Stachelumrils, da letzterer von dem selbständig modellierenden Wachstum der Anfsenschicht gebildet wird; da diese erst in weiter Ent- fernung vom Stachelanfang auftritt, so kann der Trageknorpel des Stachels niemals mehr Eintluls auf die Anordnung der Dornenreihen gewinnen. Daher sind die seitlichen Dornen- reihen der Pleuracanthidenstacheln denen der Flossenstacheln nur analog (ebenso wie die der lentrobatiden), nicht homolog: sie gehören zu der Kategorie der Kouvergenzbildungen. Das eleiche eilt von dem (Querschnitt: wir haben strukturell beeründet. dals bei Orthacanthus die für Flossen- und Cranialstacheln gleicherweise fremde Aulsenschieht (frontal) an Dieke zunimmt und so der Umrils des Stachels anders wird als der Querschnitt der Innenschicht und der Höhlung. Dies zeigt sich auch darin. dals der proximale, nicht Dormen tragende Teil (wo der Querschnitt der Stachelhöhlung noch mit dem Stachelumrils gleich ist) entweder dorsoventral komprels erscheint, wenn der distale rund wird. oder rund ist. wenn der distale vorne hufeisenförmig anschwillt. Daher ist der Querschnitt des Orthacanthusstachels nur sekundär ein Flossenstachel- artiger; es liegt auch hier keine Homologie, sondern nur eine Analogie vor. Es werden also auch unsere morphologischen Einwände gegen die Auffassung Jaekels. dals wir einen Flossenstachel vor uns hätten, durch die histologischen Thatsachen ın weiterem Umtange gestützt. Eine ähnliche Struktur zeigen die von Fritsch und Jaekel fälschlich als umgewandelte Hornstrahlen dargestellten, sogenannten Krallenstrahlen der männlichen Geschlechts- anhänge an den Bauchtlossen: sie zeigen eine Mittelschicht mit gemeinhin der Axe parallelen Längskanälen und eine Aulsenschicht, deren Haverssche Kanäle und Dentinröhrchen senkrecht von der Obertläche nach innen erichtet sind, sich mit den Kanälen der Innenschicht nicht verbinden und durch eine Zone von Interglobularräumen ! geschieden werden. Abgesehen von der fehlenden zentralen Knorpelhöhlung ist also die Struktur wesentlich identisch mit der Strmktur des Kopfstachels; es beweist auch dies. dals werade die Schichtenbildung, welche an dem Cranialstachel das Flossenstachelartige verursacht. auch an durchaus nicht tlossenstachel-artigen. morphologisch durchaus verschiedenen Gebilden vorkommt. Das gleiche Auftreten der eigenartigen Aulsenschicht bei zwei derart verschiedenen und verschiedenem Gebrauch ausgesetzten Kategorieen von Dermalgebilden erlaubt aber eine besondere phylogenetische Verwertung: wir können wie erwähnt in der Innen- und der Mittel- ! Ich bin auf das Vorkommen der Interglobularräume bei Pleuracanthus schon gelegentlich der Besprechung gleicher, bei Acanthodiern fälscehlich für Knochenzellen gehaltener Räume, welche sich auch bei Onchus, Gyracanthus, Hybodus, Ischyodus, Chimaera ete. in ganz gleicher Weise zeigen, zurückgekommen (vergl. Geogn. Jahreslhı. VI 1893 S. 61). Die Abbildung von Pleuracanthiden |. e., Fig. 4, zeigt eine an Iuter- globularräumen ausnahmsweise arme Stelle; meist ist das Bild so, wie es der Zahndurchsehnitt von Ischyodus, Fig. 6, zeigt. Die Interglobularräume halten sich im Vasodentin stets an die Granulationszone, also an die Zone, nach welcher die distalen Verzweigungen der von den Gefälsen ausstrahlenden Dentinröhrehen sich richten, der Zone mangelhaftester Verkalkung. Die globulare Umgrenzung ist hier nicht so regelmälsig, wie im Dentin, das sich unter Schmelz bildet, weshalb man wohl den Terminus „Dentinhöhlen“ nach H. Uredner annehmen könnte, wenn er nicht einen Parallelismus mit „Knochenhöhlen“ andeuten würde 13% ıK0.0) schicht des Cranialstachels die wesentlichen zwei bis drei Elemente aller nicht nur auf Knorpeln sitzender Stacheln. sondern auch aller grölseren plakoiden Hautplatten erkennen (vergl. die Platten der Myriacanthidae und der Heterostraci inclus. Psammosteiden). Dieser Kern des Stachels entspricht einem vollständigen Stachel mit ganz reduzierter Skulptur, also mit Degenerationsanzeichen. Die Auflagerung der Aufsenschicht mit sehr entschiedener Skulpturentwickelung ist von diesem Ausgangspunkt daher unter allen Umständen eine Neu- bildung in Folge einer Regeneration; man vergleiche hiermit die sehr ähnlichen Thatsachen im Hantskelett der Acanthodier (Schwalbe’s Morphologische Arbeiten. VI. Bd.. I. H.). Bei diesen haben wir einen „Schuppenkern“ mit normalerem, wenn auch stark reduziertem Verhalten: nm ihn her legt sich ein Hüllenwachstum an, welches durchaus von der äufseren Obertläche aus stattfindet: prinzipiell liegt völlige Identität mit dem Stachelwachstum bei Plenra- eanthiden vor; dadurch dals bei Acanthodiern aber die wichtigste Umwandlung in dem ganz indifferenten Schuppenskelett stattfindet nnd eine histologisch gleiche Erscheinung im übrigen Hautskelett fast fehlt, hierdurch wird bewiesen, dals kein aktives Moment des (Gebrauches oder der Anpassung diese Veränderung verursacht, sondern nur ein von innen heraus statt- findender. in seinen Ursachen nicht näher zu kontrollierender Antrieb gewaltet hat. Das Verhältnis bei dem Stachel von Pleuracanthus kann auch noch folgendermalsen forınnliert werden: die Aufsenschicht hat kein Analogon bei normal ornamentierten Flossen- stacheln (vergl. „Zusammenfassung etc.“ Anm.). wo die Dentin- Tuberkeln direkt von den (refälsen der Längskanalschieht mit streng radial nach aufsen gerichteter Anordnung der Dentinröhrehen gebildet werden. Die entgegengesetzte Anordnung des Dentins findet sich nur bei Stacheln mit reduzierter Skulptur und demgemäls reduziertem ursprünglichem Ge- fälssystem, wofür eben die äulsere Ersatzschieht eintritt: starke Bedeckung mit eutanem (rewebe, d. h. Abwendung von der Schmelzoberhaut charakterisiert diesen Degenerations- zustand. Bei Pleuracanthus finden wir diese Anzeichen, finden aber auch die Längskanal- schicht wieder stärker entwickelt und daneben die für die Reduktion der Längskanalschicht sonst eintretende Ersatzschieht für sich selbständig schwach vaskularisiert, mit einem für reduzierte Stacheln charakteristischen Seitendornenbesatz und einen diesem Besatz ent- sprechenden Längsgefälsgeflecht : es liegt also ein seltsames Nebeneinander von dem Gewebe- typus reduzierten Stachelwachstums (vergl. Acanthodes, Chimaera, Spinax) mit dem normalerer Typen (vergl. Onchus, Otenacanthus, GFyracanthus, Hybodus), welchen aber die Skulptur fehlt, vor, ersteres in der Aufsenhülle. letzteres im Stachelkern. Der Ansicht, dals man in der Aulsenhülle eine einfache Weiterentwickelung der niemals selbständigen Skulpturlage sehen — 11 — könnte. wiederspricht die Überlegung, dals eine höhere Differenzierung der Skulpturlage nur in einer Verstärkung derselben nnd nie nach der Art reduzierten Tuberkelwachstums in einer Gefälsverminderung und Umkehr der Dentinröhrehen nach innen statt nach aulsen bestehen könne; dann ist auch zu fordern, dafs bei einer solchen Entwiekelung etwas Gleichsinniges in der Längsgefälsschicht zu bemerken sein mülste. Wir müssen daher eine andere Erklärung für dieses Nebeneinander sich fast ausschlielsender, divergierender Typen suchen und glauben. dals nach einer Zeit der Degeneration im Stachelwachstum durch regenerative Momente der spätere Stacheltypus in seiner Art gefestigt und gestärkt wurde, daneben aber der frühere atavistisch wieder auftrat, allerdings in den durch die vorhergehende Degenerationszeit bestimmten Grenzen. Schon der Umstand, dass trotz der Anzeichen einer Regeneration das Hautskelett so sehr lückenhaft ist, spricht dafür, dals vorher eine sehr tiefgreifende Degeneration im Dermal- skelett stattgefunden habe. Es ist aber natürlich, dals eine Regeneration nicht nur nene Bildungen verursacht, sondern auch noch neubelebend auf die vorhandenen Degenerations- reste der älteren Periode wirkt; so glaube ieh auch nicht, dass an Stelle des neuen Cranial- stachels ein alter von genau der gleichen Form, wie der jetzige nach „Stachelhülle oder Stachel- kern“ existiert habe, sondern ich nehme an, dals dieser Stachel, so wie er jetzt vorliegt, überhaupt selbst morphologisch eine Neuschöpfung ist, und an seiner Stelle eine früher vielleicht nur relativ sehr unbedeutende Dermalbildung existiert habe; dieselbe wurde nun caenogenetisch in morphologischer und histologischer Hinsicht regeneriert, neugeschaffen und so zu sagen verdoppelt. Ein Beweis hiefür ist auch, dass die „Krallenstrahlen“ bei den männlichen Pleuracanthiden im Wachstum morphologisch und histologisch so durchaus denselben Charakter und zugleich auch die merkwürdige Aulsenschicht tragen, dass also mit dem gleichen Struktur- erscheinungen so ähnliche äulsere Gestaltungstendenzen (wenn auch im kleineren Malsstab) bei Gebilden vorliegen, welche nur bei den Männchen auftreten. Wie nun bei den Acantho- diern in Kopf- und Orbitalplatten in gewisser Hinsicht die degenerative Epoche deutlich ist, die regenerative sich aber hier weniger wie bei den Schuppen in einer histologischen Neubildung, als in einer wirklichen Wiedererweckung älterer Formen, einer schwachen morphologischen Umänderung und einem Hang zu abnormen Grölseverhältnissen kund giebt, so scheint es auch ähnlich bei Pleuracanthiden in den Zähnen der Fall zu sein. In ihrer Struktur zeigt sich nur die hochgradige Degeneration,' in der Eigenart der Gestalt die Regeneration; vielleicht darf ! Die seitlichen Zähnchen der Aufsenschicht des Stachels zeigen nicht das Verhalten der Kieferzähne, d. h. eine einfache, nicht vascularisierte Pulpa im eigentlichen Zahnteil; dagegen scheint ihnen Schmelz zu fehlen. — 102 — auch der im Verhältnis zur sonstigen Reduktion im Hanptskelett (ebenso wie im Verhältnis zu den Kiemenzähnchen der übrigen bekannten Selachier) immerhin sehr starke Zahnbesatz der Kiemenbogen auf diese Iregenerationsepoche bezogen werden: dies leitet uns zu der nicht unwahrscheinlichen Annahme hinüber, dass der bei Pleuracanthiden aufserordentlich rege und regelmässige Zahnersatz in den Kiefern gleicherweise im Verlaufe der Stammesentwickelung bei ihren Vorfahren eine gewisse Unterbrechung erlitten habe und nun bei der Entstehung des Pleuracanthidentypus zu einem ursprünglicheren Verhalten wieder hergestellt wurde. Es kann ja allgemein als Regel gelten. dals jede hochgradige Anderung im Innenskelett auch im Zahnskelett zum Ausdruck kommt: nun hätten wir bei den Plenracanthiden im Rumpf und Schwanz Änderungen. welehe an die bei Holocephalen erinnern. im Kopf auch an die Acanthodier erinnernde Neubildungen, wir hätten bei beiden Vergleichsgruppen auch in der That sehr wesentliche Änderungen im Zahnskelett, jedoch bei Plenracanthiden im Zahnwechsel scheinbar keine: ich glaube daher, dals dies in der That nur scheinbar ist und dafs das Bild. welches uns die unmittelbaren Vorfahren der Pleuracanthiden vor dieser regenerativen Epoche bieten würden, auch hierin ein sehr verschiedenes wäre. Die regenerative Epoche dürfte indessen in sehr kurzer Zeit die Typitizierung der Plenracanthiden herausgearbeitet haben: es hängt dies mit der Frage zusammen, ob die Reduktion des Vasodentins in der Pulpa eine ganz allmälige ist und somit diese immerhin degenerative gewebige Spezialisierung bestehen bleiben konnte bei ganz ungeändertem Modus des Zahnersatzes, oder ob sie im Verhältnis zur späteren Lebenszeit des nenen Typus eine plötzliche zu nennen ist, nachdem vorher der alte Typus in allen seinen Einzelheiten einen hochgradigen Zerfall erlitten hat. Das Fehlen aller Übergangsformen spricht für das Letztere, wie bei so vielen anderen Fällen, in welchen uns auch das am weitesten gespannte Bewulstsein der Mangelhaftigkeit der paläontologischen Überlieferung über den Zweifel an einer ganz allmäligen Entwickelung von Stadimm zu Stadium durch unzählige Anpassungsruhepunkte hindurch nicht hinweg zu bringen vermag. Ich möchte es nicht für ausgeschlossen halten, dass Typen zu einem Grade degenerieren können. wie ihn die (allerdings etwas weit hierin vorgeschrittenen) Petromyzonten zeigen, und trotzdem in einer regenerativen Epoche mit Anklängen an die selbsteignen Urformen wieder atavyistisch in einer auch nene Formen schaffenden Neugeburt rasch wieder aufleben können. Wie nun die geschilderten Umwandlungserscheinnngen niemals einen Gewebekomplex für sich umfassen, sondern auch in den nächstverwandten Gewebearten in paralleler Weise auftreten. so gilt dies auch für das Knorpelskelett: auch dieses zeigt bemerkenswerte Degrenerationsphänomene. 103 — Das erste davon ist die sehr interessante, tief ins Innere der Knorpelskelettteile hinein- reichende. unter der Prismenlage auftretende Körnerverkalkung. Jaekel behauptet, dals dies keinen Gegensatz zu den übrigen Selachiern bedeute: das Wesen der Verkalkung sei das gleiche, einen natürlich irrelevanten Unterschied gebe nur der Grad der Inkrustation des Knorpels ab (l. ec. S. 70); er hält das kurzweg nur für eine Alterserscheinung bei Individuen und die entgegengesetzte Meinung als ein Vorurteil, welches darin seine Begründung habe. dals in den zoologischen und anatomischen Sammlungen meist nur junge Exemplare mit unvollkommener Verkalkung. in den paläontologischen dagegen auch die älteren in ihren Skelettteilen zur Ansicht und Untersuchung kämen. Eine reine Alterserscheinung kann ich indessen nur in der auftretenden Verschmelzung oder anch in einer relativ aulserordentlichen Dicke der Kalkprismen selbst erkennen. Aber in dem Auftreten einer zweiten, ganz neuen, irregulären Verkalkungszone auf der Innenfläche der sonst in ihren (im Querschnitt) geradlinigen äulseren und inneren Grenzen so aulser- ordentlich regulären und konstanten äulseren Prismenlage kann ich nicht nur einen höheren Grad der Verkalkung in Prismen erkennen. (In diesem Fall erweist sich auch der übrigens überflüssige Ausdruck „Inkrustation des Knorpels,“ den Jaekel schon früher schaffen zu müssen glaubte, als ganz unstatthaft.) Ein gradweiser Unterschied wäre, wenn die Kalk- konkretionen im Innern des hyalinen Knorpels vorher ganz zerstreut aufgetreten wären und sich wie bei Pleuracanthus endlich zu einer dieken Lage schlielsen würden: dies ist aber nicht der Fall! Zudem zeigen fossile, sehr grolse Exemplare des Münch. pal. Museums von Notidanus Münsteri, Squatina alifera, Spatobatis mirabilis, das grolse Kopffragment von ! alle diese, welche (nach der durch- Sphenodus, das Riesenexemplar von Oxyrhina Mantelli sp., schnittlichen Maximalgröfse der Zähne zu schlielsen) ausgewachsene ältere Exemplare darstellen. nur die eine, äulsere Prismenlage. Dagegen ist die Pleuracanthus zu- gehörige Verkalkung wieder dem Holocephalen /schyodus im lithographischen Schiefer eigen und tritt hier schon bei Exemplaren weit vor der Maximalgrölse auf, zeigt sich also als eine spezielle Eigenheit. Wenn wir nun das Hautskelett der Pleuracanthiden und Holocephalen (unter diesen besonders der Chimaeriden) vergleichen. so finden sieh bei beiden sehr ähnliche Degenerationsstadien im äulseren Dermalskelett und auffälligerweise nun auch die gleiche innere Verkalkung des Knorpels. Da nun die Verkalkung des Knorpels über- haupt ontogenetisch und phylogenetisch eine senile Erscheinung ist, so ist nicht wunderlich, ‘ Vergl Ch. R. Eastman Palaeontographica, Bd. XLI. S. 168. ee dals bei beiden Gruppen die inneren Kalkkonkretionen des hyalinen Knorpels im Individual- leben später kommen, als die der äulseren Prismenlage. Dals aber jene hier überhaupt auftreten und in allen anderen Familien auch bei ganz alten Exemplaren nicht, das ist eben ein Beweis ihrer hohen Eigentümlichkeit, der eine besondere Bedeutung zukommen mnfs. Dies wird noch durch das Folgende erhärtet. L. Doederlein hat schon in seiner Publikation über Pleuracanthus (Zoolog. Anzeiger 1889. XII No. 301) berichtet, dals die Radien der Beckenflosse der Männchen „periostale Verkalkungsscheiden“ besessen haben; dies gilt nun nicht nur von den Männchen (zufälliger Weise lagen L. Doederlein nur männliche Exemplare vor), sondern auch von den Weibchen, was schon aus Kner’s Beschreibung und Abbildung eines Dresdener Exemplars hervorgeht, wonach nur das Becken und das erste lange Glied der Stammreihe granulierte Oberfläche zeigen. d. h. in Prismen verkalkt sind. Die continuirliche Erhärtungshülle kann auch des- wegen nicht sexuell sein, weil diese Radien Männchen und Weibchen zugleich zukommen und das männliche Geschlechtsorgan im Verhältnis zu diesem gleichen Besitz der beiderseitigen Greschlechter eme überzählige Nenbildung ist, welche bei Plewracanthus selbst auch eine wesentlich andere Mikrostruktur bei verschiedenem morphologischen Verhalten hat. Diese hohe Merkwürdigkeit haben die späteren Autoren nach Doederlein nicht weiter beachtet, trotzdem Jaekel auch über die Struktur der Verkalkungserscheinungen das Endurteil gesprochen zu haben vermeimte. Die Prismen von Pleuracantlus unterscheiden sich nicht viel von denen der übrigen Haie; meist sind die Zellen in der lamellös-faserigen Verkalkungssubstanz sehr sporadisch; nur an einzelnen Stellen. wo auch bei lebenden Selachiern die Zellen recht gehäuft sind, findet man sie auch hier in etwas grölserer Zahl. Die Zellenräume sind sehr klein und die verkalkte Zwischensubstanz überwiegt bedeutend. (Ganz anders ist die Struktur der erwähnten kontinuirlichen Radien: abgesehen davon, dals jede Spur von Verschmelzungsanzeichen fehlt, ist die Anordnung der histologischen Elemente eine der Annahme einer solchen Verschmelzung geradezu entgegengesetzte. Die Zellränme würde man auf den ersten Blick überhaupt nur zweifelnd als Knorpel-Zellräume ansehen mögen: sie sind grols, dieht gedrängt, und die Zwischensubstanz spielt eine äulserst geringe Rolle, so fein ist das intercelluläre Balkenwerk, das die Zellen trägt. Ich habe, um eanz sicher zu gehen. das Prismenmaterial und das in Rede stehende Strukturgebilde von Exemplaren desselben Fundorts (Lebach) untersucht. besonders die Strukturen von einem — 105 und demselben Exemplar der Stralsburger Sammlung verglichen." Der Unterschied ist schon ganz erheblich in der Zelleneröfse: die Anordnung der Zellen, die bei den Prismen radiär ist, ist bei den Radien-Knorpelzellen aulserdem mehr eivkulär und Blutgefälse durch- setzen die Masse. Eine Stelle des Innenskeletts der Elasmobranchier zeigt indessen vergleichbare Struktur und das ist der zentrale Doppelkegel der Elasmobranchier-Wirbel, welche wie bekannt in ganz anderer Weise verkalken, als das übrige Knorpelskelett; auf diesen Strukturtypus lassen sich auch die histologischen Eigentümlichkeiten des gesammten Innenskeletts der Acanthodier zurückführen.“ Eine eigentümliche Erscheinung ist die knollig-kugeliee Umgrenzung des Kalknetz- werkes nach den Zellenräumen hin: es wird hierdurch bewiesen, dals wir es hier mit einer ähnlichen Verkalkungesart zu thun haben, welche Hasse bei den Elasmobranchier-Wirbeln als Knollenverkalkung des gemischten Vorknorpels bezeichnet. Dieselbe Verkalkung hat Verfasser dieses bei den Acanthodiern nachgewiesen und zwar in der inneren Schicht ihrer Skelettteile. Der Unterschied zwischen hier und dort beruht nur darin. dals bei Pleura- eanthiden der hyaline Hof um die einzelnen Zellen oder Zellgruppen ein geringer ist und das prochondrale Trabekelwerk ein ganz gleichmälsiges Intercellularsystem darstellt: die Dimensionen sind bei Pleuracanthiden geringer. die hyalinen Inseln sind offenbar nur ein- zellig und demgemäls ist das Intercellnlarsystem viel gleichmälsiger als bei Acanthodes. Eine äulsere Schicht wie bei Acanthodes existiert nicht. Eine zweite Stelle. an der ich diese Verkalkungsart bei Pleuracanthus beobachtete, lieet im Innern des Cranialstachels: bei einem queren Schliff durch den proximalen Theil eines erölseren Stachels traf ich etwa 1.5 em entfernt von dem etwas abgebrochenen Unter- ende hart an die Innentläche der Höhlung angelegt eine nur durch Sprünge eeborstene. eontinuirliche Kruste der in Fig. 9 dargestellten Verkalkunesbildung: der am Stachel anliegende Teil ist zellenlos und hat kugelig lamellöse Struktur. ungefähr wie der äulsere Teil der inneren Schicht der Verkalkungskrusten bei Knorpeln von Acanthodiern: der innere Abschnitt ı Ich verdanke die Möglichkeit dieser interessanten histologischen Untersuchung der Güte des Herrn Prof, Dr, Benecke in Strassburg, welcher mir sehon im Sommer 1892 gestattete, von den Radien eines schönen Exeiplars der Strassburger Universitätssammlung ein mikroskopisches Präparat anzufertigen. ® In einer fast gleichzeitig erscheinenden Abhandlung über die Wirbelentwickelung der foss. Ganoiden habe ich diese Erscheinungen auf einen allgemeineren Gesichtspunkt zurückgeführt Abhand, d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX 14 =, dab zeigt aber, wenn auch nicht so dieht gestellt, Zellräume (besonders im Flachschlift. Fig. 10 zu sehen) genau, wie die der Beckentflossenradien und aulserdem in etwas kleinerem Malsstab das kugelig knollige Wachstum des äufseren Abschnitts, insofern er völlig die bekannte Knollenverkalkung des gemischten Knorpels (nach Hasse) repräsentiert. Diese Ver- kalkungsart tritt also auch gegen die Spitze des den Stachel tragenden Knorpelzapfens auf; an diese Thatsache werden wir unten (S. 109) noch einige Be- merkungen knüpfen. Sehr unterschieden erscheint die Verkalkung des sexuellen Anhangs bei Pleuracanthus: es liegt hier eine diekere äufsere Schicht einer dichten Substanz vor, welche Blutgefälskanäle mit unregelmäfsiger Umgrenzung zeigt und fast ganz ohne deutliche Zell- räume ist. Bei grolser Vergröfserung erkennt man unregelmälsige Zellfasereinschlüsse (wie sie auch bei Genitalanhängen der Notidaniden beobachtet werden konnten), welche sich — eine Reminiscenz mit den basalen Cutislagen, aus denen sie sich entwickeln (?) — teilweise kreuzen. An der inneren Grenze zeigen sich indessen rundliche Zellräume, wie sie auch bei Palaeoseyllium auftreten: zum Teil hängen sie mit der äulseren Lage zusammen, zum Teil bilden sie eine wenig feste, krümelige innere Lage. wie etwa die Lage der Vorverkalkung bei der echten Verknöcherung primärer Knorpel. Die drei erwähnten Arten von Knorpelverkalkungen bei den Pleuracanthiden sind also sehr wesentlich von einander verschieden. — Eine wie bei der Wirbelbildung gleichartig lokalisierte Verkalkungsart wäre daher auch die Verkalkung der ventralen Flossenradien (und der Spitze des Knorpelzapfens des Cranial- stachels) bei den Pleuracanthiden. Dieser Vergleich giebt uns auch ein Mittel an die Hand, die Verkalkungsart selbst genauer zu definieren. Die Bildung des zentralen Doppelkegels ist eine Verkalkung eines Rings von Knorpel in welchem Fasereinschlüsse vorhanden sind: sein nächstes Entwickelungsstadium ist der ausschliefsliche hyaline Knorpel, der bei den Wirbeln die sogenannte „Aulsenzone“ bildet. Bei den übrigen Skelettteilen muls eine Vorknorpelzone zwischen dem Perichondrium und dem hyalinen Kern liegen und es wird auch eine die Prismen bedeckende Knorpelschicht bei den Haien erwähnt (vergl. u. A. Bronn.. Cl. u. Ord., Pisces S. 37, Taf. VIII Fig. 11). Ich habe diese Schicht bei der lebenden Chimaera in lokaler, aber sehr deutlicher Entwickelung am äufseren Kieferknorpel beobachtet, wo sie auch unmittelbar auf den Prismen aufliegt; die Zellen haben hier ungefähr dasselbe Form- und (rrölsenverhältnis zu den Zellen des hyalinen Knorpels wie zwischen den Zellen der 200 Radienhüllen und denen der Prismen bei Pleuracanthus.' Die Lokalisation dieser Erscheinung auf die Ventralis kann nur in einer Weise erklärt werden: wie die vergleichbare Wirbel- verkalkung in einem Organsystem eintrat, welches vorher noch keine Erhärtung zeigte. so scheint bei den unmittelbaren Vorfahren der Pleuracanthiden gerade in dieser Region schon eine Verkalkung des hyalinen Knorpels nicht mehr (?) vorhanden gewesen zu sein. Solches lokale Ausbleiben der Verkalkung in hyalinen Knorpelskeleitteilen kennt man häufig und hat der Verfasser auf ganz ausgezeichnete Beispiele bei den Acanthodiern aufmerksam gemacht (Schwalbe's, Morph. Arbeiten 1896, S. 201). Derartige lokale Regionen müssen ein gewisses unentwickeltes. relativ jugendliches Verhalten bewahrt haben, welches allerdings auch in einem Zurückbleiben der Entwickelung, einer Wachstumsunterbrechung in primitiveren Stadien bestehen kann, daher auch bei der Wirbelsäule gänzliche Rückbildungen in den skelett- bildenden Geweben so sehr häufig sind; in solchen Regionen können aber auch etwaige Regene- rationserscheinungen am allerkräftigsten auftreten. Dies gilt z. B. für das Innenskelett der Acanthodier: wir können diese Erscheinung auch auf die besprochenen Verhältnisse bei den Pleuracanthiden anwenden und schlielsen, dals dies eine im Innenskelett vorgehende Parallelerscheinung mit der Regeneration im Dermalskelett darstelle. Dals auch im Innen- skelett dieser Epoche der Regeneration eine der Degeneration vorhergegangen ist, schliefsen wir 1) aus der T'hatsache des Eintritts von histologischen Skelettänderungen überhaupt, welche auf primitivere Entwickelungsstadien zurückgreifen und dann erst einen Schritt vorwärts machen: 2) dals diese gewebigen Skelettänderungen sofort mit und in einer starken Ver- kalkung auftreten und von einer tief ins Innere dringenden Verkalkung des hyalinen Knorpels begleitet sind. Wie so die Regeneration im Hautskelett. wenigstens was völlige Nenbildung anlangt, eine partielle ist, so tritt sie auch im Knorpelskelett immer noch unter Herrschaft der Degenerationsepoche auf. Ähnliches gilt von den Acanthodiern und Holocephalen: Degenerations- und Alterserscheinungen, welche im normalen Hauptstamme der Plagiostomen erst sehr spät und allmählich eintreten, treten in diesen Seitenstämmen relativ viel früher und entschiedener auf: wie rapid ist z. B. die Gefälsreduktion in Stacheln und Olavieuloid bei den zeitlich so nahe stehenden Machaeracanthus und Acanthodes: wie anfällig sind die ! Die eine Art der Verkalkung schlielst die andere nicht unbedingt aus, beeinflulst sie aber jedenfalls, wie die Verkalkungsart des hyalinen Knorpels der Aufsenzone der Wirbel und die Verkalkung bei Acanthodes beweisen; andererseits ist auch zu bedenken, dals da wo die Vorknorpelschicht frühe skelettäre Bedeutung erhält und verkalkt, auch der von der Übergangssehieht abhängige hyaline Knorpel in seiner Art sehr be- einflulst und derart metamorphosiert werden kann, dals eine Verkalkung desselben, wie sie in der gewöhn- lichen hyalinen Ausbildung die Regel ist, überhaupt nicht mehr stattfinden kann. 14* 108 — gleichzeitigen morphologischen Umwandlungen bei Parerus und Chimatius, gleicherweise in Reduktionen und dem Neuanftreten extremerer Gestaltungen im Dermalskelett: keiner dieser Typen geht aber auch über die allerälteste Blüthezeit der Acanthodier hinaus, aulser Acan- thodes selbst und bei diesem setzen sich die Reduktionen in der Reihe der jüngeren Arten in auftfälliger Weise fort. Wenn daher die Vorfahren emer Gruppe lange unter der Wirkung einer tiefereifenden Degeneration gestanden haben, so scheinen sie auch dureh eine lebhaftere Regenerationsepoche nie zu der Lebensfrische wiedergeboren zu werden, dals die Degenerationen nicht in unverhältnismälsig kurzer Zeit wieder Macht über die Gestaltung gewännen nnd nicht viele Gestaltungen in statu nascendi schon das Kainszeichen der überlebten Zeit an sieh trügen. In dieser Weise dürfte das seltsame Verhalten der Beckentflossenradien bei Pleuracanthiden am besten verstanden werden. Den Entwiekelungscharakter dieser Verkalkungsart kann man durch folgende Betrach- tung begründen. Es scheint natürlicher. dals die differenzierteste Form der Zwischensub- stanz knorpelartiger (Grebilde am frühesten verkalkt. daher die Verkalkung des hyalinen Knorpels die verbreitetste und bei den typischen Plagiostomen thatsächlich die älteste ist. Weiter ist verständlich. dals stanmesgeschichtlich erst sehr spät in der Wirbelsäule, wo der prochondrale Knorpelabsehnitt eine grolse Rolle spielt, eine Verkalkung zu bemerken ist. Wenn nämlieh auch schon in prochonralen (rewebelagen Verkalkungen eintreten. so ist zu folgern. dals sich schon in den embryonaleren Formen des (Gewebes die senilen Momente geltend machen müssen nnd es kann dies als ein Ausdruck einer vorhergegangenen Degene- yation der (rewebe angesehen werden. Besonders muls dies aber der Fall sein. wenn wie bei „teanthodes diese Verkalkungsart für das ganze Skelett gilt und nicht viel weniger, wenn wie bei den Pleuracanthiden zu einer Zeit, welche weit vor dem Auftreten der gleichartigen Verkalkung in der Wirbelsänle liegt, schon lokalisierte prochondrale Verkalkungen besonders ım Flossenskelett eintreten. An Stelle der grölsten Stärke der Schieht tritt auch bei Chömgaera eine sehr deutliche Verkalkung der Bindesubstanz der Zellen ein, welche eime auch makroskopisch sichtbare Oberflächenkruste bildet. Ich vermuthe, dafs die von A. Fritsch bei Orthacanthus Koun- oviensis beschriebene und abgebildete, wie „eine Verknöcherung aussehende Rinde“ auf der Aufsenfläche der verkalkten Cranial- und Kieferknorpel eine ganz homologe Bildung ist. Ich werde hierin geleitet durch die oben erwähnten im Innern des Uranialstachels von Pleuracanthus aufgefundenen Reste der kontinnierlichen Verkalkung eines gemsichten prochondralen Knorpels. Eine solche kann nur dem die Prismen bedeckenden Aulsenknorpel 109 — angehört haben, und da nun der dureh die Kalkprismen angedeutete, den Cranialstachel tragende Knorpelzapfen bei Nenacanthus und Pleuracanthus vecht klein ist und bei weitem nieht die Stärke hat, die man für einen Trageknorpel eines so grolsen Stachelgebildes ver- langen kann. so wird offenbar ein grolser Teil des Stachelzapfens durch eine Wucherung der prochondralen Aulsenlage gebildet worden sein, weleher nur an dem distalen Teile verkalkt und so fossil nachweisbar ist. Ich fasse daher den aus Prismen gebil- deten kleinen Zapfen nur als die Basis eines ungleich grölseren. dureli Wucherung des Aulsenknorpels entstandenen „eigentlichen“ Stachel- zapfensauf. welcherinderdieser Knorpellage eigenen Weise. der „Knollen- verkalkung des gemischten Vorknorpels“ (nach Hasse)im distalen Abschnitt teilweise zur Erhärtunge gelangt. Die Erscheinung dieser eigenartigen Gewebeänderung,. im Zusammenhang mit der innerhalb der Prismensehicht auftretenden Verkalkung der hyalinen Knorpels betrachtet, wird darthuen. dass Letzteres doch nicht als so „irrelevant“ angesehen werden darf, wie O. Jaekel meint. Man kann daher die Fleuracanthiden in der That in einen gewissen, wenn auch nicht zu starken Gegensatz zu den übrigen Selachiern stellen; nach unseren obigen Correeturen der nieht gelungenen Jaekel’schen Deutungsversuche stehen wir ohnehin nieht unter dem Einfluls der Annahme emer nahen Verwandtschaft von Plewracanthiden und Chlamydoselachus, wonach freilich die ersteren von den übrigen Selachiern nieht so scharf zu trennen wären, da Chlamydoselachus — zwar ein isolierter Typus — doch in keinem Punkt eigentlich eine erhebliche Abweichung vom Alleemeintypus der Selachier bezw. deren weniger degenerierten Nebenformen aufweist. ‚Jedoch sollte man. wenn man wie Jaekel für Menaspis und Verwandte eine eigene Ordnung errichtet. consequent sein und auch den Ichthyotomen als einer „Ordnung“ seine persönliche Gunst zuwenden; denn ebenso wie grosse Stacheln in der Mitte des Uraniums festsitzen können, ohne dals wesentliche Organisationsänderungen eintreten müssen, ebenso kann es auch bei Menaspis wohl möglich sein, dass sich am Cranium ohne wesentliche Um- formungen grosse seitliche Stacheln befestigen. Zwischen dem Pleuracanthidenstachel und einfachen Dornzähnen der dorsalen Rückenkante, welche so häufig bei Elasmobranchiern zu beobachten sind (Jaekel erwähnt solche Gebilde auch bei Pleuracanthus), ist eben so wenig ein prinzipieller Unterschied wie zwischen den Stacheln von Menaspis und den seitlichen Cranialstacheln der Hybodontiden und Üestracioniden, was Woodward schon richtig betont, Jaekel aber in Morph Jahrb. 1892 I S. 145 abzustreiten sucht: der Unterschied besteht nur darin. dals das Hautskelett einerseits mehr zur Bildung von Platten neigt, wobei grössere — 1 Stachelbildungen hänfiger vorkommen und dabei flossenstachelartig auswachsen, auf der anderen Seite aber nieht, wenn auch auf dieser vergleichbare Bildungen (eben in den Flossenstacheln selbst auftretend) nicht ausgeschlossen sind : der Unterschied ist durchaus nicht andersartig, als der zwischen den kleineren Stacheldornen der dorsalen Kante der Rajiden und den grossen Speerstacheln der Trygoniden; trotz der nahen Verwandschaft liegen bedeutsame histologische Unterschiede vor, hier einfache, dort netzförmige Stachelpulpa. welche Verschiedenheiten von aufserordentlichen morphologischen Unterschieden in den Dermalgebilden begleitet sind, ohne dass man darnach berechtigt wäre, die beiden Gruppen in verschiedene „Ordnungen“ zu verteilen. Dieses Beispiel ist besonders instruktiv für die Darstellung der systematischen Valenz des Hautskeletts für sieh allein ohne Berücksichtigung oder Kenntnis des Innenskeletts. Sind (die Glieder des Hautskeletts bei fossilen Typen vollkommen identisch, so kann man freilich anf ähnliche innere Verhältnisse schliessen, wenn auch hier bei der Möglichkeit der Convergensen eine sehr ernste Prüfung der Identität vorliegen muls. Es können aber besonders in degenerativen Reihen — ziemlich verschiedene Struktur- und Formtypen bei nach skeletären Hinsichten unleugbar sehr nahe stehenden Gruppen auftreten, wenn die Gewebeänderungen im Aulsenskelett noch nieht in vollem Umfang die (sewebe des Innenskeletts erreicht haben (die nach manchen Thatsachen zu schliessen. meist etwas nachhinken): dies scheint bei den Batoiden-Gruppen. also innerhalb einer ziemlich wohlgerundeten Ordnung, der Fall zu sein. Solche gerolsen gewebigen und morphologischen Unterschiede wie bei Batoiden existieren aber nicht einmal zwischen dem Hautskelett der Menaspis ete. und dem der Hybodontiden und Cestracioniden: conische Plattenbidungen besitzen beide, die ersten am Kopf. die letzteren nur an den vordersten Flolsenknorpeln, sie stehen sich allein hierin thatsächlich viel näher als Trvgoniden nnd Rajiden: ein morphologisches und histologisches Bindeglied ist wenigstens da. wenn anch die Verbreitung des plattigen Dermaltypus über die ganze Haut Menapsis strenger isoliert. Es ist nun die Frage. muls Menaspis ‘als ein Glied der degenerativen Cochliodontiden-Reihe aufgefasst werden und sind Degenerationen noch nicht im Gewebe und den Gestaltungen «des Innenskeletts vorhanden oder sind letztere auch schon vorhanden und ist er so von den cestraciontoiden Cochliodonten auch der Ordnung nach zu trennen. Ähnlich steht es mit den Holocephalen. die im Aufsenskeletteharakter mit Menaspis in so Vielem über- einstimmen. aber im Innenskelett neue „Ordnungscharaktere* ausgebildet haben. — Das Dermalskelett allein thut es nicht, so lange bleiben Menaspis und die typischen Cochliodontiden — 11.-—. incertae sedis, als nicht entweder Autostylie, Hyostylie oder Palatostylie in dem Kieferskelett und entsprechende andere Verhältnisse im Kiemenskelett nachgewiesen sind. Nun neigt das Dermalskelett der Pleuracanthiden auch etwas zum Plattentypus: die Chagrinrelikte sind kleine Plättehen mit sehr zurücktretendem Zahnteil und überwiegender Basal- platte (vel. die kleineren Menaspisschuppen); die Zähne der Mundhöhle sind eigentlich auch solehe Platten mit nur stärkerem Spitzenteil:; die Reduktion der Netzverkalkung auf der aus- nahmsweis starken Basalplatte ist ein Beginn von Plattenbildung der in dem Cranialstachel (man bedenke, dass der „Stachelkern“ ohne Zahnskulptur ist) sein Extrem erreicht und hier nur ohne morphologische Übergänge vorliegt, was bei dem noch viel vollständigeren Hautskelett von Menaspis und auch bei Icanthodiern der Fall ist. Pleuracanthus beweist. dass auch (ganz abgesehen von den gleichgearteten Flossenstacheln der Plagiostomen) im Auftreten flossen- stachelartiger Bildungen an anderen Stellen als den vordersten Flossenknorpeln kein so wesent- liches Moment liegt, dals es allein zur Charakteristik systematisch selbständiger Gruppen dienen könnte Nun weils man aber von Menaspis weiter nichts, als dals seine Zähne und sein Dermal- skelett plattig ist. von Pleuracanthus kennt man aber eine grolse Zahl sehr sicherer Dinge: sein unpaares Flossenskelett ist weit degenerierter und spezificierter als bei den Holoce- phalen, sein paariges Flossenskelett zeigt sich mehr von dem der Plagiostomen verschieden, als das der Holocephalen, das Schultergürtelskelett zeigt Eigentümlichkeiten in der Segmen- tierung. welche Holocephalen und Plagiostomen nicht haben, das vordere Hyoidskelett zeigt stärkere und ganz einzige Eigenheiten, vom Kiemenskelett zu schweigen, worin die Holocephalen auch normaler sind. Die innere Körnerverkalkung des Knorpels von Pleuracanthus erinnert mehr an Holocephalen, als an irgend einen Plagiostomen. Die locale Verkalkung der Radien der Ventralis und der Spitze des cranialen Stachelzapfens erinnert auch an gewisse Bildungen bei Holocephalen und ist histologisch weit merkwürdiger, als die gleich locale Wirbelver- kalkung bei Holocephalen, welche doch etwas mit den Wirbelbildungen bei Plagiostomen gemein hat. Die Holocephalen haben dagegen die Autostylie und die durch den ausnahms- weise beweglichen Dorsalstachel verursachte Wirbelverschmelzung, in welchen beiden Bildungen auch die Kiemendeckelentstehung wurzelt; im Vergleich hiermit hat Pleuracanthus im vorderen Wirbelsäulenabschnitt sehr bemerkenswerte Umbildungen und eine, wenn auch schwache. Kiemendeckelentwickelung. Das Dermalskelett zeigt bei Pleuracanthiden ganz ähnliche Re- duktionen in seinem Allgemeinbestand wie das der Holocephalen. Die Zähne zeigen sehr bemerkenswerte Degenerationserscheinungen, welche aber bei Holocephalen ein ähnliches Extrem — ‚112 — erreicht haben. wie der Stachel bei Pleuracanthiden im äulseren Hautskelett. Es bleibt daher den Holocephalen eigenartiges nur die Antostylie, welche sich bei den Dipnoern mit ähnlicher Zahnbildung wiederholt: diese wird als eine innere Anpassungserscheinung an das plattige (rebils an systematischer Bedeutung mehr als aufgewogen durch die Merkwürdiekeit der Brustflosse, geschweige der anderen eben erwähnten Bildungen bei den Pleuracanthiden, mit welchen sich die Ichthyotomi von den Plagiostomen weit mehr unterscheiden als die Holocephalen. Was O0. Jaekel ausdrücklich bestreitet. ist doch im Vorhergehenden unabweislich festgestellt: Dals die Pleuracanthiden eine besondere Abteilung der Selachier bilden. und zwar eine den Holocephalen (und Plagiostomen) annähernd gleichwertige Ordnung der Elasmobranchier darstellen: dals solche Abteilungen auch einen reicheren Inhalt an Gattungs- typen haben sollen, diese Anschauung beruht ja nach Jaekels eigenen. bei anderer Gre- legenheit geäulserten Worten, überhaupt nur auf einem Vorurteil. Für die Ichthyotomi eilt mit Recht die Dignität einer Unterordnung. während das für die Jaekel’schen Trachyacanthiden nicht gilt, welche als „miscellaneons gronp“ (Wood- ward) geboren wurden Es bleibt da wohl nur die Frage, sind die typischen Cochliodonten mit Menaspis von den cestraciontoiden „Psephodus” ete. zu trennen und den Holocephalen zuzu- teilen oder bleiben sie bei ersteren unter der Familienbezeichnung der Cochliodontiden, als Convergenztypen mit den Holocephalen ? Wir befanden uns auf dem ganzen bis hieher geführten Wege wieder in ganz ent- schiedenem Gegensatz zu den Auffassungen und Darstellungen Jaekels, des letzten Vor- € äneers in der Behandlung der Pleuracanthiden:; wenn derselbe nun S. 78 seiner Pleura- f: canthidenstudie in geringschätziger Weise von der bisher „üblichen Art. vergleichende Anatomie in Phylogenie umzusetzen“ zu reden für angemessen findet, so möchten wir zum Schluss dieser phylogenetisch-anotomischen Betrachtungen die Hoffnung und den Wunsch aussprechen: dals (sowohl was die sachliche. wie die kritische Seite anlangt) die neuerdings befolgte Methode nicht die Übliche und Herschende werden möge. Soweit nun der erwähnte (Gegensatz einen theoretischen Untergrund hat. soweit er nicht von der gegnerischen Seite ungerechtes kritisches Verhalten nnd persönliche Zuschärfung erfahren hat, soweit sei er kurz einer Besprechung unterworfen. Nach O. Jaekels Ansicht ist Vererbung und Konservierung der Formen die einzige selbständige Lebensthätigkeit der Organismen, ihre Veränderungen geschehen nur durch Änderungen der Aulsenwelt. Die Skelettteile sind ein plastischer Teig in der Hand der letzteren, dadureh dals sie auf einen geringsten Wechsel reagieren. Diese Reaktion der Teile ist aber um so geringer, je härter 113 die Gebilde sind. bleibt also bei den Hautskelettteilen auf. ein geringstes Mals beschränkt. Des- wegen sind nach Jaekels Ansicht dieselben phylogenetisch so sehr wichtig. deswegen leitet z. B. die Struktur der Dermalskelettteile der Centrobatiden zu der Annahme, .dals dieselben eher von den ÜCestracioniden abstaınmen. als von den Rhinorayiden. die wiederum ihrerseits mit den Spinaciden zusammenhängen. Deswegen müssen nach. Jaekels Ansicht die Haifische nit trachyacanthoiden Hautskelett eine ganz selbständige Gruppe zwischen den Holocephalen und Plagiostomen bilden etc. Die Paradoxa in solchen Schlüssen sprechen nicht sehr für die Haltbarkeit der theoretischen Ausgangspunkte. Nach unseren Ansichten ist die Selbständiekeit der Umbildungen im Hautskelett eine sehr bedeutende und von inneren gewebigen Faktoren abhängig. welche sich in dem Dunkel der Gesamtorganisation verlieren: ähnliche Selbständigkeit haben auch die inneren Skelett- gewebe, also der Knorpel. nur scheint hier ein viel geringeres Mals vorzuliegen: rem histologische Anlälse zu Umänderungen liegen daher nach meiner Ansicht allein im Knorpelskelett viel weniger häufige vor und zeigt dasselbe auch die morphologischen Verhältnisse, die stammes- geschichtlich am Wiehtigsten sind. Das Dermalskelett zeigt aber Degenerationen und regene- rative Neomorphosen viel häufiger, es scheint ein feinerer Gradmesser der Lebenserscheinungen des Mesoderms zu sein. Zugleich mit histogenetischen Veränderungen treten auch morphologische Neomorphosen im Dermalskelett auf und je nachdem diesen zugleich auch das Knorpelskelett mit histologischen Umgestaltungstendenzen entgegen kommt, entstehen jene Schlulsbildungen. welche systematisch und phylogenetisch wichtig sind. Der histologische Ausgangspunkt dieser Ansicht bildet die eigentümliche Thatsache., dals im Stamme der teleostomen Fische gewisse wichtige Veränderungen. wie das Verschwinden der Knochenzellen und Verschwinden des Dentins, zuerst in den indifferentesten Teilen des Hantskeletts. dem Schuppen vor sich geht und dann erst später in die aktiven Teile sich wie plötzlich verbreitet: diese Veränderung kann also nicht durch den (Gebrauch selbst her- vorgerufen werden, vielmehr müssen sich die Organe des Gebrauchs dieser Veränderungen später in morphologischer Hinsicht anpassen: die Veränderungen sind also selbständige, welche ihre Ursachen in ganz unkontrollierbaren Zuständen der Gesamtorganisation besitzen. Für die Teleostomen (Ganoiden und Teleostier) lälst sich nun nachweisen, dals mit solehen Gewebeänderungen in allen Fällen Änderungen in der Form und Verbindung der dermalen Organe, als auch schlielslich der Körpergestaltung zusammenhängen und auch zusammenhängen müssen. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX 15 114 - Diese Prinzipien gelten auch für das reine Plakoidskelett:; wir haben bei einer der ältesten Elasmobranchierfamilien nachgewiesen, dals in dem Bestand ihres Dermalskeletts die indifferenten Schuppen einerseits die grölste Degeneration (abgesehen vom gänzlichen Mangel an Kiefer- zähnen), andererseits aber die intensivsten gewebigen Regenerationsbildungen zeigt, womit auch ihre sehr charakteristische (restaltung zusammenhängt: diese Metamorphosen zeigen sich so in keinem der übrigen, zugleich im Gebrauch befindlichen Dermalorgane, können also von diesen aus als reine Paralellbildungen nicht erklärt werden. es sind dies also ganz selb- ständige Erscheinungen von (Grewebeentwickelungen. welche eine Beziehung direkter Reaktion zur äulseren Umgebung nieht haben: denn hierin stehen sich alle Dermalorgane gleich. Dies sind also thatsächliche Grundlagen unserer Hypothese, welche ich auch durch eine eingehendere Abhandlung von Thatsachen der Histologie und Morphologie der Holocephalen noch vermehren kann: man kann sie nun auch in indirekter Weise stützen: unsere Ansichten bezüglich der Entwickelung des Dermalskeletts gehen also nicht auf die extrem teleologische Theorie hinaus, dals Dermalorgane einfach da hervorgerufen werden und entstehen, wo sie gebraucht werden und dals sie morphologisch genau so ausgebildet werden. wie sie gebraucht werden. Nach dieser Theorie muls zur Erklärung der Entstehung der Nutzorgane noch die Selection wirkend angenommen werden. welche die Träger aller nicht zweckdienlicher Ab- weichungen unerbittlich ausmerzt. Dermalgebilde aber, welche in dieser Weise unter beständig zwingenden Einwirkungen der T'odesnot geschaffen werden müssen und bei denen schlielslich ganz besondere Grölse und Form resultieren. zu deren Gebrauch noch besonders abweichende Umbildungen im Innenskelett nötig sind, sollten auch ihren Zwecken in ganz hervorragender Weise genügen. Der Umfang und der Erfolg des thatsächlichen Zweckbereichs sollte auch dem Kreis der Vorrichtungen und Veranstaltungen zu seinem Grebrauch entsprechend sein. Solcher differenzierter Gebilde giebt es im plakoiden Skelett nicht viele, wenn wir nur aulserordentliche Gestaltungen heranssuchen und Zähne und Flossenstacheln (für die das- selbe gilt) einstweilen aulser Acht lassen wollen; da sind besonders die Acanthodier mit ihrem Extramandibularstachel und Clavieuloid-Skelett, Pleuracanthus und Menaspis mit ihren Uranialstacheln. endlich die Batoiden und Holocephalen, welche beiden Gruppen wir, wegen ihres besonderen Interesses in dieser Hinsicht an anderer Stelle getrennt betrachten wollen. Ein jeder Leser nun. der unsere Darstellungen der Funktionen und Vorrichtungen der genannten Skelettteile bei Acanthodiern und Pleuracanthiden aufmerksam verfolgt hat, wird zu der Überzeugung gelangen, dals eine relativ recht geringe Gebrauchsfähigkeit vorliegt und trotzdem grolse Anstalten gemacht sind, die Gebilde zu gebrauchen. Diese ganz auffällige Unverhältnismälsiekeit legt ohne Weiteres die Vermutung nahe. dals die betreffenden Gebilde in ihrer Existenz und Form an ihrer Stelle von vorne herein gar nicht erstrebt wurden: vielmehr scheint auch hierdurch die oben histologisch begründete Ansicht bestätigt zu werden, dals sie ursprünglich von einem ganz anderen Trieb beherrscht auftreten und wachsen. dals dieselben aber, weil sie als grölsere passive Gebilde eine Last bedeuten. ja sogar in ihrer exponierten Lage dem Körper zum Schaden gereichen können, mehr sekundär einerseits in ihren etwaigen Vorteilen ausgenutzt, andererseits (um überhaupt den Nachteilen entgegen zu wirken) in den mechanischen Zusammenhang der aktiven Organe eingeschaltet wurden. So kommt es, dals die Zwecke dieser eigenartigen Gebilde nicht leicht zu definieren sind. dals man nur im allgemeinen die Richtung ihrer Anwendbarkeit angeben kann. dals ihr ganzes Arrangement so zu sagen eine umständliche Berechnung von Vorteilen und Nachteilen darstellt, wobei zur Versicherung der Permanenz ihrer Auftretens nur ein geringes Plus nötig ist. (anz schwierig und nur ganz ungenügend dürfte es möglich sein. die beiden lateralen Cranialstacheln bei Menaspis als zu bestimmten Zwecken mittels Reaktion und Selektion ausgebildet darzustellen; gerade das, was die Schaffung und Züchtung von zweckdienlichen Organen durch natürliche Auswahl theoretisch charakterisieren mülste, die Exklusivität der Funktionen der Organe trifft hier nicht zu. Am allerwenigsten dürfte es gelingen die parie- talen Cranialstacheln von Menaspis in dieser Weise zu erklären: auch aus diesem Grunde "0. Jaekel bemerkt (Stzber. Ges. natf. Freunde, Berlin 1891, S. 118) bezüglich dieser Stacheln selbst, „als Waffe irgend welcher Art können dieselben nicht wohl gedient haben, dagegen mulsten sie in sofern zum Schutze des Tieres beitragen, als sie jedenfalls zu einem Angriff auf denselben nicht eben einluden !* Diese Gebilde könnten daher nicht durch die Provokationen des Gebrauchs, als Bildungen der Reaktion auf äulsere Anlässe entstanden sein; sie wären also Wucherungsschöpfungen; nun ist aber zweifellos, dals beide sicher dentodermalen Lateralstacheln in ihrer ganz gleichgerichteten Krümmung, in ihrer der Abplattungsebene angehörigen Lage und überflügelt von den beiden vorderen „chondrodermalen“ Parietalstacheln, ebensowenig trotz ihrer Spitzen zu einem anderen „Gebrauch“ kommen konnten, als die Parietalstacheln selbst, wie auch beider Art Stacheln ganz zweifellos einer einzigen Generationsepoche angehören müssen. Wir können hier die Entstehung der spontanen Wucherungstendenz für eine Art Gebilde nicht zugestehen und sie für die andere Art leugnen. E. Koken macht in seiner „Vorwelt und ihre Entwickelungsgeschichte“ mit wörtlichem Zitat der oben angeführten Ansicht Jaekels diese sich zu eigen; betrefis der Ansicht der Bewegungen der Stacheln geht er noch über Jaekels Angaben hinaus. Die tieferen Stacheln besalsen nach Jaekel eine gewisse Beweglichkeit, bei Koken sind sie schon „willkürlich beweglich;“ den Beweis hierfür haben die beiden Autoren noch zu bringen. Ein flüchtiger Blick auf Menaspis lehrt aber anderes, und das ist das Einzige, was mit einiger Sicherheit begründet werden kann und nicht blofs als nackte Behauptung da steht: die 3 Paare medial-parietaler Stacheln sind nieht fest mit dem Schädel verbunden, sondern mit der Haut und haben am Cranium nur ein gelenkiges Widerlager, welches eine gewisse Beweglichkeit bekundet; die lateralen Stacheln 15* de = halte ich sie für geschlechtliche Wucherungsbildungen, die zwar bewegt werden, aber wie ich bei Chimaera gezeigt habe. nur in sehr ungenügender Weise gebraucht werden können. Das sexnell Selbständige, der Wucherungscharakter dieser Organe zeigt sich überhaupt auch im plakoiden Hautskelett selbst und scheint mir ein weiterer Beweis der Herrschaft selbständiger und histologischer (enerationsantriebe vom (Gresamtorganismus aus. unter welchem das Dermal- skelett ganz besonders unter allen Skelettgeweben steht. Mit den Flossenstacheln ist es nun auch eine eigene Sache: sie zu benutzen, sind starke Coneentrationen der Flossenknorpel vorhanden und nötig. ja es liegt gegenüber den Dorsalllossen ohne Stachel eine Reduktion der eigentlichen Flossenfunktion vor. das Flossen- skelett wird zum Träger eines Kiels und einer Watte: letztere bringt sehr häufig die stärksten Verletzungen der Wirbelsäule hervor und ersterer ist kein unbedingt nötiges Organ, welches zur Existenz gehört: das Fehlen der Flossenstachel bringt zwar jedenfalls Grestaltänderungen liegen nun bei dem bis jetzt bekannten Exemplar nicht ganz gleichsinnig mit den parietalen Stacheln, sondern kreuzen dieselben. auf der rechten Seite ebenso viel nach hinten verschoben, als sie links nach vorne gedreht sind. Diese Verschiebung stimmt mit einer auf der rechten Seite des Fossils schon im Rumpf be- merkbaren Binkrümmung. Während also der Kopf mit dem Rumpf und die lateralen Stacheln mit dem Cranium ein festzusammenhängendes, einheitlich gekrümmtes Ganze bilden (bei dieser Krümmung keine eigentliche Verzerrung stattfand) haben sieh die parietalen Stacheln (auch im Zusammenhang) gegen dieses Continuum verschoben. Dies läfst nur die Ansicht zu, dafs das Cranium mit dem Rumpf wahrscheinlich fest und nicht mit einem Oceipitalgelenk verbunden war, weiter dafs die Lateralstacheln fest und nicht beweglich an dem Cranium ansalsen, endlich dafs die wichtigste Befestigung der Parietalstacheln durch die bei dem Fossil geloekerte und selbständig verlagerte Cutis selbst geschah und dals diese Stacheln in etwa dem Malse, wie die sexuellen Hörner der Holocephalen, willkürlich bewegt werden konnten. Diese den Behauptungen Jaekels und Kokens diametral entgegengesetzte Anschauung ist die einzige, welche relativ begründet werden kann und habe ich sie schon in meiner Menaspisstudie ausgesprochen. Was ist nun die Ursache dieser ungehenren Differenz der Stachelbildungen?® Nach den Behauptungen der erwähnten Autoren hätten die sechs parietalen Stacheln, welche sich in Bezug auf Beweglichkeit und Gebrauch nieht von dem übrigen ganz indifferenten, passiven Hautskelett unterscheiden sollen, eine starke Differenzierung in Struktur und Form angenommen, welehe wenigstens die Ansicht nicht ausschlielst, dals sie histologisch verschiedenen Skelett- systemen angehören könnten. Hingegen habe der willkürlich (!?) bewegliche Lateralstachel sich weder in Form noch Struktur der Oberfläche erheblich von den gröfseren der ganz passiven Hautplatten des Rumpfes ent- fernt!! Also woher die Differenz? Man kann begierig sein, wie die beiden Autoren ihre widerspruchs- vollen Behauptungen zu begründen suchen! Durch den Hinweis auf Jaekels angebliche histologische Untersuchung? Und hat Jaekel nicht gerade die in Rede stehenden Gebilde (Vasodentin und sexuellen Knorpel der Holocephalen) schon irrtümlich vermengt und mehr neuerdings die Krallenstrahlen der Geschlechts- anhänge von Pleuracanthus als Hornstrahlenabkömmlinge und für strukturlos erklärt, während sie aus Vasodentin bestehen? — Während ich also glaube, dafs die Lateralstacheln von Menaspis nicht beweglicher waren, als das gesamte Hautskelett, halte ich die Parietalstacheln für beschränkt beweglich. Dies genügt aber nicht, ihre sehr merkwürdige Form-Differenzierung zu erklären; es ist dies nur möglich durch die von mir urgierte Gesamtauffassung der (rebilde. u hervor. sie mülsten aber sehr bedrohlich werden, wenn die ursprüngliche Differenzierung dieses erolsen Dermalgebildes unter fortwährender Einwirkung der Selektion stattzufinden hätte, d. h. unter stetiger Lebensbedrohung derjenigen Individuem. welche diese Gebilde in mangel- hafter und nicht so zweckdienlicher Ausbildung besassen. Wie ist aber dann die Entstehung der Flossenstacheln zu denken? Wir haben die Pflicht. uns wenigstens kurz darüber zu äulsern. Nach Dohrn's Theorie entstehen die unpaaren Flossen aus ursprünglich paarigen Be- weeunesorganen: in der That wenn irgend die Entwickelungsgeschichte des Individuums über die Geschichte der Organen zu belehren vermag, so zeigt die Entwickelung der unpaaren Flossen nur bilaterale Componenten: Muskeln und Hornstrahlen, welche für sich Bewegungsorgane darstellen können und sieh ursprünglich mit einander verbinden, sind paarig angelegt, be- sonders gehören die Muskeln ontogenetisch den wichtigsten bilateralen Organen an. Die embrvonale unpaare Hautfalte und die unpaaren Flossenradien kann ich in dieser Frage nur für ebenso wenig wichtig ansehen. als die unpaaren Dornfortsätze und Schlulsstücke etwas gegen die Ursprünglichkeit der Bilateralität der Myomere bei den Vertebraten sagen: warum ent- stehen die funktionell wichtigsten Elemente und primitivsten Stützen der Flossen, die Horn- strahlen. nicht in der Medianebene dieser embryonalen sog. Flossenfalte? Warum ist der unpaare Bau der Stachelstrahlen erst eine spätere Schlulserschemung meist sich redueierenden und konzentrierenden Flossenwachstums Die Anlage der unpaaren Flossen ist also paarie: die Flossenstrahlen selbst gehören nach H. Klaatsch im weitesten Sinne dem plakoiden Skelett an und entstehen in der der Basalplatte nahen Tiefenregion der Cutis. Hiermit ist auch gewebig eine Brücke gebaut nach gewissen Gebilden. welche von P. Mayer Parapodialzähne genannt werden. Wenn wir die hypothetische Beziehung dieser Gebilde bei Elasmobranchiern mit den Parapodien der Anne- liden nicht erörtern. so müssen wir aber vor allem betonen, dals ihre segmentale Anordnung bei dem ganz indifferenten Hautskelett der Plakoidfische als eines der grölsten Räthsel erscheint. Es wird nur dadurch einigermalsen gehoben, dals sie in ihrem Anftreten ein strenges Alternieren ihrer bilateral zur Rückenkante geordneten Stellung mit dem Bereich der Flossen zeigen: sie sind daher nicht ohne Beziehung zu den Flossen zu verstehen und erscheinen gleichsam als Repräsentanten derselben an den Segmenten. welche nieht Horn- strahlen- d. h. Flossen produzierend sind. Ich stehe daher auch nieht an. diese segmentalen Dermalgebilde gewissermalsen als passive und daher in eigentlich plakoider Form auftretende Stellvertreter der in allgemeinem Sinne plakoiden und durch ihre Funktion ab origine der speziell — 8 - plakoiden Ausgestaltung entzogenen Hornstrahlen anzusehen: sie treten nur da auf, wo be- sondere Generations- oder Regenerationsmomente sowohl das Dermalskelett oder die Flossen trifit und müssen durchaus nicht ausnahmslos vorkommen. Aus diesem Zusammenhang sind die Flossenstachel an dem vordersten, Hornstrahlen- freien Flossenknorpel zu verstehen: ich halte sie einfach für unpaar gewordene Parapodial- stacheln an den ihnen segmental zugehörigen Flossenknorpel an der Übergangsstelle zwischen Hornstrahlen- und Parapodialskelett: es ist nicht unwahrscheinlich, dals hier mehrere Segmente zusammenwirken weniger im Sinne emer Verschmelzung als einer Konzentration der Bildungs- energie, wobei an einer früheren Stelle der Reduktion der Hornstrahlen und der Muskulatur in einer das Flossenskelett treffenden Regenerationsperiode diese anormal plattige Plakoid- bildung auftritt. Diese Konzentration ist meiner Ansicht nach nicht von aulsen veranlalst, sondern eine Begleiterscheinung der Flossenbildung überhaupt. welche unter dem gleichen Zeichen vor sich geht: denn auch die Trennung nach einzelnen Punkten sich konzentrierender Dorsaltlossen ist durch innere Verhältnisse bedingt und zwar durch die Beziehung zu den paarigen Flossen. welche sich bei Entstehung des Fischtypus von ihren ursprünglich segmen- talen Anlagen in natürlicher Weise nach den neu entstandenen Grenzpunkten der Leibeshöhle dem präcaudalen Anus und dem präthorakalen Ende des Kiemenkorbs konzentrieren ete. etc. Nirgends sind wir hierbei genöthigt. die Entstehung der Organe auf wesentlich äulsere Ur- sachen zurückzuführen. Die weitere in Beziehung zur Aulsenwelt stattfindende Ausgestaltung und teleologische Verwertung der also wesentlich verschiedenen Antrieben zu verdankenden Anlage der Flossenstacheln ist erst eine weitere. geringe Zeit und geringen Aufwand be- nöthigende Aufgabe des Organismus: die Art der Verwendung der Flossenstacheln ist dem- entsprechend eine dem Umfang und der Umständlichkeit der Ontogenese des (rebildes sehr wenige verhältnismälsige. Wenn ich hierauf so ausführlich zurückgekommen bin, so geschah es besonders deshalb. weil ich es für sehr möglich halte, dals der Cranialstachel von Pleuracanthus eine der Flossen- stachelbildung analoge unpaare Bildung parapodialer Provenienz darstellt, dals er also dem freien Raum vor der Dorsalflosse angehörie, noch im Bereich der: Myomore in der das Knorpel- und Dermalskelett (vgl. oben) treffenden Regenerationsepoche bei der Neugestaltung des Flossenskeletts als eine regenerative Konzentrationsbildung im Dermalskelett an Stelle vorderster paariger Parapodialstacheln entstanden ist. Etwas Ähnliches zeigen auch die in ihrem Dermalskelett regenerative Neubildungen zeigenden holocephalen Myriacanthiden: es sind allerdings keine unpaaren Dermalgebilde. 119 sondern zwei Paar grössere paarige Platten zu Seiten der Rückenkante zwischen Oranium und ersten Dorsalis: sie vertreten offenbar die sonst bei ( allorhynehus und Ischyodus an dieser Stelle zu beobachtenden seementalen Parapodialdornen. Der archipterygiale Bau der paarigen Flossen bei Pleuracanthiden! Nachdem wir nun im Vorhergehenden das Wichtigste der Organisation der Pleura- eanthiden zu einem gewissen Abschlufs gebracht haben, erübrigt es uns. noch einige That- sachen und Betrachtungen an das „Archipterygium“ dieser Fische im besonderen und die Bildung desselben im allgemeinen beizubringen. Jaekel glaubt. das Archipteryeium entstehe bei Uferbewohnern. welche ihre Extre- mitäten nicht mehr zum Schwimmen, sondern zur Bewegung auf dem schlammigen Grunde gebrauchten. Der Bewegungsdruck (von Jaekel der „active* Druck genannt) verteile sich nicht auf eine breite Fläche, sondern auf laterodistal aneinander gereihte Punkte der Extremität; statt einer schwimmenden wird nach dieser Meinung die Bewegung eine ausgreifende. Jaekel hält daher auch das Archipterygium für einen Übergang zur Extremitätenform der laufenden Vertebraten. Ohne vorerst diese Ansicht auf ihre innere Haltbarkeit zu prüfen. wollen wir hier nur sehen. ob bei Pleuracanthus eine solche Bewegungsart überhaupt statt haben kann: dies ermöglicht die Betrachtung des Schultergelenkes, welches in Fig. 1 und 11 darge- stellt ist. Das Gelenk ist ein zu den Seitenflächen des lateral stark komprimierten Schultergürtels senkrecht stehendes. von der wenige breiten Hinterkante desselben sich fast nicht abhebender schmal rollenartiger Gelenkkopf. Die Extremität inseriert also nicht. wie bei den höheren Vertebraten mit einem (relenkkopf in einer Grube des Schultergürtels, sondern typisch fisch- artig befindet sich der Gelenkkopf an der Skapula. Die Gelenkrolle ist nun nicht auch nach der Längsaxe der Rolle konvex: nur die äufsere Seite ist ganz schwach gerundet. Für etwa mögliche Bewegungen der Flosse folet daraus dies: esist nur eine auf undabgehende, nicht wesentliche aus einer vertikalen Ebene nach vorn seitlich aus- greifend abweichende Bewegung der Flosse gestattet. Die etwaige Abweichung, die die sehr schwache äufsere Convexität der Gelenkrolle zuläfst, ist schwach und kann jeden- falls nicht einmal den Grad erreichen, dals die Flosse sich seitlich senkrecht zur Körperober- fläche stellt. Die Bewegungen sind also dem Gelenk nach entschieden fischartige, 120 — nur die Amplitude der senkrechten Aut- und Abbewegung ist eine sehr bedentende. Zu diesem Resultat stimmen die vorhandenen Muskelgeruben. die bei den in den Lebacher Geoden sehr wohl erhaltenen reinen Formen der Skelettteile sich deutlich erkennen lassen. Wir haben nur zwei Muskelgruben, eine dorsal und eine ventral von der (Grelenkrolle,. welche beide auf der nur zunächst des Grelenks etwas breiteren Hinterkante des Scapulare liegen. Sie liegen gemäls der Längsaxe der (relenkrolle und der aus ihrer Bildung zu folgernden Be- wegungen genau senkrecht übereinander. Auf den Seitentlächen sind keine Mnskel- eruben zu bemerken und wenn irgend ein schwacher Muskel von der äulseren Seitenfläche die l"losse nach vornen zöge,. dann mülste auch ein Antagonist von der inneren Seitenfläche wirken, diese ist aber gegen das Flossengelenk zu dorsal und ventral von ihm durch eine hohe Crista. welche beide Muskeleruben kontinuierlich von innen begrenzt — nach aulsen abeeschlossen. Wenn nun nach Jaekels Behauptung von vorne nach hinten ausgreifende Bewegenngen an der so wichtigen Veränderung des Flossenskeletts zur biserialen Form die Ursache bildeten. so mulsten sie sich am allerersten und allerentschiedensten im Flossengelenk und den Mus- kelgruben ausprägen. Abgesehen davon. dals die Condylusverhältnisse überhaupt fischartige sind, ist auch Stellung und Form des Condylus und der Muskelgruben nur fischartig und beweist also nur nach hinten auf und abgehende Bewegungen der Flossen. Die Ansicht Jaekels kann also hiermit als begraben gelten. Auch für die lebenden Dipneusten können der- artiee Momente nicht in Betracht kommen, wie dies Hatschek klar ausgeführt hat: wenn nun deren Ventralis wirklich eine gewisse schiebende Beweenne ausführt. so ist dies nur ein Beweis. dals eine solche bei der Stellung, Form und der Freiheit der ventralen Flosse noch aufser den anderen Bewegungen in gewissem Grade möglich, nicht dals sie deren Ursache ist. Dals vielmehr die in allen Punkten wichtigere Peetoralis der Sirenoiden diese Bewegungen gar wicht ausführen kann und dennoch biserialen Ban hat. das ist ein Beweis. dals der letztere eine andere Ursache haben muls. Die Peectoralis zeigt bei Pleuracanthiden diesen Bau auch allein und es treten überhanpt an der Pectoralis die grolsen Veränderungen stets zuerst auf. Die Ventralis der Sirenoiden führt diese untergeordneten, accessorischen. immer noch etwas hypothetischen und jedenfalls nicht gestaltgebenden Hebe- bezw. Schieb - Bewegungen auch nur aus, weil sie dem Boden zunächst liegt! Wenn so bei dem Archipterygium der Peetoralis der Sirenoiden nnd Pleuracanthiden keine Veränderung der Bewegungsart der Flossen die Ursache des zweifiederigen Baues ist. was mag dann seine Ursache gewesen sein ? Wir sagten oben. ob das Archipterveinm sich bilde oder nicht. das sei eine interne Ange- ? A: Le) = legenheit der sämtlichen Flossen, es sei die Folge einer Anpassung der paarigen Flossen und besonders der Pectoralis an die Körperform, an seine Beweglichkeit und an seine Haupt- bewegungsorgane, die unpaaren Flossen. Wir sehen den uniserialen Bau der paarigen Flossen bei den Plagiostomen vorwiegen, welche bei einem schweren Rumpf, meist mehr drehrund als bilateral comprimirt, sehr häufig im Kopf und nicht selten im Vorderrumpf zur Abplattung geneigt sind; er ist geknüpft an diese ganz entschieden heterocerken Typen, mit seltener grader, meist stark aufgebogener Caudalaxe, deren Bewegungen durch selten eine oder meist zwei (bzw. abdominal und thorakal) stehende Dorsalflossen mit oder ohne Stacheln (stärker und schwächer als Kiel wirkend) unterstützt ist; stets sind aber die Bewegungen der Caudalis schlagartig und stols- weise propulsatorisch. Hierbei fällt den paarigen Flossen und besonders der Pectoralis zu, dem Vorderrumpf die Richtung zu geben, ihn zu heben, zu senken und seitlich zu drehen, dabei natürlich in ebenso entschiedener und kräftiger Weise in die Bewegungen der Caudalis einzugreifen. Hierbei ist zu bedenken, dafs bei Elasmobranchiern die Schwimmblase als ein die Beweglichkeit des vorderen Rumpfes im Heben und Senken des Körpers sehr wesentlich unterstützendes Organ ganz fehlt und diese ganzen Operationen fast allein der Pectoralis auf- gebürdet sind. Man weils nun durch die Forschungen von Dohrn, Mollier und Wiedersheim, dals die paarigen Flossen aus ursprünglich senkrecht vom Körper abstehenden sesmentalen Elementen entstehen, welche sich in Nerven, Muskeln mit den Hornstrahlen und späterhin den Knorpeln zu dem eigentlichen Flossenorgan zusammenschliefsen. Der Anschlufs aller dieser der lateralen Rumpfwand angehörigen einzelnen Theile an das Scapulare verursacht, das die hintersten oder letzten dieser Elemente zu den der lateralen Körperwand zunächst liegenden werden. Wenn wir nun die Flosse nach ihren eben skizzierten Funktionen als am zweckmälsigsten zusammengefügt denken, so scheint es natürlich, als ob ein paralleler Zu- sammenschlu/s der zunächst und der lateralen Körperwand längs anliegenden Strahlen (Muskeln, Nerven und Knorpel) neben einem quer proximalen zunächst am Gelenk der geeignetste wäre. Ein solcher Zusammenschluls bewirkt, dafs alle eigentlich bewegenden Elemente der Flosse einseitig laterodistal von einer „Stammaxe* wirken, welche der Körperaxe, welche von der Flosse ja in letzter Linie zu heben ist, fast ganz parallel läuft. Der einseitige Bau entspricht der Idee von einem zur medianen Körperaxe seitlich gelegenen Bewegungsorgane und wiederholt auch nur die Form der ersten, embryonalen Anlage der Flosse, welche durch die Bildung des Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 16 ’ — 12 — Schultergürtels und den nothwendigen Gelenkanschluls der Flossen an ihm vorübergehend geändert wurde. In diesem Sinne scheint auch mir die Bildung einer metapterygialen Stamm- muskulatur und des knorpeligen Metapterygiums, eigentlich dieprimärste und einfachste Flossenbildung nach der embryonalen Form. Die Radialmuskeln und Radien stellen dabei die einseitig gelegenen distalen Theile sämmtlicher im Meta-, Meso- und Propterygium ver- bundenen proximalen Abschnitte dar. Die Rückkehr zum ontogenetisch beohachteten Urtypus ist aber nicht nur als eine Typenwiederholung aufzufassen, sondern ist bedingt durch die Funktion und erscheint als die geeignetste Form des Organes, welches einen schweren Körper zu heben und zu senken verpflichtet ist. Bemerkenswert hiefür ist, dals, wie Mollier dies dargestellt hat, die posterolateral liegenden, ursprünglich ganz freien Radien des späteren Metapterygiums als solches in die laterale Körperwand vollständig einbezogen werden. Dies ist dadurch möglich, dafs zwischen Körperwand und Metapterygium von letzterem divergierend keine distalen Theile der Flossen- elemente: Hornstrahlen mit ihren radielen Muskeln und Knorpeln eingeschaltet sind, d. h die Flosse durchaus einseitig ist. — Die Funktionstendenz, welche also Ursache der metaptery- gialen Verschmelzung ist, geht also noch über diese hinaus und bewirkt eine zweite Er- scheinung derselben Wirksamkeit, eine nachträgliche festere Längsverschmelzung des Flossen- stammes mit der Rumpfwand, wodurch die Wirkungen der Flosse durch das Metapterygium an dessen ganzer Länge unmittelhar auf den Körper übertragen werden. Bei der Bewegung der Batoiden liegt nun die ganze Last oder der Widerstand des breit abgeplatteten Körpers ohne Beihilfe einer flächenhaft wirksamen, propulsatorischen Caudalis oder kielartig wirkender Dorsales ganz auf den paarigen Flossen, besonders ist die Last des vor der Scapula liegenden Kopfteils relativ sehr grofs. Wir sehen daher bei ihnen eine dem Wesen nach mit dem Metapterygium gleiche Stammbildung auch im propterygialen Abschnitt entstehen, wobei der mesopterygiale Abschnitt bedeutende Reduktionen erfährt; dieselbe bezieht sich ebenso auf den beträchtlichen vor der Scapula liegenden Abschnitt des Körpers, wie das Metapterygium auf den Rumpf, als einfachste Flossenform zur Bewegung eines schweren, zur Abplattung geneigten oder abgeplatteten Körpers. Wir haben hier also die Metapterygialbildung im Extrem und können einen Schluls ziehen auf die Ursachen ihrer Entstehung und die Tendenz ihrer morphologischen Ausgestaltung. Der Einflulfs den die Körpergestaltung bei den Batoiden auf den metapterygialen Bau der Flossen hat, ist hier um so auffälliger, als von Mollier in frühen Stadien bei Torpedo sogar ein Beginn archipterygialer I Radienanordnung beobachtet wurde; der Einflufs ist daraus zu verstehen, dafs bei den Batoiden die Bewegungsebene des Körpers, welche bei den Squaliden auf der Bewegungsebene der paarigen Flossen senkrecht steht, gemäls der dorsoventralen Abplattung des Körpers mit letzterer zusammenfällt, dafs also die hebende und senkende Bewegung der paarigen Flossen identisch ist mit der einzigen Bewegungsmöglichkeit des Körpers. Ganz das Gegenteil der Flossen- und Körpergestaltung bei Batoiden, wo also mit dem Extrem eines sagittal verkürzten, dorsoventral abgeplatteten Körperbaus auch das Extrem pro- und metapterygialer Ausgestaltung der paarigen Flossen beobachtet werden kann, zeigen nun in allen Punkten die Pleuracanthiden. Sie besitzen eine einzige langzeilige Dorsalis vom Schultergürtel bis zum Schwanz, im Schwanz selbst einen ausnahmsweis starken, sich fast ohne Unterbrechung an die Dorsalis anschliefsenden dorsalen Lappen (es ist also kein eigentlicher Schwanzstiel zur Hervorbringung schlagartiger, propulsatorischer Wirkungen vor- handen), die Schwanzaxe ist fast ohne Aufbiegung; der ventrale Lappen ist in dem vor dem ventralen Einschnitt liegenden Abschnitt, welcher bei dem Extrem heterocerker Candalis dem aufgebogenen axialen Teil annähernd gleich entwickelt ist, nach Beteiligung von Flossen- segmenten ganz reduziert, dagegen ist die „Schlufsflosse“ enorm verlängert, hier scheinen ventral die Flossenknorpel zu fehlen, die dorsal sehr stark sind. In allen diesen Flossen haben wir eine ausnahmweis starke distale Verlängerung der Knorpel zu beobachten, welche wahrscheinlich ebenso nur in Folge der exceptionellen Verkalkung möglich ist, wie Ähnliches bei den Batoiden vorliegt. Diese Verlängerung findet zum Teil auf Kosten des sagittalen Zusammenschlulses der Knorpelstrahlen statt, welcher bei den paarigen Flossen im distalen Teil fehlt (vgl. Batoidei) und bei den unpaaren Flossen keine basalen Verschmelzungen erlaubt. Die gleiche Längenentwickelung zeigt sich in oberen Bogen und Rippen, welche ersteren scheinbar, wie bei manchen Ganoiden, über den Neuraleanal hinaus sich zu falschen Dornfortsätzen verlängert haben. Wie der Rücken also sehr hoch und offenbar mit schärferer Kante versehen war, so war auch die Bauchseite beschaffen; der Schultergürtel (Scapula und Infrascapula) läfst nur eine sehr geringe ventrale Umbiegung erkennen. Wenn man nun noch bedenkt, dals die Umbiegung des Spitzenteiles des Scapulare nach vornen der oberen Grenze der Kiemen-Leibeshöhle entsprochen haben mufs und die die Bauchkante anzeichende ventrale Symphyse jedenfalls im Niveau (dorsoventral gerechnet) tiefer lag als die Copularaxe des Kiemenskeletts, so konnte die laterale Körperwölbung nur eine sehr geringe sein, d. h. es konnten die Scapularknorpel von der ventralen Symphyse nicht stark nach oben und lateral divergieren und bildeten sicher einen geringeren Winkel als 45°, wie dieser bei 16* Chlamydoselachus von garman angegeben wird. Auch die durch die infrascapulare Gliederung angedeutete, höchst geringe mediale Befestigung der bilateralen Hälften des Schultergürtels spricht für eine geringere Ausbildung einer thoracoventralen Breite des Rumpfes; die mediale Verschmelzung der Extremitätengürtel ist am stärksten, je mehr die Bauchfläche entwickelt ist, d. h. unter je grölserem Winkel die Coracoidteile zusammenstolsen. Dies scheint besonders in der Ventralis und dem Becken ausgedrückt; bei den Chimären nämlich, wo in dieser Gegend die bilaterale Kompression nicht unbedeutend ist und die Beckenhälften mit einem grolsen Tliacalteil dem Scapulare ähnlich stark seitlich auf die Körperflanke übergreifen, ist die Befestigung der beiden Beckenhälften ausnahmsweise nur ligamentös. Mangelnde ventrale Verschmelzung scheint also das Überwiegen mehr zu lateraler Kompression strebender Ein- wirkungen bei reiner Flankenlage der Extremitätengürtel anzudeuten. Man mufs bedenken, dals die gewöhnliche stark laterale Entwickelung der Scapularknorpel nicht nur in Hinsicht auf ihre Festigung als Grundlage der Flossenbewegungen gerichtet ist,. sondern dafs das obere und untere Ende eigenartige Funktionen bezüglich des Kiemenkorbes hat und ganz besonders sein Hinterrand als wichtigster Ausgangspunkt der bilateralen Längsmuskel- kontraktionen zur allgemeinen Körperbewegung funktioniert, demnach wichtigste Stütze der bilateralen Kompression ist, die sich auch in ihnen zu allererst äulsern muls. Wenn daher das Becken der Holocephalen so schultergürtel-ähnlich ist, so geschieht dies z. T. auch zur Bewegung des langen Schwanzes bei bemerkenswerter bilateraler Kompression und in Folge davon, dals das Innenskelett selbst als Stütze dieser Bewegungsaktionen eine untergeordnete Rolle spielt. Mechanische Momente, welche aber eine ventrale Symphysealverschmelzung nicht erzwingen, in deren Sinne liegt auch die Möglichkeit des Auftretens der zwischen die eigentlichen Scapularia eingeschalteten Infrascapularia; dies ist daher auch teilweise auf Kosten der bilateralen Rumpfkompression zu setzen. Wenn wir derartige Umbildungen bei ‘dem Schultergürtel haben, so dürfen wir — wenn die Körpergestaltung wirklich an solchen Umbildungen schuld ist — auch Ähnliches im Beckengürtel erwarten. Der Beckengürtel der Pleuracanthiden zeigt nun die eigenartigsten Verhältnisse unter den Selachiern; die beiden Hälften scheinen ebenso locker an einandergefügt, wie die des Schultergürtels; das Becken selbst ist morphologisch entwickelt, wie das Basale der Ganoiden und Teleostomen überhaupt; es zeigt sich deutlich, dafs es im distalen Teile noch aus embryonal separaten Teilen entstanden ist, enthält also noch ursprünglich knorpelig radiale Teile und unterscheidet sich so in gewisser Weise von dem echten Becken, das nach den neueren Forschungen aus der sehr frühe stattfindenden bilateralen Verschmelzung der proxi- malen Regionen der kontinuierlichen Basale-anlage entsteht; sehr scharfe Grenzen zwischen der Entstehung eines Becken-Basales und eines echten Beckens lassen sich zwar nicht auf- stellen, aber morphogenetisch liegen immerhin bedeutsame Unterschiede vor; wichtig ist, dals die Form und Lagerung des Beckens, das Verhältnis zur Flosse hier das eines „Basale“ ist, wie es bei den teleostomen Fischen vorliegt. Letztere sind nun viel stärker bilateral komprimiert als die Elasmobranchier und die in der Symmetrieebene ihres Körpers vorhandenen unpaaren Spinal- und Interspinalskelettteile zeichnen sich durch ihre Stärke- und Längenentwickelung aus, der wichtigsten Grundlage der entschiedeneren bilateralen Kompression des Körpers. — Diese Grundlage ist nun auch bei den Pleuracanthiden in einer Weise ausgeprägt, welche auch die Folgerung zulälst, dals auch die Beckenform auf eine starke bilaterale Kompression des Körpers schlielsen lasse, dals also hier eher eine scharfe Bauchkante als eine mehr weniger breite Bauchfläche entwickelt gewesen wäre; es fehlten also hier die Momente, welche einerseits zu einem eigentlichen Becken, d. h. zu einer frühen ventralen Verschmelzung führen, also eine breite Bauchseite, wobei die Flossenaktionen in ihren abgewandten Stützpunkten nach der ventralen Mittellinie hinzielen, andererseits erscheint die Längsmuskulatur durch das starke Spinalskelett selbständiger, wirkt also selbst indirekt als lateraler Träger des Beckens, nicht umgekehrt als Last auf demselben; der Beckengürtel ist also in ähnlicher Weise entlastet wie bei den teleostomen Fischen. Dafs bei den Dipneusten nun gerade eine Verschmelzung zu einem Becken zu beobachten ist, das dürfte darauf zurückzuführen sein, dals hier die Bauchflosse ein den höheren Vertebraten ähnliche Stellung der Axe besitzt, und gerade hier auch eigenartige Bewegungserscheinungen zu beobachten sind; die aufserordentlich starke frontale Verlängerung des Beckens lälst uns aber vermuthen, dafs auch hier bei Vorfahren mehr teleostomenartige Vorstadien vorgelegen haben und dafs die Beckenbildung von einem für die bilaterale Körperkompression charakteristischen Ausgangspunkt ausgegangen und in Folge des Auftretens neuer Funktionen in der biserialen Ventralis darüber hinausgegangen ist. Ein Charakteristikum der Pleuracanthiden ist, daher eine ganz hochgradige bila- terale Kompression des Rumpfes und Schwanzes auf der Dorsal- und Ven- tralseite der Axe, wie sie selbst bei den allgemein mehr bilateral komprimierten Teleostomen mit langgestrecktem Körperbau eine seltenere Erscheinung bildet.! ! Der Körperbau der Pleuracanthiden neigt zum anguilloiden Typus, welcher ebenso wie der Platysomidentypus bei den Teleostomen häufig, dagegen bei den Elasmobranchiern noch nicht beobachtet ist; bei diesen wiegt dagegen der Batoidentypus vor, welcher bei den Teleostomen kaum von einzelnen Acanthopteri und Plectognathen erreicht wird. Wie muls nun die Bewegungsart dieser Fische gedacht werden? Wir haben oben schon betont, dafs alle Organisationsverhältnisse in der Caudalis geradezu umgekehrt sind als bei den gewöhnlichen Elasmobranchiern und fügen hinzu, dafs der Mangel eines basalen und basi-distalen Zusammenschlufses der in der Länge entwickelten Knorpelstrahlen eine ent- schiedene propulsative Schlagwirkung der Flossen nicht ermöglicht. Die Bewegungen des Schwanzes sind also die aller langzeiligen Dorsaltlossen und der Dorsalis bei Pleuracanthus selbst, an die er sich fast ohne Unterbrechung anschliefst; sie bestehen also in successiv aufeinander folgenden Ausbiegungen der einzelnen Interspinalsegmenten zugehörigen Horn- strahlenregionen, sie ist eme wellig schlängelnde Bewegung. Wenn wir hierauf die Bewegung der paarigen Flossen bei Pleuracanthiden beziehen, so ist vor allem zu bemerken, dals eine Organisation derselben zu momentan und entschieden (also vorteilhaft zunächst und längs der Rumpfwand) wirkenden, schlagartigen Aktionen nicht nötig ist, dafs vielmehr eine den jedenfalls schlängelnden Bewegungen des gesammten unpaaren Flossenapparates entsprechende raschere Wiederholung kleinerer auf- und abgehender Be- wegungen (vgl. die dazu passenden Verhältnisse des Scapulargelenkes) eine viel geeignetere Bewegung ist. Die paarigen Flossen, welche bei Fischen allgemein und besonders bei den mit unpaaren Flossenbildungen wohl ausgestatteten Pleuracanthiden zur eigentlichen Fort- bewegung nichts, wohl aber zur Steuerung beitragen, müssen also in ihrer Gestaltung auch hier — wo thatsächlich Fischbewegungen durch die Verhältnisse des Schultergelenks nach- gewiesen sind auf die Formation der unpaaren Flossen und die positive Beweglichkeit des Rumpfes bezogen werden. In gleicher Weise muls die eigenartige, in hohem Mals vom (ewöhnlichen abweichende, fast biseriale Form der Analis und die ihr ähnliche Gestaltung des vordersten, auch in merkwürdiger Weise „freien“ Caudalabschnitts aufgefalst werden. Was Mollier für die Morphogenese der biserialen Flossenform aus der Entstehung der die entschiedenste einseitige Stammfiederung zeigender Batoiden abstrahierte, das gilt in der That unzweifelhaft für diese postanalen Flossen: parallele Knorpelkomponenten als Ausgang, intern gelegene Verschmelzungsrichtung zu einer inneren Axe, starke rein-distale Streckung derselben waren hier jedenfalls malsgebend. Es ist somit nicht gewagt zu sagen, dafs die Momente, welche die Ursache dieser analen Flossenform sind, bei Pleuracanthus auch die der Entstehung des Archipterygiums sein sollten, zumal sie nach der Übereinstimmung Aller auch als „Steuer- flossen“ gedient haben; ja beide unpaaren Flossen können sogar, da die Ventralis keine wesentliche Änderungen zeigt, zu den Änderungen der Pectoralis in Correlation gedacht werden, d. h. beide in ihrem Zusammenwirken auf die Formation der übrigen, der Propulsation — 112 — wirklich dienenden unpaaren Flossen und der Bewegungsart des Rumpfes bezogen werden. Was nun noch den letzteren Punkt betrifft, so ist zu bedenken, dals ein stark bilateral komprimierter Körper wegen des geringen Projektionsmalses seiner Oberfläche und daher auch geringeren Malses der bei einer Hebung zu verdrängenden Wassersäule viel leichter zu heben ist, als ein dorsoventral komprimierter und bilateral sehr breiter Körper. Ein Zwang zur Bildung eines längs gestreckten, dem Körper seitlich eng anliegenden, mit ihm längs verbundenen Metapterygialstammes liegt also nicht vor; bei einer beginnenden Verschmelzung der Radien zu einem Stamme, welche schon durch den Ansatz der Radien an einem durch andere Funktionen in seinem Wachstum divergent beeinflulsten Scapularknorpel zur Noth- wendigkeit wird, liegen also zweifellos ganz andere Verhältnisse vor, als gewöhnlich; der „metapterygiale Zwang“, der gewöhnlich in der einseitigsten Form wirkt, wird zwar auch hier seinen Einfluls ausüben, dagegen wird die Flossenentwickelung am Schultergürtel eine etwas freiere werden. Bei einer freien Flosse scheint nun — abstrahiert von allen einseitig bindenden Be- ziehungen der Radien zur Körperflanke — für eine Bewegung in einem ringsum gleichartig beschaffenen Medium eine Stammesentwickelung mit biserialem Typus, gleich dem Bau einer Vogelfeder, überhaupt der natürlichste Zusammenschluls. Diese Grundidee ist nicht nur in der Gegenbaur’schen Archipterygialhypothese latent, sondern findet auch darin eine gewisse Bestätigung, dals einerseits Mollier bei Torpedo in einem frühen Entwickelungsstadium der Pectoralis eine Tendenz zum fiederigen Bau beobachtete, andererseits Huxley (Proceed. Zool. Soc., London 1876) bei jungen Notidanus einen Ansatz zum biserialen Bau erkannte, welchen Befund er zur Grundlage seiner modifizierten Archipterygialhypothese machte. Mollier behauptet, wie mir scheint mit Recht, dals es prinzipiell nichts wesentlich Ver- schiedenes ist, ob eine Flosse sich monoserial oder biserial anlege und es mögen in der That relativ geringfügige Umstände zu der einen oder anderen Form der Radienverschmelzung den Ausschlag geben. Diesen Umstand sehe ich hier in der stark bilateralen Kompression und der Erhöhung des Körpers. Die Ähnlichkeit der Analis (und z. T. des vorderen Caudal- abschnitts) in Bau mit der Pectoralis (während die Ventralis ungleich beschaffen ist) verweist beide auch in die Kategorie gleicher Funktionen und läfst die Peetoralis auch hierdurch im Beziehung zu der eigentümlichen Entfaltung des ganz unpaaren Bewegungssystems und Körper- baues treten. Es scheint die Pectoralis ihrer Lage nach bei der starken Körpererhöhung mit vielen kleinen Bewegungen als Balaneiervorrichtung zu wirken, in deren Aktionen die Analis korrespondierend eingreift. Während die Aktionen der gewöhnlichen Flossenform auf die Überwindung der Widerstände der breiteren Rücken- und Bauchfläche gerichtet sind, gehen die der biserialen auf die der erhöhten Körperflanke aus, während erstere nur dorso- ventral wirken, wirken jene aufserdem noch mehr lateral und erzeugen mit der das ganze Flossenskelett beherrschenden Streckung der Radien die biseriale Anordnung. In unserem vorliegenden Falle haben wir also diese Bildungen auf Umstände zurück- geführt, welche im Stamme der Elasmobranchier ebenso ausnahmsweise sind, wie das Archipterygium und etwa im Mafs ihrer Umbildung äquivalent sind ‘den Umbildungen in Extremitäten und Körperform bei Batoiden. Bei diesen haben wir in Schwanz und Körperform das reziproke Verhalten von jenen, das extreme Mals einer dorsoventralen Körperabplattung bei extrem dorsoventralem Bewegungswiderstand und eine zweite Stammbildung in den paarigen Flossen, welche nun eine ganz andere Bewegungsart in sich schliefst. Bei Pleuracanthiden aber liegt bei einer stark vom Normaltypus der Plagiostomen stattfindenden Abweichung der Körperform und Bildung der unpaaren Flossen nach dem entgegengesetzten Extrem, eine äquivalente Abweichung der Pectoralis vor, welche nun morphologisch geradezu die Umkehr der Verhältnisse bei den Batoiden darstellt, gleichsam als ob darin Meta- und Propterygium mit ihren externen Rändern nach innen umgedreht zu einer internen medialen Axenver- schmelzung gebracht wären. Howes hat eine so von der Spitze der Flosse her zweigeteilte Axe Ceratodus thatsächlich nachgewiesen; es muls dies zwar als eine sekundäre Erscheinung aufgefalst werden, beweist aber, dals die eine Axe vertreten werden kann durch zwei axiale Stämme, die quasimodo als mit ihren Fiedern nach vorn und hinten aulsen gekehrte Pro- und Metapterygien analogisiert werden könnten. Wiedersheim stellt sich ungefähr so die Entwickelung der biserialen Form überhaupt vor, ich glaube aber mit Mollier, dals sie eine ursprünglich einheitliche Axenverschmelzung der Radien bei grolser Streckung der Radien selbst darstellt und dals sie hierin einen völligen Funktionsgegensatz zu den Verhält- nissen bei Batoiden bedeutet, d. h. die möglichste Entlastung bei morphologisch-physiologischer Anpassung an die neue, jener bei denen Rochen entgegengesetzten Körperform, welche statt einer in zweifacher Richtung unilateral gebundenen eine freie und symmetrisch sich entwickelnde Verschmelzung gestattet. Bei Batoiden haben wir also vorne und hinten gleichartige aber seitlich gebundene Flossengestaltung im Anschluls an dorsoventrale Körperkompression; bei Pleuracanthiden vorne und hinten gleichartige, aber freie Flossengestaltung im Anschluls an bilaterale Körperkompression. O. Jaekel war die Behauptung vorbehalten, die differenzierteste und einseitigste Art der Bewegung auf dem Meeresboden mit der Entstehung des biserialen — 129 Baus in Zusammenhang zu bringen ;' es mülste ihm dann auch eigentlich zu beweisen obliegen, dals die ganze übrige Flossenbildung bei Pleuracanthiden, welche doch in unverkennbarem Zusammenhang. mit der Gestaltung der Pectoralis steht, auf die Umwandlung der letzteren zurückzuführen ist: da aber sämmtliche Schultergürtelverhältnisse in Beziehung auf die Pectoralis sind, wie sie bei den Fischen überhaupt sind, so dürfte auch hier die peetorale Flosse den gewöhnlichen ‚untergeordneten Rang bei der Bewegung behalten und kann ihre Umbildung nur im Anschluls an die der unpaarigen Flossen stattgefunden haben. Das Gleiche eilt für die Batoiden, wo Jaekel ebenfalls den umgekehrten Weg der vergleichend-ana- tomischen Ableitung einschlägt: Abplattung des Körpers und Reduktion des Schwanzes sind nach ihm bedingt durch die sieh steigernde Anteilnahme der Brustflossen an der Bewegung, während es doch sonnenklar ist, dals erst eine Reduktion der Bewegung des Körpers und eine Art Abplattung eintreten mulste, ehe die Pectoralis aus ihrer untergeordneten Stellung zu so modifizierter Art der Körperbewegung einspringen konnte. Ehe wir hierauf noch kurz näher eingehen, wollen wir sehen, ob auch bei den Teleostomen mit biserialem Bau der unpaaren Extremitäten ähnliche Verhältnisse vorliegen: identische Verhältnisse können wir nicht erwarten. Bei einer allgemein verschärfteren bilateralen Kompression des Körpers, welche ebenso aulserordentlich häufig zum extremen Platysomidentypus neigt. wie die Elasmobranchier zum Batoidentypus, zeigen sie ein fester und länger entwickeltes axiales Rippen- und Spinalskelett als Stütze einer entschiedeneren Wirkung der Längsmuskulatur: das knöcherne. weniger nachgiebige äussere Flossenskelett ist auch zu kräftigeren Wirkungen passiv geeignet: endlich besitzen die Teleostomen bei verkürztem Schwanz im Rumpf-Bauchteil die eine Hebung und Senkung des Körpers leicht ermöglichende Schwimmblase, zu deren Erleichterungswirkungen die etwas grölsere Erschwerung. durch das Schuppenskelett in keinem Verhältnils steht.” Gewils haben wir hier zur Fortbewegung und zur Steuerung des Körpers wesentlich günstigere Umstände. Das massivere Schuppen- und Dermalskelett überhaupt ist nun bei den Teleostomen relativ viel weniger Last, als bei den ı Hiermit steht in gewissem Widerspruch, dafs die Analis und Caudalis so eigenartig langgliederig entwickelt sind, während nach OÖ, Jaekel’s an anderer Stelle richtig geäufserter Ansicht das Leben am Boden die Analis überhaupt beeinträchtigt; besonders sollte dies in proximo-distaler Richtung der Fall sein, während die Pleuracanthiden hierin gerade das umgekehrte Extrem zeigen (vgl. übrigens unsere Be- merkungen S. 126). ® Ihr stärkeres Dermalskelett wirkt nicht nur als Last, sondern verbindet sich auch mit der Muskulatur in so vorteilhafter Weise, dafs grolse Komplexe des knorpeligen Innenskeletts überflüssig werden und schwinden ; es wirkt also indirekt aktiv und gestattet, wie es scheint, an manchen Stellen eine grölsere Ausnutzung der muskulösen Kräfte als das Innenskelett. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 17 — 130° — Elasmobranchiern, bei denen es völlig indifferent bleibt; bei den Teleostomen aber werden seine Glieder durch Verbindung mit der Muskulatur active Skelettteile und lassen aulserdem die mit ihnen früher verbundenen Knorpel zurücktreten; so wird das Verhältnis wieder ausge- glichen. Bei den dermalen knöchernen Flossenstrahlen treten auch Rückbildungsverhältnisse ein: wo ihre Glieder diekschuppig ausgebildet sind, wird das knorpelige Innenskelett zur besseren Lenkung der dermalen Strahlen verkürzt. Im Stamme der „Actinopterygier“ ist dies allgemein der Fall und es werden hier daher keine „erossopterygoiden“ Flossenlappen beobachtet. (also solche Flossenlappen, welche gänzlich nach Art der Flossenlappen der Elas- mobranchier mit muskulösen und von Knorpeln gestützten Lappen weit aus dem Körperumrils vorragen); zugleich mit den eigentlichen Flossenlappen im unpaarigen und paarigen Flossen- system verschwand bei dieser Gruppe (Actinopterygiern) auch der dorsale Schwanzlappen. Beides existiert noch bei den Ürossopterygiern und Dipnoörn in reichem Malse als Erbteil von den Elasmobranchiern. Bei den Orossopterygiern ist nur eine Gruppe (die Holoptychiden) vorhanden, welche mit „lobis acutis“ in den paarigen Flossen jedenfalls biserial gebaut war, alle anderen seheinen mit „lobis obtusis“ überwiegend monoseriale Flossen zu besitzen; es sind gewils auch mehrere Gattungen darunter, die wie Eusthenopteron und Polypterus sicher einen biserialen Typus zeigen. Das ist aber kein Zweifel, dafs diese Erscheinung hier eine Folge der Reduktion ist und dals die ältesten Typen, die Holoptychiden, die in Flossenent- wickelung und Bau des Schwanzes sonst am meisten elasmobranchierartig sind, archipterygial genannt werden müssen. Dabei ist zu betonen, dals bei Holoptychius selbst — nach Traquairs jüngster Restauration — nur die Pectoralis zweifellos biserial-scharf- lappig ist, die Ventralis aber ganz ungleich stumpf-lappig, also möglicherweise oder wahr- scheinlich ‚monoserial: jedenfalls nähern sich die Unterschiede der Flossen sehr dem Verhalten bei Pleuracanthiden. Da ich nun der Meinung bin (worüber an anderer Stelle ausführlicher zu sprechen ist), dafs bei dem Übergang der Elasmobranchier zu dem Teleostomen dem einer Regenerationsepoche im Dermalskelett entsprechenden Auftreten der Knochensubstanz., als einer „Neomorphose“, eine hochgradige Degeneration des Hautskeletts vorangegangen ist und dass diese Degeneration auch eine Änderung der ganzen Lebensweise zur Folge haben mulste, so ist die weitere Annahme nicht ungerechtfertigt, dals nach einer solchen Unterbrechung ' bei dieser Regeneration auch die Schwimmblase wieder zur Geltung kam; sie war bei den Elasmobranchiern bis auf Rudimente unterdrückt und war schon segmentierten niederen Meerestieren, welche zum Mindesten als Verwandte der Vertebratenahnen gelten müssen, gewissen Anelliden. eigen. — 131 Das Auftreten der Schwimmblase bei Urossopterygiern dürfte bei der Bildung dieser Fischtypen die Gestaltung der paarigen Flossen sogleich in derselben Weise beeinflulst haben, wie die Erleichterung der Körpersteuerung bei den Pleuracanthiden in Folge ihrer eigenartigen Körperform und Ausbildung der unpaaren Flossen auf deren paariges Flossensystem gewirkt, d. h. die Flossenbildung zu einer möglichst freien und unabhängigen, daher sich symmetrisch ge- staltenden gemacht hat. Bei den Dipnoörn, welche offenbar von diesen ältesten Crossopterygiern abzuleiten sind, haben wir nun schon bei dem ältesten Vertreter Gleichheit der peectoralen und ventralen Flossen. Was nun die Art der Fortbewegung dieser Fische betrifft, so ist zu bemerken, dals die beiden Dorsaltlossen, welche von den Elasmobranchiern überkommen sind, niemals (wie bei diesen meistens) thorakal-abdominal stehen, sondern so abdominal-caudal, dals sie sich mit der Ventralis-Analis in Wechselstellung befinden und ganz aulser den Bereich der Peetoralis geraten sind. Zu Schlagwirkungen scheinen daher die Flossen nicht geeignet, ihre diehte Aufeinanderfolge scheint eher eine nur continuierlich schlängelnde Bewegung zu ermöglichen; dies wird dadurch geradezu bewiesen, dafs schon bei Dipterus angebahnt, noch mehr aber bei Phaneropleuron sich jene Entwickelung der unpaaren Flossen wieder einstellt, welche schon bei älteren typischeren Sirenoiden auftritt, besonders aber bei Ceratodus und Lepidosiren‘ bekannt ist und welche so grofse Ähnlichkeit hat mit den Flossen und der von ihnen ausgehenden Bewegungsart bei Pleuracanthiden; wir sehen besonders bei Phaneropleuron eine starke Tendenz zur Platysomatie, starke Streckung der inneren Glieder des unpaaren Flossensystems, besonders auffällig, die jener der Pleuracanthiden recht ähnliche Analis:; diese Erscheinungen müssen auch nach dem Körgerumrifs zu schliefsen, schon bei Dipterus mals- gebend gewesen sein. Wir können dies getrost als eine Bestätigung unserer Ausführungen hinstellen, dals die Entstehung des Archipterygiums eine paarige Flossenentwickelung ist, die im Anschlufs an eine Erleichterung der Körperbewegung bei mehr weniger grofsen Ver- änderungen der Stellung, Form und Stärke im Hauptbewegungsorgan, dem des Schwanzes und der unpaaren Flossen eintritt. Hierdurch werden die Peetoralis und Ventralis in ihren Funktionen verringert und nicht verstärkt, was sein mülste, wenn das Archipterygium besonders in der extremen Form des „lobus acutus“ ein Vorstadium der zukunftsreichen laufenden Extremitäten der höheren Vertebraten wäre. ! ı Nach v. Davidoff sind die letzten sechs Stammglieder mit ihren Radien bei Ceratodus ohne alle Muskulatur; dies beweist ebensowohl ein selbständiges Längenwachstum der Knorpel ohne unmittelbare Muskelbeeinflulsung als es ein Zurückbleiben der bewegenden Faktoren, also einen Reduktionszustand in dieser höchstwichtigen Hinsicht zeigt. 17% — 12 — Die Reduktion der Funktionen der paarigen Extremitäten in unserem Falle zeigt sich auch ganz besonders dadurch. dafs auch die (resammtbewegung der unpaaren Flossen überhaupt nur reduziert genannt werden kann: schlängelnde Bewegungen sind fast überall Reduktions- bewegungen und treten mit der Rückbildung paariger Extremitäten auf. Ich glaube daher selbst, dals die Pleuracanthiden sich wie Ceratodus ete. nahe am Boden ruhigerer (rewässer bewegten und dals ihnen der Aufenthalt an stark bewegten Stellen überhaupt unmöglich war, bestreite aber eine derartig exelusive Lebensweise auf dem Meeresgrunde selbst, welche einen Zwang auf die Extremitätenbildung hätte ausüben können. Dies illustrieren auch die lebenden Sirenoiden: der belehrenden Controverse zwischen Schneider und Hatscheck bezüglich der Bewegung der Sirenoiden entnehmen wir, dals die Pectoralis normale Fischtlossenstellung hat und nur solche Bewegungen ausübt, wie wir dies auch bei Pleuracanthus demonstrierten; die Ventralis bei Ceratodus ist dagegen um 180° gedreht (Davidoff), ihre Stellung ist die der hinteren Extremität der Vertebraten. Bei Protopterus liegen nun Beobachtungen vor, dals die Flosse schwache Schiebbewegungen macht; es ist wohl nicht zweifelhaft, dals dieselbe Art der Bewegungsunterstützung bei der Ventralis von Ceratodus, die noch beide Reihen Fieder- strahlen besitzt. auch schon vorkommt. Die vordere Protopterusextremität wird auch in ihrem ganz degenerierten Zustand als Tastwerkzeug gebraucht. Wenn wir nun bedenken, dals die Protopterusextremität gegenüber der von Üeratodus einen morphologischen Unterschied zeigt, dessen Grad über den Unterschied der paarigen Flossenbildungen verschiedener Unterordnungen bei Fischen hinaus geht und in den übrigen Bewegungsorganen fast gar keine Unterschiede vorliegen. so ist dies ein Beweis, dals schon die biseriale Flossenforn von Ceratodus eine in ihren Funktionen wesentlich ungebundene, Ja sogar mit überflüssigen und überschüssigen Teilen ausgestattete ist; es lassen sich die hier stattfindenden untergeordneten Funktionsdifferenzierungen und wechselnden Formveränderungen als letzte Gebrauchsverwendungen eines in seinem Umfang nicht mehr vollgebrauchten und daher sich rückbildenden Organes auffassen. Es kann dies schon deshalb unter keinen Um- ständen als Ursache der Cheiropterygialbildung gelten, weil dieselbe bei Pleuracanthus (und Holop- tychius!) wie alle wichtigen Flossenänderungen an der Peetoralis zuerst und entschieden auftritt; diese kann aber weder bei Ceratodus noch bei Pleuracanthus Vierfülser-Bewegungen ausführen. Zudem ist zu betonen, dals bei keinem der das Archipterygium zeigenden Fischen auch im Körper und der Flossenform des unpaaren Systems eine Anpassung an ein Leben auf dem Meeresgrunde vorliegt. Diese mülsten am ersten Anzeichen dieser „Anpassung“ aufweisen. wenn dieselbe so hochgradige Veränderungen im paarigen Extremitätenskelett hervorgebracht haben soll: Körper und unpaare Flossen zeigen aber gerade das Gegenteil von Anzeichen einer solchen Anpassung an den Meeresboden. Den eigentlichen Anlals zu diesen Umbildungen sehe ich nun nieht in irgend einer ausschlielslichen ursächlichen Beziehung des Individuums zur Aulsenwelt, wie uns die etwas triviale Ausnutzung der Anpassungsidee von OÖ. Jaekel glauben machen will, sondern in tieferen inneren Verhältnissen der Degeneration und Regeneration der mesodermalen Keim- blattprodukte; wir haben diese Prozesse in gleicher Weise bezüglich des eutanen Aulsenskeletts und des knorpeligen Innenskeletts dargestellt. Bei ungehindertem Fortschreiten der gekennzeichneten Reduktionserscheinungen würde der Niedergang und Untergang der unbekannten unmittelbaren Vorfahren der Pleuracanthiden eingetreten sein: eine in den Einzelheiten ihrer Ursachen (selbst bei Vertretern der lebenden Schöpfung, ebenso wie bei der Degeneration) unverfolgbare Regenerationsepoche hat diesem Niedergang Einhalt gethan und als ihr nächster, endlicher Ausdruck kann der vorliegende Organisationszustand der Pleuracanthiden gelten.' In vielen solchen Fällen, wo sich derart eine Epoche der Degeneration und Regeneration nachträglich trennen lassen (vel. z. B. in Schwalbe’s Morph. Arbeiten, Bd. VI, Reis, Über Acanthodes Bronni 8. 192,205 ete.), treten nun Regenerationsbildungen an Stellen auf, an welchen vorher keine bemerkenswerthen, wenigstens keine einem starken Gebrauch ausgesetzten Organe vorlagen und äulsern sich auch in Formen, die den älteren fast entgegengesetzt sind. Der neue Produktionstrieb scheint sich‘ an Stellen früheren Gebrauchs- und älteren Ent- wicklunesformen matt und arm zu verhalten, an allen anderen dagegen lebhafter und ent- wickelungsreicher. So sehen wir bei Pleuracanthiden im knorpeligen Innenskelett statt der zur ÖConcerescenz der biserialen Flossenknorpel bei Elasmobranchiern vorhandenen Breite- entwickelung ganz hervorragende Längsbildungen: in der Caudalis sind alle Verhältnisse ‚umgedreht, was zum Teil hierin seinen Grund hat, zum Teil aber auch wohl von den der Cutis entstammenden Hornfasern beeinflulst sein mag; in der gleichen Wachsthumstendenz der Knorpel ist der Boden für das Archipterygium geebnet; das eigenartig lokale Auftreten der Verkalkung des prochondralen gemischten Knorpels in der Beckenflosse ist wohl darauf zurückzuführen, dals vorher gar keine Verkalkung daselbst vorhanden war. Wir haben oben ı Man wird deswegen überall bei von der Norm gröfserer Gruppen abweichenden Typen, welche wieder stationär geworden sind, zwei Epochen der Degeneration und Regeneration oder (was jedenfalls ver- wiekelter und schwieriger zu erkennen ist) ein Vielfaches von diesen beiden Epochen antreffen. Le diese Thatsache auf die Erscheinung zurückgeführt, dafs histologische Veränderungen, welche in der Folge der Entwickelung zu morphologischen Umwandlungen Anlals geben, hauptsächlich in den am wenigsten gebrauchten, sogar ganz indifferenten Stellen des Organismus zuerst auftreten, dals der Gebrauch zwar die innere Struktur konserviert, aber deren Elemente in ihrem Produktionstrieb zu neuen äusseren Gestaltungen matt setzt. Was das plakoide Hautskelett der Pleuracanthiden betrifft, so sehen wir daher eine merkwürdige Stachelbildung am Kopf statt an den vordersten Knorpeln der Flossen; dem Stachel wurden von den Funktionen eines Flossenstachels ganz verschiedene Funktionen zugewiesen. Den in der Degenerationsepoche- eingetretenen Verlust der Flossenstacheln halte ich überhaupt für eine der wichtigsten Ursachen der ganzen Umgestaltung des Körpers; in der Regenerationszeit treten dafür starke Hornstrahlenverkalkungen in der Cutis ein, die wohl die neuen Flossenentwickelungen wesentlich unterstützten. Es ist gewils bemerkenswert, dafs man überhaupt verkalkte Horn- strahlen fossil nur bei zwei Gruppen, den Acanthodiern und Pleuracanthiden kennt, bei welchen beiden sehr ähnliche Degenerations- und Regenerationserscheinungen im Haut- und Knorpel- skelett nachgewiesen werden konnten. Zusammenfassung der Resultate. 1. Die von O. Jaekel aufgestellte Ansicht einer seltsamen und engen Beziehung zwischen den vordersten Kiemenbogen von Chlamydoselachus (Garman) und Pleuracanthus besteht nicht; die erwähnte Ansicht beruht auf einer irrigen Interpretation einer deutlichen Abbildung und unzweideutigen Textbeschreibung des Kiemengerüstes von Chlamydoselachus; die bei Chlamydoselachus angeblich ‚von dem ersten Kiemenbogen nach dem Hyoid herüber- reichende selbstständige Knorpelplatte“ ist nur ein plattig flügelartiger Auswuchs, aber ein immerhin ganz und gar integrierender Teil des lingualen Copula-Knorpels (Basihyale); selbstverständlich fallen hiermit die erstaunlichen Spekulationen, nach denen der vorderste Kiemenbogen selbst von Chlamydoselachus bei Pleuracanthus und den übrigen Haien ausgefallen sei und bei Pleuracanthiden nur noch sein copulares Rudiment vorliege, dessen Erhaltung bis zur Umgestaltung der Copularia des Hyoid funktionell notwendig wäre! 2. Die Ansicht OÖ. Jaekels vom Vorhandensein zweier Hypohyalia (bzw. Copularia) bei Pleuracanthus und ihrer Umgestaltung zur unpaaren lingualen Copula (Basihyale) bei den übrigen Haien beruht auf einer schon bei der Behandlung des Kiemenskeletts vom Pristiophorus bei demselben Autor eingetretenen Verwechselung der elementaren Begrifte von Hypobranchiale (=Copulare) und Basibranchiale (=Copula); bei Pleuracanthus fehlt die Copula bei den ersten drei Kiemenbogen, welche bei Notidaniden und Holocephalen noch neben den Copularien (=Hypobranchialien) vorhanden ist; an den beiden hinteren Bogen, bei welchen bei lebenden Haien die Copula zum Pericard in Beziehung tritt, fehlen die Copularia (ver- schmelzen wahrscheinlich mit der Copula). Das Verhalten bei Pleuracanthus ist darnach hierin ein spezifiziertes und kommt jenem bei Spinaeiden nahe; Jaekels Spekulationen über das Vorhandensein unzweifelhaft ursprünglicher Zustände des Branchialskeletts sind daher hier nicht am Platze. 3. Die nicht zu begründende Behauptung Jaekels von einer primitiven Dreiteilung der Branchialbogen, welche besonders der Hypothese der branchialen Natur des Scapularbogens zu lieb ausgesprochen scheint, übersieht schon, dals selbst bei Pleuracanthiden eine Vier- teilung vorliegt, wenn man ganz von der Hypobranchial-Copulafrage absieht; es existiert hier ein Epi- und Oeratobranchiale, wie bei den viel älteren Acanthodiern; ihre Abgliederung, welche sich auf die Kieferangliederung (vgl. S. 82 u. 140 Anm.) bezieht, ist so primitiv, wie die der Pharyngealia und Hypobranchialia ! 4. Hypohyalia, welche Koken und Jaekel, jeder von beiden Autoren in anderer Weise, bei Pleuracanthus erkannt haben wollten, kennt man bei Elasmobranchiern bis jetzt nicht; sie können daher bei einem fossilen Vertreter dieser Classe nur dann mit einiger Sicherheit angenommen werden, wenn sie in wirklich normaler Lage gefunden werden. Gegen die Annahme normaler Lagerung und Bildung der von den beiden Autoren bei Pleuracanthiden sogenannten Hypohyalia sprechen aber aulserdem sehr gewichtige (Gründe. 5. Das von Jaekel als rudimentäre Copularplatte des verschwundenen ersten Bogens, von Koken als verschmolzene Hypohyalia (!) erklärte Gebilde halten wir für die wahre linguale Copula (Basihyoid); für das von Koken als Basihyale (=linguale Öopula), von Jaekel als Hypohyale gedeutete Gebilde muls eine andere Erklärung gesucht werden. Wenn es überhaupt dem Hyoidbogen angehört, so könnte es nur dadurch erklärt werden, dafs bei einer durch andere Ursachen (vgl. No. 14 u. 15) bedingten Verlagerung der wahren Copula nach hinten, die vorderen dadurch vorn überstehenden Teile des Hyoids abgegliedert werden. 6. Die fraglichen Gebilde könnten aber auch dem Hyoidbogen ganz fremd sein, sodann können sie nur „intermandibularen“ Ursprungs sein; hierbei kämen nur die submentalen Knorpel in Betracht: der durchaus primitive Charakter dieser Knorpel der Seylliiden wird, entgegen den Behauptungen Jaekels, bewiesen durch das Auftreten derselben Gebilde bei — 136 — den sehr alten Holocephalen (mittels des phylogenetischen Rückschlulses auf gleiche anatomische Charaktere bei den gemeinsamen Vorfahren beider, nun sehr entfernter Typen). Das sporadische Auftreten dieser Rudimente scheint durch räumliche Entwickelungsbedingungen verursacht zu sein, bei Pleuracanthiden besonders könnte einerseits eine aborale Verlagerung der lingualen Partie des Hyoidbogens, anderseits neue Funktionen in der submentalen-inter- mandibularen Region an ihrem vollendeteren Auftreten Ursachen sein. (vgl. No. 13 und No. 15.) 7. Das ventrale Kiemen-Kieferskelett von Pleuracanthus zeigt sich daher entgegen den 5ehauptungen Jaekels einerseits auf einem reduzierten, andererseits in einem meta- morphosierten und komplizierteren Zustand: das Kiemenskelett neigt mehr nach dem Ver- halten bei jüngeren Selachiern, wohingegen Chlamydoselachus sich viel enger an das Verhalten bei Notidaniden anschlielst. 3. Das Palatoquadratum ähnelt dem der Notidaniden aulserordentlich ; der „vomerale* Teil (von der präorbitalen Befestigungsspitze bis zur suberanialen Symphyse) ist etwas schwächlicher gemäls der geringeren Entwickelung der in dieser Region sonst stärker ausgebildeten Fang- zahne; der palatale Abschnitt entspricht eng der infraorbitalen Augenbegrenzung; der Quadrat- abschnitt soll nach Jaekel über den vorderen Abschnitt mehr überwiegen, als es bei irgend einem der lebenden Selachier der Fall wäre. Bedenklich ist die von ihm geäufserte Ansicht, dals der Palatalteil, wie in der Ontogenie primitiver Haie, als ein Auswuchs des Quadratums erscheine. Abgesehen davon, dals die Ontogenie gerade ein gleichmälsiges Auswachsen der Teile des Palatoquadratums bewiesen hat, ist bei Pleuracanthus eigentlich nichts die Worte Jaekels illustrierendes zu erkennen. Es ist die Ähnlichkeit des Quadratkiels mit den dahinterliegenden Epibranchialien bei (Pleuracanthiden und) Notidaniden hauptsächlich dem Umstand zuzuschreiben, dafs ein wichtiger Teil der Hyomandibularmuskeln in einer der Ringmus- kulatur der Branchialbogen' entsprechenden Portion auf das Palatoquadrat übergreift, während sich die Hyomandibel selbst dem Palatoquadratum sub- und coordiniert. Dies ist jedenfalls etwas Sekundäres,. nachdem die selbsteigene, ontogenetisch dem oralen Complex zugehörige Ringmuskelpartie im Adductor mandibularis des Palatoquadratums aufgegangen ist. Der (Juadrat- abschnitt ist daher ein mindestens ebenso deformierter Teil des Palatoquadrats, wie dessen Vomeropalatalabschnitt. ! Der die Hyoidspalte schlielsende, in ganz gleicher Weise wie die Constrietoren der Kiemenbogen wirkende oberflächliche Constrietor. — 189 9. Der postorale Complex (Hyomandibel und Hyoid) erscheint auch bei Pleuracanthiden dem oralen Complex co- bis subordiniert, besonders erscheint das Hyoid unselbständig; die Hyomandibel geht mit der Mandibel eine hyostyle Verbindung ein, ist aber im oberen Abschnitt dem Palatoquadrat untergeordnet. Die Hyostylie ist offenbar durch ein Zurückweichen des oberen Hyoidendes verursacht, wobei gemäls der engen Längsverbindung und Rinnenan- lagerung, welche bei Notidaniden noch zwischen den vier oralen und postoralen Teilen zu beobachten ist, die Mandibel für das Hyoid einspringt; sind doch auch bei Heptanchus in der Artikularregion sogar die Hyoidradien auf die Mandibel herübergerückt. 10. Das Fehlen der praeoralen Gebilde, der Lippenknorpel bei Pleuracanthus und Chlamydoselachus, beweist weder etwas für deren Verwandtschaft, noch spricht es, wie O0. Jaekel meint, gegen den Charakter dieser Knorpel als primitiver Elemente; das Lippen- knorpelsystem der Holocephalen ist hiefür beweisend (vgl. No. 2 und No. 5). Die Lippen- knorpel sind nun als Rudimente in ihrem mehr weniger entwickelten Auftreten abhängig von der Stärke, Lage und Stellung der Kiefer, denen sie ja subordiniert sind; bei mehr verkürzten und quergestellten Kiefern haben sie nach vorne einen breiteren Entfaltungsraum und können funktionell eine Geltung erlangen; bei langen Kiefern, mit breitem starkent- wickeltem Quadratum, sehr starker Rachenöffnung und mehr lateraler Stellung der Kiefer werden sie nach dem Unterkiefergelenk verdrängt und verschwinden dorten. Das einzige andere Extrem ihrer Umwandlung und Verdrängung findet bei den Haien mit dorsoventraler Abplattung statt, wo sie nach dem Rostrum zu rücken und in die Nasenklappe aufgenommen werden. 11. Die gleiche Art der Stellung, der Form und Stärke der Oberkiefer wirken auch auf die mehr weniger starke Ausbildung und in letzterem Falle auf die endliche Unter- drückung der Spritzlochknorpel und der Spritzlöcher selbst bei den ausgewachsenen Tieren. Es muls lebhaftem Befremden begegnen, wenn trotz des Auftretens der für den letzteren Fall charakteristischen Umstände bei Pleuracanthus von OÖ. Jaekel ein Spritzloch von grölster Ausdehung angenommen wird, dessen Radien in einer Membran die Hyomandibel überdecken sollen! Bei der unter Nr. 9 erwähnten skelettären Co- und Subordination der Hyomandibel und des Palatoquadratums und den daraus notwendig zu folgernden Muskelverhältnissen kann über- haupt bei Pleuracanthiden kein Längsspalt zwischen beiden Skelettteilen existiert haben, viel- mehr ist es wahrscheinlich, dafs auf das Palatoquadrat herübergerückte Radien der Hyomandibel (wie bei Notidanus) Anlals zu dieser Deutung gegeben haben und dafs Spritzlochknorpel überhaupt nicht vorhanden waren (vgl. die reduzierten Spiracularverhältnisse bei Notidaniden). Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 18 a 12. Ähnliches dürfte für die sog. äulseren Kiemenbogen, die extrabranchialen Knorpel gelten: ihr Fehlen bei Pleuracanthus und Chlamydoselachus hat durchaus nicht die Bedeutung die ihm O. Jaekel beimilst: kann doch durch Rückschluls von ihrem thatsächlichen Auftreten bei phylogenetisch getrennten, lebenden Gruppen auch auf ihr Vorhandensein bei deren unzweifelhaft gemeinsamen fossilen Vorfahren festgestellt werden (vgl. 6), dals mindestens schon Zeitgenossen der Pleuracanthiden äulsere Bogen besessen haben müssen. 13. Die bei Pleuracanthiden zu beobachtende schwache Deckelbildung der Hyomandibular- Hyoidfalte ist nichts primäres, wie Jaekel meint, welcher Autor auch, wie leicht nachzu- weisen ist, unrichtig die Entstehung der extrabranchialen Knorpelradien (äulseren Kiemen- bogen) mit dem Schwinden dieses Hyoiddeckels in Beziehung bringen will, während nur der ungekehrte Standpunkt einer Verdrängung dieser Knorpel durch einen substantiell nach hinten übergreifenden Opereularknorpel richtig ist; bei Pleuracanthiden scheint die schwache Deckel- bildung, einerseits durch eine kleine Verkürzung des Branchialraums (vgl. No. 14) zwischen dem oralen-postoralen Complex und dem Schultergürtel verursacht, andererseits durch gewisse Änderungen im ersteren Complex selbst (vgl. No. 9). 14. Eine Verkürzung des Kiemenraums im allgemeinen kann begründet werden durch die Nothwendigkeit, den ceranialen Stachel zu bewegen und zu gebrauchen; der Stachel liegt in der Ruhelage der dorsalen Körperkante auf, vielleicht sogar in einer schwachen Hautfalte eingebettet: zum Gebrauch muls er seitlich und nach oben ausgeschlagen und selbstver- ständlich auch zurückgelegt werden können. Der Stachel ist nicht, wie Jaekel meint, ein aufs Cranium gerückter Flossenstachel, sondern ein unmittelbar vom ÖOranium ausgehender Hautstachel, also (etwa wie die lateralen Stacheln von Menaspis) eine Differenzierung der reduzierten und plattig degenerierten Plakoidbedeckung des Kopfes; seine Ruhelage auf der Rückenkante und die Pheripherie seiner Schlagbewegungen bedingt die Ausdehnung der Rückenflosse nach vorne. Eine Hebung des Stachels kann daher nur durch Beugung des Kopfes stattfinden, welche durch die an den beiden oralen Bogencomplexen ansetzenden stärksten Partien der ventralen (coraco-mandibularen) Längsmuskulatur und nur durch Ver- mittelung dergleichen sich am Schädel selbst befestigenden oralen Bogencomplexen erledigt werden kann (a). Das seitliche Ausschlagen des Stachels kann in der Hauptsache nur durch die dorsale Längsmuskulatur besorgt werden, welche nur in bestimmt differenzierter Partie ‚dem coraco-mandibularen Beuger entsprechend wirken mufs (b). 15. Der skelettäre Ausdruck der in voriger Nummer kurz behandelten Funktionen ist sehr deutlich ausgeprägt. Die erste und allgemeine Voraussetzung bildet das Vorhandensein — 1839 des oceipitalen Gelenks; eine Folge der unter a) besprochenen Aktionen scheinen die Um- änderungen im oralen-postoralen Skelett zu sein, welche sowohl eine engere Verbindung der Hyomandibel mit der Mandibel in der Artikulationsgegend und eine enge Verbindung des nach hinten verkürzten Hyoids mit der Mandibel auch in der Symphysealgegend durch Ver- mittelung stark entwickelter submentaler Knorpel „intermandibular“ bewirkt hat, als auch. wie es scheint, wenigstens zum Teil die Gliederung in der Coracoidregion des Schultergürtels begünstigte. Die unter No. 14, b) besprochenen Aktionen haben die eigenartige Umbiegung der ca. 9 vordersten Dornfortsätze nach vorne zum Grunde; da diese Erscheinung sich genau zwischen Schultergürtel und Uranium hält, so ist auch hier der Schultergürtel Ausgangs- und Stützpunkt dieser Aktionen; dies ist nur so zu verstehen, dals das obere Ende der Scapulare fest mit dem anliegenden Intermuskularligament verbunden und bei der stark bilateralen Kompression des Rumpfes der Axe so sehr genähert ist, so dals die vorhergehenden Rumpfsegmente gleichzeitig eine von den dahinterliegenden abweichende Differenzierung ein- gehen konnten. 16. Das Oceipitalgelenk ist keineswegs eine Neubildung, welche selbständig zu höheren morphologischen Entwickelungsstadien hinüberleitet, sondern eine abhängige Bildung, und ist diesbezüglich ähnlich wie das Auftreten der Hyostylie aufzufassen. Während für das Auf- treten des Oceipitalgelenks bei dem nach Jaekel mit den Spinaciden eng zusammenhängenden Pristiophorus und für das der Rajiden wichtige Ursachen vorliegen, fehlen solche ähnliche im Rostral- und Kieferskelett bei Pleuracanthus vollständig; es bleibt daher nur die Beziehung zum Cranialstachel bestehen. Wäre dieser ein Flossenstachel und wäre, wie Jaekel fantastisch meint, zwischen ihm und den 9 vordersten Dornfortsätzen eine Flossenhaut ausgespannt gewesen, so hätte sich unter keinen Umständen ein Occipitalgelenk ausbilden können, da zwischen dem Knorpelträger des Flossenstachels und dem hinteren Zubehör des Flossenlappens stets die engste Continuität, Konzentration jund Verschmelzung der Knorpelgebilde zu obachten ist; wir müssen doch bei solchen Annahmen zuerst die Resultate der Erfahrung, die „treueste Naturbeobachtung“ walten lassen. 14. Was die Deutung des infrascapularen Elemente betrifft, so kann für den Fritsch- Jaekelschen Vergleich der drei Teile des Schultergürtels mit drei Elementartheilen der Kiemenbogen nicht das auf Irrtümern basierte, angeblich primitive Verhalten (vgl. No. 3) einer Dreiteilung ins Feld geführt werden. Dem „weiteren und wichtigen Beleg für die viscerale Natur des Schultergürtels“ können zwei Möglichkeiten entgegengehalten werden, welche eine gröfsere Wahrscheinlichkeit für sich haben als die geäulserte; 1) kann viel eher 18* ale) — bei den spezifizierten Funktionen der coraco-ventralen Längsmuskulatur die Abgliederung eines Infrascapulare vom Scapulare im Betracht kommen, besonders wegen der auch ganz unzwei- deutigen Beziehung seines dorsalen Abschnitts zur dorsalen präscapularen Längsmuskulatur; 2) kann bei Auflockerung der ventralen Symphyse der beiden Scapularhälften (vgl. No. 19) auch ein rudimentärer Branchialrest in innigere Angliederungs - Beziehung zum Scapulare treten, als sie der letzte Kiemenbogen unter allen Umständen bei den Elasmobranchiern zeigt; im vorliegenden Falle könnte sich eine branchiale Angliederung bis zur symphysealen Einschaltung steigern, wie sich bei gewissen Amphibien die Mentomeckelschen Knorpel, welche man für Homologa der Submentalknorpel der Elasmobranchier halten kann, zwischen die Unterkieferhälften einfügen. Ebensowenig wie diese Gebilde dem Unterkiefer angehören, obwohl sie in dessen axialer Fortsetzung zu einer ventralen Symphyse gelangen, ebensowenig müssen die „Hypohyalia“ (Jaekel) deswegen wesentliche Teile des Hyoidbogens und die Infrascapularia wesentliche Teile des Schultergürtels sein vgl. No. 20!. 15. Das Scapulargelenk erlaubt Feststellungen über die Art der Bewegung der Flossen; sie ist durchaus fischartig und konnte nur in senkrechten Auf- und Abbewegungen der Flossenaxe bestehen: eine ausgreifende Bewegung von vorne nach hinten ist ganz ausgeschlossen ; es erledigt sich so auch ohne Umstände die falsche Ansicht von O. Jaekel, welche das Archipterygium durch eine solche Bewegung der Pectoralflossen auf dem schlammigen Boden entstehen lälst. 19. Im Anschluls an die Bildung und Stellung des Scapulare ist zu betonen, dafs bei den gewöhnlichen Fischtypen die Körperlängsmuskulatur zwar eine Hauptstütze an dem spinalen Skelett besitzt, doch auch einen nicht zu unterschätzenden Stützpunkt ihrer mehr peripheren Kontraktionen an den peripher und lateral gelegenen Extremitätengürteln, be- sonders dem stets extern-lateral gelegenen Scapulare hat. Es lälst sich darlegen, dals, je ! Merkwürdig ist die Analogie zwischen den „intermandibularen“ und „infrascapularen* Knorpeln über- haupt, welche Analogie auch Jaekel seinem aus den dargestellten mehrfachen Gründen falschen Theorem der Homologie der Gliederung und Abstammung von Scapular-Bogen und Kiemenbogen überhaupt zu Grunde legt. Speziell besteht ja der Hyomandibel-Hyoidbogen nach Dohrn’s Feststellungen (vgl. S. 82) aus zwei ursprünglich separaten Componenten, aus zwei gleichwertigen branchialen Anlagen; es kann also diese Gliederung bei Pleura- canthus, welche bei Jaekel für die „primitive“ Dreiteilung der branchialen Bogen gleichsam als Paradigma gilt, nicht ins Feld geführt werden. Andererseits spricht die auffallende Analogie der intermandibularen und infrascapularen Knorpel für eine ähnliche Entstehungsgeschichte, welche nach unserer Auffassung aus embryonal vorliegenden, branchialen Elementen nur dadurch ins Reifestadium hinübergezogen werden, dafs sie besonderen Zwecken dienstbar werden; hierdurch wird auch eine Beziehung zur Muskulatur der ventralen Kiemenapparate nahegelegt, wobei nur der Coracomandibulais und Coracohyoideus in Betracht kommen können. j4l — stärker die bilaterale Kompression des Rumpfes ist, ein desto geringerer Zwang zu einer ventralen Verschmelzung der beiden Scapularhälften vorliegt: je breiter der Körper besonders unterhalb der Axe ist, je mehr Gewicht liegt als Last auf dem Schultergürtel und zieht nach hinten unten und aulsen. Hierin ist es im Grolsen und Ganzen begründet, dals in der Ordnung der teleostomen Fische bei durchgängig festerem Axenskelett und dadurch (mit Erhöhung des Körpers) ermöglichter bilateraler Kompression (Neigung zur Platysomatie) keine Verschmelzung der Scapularhälften eintritt; andererseits liegt bei den Elasmobranchiern in Folge des weniger festen Axenskeletts eine Neigung zur dorsoventralen Kompression (Rajosomatie) vor und wir haben bei ihnen die Verschmelzung der Scapularhälften als Regel. Eine Ausnahme unter den Elasmobranchiern bildet davon Pleuracanthus. der mit einer stärkeren Festigung des Axenskelett (der teleologischen Ausnutzung von selbständig auftretenden Ver- kalkungserscheinungen, vgl. No. 22) eine ganz aulserordentliche Erhöhung des Körpers besitzt. Im Verein mit der Entwiekelung der Rippen muls der Mangel der ventralen Verschmelzung bei beiden Extremitätengürteln, welcher aulserordentlich an die Verhältnisse bei Ganoiden und Teleostiern erinnert, als ein Anzeichen sehr bedeutender transversaler Verschmälerung des Körpers, d. h. bilateraler Kompression aufgefalst werden. Dals die ähnlich gebauten Dipnoi im Becken sehr entschiedene Verschmelzung zeigen, ist darin begründet, dafs die Ventralis keine Fischbewegungen mehr ausführt, neue Stellung und neue Funktionen eingeht. 20. Die rein laterale Lage des Scapulare und die Entlastung desselben lassen auch das Auftreten eines ventral symphysealen Infrascapulare zu, sei es, dals das vieldeutige Gebilde als ein (was ich nicht glaube) atavistisch regeneriertes Glied der primitiven Scapularbildung. oder als eine ganz neue Abgliederung vom Scapulare selbst oder endlich als eine Angliederung vom Branchialraum her aufgefalst wird. 21. Wie die bei Elasmobranchiern einzig dastehende bilaterale Kompression bei Pleura- canthiden die ebenso einzigen Verhältnissen in beiden Extremitätengürteln verursacht haben, so müssen dieselben im Verein mit der der bilateralen Kompression sich anschlielsenden Entfaltung der unpaaren Flossen auch eine Entlastung, besonders der nicht durch die sexuellen Funktionen beeinflulsten Peetoralis herbeiführen. Das Zusammenwirken aller hieher bezüg- lichen inneren Momente bewirkt die Befreiung des Flossenstammes von der Körperflanke und die Gliederung einer ringsum freien Flosse, deren natürlichste Anordnung der Teile zur Bewegung in einem ringsum gleichartigen Medium die zweiseitige Fiederung darstellt. Die Ansicht Jaekels von der Entstehung des Archipterygiums wiedersteht keiner ernstlichen — ma Prüfung, und wenn diese Frage durch unsere Darstellung nicht schon gelöst ist, so kann ihre Lösung sicherlich nicht weit davon liegen. 22. Wäs die histologischen Thatsachen im Skelett der Pleuracanthiden betrifft, so ist vor allem die schon bei jungen Exemplaren auftretende starke geschlossene und festgefügte Prismenlage des verkalkten hyalinen Knorpels zu erwähnen, wie sie in gleicher Stärke und Ausdehnung erst bei geologisch viel späteren Elasmobranchiertypen auftritt; hierzu kommt in höherem Alter eine innerhalb dieser Lage auftretende Körnerverkalkung des hyalinen Knorpels, welche, entgegen der Ansicht Jaekels, auch bei alten Exemplaren der normaleren Elasmobranchier nicht, aber bei schon jüngeren fossilen Holocephalen in gleicher Art zu beobachten ist. Es lassen diese ontogenetisch und phylogenetisch frühe, quantitativ stark und qualitativ eigenartig auftretenden, senilen Anzeichen auf besondere degenerative Prädispositionen im Stützgewebe bei beiden Gruppen schlielsen, welche auch sonst histologisch fast äquivalente Umbildungen aufweisen. (Ganz aulsergewöhnlich ist aber bei Pleuracanthiden in den Radien der Ventralis beider Geschlechter eine von den sexuellen Verkalkungen histologisch unter- schiedene und auch auf der Aulsenfläche der Prismenlage bei Pleuracanthiden und Holocephalen vorkommende continuierliche Verkalkung, welche sich im Wesentlichen der Verkalkungsart bei Acanthodiern und der Wirbelverkalkung der Elasmobranchiern überhaupt anschlielst. Man kann diese Eigentümlichkeiten auseinander halten in einer Epoche gewaltiger Degeneration und der einer darauffolgenden Regeneration, welcher letzteren besonders die continuierliche Verkalkung der Ventralis-Radien und die Bildung des offenbar in perichondraler Wucherung hauptsächlich entstandenen Knorpelzapfens für den Cranialstachel angehören. 25. Was das (Gewebe des Dermalskeletts betrifft, so zeigt sich eine gleichartige degenerative Epoche nicht nur in dem sehr fragmentarischen Bestand des Hautskeletts über- haupt und den bekannten Reduktionsverhältnissen in der Struktur der Zähne, sondern auch im Zusammenhang mit einer Regenerationsperiode im Stachelwachstum, wo (sehr ähnlich den Erscheinungen im Schuppenwachstum der Acanthodier) um einen Stachelkern mit ent- schiedenster Reduktion der Leisten- und Tuberkelentwickelung einer normalen Ornamentierung! ' Diese Ornamentierung ist bei einem, dem sonst klein chagrinierten Hautskelett-Urtypus der Elasmo- branchier eigentlich diametral entgegengesetztenplattigen Hautskelett durchaus nichts Nebensächliches und auch hier eine sehr alte Erscheinung. Sie ist der Ausdruck primitiven Plattenwachstums noch unter oberflächlicher- Reproduktion der primitivsten Elemente des plakoiden Skeletts; es ist das zwar nicht so zu denken, als ob eine Verschmelzung schon fertiger, und teils für sich verkalkter Plakoidanlagen stattfindet, d. h. nicht actuell,. sondern virtuell; das Plattenwachstum präsumiert das Chagrinwachstum, das in nachträglich noch selbständigem. Reproduktionstrieb die „Örnamentierung“ bildet. — 143 — der gewöhnlichen Hautplattenstacheln eine scharf getrennte, grundsätzlich verschiedene und sonst noch nirgends bei sonst normalen Stacheln beobachtete Wachstumsschicht sich bildet, welche für sich die Sekundärdornen bildet. Ehe diese Schicht sich bilden konnte, mulste der einen einfachen Stachel ohne Leistenskulptur repräsentierende Stachelkern vollständig in die Tiefe der Haut gerückt sein, d. h. seine primitiven Beziehungen zur Epidermis aufgegeben haben: durch die neue degenerative Schicht wurden dieselben in eigenartiger Weise wieder hergestellt (vgl. Schuppen von Acanthodes). Andererseits ist die äulsere Schicht im Zusammen- hang mit der innersten gleichbedeutend mit dem Bau eines tiefreduzierten Dermalstachels ; darnach erweist sich die Längskanalschicht als eine einer Regeneration angehörigen Neu- bildung. Wie man die Sache dreht und wie man auch den Bau dieser Stachel histologisch auf die gewöhnlichen Typen normaler oder reduzierter Stachelgewebe bezieht, es erweist sich der vorliegende als eine Verdoppelung, als eine Mischbildung, in welchen deutlich eine degenerative und regenerative Epoche des Aufbaus zu erkennen ist; bezüglich der Frage nach der Entwiekelung dieses Baus durch Momente des Gebrauchs, der Reaktion gegen aulsen und der Anpassung siehe No. 25. 24. Die sogenannten Krallenstrahlen der Begattungsanhänge sind nicht strukturlos, wie Fritsch und Jaekel angeben, und so von den Hornstrahlen abzuleiten, sondern bestehen, wie der Cranialstachel, aus typischem Vasodentin und gehören dem dentodermalen Skelett an. 25. Schon die Thatsache vollständig gleichen Baues hinsichtlich der Aufsenschicht bei den sexuellen Krallenstrahlen und dem Oranialstachel legt nahe, dals die Entwickelung dieser Schicht nicht etwa Momenten des Gebrauches, der Anpassung und im weitesten Sinne „der Reaktion nach Aulsen“ zu verdanken ist. Grölsere Verschiedenheiten in dieser Hinsicht als hier können nicht vorliegen und so haben wir die Momente gleicher, selbständiger Gewebs- zustände als die einzige Grundlage dieser Erscheinung aufzufassen. 26. Hiernach ist es möglich, auch ungefähr die Stadien der Entwickelungsgeschichte des Pleuracanthidentypus festzustellen; als Ausgangspunkt gilt uns ein von einem Durch- schnittstypus der normaleren lebenden und jüngeren fossilen Plagiostomen in nichts Wesent- lichem verschiedener Typus mit zwei stacheltragenden kurzen Rückenflossen, kurzem stark heterocerkem Schwanz und monoserialen paarigen Flossen, eladodontem Zahntypus, einfacher Prismen-Knorpelverkalkung und allgemeiner Chagrinbedeckung. Die Periode der Degeneration lälst die als Kiele wirkenden Flossenstachel verschwinden, das Hautskelett überhaupt bis in die Zähne hinein fragmentarisch werden, lälst auch wahrscheinlich im Knorpelskelett wesentliche Ausfälle und Lockerungen des bisherigen Bestandes eintreten, was sich haupt- — 144 — sächlich im Skelett der Flossen äulserte. Die Regenerationsepoche schuf darauf eine theilweise Regeneration des dermalen Skeletts, der die nunmehrige histologische und morphologische Ge- staltung der Zähne in Kiefern und im Schlund, des Kopfstachels und der sexuellen „Krallen“ angehören. Die Lenkung des Cranialstachels, den wir mehr für eine lokale Wucherungs- bildung, als für eine unter teleologischer Nöthigung entstandene Wehr ansehen, verlangte die bemerkenswerthen Umänderungen im oralen und postoralen und zum Teil scapularen Visceralskelett ; letztere stehen in keinem Verhältnis zu seinem Nutzen, er ist keine teleologisch gewollte, sondern nur teleologisch ausgenutzte Schöpfung. Die Regenerationen des Knorpel- skeletts zeigen sich histologisch in den sporadischen Erscheinungen einer continuierlichen äulseren Verkalkungsschicht und in der einerseits durch die degenerative Prädisposition, andererseits durch den eintretenden lebhafteren Gebrauch beschleunigten und vertieften inneren Verkalkungen des hyalinen Knorpels; das in dem Zustand der Wiederbelebung befindliche Skelettgewebe ist so zu ganz neuen Gestaltungen geeignet und vor allem ermöglicht die starke Verkalkung, als Ersatz für die nicht wiederauftretenden Flossenstacheln und für den nicht als Kiel, sondern in entgegengesetzter Richtung zur Körperebene wirkenden Cranial- stachel eine starke bilaterale Kompression des Körpers, welcher sich gleichzeitig in Ver- grölserung der seitlichen Propulsationsfläche die unpaaren Flossen in entsprechender Aus- bildung zugesellen. Im Anschluls an diese Gestaltungen sind als letzte Folge die bemerkens- werten Umbildungen der Extremitäten und ihrer Gürtelstützen zu nennen. 27. Es kann als eine unleugbare und unzweideutige Thatsache gelten, dals histologische Erscheinungen der Degeneration im Hautskelett zuerst in dessen indifferentesten Teilen auftreten, dafs solche Zustände erst darauf im aktiven Skelett erscheinen und daselbst, regenerativ verwertet, die Ursachen wichtiger morphologischer Änderungen sind. Auch ganz neue Regenerationserscheinungen treten, wie das Beispiel von Acanthodes zeigt, im Bereich des völlig indifferenten Schuppenkleids auf und beweisen einerseits, dafs derartige Änderungen nicht in den Organen des Gebrauchs und Verbrauchs erscheinen, bei welchen vielmehr das früher Vorhandene konserviert wird, andererseits dals sie ganz selbständig hiervon, fern von jeder, von Einzelorganen ausgehenden, lokalisierten Einwirkung aus dem Allgemeinzustand des Gesammtorganismus, wie er in erster Linie in seinem ganzen Zukunftsinhalt einheitlich in der Eizelle repräsentiert ist, entstammen müssen. Einen Betrag zu dieser Gruppe von Tatsachen bietet auch Pleuracanthus dar, insofern die eigentümliche Art der continuierlichen Verkalkung in der am wenigsten gebrauchten und von allen Flossenteilen an morphologischen Neubildungen und Umwandlungen ärmsten Ventralis auftritt (ich bemerke nochmals, dals — 145 — eine Vergleichbarkeit dieser nicht sexuellen Radienverkalkung mit dem bei Pleuracanthus in nur durehschnittlicher Stärke und deutlich differenter Struktur vorliegenden sexuellen Anhang nicht besteht). Dieser aulserordentliche histologische Unterschied kann somit nicht von einer besonders gearteten, dem Unterschied äquivalenten Verwendung der Flossen seine Entstehung herleiten. Es ist nur eine Erklärung möglich, die, dafs schon bei den unmittelbaren Vorfahren eben in dem indifferentesten Organ des aktiven Knorpelskeletts die gewebige Degeneration in einer Weise auftrat, welche schon zu dieser Epoche sowohl eine Verkalkung hyaliner Substanz unmöglich machte, als auch jedenfalls im Perichondrium selbst eigenartige Zustände schuf, dals endlich in der Periode der Regeneration, der Periode erneuter innerer Thätigkeit der Skelettgewebe, erneuten kräftigeren Funktionierens der Skelettteile mit nach- folgender, natürlich dem Zustand der Skelettgewebe entsprechender Verkalkung, sich gerade wieder in diesem indifferentesten Teile die entschiedenste Form der selbständigen histo- logischen Neubildungen zeigte, welche nur sporadisch an anderen Stellen des Körpers auftreten. 28. Wenn wir endlich für die Klassifizierung der Pleuracanthiden die Dienität ihrer Sonderentwickelungen erwägen, so müssen wir vor allem feststellen, dals sie keine primitiven, ' sondern in hohem Grade abgeleitete Typen sind und dals der Grad der Abweichungen von einem Durchschnittstypus der Plagiostomen jenen Abweichungen gewils die Wage hält, welche die Holocephalen von den Elasmobranchiern trennen. Wir sind daher entgegen Koken und Jaekel der Ansicht Copes, Woodwards, Doederleins und v. Zittels, welche den Ichthyotomi den Rang einer Ordnung zuerteilen. Nur Typen normaler Stammesentwickelung gehören zu derselben Ordnung, nicht solche, welche durch ganz aulserordentliche tiefgreifende Degenerations- und Regenerationsepochen natürlich voneinander getrennt sind. 29. Wenn wir zum Schluls unsere Ansicht über die von Jaekel aufgestellten ver- meintlichen Beziehungen von Pleuracanthus und Chlamydoselachus zusammenfassen, so können wir nur sagen, dals dieselben auf den verschiedensten, oben behandelten Irrtümern aufgebaut sind. Wir halten sogar eine nähere Verwandtschaft von Chlamydoselachus mit den Notidaniden für nicht sehr wahrscheinlich. Die Verhältnisse des Kopfes bieten keine näheren Veregleichspunkte; ! Die von Koken mehrfach geäufserte Ansicht, dals wir es bei den Pleuracanthiden und einigen anderen älteren Typen mit „Proselachii‘“ zu thun hätten, ist ebenso wenig zu halten, wie die von Koken bekämpfte Ansicht Doederleins; immerhin ist die Betonung der Vereinigung von Merkmalen der Plagio- stomen, Dipnoi und Teleostomen im Sinne des letzteren Forschers zur Aufstellung einer systematisch sehr gesonderten Gruppierung aufrecht zu halten, wobei wir aber die Pleuracanthiden für einen ganz deszendenz- osen Seitenzweig der Elasmobranchier halten. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges, Bd. XX, - 146 — das Vorhandensein nur einer Dorsalis bei beiden Typen halten wir nur für eine ähnliche im Dermalskelett begründete Reduktionserscheinung der stacheltragenden ersten Dorsalis; die Ursache dieser Reduktion glauben wir auch hier auf selbständige histologische und daher auch nachfolgende morphologische Reduktion im Dermalgewebe und ihrer Teile zurückführen zu können. Die Zähne von Chlamydoselachus und Pleuracanthus stehen zwar auf einem fast gleichen gewebigen Degenerationszustand; trotzdem sind bei ersterem Typus die Degenerations- anzeichen nicht so allgemein und tiefgreifend, besonders scheinen sie im Knorpelgewebe noch nicht zum Ausdruck gekommen zu sein, weswegen auch die Umgestaltungen bei weitem nicht den hohen Grad erreichten, als bei Plewracanthus. Bei Notidaniden sind die Änderungen im Dermalskelett nicht so bedeutend und haben erst die zuerst zum Opfer fallenden Flossen- stacheln und desgleichen vom Ausfall stets zuerst betroffene erste Dorsalis berührt; die Umwandlungen im Knorpelskelett sind daher auch viel geringer als bei Ohlamydoselachus. Den einzigen weiteren wichtigen Umstand, den Notidanus und Ohlamydoselachus gemein haben, ist die höhere Zahl der Kiemenbogen. Wir haben aber nahe gelegt, dals dieser Umstand auch auf die Reduktion der ersten Dorsalis zurückgeführt werden kann, deren Bildung und Funktion eine allgemeinere Konzentration und konzentrierende Spannung im vorderen Körper zur Folge haben muls, daher auch die Anlage einer höheren Zahl von Kiemenbogen zunächst dem Schultergürtel unterdrückt wird; wenn nun die Kiemenhöhle nicht von vorne her ver- kürzt wird, so können im gegenteiligen Falle die ontogenetischen Anlagen auch wieder ins keifestadium hinüber gerettet werden und wie bei den Notidaniden 6 und sogar 7 Kiemen- bogen auftreten. Bei den älteren und besonders stacheltragenden Elasmobranchiern scheint indessen die Fünfzahl der Kiemenbogen die Regel zu sein. 50. Bezeichnend für die sich im Skelett der Plenracanthiden kennzeichnenden Wir- kungen der bilateralen Kompression und vertikalen Erhöhung des Körpers ist auch die an die Verhältnisse bei den Stören erinnernde überwiegende Ausgestaltung der oberen Bogen und Zurückdrängung der interealaren Skelettstücke, wobei allerdings das Fehlen unpaarer Schlulsstücke als eine sekundäre, gänzliche Elimination dieser bei den Elasmobranchiern überhaupt keine grolse Rolle spielenden Knorpel betrachtet werden muls. Von dem Schulter- gürtel nach dem Schädel zu scheinen nach Brongniart (wie bei dem Verschmelzungsabsehnitt bei Holocephalen und Batoiden) die oberen und unteren Bogenbasen einander um die Chorda herum entgegenzuwachsen, was auf dieselben Ursachen zurückzuführen wäre, wie die Vor- biegung der Dornfortsätze: jedenfalls käme auch hier eine Verbindung mit einer „Flossen- haut“ nicht in Betracht. — > — Nachtrag. 1. Wir haben uns oben bei der Extremitätenfrage im vorletzten Kapitel vollständig auf Seiten der Dohrnschen Theorie gestellt, welche in paläontologischen Abhandlungen oft so unvollständig und unrichtig zitiert wird, dals sie im gewissem Sinne kurz und über- sichtlich ad usum palaeontologiae dargestellt zu werden verdiente. Neuerdings hat z. D. O0. Jaekel in seinen „Selachier vom Monte Bolca“ S. 11—24 gegen dieselbe Stellung ge- nommen und, ohne freilich das einleitende Hauptwerk A. Dohrns (Der Ursprung der Wirbeltiere und das Prinzip des Funktionswechsels. — Leipzig, 1875) zu kennen, darnach den Forscher der elementarsten Inkonsequenz geziehen. Die Dohrnsche Theorie beansprucht eine ganz selbständige Stellung neben der Thacher- Mivartschen Hypothese; sie geht von der Thatsache aus, dals die Wirbeltiere segmentierte Vorfahren hatten, welche in embryonalen Stadien mit den Anneliden als spezielle Verbindungs- bildungen die merkwürdigen Segmentalorgane, mit den Fischen insbesondere noch die Seiten- linie - Nervenorgane und Schwimmblasenrudimente gemein hatten. Annahme ist daher, dals die Vorfahren der am normalsten segmentierten niederen Tiere, der heutigen Anneliden. auch Vorfahren der Vertebraten gewesen seien. Denselben Vorfahren gesteht Dohrn neben den Segmentalorganen auch die äulseren Parapodien zu, welche den heutigen Vertretern der Anneliden zum Teil als bewegliche Träger von Kiemen, zum Teil als Unterstützungsorgane der wurmartigen Körperbewegung dienen. Wie sich hieraus die Kiemen und Extremitäten der Crustaceen ete. entwickelten, so glaubt Dohrn, dals aus diesen Anlagen auch die Extremitäten der Vertebraten dadurch entstanden seien, dals die unpaaren Extremitäten der Fische einen transversalen und sagittalen Zusammenschluls der Parapodienpaare hintereinander liegender Segmente, und die paarigen Extremitäten ein sagittales Zusammentreten einzelner hintereinander liegender Parapodien repräsentieren. Es muls hierbei als unwesentlich gelten, ob man annimmt, dals diese Para- podialorgane sich schon im Stamme der annelidenartigen „Prävertebraten“ hauptsächlich als Kiemen zu einer gemeinsamen paarigen vorderen und hinteren Platte zusammengeschlossen haben und diese Platten erst bei den Vertebraten als solche den Funktionswechsel zu Be- 19* — 148 — wegungsorganen durchmachten oder ob schon vorher in den mit einer Summe von Funktionen bedachten Parapodien eine ausschlielsliche Differenzierung zu solchen der Atmung (in der Kopfregion) und solchen der Bewegung (hinter dem Kopf nach dem Anus zu) eingetreten war, von denen die letzteren erst bei der Entwickelung der Vertebraten zu den eigentlichen Flossenplatten zusammenschmolzen. Lange nachdem in oben zitierter Schrift Dohrns diese Ansicht gegenüber der Gegen- baurschen Hypothese ausgesprochen und in vorläufiger Weise begründet war, hat die Embryo- logie auch die einfachsten entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen dazu geliefert: alle Muskeln und Nerven sind thatsächlich segmentalen Ursprungs. Wie sich diese Myotom- derivate von den Urwirbeln schon zu so früher Zeit der embryonalen Zustände trennen und dies die aulserordentlich ursprüngliche Zugehörigkeit zur Flossenbildung kund thut, so treten sie auch einheitlich in die etwas vorgebildete Flossenfalte, was dadurch verständlich ist, dals sie schon vor ihrem Zusammenschluls zu einheitlichen Gebilden als bewegliche Organe oder gar Bewegungsorgane funktioniert haben." Das Bindegewebe, welches das etwas spätere IKnorpelskelett bildet, stammt aus dem kontinuirlichen Embryonalgewebe des Bereiches der metameren Componenten der Flossenanlage, desgleichen die wichtigen äulseren Flossenstrahlen; nirgends zeigt sich hier eine Wanderung des Bildungsmaterials von der Kiemenhöhle her. Wie dies Bildungsgewebe im Bereich der Knospung der segmentalen Flossenmuskulatur und zur Zeit dieses Prozesses kontinuirlich ist, so bleibt es auch im weiteren Stadium, dem mehr prochondralen Gewebe des Flossenskeletts, der Fall. Wie Muskeln, Blutgefälse und Nerven die wichtigsten Ursachen und Träger der Segmentierung überhaupt (phylogenetisch und onto- genetisch) sind, so tritt auch bei dem prochondralen Skelettgewebe der Flossen, das ja keine eigene morphologische Initiative hat, auf der Seite die radiale Segmentierung ein, wo die radialen Muskeln auch noch späterhin getrennt bleiben, wo aber dieselben späterhin selbst Ver- schmelzungen eingehen (also an der metapterygialen Seite), bleibt das Vorknorpelgewebe natürlich unsegmentiert. Während die Ontogenie daher die Dohrnsche Hypothese glänzend bestätigte, liefert sie für die Hypothese, dals der Schultergürtel ein Kiemenbogen sei und dessen gesamter Radienbesatz nach einer Stelle zusammengerückt ein zweifiederiges „Archipterygium“ gebildet habe, keine zwingenden Thatsachen; vielmehr scheint gerade das Umgekehrte von dem der ı Ganz unverständlich ist diese Erscheinung, wenn die „Muskularisation‘ eines als Kiemenbogen mit Radien in Muskeln, Blutgefässen und Nerven funktionslos gewordenen Skelettteils erst allmählich im Laufe der Zeit von den hinteren Segmenten her stattfände. — 149 — Fall zu sein, was man zu ihrer Bekräftigung erwarten sollte: man sollte doch wenigstens einige Anzeigen dafür finden, dals das Skelett in einem etwas vorgeschritteneren Stadium des Bildungsgewebes vom Kiemenraum her sich nach hinten fortschreitend entwickelte und die Muskelkomponenten sich daran erst dann zur Flosse wendeten. Der Beerifft der „Muskularisierung“ des „branchialen“ Archipterygiums von den Körpersegmenten her — welcher Beerifft dem vielleicht allerdings nicht ganz Eingeweihten wie eime Neuschöpfung ohne jede Analogie vorkommt — hat viel Unbegreifliches; aus einem Kiemenbogen mit Radien kann ein Archipterygium dadurch entstehen, dafs die Kiemenmuskulatur selbst das Aufrücken der Seitenstrahlen an einer Mittelaxe bewirkt, wonach unbegreiflich ist, weshalb diese Muskulatur und die ihr zugehörigen branchialen Nerven und Gefälse total verschwinden und der Flossenstamm neu „muskularisiert“ werden muls. Wenn die Flossenbildung ihre Ent- stehung von den Kiemenbogen, so wie solche jetzt bei den Fischen vorliegen, ableitet, warum haben sich nieht die branchialen Muskeln mehrerer vor dem Scapulare liegender Branchialsegmente (wo ohnehin ein Ausfall von solchen angenommen wird) summiert und haben die Muskulatur und Nervatur der vorderen lateral-externen Flossenfläche gebildet, während die der medialen von der Körpermuskulatur gebildet werden konnte? Wenn andererseits schon vor Bildung des Archipterygiums das hypothetische scapular-branchiale Skelett bis auf die Knorpel alle anderen Segmentalkomponenten in Muskeln, Nerven und Blutgefälsen verloren hatte, so mulste das erste Rumpfsegment das Aufrücken der Radien verursachen, wobei gar nicht zu verstehen ist, warum nicht die Muskulatur dieses ganzen ersten Segmentes in der Extremitäten- bildung aufgeht und wenn das noch nicht genügte, die des ganzen zweiten Segmentes. Die „Muskularisierung“ der Extremitätenplatte mit kleinen Muskulatur-Partikeln der dahinter- liegenden Segmente ist dabei aufserordentlich schwer zu verstehen: nur dann ist dieselbe einfach zu fassen, wenn die jetzigen Flossen-Extremitätenmuskeln schon vorher separate und mit gewisser Bewegungsfunktion begabte Portionen der segmentierten Rumpfmuskulatur darstellen, wie es die Dohrnsche Theorie angiebt. Wenn das Skapular-Archipteryeialskelett älter war, wie die von den Myomeren stattfindende „Muskularisierung“, alsdann ist es auch wahrscheinlicher, dals es seine Selbständigkeit derselben gegenüber gewahrt hätte und die Muskulatur an dem Flossenskelett basal inserierend von da aus das Archipterygium wie ein Ruder bewegt hätte. Ganz und gar unverständlich ist dann der Umstand, dals die Muskulatur besonders in den primitiv-radialen Teilen gar nicht eigentlich an dem Ausschlag gebend sein sollenden Knorpelskelett inseriert, sondern das Knorpelskelett in einer mehr unbedeutenden Rolle einer geringer beteiligten spanischen Wand zwischen beiden lateralen Muskelschichten ie liegt und die wichtigste Verbindung mit den Hornstrahlen (resp. überknöcherten Horn- Flossenstrahlen der Teleostomen) statt hat. Wie dies an die auch in ihrer Muskularisierung und dem Modus der Entstehung der paarigen Flossen so gleichartigen unpaaren Flossen erinnert, so erinnert es andererseits an die einfachen mit Borsten versehenen Bewegungs- organe der Borstenwürmer, bei denen ein inneres Stützskelett noch gar keine oder nur ge- ringe Rolle spielt. Wenn die Hornstrahlen auch wohl nicht den Borsten der Anneliden vollständig gleich sind, so sind sie als analoge Gebilde im Entstehungsboden des plakoiden Skeletts notwendigerweise von etwas geändertem Habitus, von plakoiden Skelettelementen aber ganz verschieden und durchaus sui generis. Die Hornstrahlen, welche ontogenetisch so frühe vor dem gesamten Dermalskelett nach dem Aulsenrand der Flossen in den Faltenwänden ent- stehen, weiter die Muskeln, Nerven und Blutgefälse, das sind also die wichtigsten Bestand- teile der Flosse nnd können Flossenelemente bilden, ohne jegliche Beteiligung eines inneren Knorpelskeletts; auf sie hätte man also das Hauptgewicht der Betrachtung zu legen; die ent- gegengesetzte Ansicht läuft schliefslich auf das Paradoxon hinaus: im Anfang war das Skelett und an das Skelett ist erst das Fleisch geworden, wenigstens ist diese Tendenz eine Schwäche der Archipterygialhypothese. Wenn übrigens die Kontinuität der Flossenskelettanlage (vgl. oben), d. h. die Einheit der die Radien tragenden Flossenaxe ein Beweis gegen die Polymerie der Flossenentstehung nach der Dohrnschen Ansicht ist, so ist sie es auch bezüg- lich der Ansicht von Gegenbaur; das einzige, was als anatomische Grundanschauung dieser Hypothese zu Grunde liegt, ist ja der Kiemenbogen als Träger einer Anzahl von Radien, welche allerdings. ohne dafs die angestammten Muskeln ete. ete. sich daran beteiligen, einen Funktionssalto zu Flossenradien machen sollen. Ontogenetisch entstehen nun die Kiemenbogen- Radien nach Dohrn ganz separat von dem Kiemenbogen ; die oft pointierte Einheitlichkeit von Bogen und Radien liegt hier nur in der indifferenten Einheitlichkeit des Zellen-Bildungsmateriales, welches eben erst ganz schwach durch die Muskelschläuche der späteren Kiemenmuskeln überhaupt nach Segmenten abgeteilt ist. Warum soll sich bei den Flossen diese Einheit- lichkeit in ganz ungleich vorgeschrittenere Stadien der Skelettgewebeentwickelung fortsetzen, als bei den Urtypen, den Branchialradien? Es müfste danach also die Einheit der Flossen- radien notwendig eine caenogenetische sein. Die Ontogenie der Kiemenradien zeigt nach Dohrn nicht, dals die Radien sich etwa von den Kiemenbogen abgliedern ', sondern zeigt, ! Dies wurde auch für die Iiadien der unpaaren Flossen mit Beziehung auf die unpaaren Dorn- fortsätze des Axenskelettes angenommen und entspricht durchaus nicht den Thatsachen der ontogenetischen Untersuchungen. ae dals beide getrennt nebeneinander entstehen. Die wirkliche Einheit von Radien und Kiemen- bogen ist eine virtuelle und liegt in der Einheit der jedem Segment angehörigen Nerven und Muskeln ete.; sie ist thatsächlich eine transscendentale, bezüglich deren das Skelett doch erst in zweiter Linie kommt, und welche gegenüber der thatsächlichen Einheit des skelettogenen Materials der Flossenanlage als einer angeblich caenogenetischen Bildung doch nicht als ein wirkliches stammesgeschichtliches Äquivalent angeführt werden darf. Was den nım von Jaekel gegen Dohrn erhobenen Vorwurf angeblicher Inkonsequenz betrifft, so inquirirt er, dals, da Dohrn den After als eine Verschmelzung von Kiemen- spalten halte, Dohrn doch auch bezüglich der Flossenfrage ganz einfach bei der Gegenbaurschen Ansicht hätte „stehen bleiben“ können. Dohrn falst aber das Problem der Entstehung der Kiemenspalten bei den annelidenartigen, noch äulsere Kiemen tragenden Prävertebraten in der Weise an, dals er diese äulseren Kiemen in der Kopfregion zu den an der Basis der Parapodien liegenden Öffnungen der Segmentalorgane in Verbindung treten läfst; man kann sich vorstellen, dals vielleicht die Kiemen auch durch die eigene Muskulatur in die verkürzten und erweiterten Segmentalkanäle zuerst eingezogen werden konnten — ; es inserierte vielleicht der parapodiale Muskel an der Darmwand, welche im vordersten Abschnitt geringere Verdauungs- thätigkeit entwickelte, bildete hier von innen eine Einstülpung derselben, welche schlielslich mit der Segmentalröhre verschmolz, so dals eine Kommunikation — die Kiemenspalte — entstand. Im Bereich des Verdauungskanals war eine derartige Kommunikation natürlich nicht möglich, deswegen schwanden hier Kiemen ganz und es blieb den Parapodialorganen nur die Bewegungsfunktion, welche sich in leicht begreiflicher Weise nach der vorderen Grenze des Rumpfes, dem Hinterende der Kiemenspaltenregionen und nach den Segmenten der Be- gattungsfunktion konzentrierten; an der letzteren Stelle mochte schon ein besonderes Parapodien- paar zur Kopulation der Geschlechter differenziert sein, das spätere „Klammerorgan“ der Elasmobranchier (dem Penis und der Clitoris der höheren Vertebraten). Bei einer solchen Konzentration der Parapodien konnten die Segmentalorgane ihre separaten äufseren Öffnungen nicht beibehalten, eine innere Konzentration mit gemeinsamem Ausführgang bildete daher den Nierenapparat, welches, wie mir scheint, ein der Flossenkonzentration ganz und gar paralleler Vorgang ist; dals der Harnausführgang mit dem der Geschlechtsprodukte zusammentritt, ist natürlich, dals an dieser Stelle eine ähnliche Kommunikation dieser erweiterten summierten Ausführgänge mit dem Darm, wie bei den Kiemenspalten vielleicht (?) durch ähnliche Ur- sachen des Ausstülpens und Zurückziehens der sexuell verwendeten Parapodien entsteht, ist keine gezwungene Folgerung; insofern ungefähr falst Dohrn die Bildung des Afters als den = 152 Vorgang einer Kiemenspaltenbildung auf, speziell die Anusbildung als einen der Bildung der ventralen unpaaren Mundöffnung homologen Prozels. Dals der von diesem neuen Anus noch weiter nach hinten liegende Darm mit der alten terminalen Analöffnung obliteriert und bei den Fischembryonen als Rest des sogenannten postanalen Darmes noch auftritt, während der muskulöse Abschnitt sich als Schwanz differenziert, dessen Parapodien zu den unpaaren Flossen transversal und sagittal zusammentreten, das bildet den Beschluls der Schöpfung des Vertebratentypus nach der Dohrnschen Hypothese, soweit die mit der Flossen- und Kiemen- bogenbildung zusammenhängenden Vorgänge in Betracht kommen. Dieser Theorie fehlt somit jede Inkonsequenz, alles lälst die Kontinuität der Entwickelung hervortreten; die Natur macht hier nicht jenen Sprung, welchen die Branchialhypothese der Flossenentstehung ein- mal unbestreitbar macht. Für die Dohrnsche Theorie wichtig ist jedenfalls der Umstand, dals das mesoblastische Bildungsgewebe der paarigen Flossen thatsächlich aus der Somatopleura, der parietalen Wand der Rumpf-Leibeshöhle entsteht und zwar dem mehr dorsal gelegenen Teil und dals die Myotomknospen der späteren Flossenmuskeln in der Höhe und nächsten Nähe des Ur- nierenganges und der Kanälchen sich von den Myotomen abtrennen und dals im präthorakalen (branchialen) Abschnitt des Körpers segmentale Partien derselben Leibeshöhle die wichtigsten Bestandteile der branchialen Segmente abgeben. Der erstere der beiden letzteren Punkte zeigt deutlich die Lagebeziehung, welche Parapodien und Segmentalöffnungen der Anneliden zu einander haben, der letzte (beim Fehlen der Urnierenkanäle im Kopf und branchialen Abschnitt der Fischembryonen) die Lage und Entstehung der neuen Vertebratenkiemen an nach Lage und Entstehungsboden durchaus vergleichbarer Stelle. Die Punkte zeigen aber auch das Gegensätzliche der beiden Theorien bei nur geringer Gemeinschaft von äufserlichen Punkten. Nach der Dohrnschen Theorie ist dieser neue branchiale Teil derselben Urentstehung, aber fast der differenziertere und ist weiter entfernt von dem Urtypus als die besprochenen Gebilde des thorakalen Abschnitts, in welchem ein einfacherer Weg zu der Extremitätenbildung führte. Gegenbanur schlug den umgekehrten Weg der Ableitung der Flossen von den so hoch differen- ziert vorliegenden Kiemenbogen ein, welcher sehr verwickelte unnatürliche Umänderungen in allen primitiven Componenten der Flosse in Anspruch nimmt, Die Dohrnsche Theorie leitet auch auf die Gleichheit der paarigen und unpaarigen Flossen zurück. Ein Charakteristikum bei der Entstehung der Flossenmuskeln (paarige Flossen) ist die Teilung der Muskelknospe in zwei sagittal hintereinander liegende Stücke, welchen auch in weiterer Entwickelung in mehr oder weniger regelmälsiger Nachfolge zwei radiale Knorpel —l93 — entsprechen. Das Gleiche gilt für die unpaaren Flossen in Bezug auf die Muskelknospen und Knorpel; letzteres zeigt sich auch besonders bei Pleuracanthus (vgl. auch meine Ausführungen in: Zur Osteol. der Coelacanthinen I., S. 7—15, 1892). Man ist versucht, diese gleichartige Doppelbildung auf die sogenannte Diplospondylie zurückzuführen, welche nach neueren Unter- suchungen davon abzuleiten ist, dals die Entstehung der skeletogenen Zellmassen dorsal und ventral von den schief gestellten (also in der axialen Projektion hintereinander liegenden) oberen und inneren Innenflächen der Myotome ausgeht und jene sich bezw. ventral und dorsal um die Chorda wachsend, hintereinander vorbeischieben und daselbst zwei „Skleromere“ auf je ein Muskelsegment bilden. Bei den unpaaren Flossen ist die Einwirkung der „diplospondylen“ Sklerotome in dem Einfluls der oberen Bogen auch darin bemerkbar, dals phylogenetisch die je zwei Flossenträger auf 1 Segment mit der Diplospondylie in den Bogen und dem Wirbel- körper verschwinden. Für die paarigen Flossen ist bemerkenswert, dals zur Zeit der Bildung der Myotomknospen einerseits und der Sklerotome andererseits die Myotome mit ihren Ventralenden eine ziemlich gleichmälsige Stellung in der Höhe des Urnierengangs haben und das Sklerotomgewebe der Körperaxe mit dem Bildungsgewebe der Flossenplatte ventral von den Myotomen in Verbindung tritt. Dies darf gewils auf eine Epoche der Stammes- entwickelung der Prävertebraten gedeutet werden, in welchen eine skeletäre Verbindung der Körperaxe mit den paarigen Flossenplatten möglich und eine Muskeldifferenzierung vielleicht nach ihrem Ansatz an den diplospondylen Elementen stattfand. Diese axiale Verbindung mulste durch das vom Schwanz her stattfindende Fortschreiten der bilateralen Kompression des Rumpfes und das ventrale Zusammentreten der ursprünglich dorsalen Längsmuskulatur aufgehoben werden, womit auch die Entwiekelung der Extremitätengürtel zusammenhängt. Bei den unpaaren Flossen haben wir infolge der noch möglichen Verbindung mit der Axe einen strenger segmentierten Bau, obwohl auch hier an vielen Stellen Flossen- Konzentrationen mit einseitiger Verschmelzungs-Axe und uniserialem Radialbau zu beobachten sind; je mehr sich aber die Flossen von der Längsanlagerung an die Axe freimachen, desto mehr tritt der Hang zum biserialen Bau auf (cf. Pleuracanthus-Analis). Auf eine weitere Steigerung dieses Zustandes, infolge eines gewissen Extrems bilateraler Kompression haben wir oben auch den endlichen biserialen Bau der paarigen Flossen bei Elasmobranchiern zurückgeführt. Wir haben auch zugleich ausgeführt, dals bei den Ganoiden der biseriale Bau in der That eine Art „Archi“-pterygium gebildet habe (welches aber von dem uniserialen der Elasmobranchier abzuleiten ist), indem hier zu der stärkeren bilateralen Kompression für die Befreiung der Pectoralis vom Körper noch die Wirkung der Schwimmblase hinzutrat, welche, von den Abhand. d. Senckenb naturf Ges. Bd. XX 20 154 — annelidenartigen Prävertebraten überkommen, bei den Elasmobranchiern (wohl infolge der gewaltigen Entwickelung des Schwanzes und dessen auch zum Teil den Rumpf umfassenden Stenerungswirkung) rudimentär wurde. (Vgl. oben, S. 13031). 2. Bezüglich unserer Bemerkungen über die vermutliche Biserialität gewisser Crosso- ptervgierflossen möchten wir noch folgendes nachtragen: Gegenbaur hat im Morphol, Jahrb. NXIL, S. 126 auch die paarigen Flossen von Undina in Betracht gezogen und ein mutmalsliches Innenskelett der paarigen Flosse der Coelacanthinen aufgestellt. Dasselbe beruht aber auf willkürlicher Annahme: ich habe Palaeontogr. 1888 schon dargestellt, dals an der Peetoralis dorsal und ventral notwendig eine grolse Verschiedenheit der Radien bestehen müsse und habe gestützt auf das unpaare Flossenskelett auch eine Rekonstruktion des periph. Skeletts versucht, welche den Ausgangspunkt jeder ferneren Darstellung hätte bilden müssen; es ist dies Gegenbaur entgangen. Zugleich habe ich schon damals mit aus- drücklicher Bezugnahme auf Polypterus dieser Flosse eine biseriaie Form zuerkannt, wie neuerdings auch Gegenbaur. In meiner zweiten restaurierenden Behandlung der Osteologie der Coelacanthinen bin ich aber wegen der grolsen Gleichheit des Dermalskeletts der unpaaren und paarigen Flossen von dieser Annahme, soweit Coelacanthinen in Betracht kommen, wieder abgekommen und wie es scheint hat eine neuere Auffindung eines verknöchernden Innen- skeletts bei einem Coelacanthinen (vel. Woodward, Memoirs of the geol. Surv. of New Sonth Wales 1895, Pal. No. 9) diesem Zweifel Recht gegeben. 3. Herr E. Koken hat im Neuen Jahrbuch für Mineralogie ete. 1896 meine oben mehr- fach angeführte Deutung der Parietalhörner von Menaspis sehr abfällig beurteilt; ich möchte nur hierzu bemerken, dals eine wirkliche Autorität in histologischen Gegenständen, welche in der moderneren Paläontologie einzig den Wert der histologischen Untersuchung erkannt, verwertet und unter seinen Schülern verbreitet hat, Prof. v. Zittel, meine Deutung als die wahrscheinlichere bezeichnete (Grundzüge der Palaeontologie 1894, S. 540 —4+1). Ohne mit dem teferenten weiter bezüglich seiner in dem erwähnten Referat angebrachten persönlichen Spitzen zu rechten, muls ich nur sagen, dals sein Urteil gewils nicht als das malsgebendere an- gesehen werden kann: meine Deutung wird daher so lange, als das Objekt nicht von einer unparteiischen Autorität in histologischen Dingen nachgeprüft ist, als die „wahrscheinlichere“ gelten müssen, trotzdem der Referent als Nichthistologe den Anspruch auf sein Ansehen als das des „Forums der ruhigen Forschung“ gegen diese Deutung in die Wagschale wirft. 4. Ueber die im Vorhergehenden überhaupt kritisch behandelte Darstellung der Organisation der Pleuracanthiden von O. Jaekel ist von E. Koken im Neuen Jahrbuch — 15 — für Mineralogie etc. 1897, I., S. 165 ein Referat erschienen. Unter die strittieen Punkte, die es, nach der Meinung des Referenten, Jaekel gelang völlig aufzuklären? gehört die Frage der branchialen Copula-Verhältnisse, worin der Referent seine ältere, zum Teil bessere Deutung dem Phantom der „primitiven Branchial- und Hyoidgliederung“ ohne Widerspruch opfert. Das völlige Milsverständnis der Garmanschen Darstellung der beziehbaren Verhält- nisse bei Chlamydoselachus ist dem weniger referierenden, als urteilenden Referenten ent- gangen, obwohl die grolse Seltsamkeit der Angabe Jaekels eine Revision veranlalst haben sollte; das grolse Gewicht, das Jaekel auf die Entdeckung dieses Rudiments eines bei den lebend. Elasmobr. zu Grunde gegangenen Bogens hinter dem Hyoid legt, verschwindet bei Koken in dem Terminus „accessorisches Ausgleichungsstück“, welches Koken für das wegen der „primitiven“ Hyoidgliederung doch höchstwichtige Rudiment wählt. Dabei acceptiert Koken die Copula-Copulartheorie Jaekels als „Feststellung ur- sprünglicher Verhältnisse“; es entgeht auch ihm hierbei die erstaunliche Verwechselung der Termimi Copulare und Copula (vgl. Gegenbaur, Unters. III S. 136—159, S. 232—234, sronn Cl. u. Ord. d. Th. Pisces S 48), welche zu dieser selbst auf die Scapulargliederung ausgedehnten, schon von Grund aus falschen Auffassung geführt haben. Die primäre Drei- teilung des „Schultergürtels“ ist für Koken auch „nachgewiesen“: Koken macht sich hier- mit zum öffentlichen Vertreter dieser Ansichten und falschen Deduktionen ! „Nachgewiesen“ ist nach Koken ferner, und als „starke Stütze für Gegenbaurs An- sicht“ aufgefalst, der Besatz des „Quadratums“ mit Kiemenstrahlen. während Jaekel nicht einmal daran gedacht hat, zu beweisen, dafs hier nicht wie bei Heptanchus (vgl. Gegenbaur l. ce. S. 179, Taf. XV, Fig. 1) die Hyomandibularradien auf den Quadratkiel hinübergerückt und da befestigt sind, was bei der Ähnlichkeit der morphologischen Verhältnisse das Wahr- scheinliche ist; während die Hyoidradien stark sind, sind nämlich die Hyomandibularradien auch aufserordentlich zart und fein, wie dies für die angeblichen Palatoquadratradien gelten soll. Fig, 1 Fig 2. Fig. 3. Fig 4. Fig. D. Fig 6. Fig 7 Fig 8. Fig. 9 u. 10. Fig 11. Fig. 12a. Fig 12b Fig. 13. h Tafelerklärung. Restauration des vorderen Rumpfabschnitts und Kopfs von Pleuracanthus; der Cranialstachel befindet sich in der vermutlich natürlichen Ruhelage, vielleicht in ciner Längsfalte (punktiert) geborgen; die punktierte Linie ist in der Figur aus Versehen durch die Spitzen der vorderen Dornfortsätze gezogen; das Heraufrücken der vordersten Neurapopbyse auf den Schädel ist nur vermutet, nicht beobachtet. Bezüglich der in der Zeichnung gewählten Stellung der Flosse ist zu bemerken, dafs sie nicht die Ruhestellung, sondern die der Abwärtsbewegung der externen (propterygialen) etwas freieren Flossenseite bezeichnet (die metapterygiale ist ja vermutlich — soweit keine Radien vorliegen — in den Körpersaum eingeschlossen). Für normal halte ich die von Fritsch mehrfach beobachtete, etwa der Flossenstellung von Polypterus entsprechende Lage, welche auch die einfachste Lagenveränderung von der mehr ventralen (mit dem Metapterygial- rand nach der ventralen Mittellinie gerichteten) in die laterale (mit dem propterygialen Rand nach der lateralen Mittellinie gerichtete) Lage repräsentiert. Man unterscheidet so bei den Elasmobranchiern eine Dorsalfläche und Ventralfläche, einen Medialrand und Lateralrand, bei Pleuracanthus, Polypterus ete., bzw. eine Medialfläche und Lateralfläche, einen Ventralrand und Dorsalrand. Ansicht des Kiemenskeletts von der Ventralseite (nach Koken und Jaekel). Gleiche Ansieht (nach A. Fritsch mit einigen Änderungen). Querschnitt eines Stachels von Pleuracanthus; die Pfeilrichtung bezieht sich auf den in schwacher Vergröfserung in Fig. 12a dargestellten Flächenschnitt. Querschnitt durch den Stachel von Orthacanthus. Längsschnitt durch die Krallenstrahlen von Orthacanthus (Schliff nach einem Stück im Sencken- bergischen Museum). Flachschliff durch die kontinuierliche Kalkhülle der Radien der Ventralis von Pleuracanthus (Schliff nach einem Stück aus der Sammlung der Universität in Stralsburg). Querschliff durch ein Kalkprisma von Pleuracanthus in gleicher Vergrölserung wie Fig. 7. Querschliff and bzw Flächenschliff durch die in einem Querschliff von einem Stachel von Pleuracanthus gefundenen Knorpelreste des Tragezapfens des Cranialstachels. Ansicht des Scapulare von hinten aulsen, mit Muskelgruben und Gelenkrolle. Die Feststellung der Oberflächengestaltung des Schultergürtels fand hauptsächlich nach zwei Exemplaren der Sammlung von Prof. Dr. Felix in Leipzig statt. Flächenschliff durch einen Pleuracanthus-Stachel in der in Fig. 4 angedeuteten Pfeilrichtung. 2b. Mutmafslicher Querschnitt des Körpers von Pleuracanthus in der Schultergürtelregion. Portion aus dem kontinuierlich verkalkten Knorpel der Mittel- und Innenzone eines Elasmobranchier- wirbels zum Vergleich mit Fie. 7, 8, 9 und 10. N N Zi As EEE Abhandl.d. Senckenb naturf, Gesellsch. 1 4 N h) IN Au Y N ie F {N IieR, NEUN N aan Sr Kt HRUR ee Zr A we MHIXT) Hnftsose [2} e ne Be h N ® i i % . “ f P A . E + Fr A s r Y Dr., Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museum ‚ Das Skelett der Pleuracanthiden und ihre systematischen MAR 9» 1800 ai 069 ABHANDLUNGEN SENCKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. ZWEITES HEFT. MIT IV TAFELN UND XXIX ABBILDUNGEN IM TEXT. FRANKFURT aA. M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. En 1899, BE WERE WEBER N Bemerkung: Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Abhandlungen verantwortlich. AUG, WEISEROD, FRANKFURT A. M., BUCHGASSE 3, ABHANDLUNGEN HERAUSGEGEBEN SENOKENBERGISOHEN NATURFORSCHENDEN (GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. ZWEITES HEFT. MIT IV TAFELN UND XXIX ABBILDUNGEN IM TEXT. ERANKEURTT A M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1899. Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirnes. Von Dr. Ludwig Edinger in Frankfurt a. M. 4. Studien über das Zwischenhirn der Reptilien. Mit drei Tafeln. MAR 9 1900 Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirnes. Von Dr. Ludwig Edinger in Frankfurt a. M. 4. Studien über das Zwischenhirn der Reptilien. Mit drei Tafeln. Dieser vierte Teil der Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie des Gehirns ist ziemlich gleichzeitig mit Teil 3 entstanden, welcher das Vorderhirn behandelt. Er schlielst sich direkt, gleichsam als zweites Kapitel an jenen an. Deshalb wird nicht noch einmal eine Übersicht über Material, Technik u. s. w. gegeben. Es sei nur kurz erinnert, dals meine Angaben basieren auf etwa — jetzt — 100 Serien durch die Gehirne von 17 Arten, von denen meist Vertreter verschiedenen Alters vorlagen. Vieles, was an den älteren nur für das Vorderhirn benutzten Serien unsicher blieb, ist an neuen mit besonderer Schnitt- führung hergestellten Präparaten nun ermittelt worden. Sehr vieles ist mir auch erst klar geworden, nachdem meine Untersuchungen über das Zwischenhirn der Vögel, wo der 'Thala- mus viel kräftiger ausgebildet ist, als bei den Reptilien, zu gewissem Abschluls ge- kommen waren. Was die Litteratur angeht, so sei nur erwähnt, dafs im wesentlichen die gleichen Arbeiten in Betracht kommen, die im vorigen Teile schon zitiert sind. Einzelnes soll an entsprechendem Orte noch referiert werden. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 2 ao Viel ist übrigens bisher nicht über den T'halamus der Reptilien ermittelt worden; kaum dals die äulsere Form und einer oder der andere Kern richtig beschrieben worden sind. Das Meiste, was ich hier zu bringen habe und ziemlich Alles, was die Faserung an- geht, ist nen. Nur das Dach mit seinen Ausstülpungen, die Epiphyse ete. haben bekanntlich in den letzten zehn Jahren sehr eingehende Untersuchungen erfahren. Da gerade hier bereits mehrfach zusammenfassende Darstellungen gegeben worden sind, da ferner mein ent- wicklungsgeschichtliches Material nicht ausreichend ist, um weiter zu kommen, als die bis- herigen Arbeiter, so wird in den folgenden Zeilen das Zwischenhirndach nicht besonders be- rücksichtigt werden. Von den Ganglien des Zwischenhirnes sind nur zwei oder drei öfter beschrieben, von seiner Faserung, wenn man absieht von den Zügen, die zum Ganglion habenulae in Be- ziehung stehen, überhaupt kaum etwas mit genügender Sicherheit. Es lag wohl an der bis- her angewendeten, durchaus nngenügenden Technik. 1. Äufsere Form. Einteilung. Wenn man ein Reptiliengehirn von aulsen her ansieht, entdeckt man vom Zwischenhirne nur dorsal die hier emporragende Epiphyse und ventral den Hypothalamus. Alles, was dazwischen liegt, ist vom Vorderhirnmantel einer- seits, vom Tractus optieus, der über die ganze Thalamusaulsenfläche herabzieht, anderer- seits bedeckt. Man kann die allgemeine Form ungefähr mit einem Ei vergleichen, das aufrecht und nach vorn geneigt aufgestellt ist. Der spaltförmig schmale Ventrikel zerlegt dies Ei auf seiner ganzen Breite in zwei Hälften. Vorn schlielst ihn die Lamina terminalis ab, dorsal der Plexus und die Epiphysenausstülpungen, ventral eine dünne Platte, welche mehr- fach ausgestülpt den Boden des Hypothalamus bildet und caudal durch einen Spalt von dem Haubenwulst getrennt ist, der hier frontalwärts einragend, den Ventrikel bis auf die enge Spalte des Aquaeduetus verengt. Fast immer verläuft sagittal längs der Ventrikelwand eine Furche, Sule. med. thalami. Zu beiden Seiten des Ventrikels liegen die Thalamus- ganglien. Die Nomenklaturkommission der anatomischen Gesellschaft hat — speziell auf die Arbeiten von His über die Entwicklung des Gehirnes beim Menschen gestützt — eine Einteilung der Zwischenhirnhälften vorgeschlagen, die auch für die niederen Vertebraten mit Vorteil acceptiert wird. — Die beiden Seitenhälften des durchschnittenen Eies — um bei dem einmal ge- wählten Vergleiche zu bleiben — sind das Thalamencephalon, an dem wieder der eigent- liche Thalamus von dem dorsalen Abschnitte, dem Epithalamus, abgeschieden wird. Davon ventral liegt der Hypothalamus. Er umfalst das Chiasma, das Tuber einereum, die Mamillaria und das Infundibulum. Im Thalamus liegen die Thalamusganglien. Von vorn her tritt in ihn die Faserung aus dem Striatum, eaudalwärts entlälst er Faserzüge in das Mittelhirn und das Cerebellum. Bei mehreren Arten (Schildkröten, Krokodil) existiert zwischen den Ganglien des rechten und des linken Thalamus eine mächtige zellführende Querverbindung. ein Ganglion, welches als Massa intermedia den Ventrikel überquert. Der Epithalamus enthält in seinen Seitenteilen das Corpus habenulae, zusammen- gesetzt aus den beiden Ganglia habenulae. Zu ihnen zieht von vorn her die Taenia, die wesentlich aus dem Vorderhirn stammt. Hinter ihnen spannt sich die Commissura habenularum aus. Das Dach des Epithalamus bilden feine Epithelzüge, die zum Teil als Epiphysen sich dorsalwärts ausstülpen, zum Teil von Gefälsen ventrikelwärts eingestülpt, die Schlingen des Plexus choroides bilden. Seitlich liegt dem Thalamencephalon immer der weilse Traetus optieus auf. Die Nomenklaturkommission hat das zwischen Traetus und Thalamus liegende Ganglion genieulatum laterale und das Ganglion geniculatum mediale als Metathala- mus abgetrennt. Für die Reptilien ist wegen des innigen Zusammenhanges des Genienlatum laterale mit der ganzen Thalamusmasse zunächst von dieser Abgrenzung Abstand genommen. Ventral von dem Markweils, welches der Sehtraetus über den Thalamus ausbreitet, tritt die graue Masse des Hypothalamus hervor. Sie wird an dem frontodorsalen Rande ab- gegrenzt durch den Zug zur Commissura postchiasmatica, welchen ich früher für eine ventrale Optieuswurzel erklären zu müssen glaubte. Man kann an dem spaltförmigen Hohlraum des Ventrikels, welcher herab in den Hypothalamus zieht, mehrere Aussackungen erkennen, welche die Hirnbasis hier ventralwärts etwas vortreiben. Frontal und immer etwas dorsal vom Chiasma liegt in der Medianlinie die allen Wirbeltieren zukommende Aussackung des Recessus opticus. Dann wird durch das Chiasma selbst und die mit ihm krenzenden andersartigen Faserzüge der Zwischenhirnboden wieder dorsalwärts eingestülpt, und caudal von dieser Einbuchtung senkt er sich abermals zu dem flacheren und nicht scharf abgegrenzten Recessus infundibuli, der sich am caudalen Ende zu einem langen dünnen Infundibularsack aus- stülpt. Dieser Saecus infundibuli liegt ganz direkt in einer Vertiefung der breiten 21* — 162 — Hypophysis. Der Recessus infundibuli hat zwei kleine Rrecessus laterales, die aber eben nur angedeutet sind. Schlielslich folgt ganz caudal und medial der Recessus mamillaris. An allen Recessus wird die Basalwand des Hypothalamus nur von einer einfachen Epithellage gebildet, über welche da und dort Kreuzungszüge verlaufen. Lateral aber verdickt sich die Wand an verschiedenen Stellen zu wechselnder Stärke. Die Aulsenwand des Recessus infundibuli wird von der grauen Masse des Tuber ceinereum gebildet. Sie verdickt sich gegen ihr caudales Ende hin zu den Mamillaria, flachen Höckern, die jederseits lateral vom Recessus mamillaris liegen. Diesen liegen dann noch etwas weiter lateral die Nuclei ectomamillares — (peduneulares Bellonei) — an, grolse, wohl abgegrenzte Granglien, die an der ventrolateralen Seite des Gehirnes gut hervortreten. Sie liegen dicht vor dem tiefen Einschnitt. welcher «das Mittelhirn vom Zwischenhirn trennt, direkt vor dem Austritt der Oculomotorii an der Hirnbasis. Die graue Substanz dorsal von diesen Ganglien ist ziemlich mächtig. Sie geht dorsal direkt in die Haubenfaserung des Mittelhirnes und medial unmittelbar in das zentrale Höhlen- grau über. Hier liegen noch zwei wichtige Kerne, der Kern des hinteren Längsbündels und der Nucleus hypothalamieus. Diese Gegend entspricht ganz direkt der Regio subthalamica bei den Säugern nach Lage und nach Aufbau ihrer Bestandteile. 1. Epithalamus. Für den dorsalen Abschluss des Zwischenhirnes, die Plexus- und Epiphysenbildungen vergleiche man besonders die Arbeiten von Burekhardt,! von Leydig? und die gute Zu- sammenstellunge von Sörensen,” wo die sehr reiche gesamte Litteratur gegeben wird. Hier wird nur der Vollständigkeit in der Beschreibung halber als Wesentliches er- wähnt, dals caudal von den Plexusschlingen, welche als Verdünnung der Palliumwand dicht neben dem Fornix in den Ventrikel ragen, sich zwei Ausstülpungen befinden, die dorsalwärts gerichtet sind, die Paraphysen — es können gelegentlich drei vorkommen — und das Zirbel- polster, dals diese den dritten Ventrikel überdachen und sich beiderseits an die Ganglia ! Burckhardt R. Die Homologien des Zwischenhirndaches und ihre Bedeutung für die Morphologie des Gehirnes bei niederen Vertebraten. Anat. Anz., Bd. 9, 1894. ® Leydige F. Zur Kenntnis der Zirbel und der Parietalorgane Abhdl. d. Senckenbergischen Gesellschaft ete. 1895. 3 Sörensen: The roof of the diencephalon in Journal of comp. Neurology, Bd. 3 und: Comparative study of the epiphysis and the roof of the diencephalon. Ibidem, Bd. 4. — 195 — habenulae anschliefsen. Diese Ganglien bilden ein Hufeisen, dessen Hohlraum eben von jenen häutigen Gebilden erfüllt und überdacht ist, dessen hintere Rundung von der Commissnra habenularum gebildet wird. Hinter dieser Commissur erhebt sich das Zwischenhirndach zur Epiphysenausstülpung und dann geht es in die Platte der Commissura posterior über, die den Anschluls an das Mittelhirndach vermittelt. Bei den grolsen Schildkröten Chelone midas liegt die Commissur nicht ganz caudal. Es ragen vielmehr die beiden Seitenteile des Ganglion habenulae Flügeln gleich rückwärts über die Commissur hinaus, der sie dann aufsitzen, wie etwa die Adlerflügel dem Helme. A. Corpus habenulae, Taenia und Tractus habenulo-peduneularis (retroflexus Meynerti). Traetus habenulo-diencephalicus. Tractus habenulo-periventricularis. Taf. I, Fig. 3—5, Taf. II, Fig. 3. Das Corpus habenulae besteht bei allen Reptilien aus zwei Ganglien, einem frontalen und einem eaudalen. Das caudale Ganglion umfasst aber von aulsen her das frontale, so dals es ebensowohl als laterales Ganglion bezeichnet werden könnte. Das frontale Ganglion enthält eine Menge ziemlich grolser Zellen, deren reiche dieke Ausläufer sich durch die Silberimprägnation nur schwer darstellen lassen. Ich könnte nur Unsicheres über sie aussagen. Die Zellen des caudalen Ganeglions sind viel klemer und hier enden besonders zahlreiche Endpinsel aus der Taenia. Wenn man das Ganglion habenulae von vorn her betrachtet, etwa an- einer hekonstruktion, so erblickt man zwei Polster dicht nebeneinander jederseits. Es sind die vorderen Enden des caudalen und des frontalen Ganglions, die so liegen, weil das erstere das letztere umgreift. Nach hinten, der Rundung des Hufeisens, welches die beiden Seiten- hälften bilden, näher, verdünnen sich die Wände, weil das frontale Ganglion Keulenform mit dem stumpfen Ende nach vorne hat. In die beiden Polster, das äulsere und das innere, münden Fasern aus der Taenia thalami ein. Diejenigen, welche dem lateralen Polster zu- streben, gelangen übrigens nur zu geringem Teile in dessen Inneres, zu weitaus grölserem begeben sie sich um das Ganglion herum in die Commissura habenularis. Aus dem medialen Polster, vielleicht auch mit wenigen Fasern aus dem lateralen, entwickelt sich ein Faserzug, der durch das ganze Mittelhirn hindurch bis an dessen Basis verfolgt werden kann, der Traetus habenulo-peduneularis s. u. Über die Zusammensetzung der Taenia thalami. unter welchem Namen ich alle von vom her in das Corpus habenulae einstrahlenden Züge zusammenfassen will, ist schon in dem Abschnitte gehandelt, der das Vorderhirn beschrieb. — 166 — Hier sei nur daran erinnert, dals im wesentlichen 3 Züge aus dem Vorderhirn sich abscheiden lieisen, der Tractus olfacto-habenularis aus dem caudalen Abschnitte der Hirnbasis, dem Nucleus taeniae ete., der Tractus transversalis taeniae, wahrscheinlich aus der gleichen Gegend, aber medial statt lateral in die Taenia tretend und der Traetus ceortico-habenularis aus der Rinde des Pallium. Den erstgenannten Zug hat Herrick zuerst gesehen und richtig bis in die Commissura habenularis verfolgt, ebenso hat ihn Meyer be- schrieben, den cortical entspringenden kennen ebenfalls beide Autoren. Es ist der einzige, den Herrick als Taenia bezeichnet und der gleiche, den Meyer Fornix longus nennen möchte. Auch das als vierter fraglicher Bestandteil der Taenia von mir im dritten Teile beschriebene Bündel aus der Commiss. ant. ist Herrick wohlbekannt, Wahrscheinlich geht dieser Zug übrigens nicht zur Taenia, sondern ist das Homologon des Commissurenteiles der Taenia semieirenlaris (s. Teil 3). Der Verlauf des Traetus olfacto-habenularis taeniae ist in Teil 3 beschrieben. Ebenda wird der Tractus septo-diencephalicus zum Teil geschildert. Dieser aus der Medialseite des Pallium stammende Faserzug tritt zunächst dicht an die Hirnbasis heran und umgreift dann die dort liegenden Züge des Tr. strio-thalamieus ete., um an die Aulsenseite des Gehirnes zu gelangen. Dann legt er sich dicht vor den Tr. opticus, mit dessen Fasern mittelhirnwärts ziehend. Das feinere Kaliber gestattet die Abscheidung von den Sehnervenfasern. An der Aulsenseite des Zwischenhirnes, nahe dem Anfange des Mittelhirn- daches geht er, immer dünner werdend, verloren. Ich möchte nur dem früher über den Tractus cortico-habenularis Gesagten noch Einiges zufügen. Bei Lacerta ocellata, von der ich inzwischen einige mächtige Exemplare schneiden konnte, erkennt man an Horizontalschnitten Folgendes. Die Palliumwand, welche sich dieht vor dem Zwischenhirn zum Plexus verdünnt, wird caudal von der Einstülpungsstelle desselben noch einmal stärker und verklebt hier mit dem Epithalamus. An dieser Stelle, deren morphologisches Verstehen mir schon früher bei anderen Reptilien immer viele Mühe gemacht hatte, tritt der Traetus cortico-habenularis aus dem Pallium ab zu der bereits mächtigen, aus einem medialen und lateralen Bündel gebildeten Taenia. Die Taenia thalami hat bei den Reptilien einen nur ganz kurzen Verlauf. Sie löst sich, gleich nachdem die Faserarten sich zu einheitlichem Bündel gesammelt haben, wieder in den Ganglien des Corpus habenulae auf. Ein grofser Teil aber scheint direkt in die mächtige Commissura habenularis zu geraten. Sicher ist das nicht. Diese könnte auch neu aus den Ganglien entspringen. Ihre Zusammensetzung aus einem markhaltigen vorderen und marklosen, nicht immer vorhandenen caudalen Abschnitte ist früher geschildert. Bei Lacerta ocellata sehe ich mit aller Sicherheit, was schon bei Alligator und anderen Echsen wahrscheinlich war, dals nämlich aus den Fasern der Commissura — le habenularis sich ein markhaltiges Bündelchen löst, welches in die Epi- physis eintritt. Aulser der Taenia erhält das Ganglion habenulae noch andere Zuzüge. Ob sie da enden oder entspringen, das liefs sich bisher noch nicht sicher ermitteln. Golgi-Präparate zeigen nur, dals ihre feinen Fasern in dem dichten Filz verschwinden, der jene Ganglien erfüllt. Es sind der Tractus habenulo-diencephalicus und Traetus habenulo- periventricularis. Aus unbekannten Teilen des fronto-basalen Thalamusabschnittes, vielleicht gar nicht aus Thalamusganglien, sondern aus einer der da liegenden Längsbahnen, zieht dicht vor dem Zwischenhirne ein bei grolsen Reptilien gar nicht unbedeutender Faser- zug hinauf zum Ganglion habenulae, in das er nahe der Medianlinie von unten her eindringt; es ist der früher — Selachier, Amphibien — als Tractus Ganglii hab. ad diencephalon be- zeichnete Zug, den man einstweilen mit dem besseren Namen Tr. habenulo-diencephalicus bezeichnen kann. Bei vielen Reptilien. besonders schön bei Chelone midas, aber auch bei den anderen Schildkröten sichtbar, erkennt man, dals aus dem zentralen Grau, das den Ventrikel umfalst, ein Faserzug feinsten Kalibers in das Ganglion sich nahe dem eben genannten Zuge einsenkt — Tr. habenulo-periventricularis. Taf. I, Fig. 5. Traetus habenulo-peduncularis, Taf. I, Eig. 2, 3, 4, Taf. II, Fie. 1u.5, Taf. III, Fig. 1. Die grolsen Ganglienzellen im medialen Ganglion des Corpus habenulae, vielleicht aber auch die kleineren im lateralen Ganglion, entsenden ihre Achseneylinder basal- wärts als geschlossenen. nicht durchweg markhaltigen Zug hinab bis zum Corpus interpedun- eulare. Der Tractus habenulo-peduneularis — Fascieulus retroflexus Meynerti früher genannt — ist von Köppen und von Herrieck und zuletzt noch von P. Ramon gesehen worden. Ich finde ihn bei allen Reptilien, sehe aber, dals noch bis hinein in das postembryonale Leben einzelne marklose Fasern vorkommen. Der ganze Zug wendet sich von der Basis des Corpus habenulae ab rückwärts und abwärts, zieht an der caudalen Oberfläche des Nucleus rotundus thalami, dieser dicht anliegend, herab und macht nun jederseits einen sehr flachen, nach aulsen konvexen Bogen. So kommt es, dals die Fläche, welche von beiden Traetus um- grenzt wird, der sagittalen Schnittfläche eines Eies gleicht. Caudal vom Oculomotorius, am Corpus interpedunenlare angelangt, welches an der Basis des Hinterhirnes ganz medial her- vorragt, wenden sich aus beiden Traetus die Züge medialwärts und splittern sofort zu feinen Zweigen auf, die mit denen der anderen Seite kreuzen, um dann, wie es scheint, frei zu enden. Kleine Ganglienzellen liegen da, aber es gelang nie recht eine derselben durchweg = ia so zu imprägnieren, dals man über ihre Beziehungen zu den Endpinseln des Tractus habenulo- peduneularis Klarheit gewinnen konnte. Für die Knochenfische hat Gehuchten, für die Reptilien und die Säuger hat S. Ramon y Cajal das gleiche Verhalten der Tractusenden, das Aufsplittern und Überkreuzen der Endbüschel angegeben. 2. Thalamus. Die zahlreichen Ganglien, welche den Thalamus aufbauen, waren bisher nur zum: allergeringsten Teile bekannt. Wenn ich versuche hier eime Darstellung von dem zu geben, was ich bisher ermitteln konnte, so geschieht es nach jahrelangem Zögern. Ich zögerte deshalb, weil ich mir voll bewulst bin, dals ich nur Stückwerk bringe, ich veröffentliche aber was ich weils, weil ich den Nacharbeitenden ein leichteres Vorankommen sichern möchte, als es mir beschieden war. Die Ganglien lassen sich topographisch schildern, man kann ihnen Namen geben, die ich gleich von vorneherein als vorläufige bezeichnen möchte und man kann von einigen die Faserbeziehungen schon darstellen. Was aber nicht möglich ist und auch unerfüllbar bleibt, so lange nicht bessere Methoden erfunden werden — namentlich solche, die auf der Degeneration basiren — das ist die völlige Erkenntnis all der feinen Fasernetze, die neben den groben Zügen den Thalamus da und dort erfüllen. Stieda hat zuerst im Thalamus einen grolszelligen runden Kern erkannt und Alle, welche sich nach ihm mit diesem Hirnteil beschäftigten, haben ihn wiedergefunden. Nucleus rotundus thalami, Thalamus, Nucleus magnus ete. ist er genannt worden. Köppen sah aulser diesem noch den „Ventralkern“, eine Anhäufung grolser Ganglienzellen an der Thalamusbasis, die Bellonci schon früher richtig in ihren Faserbeziehungen geschildert und als „Nucleus peduneularis“ bezeichnet hatte. Bellonei sah den grolszelligen Kern, der im Bereiche des Traetus strio- thalamieus — liegt. Nmeleus entopeduncularis mihi, den grolsen Thalamus- kern und den Nucleus praetectalis, letzteren bezeichnet er als Nucleus posterior des Thalamus. Bellonei’s klassische und noch immer nicht genügend gewürdigte Arbeit über den Ursprung des Optieus bei den Vertebraten' schildert dann noch das „Genieulatum thalamieum“, ein mächtiges Ganglion, das aufsen seitlich am Thalamus liegt. Auch Köppen hat es wiedergefunden. Meine eigenen Untersuchungen tnd die von P. Ramon y Cajal bestätigen völlig die Be-- ziehungen zum Opticus, welche Bellonei nur zögernd ausgesprochen hatte. : Bellonei, G.: Die zentrale Endigung des Nervus opticus bei den Vertebraten. Zeitschr. f. wiss.. Zoologie 1888, Bd. XLVII, er — 109 — C. L. Herrick hat dann an einer Reihe von Serienschnitten, die er von verschiedenen Reptilien angefertigt hat, mehrere Kerne im Thalamus namhaft gemacht. So den „Nucleus centralis“, den er andere Male als „Genieulatum“ — beim Alligator — bezeichnet und der offenbar identisch ist mit dem „grolsen Thalamuskern“ Stiedas. Dann ein „Nidulus infra- habenaria“, dessen Identifizierung mir nicht gelungen ist, weil H’s. Abbildungen und Be- schreibung nicht ausreichen, ein Nidulus subthalamicus und einige andere, welche er weder benannt, noch so scharf gezeichnet hat. dals man sie wieder finden könnte. Auch Bellonei’s Genienlatum ist H. nicht entgangen. Es erscheint in seinen Arbeiten als „Homologon der Substantia nigra.“ Möge dieser fleilsig um die vergleichende Anatomie des Gehirnes bemühte Autor es mir verzeihen, wenn ich hie nnd da etwa von ihm Beschriebenes nicht riehtig erwähne. Sein Text ist so kurz und in seinen Abbildungen fehlen so oft die nötigen Hinweise, dals mir nicht überall klar geworden ist, was er meint. Herrick schildert nie, oder’ selten nur, zu- sammenhängend, er beschreibt meist Schnittbilder und überlälst dem Leser die unter den erwähnten Umständen allzu schwere Synthese. Ich habe mich redlich bemüht, seine Arbeiten zu durchdringen, aber ich glaube, dals er von dem Auffassungsvermögen seiner Leser eine allzu hohe Meinung hat. Seine Beschreibungen und Abbildungen reichen für mich nicht aus. Vielleicht wechselt der Autor auch manchmal in der Namengebung, wie das ja erklär- lich wäre, da seine Arbeiten sich über ‚Jahre hinziehen und auf vorher fast Unbekanntes erstrecken. Jedenfalls hat Herrick mehrere Kerne im Thalamus erkannt. Über die Faserung — soweit der Thalamus allein in Betracht kommt — finde ich fast nur bei ihm etwas. Die sensorischen Stile, meint er, zersplittern und verbinden sich — break up in connection — mit dem Nidulus centralis. Die anderen Ganglien, die infrahabenularia, die genieulata, das Nidulus subthalamieus erhalten nur zerstreute Fasern. Ein Teil dieser Fasern geht zu einem dichten Flechtwerk am frontalen Ende des Mittelhirnes, das er mit dem Nucleus ruber identifiziert. 0. {D. Humphrey! und Susanna Phelps Gage,’ welche unter Wilders Leitung arbeiteten. sind, soweit die Thalamusganglien und Faserungen in Betracht kommen, '0.D. Humphrey. On the brain of the snapping turtle; Chelydra serpentina. Journal of Comp. Morphology, Vol. 4, 1894. ®Susanna Phelps Gage. Comparative Morphologia of the brain of the soft shelled turtle, Amyda mutica and the english sparrow, Passer domestieus. Proceedings of the American Mieroscopical Society, Vol. 17, 1895. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. wm [59] BE über Herricks Angaben nicht hinausgekommen. Der erste giebt eine etwas eingehendere Beschreibung, aus der hervorgeht, dals er aulser den erwähnten Ganglien auch den Nucleus anterior bei einer Schildkröte — Chelydra serpentina — gesehen hat. Aus den spärlichen Bemerkungen von Frl. Phelps Gage möchte ich nur hervorheben, dals sie die dicke Median- commissur im Zwischenhirn genau beschreibt, welche die Schildkröten haben. Der darin liegende Kern und seine Faserung sind ihr aber entgangen. Aulser diesen Angaben giebt es nur noch einige wenige bei Köppen! über die Kerne und die Faserung des Zwischenhirnes. Köppen beschreibt aulser dem Genieulatum nur noch den grolsen runden 'Thalamus- kern. Aber er kennt schon die Faserung, die aus dem Thalamuskerne in das Vorderhirn zieht und er hat erkannt, dals Fasern aus caudaleren Teilen irgendwo im Thalamus enden, seine „Lamina medullaris thalami“, die rückwärts in den „Gruppenstrang“ übergeht. Auch den Faserzug aus dem Striatum zu weiter caudal liegenden (Gebieten — rundes Bündel — beschreibt er. Ebenso den Tractus aus dem Vorderhirn zum Tuber einereum. Die Decus- satio transversa, caudal vom Optieus, scheint ihm mit den „Hirnschenkeln“ zusammen- zuhängen, unter welchem Namen er die Gesamtheit der dem Vorderhirn entflielsenden Bahnen versteht. Der von mir früher als basale Opticuswurzel beschriebene, aus dem Ecto- mamillare stammende Zug ist ihm bekannt — „accessorische Opticusfasern“. Schlielslich haben wir im letzten Jahre eine vortreffliiche Monographie des Uhamä- leongehirnes durch Pedro Ramon? erhalten. Er hat mehrere Thalamuskerne erkannt. Unter dem Opticus liegt das Genienlatum thalamieum Belloneis, in dem ein unterer, mittlerer und oberer Kern unterschieden und nach Zellform ete. näher beschrieben werden. In alle drei Abteilungen dringen massen- hafte Collateralen aus dem Traetus ein. Die Achseneylinder der mannigfachen Zellen sind medialwärts gerichtet und konnten nicht mit Sicherheit über den Thalamus hinaus ver- folgt werden. P. Ramon vermutet, dafs sie sich dem Pedunculus cerebri anschlielsen und so eine Bahn zum Grolshirn darstellen. Dem Geniceulatum wird noch ein Kern zugeteilt, der als „innerer Kern“ bezeichnet wird, weil er wesentlich tiefer in den Thalamus ein- ı M. Köppen. Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Centralnervensystemes der Wirbeltiere. Morphologische Arbeiten, herausgegeben von G. Schwalbe, Bd. 1, H. 3. ® P. Ramon. Estruttura del encefalo del cameleon. Rivista trimestrial mierografica, Vol. 1, 1896, 3. 46. en gebettet liegt. Er wird etwa im Niveau der frontalsten Fasern der Commissura anterior gefunden und entspricht wahrscheinlich dem, was unten als Nucleus praetectalis bezeichnet wird. Der Achseneylinder von einigen Zellen dieses Kernes konnte medialwärts zu einem „Stil des Kernes“ verfolgt werden. An dem grolsen runden Thalamuskern wird nicht nur die Einstrahlung des Tr. strio-thalamicus so beschrieben, wie ich sie auch geschildert, sondern der Autor hat auch erkannt, dafs diesen Kern ein Bündel lateral verlälst, dessen Fasern er in Collateralen des Opticus verfolgen will. Es handelt sich hier um den unten zu schildernden Traetus thalamo-tectalis, soweit die Abbildungen eine Identifizierung ermöglichen. Schliefslich erwähnt P. Ramon noch, dals er die Fasern der Decussatio transversa verfolgt hat bis zu einem kleinen, an der dorsalen Aufsenseite des caudalen Thalamusgebietes liegenden Kerne. Die medialen Opticusfasern falst er mit denjenigen der Decussatio transversa zu- sammen als „Fibrae optico-commissurales“. Durch diese und meine eigenen früheren Untersuchungen, namentlich auch durch denjenigen Teil derselben, welchen ich bereits früher veröffentlicht habe,! ist Folgendes zu- nächst nachgewiesen: In die Thalamusganglien dringen vom Grolshirn her ein die Radiatio strio-thalamiea, und der Traectus cortico-mamillaris des Fornix. Aus den Thalamusganglien stammen Züge, die in bisher nicht gesonderter Weise rückwärts ziehen, um im Mittelhirn, der Oblongata, vielleicht auch im Rückenmarke zu enden. Im Thalamus selbst sind bisher nur abgeschieden der erolse runde Kern, das mehrgeteilte Geniculatum direkt unter dem Optieus, das zentrale Höhlengrau und unbestimmte, jenen grolsen Kern umlagernde Kernmassen. Übersieht man all dieses und bedenkt man, dals so viele Forscher sich mit dem Thalamus der Reptilien beschäftigt haben, so meint man, dals das Meiste bekannt und dals ein recht einfacher Bau hier zu erwarten sein dürfte. Dem ist aber nicht so. Der Reptilienthalamus ist bereits ein recht kompliziertes Gebilde. Man vermag mindestens 12—13 Ganglien auf jeder Seite abzuschneiden und braucht dabei noch keineswegs auf unsicher Abgrenzbares Rücksicht zu nehmen. Alle diese Ganglien stehen in ganz bestimmten Beziehungen zur Faserung, die sich bei allen Reptilien in gleicher Weise wiederholt. ! Vorlesungen über den Bau der nervösen Centralorgane der Tiere und des Menschen. 5. Auflage, Leipzig 1896. 22% 1. Thalamus. 1. Nucleus anterior thalami. Tractus thalamo-mamillaris. Taf. I, Fig. 3-5. Taf. U, Fig. 3—4. Eine kleine rundliche, am ventralen Ende nicht scharf abgrenzbare Ganglienmasse, die direkt hinter der Schlulsplatte liegt. auf Frontal-Schnitten erscheint, wenn man die Commissurengegend des Vorderhirnes überschritten hat. Von unten und vorn her nimmt sie einige Fäserchen des basalen Vorderhirnbündels auf. Sie entlälst einen nur aus wenig Fäserchen bestehenden Zug ventralwärts, den Tractus thalamo-mamillaris. Dieser zieht, dem F’ornix ganz benachbart und oft nur bei sehr vorsichtiger Untersuchung von diesem zu trennen, ventralwärts und konnte, auf Sagittalschnitten — Eidechse, Tropidonotus, Python, Emys — bis an das Mamillare des Hypothalamus verfolgt werden. Das gleiche Bündel ist bei Vögeln und Sängern nachweisbar, bei den letzteren als Viq d’Azyr’sches Bündel bekannt. Bei Chelone vermag ich im Nucleus anterior noch eine laterale von einer medialen Abteilung zu scheiden und sehe in die laterale Fasern aus der benachbarten Rinde des Vorderhirnes herüberziehen. Doch ist hier eine Verwechslung mit den in gleicher Richtung ziehenden Fasern des Tr, cortico-habenularis zur Taenia nicht absolut ausgeschlossen. Zur weiteren Nachprüfung fehlt mir augenblicklich das Material. Eine solche wäre aber sehr erwünscht. Denn es handelt sich bier um die einzige Stelle, wo ich Fasern aus dem Vorderhirnmantelin ein Thalamusganglion treten sah. Bei den Säugern ist bekannt- lich eine sehr innige Beziehung des Mantels zu den Thalamusganglien da. So erscheint es wichtig zu er- mitteln, wo in der Tierreihe sie sich zuerst einstellt und an welches Thalamusganglion sie zunächst anknüpft. 2. Nucleus rotundus thalami. Endigung des basalen Vorderhirn- bündels. Tractus thalamo-tectalis. Taf. I, Fig. 2—5. Taf. II, Fig. 3—6. Dieser mächtige Kern ist bei allen Reptilien vorhanden und auch am häufigsten in den Beschreibungen erwähnt. Er liegt caudal von dem Nucleus anterior, an der Stelle der grölsten Thalamusausdehnung, ist eiförmig und sehr wohl abgegrenzt. An vielen Stellen seiner Peripherie erkennt man feine Spalten, so dals man den Eindruck bekommt, dals der Kern von einem mächtigen Lymphhohlraum umgeben sein möchte. Der Nucleus rotundus ist der grölste Kern des Reptiliengehirnes und durch seine Lage, durch seine Zellform und durch das Ver- halten der Faserung sehr wohl charakterisiert. Er nimmt von unten und vorn her die Haupt- masse des basalen Vorderhirnbündels — Traetus strio-thalamieus — auf und entsendet lateral einen nicht unbeträchtlichen Zug, der wahrschemlich im Teetum opticum endet. Dieser Kern ist aufgebaut aus ganz grolsen multipolaren Zellen. Die Dendriten (Golgimethode) breiten sich weithin aus und verästeln oft erst lange nach Abgang von dem Zellkörper. Der Neurit gelangt wohl immer in das lateral aus dem Kerne entspringende, nachher zu beschreibende Bündel. Wenigstens hatte er in den wenigen Fällen, wo er verfolgbar war, diesen Verlauf. Aulserdem ergiebt die Markscheidenfärbung, dals die Mehrzahl der aus dem Kerne austretenden Fasern in gleicher Richtung zieht. Der Lymphraum um den Kern wird durchbrochen von zahllosen eintretenden dieken, markhaltigen Nervenfasern des basalen Vorderhirnbündels und von den dünneren des Traetus thalamo-teetalis. Aulserdem aber passieren ihn noch zahllose Dendriten aus Zellen, die um den grolsen runden Kern zerstreut herum liegen. Sie entstammen dem Nuelens diffusus thalami. Der ganze Raum, den der Kern mit seinen grolsen Zellen einnimmt, ist von einem Flechtwerk markhaltiger Nervenfasern durehsponnen. Sie entstammen zu allermeist dem basalen Vorderhirnbündel. Dieser mächtige Faserzug aus dem Striatum endet nämlich in den Ganglien des Zwischenhirnes bis auf einen geringen Bruchteil. Deshalb mag er in seiner Gesamtheit als Radiatio strio-thalamiea bezeichnet werden. Es ist übrigens (Degenerationsversuche an Vögeln) sehr wahrscheinlich, dals die Rad. str.-thal. auch Fasern enthält, welehe im Hirn entspringen und im Grolshirn enden. hadiatio strio-thalamica. Auf fast allen Abbildungen der Taf. I. An der lateralen Seite der Hirnbasis dicht medial vom Traectus optieus und der Taenia zieht diese Fasermasse, wie ich es früher schon beschrieben habe und wie es von Allen, die nachher hier gearbeitet haben, bestätigt wurde, in den Körper des Zwischenhirnes hinem. Ich sehe nun, wie sie sich in mehrere Züge spaltet. Der dorsalste Zug ist derjenige, welcher die stärksten Nervenfasern enthält und welcher auch in seiner Gesamtheit der stärkste ist. Er sondert sich in der Höhe, wo das Bündel über das Uhiasma wegzieht, von der Gesamtmasse, und senkt sich, nachdem er nur wenig Fasern in den Nucleus anterior abgegeben hat, von unten und auch von vorne her in den grolsen T’halamuskern. Hier splittern seine Fasern rasch anseinander und gehen in jenem markhaltigen pericellulären Geflechte verloren. Im Nucleus thalami ant., ebenso im Nucleus rotundus und im Nucleus diffusus thalami salı ich ungeheuere Massen von Endpinseln, die höchst wahrscheinlich aus der Rad. strio.-thal. stammen. Das ganze Kerninnere ist davon erfüllt. Einer meiner Alligatoren war durch den unfertigen Stand seiner Markscheidenbildung sehr geeignet zur Verfolgung des markhaltigen Radiatio strio-thalamica. Man erkannte an den Serienschnitten leicht, dals aus dem basalen Vorderhirnbündel fortwährend Fasern dorsalwärts in die Kerne des Thalamus abgegeben werden. Ein Traetus anterior endigt im Nucleus anterior, ein Tractus medius im Nucleus rotundus, ein Traetus internus im Nucleus diffusus und ein Traetus lateralis in den zerstreuten Zellen des caudalen Genieulatum-Abschnittes. ‚Je weiter man caudalwärts kommt, um so dünner wird das stark faserige Bündel, Es bleibt aber immer an derselben Stelle liegen, bis man im vorderen Drittel des Mittelhirns den Rest der noch vorhandenen Fasern ventralwärts ziehen und zwischen den Ganglien an der Basis des Mittelhirndaches verschwinden sieht. Dieser Rest ist übrigens hier noch so stark, dafs er vermutlich noch eine Strecke weiter caudalwärts reicht. Nur experimentell degenerative Untersuchungen werden hier Klarheit bringen. Se Traetus thalamo-teetalis. Taf. I, Fig. 3 u. 5. Aus dem runden Kern entspringt lateral und frontal ein beträchtliches Faserbündel in der ganzen Breite des Kernes. Seine Züge ziehen direkt lateralwärts in der Richtung nach der Aulsenfläche des Thalamus, die vom Optieus bedeckt ist. Ehe sie diesen erreichen, sind sie längst zu einigen kleinen Bündelchen gesammelt, die hier noch das zwischen Tractus und Thalamus liegende Genieulatum durchbohren, resp. zwischen seinen einzelnen Abteilungen passieren. Schliefslich sammelt sich das Ganze ziemlich ventral, dieht medial vom Optieus und zieht mit diesem mittelhirnwärts. Aber die Fasern bleiben nicht beim Sehnerven, sie nehmen nicht an dessen Ausbreitung über dem Mittelhirndache teil, spalten sich vielmehr innerhalb der Mittelhirnbasis schon ab und gehen bei den Reptilien hier verloren innerhalb der zahlreichen und mächtigen Längszüge, welche dichtgedrängt die Basis einnehmen. Ich bin nun in der glücklichen Lage dennoch den Endpunkt angeben zu können. Bei Vögeln nämlich existiert ganz der gleiche Faserzug. Er entstammt dem gleichen Kerne, sammelt sich ebenfalls lateral und kann ebenfalls bis in das Mittelhirn verfolgt werden. Dort nun ist er bei den relativ grölseren Gehirnen auch stärker und man erkennt ohne Mühe, dafs er in das Mittelhirndach, Tectum optieum, eingeht. Natürlich habe ich, nachdem diese Erkenntnis einmal bei Vögeln erlangt war. die Reptilienpräparate von neuem geprüft. Eine direkte Verfolgung ist wieder nicht gelungen; es sprachen aber alle erkannten Bruchstücke dafür, dals nicht nur Ursprung und erster Verlauf, sondern auch Endigung bei Reptilien die gleichen sind wie bei den Vögeln. Da die Fasern bei Tauben vom Mittelhirne aus zur Entartung gebracht werden können, wäre wohl der Name Tr. tecto-thalamieus vorzuziehen. Bei dem jugendlichen Alligatoren war der Traetus thalamo-tectalis, der einzig mark- haltige aus dem Thalamus. Es soll schlielslich erwähnt werden, dals bei Schildkröten und Eidechsen ein Faserzug erkannt wurde, der aus der Gegend des Nucleus rotundus stammend eaudalwärts zieht, um, wie es scheint, im Ganglion Isthmi, einem Körper dicht caudal vom Cerebellum an der Flügel- platte des Hinterhirnes gelegen, zu enden. Faserverfolgung ohne Vereinfachung der Präparate — degenerative oder entwicklungsgeschichtliche — ist aber in diesen Gegenden ganz unsicher. Ich verzichte deshalb zunächst auf eine Benennung, da ich über das Ende nicht völlig klar und sicher geworden bin, auch den Zug nicht bei anderen Reptilien wiederfinden konnte. 3. Nucleus diffusus und Nucleus reuniens. Taf. I, Fig. 1-5, Taf. I, Fig. 6. Unter dem ersteren Namen sollen die zerstreuten Zellen zusammengefalst werden, welche in der frontalen Thalamushälfte zwischen den erwähnten geschlossenen Kernen überall — 175 — liegen. Namentlich in der nächsten Umgebung des Nucleus rotundus findet man ihrer sehr viele. Es sind relativ grolse multipolare Gebilde mit sehr reichen, langen, gut aufgezweigten Dendriten. Ein feinstes Flechtwerk zum guten Teil markhaltiger Nervenfasern umgiebt diese Zellen des zerstreuten Kernes. Verlauf, Herkunft und Faserbeziehungen sind mir ganz unklar geblieben. Der Nucleus diffusus ragt dorsalwärts bis dieht unter das Öorpus habenulae und ventral bis an die Mamillaria und den Tuber. Er ist am besten erkennbar in der Um- gebung des Nucleus anterior und frontal vom Nucleus rotundus. Es scheinen viele dünne Fasern, die von hinten kommen, hier zu enden. Bei den Schildkröten und bei den Sauriern, auch bei einigen Schlangen, treten die Massen des Nucleus diffusus dicht hinter dem Nucleus rotundus von beiden Seiten her über die Mittellinie hinweg miteinander in Verbindung. So entsteht eine Querverbindung,' welche den dritten Ventrikel in einen ventralen und einen dorsalen Abschnitt teilt, eine echte Commissura mollis. Sie fehlt den Eidechsen. Beim Alligator und Krokodil liegt nun mitten in den relativ spärlichen Nervenzellen, welche sich hier in der Brücke befinden, ein mächtiger, wohl abgeschlossener Kern, der Nucleus reuniens. Er hat grolse multipolare Ganglienzellen und entsendet nach jeder Seite markhaltige Nervenfasern, die weithin, bis nahe an die Peripherie des Zwischenhirnes treten, dann aber der Verfoleung verloren gehen. Tat. I, Fig. 15. Es handelt sich hier nicht um ein echtes Homologen der Öommissura mollis. Denn diese ist bei den Säugern nicht kernhaltig, wird auch ausschlielslich vom zentralen Höhlengrau gebildet. Natürlich nimmt dies letztere auch — überziehend — an der Bildung der Quer- platte teil, weil es ja überall den Ventrikel auskleidet. 4. Stratum griseum periventrieulare und Kern des zentralen Höhlen- graues. Taf. I, Fig. 1-5. Taf. II, Fig. 6. Die breite enge Spalte des Reptilienventrikels ist zunächst von dem bekannten lang- geschwänzten Epithel ausgekleidet, das jetzt bei allen niederen Vertebraten hier gefunden ist. Seine Endfäden ziehen an vielen Stellen bis hinaus zur Zwischenhirnoberfläche. (Golgi-Methode.) Ich habe oft gesehen, dals über die äufsere Hirnoberfläche hinaus eigentümliche, etwa becherähnliche Gebilde reichen, die zunächst wie Verbreiterungen jenes Endes der Epithelfäden aussehen, von denen aber einige den Eindruck machen, als hingen sie gar nicht mit den Zellendfäden zusammen. Sicher ist das natürlich nie, weil immer der Zellendfaden * Bei Python zuerst von Rabl-Rückhardt beschrieben: Einiges über das Gehirn der Riesen- schlange. Zeitschrift f. wiss. Zool. 1894, Bd. LVIII. ee abgeschnitten in einer anderen Ebene liegen kann. Diese merkwürdigen Gebilde, welche also auf der Hirnobertläche liegen und Nägeln gleich mit ihrem Schwanz in das Gehirn ragen, erscheinen nur bei Golgi-Behandlung. Delshalb ist die Möglichkeit von Artefakten-Silberab- lagerungen auf zarten Gliafädchen, die etwa über die Hirnoberfläche ragen, wie es nach Weigert am menschlichen Gehirn beobachtet wird, nicht von der Hand zu weisen. Aber man muls doch auch an die Möglichkeit denken, dals hier Sinneszellen liegen, die direkt mit dem Gehirn in Verbindung stehen. Neuprüfungen, besonders mit der Methylenblau-Methode, wären- sehr erwünscht. Direkt nach aulsen vom Epithel folgt eine feinfaserige, warscheinlich aus echter Glia gebildete Schicht, es reiht sich dann eine Schicht rundlicher kleiner Zellen an, eine Platte- eigentlich, wenn man die Gesamtheit betrachtet. Diese Platte ist nicht überall gleich dick, zeigt vielmehr auf Schnitten lateral wellenförmige Kontur. Dann erst folgt weiter aulsen der gesamte Kermapparat des Thalamus. Ich bezeichne deshalb die ganze Formation als Stratum geriseum periventrienlare. Bei den Schildkröten ist es besser entwickelt als bei den anderen Reptilien. Dorsal setzt sich das zentrale Grau direkt in das vordere Ganglion des Corpus habenulae fort. Ventral kleidet es die Seitenwände des Hypothalamus aus. Mitten in dieses Stratum griseum ist eine Platte eingelagert — Kern des ventralen Höhlengrau —, die aus grolsen Zellen besteht, so erolsen, dals sie sofort auf dem Schnitte in das Auge fallen. Bei den Schildkröten ist sie am mächtigsten ausgebildet, aber auch bei den Eidechsen, den Schlangen und dem Alligator ist sie nachweisbar. Bei den Eidechsen haben die Zellen schöne Pyramidenform, bei den Schildkröten erschienen sie — Konservation? — mehrfach multipolar, andere Male notierte ich „keulenförmig“. Imprägnationen mit Silber erhielt ich von dieser tief liegenden Stelle keine. Bei den Schildkröten giebt es ventral von der erwähnten Kernplatte noch eine kleinere im zentralen Grau. Sie hat auch kleinere Zellen und sendet Achseneylinder lateralwärts. Bei Tropidonotus ist der Kern des zentralen Höhlengraues besonders kräftig entwickelt. Man kann in ihm mindestens dreierlei Zellarten unterscheiden: Grolse und kleinste spindelförmige mit ihrer Längsachse dorso-ventral gestellte Zellen, rundliche kleine mit fraglichen kurzen Ausläufern und grölsere hellblassig aussehende. 5. Nucleus entopeduncularis. Taf. I, Fig. 3. Lateral vom basalen Vorderhirnbündel, zum Teil auch in seine Faserung eingebettet, liegt ein langgestreckter, bis an den Mittelhirnanfang verfolgbarer Kern, der aus sehr grolsen multipolaren Zellen besteht. In der Höhe des Ohiasma etwa ist er am stärksten entwickelt. — 117 — — Tropidonotus — aber in den davon caudalen Ebenen entfernt er sich allmählich ventral- wärts tretend von der Faserung des Vorderhirnbündels und liegt dicht über dem Traetus opticus. Bei den Eidechsen sehe ich, dals die Achsencylinder aus diesem Kerne dorsal und caudal ziehen. Hier bildet der Kern eine gut geschlossene Zellmasse. 6. Ganglion subopticum oder Corpus geniculatum laterale. Taf. I, Fig. 2—5. Unter dem Tractus optieus, welcher an der Aulsenseite des Thalamus vom Mittel- hirndache her herabkommend, dahinzieht, liegt eine dünne Platte von eigentümlichem Bau, das Ganglion subopticum. Sie ist breit genug um den ganzen Thalamus zu bedecken. So ragt sie dorsal bis fast in die Höhe des Epithalamus, ventral erreicht sie den Tuber und caudal schlielst sie da ab, wo das Mittelhirndach auf Schnitten erscheint. Ihr dorsocaudalstes Gebiet geht in das mittlere Grau des Teetum opticum direkt über. Dies Ganglion ist eine Endstätte des Sehnerven. Man sieht an Golgi-Präparaten (P. Ramon hat das auch beschrieben) prachtvolle Endpinsel aus dem Optieus überall in es eintreten. Sie gelangen zwischen die noch dichteren Dendritenpinsel aus grolsen konischen, multipolaren Zellen, welche in enger Reihe, etwas ab von der Medialfläche des Ganglions angeordnet liegen. Der Zellkontakt an dieser Stelle ist sehr ähnlich und im Wesen sogar völlig gleich demjenigen, welcher zwischen den Riechnervenfasern aus dem Bulbus olfactorius und den Dendriten aus den Bindenzellen des Lobus olfactorius statthat (Golgimethode). Pedro Ramon, derdieses Ganglion beim Chamäleon untersucht hat, möchte, wie oben mitgeteilt wurde, drei Einzelabteilungen an ihm unterscheiden, die durch eintretende Faser- bündel getrennt sind. Das ist in der That bei mehreren Reptilien der Fall, andere Male aber bildet das Ganze doch eine fast einheitliche Platte und es scheint mir deshalb kein Grund vorzuliegen hier eine Teilung vorzunehmen, zumal auch der verdiente spanische Autor für alle Abteilungen ziemlich die gleichen Faserbeziehungen konstatiert. Das, was er als vierte Abteilung bezeichnet, ist wahrscheinlich identisch mit unserem Nucleus anterior oder mit demjenigen der Decussatio transversa. Die Achsencylinder der Geniculatumzellen gehen an der Seite ab, welche dem Opticus abgewendet ist. Ich konnte sie an Golgi-Präparaten meist nur auf ganz kurze Strecken verfolgen. An Weigert-Präparaten aber erkennt man unschwer, dals sich im Inneren der leicht gekrümmten Hohlplatte, welche das Ganglion bildet, ein Faserzug sammelt, welcher aus dem Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX, 93 — 18 — Ganglion stammt, markhaltig ist und nun rückwärts und aufwärts zieht, um am frontalen Ende des Tectum opticum in dem da liegenden Fasergewirr verloren zu gehen. Dieses Bündel mag zunächst als „Stildes Geniculatum“ resp. Ganglion subopticum, bezeichnet werden. Wo der Stil endet, weils ich — die Mängel meiner Methoden immer von neuem bedauernd — nicht. Er zieht jedenfalls rückwärts aufwärts. Dabei hat er die Fasern des basalen Vorder- hirnbündels an seiner medialen, die Ganglienformation an seiner lateralen Seite Im Bereiche des Nucleus praetectalis verschwindet er. 7. Kern des Tractus septo-diencephalicus. Taf. I, Fig. 2 u.3. Die spärlichen Fasern des aus der Scheidewand des Grolshirnmantels stammenden, bei den Reptilien immer dünnen Bündels, enden dicht vor dem Mittelhirndache lateral am Thalamus in zerstreuten kleinen Zellmassen. Die Endigung ist nur aufgefunden worden, nachdem das bei den Vögeln viel kräftigere Bündel genau bis dahin verfolgt war. 8. Kern der Decussatio transversa. Taf. I, Fig. 3 u. 4. Ein Teil der Decussatio transversa-Fasern endet in einem kleinen, nicht immer nach- gewiesenen Kerne medial und ziemlich dorsal vom Geniculatum laterale, in dessen dorsalsten Ebenen. Auch dieser Kern ist erst abgegrenzt worden, nachdem der sehr viel mächtigere bei den Vögeln bekannt war. Pr läfst sich von den Zellen des Nucleus diffusus zunächst nicht scharf abtrennen. gENmoleusspraeteetalis., Tat, 1 Biel Tat aRie: Dieser schön abgegrenzte runde Kern liegt dicht frontal vom Dache des Mittelhirnes und steht mit dessen Grau in innigem Kontakte. Er liegt da zum grolsen Teile bedeckt von den Fasern des medialen -Optieuszuges. Bellonei. der Einzige, der ihn genau beschrieben hat, nannte ihn „Ganglion thalami posterius“. Ich habe diesen Namen nicht gewählt, sondern wegen der präziseren Lagebezeichnung den oben genannten. Auch deshalb, weil es mir zweifelhaft ist, ob dieser Kern nicht überhaupt dem Mittelhirne vielmehr als dem Thalamus zuzurechnen ist. Die Optieusfasern also ziehen über ihn weg, einige durchbohren ihn auch auf ihrem Wege zum Mittelhirndache. Dann erhält er von vorne her Fasern aus der Gegend des grolsen runden Thalamuskernes, ein recht beträchtliches Bündel. Von unten her erreichen ihn zwei Faserzüge, die Fasern aus der Decussatio transversa, welche an seiner ventralen Seite weiter ziehen und der Stil des Geniculatum. — 119 — Ich habe nun mehrfach den Eindruck bekommen, als ende dieser Stil hier. Bei den Vögeln, wo er stärker als bei den Reptilien ist, hat es den gleichen Anschein. Bis in die Gegend dieses Kernes gelangen auch Fasern aus den Nuclei ectopedunculares, deren bei der Beschreibung des Hypothalamus gedacht werden wird. 10. Geniculatum mediale ? Taf. I, Fig. 1. Am dorsalen und caudalen Ende des Geniculatum laterale erkennt man immer eine abgesonderte Zellmasse. Ich habe sie lange zum Geniculatum selbst gerechnet, bis ich fand, dals ihr ein starker Zug markhaltiger Fasern entquillt — Zropidonotus, Emys, Chelone, Lacerta, Varanus —, welcher parallel der Schleife als deren frontalstes Bündel sich caudal und basal wendet. Ist die Deutung als Geniculatum mediale richtig, so wäre die Faserung als dessen Stil zu bezeichnen. Bei Säugern endet hier der aus den primären und secundären Acusticuscentren stammende Faserteil der Schleife. Die sichere Diagnose, namentlich die Unterscheidung von dem Kern des Tractus septo-diencephalicus und von demjenigen der Decussatio transversa gelang übrigens nicht immer. So scheint es mir, dals die Annahme, dafs hier ein eigenes Ganglion vorhanden ist, noch fester zu begründen wäre. 11. Linsenförmiger Kern (des Mittelhirnes). Taf. I, Fig. 1, 6. Von Mayser rührt der Vorschlag her, die Grenze von Mittel- und Zwischenhirn durch eine Ebene gelegt zu denken, welche beide Tractus habenulo-pedunenlares verbindet. Es ist aus didaktischen Gründen angenehm, eine derartige Grenze künstlich herzustellen, weil das Mittelhirndach einen so grolsen Teil des Thalamus bei einigen Klassen bedeckt, dals man nicht unmittelbar die ventral vom Dache liegende Faserung als der Mittelhirnbasis an- gehörig betrachten darf. Der Nucleus praetectalis liegt schon caudal von dieser imaginären Grenze, wäre also schon dem Mittelhirn zuzurechnen. Sicher gehört diesem auch ein medial und dorsal von dem Praetectalis gelegener, flach linsenförmiger Kern grolser Zellen an, welcher etwa im Niveau der Commissura posterior da auftaucht, wo deren laterale Fasern liegen. Der Kern ist deshalb auch schon — bei Vögeln von Münzer und Wiener — für jene Commissur in Anspruch genommen worden. Es ist möglich, dafs wirklich Commissura posterior-Fasern hier entspringen, doch habe ich mich aber nicht sicher davon überzeugen können. Diese mächtige, gerade hinter der Commissura habenularis gelegene Fasermasse entspringt aber mindestens zum Teil aus einem grolsen Kerne des Mittelhirnes, dem Nucleus funieuli dorsalis. — 180 — 12. Kern des dorsalen Längsbündels und der Commissura posterior. Ursprung der Commissura posterior aus T-Teilungen des dorsalen Längs- bündels? Dorsales Längsbündel. Taf. I, Fig. 1. Der Kern des dorsalen Längsbündels liegt direkt in der frontalen Verlängerung eines grolszelligen, zweifellos dem Oculomotorius zugehörigen Kernes. Auch er besteht aus sehr grolsen multipolaren Zellen und erstreckt sich, dicht unter dem zentralen Grau des Hauben- wulstes gelegen, über dessen frontale Wand ventralwärts biegend bis in die Nähe der retroinfundibularen Kreuzungen. Aus diesem Kerne entwickeln sich die Züge des Bündels zweifellos. Man kann sie einzeln zu den Zellen hin verfolgen, namentlich auf Horizontal- und Sagittalschnitten. Denn das Bündel liegt nicht nur ventral, sondern auch zu gutem Teil etwas medial von der Hauptmasse des Kernes. Aus diesem Kerne stammen aber nur die dicken langen Fasern, welche die Hauptmasse des dorsalen Längsbündels ausmachen, es sind wesentlich wohl die gleichen Züge, deren Ursprung Gehuchten bei Forellen bis in gleichartig gelagerte, mächtige multipolare Zellen verfolgt hat. Es giebt aber noch Fasern anderer Herkunft im dorsalen Längsbündel. Die allermedialsten Fasern des dorsalen Längsbündels scheinen aus anderer Quelle zu stammen, aus einem Kern mit kleinen Zellen, der im Hypothalamus weit ventral dicht neben dem Ventrikel beiderseits im zentralen Grau gelegen ist. Schlielslich giebt es noch gekreuzte Fasern zu dem gleichen Strange. Welchem Kern sie entstammen, dem grolszelligen oder dem kleinzelligen, das ist nicht sicher. Die Kreuzung liegt innerhalb der Decussatio retroinfundibularis und ist nicht konstant, fehlt zum Beispiel bei Zamenis. Aus den beiden erwähnten Kernen und aus den Kreuzungsfasern zieht dann das dorsale Längsbündel rückwärts in schön gewölbtem Bogen, etwa der Dorsalseite des Haubenwulstes parallel, von dem Ventrikel nur durch das zentrale Grau getrennt, und hält sich nun immer neben der Medianlinie an gleicher Stelle bis hinab in den Vorder- strang des Rückenmarkes. Das dorsale Längsbündel ist bei allen Schlangen aus sehr viel dickeren Fasern zu- sammengesetzt als bei den anderen Reptilien. Die Länge des Rückenmarkes, in dessen Ventralstränge ja ein Teil der hierher gehörigen Fasern zu verfolgen ist, spielt da wohl eine ursächliche Rolle. Der Traetus longitudinalis dorsalis wird von allen Systemen des Zwischenhirnes zuerst markhaltig. Bei Embryonen von Anguis fragilis und Coronella laevis konnte er von seinem — 11 — Kern bis in die Ventralstränge des Rückenmarkes verfolgt werden, weil er in den meisten Hirngebieten. die er durchzog, fast allein markhaltig war. Zweifellos wird das Bündel im Bereiche des ÖOculomotoriuskernes an Fasern viel reicher. Über das frontale Ende des dorsalen Längsbündels bestehen bei Säugern bekanntlich die allergrölsten Meinungsdifferenzen. Selbst Kölliker, der unter Kenntnisnahme aller bisher darauf gerichteten Studien eine neue sehr eingehende Untersuchung vorgenommen hat, kommt zu keinem sicheren Schlusse. Wenigstens für die Hauptmasse der Fasern. Er stellt aber fest, dals jene oben erwähnte Kreuzung der medialsten Fasern aus der Gegend des Mamillare stamme. Ausdrücklich giebt er an, dals beim Menschen jener grolse von mir eben bei Reptilien und längst von Fritsch und von Gehuchten bei Fischen beschriebene Kern nicht existiere und dals auch der Kern der Commissura posterior, den er zum erstenmale genau beschreibt, wohl dieser Commissur nicht aber den Längsbündelfasern Ursprung gebe. Schon 1889 hat Köppen auf der Badener Neurologenversammlung behauptet, das Bündel ende bei Eidechsen in der Commissura posterior, ich selbst konnte das gleiche damals, wenigstens für seine lateralsten Fasern bestätigen. Neur. Cbl. 1889, S. 552. Für Säuger hat Held angegeben, dals ein Teil der Fasern des dorsalen Längsbündels in die hintere Commissur gerate. Bei den Reptilien ist die Commissura posterior ein sehr mächtiges und bei allen Arten ziemlich gleich starkes, dickfaseriges Bündel. Im Niveau, wo sie verläuft, ebenso wie wenig weiter frontal und caudal ist, abgesehen von No. 11, kein Kern zu entdecken, in den diese grolse Fasermasse eintritt, sie taucht auf den Schnitten gleich fertig auf und verschwindet caudal ebenso. Namentlich habe ich niemals in das obengenannte linsenförmige Ganglion, das wegen seiner Lage noch am ersten in Betracht kommen könnte, auch nur annähernd genügend Faseraufsplitterungen eintreten sehen, um etwa den Ursprung dorthin verlegen zu können. Aber auf Sagittalschnitten erkennt man ein unerwartetes, neues Verhältnis. Es treten nämlich an der Stelle, wo die Commissurfasern diejenigen des dorsalen Längsbündels kreuzen, nicht wie man nach den bisherigen Ansichten erwarten sollte, diese Fasern über die anderen hinweg, sondern die Mehrzahl endet genau da, wo die Faser des dors. Lbdl. liegt. Immer und immer wieder bekommt man den Eindruck, dafs hier eme T-Teilung stattfindet, so selten beobachtet man Überkreuzungen. Es ist mir daher sehr wahrscheinlich geworden, dafs aus dem Kerne des dorsalen Längsbündels eine gemeinsame Faser stammt, welche sich teilt in eine absteigende zum — 12 — Rückenmarke resp. zu Kernen des Mittel- und Nachhirnes und in eine kreuzende zur Commissura posterior. Commissura posterior und dorsales Längsbündel hätten also einen gemeinsamen Kern. Mit dieser Auffassung steht keine der Feststellungen an Säugern, welche der sorg- fältig beobachtende Kölliker gemacht hat, in Widerspruch, man versteht sogar unter der Annahme, dals sein Kern der Commissura posterior und mein Kern des dors. Bdls. identisch sind, ganz gut wie es kommt, dals er für die bei Säugern doch so mächtige Fasergruppe des d. Lbdl. keinen eigenen Ursprungskern finden konnte. Leider sind mir bisher keine Silber- imprägnationen dieser tiefliegenden Gegend gelungen. Solche würden, falls wirklich T-Teilungen gefunden würden, die Frage erst endgültig lösen. Ich selbst habe auch immer bei Säugern den Eindruck gehabt, auch publiziert, dafs mindestens ein Teil der Fasern beider Bündel unter sich zusammenhänge. Eben, wo diese Zeilen abgeschlossen werden sollen, kommt mir die Arbeit von S. Ramon Cajal! zu Gesicht, welche sich speziell mit dem dorsalen Längsbündel der Eidechse beschäftigt. Zu meiner grolsen Freunde hat dieser Autor die T-Teilungen von Fasern der Commissura posterior, welche ich nur erschlossen habe, mit der Silbermethode gesehen. Er leitet jedoch nur einen, wie es scheint geringen Teil der Fasern aus der Commissur ab, einen weiteren lälst er aus dem oben erwähnten Kerne stammen und weitere noch aus dem Thalamusgrau. Es zeigt sich, dals die letzteren identisch sind mit dem, was oben als System des zentralen Graues geschildert und Fig. 3, Taf. II, abgebildet ist. Dazu rechnet er dann noch — Fasern aus der Gudden’schen Commissur — unsere Fibrae ansulatae s. u., die man zweifellos von der Decussatio transversa trennen muls. Ihr Verlauf wird ganz ebenso geschildert und abgebildet, wie das hier geschehen ist. Alle diese Elemente zusammen machen aber nur den absteigenden Anteil des dorsalen Längsbündels aus. Es liegt daneben noch ein starker aufsteigender Teil, welcher aus der Gegend des Nucleus Deiters, dem Trigeminusgrau und der Substantia reticularis bulbi stammen soll. ı S. Ramon Cajal. EI fascicolo longitudinal posterior en los reptiles. Rivista trimestria mierografica Bd. 2, 1887, S. 153. — lea) — Faserung aus dem Thalamus und zu demselben. Der Thalamus erhält aus dem Vorderhirne die Fornixfaserung und die Faserung aus dem Stammganglion; wahrscheinlich, wie ich in der vorigen Abteilung gezeigt, auch Fasern aus dem Stirnpole der Rinde. An seiner Aufsenseite zieht das Markbündel aus der Scheide- wand, der Traetus septo-diencephalieus, frontal vom Optieus einher, um sich in laterale, dicht vor dem Mittelhirn gelegene Partieen einzusenken. Der Fornix durchzieht ihn nur, um im Hypothalamus zu enden. Eine weitere nicht unbedeutende Fasermasse wächst dem Thalamus aus caudalen Hirnabschnitten zu, sie soll in ihrer Gesamtheit hier als Thalamusschleife bezeichnet werden. Über einige dieser Züge mögen noch hier kurze Mitteilungen folgen. Die Bündel, welche ich hier schildern will, sind nicht mit der Sicherheit festgestellt, welche für hirnanatomische Untersuchungen wünschenswert ist. Sie haben sich ergeben in jahrelangem Durchforschen von Schnitt- bildern, im Kombinieren und im Vergleichen mit ganz ähnlich gelagerten, aber besser ver- folebaren Bündeln bei Vögeln. Man soll die folgenden Angaben daher nur als eine Art Provisorium betrachten. Ich hoffe, dals sie sich alle als richtig erweisen werden, wenn es einmal gelingt bei Reptilien die Degenerationsmethode anzuwenden, welche uns bei Vögeln so gute Resultate lieferte. 1. Radiatio strio-thalamica. Taf. I, Fig. 1—5. Taf. II, Fig. 6, 3. Der Ursprung in den Ganglien des Stammganglions ist im vorigen Hefte geschildert, s. auch S. 173. In einem dorsalen diekfaserigen und einem ventralen feinfaserigen Zuge geht die ganze Masse an der Hirnbasis rückwärts und tritt in die ventrale Zwischenhirnhälfte ein; zunächst als geeintes Bündel. Bald aber spalten sich Züge ab, die in die einzelnen Thalamusganglien eintreten. Sicher gelangen solche in den Nucleus anterior, im den Nucleus reuniens und in den grofszelligen runden Thalamuskern, sowie seine Nebengruppen. Ventral bleibt aulser einem dünnen starkfaserigen Bündel nur die feinfaserige Abteilung. Sie löst sich in den Seitenteilen des Trichters und im Mamillare auf. Die Radiatio strio-thalamica ist die mächtigste Längsfaserung im Zwischenhirne der Reptilien. Ob Züge weiter rückwärts als bis in den Thalamus gelangen, das lälst sich nicht mit Sicherheit ermitteln. Am wahr- scheinlichsten ist es noch für das ventrale dickfaserige Bündel. Auf allen Abbildungen der Tafeln ist sie gut sichtbar und deshalb wird auf besonders detaillierte Beschreibung verzichtet. — 14 — 2. Radiatio thalami. Tractus thalamo-spinalis? Lamina medullaris thalamı. Taf TaRıose Taf. II, Rig.o: Bei allen Reptilien treten im Bereiche des Zwischenhirnes, wenn man Frontalserien durchmustert, zahlreiche neue Längsbündel auf, welche innerhalb der Thalamusganglien rasch an Dicke zunehmen, Sagittalschnitte zeigen, dals mindestens zwei verschiedene Fasersysteme innerhalb jenes Hirnabschnittes entspringen oder enden. Ein laterales System, das dicht unter dem Geniculatum sichtbar wird und nicht immer von dessen Stil zu trennen ist und ein mehr mediales, das auch stärkere Fasern hat. Namentlich bei Schlangen — gut verfolgbar bei Zamenis — sind diese Fasersysteme sehr kräftig entwickelt. Bei Python erschwert ihre Menge sehr den Überblick über die Thalamusfaserung. Das laterale System erstreckt sich fast auf die ganze Höhe der Geniculata, das medialere liegt wesentlich dorsal und krümmt sich erst in der Höhe der Commissura posterior ventraler. Sicher können beide Faserarten bis in die caudalen Abschnitte der Oblongata verfolgt werden, aber es schien fast immer, als gelange ein Teil in den Vorderseitenstrang des Rückenmarkes. Nur die Degenerationsmethode wird es ermöglichen in dem Gewirr der hier auftretenden Längsfasern einmal Klarheit zu schaffen. Ein mehr ventral gelegenes drittes Bündel aus dem Thalamus entwickelt sich caudal vom Nucleus rotundus, zieht zwischen den Ganglien ventral, aus allen Fasern aufnehmend und gerät ganz nahe über dem Ganglion ectomamillare fast an die Hirnbasis, lateral von jenem Ganglion. Diesen Zug, der auf allen Sagittalschnitten sehr deutlich ist, Fig. 1, Taf. I, will ich als Lamina mednllaris thalami bezeichnen. Ob er identisch mit einem ebenso, schon von Köppen so genannten Bündel ist, das wage ich nicht zu entscheiden. Die I Köppen’sche Lamina medullaris thalami gerät in dessen „Gruppenstrang“, so bezeichnet er die Gesamtheit der an der Mittelhirnbasis liegenden Längszüge, abzüglich einiger wenigen. Wir kennen bei den Säugern ein Bündel, das aus dem Rückenmarke und der Oblongata stammend im Thalamus endet. Es wird als Thalamusschleife bezeichnet. Wahr- scheinlich ist die bisher geschilderte Faserung identisch oder mindestens zum. Teil identisch mit jenem Bündel. 3. Der Bindearm. Tractus tegmento-cerebellaris. Dieses Bündel ist bei den Reptilien immer ein aufserordentlich dünnes und eigentlich nie mit aller Sicherheit abscheidbares, wenigstens nicht auf seinem ganzen Verlaufe innerhalb einer Serie. Bald hier, bald da erkennt man Bruchstücke. Am sichersten ist noch der Ursprung in einer grauen Masse, die lateral vom Nucleus funieuli post. und direkt über dem Mamillare liegt, dann der Eintritt in das Cerebellum. — 15 — Das Kleinhirn der Reptilien ist ein sehr dünnes Plättehen, nur bei den Krokodilen erlangt es einige Mächtigkeit — an anderem Orte habe ich dargelegt, dals dies höchst wahrscheinlich darauf beruht, dafs die Krokodile gewandte Schwimmer sind. So kann es nicht erstaunen, dafs seine Zuzüge auch nur aus wenig Fasern bestehen. Am deutlichsten war der Bindearm bei den neugeborenen Blindschleichen, weil er hier neben dem hinteren Längsbündel das einzige markhaltige Bündel in seiner Ursprungsgegend war. Dennoch möchte ich nicht behaupten, dals der Nachweis des Bündels überhaupt gelungen wäre, wenn es nicht bei anderen Tierklassen bekannt wäre. Die Kreuzung habe ich nicht gesehen, will sie aber nicht leugnen. Es liegen da, wo sie zu suchen ist, eine grolse Menge kreuzender Fasern, zu grölserem Teile aus dem tiefen Marke des Mittelhirnes. 4. Thalamuszug zur Decussatio retroinfundibularis. Taf. II, Fig. 5. ta IBOE es il u 2% Man wird weiter unten eine Beschreibung dieser dorsal und caudal vom Infundibulum gelegenen Kreuzung finden. Sie setzt sich aus sehr verschiedenartigen Fasersystemen zu- sammen. Nicht bei allen Reptilien sind alle Systeme gleich stark vorhanden. Ein einzelner, bei Schlangen — Zamenis — sehr starker Zug, vielleicht der stärkste der ganzen Kreuzung, entspringt aus dem Thalamıs. Man trifft die Fasern medial vom Geniculatum mediale, zwischen diesem und dem Nucleus rotundus an, wo sie dorsal entspringend schräg nach hinten und unten ziehen, um schliefslich der Mittellinie sich mehr und mehr zu nähern und an der erwähnten Stelle jene Decussation zu bilden. Aus welchem Kerne sie entspringen, kann ich nicht sagen. Auf dem Sagittalschnitte, Fig. 5, Taf. II von Zamenis und auf dem Frontal- schnitten, Fig.1, Taf. III von Varanus ist der Verlaufin seinem frontaleren Abschnitte, in Fig. 2, auch im caudaleren kreuzenden Teile sichtbar. Die Faserrichtung dieser ventralen Kreuzung aus Thalamuskernen ist derjenigen der Opticusfasern gerade entgegengesetzt, auf Sagittal- schnitten bilden die Züge mit den aus dem Mittelhirndache zum Chiasma herabziehenden Bahnen fast einen rechten Winkel. Deshalb habe ich lange Jahre diesen ganz mächtigen Zug nicht verstanden, weil er fast nie in einer der angewendeten Schnittrichtungen siehtbar wurde. Ich weils auch nicht, ob bei allen Reptilien das gleiche Bündel vorhanden ist. Seit ich es kenne, habe ich es nur bei den grolsen Eidechsen und Schlangen gefunden. Schild- krötenmaterial habe ich nicht mehr darauf untersucht. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 24 Optieus. Decussatio transversa Fibrae ansulatae Zug aus dem Gel. eetomamillare. Tractus septo-diencephalicus. Taf. I, Fig. 1—6, Taf. II, Be Der Sehnerv und seine Kreuzung an der Zwischenhirnbasis sind nach den älteren Schilderungen (Stieda u. a.) am eingehendsten von Bellonci beschrieben worden. Neuerdings hat Pedro Ramon am Chamäleon sehr genau mit der Golgi-Methode den Lauf der Sehnervenfasern verfolgt. Erfalstdie ganze Masse, der im Chiasma zusammenkommenden Züge als Fibrae opticae zusammen und schildert dann in Übereinstimmung mit Bellonci, wie ein peripherer bleibender Teil die Thalamusoberfläche überzieht — Tractus opticus—, wie ein anderer aber medial vom (enieulatum in die Thalamustiefe gelange. Den letzteren, welcher zusammengesetzt ist aus der Decussatio transversa und den tiefen Optieusbündeln, nennt er Tractus optico- commissuralis. Der Traetus optieus endet mit Aufpinselungen im Mittelhirndache, hat aber vor- her bei semem Verlaufe über das Genieulatum hinweg diesem eine grofse Anzahl Collateralen abgegeben. Der tiefere Ast splittert auf im Genienlatum und in der Mehrzahl der Thalamus- ganglien. Im Bereiche des Geniculatum wird ein besonderer Kern abgeschieden, der Nucleus ant. opticus, aus welchem Fasern der Decussatio transversa entspringen. Aufserdem giebt P. Ramon ausdrücklich an, dafs sicher ein guter Teil der hierher gehörigen Fasern aus einem weiter caudal, im dorsalen Abschnitte des Thalamus liegenden Kerne stamme und dals wahrscheinlich auch aus dem Nucleus rotundus Fasern in die Decussatio geraten. Welcher von den beiden Kernen identisch ist mit unserem, „Nucleus decussationis transversae“, ist nicht ganz sicher. beiderseits ziehen, vom Mittelhirndach entspringend, die Sehnervenfasern über die ganze Aulsenseite des Zwischenhirnes herab. Ihr schräger Zug lälst von jenem Hirnteile nur den Hypothalamus an der Aulsenseite sichtbar. Unter der frontalen Ausstülpung des Ventrikels, dem Recessus supraopticus angekommen, kreuzen sie, wahrscheinlich komplett. Der Kreuzung entstammt gewöhnlich ein rundlicher längerer Strang, bei den Schildkröten besonders lang, der beide Optiei, ja auch noch einen Teil der Kreuzung selbst vereinigt enthält. Erst auf der Höhe der Orbitae angekommen entspringen diesem einheitlichen Tractus jederseits die Sehnerven. Die Fasern des Sehnerven entstammen, wie es zunächst scheint, dem Mittelhirndache, es ist aber durch Degenerationsversuche an Vögeln, Fischen und Säugern bis jetzt nach- gewiesen, dals der Tractus auch einen nicht unbedeutenden, der Retina entstammenden — 18970 — Faserzug enthält. Namentlich schön ist das an Knochenfischen experimentell nachzuweisen, wie die unter meinen Augen entstandene Arbeit von Krause! zeigt. In der Frontalebene, welche durch das Chiasma gelegt werden kann, liegen aber nicht nur Sehnervenfasern. Es gelang vielmehr — wenn auch erst nach langer Arbeit —, hier eine ganze Anzahl verschiedenartiger Bündel abzuzweigen. Dicht vor dem Tractus zieht der Tractus olfacto-habenularis-thaeniae hinauf zum Ganglion habenulae. Hinter ihm, aber dem Optieus dicht angelagert, erkennt man die bei Reptilien noch dünnen Züge des Tractus septo-diencephalicus. Dann folgt die dicke Masse der Opticusfasern und weiter caudal und dorsal kreuzen hier die Züge der Decussatio transversa und der Fibrae ansulatae. Innerhalb des Chiasma gehen dann noch verloren die Züge aus den Ganglia ectomamillaria und ein markloser kreuzender Faserzug. Also im ganzen nicht weniger als 7 Züge verschiedener Herkunft. Ob das letztgenannte dem Sehapparat selbst angehört, ist noch durch Degenerationsversuche festzustellen. Die Fibrae N. optici, Tafel I, alle Figuren, überziehen im wesentlichen den Thalamus auf ihrem Wege zum Mittelhirndache. Sie geben dabei massenhaft Collateralen an das Corpus genieulatum laterale ab, aber man erhält nicht den Eindruck, dafs dadurch die Gesamtfasermasse sichtlich dünner würde. Immerhin ist das möglich. Ein Teil der Optieusfasern scheint als tiefer gelegene Wurzel medial vom Geniculatum, nicht lateral wie die Hauptmasse, dahinzuziehen. Es sind die Ramon’schen Fibrae optico-commissurales. Ich halte es für unmöglich ohne Anwendung der Degenerationsmethode auszusagen, ob diese Fasern überhaupt dem ÖOpticus angehören oder ob sie nicht alle oder in der Mehr- zahl der Decussatio transversa zuzurechnen sind. Ein Eintreten von Opticusfasern in Thalamusganglien habe ich nie gesehen, aulser dem erwähnten in das Genieulatum. Den Endpinseln im Geniculatum kommen die Dendriten langer Doppelpyramiden entgegen, deren Zellkörper meist spindelförmig ist. Seine medial gerichtete Hälfte entsendet ähnliche, weit aufgezweigte Dendriten und diese verästeln um die Fasern der medial vom Geniculatum gelegenen Bündel, also speziell diejenigen des Faseiculus optico-commissuralis und um die Fasern des Zuges aus dem Thalamus zur Deeussatio retroinfundibularis. In meinem oben zitierten Lehrbuche habe ich von der Eideehse hiervon eine Abbildung gegeben. ı Krause: Experimentelle Untersuchungen über die Sehbahnen des Goldkarpfens. Arch. f. mikr. Anat., Bd. 51. 24* — 18 — Die Sehrervenfasern umgeben sich relativ spät erst mit Mark. An der neugeborenen Blindschleiche sind sie bis auf ganz geringe Spuren noch völlig marklos. Ebenso haben kleine Eidechsen erst nur wenige Fasern. Seit wir durch die Untersuchungen von Held und Ambronn wissen, welchen mächtigen'Einfluls beim Kaninchen die Lichteinwirkung auf die Mark- umhüllung des Opticus hat, erscheint diese späte Myelinisation bei den im dunkeln Moose lebenden Reptilienföten sehr erklärlich. Es bleibt aber bei vielen Reptilien, z. B. bei allen Schildkröten und sehr gut sichtbar beim Krokodil und den verschiedenen Alligatoren, die ich untersuchte, ein ganz grolses Bündel innerhalb des Tractus zeitlebens marklos. Es liegt aufsen am Zwischenhirn in der ventralen Tractushälfte. Bei den grofsen Eidechsen — Varanus, L. ocellata ete. — habe ich es nicht gesehen, doch mag es, eben weil es sich um marklose Fasern handelt, der Beobachtung entgangen sein. Bei dem jungen Alligator verfolgt man das Bündel sicher bis in die caudalsten Gegenden des Mittelhirndaches. Wenn die Tractus sich von der Hirnbasis dorsalwärts begeben, bleibt an der ventralen Zwischenhälfte immer ein diekfaseriges Bündelchen liegen. Es entstammt jederseits einem Ganglion, das an der Aulsenseite des Mamillare liegend als Ganglion ectomamillare be- zeichnet sein mag. Bellonei hat es Ganglion pedunenlare genannt. Dieses Bündel habe ich vor Jahren als „ventrale Opticuswurzel“ beschrieben. Es fehlt aber durchaus noch der Beweis, dals es im Opticus bleibt und nicht etwa diesen, wie Bellonci vermutet, nur kreuzt, um etwa im Vorderhirne zu enden. Neuerdings ist es Wallenberg gelungen, bei Vögeln durch Ausschneiden eines Auges den Tractus aus dem Eetomamillare zur Entartung zu bringen. Er ist also ein echtes Optieusbündel. Alle Reptilien besitzen diesen starken und leicht erkennbaren Zug im ventralsten Teile des Tractus opticus, dessen medialen Abschnitt es bildet. Dorsal vom Chiasma und etwas mehr caudal von ihm liegt die Decussatio teansmersa. u Rats I, Rio.ns.u. 4, 6, Taf... .Eie. 4, Taf. IM, Rig.,3 0.4. Es ist ein breites Bündel von Fasern mittleren Kalibers, die in mehrfacher Schicht die Mittellinie überqueren. Dann wenden sie ihren geschlossenen Zug aufgebend und breit zwischen den Fasern des Tr. strio-thalamieus und den Thalamusganglien sich auffaltend lateral, durchbrechen einen Teil des Geniculatum und liegen schlielslich dem Optieus in locker geschlossenem Zuge medial an. Die Mehrzahl zieht nicht durch das Geniculatum, sondern ventral von ihm dahin. Es scheint, als ginge in einem Ganglion an der dorsalen Aufsenseite des Thalamus ein Teil verloren, denn man erkennt dann weiter caudal nur einen dünneren Zug, der sich in der Gegend des caudalen Mittelhirndaches und des Ganglion isthmi verliert. Sa —ı let) Ich halte es für sehr wahrscheinlich — auch meine und Wallenbergs Befunde an Vögeln, s. Anat. Anzeiger 1899, sprechen dafür —, dafs die Decussatio transversa aus jenem Thalamusganglion entspringt, Fasern zum einen gekreuzten Ganglion abgiebt und mit dem Reste rückwärts ziehend in der Gegend des Ganglion isthmi endet. Es muls sich um ein sehr wichtiges Fasersystem hier handeln, denn es ist bei allen Reptilien sehr stark entwickelt. Bei Lacerta kann der gröfste Teil der Fasern in geradem Zuge horizontal rück- wärts ziehend bis an das Ganglion isthmi verfolgt werden. Der Zug liegt fast horizontal, wenn die Decuss.-Fasern einmal die Aulsenseite des Mittelhirnes erreicht haben. Bei der grofsen Chelone midas habe ich einen Befund erhoben, der erst später durch Untersuchungen an Vogelhirnen seine Erklärung fand. Hier erkennt man nämlich, dals etwa in der Gegend der Kreuzung sich ein Bündel abspaltet, das an die Basis des Vorderhirnes zieht und da frontalwärts allmählich dünner wird. Das ist der gleiche Zug, den Wallenberg bei Tauben nach Zerstörung des Ganglion isthmi degenerieren sah. Er hat ihn Tractus isthmo-striatus getauft. Dorsal von der Decussatio transversa kreuzen innerhalb des zentralen Höhlengraues in spitzwinkligem Zuge wenige sehr dicke Markfasern, die Fibrae ansulatae. Taf. I, Fig. 6, Taf. III, Fig. 3, 4, 5, 7. Bellonci hat sie zuerst erkannt. Es ist nicht sicher, woher sie stammen. Ich erkenne ihren Zug auf Sagittalschnitten immer sehr gut. Die Fasern, welche, weil dick, von weit her stammen, lassen sich rück- wärts bis in die Markfasermasse verfolgen, welche dem Haubenwulst entquillt. Von den Zügen des dorsalen Längsbündels speziell kann ich sie nicht abtrennen. Es sind ihrer zu wenige und das Kaliber ist zu gleichartig. Hypothalamus. Infundibulum, Saceus vasculosus, Tuber cinereum, Mamillare. Dicht hinter dem Chiasma wölbt sich die Thalamuswand zum relativ mächtigen Tuber eine- reum. Der Ventrikel stülpt frontalregelmälsig einen Recessus supraopticus vor, dessen Frontalwand direkt in die Schlulsplatte übergeht. Sie ist rein epithelial. Caudal vom Chiasma wölbt er sich zu einer Aussackung aus, dem Infundibulum und dieses teilt sich in zwei dünnwandige enge Säckchen, deren ventrales ganz, deren dorsales nur zum Teil von dem epithelialen Hypophysisgewebe umschlossen — 190 — wird. Auch die dorsale Hälfte der caudalen Tuberwand hat eine nicht gerade tiefe Auswölbung. Diese, zwischen den Mamillaria gelegen, ist der Recessus mamillaris. Die ganze Platte, welche caudal den Hypothalamus abschlielst, ist von mehreren Commissuren oder Kreuzungssystemen durchquert, die ich als Decussatio retroinfundi- bularis zusammenfassen will. Die doppelte Aussackung des Infundibulum hat ein weitergehendes Interesse. Der längere ventrale Sack entspricht zweifellos dem Hirnteil der Hypophysis, der kürzere dorsale, der übrigens von mir nicht immer gefunden worden ist, ist identisch mit der gleichen, aber sehr viel mächtigeren Aussackung, welche bei den Fischen und Amphibien zum Saccus vas- eulosus wurde. Da, wo ich diese Aussackung vermilst habe — Uromastix, Varanus — finde ich doch zwischen cerebralem und epithelialem Teil der Hypophyse ein sehr stark aus- gebildetes Gefälsgeflecht. Es ragt aber nicht frei in den Schädel herein. Deutlich ausgebildet ist der Saccus bei Alligator. Bei den Schildkröten und besonders schön bei Chelone midas, Taf. III, Fig. 3 u. 4, ist der Saccus vasculosus sehr viel mehr entwickelt als bei allen anderen Reptilien. In mächtigen Fransen hängt hier das vielgefaltete Epithel des Schlauches beider- seits vom Infundibulum Bei den gleichen Tieren sind auch die Recessus mamillares sehr viel tiefer als bei den anderen Reptilien. Das Vorkommen eines Saccus vasculosus und seine bessere Ausbildung in der Reptilienreihe gerade bei den wasserlebenden Typen läfst den Gedanken aufkommen, dals es sich hier um einen Apparat handelt, der speziell für das Wasserleben wichtig ist. Eine eingehendere Untersuchung dieses Punktes wäre sehr erwünscht. Bei einer meiner Riesen- schildkröten war das ganze Indifundibulum mit dem Saccus vasculosus vorwärts umgebogen und kam frontal vom Opticus chiasma zu Gesicht. Es ist mir nicht gelungen zu entscheiden, ob hier ein normales Vorkommnis oder etwa ein Kunstprodukt — Verbiegen beim Härten — vorlag. Das Epithel in der Mittellinie der Hinterwand ist nur von einer sehr dünnen Schicht Hirnsubstanz bedeckt, in der die erwähnten Commissuren verlaufen. An einzelnen Stellen, so ventral und gelegentlich auch dorsal von den Commissuren liegt es nach dem Schädel- raum zu frei. Das Tuber einereum mag man sich als länglichen, nach unten und rückwärts gerich- teten dütenartigen Sack vorstellen, an dessen dorso-caudalem Ende jederseits eine flache, kaum scharf abgrenzbare Erhöhung liegt. Die Endigung des Fornix an dieser Stelle, resp. seine da liegende Kreuzung charakterisiert sie als Corpus mamillare. — 1941 — Etwas lateral und dorsal vom Mamillare liest, dicht caudal von den ventralsten Optieuszügen ein kleiner Körper, aus dem Fasern optieuswärts ziehen und innerhalb des Chiasma verschwinden. Das ist das Ganglion eetomamillare-Gg]. peduneulare Bellonci. 1. Ganglien und Faserung des Tuber. Man kann am Tuber die Innenschicht, welche vom zentralen Höhlengrau gebildet wird, vielleicht etwas abscheiden von der eigentlichen Tubermasse, die als Ganglion tuberis, Taf. I, Fig. 3, Taf III, Fig. 1 u. 4, bezeichnet werden mag. Dieses Ganglion hat nur relativ wenige Zellen, es entsendet aber caudalwärts ein wohl abgrenzbares Bündel. Aulserdem endet in dieser Gegend ein Faserzug aus dem Striatum. a. Kreuzungszug aus der seitlichen Tuberwand. Taf. III, Fig. 4k. Aus den seitlichen Tuberwänden entspringt immer ein dünnes Bündelchen, das in horizontalem Verlaufe rückwärts zieht und dann sieh wenig dorsal erhebend in die Deeussatio retroinfundibularis eingeht. Hier kreuzen seine Fasern und können nicht weiter verfolgt werden. Es ist identisch mit dem, was ich früher bei Selachiern und Amphibien als Traetus infundibuli ad decussationem beschrieben habe. b. Traetus strio-hypothalamicus. Taf. II, Fig. 3. Aus dem Striatum entwickeln sich mit den dieken Bündeln des Tr. strio-thalamieus dünnere, von denen ein guter Teil in den hinteren und lateralen Teilen der Tuber- wand endet, wahrscheinlich auch im Mamillare. Golgi-Präparate zeigen, dals seine Fasern in sehr eleganter Aufsplitterung überall, aber ganz besonders in den caudaleren Abschnitten des Tuber enden. c. Das zentrale Höhlengrau, Taf. II, Fig. 4, welches die ganze Innenseite des Tuber bedeckt, wird von einem feinen Faserwerk durchzogen, dessen markhaltige Bündel sich direkt über den Haubenwulst weg in das Höhlengrau des Aquaeduetus fortsetzen. Gerade da, wo die frontale Kuppe des Haubenwulstes in den dritten Ventrikel hineinragt, machen die erwähnten Fasern zum Teil eine Kreuzung. Diese liegt in der dorsalen Verlängerung des grolsen Kreuzungssystemes, welches ich später als Decussatio retroinfundibularis beschreiben werde. Taf. II, Fig. 2. Durch das zentrale Höhlengrau verlaufen aber noch diekere markhaltige Fasern. Wenige nur sind es, die aus der Tiefe des Haubenwulstes hervorkommend , direkt schräg nach vorn und abwärts ziehen, wo sie dicht über dem Chiasma jene als Deeussationder Fibrae ansulatae oben angezeigte Kreuzung machen. Figur 5 — Taf III — ist ihr Zug ganz getroffen. Ebendiese Fasern hat vor kurzem auch S. Ramon y Cajal als Anteile des dors. Längsbündels beschrieben. 2. Corpus mamillare, Taf. I, Fig. 1, Fornix, .Tracetus thalamo- mamillaris, Tr. mamillo-tegmentalis, Tr. strio-mamillaris. Es wurde oben die Abgrenzung eines Mamillare bei den Reptilien als noch relativ unsicher bezeichnet. Wenn hier nun doch eingehender von einem solchen gehandelt wird, so geschieht es, weil die betreffende Stelle latero-caudal vom Infundibulum sich nicht nur auszeichnet durch einen besonderen feineren Bau, sondern namentlich auch, weil bis eben- dahin alle die Züge verfolgt werden können, welche bei den Säugern ein Mamillare konstituieren. Ein Tuber caudal am Infundibulum charakterisiert an sich noch kein Mamillare. Es mufs eben die Beziehung zu jenen Faserzügen sicher gestellt sein Das ist topographisch bisher möglich gewesen und deshalb habe ich von einem Mamillare der Reptilien gesprochen. Erst Degenerationsversuche aber können nachweisen, in welchen feineren Beziehungen die betreffenden Bündel zu dem Ganglion stehen. Es ist mir sehr fraglich, ob man bisher überhaupt den Kern richtig gesehen hat. Vielleicht ist er Herrick nicht entgangen, der als „nidulus fornieis inferius“ bei der Eidechse einen Zellhaufen beschreibt — loco eit. —, welcher zwar der Lage nach unserem Mamillare entspricht, in den aber keine Fornixfasern verfolgt werden konnten und zu dem kein Tr thalamo-mamillaris zieht. Frontal und etwas dorsal sollen noch zwei weitere Zellansammlungen liegen, über deren Faserbeziehungen auch nichts ermittelt ist. In der Gegend, welche als Mamillaria bezeichnet wurde, liegen die Zellen etwas dichter und haben auch, wie Golgi-Präparate zeigen, spezifische Stellung der Dendriten. Diese sind alle lateral gerichtet, die Zellen liegen medialwärts. Ihre Achsencylinder konnte ich immer nur auf eine ganz kurze Strecke von der Zelle weg verfolgen. Im ganzen lälst die Trennung eines Mamillare vom Tubergewebe bei den Reptilien noch zu wünschen übrig. a. Fornix. Taf. II, Fig. 3. Taf. III, Fig. 2. S. besonders die Tafeln von Heft 3. Ursprung und Zusammensetzung des Fornix sind in Heft 3 geschildert. Caudal von der Commissura anterior ziehen seine Fasern, nur bei gröfseren Arten zu leicht erkennbarem markhaltigem Bündel geeint, ventrocaudalwärts in die Gegend des caudalen Tuberabschnittes. Der Tracetus cortico-mamillaris des Fornix ist bei den meisten Reptilien sehr dünn, bei einigen sogar marklos, so sah ich ihn z. B. bei einer ausgewachsenen Tropidonotus. Bei anderen Schlangen aber und besonders bei grolsen Eidechsen, weniger sicher bei den Cheloniern, ist er dick und kann ganz wohl bis in die Mamillaria verfolgt werden. Hier sehe ich — Varanus — seine Fasern zu gutem Teile kreuzen. * Die Kreuzung — Decussatio fornieis — bildet einen Teil der Decussatio retroinfundibularis. — 193 — b. Tractus thalamo-mamillaris. Taf. II, Fig. 4, 5. Aulser den Fasern des Fornix können noch bis dicht über das Mamillare die Züge aus dem Nucleus anterior thalami verfolgt werden, welche früher als Tractus thalamo- mamillaris schon erwähnt worden sind. Ein Eintreten in das Ganglion ist nicht sicher nachzuweisen. Es liegen da ja zu vielerlei dünne Züge und alle bestehen nur aus wenig Fäserchen. So ist eine ganz sichere Verfolgung nicht möglich. Namentlich lälst sich nicht ganz sicher sagen, was im Mamillare wirklich endet und was über dasselbe hinaus in die Decussatio retroinfundibularis zieht. Gerade für die Mehrzahl der Fornixbündel ist das wahrscheinlich. ec. Traetus tegmento-mamillaris. Taf. II, Fig. 1. Aus der Gegend des Mamillare entwickelt sich, besonders deutlich bei den Schlangen und den grolsen Eidechsen, ein dünnes Bündel. Es überschreitet ventral von den Fasern der Decussatio retroinfundibularis und lateral von deren Mittelstück die Grenze des Zwischenhirnes und tritt an die ventrale Seite des Haubenwulstes, dicht dorsal vom Ganglion interpedunculare. Seine durch ihr Kaliber wohl abscheidbaren Fasern können bis in das Niveau der Trochleariskreuzung verfolgt werden, wo sie sich dann, schon nicht mehr ganz ventral liegend, innerhalb der massenhaften Längsfasern an der Oblongatabasis verlieren. Ob aus diesem Bündel Fasern in den ventralsten Ab- schnitt der Decussatio retroinfundibularis gelangen, das lälst sich nicht sicher sagen. d. Traetus strio-mamillaris. Es ist wahrscheinlich, dals von der aus dem Striatum kommenden Faserung zum Tuber ein Teil im Mamillare endet. Tr. isthmo-striatus. Taf. I, Fig. 3 u.4. Wallenberg hat nachgewiesen, dals bei Vögeln ein Faserzug, welcher genau gleich gelagert ist wie der in Figur 3 und 4 der Tafel I, aus dem Ganglion isthmi des Hinterhirnes frontalwärts bis in das Striatum verfolgt werden kann. Ob er wirklich im erstgenannten Ganglion entspringt, blieb unsicher. Das in den Abbildungen so bezeichnete Bündel ist frontalwärts bis in die Radiatio strio-thalamica zu verfolgen, caudalwärts geht es innerhalb der Mittelhirnfaserung der ein- fachen Verfolgung verloren. DerNachweisistWallenberg aufdegenerativemWege gelungen 3. Ganglion eectomamillare. Ventraler und dorsaler Zug aus dem- stellbieingaTaRE 1. Ri! 6, Datz IN, Bier 57 Oak Rie2122,6,, 7. Lateral vom Mamillare liegt ein zuweilen über das Niveau des Hypothalamus nach aulsen vorragender Kern grolser Zellen, der von einem sehr dichten Plexus markhaltiger Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX 95 — 194 — Fasern durchzogen und übersponnen ist. Dieses Gebilde, das mir schon vor 12 Jahren bei meinen Untersuchungen über das Reptiliengehirn bekannt war, ist, wie ich nachher sah, längst von Bellonci als Nucleus peduncularis beschrieben. Es tritt aus ihm frontalwärts ein mächtiges Bündel dicker Markfasern, das in horizontalem Zuge an der Aufsenseite des Tuber einherziehend bald an die ventrale Seite des vom Mittelhirn hier herabziehenden Traetus optieus gelangt. Mit ihm geht es in das Chiasma ein. Deshalb habe ich den Zug früher als ventrale Opticuswurzel beschrieben. Für die Reptilien steht ja noch der einzig schlagende Beweis, derjenige durch die Degenerationsmethode aus, ich habe aber oben, bei der Beschreibung des Sehnerven gezeigt, dals dieser Beweis bei Vögeln erbracht werden konnte. Es ist mir, das mag hier erwähnt werden bei Reptilien trotz vieler Versuche — an Schildkröten und Eidechsen — nie gelungen, so präzise Degenerationsbilder mit der Marchimethode zu erhalten, wie man sie an Fischen, Vögeln und Säugern bekommt. Vielleicht habe ich den richtigen Zeitpunkt noch nicht er- mittelt, in welchem die Zerfallprodukte der Nerven durch Überosmiumsäure zu schwärzen sind, Ich betrachte fast alle hirnanatomischen Ergebnisse, welche nicht degenerativ festgelegt sind, nur als provisorische, welche solcher Feststellung bedürfen. Noch nicht gesehen bisher sind dann Fasern, die aus dem Eetomamillare ent- springend dorsal und medialwärts in den Basalabschnitt des Mittelhirnes treten und da ver- loren gehen. Manchmal mochte es scheinen, als gelange dieser fächerförmig in der ganzen Breite des Ganglions entspringende Zug, der sich bald zum Stile sammelt bis in den Nucleus praetectalis, Fig. 5, Taf. I. Wahrscheinlich existiert auch eine Querverbindung beider Ecto- mamillaris. Fig. 6, Taf. I. Das Ganglion könnte dem Luys’schen Corpus hypothalamicum der Säuger entsprechen 4. Man kann im Hypothalamus noch einigeanderekleinere Ganglien abschneiden, doch ist mir dies nicht jedesmal gleich sicher bei jeder Art gelungen. Am sichersten scheint mir der Nucleus hypothalamieus. Es ist ein Kern, der in den frontalsten Ebenen des Haubenwulstes beiderseits nahe der Mittellinie liegt. Er hat medial noch einen kleinzelligen, anderen langgestreckten Kern, aus dem Fasern in das dorsale Längsbündel aufsteigen. Dieser letztere gehört zu den- jenigen, welche am frühesten markhaltige Fasern — hier also solche zum dorsalen Längs- bündel — entsenden. Der Nucleus hypothalamicus wird aber auch schon sehr frühe von mächtigen, markfaserhaltigen Zügen umsponnen, die über die Mittellinie eine Verbindung zwischen beiden Kernen herstellen. Diese Verbindung soll als Deeussatiohypothalamica bezeichnet werden. Sie bildet einen Abschnitt der Decussatio retroinfundibularis. s — 19 — 5. Passierende Fasern, Fasern des zentr. Höhlengrau. Taf. II, Fig. 3u. 4, ty, WOK Iar Br Le Durchzogen wird der Hypothalamus von Fasern zur Decussatio transversa, von Zügen des Strio-thalamieus und etwas weiter medial von den ventralsten Teilen der Thalamusschleife. Mitten durch das zentrale Höhlengrau verlaufen zwei Systeme. Ein stark- faseriges gehört den Fibrae ansulatae an, die dorsal vom Chiasma in spitzer Schlinge kreuzen, ein feinfaseriges entwickelt sich aus den frontalsten Teilen des zentralen Höhlen- grau, um dann in diesem rückwärts und basalwärts zu ziehen. Erst im Bereiche des Mittel- hirnes geht es der Verfolgung verloren. 6. Decussatio retroinfundibularis. Taf. I, Fig. 6, Taf. II, Fig. 1, 2, 3, 4, Tara Shie2 226,7: Der einzelnen Bestandteile dieser gelegentlich recht mächtigen Kreuzung ist nun mehrfach gedacht. Es erübrigt aber doch noch die Kreuzung als Ganzes zu betrachten. Ihre Auseinanderlegung in Fasern mehrfachen Ursprunges hat sehr viel Mühe gemacht und ich glaube auch jetzt noch nicht, dals alle Elemente erkannt und abgeschieden sind. Die Kreuzung an der Hinterwand des Infundibulums ist bei den verschiedenen Arten verschieden stark entwickelt. Namentlich kommt in Betracht, wie stark der Fornix entwickelt ist. Bei marklosem oder faserarmem Fornix ist sie immer nur sehr schwach. Innerhalb dieser bei allen Wirbeltieren nachweisbaren Kreuzung verlaufen bei den Reptilien Züge, die aus dem Vorderhirn und dem Thalamus stammen und solche, welche der Haube des Mittel- und Nachhirnes angehören. Als Typus für die Beschreibung dienen ältere Exemplare von Varanus, von denen drei Sagittalschnittserien, eine Horizontal- und eine Frontalschnittserie vorliegen. Taf. IL, Fig. 3. Hier zeigt sich, dals dieganze caudale Wand des Trichters und des ihm seitlich angelagerten Mamillare von einer einzigen mächtigen Kreuzungsschicht bedeckt ist. Diese steht fast senkrecht im Schädelraum und wird durch die Sattelspalte von den austretenden Oculomot.-Wurzeln getrennt. Vom ventralsten Punkte des Trichters, dicht über dem Abgange des Infundibulum bis dorsal vom Oculomotoriusursprunge, also bis in das zentrale Grau, das den Haubenwulst überkleidet, erstrecken sich bei dem Varanus, aber auch bei anderen grofsen Eidechsen, Lacerta ocellata z. B., eine lange Reihe von Kreuzungen. Man kann sie zweckmälsig in mindestens drei Abschnitte zerlegen. Ihre (Gesamtheit soll als Decussatio retroinfundibularis bezeichnet werden. — 05 — 1. Der ventrale Abschnitt enthält zum mindesten Fasern aus drei Zügen. Es kreuzen hier die Traetus laterales tuberis aus den Seitenteilen des Tuber, s. 0. Ich vermisse sie bei Zumenis, oder kann sie doch nicht mit Sicherheit hier von anderen horizontalen Fasern im Tuber (Traetus strio-infundibularis) trennen. 2. die medialsten Fasern der dorsalen Längsbündel. Ihre Kreuzung bei Säugern dorsal vom Mamillare hat auch Kölliker gefunden. Sie ist nicht bei allen Arten von mir gefunden worden, aber doch immer da, wo die Schnittrichtung oder die lückenlose Serie einen Nachweis überhaupt gestatteten. 3. Der mächtige oben beschriebene Zug aus dem Thalamus. Bei Zamenis ist er das stärkste Bündel in der ganzen Deecussatio retroinfundibularis. Der mittlere Abschnitt entspricht dem Recessus mamillaris, resp. dessen Rückwand. 4. Hier kreuzen Teile des Tractus cortico-mamillaris fornieis (?). 5. Bündel aus dem Ganglion hypothalamicum. Der dorsale Abschnitt gehört eigentlich schon nicht mehr der Decussatio retro- infundibularis an, denn seine Fasern verlaufen im Frontalabschnitt des Haubenwulstes, aller- dings direkt dorsal von jener Kreuzung und in Kontinuität mitihr. Die Fasern stammen zu geringem Teile aus dem tiefen Marke des Mittelhirndaches, zu gröfserem aus dem zentralen Höhlengrau. Hinter der Deeussatio retroinfundibularis liegen im Haubenwulst noch eine gauze Reihe anderer Kreuzungen, die bis weithin in die Oblongata hinabreichen, ja ziemlich ohne Grenze in deren Raphe und in die Commissura ventralis des Rückenmarkes verfolgt werden können. Es ist hier nicht der Ort, genauer auf diese einzugehen, doch bietet es immerhin Interesse, wenigstens bis zu dem caudal vom Oculomotoriusaustritte gelegenen Corpus interpedunculare hin einmal die wichtigeren Kreuzungen festzulegen. Ihr ganzes System wurde früher mehrfach als Commissura ansulata bezeichnet. Heute kann ich davon vielerlei Züge abscheiden. Eine grofse Lacerta ocellata, von der eine gute Frontalserie vorliegt, der kein Schnitt fehlt, mag als Ausgangspunkt dienen. 1. Ganz frontal, auf Schnitten, die in die Ebene der frontalsten Fasern der Commissura posterior fallen, die Kreuzungszüge No. 1—3 der Decussatio retroinfundibularis, 2. Etwas weiter caudal: Kreuzung der Fornixanteile und der Fasern aus dem Corpus hypothalamicum, Spur weiter caudal: Nur ganz dorsal in der dünnen Platte, welche hier umbiegend den Ventrikel von der Sattelspalte trennt, die zartfaserigen Kreuzungszüge aus dem zentralen Höhlengran. 3. Mitte des Oculomotoriusaustrittes: Mächtige Kreuzungen des tiefen Markes aus dem Mittelhirn- - dache. Man kann, wie ich in der 5. Auflage meiner „Vorlesungen“ gezeigt, auch bei Reptilien mehrere Faserarten abschneiden. Dorsal davon eine feinfaserige Kreuzung im Höhlengrau des Aquaeductus. 4. Region des Ganglion interpedunculare: Ventral: Deeussatio der Traet. thalamo-pedunculares im Ganglion. Darüber: Commissura ansulata, zumeist wohl Deecuss. des lat. Bdl. d. tiefen Markes. Darüber: Bindearmkreuzung, nur wenige Fasern verschwinden fast in der darüber liegenden, aus sehr starken Fasern bestehenden Kreuzung d. Oculomotoriuswurzeln. Diese stammen aus dem dorsolateralen Kerne der Nerven. Man kann einen ventrolat. und einen dorsaleren K. wohl unterscheiden. Darüber: Commissur feiner Fasern im Bodengrau des Aquaeduetus. > Tafelerklärung. Da die Namen der Tierarten, ebenso wie die Namen der Züge und Hirnteile immer beigeschrieben sind, erübrigt es nur die Schnittführung zu bezeichnen, welcher die einzelnen Präparate entstammen. Tafel 1. Fig. 1—5. Frontalschnitte. Horizontalschnitt durch eine ca. einjährige Eidechse. Tafel 11. „ 1-5. Sagittalschnitte. Frontalschnitt. Tafel IL. 1, 2, 6 Frontalschnitte, 3 und 4 fast horizontale Schrägschnitte, 5 Sagittalschnitt, B2] 7 Horizontalschnitt. —— Eu Hr > — AUG, WEISBROD, FRANKFURT A, M«, BUCHGASSE 3. BEN; Be a Ar 3 Ye a Br Eee A re ee B5 u RN ur Ben +. ie a. 1 ee et 2» Wr a ar nr: lan Kabel En Mi Ei Li u 3 DR A v Kie, f Dr t ar IMEEliE f u Mi 4 Ka u, 3 BA, nah TI. en EN ATRERI as. 1m oe ml, Aare EEE EEUTE au a, az fi, BR Kan! Al BrUNe Ink "rare bh FR BE a. 1 Dee Me : TE EN 12 Ber ne - A ee ea a { (m ee EEE AR Ei x N en. IM, 2 2 Ws Mr He ui NONE .. “ 2 N | BR r. ml ATc, | RER A Fr En. AM 3 Bi L erlistainger I . - Re RR Ren ‘ ji a > Pdienipnfe- fi; 3 I) Ik nd > Kr u ‘ a Yin 2a ü N fi un res el 2 in I; u ne uk 127 5) Mae Ze N aniashz DRAER RR DEREN M are beit IR a Br er in u an, ai hans LI ee ae Diana up } E h uk, nur 13 Y Fr» EEE TE AN) ne. 3 f j , un Pin bi’ Wr ine Rn Br il 7 Mr; rad j ’ i E FRE EN FOR) Mr ar, PB Bar Erb . # u u « FR KA ar rc Al i ug Re * ( Pa = # a a er f BUT N » er j 5 . H t g 5 De: BER EU ,- y . u 1 N 4 1, LE © f 4 DE ! # u j a ZN DNA j AB ra ENTATETN Pr Au v Pa I - F j 5 ’ B nr DIRT: @ R i - ni Br a > & j PL? “ ae h) f w N A E. C For r s f, r 1 5 “ Emo.‘ . ir i f Abhandl.d.Senckenb.naturf Gesellsch. - L. Edinger Tall. Fig.2. Varanus Sento-mes. "Dectrsvsa Nrot. 7 Eansıl “Fornix Nncl.nraet-- 3 Genie.nost.- -Rad.thalam. ren N Zl Strio-thal. re 5 : Si -& Isthmo-striat. Strio-thalam. : &isthmo-striat! is.neri nel. str griseı tr: M BR > Varanus Fig. 4. Varanus Fig.5. Chelone Ggl.hab--- Tr:hab. nedune.. Trhabned.--4% Ggl.& Tr sento-mes, Gentc.dor: Taenta --- MESENC. A -Nrot. Trthal. -F-Rad.stno-thal. , ; ; 1or Tr ısthmo-striat. ; a de u Ont.Wı Tr isthmo-striat N 4 b u ER, ‘Bas. Urz. Tr: isthmo-struat. Flong.dors. Decuss.trsva DEdinger del ns ee Abhandl.d.Senckenb.naturf Gesellsch. L.Edinger Taf, Fig.d. Zamenis „Fasc.long.dors. — Nucl. Nr irz.d.tief' Markes — Ir haben.ned. Ti haben. Ka ö Corp.intert De cIhalamı Dors LBäl. Tr thal ventr Fig.ö. Fig.2 Taenia rot. Th. Tr. habenulo-neduncul Varanus Zamenis Ggl. hab. „Co,post.hab - Co,nost Tr ' | N .. (orp.gen.dors. haben-ned ..- E N 5 > = N. rob.-—. BT Co.ant: 200, Vrot Med.ont-- => 2 Tr. opt. Nucl.ant. --{orm.gen.ventr: Tr strio- Dec.trsv. thal. O4 Fig.6. Ont. ventr. Au ıga tor /ä Jugendlich Fig. 4. Chelone Fig.3. Zamenis mesencenh. N \ u N AN; | Een 2 Lam.med.inf: Dec. irsısa. ” Trthalmam j Kern d.d.I,gsbals. '; ! Zs DecH.LBl. Dec Eindearm SEEN E ö Aus reg. ag ectom. ‚Rad. thalam. Tr:thalzınam. Z.Dec.retroinf. Nnel. nraetect DEdinger ael u Abhandl.d. Senckenb.niturf Gesellsch. L. Edinger. Tat. ERTEISCUMSTHSSIDENINTLTTITRITTLUNTITGGEE N ann ea ET TR ar? DEEP u Fig.l. Varanus tief Mark —— Co.nost. "Nnraetect. Fig.3- “ Decretroinf‘ Chelone &Tr strio-thal. Dec. | if az \ N eclomam Geni cost. "Ventr: Ont. ze Fornix &Strro-mam. Strio-thal. & Dec.retroinf: Fig.7. Lacesta A hasma 6gl. zn mamillare \Dee.trsr. Nzibr. ans Fig.6. Fig.#. Lacerta Chelone ae: 9,1jci Der japanische Lackbaum, Rhus vernicifera DO. Eine morphologisch-anatomische Studie von M. Möbius. Mit 1 Tafel und 29 Abbildungen im Text P1441: 572 War Der japanische Lackbaum, Rhus vernicifera DC. Eine morphologisch -anatomische Studie von M. Möbius. Mit 1 Tafel und 29 Abbildungen im Text. Die genauere anatomische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchung einer Pflanzen- art scheint mir nicht ohne Wert zu sein und in mehrfacher Weise Nutzen zu bringen. Zu- nächst sehen wir, wie weit sich auch in diesem Falle die allgemeinen Regeln bestätigen, zu welchen die Organographie aus den früheren Beobachtungen gelangt ist, sodann wird durch eine solche monographische Bearbeitung fast immer der eine oder andere, wenn auch kleine Beitrag zur Erweiterung der allgemeinen Anatomie, Morphologie oder eines anderen Faches geliefert werden, und schlielslich dient eine solche Untersuchung auch systematischen Zwecken, indem sie zeigt, wie weit für die betreffende Art zutrifft, was man für die Gattung oder Familie für charakteristisch hält. Von diesem Gesichtspunkte aus würde es ohne Bedeutung sein, welche Pflanzenart man zur monographischen Bearbeitung auswählt, ebenso berechtigt würde es sein, eine sehr häufige Pflanzenart als eine sehr seltene genau zu untersuchen, besonders werden sich auch die Nutzpflanzen zu diesem Zwecke empfehlen, bei denen es doch schon in den meisten Fällen erforderlich ist, den Bau der besonders zur Verwendung kommenden Teile eingehend zu studieren, um sie möglichst zweckmälsig auszunutzen; die Kenntnis der übrigen Teile bietet dann eine wünschenswerte Ergänzung und Vervollständigung. 26* —, Sy So sind denn auch mehrere Nutzpflanzen, wie Hopfen, Gerste, Tabak, in allen Teilen gut untersucht und beschrieben worden. Äufsere Gründe geben schliefslich den Ausschlag für die Wahl der Pflanzenart, nämlich die Beschäftigung mit den Produkten der Pflanze oder die Verfügung über reichliches Material oder, was die Regel sein wird, beides. Da mir nun in dem Frankfurter botanischen Garten, von dem in mehrfacher Hinsicht interessanten japanischen Lackbaum (Rhus vernieifera DC.) ein Material an fruchtbaren Bäumen zur Ver- fügung steht, wie es sich wohl nirgends sonst in Deutschland findet, so wurde ich hierdurch geradezu aufgefordert, diesen Baum genauer zu studieren und seinen Aufbau, die Struktur seiner einzelnen Teile und deren Entwicklung zu beschreiben, nachdem ich als vorläufige Mitteilung die Bildung des Wachses in dem Mesocarp der Früchte beschrieben habe (Lit. 55).! Auch dürfte es erwünscht sein, von dem Baum und seinen wesentlichen Teilen korrekte Ab- bildungen zu geben, denn mir wenigstens sind aulser der alten (1712) und ziemlich mangel- haften Abbildung von Kaempfer (Lit. 1) und einer neueren photographischen Darstellung des Habitus (Lit. 57) keine bekannt, abgesehen von den Abbildungen der Frucht und ihren Teilen in dem Werk Gaertners (Lit. 4) und der Abhandlung A. Meyers (Lit. 18). Hinsichtlich dessen, was über den japanischen Lackbaum im allgemeinen und die im Frankfurter botanischen Garten kultivierten Exemplare bereits geschrieben worden ist, kann ich auf das am Schluls gegebene Litteraturverzeichnis verweisen, für dessen Voll- ständigkeit ich allerdings nicht bürgen kann: ich habe zusammengestellt, was ich an An- gaben gefunden habe und verweise auch auf die von Arthur Meyer (Lit. 18, p. 101) zusammengestellten 38 Zitate. Aufser der oben genannten Arbeit von Arthur Meyer und der Beschreibung von Rein (Lit. 36) kommen die Angaben von Engler (Lit. 33) für die Spezies im allgemeinen am meisten in Betracht. Die folgende Darstellung bezieht sich also auf die im hiesigen Garten kultivierten Exemplare, die teils direkt aus Japan stammen, teils aus hier geernteten Früchten gezogen sind. Die ältesten Bäume sind jetzt, im Jahre 1899, bereits 22 Jahre alt. Über ihre Her- kunft und ihre Entwicklung in der ersten Zeit hat 18851 Geyler berichtet (Lit. 27). Die Höhe von 14 in einer Reihe stehenden Bäumen beträgt nach meinen, im Frühjahr 1898 angestellten Messungen S—11 m, der Stammumfang in Brusthöhe 41—66 cm. Den letzten kalten Winter 1894/95 haben die Pflanzen ebensogut wie die früheren überstanden. Von Beobachtungen, die sich auf die Kultur des Baumes beziehen, wäre hier vielleicht noch mit- ı Diese Angaben beziehen sich auf das am Schluls der Arbeit zusammengestellte Litteratur- Verzeichnis. zuteilen, dals im Jahre 1890 mehrere der 205 — aus der ersten Saat stammenden Bäume versetzt wurden und diese Operation sehr gut vertragen haben, wonach wohl anzunehmen ist, dals überhaupt bei dieser Pflanze auch ältere Bäume ohne Schaden versetzt werden können. Wir können uns also nun zur Darstellung der an den Pflanzen des hiesigen Gartens ge- PURE ll’ N \ \ 2. Einjährige Keimpflanze im Herbst; die Keim- blätter und ersten Laubblätter sind abgefallen. ?/s der natürl. Gröfse machten Beobachtungen wenden und beginnen mit der Keimung und erstenEntwicklung derKeim- lingspflanzen. Die Samen kei- N men im Frühjahr nach der Reifung ne Schwierig- a A onnenBchwierig 1. Keimung. I, II. Beginn keit und es ent- der Keimung. III. Normaler Keimling mit 2 Keimblätt- chen. IV. Keimling mit 3 weilen Keimlinge im Keimblättchen. V.Spitze eines wickeln sich auch bis- Garten aus den abge- älteren Keimlings mit 2 Keim- blättehen und den 2 ersten fallenenFrüchten. Nach Laubblättehen. dem Heraustreten des Eiagderanathrliräise, Würzelchens aus der Fruchtschale wächst es rasch in die Erde hinein, darauf beginnt sich auch das hypocotyle Glied zu strecken, es richtet sich auf und zieht dabei die flach aufeinander liegenden Keimblätter aus der Frucht- und Samenschale heraus (Fig. 1, I-III). Dieselben breiten sich aus und erreichen eine Länge von 2 em, sie sind verkehrt eiförmig und ganzrandig. Nicht selten treten auch Keimlinge mit 3 Keimblättern auf, wenigstens beobachtete ich dies in einer 1897 ge- machten Aussaat in Töpfen (Fig. 1, IV). Bald darauf schiebt sich auch die Knospe des Sprosses aus dem Winkel der Kotyledonen heraus und werden die ersten Laubblätter entfaltet; sie sind noch einfach, lanzettförmig, ganzrandig und kaum länger — 206 — als die Keimblätter (Fig. 1, V). Erst das dritte oder vierte Laubblatt ist gefiedert und solcher Blätter bringt die Pflanze im ersten Jahre etwa 5 hervor, sie besitzen aber nur ein Paar von Fiederblättcehen undein Endblättchen (Fig. 2). Besonders auffallend ist, dals diese Fieder- blättchen der Blätter des ersten Jahres einen gesägten Rand besitzen; manchmal tritt nur ein Sägezahn auf jeder Seite auf, an den grölseren Blättchen finden sich gewöhnlich 2, 3 oder 4 Zähne; das Endblättchen, als das grölste, ist stärker gesägt als die Seitenblättchen. Die Zähne sind scharf zugespitzt und der Einschnitt des Blattes vor den Zähnen bildet ebenfalls einen scharfen Winkel: das Ende eines jeden Blättchens ist wie bei den späteren Laub- blättern in eine längere Spitze, die man jetzt als Träufelspitze zu bezeichnen pflegt, aus- gezogen. Diese Form der ersten Blättchen mit gesägtem Rande ist vielleicht phylogenetisch zu deuten, durch die Annahme, dals Rhus vernicifera mit ganzrandigen Fiederblättern von einer Art mit gesägten Fiederblättern abstammt, geradeso wie die Acacia-Arten mit Phyllodien ihre Abstammung von Arten mit gefiederten Blättern durch das Auftreten ge- fiederter, nicht auf Phyllodien reduzierter Erstlingsblätter, anzeigen. Vom biologischen Standpunkte könnte man dagegen sagen, dals das Auftreten von Zähnen am Rande der jungen Fiederblätter gewissermalsen einen Ersatz für die geringe Anzahl der Fiederblättchen, in die das ganze Blatt geteilt ist, bietet.‘ Im zweiten Jahre tritt an den neuen Blättern Zahnbildung am Rande nicht mehr oder nur ganz vereinzelt auf. Die 1897 gezogenen und ins Land gesetzten Keimpflanzen bildeten bis zum Herbste desselben Jahres ca. 12 cm hohe, dünne, verholzte, natürlich noch unver- zweigte Stämmcehen, die ihre Blätter zu gleicher Zeit wie die grofsen Bäume verloren. Das Würzelchen des Keimlings ist zur Pfahlwurzel geworden, welche schwache Seitenwurzeln getrieben hat. Die Blätter des zweiten Jahres sind schon stärker gefiedert, es sind nämlich an den gröfseren Blättern 3 Paare von Fiederblättchen vorhanden, die, wie schon erwähnt, ganzrandig sind, und in ihrer Gestalt denen der Blätter an den Bäumen gleichen, aber be- ı Die Keimpflanzen von Rhus succedanea, welehe Art ebenfalls ganzrandige Fiederblättchen besitzt, scheint auch gesägte Blätter zu bilden, wie A. Meyer (Lit. 18, p. 109) angiebt, indem er sagt: „Eigen- tümlicher Weise zeigt eines der Exemplare, welche in Frankfurt aus Samen gezogen sind, die Herr Professor Rein vom deutschen Konsul in Nagasaki erhalten hat, völlig gesägte Blätter, während bei einem zweiten, dessen Aussehen ganz mit dem Herbariumexemplare stimmt, nur an den Blättern eines kleinen Seitenzweiges einzelne deutliche Sägezähne auftreten. Vielleicht schwinden die Zähne in älteren Wachstumsstadien (?). Jedenfalls wäre es interessant, dieses Verhältnis einmal näher ins Auge zu fassen, da man schon 1859 aus Samen, die in einer Kiste mit Japantalg gefunden waren, eine Pflanze mit gesägt-gezähnten Blättern erhielt, als man sie im Regentspark in London ausgesäet hatte.“ deutend kleiner sind. Eine kräftige, aber nicht besonders grolse, zweijährige Keimpflanze zeigte im Anfang Oktober folgende Verhältnisse: der Stamm war 33 cm hoch, wovon ca. 20 cm auf den diesjährigen Trieb kommen und trug 12 Blätter, von denen das siebente am grölsten, nämlich von dem Ansatz bis zur Spitze des Endblättchens 40 cm lang war, das sechste und achte fast ebenso grofs waren. Die drei untersten Blätter hatten sich zu dieser Zeit schon gelb gefärbt. Der Zuwachs des Stammes wird also nach dem ersten Jahre be- trächtlicher und vom dritten, seltener schon vom zweiten Jahre an beginnt auch Verzweigung einzutreten. Wir wollen aber die Entwicklung der jungen Pflanzen nicht ins Einzelne von Jahr zu Jahr verfolgen, was umsoweniger notwendig ist, als bereits Geyler (Lit. 27) über die Wachstumsverhältnisse des Lackbaums in den ersten Lebensjahren berichtet hat. Wir wenden uns den Verhältnissen der zum Baume erwachsenen Pflanze zu und untersuchen erst ihre vegatativen Teile und sodann ihre Blüten und Früchte. Morphologie von Stamm und Blatt. Durch seinen geraden Stamm, seine breite kuppelförmige Krone und seine reiche Belaubung bietet der Lackbaum einen erfreu- lichen Anblick und kann als ein schöner Baum und eine Zierde des Gartens bezeichnet werden: er erinnert an den Götterbaum, Ailanthus glandulosa. Die männlichen und weib- lichen Exemplare sind in Höhe und Stärke nicht verschieden, allein sie sind im Habitus, be- sonders gut im entlaubten Zustande daran zu unterscheiden, dals die männlichen Bäume etwas sparriger verzweigt sind, indem die Hauptäste einen gröfseren Winkel mit dem durch- gehenden Hauptstamm bilden, sich also etwas flacher ausbreiten. An unseren Exemplaren beginnt die Ver- zweigung der Krone 7 bis 12 Fuls über dem Erdboden, die Stämme haben, nach der oben erwähnten Messung in Brusthöhe einen Umfang von 41—66 cm, also einen Durchmesser von etwa 13—30 cm. Der Stamm ist ziemlich zylindrisch und durch die Borkenbildung wird die Oberfläche nicht sehr unregelmälsig, da die Borke der Länge des Stammes nach in kurzen dünnen Stücken abblättert. Die Rinde ist bräunlichgrau, von Längsfurchen durchzogen und mit Querreihen von warzenähnlichen Gebilden, den Lenticellen besetzt (Fig. 3). Die Krone 3. Ein Stammstück, um die Borke zu zeigen zeigt einen etagenförmigen Aufbau und wie aus dem Bild des Baumes im winterlichen Zustand ersichtlich L/» d. nat. Grölse. ist (Taf. I, Fig. 1), eine grobe Verästelung ohne Auflösung in eine feine Verzweigung: eine der- artige Erscheinung bieten die meisten Bäume mit grolsen geteilten Blättern, wie z. B. Ailanthus glandulosa, Juglans-Arten und Aesculus hippocastanum. Die Bildung der Krone hängt natürlich von der Stärke des Zuwachses an den ein- zelnen Trieben, der Zahl und Stellung der Seitenäste an dem austreibenden Hauptast und dem Verhältnis zwischen dem Wachstum von Haupt- und Nebenästen ab. Man kann dies an einem austreibenden stärkeren Aste des Lackbaumes sehr schön studieren (Fig. 4) und schon der winterliche Zustand zeigt deutlich die Wachs- tumsweise: Die starke Endknospe zeigt den monopodialen Aufbau an, während die Seitentriebe in den Achseln der obersten Blattnarben angelegt sind. Die Winterknospen unterhalb der Endknospe entwickeln einige wenige Seiten- zweige, an denen in dem „Jahre ihrer Entstehung noch keine Blüten gebildet werden. Durch das Austreiben der Endknospe dagegen verlängert sich der Haupttrieb und an diesem Zuwachsstück werden etwa ein Dutzend Blätter ge- bildet, von denen die meisten in ihren Achseln Blütenrispen entwickeln; hierbei verhalten sich die männlichen und weib- lichen Exemplare etwas verschieden, wie weiter unten noch genauer beschrieben werden wird. Bei den Stockausschlägen und den von der Spitze der Hauptäste entfernter stehenden Zweigen bleiben auch die Zuwachstriebe aus den Endknospen blütenlos; ebenso natürlich an den jungen Pflanzen, bevor sie in das Alter der Blühbarkeit gelangt sind. Dafür ist an den jungen Pflanzen und an den Stockauschlägen der 4. I. Spitze eines Zweiges aus der Zuwachs aus der Endknospe auch im allgemeinen bedeuten- Krone im winterlichen Zustand. £ . & a—b: Trieb des Jahres 1895, b bis zur der, als an den Zweigen der Krone an grölseren Bäumen: A . HH} Spitze: Trieb des Jahres 1896. an den Stockausschlägen kann sich der Haupttrieb in einem II. Die Endknospe desselben Zweiges von unten gesehen, III. Entfaltung der End- knospe (21. IV. 1897). ?/s d. nat. Gröfse. jst der Zuwachs manchmal nur gering und richtet sich Jahre z. B. um 54 cm verlängern (1897). An den Zweigen ı Nach Rein (Lit. 36, p. 187) fruktifizieren die Bäume in Japan vom achten Jahre an. In Frank- furt trugen sie 1886 die ersten Früchte, also im neunten Jahre. — 209 — nach der Witterung des Sommers, in dem der Austrieb erfolgt; er beträgt in warmen und sonnigen Sommern mehr als das doppelte als wie in kühlen und feuchten, so z. B. an dem in Fig. 4, I, dargestellten Sprols, ist das untere, 1895 gebildete, Zuwachsstück ca. 12 cm, das obere, 1896 gebildete, ca. 6 cm lang. Die Knospen brechen Ende April (1397) oder Anfang Mai (1895) auf; die äulsersten Knospenschuppen werden bald abgeworfen und später auch die nächsten Blattgebilde, welche Übergänge zwischen Knospenschuppen und Laubblättern darstellen, indem auf einem verbreiterten Basalteile ein rudimentäres Fiederblatt sitzt (Fig. 4, ID). Es ist dies dieselbe Erscheinung, wie man sie an anderen Bäumen mit grolsen gefiederten Blättern beobachten kann, z. B. an Ailanthus glandulosa und Juglans- Arten, Es bilden sich also an einem Triebe 10—12 normale Laubblätter aus, die in ca. sechs Wochen ihre volle Grölse erreichen. Die Blätter stehen in spiraliger Stellung einer höheren Reihe, wahrscheinlich in °/sı-Stellung. Die Blattspindel sitzt mit breiter Basis an, so dals sie beim Abfallen eine dreieckige oder schwach herzförmig gestaltete Narbe hinterlälst; über der Ansatzstelle zeigt die Blatt- spindel eine starke Anschwellung, ein Gelenkpolster, in welchem ein nachträgliches, ungleich- seitiges Wachstum stattfinden kann, um die Blattflächen in eine günstige Lichtlage zu bringen, wie ich es an anderer Stelle (Lit. 59) ausführlicher beschrieben habe (Taf. I, Fig. 2). Diese Anschwellung, welche ca. 8 mm dick ist, erstreckt sich auf ca. 1 cm, von da an verjüngt sich die Spindel auf die Hälfte dieser Stärke. Das ganze Blatt (Taf. I, Fig. 3) von der Ansatzstelle der Spindel bis zur Spitze des Endblattes gemessen, wird 50—60 cm lang. Die Spindel trägt 11 oder 13 Fiederblätter, die mit einem sehr kurzen, oft kaum erkennbaren Stiele ansitzen; die seitlichen Fieder- blätter sind 15—20 cm lang, das Endblatt sonst von derselben Beschaffenheit wie jene, ist manchmal etwas kleiner, häufiger aber grölser als dieselben und wird bis 27 cm lang. Der grölste Breitendurchmesser beträgt etwa ein Drittel des Längendurchmessers, nur bei den Wasserreisern sind die Fiederblätter breiter, manchmal °/s so breit wie lang, und überhaupt, was ja auch an anderen Bäumen eine gewöhnliche Erscheinung ist, etwas gröfser. Die Fiederblätter sind ganzrandig und ihre Gestalt ist eiförmig; am Grunde sind sie etwas ver- schmälert, am oberen Ende in eine deutliche Spitze (sogen. Träufelspitze) ausgezogen. Von dem Mittelnerven entspringen jederseits 10—12 Seitennerven in einem Winkel von ca. 60°, die im Bogen nach dem Rande verlaufen und sich hier in feinere Nerven auflösen, die Nerven dritter Ordnung gehen hauptsächlich von der äufseren Seite derer zweiter Ordnung aus. Abhandl. d. Senckenb. natnrf. Ges. Bd. XX. 27 — 210 — Fig. 5 zeigt besser als die Beschreibung die Gestalt und Nervatur eines Fiederblattes. Einen Unterschied von Sonnen- und Schatten- blättern konnte ich äufserlich so wenig wie anatomisch bemerken. Das ganze Blatt ist in der Jugend mit feinen weichen Haaren besetzt, die aber am ausgebildeten Blatte mehr oder weniger ver- trocknet, zum Teil auch abgefallen sind. Die Unterseite ist etwas matter gefärbt als die tiefgrüne Oberseite. Gegen Ende September beginnt die herbstliche Verfärbung der Blätter; die meisten nehmen dabei eine strohgelbe Farbe an, nur einzelne und zwar besonders solche an den Stockausschlägen zeigen eine schöne Rötung, indem burgunderrote Streifen zwischen den Seitennerven auftreten, während der übrige anfangs noch grüne Teil später braungelb wird.' Ungefähr einen Monat nach Eintritt der Verfärbung, also gegen Ende Oktober, in einzelnen Jahren auch später, haben die Bäume ihr Laub gröfstenteils ab- 5. Eine Blattfieder mit An- gabe der Nervatur. 2/; der natürl. Gröfse. es lösen sich zuerst die Fiederblätter durch eine an ihrer Basis geworfen. Die Blätter fallen entweder gleich vollständig ab oder auftretende Trennungszone von der Blattspindel, die dann noch kurze Zeit am Baume ver- bleibt und sich dann am Grunde des Blattpolsters sehr glatt und sauber vom Zweige trennt. Ein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Bäumen ist in Hinsicht auf die Belaubung und den Blattfall nicht zu bemerken. In der Anatomie von Stamm und Blatt beginnen wir zweckmälsiger Weise mit dem letzteren, weil dieses, als ein sein Wachstum bald abschliefsendes Organ, die ein- facheren Verhältnisse zeigt. Dabei müssen wir aber die verschiedenen Teile des Blattes ge- sondert betrachten, nämlich die Battspindel, deren polsterförmig verdickten unteren Teil, den Stiel und die Spreite der einzelnen Fiederblätter. Die anatomischen Verhältnisse des Gelenk- polsters und der Blattspindel habe ich an anderer, oben schon zitierter Stelle (Lit. 59) be- schrieben, wobei es darauf ankam, zu zeigen, wie der ungleiche anatomische Bau beider Teile ihren verschiedenartigen Funktionen, nämlich das im allgemeinen dünnwandige, von ı Wie ich hier gleich bemerken will, beruht die Rotfärbung solcher Blätter auf dem Auftreten eines roten Zellsaftes in den Pallisadenzellen und in vereinzelten Zellen des übrigen Mesophylis, während die Oberhautzellen farblos bleiben. — 2ll — vielen dünnen Gefälsbündeln durchzogene Gewebe des Gelenkpolsters seiner Biegungs- fähigkeit, das teilweise sclerenchymatische Gewebe mit seinen weniger zahlreichen, aber in einen festen Ring geordneten Gefälsbündeln in der Blattspindel deren Biegungs- festigkeit entspricht. Der Vollständigkeit wegen wiederhole ich hier die dort gegebene Beschreibung: Der Querschnitt durch das Gelenkpolster, Fig. 61, ist nach unten etwa halbkreisförmig begrenzt, die obere Be- grenzungslinie zeigt in der Mitte eine schwache Einbiegung nach unten. Unter der kleinzelligen Epidermis finden wir 2—3 Lagen quergestreckter, schwach collenchymatisch verdickter Zellen und dann eine breite Collenchymzone, die allmählich in das dünnwandige Grundgewebe übergeht, in dem die zahlreichen einzelnen Gefälsbündel in einer ungefähr der äulseren Um- ‚ A ee Ed ; grenzung parallel verlaufenden Linie angeordnet sind. Es sind „ ı Quemehnitk durch das über 40 Gefälsbündel, abwechselnd kleinere und grölsere, letztere Gelenkpolster der Blattspindel mit Angabe der Gefälsbündel und Harzgänge. II. Querschnitt Das innere Grundgewebe oder Mark wird von einem grolszelligen, durch die Blattspindel selbst: x Xylem, ph Phloem, s Selerenchymbelege, die kleinen sehr kleine, dreieckige Intercellularräume auftreten. Kreise sind die Harzgänge. etwas weiter nach aulsen geschoben, bis fast an das Collenchym. dünnwandigen Parenchym gebildet, zwischen dessen Zellen nur Die Gefälsbündel sind durch breite Markstrahlen voneinander getrennt. Nur die Holzgefälse haben verdickte Wände, sonst besteht alles Gewebe, abgesehen von dem äufseren Collenchym, aus dünnwandigen Zellen. Jedes Gefälsbündel führt im Phloem einen Harzgang, die gröfseren Bündel werden auch auf der inneren Seite von je einem Harzgang begleitet und auf der unteren Hälfte des Polsterquerschnittes finden sich auch einzelne Harzgänge frei im Mark. Das ganze Grundgewebe ist sehr reich an grofsen Drusen, neben denen auch grolse Einzelkrystalle auftreten. Der Querschnitt der Blattspindel (Fig. 6 II) zeigt in seinem Umrifs nicht die Einbuchtung auf der oberen Seite, ist aber nach unten gleichfalls stark gewölbt, sein Durch- messer ist nur etwa halb so grols, wie der des Gelenkpolsters (vor dem ersten Fiederpaare 3—4 mm, während der Querdurchmesser des Polsters über 8 mm beträgt). Die Epidermis besitzt hier Spaltöffnungen, während solche am Gelenkpolster fehlen. Unter der Epidermis liegt zunächst eine Collenchymschicht von 3—4 Lagen, sie wird aber stellenweise durch das darunter liegende, aus dünnwandigen Zellen bestehende Assimilations- 27* — Aa gewebe unterbrochen. Auf letzteres folgt nach innen eine mehrschichtige Lage quer- gestreckter, radial zusammengedrückter, stark collenchymatisch verdickter Zellen und nach innen wird die Rinde durch eine ringsum geschlossene Stärkescheide be- grenzt. Die Gefälsbündel bilden ebenfalls einen geschlossenen Ring, die Xylemzellen mit Einschluls derer der schmalen Markstrahlen haben dicke und verholzte Wände. Das Phloem bildet einen schmalen Ring, den primären Phloemteilen entspricht ein grölserer Harzgang und um jeden derselben herum liegt nach aufsen eine breite sichel- förmige Gruppe von Bastfasern. Diese Selerenchymbelege reichen bis an die erwähnte Stärkescheide und stolsen seit- lich aneinander oder sind höchstens durch einige wenige, dünnwandige Zellen getrennt. Das von dem, aus Bastfaserbelegen und Xylem bestehenden Festigungsring umschlossene Mark nimmt den bei weitem grölsten Teil des Querschnittes ein und besteht aus dünnwandigen Zellen, die wenige Intercellularen zwischen sich lassen; in diesem Gewebe finden sich auch einzelne Harzgänge. Krystalldrusen kommen auch vor, aber bei weitem nicht so reichlich wie im Gelenkpolster. Ein Querschnitt durch den Stiel des einzelnen Fiederblattes (Fig. 7” D) zeigt folgende Verhältnisse. Der Umrils ist annähernd halbkreisförmig mit der Wölbung nach unten, die obere Begrenzung ist aber nicht gerade, sondern zeigt zwei Einsenkungen, die von zwei Furchen auf der oberen Seite des Blattstieles herrühren; die mittlere Erhebung zwischen diesen beiden Furchen ist am stärksten. Die Gefälsbündel sind rings um ein kleines dünnwandiges Markgewebe verteilt und zwar so, dals den drei Erhebungen auf der Oberseite drei grölsere von je einem grolsen Harzgange begleitete Gefälsbündel entsprechen und ebenfalls drei derartige Bündel nach der Wölbung der Unterseite zu liegen, zu beiden Seiten der medianen Bündel liegen noch kleinere Bündel mit kleineren Harzgängen. Bast- faserbelege wie in der Blattspindel, sind bei den Gefälsbündeln des Einzelblattstiels nicht entwickelt. Die Rinde ist breit und grölstenteils collenchymatisch; das Collenchym ist am stärksten unter dem mittleren Vorsprung, in den oberen Ecken, auf der Mitte der Unter- seite und in der Mitte auf jeder der beiden Seiten; seine Zellen nehmen nach aufsen an Grölse ab. In Rinde und Mark, besonders in ersterer, sind sehr viele Drusen und Einzel- krystalle vorhanden; markständige Harzgänge kommen hier gar nicht mehr vor. Wie man sieht, ist also der anatomische Bau des Einzelblattstieles wesentlich anders als der in der Hauptspindel und steht ungefähr in der Mitte zwischen diesem und dem des Gelenkpolsters. — 213 — Die Blattspreite ist sehr einfach gebaut. Wir sehen auf dem Querschnitte durch dieselbe (Fig. 7 II) das Pallisadenparenchym, das etwa ein Drittel von der ganzen Dicke des Mesophylis einnimmt, sich ziemlich scharf gegen das Schwammparenchym abheben, das aus ca. 5 Zellenlagen besteht und grolse Intercellularen zwischen den unregel- mälsig gestalteten und mit ihren vorspringenden Teilen verbundenen Zellen besitzt. Eine Veränderung in diesen Verhältnissen, je nachdem die Blätter stärker der Sonne exponirt sind oder mehr im Schatten stehen, habe ich, wie schon oben erwähnt, nicht bemerkt. Zellen mit Krystall- drusen kommen sowohlim Schwammgewebe, wieim Pallisaden- parenchym vor: in diesem sind sie manchmal fast so hoch, dabei aber bedeutend breiter, wie die Assimilationszellen (Fig. S D. Die Epidermis der Oberseite besteht aus flachen, mit buchtigen Wänden ineinander gefügten Zellen 7. I. Querschnitt durch den Stiel des einzelnen Fiederblattes. II. Querschnitt durch die Mittel- rippe und angrenzenden Teile. x Xylem, ph Phloem mit Harzgängen, ce Collenchym, g farbloses Grund- gewebe, e Epidermis, p Pallisaden- parenchym, s Schwammparenchym. und besitzt einzelne Spaltöffnungen. Die Epidermiszellen 8. I. Querschnitt durch die Oberseite der Blattspreite mit einer Krystallzelle im Pallisaden- parenchym. II. Querschnitt durch die Unterseite der Blattspreite mit einer Spaltöffnung. III. Epidermis mit einem Köpfchen- und einem Borstenhaar. ' auf der Blattunterseite haben eine ähnliche Gestalt, sind aber beträcht- lich kleiner und auch niedriger. Die Spaltöffnungen (Fig. 8 II) sind auf der Unterseite viel häufiger und ziemlich gleichmälsig über die Blattfläche verstreut, abgesehen natürlich von den Stellen, wo die Nerven verlaufen. Der Querschnitt zeigt deutlich, dafs die Schlielszellen etwas über das Niveau der anderen Epidermiszellen erhoben sind; durch zwei Cuticular- leisten, die im Querschnitt als Hörnchen erscheinen, wird ein kleiner Vorhof gebildet; ein Hinterhof fehlt und der Spalt führt direkt in die ziemlich grolse Atemhöhle. Der Bau des Blattes und ganz besonders der der Spaltöffnungen, deutet auf eine hygrophile Lebensweise und wirklich sind die Blätter sehr empfindlich gegen Verdunstung, sodals man einen abgeschnittenen Zweig kaum aus dem Garten in das Haus bringen kann, ohne ein beginnendes Schlaffwerden der Blätter zu bemerken, worüber ich mich oft gewundert habe. — Von Haaren kommen zwei Sorten vor, nämlich mehrzellige, einreihige Borstenhaare mit derben Wänden, die besonders auf der Unterseite, wo die Nerven verlaufen und vereinzelt auch auf der Oberseite an entsprechender — au Stelle auftreten, und zweitens Keulenhaare mit einzelligem Stiele und mehrzelligem Köpfchen, die auf der Unterseite zwischen den Nerven stehen (Fig. 7 II). — Die kleineren Nerven enthalten ein Gefälsbündel mit einem grolsen Harzgang; über und unter dem Bündel ist das gewöhnliche Mesophyli durch farbloses, collenchymatisches Grundgewebe unterbrochen. Ein Querschnitt durch die Mittelrippe (Fig. 7 II) zeigt einen kleinen, steilgewölbten Vorsprung nach oben und eine grolse flache Vorwölbung nach unten. Dem ersteren entspricht ein Gefälsbündel, dessen Phloemteil mit dem Harzgang nach oben gewendet ist, der letzteren entspricht ein ganzer Bogen von seitlich aneinanderstolsenden Gefälsbündeln, deren Phloem- teile mit den Harzgängen in normaler Weise nach unten gewendet sind. Unter diesem Bogen ist noch ein grolses farbloses Grundgewebe vorhanden, dessen an die Epidermis angrenzende Zellen collenchymatisch verdickt sind und das viele Krystalldrusen enthält. Der obere Vor- sprung wird auch grölstenteils von Collenchym ausgefüllt, das sich auf beiden Seiten noch ein kurzes Stück als ein Hypoderma zwischen die Epidermis und das Assimilationsgewebe einschiebt. Die Keimblätter zeigen im wesentlichen denselben Bau wie die ausgewachsenen Blätter der Laubkrone, jedoch ist auch die zweite Schicht des Mesophylis noch fast pallisaden- artig ausgebildet. Die Spaltöffnungen treten auf der Oberseite nur vereinzelt auf, sind auf der Unterseite häufig, ragen aber nicht über die anderen Epidermiszellen hervor. Die Gefäfsbündel sind klein und verlaufen unter dem Pallisadenparenchym, ohne dafs dieses und das Schwammparenchym in den Nerven ganz durch farbloses Gewebe unterbrochen wird. Auch in der Mittelrippe ist nur ein, jedoch etwas grölseres Gefälsbündel vorhanden. Der Stiel des Keimblattes hingegen enthält 2 grölsere, nebeneinanderliegende und von je einem Harzgang begleitete Gefälsbündel und ein kleineres zwischen diesen beiden. Die beiden Paare der aus den Cotyledonen kommenden grolsen Bündel bilden dann die vier grolsen Stränge, die auf dem Querschnitt durch das hypocotyle Glied als die Ecken eines Recht- eckes auftreten, wie noch zu beschreiben sein wird. Einen ganz anderen Bau als die grünen Blätter zeigen die Knospenschuppen an den Winterknospen. Im Querschnitt durch ein solches Schuppenblatt (Fig. 9) erscheint die Oberseite als eine gerade Linie, die Unterseite dagegen stark gewölbt, an den seitlichen Kanten stolsen diese beiden Linien in sehr spitzen Winkeln zusammen. Auf der Oberseite trägt die Epidermis keine Haare, aber auf der Unterseite ist durchschnittlich jede zweite Zelle (im Querschnitt gesehen) in ein langes, mehrzelliges, dickwandiges Borstenhaar aus- gewachsen. Die äulsersten Schichten unter der Epidermis sind schwach collenchymatisch,. — 215 — das übrige Grundparenchym ist dünnwandig und lacunös. Die Gefälsbündel sind auf der unteren Seite in einen Halbkreis, auf der oberen Seite in eine gerade Linie angeordnet, die diesen Halbkreis abschlielst. Wie im Stamm sind alle die zahlreich vorhandenen Gefäls- bündel mitihren Xylemteilen der Mitte zugewendet und jedes führt in seinem Phloemteil einen grofsen Harzgang (Fig. 10). Das Xylem besteht, abgesehen von den innersten Elementen, unter denen auch enge Ring- und Spiralgefälse auftreten, im Querschnitt gesehen aus ziemlich gleich grofsen, teils dick-, 9. Querschnitt durch eine Knospenschuppe der Winter- knospe mit Angabe der Gefäls- bialen Thätigkeit entsprechende Reihen angeordnet sind. Die bündel und Harzgänge und der Haare auf der Unterseite. teils dünnwandigen Elementen, die in regelmälsige, der cam- Betrachtung des Längsschnittes zeigt, dals die diekwandigen Elemente kurze Tracheiden sind mit sehr enger Spiralverdickung der Längswände und unverdickten, horizontal oder schief stehenden Querwänden, während die dünnwandigen Elemente ihr Aussehen wenig geändert haben, sich also als kurze unverdickte Holz- parenchymzellen darstellen. Auflser den grolsen Harzgängen in den Phloemteilen der Gefälsbündel sind noch zahlreiche kleinere in dem markartigen Grundgewebe vorhanden und je zwei neben- einander, oben in jeder Ecke aulserhalb der Gefälsbündelzone. Auch viele Krystalldrusen finden sich zerstreut in gewissen Zellen des Grundgewebes, während die anderen Zellen desselben kleinkörnige Stärke führen. Anatomie des Stammes. Hier können wir von dem 10. Ein einzelnes Gefäls- bündel aus Fig. 9. Stamme der Keimpflanze ausgehen und untersuchen zunächst eine solche, deren erstes Blatt sich gerade entwickelt. Ein Querschnitt durch den Stengel ober- halb der beiden Keimblätter zeigt uns einen Ring von ca. einem Dutzend grölserer und kleinerer Gefäfsbündel, die ein enges, aus dünnwandigen, parenchymatischen Zellen be- stehendes Mark umgeben. Von ähnlicher Beschaffenheit wie dieses ist der gröfste Teil der primären Rinde; nur die äufsersten 2—3 Zelllagen sind schwach collenchymatisch verdickt. Die Epidermis besteht aus kleinen, im Querschnitt annähernd quadratischen, von aufsen gesehen polygonalen Zellen, deren Aulsenwand etwas vorgewölbt ist. Die Bündel sind durch eine ringsum laufende Cambiumzone verbunden, im übrigen aber gesondert; in den grölseren sind schon mehrere Holzgefälse zu erkennen, während in den kleineren das Xylem noch — 2l6 — nicht weiter differenziert ist. Im Phloem eines jeden Bündels aber liegt ein verhältnis- mälsig grolser Harzgang und so sehen wir, wie frühzeitig hier diese Sekretionsorgane aus- gebildet werden, doch sind sie zunächst auf diese Stellen, nämlich je einer in jeder primären Phloemgruppe, beschränkt. Wenn sich aber mit dem Wachstum des Keimlings und der Ver- mehrung der Blätter das Mark erweitert und sich die Anzahl der den Kreis bildenden Gefälsbündel vergrölsert, treten auch markständige Harzgänge auf, die in ihrer Lage teils wiederum Beziehungen zu den Gefälsbündeln zeigen, indem sie auf der Innenseite der grölseren, weiter in das Mark vorspringenden Gefäfsbündel liegen, teils weiter innen im Marke ohne sichtbare Beziehung zu den Gefälsbündeln auftreten. Auf dem Querschnitte durch den oberen Teil einer einjährigen Keimpflanze, die bereits in die winterliche Ruheperiode ein- getreten war, zählte ich 14 markständige Harzgänge an der Innenseite der grölseren Gefäls- bündel und nur 3 weiter im Innern des Markes liegende. Das Vorkommen markständiger Harzgänge bei Rhus vernicifera ist insofern bemerkenswert, als die Arten von Rhus sich hierin verschieden verhalten. Jadin' führt 18 Arten der Gattung an, die mit mark- ständigen Harzgängen versehen sind, gegenüber 9 Arten, die derselben entbehren. Derselbe Autor hat auch gezeigt, dals die Angaben Engler’s (Lit. 23, p. 390 und 395) über die be- treffenden Verhältnisse unzutreffend sind, sodafs wir darauf nicht weiter einzugehen brauchen. — Bis zum Abschlufs der ersten Periode des Keimlingsstengels treten nun noch weitere Veränderungen auf, teils durch die Differenzierung der Gewebe, teils infolge des sekundären Dickenwachstums vom Cambium aus. Durch dessen Thätigkeit bildet sich ein ziemlich dicker geschlossener Holzring, der von einem ebenfalls geschlossenen Phloemring umgeben wird. An der Markkrone haben die äufseren kleineren Zellen des Markes dicke Wände bekommen und sind sklerenchymatisch geworden, wodurch das innere grolszellige und dünn- wandige Mark einen mehr kreisförmigen Umrils erhält. Ferner haben sich vor den primären Phloemteilen, resp. vor den in ihnen enthaltenen Harzgängen Gruppen sklerenchymatischer, faserförmiger Zellen ausgebildet, die sich mehr oder weniger deutlich zu im Querschnitt sichelförmigen Belegen vereinigen. In der primären Rinde sehen wir zahlreiche Drusen von oxalsaurem Kalk auftreten und die Zellen, entsprechend der Dehnung der Rinde durch den vergrölserten Holzring, tangential gestreckt und vielfach radial geteilt. Die collenchymatische Verdickung in den äufseren Lagen ist eine viel beträchtlichere, als in dem jungen, oben ge- schilderten Zustande. Die Epidermis ist gröfstenteils durch Kork ersetzt, nur in dem ! Recherches sur la structure et les affinit&s des Tör&binthacees. (Annales des sciences naturelles. Botanique. Ser, VII, T. 19 [1894], p. 42). — 2117 — obersten Stammteile noch ringsum erhalten. Der Kork entsteht aus der ersten oder zweiten Rindenschicht unter der Epidermis und zwar scheint es, dals, wie so häufig auch bei anderen Holzgewächsen, die erste, also äufserste Rindenlage, eigentlich die korkbildende ist, dals sie aber bisweilen, nachdem die erste tangentiale Wand in ihren Zellen aufgetreten ist, die weiteren Teilungen aufgiebt und die Korkbildung der zweiten Schicht von aulsen überlälst. So zeigt uns Fig. 11 eine Stelle, wo rechts in > al der ersten, links in der zweiten Schicht von aulsen die tangen- tialen Teilungen, durch die der Kork entsteht, auftreten; der 0088 IS ANZ) Schnitt ist durch den obersten Teil der einjährigen Keimpflanze 11. Querschnitt durch geführt. Unter den vereinzelten Spaltöffnungen, diein der Epidermis Benin Seren Teils Teines einjährigen Stammes: auftreten, bilden sich Lenticellen aus. Beginn der Korkbildung. Im zweiten Jahre erzeugt das Cambium einen neuen breiten Holzring und einen ebenfalls ziemlich breiten Ring von sekundärem Phloem, durch letzteren werden die primären Phloemgruppen und die Bastfasergruppen in tangentialer Richtung auseinander gedrängt, sodals die primären Bündel in ihren äufseren Teilen nicht mehr so scharf markiert sind. In dem Phloem des zweiten Jahres treten auch neue Harzgänge auf. Dieselben liegen weder in radialen noch in tangentialen Reihen, werden aber so angeleet, dals sie annähernd gleiche Abstände voneinander haben, also die zuerst im sekundären Phloem entstehenden, in der Mitte zwischen zwei primär gebildeten auftreten und in entsprechender Weise die folgenden, allerdings nicht in ganz regelmälsiger Weise. Neue Bastfasern werden in der sekundären Rinde nicht gebildet. Die Epidermis ist jetzt fast ganz abgestolsen und durch Kork ersetzt. In dieser Weise geht also die Entwicklung des Stammes weiter; Veränderungen und Neubildungen, die noch später auftreten, sollen weiter unten erwähnt werden. Wir wollen zunächst noch mit der Entwicklung der Gewebe am Stamm des Keimlings die an den austreibenden Zweigen der Krone vergleichen. Hier ist von vornherein ein mächtiges Meristem am Vegetationspunkt vorhanden, sodals sich gleich ein viel weiteres Mark und eine grölsere Anzahl von Gefälsbündeln ausbildet, ferner differenziert sich auch gleich das Collenchym und Selerenchym in grölserem Umfange als beim dünnen Stamm des Keimlings. Fast die ganze primäre Rinde wird schon am einjährigen, austreibenden Zweige collenchymatisch und die äufseren Schichten bekommen sehr stark verdickte Zellen. Vor den primären Phloemteilen und ihren Harzgängen bilden sich starke, sichelförmige, mehrere Lagen dicke Belege von Sclerenchymfasern, die ebenfalls sehr dickwandig werden. 17 [0°] Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. Das Bild des Querschnittes (Fig. 12) wird dadurch der in Englers Bearbeitung der Anacar- LAEETTIEITEITTT a tH diaceae (Lit. 43) gegebenen Abbildung des Quer- schnittes durch einen jungen Zweig von Rhus glabra L. ziemlich ähnlich, nur ist bei Rh. vernicifera keine zusammenhängende Scelerenchymzone wie dort vorhanden, sondern die erwähnten Sclerenchym- belege sind durch mindestens eine Lage dünn- wandiger Rindenzellen voneinander getrennt. 12. Querschnitt durch einen einjährigen Trieb Ferner ist zu erwähnen, dals bereits im sekun- nach Abschluls der Vegetationsperiode: k Kork, ce Collenchym, pr. R. primäre Rinde, Sel Selerenchymbelege, H Harzgänge desprimären gebildet werden, sodals bei Abschluls des ersten Ka en Zah Jahres schon 2 Ringe von Harzgängen im Phloem krone, ın. H. markständige Harzgänge, M. Mark. vorhanden sind. Gerbstoff ist in der Rinde reich- dären Phloem des ersten Jahres neue Harzgänge lich vorhanden, besonders in den, die Sklerenchymbelege von aulsen begrenzenden Zellen und in einzelnen anderen der primären Rinde, sowie in den Rindenmarkstrahlen. Die Gerbstoff führenden Zellen besitzen aber keine andere Gestalt als die übrigen Parenchymzellen der Rinde. Die Bildung des Holzes unterscheidet sich von der in der Keimpflanze dadurch, dals der erste Jahresring verhältnismälsig schmäler entwickelt wird. Die Gefälse des Früh- jahrsholzes aber viel weiter sind und sogleich ein grölserer Unterschied zwischen diesen und denen des Herbstes auftritt. Im Mark wird eine grölsere Anzahl von Harzgängen angelegt, besonders an der Peripherie desselben, wo die äulsersten wiederum auf demselben Radius wie die primären Gefälsbündel liegen; in der Mitte des Markes sind wenige Harzgänge in unregelmälsiger Lage vorhanden. Häufig werden diese Gänge im Querschnitt etwas schief durchschnitten, weil sie nicht genau in der Längsrichtung, sondern sowohl tangential wie radial schief verlaufen. Schon beim Abschluls des ersten Jahres bildet sich eine Sklerenchym- scheide um jeden Harzgang aus, (Fig. 13) deren Zellen länger als breit, aber nicht faser- förmig sind, sondern als echte Parenchymzellen mit queren Wänden aufeinander stehen. Über die Histologie der einzelnen Teile des älteren Stammes, Mark, Holz und Rinde ist nun noch folgendes zu bemerken. — 219 — Die Markzellen sind polygonal und schlielsen dicht aneinander, sie sind breiter als hoch, sodals also ihr Längs- durchmesser der kleinste ist, ihre Wände sind schwach ver- diekt und mit zahlreichen einfachen Tüpfeln versehen, nur die an der Peripherie liegenden kleineren Markzellen haben stärker verdickte Wände (Fig. 14). Die Markzellen ent- halten meistenteils keine besonderen Inhaltskörper, nur vereinzelte kleine Drusen von oxalsaurem Kalk kommen vor; auch Stärke findet sich im Mark nur spärlich und zwar nur in den die Harzgänge und ihre Scheiden umgebenden Zellen, rs EindieszEntzeange; auch dann, wenn die sekundären I. Anlage eines solchen dicht unter dem Vegetationspunkt eines aus- Markstrahlen reich an Stärke eibendeng Zweieesipll- Aus ‚dem! ‚| sind... mDiewWStärkekornenk sind oberen Teil eines einjährigen Keim- lines. IH. Aus einem vierjährigen Klein und einfach. Gerbstofl- ,, Mark im Längsschnitt; Zweige. schläuche, welche nach Engler links die Markkrone. (Lit. 23) im Mark der Anacardiaceen reichlich auftreten und bei allen von ihm unter- suchten Rhus-Arten auch gefunden’ wurden'!, scheinen hier vollständig zu fehlen, wenigstens sind weder besondere longitudinal gestreckte Zellen oder Zellenzüge, in denen der Gerbstoff vorkommen soll, vorhanden, noch gelang es mir überhaupt eine Reaktion auf Gerbstoff, zu erhalten, wie sie in den Rindenzellen sich ergiebt, abgesehen von den Epithelzellen der Harzgänge. Die Hauptmasse des Holzes besteht aus einfach getüpfelten Faserzellen, welche eine Länge von 300—500 « besitzen; sie sind im Querschnitt, da sie in deutlichen Reihen liegen, rechteckig begrenzt, die engeren und diekwandigeren Zellen des Herbstholzes führen Stärke, während die weiteren und dünnwandigeren des Frühlingsholzes leer erscheinen. Parenchymatische Zellen ‘finden sich nur in unmittelbarer Umgebung der Gefälse, wenn wir das Markstrahlparenchym als eigenes Gewebe betrachten. Die Gefälse sind an den Quer- " Bei Rhus coriaria L., die ich zur Vergleichung untersuchte, treten die Gerbstoffschläuche im Marke deutlich hervor, indem ihre schmalen und langgestreckten Zellen sich auch ohne Färbung des Inhaltes deutlich von den in die Breite gezogenen, sie umgebenden Markzellen abheben. Bei dieser Art fehlen Harz- gänge im Marke; dals aber in demselben Harzgänge und Gerbstoffschläuche zugleich vorkommen künnen, zeigt, nach Engler, das Verhalten von Rhus abyssinica Hochst. 28* wänden einfach durchbrochen, sodals von der meistens schwach geneigten Querwand nur ein schmaler Ring zurückbleibt. Die weiteren Gefälse sind netz- oder spaltenförmig verdickt, indem die unverdickten Stellen in die Quere gestreckte Maschen darstellen, wo aber die ver- dickten Stellen den unverdickten gegenüber breiter werden, entsteht eine porenförmige Ver- dickung des Gefälses. Stellenweise sind auch die Gefälswände mit gehöften Poren versehen, die so dicht nebeneinander stehen, dals die Ränder der Porenhöfe einen mehr oder weniger polygonalen Umrils annehmen; dabei sind die innere und äulsere Mündung eines Porus schlitz- förmig und sie stehen meistens zueinander gekreuzt. Die engeren Gefälse sind ebenfalls poren-, netz- oder spaltenförmig verdickt; zu der letztgenannten Art gehören auch solche, die sehr schmale, dicht gestellte Verdickungsleisten haben und dadurch Spiralgefälsen mit sehr flachen, feinen und dicht stehenden Spiralverdickungen ähnlich sehen. In älteren Jahresringen werden die weiten Gefälse mit Thyllen ausgefüllt; es scheint aber, dals die Zeit, wann dies geschieht, keine bestimmte ist, denn während ich an einem Aste schon im vorletzten Jahresring Thyllen und im drittletzten die weiten Gefälse ganz damit gefüllt fand, sind bei anderen Ästen erst in viel weiter innen liegenden Jahresringen Thyllen zu bemerken. Die Markstrahlen des Holzes sind in der Regel einreihig, seltener und nur strecken- weise zweireihig; im tangentialen Längsschnitt sind sie drei bis zwanzig Zellen hoch, im radialen Längsschnitt gesehen sind ihre Zellen, wie bei den meisten Holzgewächsen, in radialer Richtung gestreckt und wie die Steine einer Mauer aneinander gefügt; die Wände ihrer Zellen sind nur mälsig verdickt und ihre Lumina mit Stärke gefüllt. Bat nm Der Unterschied zwischen Herbst- und Frühjahrs- lei) RL e Ni Yu An holz beruht teils auf der Ungleichheit der Holzfaserzellen, teils auf der der Gefälse und zwarsind die ersteren im Frühjahr grölser, dünnwandiger und etwas radial gestreckt, wäh- rend sie nach der äufseren Grenze des Jahresringes zu kleiner, diekwandiger und radial abgeplattet werden; die Gefälse sind im Früh- 16. Querschnitt durch die Jahresringe eines sechsjährigen Astes, . q Grenze des1. und 2. Jahresringes bei C das Cambium, Schwache Vergr. reicher, im Herbstholz enger an einem 6 jährigen Aste. 15. Querschnitt durch die 3 letzten jahrshozl weiter und zahl- —_— 21 — und spärlicher, wie es das mit dem Zeichenapparat entworfene Bild, Fig. 15 zeigt, während Fig. 16 ein kleines Stück von der Jahresringgrenze stärker vergrölsert darstellt. Die Breite der Jahresringe schwankt, nach Messungen an einem sechszehnjährigan Stammstück, je nach den verschieden Stellen zwischen 1,5 und 6 mm. Ferner haben wir noch zu betrachten den Unterschied zwischen Kern- und Splint- holz; das innere Holz färbt sich nämlich gelb bis braungelb. Dieser Farbstoff kann durch Kochen mit Wasser oder durch einfaches Übergielsen der Kernholzspähne mit Alkohol aus- gezogen werden. Die wässerige Lösung ist mehr bräunlich gefärbt, fast wie Madeirawein, während die alkoholische Lösung mehr die Färbung eines gewöhnlichen Weilsweines hat; die letztere hält sich lange Zeit unverändert, während die erstere allmählich dunkler wird. Es handelt sich hier wahrscheinlich um denselben oder einen ähnlichen Farbstoff, wie ihn das sogenannte Gelb- oder Fisetholz besitzt, das von der verwandten Art Rhus cotinus L. (Cotinus coggygria Scop.) gewonnen wird. Der Farbstoff ist natürlich an die Membranen der Holzzellen gebunden, die auch unter dem Mikroskop goldgelb erscheinen und durch Kali eine braune Farbe annehmen. Es bleibt uns jetzt noch einiges über die Rinde zu sagen übrig und zwar ist hier zunächst als eine Neubildung die Entstehung von Steinzellen zu erwähnen, die der Regel nach erst in mehrjährigen Trieben beginnt. Die Steinzellen entstehen einzeln oder in kleinen Gruppen zuerst an der inneren Grenze des peripherischen Collenchyms, also in der primären Rinde durch Umwandlung gewöhnlicher Parenchymzellen, die ihre Wände soweit verdicken, dafs nur noch ein spaltenförmiges Lumen mit verzweigten Porenkanälen übrig bleibt, ohne dafs sich aber dabei die äufsere Form der Zellen verändert. Vermutlich wandert das zur Wandverdickung nötige Kohlehydrat in Verbindung mit Kalk an die betreffenden Stellen und der nach der Umsetzung des Zuckers in Cellulose in Menge überschülsig werdende Kalk wird als oxalsaurer Kalk unschädlich gemacht, der meistens in Form grolser rhombischer Einzelkrystalle in den die Steinzellen umgebenden, dünnwandigen Parenchym- zellen niedergeschlagen wird. Auch aus den Produkten des Korkcambiums können Stein- zellen entstehen und zwar sowohl aus den nach aufsen abgeschiedenen Zellen, also im eigent- lichen Periderm, als auch aus den nach innen abgeschiedenen, also im Phelloderm, das frei- lich nur in geringem Malse produziert wird: auch dann führen die neben den Steinzellen liegenden Zellen grolse Einzelkrystalle. Schliefslich bilden sich auch Steinzellen aus dem Parenchym des sekundären Phloems aus, wenn die primäre Rinde und die primären Phloem- teile durch die Borkenbildung abgeworfen sind: sie sind dann die einzigen diekwandigen — 0a Elemente auflserhalb der Cambiumzone und bilden unter dem Kork grölsere Nester, die von Zellen mit Einzelkrystallen umgeben sind. Dies ist umsomehr bemerkenswert, als der oxal- saure Kalk, an dem die Rinde mit zunehmendem Alter des Stammes immer reicher wird, sonst in Form kleiner Drusen ausgebildet ist, die in kleinen, durch Querfächerung einer langgestreckten Parenchymzelle entstehenden Zellen, also reihenweise übereinander, liegen und geradezu massenhaft vorkommen. Als zweiten Gegenstand haben wir in der Rinde die beständige Neubildung von Harzgängen (Fig. 17) und die Verstopfung der älteren durch eine Art Thyllenbildung zu erwähnen. Auf einem Querschnitt durch die Rinde eines älteren Stammes, der die primäre Rinde bereits abgeworfen hat sieht man viele Harzgänge von verschiedenartiger Form des Umrisses und ungleicher Ausdehnung: die innersten sind annähernd kreisförmig und offen, die äulseren teils kleiner und ebenfalls kreisförmig, 17. Querschnitt durch :]5 tangential in die Breite gestreckt und von bedeutend grölserem die Grenze von Xylem (X) und Phloem (P) an Umfange, besonders die letzteren sind in manchen älteren Stammteilen einem sechsjährigen durch Wucherungen des Epithels ganz oder fast ganz verstopft. Wie Aste. Ö Cambium, H ein ? neugebildeter Harz. aus Fig. sang. strecken sich bei diesem Vor- 18 zu ersehen ist, gange die Epithelzellen nach dem Zentrum des Harz- ganges zu und teilen sich hauptsächlich senkrecht zur Streckungsrichtung, sodals kurze, nach dem Zentrum konvergierende Zellreihen entstehen ; durch entsprechende Teilung der Zellen können aus einer Epithelzelle auch mehrere Zellreihen werden, während andere Epithel- zellen sich an der Streckung und Teilung nicht be- teiligen. Auf verschiedener Höhe desselben Harzganges zeigt sich natürlich ein verschiedenes Bild, sodals er an einer Stelle noch offen, an einer anderen geschlossen sein kann. Die Füllzellen sind inhaltsärmer als die umgebenden Rindenzellen und führen keine Stärke, an der die Rinde des betreffenden Stammstückes über- haupt arm war. 18. Querschnitt durch die Rinde eines alten Astes mit Thyllenbildung in dem Harzgang des sekundären Phloems. R Rest des Inhaltes im Harzgang. Sp Spalt im sekundären Markstrahl. —_— 23 — Diese Thyllenbildung in den Sekretkanälen ist ganz ähnlich derjenigen, die A. Leblois! für die Simarubee Brucea ferruginea abgebildet und beschrieben hat, während bei Anacardiaceen ein solches Verhalten noch nicht bekannt ist, soviel ich sehen kann. Eine Anzahl anderer Fälle von Thyllenbildung in intercellularen Kanälen hat Conwentz? zusammengestellt. Drittens sollen noch die sekundären Markstrahlen und die in denselben auftretenden Spalten erwähnt werden. Während nämlich, wie schon gesagt, die sekun@ären Markstrahlen im Holze gewöhnlich einreihig sind, bestehen sie im Phloem grölstenteils aus zwei, manch- mal sogar aus drei Reihen, was einfach dem Umstande entspricht, dals dem Produkte der- selben Cambiumzelle im Phloem ein breiterer, strahlenförmiger Raum zur Verfügung steht, alsim Xylem. Diese beiden Reihen sieht man nun stellenweise auf kürzere oder längere Strecken, ungefähr in der Breite einer Zellenreihe auseinanderweichen (Fig. 18 Sp.). Veranlassung hierzu giebt offenbar der tangentiale Zug, der auf die Elemente des Phloems durch das sekundäre Dickenwachstum ausgeübt wird, und es ist dabei nur anzunehmen, dals die neben- einanderliegenden Zellen aus den beiden Reihen des Markstrahls nur lose zusammenhängen, während die in radialer Richtung hintereinanderliegenden Zellen jeder Reihe in festerer Verbindung bleiben. Es kommt auch vor, dals nachträglich in den so entstehenden, mit Luft sich erfüllenden Intercellarraum aus den angrenzenden Zellen Wucherungen gebildet werden in ähnlicher Weise, wie es eben für die Thyllenbildung in den Harzgängen be- schrieben wurde. Dies ist das wichtigste, was für das Phloem oder die sekundäre Rinde zu bemerken ist; wir können höchstens noch hinzufügen, dals die Siebröhren und ihre Begleitzellen tangential verlaufende, mit den aus Parenchymzellen bestehenden Schichten alternierende ! Annales des sciences nat. Botanique. Ser. VII, T. 6 (1887), p. 297. Von Anacardiaceen ist in dieser Arbeit („Recherches sur l’origine et le developpement des canaux s6ereteurs et des poches sderötrices*) Schinus molle untersucht, das sich ähnlich wie Rhus vernicifera verhält; dort ist auch die wichtigste Litteratur über die Sekretkanäle der Anacardiaceen angegeben, nämlich: 1. Tr&cul, Des vaisseaux propres dans les Terebinthinees (Ann. sc. nat. Bot. Ser, 5, T. 7 (1867), p. 112. — 2. van Tieghem, Me&moire sur les canaux secr6teurs des plantes. (Ann. sc. nat. Bot, Ser. 5, T. 16 (1872), p. 96, Terebinthacees, p. 168). — Man vergleiche auch: A. Leblois, Production des thylles ä l’intörieur des canaux secröteurs, (Bull. de la Soc. botan, de France, 1887, T. XXIV, p. 184—187), ® Berichte der deutschen botan. Gesellsch. 1889, Bd. VII, p. (34). — Saal Bänder bilden, wie es sich z. B. bei der in den Lehrbüchern ‚so häufig behandelten Aristolochia sipho findet, und dals die Parenchymzellen Stärke, aber nur in geringem Mafse führen, während dieser Stoff hauptsächlich in den Markstrahlen abgelagert wird. Deren Zellen geben auch deutliche Reaktion auf Gerbstoff, im eigentlichen Parenchym der sekundären Rinde scheint aber nur wenig Gerbstoff gebildet zu werden.! Morphologie und Anatomie der Wurzel. Das Wurzelsystem entspricht in seiner Verzweigung der Krone, indem verhältnismälsig nur wenige, stärkere, sparrig ver- zweigte Wurzeläste gebildet werden, die das feinere Wurzelwerk tragen. Bei zweijährigen Pflanzen, die im freien Lande aufgewachsen waren, zeigte sich an mehreren Exemplaren folgendes Verhalten. Die Hauptwurzel ist gleich an ihrem Ursprung mehr oder weniger stark zur Seite gebogen und verläuft schräg nach unten ziemlich weit in die Erde, beträcht- lich länger werdend als der oberirdische Stamm. Dicht neben dem Ursprung der Haupt- wurzel haben sich einige kräftige Seitenwurzeln entwickelt, die der ersteren nur wenig an Stärke nachstehen, und oberhalb dieser stärkeren Wurzeln kommen aus dem Wurzelhals noch mehrere dünne Beiwurzeln heraus. Alle diese Wurzeln sind an ihrem oberen Verlauf ohne stärkere Wurzeläste, dagegen reichlich mit kleineren, feiner verästelten Seitenwurzeln versehen, erst weiter unten kommen dann längere und im Verhältnis zu den dünner werdenden Hauptwurzeln stärkere Seitenwurzeln, die dann wieder das feinere Wurzelwerk bilden. Dasselbe ist von schwarzer Farbe, ebenso wie die feinen Wurzelspitzen, die für die Untersuchung auf die Beschaffenheit des Vegetationspunktes recht ungeeignet sind. Auf dem Längsschnitt durch die Wurzelspitze sieht man nur den Pleromkörper schärfer begrenzt; die Calyptra ist am Scheitel nach innen nicht deutlich gegen das Dermatogen abgegrenzt und es scheint, dals sie mit demselben aus gemeinsamen Initialen hervorgeht, während das Peri- blem seine eigenen Initialen besitzt. Es wäre das also der Typus, wie ihn bekanntlich die Keimwurzel von Helianthus deutlich zeigt. Vielleicht verhält es sich aber aueh etwas anders und nicht einmal konstant; da diesen Verhältnissen weder entwicklungsgeschichtlich ı Hier will ich noch bemerken, dafs in dem Zellsaft der Rindenzellen das eigentliche Gift enthalten sein dürfte. Macht man nämlich zur Zeit, wann sich die Bäume belauben oder im Sommer, mit dem Messer einen Schnitt in die Rinde, so sieht man einen wässerigen Saft in feinen Tröpfehen heraussprühen, während erst später der dicke, anfangs milchige, sehr schnell braun und schwarz werdende Inhalt der Harzgänge hervorquillt. Wie mir Herr Obergärtner Perlefein versichert, ist es nicht der dieke Milchsaft, sondern der klare, wässerige Saft, der die Entzündungen auf der Haut hervorruft. Dieser Umstand ist jedenfalls des Interesses und der weiteren Untersuchung wert, denn ich glaube, dafs allgemein dem Milchsaft, resp. Lack, die giftige Eigenschaft zugeschrieben wird. noch systematisch eine besondere Bedeutung zuzukommen scheint, so habe ich keine sehr eingehenden Untersuchungen darüber angestellt.! Was die Anatomie der Wurzel betrifft, so zeigt ein Querschnitt durch die Haupt- wurzel des jungen Keimlings ein tetrarches Gefälsbündel (Fig. 19 ID): zwischen vier Xylem- strahlen liegen vier, mit je einem grolsen Harzgang” versehene Phloemteile, entsprechend den zwei Paaren von Gefälsbündeln, die aus den zwei Kotyledonen herunterkommen. Jeder primäre Xylemstrahl besteht aus einer Reihe von durchschnittlich 5 Gefälsen, die nur dicht oberhalb der Wurzelspitze ebensoweit nach aufsen gehen als die Phloemteile, nämlich nur solange das Pericambium noch einschichtig ist. In demselben treten aber sehr frühzeitig vor den primären Xylemstrahlen Teilungen auf, wodurch diese scheinbar nach innen zurück- gedrängt werden; trotz dieser Teilungen ist aber das Pericambium vor den Phloemteilen stärker nach aufsen gebogen (Fig. 19II). Die Schutzscheide zeigt deutlich die Caspary’schen 19]. Schematiseher Querschnitt durch die Wurzel des Keimlings mit vier Xylemstrahlen und vier Harz- gängen im Phloem. II. Ein Stück aus I stärker vergrölsert: R Rinde, S Schutzscheide, P Pericambium, H Harzgang im Phloem, X primärer Xylemstrahl. 20. Querschnitt durch die Peripherie der Wurzel mit drei Wurzelhaaren, Punkte; die Rinde ist rein parenchymatisch und besteht aus ca. 6 Lagen von Zellen, die innen am grölsten sind und nach aulsen zu allmählich kleiner werden; sie zeigen keine Reihenanordnung; die Eetodermis hebt sich weder auf dem Querschnitt noch Längsschnitt besonders hervor. Die Epidermis besteht aus, im Querschnitt fast quadratischen Zellen, deren ı Man vergleiche, was Jakob Eriksson in seiner Arbeit über das Urmeristem der Dikotylen- Wurzeln (Pringsheim’s Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik 1878, Bd. XI), über diesen Punkt sagt, p. 431. ® Die Harzgänge sind schon auf dem Querschnitt durch das Würzelchen des Keimlings im reifen Samen sichtbar, obwohl hier noch keine weitere Differenzierung der Gewebe stattgefunden hat. Die Öffnung des Harzganges ist dabei so grols wie eine der Zellen des Grundgewebes und wird von ca. 8 Epithelzellen umgeben, die etwas in den Gang hineingewölbt sind und einen das Licht stärker brechenden Inhalt als die übrigen Zellen führen. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 29 Aufsenwand stark vorgewölbt ist. Ein Teil der Epidermiszellen wächst in Wurzelhaare aus, die manchmal eigentümlich korallenartig verzweigt sind, wie es Fig. 20 zeigt. Auf- fallend ist, dafs die Membranen der Epidermiszellen und Wurzelhaare schon dicht oberhalb der Wurzelspitze eine rotbraune Farbe bekommen, wodurch eben das oben erwähnte dunkle Aussehen der Wurzel entsteht. Junge Seitenwurzeln an älteren Teilen verhalten sich im wesentlichen wie die Keim- wurzel, sie können aber auch mehr Xylemstrahlen anlegen; als höchste Zahl beobachtete ich 7 Strahlen. Auch hier werden die primären Xylemteile durch Teilungen der vor ihnen liegenden Pericambiumabschnitte nach innen geschoben. Die Caspary’schen Punkte der Schutzscheide treten weniger hervor als an der Keimwurzel, dafür sind die äufseren tangentialen Wände der Schutzscheidezellen etwas verdickt. Bei der weiteren Ausbildung der Wurzel wird nun zunächst das zentrale Gewebe sklerenchymatisch, sodals ein aus verholzten Elementen bestehender Xylemstern gebildet wird, dessen Strahlen die primären Holzgefälsreihen sind. Noch bevor das sekundäre Dicken- wachstum beginnt, bildet sich ringsum aus den Pericambiumzellen, die dicht unter der Schutzscheide liegen, ein Phellogenring aus. Derselbe erzeugt eine ziemlich dicke Kork- schicht und infolgedessen stirbt die ganze primäre Rinde samt der Schutzscheide ab. Dann entsteht das Cambium und zwar finden zuerst die zur Cambiumbildung führenden Zell- teilungen innerhalb der Phloemteile statt, dann vor den, den Xylemstrahlen aufsen an- liegenden Parenchymzellen, die ja von den Pericambiumzellen abstammen; es bleibt dabei zwischen dem sekundären Cambium und dem Phellogen an diesen Stellen noch eine schmale Schicht von indifferentem Parenchym übrig. Nachdem sich eine den primären Xylemstern rings umziehende Cambiumlage ausgebildet hat, erzeugt dieselbe nach innen sekundäres Holz, das sich ringsum gleichmälsig an das primäre ansetzt; das Cambium und die primären Phloemteile werden nach aufsen geschoben und es entsteht nun auch ein sekundäres Phloem. Das Cambium rundet sich dann bald kreisförmig ab und verhält sich nun in der Bildung von Xylem und Phloem ganz wie im Stamm und die beiden Gewebe stimmen in ihrem Baue im wesentlichen mit den entsprechenden des Stammes überein. Wie bei Holzgewächsen ge- wöhnlich, ist das Holz der Wurzel weniger fest als das des Stammes: es sind grolse Gefälse reichlicher vorhanden, die Faserzellen sind weniger stark verdickt, die Markstrahlen, deren erste vor den primären Holzstrahlen entstehen, sind breiter, nämlich gewöhnlich zwei oder auch drei Zellreihen breit. Bei einer im März abgeschnittenen Wurzel von2 cm Dicke war der letzte Holzring sehr reich an Stärke, mit der nicht nur die Markstrahlen, sondern auch die —_— 27 — Faserzellen vollgepfropft erschienen, während in den weiter innen liegenden Holzringen nur die Markstrahlen an Stärke reich waren, die Faserzellen wenig davon enthielten. Hier hatten sich auch in den Gefälsen, mit Ausnahme derer des letzten Jahresringes reichlich Thyllen gebildet, die entweder blasenförmig in das Lumen der Gefälse hineinragen oder dasselbe ganz verstopfen. In den meisten Fällen scheint es zwar, dals in den Thyllenzellen keine Teilungen eintreten, dafs aber solche auch vorkommen können, zeigt aufs deutlichste eine Zelle, wie sie in Fig. 21 abgebildet ist. Die Thyllen sind mit Stärke ganz vollgestopft. In der sekundären Rinde werden wie in der des Stammes neue Harzgänge und Steinzellen gebildet, in den Parenchymzellen werden reichlich Kalkoxalatkrystalle aus- geschieden und zwar in Form gröfserer Drusen, die sich auch in 21. Querschnitt aus dem sekundären Holz der Wurzel: ein Gefäls mit schied zwischen Einzelkrystallen, die neben den Steinzellen und Thyllen und umgebenden Zellen. unmittelbarer Nähe der Steinzellen finden: der auffallende Unter- Drusen, die in anderen besonderen Krystallbehältern enstehen, wie wir ihn in der Rinde des Stammes konstatiert haben, wird hier also merkwürdigerweise nicht eingehalten, denn die Drusen liegen in der Wurzel auch nicht in gekammerten Zellen übereinander. Die nicht Krystalle führenden Zellen waren bei der oben erwähnten Wurzel voll Stärke und diese besteht in der Wurzel, was auch für die im Holze enthaltene Stärke gilt, aus grölseren Körnern als im Stamm, die teils einfach teils aus zwei oder drei Teilkörnern zu- sammengesetzt sind. Gerbstoff ist auch in der Wurzelrinde reichlich vorhanden. Die Verstopfung der Harzgänge durch Thyllen geschieht vielleicht erst in älteren Wurzeln, als die von mir untersuchten sind; doch habe ich wenigstens den Beginn dieser Thyllenbildung in einer ziemlich dicken Wurzel vereinzelt beobachtet. Nach Besprechung der vegetativen Organe können wir uns jetzt der Beschreibung der Blüten und Früchte zuwenden und beginnen mit den morphologischen Ver- hältnissen der Blütenstände und Einzelblüten. Der Laekbaum ist streng diöcisch, wenigstens ist mir bei der Untersuchung zahl- reicher Blütenstände niemals eine einzelne männliche oder weibliche Blüte zwischen denen des andern Geschlechts vorgekommen. Die männlichen und weiblichen Bäume beginnen ziemlich zu gleicher Zeit, und zwar im hiesigen botanischen Garten gegen Ende Juni zu blühen und die Blüte dauert nur etwa 14 Tage. Trotz ihrer gelbgrünen Farbe fallen die ı In diesem Jahre (1899) haben auffallenderweise nur die männlichen Bäume, und zwar ziemlich reichlich, die weiblichen aber gar nicht geblüht; das vorige Jahr war ein gutes Fruchtjahr. 29* Blütenrispen durch ihre Gröfse und ihre Anhäufung an den Spitzen der Zweige sehr ins Auge, aulserdem machen sie sich dem Geruch durch ihren intensiven Jasminduft bemerklich. Die Rispen der männlichen und weiblichen Blüten sind der Stellung und dem Aufbau nach etwas verschieden. Bei den männlichen Bäumen tragen die blühenden Endtriebe gewöhnlich soviel Blütenrispen wie Blätter, indem sich zwar in den Achseln der obersten Blätter keine Rispen entwickeln, dafür aber schon in denen der untersten knospenschuppenförmigen und bald ab- fallenden Blätter des neuen Triebes. Die Rispen sind 12 bis 15 cm lang und stehen ziemlich steif aufrecht in spitzem Winkel zu der Achse des Tragzweiges. Die längeren tragen ungefähr ein Dutzend Seitenzweige erster Ordnung, von denen die unteren etwa 6 cm lang werden und ihrerseits wieder reich verzweigt sind. Nach der Spitze zu werden die Seitenzweige erster Ordnung kürzer und sind nicht wieder verzweigt, sondern als einfache Trauben ausgebildet und ebenso bildet das Ende der Rispe eine Traube, deren Ende scheinbar mit einer Blüte abschlielst. Die ganze Rispe hat also eine kegelförmige Gestalt (Taf. I, Fig. 4). In der Stellung der Seitenzweige erster Ordnung an der Rispenspindel läfst sich keine Regel- mälsigkeit feststellen; im unteren Teile stehen manchmal zwei oder drei Seitenzweige sehr nahe beieinander, ja es kommt vor, dals drei von demselben Punkte nach verschiedenen Seiten entspringen. Zwischen diesen Paaren oder Gruppen von dreien sind bis zu 5 cm lange Stücke der Spindel ohne alle seitliche Verzweigung eingeschoben. Die untersten Seitenzweige entspringen oft schon dicht über der Insertion der Rispe. Die Tragblätter der Seitenzweige erster und höherer Ordnung bis auf die letzten Auszweigungen, also die Blüten- stiele, sind auf winzige Schuppen reduziert, sodals sie bei oberflächlicher Betrachtung zu fehlen scheinen. Wollige Haare finden sich an den Rispen zur Blütezeit besonders an der Basis der Rispenspindel und an der der Seitenzweige, im übrigen erscheint die Rispe fast kahl. Die Blüten sitzen einzeln auf ein bis zwei mm langen Stielen und haben bei voller Öffnung einen Durchmesser von 3—4 mm (Fig. 22 I, ID. Die Blüten sind fünfzählig, sie besitzen 5 Kelch-, 5 Kronen- und 5 Staubblätter und einen rudimentären Fruchtknoten; nur ausnahmsweise kommen 7 oder 8 Staubblätter vor und bei einer Blüte mit 7 Staubblättern waren auch 6 Kronenblätter vorhanden. Die Kelchblätter sind zungenförmig, sitzen mit breiter Basis an und sind vorn abgestutzt, sie sind etwa 1,5 mm lang und haben eine dunkelgrüne Farbe. Die Kronenblätter sind länglich-elliptisch, an der Basis und an der Spitze ver- schmälert und vorn etwas zugespitzt, sie sind 3,5 mm lang und in der Mitte ca. 1,25 mm breit; bei der vollen Öffnung der Blüte sind sie stark nach unten gebogen, zugleich sind ihre seitlichen Ränder stark unterwärts eingekrümmt, wie Fig. 22 zeigt. Die Farbe der Kronenblätter ist ein helles Grün, viel heller als das der Kelch- blätter. Die Staubgefälse sind 4 mm lang, der weilse Staubfaden, der fast doppelt so lang wie 99 1 Männliche Blüte. IT Dieselbe im Danest der gelbe Staubbeutel ist, schiebt sich mit spitzem schnitt. III Weibliche Blüte. IV Dieselbe im Ende zwischen die unten etwas auseinander- Längsschnitt. weichenden Antherenhälften ein, die mit zwei zusammenneigenden, zapfenförmigen oberen Enden versehen sind (Fig. 25 I). Die Antheren sind intrors und sitzen den aufrechten, aber etwas geschwungenen Staubfäden in einem stumpfen Winkel an. Der rudimentäre Frucht- knoten bildet einen nur ca. I mm hohen kegelförmigen Zapfen, auf dessen Spitze drei Narben unterscheidbar sind. Zwischen ihm und den Antheren ist ein breiter, während der Blütezeit von ausgeschiedenem Nektar glänzender Diskus eingeschaltet. Er ist von oben ge- sehen in 5 breite Lappen gespalten, die vor den Kronenblättern stehen und durch die Insertion der Staubgefälse getrennt sind; jeder Lappen ist wieder in der Mitte schwach eingebuchtet (Fig. 24 III). Die äufseren und inneren Ränder des Diskus sind etwas nach oben vorgewölbt, wodurch also in der Mitte eine ringförmige Depression entsteht. Die Struktur der einzelnen Blütenteile wird weiter unten besprochen werden, zugleich mit der der weiblichen Blüten, nachdem wir die morphologischen Unterschiede kennen gelernt haben. Während wir an einem blühenden Trieb beim männlichen Baum ungefähr ebenso viel Inflorescenzen wie Blätter finden, ist beim weiblichen Baum die Anzahl der Blüten- rispen nur etwa halb so grols als die der Blätter, die allerdings dafür hier etwas zahlreicher sind als dort: nach den für einige untersuchte Triebe notierten Zahlen schwankt die Zahl der Blätter zwischen 9 und 13, die der weiblichen Blütenrispen zwischen 4 und 6. Es tragen nämlich weder die untersten noch die obersten Blätter in ihren Achseln Inflorescenzen, sondern nur die mittelsten. Die Rispen haben eine Länge von 12 bis 25 cm, sind aber nicht steif-aufrecht, sondern nur schlaff aufgerichtet. Die Seitenzweige erster Ordnung sind unten bis zu 12 cm lang, aber schlanker, nämlich ihrerseits weniger reich verzweigt und mit kürzeren Seitenzweigen höherer Ordnung (Taf. I, Fig. 5). Bei der lockeren und schlaffen Verzweigung bildet auch die ganze weibliche Rispe keinen solchen kegelförmigen Umrifs wie die männliche. Hinsichtlich der Anordnung der Seitenzweige, der Beschaffenheit — 230 — der Tragblätter und der Behaarung gilt das für die männlichen Rispen gesagte, nur ist in sofern ein Unterschied vorhanden, als gewöhnlich der untere Teil der Rispenspindel hier auf 2—7 cm unverzweigt bleibt.‘ Die Stiele der weiblichen Blüten sind nicht länger als 1 mm und die Blüte selbst kleiner (Fig. 22 III, IV): der Durchmesser beträgt zwar auch 3—4 mm, aber die Kronenblätter sind nicht so stark nach unten gebogen. Die 5 Kelchblätter sind denen in der männlichen Blüte ziemlich gleich, nur etwas kürzer. Die 5 Kronenblätter sind flacher ausgebreitet und haben nicht die eingerollten seitlichen Ränder, sie sind ca. 3 mm lang und 1,25 mm breit. Auch in der weiblichen Blüte sind 5 Staubgefäfse vorhanden, ihre Antheren sind ziemlich so lang wie bei den fertilen der männlichen Blüten, aber die Staub- fäden sind viel kürzer als dort. Die Antheren sind verschrumpft und von schmutzig-gelblicher Farbe, sodals dadurch die ganzen weiblichen Blüten und Blütenrispen dunkler aussehen, weil in ihnen das Gelb der Staubbeutel fehlt. Das Pistill besteht aus einem etwas zusammen- gedrückten, von der breiten Seite gesehen, eiföürmigen Fruchtknoten, der in den sehr kurzen Griffel übergeht, und dieser verbreitert sich nach oben und endigt in drei dicke, mit Papillen be- setzte, sich braun färbende Narben. Es ist also aufzufassen als zusammengesetzt aus drei Carpellen, von denen aber zwei rudimentär sind, sodals sie nur noch in den Narben er- scheinen. Zwischen Staubgefälsen und Fruchtknoten ist ein, dem der männlichen Blüte ganz ähnlicher Diskus vorhanden, der aber durch die gröfsere Ausdehnung des Fruchtknotens in der weiblichen Blüte hier einen schmäleren Ring bildet (Fig. 24 III). Was die Entwicklung und feinere Struktur der Blüten betrifft, so zeigen hierin die männlichen und weiblichen Blüten eine grofse Ähnlichkeit. Untersucht man junge Blütenstände, an denen die einzelnen Blüten bereits als kleine Köpfchen zu unterscheiden sind, so bemerkt man, dals jede Blüte in der Achsel eines verhältnismälsig grolsen Trag- blattes steht, das die Blütenanlage etwas überragt. Die Aulsenseite der Braktee, sowie Blütenstiel und Achse sind mit aufwärts gekrümmten Haaren besetzt, die in den beiden Formen der einzelligen, langen Borstenhaare und der kurzen Drüsenhaare mit einzelligem Stiel und mehrzelligem, ovalem Köpfchen auftreten. An weiter entwickelten Blüten, die mit dem Stiel 2 mm lang sind, ist das Tragblatt noch länger als der Stiel und die dichte Be- haarung noch vorhanden (Fig. 23 I). Kelch-, Kronen- und Staubblätter werden nacheinander als Höcker angelegt und zuletzt entsteht der Fruchtknoten als eine wallartige Wucherung, ı Hier sei noch bemerkt, dafs der anatomische Bau der Rispenstiele im wesentlichen dem der vegetativen Zweige im ersten Jahre gleicht und bei männlichen und weiblichen Rispen nicht verschieden ist. Besondere Einrichtungen für Zugfestigkeit sind an der Achse der Fruchtrispe nicht zu bemerken. — 231 — die mit ihrem Rande oben zusammenschliefsend unten die Fruchthöhle freilälst. In diesem Zustande, in dem man die Anlage des Fruchtkotens deutlich erkennen kann, zeigen die Staubgefälse eine eiförmige Gestalt und werden von den kürzeren Kronen- und den längeren Kelchblättern überdeckt. Zuletzt schiebt sich zwischen Androeceum und Gynaeceum noch der Diskus ein. Über den Bau der Kelch- und Kronenblätter sei nur bemerkt, dafs bei beiden ziemlich zahlreiche Spaltöffnungen auf der Aulsenseite, besonders im mittleren Teile des Blattes vorhanden sind, während solche auf der Innenseite fehlen. Den Verlauf der Gefälsbündel erkennt man sehr gut an Alkoholmaterial durch die im Phloem enthaltenen Harzgänge mit ihrem durch den Alkohol gebräunten Inhalt. Beim Kelchblatt, das ja mit breiter Basis ansitzt, treten 5 Stränge ein, von denen der mittelste der stärkste und am meisten verästelte ist; beim Kronenblatt dagegen, das eine schmale Ansatzstelle hat, ist zu jeder Seite des stark verästelten Haupt- stranges nur ein kurzer, schwach oder nicht verästelter Strang vorhanden. (Vergl. Fig. 23 II, III). Der Diskus erscheint im Längsschnitt als ein breites, inder Mitte etwas eingesenktes Polster (Fig. 241,II). Sein Gewebe ist unten grolszellig, oben dagegen besteht es aus kleinen, dicht verbundenen, plasmareichen Zellen, 23. I Weibliche Blütenknospe in der i i "Üuseng E n der Gren ider - 1 Qes dem eigentlichen Drüsengewebe. An der Grenze beider Wensellihres Trngblärten it Skiel Gewebe liegen zahlreiche kleine Krystalldrusen, die sich 1,5 mm lang. II Kelchblatt. auch bis an die Epidermis heraufziehen, aber in dem III Kronenblatt der weiblichen Blüte, unteren grolszelligen Gewebe fehlen (Fig. 24 I). Die m den Verlauf der BERZESTENS ZU zeigen. Epidermis besteht aus ziemlich kleinen, polygonalen Zellen und enthält zahlreiche Spaltöffnungen, deren Schliefszellen fast grölser als die andern Epidermiszellen sind. Der Spalt ist im allgemeinen senkrecht zum Rande des Diskus gerichtet, seltener ist er demselben parallel oder steht quer dazu. Unter der Spaltöffnung befindet sich ein kleiner, der Atemhöhle entsprechender Raum. Wahrscheinlich aber dienen diese Spalt- öffnungen nicht zur Atmung, sondern zur Absonderung des glänzenden und stark duftenden Nektars, dessen Vorhandensein schon erwähnt wurde. 24. I Längsschnitt durch eine noch nicht ganz geöffnete weibliche Blüte, senkrecht auf die breite Seite des Fruchtknotens: S Sepalum, P Petalum, D Diskus, F Funiculus, a. J. äufseres, i. J. inneres Integument, K.K. Knospen- kerne. — II Diskus im Längsschnitt, bei g die Grenzlinie zwischen dem Drüsengewebe und Grundgewebe, — III Diskus in der weiblichen Blüte von oben: Fr Fruchtknoten mit drei Narben, D Diskus, St Staubgefälse (abge- schnitten), P Petalen. — IV Stück der Narbe mit Papillen und keimendem Pollenkorn (P.R). — 232 — Was nun die Geschlechtsorgane selbst, Staub- sefälse und Fruchtknoten betrifft, so geht die Aus- bildung der ersteren in männlichen und weiblichen Blüten in gleicher Weise so weit, bis die Pollenur- mutterzellen gebildet werden. In den weiblichen Blüten werden aber keine Pollenkörner gebildet, sondern die Antheren bleiben leer und haben ein verschrumpftes Aussehen, die Filamente bieiben auch nach der Öffnung der Blüten so kurz, wie sie in den männlichen Blüten vor der Anthese sind. Bei diesen entwickeln sich natürlich die Staubgefälse weiter: die Ausbildung der Pollen, die der Verdickungsleisten in den sub- epidermalen Zellen der Antheren und dergl. (Fig. 25 II) zeigt aber nichts bemerkenswertes, was hier noch be- sonders beschrieben zu werden brauchte. Erwähnt sei nur, dals das Gefälsbündel der Anthere keinen Harz- gang enthält, da derselbe bereits in halber Höhe des Filamentes endigt; die Anthere ist also gewissermalsen das einzige Organ der Pflanze, das nicht mit Harz oder Lack versehen ist. Die beiden Fächer einer Antherenhälfte öffnen sich durch einen gemein- samen Längsrifs und entlassen die Pollenkörner, welche eine fast zur Kugelform abgerundete kugeltetraedrische Gestalt haben, mit einer fein punktierten Exine ver- sehen sind und ca. 20 « im Durchmesser diek sind; an den Stellen, die den Ecken des Tetraeders ent- sprechen, ist die Membran etwas verdickt und an einer dieser Stellen tritt der Pollenschlauch aus (Fig. 25 ID. Wie sich in der weiblichen Blüte die Staubgefälse bis zu einer verhältnismälsig hohen Stufe der Entwicklung ausbilden. so entwickelt sich auch in der männlichen 25. I Staubgefäls von innen. II Quer- schnitt durch die Anthere. III Einzelnes Pollenkorn. IV Längs- schnitt durch den Fruchtknoten der männlichen Blüte mit Samenknospe, — 233 — Blüte der Fruchtknoten so weit, dals er eine fast vollständig ausgebildete Samenknospe produziert (Fig. 25 IV). Die Entwicklung und den Bau der Samenknospe wollen wir an der weiblichen Blüte untersuchen und hier nur auf die merkwürdige Erscheinung hinweisen, dals in Blüten, welche nur männlich funktionieren und an Bäumen, welche rein männlich sind, das rudimentär bleibende weibliche Organ es doch noch zur Ausbildung einer Samen- knospe bringt: dies ist gewils noch selten bei analogen Verhältnissen beobachtet worden. Jeder Fruchtknoten enthält regelmäfsig nur eine Samenknospe, die am Grunde desselben entsteht, anfangs deutlich anatrop ist (Fig. 26 I), später aber durch die Streckung des Funi- culus und ein vermehrtes Wachstum in der Chalaza-Gegend so gedreht wird, dals der Knospen- kern der Basis des Fruchtknotens parallel liegt und der Funiculus über dem Knospenkern einen grofsen Bogen beschreibt (Fig. 26 II). Die zur Befruchtung reife Samenknospe füllt die Fruchtknotenhöhle ganz aus, einen beträchtlichen Raum nimmt dabei das äufsere Integu- ment ein, das zu einer faltigen Haut auswächst, sodals der äufsere, nahe an der Basis des Funieulus liegende Eingang der Mikropyle ziemlich weit von der oberen Wölbung des Knospen- kerns entfernt ist, wie es Fig. 26 III zeigt. Auch das innere Integument ist weit röhren- förmig vorgezogen und über den Knospenkern hinaus verlängert, in welchem hinwiederum der Embryosack ziemlich weit nach innen zurück- gedrängt ist, sodals also dem Pollenschlauch ein weiter und etwas unsicherer Weg bereitet wird. Trotzdem findet reichlich Befruchtung statt, wie aus der grolsen Fruchtproduktion hervorgeht. In der Voraussetzung, dals sich Khus vernicifera wie andere typische Dikotyledonen verhält, sind die Entstehungsweise des Embryosackes, die Be- fruchtung und die Entwicklung des Embryos nicht genauer untersucht worden. Auf den Narben der geöffneten weiblichen Blüten findet man reichlich keimende Pollenkörner, deren Keimschläuche zwischen die Narbenpapillen hineinwachsen (Fig. 24 IV). Diese bestehen aus vier bis sechs 26. Samenknospe in der weiblichen Blüte: ; $ I in der Knospe, II in einer sich öffnenden Blüte, Zellen, von denen die oberste am längsten und jyf zur Zeit der Bestänhung, , Bei, IL und IM dieksten ist. An den Narben der männlichen ist der Umrifs des Fruchtknotens mitgezeichnet. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 30 Blüten sind solche Papillen nicht ausgebildet, werden sollen. da ja hier keine Pollenkörner aufgefangen Die Wandung des Fruchtknotens ist reichlich von Gefäfsbündeln mit grofsen Harzgängen durchzogen und sie lassen sich bis an das obere Ende des Griffels verfolgen, wo die Harzgänge mit zugespitzten Enden blind aufhören. Entwieklung und Bau der Frucht. Dieselbe ist bekanntlich eine Drupa und hat eine ovale bis rhombische Form, von der Seite gesehen; dem einen stumpfen Winkel des 00.00.00 0 99 00°0,05050x = 0°0%0°%0° IE 028 0°0 27. Frucht. I Frucht von der Seite in nat. Gr. — II Querschnitt durch die reife Frucht: m Mesocarp mit den Harzgängen, st Steinschale, cc Keimblätter, w Würzelchen des Keimlings. — III Längsschnitt durch den Steinkern und Samen: a die 3 äufseren, i die innerste Schicht der Steinschale, cot Keim- blatt, w Würzelchen, pl Plumula des Keimlings. — IV Querschnitt durch das Exocarp (E) und Meso- carp mit der durch Schraffierung angedeuteten Wachsschicht; inner- halb derselben die Harzgänge mit ihren Scheiden, a die äufseren dünn- wandigen, i die inneren sclerenchy- matischen Zellen. Rhombus würde der Stielansatz, dem gegenüberliegenden die den Griffelrest tragende, kurze Spitze entsprechen, die da- zwischen liegenden Winkel sind stark abgerundet (Fig. 27 ]). 6—7 mm hoch anfangs glänzend grasgrün und glatt, Die reifen Früchte sind 8—9 mm breit, und 4—5 mm dick; werden sie im Herbst bräunlich und es treten dunkle Längs- streifen auf, die vorher nur schwach angedeutet waren; an diesen Streifen ist die Oberfläche eingesunken infolge des Zusammenfallens der hier verlaufenden grolsen Harzgänge. Die äulsere Schale, Exocarp und Mesocarp ist etwas über 1 mm dick, die Schale des Steinkerns, das Endocarp, ist ca. 0,4 mm dick. Besonders hervorzuheben ist für die Be- schreibung: die Struktur der Steinschale, das Verhalten der Harzgänge und die Ablagerung des Wachses im Mesocarp. Der Bau der Früchte ist schon von Arthur Meyer (Lit. einige Ungenauigkeiten hinsichtlich der Struktur der Stein- 18) beschrieben worden, allein es finden sich hier schale und auch die anderen beiden Punkte sind nicht so genau studiert, wie es mir an dem reichlichen lebenden Materiale möglich war es zu thun. Das Exocarp entsteht aus der Epidermis des Fruchtknotens, welche einschichtig bleibt und nur in dem Bau ihrer Zellen eine Änderung erfährt. Dieselben sind bei der reifen Frucht im Querschnitt gesehen, viereckig und senkrecht zur Oberfläche gestreckt, von oben gesehen aber, haben sie eine unregelmälsige Gestalt mit zackig und buchtig ineinandergreifenden Wänden. Die Outicula ist ziemlich — 235 — dünn, die Wände sind aber nach allen Seiten gleichmälsig stark verdickt und verholzt, zeigen eine deutliche Schichtung und werden von einfachen engen Porenkanälen sowohl nach den Seiten als auch nach oben und unten hin durchsetzt (Fig. 28 I). Das Mesocarp entsteht aus dem grölsten Teil der Fruchtknotenwandung, von der nur die vier innersten Schichten zum Aufbau der Steinschale verwendet werden. Unter der Epidermis, resp. dem Exocarp liegen 3—4 Schichten dünnwandiger, rundlicher Parenchym- zellen, welche das Assimilationsgewebe vorstellen und bei der reifen Frucht tangential ab- geplattet erscheinen; in diesen Zellen kommen sowohl Einzelkrystalle als auch Drusen von oxalsaurem Kalk vor (Fig. 28D. Darauf folgt das grolse, von den Gefälsbündeln und Harz- gängen durchzogene Grundgewebe, in dessen Zellen das Wachs abgelagert wird und innen bilden die Grenze 2—3 Schichten stark sklerenchymatisch verdickter und verholzter, kleiner, rundlicher Zellen (Fig. 23 VI). Die Gefälsbündel mit den Harzgängen sind so angordnet, dafs man auf dem Querschnitt durch die Mitte des Fruchtknotens 20—30 grölsere einen äufseren Ring bilden sieht und etwa ebenso viele kleinere, mit jenen alternierend einen weiter innen liegenden Ring (resp. eine Ellipse). Wo die Schale am dicksten ist, nämlich auf dem kürzesten Durchmesser des Querschnittes, treten noch einige weitere kleine Bündel an der inneren Seite auf. An den Kanten ist die Anordnung weniger regelmälsig (Fig. 27 I). Das Verhalten der Harzgänge ist insofern bemerkenswert, als dieselben sich mit dem Heran- wachsen der Früchte bedeutend vergrölsern und von einer besonderen Parenchymscheide um- geben werden. Im Fruchtknoten der Blüte sind sie deutlich dem Phloem der Gefälsbündel eingelagert, dessen Zellen kleiner sind als die Epithelzellen des Harzganges. Freie Harz- gänge ohne Gefäfsbündel treten in der Fruchtschale nicht auf und wenn es in den jüngsten Zuständen der Frucht bei den innersten Gängen einen derartigen Anschein hat, so kommt es nur daher, dals sich der Harzgang mit seinem Epithel früher differenziert als die übrigen Elemente des Bündels, das ja überhaupt sehr klein bleibt. Sehr bald vergröfsern sich nun die Phloemparenchymzellen, welche das Epithel zunächst umgeben und beginnen sich durch Teilungswände in tangentialer Richtung um den Harzgang herum zu vermehren, wie man besonders an den grölseren äufseren Gängen sieht. So entstehen die Parenchymscheiden, die zuerst am breitesten zwischen dem Harzgang und dem Xylemteile des Gefälsbündels werden. Das Phloem wird dabei in mehrere Gruppen getrennt, die rings um die Parenchym- scheide des Harzganges liegen, sodals diese an den dazwischen liegenden Stellen an das Grundgewebe grenzt. Die Öffnung des Ganges selbst ist durch das Wachstum der Epithel- zellen und vielleicht auch gelegentliche Vermehrung derselben gröfser geworden (Fig. 28 II). 30* — re Von nun an findet aber wieder eine Verengerung des Kanals statt, indem die Zellen der Parenchymscheide sich in radialer Richtung strecken; durch diese Wucherung wird das Epithel stellenweise unterbrochen, sodals seine Zellen, die in diesem Stadium kollabieren, keine zusammenhängende Scheide mehr bilden und zwar ist dies derjenige Entwicklungszustand, in dem die Frucht ihre definitive Grölse nahezu erreicht hat, die Wachsausscheidung und reichlichere Bildung von Kalkoxalat im Grundgewebe beginnt; zu dieser Zeit bilden sich auch Selerenchymbelege auf der Innenseite der Xylemteile aus (Fig. 28 III). In Früchten, die Anfang Oktober gepflückt waren, fand ich die Harzgänge überall durch die Wucherung der Parenchymscheiden verengt, die Zellen des Epithels noch teilweise lebendig, aber mit demselben hellen Zellsaft an Stelle des früher dunkelen erfüllt, wie die Zellen der Parenchymscheide; dabei trat aber noch viel Harz in Tropfenform aus den Kanälen beim Durchschneiden der Früchte heraus. Schliefslich trocknet, nach dem das Epi- thel eingetrocknet ist, auch die Paren- chymscheide ein und so entstehen wieder weite Kanäle zwischen den mit Wachs er- füllten Zellen des Grundgewebes. Die Ausscheidung des Wachses in den Zellen des Mesocarps habe ich bereits in meiner früheren Mitteilung (Lit. 56) beschrieben, doch halte ich es für zweckmälsig, der Vollständigkeit halber, die früheren Angaben hier noch einmal zu wiederholen. Im reifen Zu- 28. I Querschnitt durch das Exocarp der reifen Frucht Stande der Frucht findet sich das und die darunter liegenden dünnwandigen Zellen des Wachs im Grundgewebe des Mesocarps, Mesocarps. — II Gefäfsbündel mit Harzgang aus einer sodals von Wachs frei bleiben die 4 mm breiten Frucht: x Xylem, Ph Phloemgruppen, bei h al E li 3 dü 5 9 q nter dem Xocar 1e n, unn- scheint ein neuer Harzgang gebildet zu werden. — III Xylem- anIen p SERERIS teil mit Sklerenchymbeleg aus einem solchen Gefäfsbündel, Wandigen und die an der inneren in einer reifen Frucht mit zusammengefallener Scheide ds Grenze des Mesocarps liegenden, Harzgangs (SH). — IV Zelle mit beginnender Wachsaus- sklerenchymatischen Zellen, ferner die scheidung. — V Zellen mit Wachskruste; Protoplasma und 2 | n Zellen der Gefäfsbündel und ihrer Kern mit Hämatoxylin gefärbt. — VI Stück des Mesocarps an der inneren Seite: s sklerenchymatisch verdickte Zellen, Scheiden, sowie die Parenchymscheiden darüber wachsführende und wachsfreie Zellen. der Harzgänge. Man kann sich also Je De — vorstellen, wie das Wachsgewebe aulsen und innen je eine parallel der Oberfläche ver- laufende, mehrere Lagen dieke Schicht bildet und diese beide Schichten durch die zwischen den Harzgängen verlaufenden Zellenzüge netzförmig verbunden werden, es demnach einen zu- sammenhängenden aber netzförmig durchbrochenen Komplex bildet (Fig. 27 IV). Derselbe erscheint unter dem Mikroskop bei durchfallendem Lichte dunkel in einem bräunlichen Tone. Seine einzelnen Zellen sind von unregelmälsig rundlicher Gestalt, miteinander häufig durch Fortsätze verbunden, sodals grölsere und kleinere Intercellularräume entstehen. In diesen Zellen wird das Wachs als dieker Überzug der Membran nach dem Zellenlumen zu aus- geschieden, dasselbe mehr oder weniger, bisweilen bis nahe zum Verschwinden verengernd, und so erinnern die Zellen einigermalsen an Steinzellen (Fie. 23 VI). Das Wachs bildet also eine dieke Kruste auf der Membran im Innern der Zellen ganz analog den krustenförmigen Überzügen auf der Epidermis, die de Bary (Botan. Zeitung 1871, p. 361) als vierten Typus der Wachsüberzüge der Epidermis bezeichnet hat. Die Kruste liegt der eigentlichen Membran fest und dicht an, doch läfst sich die Membran deut- lich erkennen, und dieselbe bleibt nach dem Auflösen des Wachses ebenso glatt und sauber zurück wie die Wand der Epidermiszellen, auf welchen in anderen Fällen Wachs abgelagert ist. Die innere Begrenzung der Wachskruste ist aber nicht so glatt, sondern hat eine un- regelmälsig körnige Oberfläche, wie es auch A. Meyer bei den Wachszellen von Rhus Toxicodendron gefunden hat. Im Lumen der Zellen bleibt ein körniges Protoplasma mit dem Zellkern lange Zeit erhalten, welches sowohl innerhalb der dicken Wachskruste durch Färbung mit Hämatoxylin als auch besonders schön durch Entfernung der Wachskruste (durch Aus- kochen mit Alkohol) deutlich sichtbar gemacht werden kann (Fig. 28 V). Ob auch einzelne Wachskörnchen innerhalb der Kruste im Protoplasma oder Zellsaft vorkommen, ist schwer zu entscheiden. Man kann auch leicht getäuscht werden dadurch, dafs bei der Präparation etwas vom innern Rande der Kruste abbröckelt, wie ja auch häufig ganze grölsere Stücke der Kruste beim Schneiden losbrechen und in die Zelle zu liegen kommen: dies ist zugleich ein Beweis dafür, dals die Wachskruste der Membran nur aufgelagert, nicht mit ihr ver- wachsen ist. Die Kruste zeigt deutlich eine strahlige Struktur und scheint aus lauter Stäbchen zu bestehen, die in den äufseren Schichten der Kruste dichter und fester verbunden sind, als in den inneren, wo die strahlige Struktur in die körnige Beschaffenheit der inneren Begrenzung übergeht. Wahrscheinlich beruht diese Struktur der Wachsschicht auf einem krystallinischen Gefüge, welches nach Wiesner (Botanische Zeitung 1876, S. 225) auch den äufserlich ausgeschiedenen Wachskrusten zukommt. Allein es erscheinen die Wachsmassen — Do in den Zellen im polarisierten Lichte nicht doppelt brechend und im dunkeln Gesichtsfeld des Polarisationsmikroskopes, bei gekreuzten Nicols, leuchten sie nicht auf, während die dick- wandigen Zellen des Exocarps und die sklerenchymatischen Zellen an der inneren Begrenzung des Mesocarps hellglänzend hervortreten. Indessen dürfte das Dunkelbleiben der Wachs- schichten auf der Zusammenfügung der krystallinischen Elemente beruhen, durch die der optische Effekt gestört wird. — Eine Schichtung parallel der Membran ist in der Wachs- kruste nicht vorhanden. Durch den nicht geschichteten, sondern strahligen Bau, die un- regelmälsige Begrenzung nach dem Zellenlumen zu und die gröfsere Undurchsichtigkeit unter- scheidet sich also schon äulserlich eine solche Wachszelle von einer sklerenchymatisch ver- diekten. Eine gewilse Ähnlichkeit zwischen beiden besteht aber wieder darin, dafs auch in der Wachskruste Porenkanäle vorhanden sind, die quer durch die Kruste vom Lumen nach der ursprünglichen Membran laufen; auch sieht man die Porenkanäle benachbarter Zellen aufeinander treffen. Offenbar handelt es sich hei diesen „Poren“ aber nicht um unverdickt bleibende, oder besser gesagt nicht inkrustiert werdende Stellen der Membran, sondern um nachträglich eintretende Risse, die in der Kruste durch Dehnung der Zellenwände ent- stehen. Wenn also an einem Punkte in der Berührungsfläche zweier Zellenwände eine Spannung eintritt und hier dieselben sich dehnen, so werden von diesem Punkte aus Sprünge in den Wachskrusten der benachbarten Zellen und dadurch die scheinbar kommunizierenden Poren auftreten. Dals diese Deutung richtig ist, geht auch daraus hervor, dafs das Proto- plasma keine Fortsätze in die Porenkanäle hinein besitzt; wenigstens lälst sich nichts der- artiges erkennen, wenn man die Wachskruste aufgelöst hat: der Protoplasmaschlauch zeigt sich dann nach geeigneter Färbung, z. B. mit Säurefuchsin, aulsen glatt begrenzt. Was das chemische Verhalten der in Rede stehenden, hier Wachs genannten Sub- stanz betrifft, so habe ich es nur mikroskopisch mit einigen Reagentien geprüft. Das Zu- sammenfliefsen in heilsem Wasser, das Aufgelöstwerden in kochendem Alkohol und in Terpentin sind die charakteristischen Eigenschaften, nach denen diese Substanz als Wachs bezeichnet wird, abgesehen davon, dafs sie von Kalilauge, konzentrierten Mineralsäuren und kaltem Alkohol nicht angegriffen wird. Mit Jodlösung wird die Wachskruste gelb gefärbt, von Farbstoffen wird z. B. Fuchsin darin aufgespeichert, was aber nicht als charakteristische Eigenschaft anzusehen ist. Über die Entstehung der Wachskruste habe ich auch nach genauerer Untersuchung der Verhältnisse im Sommer 1898 den in der früheren Mitteilung gemachten Angaben nicht viel hinzuzufügen. Da in dem genannten Jahre, wegen der nassen und kühlen Witterung, — 239 — in der ersten Hälfte des Juli, das Wachstum der Früchte sich verzögerte, so begann die Wachsablagerung auch erst später und zwar erst von Mitte August an, während sie 1897 um diese Zeit, wie ich damals auch erwähnt habe, schon vollendet war. Am 11. August ge- pflückte Früchte zeigten zuerst eine deutliche Wachsablagerung in Gestalt einer dünnen, körnigen Kruste auf der Membran, zwischen dieser und dem Protoplasmaschlauch (Fig. 28 IV). Am 15. August war die Kruste noch deutlicher zu sehen und zugleich war nachzuweisen, .dals in den Zellen, die schon eine Wachskruste gebildet haben, keine Stärke mehr vorhanden ist, während einzelne dazwischen liegende Zellen, ferner besonders die um die Gefälsbündel und die dicht unter dem Exocarp liegenden assimilierenden Zellen, die immer frei von Wachs bleiben, noch ziemlich reichlich Stärke führen. Dies bestätigt also die schon früher aus- gesprochene Vermutung, dals das Material zur Wachsbildung hauptsächlich aus der vorher erzeugten Stärke stammt. Die Wachsschicht wird nun allmählich dicker, das Lumen verengend, und zugleich wird sie nach aulsen zu dichter, es scheint, dafs nicht blos eine Auflagerung neuer Wachs- teilchen, sondern auch eine Einlagerung solcher zwischen die älteren stattfindet; das körnige Aussehen geht dabei in das der radialen Streifung über. Von Ende August an war keine weitere Veränderung in der Wachskruste mehr zu bemerken. Übrigens scheint die Ab- lagerung an allen Stellen der Frucht ziemlich gleichzeitig zu beginnen, fortzuschreiten und zum Abschluls zu kommen. Hinsichtlich der biologischen Bedeutung des in den Fruchtschalen ausgeschiedenen Wachses verweise ich auf das in meiner früheren Mitteilung Gesagte, wonach die Annahme am meisten für sich hat, dafs das Wachs als Anlockungsmittel für Tiere (besonders Tauben) dient, die, indem sie die Früchte verzehren, nur einen Teil des Mesocarps verdauen, den Kern mit dem Samen aber an anderen Stellen wieder von sich geben und so die Früchte verbreiten, die kein anderes Verbreitungsmittel besitzen, aber im Winter auf den entlaubten Bäumen hängend, fruchtfressenden Tieren von weitem sichtbar sind. Es bleibt uns jetzt noch übrig, Entwicklung und Bau des Endocarps oder des Steinkerns zu beschreiben. Bereits im Fruchtknoten der Blüte heben sich die innersten vier Zellenschichten, deren zwei mittlere zuletzt durch Teilung einer Zellenschicht entstanden sind (Fig. 29 ID), durch die fast quadratische Form der Zellen und ihre dichte Aneinanderfügung von dem übrigen Gewebe ab: diese geben das Endocarp, das auch im reifen Zustande nur aus vier Schichten besteht, die aber eine sehr verschiedene Ausbildung ihrer Zellen er- fahren. Es wird nämlich die erste oder äufserste Zellenschicht zu einer Lage kurzer Zellen mit unverdickten Wänden und einem grofsen Einzelkrystall im Innern, die zweite wird zu — BR einer Pallisadenschicht mit stark verdickten, verholzten Zellenwänden, die dritte zu einer eben- solchen Schicht, aber von kürzeren Zellen und die vierte oder innerste Schicht wird wiederum zu einer Pallisadenschicht aus sehr langen Zellen mit stark verdickten, aber unverholzten Membranen. Die Zellen der ersten Schicht wachsen also am wenigsten, sie behalten auch ihre dünnen Wände und den lebendigen protoplasmatischen Inhalt; bereits im Fruchtknoten der Blüte bildet sich in jeder Zelle ein Krystall von oxalsaurem Kalk aus; derselbe wird all- mählich grölser und füllt schlielslich den gröfsten Teil des Zellenlumens aus. Von oben gesehen erscheinen die Zellen polygonal und bilden eine geschlossene Lage wie Fig. 29 IV zeigt; im Querschnitt gesehen sind sie mehr rundlich und fügen sich zwischen die Vorsprünge ein, die durch die einzelnen Zellen der darunter liegen- den Pallisadenschicht gebildet werden (Fig. 29 V). Das Vorkommen solcher Krystallschichten ist jedenfalls nicht häufig: als analoger Fall ist mir der von Drude' für die Frucht von Hydrocotyle - beschriebene bekannt, denn auch bei 29. I Endocarp aus dem Fruchtknoten der Blüte. — II Dasselbe aus der jungen Frucht: die Zellen m gehören zum Mesocarp. — III Dasselbe aus der reifen Frucht. — Steinkern. Welche Bedeutung dieser IV Erste Schicht mit Krystallen von oben. — V Erste, zweite und dritte Schicht im Durchschnitt. — VI Zweite Schicht im Flächenschnitt des Endocarps. — VII Vierte entscheiden. Bei Untersuchung der reifen Schicht ebenso. — VIII Einzelne Zeile der vierten Schicht. IX Querschnitt durch Samenschale (S) und Endosperm (E); K Epidermis des Keimlings. sehr dickwandigen Zellen liegen sieht, dieser Frucht wird das Endocarp zu einem Krystallschicht zukommt, ist schwer zu Früchte, in denen man die Krystalle neben könnte man annehmen, dals es sich um einen rein physiologischen Stoffwechselprozels handelt, wie in dem Fall, wo die Krystalle neben den Steinzellen der Rinde entstehen, allein die Krystalle werden hier im FEndocarp ausgeschieden, lange bevor die Wand- verdickung des Endocarps oder der innersten Schichten des Mesocarps beginnt, und wachsen, ı In seiner Bearbeitung der Umbelliferae in Engler-Prantl’s natürlichen Pflanzenfamilien, p. 102 und 103, Fig. 43B. Vergl. auch Rompel, Krystalle von Caleiumoxalat in der Fruchtwand der Umbelli- feren und ihre Verwertung für die Systematik, (Sitz. Ber. d. kais. Akad. d. Wiss. Wien. Mathem.-naturw. Klasse, Bd. CIV, Abt. I 1895, p. 417—474, Taf. I—II). — 241 — bevor ein Dickenwachstum der Membranen stattfindet. Wenn den Krystallen als solchen aber eine biologische Bedeutung zuzuschreiben ist, so würde man diese zunächst in der mechanischen Verstärkung der Steinschale suchen, und es ist nicht recht einzusehen, wie sie in dieser Weise wirken sollen. — Zur Zeit, wann die Krystalle entstehen, sind die Zellen der zweiten Schicht im Querschnitt gesehen ungefähr ebenso breit (in tangentialer Richtung) wie in der ersten Schicht, aber nicht so dick (in radialer Richtung); sie strecken sich also dann bedeutend, so dals sie im Querdurchmesser der Fruchtschale etwa viermal so hoch sind, wie in der Breitenrichtung (Fig. 29 V). In letzter Richtung, also auf dem Tangentialschnitt durch die Schale, erscheinen sie in der reifen Frucht polygonal, dicht nebeneinander liegend (Fig. 29 VI). Ihre Wände sind sehr stark verdickt und verholzt und das Lumen bildet nur einen engen Kanal, von dem aus nach allen Seiten hin Poren abgehen. Nach aufsen zu ist jede Zelle, wie schon angedeutet, in eine kleine Spitze ausgezogen, diese Spitze wird noch etwas verstärkt durch die hier stärkere Cuticula, welche die ganze äulsere Pallisadenschicht überzieht. Auch nach innen zu ist eine Cuticula vorhanden; dieselbe bildet hier sehr eigen- tümliche faltige Erhebungen, ungefähr so, dals jeder Zelle eine solche Falte, die im Quer- schnitt als Spitze erscheint, entspricht. Da die darunter liegenden Zellen nicht zwischen diese Falten eingreifen, so entstehen zwischen letzteren Hohlräume, die mit einer körnigen Substanz erfüllt zu sein scheinen. Man kann diese sonderbaren Räume leicht für eine Schicht kleiner rundlicher Zellen halten, wie es auch Arthur Meyer (Lit. 18) gethan hat, allein die Vergleichung der verschiedenen Entwicklungszustände lälst keinen Zweifel, dafs die Gebilde in der eben geschilderten Weise zu erklären sind, die durch Fig. 29 V noch besser erläutert wird. — Die Zellen der dritten Schicht sind schon im jungen Zustande nur halb so schmal wie die der zweiten, sie werden auch nur ungefähr halb so hoch. Auf dem tangentialen Schnitt sehen sie in Beziehung auf Gestalt und Wandverdickung denen der zweiten Schicht ähnlich, im Querschnitt durch die Fruchtschale aber sind sie nach aufsen nicht zugespitzt, sondern im Gegenteil etwas ausgehöhlt; sie unterscheiden sich ferner dadurch, dals ihr Lumen nur einen einfachen geraden Kanal bildet, ohne deutlich bemerkbare Poren (Fig. 29 V, 3). Die Grenze dieser Schicht nach innen zu bildet eine ziemlich glatte Fläche, an die sich die vierte, innerste Schicht in gleicher Weise fest anlegt. Die Zellen dieser Schicht beginnen zuerst mit ihrer radialen Streckung oder pallisadenförmigen Ausbildung, so- dals sie in einer Frucht, die nur etwa die halbe Gröfse einer ausgewachsenen besitzt, schon etwa viermal so hoch wie die drei übrigen Schichten zusammen erscheinen (Fig. 29 II). In der reifen Frucht ist diese Schicht ca. 0,25 mın dick, während die drei äufsersten Lagen Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 3 — 242 — zusammen noch nicht halb so dick sind;! innen ist sie durch eine starke Cuticula glatt ab- gegrenzt, wie auch aulsen. Die radialen Wände bleiben aber nicht gerade, sondern werden sowohl in der Längs- als in der Querrichtung unregelmälsig buchtig gebogen, sodals es kaum möglich ist auf dem Durchschnitt eine Längswand von oben bis unten an derselben Zelle zu verfolgen (Fig. 29 III). Da die Vorsprünge der einen Zelle genau in die Vertiefungen der anderen passen, so sind sie aufserordentlich fest miteinander vereinigt; ihre Gestalt geht aus Fig. 29 VII und VIII hervor. Ihre Membran verdickt sich dabei so stark, dals das Lumen zu einem engen Kanal zusammengeschnürt wird, von dem zahlreiche Porenkanäle nach allen Richtungen ausgehen, ähnlich wie bei den Zellen der zweiten Schicht. Während aber bei diesen und denen der dritten Schicht die verdickten Membranen zugleich verholzen, besteht in den Zellen der vierten Schicht die deutlich geschichtete Verdickungsmasse auch in der reifen Frucht grölstenteils aus Cellulose, wie die Blaufärbung mit Chlorzinkjod zeigt, und nur die äufserste Lamelle der Membran ist verholzt und wird mit schwefelsaurem Anilin gelb gefärbt. — Dies ist die eigentümliche Struktur der Steinschale, welche den Samen um- schliefst. Der Samen enthält aufser dem Embryo eine dünne Schicht von Endosperm inner- halb einer zarten Samenschale (Fig. 29 IX). Die letztere ist von wechselnder Dicke und besteht aus einer äufseren Epidermis von grofsen, abgeflachten Zellen mit unverdickten Wänden, aus einigen Lagen ebenfalls dünnwandiger flacher Zellen und aus einer inneren Epidermis kleiner, dünnwandiger, und im Querschnitt gesehen, fast quadratischer Zellen. Die äulserste Zellenlage des Endosperms” ist eine Pallisadenschicht von ziemlich grolsen Zellen, die ungefähr doppelt so hoch wie breit sind, darunter folgt eine Schicht von ab- geflachten, etwas kleineren Zellen und weiter innen noch mehrere Schichten kleiner polygonaler Zellen. Die Zellen des Endosperms, sowie des Keimlings sind natürlich zart und dünnwandig und angefüllt mit Proteinkörnern und Öltropfen; die ersteren sind im Endosperm gröfser als im Keimling, wo sie äulserst klein sind. Der Keimling besitzt zwei grolse, flach aufeinander * Gerade über der Spitze des Würzelchens aber ist die innerste Schicht des Steinkerns nur halb so dick als an dem übrigen Teile, sodals diese Stelle als ein vorgebildeter Keimporus betrachtet werden kann. (Fig. 27 II). ®2 Gärtner (Lit. 4) nennt den Samen eiweilslos (Albumen nullum, praeter integumenti parietem subcarnosum), er rechnet also die dünne Endospermschicht mit zur Samenschale (Integumentum simplex, mem- branaceum, intus subcarnosum), die er aber dann nicht simplex nennen durfte, da er ja selbst eine etwas fleischige innere Schicht derselben besonders unterscheidet und diese beiden Schichten, in Wirklichkeit also Samenschale und Endosperm, sich auch mechanisch leicht trennen lassen. Für die Anacardiaceae heilst es bei Engler (Lit. 43. p. 138) unter den Merkmalen: „Samen ohne oder mit sehr wenig Nährgewebe.* — 243 — liegende Kotyledonen, die den gröfsten Teil des Samens einnehmen, zwischen ihnen ist eine kleine Plumula sichtbar und nach oben geht das Würzelchen. Die Gröfsen- und Lagerungs- verhältnisse dieser Teile zueinander gehen am besten aus Fig. 27 II u. III hervor. Die Keimung des Samens ist bereits oben geschildert worden und wir können somit unsere Beschreibung des Lackbaums hier abschlielsen. Es hätte zwar manches noch ausführlicher bearbeitet werden können, allein es ist hauptsächlich darauf Rücksicht genommen worden, was für die hier beschriebene Art charakteristisch ist, nicht aber was an physiologischen, anatomischen oder entwicklungs- geschichtlichen Verhältnissen ebenso gut bei anderen Arten studiert werden kann: es hat auch so schon die Arbeit einen Umfang gewonnen, der für die Beschreibung einer Pflanzen- art vielleicht manchem übermälsig grols erscheinen dürfte. 30* und, 1. 2. 13.* 14.* 15. 16 * 17. 18. Litteraturverzeichnis. Die Arbeiten, deren Titel mit einem Sternchen versehen ist, habe ich nicht selbst eingesehen soweit nicht anders angegeben, nach dem botanischen Jahresbericht zitiert. Kaempfer, E. Amoenitatum exoticarum politico-physico-medicarum fascieuli V’. Lemgoviae 1712, p. 791-794, cum tab. Linn&, ©. Species plantarum. Editio I, Holmiae 1753, vol. I, p. 265. In der mir vorliegenden Editio III, vol. I, p. 380, wird auch einige ältere Litteratur zitiert, die sich aber zum Teil auf die amerikanische Rhus venenata bezieht, Thunberg, C. P. Flora japonica. Lipsiae 1784, p. 68. Gaertner, J. De fructibus et seminibus plantarum. Vol. I, Lipsiae 1801. p. 205. Don, D. Prodromus florae Nepalensis. Londini 1825, p. 248 (zitiert nach Dippel). De Candolle, A. P. Prodromus systematis naturalis regni vegetabilis. Pars II, Parisiis 1825, p. 68. Sweet, R. Hortus britannicus, London 1827, p. 118 (zitiert nach Dippel). Miquel, F, A. G. Prolusio Florae Japonicae Amstelodami 1866—1867 p. 16. Koch, K. Dendrologie. I. Teil. Erlangen 1869 p. 577. Ludwig, H. Über Pflanzenwachs. (Archiv der Pharmacie, III. R., 1. Bd. 1872, p. 193—219), p. 214. Franchet, A. et Savatier, L. Enumeratio plantarum in Japonia sponte crescentium 1874, vol. I, p. 93. Brandis, D. The forest flora of North western and Central India, London 1874. (Soll nach A. Meyer (Lit. No. 18) eine sehr gute Beschreibung der indischen Rhus vernici- fera geben). Hanausek, E. Chinesisches Wachs. (Zeitschr. d. allg. österr. Apotheker-Ver., Bd. 15, S. 260), 1877. (Nicht gesehen, als Stammpflanze des vegetabilischen chinesischen Wachses wird Rhus succedanea bezeichnet). Japanwachs (American Journal of Pharmacy 1877, p. 451). (Nicht gesehen; von Stammpflanzen ist nur Rhus succedanea genannt). Wagner, R. Japanischer Lack. (Dingler’s polytechn. Journal, Bd. 218, p. 361—367, 452—456. 1875). Rein, J. Über Franchet et Savatier’s Enumeratio plantarum in Japonia sponte crescentium und über Japanische Holzgewächse. (Monatsschr. z. Beförd. d. Gartenbaues in den K. Preuls. Staaten, XX, 1877, p. 217230). Buri, E. Über den Japantalg, das sogenannte japanische Wachs. (Archiv der Pharmaeie, Bd. 214, p. 403—409, 1879). Meyer, A. Über den Japantalg. (Archiv der Pharmacie 1879, III. Reihe, Bd. 15, der ganzen Folge 215. Bd., p. 97—128, Taf. I-II). (Hierzu vergleiche von demselben Autor, 1. c., p. 514—516. Über die Entwicklung des Wachses von Rhus toxicodendron Mich.). — 245 — 19* Brandt, R. Über die Zerstörung, welche der Frost in der Vegetation während des vergangenen Winters in Baden-Baden angerichtet hat. (Monatsschr. des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den K. Preufs,. Staaten, 23. Jahrg. 1880, p. 422). (Rhus vernicifera hat nicht gelitten), 20* Hager, H. Untersuchung des Wachses. (Chemisches Zentralblatt 1880, p. 367, nach pharmaceutische Zentralhalle 21, p. 119 und p. 129). 21.* Hirschsohn, E. Contributions to the chemistry of several varieties of wax. (The pharmaceutical Journal and Transactions, 3. ser., vol. 10, No. 508, p. 749. American Journal of Pharmaey, vol. 52, p. 303, 1880). 22* Bando. Der japanische Lackbaum, Rhus vernieifera DC., japanisch Uruschi-no-ki. (Danckelmann, Zeitschr. für Forst- und Jagdwesen, 13. Jahrg. 1880, p. 156). 23. Engler, A. Über die morphologischen Verhältnisse und die geographische Verbreitung der Gattung Rhus, wie der mit ihr verwandten lebenden und ausgestorbenen Anacardiaceae. (Engler’s botan. Jahrbücher I, Leipzig 1881, p. 365—427, tab. 4). 24.* Burgess. The beneficient and toxical effects of the various species of Rhus. (Pharm. Journ. XT, 858, 1881). 25.* Zabel, H. Die Frostwirkungen des Winters 1879/80 in den Gärten der Forstakademie Münden und einige Bemerkungen über dort in Kultur befindliche Gehölze, (Gartenflora 1881, p. 134, 266, 307, 335, 368, 389). (Rhus vernicifera ist stark zurückgefroren). 26.* Hooker, J. D. Report on the Progress and Condition of the Royal Gardens at Kew, During the Year 1880, London 1881, 14 p., 8°, (p. 11. Der chinesische Lackbaum ist nicht mit dem japanischen Rhus vernicifera identisch). 27. Geyler, H. Th. Über Kulturversuche mit dem japanischen Lackbaum (Rhus vernicifera DC.) im botanischen Garten zu Frankfurt a. M. (Abhandl. d. Senckenb. naturf. Gesellsch. 1881, Bd. 12, p. 199— 208). 28.* Rein, J. Das japanische Kunstgewerbe, Charakter und Kultur des Lackbaumes und Gewinnungs- weise des Rohlackes. (Österr. Monatsschr. f. d. Orient 1882, p. 52—58). 29.* Möller, J. Die forstlichen Acclimatisationsbestrebungen und ihre Bedeutung für die Industrie. (Wochenschr. des niederösterr,. Gewerbevereins 1882). 30* Quin, J .J. The Lacquer Industry of Japan (Pharm. Journ. XIII, 266, 1882). 31* Hikorokuro Yoshida. Chemistry of Laequer (Urushi) Part I (Journ. of the chemical society, vol. 43, p. 472—486). (Id. in Journ. de Pharm. et de Chimie IX, 320. Jahresber. f, Chemie für 1883, p. 1768), 32.* Hildebrandt, F. Übereinige Fälle von verborgenen Zweigknospen. (Bot. Zentralbl. IV, Bd. XIII, No. 6, p. 207—212, mit 6 Holzschn.), 1883, (Verborgene Zweigknospen kommen bei Rhus typhina vor, während bei Rh. vernicifera, Toxicodendron und Cotinus die Aehselknospen ganz frei liegen). 33. Engler, A. DBurseraceae et Anacardiaceae. (Monographiae Phanerogamarum, edit. A. et C. de Candolle, vol. IV, Paris 1883). (Hier auch die ältere Litteratur). 34.* Burmese Lacquer (Gardener’s Chroniele XXIV, 1885, p. 20), 35.* Holmes, E. M. Recent additions to the Museum of the Pharmaceutical Society. (Pharm. Journ, vol. XVI, 1885—1886, p. 701— 702). 36. Rein, J. Japan, nach Reisen und Studien im Auftrage der König. Preuls. Regierung dargestellt, II. Band, Land- und Forstwirtschaft, Industrie und Handel. Leipzig (W. Engelmann), 1886. (Vergl. p. 185 ff, p. 299, p. 404, 410). 37, 38.* 39. 40. 41.* 48. 49. — 246 — Feist, A. Über die Schutzeinrichtungen der Laubknospen dieotyler Laubbäume während ihrer Ent- wicklung. (Nova Acta d. Kais. Leop.-Carol. deutsch. Akad. d. Naturf., Bd. LI. No. 5, p. 303—344), Halle 1887. (Rhus vernicifera wird nur als Beispiel p. 318 erwähnt). Leroy. Culture des vegstaux exotiques. (Ass. franc. pour l’avanc des sciences. Compt. rend. 17. sess. Oran 1888, Paris, 1. P. p. 188, 2. P., p. 317—320). (Kulturversuche mit exotischen Pflanzen in Algerien; in Oran gelingt die Kultur von Rhus vernicifera). Eberhardt, L. A. Über den Japantalg. (Jnaug. Diss. Strafsburg, 32 p, 1 Taf, 1 Kart., New-York 1888. (Der erste Abschnitt über die Gewinnung des Lacks enthält auch Angaben über die geo- graphische Verbreitung des Lackbaumes, die auf der Tafel II kartographisch dargestellt ist, nach Reins Karte). Huth, E. Breunsäfte als Pflanzenschutz (Monatl. Mitt. aus dem Gesamtgebiet der Naturw., Frank- furt a. d. O., Bd. VII, 1890, p. 3—10), p. 9. Hitchcock, R. Über japanischen Lack. The Drugg. Cireul., 1890, vol. 34, No. 2, p. 31). Schober, A. Erzeugnisse der pflanzlichen Zelle. (Westermanns Monatshefte, Bd. 69, 1891, p. 679—683). (p. 681 wird Rhus vernicifera erwähnt). Engler, A. Anacardiaceae, Mit 140 Einzelbildern in 24 Figuren. (Engler-Prantl, die natürlichen Pflanzenfamilien, III. Teil, 5. Abt., p. 138—178, Leipzig 1892). Bührer, C. Die vegetabilischen Wachse. — Amer. Druggist 31, p. 97”—109. Zeitschr, f. Nahrungsm.- Unters., Hygiene und Waarenkunde VI (1892), p. 303—306. Dippel, L. Handbuch der Laubholzkunde, II. Teil, Berlin (P. Parey) 1892. ! (Vergl. p. 378 Rhus vernix). Koehne, E. Deutsche Dendrologie. Stuttgart 1893 (p. 361). Rein, J. Japanischer Lackbaum. (Sitzber. d. Naturhist. Ver. d. preufs. Rheinlande, Westfalens und des Reg.-Bez. Osnabrück, naturw. Sektion 1893, p. 25—27). Kultur des Lackbaums in Europa. (Helios. Monat]. Mitt. a. d. Gesamtgeb. d. Naturw, Frankfurt a. d. O., Bd. X, 1893, p. 27—28. (Nach Naturwissensch. Wochenschrift). Bertrand, G. Sur le latex de l’arbre & laque, (Comptes rendus hebd. des seances de l’acad. des sciences Paris 1894, vol. 118, p. 1215—1218). (Rhus vernicifera ist nicht speziell genannt). Bertrand, G. Sur le latex de l’arbre ä laque et sur une nouvelle diastase contenue dans ce latex. (C. rend. hebd. d. 1. Soc. Biol. a Paris 1894. 8. juni). Wittmack,L. Der japanische Lackbaum, Rhus vernicifera in Frankfurt a. M. (Gartenflora XLIII, 1894, p. 48). Kew Bulletin 1894. Veitch Collection of Japanese Vegetable products, p. 14—17. (Für das japanische Wachs wird nur Rhus succedanea als Stammpflanze angegeben). Waage, Th. Japanischer Lackbaum im Senckenbergischen Garten zu Frankfurt a. M. (Apotheker- Zeitung 1894, p. 464), Bretschneider, E. Botanical Investigation into the materia medica of the ancient Chinese. (Bd. III des Botanicon Sinicum, herausg. von China Branch of the Royal Asiatie Society). 624 p., Shanghai 1895. Shirasawa, H. Die Japanischen Laubhölzer im Winterzustande. Bestimmungstabellen. (Bulletin of the College of Agriculture. Tokyo Imperial University Japan, vol. II, p. 229—300. Tab. V—XVI), 1897. (p. 232. Kurze Oharakterisierung von Rhus vernicifera; Tab. V, Fig. 12, Abbildung eines Triebes mit Winterknospen). 56. 57, —_— 21 — Möbius, M. Über Wachsausscheidung im Innern von Zellen. (Berichte d. deutsch. bot. Gesellschaft, Jahrg. 1857, Bd. XV, p. 435—441). Diels, L. Die Epharmose der Vegetationsorgane bei Rhus L. $ Gerontogeae Engl, (Engler’s botan. Jahrbücher, Bd. XXIV, 1898, p. 568—647 mit Taf. XIV und 8 Fig. im Text). (Obgleich in dieser Arbeit Rhus vernicifera nicht speziell erwähnt wird, mufs sie doch wegen der Vergleichung der nahe verwandten Arten erwähnt werden). Köhler. Medizinal-Pflanzen. Band III. (Ergänzungsband) 1898, p. 94. Siebert, A. Der japanische Lackbaum (Rhus vernieifera DC.). (Hesdörffer’s Monatshefte für Blumen- und Gartenfreunde, I. Jahrg. 1898, Heft 3, p. 93—98 m. 2 Abb.). Dragendorff, G. Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten. Stuttgart 1898 (p. 399). Treumann, J. Die Mittel zur Verhütung des Rostes. (In der Zeitschrift: Stahl und Eisen 1898, 18. Jahrg., p. 882 und 940). (Als bestes Mittel giebt Verf. den japanischen Lack von Rhus vernicifera an). Möbius, NM. Über Bewegungsorgane an Blattstielen. (Festschrift für Schwendener, p. 37—62, Taf. III), 1899. (Diese Arbeit betrachte ich zugleich als die vierte meiner Mitteilungen aus dem botanischen Garten zu Frankfurt a. M. und die vorliegende Abhandlung über den Lackbaum als die fünfte. Hinsichtlich der drei ersten vergi. Bericht d. Senckenberg. naturf. Gesellsch., p. 81). Figurenerklärung der Tafel 1. Fig. 1. Ein weibliches Exemplar des Lackbaums von ca. 10 m Höhe im winterlichen Zustande, mit Frucht- rispen behangen. 2. Das Ende eines fast horizontal stehenden Zweiges mit den unteren Teilen der Blattstiele, um die verschiedenartigen Krümmungen in den Gelenkpolstern zu zeigen. Bei g die Grenze des neuen Triebes. 3. Ein einzelnes Blatt, stark verkleinert. Eine Rispe mit männlichen Blüten. 5. Eine Rispe mit weiblichen Blüten, beide auf ca. ?/s verkleinert. Es sind zwei kleinere Blütenrispen gewählt, die aber die Unterschiede recht charakteristisch zeigen. M= Frankfurta M,., Botanischer Garten, Ostern 1899, Druck von Aug. Weisbrod, Frankfurt a M Abhandl.d.Senckenb. naturf Gesellsch j Taf. Inhalt. Seite. Edinger, Ludwig, Dr., Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirnes, IV. Neue Studien über das Zwischenhirn der Reptilien. Mit 3 Tafeln . . . 2.2 .2.2.2.2..2...161—197 Möbius, M., Der japanische Lackbaum, Rhus vernicifera DC. Eine morphologisch-anatomische Studie, Mit 1 Tafel und 29 Abbildungen im Text’, 2 en m er 2a JUN 21 1982 Bi ABHANDLUNGEN HERAUSGEGEBEN VON DER SENÜKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. DRITTES HEFT. MIT VITITSAURSRSTIN? TERANKFURT a.M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG,. 1902. e Verfasser sind für 1} 2 m ; y ni Mr AUA. WEISBROD, FRANKFURTTAMı_— ABHANDLUNGEN HERAUSGEGEBEN VON DER SENOKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND DRITTES HEFT. MIT VIITAFELN. FRANKFURT a. M. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG, 1902. Über Tertiärpflanzen vom Himmelsberg bei Fulda. Von Prof. H. Engelhardt, Öberlehrer an der Dreikönigschule zu Neustadt-Dresden. Mit nee raner len: nei reidoT Tod Bi Hasn. ‚hl i>- 49delatittil MOV: alaarn Aut JUN 21 1982 Über Tertiärpflanzen vom Himmelsberg bei Fulda. Von Prof. H. Engelhardt, Oberlehrer an der Dreikönigschule zu Neustadt-Dresden. Mit fünf Tafeln. Überschauen wir das, was durch den Fleifs einer grofsen Anzahl Forscher über die tertiäre Pflanzenwelt bekannt geworden ist, so können wir mit Befriedigung gestehen, dals wir in Bezug auf dieselbe schon lange nicht mehr im Finstern tappen. An den ver- schiedensten Stellen unserer Erdrinde sind derselben eine Menge Fossilien entnommen worden, die uns eine Ahnung zu geben vermögen von dem Reichtum an Arten, die während des Tertiärs die Oberfläche unseres Planeten schmückten, die uns aber auch klar legen, welche Veränderungen in den Beständen der verschiedenen Gebiete während langer Zeit vor sich gingen. Trotzdem dürfen wir die Hände nicht in den Schofs legen; denn wie die fortdauernden neuen Entdeckungen zeigen, birgt die Erde noch vieles, das einmal das Bekannte bestätigt und ergänzt, wohl auch zuweilen in neuem Lichte erschauen lälst, das anderemal neben diesem aber auch bisher Ungekanntes und Vermifstes zu Tage fördert und so zur Befestigung, wie zur Erweiterung und Berichtigung unseres Wissens von der Vorwelt beiträgt. Da und dort liegt noch Unbearbeitetes in den Schubfächern der Sammler und Museen, das in wissenschaftliche Münze umgewandelt zu werden verdient. Wir sind noch nicht an dem Ziele, das uns gesteckt ist, angelangt; noch gilt es, unaus- gesetzt Lücken auszufüllen und das Material dazu überall herzunehmen, wo es sich findet. Einen kleinen Beitrag dazu sollen die folgenden Zeilen darbieten. 32* Wer einmal vom „deutschen Ätna,“ dem Vogelsberg, aus in die Weite geblickt, dem werden eine Menge aus der Ebene emporsteigende kleine Basaltberge, die ihn gleich Vasallen weithin umringen, aufgefallen sein. Auch in der Richtung nach Fulda hin ist es der Fall. Dort befindet sich unter ihnen der Himmelsberg! bei dem Dorfe Giesel. Beinahe auf der Höhe desselben durchteufte man nach mir von Herrn Lehrer Kunzmann ütigst gewordenen Mitteilungen in einem etwa 70 m tiefen Schachte zunächst Basalt, dann eine Thonschicht, unter welcher eine Schicht Triebsand und darunter Thon folgte, welcher die Decke der Kohle bildete. Letztere ist nach den mir vorgelegenen Proben Moorkohle mit Ligniteinschlüssen gewesen? und wurde, wie Zincken? bemerkt, in „zwei schmalen Flötzen“ gewonnen und durch einen nach SO getriebenen Stollen, der zum Teil noch er- halten geblieben ist, zu Tage gefördert. Im Jahre 1875 stellte man den Bergbau ein, weil in dortiger Gegend des Holzreichtums und der geringen Industrie wegen wenig Be- dürfnis nach Kohlen vorhanden und der Transport auf schlechten Wegen bis Fulda zu teuer war. Die Fossilien aber, welche man in den meist schwarzen, chokoladenbraunen oder porzellanjaspisfarbigen Thonen, weniger in den Kohlen fand, sind uns geblieben. Gesammelt wurden sie von Hassenkamp, der sich um die Petrefakten der Rhön und des Vogels- gebirges grofse Verdienste erworben hat, und aufbewahrt bleiben sie in dem Sencken- bergischen Museum zu Frankfurt a. M. Was wir bisher von ihnen erfuhren, war äufserst gering‘; durch diese Arbeit wird es jedoch ermöglicht, einen erweiterten Blick auf die eingebetteten Reste der tertiären Himmelsbergllora werfen zu können, weils sie ja von mehr als 100 Arten zu berichten, die sich in 46 Familien und 69 Gattungen einreihen lassen. Am stärksten vertreten sind unter ihnen die Cupuliferen (9 Arten), Papilionaceen (8), Iuglandeen (6), Rhamneen (5); ihnen folgen die Myriceen, Betulaceen, Proteaceen (mit je 4 Arten) und die Farne, Ulmaceen, Salieineen, Laurineen und Acerineen (mit je 3). ı Da durch die sogenannte „Breitfirst“ Rhön und Vogelsgebirge miteinander verbunden sind, eine scharfe Trennung mithin nicht existiert, so rechnen ihn die einen zur ersteren, die anderen zum letzteren. 2 Gleiche Verhältnisse zeigt nach Buchrucker das Lager beim Dorfe Rinderbügen. (Berg- u. Hüttenmänn. Ztg. v. Kerl u. Wimmer 1879, Nr. 11). > Physiographie d. Braunkoblen I. S. 541. * Heer nennt in Tertiärfl. d. Schweiz III. S. 301 f. nur Acer trilobatum, (uercus hagenbacht, Libocedrus salicornioides, Betula brongniarti und ein Blatt von Amygdalus pereger, welches mit einer Sphaeria besetzt ist. Schauen wir ihnen genauer ins Gesicht, so bemerken wir, dals die fossile Flora des Himmelsberges das mit den übrigen Tertiärfloren Europas gemein hat, dals sie Pflanzentypen in sich birgt, die in der Jetztzeit über alle Weltteile verteilt sind. Die amerikanischen herrschen vor und zwar derart, dals ihrer zweimal soviel erhalten sind, als asiatische, dreimal so viel als europäische und etwa siebenmal soviel als australische, was auch den afrikanischen gegenüber gilt. Bemerkt sei noch, dafs die südamerikanischen ungefähr die Hälfte der nordamerikanischen ausmachen und von diesen gleichviel Vertreter auf die west- liche als östliche Hälfte Nordamerikas kommen. Gilt es, diese Flora einer bestimmten Stufe einzureihen, so mufs in Betracht ge- zogen werden, dafs die während der Tertiärzeit stattgefundene allmähliche Abkühlung eine Veränderung in der Pflanzenwelt derart nach sich ziehen mufste, dafs nach und nach die Vertreter der warmen Gebiete unserer Erde in unseren Gegenden mehr und mehr denen der gemälsigten weichen mulsten. Nun aber sind in der Himmelsberger Tertiärflora beide in ungefähr gleicher Zahl vertreten und dies schliefst aus, dafs sie der Oligocänzeit zuzu- weisen sei, während welcher die ersteren noch die Oberhand hatten, womit auch das Zurück- treten der Moreen, Laurineen und Mimosaceen in Verbindung zu bringen ist; ebenso, dafs sie ins Pliocän versetzt werde, in dem nur noch wenige Vertreter wärmerer Gegenden neben der grofsen Masse der gemäfsigten sich vorfinden. Es bleibt also nichts übrig, als sie dem Miocän einzureihen. Aber welcher Stufe desselben? Da der Charakter der Oeninger Stufe (Obermiocän) eine grolse Annäherung der Pflanzenwelt an die jetztzeitige Mittelmeerflora bekundet, diese aber in unserem Materiale nicht zu bemerken ist, so ist diese ausgeschlossen. Es bleibt somit nur noch zu entscheiden, ob sie mehr den Charakter der Mainzer oder den der helvetischen Stufe bekundet. Scheiden wir alle Reste aus, welche als mehr oder weniger langlebige durch eine Reihe von Stufen hindurchgehen und uns somit keinen Fingerzeig zu geben vermögen, so bleibt uns eine grölsere Anzahl übrig, welche bisher entweder nur aus der ersteren oder aus dieser und der vorhergehenden aqui- tanischen bekannt geworden sind. Dazu gesellen sich solche, welche zuerst in der Mainzer Stufe auftreten neben solchen, die wir bisher nur aus dem Aquitanien kannten. Dies alles bestimmt uns, die Flora des Himmelsberges der Mainzer Stufe oder dem Unter- miocän einzureihen. Die Natur der Kohle weist darauf hin, dals während dieser Zeit sich auf diesem Berge ein Moorgebiet befand, das wohl zahlreiche Wasserlachen aufzuweisen hatte, die von Mengen von Salvinien belebt wurden. Bäume standen auf demselben, darauf deuten die oe in der Moorkohle eingeschlossenen Stämme hin — wohl auch das Gebüsch der Myriceen und Physagenia parlatorü. Die übrige Vegetation, an der Bäume hervorragenden Anteil nahmen, wird an den Grenzen sich angeschlossen haben; Pflanzen wie Planera, Alnus, Salix, Rhamnus, Juglans und Acer werden den durchfeuchteten Vordergrund bewohnt haben, während solche wie Quercus, Ulmus, die Leguminosen und Proteaceen sich ihnen auf trockenen Stellen anschlossen. Bestimmt wurde der Charakter der Landschaft durch eine Menge von Vegetationsformen; da standen neben der wahrscheinlich baumförmig auftretenden Goniopteris mit mehrfach geteilten Blättern Nadelhölzer mit ihren starren Nadeln; andere Pflanzen zeigten in ihrem Blattwerk bald die Form der Buchen, bald die der Weiden oder Lorbeeren, Rhamneen u. a.; Liquidambar entfaltete sein schönes Laubwerk, Lygodium und Fitis bekleideten da und dort einen Stamm und den Boden bedeckten Vaccinien und Ericaceen, auch krautartige Farne, über die sich zuweilen Strauchwerk erhob. Nach der Anzahl der gefundenen Blätter und Früchte zu schlielsen, ragten an Menge Glyptostrobus, Sequoia, Planera, Fagus, Betula, Acer, Pterocarya und Juglans hervor. Beschreibung der Arten. Pilze. Familie der Hyphomyceten Fr. Gattung Zhyllerium Fries. Phyllerium ulmi nov. sp. Taf. I, Fig. 1. Die Flecken sind schwarz, flach, klein, meist vierseitig. Sie befinden sich auf der Unterseite eines Dlattstücks von Ulmus brauni Heer. Familie der Pyrenomyceten Fr. Gattung Sphaeria Hall. Sphaeria aegeritoides nov. sp. Taf. I, Fig. 2, 3, 3a. Die Fruchtkörper sind sehr klein, kugelförmig, zu runden Partieen zusammen- gehäuft, meist gelb. — 255 — Die Pilze befinden sich auf Rindenstücken und heben sich durch ihre gelbe Farbe vom Schwarz der Kohle sehr deutlich ab. Sie erscheinen etwas geschrumpft. An einem nicht wiedergegebenen Stücke bedecken neben den kreisförmig, gehäuft zusammenliegenden noch eine Menge vereinzelt vorkommende den Nährboden und nehmen teilweise, jedenfalls von Bitumen gefärbt, schwarze Farbe an. Sie erinnern sehr an dAegerita Pers., auch an Solenia Hofim., doch sind sie nicht filzig; Nectria Fr. besitzt auch manche Ähnlichkeit, unterscheidet sich aber durch die rote Farbe. Bei der Behandlung unter dem Mikroskope lielsen sich Sporen nicht nachweisen, weshalb unser Pilz vielleicht zu den imperfekten zu rechnen sein dürfte. Sphaeria persistens Heer. Taf. I, Fig. 7a. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 147, Taf. 142, Fig. 14. Die Perithecien sind schwarz, eingesenkt, kurz oval oder rundlich, mit papillen- artiger Mündung versehen. Die meisten unserer Pilze stellen den geöffneten Zustand dar. Sphaeria dalbergiae Heer. Taf. I, Fig. 6. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 148, Taf. 142, Fig. 21. Die Peritheeien sind zerstreut, ein wenig grols, scheibenförmig, mit ziemlich grofser Öffnung versehen. Familie der Discomyceten Fr. Gattung Zrhylisma Fr. Rhytisma induratum Heer. Taf. I, Fig. 5. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 149, Taf. 112, Fig. 7. Das Stroma ist eingewachsen, dick, verschieden gestaltete Flecken bildend, runzelig, am Rande gekerbt, von unregelmälsigen Furchen durchzogen. Auf einem Blatte von Acer, das sicherlich bei seiner Einbettung dem Fäulnisprozesse unterworfen gewesen ist. Bhytisma acerinum Pers. sp. ähnlich. Sterile Myceliumformen. Gattung Aylomites Ung. Xylomites pterocaryae nov. sp. Taf. I, Fig. 4, a, b. Die Perithecien sind eingewachsen, kreisrund, in der Mitte mit erhabenem Nabel versehen. Dieser Pilz ist Xylomites umbilicatus Web. ähnlich, doch durchgängig kleiner und wohl auch auf anderer Pflanze befindlich. Xylomites betulae nov. sp. Taf. I, Fig. 40. Die Flecken sind von verschiedener Gestalt und Gröfse, schwarz, selten hell um- randet. in der Mitte meist heller als am Rande und eingedrückt. Auf einem Blatte von Betula prisca Pitt. F'arne. Familie der Polypodiaceen Mctten. Gattung Gonioßteris Pr. Goniopteris stiriaca Ung. sp. Taf. I. Fig. 8. Gardner et Ettingshausen, Al Monogr. of tlie Engl. Eoc. Fl. I. S. 39, Taf. 64, Staub, Zsithal S. 232, Taf. 28, Fig. 3, 4. Syn. Polypodites stiriacus Unger, Chl. prot. S. 121, Taf. 36, Fig. 1-5. — Lastraea (Gomiopteris) stiriaca Heer, Fl. d. Schw. I. S. 31, Taf. 7, 8. Ders., Bovey Tracey S. 28, Taf. 5, Fig. 12—15. — Lastraea stiriaca Heer, Fl. d. Schw. III. S. 151, Taf. 143, Fig. 7, 8. Ders., Spitzbergen S. 56, Taf. 11, Fig. 1. — Lastraea helvetica Heer, Fl. d. Schw. I. S. 33, Taf. 6, Fig. 2; III. S. 151, Taf. 143, Fig. 2—5. — Phegopteris stiriaca Ettingshausen, Bilin I. S. 16, Taf. 2, Fig. 16—18. — Lastraea (Phegopteris) stiriaca Heer, Polarl. S. 87, Taf. 45, Fig. 7. Das Laub ist gefiedert, die Fieder sind linealisch, sehr lang, die unteren grob- gekerbt oder gesägt, die oberen scharf- oder feingesägt; der Primärnerv tritt stark hervor und verläuft gerade, die Sekundärnerven entspringen unter spitzen Winkeln, sind dünn, ziemlich gerade oder ein wenig gebogen, gekrümmte, beinahe parallele, unter spitzen Winkeln entspringende Tertiärnerven zählt man in den unteren Fiedern gewöhnlich 6—7, in den oberen 4—5; die Fruchthäufchen sind rund und zweireihig. Ein steriles Fiederstück. Analoge jetztweltliche Art:? Goniopteris fraxinifolia Presl. Goniopteris (Phegopteris) prolifera Metten. (Brasilien, Mexiko). — Zeitliche Verbreitung:”? Eocän, Oligocän, Miocän. Familie der Aspidiaceen Metten. Gattung Aspidium Sw. Aspidium meyeri Heer. Taf. I. Fig. 9, 10, a. Heer, Fl. d. Schw. I. S. 36, Taf. 11, Fig. 2a—k. Engelhardt, Dux S. 142, Taf. 1, Fig. 18. Der Wedel ist gefiedert, die Fieder sind zu zwei genähert, linealisch -lanzettförmig, tief fiederteilig, die Lappen oval, an der Spitze zugerundet, ganzrandig, genähert; die Tertiär- nerven sind zart, einfach oder gegabelt. Einige Fiederstücke. Es ist interessant, zu erfahren, dals dieser selten nachgewiesene Farn, der bisher nur aus dem Miocän bekannt wurde, auch hier wieder in demselben auftritt. A. j. A.: Aspidium molle Sw. (Central-Amerika). — Z. V.: Miocän. Familie der Schizaeaceen Mart. Gattung Zygodium Sw. Lygodium sp. Taf. I. Fig. 14. Ich bildete das unvollständige Blatt, von dem blols ein Lappen vorhanden war, ab, um das Vorhandensein dieser Gattung zu konstatieren. Es läfst sich kaum der Art nach bestimmen. Familie der Salviniaceen Bartl. Gattung Salvinia Mich. Salvinia mildeana Göpp. Taf. I. Fig. 11—13. Göppert, Schossnitz S. 5, Taf. 1, Fig. 21—23. Unger, Syll. pl. foss. I. S. 5, Taf. 1, Fig. 7—10. Ettingshausen, Bilin S. 18, Taf. 2, Fig. 23. Heer, Balt. Fl. S. 17, Taf, 3, Fig. 1, 2. Engelhardt, Dux S. 144, Taf. 1, Fig. 26, 27. Die Luftblätter sind klein, oval, an Spitze und Grund stumpf, sitzend, nach oben reihenweise mit Papillen besetzt; der Mittelnerv ist zart, aber deutlich, die Seitennerven sind sehr zart, randläufig und einfach. ı Fernerbin abgekürzt: A. j. A. » Weiterhin: Z. V. Abhandl. d Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 33 Solche zeigten sich sehr häufig, meist aber unvollständig, zerrissen Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Equisetaceen DC. Gattung Z/hysagenia Heer. Physagenia parlatorii Heer. Taf. I. Fig. 17. Heer, Fl. d. Schw. I. S. 109, Taf. 42, Fig 2—17; III. S. 158, Tat. 145, Fig. 17, 18. Unger, Syll pl. foss. I. S. 4, Taf. 1, Fig. 5, 6. Das Rhizom ist lang, gegliedert, röhrig. längsgestreift: die Knoten tragen Blasen oder Blasenreihen; die Blasen sind oval, gefurcht, wirtelig gestellt. 7. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Gramineen R. Br. Als Land- und Flufswasserpflanzen über die ganze Erde verbreitet. Gattung Zoacites Brongn. Poaeites laevis Al. Br. Taf. I. Fig. 16. Stitzenberger, Verz. S. 74. Heer, Fl. d. Schw. I. Fig. 8b. 2. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 82, Taf. 16, Fig. 8. 69, Tat. 25, Eig.10; Taf. 24, Fig. 7a; Tafr29 Engelhardt, Jesuitengr. S. 16, Taf. 1, Fig. 23, 26. Ders Ettingshausen, Bilin I. S. 23, Taf. 6, Fig. 4. „ı Dux2s. 147. Taf. 2, Bier 17a. Der Halm ist 5—7 mm breit, die Stengelstücke sind lang, gestreift, die Blätter 4—6 mm breit, mit 7—12 ebenen Längsnerven versehen. Nur ein Halmstück wurde gefunden. Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Juncaceen Ag. Gattung Juncus L. Juncus retractus Heer. Taf. 1. Heer, RM}. d, Schw. II. S, 81, Taf. 30, Fig. 3; Taf. '27, Fig. '2’e; Taf. 29, Fig. 8a. Braunk. v. Sachsen S. 36, Taf. 11, Fig. 3. Ders., Dux S. 149, Taf. 2, Fig. 17b. 8. 103, Tat, 6, Rio. 2, Fig. 15. Engelhardt, Ettingshausen, Bilin I. Die Halme sind 1—1'/s lin. breit, deutlich gestreift. Z. V.: Oligocän. Familie der Smilaceen R. Br. Die Glieder dieser Familie bewohnen den ganzen Erdkreis, die meisten Amerika. Die Gattung Smilax tritt zuerst im Tertiär auf. — 239 — Gattung Smilax Tourn. Smilax sp. Taf I. Fig. 47. Ein unvollständiges Blatt, das solchen von Smilax lingulata Heer (Balt. Fl. S. 63, Taf. 16, Fig. s—10) am nächsten stehen dürfte, ist vorhanden. Es ist lanzettförmig, unter- halb der Mitte am breitesten, zeigt sich nach Spitze und Grund hin verschmälert und weist fünf Hauptnerven auf, von denen der mittelste am stärksten ist. Die ihm zunächst stehenden mögen wohl die Spitze erreicht haben, die dem Rande ganz nahe befindlichen jedoch nicht; die Felder zeigen in spitzen Winkeln ausgehende sehr zarte Nerven. Familie der Gupressineen Rich. Meist in den gemälsigten Zonen einheimisch. Gattung Callitris Vent. Callitris brongnwiarti Endl. sp. Taf. I. Fig. 21, 22. Unger, Syll. pl. foss. IV. S. 66, Taf. 20, Fig. 8, 9. Ders., Kumi S. 42, Taf. 1, Fig. 1, 2. Eittings- hausen, Sagor I. S. 9, Taf. 2, Fig. 30, 31. Saporta, Sud-Est de la France I. S. 56, Taf. 2, E1096-,. Taf 38 Fig. 1; II. S. 183, Taf. 1, Fig. 6. Engelhardt, Leitm. Geb. S. 370, Taf. 4, Fig. 10, 11. Ders., Jesuitengr. Sanl8,. af. 1, Kiga 32: Syn. Thuites callitrina Unger, Chl. prot. S. 22, Taf. 6, Fig. 1-8; Taf. 7, Fig. 1-11. — Callitrites brongniartüi Endlicher, Syn. conif. S. 274. Göppert, Mon. d. foss. Conif. $. 179, Taf. 17, Fig. 9—12. Ettings- hausen, Häring, S. 34. Taf. 5, Fig. 7—35. Sismonda, Piemont. 8.15, Taf. 4, Fig. 3, 4. — Gouania protogaea Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 467. — Thuwia saviana Gaudin, Fl. foss. ital. IV. S. 19, Taf. 1, Fig. 1—5. Die Stengel sind wechselständig, zusammengedrückt, gegliedert, gestreift, mit kleinen zugespitzten Blättchen versehen; die Zäpfchen stehen an beblätterten Seitenzweigen einzeln, hängen über, sind eirund, fast kugelig, fast bis zum Grunde vierklappig, die gleichen Klappen spitz, am Rücken erhaben, warzig; die Samen ziemlich walzenförmig, von einer knorpeligen Haut umgeben, beiderseits mit häutigem Flügel versehen. Es sind nur wenige Stengelstücke aufgefunden worden. Diese Art ist aus dem mittleren und südlichen Teile Europas bekannt geworden, wo sie an zahlreichen Orten aufgefunden wurde. A. j. A.: Callitris quadrivalvis Vent. (Westl. Nord-Afrika). Z. V.: Oligocän, Miocän. Gattung Zidocedrus Endl. Libocedrus salicornioides Endl. sp. Taf. I. Fig. 23—26. Heer, Fl. d. Schw. I. S. 47, Taf. 21, Fig. 2. Ettingshausen, Bilin I. S. 109, Taf. 10, Fig. 1-7, 14. Ders., Schoenegg I. S. 70, Taf. 1, Fig. 21, 22. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 10, Taf. 1, Fig. 4, 5. Ders., Leitm. Geb. S. 368, Taf. 4, Fig. 4—8. Ders., Jesuitengr. $. 18, Taf. 1, Fig. 27—30. 33* — 260 — Syn. Thuyites salicornioides Unger, Chl. prot. S. 11, Taf. 2, Fig. I—4, 7; Taf. 20, Fig. 8. — Libocedrites salicornioides Endlicher, Conit. S. 275. Göppert, Mon. d. foss. Conif. S. 179, Taf. 18. Ders., Schossnitz 8. 6, Taf. 2, Fig. 1—3. Weber, Palaeont. II. S.160, Taf. 18, Fig. 10. Ludwig, Palaeont. V. S. 154, Taf. 33, Fig. 13. Saporta, Sud-Est de la France II. S. 186, Taf. 1, Fig. 4. Die Zweige bestehen aus keilförmigen Gliederstücken ; die Blätter sind klein, schuppen- förmig, laufen am Stengel herab, bedecken die stumpfen Ränder der Gliederstücke und sind vierreihig angeordnet. Eine gröfsere Anzahl kleinerer Stücke wurde aufgefunden. A. j. A.: Libocedrus decurrens Torr. (Kalifornien) in Bezug auf die Blätter, L. chi- lensis Endl. (Chile.) in der Verzweigung. Z. V.: Oligoeän, Miocän, Pliocän. Familie der Taxodineen Schenk. In Ostasien, Mexiko und im Westen und Süden der Vereinigten Staaten. Gattung G/yptostrobus End). Glyptostrobus europaeus Bronen. sp. Taf. I. Fig. 13—20. Taf. U. Fig. 12. Heer, Fl. d. Schw. I. S. 51, Taf. 19; Taf. 20, Fig. 1; III. S. 159, Taf. 146, Fig. 13, 14. Ders., Beitr. S. 3, Taf. 5, Fig. 11. Ders., Polarl. S. 90, Taf. 3, Fig. 2—5; Taf. 45, Fig. 20—22. Ders., Balt. Fl. S. 54, Taf. 13, Fig. 24—27; Taf. 14, Fig. 13—16. Ders., Alaska S. 22, Taf. 1, Fig. 7b—f.; Taf. 3, Fig. 10, 11a, b. Ders, Zsillythal. S. 11, Taf. 1, Fig. 4, 5. Ders., Nachtr. z. Grönld. S. 6, Taf.1, Fig. 6b, c. Ettingshausen, Köflach S. 10, Taf. 1, Fig. 2. Ders., Bilin I. S. 37, Taf. 10, Fig. 10—12; Taf. 11, Fig. 3—7, 11, 12. Gaudin et Strozzi, Toscane S. 2, Taf. 1, Fig. 5—10. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 152, Taf. 5, Fig. 23, 28; Taf. 40 Fig. 1. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 71, Taf. 12, Fig. 2. Unger, Kumi, $. 18, Taf. 1, Fig. 3—11. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen. $. 29, Taf. 9, Fig. 1. Ders., Göhren S. 12, Taf. 2, Fig. 11—14. Ders., Leitm. Geb S. 369, Taf. 4, Fig. 9. Ders., Liebotitz u. Putschirn 8. 78, Taf. 1, Fig. 2. Saporta, Koumi S. 4, Taf. 2, Fig. 1—4. Ders., Meximieux $. 221, Taf. 23, Fig. 1—7; Taf. 37, Fig. 18. Lesquereux, Tert. Fl. S.74, Taf. 7, Fig. 1, 2. Velenovsky, Vrsovie S. 15, Taf. 1, Fig. 21—26. Beck, Mittweida S. 755, Taf. 31, Fig. 6. Syn. Thuyites gramineus Sternberg, Vers. 1. S. 38, Taf. 35, Fig. 4. — Taxodium europaeum Brong- niart, Ann. des se. nat. XXX. S. 168. Al. Braun in Buckland, Geology S. 514, — Taxodium oeningense Al. Braun, Jahrb. 1845, S. 167. — Taxodites europaeus Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 350. Göppert, Monogr. d. Conif. S. 192, Taf, 22, Fig. 1. — Tuxodites racemosus Göppert, Monogr. d. foss. Conif. S. 184. — Tuaxodites oeningensis Endlicher, Syn. Conif. S.299. Ettingshausen, Wildshut S. 42, Taf. 1, Fig. 2. — G@lyptostrobus oeningensis Unger, Gleichenberg. S. 25. — Glyptostrobus ungeri Heer, Fl. d. Schw. I. S. 52, Taf. 18, 21, Fig. 1. Ders., Spitzb. S. 58, Taf. 11, Fig. 2-8; Taf. 12, Fig. 1; Taf. 31, Fig. 1, 6b; Taf. 32, Fig. 4. Ders., Sibir. u. Amurl. S. 38, Taf. 9, Fig. 9a, 10—13; Taf. 13, Fig. 2b, 3, 4b, c. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 71, Taf. 12, Fig. 2. — Glyptostrobus bilinicus Ettingshausen, Bilin I. S. 39, Taf. 11, Fig. 1, 2, 10. — Pterospermites vagans und P. lunulatus Heer, Fl. d. Schw. Ill. Taf. 109, Fig. 1-6. Die Blätter sind spitz, schuppenförmig, angedrückt, am Grunde herablaufend, un- gerippt, bisweilen linealisch, abstehend; die Zapfen kurz, eiförmig oder beinahe kugelig, die Eee ‘Schuppen verholzt, an ihrer halbkreisförmigen Spitze mit 6—8 Kerbzähnen versehen oder beinahe glatt, am oberen Teile des Rückens der Länge nach gefurcht, am mittleren aber zart und mit festen Anhängseln versehen, die wenig gekrümmten Samen geflügelt, am Grunde ausgerandet. Reste dieser Pflanze und zwar Ästchen wie Zapfen fanden sich zahlreich vor. Die Gattung Glyptostrobus entstammt der Kreidezeit. Unsere tertiäre Art hatte eine sehr weite Verbreitung und war Nordamerika wie Europa gemeinschaftlich, wo sie vielfach mit Taxodium distichum miocenum Heer vergesellschaftet auftrat. Sie ist wohl zirkumpolaren Ursprungs. Die analoge, jetztweltliche Art, darf nur als zeitlich, nicht als durch habituelle Verschiedenheit getrennt angesehen werden. Gegen früher hat sie gewaltig an Terrain ver- loren, da sie jetzt nur noch in einem Teile Chinas an feuchten sumpfigen Stellen, besonders an den Ufern von stehenden Gewässern vorkommt. A. j. A.: Glyptostrobus heterophyllus Endl. (China). Z. V.: Eocän bis Pliocän. Gattung Seguoia Endl. Sequoia langsdorfii Brongn. sp. Taf. I. Fig. 27—38. Heer, El. d. Schw. I. S. 54, Taf. 20, Eig, 257 Taf. 21,7Ris. 4:/I1T. 'S. 159), Taf. 146, Fig. Tb, c. Ders., Vancouver S. 6, Taf. 1, Fig. 1-5. Ders., Polarl. S. 91, Taf. 2, Fig. 2—-22; Taf. 45, Fig. 13a, c, 14—18. Ders., North Greenl. S. 464, Taf 40, Fig. 5b; Taf. 43, Fig. 1-3; Taf. 44, Fig. 2—4; Taf. 46, Fig. 1a, 7b; Taf. 55, Fig. 3a. Ders., Alaska S. 23, Taf. 1, Fig. 10. Ders., Nachtr. z. Grönld. S. 4, Taf. 2, Fig. 5. Ders., Spitzbergen S. 59, Taf. 12, 13, 25, Fig. 15. Ders, Nord-Kanada S. 13, Taf. 1, Fig. 2a, 7. Ders., Balt. Fl. S. 21, Taf. 3, Fig. 11; S. 54, Taf. 13, Fig. 14, 16, 18c; Taf. 14, Fig. 20—23; Taf. 16, Fig. 5. Ettingshausen, Köflach, S. 743, Taf. 1, Fig. 3. Ders., Bilin I. S. 39, Taf. 13, Fig. 9, 10. Gaudin, Fl. foss. ital. II. S. 36, Taf. 2, Fig. 8, 9; Taf. 10, Fig. 10. Unger, Kumi, S. 21, Taf. 2, Fig. 17—20. Engelhardt, Göhren, S. 13, Taf. 2, Fig. 17, 13. Ders., Leitm. Geb. S. 356, Taf. 1, Fig. 3. Sieber, Nordböhm. Braunk. S. 93, Taf. 5, Fig. 47b. Velenovsky, Vrsovie S. 16, Taf. 1, Fig. 283—35. Göppert u. Menge, Fl. d. Bernst. S. 37, Taf. 14, Fig. 129—139. Friedrich, Prov. Sachsen S. 86, Taf. 7, Fig. 13. Gardner, Brit. Eoc. Fl. S. 41, Taf. 10, Fig. 1. Staub, Zsilthal S. 249, Taf. 19, Fig. 5, 7. Syn. Tawites langsdorfii Brongniart, Prodr. S. 108, 208. Unger, Swoszowice 8. 122, Taf. 13, Fig. 1. Ders., Iconogr. S. 103, Taf. 38, Fig. 12—16. Weber, Palaeont. II. S. 116, Taf. 18, Fig. 8, 9. Gardner, Brit. Eoe. Fl. I. S. 26, Taf. 1, Fig. 1—13.; Taf. 5, Fig. 13, 14; Taf. 9, Fig. 22—26, 28—30. — Taxites affinis Göpp. et Menge, Bernstein S. 104, Taf. 3, Fig. 30. — Tawites rosthorni Unger, Chl. prot. S. 83, Taf. 21, Fig. 4 bis 6. — Tawites phlegetonteus Unger, Ieonogr. S. 103, Taf. 38, Fig. 17. — Cupressites taxiformis Unger, Chl. prot. S. 18, Taf. 8, Fig. 1-3; Taf. 9, Fig. 1—4. — Pinites lanceolatus Unger, Iconogr. S. 94, Taf. 35, Fig. 5. — Pinites cohniamus Göppert, Schossnitz S. 8, Taf. 2, Fig. 10. — Sequoia senogalliensis Mass. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 72, Taf.'15, Fig. 1. — Sequoia angustifolia Lesquereux, Tert. Fl. S. 77, Taf. 7, Fig. 6-10. — Sequoia heeri Lesquereux, Tert. Fl. S. 77, Taf. 7, Fig. 11—13. — Sequoia towmalii Brongn. sp. Gardner, Brit. Eoc. El. S. 40, Taf. 5, Fig. 1—12. Die Blätter sind steif, linealisch, am Grunde verschmälert und angewachsen - herunter- laufend, gedrängt abstehend; der Mittelnerv ist stark. Die Zapfen sind halbzolllang, oval, die Schuppen schildförmig, in der Mitte mit einem Stachelspitzchen versehen. Eine grölsere Anzahl Ästehen und Aststücke sind vorhanden, ebenso Zäpfchen und Samen. Dieser Baum gehört zu den langlebigen Pflanzen. Wir finden ihn schon während der Kreidezeit in den Nordpolargegenden, von wo aus er sich während des Tertiärs über einen grolsen Teil Europas (bis nach Italien), Asiens und Nordamerikas ausbreitete, während er in der Jetztzeit als Segquoia sempervirens Endl. nur noch in Kalifornien wildwachsend angetroffen wird. Die Lokalitäten, an denen er nachgewiesen werden konnte, sind sehr zahlreich. Da seine Blätter mannigfach abändern, so ist es erklärlich, dafs Formeneigen- tümlichkeiten für die Charaktere verschiedener Arten gehalten wurden und so Veranlassung zu den zahlreichen Synonymen gaben. Z. V.: Kreide, Eocän, Oligocän, Miocän, Pliocän. Familie der Abietineen Rich. Die meisten Glieder in der nördlich gemäfsigten Zone, weniger im Polargebiete, in: der heilsen Zone nur auf Gebirgen, wenige auf der südlichen Halbkugel. Gattung Pinus L. Pinus hepios Ung. sp. (?) Taf. I. Fig. 41. Heer, Fl. d. Schw. I. S. 57, Taf. 21, Fig. 7. Ders., Balt. Fl. S. 58, Taf. 14, Fig. 2—4. Ettings- hausen Sagor I. S. 13, Taf. 1. Fig. 29. Engelhardt, Berand S. 12, Taf. 1, Fig. 19. Syn. Pinites hepios Unger, Iconogr. pl. foss. S. 26, Taf. 13, Fig. 6—9. Massalongo, Fl. foss. Senigall. S. 161, Taf. 5, Fig. 15, 16; Taf. 40, Fig. 10. Die Nadeln stehen paarig, sind sehr lang, dünn, rinnig, die Scheide ist verlängert. Wir können nur sagen, dals unser Nadelpaar wahrscheinlich zu dieser Art gehöre, da der Grund desselben nicht erhalten geblieben ist. Die Nadeln sind freilich etwas breiter als die von Unger abgebildeten und man könnte sie darauf hin von dieser Art ausschlielsen ; da jedoch erstere in ihrer Stärke schwanken, sogar innerhalb eines und desselben Kurz- triebes, so wäre es leicht möglich, dals sie mit ihnen zu vereinigen seien. In der Stärke: kommen sie mit den von Heer hierhergezogenen Nadeln aus der Baltischen Flora überein. Neuerdings hat Menzel in Gymnospermen d. nordböhm. Braunkohlenf. I. S. 66 die Kurztriebe mit dickeren Nadeln unter dem Namen P. laricioides von dieser Art abgetrennt. A. j. A.: Pinus mitis Mich. (Litorale Nord-Amerikas) und P. laricio Poir. (Süd- Europa). Z. V.: Oligocän, Mioeän. — 263 — Familie der Podocarpeen Endl. In der Gegenwart einheimisch im tropischen und extratropischen Südamerika, am Kap der guten Hoffnung, in Ostindien und auf Neuseeland. Gattung Podocarpus Her. Podocarpus eocenica Ung. Taf. I. Fig. 42. Unger, Sotzka S. 158, Taf. 23, Fig. 11—16. Ders., Syll. pl. foss. S. 10, Taf. 3, Fig. 4—8. Ettings- hausen, Häring S. 37, Taf. 9, Fig. 4—16. Ders., Bilin I. S. 42, Taf. 13, Fig. 1, 2. Ders., Schoenegg 1. S. 76, Taf. 1, Fig. 94. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 166, Taf. 5, Fig. 36; Taf. 29, Fig. 16. Heer, El. d. Schw. I. S. 53, Taf. 20, Fig. 3a—h. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 12, Taf. 2, Fig. 4, 5. Ders., Göhren S. 13, Taf. 2, Fig. 15, 16. Ders., Jesuitengr. S. 19, Taf.-1, Fig. 37, 38. Ders., Meuselwitz S. 9, Mar 1, Big. 7. Syn. Podocarpus taxites Unger, Sotzka S. 158, Taf. 23, Fig. 17. Ders. Kumi S. 22, Taf. 2, Fig. 24, 25. Saporta, Sud-Est de la France II. S. 227, Taf. 4, Fig. 8. — Podocarpus mueronulata Bttings- hausen, Häring S. 37, Taf. 9, Fig. 3. Die Blätter sind linealisch -lanzettlich, etwas sichelförmig. in den kurzen Blattstiel verschmälert, zugespitzt, lederig, mit einem einzelnen Nerven in der Mitte versehen. Nur das Bruchstück eines Blattes vorhanden. A. j. A.: Podocarpus chilina Rich. (Chile). Z. V.: Eoeän, Oligocän, Miocän. Familie der Myriceen Rich. Die Glieder dieser kleinen, meist aus Sträuchern bestehenden Familie zeigen sich jetzt über einen grolsen Teil der Erde zerstreut, in der Mehrzahl in tropischen und sub- tropischen, in der Minderzahl in aufsertropischen Gegenden. In der Vorwelt trat die Gattung Myrica zuerst in der Kreide auf; im Tertiär erblicken wir sie schon im Untereocän:; im Öligocän und Miocän zeichnete sie sich durch grolse Verbreitung und Artenzahl aus. Gattung Myrica L. Myrica banksiaefolia Ung. Taf. I. Fig. 45. Unger, Syn. pl. foss. S. 214. Sotzka S. 30, Taf. 6, Fig. 3, 4. Taf. 7, Fig. 2-6. Heer, Balt. Fl. S. 67, Taf. 18, Fig. 4. Ders., Alaska S. 28, Taf. 2, Fig. 11. Ders., Zsilthal S. 13, Taf. 1, Fig. 7. Engel- hardt, Jesuitengr. S. 19, Taf. 2, Fig. 1. Syn. Dryandroides banksiaefolia Heer, Fl. d. Schw. I. S. 102, Taf. 100, Fig. 3—10; III. S. 157, Taf. 153, Fig. 6. Sismonda, Piemont S. 54, Taf. 17, Fig. 8. Ludwig, Palaeont. V. S. 146, Taf. 31, Fig. 10. — Dryandroides angustifolia Unger, Sotzka S. 39, Taf. 20, Fig. 1—6. Wessel & Weber, Palaeont. IV. S. 148, Taf. 26, Fig. 2. — Banksia ungeri Ettingshausen, Häring S. 54, Taf 17, Fig. 1—22; Taf. 18. Fig. 1—6. Die Blätter sind gestielt, steif, lederig, linealisch oder linealisch - lanzettförmig. überall scharf gesägt, beiderseits zugespitzt; die Seitennerven entspringen unter beinahe rechtem Winkel, sind genähert, einfach, parallel, bogenläufig. Nur das abgebildete Blatt vorhanden. A. j. A.: Myrica cerifera L. (Nordamerika), M. esculenta Don. (Nepal), M. californica: Cham. (Kalifornien). Z. V.: Unteroligocän bis Obermioeän. Myrica acuwminata Ung. Taf. I. Fig. 44. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 396. Ders., Sotzka S. 30, Taf. 6, Fig. 6—10; Taf. 7, Fig. 9. Heer, Polarl. S. 102, Taf. 4, Fig. 11—16; Taf. 7, Fig. 6b, c. Ders., Bornstädt, S. 13, Taf. 2, Fig. 1. Ders., Balt. Fl. S. 33, Taf. 7, Fig. 1. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 14, Taf. 3, Fig. 8, 9. Ders., Leitm. Geb. S. 357, Taf. 1, Fig. 5; S. 374, Taf. 5, Fig. 2. Ders., Jesuitengr. S. 20, Taf. 2, Fig. 9. Ders., Dux S. 153, Taf. 3, Fig. 13. Ders., Meuselwitz S. 12, Taf. 1, Fig. 31. Lesquereux, Tert. Fl. S. 130, Taf. 17, Fig. 1—4. Syn. Dryandroides acuminata Ettingshausen, Bilin II. Taf. 35, Fig. 9, 10. Heer, Fl. d. Schw. S. 103. Taf. 99, Fig. 17—21; Taf. 100, Fig. 1, 2. Die Blätter sind linealisch oder linealisch-lanzettlich, scharf gezähnelt oder fein gesägt, in eine lange Spitze ausgezogen, am Grunde verschmälert; der Mittelnerv ist deutlich, die Seitennerven sind, wo sie sich erhalten zeigen, genähert, zahlreich, gebogen und gehen unter‘ spitzen Winkeln aus. Es ist mir vom Himmelsberg nur das abgebildete Blatt zu Gesicht gekommen. Z. V.: Im Oligocän häufig, im Miocän selten. Myrica lignitum Ung. sp. Taf. I. Fig. 46. Heer, Polarl. S. 102. Ders., Balt. Fl. S. 32, Taf. 7, Fig. 2. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen 8. 13, Taf. 3, Fig. 3, 4. Ders., Göhren S. 17, Taf. 2, Fig. 28. Ders., Leitm. Geb. S. 373, Taf. 4, Fig. 21, 22. Ders. Cyprissch. S. 7, Taf. 7, Fig. 14-—16. Ders., Dux 8. 153, Taf. 4, Fig. 10—14. Ders., Bosnische Tertiärpfl. S. 86, Taf. 5, Fig. 5. Syn. @uercus lignitum Unger, Chl. prot. S. 113, Taf. 31, Fig. 5—7. Ders., Iconogr. pl. foss. S. 106, Taf. 60, Fig. 1—7. Sismonda, Piemont S. 54, Taf. 18, Fig. 5. — Dryandroides lignitum Ettingshausen, Prot. d. Vorw. S. 33, Taf. 5, Fig. 3—5. Ders., Häring S. 57, Taf. 20, Fig. 5—7. Ders., Bilin II. S. 18, Taf. 35, Fig. 4—7, 14, 15. Ders., Wetterau S. 857, Taf. 3, Fig. 12, 13. Ders., Leoben I. S. 283, Taf. 2, Fig. 9. Heer, Fl. d. Schw. II. 8. 101, Taf. 99, Fig. 9—15; III. S. 187, Taf. 153, Fig. 13. — Quercus commutata Unger, Ieonogr. pl. foss. 8. 105, Taf. 60, Fig. 8-10. — Myrica lancifolia Ludwig, Palaeont. VIII. S. 94, Taf. 28, Fig. 8; Taf. 29, Fig. 5. — Myrica ungeri, Ludwig, Palaeont. VIII. S. 9%, Taf. 30, Fig. 3. Die Blätter sind derb lederartig, lanzettförmig, linealisch-lanzettförmig oder elliptisch- lanzettförmig, lang gestielt, am Grunde in den Stiel verschmälert, zugespitzt, unregelmälsig und entfernt gezähnt, oder ganzrandig; der Mittelnerv ist kräftig, nach der Spitze zu all- mählich verdünnt, die Seitennerven- sind meist deutlich, genähert, einfach, bogenläufig und entspringen unter ziemlich rechtem Winkel. Es lag nur ein Blatt vor. A. j. A.: Myrica pennsylvanica Lam. (Nordamerika). Z. V.: Vom Oligocän bis ins Pliocän.- Myrica hakeaefolia Ung. sp. Taf. I. Fig. 43, 50, 5l. Heer, Polarl. S. 102. Ders., Balt. Fl. S. 66, Taf. 18, Fig. 6. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 14, Taf. 3, Fig. 5—7. Ders., Leitm. Geb. $. 373, Taf. 5, Fig. 1. Ders., Tschernowitz S. 374, Taf. 2, Fig. 10, 11. Ders., Grasseth S. 291, Taf. 21, Fig. 14. Ders., Jesuitengr. S. 20, Taf. 2, Fig. 3—8, 27. Ders., Dux S. 154, Taf. 4, Fig. 1—9, 15—22. Syn. Dryandroides hakeaefolia Unger, Gen. et sp. pl. S. 428. Ders., Sotzka S. 169, Taf. 41, Fig. 7 bis 10. Ders, Kumi S. 60, Taf. 9, Fig. 4—15. Ettingshausen, Häring S. 56, Taf. 20, Fig. 1, 2. Ders., Mte Promina S. 34, Taf. 7, Fig. 15. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 100, Taf. 98, Fig. 1-13; Taf. 99, Fig. 4 bis 8; III. S. 187, Taf. 153, Fig. 7. Ders., Beitr. S. 21, Taf. 10, Fig. 7. Ders., Bovey-Tracey S. 46, Taf. 14, Fig. 12a. — Lomatia Swanteweti Unger, Sotzka S. 170, Taf. 42, Fig. 1, 2. — Quercus nereifolia Heer, Fl. d. Schw. IH. Taf. 74, Fig. 7. Die Blätter sind lederartig, fest, lanzettförmig oder linealisch-lanzettförmig, in den Stiel verschmälert, zugespitzt und entfernt gezähnt, nach dem Grunde zu oder auch durch- gehend ganzrandig, die meisten vorhandenen Zähne ungleich; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind zart, flach - bogenförmig und die Nervillen ziemlich so stark als die Sekundärnerven. Mehrere Blätter von verschiedener (Gröfse, eine wohl hierherzuziehende, an der Ober- fläche gekörnelte Frucht. A. j. A.: Myrica macrocarpa H. B. (Peru, Neu-Granada). Z. V.: Eocän, Oligocän, vereinzelt im Miocän. Familie der Betulaceen Bartl. Die Glieder dieser Familie gehören in der Jetztzeit fast ausschlielslich den kalten und gemälsigten Teilen der nördlichen Halbkugel an; in den Tropen finden sich solche nur in den höchsten Berggegenden. Aus früheren Zeiten finden wir sie schon in dem unteren Eocän; im Oligocän und Miocän wurden sie immer artenreicher. Sicher ist die Familie borealen Ursprungs. Gattung Detula Tourn. Betula prisca Ett. Taf. I. Fig. 40. Ettingshausen, Wien, S. 11, Taf. 1, Fig. 15, 17. Ders., Heiligenkreuz S. 5, Taf. 1, Fig. 3. Ders., Bilin, S. 45, Taf. 14, Fig. 14—16. Göppert, Schlossnitz S. 11, Taf. 3, Fig. 11, 12. Gaudin et Strozzi Fl. ital. IV. S. 20, Taf. 1, Fig. 14. VI. S. 12, Taf. 2, Fig. 10. Heer, Polarl. S. 148, Taf. 25, Fig. 9a, 20—25; Taf. 26, Fig. 16c. Ders., Balt. Fl. S. 70, Taf. 18, Fig. $—-15. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 16, Taf. 3, Fig. 19—21; Ders., Leitm. Geb. S. 374, Taf. 5, Fig. 3—6. Ders., Jesuitengr. S. 20, Taf. 2, Fig. 22. Ders., Dux S. 27, Taf. 3, Fig. 3, 14, 16—18. Syn. Carpinus betuloides Unger, Jconogr. pl. foss. S. 40, Taf. 20, Fig. 6-8. — Alnus similis Göppert, Schossnitz S. 13, Taf. 4, Fig. 5. Die Blätter sind wechselständig, eiförmig, langgestielt, gesägt; der Mittelnerv tritt Ahhandl. d. Senckenb. naturf. Ges Bd. XX. 34 — 26 — am Grunde hervor, verläuft gerade, die Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln, sind einfach, fast gerade, gleichlaufend. Ein Blatt. A. j. A.: Betula rhojpalthra Wall. (Ostindien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Betula brongniartii Ett. Taf. I. Fig. 49; Taf. II. Fig. 1, 2. Ettingshausen, Wien S. 12, Taf. 1, Fig. 18. Ders., Heiligenkreuz S. 5, Taf. 1, Fig. 4, 5. Ders., Wetterau 8. 25, Taf. 1, Fig. 5. Ders., Bilin I. S. 46, Taf. 14, Fig. 9—13. Heer Fl. d. Schw. II. S. 39, Taf. 72, Fig. 1(?) Engelhardt. Göhren S. 20, Taf. 3, Fig. 7—9. Ders., Liebotitz u. Putschirn S. 79, Taf. 11, Fig. 12, 13. Ders., Jesuitengr. S. 21, Taf. 2, Fig. 21, 24; Taf. 21, Fig. 7. Gaudin et Strozzi, Fl. foss. ital. Taf. 3, Fig. 1, 2. Syn. Carpinus macroptera Brongniart, Prodr. S. 143, 214, Unger, Swoszowice S. 4, Taf. 13, Fig. 9. — Carpinus betuloides Unger, Gen. et. sp. pl. foss. S. 403. Die Blätter sind gestielt, am Grunde verschmälert, gerundet, eiförmig oder länglich- eiförmig, zugespitzt, ungleich und doppelt gesägt; die zahlreichen Seitennerven sind rand- läufig, meist einfach. Aulser den abgebildeten Blättern fanden sich nur noch Bruchstücke vor. A. j. A.: Betula lenta L. (Nordamerika). Z. V.: Oligocän, Miocän. Betula dryadum Brongn. Taf. I. Fig. 3—5. Brongniart, Ann. d. sc. nat. XV. S. 49, Taf. 3, Fig. 5. Unger, Chl. prot. S. 117, Taf. 34, Fig. 5. Ders., Iconogr. pl. foss. S. 105, Taf. 39, Fig. 9—12. Andrae, Siebenb. u. Banat S. 14, Taf. 2, Fig. 4—6. Göppert, Schossnitz $. 10, Taf. 3, Fig. 1. Heer, Fl. d. Schw. II. 8.39, Taf. 71, Fig. 25. III. S. 177, Taf. 152, Fig. 7b, c. Saporta, Sud-Est de la France II. S. 104, Taf. 6, Fig. 5. Ettingshausen, Bilin I. S. 44, Taf. 14, Fig. 6—8. Engelhardt, Jesuitengr. S. 21, Taf. 2, Fig. 17, 23. Ders., Dux S. 155, Taf. 3, Fig. 20, 21; ° Taf. 4, Fig. 24, Die Blätter sind breit-eiförmig, zugespitzt oder dreiseitig, gesägt; der Mittelnerv ist gerade, am Grunde hervortretend, die Seitennerven sind zart, einfach oder gegabelt, die unteren entspringen unter beinahe rechtem Winkel, die übrigen unter spitzen Winkeln. Eine Anzahl Blätter. Z. V.: Oligocän, Miocän. Gattung Alnzus Hall. Almus kefersteinii Göpp. sp. Taf. II. Fig. 13—15. Unger, Chl. prot. S. 115, Taf. 33, Fig. 1—4, Ders. Swoszowice S. 123, Taf. 13, Fig. 3. Ders. Szänt6 S. 6, Taf. 1, Fig. 6. Ettingshausen, Wien S. 12, Taf. 1, Fig. 19, 20. Ders., Bilin I. S. 47, Taf. 14, Fig. 17—20. Ders., Steiermark S. 29, Taf. 1, Fig. 22. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 37, Taf. 71, Fig. 5—7. Ders. Spitzbergen S. 70, Taf. 11, Fig. 7c; Taf. 14, Fig. 9, 10; S. 159, Taf. 30, Fig. 5a; Taf. 31, Fig. 4. Ders., Sachalin S. 29,“Taf. 4, Fig. 4 b—d; Taf. 5, Fig. 6-8. Ders., Balt. Fl. S. 33, Taf. 4, Fig. 11—17; S. 67, Taf. 19, Fig. 1-13; Taf. 20. Sismonda, Piemont S. 424, Taf. 12, Fig. 46; Taf. 14, Fig. 3. Gaudin le et Strozzi, Toscane S. 30, Taf. 2, Fig. ”—9; Taf. 4, Fig. 6. Ludwig Palaeont. VIII. S. 97, Taf. 31, Fig. 1—6; Taf. 32, Fig. 1, 2. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 15, Taf. 3, Fig. 17. Ders., Göhren S. 18, Taf. 3, Fig. 4—6. Ders., Leitm. Geb. S. 358, Taf. 2, Fig. 1; S. 375, Taf. 5, Fig. 4. Ders., Cyprissch. S. 7, Taf. 7, Fig. 17. Ders., Liebotitz u. Putschirn S. 70, Taf. 1, Fig. 11; Taf. 2, Fig. 2. Ders., Jesuitengr. S. 21, Taf. 1, Fig. 31—36; Taf. 2, Fig. 12-16; Taf. 21, Fig. 9, 10, 12. Ders., Grasseth S. 291, Taf. 2, Fig. 7. Ders., Dux S. 156, Taf. 3, Fig. 25, 26; Taf. 4, Fig. 25, 26, 2831; Taf. 5, Fig. 1. Ders., Caplagr. Ss All, Ah al, en, Ale Taf. 7, Fig. 1. Velonovsky, Vrsovice S. 22, Taf. 2, Fig. 24; Taf. 3, Fig. 13°—17. Lesquereux, Tert. Fl. S. 140, Taf. 18, Fig. 6—8; Taf. 64, Fig. 11. Syn. Alnites kefersteinü, Göppert, Nova Acta. XVII. S. 564, Taf. 41, Fig. 1—19. Alnus eycladum Unger, Kumi S. 23, Taf. 3, Fig. 9, 22. — Alnus sporadum Unger, Kumi S. 23, Taf. 3, Fig. 1—8. Die Blätter sind kurzgestielt, eirund oder länglich-eirund, die Spitze derselben ist stumpf oder zugespitzt, der Rand meist doppelt, doch auch einfach gesägt, der Grund zu- gerundet, bisweilen etwas herzförmig ausgerandet; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven stehen weit auseinander, sind stark, entspringen unter spitzen Winkeln und sind randläufig. Die Zäpfchen sind grofs, die Schuppen verholzt und an der Spitze verdickt. Die grolsen Blätter herrschen vor. Zäpfchen fanden sich mehrere von ver- schiedener Gröfse. Diese Art gehört zu den Pflanzen, welche das europäische und nordamerikanische Tertiär gemeinsam haben und zirkumpolaren Ursprungs sind. Im ersteren war sie sehr weit verbreitet. A. j. A.: Almus glutinosa Gärtn. (Nördl. Halbkugel). Z. V.: Oligocän bis Pliocän. Familie der Gupuliferen Endl. Sie ist meist in der nördlich gemälsigten Zone einheimisch, besonders reich in Amerika vertreten, daselbst auch auf den Gebirgen des tropischen Teiles. Sie ist zirkum- polaren Ursprungs. Die Gattungen Quercus und Fagus waren bereits in der Kreide vertreten. Gattung Quercus L. Quercus drymeja Ung. Taf. I. Fig. 9, 16, 17. Unger, Chl. prot. S. 113, Taf. 32, Fig. 1—4. Ders., Sotzka S. 33, Taf. 8, Fig. 1, 2. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 50, Taf. 75, Fig. 18—20; Ders., Beitr. S. 5, Taf. 5, Fig. 6, 7; Taf. 6, Fig. 12h. Ders., Polarl. S. 107, Taf. 11, Fig. 1-3. Gaudin et Strozzi, Toscane S. 32, Taf. 6, Fig, 4; Taf. 7, Fig. 4. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 186, Taf. 24, Fig. 7; Taf. 42, Fig. 10. Sismonda, Piemont S. 434, Taf. 17, Fig. 1. Ettingshausen, Bilin I. S. 58, Taf. 16, Fig. 9. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 17, Taf. 4, Fig. 4; Ders., Dux S. 159, Taf. 6, Fig. 8, 9. Die Blätter sind langgestielt, lanzettförmig, beiderseits verschmälert, laufen in eine lange Spitze aus, sind feingespitzt-gesägt, die Seitennerven randläufig. 34* —ı Don Es sind nur Bruchstücke vorhanden. A. j. A.: Nach Unger Quercus xalapensis Humb. (Mexiko), nach Heer (Fl. d. Schw. III. S. 200) soll Qu. sartorii Liebmann (Mexiko) noch ähnlicher sein. Z. V.: Oligocän, Mioecän. Quercus elaena Ung. Taf. II. Fig. 20. Unger, Chl. prot. S. 112, Taf. 31, Fig. 4. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 47, Taf. 74, Fig. 11—15; Taf. 75, Fig. 1; III. S. 178, Taf. 151, Fig. 1—3. Ders., Zsilthal S. 15, Taf. 3, Fig. 1. Ders., Beitr. z. Spitzb. S. 74, Taf. 15, Fig. 8. Saporta, Sud-Est de la France III. S. 89, Taf. 3, Fig. 11; VII. S. 16, Taf. 2, Fig. 5 bis 10; S. 65, Taf. 5, Fig. 2. Engelhardt, Öyprissch. S. 8, Taf. 1, Fig. 19. Lesquereux, Cret. and Tert. Fl. S. 155, Taf. 28, Fig. 11, 13. Die Blätter sind lederig, kurz gestielt, länglich-lanzettförmig, an Spitze und Grund verschmälert oder am letzteren stumpf, ganzrandig, am Rande etwas umgerollt; der Mittel- nerv ist stark, die Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln, sind bogenläufig, maschig. Ein kleines, aber in seiner Nervatur ausgezeichnet erhaltenes Blatt. Am Grunde ist die spröde Kohle abgebrochen und da nur der Abdruck erhalten. A. j. A.: Nach Unger die mexikanischen Arten: Quercus mexicana Humb., Qu. lan- ceolata Humb., Qu. oleoides Schlecht. Nach Heer Qu. mexicana Humb., nach Saporta Quercus virens Ait. (Nordam.), Qu. cinerea Mohr (Louisiana), Qu. confertifolia H. B. (Mexiko). Quercus lonchitis Ung. Taf. II. Fig. 10, 11: Taf. V. Fig. 34. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 403. Ders., Sotzka S. 33, Taf. 9, Fig. 3—8. Ders., Kumi S. 26, Taf. 5, Fig. 1-17, 21, 22. Heer, Fl. d, Schw. II. $. 50, Taf. 78, Fig. 8, 9; III $. 179, Taf. 151, Fig. 19, 24. Sismonda, Piemont S. 43, Taf. 19, Fig. 5; Taf. 27, Fig. 5. Ettingshausen, Sagor I. S. 23, Taf. 4, Fig. 1 bis 9. Engelhardt, Jesuitengr. S. 22, Taf. 2, Fig. 28—32. Die Blätter sind lederig, gestielt, länglich-lanzettförmig oder ei-lanzettförmig, zugespitzt, scharf gezähnt; die Seitennerven zahlreich, einfach, selten gegabelt, gleichlaufend, die Tertiär- nerven entspringen unter ziemlich rechtem Winkel und verbinden sich untereinander. Die Blätter dieser Art wurden zahlreicher gefunden, als die anderer Spezies der Gattung Querecus. A. j. A.: Quercus laneifolia Schl. (Süd-Mexiko.). Z. V.: Oligoeän, Miocän. Quereus tenerrima Web. Taf II. Fig. 21. Weber, Palaeont. II. S. 58, Taf. 1, Fig. 15. Die Blätter sind gestielt, länglich-lanzettförmig, zugespitzt, gezähnt-gekerbt; die Seiten- nerven sind häufig, straff, gleichlaufend, entspringen unter wenig spitzen Winkeln und sind durch Netzwerk verbunden. Nur ein Blatt vorhanden. Z. V.: Oligocän, Miocän. Querceus hagenbachi Heer. Taf. Il. Fig. 19. Heer, FI. d. Schw. II. S. 52, Taf. 76, Fig. 16. Die Blätter sind lederig, lanzettförmig, eingeschnitten gesägt, der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven laufen in beinahe rechtem Winkel aus und münden in die Zähne. Nur das abgebildete Blatt ohne Spitze ist vorhanden. A. j. A.: Quercus fruticosa Brot. (Spanien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Quercus pseudo-alnus Ett. Taf. U. Fig. 25. Ettingshausen, Heiligenkreuz S. 5, Taf. 1, Fig. 7. Ders., Bilin S. 59, Taf. 17, Fig. 3-6. Engel- hardt, Dux S. 159, Taf. 6, Fig. 7, 10. Die Blätter sind gerundet, verkehrt eirund oder elliptisch, gestielt, lederig, unregel- mälsig- und entfernt-feindornig gezähnt; der Mittelnerv ist stark, die 6—8 auf jeder Seite von ihm unter spitzem Winkel ausgehenden Seitennerven sind gebogen und gleichlaufend, die Tertiärnerven zart und entspringen an der inneren Seite unter stumpfen, an der äufseren unter spitzen Winkeln und sind unter sich verbunden. Nur ein Blatt. A. j. A.: Quercus alnifolia Poch. (Cypern). Z. V. Oligocän, Mioecän. Querecus gmelini Al. Br. Taf. II. Fig. 26. Unger, Iconogr. pl. foss. S. 108, Taf. 40, Fig. 10. Ders., Syll. pl. foss. I. S. 12, Taf. 4, Fig. 1—6. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 53, Taf. 76, Fig. 1—4. Gaudin, Toscane S. 33, Taf. 7, Fig. 3. Ettingshausen, Wetterau, S. 837, Taf. 2, Fig. 7. Engelhardt, Braunk. von Sachsen S. 18, Taf. 4, Fig. 7 S. 23, Taf. 3, Fig. 9, 18. Syn. Juglans rostrata Ludwig, Palaeont. VIII. Taf. 55, Fig. 1—4. Ders., Jesuitengr. Die Blätter sind gestielt, eilanzettföürmig, zugespitzt, ausgeschweift-gezähnt; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln, sind randläufig und stehen weit auseinander. Nur ein Blatt vorhanden. A. j. A.: Quercus lancifolia Schlecht. (Mexiko.) Z. V. Oligocän, Miocän. Gattung Carpinus L. Carpinus grandis Ung. Taf. II. Fig. 27, 37, 38. Unger, Syn. pl. foss. S. 220. Ders., Iconogr. pl: foss. S. 111, Taf. 43, Fig. 2—5. Ders., Syll. pl. foss. III. S. 67, Taf. 21, Fig. 1—13. Ders., Radoboj S. 16, Taf. 5, Fig. 5. Massalongo, Fl. foss. Senigal. = S. 208, Taf. 24, Fig. 5. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 40, Taf. 71, Fig. 19b—e; Taf. 72, Fig. 2—24; Taf. 73, Fig 2—4. Ders., Polarl. S. 103, Taf. 49, Fig. 9. Ders., Alaska S. 29, Taf. 2, Fig. 12. Ders., North Green- land S. 469, Taf. 44, Fig. 11c. Ders., Nachtr. z. Grönld. S. 11, Taf. 3, Fig. 14. Ders., Spitzbergen S. 71, Taf. 15, Fig. 7. Ders., Sachalin S. 34, Taf. 4, Fig. 4a; Taf. 5, Fig. 11—13; Taf. 8, 9, Fig. 1—4. Ders., Beitr. z. Sachalin S. 6, Taf, 2, Fig. 6; Taf. 4, Fig. 1. Sismonda, Piemont S. 39, Taf. 12, Fig. 7, 8. Engel- hardt, Göhren S. 21, Taf. 3, Fig. 10. Ders., Liebotitz S. 80, Taf. 1, Fig. 9, 10. Ders., Jesuitengr. S. 320, Taf. 10, Fig. 30, 31; Taf. 11, Fig. 2, 5, 6, 23, 24. Ders, Dux 8. 156, Taf. 5, Fig. 9, 11, 18; Taf. 6, Fig. 2—4. Lesquereux, Tert. Fl. S. 143, Taf. 19, Fig. 9; Taf. 64, Fig. 8—10. Velenovsky, Vrsovic S. 23, Taf. 2, Fig. 25; Taf. 3, Fig. 1—6. Staub, Zsilthal S. 267, Taf. 25, Fig. 1-3; Taf. 24, Fig. 2 (?), 4, 5. Syn. Carpinus macroptera Brongn. Unger, Swoszowice S. 124, Taf. 13, Fig. 8, 9. — Carpinus oblonga Weber, Palaeont. II. S. 174. Taf. 19, Fig. 8. — Carpinites macrophyllus Göppert, Palaeont. II. 273, Taf. 34, Fig. 2. Unger, Gleichenberg S. 20, Taf. 3, Fig. 5. — Betula carpinoides Göppert, Schossnitz S. 12, Taf. 3, Fig. 16. — Carpinus elongata Wessel, Palaeont. IV. S. 24, Taf. 3, Fig. 2, — Carpinus ostryoides Göppert Schossnitz S. 19, Taf. 4, Fig. 7. — Carpinus vera Andrae, Siebenb. S. 17, Taf. 1, Fig. 7. — Carpinus heeri Ettingshausen, Bilin S. 48, Taf. 15, Fig. 10, 11. — Artocarpidium cecropiaefolum Ettingshausen, Wien S. 15, Taf. 2, Fig. 3, 4. Ders., Wildshut. S. 432, Taf. 4, Fig. 2. Die Blätter sind gestielt, eiförmig oder elliptisch, etwas zugespitzt, am Grunde breit, manchmal herzförmig, scharf doppelt, bisweilen auch einfach gesägt; der Mittelnerv ist straff, ebenso sind es die parallelen randläufigen Seitennerven. Es sind auffälligerweise nur zwei Blätter gefunden worden. Aus der grofsen Zahl der Synonyma ersehen wir, dals die Blätter dieser Pflanze in ihrer Form vielfach schwanken. Wer die Abbildungen an sich vorüber ziehen läfst, findet es ganz natürlich, dafs man, solange man nicht über eine grolse Zahl mit ihren allmählichen Übergängen verfügen konnte, Formen für besondere Arten ansehen mulfste, wie das ja auch bei anderen fossilen Spezies der Fall war. Die Pflanze, welche während des Tertiär einen überaus grofsen Verbreitungsbezirk inne hatte und sowohl Europa als Nordamerika angehörte, mag wohl bis in unsere Zeit geblieben sein, wenigstens zeigt Carpinus betulus L. in ihren Blättern und Früchten die gröfste Übereinstimmung mit ihr. Sicher ist sie zuerst in den zirkumpolaren Gegenden aufgetreten, von denen aus sie sich in unsere verbreitete. A. j. A.: Carpinus betulus L. (Süd-, Mittel-, Ost-Europa, Mittelasien). Z. V.: Oligocän bis Pliocän. Gattung Fagus L. Fagus feroniae Ung. Taf. II. Fig. 29, 33, 35, 39. Unger, Chl. prot. S. 106, Taf. 28, Fig. 3, 4. Ettingshausen, Bilin I. S. 50, Taf. 25, Fig. 12—20, 22; Taf. 16, Fig. 1. Engelhardt, Dux S.158, Taf. 4, Fig. 32—34; Taf. 5, Fig. 4—8, 10, Velenovsky, Vrsovic S. 23, Taf. 3. Fig. 7—9. —, Se Syn. Fagus deucalionis Unger, Chl. prot. S. 106, Taf. 27, Fig. 1—4. Ders., Iconogr. pl. foss. 8. 110, Taf. 41, Fig. 24, 25. Massalongo, Fl. Senigal. S. 203, Taf. 30, Fig. 9. Sismonda, Pi&mont S. 47, Taf. 12) Fig. 1-3; Taf. 19, Fig. 1. Heer, Polarl. S. 105, Taf. 8, Fig. 1—4; Taf. 10, Fig. 6; Taf. 46, Fig. 4. Engel- hardt, Liebotitz u. Putschirn S. 85, Taf. 2, Fig. 8-12, — Ulmus quereifolia Unger, Iconogr. pl. foss. S. 115, Taf. 25, Fig. 5. — Quercus myricaefolia Unger, Iconogr. pl. foss, S. 109, Taf. 41, Fig. 12. Die Blätter sind gestielt, eiförmig oder elliptisch, zugespitzt oder spitz, ungleich gezähnt oder gesägt; die Nervation ist randläufig, der Mittelnerv tritt hervor, ist gerade, durchlaufend, die 6—9 Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln und sind einfach, die Tertiärnerven sehr zart, unregelmälsig verbunden. Eine Anzahl Blätter in verschiedenen Formen. Z. V.: Oligocän, Mioeän. Familie der Ulmaceen Agardh. Sie findet sich gegenwärtig in der nördlich gemälsigten Zone; nur wenige Arten besitzt das nördliche Indien. Das erste Auftreten von Ulmus fand bereits zu Anfang des Eocän statt und man kennt sie da von Frankreich. Auch die Nordpolargegenden beherbergten einige Arten. Der Ursprung der Gattung Planera fand jedenfalls im hohen Norden statt, wo sie bereits in der oberen Kreide nachgewiesen werden konnte. Gattung Ulmus L. Ulmus bronnii Ung. Taf. III. Fig. 1. Unger, Chl. prot. S. 100, Taf. 26, Fig. 1—4. Andrae, Siebenb. S. 17, Taf. 1, Fig. 5. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 58, Taf. 79, 'Fig. 5, 6. Ettingshausen Bilin I. S. 62, Taf. 17, Fig. 9, 10; Taf. 18, Fig. 1-6. Gaudin et Strozzi, Fl. foss. ital. II. S. 47, Taf. 3, Fig. 3, 9. Sismonda, Pi6mont S. 48, Taf. 17, Fig. 7. Engel- hardt, Leitm. Geb. S. 377, Taf. 5, Fig. 13. Ders., Jesuitengr. S. 25, Taf. 3, Fig. 10-14; Taf. 4, Fig. 25, 30. Syn. Ulmus europaea Bronn, Lethaea geogn. II. S. 14, Taf. 35, Fig. 1. Die Blätter sind gestielt, eiförmig-elliptisch, gesägt; der Mittelnerv ist stark, gerade, auslaufend, die Seitennerven, jederseits 12—15, sind gebogen und randläufig. Nur ein unvollständiges Blatt ist erhalten geblieben. A. j. A.: Ulmus campestris L. (Europa). Z. V.: Oligocän, Miocän. Ulmus braunii Heer. Taf. Il, Fig. 22, 36, 42. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 59, Taf. 79, Fig. 14—21; III. S. 181, Taf. 151, Fig. 31. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 211, Taf. 21, Fig. 10; Taf. 42, Fig. 18. Sismonda, Piemont $. 47, Taf. 19, Fig. 4. Ettings- hausen, Bilin I. S. 64, Taf. 18, Fig. 23, 26. Engelhardt, Jesuitengr. S. 26, Taf. 3, Fig. 32; Taf. 4, Fig. 11 »is 13, 15. Ders., Dux. S. 161, Taf. 6, Fig. 21, 23. Die Blätter sind gestielt, am Grunde sehr ungleich, herzförmig-elliptisch oder herz- N — lanzettförmig. doppelt gezähnt, die Zähne kegelförmig; der Mittelnerv ist oft leicht gekrümmt, auslaufend, die 10—13 Seitennerven sind öfters mit Aufsennerven versehen. Mehrere Bätter, von denen das eine insofern als extreme Form aufzufassen ist, als es den herzförmigen Grund nur in ganz geringem Mafse andeutet. A. j. A.: Ulmus ciliata Ehrh. (Europa, Kaukasus). Z. V.: Oligocän, Miocän. Gattung Pl/anera Willd. Planera ungeri Köv. sp. Taf. I. Fig. 48; Taf. II. Fig. 43; Taf. III. Fig. 2. Ettingshausen, Wien S. 14, Taf, 2, Fig. 5—18. Ders., Häring S. 40, Taf. 11, Fig. 45. Ders, Bilin I, S. 141, Taf. 18, Fig. 14—20. Heer, Fl. d. Schw II. S. 60, Taf. 80, Fig. 1—24. Ders., Polarl. S. 100, Taf. 9, Fig. 13b. Ders., Balt. Fl. S. 73, Taf. 21, Fig. 10. Ders., North Greenland S. 472, Taf. 45, Fig. 5a, ce; Taf. 46, Fig. 6, 7a; Ders., Alaska S. 34, Taf. 5, Fig. 2. Ders., Sibirien u. Amurld. S. 53, Taf. 15, Fig. 19. Ders., Sachalin S. 40, Taf. 9, Fig. 10; Taf. 10, Fig. 1, 2. Ders., Beitr. z. Sachalin S. 9, Taf. 4, Fig. 4a, Ders., Grönland S. 94, Taf. 75, Fig. 11; Taf. 89, Fig. 9; Taf. 92, Fig. 9; Taf. 95, Fig. 6, 7; Taf. 97, Fig. 3. Sismonda, Piemont S. 48, Taf. 18, Fig. 2—4. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 106, Taf. 38, Fig. 9—11; Taf., 31, Fig. 1—10; Taf. 60, Fig. 3, 5. Unger, Kumi S. 48, Taf. 4, Fig. 10—16. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 18, Taf. 4, Fig. 9, 10. Ders., Leitm. Geb. S. 377, Taf. 5, Fig. 14—17. Ders., Cyprisschiefer S. 9, Taf. 7, Fig. 20, 32. Ders., Jesuitengr. S. 26. Taf. 3, Fig. 33; Taf. 4, Fig. 14, 16—22, 26—29; Taf. 21, Fig. 8, 25b. Ders., Dux S. 162, Taf. 3, Fig. 22, 24. Ders., Caplagr. S. 181, Taf. 8, Fig. 6. Lesquereux, Tert. Fl. S. 190, Taf, 27, Fig. 7. Velenovsky, Vrsovic S. 26, Taf. 3, Fig. 18—23; Taf. 4, Fig. 14. Staub, Baranyaer Komitat, S. 35, Taf. 1, Fig. 7. Syn. Ulmus zelkovaefolia Unger, Chl. prot. S. 94, Taf. 26, Fig. 7, 8. Weber, Palaeont. II. S. 174, Taf. 19, Fig. 6. — Fagus atlantica Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 411. Ders., Iconogr. pl. foss. S. 115, Taf. 43 Fig. 20. — Zelkova ungeri, Koväts, Jahrb. d. k. k. Reichsanst. S. 178. Ders, Erdöbönye S. 27, Taf. 5, Fig. 1 bis 12. Unger, Iconogr. pl. foss. S. 114, Taf. 43, Fig. 19. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 217, Taf. 21, Fig. 1—5, 7, 11—17. 22—24; Taf. 35, Fig. 25; Taf, 36, Fig. 14; Taf. 41, Fig. 2—4. — Comptonia ulmifolia Unger, Sotzka S. 162, Taf. 29, Fig. 4, 5. Massalongo, Ital. merid. S. 6, Taf. 2, Fig. 9. — Quercus oreadum, Weber, Palaeont. II. S. 172, Taf. 18, Fig. 13, 15. — Quercus subrobur Göppert, Schossnitz S. 16, Taf. 7, Fig. 8, 9. — Quercus semi-elliptica Göppert, Schossnitz S. 15, Taf. 6, Fig. 3—5. — Castanea atavia Göppert, Schossnitz S. 18, Taf. 5, Fig. 12, 13. Die Blätter sind kurz gestielt, am Grunde meist ungleich, nur selten fast gleich, lanzettförmig, oval, zugespitzt-oval oder ei-lanzettförmig, der Rand ist gleichmälsig gesägt, die Zähne sind grofs; die Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln und münden in die Zahnspitzen. Blätter von verschiedener Gröflse, zahlreiche Blattstücke, auch beblätterte Aststücke. Aus dem Vorkommen der Überreste von Planera ungeri Köv. an einer sehr grolsen Anzahl von Lokalitäten vom hohen Norden bis Italien hinein mufs geschlossen werden, dafs dieser Baum nicht wie mancher andere sich nur auf einzelne Gebiete beschränkte, sondern sich wohl fast über das ganze Tertiärland Europas erstreckte. Auch in Nordamerika und Japan wurde er nachgewiesen, was auf eine strahlenförmige Ausbreitung vom Norden aus hinweist. Jetzt ist die Gattung aus Amerika völlig verschwunden, in Europa auf den äufsersten südöstlichen Winkel beschränkt. Welches die Ursachen des Verschwindens ge- wesen sınd, läfst sich nicht sagen; mag auch die Eiszeit diesseits der Alpen ihr Teil daran haben, so bleibt doch noch zu erklären, warum sie aus Italien und Südfrankreich verschwand. A. j. A.: Planera richardi Mich. (Kaukasus, Nord-Persien, Südufer d. Kaspisees). Z. V.: Oligocän, Pliocän. Familie der Moreen Endl. In der Gegenwart in den Tropen und Subtropen beider Hemisphären, nur wenige Spezies in der gemälsigten Zone; in der Vergangenheit eine weitere Verbreitung. Die Gattung Ficus bereits in der jüngeren Kreide vorhanden. Gattung Z/ücas Tourn. Ficus kinkelini nov. sp. Taf. III. Fig. 3. Die Blätter sind lederig, breit, länglich, nach Grund und Spitze verschmälert; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven entspringen unter beinahe rechtem Winkel, die unteren unter spitzen, verlaufen gerade und verbinden sich vom Rande entfernt unter unregel- mälsigen Bogen. Obgleich mir keine völlig entsprechende jetztweltliche Art bekannt ist, so reihe ich diese Blätter doch in die Gattung Ficus ein, da sie mir bei dieser am entsprechendsten untergebracht erscheint. Vergleichung mit Bombaceen-Blättern ergab bei einigen Arten wohl einiges Übereinstimmende, aber auch wieder soviel Abweichendes, dafs ich sie nicht mit solchen zusammenstellen durfte. Bei diesen treten z. B. Mittel- und Seitennerven durch bedeutendere Stärke hervor und die Randfelder sind von Schlingen ausgefüllt, von anderen Unterschieden nicht zu reden. Bei unseren Blättern ist der Mittelnerv wohl kräftig, doch nicht auffallend stark; er verschmälert sich erst wesentlich kurz vor der Spitze; die Seitennerven sind zart und man kann bei ihnen solche ersten und zweiten Grades unterscheiden. Erstere begrenzen die Haupt- felder, in welche die noch feineren anderen sich erstrecken, die durch schräg aus ihnen ent- springende Tertiärnerven verbunden sind, wodurch elliptische Maschen entstehen. Die Partie zwischen Rand und Bogen der Seitennerven zeigt keine Schlingen, sondern ist durch ganz diehtstehende feine, unter sich durch zahlreiche Äste verbundene Nerven besetzt. — An vielen Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 35 Stellen bemerkt man kleine Wärzchen, wie sie manche F%eus-Arten auf ihren Blättern auf- zuweisen haben. Sie dürfen durchaus nicht als Pilze gedeutet werden. Sehr nahe stehen unsere Blätter denen von Fleus deschmanni Ett. (Sagor I. S. 29, Taf. 7, Fig. 3—5; Taf. 8, Fig. 25); ihre feinere Nervatur erinnert, soweit sie erhalten ist, an die von Ficus benjaminea L., F. ciliosa Link u. a. Familie der Plataneen Lestib. Zur Zeit heimisch in der gemälsigten Zone von Asien und Nordamerika, in Europa im Mittelmeergebiet. Tritt zuerst in der jüngeren Kreide auf. Gattung PVatanus L. Ptatanus aceroides Göpp. Taf. III. Fig. 5. Göppert, Schossnitz S. 21, Taf. 9, Fig. 1—6. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 71, Taf. 87; Taf. 88, Fig. 5—15; II. S. 183, Taf. 152, Fig. 16. Ders., Nordgrönland S. 111, Taf. 47, Fig. 3. Ders., Mackenzie 8.138, Taf. 21, Fig. 17b; Taf. 23, Fig. 2b, 4. Ders., Island S. 150, Taf. 26, Fig. 4; S. 159, Taf. 32. Ders., Nord-Canada S. 15, Taf. 3, Fig. 6. Ders., Grönland II. S. 96, Taf. 90, Fig. 1-5; Taf. 97, Fig. 7. Ders., Spitzbergen S. 75, Taf. 11. Ders,, Beitr. z. Spitzb. S. 76, Taf. 17, Fig. 1-3; Taf. 31, Fig. 3. Gaudin et Strozzi, Toscane S. 35, Taf. 5, Fig. 4—6; Taf. 6, Fig. 1-3. Sismonda, Piemont S. 49, Taf. 20, Fig. 3, 4; Taf. 21, Fig. 2, 3. Ettingshausen, Bilin I. S. 84, Taf. 29, Fig. 7. Lesquereux, Tert. Fl. S. 184, Taf. 25, Fig. 4, 5. Ders., Cret. and Tert. Fl. S. 227, Taf. 49, Fig. 1. Ders., Proceed. of the U. St. Nat. Mus. 1888, S. 19, Taf. 5, Fig. 7. Beck, Mittweida S. 763, Taf. 32, Fig. 17. Staub, Zsilthal S. 298, Taf. 28, Fig. 3—5. Engelhardt, Caplagr. 8. 185, "Taf. 4, Fig. 1,2: Mar. 6, Rig. 8; Taf. 7, Bio. 6: Syn. Cissus platanifolia Ettingshausen, Wien S. 20, Taf. 4, Fig. 1. — Platanus pannonica Ettings- hausen, Heiligenkreuz S. 7, Taf. 1, Fig. 13. — Acerites incerta Massalongo, Deser. pl. foss. ital. S. 196, Taf. 2, Fig. 6. — Quercus platanoides Göppert, Schossnitz S. 16, Taf. 7, Fig. 6. — Quercus rotundata Göppert, Schossnitz S. 17, Taf. 7, Fig. 5; Taf. 8, Fig. 9. — Platanus oeymhausiana Göppert, Schossnitz S. 21, Taf. 11, Fig. 3, 4. — Platanus gwllelmae Göppert, Schossnitz S. 21, Taf. 11, Fig. 1, 2; Taf. 12, Fig. 5. — Platanus ettingshauseni Massalongo Fl. foss. Senigal. S. 234, Taf. 17, Fig. 3; Taf. 19, Fig. 3. — Acer heeri Massa- longo, Fl. foss. Senigal. S. 350, Taf. 12, Fig. 5; Taf. 17, Fig. 1; S. 349, Taf. 17, Fig. 2. — Platanus primaeva Lesquereux, Cret. Fl. S. 69, Taf. 7, Fig. 2; Taf. 26, Fig. 2. Die Blätter sind handspaltig, am Grunde gestutzt, dreilappig, seltner ungeteilt oder beinahe fünflappig; der Mittellappen ist beiderseits 2—4zähnig, die grolsen Seitenlappen sind gezähnt, mit grolsen ungleichen und spitzen Zähnen versehen. Nur ein Blatt wurde gefunden. Für diese Art mit polymorphen Blättern gilt dasselbe, was betrefis der Synonyma von Carpinus grandis Ung. gesagt wurde. Sie hatte zur Tertiärzeit eine weite Verbreitung sowohl in Europa als in Nordamerika; in letzterem war sie schon während der Kreidezeit vorhanden. In ersterem blieb sie bis zur Pliocänzeit, verschwand aber nach derselben, während sie in den Vereinigten Staaten bis auf unsere Tage als Platanus oceidentalis L. fortlebte, sich also als langlebige Spezies erwies. Z. V.: In Nordamerika bereits in der Kreide, in Europa vom Unteroligocän bis zum Pliocän. Familie der Salieineen Rich. Meist verbreitet in den gemäfsigten und kalteu Teilen der nördlichen Halbkugel, nur wenige Vertreter in tropischen und subtrepisehen Gebieten. Sicher polaren Ursprungs. Erstes Auftreten in der oberen Kreide. Gattung Salıx L. Salix varians Göpp. Taf. II. Fig. 6, S, 9, 11. Göppert, Schossnitz S. 26, Taf. 19, Fig. 17, 18; Taf. 20, Fig. 1. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 26, Taf. 65, Fig. 1-3, 6-16; II. S. 174, Taf. 150, Fig. 1-5. Ders., North Greenland S. 469, Taf. 43, Fig. 12, 13. Ders., Alaska S. 27, Taf. 2, Fig. 8; Taf. 3, Fig. 1-3. Ders., Spitzbergen S. 70, Taf. 28, Fig. 1, Ettings- hausen, Köflach 8. 747, Taf. 1, Fig. 11, 14. Ders., Bilin I. S. 162, Taf. 29, Fig. 17—19, 22, 23. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 92, Taf. 27, Fig. 6—12. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 14, Taf. 3, Fig. 10—13. Ders., Göhren S. 15, Taf. 2, Fig. 23a, b, 24. Ders., Leitm. Gebirge S. 372, Taf. 4, Fig. 16. Ders., Jesuitengr. S. 28, Taf. 5, Fig. 7, 8. Ders., Dux S. 164, Taf. 7, Fig. 7, 8. Lesquereux, Cret. and Tert. Fl. S. 247, Taf. 54, Fig. 2. Velenovsky, Vrsovic S. 30, Taf. 5, Fig. 16, 17; Taf. 6, Fig. 8. Syn. Salix trachytica Ettingshausen, Heiligenkreuz S. 7, Taf. 2, Fig. 3. — Salix arcuata Göppert, Schossnitz S. 25, Taf. 21, Fig. 4, 5. — Sale wimmeriana Göppert, Schossnitz S. 26, Taf. 21, Fig. 1, 3. Die Blätter sind länglich-lanzettförmig oder lanzettförmig, zugespitzt, am Rande feingesägt, vielfach etwas gebogen; der Mittelnerv ist kräftig, die Seitennerven sind zart und gehen unter verschiedenen Winkeln aus. Eine Anzahl Bruchstücke, von denen ich einige wiedergab. Das Auftreten von Exemplaren mit am Grunde auftretender Rundung darf nicht auffallen, da solches auch ander- wärts beobachtet wurde. (S. Stur, Congerien- u. Cerithiensch. S. 165), wie ja überhaupt bei den Salices Polymorphie der Blätter vorhanden ist. A. j. A.: Salix fragilis L. (Europa, Gemäfsigtes Asien). Z. V.: Oligocän bis Plioeän. Gattung Populus L. Populus latior Al. Br. Taf. III. Fig. 13, 14. A. Braun in Bucklands Geology S. 512, in Jahrb. 1845, S. 169 u. in Stitzenberger, Verz. S. 79. Unger, Iconogr. pl. ioss. S. 117, Taf. 44, Fig. 3—5. Ders., Szänt6 S. 9, Taf. 3, Fig. 1. Ders., Syll. pl. foss. III. S. 71, Taf. 22, Fig. 16. Ders., Radoboj S. 140, Taf. 1, Fig. 3. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 11, Taf. 53-57. Ders., Alaska S. 25, Taf. 2, Fig. 4. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 90, Taf. 26, Fig. 1—7. Engel- hardt, Göhren S. 16, Taf. 2, Fig. 25-27; Taf. 3, Fig. 1, 2. Ders., Jesuitengr. S. 30, Taf. 6, Fig. 10. Les- quereux, Tert. Fl. S. 172, Taf. 22, Fig. 8. Jo —_ Syn. Populus nigra Scheuchzer, Herb. diluv. S. 17, Taf. 2, Fig. 4. — Populus aeoli Unger, Iconogr, pl. foss. S. 117, Taf. 44, Fig. 2. — Populus gigas Unger, Iconogr. pl. foss. S. 117, Taf. 44, Fig. 1. — Populus crenata Göppert, Palaeont. II. S. 27, Taf. 35, Fig. 4. — Populus transversa Al. Braun, Stitzenb. Verz. S. 80. — Populus latior attenuata Stitzenberger, Verz. 8. 79. — Populus attenuata Al. Br. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 15, Taf. 57, Fig. 8-12; Taf. 58, Fig. 1—4. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 91, Taf. 26, Fig. 9. Unger, Syll. pl. foss. III. S. 70, Taf. 22, Fig. 15. — Populus betuloides Al. Braun, Stizenberger Verz. S. 80. Die Blätter sind lang gestielt, ziemlich kreisrund oder etwas rhombisch, am Grunde bald herzförmig, bald etwas gestutzt, oder gerundet, oder mehr oder weniger keilförmig, gezähnt, mit 3—5 Hauptnerven versehen. Aufser dem abgebildeten Blatte fand sich noch ein Bruchstück vor. Ein Aststück mit Narben. Seit Heer war eine Trennung der beiden Arten Populus latior Al. Br. und Populus attenuata Al. Br. festgehalten worden, wogegen Al. Braun sie schon als Varietäten einer Art angesehen hatte. Heer war es auch zweifelhaft, ob P. attenuata als Art bestehen möge und Unger meinte, es sei nicht gewils, ob nicht beide dieser unterschiedenen Arten nur Formen seien. Zwar hat Heer nicht unwesentliche Punkte, in denen die P. attenuata von der P. latior abweichen solle, angegeben, doch kommt man trotzdem bei der Bestimmung mancher Blätter, auch des unserigen, in Verlegenheit, wohin man sie stellen solle. Die ersten Sekundärnerven, welche dem mittleren Hauptnerv entspringen, sollen bei den Blättern von P. attenuata meist fast so stark sein, als die zwei seitlichen Hauptnerven. Sagt uns „meist“ schon, dals dies Erkennungszeichen nicht in jedem Falle ausschlaggebend sein kann, so kommt hinzu, dals es in gleicher Weise auch für P. latior gilt, bei der ebenfalls Schwankungen in der Stärke dieser Nerven vorhanden sind. Bei unserem Blatte zeigen sie sich auffallend schwach. Bei Populus attenuata sollen ferner die seitlichen Hauptnerven in spitzigeren Winkeln entspringen als bei P. latior. Darnach mülste unser Blatt der ersteren zugerechnet werden, bei welcher übrigens noch die tiefer unten liegenden Hauptrippen entweder fehlen oder doch nur sehr schwache Randnerven angedeutet sein sollen, was nun bei unserem Exemplare durchaus nicht der Fall ist und also für P. latior spräche. Die etwas keilföürmige Verschmälerung stellt es wieder zu P. attenuata und die Berandung zu einigen Formen von P. latior. So prägt sich in ihm ein Schwanken zwischen beiden Arten aus, das nicht zulälst, es einer derselben einzureihen. Bedenkt man nun noch, dals der Formenkreis bei P. latior ein immerhin grolser ist, so wird man geneigt, P. attenuata mit in denselben einzufügen, wie ich es hier gethan. So kann man auch das Blatt Iconogr. pl. foss. Taf. 44, Fig. 5, das Unger zu P. latior gerechnet, unbe- denklich zu P. attenuata ziehen. RT ö A. j. A.: Populus monilifera Ait. (Nord-Amerika, Kalifornien) und P. canadensis Mich. (Von Kanada bis Louisiana). Z. V.: Oligocän, Miocän. Populus mutabilis Heer, Taf. II. Fig. 19. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 19, Taf. 60—63, Fig. 1—4. Ders., Balt. Fl. S. 31, Taf. 7, Fig. 23 (2); S. 65, Taf. 17, Fig. 5-8. Taf. 21, Fig. 5b; Taf. 24, Fig. 13h. Ders., Nachtr. z. Grönland S. 20, Taf. 4. Fig. 12. Ettingshausen, Bilin I. S. 161, Taf. 22, Fig. 11. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 92, Taf. 26, Fig 8; Taf. 27, Fig. 2-5. Engelhardt, Leitm. Geb. S. 371, Taf. 4, Fig. 13, 15; S. 402, Taf. 10, Fig. 8, 9. Ders.. Tschernowitz S. 381, Taf. 4, Fig. 3. Ders., Grasseth S. 296, Taf. 7, Fig, 13. Ders., Jesuitengr. S. 29, Marsbe Ri 921. Syn. Populus ovalis Al. Braun in Bucklands Geology. S. 512. — Populus ovalifolia Al. Braun, Jahrb. 1845, S. 169. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 417. — Saliz lancifolia Al. Braun, Jahrb. 1845, S. 169. — Populus erenata Unger, Sotzka S. 166, Taf. 36, Fig. 5. — Populus serrata Unger, Syll. pl. foss. S. 117, Taf. 44, Fig. 6. — Laurus dermatophyllum Weber, Palaeont II. S. 182, Taf. 19, Fig. 13. Ettingshausen, Bilin I. S. 195, Taf. 31, Fig. 8. — Fiscus panmonica Ettingshausen, Tokay S. 26, Taf. 1, Fig. 9. — Quercus ovalis Göppert, Schossnitz S. 26, Taf. 6, Fig. 6. Die Blätter sind meist langgestielt, einige oval, andere eirund-elliptisch, elliptisch oder lanzettförmig, ganzrandig, ausgeschweift oder zerstreut gekerbt, andere ziemlich kreis- rund, länglich oder lanzettförmig, grob gezahnt oder gesägt. Ein Blatt. Diese Pflanze zeigt uns, wie schon der Name andeutet, eine grofse Formenreihe der Blätter, von denen hier nur die Form ovalis nachgewiesen werden konnte. A. j. A.: Populus euphratica Oliv. (Orient, Central-Asien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Balsamifluen Endl. Nur drei Baumarten warmer Länder. Gattung Ziguidambar L. Liquidambar europaeum Al. Br. Taf. III. Fig. 15—17. Al. Braun in Bucklands Geology S. 115. Unger, Chl. prot. S. 120, Taf. 35. Fig. 1-5. Ettings- hausen, Wien S. 15, Taf. 2, Fig. 19—22. Ders., Bilin I. S. 84, Taf. 29, Fig. 1. Göppert, Schossnitz S$. 22, Taf. 12, Fig. 6, 7. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 6, Taf. 51, 52, Fig, 1-8. Ders., Alaska S. 25, Taf. 2, Fig. 7. Ders., North Greenld. S. 468, Taf. 41, Fig. 13. Gaudin et Strozzi, Toscane 8. 30, Taf. 5, Fig. 1-3. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 89, Taf. 25, Fig. 1—4. Engelhardt, Göhren S$. 14. Taf. 2, Fig. 19—22; Taf. 3, Fig. 16. Ders., Dux S. 163, Taf. 7, Fig. 22. Ders., Caplagr. 8188, Datz, Bio. 12; Taf. 8, Rig, 4; Taf. 9) Big: 6. Lesquereux, Cret. and Tert. Fl. S. 159, Taf. 32, Fig. 1. Schlechtendal, Beitr. z. Braunkohlenfl. Deutschlands. S. 23, Taf. 5, Fig. 7—9; Taf. 6, Fig. 7. Syn. Acer parschlugianum Unger, Chl. prot. S. 132, Taf. 43, Fig. 5. — Liqwidambar seyfridü Al. Braun in Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 415. — Liguidambar acerifolium Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 415. Ders., Iconogr. pl. foss. S. 116, Taf. 43, Fig. 28. — Acer oeinhausianum Göppert, Schossnitz S. 34, Taf, 24, Fig 1—4. — Acer cystifolium Göppert, Schossnitz S. 35, Taf. 24, Fig. 5, 6. — Acer hederaeforme Göppert, Schossnitz S. 35, Taf. 23, Fig. 7, 10. — Steinhauera oblonga Weber, Palaeont. II. S. 52, Taf. 1, Fig. 11. Die Blätter sind langgestielt, handspaltig, 3—5lappig, die einzelnen Lappen scharf gesägt, an der Spitze feingespitzt, der Mittellappen ist meist in der Mitte ungeteilt, nur selten mit Nebenlappen versehen. Die Früchte sind zu einem kugelförmigen Zapfen vereinigt, die Kapseln lanzettförmig, lang geöhrt; der Stiel der Zapfen ist lang, dick, straff. Eine grölsere Anzahl Blätter und einige Früchte lagen vor. Das erste Auftreten der Gattung Liguidambar ist aus der Kreide Nordamerikas bekannt. Unsere Art ist dem Tertiär Europas und Amerikas gemein. Während der Eiszeit verschwand sie aus Europa. Wahrscheinlich ist Liquidambar pliocaenicum Geyler (S. Ober- pliocänfl. v. Niederrad u. Höchst S. 26ff.) zu ihr gehörig; bei der unvollständigen Erhaltung der Früchte läfst es sich jedoch nicht entscheiden. Während des dritten Weltenalters war sie weit verbreitet; wir kennen sie von den Nordpolarländern bis Italien. A. j. A.: Liquidambar styraciflwuum L. (Mexiko, üdl. Teil d. Vereinigten Staaten). Z. V.: Oligocän bis Pliocän. Familie der Nycetagineen R. Br. Die Familie umfalst nur tropische Pflanzen, von denen die meisten Südamerika angehören. Gattung Zisonia Plum. Pisonia eocenica Ett. Taf. III. Fig. 20—22. Ettingshausen, Häring S. 43, Taf. 11, Fig. 1—22. Ders., Sagor I. S. 33, Taf. 9, Fig. 4—8. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 184, Taf. 153, Fig. 46—48. Engelhardt, Jesuitengr. S. 30, Taf. 5, Fig. 13. Die Blätter sind lederig, ganzrandig, umgekehrt-eiförmig oder umgekehrt-elliptisch, oft am Grunde schief, in den Grund verschmälert, an der Spitze mehr oder weniger abge- stumpft, vorgezogen; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind äulserst fein, schling- läufig und gehen unter spitzen Winkeln aus, die Tertiärnerven sind kaum sichtbar. Drei Blätter. A. j. A.: Pisonia subcordata Sw. (Brasilien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Laurineen Juss. Meist tropisch und subtropisch; in Europa bilden die südlichen Halbinseln die Nord- grenze. Erstes Auftreten in der Kreideformation. Gattung Zaurus L. Laurus primigenia Ung. Taf. III. Fig. 2. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 423. Ders., Sotzka S. 168, Taf. 40, Fig. 1-4. Ders., Kumi S. 55, Taf. 8, Fig. 1-7. Heer, Fl. d. Schw. Il. S. 77, Taf. 89, Fig. 15; III. S. 184, Taf. 153, Fig. 3. Ders., Beitr. S. 7, Taf. 6, Fig. 12i; Taf. 9, Fig. 8. Ders., Zsilythal S. 16, Taf. 3, Fig 4—6. Ders. Nachtr. z. Grönld. S. 2, Taf. 3, Fig. 8-13. Weber, Palaeont. IT. S. 181, Taf. 20, Fig. 6 a, b. Sismonda, Piemont S. 58, Taf. 9, Fig. 2c; Taf. 10, Fig. 5. Ettingshausen, Heiligenkreuz S. 8, Taf. 2, Fig. 1, 2. Ders., Steiermark S. 58, Taf. 3, Fig. 11. Ders., Sagor III. S. 13, Taf. 29, Fig. 5. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen. S. 20, Taf. 5, Fig. 3. Ders., Leitm. Geb. S. 360, Taf. 2, Fig. 5—7; S. 382, Taf. 6, Fig. 5. Ders., Tschernowitz S. 382, Taf. 4, Fig. 5. Ders., Grasseth S. 300, Taf. 7, Fig. 4, 5. Ders., Jesuitengr. S. 30, Taf. 5, Fig. 12; Taf. 6, Fig. 19, 20, 22, 23; Taf. 7, Fig. 2. Ders., Meuselwitz S. 19, Taf. 1, Fig. 17. Saporta, Sud-Est de la France III. S. 215. Taf. 6, Fig. 5; II. S. 270, Taf. 6, Fig. 7. Lesquereux, Tert. Fl. S. 214, Taf. 36, Fig. 5, 6, 8. Friedrich, Prov. Sachsen S. 123, Taf. 15, Fig. 3 (?), 7. Staub, Zsilthal S. 303, Taf. 27, Fig. 1b; Taf. 28, Fig. 6; Taf. 29, Fig. 1, 2a, 3 (?); Taf. 34/35, Fig. 1d. Ward, Laramie Group S. 553, Taf. 46, Fig. S—10. Die Blätter sind lederartig, gestielt, lanzettförmig, ganzrandig, zugespitzt, am Grunde in den Blattstiel verschmälert; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind zart, bogen- läufig, verbinden sich am Rande miteinander und entspringen unter spitzen Winkeln. Nur Bruchstücke von Blättern fanden sich vor. A. j. A.: Laurus canariensis Webb. (Kanarische Inseln, Azoren.) Z. V.: Eoecän, Öligoeän, Miocän. Gattung Denzoin Nees v. Esenb. Benzoin antigqwum Heer. Taf. III. Fig. 27. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 81, Taf. 90, Fig. 1—8. Unger, Radoboj S. 17, Taf. 1, Fig. 12. Engel- hardt, Jesuitengr. S. 31, Taf. 6, Fig. 26. Die Blätter sind häutig, elliptisch oder länglich, gestielt, am Grunde verschmälert. fiedernervig; die zarten Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln. Ein Blatt. A. j. A.: Benzoin odoriferum Nees. (Nord-Amerika). Z. V.: Oligocän, Miocän. Gattung Cinnamomum Burm. Cinnamomum polymorphum Al. Br. sp. Taf. II. Fig. 12. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 85, Taf. 93, Fig. 25—28; Taf. 94, Fig. 1—26. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 263, Taf. 7, Fig. 10—13; Taf. 8, Fig. 5—9, 11, 12, 14, 16, 17; Taf. 38, Fig. 19. Sismonda, Piemont S. 52, Taf. 24, Fig. 2-4; Taf. 25, Fig. 4. Ludwig, Palaeont VIII. S. 110, Taf. 42, Fig. 1-11. Saporta, Sud-Est de la France I. S. 89, Taf. 7, Fig. 4. Ettingshausen, Bilin II. S.189, Taf. 33, Fig. 14, 15, 17—22. Ders., Sagor II. S. 193, Taf. 10, Fig. 1, 5—11. Ders., Leoben I. S. 309, Taf. 4, Fig. 20. Engel- hardt, Leitm. Geb. S. 380, Taf. 6, Fig. 1—4; S. 405, Taf. 11, Fig. 11. Ders., Grasseth S. 302, Taf. 4, Fig. 11; 980 Taf. 8, Fig. 7—11; Taf. 9, Fig. 5, 6. Ders., Jesuitengr. S. 32, Taf. 13—18; Taf. 17, Fig. 6, 11; Taf. 18, Fig. 2. Geyler, Sieilien $. 326, Taf. 2, Fig. 4. Lesquereux, Tert. Fl. S. 221, Taf. 37, Fig. 6, 10. Staub, Zsilthal S. 326, Taf. 32/33, Fig. 2—5; Taf. 34/35, Fig. le. Friedrich, Prov. Sachsen S. 112, Taf. 16, Fig. 12, 14. Conwentz, Bernsteinfl. II. S. 51, Taf. 5, Fig. 6—8. Syn. (Ceanothus polymorphus Al. Braun, Jahrb. 1845, S. 171. Unger, Swoszowice S. 126, Taf. 14, Fig. 17, 18. — Ceanothus subrotundus Unger, Chl. prot. S. 144, Taf. 49, Fig. 7. Weber, Palaeont. II. S. 208, Taf. 23, Fig. 6. — Daphnogene polymorpha Ettingshausen, Mte. Promina S. 30, Taf. 6, Fig. 1—4, 7; Taf. 7, Fig. 2. Massalongo, Italia merid. S. 7, Taf. 2, Fig. 10. — Daphnogene cinnamomifolia Ettingshausen, Mte. Promina S. 31, Taf. 7, Fig. 8. Die Blätter sind gestielt, elliptisch, am Grunde wenig verschmälert, zugespitzt, drei- fachnervig; die seitlichen Grundnerven laufen mit dem Rande nicht parallel, sind unvoll- kommene Spitzläufer und haben bisweilen in den Winkeln, die sie mit dem mittleren bilden, Drüsen. Die Früchte sind oval, klein, am Grunde des zahnlosen Kelches angewachsen. Anufser den Früchten war nur noch ein Blattfragment vorhanden. A. j. A.: Cinnamomum zeylanicum Nees. (Östindien). Z. V.: Oligocän bis Obermioän. Familie der Proteaceen Juss. Die meisten Glieder derselben Australien und Südafrika eigen, wenige in Südamerika, Asien und Neuseeland; tropisch und subtropisch. Erstes Auftreten in der oberen Kreide. Gattung Zmbotlhrium Forst. Embothrium salicinum Heer. Taf. I. Fig. 52. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 97, Taf. 97, Fig. 29—33; III. S. 186, Taf. 153, Fig. 26. Ettingshausen, Leoben I. 8. 315, Taf. 4, Fig. 27. Engelhardt, Leitm. Geb. S. 383, Taf. 6, Fig. 12. Ders., Jesuitengr. S. 36, Taf. 6, Fig. 24, 25. Die Früchte sind gestielt, gestreckt, dick, die Samen oval, mit häutigen Flügeln versehen. Nur ein Same wurde gefunden. A. j. A.: Embothrium salignum R. Br. (Australien). Z. V.: Oligocän, Obermiocän. Gattung Danksia L. il. Banksia deikeana Heer. Taf. I. Fig. 39. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 98, Taf. 97, Fig. 33—43. Ders., Balt. Fl. S. 79, Taf. 24, Fig. da, b. Engelhardt, Göhren S. 27, Taf. 5, Fig. 6. Die Blätter sind lederig, fast sitzend, am Grunde in den Blattstiel allmählich ver- schmälert, umgekehrt-eilanzettförmig, ganzrandig oder an der Spitze gezähnt; der Mittelnerv ist durchlaufend, stark, die Seitennerven fehlen, die Nervation ist gewebläufig. Nur ein Blatt vorhanden. Z. V.: Oligocän, Miocän. Banksia longifolia Ung. sp. Taf. II. Fig. 18. Ettingshausen, Prot. d. Vorw. S. 730, Taf. 31, Fig. 19. Ders., Mte. Promina S. 17, Taf. 7, Fig. 12 bis 14; Taf. 8. Ders., Häring S. 53, Taf. 15, Fig. 11—26. Ders., Bilin IT. 8. 203, Taf. 35, Fig. 11, 12. Ders., Steiermark S. 50, Taf. 3, Fig. 18. Ders., Leoben S. 316, Taf. 4, Fig. 9. Sismonda, Pi6mont 8. 53, Taf. 28, Fig. 4 Weber u. Wessel, Palaeont. IV. S. 146, Taf. 6, Fig. 10a, b. Heer, Fl. d. Schw. II. 8. 99, Taf. 99, Fig. 1—3. Engelhardt, Leitm. Mittelgeb. S. 383, Taf. 6, Fig. 8. Ders., Cyprissch. S. 10, Taf. 7, Fig. 24—26. Ders., Meuselwitz S. 22, Taf. 1, Fig. 19, 20. Friedrich, Prov. Sachsen S. 173, Taf. 21, Fig. 13. Syn. Myrieca longifolia Unger, Sotzka S. 159, Taf. 27, Fig. 34. — Myrica ophir Unger, Sotzka S. 160, Taf. 27, Fig. 12—16. Die Blätter sind schmal-linealisch, am Grunde in den Blattstiel verschmälert, am Rande entfernt gezähnelt; der Mittelnerv ist bestimmt, die Seitennerven sind sehr zart, netzläufig und entspringen unter rechtem Winkel. Es wurde nur das wiedergegebene Bruchstück aufgefunden. A. j. A.: Banksia spinulosa Sm. (Neu-Süd-Wales). Z. V.: Oligocän, Mioecän. Gattung /Zakea Schrad. Hakea myrsinites Ftt. Taf. II. Fig. 23. Ettingshausen, Prot. d. Vorw. S. 273, Taf. 31, Fig. 3, 4. Ders., Häring. S. 52, Taf. 15, Fig. 5—9. Die Blätter sind linealisch oder linealisch-lanzettförmig, sitzend, spitz, lederig, eingeschnitten-gezähnt, die Zähne einander genähert, stachelspitzig; der Mittelnerv ist allein. sichtbar. Nur ein Blatt vorhanden. Es ist interessant, zu sehen, dafs Blätter dieser Art, welche man bisher nur von Häring kannte, auch in etwas nördlicherem Gebiete aus späterer Zeit gefunden werden konnten. Sicher gehörten sie zu den seltneren Vorkommnissen des Tertiärs. Freilich wird aber gerade wegen des so seltenen Auftretens die Frage laut, ob die Blätter wirklich einer selbständigen Art zugeschrieben werden dürfen, oder ob: sie nicht als etwas ungewöhnlich ausgebildete einer anderen zuzurechnen seien. Bei dem zur Zeit gering vorhandenen Materiale ist es nicht möglich, die Frage zu entscheiden und muls daher der von Ettings- hausen gegebene Name bleiben. A. j. A.: Hakea florida R. Br. (Australien). Z. V.: Oligocän. Familie der Myrsineen R. Br. Ihre Gattungen und Arten finden sich im tropischen, weniger im subtropischen Asien Ahhandl. d. Senckenb. naturf. Ges Bd. XX. 36 oe und Amerika; in Afrika kommen solche nur in subtropischen Gegenden vor, zerstreut eimige auf Japan, Neuseeland und Australien. Sie war schon in der oberen Kreide vertreten. Gattung Myrsine L. Myrsine doryphora Ung. Taf. V. Fig. 24. Unger, Syll. pl. foss. IH. S. 19, Taf. 6, Fig. 1—10. Heer, Balt. Fl. S. 86, Taf. 28, Fig. 13—16. Ettingshausen, Bilin II. S. 35, Taf. 37, Fig. 5, 6, 13. Ders., Wetterau S. 57, Taf. 4, Fig. 5. Engelhardt, Meuselwitz S. 24, Taf. 2, Fig. 2, 5. Velenovsky, Vrsovic S. 34, Taf. 6, Fig. 10, 11; Taf. 9, Fig. 23, 24. Syn. Apocynophyllum lanceolatum Unger, Gen. et. sp. pl. foss. S. 434. Ders., Sotzka S. 41, Taf. 22, Fig. 1, 2. — Myrsine centaurorum Unger, Syll. pl. foss. III. Taf. 7, Fig. 15—17. Die Blätter sind lanzettförmig oder länglich-elliptisch, beiderseits verschmälert, kurz gestielt, ganzrandig, lederig; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind sehr zart, ent- springen unter spitzen Winkeln, verzweigen sich oder sind verwischt. Mehrere Blattstücke. A. j. A.: Myrsine lancifolia Mart. (Brasilien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Ebenaceen Vent. Die Glieder dieser Familie sind vorwiegend tropisch und subtropisch, nur wenige finden sich im Mittelmeergebiet. Gattung Diospyros L. Diospyros brachysepala Al. Br. Taf. IV. Fig. 1. Al. Braun, Jahrb. 1845, S. 170. Unger, Swoszowice S. 125, Taf. 14, Fig. 15. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 11, Taf. 102, Fig. 1—14. Ders., Polarl. S. 17, Taf. 15, Fig. 10—12; Taf. 17, Fig. 5h, i; Taf. 47, Fig. 5 bis 7. Ders., North Greenld. S. 475, Taf. 50, Fig. 13; Taf. 55, Fig. 8. Ders., Bornstädt S. 16, Taf. 3, Fig. 7, 8. Ders., Balt. Fl. S. 84, Taf. 27, Fig. 1—6; Taf. 28, Fig. 1. Sismonda, Piemont S. 55, Taf. 11, Fig. 6; Taf. 16, Fig. 7; Taf. 19, Fig. 3. Ettingshausen, Bilin II. S. 44, Taf. 38, Fig. 28, 29; Taf. 39, Fig. 1. Ders., Wetterau S. 865, Taf. 3, Fig. 7. Ders., Leoben II. S. 329, Taf. 6, Fig. 9. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 22, Taf. 5, Fig. 8-10. Ders., Leitm. Geb. S. 362, Taf. 3, Fig. 1, 2. Ders., Jesuitengr. S. 43. Taf. 9, Fig. 22, 37, Taf. 10, Fig. 1. Ders., Dux $. 174, Taf. 9, Fig. 1, 5, 9. Lesquereux, Tert. Fl. S. 232, Taf. 40, Fig. 7—10; Taf. 63, Fig. 6. Friedrich, Prov. Sachsen S. 63, Taf. 6, Fig. 1 (?). Syn. Tetrapteris harpyarum Unger, Sotzka Taf. 29, Fig. 9. — Getonia petraeformis Unger, Sotzka Taf. 33, Fig. 4. — Elaeagnus acuminatus Engelhardt, Jesuitengr. Taf. 8, Fig. 32. Die Blätter sind gestielt, elliptisch, an Spitze und Grund verschmälert, ganzrandig; der Mittelnerv ist kräftig und verdünnt sich allmählich nach der Spitze zu, die Seitennerven alternieren, sind gebogen und entspringen unter spitzen Winkeln. Ein Blatt. var Diese Spezies war während des Tertiär sowohl in Europa als in Nordamerika vor- a handen. Ihren Ursprung nahm sie in den Nordpolargegenden, von denen aus sie sich nach dem Süden verbreitete, wo sie durch die Eiszeit auf das Mittelmeergebiet beschränkt wurde, in dem sie nach den vorhandenen Überresten zu urteilen als der jetztweltliche D. lotus L. fortlebt. A.j. A.: Diospyros lotus L. (Mittelmeergebiet, Gemälsigtes Asien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Diospyros lotoides Ung. Taf. IV. Fig. 2. Unger, Syll. pl. foss. III. S. 30, Taf. 10, Fig. 1—12. Die Blätter sind länglich-lanzettförmig, beiderseits verschmälert, ganzrandig, lang- gestielt; der Mittelnerv ist stark, die ‚Seitennerven sind zahlreich, ziemlich geradlinig ver- laufend, an der Spitze unter sich verbunden, die Tertiärnerven querlaufend, meist verwischt. Ein Blatt. A. j. A.: Diospyros virginiana L. (Atl. Nordamerika). Z. V.: Oligocän. Familie der Vaceinieen Rich. Die Vaccinieen erstrecken sich von den Polargegenden bis in die Gebirge der Tropen. Die meisten Arten hat Nord-Amerika aufzuweisen. Gattung Vaccinium L. Vaceinium acheronticum Ung. Taf. II. Fig. 30, 31. Taf. III. Fig. 23. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 420. Ders., Syll. pl. foss. III. S. 37, Taf. 12, Fig. 4. Ders., Sotzka S. 43, Taf. 24, Fig. 1, 3, 4, 6, 7. Heer, FI. d. Schw. III. S. 10, Taf. 101, Fig. 29. Ders., Bovey Tracey S. 50, Taf. 17, Fig. 8. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 301, Taf. 29, Fig. 15. Ettingshausen, Bilin II. S. 48, Taf. 39, Fig. 15, 16. Engelhardt, Jesuitengr. S. 44, Taf. 9, Fig. 27—30, 33—36. Die Blätter sind etwas lederig, eiförmig oder ei-lanzettförmig, ganzrandig; der Mittelnerv ist bestimmt, die Seitennerven sind fein und verästelt. Mehrere Blätter. A. j. A.: Vaceinium stamineum Ait. (Warmes und kaltes Amerika). Z. V.: Oligocän bis Obermioeän. Familie der Erieaceen DC. Sie umfalst Pflanzen, die von den Polargegenden bis in die Gebirge der Tropen verbreitet sind; am meisten finden sich solche im Kaplande. Gattung Andromeda L. Andromeda vaceinifolia Ung. Taf. II. Fig. 32, 34. Unger, Sotzka S. 43, Taf. 23, Fig. 10—12. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 7, Taf. 101, Fig. 25. Ders., Balt. Fl. S. 83, Taf. 25, Fig. 20. Engelhardt, Jesuitengr. S. 44, Taf. 10, Fig. 11. 36* I Die Blätter sind lederig, lanzettförmig, ganzrandig, an der Spitze stumpf, am Grunde gerundet oder ziemlich gerundet, gestielt. Mehrere Blattstücke. A. j. A.: Andromeda calyculata L. (Nord-Amerika, Europa, Asien). Z. V.: Oli- gocän, Miocän. Familie der Ampelideen Kunth. Man findet sie in den Tropen und in den wärmeren Teilen der nördlich gemälsigten Zone, vorzüglich in Nordamerika, in Europa nur kultiviert. Das erste Auftreten fand während der Kreidezeit statt. Gattung Viks L. Vitis teutonica Al. Br. Taf. IV. Fig. 6, 12. Al. Braun, Jahrb. 1845. S. 172. Unger, Syll. pl. foss. I. S. 23, Taf. 9, Fig. 1—8. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 194, Taf. 155, Fig. 1—3. Ders., Balt. Fl. S. 91, Taf. 29, Fig, 7. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 118, Taf. 45, Fig. 1—5; Taf. 46, Fig. 1—6. Engelhardt, Jesuitengr. S. 46, Taf. 10, Fig. 12. Ettings- hausen, Steiermark 8. 76, Taf. 4, Fig. 15. Syn. Acer strictum Göppert, Schossnitz S. 35, Taf. 23, Fig. 1—5. — Acer vitifolium Al. Braun, Jahrb. 1845. S. 172. Die Blätter sind langgestielt, drei- bis fünflappig, am Grunde ausgerandet, die Lappen straff, dreiseitig, verlängert, sehr zugespitzt entfernt und scharf gezähnt. Die Fruchtstiele sind an der Wurzel verdickt, die Samen birnförmig. Es fanden sich nur Fragmente von Blättern vor. A. j. A.: Ampelopsis trieuspidata Sieb. et Zuce. (Japan). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Tiliaceen Juss. Vorwiegend tropisch, nur wenige Gattungen der nördlich gemälsigten Zone eigen. Gattung Grewia Juss. Grewia erenata Ung, sp. Taf. II. Fig. 25. Heer, Fl. d. Schw. I. Taf. 1, Fig. 8; III. S. 42, Taf. 109, Fig. 12—21; Taf. 110, Fig. 1—11. Ders., Spitzb. S. 84, Taf. 19, Fig. 1-15. Ettingshausen, Bilin III. S. 15, Taf. 42, Fig. 7. Engelhardt, Jesuitengr. S. 31, Taf. 10, Fig. 33—35; Taf. 11, Fig. 20, 24, 25; Taf. 12, Fig. 1-4. Ders., Dux $. 180, Taf. 11, Fig. 1. Velenovsky, Vrsovic S. 36, Taf. 9, Fig. 10—14. Staub, Zsilthal S. 337, Taf. 34—35, Fig. 3a. Syn. Dombeyopsis erenata Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 448. — Dombeyopsis oeynhausiana Göpp. Weber, Palaeont. II. S. 195, Taf. 25, Fig. 3. — Fieus erenata Unger, Syll. pl. foss. I. S. 14, Taf. 6, Fig. 3—5. Die Blätter sind fast nierenförmig, herzförmig-elliptisch, oder eiförmig, gekerbt; die 5—7 Hauptnerven sind verästelt, die Nebennerven bogenläufig. A. j. A.: Grewia orientalis L. (Ostindien, Äthiopien, Kapland); @. echinulata Del. (Nubien). Z. V.: Oligocän, Miocän, Pliocän. Familie der Acerineen DC. Beinahe nur in der nördlich gemälsigten Zone, besonders häufig in Amerika. Cireum- polaren Ursprungs. Im Eocän sparsam und vereinzelt, im Oligocän häufig, am häufigsten im Miocän und Plioeän. Gattung Acer L. Acer trilobatum Stbg. sp. Taf. IV. Fig. 3, Ss—11, 17, 25, 26, 27. Al. Braun, Jahrb. 1845, S. 172. Unger, Chl. prot. S. 130, Taf. 41, Fig. 1—8. Ders., Kumi S. 49, ‘Taf. 12, Fig. 28-30. Ders., -Szänt6 S..11,. Taf. 4,. Fig: -1,--2.. -Ders.,..Gleichenberg, S.. 24,. Taf. 5, Fig. 10. Ettingshausen, Bilin II. S. 18, Taf. 1, Fig. 14; Taf. 44, Fig. 1-5, 7—9, 12, 15. Ders., Wetterau S. 67, Taf. 4, Fig. 1, 2, 4-6. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 47, Taf. 2, Fig. 3, 4, 6, 8; S. 197, Taf. 110, Fig. 16—21; Taf. 111, Fig. 1, 2, 5—14, 16, 18—21; Taf. 112, Fig. 1-8, 11-16; Taf. 113—115; Taf. 116, Fig. 1-3; Taf. 155, Fig. 9, 10. Ders., Fl. foss. arct. VII. S. 125, Taf. 94, Fig. 1. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 127, Taf. 50, Fig. 1-5; Taf. 51, Fig. 4—11; Taf. 52, Fig. 2, 4-7; Taf. 53, Fig. 6. Sismonda, Piemont S. 59, Taf. 18, Fig. 2; Taf. 20, Fig. 2. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 28, Taf. 8, Fig. 1, 2. Ders., Göhren 8. 30, Taf. 6, Fig. 2. Ders., Leitm. Geb. S. 364, Taf. 3, Fig. 7-10; S. 392, Taf. 7, Fig. 17—19. Ders., Tschernowitz S. 384, Taf. 5, Fig. 1-3. Ders., Cyprissch. S. 143, Taf. 8, Fig. 9-12; Taf. 9, Fig. la, b. Ders., Liebotitz u. Putschirn S. 83, Taf. 1, Fig. 19; Taf. 2, Fig. 1, 4, 5. Ders., Jesuitengr. S. 384, Taf. 19, Fig. 13—24. Lesquereux, Tert. Fl. S. 261, Taf. 48, Fig. 2, 3a. Sieber, Nordböhmen $. 94, Taf. 1, Fig. 7, 8. Velenovsky, Vrsovic S. 37, Taf. 7, Fig. 1-3; Taf. 8, Fig. 26; Taf. 9, Fig. 2, 4. Schmalhausen, Südwest- Russland S. 36, Taf. 11, Fig. 3—5. Syn. Phyllites lobatus Sternberg, Vers. I. S. 39, Taf. 35, Fig. 2. — Phyllites trilobatum Sternberg, Vers. I. S. 42, Taf. 50, Fig. 2. — Acer productum Al. Braun, Jahrb. 1845. S. 172. Unger, Chl. prot. S. 131, Taf. 41, Fig. 1—9. — Acer trieuspidatum Al. Braun, Jahrb. 1845. S. 172. — Acer vitifolium Unger, Chl. prot. S. 133, Taf. 43, Fig. 10, 11. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 131, Taf. 52, Fig. 1. — Platanus cuneifolia Göppert, Schossnitz S. 22, Taf. 12, Fig. 1-3. — Acer heeri Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 345, Taf. 12, Fig. 3; Taf. 17, Fig. 1, 2, 4, 68; Taf. 18, Fig. 1, 2; Taf. 19, Fig. 2; Taf. 15; Taf. 16, Fig. 14, 1214; Taf. 41, Fig. 11—16; Taf. 48, Fig. 16. Acer sturi Engelhardt, Liebotitz und Putschirn S. 19, Taf. 1, Fig. 21. Die Blätter sind langgestielt, drei- oder beinahe fünflappig, handspaltig, die Lappen meist ungleich, der Mittellappen ist länger und breiter als die Seitenlappen oder alle drei sind gleich; der Rand ist eingeschnitten-gezähnt, die Spitze zugespitzt, die Seitenlappen stehen teils von dem Mittellappen unter einem rechten oder ziemlich rechten Winkel ab, teils sind sie unter einem spitzen aufgerichtet. Die Früchte sind breit geflügelt, die Flügel stehen auseinander und haben eiförmige Samen. Eine grölsere Anzahl Blätter in verschiedenen Formen und Früchte. Diese Art gehört zu den am weitest verbreiteten Tertiärpflanzen (besonders während des Miocän); von den Nordpolarländern finden wir sie bis nach Italien, Griechenland und Südrulsland, aulserdem im pacifischen Nordamerika und auf Sachalin. Zur Eiszeit verschwand sie in Europa. A. j. A.: Acer rubrum L. (Nord-Amerika). Z. V.: Oligocän, Miocän, Pliocän. —ı 2) — Acer integrilobum Web. Taf. IV. Fig. 19, 20, 22. Weber, Palaeont. II. S. 196, Taf. 22, Fig. 5. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 58, Taf. 116, Fig. 12. Ettingshausen, Bilin III. S. 22, Taf. 45, Fig. 2. Engelhardt, Jesuitengr. S. 53, Taf. 13, Fig. 20, 21. Syn. Acer pseudo-monspessulanum Unger, Chl. prot. S. 132, Taf. 42, Fig. 5; Taf. 43, Fig. 1. — Acer ribifolium Göppert, Schossnitz S. 34, Taf. 22, Fig. 18, 19. — Acer subcampestre Göppert, Schossnitz S. 34, Taf. 22, Fig. 16, 17. Die Blätter sind handförmig-dreilappig, die Lappen ganzrandig oder bisweilen wellig- randig, gespitzt, die seitlichen abstehend, die Buchten bilden einen rechten Winkel. Eine Anzahl Blätter. A. j. A.: Acer campestre L. (Europa). Z. V.: Oligocän bis Obermioeän. Acer decipiens Al. Br. Taf. IV. Fig. 13. Al. Braun, Stitzenb. Verz. S. 84. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 58, Taf. 97, Fig. 15—22; 8.199, Taf. 104, Fig. 12. Wentzel, Sulloditz S. 20, Fig. 8. Syn. Acer pseudo-campestre Unger, Chl. prot. S. 133, Taf. 43, Fig. 7. Weber, Palaeont. II. S. 97, Taf. 22, Fig. 6a. — Acer pseudo-monspessulanum Unger, Chl. prot. S. 133, Taf. 43, Fig. 2, 3. Die Blätter sind klein, glänzend, dreilappig, die gleichgrofsen Lappen sind ganz- randig, spitz oder stumpf, die seitlichen abstehend. Ein Blatt. A. j. A.: Acer monspessulanum L. (Süd-Europa). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Sapindaceen Juss. Die zu dieser Familie gehörigen Pflanzen, mit Ausnahme von Koelreuteria, sind in den tropischen Gegenden, besonders Amerikas, heimisch. Die Gattung Sapindus trat schon in der Kreide auf. Gattung Sapındus L. Sapindus faleifolius Al. Br. sp. Taf. IV. Fig. 24. Al. Braun, Stitzenb. Verz. S. 87. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 61, Taf. 119; Taf. 120, Fig. 2-8; Taf. 121, Fig. 1. Ders., Balt. Fl. S. 94, Taf. 18, Fig. 2c. Gaudin et Strozzi, Toscane S. 37, Taf. 12, Fig. 9, 10. Dies., Fl. foss. ital. VI. S. 21, Taf. 2, Fig. 16. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 359, Taf. 33, Fig. 8; Taf. 34, Fig. 2. Sismonda, Pi6mont S. 60, Taf. 29, Fig. 1, 2. Ettingshausen, Tokay S. 809, Taf. 4, Fig. 2. Ders., Leoben II. S. 342, Taf. 8, Fig. 11. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 26, Taf. 7, Fig. 4. Ders., Leitm. Geb. S. 389, Taf. 7, Fig. 11, 12. Ders., Cyprissch. S. 14, Taf. 8, Fig. 13—15. Ders., Jesuitengr. S. 55, Taf. 11, Fig. 9, 13, 14. Ders, Dux S$. 184, Taf. 12, Fig. 11. Sieber, Nordböhm. Braunk. S. 20, Taf. 3, Fig. 10, 11. Syn. Juglans faleifolia Al. Braun in Bucklands Geology S. 513. — Sapindus ungeri Unger, Syll. pl. foss. I. S. 34, Taf. 20, Fig. 1—6. Ders., Szäntö S. 12, Taf. 4, Fig. 11, 12. — Sapindus erdoebenyensis Unger, Szänt6 S. 12, Taf. 4, Fig. 13, 14. Koväts, Erdoebenye 8. 32, Taf. 7, Fig. 4, 5. — 2897 — Die Blätter sind paarig-gefiedert, häutig, die Blättchen wechselständig, auseinander- stehend, gestielt, etwas sichelförmig gekrümmt, eilanzettförmig oder lanzettförmig-zugespitzt. am Grunde ungleichseitig und gegen den Blattstiel verschmälert;. der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind zahlreich, zart und bogenläufig. Ein Blättchen. A. j. A.: Sapindus swrinamensis Poir., 5. frutescens. Aubl. (Guiana). Z. V.: Oligocän, Mioeän, Plioeän. Gattung Capania Plum. Cupania juglandina Ett. Taf. U. Fig. 24. Ettingshausen, Sotzka S. 66, Taf. 3, Fig. 2, 6. Die Blätter sind unpaarig gefiedert, die Blättchen gestielt, lanzettförmig oder linealisch- lanzettförmig, am Grunde schief, beiderseits verschmälert, am Rande ungleich gezähnelt; der Mittelnerv ist kräftig, durchlaufend, die Seitennerven sind zart, etwas geschlängelt. Ein Blättchen. Es ist nach Ettingshausen noch zweifelhaft, ob diese Reste zu Cupania gehören; grolse ‘Verwandtschaft zeigen sie auch u. a. mit Ahus und Juglans. | A. j. A.: Nach Ettingshausen Cupania pseudorhus Rich. (Australien). Familie der Celastrineen R. Br. Viele -Glieder derselben gehören den Tropen, noch mehr den Subtropen an; die grölste Zahl weist das Kapland auf, nur wenige die gemälsigte Zone. In der kalten fehlen sie ganz. Das erste Auftreten ist von der oberen Kreide Nordamerikas bekannt. Gattung Celastrus L. Celastrus protogaeus Ett. Taf. II. Fig. 28, 40, 41. Ettingshausen, Häring S. 70, Taf. 24, Fig. 17-29. Ders., Sagor II. S. 32, Taf. 15, Fig. 28; Taf. 16, Fig. 17, 18. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 68, Taf, 154, Fig. 30. Ders., Balt. Fl. S. 95, Taf. 30, Fig. 14, 15. Engelhardt, Jesuitengr. S. 58, Taf. 11, Fig. 17--19. Die Blätter sind lederig. umgekehrt-eiförmig, länglich-umgekehrt-eiförmig oder keil- förmig, sehr kurz gestielt, am Grunde verschmälert, an der Spitze gerundet, ganzrandig, oder etwas feingekerbt; der Mittelnerv ist schwach. Mehrere Blätter. A. j. A.: Celastrus rigidus Thunb., ©. cymosus Sol. (Kap. d. g. Hoffnung), ©. linearis Eckl. et Zeyh., besonders var. buxifolius (Port-Natal) u. a. Z. V.: Meist im Oligocän, auch im Miocän. — ee Gattung Zvonymus L. Evonymus wetteravica Ett. Taf. V. Fig. 1. Ettingshausen, Wetterau S. 878, Taf. 4, Fig. 8. Die Blätter sind etwas lederig, elliptisch-lanzettförmig, gesägt, beiderseits ver- schmälert; der Mittelnerv ist stark, gegen die Spitze hin verschmälert, gerade, die Seiten- nerven entspringen unter spitzen Winkeln und verschwinden gegen den Rand hin. Ein sehr gut erhaltenes Blatt, das, allerdings mit grolser Anstrengung, bei guter Beleuchtung ein Anastomosieren der gegen den Rand hin immer zarter werdenden Seiten- nerven erkennen läfst, wie man es ja auch bei den Blättern der recenten Art, die Ettings- hausen zum Vergleich heranzieht, zu sehen vermag. A. j. A.: Evonymus pendulus Walt. (Östindien). Z. V.: Oligocän. Familie der Ilicineen Brongn. In tropischer, subtropischer und gemälsigter Zone; sehr häufig am Kap, sehr gering in Europa vertreten. Gattung Zex L. Ilex stenophylla Ung. Taf. III. Fig. 4. Unger, Chl. prot. $S. 149, Taf. 10, 11. Syll. pl. foss. II. S. 14, Taf. 3, Fig. 15—27. Heer, Fl. d. Schw. S. 71, Taf. 122, Fig. 7—10. Ders., Balt. Fl. S. 96, Taf. 30, Fig. 5—7. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 380, Taf. 29, Fig. 18, 21; Taf. 35, Fig. 24. Engelhardt, Jesuitengr. S. 61, Taf. 15, Fig. 32, 33. Ders., Berand S. 34, Taf. 2, Fig. 33, 41. Die Blätter sind lederig, kurzgestielt, länglich, stumpf, ganzrandig; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind sehr zart, gebogen und verästelt. Ein Blatt. A. j. A.: Tlex dahoon Walt. (Nordamerika). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Rhamneen R. Br. Man findet die Rhamneen aulser der gemälsigten Zone sehr häufig in subtropischen Gegenden, ganz selten in tropischen. Aus der oberen Kreide Nordamerikas sind einige Arten bekannt geworden. Gattung /hamnus L. Rhammus gaudini Heer. Taf. V. Fig. 2, 3, 33. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 79, Taf. 124, Fig. 4—15; Taf. 125, Fig. 1, 7, 13. Ders., Balt. Fl. S. 45, Taf. 11, Fig. 1-12; Taf. 12, Fig. 1d; S: 97, Taf. 30, Fig. 20, 21. Ders., Polarl. S. 124, Taf. 50, Fig. 6. Ettingshausen, Bilin II. S. 42, Taf. 49, Fig. 20; Taf. 50, Fig. 1—4. Engelhardt, Cyprissch. S. 145, Taf. 7, Zr, Fig. 1. Ders., Jesuitengr. S. 63, Taf. 16, Fig. 1, 6—8, 14. Staub, Zsilthal S. 355, Taf. 26, Fig. 7b; Taf. 38, Fig. 4; Taf. 9, Fig. 2. Syn. Rhamnus Fri&i Velenovsky. Vrsovic 8. 42, Taf. 8, Fig. 7—16; Taf. 9, Fig. 6; Taf. 10, Fig. 18d. Die Blätter sind gestielt, elliptisch, seltener eiförmig, feingesägt; die 12, seltener 8—10 Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln, sind in der Nähe des Randes bogen- läufig, die Tertiärnerven fast gleichlaufend. Eine Anzahl Blätter. A.j. A.: Rhamnus grandifolius Fisch. et Meyer. (Kaukasus). Z. V.: Oligocän, Miocän. Rhammus eridani Ung. Taf. V. Fig. 4. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 465. Ders., Sotzka S. 178, Taf. 52, Fig. 3—6. Ders., Gleichenberg S. 180, Taf. 5, Fig. 12. Heer, Fl. d. Schw. IH. S. 81, Taf. 125, Fig. 16; Taf. 126, Fig. 1. Ders., Polarl. S. 123, Taf. 19, Fig. 5—7; Taf. 49, Fig. 10; S. 153, Taf. 27, Fig. 4b. Ders., North Greenld. S.123, Taf. 19, Fig. 5—7a; Taf. 49, Fig. 10. Ders., Island S. 153, Taf. 27. Ders., Beitr. z. Spitzb. S. 90, Taf. 25, Fig. 4. Ders., Spitzb. S. 67, Taf. 14, Fig. 12—14. Ders., Zsilythal S. 20, Taf. 5, Fig. 6. Engelhardt, Tschernowitz S. 388, Taf. 5, Fig. 12. Ders., Grasseth S. 312, Taf. 10, Fig. 5; Taf. 11, Fig. 5. Ders., Jesuitengr. S. 63, Taf. 16, Fig. 16, 21. Ders., Dux S. 191, Taf. 14, Fig. 2. Syn. Pyrus troglodytarum Unger, Sotzka S. 53, Taf. 37, Fig. 1-5. — Rhamnus deletus Heer, F]. d. Schw. III. S. 79, Taf. 123, Fig. 19. Die Blätter sind grols, ziemlich lang gestielt, häutig, länglich-elliptisch, ganzrandig; der Mittelnerv ist kräftig, die Seitennerven, meist 8—10, entspringen unter spitzen Winkeln, sind zart und bilden erst am Rande flache Bogen. Ein Blatt, dem die Spitze fehlt. A. 7]. A.: Rhamnus carolineana Walt. (Nordamerika). Z. V.: Oligocän, Miocän, Plioeän. Rhammus rossmässleri Ung. Taf. V. Fig. 5, 6. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 464. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 80, Taf. 124, Fig. 18—20. Ders., Balt. Fl. S. 46, Taf. 10, Fig. 18—20. Sismonda, Piemont. S. 451, Taf. 15, Fig. 7. Engelhardt, Tscherno- witz S. 387, Taf. 5, Fig. 4—6. Ders., Grasseth S. 312, Taf. 4, Fig. 6, 9; Taf. 6, Fig. 10. Lesquereux, Tert. Fl. S. 283, Taf. 54, Fig. 4. Syn. Phyllites rhamnoides Rossmässler, Altsattel S. 35, Taf. 8, Fig. 36, 37. Die Blätter sind länglich-elliptisch, ganzrandig ; der Mittelnerv ist kräftig, die Seiten- nerven, jederseits 7—10, sind deutlich, parallel und am Rande bogenläufig. Ein unvollständig erhaltenes Blatt. A. j. A.: Rhammus frangula L. (Europa). Z. V.: Oligocän, Miocän. Irhammus deletus Heer. Taf. V. Fig. 12. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 79, Taf. 123, Fig. 20—23. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 37 — Bo Die Blätter sind elliptisch oder eiförmig, gegen die Spitze hin unscheinlich gezähnt oder gekerbt; die Seitennerven sind sehr gekrümmt, aufsteigend. Ein Blatt. A. j. A.: Rhamnus cornifolius Boiss. (Asien). Z. V.: ÖOligocän, Miocän. Gattung Ceanothus L. Ceanothus ebuloides Web. Taf. II. Fig. 18. Weber, Palaeont. II. S. 208, Taf. 23, Fig. 3. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 77, Taf. 122, Fig. 26. Engelhardt, Jesuitengr. S. 64, Taf. 16, Fig. 24. Die Blätter sind ei-lanzettförmig, gesägt, dreifachnervig, die untersten Nerven ent- springen etwas über dem Grunde, sind gebogen und verbinden sich mit den oberen. Nur eine Blatthälfte konnte entdeckt werden. A. j. A.: Ceanothus azureus Desf. (Mexico, Kalifornien). Z. V.: Oligocän. Familie der Juglandeen DC. In der nördlich gemäfsigten Zone, besonders zahlreich im atlantischen Nord-Amerika. Polare Abstammung anzunehmen. Erstes Auftreten in der Kreide. Während des Tertiärs viel weitere Verbreitung als jetzt. < o Gattung Juglans L. Juglans vetusta Heer. Taf. V. Fig. 8. Heer, Fl. d. Schw. III. 8. 90, Taf. 127, Fig. 40—44. Engelhardt, Dux 8. 191, Taf. 14, Fig. 11, 12. Syn. Juglans acuminata Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 468 (z. T.). — Juglans parschlugiana Unger, Syll. pl. foss. I. S. 37, Taf. 19, Fig. 1—7. Ettingshausen, Bilin III. S. 46, Taf. 51, Fig. 7—10. — Juglans radobojana Unger, Syll. pl. foss. I. S. 38, Taf. 19, Fig. 11. — Hardtenbergia orbis veteris Unger, Syll. pl. foss. II. 8. 23, Taf. 5, Fig. 5. Die Blätter sind unpaarig gefiedert, die Blättchen gestielt, ganzrandig, länglich oder eirund-länglich, an der Spitze stumpf, spitz oder eingedrückt, am Grunde meist ungleich- seitig; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind deutlich, zahlreich, nahestehend und laufen in wenig spitzen Winkeln zum Rande, wo sie sich in Bogen verbinden. Möglicherweise gehören diese Blättchen in den Kreis derer von Juglans acu- minata Al. Br. Da der Heer’sche Name die Priorität besitzt, so erhielt ich ihn aufrecht. Ein Blättchen. A. j. A.: Juglans regia L. (Mittel- und Ostasien). Z. V.: Oligocän, Miocän. Br en Juglans bilinica Une. Taf. V. Fig. 11, 15, 19. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 469. Ders., Swoszowice S. 126, Taf. 14, Fig. 20. Ders., Gleichen- berg S. 181, Taf. 6, Fig. 1. Gaudin et Strozzi, Toscane S. 40, Taf. 9, Fig. 1. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 399, Taf. 21, Fig. 21. Sismonda, Pi6mont. S. 65, Taf. 29, Fig. 9. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 90, Taf. 130, Fig. 5—19. Ders., Island S. 153, Taf. 28, Fig. 14—17. Ders., Grönland S. 100, Taf. 69, Fig. 8. Ders., Portugal S. 29, Taf. 22, Fig. 34. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 24, Taf. 6, Fig. 1—6. Ders., Leitm. Geb. S. 391, Taf. 7, Fig. 16. Ders., Cyprissch. S. 145, Taf. 8, Fig. 19. Ders., Jesuitengr. S. 361, Taf. 26, Fig. 23, 28, 29; Taf. 24, Fig. 1-4, 6, 7. Ders., Dux S. 192, Taf. 15, Fig. 4, 6. Ders., Caplagr. S. 199, Taf. 8, Fig. 5, 7. Lesquereux Cret. and Tert. Fl. S. 191, Taf. 39, Fig. 1, 2, 13. Staub, Zsilthal S. 278, Taf. 27, Fig. 2, 4. Syn. Phylütes Juglandiformis Sternberg, Vers. I. Taf. 35, Fig. 1. — Prunus paradisiaca Unger, Swoszowice 8. 7, Taf. 14, Fig. 22. — Prunus juglandiformis Unger, Sotzka S. 184, Taf. 55, Fig. 17. — Pterocarya haidingeri Ettingshausen, Wien S. 24, Taf. 5, Fig. 4. — Carya bilinica Ettingshausen, Heiligen- kreuz S. 12, Taf. 2, Fig. 17. Ders., Tokay S. 35, Taf. 3, Fig. 6. Ders., Bilin III. S. 46, Taf. 51, Fig. 4, 6, 13—15; Taf. 52, Fig. 3, 4, 7—11. Unger, Syll. pl. foss. I. S. 39, Taf. 17, Fig. 1—10. Ders., Kumi S. 78, Taf. 14, Fig. 13. Ders., Radoboj S. 149, Taf. 1, Fig. 13. Velenovsky, Vxsovic S. 44, Taf. 8, Fig. 1, 3; Taf. 9, Fig. 16. — Carya ungeri Unger, Syll. pl. foss. I. S. 40, Taf. 18, Fig. 1-4. Ders., Radoboj S. 149, Taf. 4, Fig. 9. Die Blätter sind unpaarig-gefiedert, vielpaarig, die Blättchen ei-lanzettförmig oder oval, elliptisch, kurzgestielt, zugespitzt, unregelmälsig, feingezähnt; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind bogenläufig, zahlreich und entspringen unter spitzen Winkeln; zwischen dem Rande und den Hauptfeldern zeigen sich runde Maschen, die Nervillen sind deutlich und bilden ein unregelmälsiges polygones und grolsmaschiges Netz. Es fanden sich eine grölsere Anzahl Fragmente von verschiedener Grölse und Form vor, von denen nur einige wiedergegeben sind. Diese Art wurde sowohl im europäischen als nordamerikanischen Tertiär nachge- wiesen. Sie gehört zu den verbreitetsten tertiären Pflanzen. A. j. A.: Juglans nigra L., Carya amara Nutt. (Nordamerika). Z. V.: Oligoeän, Miocän, Pliocän. Gattung Carya Nutt. Carya subcordata Ett. Taf. V. Fig. 17. Ettingshausen, Wetterau S. 883, Taf. 5, Fig. 14. Die Blättehen sind gestielt, eiförmig-länglich, am gerundeten Grunde ausgerandet, zugespitzt, am Rande feingesägt; die 13 oder 14 Seitennerven verästeln sich gegen den Rand hin, sind gegen den Grund näher an den Rand gerückt. Unter diesem Namen beschrieb Ettingshausen ein Blatt, zu dem unser Bruchstück gerechnet werden dürfte. Zwar zeigt es keine ausgerandete Basis, doch ist dies Merkmal ale un bei dem Wetterauer Blatt so wenig ausgeprägt, dals man es kaum als ein wesentliches, bei allen Blättern sich wiederholendes ansehen dürfte. Im übrigen erkennt man an ihm den breiteren, abgerundeten Grund, dafs die unteren Seitennerven enger bei einander stehen als die oberen, dals jene unter rechtem, oder beinahe rechtem Winkel entspringen, während die übrigen es unter spitzen thun, und auch die Gabelung am Rande. Zweifelhaft bleibt, ob wir es hier mit einer echten Art zu thun haben; die Ent- seheidung muls weiteres Material bringen. Sehr nahe stehen die Blättchen denen von Carya bilinica Ung. Z. V.: Oligocän. Carya ventricosa Stbg. sp. Taf. IV. Fig. 7, 23—30. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 40, Taf. 18, Fig. 5—9. Ders., Syll. pl. foss. I. S. 40, Taf. 18, Fig. 5 bis 11. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 37, Taf. 10, Fig. 11—14. Ders., Göhren S. 32, Taf. 6, Fig. 4. Ders., Berand S. 35, Taf. 3, Fig. 66, 67. Friedrich, Prov. Sachsen S. 214, Taf. 6, Fig. 17, 18. Syn. Juglandites ventricosus Sternberg, Vers. I. S. 48, Taf. 53, Fig. 5. — Carpolites subcordatus Sternberg, Vers. I. S. 41, Taf. 51, Fig. 6. — Juglans ventricosa Brongniart, Prodr. S. 209. Unger, Wiliezka S. 11, Taf. 1, Fig. 14—16. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 139, Taf. 58, Fig. 1—6. Poppe, Jahrb. 1867, S. 54, Taf. 1, Fig. 9. — Juglans laevigata Brongniart, Prodr. S. 145. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 135, Taf. 54, Fig. 6—14. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 38, Taf. 10, Fig. 15—18. Poppe, Jahrb. 1887. S. 54. Taf. 1, Fig. 8. — Carya pusilla Unger, Syll. pl. foss. S. 41, Taf. 18, Fig. 12. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen 8. 38, Taf. 10, Fig. 19—21. — Juglans costata Lesquereux, Cret. and Tert. Fl. S. 190, Taf. 39, Fig. 5. Die Früchte sind von verschiedener Grölse, bauchig-kugelig, kurz zugespitzt, fein- gefurcht, die Klappe tritt am Rande hervor, die Steinschale ist dick, die Scheidewand vor- gezogen, der Same klein, die Buchten sind lappig eingeschnitten. Eine grölsere Anzahl Früchte, die meist verdrückt sind. Ich habe mich durch zahlreiches, von verschiedenen Lokalitäten herrührendes Material überzeugen lassen, dals meine frühere Ansicht, Carya pusilla Ung. sei eine besondere Art, nicht haltbar ist. Sie unterscheidet sich nur durch ihre Grölse, nicht im geringsten in ihrem Bau von den grölseren Früchten und darf daher nur als kleinere Form angesehen werden. Friedrich fiel es (a. a. O. S. 217) auf, dals aus dem Tertiär von Nordamerika, der jetzigen Heimat von Carya, noch nicht Früchte dieser Gattung bekannt geworden seien. Lesquereux’s letzte Arbeit hat uns jedoch belehrt, dafs auch da solche gefunden worden sind. Er bildet dergleichen von Juglans costata Ung. (= Carya ventricosa Stbg. sp.), Carya rostrata Göpp. und ©. bruckmanni? Heer (wohl der Form ©. pussilla Ung. zuzurechnen) ab. A. j. A.: Carya amara Nutt. (Mittleres und südliches Nordamerika). Z. V.: Oligocän, Miocän, Plioeän. — 9 — Carya costata Stbe. sp. Taf. IV. Fig. 5. Unger, Syll. pl. foss. I. S. 41, Taf. 18, Fig. 13—17. Ders., Wiliczka S. 11, Taf. 1, Fig. 19—23. Engelhardt, Göhren S. 33, Taf. 6, Fig. 5. Ders., Liebotitz u. Putschirn S. 85, Taf. 2, Fig. 16—18. Syn. Carpolites strychninus Sternberg, Vers. I. S. 41, und Index iconum Taf. 53, Fig. a, b. - Juglandites costatus Sternberg, Vers. II. S. 207, Taf. 58, Fig. 7—13. — Juglans costata Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 468. Ludwig, Palaeont. VIII. S. 138, Taf. 54, Fig. 15a—c; Taf. 56, Fig. 7; Taf. 57, Fig. 6, 7. — Juglans ventricosa Ludwig, Palaeont. VIII. Taf. 58, Fig. 1—6. Die Früchte sind ziemlich rund, zusammengeprelst, länglich, scharf gerieft, an der Spitze meist eingedrückt, das Fruchtgehäuse glatt, an der Spitze eingedrückt-sternförmig-nervig. Nur eine Frucht ist vorhanden. Dals sie einem starken Drucke unterworfen ge- wesen ist, zeigen auf der einen Hälfte die durch denselben hervorgerufenen Riefen, welche sich längs des Umfanges mehrfach übereinander befinden. Auf der anderen Seite ist an der Peripherie noch Fruchtschale vorhanden. Das Innere lälst die stark verbogene Scheidewand zwischen den Lappen und in diesen selbst Pressungswirkungen erkennen. 2. V.: Oligoeän, Miocän, Pliocän. Gattung /ferocarya Knth. Pterocarya denticulata Web. sp. Taf. V. Fig. 25, 27. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 94, Taf. 131, Fig. 5—7. Ders., Zsilythal S. 22, Taf. 4, Fig 2; Taf. 5, Fig. 1, 5. Ders., Fl. foss. aret. VII. S. 102, Taf. 76, Fig. 1. Ettingshausen, Bilin III. S. 47, Taf. 53, Fig. 11 bis 15. Ders., Sagor II. S. 199, Taf. 17, Fig. 3. Ders., Leoben II. S. 353, Taf. 9, Fig. 17. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 24, Taf. 6, Fig. 8—10. Ders., Göhren S. 33, Taf. 13, Fig. 6. Ders., Jesuitengr. S. 76, Taf. 17, Fig. 8, 12; Taf. 18, Rig. 7, 11. Ders., Dux'S. 193, Taf. 14, Fig: 15, 17. Ders, Caplagr. S. 200, Tat. 8, Kio. 8; Taf. 9) Fig. 15. Syn. Juglans denticulata Weber, Palaeont. II. S. 211, Taf. 23, Fig. 10. — Salix inaequilatera Göppert, Schossnitz S. 27, Taf. 21, Fig. 6. Die Blätter sind gefiedert, die Blättchen sitzend oder sehr kurz gestielt, lanzett- förmig, meist etwas sichelförmig, zugespitzt, scharf und dicht gesägt, die Seitennerven zahl- reich und genähert. Zahlreiche Blättchen, die meisten mit Xylomites pterocaryae Egh. A. j. A.: Pterocarya caucasica Meyer. (Transkaukasien, Nordpersien). Z. V.: Oli- gocän, Miocän, Pliocän. Familie der Xanthoxyleen Juss. Tropisch und subtropisch, selten in der gemäfsigten Zone. Gattung Aanthoxylon Knth. Xanthoxylon serratwm Heer. Taf. III. Fig. 7, 10. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 85, Taf. 127, Fig. 13—20; Taf. 154, Fig. 37. Velenovsky, Vrsovic S. 45, Taf. 5, Fig. 18. Engelhardt, Jesuitengr. S. 69, Taf. 17, Fig. 17, 21. — 294 — Die Blätter sind gefiedert. die Spindel ist mit kurzen, gekrümmten Stacheln besetzt, die Blättchen sind sitzend, abwechselnd, eiförmig, gesägt; die Seitennerven verzweigt, bogenläufig. Mehrere Blätter. Z. V.: Oligocän, Mioeän. Familie der Anacardiaceen Lind. Die Familie falst meist tropische Pflanzen in sich, doch auch solche, welche die wärmeren Länder beider gemälsigten Zonen bewohnen. Sie war schon in der Kreide- formation vertreten. Gattung Phus L. Rhus pyrrhae Ung. Taf. II. Fig. 24. Unger, Chl. prot. S. 84, Taf. 22, Fig. 1. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 84, Taf. 126, Fig. 20—28. Engelhardt, Jesuitengr. S. 68, Taf. 16, Fig. 25, 27; Taf. 17, Fig. 18, 19. Die Blättchen sind ziemlich eirund, zerstreut-eingeschnitten-gezähnt, die seitlichen am Grunde schief, kurzgestielt; die Seitennerven randläufig, einige bogenläufig. Ein Blättchen. A. j. A.: Rhus aromatica Ait. (Nordamerika). Oligocän, Miocän. Rhus noeggerathii Web. Taf V. Fig. 21. Weber, Palaeont. II. S. 98, Taf. 6, Fig. 14. Die Blätter sind zart, gefiedert (?), die Blättchen gestielt oder sitzend, am Grunde verschmälert oder gerundet, ei-lanzettförmig, langzugespitzt, gesägt; der Mittelnerv ist straff, die Seitennerven sind gefiedert, etwas abstehend, gleichlaufend, stärkere mit schwächeren abwechselnd, die Nervillen äufserst zart. Unser Blatt zeigt ein Endblättchen und Teile zweier Seitenblättchen. Ersteres ist, besonders in der Nervatur, schlecht erhalten. Trotzdem ziehe ich es hierher, da seine Teile mit den Blättchen der Weber’schen Art sehr grolse Übereinstimmung zeigen. Die Zähne des Randes beginnen erst in einiger Entfernung vom Blattstiele, das Endblättchen zeigt sich breit, die seitlichen sind dagegen schmal und eine Zuspitzung aller kann wohl auch angenommen werden. Dals das erstere sich am Grunde schief erweist, kann wohl nicht als trennendes Merkmal hingestellt werden. Z. V.: Oligoeän. Familie der $anguisorbeen DC. Die Familie enthält nur Pflanzen der gemälsigten Zone. ps Gattung Parrotia Mey. Parrotia pristina Ett. sp. Taf. V. Fig. 28. Stur, Congerien- und Cerithiensch. S. 192, Taf. 5, Fig. 2, 3. Ettingshausen, Bilin III. S. 4, Taf. 39, Fig. 23; Taf. 40, Fig. 24, 25. Engelhardt, Göhren S. 35, Taf. 6, Fig. 10. Ders., Dux S. 178, Taf. 9. Fig. 18. Syn. Styrax pristinum Ettingshausen, Wien S. 19, Taf. 3, Fig. 9. Ders., Heiligenkreuz S. 10, Taf. 2, Fig. 10, 11. — Ficus pannonica Ettingshausen, Tokay S. 26, Taf. 1, Fig. 9. — Quercus fagifolia Göppert, Schossnitz S. 14, Taf. 6, Fig. 9—12. — Quercus triangularis Göppert, Schossnitz S. 15, Taf. 6, Fig. 13—17. — (uercus undulata Göppert, Schossnitz S. 15, Taf. 7, Fig. 1, 2. — Parrotia fagifolia Heer, Fl. d. Schw. III. S. 306. — Parrotia pseudo-populus Ettingshausen, Bilin III. S.5, Taf. 39, Fig. 20. — Fother- gilla ungeri Koväts, Tallya S. 50, Taf. 1, Fig. 6. Die Blätter sind lederartig, gestielt, eiförmig oder keil-eiförmig, an der Spitze ab- gestumpft, am Grunde ausgerandet, abgestutzt oder stumpf, öfter in den Stiel verschmälert keilförmig, in der unteren Partie ganzrandig oder wellig, an der Spitze ausgeschweift- gezähnt; dreifachnervig, die seitlichen Grundnerven sind gegenständig, die Seitennerven ent- springen unter wenig spitzen Winkeln. Ein Blatt. Manche Paläontologen sind geneigt, und zwar nicht ohne Grund, unsere fossile Art mit Fothergilla alnifolia L. (Nordamerika) in Beziehung zu bringen. A. j. A.: Parrotia persica Ü. A. Meyer. (Kaukasus, Nordpersien). Z. V.: Oligocän, Mioeän. Familie der Amygdaleen Bartl. Die meisten ihr angehörigen Pflanzen in der nördlich gemälsigten Zone, nur wenige in den Tropen Asiens und Amerikas. Gattung Amygdalus L. Amygdalus persieifolia Web. Taf. IV. Fig. 14. Weber, Palaeont. II. S. 104, Taf 7, Fig. 9. Heer, Balt. Fl. S. 98, Taf. 30, Fig. 23—27. Engelhardt, Berand S. 38, Taf. 3, Fig. 11. Die Blätter sind häutig, lanzettförmig, in den Stiel verschmälert, zugespitzt, fein- gesägt; der Mittelnerv ist straff, die Seitennerven sind gekrümmt, stehen ab und verbinden sich vor dem Rande in Bogen. Eine Blatthälfte. A. j. A.: Amygdalus persica L. (Orient, Persien). Z. V.: Oligocän. Ampygdalus pereger Ung. Taf. V. Fig. 7, 22. Unger, Sotzka S. 54, Taf. 34, Fig. 10—14. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 95, Taf. 132, Fig. 8S—12. Engelhardt, Jesuitengr. S. 71, Taf. 19, Fig. 2, 3, 14; Taf. 21, Fig. 16. ugs Die Blätter sind häutig, langgestielt, ei-lanzettförmig, zugespitzt, sägezähnig. Eine Anzahl Blätter von verschiedener Grölse, von denen nur die schmäleren des. mangelnden Platzes wegen abgebildet wurden. Z. V.: Meist im Oligocän, selten im Miocän. Gattung Pranus L. Prunus acuminata Al. Br. Taf. V. Fig. 23. Al. Braun in Stitzenb. Verz. S. 90. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 95, Taf. 130, Fig. 23; Taf. 132, Fig. 7. Ders., Balt. Fl. S. 49, Taf. 12, Fig. 5. Die Blätter sind häutig, eiförmig-elliptisch, zugespitzt, gesägt. Ein Blatt, das dem aus der Baltischen Flora stammenden am nächsten steht. A. j. A.: Prunus chicasa Mich. (Nordamerika). Z. V.: Oligocän, Miocän. Familie der Pomaceen Lindl. Die meisten Vertreter in der gemälsigten Zone von Europa, Asien und Nordamerika, nur wenige in Afrika. Gattung Crafaegus L. Crataegus longepetiolata Heer (?). Taf. V. Fig. 44. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 97, Taf. 155, Fig. 16. Die Blätter sind langgestielt, häutig, scharf gesägt, oval, gegen den Stiel hin ver- schmälert; die Seitennerven stehen dicht, etwas von einander ab, sind sehr fein, verzweigt und randläufig. Unser Bruchstück zeigt soviel Übereinstimmendes mit den Blättern dieser Art, dals es möglicherweise zu ihr zu ziehen ist. Erwähnt sei, dals Heer seine Deutung als noch keineswegs gesichert bezeichnet. Z. V.: In der Schweiz in der Öninger Stufe. Familie der Papilionaceen Endl. Die Gattungen dieser Familie gehören in der Mehrzahl den Tropen und Subtropen, besonders Amerikas, an; in geringerer Zahl treten sie in der gemälsigten Zone auf und sind da besonders im Mittelmeergebiet entwickelt. Vertreter finden wir bereits in der Kreide vor. Gattung Palaeolobium Ung. Palaeolobium haeringianum Ung. Taf. IV. Fig. 18. Unger, Sotzka S. 56, Taf. 41, Fig. 8—10. Ettingshausen, Häring S. 88, Taf. 22, Fig. 10—17. Heer, Fl, d. Schw. III. S. 106, Taf. 134, Fig. 8. Engelhardt, Jesuitengr. S. 74, Taf. 19, Fig. 1, 19—21, 24. — Die Blätter sind häutig, gefiedert, die Blättchen lanzettförmig oder ei-lanzettförmig, spitz, ganzrandig; die Seitennerven zahlreich, einfach, parallel. Ein Blättchen. A. j. A.: Dalbergia nobilis DC. (?2) Z. V.: Oligocän. Gattung Dalbergia L. Dalbergia bella Heer. Taf. III. Fig. 26. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 22, Taf. 133, Fig. 14—-19. Die Blätter sind gefiedert (?), die Blättchen häutig, gestielt, länglich-umgekehrt- eiförmig, am Grunde verschmälert, an der Spitze ausgerandet; die Seitennerven zahlreich, bogenläufig, die Hauptfelder mit feinem Netzwerk ausgefüllt. Z. V.: Mioeän. Gattung Cassia L. Cassia phaseolites Ung. Taf. IV. Fig. 16; Taf. V. Fig. 31, 39. Unger, Sotzka S. 188, Taf. 65, Fig. 1-5; Taf. 66, Fig. 1--9. Ders., Syll. pl. foss. II. S. 29, Taf. 11, Fig. 1, 3. Ders., Szänt6 S. 17, Taf. 5, Fig. 22 (?). Ettingshausen, Häring S. 91, Taf. 30, Fig. 15 bis 17. Ders., Bilin III. S. 61, Taf. 54, Fig.-9. Ders., Sagor II. S. 210, Taf. 20, Fig. 23—30. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 119, Taf. 137, Fig. 66—74; Taf. 138, Fig. 1-12. Ders., Bornstädt S. 21, Taf. 3, Fig. 10. Ders., Balt. RI. S. 94, Taf. 12, Fig. 6; S. 100, Taf. 30, Eig. 29. Ders., Szilythal 8. 23, Taf. 5, Fig. 7. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen S. 31, Taf. 8, Fig. 13—15. Ders., Leitm. Geb. S. 366, Taf. 3, Fig. 11. Ders., Cyprissch. S. 17, Taf. 9, Fig. 3—6. Ders., Jesuitengr. S. 79, Taf. 20, Fig. 2-4, 20, 23, 38. Ders., Dux S. 197, Taf. 15, Fig. 14. Ders., Caplagr. S. 203, Taf. 9, Fig. 2. Staub, Zsilthal, S. 367, Taf. 41. Fig. 8 (2). Die Blätter sind vielpaarig-gefiedert, die Blättchen häntig, länglich-elliptisch oder eirund- länglich, gestielt, ganzrandig, ziemlich stumpf; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind zart, zahlreich, laufen parallel oder fast parallel und verbinden sich am Rande in Bogen. Eine grölsere Anzahl von Blättchen. A. j. A.: Cassia mieranthera DC. (Brasilien). Z. V.: Oligocän, Miocän, Plioeän. Cassia hyperborea Ung. Taf. IV. Fig. 23. Unger, Sotzka S. 58, Taf. 43, Fig. 2, 3. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 119, Taf. 137, Fig. 57—61. Engelhardt, Jesuitengr. S. 79, Taf. 20, Fig. 1, 36; Taf. 21, Fig. 5. Die Blättchen sind häutig, gestielt, ei-lanzettförmig, zugespitzt; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind sehr fein, gebogen. Ein Blättchen. Die Selbständigkeit dieser Art ist sehr zu bezweifeln; wahrscheinlich ist sie mit Cassia berenices Ung. zu vereinen. A. j. A.: Cassia laevigata Willd. (Tropisches Amerika). Z. V.: Oligocän, Miocän. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Pd. XX. 38 Du Cassia ambigua Ung. Taf. IV. Fig. 15, 21. Unger, Gen. et sp. pl. foss. S. 492. Ders., Syll. pl. foss. II. S. 29, Taf.10, Fig. 9. Ettingshausen, Häring S. 90, Taf. 29, Fig. 43—46. Ders., Mte. Promina S. 24, Taf. 13, Fig. 9. Heer, Fl. d. Schw. II. S. 121, Taf. 138, Fig. 29—36. Ders., Balt. Fl. S. 100, Taf. 30, Fig. 31, 32. Engelhardt, Jesuitengr. S. 78, Taf. 19, Fig. 43, 44; Taf. 20, Fig. 5—9, 17, 18. Ders., Dux S. 196, Taf. 11, Fig. 9, 15. Syn. Acacia amorphoides Weber, Palaeont. IV. S. 164. Taf. 29, Fig. 1e. Die Blätter sind gefiedert, die Blättchen kurz gestielt, elliptisch oder lanzettförmig, zugespitzt, am Grunde ungleich; die Seitennerven zart und gebogen. Einige Blättchen. Z. V.: Oligoeän, Miocän. Cassia berenices Ung. Taf. V. Fig. 20, 41. Unger, Sotzka S. 188, Taf. 64, Fig. 4—10. Ders., Szäntöo S. 17, Taf. 5, Fig. 20. Weber u. Wessel, Palaeont. IV. S. 53, Taf. 29, Fig. 16, 20. Heer, Fl. d. Schw. IH. S. 118, Taf. 137, Fig. 42—56. Ders., Balt. Fl. S. 100, Taf. 30, Fig. 30. Engelhardt, Leitm. Geb. $S. 393, Taf. 7, Fig. 21; S. 410, Taf. 12, Fig. 23. Ders.. Cyprissch. 8. 17, Taf. 8, Fig. 23, 24; Taf. 9, Fig. 3. Ders., Jesuitengr. S. 78, Taf 20, Fig. 11—13, 15, 16, 21, 22, 45, 46. Ders,., Caplagı. S. 202, Taf. 7, Fig. 7, 13. Ettingshausen, Sagor II. S. 210, Taf. 20, Fig. 31—34. Saporta, Sud-Est de la France S. 258, Taf. 11, Fig. 14. Staub, Zsilthal S. 364, Taf. 29, Fig. 26; Taf. 41, Fig. 3, 4. Die Blätter sind gefiedert, die Blättchen kurz gestielt, dünnhäutig, eiförmig, zu- gespitzt, elliptischh am Grunde meist stumpf gerundet, bald deutlich ungleichseitig, bald kaum merklich; der Mittelnerv ist zart, die 5—7 Seitennerven jederseits sind zart, zuweilen gegenständig und verbinden sich vom Rande entfernt in Bogen. Zwei Blättchen. A. j. A.: Cassia laevigata Willd. (Mittel-Amerika). Gegen ©. fistuld C. (Antillen), welche Saporta zur Vergleichung heranzieht, spricht die Nervatur. Z. V.: Oligocän, Miocän, Pliocän. Cassia cordifolia Heer. Taf. V. Fig. 16. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 120, Taf. 138, Fig. 13—16. Die Blättchen sind etwas lederig, herzförmig oder herzförmig-elliptisch; die Seiten- nerven zart und gebogen. Ein Blättchen. A. j. A.: „Ähnliche Blättchen hat auch Indigofera cordifolia Roth“. Heer. Z. V.: Ende Oligocän, Anfang Miocän. Gattung Zeguminosites Heer. Leguminosites reetinervis Heer. Taf. V. Fig. 32. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 128, Taf. 139, Fig. 31. 999° — Die Blättchen sind lanzettförmig, zugespitzt ; die Seitennerven gleichlaufend, abstehend, entspringen unter rechtem Winkel und verbinden sich in Bogen. A. j. A.: „Ähnliche wagerechte Sekundärnerven sehen wir bei Hardtenbergia und Hovea venuelosa“. Heer. Z. V.: Aquitanien. Familie der Mimosaceen W. K. Meist tropisch und subtropisch, besonders häufig in Australien und Amerika; fehlt in Europa ganz. Gattung Acacia L. Acaecia sotzkiana Ung. Taf. V. Fig. 18. Unger, Sotzka S. 189, Taf. 47, Fig. 1—10. Ettingshausen, Häring 8. 93, Taf. 30) Eig. 55, 56. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 131, Taf. 140, Fig. 1—12. Massalongo, Fl. foss. Senigal. S. 435, Taf. 35, Fig. 4, 10. Saporta, Sud-Est de la France III. S. 12, Fig. 19. Engelhardt, Jesuitengr. S. 81, Taf. 20, Fig. 34, 35, 47. Ders., Dux S. 197, Taf. 11, Fig. 28, 29; Taf. 14, Fig. 13, 19. Die Blätter sind doppelt-gefiedert (?), die Blättchen lanzettförmig, ein wenig lederig. Ein Blättchen. A. j. A.: Nach Unger Acacia portoricensis Willd. (Tropisches Amerika). Z. V.: Oligocän, Mioeän. Gattung Caesalpinia L. Caesalpinia escheri Heer (?) Taf. V. Fig. 9, 10. Heer, E]. d. Schw. III. S. 111, Taf. 155, Fig. 21. Die Blätter sind abgebrochen-doppeltgefiedert, stachelig, die Fiedern entgegengesetzt, dreipaarig, die Blättchen vielpaarig, sitzend, oval, am Grunde ein wenig ungleichseitig, an der Spitze stumpf, gerundet; die Seitennerven sind sehr zart. Zwei Blättchen, bei denen ich nicht ganz sicher bin, ob sie wirklich hierher gehören. Ich kenne aber sonst keine Art, mit welcher sie so übereinstimmten, als mit dieser, weshalb ich sie an diese anschlielse. Weiteres Material, das uns hätte aufklären können, war nicht vorhanden. A. j. A.: Caesalpinia mucronata Willd. (Brasilien). Z. V.: Bisher nur von Öningen bekannt. Pflanzenreste mit unsicherer Stellung. Phyllites fraxinoides nov. sp. Taf. V. Fig. 42, 45, 45. Die Blätter (Blättchen?) sind ei-lanzettförmig, spitz, am Grunde schief, scharf gesägt ; der Mittelnerv ist stark, die zarten Seitennerven sind wenig gekrümmt, bisweilen gegen den Rand hin gegabelt. 7 00) E— Es ist leicht möglich, dafs diese Reste zu Fraxinus gehören. Grofse Ähnlichkeit besitzen sie mit den von Saporta in Sud-Est de la France III. Taf. 9, Fig. 17—19 abge- bildeten Blättchen, welche analog denen von Fraxinus ornus L. sind. Carpolithes erenatus nov. sp. Taf. V. Fig. 26. Die Frucht ist flach, am Rande mit zahlreichen Kerben versehen. Sie erinnert an Früchte von Nymphaea. Carpolithes polyspermus nov. sp. Taf. V. Fig. 40. Die Frucht ist rund, die Samen sind kugelig. Dals wir es nicht mit einer Blüte zu thun haben, zeigen die tiefen kugelförmigen, sicher von Samen herrührenden Eindrücke im Gestein. Von ihrer Umhüllung ist nur wenig vorhanden; sie scheint fleischiger Natur gewesen zu sein. Carpolithes caricinus Heer (?) Taf. V. Fig. 38. Heer, Fl. d. Schw. III. S. 141, Taf. 141, Fig. 45. Die Frucht ist eiförmig, gestreift. Sonst waren noch vorhanden ein Same, den man Carpolithes gardenioides wegen seiner Gestalt nennen könnte (Taf. V, Fig. 14), ein elliptischer mit Streifen (Fig. 36) und eine kleine Knospe (Fig. 30). Aulserdem eine flachgedrückte, mit einer Anzahl Sprüngen versehene Beerenfrucht (Fig. 29), mehrere kleinere (Fig. 47 und Fig. 45) und ein Same im Keimungszustande (Fig. 46). Alphabetisches Verzeichnis der beschriebenen Pflanzenreste. A Acacia sotzkiana, 2. Acer decipiens, 286. „ integrilobum, 286. „ trilobatum, 285. Alnus kefersteiniti, 269. Amygdalus pereger, 295. = persieifolia, 295. Andromeda vaceinifolia, 283. Aspidium meyeri, 257. B Banksia deikeuna, 280. > longifolia, 281. Benzoin antiquum, 279. Betula brongniartii, 266. „ dryadum, 266. » _ risca, 265. c Caesalpinia escheri, 29. Callitris brongniartiüi, 259. Carpinus grandis, 269. Carpolithes caricinus. 300. ch crenatus, 300. = polyspermus, 300. Carya costata, 293. „ subcordata, 291, » ventricosa, 292. Cassia ambigua, 298. berenices, 298. > cordifolia, 298. » hyperborea, 297. » Phaseolites, 297. Ceanothus ebuloides, 290. Celastrus protogaeus, 287. Cinnamomum polymorphum, 279. Crataegus longepetiolata, 296. Cnpauia juglandina, 287. nD Dalbergia bella, 297. Diospyros brachysepala, 232. “= lotoides, 283. JE Embothrium saliecinum, 280. Evonymus wetteravieus, 288 F Fagus feroniae, 270. Ficus kinkelini, 273. & Glyptostrobus europaeus, 260. Goniopteris stiriaca, 256, Grewia crenata, 284. H Hakea myrsinites, 2831. I Jlex stenophylla, 288. Juglans bilinica, 291. cp vetusta, 2%. Juncus retractus, 258. L Laurus primigenia, 279. Leguminosites rectinervis, 298. Libocedrus salicornioides, 259. Liquidambar europaeum, 277. Lygodium sp., 257. m Myrica acuminata, 264. = banksiaefolia, 263. » hakeaefolia, 265. » lignitum, 264. Myrsine doryphora, 282. pP Palaeolobium häringianum, 296. Parrotia pristina, 295. Phylllerium ulmi, 254. Phylüites fraxinoides, 299. Physagenia parlatorü, 258. Pinus hepios, 262. Pisonia eocenica, 278. Planera ungeri, 272. Platanus aceroides, 274. Poacites laevis, 258. Podocarpus eocenica, 263. Populus latior, 275. 35 mutabilis, 277. Prunus acuminata, 296. Pterocarya denticulata, 293. @ Quercus drymeja, 267. 53 elaena, 268. 53 gmelini, 269. ss hagenbachi, 269. g lonchitis, 268, 55 pseudo-alnus, 269, ne tenerrima, 268. ri} Rhamnus deletus, 289. FA eridani, 289. Rhamnus gaudini, 288. nn rossmässleri, 289. Rhus noeggerathi, 294, » Pyrrhae, 294. Rhytisma induratum, 255. Ss Salix varians, 275. Salvinia mildeana, 257. Sapindus faleifolius, 286. Sequoia langsdorfii, 261. Smilax sp., 259. Sphaeria aegeritoides, 254. " dalbergiae, 255. „» persistens, 255. U Ulmus braunü, 271. » bronni, 271. TV Vaceinium acheronticum, 283. Vitis teutonica, 284. x Xanthoxylon serratum, 293. Xylomites betulae, 256. > pterocaryae. 256. Tafelerklärungen. Tafel I. Ilılesale »„ 2, 3. Öphaeria aegeritoides nov. Sp. 2] | Phyllerium ulmi nov. Sp. | | a. vergrölsert. | 4. Xylomites pterocaryae nov. Sp. | a, b. vergrölsert. | 5. Khytisma induratum Heer. 6. Sphaeria dalbergiae Heer. Sphaeriapersistens Heer. a vergrölsert. | 3. Goniopteris stiriaca Ung. sp. 9, 10. Aspidium meyeri Heer. a. ver- grölsert. 11—13. Salvinia mildeana (Göpp. 14. Lygodium sp. 15. Juncus retractus Heer. 16. Poaeites laevis Al. Br. 17. Physagenia parlatorii Heer. 18—20. Glyptostrobus europaeus Brongn. sp. 21, 22. Oallitris brongniartii Endl. sp. | 23—26. LibocedrussalicornioidesEndl.sp. | 27—38. Sequoia langsdorfii Brongn. Sp. 27, 38 Aststücke mit Narben. 28 bis 31 beblätterte Ästchen. 32—34 Zäpfchen. 35—37 Samen. 39. Banksia Deikeana Heer. 40. Betula prisca Ett. mit Xylomites betulae nov. SP. Fig. Fig. 41. Pinus hepios Ung. sp. (?) 42. Podocarpus eocenica Ung. 43, 50, 5l. Myrica hakeaefolia Ung. sp. 43, 51. Blattstücke. 50. Frucht. . Myrica acuminata Ung. 5. Myrica banksiaefolia Ung. 5. Myrica lignitum Ung. sp. . Smilax sp. . Planera ungeri Köv. sp. . Betula brongniarti Eitt. 52. Embothrium salicinum Heer. Tafel II. 1, 2. Betula brongniarti Ett. 3—5. Betula dryadum Brongn. 6—S. Betula-Kätzchen. 9, 16, 17. Quercus drymeja Ung. 10, 11. Quercus lonchitis Ung. 12. Glyptostrobus europaeus Brongn. Sp. 13—15. Almus kefersteinii Göpp. Sp. 13, 15. Blätter. 14. Zäpfchen. 15. Banksia longifolia Ung. Sp. . Quercus hagenbachi Heer. . Quercus elaena Ung. 1. Quercus tenerrima Web. 22, 36, 42. Ulmus braunü Heer. 23. Hakea myrsinites Ett. 24. Cupania juglandina Eitt. ” Quercus pseudo-alnus Ett. Quercus gmelini Al. Br. . 37, 33. Carpinus grandis Ung. Blätter. 37. Frucht. Celastrus protogaeus Ett. 29, 33, 35, 39. Fagus feroniae Ung. 30, 31. Vaceinium acheronticum Ung. 32, 34. Andromeda vaceinifolia Ung. 45. Planera ungeri Kov. sp. Tafel III. 1. Ulmus bronnii Une. [S) Planera ungeri Köv. sp. 3. Ficus kinkelini nov. sp. 4. Ilex stenophylla Ung. Platanus aceroides Göpp. [ort 6, S, 9, 11a. Salix varians. 11b. Sequoia langsdorfi Brongn. sp. Aststück. 7, 10. Xanthoxylon serratum Heer. 12. Cinnamomum polymorphum Al. Br.sp. 13, 14. Populus latior Al. Br. 13. Aststück. 14. Blatt. 15—17. Liquidambar europaeum Al. Br. 16, 17. Blätter. 18. Ceanothus ebuloides Weh. 15. Zäpfchen. 19. Populus mutabilis Heer. 20—22. Pisonia eocenica Pitt. 23. Vaceinium acheronticum Ung. 24. Rhus pyrrhae Une. 25. Grewia erenata Ung. sp. 26. Dalbergia bella Heer. 304 ” ” Fig. 27. Benzoin antigquum Heer. 28. Laurus primigenia Ung. Tafel IV. 1. Diospyros brachysepala Al. Br. 2. Diospyros lotoides Ung. 3, 8—11, 26. Acer trilobatum Stbeg. sp. S, 10, Früchte. 3,9, 11,26. Blätter. 4. Ligquidambar europaeum Al. Br. 5. Carya costata Stbg. sp. 6, 12. Vitis teutonica Al. Br. 7, 28—30. Carya ventricosa Stbg. Sp. 28, 29. var. pusilla. 13. Acer decipiens Al. Br. 14. Amygdalus persicifolia Web. 15, 21. (assia ambigua Ung. 16. Cassia phaseolites Ung. 17. Acer trilobatum Stbg. sp. var. tricuspidatum Al. Br. 15. Palaeolobium haeringianum Ung. 19, 20, 22. Acer integrilobum Web. 235. Cassia hyperborea Ung. 24. Sapindus faleifolius Al. Br. 25, 27. Acer trilobatum Stbg. sp. var. produetum Al. Br. Tafel V. 1. Evonymus wetteravica Pitt. 2,3, 33. Rhamnus gaudini Heer. 4. Rhamnus eridani Ung. 5, 6. Rhamnus rossmässleri Ung. 7, 22. Amygdalus pereger Ung. 8. Juglans vetusta Heer. 9, 10. Caesalpinia escheri Heer (?) 11, 15, 19. Juglans bilinica Ung. 12. Rhammus deletus Heer. 13. Frucht von Rrhamnus. 14. Carpolithes gardenioides m. 16. Cassia cordifolia Heer. 17. Carya subeordata Ett. 18. Acacia sotzkiana Ung. 20. Cassia berenices Une. 21. Rhus noeggerathi Web. 23. Prunus acuminata Al. Br. 24. Myrsine doryphora Ung. 95, 97. 26. Carpolithes erenatus Nov. Sp. 28. Parrotia pristina Ett. sp. Pterocarya dentieulata Web. sp. 29. 3%) 80 [0,6 46. Eine Beerenfrucht. Eine Knospe. 39. Cassia phaseolites Ung. Leguminosites rectinervis Heer. (mercus lonchitis Ung. 5. Fraxinus dentieulata Heer. Ein elliptischer, mit Streifen ver- sehener Same. Vaccinium acherontieum Ung. Carpolithes caricinus Heer (?). Carpolithes polyspermus Nov. Sp. Cassia berenices Ung. 43, 45. Phyllites frasxinoides nov. Sp. Orataegus longepetiolata Heer. Ein keimender Same. 48. Zwei unbekannte Carpolithen. Druck von Aug. Weisbrod, Frankfurt a. MM. H.Engelhardt : Tertiärflora des Himmelsberges. lbhandl. d.Senckenb.naturf Gesellsch. Taf. | Jih, AnsbizWerner &Winter, Franklurt "Mr. H.Engelhardt : Tertiärflora des Himmelsberges. Abhandl. d.Senckenb.naturf'Gesellsch. Abhandl.d.Senckenb.naturf Gesellsch. Taf. IM. Kal Iitk. Anst.v. WernersWinter, Frank Gez. wert : Tertiärflora des Himmelsberges. H.Engelhardt sch. 1ese Abhandl.d.Senckenb.naturf. 6 ya. u Werner # Hinter Frankfurt Jüh. Ansi. Bez.w Verf : Tertiärflora des Himmelsberges. ngelhardt BEIGE | vWerner KWöiter. Frankfurt ®M. LBk.Anst,w. !. H.Engelhardt : Tertiärflora des Himmelsberges. es INS EL MN, ffF 7 Hr; > Abhandl. d.Senckenb.naturfGesellsch Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln. Hofrat Dr. B. Hagen. Mit zwei Tafeln. ! j ah en: Sinilteldenıneaeen 11 REDE Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln. Hofrat Dr. B. Hagen. Mit zwei Tafeln. Kein Teil der Erde ist mehr geeignet zum Studium der Variabilität der Schmetter- linge, als die grolsartige Inselwelt des austro-malayischen Archipels. Beinahe jede der tausend Inseln und Inselchen, die vom ostasiatischen Kontinent bis nach Australien hinunter ziehen, hat den grölsten Teil der Tiere, die sie bei ihrer Losreilsung vom Festland oder der Nachbarinsel besessen oder im Falle ihrer autochthonen Entstehung infolge Erhebung aus dem Meere durch Einwanderung überkommen hat, zu eigenen, spezifischen Abarten oder Varietäten, teilweise selbst schon zu eigenen Arten umgebildet. Als eine Hauptursache dieser Umbildungen wird man ja wohl Inzucht durch Isolierung annehmen dürfen, und die Heranziehung dieses Faktors zur Erklärung der Zersplitterung einer Art in eigene Lokal- formen für jede Insel mag für die kleineren derselben, die durch beschränktes Areal und genügende Entfernung von Nachbarlokalitäten, welche durch frischen Zuzug die Wirkung der Inzucht aufheben könnten, völlig ausreichend sein. Anders für die grolsen Inseln, wie z. B. Sumatra, Borneo. Diese Inseln haben ebenfalls nahezu ihre ganze Schmetterlingswelt, die bereits zu Dauerformen erstarrten kosmopolitischen Tropenstrolche abgerechnet, zu eigenen Lokalrassen ausgebildet. Wenn ein gewiegter Lepidopterolog mit verbundenen Augen auf einer dieser Inseln ausgesetzt würde, so dals er nicht wülste, wo er sich befindet, dann könnte er, nachdem er ein Dutzend Tagfalter von Arten gefangen, welche den Inseln Sumatra, Java und Borneo gemeinschaftlich angehören, mit aller Bestimmtheit sagen, auf welcher von den dreien er sich befindet. 39* 310 - Die Insel Java pflegt nämlich durchgehends die hellsten, Borneo die dunkelsten Formen hervorzubringen; Sumatra (ebenso die einer Insel gleich zu achtende Halbinsel Malakka) steht in der Färbung seiner Tiere ungefähr in der Mitte zwischen beiden. Es kommen nur verhältnismälsig wenige Ausnahmen von dieser Regel vor, die für alle Rhopalocerenfamilien gilt, aber am stärksten bei den Papilioniden, den Pieriden und den Danaiden zu beobachten ist. Nun geht es gewils nicht an, für diese Erscheinung auf den grofsen, ungeheuer ausgedehnten Inseln, die man fast kleine Kontinente nennen könnte, die Inzucht allein ver- antwortlich zu machen, ja, es dürfte sehr fraglich sein, ob bei einem so grolsen Areal und dem manchmal äufserst zähen lestkleben der Exemplare vieler Arten an ihrer Geburts- stätte Inzucht überhaupt in Betracht kommen kann: es müssen hier noch andere Ursachen wirksam sein. Verschiedenheit der Pflanzenwelt, welche den Schmetterlingsraupen zur Nahrung dient, kann ebenfalls nicht die Hanptschuld tragen; denn die ganze Inselwelt des malayischen Archipels ist von einer einzigen grolsen, einheitlichen Flora eingenommen, die von Sumatra bis Neu-Guinea äufserst wenig Neigung zu Lokalvariation zeigt. Wohl aber liefse sich denken, dals eine Verschiedenheit des Bodens, auf dem diese Pflanzenwelt gedeiht, letztere zwingt, auf der einen Insel andere Stoffe oder in etwas anderer Zusammensetzung und Ver- bindung aufzunehmen, als anf der andern (vergl. die Experimente mit Varietätenzüchten von Schmetterlingen durch Einstellen des Futters in verschiedene Lösungen und die Ver- suche über die Wechselbeziehung der Nahrung |spez. des Chlorophylis| und der Pigmente bei Schmetterlingen). Verschiedenheiten des Klimas, der Regenverhältnisse, der Sonnenbestrahlung, der Windrichtung. durch welche selbst nahe bei einander liegende Inseln oft recht stark differieren können, mögen ebenfalls dazu beitragen, Lokalrassen hervorzurufen. Ich will offen gestehen, dafs ich in dieser Frage einen engeren Zusammenhang des Bodens mit den von ihm hervorgebrachten und ernährten Geschöpfen annehme als es der Darwinismus thut, mit anderen Worten, dals ich dem Lamarck’schen „milien® mehr Eintluls zuzuschreiben geneigt bin als der Darwin’schen Zuchtwahl, und mir manche Fälle sogenannter „Nachahmung“ als einfache Konvergenzerscheinung der Entwicklungsrichtung infolge des gemeinsamen „milieu® erkläre, obwohl ich selbstverständlich den einzelnen Arten durchaus nicht eine immanente Tendenz zur Variabilität absprechen will. Im grolsen und ganzen müssen wir sagen, dals wir über diese Verhältnisse noch sehr wenig wissen. Niemand hat sich noch der Mühe unterzogen, diese Dinge an der Quelle, nämlich in den Tropen selbst, intensiv zu studieren. Nur Züchtung in grolsem Malsstab und Überführung von Lokalrassen nach anderen Inseln, wie z. B. der Ornithoptera wrvilliana nach Neu-Guinea und Batjan und umgekehrt der ©. eroesus und pegasus nach den Salomonsinseln und dem Bismarck-Archipel (die genannten Ornithopteren würden sich am besten zu derartigen Ver- suchen eignen) und Kreuzung durch Generationen hindurch wären im stande, uns unwider- legliche thatsächliche Beweise zu schaffen. Aber wo ist der Forscher, der einmal 5 Jahre seines Lebens diesem Werk widmen will. und wo findet er die Mittel dazu ? Man kann sagen, dafs, soweit dieTropen in Betracht kommen, jeder Erdteil seine eigene Tendenz in der Färbung und Zeichnung der Schmetter- lingsflügel hat. Die ungeheuren Alluvialebenen des südlichen Amerika verursachen ganz vorwiegend auf dunklem Grunde grellfarbige, hellleuchtende. scharf umrissene Bänder und Flecken. Asien hat die Farbenpracht nicht minder, aber mehr abgetönt, harmonischer. für das Auge wohlthuender; die Zeichnung ist nicht so unvermittelt scharf und kontrastierend dem Flügel aufgesetzt. Afrikas steriler Lateritboden bringt fast ausschlielslich düstere Misch- farben und die bekannte Acraeen-Zeichnung hervor. Durch diese Tendenz entstehen eine Reihe von Ähnlichkeiten in Färbung und Zeichnung bei ganz verschiedenen Familien, welche durch die Mimiery-Theorie als „Nachahmung“ angesprochen werden; für mich sind es ein- fach Konvergenz-Erscheinnngen einer gemeinsam wirkenden Ursache, des „milieu“. Natürlich beabsichtige ich nicht, das Kind mit dem Bade auszuschütten und die ganze Mimiery-Lehre zu leugnen; ich wende mich nur gegen ihre Auswüchse, gegen die Sucht, alle Ähnlich- keiten durch „Nachahmung“ zu erklären. Wenn man mir z. B. die Annahme zumutet dals der Riese Drumyia antimachus dadurch, dals er das Kleid eines Acraea-Zwerges trägt. auch nur einen Augenblick den stupidesten Vogel oder die dümmste Eidechse zu täuschen im stande sei. so finde ich die obige Erklärung, so unbeholfen sie auch sein mag, doch um ein Erhebliches eimleuchtender; ganz abgesehen von der Möglichkeit, dals der antimachus — die Raupe ist bis jetzt noch nicht aufgefunden — selbst ein vor aller Nachstellung geschützter ! Haase in seinen Untersuchungen über Mimiery sagt: „Unstreitig ist. wie P, ver Obth. beweist. auch die durchaus nur an eine riesige Acraealerinnernde Färbung und Flügelform des P. antimachus auf eine mimetische Anpassung an vielleicht minder grosse Acraeen zurückzuführen, die wir heute nicht mehr kennen. So dürfen wir in P. antimachus einen überlebenden Zeugen gewaltiger Kämpfe um die Existenz erblieken, in welchem seine Modelle zu Grunde gingen, während er selbst durch Acrace n- Ähnlichkeit und gewaltige Flügelkraft zugleich geschützt, sich bis in unsre Zeit erhielt.“ Ja, da muls man doch fragen: Wenn schon die Ähnlichkeit schützt. warum einsen denn die Modelle zu Grunde ? sogenannter „Giftschmetterling* oder Pharmakophage ist!, der gar nicht nötig hat, aus Gründen des Schutzes sich m ein so getreu nachgeahmtes Kleid der Acraeenfamilie zu hüllen. Je weiter die exakte wissenschaftliche Untersuchung vorschreitet, je mehr es gelingt, die physiologischen Ursachen der Zeichnung und Färbung der Insekten aufzudecken, wozu die letzte Arbeit der bekannten Forscherin Dr. Gräfin v. Linden nicht wenig beiträgt?, desto mehr wird die Anzahl der wahren und wirklichen Fälle von im Kampfe ums Dasein erworbenen schützenden Ähnlichkeiten eingeschränkt; scheut man sich doch sogar schon durchaus nicht mehr, die Hand an das Haupt- und Staatsbeispiel der Mimiery- Theoretiker, den berühmten „Blattschmetterling* zu legen’. Viele Arten — nicht blols bei den Schmetterlingen — zersplittern an der Peri- pherie ihrer geographischen Verbreitung in eine Reihe von Varietäten. Ornithoptera pegasus, durch ganz Neu-Gninea, sein Vaterland. im gleichen grün -schwarzen Kleid, löst sich im Westen in eroesus, Iydius, priamus, im Osten in vrvilliana, bornemanni, im Süden in richmondia und die australischen Formen auf. Ganz dieselben Varietätenringe um Neu-Guinea herum bilden Pap. autolycus (ulysses) und polydorus. Es scheint, als ob diese Zersplitterung besonders stark da auftritt, wo die Art das Gebiet eines andern Faunenkreises betritt: dort, wo das Klima oder das Meer ihrer Verbreitung Schranken setzen, sehen wir keinen oder nur einen schwachen und unbedeutenden Varietätenring. Man prüfe nur einmal daraufhin das Verhalten des Pap. polytes an seiner Ostgrenze, den Molukken, und an seiner Westgrenze, der Westküste Vorderindiens; ebenso an seiner Nordgrenze, dem Himalaja und China. Ganz gleich verhalten sich Pap. aristolochiae, helenus, memnon und andere. Ornithoptera cerberus ist in Ostindien heimisch, Orn. oblongomaculatus auf Neu-Guinea. Das Verbreitungsgebiet der emen Art nähert sich von Westen, das der andern von Osten her der Wallace’schen Grenzlinie und beide prallen hier mit einem beträchtlichen Varietäten- ring aufeinander, während auf der entgegengesetzten Seite jede ihr normales Kleid bis zur äufsersten Grenzlinie behält, ohne in Varietäten zu zersplittern. Auch das Verhalten der Ornithoptera pegasus an ihrer Südgrenze zeigt uns etwas Ähnliches; während sie, wie wir ' Aurivillius zieht in seinem Werke über die afrikanischen Rhopaloceren die Gattungen Cosmodesma, zu welcher er den antimachus stellt, und Pharmakophagus in eine Untergattung zusammen. > ©f. den Artikel: Über die Flügelzeichnung der Insekten, im Biologischen Centralblatt Bd. 21, 1901. 3 Tbid. S. 662. na gesehen haben, im Osten und Westen in eine Reihe von Varietäten zerfällt, behält sie an der Südgrenze, wo der Wendekreis ihr Halt gebietet, ihr gleiches Kleid, und wird nur etwas kleiner (O. richmondia). Nun läuft aber mitten durch den malayischen Archipel die bekannte Wallace’sche Grenzlinie, an der sich australische und indomalayische Fauna berühren: hierdurch wird die durch den Zerfall des Landes in ein einzig auf Erden dastehendes Inselkonglomerat bereits erheblich gesteigerte Neigung zur Varietätenbildung noch bedeutend vermehrt und wir sehen infolgedessen längs dieser Linie die östlichen und die westlichen Arten in eine grolse Reihe von Formen sich auflösen. Als Beispiel nenne ich nur Pap. helenus, fuscus, polytes, aristolochiae, polydorus. Die einfachste und gewöhnlichste Weise, in der die Neigung einer Insel zur Bildung von Lokalformen zu Tage tritt, ist de Tendenz, die überkommene Form ent- weder zu verdunkeln (Melanismus) oder aufzuhellen (Albinismus): diese Prozedur kann dabei an der Oberseite allem oder an der Unterseite oder an beiden zusammen, entweder nur an den Vorderflügeln oder nur an den Hinterflügeln vor sich gehen!. Klassische Beispiele hierfür sind, wie ich oben bereits gesagt habe, die Inseln Borneo und Java. Beide Inseln, dicht nebeneinander liegend unter demselben Himmelsstrich, haben die gemeinsam überkommene Schmetterlingsfauna in ganz entgegen- gesetzter Weise verändert: Borneo nach der dunkeln, Java nach der hellen Seite hin. Ich habe in einer früheren Arbeit? bereits darüber gesprochen und Beispiele angeführt. Und wenn wir die gemeinsamen mimetischen Formen beider Inseln ins Auge fassen, z. B. die Euploea diocletianus und ihren „Nachahmer“, den Papilio caunus, so wird es für uns kein übergrolses Wunder mehr sein, wenn wir diesen anf Java die helle Varietät von diocletianus, auf Borneo die dunkle „nachahmen“ sehen: beide folgen nur der all- gemeinen Tendenz ihrer Insel und würden das auch ohne Modell thun. Wichtig für uns ist bei dieser so stark divergierenden Färbungstendenz, dafs die beiden so nahe beisammen liegenden grolsen Nachbar-Inseln verschiedenen geologischen Aufbau haben. ‘ Es können alle diese Teile auch — ich habe in meinen lepidopterologischen Arbeiten einige solche Fälle erwähnt — unter Umständen entgegengesetzten Entwicklungsrichtunsen huldisen, z. B. kann e- © >- >- >- >- auf den Vorderflügeln oder der Oberseite Tendenz zu Albinismus. auf den Hinterfligeln oder der Unterseite Tendenz zu Melanismus vorhanden sein — Thatsachen, die als weitere Beweise des Bimer’schen anterior- posterioren und superior-inferioren Entwicklungsgesetzes, das durch die Standfuls-Fischer’schen Kälte- und Hitze-Züchtungs-Versuche seine glänzende Bestätigung gefunden hat, von Wichtigkeit sind. ® Verzeichnis der von mir auf Sumatra gefangenen Rhopaloceren. Iris. Dresden. Bd. VI. Diese Neigung zum Dunkler- oder Hellerwerden ist nicht gleich- mäfsig über die ganze Schmetterlingswelt ausgedehnt, wie ich oben ebenfalls schon andeutete, sondern macht sich nur bei einzelnen Gruppen, Familien oder Gattungen be- merklich, namentlich solchen, die an und für sich zur Variation geneigt sind. Auf der Insel Neu-Pommern z. B. sehen wir Melanismus mit Vorliebe und fast durchweg bei den Papilioniden auftreten. Kleinere Inseln in unmittelbarer Nähe von grölseren scheinen überhaupt eine allgemeine Neigung zu haben, die von der Hauptinsel überkommenen Formen zu verdunkeln!. Ich beobachtete dies sowohl an dem Material, welches ich von Neu-Pommern mitbrachte?, als auch an den Schmetter- lingen von der Kaiser-Wilhelmsland unmittelbar vorgelagerten Dampier-Insel®. Auch die Insel Bawean®, sowie die Inselkette im Westen Sumatra’s zeigen diese Eigentümlichkeit, und zwar letztere in besonders starkem Grade, so Nias® und Engano®. Man konnte deshalb a priori annehmen, dafs die zwischen beiden liegende Mentawej- Gruppe dieselbe Eigentümlichkeit zeigen würde; Gewilsheit aber hatte man nicht, weil bisher kein Material von daher bekannt geworden war. Die Ergebnisse der Reisen des italienischen Forschers Modigliani, der jene Inseln besucht und grofse Sammlungen von da mitgebracht hatte, darunter unzweifelhaft auch Schmetterlinge, sind bezüglich der anderen Tiergruppen bereits ausführlich publiziert. mit Ausnahme der letzteren. Das Rothschild’sche Museum in Tring soll ferner eine Sammlung Schmetterlinge von der benachbarten Gruppe der Batu-Inseln erhalten haben, wie mir Herr Fruhstorfer in Berlin, der bestbekannte Samniler und Händler, mitteilte; doch ist auch hierüber, wie es scheint, noch nichts veröffentlicht worden. ! Das stärkste Beispiel liefert Ornith. dohertyi Ripp. von den Talaut - Inseln, nördlich von Celebes, welche auf der Oberseite ganz schwarz geworden ist. Auch die O. plateni Stgr. von der Insel Palawan zwischen Borneo und den Philippinen ist sehr dunkel, so dals Rothschil’d in seiner „Revision of the Papilios of the eastern Hemisphere (Novitates zoologicae Vol. II No. 3, 1895, S. 227) nicht mit Unrecht vermutet, „that on one of the islands between Celebes and the Philippines exists a Troides (= Ornithoptera, d. V.) species, which has totally lost the yellow markings.“ ® S. meine Arbeit über die Schmetterlinge von Kaiser-Wilhelmsland und Neu-Pommern in den Jahr- büchern des Nassauischen Vereins für Naturkunde, Jg. 50, 1897. ® Ibidem. * S. meine Arbeit über Schmetterlinge dieser Insel, ibid. Jg. 49, 1896. > S. die Arbeiten von Kheil, Weymer, Pagenstecher. % 8. Doherty. A List of the butterflies of Engano, in: Journal of the Asiatie Society of Bengal, Vol. LX Part II, 1891, p. 4. Ich begrülste es daher mit Freuden, als mich Herr Maals aufsuchte und mir seinen Plan, eine Forschungsreise nach jenen Inseln zu unternehmen, vorlegte, indem er mir zugleich versprach, auf das Sammeln von Schmetterlingen sein ganz besonderes Augenmerk richten zu wollen. Seinen Bemühungen ist die nachfolgend beschriebene kleine Sammlung zu verdanken und Herr Maals hat sich durch das Zusammenbringen derselben nicht minder wie durch seine anthropologisch-ethnographischen Forschungen um die Wissenschaft verdient gemacht. Die nachfolgende kurze Beschreibung der Inselgruppe entnehme ich seinem Reisebericht, den er in der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin erstattet hat!. Er sagt: „Die Mentawei-, Mantawei- oder Mentawi-Inseln sind eine Gruppe von Inseln, welche sich längs der Westküste von Sumatra erstrecken. Die Kette dehnt sich von Nordost nach Südwest aus in einer mittleren Entfernung von 120—140 km. Sie wird aus 4 grolsen und 17 kleinen Inseln gebildet, welche eine Oberfläche von etwa 11000 qkm haben. Die Inseln liegen 0° 59° bis 3° 41’ s. Br. und 98° 30° bis 100° 40' ö. L. v. Gr. Die beiden im Norden gelegenen Inseln Siberut und Pora werden mit den nahe liegenden kleinen Inselchen eigentlich im engeren Sinn die Mentawei-Inseln genannt: die beiden im Süden gelegenen Inseln, von den vorigen durch die Meerenge von Pora oder die Nassau- Stralse getrennt, Nord- und Süd-Pageh, sind mit den benachbarten kleinen Inseln die Pageh-, Poggi- oder Nassau-Gruppe. Trotz dieser Teilung bilden die beiden Gruppen ihrer Lage und geographischen Ansicht nach ein einheitliches Ganzes, welches mit dem malayischen Namen „Mentawei-Inseln“ bezeichnet wird. Die Inseln sind vulkanischer Formation, und Erderschütterungen kommen dort häufig vor. Ihre Oberfläche ist im grolsen und ganzen flach, kaum sieht man dort Hügel über 150 bis 200 m sich erheben. Die Ufer sind stellen- weise reich gegliedert, und Buchten für gute Ankerplätze sind vorhanden. Korallenrifte umgeben die ganze Inselkette. Wir haben uns nunmehr vornehmlich mit Süd-Pora, Sicoboe oder Pageh-tengah zu beschäftigen, von den Eingeborenen Tobolagai genannt. Die Insel hat eine Grölse von 60 km Länge und 30 km Breite, etwa 1400 bis 1500 Einwohner in 9 Dörfern. In der Bucht von Siöban, welche unter 2° 10° 15” s. Br. und 99° 44' 15’ ö. L. gelegen ist, hatten wir unser Standquartier aufgeschlagen. Von hier aus machten wir unsere kleinen Streifzüge nach den Dammar-Gärten, nach dem Dorf Siöban mit seinen 3 Bezirken Tai- Kärussug, Tai-ben-uma, Schakoikoi, sowie nach den Plantagen der Eingebornen, endlich 1) $. Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin 1898 No. 4, v. 2. April. Abhandl. d. Senekenb. naturf. Ges. Bd. XX. 40 — 316 — eine durch widrige Winde verunglückte Fahrt nach den Nassau-Inseln, die uns ebenfalls vom (Gouvernement zu besuchen erlaubt waren, während uns der Besuch von Siberut wegen Ausplünderung einer malayischen Prau und Tötung des Besitzers direkt verboten wurde. Des undurehdringlichen Urwaldes halber mulste ich auch von einer Durchquerung der Insel Abstand nehmen. Ich konnte mich nur in den Plantagen, sowie in den Dörfern der Ein- gebornen und auf den Flüssen bewegen. Nur einmal gelang es mir, auf engen Wildstegen einen Hügel zu besteigen. Diese Beschränkung hatte jedoch den bedeutenden Vorzug, dals ich gründlicher das mir gesteckte Ziel verfolgen konnte. Der Zweck meiner Reise lag in der Anlage einer möglichst vollständigen ethnographischen Sammlung nebst wissenschaftlichen Notizen zur Kenntnis der Mentawei-Insulaner: nebenbei sammelten wir botanisch und zoologisch, besonders Schmetterlinge“. Die Ausbeute, welche Herr Maals so liebenswürdig war, mir bei seiner Rückkunft als Geschenk zu übergeben, betrug 451 Stück, zu 62 Arten gehörig, fast lauter Tag- schmetterlinge; kaum ein Dutzend Nachtfalter befanden sich darunter. Gesammelt wurden die Tiere zum geringsten Teil von ihm selbst oder seinem Begleiter Dr. Morris, sondern von seinem chinesischen Bedienten, den er, selbst Laie in dieser Hinsicht, zu diesem Zweck notdürftig angelernt hatte. In Berücksichtigung dessen, sowie des auf die nächste Umgebung des Wohnplatzes beschränkten Sammelterrains und der Kürze der Zeit (August und Sep- tember), muls man sowohl den Umfang. wie den Erhaltungszustand der kleinen Sammlung einen guten nennen, obgleich sich viele zerrissene und abgeflogene Exemplare darunter befanden. Vergleichen wir die Häufigkeit der einzelnen vertretenen Arten miteinander, so gebührt die Palme den Danaiden: sie machen bei weitem den Löwenanteil der Sammlung aus, und dies beweist uns. dafs diese Familie wenigstens auf Süd-Pora weit über die andern dominiert. Der gemeinste aller Schmetterlinge scheint die nachfolgend von mir als neu beschriebene Danais keteus zu sein, von dem/die Sammlung über 150 Exemplare allein enthielt, während die übrigen Danaiden- und Euploeiden-Arten mit wenig Ausnahmen nach Dutzenden vertreten waren. Auffallend gering vertreten, sowohl nach Zahl wie nach Art, sind die sonst so häufigen Papilioniden und Pieriden;-ob dies ein charakteristischer Zug der Lepidopterenfauna Süd-Pora’s oder nur Zufall ist, muls späterer Feststellung überlassen bleiben ; von ihnen, sowie von den übrigen Familien sind die betreffenden Arten nur in ganz wenigen, meist sogar nur in einem oder zwei Exemplaren vertreten. Wie zu erwarten war, und wie ich es Herrn Maals nach dem Beispiel von Nias und Engano vorausgesagt hatte, erwiesen sich die meisten Arten als neue Modificationen sumatranischer und niassischer Arten. Darauf läfst schon die nahe geographische Lage schlielsen. Mit der Schmetterlingsfauna von Engano haben sowohl Nias wie Mentawej nur geringe Ähn- liehkeit und bezeichnenderweise fast nur in den Arten javanischer Abstammung. Doherty findet in der charakteristischen Gruppe der KEuploeinen sogar nur ein einziges Tier, welehes möglicherweise beiden Inseln (Engano und Nias) gemeinsam sein könnte. Er präzisiert den Unterschied beider Inseln dahin, dals die Untergruppen Zuploea und Crastia auf Nias, und TDronga und Isamia, zugleich Charaktergruppen von Mentawej, auf Engano fehlen. Doherty hat ferner die Beobachtung gemacht, dals bei allen Danaiden- formen von Engano die Einwirkung der Lokalität sich nieht blofs in der Färbung, sondern auch in der Gestalt der Flügel bemerklich macht; dieselben werden nämlich länger ausgezogen (elongate).. Es ist dies ein interessantes Seitenstück zu der Entdeckung Wallace’s an verschiedenen Schmetterlingsgruppen von Celebes, deren Flügelform ebenfalls durch die Lokalität in ganz charakteristischer Weise verändert wird (durch eigen- tümliche Biegung des Vorderrandes der Vorderflügel), so dals man einem Papiliotlügel z. B. schon an seiner Form ansehen kann, ob er von einem Celebes-Exemplar herstammt. An den Mentawej-Tieren war eine Formveränderung nicht wahrzunehmen. Mit Nias und Engano teilen auch die Mentawej-Inseln die oben besprochene Eigentümlichkeit, dunkle, melanotische Formen hervor- zubringen, und zwar besitzen die letzteren diese Fähigkeit in höherem Grade als die beiden ersten; dieMentawej-Arten sind fast durchgehends dunkler gefärbt als die entsprechenden Arten von Nias (und Engano). Besonders scharf zeigt sich das in der Familie der Danaiden. Es liegt nicht in meimer Absicht, dies heute des näheren auszuführen und mit Beispielen weitläufig zu belegen; wer sich hierfür interessiert, wird sich die Beweislisten leicht aus den vorerwähnten Arbeiten von Kheil, Weymer und Doherty zusammenstellen können; ich will hier nur an einem einzigen Tier dieses Verhalten illustrieren. Die bekannte gemeine Euploea (Trepsichrois) midamus, deren veilchenblau schimmernde Vorderflügel auf Sumatra (und noch mehr auf Java) mit einer Anzahl weilslich violetter Tupfen besetzt ist, verliert diese letzteren auf Engano zum grolsen Teil; dieselben werden, wie Doherty sagt, „few and inconspicuous, some very minute.“ Bei der Nias- Varietät verhuelli sind sie bis auf eine submarginale Reihe von etwas grölseren und eine marginale von winzigen Pünktchen ganz verschwunden und die Mentawej-form maassi (S. T.I F.4) hat dieselben noch mehr reduziert. 40* = 318 ss Wenn es nun auch als feststehend betrachtet werden kann, dafs die Schmetterlings- faunen von Nias und Mentaweji so enge miteinander verwandt sind, dafs man notwendig eine direkte Überwanderung von einer nach der anderen annehmen muls und zwar vorwiegend in der Richtung Nias-Mentawej, so ist dies doch sicherlich nicht der einzige Weg, auf dem unsere Inseln ihre geflügelten Bewohner erhalten haben. Auch das benachbarte Sumatra hat zweifellos seinen Beitrag geliefert. Man darf sich da durch die Ähnlichkeit des Kleides der Nias- und Mentawej-Formen nicht irreführen lassen; denn, wie wir gesehen haben, ist es eine hänfige Erscheinung (und auf der Inselkette westlich von Sumatra sogar Regel), dafs kleinere Trabanten einer benachbarten groflsen Insel die getrennt überkommenen Formen dieser letzteren selbständig, und zwar nach der melanotischen Richtung hin, verändern, so dafs infolge der dadurch bewirkten Ähnlichkeit der Formen ein direkter Zusammenhang der kleineren Inseln unter sich vorgetäuscht werden kann, der in Wirklichkeit gar nicht zu bestehen braucht. Um ein Beispiel anzuführen: Limenitis laubenheimeri (s. T. 1 F. S) braucht sich nicht notwendig aus der niassischen «emonia entwickelt zu haben, trotz ihrer grolsen Aehnlichkeit, sondern kann, der gleichen Neigung zu melanotischer Abänderung nachgebend, ganz gut selbständig aus der sumatranischen procris hervorgegangen sein. Manche Dinge sprechen entschieden für eine direkte Einwanderung von Sumatra her, z. B. die Windverhältnisse auf der Westküste Sumatras,. welche ohne deutlich erkennbaren Monsun nur aus lokalen Land- und Seewinden bestehen, d.h. aus Winden, welche direkt in der Richtung Sumatra-Mentawej und umgekehrt wehen. Wenn wir annehmen. dals Nias seine Fauna direkt von Sumatra erhalten hat '), warum sollte das nicht auch bei den Mentawej-Inseln der Fall gewesen sein? Angesichts gewisser Formen, die auf Sumatra und Mentawej vorkommen, auf Nias aber fehlen oder selten sind, wie z. B. Papilio polytes, Eurema tilaha, Danais hegesippus, aglaoides u. 8. f., erscheint mir dieser Weg geradezu als bewiesen. Nun finden wir aber über die ganze Inselreihe von Engano im Süden an bis nach Nias hinauf auch Tiere verbreitet, deren Ursprung direkt nach Java deutet. Auf Engano, dem Java nächstliegendsten Punkt, sind bezeichnenderweise auch die javanischen Anklänge am häufigsten. Der Hauptbeweis ist das Auftreten des Pap. aristo- lochiae, eines Tieres, das auf Sumatra gar nicht vorkommt, sowie der Radena longa, welche nichts anderes ist als eine enganische Lokalform der javanischen R. jwventa, die ebenfalls ') Vgl. den Fund eines Exemplars der spezifisch niassischen Limenitis aemonwia auf Sumatra (s. mein Verzeichnis der auf Sumatra gefundenen Rhopaloceren. Iris 1896, S. 170). — 319 — auf Sumatra fehlt; ferner einer Lokalform der javanischen Elymnias panthera, welche als dolorosa sowohl auf Engano wie Nias vorkommt und wahrscheinlich auch mit der Zeit auf den zwischenliegenden Mentawej-Inseln gefunden werden wird, und einer Varietät (nereis) der Orn. helena im halb javanischen, halb sumatranischen Kleide.! Auf Nias ist es vornehmlich das Vorkommen der Bahora kheili, welche zusammen mit der B. chrysea von Engano nur eine Varietät der javanischen B. philomela darstellt, ferner einer Lokalform (selma) der javanischen Huphina judith, von welcher mit gröfster Wahrscheinlichkeit die 77 ethel von Engano ebenfalls nur eine Lokalform ist, die wie die vorige Art in irgend einem Kleid auch noch auf Mentawej gefunden werden wird. Ferner das Auftreten der javanischen Ornithoptera amphrysus, welches aber wahrscheinlich nur auf einer Verwechselung mit der sumatranischen Form des Tieres beruht. Das Vorkommen der Elymnias dolorosa habe ich vorhin schon erwähnt. Auch unter den Euthalien kommen javanische Formen vor, und ebenso muls die Doleschallia niasica Batl., die auf Engano und Nias zugleich, und damit wohl auch wieder auf den zwischenliegenden Mentawej-Inseln fliegt. als Lokalform der javanischen D. bisaltide betrachtet werden, so dals wir uns angesichts der geographischen Lage billig über den Anteil wundern dürfen — ich habe die Anklänge noch gar nicht alle erschöpft —, welchen die Insel Java an der lepidoptero- logischen Besiedelung der westsumatranischen Inselreihe bis nach Nias hinauf genommen hat. Für die Mentawej-Gruppe kommen als wahrscheinlich javanische Grundformen einmal die Cethosia pallaurea und dann Rhinopalpa elpinice in Betracht. Das Vorkommen der letzteren Form auf Mentawej ist um so merkwürdiger, als Kheil von Nias ausdrücklich die sumatranische Form polinice Cr. und zum Ueberfluls auch noch deren Synonym fulva Feld. erwähnt. Wir können sonach, so weit es die kleine Sammlung gestattet, drei Wege für eine lepidopterologische Invasion unserer Inselgruppe erkennen: Den Hauptweg von Nias her, der sich hauptsächlich im der Gruppe der Euploeinen und in den Nymphaliden (Limen. laubenheimeri, Messaras pelioptery® und besonders den Neptis-Arten) dokumentiert, ferner den Weg von Sumatra herüber, der uns durch einige Danaiden-Formen (hegesippus, ! Rothschild sagt l.c.: „This form combines the characters of the Javan helena (im 2 Geschlecht, d. V.) and the Indo-Malayan helena cerberus (im & Geschlecht, d. V.).“ Es wäre nicht undenkbar, dass sich hier ein kombinierter Typus herausgebildet hat, der in seinen Vorfahren auf Vermischung zugeflogener sumatranischer &g mit javanischen 99 zurückweist. — 7932077 weniger begangenen von Java herauf, bei dem wir aber wohl nur an zufällige, jedoch oft wiederholte Verschlagungen durch Stürme zu denken haben. Bevor ich zur systematischen Aufzählung der eingelieferten Arten schreite, möchte ich nicht verfehlen, auf einen interessanten Umstand hinzuweisen, für den mir augenblicklich die Erklärung fehlt. Das ist nämlich die Thatsache, dafs auf den kleineren Inseln des malayischen Archipels die beiden Geschlechter inmindestens gleicher Häufigkeit vorkommen, ja ich möchte sogar behaupten, dals dort das ?Geschlecht, welches im allgemeinen das seltenere ist. überwiegt. Ich wurde zu dieser Ansicht gezwungen durch die Thatsache, dals meine Fänger mir von den Inseln Banka, Bawean. Dampier stets 22 in überwiegender Anzahl mitbrachten, oft von Arten. deren ?? auf den gröfseren Inseln, wie Sumatra oder Java oder Neu-Gruinea, selten, manchmal kaum zu erlangen waren. Auch die vorliegende Sammlung bestätigt diese Erfahrung: Von Pap. siporanus, Delias hypopelia, Cethosia pallaurea, Limenitis laubenheimeri, Gamana costalis v. nigrocostalis und Neptis infuscata erhielt ich nur 22, und im allgemeinen mehr 92 als 42. Sonst ist gewöhnlich das Verhältnis umgekehrt. Ich lasse nun die Liste der diagnostizierten Arten folgen, wobei ich noch zu bemerken habe, dals die Beschreibung der neuen Arten und Formen bereits vorläufig in den Karsch’schen Entomologischen Nachrichten (No. 13, Juli 1898) veröffentlicht worden ist. Die Fangzeit waren, wie oben bereits hervorgehoben, die Monate August und September. A. Rhopalocera. 1. Papilionidae. Berapilio stporanus n: sp >. 1.1.7 1: Ein einziges £. Nahe verwandt mit P. nephelus ab. albolineatus Forb., aber grölser. Länge des Vorderflügels 60 mm gegen 55 mm bei P. saturnus-, albolineatus-, und uranus-??. Aulserdem ist der Vorderflügel weniger spitz ausgezogen als bei saturnus und um ein Bedeutendes breiter, gleicht also in den Umrissen mehr dem P. uranus. Auch der Hinterflügel ist gröfser und breiter, der Schwanzanhang jedoch beträchtlich kürzer und schmäler als bei den 2? der obengenannten Arten, in Form und Grölse genau dem eines in meinem Besitz befindlichen saturnus-Z aus Deli (Ost-Sumatra) entsprechend. Auf der Oberseite sind die hellen Zeichnungen des vorliegenden Exemplars nahezu doppelt so grols als bei dem satwrnus-? von Deli. Die hellen Flecke am Hinterwinkel der Vorderflügel gehen breit bindenartig nach oben und hängen mit der sehr breiten, aber verwaschenen Subapicalbinde zusammen, so dals man von einer kontinuierlichen weilsen, nach hinten zu schmutzig ockergelb werdenden Vorderflügelbinde reden kann. Dieselbe wird nur in der Zelle zwischen dem 1. und 2. Medianast undeutlich durch schwärzliche Bestäubung, bleibt aber in Form eines graulichen Flecks immer noch schwach sichtbar. Die Spitzen der Mittelzellen aller Flügel werden durch diese Binde, welche sich auf den Hinterflügeln bis zum Innenrande fortsetzt. mit getroffen, sind also weils. Auf den letzteren ist die Binde vom 2. Medianast ab bis zum Innenrand, entsprechend den Vorderflügeln, ebenfalls ockergelb angeflogen. Unterseite gleich der Oberseite, aber die Binden noch deutlicher und schärfer, und von rein weilser Farbe. Die Saumflecke aller Flügel ebenfalls bedeutend gröfser als bei den oben genannten verwandten Arten. Benannt nach dem Fangort, der nördlichen Mentawej-Insel Pora oder Si-Pora. Auffallend bei diesem Tier. von dem leider kein 4 erbeutet wurde, ist die gänzlich unerwartete Tendenz zum Albinismus — siporanus ist die hellste aller nephelus- Formen —, ganz im Gegensatz zu der Insel Nias, welche Pap. wranus, die dunkelste aller | nephelus-Formen, produziert. Ein Analogon hat diese Erscheinung in der Engano -Varietät des nahe verwandten P. helenus (v. enganius Doh.), von der Doherty ebenfalls angiebt: „Below, the white area is large“. 2. Pap. polytes L., Form theseus Cr. Zwei dZ mit sehr kurzen Schwänzen und um die Hälfte schmälerer weilser Flecken- binde der Hinterflügel als bei gewöhnlichen indischen oder sumatranischen Exemplaren. Sie kommen dadurch der Form sehr nahe, welche ich von der Insel Bawean beschrieben habe). und welche Rothschild und Pagenstecher”?) von der Insel Sam- bawa erhielten. Auf der Unterseite ist das Analauge und die submarginale Fleckenreihe nur ange- deutet, ersteres mit je einem feinen blauen und roten halbmondförmigen Strich, letztere mit fleischfarbigen, strichartigen Punkten. ') Beitrag zur Kenntnis der Rhopaloceren-Fauna der Insel Bawean. Jahrb. d. Nassauischen V. ft. Naturk. Jg. 49, 1896. 2) Ibid. S. 107 u. 108. | = DD | ll. Pieridae. 3. Delias hypopelia n. sp. Taf. I F. 2. Ein einziges 9. Gleicht in Form, Farbe der Oberseite und Gröfse fast genau einem in meinem: Besitz befindlichen 2 von D. niasana Kheil und gehört mit dieser Art in die hyparete-Gruppe der Gattung Delias. Nur ist bei der vorliegenden Art der Vorderflügel nicht ganz so spitz ausgezogen wie bei niasana, und die dunkle Bestäubung der Mittelzelle und beiderseits der Adern auf der Oberseite sämtlicher Flügel etwas stärker und breiter. Noch mehr ist dies der Fall auf der Unterseite. Der Hauptunterschied jedoch ist, dafs die Randflecke auf der Unterseite der Hinter- tlügel, welche bei D. niasana rot oder gelb (ab. amarilla Kheil) sind, bei dem vorliegenden Exemplar ganz weils mit einem leichten bleichschwefelgelben Anflug sind, der hier an Stelle des Citrongelb der niasana auftritt. 4. Eurema hecabe L. Zwei &@ und zwei 22 von der typischen Form, welche den apex der Vorderflügel auf der Unterseite ohne jegliche Zeichnung hat. 5. Eur. tilaha Horst. Ein einziges Exemplar, 2, in dem für Sumatra charakteristischen Kleid. 111. Danaidae. 6b. Hestia reinwardti Moore. Ein einziges Exemplar, &, welches Herr Fruhstorfer, dem ich dasselbe auf seine Bitte zur Ansicht sandte. für identisch mit der Niasform erklärt. Es ist ein sehr kleines Exemplar und etwas asymmetrisch ausgebildet, indem der rechte Vorderflügel 60, der linke 70 mm lang ist. 7. Gamana costalis Butl. v. nigrocostalis mihi. Drei 92. Eine schwache Lokalform, bei der die Wurzelhälfte des Vorderrandes und der obere Teil der Mittelzelle etwas stärker angerulst sind. als bei der typischen Form, so dafs der weilse Längsstreif fast verschwindet. 3. /adena vulgaris Butl. Zwei dd, ein 2. Unterscheidet sich nicht von sumatranischen Exemplaren. | 9. Parantica funeralis Butl. Drei 3. Die Exemplare sind etwas grölser als die typischen funerakis, und nicht ganz so dunkel. Sie entsprechen mehr der Färbung von Dan. eryx Fahr. VWFZa aglaoides Feld. Ein ?, das ganz den sumatranischen Exemplaren von aglacides gleicht. ll. Salatura hegesippus Cr. Ein einziges Exemplar, £. Sowohl die rote Zeichnung der Vorder-, wie die weilse der Hinterflügel sind etwas mehr eingeschränkt als bei sumatranischen und Singapore-Exemplaren, das Stück ist also etwas dunkler als diese. Ich zweifle keinen Augenblick, dals wir es hier mit einer erst vor kurzem von Sumatra eingewanderten Art und mit dem Anfangsstadium des Verdunklungs-Prozesses zu thun haben. 12, Salatura: keteus u. sp. = I. IE.3 3. Über 150 Exemplare, 3 und 22. Offenbar die gemeinste Danaide auf Pora. Vorder- flügellänge: d3 42—43, 2? 39—41 mm. d. Oberseite: Vorderflügel schwarz. Ein breiter Längsstreif im der Mitte der Zelle und zwei ebensolche beiderseits der untern mediana lebhaft feuerbraun, der obere jedoch kaum halb so lang als der untere und alle drei durch die breit schwarz berulsten Rippen voneinander getrennt. Eine subapicale Querreihe von nur wenig über stecknadelkopfgrolsen weilsen Flecken bis zu 6 an der Zahl, die mit Ausnahme der beiden ersten und kleinsten Fleckehen am Vorderrande alle durch ziemlich breite Zwischenräume getrennt sind. Ferner ein kleiner weilser Apicalfleck, dem sich oft nach unten noch einige weitere marginale und submarginale anschlielsen. Ein weiterer weilser Fleck steht in der Zelle zwischen 2. und 3. Medianast nach aulsen von dem braunen Felde. Hinterflügel oben einfarbig schwärzlich mit einer mehr oder minder kompletten marginalen und submarginalen Reihe weilser Punkte. Manchmal schlägt die braune oder weilse Farbe der Unterseite in fahlen bräunlichen oder weifslichen Streifen nach oben durch, besonders gern in der Mittelzelle. Unterseite der Vordertlügel wie oben, nur sind die braunen Felder hier zusammen- geflossen und der Apicalteil vor der weilsen Fleckenbinde ist bräunlich angelaufen. Abhandl. d. Senekenb. naturf. Ges. Bd. XX. 41 Hinterflügel unten hell bräunlich, öfters mit weilsen Wischen in den Enden der Zellen; alle Adern breit schwarz berulst. In dem breit schwarzen Aulsenrand steht eine Reihe marginaler und submarginaler weilser Flecke. 9. Ganz ebenso gezeichnet. Auf den Vorderflügeln stehen dicht vor der Mittel- zelle noch zwei weitere weilse Fleckchen, die auch beim 4 öfters vorhanden sind, und denen sich nach oben, gegen die costa hin, manchmal noch einige weitere an- schlielsen. Auf der Unterseite sind dieselben bei beiden (Geschlechtern konstant vorhanden, ebenso ein weiterer weilser Fleck oberhalb der zweiten mediana. Die Unterseite der Hinterflügel wird bei den 92 oft ganz weils zwischen den dunkel bestäubten Adern, so dals von der bräunlichen Grundfarbe nur eine leichte Bestäubung gegen den schwarzen Aulsenrand hin,verbleibt, und dieselbe gleicht dann denjenigen von D. hegesippus Cram. Hinterleib bräunlich-gelb. unten etwas heller. Inwieweit die vorliegende Art mit der Doherty’schen Danais pietersii von Engano verwandt ist, bin ich wegen Mangel an Material nicht im stande, zu entscheiden; mit der niassischen D. ewridice Butl. hat sie nach Aussage Fruhstorfers nichts zu thun. 13. Penoa menetriesii Feld. Sechs ZZ, acht 22. Die Grölse der 22 variiert sehr beträchtlich, zwischen 35 und 46 mm Vorderflügel- länge; die $Z haben ziemlich konstant 42 mm. Auch die Grölse und Färbung der marginalen und submarginalen Fleckenbinden der Hinterflügel variieren aufserordentlich, und meist in der Weise, dafs die Binden heller und dentlicher, auch auf der Oberseite, werden, je grölser die Exemplare sind. Die kleinsten sind die einfarbigsten, aber nicht immer die dunkelsten. Beim 4 verlieren sich die beiden besagten Binden oft vollständig. LA.) Penoa seitev.n sp.s. 1. OlERS AS: Länge des Vorderflügels 45 mm. Steht der P. kheili Weym. von Nias nahe. Unterscheidet sich von dieser nur durch die Gestalt des Brandstreifens auf den Vorderftügeln. welcher bei seitzi um etwa 2 mm länger, aber nur halb so breit ist, als bei heili. Das eine Exemplar gleicht im übrigen völlig einem typischen /heiki-S, welchen mir Herr Fruhstorfer zum Vergleich freundlichst geliehen hat, nur sind die zwei weilsblauen Fleckchen im apex der Vordertlügel sehr klein. Bei dem andern Exemplar sind sowohl diese, wie die marginale und submarginale Fleckenreihe auf der Oberseite der Hinterflügel verschwunden und letztere scheinen nur ganz schwach bräunlich von der Unterseite her durch. Auch auf der Unterseite der Vorder- flügel sind die beim typischen Exemplar wie bei %heili schon inkompletten Marginal- und Submarginal-Punktreihen fast völlig verloschen, während diejenigen der Hinterflügel intakt und komplett, nur in etwas bräunlicher angeflogenem Weils sich erhalten haben. Das hübsche Tier, welches wegen des ganz verschiedenen Brandstreifens wohl nicht als blofse Varietät von Aheili angesehen werden kann, ist benannt nach meinem Freunde Dr. Seitz, dem bekannten Lepidopterologen und Direktor des Zoologischen Gartens in Frankfurt am Main. Zu der Abbildung ist zu bemerken, dals hier der leicht violettblaue Schiller, welcher auf den Vorderflügeln bei seitlicher Beleuchtung auftritt. nicht wieder- gegeben ist. Als wohl nur zufällige Merkwürdiekeit verdient hervorgehoben zu werden, dals beide Exemplare, welche sich durch den Brandstrich als unzweifelhafte 24 ausweisen, unförmlich dicke, aufgeblasene Leiber besitzen, so dals man sie, nur nach diesen urteilend, ganz ent- schieden als 22 ansprechen würde. 152 Anadara’ stichehin sp MSIE: Sieben Exemplare, sämtlich @@. Länge des Vorderflügels zwischen 44 und 47 mm. Etwas grölser als A. staudingeri Kheil von Nias, dem das Tier sonst in Form und Färbung nahe steht. Auch diese Art variiert sehr in der Anzahl der weilsen Punkte auf der Ober-, weniger auf der Unterseite. Das dunkelste Exemplar ist oben einfarbig dunkel- braun, mit Ausnahme des Brandflecks auf den Vorder- und dem hellen, gelblich-grauen Duftfleck auf den Hinterflügeln. Höchstens scheinen auf den Hinterflügeln die marginale und submarginale Punktreihe verloschen bräunlich durch. Das hellste Exemplar zeigt oben: Auf den Vorderflügeln drei subapieale weilse Fleckehen, von denen der mittelste, stecknadelkopfgrols, am grölsten ist. Aulserdem ist eine Reihe feiner Marginalpunkte vorhanden, die da beginnen, wo die subapicale Fleckenreihe endigt und längs des Aufsenrandes herabziehen. Auf den Hinterflügeln ist eine Reihe 41* ey = marginaler und submarginaler weilser Punkte, von denen die der submarginalen Reihe etwas grölser und nach dem Analwinkel zu länglich gestaltet sind. Auf der Unterseite finden sich die Fleckenreihen der Oberseite komplett wieder. Auf den Vorderflügeln wächst die Zahl der Subapicalflecken meist auf 4 an, bei einem Exemplar haben sie sich sogar zu einer submarginalen Reihe von 7 Stück entwickelt. In der Zelle zwischen 2. und 3. mediana findet sich ein gröfserer, länglicher, unregelmälsig trapezförmiger, bläulicher Fleck, über demselben, zwischen 1. und 2. mediana, ein bläulicher Punkt und bei 2 Exemplaren auch noch ein solcher in der Mitte der costa. Auf den Hinterflügeln sind Marginal- und Submarginal-Punktreihen meistens komplett und bei zwei Exemplaren, merkwürdigerweise gerade bei dem dunkelsten und dem hellsten, findet sich im Ende der Mittelzelle noch ein bläulicher Punkt, umgeben von 6—7 ähnlichen in den anstolsenden Zellen. Bei den übrigen Exemplaren, bei denen der Zellfleck ver- schwunden ist. werden auch die umgebenden Punkte inkomplett, sogar bis auf einen einzigen herunter. Hinterleib schwarz, die Segmente unten bläulich-weils geringelt. Unterscheidet sich von 4A. staudingeri hauptsächlich dadurch, dals die breite, sub- marginale Fleckenreihe der Vorderflügel oben verschwunden und nur durch die 3 kleinen subapicalen Fleckchen repräsentiert ist. E. lowii Moore (nec. Butl.) ist eine ähnliche Art von Borneo, bei der aber der Seidenstreif auf den Vorderflügeln des 2 kleiner und feiner ist: auch besteht die subapicale Fleckenreihe derselben aus 5 bedeutend gröfseren Flecken, von denen der mittelste am eröfsten. Auf den Hinterflügeln ist oben die submarginale Punktreihe nur durch die drei oder vier vordersten apicalwärts vertreten. Auch E. aegyptus Butl. von Sumatra ist eine verwandte Art, die aber ebenfalls die subapicale Fleckenreihe der Vorderflügel vollzähliger und sogar noch gröfser hat, als lowi. Benannt nach Herrn Stichel, dem Schriftführer des Berliner entomolog. Vereins, der mich durch Zusendung von Vergleichsmaterial aus Nias aufs liebenswürdigste unter- stützt hat. 16. Tronga mentawica n.'5p. 8. T. IE FE. 18,22. 2 und 22. Länge des Vorderflügels: 4 45—51, 2 45—49 mm. Ein sehr kleiner 4, der auch durch die hellere Grundfarbe der Flügel sich vor allen andern auszeichnet, im übrigen aber die Zeichnungen der dunkelsten Exemplare unserer Art aufzeigt, mifst nur 42 mm. Wie 4A. sticheli ein dunklerer Vertreter der niassischen 4A. staudingeri auf Mentawe] ist, so stellt die vorliegende Tr. mentawica nur ein Analogon der Tr. niasica Moore dar; sie ist übrigens etwas grölser als letztere. Oberseite 2: Dunkel schwarzbraun, die Hinterflügel gegen den Vorder- und Hinter- rand etwas lichter. Auf den Vorderflügeln in der Regel eine inkomplette Reihe weilser Marginalpunkte. In den Zellen beiderseits der letzten mediana je ein weilser, kleinstecknadel- kopfgrolser, submarginaler Fleck, von denen der obere konstant grölser und oft nur allein vorhanden ist. Öfters schliefsen sich in den Zellen nach oben noch 1 oder 2 weitere feine Pünktchen an; bei einem Exemplar haben sich dieselben sogar zu einer dünnen, submar- ginalen Punktreihe ausgebildet, die oben mit einem grölseren, subapicalen weilsen Keilfleck (Spitze nach innen) zwischen subcostalis und oberer radialis endigt. Hinterflügel mit einer marginalen und submarginalen Reihe weifser, länglicher Fleckchen. Diese weilsen Zeichnungen können nun ganz verschwinden. Die dunkelsten Exemplare haben die Oberseite aller Flügel einfarbig braun und nur am Aufsenrande der Hinterflügel eine inkomplette Reihe verloschener weilser Marginalpunkte. Unterseite: Wie oben. Auf den Vorderflügeln steht aulserdem noch zwischen unterer und mittlerer mediana ein gröflserer, länglicher, unregelmälsig gestalteter, weilslich-violetter Fleck, ein ebensolcher kleinerer sowohl oberhalb desselben in der Zellle zwischen oberer und mittlerer mediana, als in der Spitze der Mittelzelle und am Vorderrande zwischen 1. und 2. subcostalis. Die marginale und submarginale Fleckenreihe fehlen nur bei den dunkelsten Exemplaren; aber stets sind die ihnen entsprechenden weilslichen Punkte in der Zelle zwischen unterer und mittlerer mediana vorhanden, und wenn die Submarginalreihe komplett ist, so ist der in der obenerwähnten Zelle stehende der gröfste, entsprechend der Oberseite. Auf den Hinterflügeln stehen aufser den oft inkompletten Marginal- und Submarginal- Punktreihen noch ein weilslich-violetter Punkt in der Spitze der Mittelzelle, umgeben von 2—5 ebensolchen in den Spitzen der angrenzenden Zellen. Derselbe kann jedoch auch fehlen, resp. so klein werden, dals er kaum mit der Lupe erkennbar ist. Oberseite 2: Heller als der 4, olivenbraun. Auf den Vorderflügeln ist die marginale Punktreihe sehr verwaschen und inkomplett, ebenso die submarginale. Doch leuchtet hier bei allen, gerade wie beim 4, stets und am grölsten der zwischen mittlerer und unterer mediana stehende Fleck hervor. Konstant vorhanden sind ferner: Der Costalfleck zwischen 1. und 2. subeostalis. ein Fleck in der Spitze der Mittelzelle und ein nebenan befindlicher in der Zelle oberhalb der 2. mediana. 328 — Bei einem Exemplar steht in der Zelle unterhalb der unteren mediana in der Mitte noch ein länglicher weilser kleiner Strich. Auf den Hinterflügeln sind Marginal- und Submarginal-Fleckenreihe sehr scharf und gut ausgeprägt. gröfser als beim 2; nur bei einem Exemplar fehlt die letztere fast ganz. Unterseite: In der Spitze der Mittelzelle beider Flügelpaare steht je ein bleich- violetter Fleck und zwischen diesem und dem Aufsenrand befinden sich drei Querreihen weilslicher Flecke mehr oder minder komplett, eine discale,. eine submarginale und eine marginale, immer aber die beiden Flecke der discalen und submarginalen Reihe, welche in der Zelle der Vorderflügel zwischen mittlerer und unterer mediana stehen, am grölsten. Unterhalb der unteren mediana der Vorderflügel steht ein langer, bleichvioletter Streif, der nach unten mit dem hellen Hinterrandfeld zusammenhängt. An der Basis der Vorderflügel 1, der Hintertiügel 2—3 weilslich-violette Punkte. Hinterleib schwärzlich, unten weilslich quergestreift. a Tronga: morrisi .n: sp.uS.ı1. IE. 468,172. Viele Exemplare in beiden (Geschlechtern. Länge des Vorderflügels: 7 35—38S mm, ? 37—41 mm. Es ist dies die kleinste Zuploea-Art, welche ich von Mentawej erhielt. Die 32 haben den Hinterrand der Vorderflügel sehr stark ausgebaucht. Beide Geschlechter olivenbraun. 2. Oberseite: In Betreff der weilsen Zeichnungen variieren die einzelnen Stücke sehr. Das dunkelste ist oben einfarbig und hat nur am Vorderrande oberhalb der Spitze der Mittelzelle einen kleinen bleichvioletten Fleck. Ebenso scheinen am Aufsenrand der Hintertlügel die submarginalen Randpunkte der Unterseite schwach durch. Die meisten Exemplare jedoch haben. bei einfarbig braunen Vorderflügeln, auf den Hinterflügen eine mehr oder minder komplette und deutliche Reihe submarginaler und marginaler weilser Flecke. von denen die drei dem Vorderrande zunächst stehenden der submarginalen Reihe rund und gewöhnlich auch am grölsten sind, während die andern mehr länglich strichförmig sich erweisen. /wei Exemplare haben auch auf den Vorderflügeln je eine inkomplette marginale und submarginale Reihe feiner weilser Punkte, in der Weise, dals die marginale Reihe unten am Hinterwinkel beginnt und nach oben zu allmählich verlöscht, während die sub- marginale am Vorderrand beginnt und nach unten zu verlöscht. Aufserdem zeigt noch - a De eines dieser beiden Stücke nach oben durchschlagend einen weilsen Punkt in der unteren Spitze der Zelle und nebenan einen ebensolchen zwischen erster und zweiter mediana. Auf der Unterseite sind alle Flecke und Punkte bläulichweils, die Marginal- und Submarginal-Punktreihen aller Flügel sind mehr oder minder komplett, auch bei den dunkelsten Exemplaren. In der Mittelzellenspitze aller Flügel steht ein heller Fleck. Auf den Hinterflügeln ist derselbe in den anstolsenden Zellen umgeben von einem Halbkreis von 6—7 eleichfarbigen Punkten, während auf den Vorderflügeln im Discus beiderseits der ersten mediana bei allen Exemplaren noch je ein heller Punkt steht, denen sich nach unten zwischen mittlerer und unterer mediana ein etwas grölserer, ovaler, gleichfarbiger Fleck an- schlielst. Der Vorderrandpunkt oberhalb der Spitze der Mittelzelle ist unten bei allen Exemplaren vorhanden. Die 22 zeigen bei gleicher Variabilität auf der Oberseite dieselbe Zeichnung. Auf der Unterseite jedoch ist dieselbe weniger variabel und in allen Punkten bei sämtlichen Exemplaren vorhanden und zwar etwas grölser als beim 3. Aulserdem haben sie als Fort- setzung der submarginalen Punktreihe der Hinterflügel oberhalb der ersten subcostalis noch einen hellen Fleck, der bei den 34 meistens fehlt. Auf den Vorderflügeln steht unterhalb der letzten mediana ein langer, mit den übrigen Flecken gleichfarbiger Streif, der nach unten meistens mit dem hellen Innenrandfeld zusammenhängt. An den Wurzeln der Hinterflügel 2—3 weilse Punkte. Hinterleib braun, unten bläulichweifs quergestreift. Benannt nach Herrn Dr. med. Morris, dem Reisegenossen des Herrn Maals. Ba 77reßSichrois: maassı un psSss late ER. 92: 6 dd, 4 @. Länge des Vorderflügels: 3 46—48, 2? 45—50 mm. Der 2 dieser neuen Art gleicht auf der Oberseite dem 4 der Tr. mindanaensis Semp. von den Philippinen. Letztere jedoch hat, wie ich mich an einem Dutzend Exem- plare überzeugt habe, auf der Oberseite der Vorderflügel die blauen Marginal- und Sub- marginal-Punktreihen fast stets komplett, während bei dem Mentawej-Tier beide stets inkomplett sind; die marginale Reihe namentlich besteht oft nur aus wenigen winzigen Pünktehen. Die submarginale Reihe setzt sich‘ konstant nur aus 5 Punkten zusammen (statt aus S bei mindanaensis), von denen der oberste oberhalb des ersten Discoidalastes stets der gröfste ist. Die Hinterflügel sind ohne jeglichen blauen Schiller. Auf der Unterseite hat die Mentawej-Art konstant in der Spitze jeder Mittelzelle einen bläulichen Fleck, umgeben von einem Halbkreise anderer in den anstoflsenden Zellen, worunter auf den Vorderflügeln die beiden zwischen den Median-Ästen und der zwischen den beiden ersten Subeostal-Ästen am grölsten. Der im Anfang der Zelle oberhalb der unteren mediana stehende ist überdies von hellerer, mehr weilslicher Farbe. Auf den Hinterflügeln bestehen diese Flecke nur aus feinen Spritzern, die oft kaum sichtbar sind. Die marginale Punktreihe ist meist komplett; von einer submarginalen ist jedoch nur ein Anfang vorhanden, von der ersten subcostalis bis zur zweiten mediana herab, und besteht ebenfalls nur aus feinen Pünktchen, während sie bei mindanaensis sehr deutlich und komplett ist und von der zweiten mediana ab bis zum Analwinkel aus länglichen Strichen besteht. Das 2 von maassi hat die Flügel bleich braun, heller als alle mir bekannten Arten und in sämtlichen 4 Exemplaren ohne jede Spur eines blauen Schillers. In dieser Eigen- schaft stimmt dasselbe mit dem 2 von Tr. malakoni Doh. von Engano überein. Die Flecke und Streifen sind wie bei midamus 2, aber bleicher, verwaschener, und etwas bräunlich angehaucht. Ich nenne diese hübsche neue Art nach dem verdienstvollen Leiter der Expedition, Herrn A. Maafs in Berlin. Wir haben es hier zweifellos mit einer aulserordentlich verdunkelten midamus-Form zu thun, bei der mit Ausnahme der Randflecke alle helleren Flecke auf den Vorderflügeln des & fehlen; sie ist noch viel dunkler als die Borneoform muleiber, die ab und zu auch auf Sumatra angetroffen wird. IV. Satyridae. 19. Alycalesıs medus L. Drei dd. Hier finden wir wieder einen zweiten Anklang an Albinismus, indem sämtliche 3 Exemplare die weilsen Streifen der Unterseite ziemlich breit und reinweils haben, so dals sie einigermalsen an Ceylon-Exemplare erinnern. 20. Ypthima pandocus Moore var. mentawica mihi. Mehrere 22 Exemplare, die sich von sumatranischen £9 folgendermalsen unterscheiden: Erstlich ist die Färbung der Oberseite eine dunklere. Zweitens geht der lichtere Hof um das Auge auf der Oberseite der Vorderflügel nur bis zur untersten mediana hinab. — 331 — und erreicht nie den Innenrand, wie bei den mir vorliegenden Sumatra-Tieren. Drittens ist die gelbe Umrandung des genannten Auges etwas schmäler als bei der typischen Art. Viertens besteht ein Unterschied darin, dals das doppeltgekernte Analauge der Hinterflügel oben kaum zu sehen ist, unten jedoch sich grölser als bei den Sumatra-Exemplaren präsentiert. V. Morphidae. 21. Amathusia phidippus. L. Dals von diesem überall im Osten bis Celebes hin gemeinen Schmetterling nur ein einziges, fast bis zur Unkenntlichkeit zerfetztes Exemplar erbeutet wurde, liegt wohl weniger an der lokalen Seltenheit des Tieres, dessen Raupe auf Kokosbäumen lebt, als an der Ungeübtheit des Fängers dem schlauen, schnellen Flieger gegenüber. 22. Aanthotaenia polychroma n. sp. S. T.I F.5 d. 2 dd. Vorderflügellänge: 32 und 33 mm. Kleiner als X. odseura Butl. von Nias und X. busiris Westw. von Malakka und den grolsen Sunda-Inseln, und mit schmaleren Flügeln als diese. Unterscheidet sich von den- selben hauptsächlich durch die auffallend ockergelbe Farbe der Hinterflügel oben, die nur an der Wurzel bräunlich werden, während die Rippen schmal und der Aufsenrand und halbe Vorderrand ziemlich breit dunkel bestäubt sind. Aulfserdem fehlt auf der Oberseite der Vorderflügel der helle Apicaltleck bei dem einen Exemplar ganz und bei dem andern ist er sehr klein. Die Querbinde ist nicht so intensiv gelb als bei den Vorgenannten und erreicht bei dem einen Exemplar nicht ganz den Vorderrand, sondern endigt an der zweiten sub- costalis, bei dem andern wird sie von dort ab undeutlich. Die Unterseite gleicht der von busiris, ist jedoch etwas bleicher und heller, namentlich die gelbe Querbinde und der Apicalteil der Vorderflügel. Die Ocellen der Hinterflügel sind kleiner und nur wenig dunkler bestäubt als bei busiris. Die kleinen Zwischenocellen fehlen bei dem einen Exemplar ganz, bei dem andern sind sie rudimentär. Die Behaarung des Kopfes und des Thorax oben etwas heller als bei busiris und obscura. 23. Clerome arcesilaus Fabr. v. Pallidior mihi. 2 dd, welche etwas kleiner und bleicher gefärbt sind als Exemplare von Sumatra. Letztere haben im Durchschnitt 37—38 mm Vorderflügellänge, erstere nur 33 und 35 mm. Die dunkeln Binden der Unterseite sind ferner bei der Mentawej-Form_ saftiger, schärfer und mehr gezackt, die weilsen Punkte grölser. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX., 42 Oo [&6) VI. Nymphalidae. 24. Messaras peliopteryx n. sp. S. T. IF. 7. Ein Dutzend Exemplare in beiden Geschlechtern. Vorderflügellänge des kleinsten & 25.5 mm, des grölsten ? 32 mm. Etwas gröfser als M. erymanthys Cr. und M. disjuncta Weym. von Nias. Auf der Oberseite sticht das Tier unter allen Formen, wie sie mir von Nias, Malakka, Sumatra. Borneo, Ceylon und Hongkong vorliegen, dadurch hervor, dafs die Basalhälfte aller Flügel völlig aufgehellt ist und nur unmittelbar im Wurzelteil verloschene graue Bestäubung hat, so dafs die Flügel alle gleichmäfsig bleich ledergelb erscheinen, fast von derselben Farbe, wie die Querbinde der Vorderflügel bei erymanthis. Infolgedessen ist auch bei unserer Art von dieser Binde kaum eine Spur zu sehen, nur die sonst scharf schwarzen, zackigen Säume derselben finden sich in verloschener bräunlicher Zeichnung hier wieder. Der Apical- teil und Aufsenrand der Vorderflügel ist nicht so dunkel wie bei erymanthis oder disjuncta, sondern nur leicht, aber sehr breit schwärzlich bestäubt und geht nach innen nicht scharf abgeschnitten, sondern ganz verloschen und allmählieh in die bleichgelbe Grundfarbe über. Bei mehreren Exemplaren finden sich in diesem schwarzen Apicalteil die 3 Reihen bleich- gelber Flecke, wie sie Weymer bei der Niasform disjuneta angiebt, aber nur ganz ver- loschen und undenutlich. Der runde schwarze Fleck, der sich bei erymanthis und disjuncta in der Zelle zwischen mittlerer und unterer mediana mitten in der gelben Querbinde präsentiert, steht bei peliopterye näher an dem dunkeln Aufsenrande. Auf den ebenfalls hell ledergelben Hinterflügeln sind nur die runden, schwarzen Flecke von einem verwaschenen, dunkler gelben Hof umgeben und die schmale Binde, welche dieselben wurzelwärts begrenzt, ist hell weiflslich, wie bei recht hellen Exemplaren von disjuncta. Hinter dieser schmalen. weilsen, innen dunkel gesäumten Binde folgt wurzelwärts nach einem Zwischenraum, der bei pelioptery« stets breiter ist als bei erymanthis und disjuneta, noch eine einfache dunkle Linie. Während dieselbe bei den eben genannten Arten ziemlich stark gebuchtet und geschlängelt ist, verläuft sie bei peliopteryx fast ganz gerade und entsendet nur am 1. Diseoidalast einen scharfen Zahn nach aulsen. Nur bei einem einzigen Exemplar ist diese Linie ebenfalls etwas mehr gebuchtet. Die Unterseite aller Flügel ähnlich wie bei disjuncta, vielleicht noch eine Kleinigkeit heller und auf den Vordertlügeln infolge des fehlenden Kontrastes des dunklen Basal- und hellen Mittelteils einfarbiger. Der Opalglanz der äufseren Mondreihe der Hinter- tlügel fehlt. 25. Cethosia pallaurea n. sp. S. T. IF. 6 9. Zwei 22. Dieses hübsche Tier, dessen Vorderflügellänge 44 mm beträgt, steht ungefähr zwischen C©. aeole Moore von Java und Ö©. cyane Dru. von Vorderindien. Die Form der Vorderflügel ist nicht ganz so gestreckt wie bei hypsina-?2 von Sumatra, Malakka und Banka, der apex weniger ausgezogen, und gleicht mehr den cyane-22. Oberseite: In der Färbung ähnelt das Tier am meisten der «eole von Java. doch ist es viel bleicher, mehr gelb statt rot, und die discale Querbinde der Vorderflügel er&me- farben, aulserdem auch etwas breiter. Das helle Feld längs des Innenrandes der Vorder- tlügel steht an Ausdehnung zwischen aeole und hypsina und ist hell weilslichgelb, gegen die Wurzel hin mit schwach rötlichem Anflug. Derjenige Teil der Vorderflügel, welcher bei hypsina und aeole einfarbig schwarz ist ohne andere Zeichnung als die feine weilse Randzackenlinie, weist bei pallaurea fast dieselbe Zeichnung auf wie bei cyane, namentlich die submarginale Reihe weilser Striche hinter der Zackenlinie. Die discale weilse Querbinde, welche sich bei eyane-22 in ihrer ganzen Breite an diese submarginale Strichreihe ansetzt, berührt bei pallaurea dieselbe nur mit ihrem äulsersten Ausläufer ganz schmal beiderseits des zweiten Medianastes. In dem schwarzen Feld zwischen beiden befinden sich noch. von der Binde ausgehend, feine, verwaschene, weilsliche Wische. Die (merstreifung der Mittel- zelle unten ist auch auf der Oberseite deutlich sichtbar, was bei den mir vorliegenden hypsea- und hypsina-22 gar nicht und bei aeole nur in ganz schwachem Grade der Fall ist. Auf den Hinterflügeln, welche in orangegelbem Felde dieselben schwarzen Spritzer besitzen wie aeole, ist der schwarze Aulsenrand fast doppelt so breit wie bei allen vorge- nannten Arten. Auf der Unterseite unterscheidet sich pallaurea sofort dadurch, dafs die Aulsen- ränder aller Flügel viel breiter schwarz gefärbt sind und dafs hinter der weilsen Randzacken- linie eine wellige, durch die. auf den Hinterflügeln gelben, Adern unterbrochene weilse Linie sich befindet. Im ganzen Apicalteil der Vorderflügel fehlt die ockergelbe Färbung der andern Arten vollständig, der innere Rand der weilsen (Querbinde verläuft mehr gerade, während er bei hypsina und «eole treppenstufenartig ausgebuchtet ist und die vom 2. Median- ast zur Mitte des Innenrandes herabziehende weilse. schwarz eingefalste Halbbinde ist kaum angedeutet. Auf den Hinterflügeln ist die weilse Discalbinde verloschener und verliert sich ungefähr vom 2. Medianast ab allmählich in der gelben Grundfarbe. Ihr äufserer Rand ist, mit Ausnahme eines schwärzlichen Striches nahe dem Vorderrande, ohne die schwarze 42* Strichbegrenzung, wie sie bei aeole und hypsina zu sehen ist und ihr innerer Rand ist viel weniger ausgebuchtet. 26. Rrhinopalpa elpinice? Feld. Nur ein einziges, etwas abgeflogenes 9, das durch seinen 10 mm breiten dunkeln Aufsenrand der javanischen Form elpinice am nächsten kommt. Da mir keine elpinice 22 zu Gebote stehen, ist nähere Identifikation nicht möglich. 27. Junonia atlites 1,. Vier Exemplare. 28. Precis ida Cr. 2% 29. Limenitis laubenheimeri n. sp. s. T. IF. 8 ®. 2 99 Grölse und Gestalt wie beim ? von Z. ademonia Weym. von Nias, dem sie auch sonst in Zeichnung und Färbung nahe steht. Sie unterscheidet sich von diesem jedoch so- fort durch die sammtschwarze Grundfarbe der Vorderflügel auf der Oberseite, welche nur die Flügelwurzel und den Innenrand bis zur weilsen Mittelbinde hin mahagonibraun läfst. Längs des Aufsenrandes ziehen sich zwei feine, wellige, durch eine schwarze Linie getrennte graubraune Submarginallinien herab. Die weifse Mittelbinde ist grölser resp. breiter als bei aemonia, und der unterste Fleck dieser Binde, welcher bei den 5 mir zur Verfügung stehenden Exemplaren von L. aemonia (3 34, 2 2?) nie den Submedianast erreicht, geht bei Zaubenheimeri bei dem einen Exemplar bis zu demselben und bei dem andern Fxemplar sogar bis zum Innenrand selbst herab. Die 2—3 subapicalen Fleckchen, welche bei gwemonia sehr klein sind, präsentieren sich bei Zaubenheimeri als vier mindestens um das Vierfache grölsere, unteremander stehende Flecke, von denen die beiden mittleren von eiförmiger Gestalt, am grölsten sind. Auf der Oberseite der Hinterflügel sind die beiden weilsen Flecke am Vorderrande nicht durch die dunkle Ader getrennt wie bei aemonia, sondern zusammengeflossen und be- deutend breiter; nach unten schlielst sich ihnen noch ein dritter, stecknadelkopfgrolser weilser Fleck an. Die beiden feinen Wellenlinien längs des Aufsenrandes, welche bei aemonia weilslich braun sind, haben bei /aubenheimeri, namentlich die innere, das Kolorit der Grundfarbe der Hinterflügel (mahagonibraun). Die Unterseite ist ähnlich der von aemonia, doch ist, entsprechend der Oberseite, im ganzen Apicalteil der Vorderflügel die Grundfarbe mattschwarz, mit wenigen ver- loschenen, gelbbräunlichen Wischen. In der Mittelzelle ist der bei «emonia sehr breite, braungelbe Querstreif durch die namentlich an der Aulsenseite sehr breit werdende schwarze Einfassung bedeutend eingeengt. Auf den Hinterflügeln haben sich die drei weilsen Flecke der Oberseite zu einer kompletten, bis zum letzten Medianast herabziehenden, in der Mitte nach aulsen gebuchteten, weilsen Querbinde verlängert. Der Aulsenrand ist schwärzlich, dunkler als bei gwemonia und durch eine gewellte, bleichviolette, an den Rippen bräunlich angehauchte Linie der Länge nach geteilt. Das hübsche Tier ist benannt nach dem eifrigen Freunde und Förderer der Lepi- dopterologie, Geheimrat Prof. Dr. Laubenheiner, Direktor der Farbwerke in Höchst a./Main. 30. Atkyma euryleuca n. sp. s. T.IF.9 2. Ein g, ein 2. Länge des Vorderflügels: & 32, 2 33 mm. Grölser als A. kreshna Moore, mit der sie sonst in der Anlage der weilsen Zeich- nungen ziemlich übereinstimmt; nur sind dieselben grölser und breiter als bei dieser, na- mentlich ist die innere Binde der Hinterflügel, die überdies nach aufsen konvex gebogen ist, doppelt so breit als bei Aresina-Exemplaren, die mir von Sumatra und Borneo vorliegen. Der äufsere Rand der Vorderflügel ist nicht konkav, sondern eher etwas konvex ausgebuchtet. Die subapieale und submarginale weilse Linie der Vorderflügel oben ist beim & fast so deutlich wie bei kreshna-44, beim 2 ist sie etwas verloschener, bräunlicher. 3l. Neptis dahana Kheil var.”confluens mihi S. T. I F. 10 2. Ein Exemplar. Die rotgelben Flecke auf der Oberseite der Vorderflügel fliesen hier noch mehr zusammen als bei dahana von Nias und die gleichfarbigen Binden auf der Oberseite der Hinterflügel sind breiter und hängen am Vorderwinkel ziemlich breit zusammen. Die dunkle Randbinde ist schmäler und die feine rotgelbe Linie darin steht nicht wie bei dahana in der Mitte, sondern näher nach dem Innenrande zu. Die Unterseite ist noch fahler als bei dahana und die Zeichnungen der Binden fast ganz verwischt. Nur die beiden Fleckchen vor der Basalhälfte des Vorderrandes der Hinter- flügel sind lebhaft schwarz geblieben. 32. N. infuscata n. sp. Ein einziges 2 von 26 mm Vorderflügellänge. Am nächsten verwandt mit N. vikasi Horsf. und N. ilira Kheil. Mit der ersteren stimmt sie in der Färbung, mit der letzteren in Flügelschnitt und Zeichnung überein. Der apex der Vorderflügel noch etwas stumpfer als bei zlira, das ganze Tier aulserdem etwas kleiner. Farbe der Unterseite nur wenig heller als bei vikasi. Sosev. Daucalba n. sp. Ss. I. WET TZ. 2 d. Vorderftlügellänge: 25 mm. Etwas kleiner als N. duryodana Moore, mit der das Tierchen verwandt ist, und von der es sich aufser durch die geringere Grölse noch durch die Kleinheit der weilsen Zeichnung, namentlich der discalen breit unterbrochenen Fleckenbinde, sowie durch die bräunlich-verloschene Submarginallinie der Oberseite der Vordertlügel unterscheidet. Aufser- dem steht auf den letzteren der weilse Fleck der discalen Binde zwischen erstem und zweitem Medianast viel weiter nach innen zu, nahe der Spitze des weilsen Mittelzellen- Keilflecks. Die innere Binde der Hinterflügel erreicht nicht den Vorderrand und die äulfsere. aus getrennten weilsen Strichen bestehend, ist geringer und verloschener. Unterseite gleicht der von duryodana. Auch hier erreicht keine der beiden Hinter- tlügelbinden den Vorderrand. 34. N. ombalata Kheil var. 3.00, 2.09% Alle weilsen Zeichnungen sowohl der Ober- wie der Unterseite schmal, unten auf dem gelben Grunde breit schwarz gerandet. Auf der Oberseite sind alle weilsen Binden und Flecke durch breite dunkle Zwischenräume getrennt, keiner hängt mit dem andern zu- sammen. nur die Mittelbinde der Hinterflügel ist kontinuierlich und auch diese zeigt Neigung zum Zerfall, indem sie in ihrer vorderen Hälfte durch die schwarzen Adern in mehr oder minder breit voneinander getrennte ovale Flecke zerlegt wird. Die feine, weilse submarginale Aulsenrandlinie der Hinterflügel oben, wie sie das von Kheil abgebildete Exemplar zeigt, besitzen nur zwei Stücke von meinen fünf. Durch das Schmälerwerden der beiden weilsen Querbänder der Hinterflügel rücken dieselben weiter auseinander, die Distanz derselben wird nur selten von leucothoö-Stücken, welche ich aus Indien, Siam, Malalka, Sumatra, Borneo und Java vor mir habe, erreicht. Während alle andern Exemplare, wie eben hervorgehoben, die weilsen Flecken und Binden stark beschränkt und voneinander getrennt haben, ist es auffallend, dafs das eine der beiden ? 9 dieselben ebenso grols und breit angelegt hat, wie wir es bei javanischen Exemplaren antreffen, wohl ein Zeichen, dafs sich die Art noch nicht konsolidiert hat. Nach Dohertys Beschreibung seiner var. engano zu schlielsen, stimmt die Men- tawej-Varität in der Zeichnungsanlage völlig mit dieser überein, nur nennt er die Grund- farbe der Unterseite „rich red-brown“, während dieselbe bei unserer Varietät gelb ist. 35. Chersonesia rahria Hersf. u. Moore var. apicusta mihi. S. T. I F. 10 2. Zwei dd, ein 2. Vorderflügellänge: d 20, ? 23 mm. Etwas grölser als vahria. Der & unterscheidet sich von letzterer durch den ziemlich breit schwärzlich (bis zur Hälfte des Vorderrandes herunter) angerufsten apex der Vorderflügel oben und etwas lebhafteres und saftigeres Kolorit. Auf den Hinterflügeln oben ist die submarginale Querbinde etwas mehr gebogen, die beiden sie begrenzenden schwarzen Linien etwas mehr gewellt und die schwarzen Striche in der Mitte derselben etwas kürzer und dadurch weiter auseinanderstehend. Das 2 unterscheidet sich vom rahria-? nur durch die Grölse und das eben be- schriebene Verhalten der Submarginalbinde der Hinterflügel oben. Die Unterseite beider Arten und Geschlechter fast ganz gleich. VII. Lycaenidae. 36. Zampides elpis Godt. var. mentazwica mihi, 3°. Der & entspricht ganz der Figur Distants in: Rhopalocera malayana T. XXI F. 25, das 2 jedoch ist viel heller als die Abbildung ibid. F. 26 und nur wenig stärker schwarz gerandet als der £. 37. Z. aelianus Fabr. Häufig in beiden Geschlechtern. 38. Ja spec. Ein Exemplar, d, sehr abgeflogen. Eine sehr kleine Art von 11 mm Vorderflügellänge. Oberseite hell weilslich silber- blau, durchscheinend, Unterseite bräunlichgrau mit weilser Zeichnung. 39. Catochrysops spec. Ein 4, den ich bis jetzt noch nicht diagnostizieren konnte. 40. Zveres exiguus Dist. Ein 2 gleicht ganz der Abbildung, welche Distant 1. ec. Taf. XLIV F. 17 geben hat; es ist nur um ein Weniges gröfser. 4l. Nacaduba spec? Zwei Exemplare, geschwänzt, mit einfarbig brauner Oberseite. Unterseite graulich- weils mit schwärzlichen Punkten und Fleckenbinde. Diese Art dürfte wohl nen sein. 42. Hypolycaena thecloides Feld. 1 Expl., 9. 43. Sithon ravindra Horsf. Ein 2. 44. Deudoryx xenophon Fabr. Ein 4. VIII. Hesperiidae. 45. Padraona maesa Moore. 2 Exemplare. 46. Pamphila (Telicota) augiades Feld. Ein Exemplar; es gleicht am meisten dieser Form, wie sie, von Pagenstecher bestimmt, in 1 Exemplar von Celebes in der Senckenbergischen Sammlung steckt. 47. Kerana diocles Moore. 3 lädirte Exemplare. 48. Erionotha thrax L. 1 schlecht erhaltenes Exemplar. B. Heterocera. l. Uranidae. 49. Micronia sondaicata Guen. 1 Expl. II. Lithosiidae. 50. Bizone puella Cr. 1 Exemplar. III. Hypsidae. 5l. Aganais (Asota) unicolor n. sp. 2 Exemplare. Diese neue Lokalform ist offenbar nur ein starker Melanismus der niassischen Hypsa perimele Weymer, welche derselbe in der Stettiner Entom. Zeitung v. 1885 beschreibt und auf Taf. 2 F. 3 abbildet. Sie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dafs auch die Hinterflügel gleich den Vorderflügeln einfarbig grau werden, so dafs jegliches Weils ver- schwunden ist. IV. Nyetemeridae. 52. Nyctemera inconstans Voll. 14 2 9. V. Thermesiidae (Noctuidae). 53. Eine grolse Eule, in 1 Exemplar, welche der Gattung Zhermesia oder Alamis zugehörig sein dürfte. VI. Hazidae (Geometridae.) 54. Euschema doubledayı Snell. 2 99. — 339 — 55. Zusch. milıtarıs L. Ein frisch ausgekrochenes Exemplar mit gänzlich verkrüppelten Flügeln. VI. Zerenidae. 56. Panaethia georgiata Guen. Ein einziges, prächtig erhaltenes Exemplar, 2. Auch dieses Tier zeigt den be- innenden Melanismus. denn es hat den Aulsenrand der Vordertlügel etwas breiter und {=} vollständiger schwarz als Exemplare von Sumatra und anderwärts. VII. Ephyridae. 57. Anisodes carnaria Walk. Ein Stück. C. Microlepidoptera. I. Pyralidae. 58. Siericla spec. 1 Exemplar. 59. Dotys spec. 1 Exemplar. 60. Zinckenia recurvalis. 2 Exemplare. bl. Glyphodes bivitralis Guen. 1 Exemplar. 62. Mar garodes (Glyphodes) spec. Grün. 1 Exemplar. Nachschrift. Nach Fertigstellung dieser Arbeit ersah ich aus den Fahnenabzügen seines eben erschemenden Buches über Mentawaj. welche mir Herr Maals liebenswürdigst zu- sandte, dals unter den nach Berlin von ihm gegebenen Naturalien sich noch eine Rhopa- loceren-Art befand. die mir nicht vorgelesen hat und von Prof. Karsch bestimmt wurde, nämlich eine Hesperiide: Ismene lizetta Ploetz. Damit würde die Zahl der von Herrn Maals gesammelten Schmetterlingsarten auf 65 steigen. — 30) -— Erklärung der Tafeln. Tafel I. Fie. 1. Papilio siporanus 2 2. Delias hypopelia 2 3. Danais keteus & +. Trepsichrois maassi 8 5. Nanthotaenia polychroma 3 6. (Cethosia pallaurea 2 1. Messaras peliopteryz & S. Limenitis laubenheimeri 2 ). Athyma euryleuca 10. Neptis dahana var. confluens & IE „ paucalba 4 12. Chersonesia rahria var. apteusta S Tafel II. Fig. 1. Tronga mentawica & 3, a) R 9 3. Anadara sticheli & 4. Penoa seitzi & 5. Trepsichrois maassi ? 6. Tronga morrisi 4 [fe = 2 2 Druck von Aug. Weisprod, Frankfurts. M Abhandl.d.Senckenb naturf Gesellsch Taf. 7. Hagen: Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln. ca Abhandl. d.Senckenb. naturf. Gesellsch Taf I. Hasen: Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln. ET T rn a w Inhalt. ® Seite Engelhardt, Über Tertiärpflanzen vom Himmelsberg bei Fulda . 5 en 249-306 Hagen, Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln . BEE ee : BE on DR 307— 340 Zur Nachricht! Das IV, Heft von Bd. XXI, das III. und IV. Heft von Bd. XXV sowie Bd. XXVI sind noch nicht erschienen. Die Redaktion. MAY 13 1903 Yokl ABHANDLUNGEN SENOKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. VIERTES HEFT. MIT’VII TAFELN UND XI TEXTFIGUREN. FRANKFURT AZM. IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1903. _ Bemerkung: Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Abhandlungen verantwortlich. Aug. Weisbrod, Frankfurt a, M ABHANDLUNGEN VON DER SENCKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT. ZWANZIGSTER BAND. VIERTES HEFT. MIT VII TAFELN UND XI TEXTFIGUREN. FRANKEURTAZM: IN KOMMISSION BEI MORITZ DIESTERWEG. 1903. ’ “& > Be au) FUN, Da ih ; if ser r 4 ‘r % u ! Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirnes von Dr. Ludwig Edinger in Frankfurt a.M, 5. Untersuchungen über das Vorderhirn der Vögel in Gemeinschaft mit Dr. A. Wallenberg im Danzig und Dr. G. M. Holmes in London. Mit sieben Tafeln und elf Textabbildungen. I ER 5 . ur 2 3 u u Frsrrsrtt 1, — La a1) 1 BEE ! Pr L - r ch shiansiolg' Untersuchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirnes von Dr. Ludwig Edinger in Frankfurt a. M. 9. Das Vorderhirn der Vögel in Gemeinschaft mit Dr. A. Wallenberg in Danzig und Dr. G. M. Holmes in London. Seit dem Jahre 1893 habe ich mich fast unausgesetzt bemüht, das Vogelhirn in seiner Faserung verstehen zu lernen. Je mehr sich die hierauf gerichteten Untersuchungen ausdehnten, je mehr Arten etc. berücksichtigt wurden, um so schwieriger erschien die Lösung der zahlreichen immer neu auftauchenden Probleme. Hier besteht nicht, wie bei den Reptilien, über die im letzten Hefte dieser Beiträge berichtet ist, eine relative Gleichartigkeit des Baues, sondern es zeigen sich bei den einzelnen Gattungen sehr deutliche Differenzen. Um sie zu verstehen bedarf es, der Gedanke drängte sich immer wieder auf, einer neuen, möglichst auf die Entwicklungsgeschichte und auf weitgehender Vergleichung aufgebauten Durch- arbeitung der allgemeinen Morphologie. Es mußte versucht werden die einzelnen Abteilungen des Hemisphaerium, die bisher nach mehr oder weniger äußerlicher Ähnlichkeit den Ab- teilungen des Säugergehirnes homologisiert worden waren, so nach Bau und Faserbeziehungen zu studieren, daß eine sichere Deutung möglich war. Auch wurde es immer klarer, daß wir einer viel sichereren Kenntnis des Faserverlaufes und vor allem einer viel eingehenderen Kenntnis der einzelnen Züge nach Anfang und Endpunkt bedurften, als man sie zu Beginn dieser Studien geben konnte. Nachdem ich mich überzeugt, daß die Schnitt- und Färbe- 43* —ı ek — methode hier nicht ausreichte, habe ich zunächst mit Dr. Jensen in Straßburg, und später allein, eine Anzahl Tauben am Gehirn verstümmelt und die sekundär auftretenden Degene- rationen mit der Überosmiumsäurereaktion verfolgt. Später hat Herr Dr. Adolf Wallen- berg diese Seite der von nun an gemeinsam diskutierten Untersuchungen selbständig über- nommen. Er hat seit 1896 bis heute gearbeitet und im Wesentlichen das geschaffen, was in dieser Arbeit über Sekundärdegenerationen mitgeteilt wird. Auch die Einteilung der Brachia cerebri, welche eben nur nach degenerierten Präparaten präzis zu machen ist, stammt wesentlich von Wallenberg. Als dann eine genügende Übersicht gewonnen war, galt es an einer möglichst großen Zahl von Arten das Erkannte wieder zu finden, Abweichungen zu notieren, Variationen zu erkennen und das zunächst für wenige Vögel Erkannte auf breitere Basis zu stellen. Zur Lösung dieser Aufgabe gesellte sich mir Herr Dr. G. M. Holmes aus Dublin. Man kann das Vorderhirn der Vögel am besten verstehen, wenn man auch den Thalamus kennt. Wenn aus äußerlichen Gründen in diesem ersten Hefte die Beschreibung des Thalamus noch wegfällt, so mag zur Orientierung zunächst auf die Darstellung derselben verwiesen werden, welche Wallenberg und ich vor drei Jahren im Anatomischen Anzeiger, Bd. XV, 1899 gegeben haben. Aufgabe dieser Arbeit ist zunächst eine Schilderung der Form, der inneren und der äußeren, zu geben, die Ganglien und Faserzüge zu deuten, welche im Vogelhirn gefunden werden. Wurde auch im Verlaufe der Arbeit das eigentlich Histologische berücksichtigt, so hat es sich doch als zweckmäßig erwiesen, dasselbe zunächst noch nicht zu schildern. Es enthüllt sich ein Reichtum von feineren Formverhältnissen und Faserbeziehungen, der durchaus einer vertieften Bearbeitung noch bedarf. Eine solche wird leichter möglich sein, wenn, wie es zunächst hier geschehen soll, einmal die mikroskopische Anatomie in Umrissen festgestellt ist. I. Übersicht der angewandten Untersuchungsarten. Die Aufgabe, welche ich mir gestellt, die wichtigsten Faserzüge im Vogelgehirn einmal so vollständig zu überblicken, daß sie überall, wo sie existieren, wiedergefunden werden können, und daß Faserbahnen oder Kerne, welche etwa außer den bekannten auftreten, sich als neue abscheiden lassen, verlangte zunächst weniger ein extensives Material als das intensive Bearbeiten einiger Typen. — 345 — 1. Material. Für die äußere Form und zur vorläufigen Orientierung standen mir aus dem hiesigen Zoologischen Garten, dessen Direktor, Herrn Dr. Seitz ich abermals für seine immer bereite Unterstützung bestens zu danken habe, sehr viele Arten zur Verfügung. Die wertvollsten vielleicht, wenigstens vom Gesichtspunkte der Seltenheit, waren 5 Struthio camelus. Verzeichnis der benutzten Arten. Die seriatim untersuchten mit * verschen. Viele Tiere m mehreren Exemplaren. Coracornithes. *Turdus, spec. ? *Liothrix luteus. *Erithacus rubeculus und E.tithys, Sylvia atricapilla, *Sylvia hor- tensis, *Dryospica canaria, *Carduelis elegans, *Fringilla spec.?, Fringilla chloris, Fringilla coelebs, *Passer domestieus, Pyrrhula vulgaris, Cocco- thraustes vulgaris, Eupleca franciscanus, Eupleca melanogaster, *Spermestes atricapilla und Spermestes Swinhoei, *Grallina australis, *Accentor alpinus, *Euphone violacea, Motacilla alba, *Lamprothornis aeneus. *Oriolus galbula. *ÖÜOrvVus corax. *Hirundo domestica. *Pieus martius, Picus spee.?, Dacelogigas, Eurystomus orientalis, *Buceros bicornis, *Cueulus ecanorus, *Stryx spec.? Psittacornithes. * Psittacus erythacus. *Palaeornis rosa, Palaeornis fasciatus, Platicercus flaveolus, Psittacula cana, Psephotus haematonotus, *"Brotogeryx xanthoptera, *Ara spec.?, *Bolborhynchus lineolatus, Androglossa aestiva, Androglossa viridigenalis. Aleetoridornithes. *Gallus bankiva. *Phasianus Amherstiae, *Perdix cinerea. Peliornithes. *GSolumba domestica, *Columba livia, Turtur auritus. — 346 — Phalaridornithes. *Rallusaquaticus, Gallinulachloropus, *Aramidescayennensis. Charadriornithes. *Larus canus, Larus ridibundus, *Sterna stolida. Vanellus spec.?, *Machaetes pugnax, Totanus spec.?, *Tringa spec. ? Pelagornithes. Ibis spec.?, *Ardea alba, *Anser vulgaris. Struthiornithes. *Struthio camelus. 2. Morphogenesis. Als es sich darum handelte, die einzelnen Teile des Vorderhirnes sicher zu deuten, stellte sich heraus, daß bei dem vieluntersuchten Hühnchen neue Nachforschungen nötig waren, welche zeigen mußten, welche Teile dem Stammganglion, welche dem Pallium ent- wicklungsgeschichtlich zuzurechnen seien. Ich habe daher eine große Anzahl von Schnitt- serien durch verschiedene Vögel aus verschiedenem Brutalter durchgearbeitet, welche mir freundlichst von Prof. Schwalbe in Straßburg und Prof. Kaibel in Freiburg zur Ver- fügung gestellt worden waren. Beiden Herren sage ich hier meinen besten Dank. 3. Markscheidenfärbung erwachsener Gehirne. Von den oben erwähnten Vögeln wurden eine Anzahl ausgewählt, deren (Gehirne in Serien geschnitten wurden. Es sind die mit * bezeichneten Arten. Vielfach sind von der gleichen Art sehr viele Exemplare geschnitten worden, vom Huhn z. B., von der Taube, vom Sperling. Die Serien, welche Schnitten in allen drei Hauptrichtungen entstammen, wurden mit der Markscheidenmethode von Weigert so gefärbt, daß alle markhaltigen Nervenfasern auf hellem Grunde dunkelblau sichtbar wurden. 4. Untersuchung der Markscheidenbildung bei Embryonen. Es hat sich aber schon zu Beginn der Studien gezeigt, daß die Faserung viel zu kompliziert war, als daß sie am ausgebildeten Gehirne hätte vollständig erkannt werden können. Aus diesem Grunde sind eine ganze Anzahl Serien von eben ausgekrochenen Hühnern und Sperlingen, von Hühnern, die 12 Stunden, von solchen die 60 Stunden und von solchen die 3 Tage gelebt hatten, geschnitten und untersucht worden, Außerdem kamen — 34 — viele andere eben ausgekrochene Vögel, deren Liste man unten finden wird, in einzelnen Exemplaren zur Untersuchung. 5. Experimentell erzeugte Faserdegenerationen. Nachdem schon 1896 erkannt war, daß die erwähnte Methodik nicht ausreichte, alle Fasern in ibrem Verlauf mit genügender Sicherheit festzustellen, verband ich mich mit A. Wallenberg in Danzig, dessen operative Geschicklichkeit gerade auf diesem Gebiete bereits erprobt war, zu dem Plane zahlreiche kleine Einzelverletzungen des Taubengehirnes nach ihren Folgen für die Faserzüge zu studieren. Wallenberg hat dann in überaus ge- schickter Weise ca. SO Tauben und 2 Gänse operiert und später an Schnittserien, welche die Degenerationsprodukte geschwärzt enthalten mußten, die Degenerationen verfolgt. Mehr als 50 Tauben und 2 Gänse erwiesen sich brauchbar. Es hat einer langen Korrespondenz und wiederholter gemeinsamer Besprechung der Präparate bedurft, ehe über die mannigfachen Bilder, welche hier zu Tage gefördert wurden, eine Übersicht gewonnen werden konnte, und ehe es gelang sie mit den durch die Markscheidenfärbung erlangten Resultaten in Überein- stimmung zu bringen. Die Technik, welche Wallenberg benutzte ist die Folgende: Die Tauben wurden bei allen Versuchen in Tücher gewickelt, die mit einer Öffnung für Hals und Kopf versehen waren. Nach Entfernung der Federn wurde die Kopfhaut abgeseift, mit Sublimatlösung !/ıo00 gewaschen und gewöhnlich in der Medianlinie von der Verbindungslinie der frontalen Lidwinkel bis zur An- satzlinie der Nackenmuskeln durchtrennt. Sollten basale Teile des Temporal- und Oceipitalhirns verletzt werden, so mußte der Schnitt parallel und 2—3 mm hinter dem lateralen (caudalen) Augenhöhlenrande ange- legt werden. Bei jungen Tauben sind die Schädelknochen so dünn und durchsichtig, daß sich die Grenzen der Großhirnhemisphären deutlich gegen die Umgebung abheben, mit Ausnahme des Frontalpoles mit dem Bulbus und Lobus olfactorius. Bei älteren Tieren giebt die Coronarnaht einen guten Anhaltspunkt für die Stelle ab, an der die Oberfläche des Oceipitalhirns sich anschickt ventralwärts und caudalwärts sich zu senken. Die caudale Grenze der Großhirnhemisphären liegt noch 2—4 mm hinter der Coronarnaht. Je nach der be- absichtigten Läsionsstelle wurde dann nach Abschabung des Periostes ein viereckiges Knochenstück durch ein vorne abgestumpftes Messer (um die Dura nicht zu verletzen) hinten, lateral und vorne vorsichtig durch- trennt und nach der Mittellinie zu umgeschlagen. Bei Läsion medialer Hemisphärengebiete reichte die vordere und hintere Grenze noch 1—2 mm auf die andere Seite der Sagittalnaht hinüber. Der Knochenlappen wurde bei Basis-Verletzungen an der vorher erwähnten Stelle so gebildet, daß die Ausdehnung des Rechtecks von vorne nach hinten 3—4 mm, von oben nach unten 6—8 mm betrug. Das weitere Vorgehen war verschieden, je nachdem eine Rindenläsion, Striatum-Verletzung oder Thalamus-Zerstörung beabsichtigt war. a) Rindenläsion: Die freigeleste Hemisphären-Fläche wurde entweder ohne Verletzung der Dura so lange unter Chloräthyl-Spray gestalten, bis sie weiß erschien, oder es wurde nur die Dura abgezogen, oder es wurde die so freigelegte Rinde noch mit einem in Carbolsäure oder Salpetersäure getauchten Wattestückchen betupft. Die letzte Methode ist unsicher, weil die Zerstörung fast stets über die Rinde hinaus in die Tiefe dringt und angrenzende Striatum-Teile mitverletzt. Für reine Rindenläsion genügt oft die Spaltung der Dura. — Be — b) Striatum-Verletzung: Entweder Salpetersäure- oder Carbolsäure-Ätzung nach Durch- schneidung der Dura oder Abtragung der Oberfläche mit krummer Scheere oder Abtrennung ganzer Hemisphären-Abschnitte mit Gräfe’schem Messer. c) Thalamus-Läsionen: In der Coronarnaht oder 1—2 mm vor derselben wird in einer Entfernung von 1-3 mm von der Medianlinie entweder eine Nadel 9—11 mm tief, parallel mit dem Schnabelrücken eingestoßen, oder an die gleichen Stellen ein Laminaria- resp. Tupelo-Stück (nach dem von Wallenberg seit 14 Jahren geübten Verfahren) eingebracht, das durch seine Quellung eine umschriebene Zerstörung von 5—10 Cubikmillimetern Ausdehnung innerhalb des Thalamus an verschiedenen vorher annähernd zu bestimmenden Stellen verursacht, bei minimaler Mitverletzung der Rinde und des Striatum und ohne nennenswerte Druckwirkung auf die Umgebung. Eine nähere Schilderung des Verfahrens sei hier zur Nachprüfung beigefügt. Um den Kolbenstempel einer Pravatz-Spritze wird dünnster Blumendraht gewickelt, das freie Ende desselben durch die vorne abgestumpfte möglichst feine Canule hindurchgeführt. Das an- gespitzte Drahtende läßt sich ohne Schwierigkeit mit ca. 1 mm langen, '/ mm breiten, in Formoldampf oder im Brütofen sterilisierten, kegelförmigen Laminaria- oder Tupelostück derart armieren, daß die Spitze des Kegels nach vorne gerichtet ist. Der Draht wird jetzt mit dem Kolben so weit in die Canule zurückgezogen, daß der Laminaria- (resp. Tupelo-) Kegel genau die Verlängerung der Canule bildet und gleichzeitig die abgefeilte Canulen-Spitze ersetzt. Wird die so armierte Spritze-Canule jetzt anstatt der vorhin erwähnten Nadel in den Thalamus gestoßen, dann der Kolben mit dem Draht schnell zurückgezogen, zuletzt die Canule selbst entfernt, so muß notwendigerweise der Quellkörper an dem gewählten Orte bleiben, weil er nach dem Zurückziehen des Drahtes nur noch lose auf der abgestumpften Canulenspitze sitzt und derselben nicht mehr folgen kann, wenn sie den Stichkanal wieder verläßt. Also: 1. Tempo: Einstechen der Pravaz’schen Spritze mit dem am Draht befestigten Quellkörper bis zu einer vorher genau bestimmten Tiefe (Glasperle und Drahtring auf der Canule als Zeichen); 2. Tempo: Zurückziehen des Drahtes mit dem Kolben (empfehlenswert ist eine Drahtschlinge am hinteren Kolbenende für den zurückziehenden Zeigefinger); 3. Tempo: Zurückziehen der Canule. Die ganze Prozedur, deren Technik selbstverständlich noch sehr verbesserungsfähig ist, dauert nur wenige Sekunden. Das resecierte Knochenstück wurde nach allen Operationen wieder zurückgeklappt. Naht, Collodium- verband. Nach 10 Tagen wurde das Tier getötet, das Gehirn 3 Tage in Formol-Müller !/ıo, dann ca. 5 Tage in Müller gelegt, in dünne Scheiben geschnitten, ca. 2 Wochen n Marchi-Lösung; Celloidin-Einbettung ; Closet-Papier-Serien direkt auf die Objektjäger gebracht und mit Sandarac-Lack übergossen. 6. Färbungen und Silberimprägnationen der Zellen. Obgleich eine eigentliche histologische Durcharbeitung des Vogelgehirnes außerhalb des Planes dieser Arbeit lag, mußte doch behufs Feststellung der einzelnen Bestandteile, der Rinde, der Ganglien etc. eine große Anzahl Zellfärbungen vorgenommen werden. Es kamen vorwiegend in Betracht die Nißl’sche Methode der Färbung mit Methylenblau, mit der mehrere Taubenserien gefärbt wurden und das Golgi’sche Verfahren der Silberimprägnation. Das- selbe hat uns namentlich an jungen Sperlingen dann aber auch an Tauben und Hühnern gute Bilder gegeben. Auf dieselben wird im Texte dieses Heftes nur selten zurückzukommen — 349 — sein, da ein größeres Material erworben werden muß, ehe die bei der Zellimprägnation auf- tauchenden Fragen der Beantwortung zugänglich werden. II. Historisches. Schon seit dem 18. Jahrhundert haben sich die Anatomen vielfach mit der äußeren Form des Vogelgehirnes beschäftigt. Es sind namentlich die Namen: A. von Haller, Serres, Tiedemann, Leuret, A. Meckel, welche als diejenigen der Begründer unseres Wissens von der äußeren Form, von den an der Oberfläche sichtbaren Faserzügen und von den Gewichtsverhältnissen des Vogelgehirnes erwähnt werden müssen. Stieda (3) war dann, wie für andere niedere Vertebraten, so auch für die Vögel der erste, welcher auf guten Schnitten den inneren Bau zu ergründen versucht hat. Was bis 1883 bekannt war, findet man in der Einleitung der treftlichen Arbeit von Bumm (2) zusammengestellt. Es war nicht allzu- viel. Erst mit der erwähnten Arbeit, die in der That zu den klassischen der vergleichenden Hirnanatomie zu zählen ist, beginnt eine wirkliche Kenntnis des inneren Baues. Der wesentliche Inhalt dieser Bumm’schen Arbeit, die als Ausgangspunkt aller späteren Studien gelten muß, ist etwa der Folgende: Das Großhirn der Vögel ist von dem Zwischenhirn scharf getrennt und grenzt mit seinem kaudalbasalen Rande an die Ventralseite des tief herunter gerückten großen Mittel- hirndaches. Bei einigen Arten überdeckt es sogar dies Dach um etwas, besonders bei den Singvögeln. An der in der Mitte meist etwas ausgehöhlten Vorderhirnbasis lassen sich bei den verschiedenen Arten sehr verschieden ausgebildet zwei Höcker unterscheiden, ein medialer länglicher, der nach Lage und Gestalt an die „basalen Deckplatten des Streifenhügelkopfes der Nager erinnert“, und ein kaudaler, der seitlich an der Basis da liegt, wo bei den Säugern der Lobus pyriformis gefunden wird. Er ist bei den Papageien so ausgebildet, daß man an einen Schläfenlappen denken kann. Die Riechhöcker sind bei den verschiedenen Arten sehr verschieden entwickelt und bei einzelnen von dem Stirnteil des Vorderhirnes überdacht, bei den meisten aber an dessen frontaler Spitze vortretend. Bei der Gans wiegen sie den 67. Teil des ganzen Großhirnes, bei dem Bussard nur den 513. Teil. Bei den meisten Vögeln verläuft quer über die Basis, vor dem hinteren Basalhöcker eine bald mehr bald weniger deutliche Furche. Von Markbündeln erkennt man an der Basis den „Hirnschenkel“ aus dem Großhirn, das „Markbündel der Scheidewand“, das jenen umgreift, um am frontalen Rand des Optikus in das Zwischenhirn zu treten und schließlich das bereits von Meckel gesehene „basale Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 44 — 350 — Markbündel“. Aus dem Vorderrand der Hirnbasis entspringend ziehen dessen Fasern über die Basis hinweg rückwärts und verschwinden unter dem hinteren Basalhöcker. Die dorsale Gehirn- oberfläche ist entweder glatt oder läßt bei einigen Arten einen flachen sagittal nahe der Oberkante verlaufenden Wulst erkennen, der mehr oder weniger lang über die Hemisphären dahinzieht. Bumm beschreibt dann ausführlich die mediane Scheidewand, auf der ein damals längst bekannter Fächer weißer Markfasern, das Markbündel der Scheidewand, verläuft, die Commissura anterior, das dorsal von ihr liegende von Meckel als „Balken- rudiment“ bezeichnete Querbündelchen und die ventral von der Commissura anterior dahin- ziehenden Hirnschenkel, in denen er eine dorsale von einer ventralen Abteilung — Meckel hatte drei Züge unterschieden — abscheidet. Der spaltförmige Ventrikel ist medial und caudal nur durch eine dünne Wand vom Schädel geschieden. Am ventralen Ende ver- dünnt sich die caudale Wand zu einem feinen Plexus. Die Hauptmasse des Gehirnes wird von dem mächtigen in den Ventrikel ragenden „Streifenhügel“ gebildet. Er ist an seiner ganzen Oberfläche von einer schlecht ausgebildeten Rinde überzogen. Ein Stabkranz fehlt. Diese Rinde, „Streifenhügelrinde“, wird ebenso wie die der Scheidewand genauer beschrieben. Das Grau des mächtigen Streifenhügels wird von zwei gewellten Schichten weißer Mark- fasern unterbrochen. Eine Spaltung in Nucleus lentiformis und caudatus ist nicht nachweisbar. Im lateralen Gebiete des Striatum liegt ein an Markfasern sehr reicher, linsen- förmiger Kern, den Bumm geneigt ist als Putamen aufzufassen. Im lateral - ventralen Gebiete des caudalen Striatum liegt der „Mandelkern“, ein wohl charakterisierbares von Rinde überzogenes (Grebilde. Von markhaltigen Faserbündeln kennt Bumm die Folgenden: 1. Das Scheidewandbündel. Aus der Rinde der medialen und caudalen Ventrikel- wand zum Mittelhirndache. 2. Mark der Großhirnrinde. System a, in saeittaler Richtung unter der lateralen und dorsalen Rinde zwischen dieser und dem Striatum rudimentär entwickelt. System b, radiär in den Hirnschenkel einstrahlende Fasern, welche auf ihrem Weg ventralwärts das Striatum durchbrechen und in seinen Schichten einmal horizontal aus ihrem Wege abgelenkt werden, ehe sie wieder radiär ventral- wärts ziehen. 3. Die Hirnschenkel. Aus den mächtigen Hirnschenkeln ziehen die Fasern zum Teil in die ebengenannte Rindenstrahlung, zum Teil in die Wellenlinien des — 351 — Striatum, wo sie zum Teil in die ventralen, zum Teil in die dorsalen hinein reichen. Von den Wellenlinien aus geraten sie nach jeweiliger Ablenkung in die Horizon- tale der benachbarten Streifenhügelgebiete. 4. Mark des Mandelkernes. In der Nähe des Mandelkernes entspringen zwei Bündel. Eines überschreitet als Commissura anterior die Mittellinie um im gegen- überliegenden Mandelkern zu enden, das andere wendet sich, die Commissura anterior in medialeren Gebieten dorsal umgreifend als dorsale Abteilung des Peduneulus cerebri caudalwärts. Dieses Bündel war übrigens schon Meckel bekannt und ist identisch mit seinem dritten mittleren ‚Hirn- schenkelbündel. 5. Markhaltige Commissur der Ventrikelwand dorsal von der Commissura anterior. 6. Das basale Markbündel. Enthält außer wenigen Fasern aus dem Tubereulum olfactorium namentlich zahlreiche Züge aus der ventralen Streifenhügelrinde und endet rückwärts ziehend teils im sagittalen Marke teils in dem als Putamen gedeuteten Kerne. Abschließend möchte ich konstatieren, daß alle hier angegebenen Verhältnisse sich auch bei den neueren Nachuntersuchungen im Wesentlichen als richtig herausgestellt haben. Das muß um so mehr mit Bewunderung für den trefflichen Forscher erfüllen, wenn man erwägt wie geringwertige technische Methoden ihm, verglichen mit dem, was wir heute haben, zu Gebote gestanden haben. Eine 1591 erschienene Arbeit von Turner (5) ist denn auch im Wesentlichen nicht über die Bumm’schen Angaben hinausgekommen. Sie enthält aber die Beschreibungen der äußeren Form und der Schnitte von vielen Vogelgehirnen, auch zahlreiche Messungen und Schilderungen der Zellformen in den einzelnen Hirngebieten. Turner aber beschreibt auch, was Bumm für spätere Mitteilungen verschoben hatte, einige Ganglien des Zwischenhirnes und kaudalerer Hirnteile. 1885 erschien eine Jenaer Dissertation von Schulgin (4), deren Inhalt zwar das Bekannte nicht wesentlich vermehrte, aber doch da und dort von Wert. ist, weil er Bestätigungen bringt. Leider fehlt die gründliche Vertiefung, welche Bumms Arbeit so auszeichnet. Schulgin hat viel zu früh versucht ein schematisches Bild zu zeichnen. Lange blieb nun das Vogelgehirn fast unbearbeitet. Zwar ließ eine gute Zusammen- stellung des bereits Bekannten, die Gadow (1) etwa 1888 in seiner Bearbeitung der Vögel für Bronn’s Klassen und Ordnungen gab, erkennen, wo die Lücken lagen, doch erschienen art — 352: — nur langsam und spärlich neue Beiträge. Die erwähnte Arbeit von Turner (5) bringt im Wesentlichen, soweit das Vorderhirn in Betracht kommt, nur Beschreibungen der äußeren Form und unsichere Angaben über die Kerne, eine ebensolche von C. L. Herrick (6) be- schreibt die äußere Form einiger Arten. Doch kamen auch Arbeiten über einzelne Faser- züge. So hat Osborn (7) in seiner Arbeit über die Kommissuren auch das Vogelhirn recht eingehend berücksichtigt; dann habe ich (8) 1893 das Bündel der Scheidewand an Degenerationen studiert und 1895 in einer kleinen Arbeit (9) den Nachweis erbracht, daß es ein Faserbündel giebt, welches im Oeccipitallappen entspringend bis im das Mittelhirn zu den Endstätten des Sehnerven zieht. Dieses Bündel wurde von mir mehrfach durch Abtragen der oceipitalen Hemisphärenhälfte zur Entartung gebracht. Jelgersma (10) beschrieb 1897 einen Faserzug aus den Hemisphären, resp. aus dem Striatum zum Mittelhirn. Dort soll dieses ganz ventral in der Hirnschenkelfaserung liegende Bündel kreuzen und im Oculomotoriuskern enden. Eine bestimmte Frage, die ob nach Großhirnexstirpation Fasern bis in das hückenmark entarten, ist schon früh und dann später mehrfach in Angrift genommen worden. Zuerst hat Singer (11) angegeben, daß es keine direkt entartende Fasern gebe, dann hat derselbe mit Münzer (13) diese Angabe bestätigt und es hat sich Münzer (12) allein nochmals mit der Frage beschäftigt. Sand- meyer (14) behauptete dagegen, daß wohl bei Tauben nach Großhirnexstirpation doppel- seitige Rückenmarkveränderungen stattfinden. 1896 habe ich dann in dem ersten Entwurf einer Darstellung der vergleichenden Anatomie des Gehirmes (15) vielerlei über das Vogel- gehirn neu beibringen können, das hier nicht angeführt werden soll, weil man dem Richtigen weiter unten ohnehin begegnen wird, das Unrichtige aber besser vergessen bleibt. In den letzten vier Jahren des 19. Jahrhunderts aber hat, vielleicht angeregt durch die zusammen- fassende Darstellung der vergleichenden Anatomie, von der eben die Rede war, das Interesse am Vogelgehirn sehr zugenommen. Es erschienen in rascher Folge eine ganze Anzahl von Arbeiten über dasselbe. Was sie brachten, soll weiter unten in der Einzeldarstellung der eigenen Befunde zitiert werden, soweit die Faserung in Betracht kommt. Denn die Autoren haben alle mit den gleichen Methoden wie wir gearbeitet, mit den Zell- und Faserfärbungen und mit der Degenerationsmethode. Hier, wo zunächst nur das Vorderhirn beschrieben werden soll, kommen von diesen Arbeiten allerdings nur wenige in Betracht. Besonders reichhaltig sind die Untersuchungsergebnisse von Boyce und Warrington (16), welche sich auf das Huhn und die Taube beziehen und diejenigen von Münzer und Wiener (17). Auch eine Dissertation von Westphal (18) enthält, wenigstens in den Abbildungen, eine — 3535 — gewisse Anzahl von Funden, welche die Großhirnfaserung betreffen, obgleich sie sich im Wesentlichen mit weiter kaudal liegenden Hirngebieten beschäftigt. Durch diese Arbeiten sind mehrere Bumm noch unbekannte Faserzüge gefunden und, was diesem für keinen einzigen mit Sicherheit gelingen konnte, nach Ursprung und Ende festgelest. Was uns selbst bis Anfang 1899 bekannt war, haben wir damals kurz veröffentlicht (19). Mehreres davon ist hier korrigiert, sehr viel ist zugefügt. Mit der Gesamtmorphologie haben sich von den neueren nur Münzer und Wiener beschäftigt. Sie studierten die Taube und es wird bei der Besprechung der Formverhältnisse auf Einiges hierher Gehörige noch referierend einzugehen sein. 8. S. 355. Die eigentliche Histologie des Vogelgehirnes ist noch ganz zu schaffen. Abgesehen von einzelnen Angaben bei älteren Autoren über Form der Zellen ete. liegt kaum etwas vor, das mit neuerer Technik durchgearbeitet ist. Nur die Arbeit von Ol. Sala y Pons 20 beschäftigt sich eingehender mit der Struktur eines kleinen Teiles der Rinde. Besser als das Vorderhirn sind die Teile vom Mittelhirn kaudalwärts histologisch untersucht, namentlich hat das sehr interessante Tectum opticum, der Cochlearisursprung und das Rückenmark mehrfach eingehende Bearbeitung gefunden. Doch werden diese Studien in diesem nur dem Vorderhirn gewidmeten Hefte nicht zu berücksichtigen sein. So hat sich das Bild des Vogelvorderhirnes allmählich mehr und mehr kompliziert. Indem wir nun hieran weiter arbeiteten, kamen wir zu dem uns sehr überraschenden Schluß, daß dieses Vorderhirn noch sehr viel vollkommener mit Faserzügen und Zellgruppen ausge- rüstet ist, als wir selbst und als unsere Vorarbeiter es vermutet hatten und daß es sich wohl lohnen mochte, einmal, soweit irgend möglich, alle einzelnen derartigen Gebilde so zu ermitteln, daß ein annähernd vollständiges Gesamtbild entstehen kann. Diese Untersuchung war keine leichte. Heute, wo wir ein ungefähres Ziel erreicht haben, wo es vor Allem uns gelungen ist, die einzelnen Hirnteile mit einer viel erößeren Sicherheit zu bezeichnen, © ’ oO als das früher möglich war, erscheint uns selbst — und dem Leser wird es wohl kaum anders gehen — das Ganze so einfach, daß unser langes Hin- und Herschwanken über die Deutung der einzelnen Teile, die zahlreichen anatomischen und entwicklungsgeschichtlichen Studien, die wir, nur um diese Deutung sicher zu stellen, angestellt haben, uns selbst kaum begreiflich erscheinen. Denn wir sind schließlich nicht nur vielfach zu den alten Bumm- schen Anschauungen gekommen, die sich heute aber erst begründen lassen, sondern wir haben auch von neuem den Satz bestätigt gefunden, den ich 1887 im ersten Hefte dieser Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Gehirnes bereits niedergeschrieben habe, dass nämlich das Vogelgehirn im Gegensatze zu denjenigen anderer Vertebraten ganz vorwiegend — 354 — durch die Entwicklung des Stammganglion, welche relativ viel bedeutender ist, als die Ri > Io} 12. ndenausbildung, charakterisiert sei. Die gesamte ältere Literatur ist gesammelt und teilweise ausgezogen bei: . Gadow: Vögel, in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreiches. 6. Band, 4. Abtheilung 1, S. 325. Neuere Literatur. .Bumm, A.: Das Großhirn der Vögel. Ztschrft. f. wiss. Zoologie, Bd. 38, 1883. 3. Stieda: Studien über das zentrale Nervensystem der Vögel und Säugetiere. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. 19, 1869. . Schulgin: Die Phylogenesis des Vogelgehirnes. Diss. Jena 1885. . Turner: The avian brain. Journ. of comparative neurology. Vol. 1. .C. L. Herrick: Illustrations of the surface anatomy of the brain of certain birds. ibidem vol. 3, 1893. .Osborn: The origin of the corpus callosum ete. Morph. Jahrbuch. Bd. 12, 1886. . Edinger: Vorlesungen über den Bau der nervösen Zentralorgane. 5. Auflage. . Derselbe: Über die Entwicklung des Rindensehens. Arch. f. Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Bd.saR He, 1895. . Jelgersma: De Verbindungen van de grote hersenen bij de vogels met de Oculomotoriuskern. Psychiatr. en neurol. Bladen 1897, No. 1. . Singer: Über sekundäre Degeneration im Rückenmarke des Hundes. Sitz.-Ber. d. Wiener Akad. 84. 1881. Münzer: Beiträge zum Aufbau des Zentralnervensystemes, Prager med. Wochenschrift, 1895. . Singer und Münzer: Beiträge zur Kenntnis des Zentralnervensystemes. Denkschrift d. k. Akad. d. Wiss. zu Wien. Math. naturw. Klasse, Bd. 57, 1890. .Sandmeyer: Sekundäre Degeneration nach Extirpation motorischer Rindencentren. Zeitschrift f. Biologie. Neue Folge, Bd. 10. _ Vorlesungen ete. 5. Auflage, S. 1. . Boyce und Warrington: Öbservations on the Anatomy, Physiology und Degenerations of the nervous system of the bird. Proceedings of the Royal Society Vol. 64, 1898. Dasselbe ausführlicher, mit Tafeln in Philosophical Transactions of the Royal Society. Series B. Vol. 191, p. 293, 1899. . Münzer und Wiener: Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Zentralnervensystemes der Taube. Zeitschrift, Monatsschrift f. Psychiatrie und Neurologie, Bd. 3—4, 1898. . Westphal: Über Acusticus, Mittel- und Zwischenhirn der Vögel. Diss. Berlin, 1898. . Edinger und Wallenberg: Untersuchungen über das Gehirn der Tauben. Anatomischer Anzeiger, Bd. 15, 1899. . Cl. Sala y Pons: La corteza cerebral de las aves. Madrid. N. Moya, 1893. IN. Die Form und ihre Entwicklung. Mantel und Stammhirn. Nomenclatur. Wer zuerst Schnitte durch ein Vogelgehirn macht, wird immer in gewisser Ver- legenheit sein, wie er in dem zunächst kompakt erscheinenden Hauptkörper, der nur von wenigen helleren Linien durchzogen wird, die Verhältnisse wiedererkennen soll, welche aus dem Gehirne aller anderen Wirbeltiere vertraute sind. Selbst bei Zuhülfenahme von Zell- färbungen (Thionin etc.) fällt es schwer zunächst eigentliche Unterabteilungen zu erkennen und es steigen Zweifel auf ob die Bumm’sche Darstellung, wonach eine Rinde überall den mächtigen Streifenhügel überzieht, richtig ist. Fehlt doch ganz der bei den anderen Verte- braten lateral zwischen Stammganglion und Rinde liegende Ventrikelspalt. Und wenn man dann durch sorgfältigste Untersuchungen feststellen kann, daß wirklich die Bumm’sche Auffassung vollständig richtig ist, wie mir das schon 1895 gelungen ist, so tauchen doch im Verfolg der Arbeit immer wieder neue Zweifel auf. Man erkennt immer mehr, daß die einfache Untersuchung des ausgebildeten normalen Gehirnes hier nicht ausreicht und dann, daß eine sehr genaue Kenntniß der bei nahestehenden Gehirnen, etwa dem Schildkröten- gehirn, vorliegenden Verhältnisse nötig wird, um das zu deuten, was zunächst recht unsicher erscheint. Ist man dann zur Ueberzeugung gelangt, daß eine Rinde das mächtige Stamm- ganglion überzieht, so erheben sich sofort neue Schwierigkeiten bei der Frage wie die in jenem mächtigen Körper abgrenzbaren Abteilungen, wie die Ganglien und die „Wellenlinien“ etc. zu deuten sind. Außer Bumm haben sich eingehend mit diesen Dingen nur Münzer und Wiener (17) beschäftigt. Münzer und Wiener fassen die äußerste Schicht mit Bumm als Rinde, den inneren Kern mit diesem als Striatum auf. Die erstere ist durch eine „Zellenschicht“ mindestens in einem großen Teil des Gehirnes von dem letzteren ge- trennt. Innerhalb des Striatum lassen sich durch zwei „Wellenlinien“ drei Kerne oder Ab- teilungen scheiden, zu denen noch die lateral und caudal gelegene Zellmasse des Bumm’schen „Mandelkernes* kommt. Die Verfasser sind geneigt die frontalste dieser gerundeten Zell- platten als Epistriatum, die nächste als Mesostriatum und die beiden ventrocaudalen Gruppen als eigentliches Striatum anzusehen. In der medioventralsten Abteilung des Striatum wird als „Nucleus striati* ein Kern mit großen Ganglienzellen beschrieben. Auch Bumm’s „Markfeld“ wurde wieder gefunden. Wenn nun auch, wie man unten sehen wird, unsere Arbeit in vielen Beziehungen die Angaben dieser Autoren bestätigen kann, so sind wir doch, so weit die eben erwähnte Einteilung in Frage kommt, zu ganz anderen Resultaten gekommen. Die Begriffe Striatum, Mesostriatum und Epistriatum, welche ich zuerst für die Verhältnisse bei Reptilien benutzt habe, sind nicht reine Lagebegriffe, ja als solche nicht einmal bei allen Arten ganz passend. Nur im allgemeinen drücken sie die relative Lage der einzelnen Striatumteile zu einander aus. Es lassen sieh die Unterabteilungen nur durch die Faserbeziehungen festlegen. Das Fpistriatum z. B. ist immer durch seine Beziehungen zur Commissura anterior und zu dem Tractus fronto-epistriatieus — 356 — charakterisiert. Diesen Anforderungen entspricht die Einteilung der erwähnten Autoren nicht. Es sind also ganz andere Hirnteile, für welche wir die erwähnten Namen in An- spruch nehmen werden. a) Entwicklung. Bei allen Vertebraten ragt das Stammganglion von der Basis des Vorderhirnes aus, wo es dem Riechlappen aufliegt, frei in den Ventrikel, der auf allen Seiten vom Pallium abge- schlossen ist. An der lateralen Seite reicht der Ventrikelspalt niemals bis zur Hirnbasis und es scheint dort die Rinde direkt dem Streifenhügel aufzuliegen — Bumms „Streifenhügel- rinde“. — Zwischen Rinde und Stammganglion ziehen aber jedesmal die aus der ersteren stammenden Fasern dahin, so eine deutliche Grenze markierend. Dieser Markfaserzug ist bisher bei den Vögeln nicht gesehen worden. Die Autoren stellen vielmehr die Verhältnisse so dar, daß ziemlich die ganze laterale und der größte Teil der dorsalen Rinde als fest- verwachsene Streifenhügelrinde mit nicht präziser Trennung vom Stammganglion anzusehen ist. Besonders schwer mußte auch am Frontalpol die Scheidung zwischen Rinde und Stamm- ganglion sein, wo bei den üblichen Färbungen in der That keine Grenze scharf sich ab- scheiden läßt. Erst als es uns gelang die Faserung aus der Rinde selbst färberisch präzis darzustellen, einen Stabkranz also zu finden, der zunächst zwischen Rinde und Stammganglion wie bei anderen Vertebraten verläuft, hatten wir den Schlüssel zum Verständnis des Vogel- gehirnes gefunden. Erst jetzt war es möglich die Verhältnisse, welche vorlagen, mit denjenigen bei anderen Vertebraten zu vergleichen und das Abweichende und Neue scharf festzustellen. Aber der Stabkranz ist nicht überall vorhanden. Um sicher zu erfahren, was Pallium, was Striatum im Vogelgehirn ist, wurden Embryonen untersucht. Die Herren Prof. Schwalbe in Straßburg und Prof. Kaibel in Freiburg stellten mir mit der dankenswertesten Liberalität mehrere vollständige Schnittserien von Hühnern zur Verfügung, die vom ersten bis zum zehnten 3ruttage reichen. Auch eine Entenserie konnte ich durcharbeiten. Es hat sich ergeben, daß) die Wand der Vorderhirnblase beim Huhne, welche, wie es scheint, anfangs überall gleichmäßig diek ist, erst im Laufe des fünften Bruttages sich basal verdickt, die Anlage des Striatum ausbildet. Dieser Körper wächst dann schon am nächsten Tage, rasch an Volum zunehmend, in die hohle Blase von unten hinein und verbreitert dabei seine Basis immer mehr lateral. Am sechsten Bruttage ragt das Striatum bereits als recht beträchtlicher Tumor in die Hirnhöhle hinein, Fig. 1, und gegen Ende dieses Tages markieren sich in den vorher gleichmäßigen Zellmassen bereits durch eine feine zellarme Linie zwei Abschnitte, ein dorso-frontaler und ein caudal-ventraler, Striatum und Mesostriatum (s. unten). — a5 — Das Wachstum des Stammganglions geht nun offenbar viel schneller als das des Palliums, denn der Hohlraum des Ventrikels wird von nun an ständig enger. Am zehnten Tage ist noch rings um das Stammganglion ein Ventrikel nachweisbar, doch ist dieser in den lateralsten Abschnitten schon spaltförmig enge und es schreitet offenbar von unten lateral her das Striatumwachstum so mächtig voran, daß mehr und mehr der Ventrikel eingeengt wird. Bei neugeborenen Tieren besteht schließlich von dem vordem weiten Ventrikel nur noch medial ein Spalt, der sich dorsal um weniges über das Striatum hin erstreckt und in eine enge zellreiche Linie übergeht, welche offenbar die letzten Spuren der hier eingetretenen Verödung darstellt. Das Seitenhorn ist vollständig verschwunden, ebenso das Vorderhorn, das bei Embryonen vom zehnten Tag noch sehr weit ist. Ganz frei von Verödung, aber ungemein eng, bleibt der oceipitale Abschnitt. N Strialum Thalamus we @ Lobusopticu Fig. 2a: Horizontalschnitt von dem 10 Tage Fig. 2b: Derselbe etwas ventraler. bebrüteten Huhne, pallialer Abschnitt. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX, 45 ae Schon sehr früh bilden sich innerhalb des Striatum feine Linien von marklosen Bahnen aus, die sich basal sammelnd in den Thalamus ziehen, oder aus diesem gehirnwärts ausgewachsen sind. Sicher ist das Bündel der Brachia cerebri schon am siebenten Tage ganz ausgebildet und am sechsten bereits einigermaßen verfolgbar. Am neunten erkennt man auch schon Bündel, die aus dem Nucleus taeniae in das Ganglion habenulae hinüberziehen, also die Taenia thalami. T.in Fig. 2a. Das Studium der Entwicklung lehrt also, dass bei dem Vogelgehirn ganz wie bei den Gehirnen der anderen Vertebraten ein Pallium allseitig das Stammganglion frei umgiebt und daß erst spät, zum Teil erst nach der Geburt, die enorme Wucherung des Stammganglions, welches sich am An- fang nicht von dem der Reptilien unterscheidet, zuden Verhältnissen führt, welche das erwachsene Gehirn als fast solide Masse erscheinen lassen. So ließ sich für das erwachsene Vogelgehirn überall zeigen, was dem Mantel, was dem Stammganglion angehörte. Es blieb als nächste Aufgabe die Deutung der mannigfachen an der Basis und innerhalb des Stammganglions sichtbaren Teile und Abschnitte. Hier kamen natürlich sehr die früher beim Studium des Reptiliengehirnes (Band XIX und XX dieser Abhandl.) gemachten Erfahrungen zu statten. Nachdem einmal der Riechapparat und seine Verbindungen bei den Reptilien durchgearbeitet waren, gelang es z. B. leicht, die sehr reduzierten, aber ganz analogen Verhältnisse bei den Vögeln wiederzufinden. Ganz besonders nutzbringend aber waren die älteren vergleichenden anatomischen Studien für die Erkenntnis des Stammganglions und seiner Teile. In mehreren Arbeiten konnte ich früher den Nachweis führen, daß das für einheitlich gehaltene Stammganglion der Knochenfische, dann dasjenige der Reptilien aus verschiedenen wohl charakterisierbaren Abteilungen zusammengesetzt ist. Dem eigentlichen Striatum, welches durch die Beziehungen zum Traetus strio-thalamieus wohl charakterisiert ist, liegt dorsocaudal noch ein offenbar bei den Reptilien mit der Rinde zusammenhängender Körper auf, das Epistriatum. Auch dieses ist sehr gut durch seine Faserbeziehungen zu charakterisieren. 3eide Epistriata sind nämlich durch einen mächtigen Zug der Commissura anterior unter einander verbunden und in jeden mündet ein Faserzug, der an der Hirnbasis entspringend in langem Verlaufe caudalwärts zieht, um im Epistriatum dorsal sich wendend zu enden. Schließlich ließ sich für die Schildkröten mit Sicherheit, für die anderen Reptilien mit Wahr- scheinlichkeit nachweisen, daß noch eine Abteilung, das Mesostriatum, zwischen beiden existiere. 359 — Es ist nun gelungen alle diese Abteilungen und alle Züge, welche sie charakterisieren, bei den Vögeln wiederzufinden und damit für die Betrachtung des Vogelvorderhirnes eine feste Grundlage zu gewinnen. b) Allgemeine Formbeschreibung. Nomenclatur. Das Vorderhirn der Vögel ist immer sehr viel größer als dasjenige entsprechend großer Reptilien. Die Vermehrung des Volumes betrifft vornehmlich den Frontal- und Parietalabschnitt, doch haben auch der temporale und oceipitale Abschnitt zugenommen. Relativ kleiner, sogar sehr viel kleiner, ist der Lobus olfactorius. Das ganze Gehirn sieht weniger langgestreckt aus, weil eben die beim Reptiliengehirn dünnen frontaleren Abschnitte, hier dorsal ausgefüllt sind. Diese ganze Vermehrung kommt dadurch zu Stande, daß sich eine kräftige Frontalrinde ausgebildet hat unter welcher ein frontales Mark liegt, und daß auch das Stammganglion viel dicker und viel reicher an Markfasern ist. Im Ganzen sind die Hirnformen bei den einzelnen Gattungen fast so wechselnd wie etwa bei den Säugern und vor allem ist die relative Größe — relativ zu den caudaleren Hirnteilen — für die einzelnen Gattungen sehr verschieden. Die größten (Gehirne besitzen die Papageien und die Passeres — doch nicht alle, dann wohl die untersuchten Spechte, Möven, die Gans und der Strauß. Das Taubengehirn, ebenso wie dasjenige der Hühner, ist relativ am kleinsten. Es wird Aufgabe einer auf größeres Material gestützten Untersuchung sein, diese Verhältnisse einmal speziell darzustellen. Mein Material reicht dazu noch nicht aus. Mit Glück hat namentlich Bumm bereits hier einen Anfang gemacht. Er hat wägend das Vorderhirn mit den anderen Hirnabschnitten verglichen und ist dabei zu ähnlichen Resultaten gekommen wie sie eben erwähnt wurden. Was die Gesamtform betrifft, so stehen auf der einen Seite die Papageien und Spechte, auch die Raben und etwa noch die Gans und die Ente mit relativ langem Stirnteil und sehr gut ausgebildetem Schläfenvorsprung, auf der anderen die meisten Singvögel, die Möven, die Tauben und der Strauß mit mehr der Halbkugelform genähertem Gehirne und relativ kleinerem Temporalabschnitte. Man kann an dem unverletzten Gehirne schon die Pars pallialis von der Pars basalis gut abscheiden. Eine flache Grube an der Unterseite des Frontalabschnittes, die Basalgrube, verengt sich caudal zu einer ganz feinen Furche, der Fovea limbica. Immer von einem markhaltigen Faserzuge begleitet, zieht diese caudalwärts um innerhalb des Temporalpoles zu verschwinden. Diese echte Furche, welche auch dem Frosche und den Reptilien zukommt, ist bisher bei den Vögeln nicht erkannt worden. Sie verläuft an der lateral-basalen Seite des Großhirnes. 45* Chiasma Fig. 3: Gehirn von Androglossa aestiva, zur Demonstration der Einteilung. Die Pars pallialis ist glatt. Nur beiderseits von der Medianlinie in wechselnder Entfernung von ihr liegt eine flache Einsenkung über den vorderen ?/s des Gehirnes in sagittaler Richtung, die Vallecula. Es ist keine echte Furche, sondern nur der Ausdruck der Stelle, an welcher im Innern des Gehirnes Stammganglion und Pallium verwachsen sind. Der Wulst medial von der Valleeula ist die von Verwachsung frei gebliebene Palliumpartie. Dieser Wulst ist bei den verschiedenen Arten wechselnd stark ausgebildet. Ganz besonders kräftig und dick findet man ihn bei Struthio. Für sein näheres Studium kann auf die zahl- reichen Abbildungen der dorsalen Oberfläche bei den älteren Autoren, dann auf die Bilder von Turner und von €. L. Herrick verwiesen werden. Man kann ihn als Sagittal- wulst bezeichnen. Fig. 4: Gehirn von Struthio camelus; Dorsalansicht, natürliche Größe, kleineres Exemplar. Das größte untersuchte Gehirn war reichlich um '/s größer. BEN — 561 — Die Fovea limbiea, welche in ihrem eaudaleren Abschnitte zur Fissura limbica wird, ist nur frontal der Fissura rhinalis der Säuger homolog. Weiter caudal grenzt sie den dorsalen von starker Rinde überzogenen Teil des Stammganglions — Striatum — ab von dem ventraleren, dem Mesostriatum, welches hier lateral nur dünnen grauen Überzug hat, sonst frei an der Basis liegt. Der unpare Ventrikel des Zwischenhirnes geht vor der Schlußplatte in die Ventrieuli laterales der Hemisphären über. Aus den entwicklungsgeschichtlichen Noten oben geht hervor, daß diese anfangs weiten Höhlen durch die Ausdehnung des Stamm- ganglions zu engen Spalten geworden sind, welche beiderseits von der medialen Scheidewand der Hemisphären liegen. Frontalwärts senden die Ventrikelspalten fast immer, ganz an der Basis, einen feinen Fortsatz in die Riechlappen, caudal aber erstrecken sie sich weithin lateral um die ganze oceipitale Oberfläche des Stammganglions herum. Es ist also von dem einheit- lichen Seitenventrikel des Embryo bei dem erwachsenen Tiere übrig geblieben: Ein mediales Horn, ein oceipitales Horn und ein Ventriculus olfactorius. Verschwunden ist vollständig das Seitenhorn und fast vollständig der dorsale Abschnitt. Die Schlußplatte geht mit dem dorsal von den Kommissuren liegenden Abschnitte, wie bei allen Vertebraten, in die dünne Epithelplatte über, welche ventral zu einem sehr klenen Plexus choroides medius sich ausstülpt und nach den Hemisphären auf relativ kurze Strecke nur kleine Plexus choroidei laterales sendet, die mit nur ganz wenig Schlingen in die engen medianen Ventrikelspalten eingeklemmt liegen. Der laterale Abschnitt der Seitenventrikel ist übrigens nicht spurlos verschwunden. Er hat sich zu einem kleinen Teil noch nahe der Mittellinie erhalten und auch da, wo er ganz fehlt, erkennt man auf vergrößerten Frontalschnitten noch deutlich eine zellreiche Lamelle — Münzer und Wiener’s „Zellenlinie“, als Andeutung der Verwachsungsstelle, wahrscheinlich aus reduziertem Ventrikelepithel bestehend. Diese Platte erstreckt sich aber nur dorsal über das Stammganglion, lateral fehlt jede Spur von ihr. Daraus darf man schließen, daß die Vereinigung von Pallium und Stammganglion, welche so charakteristisch nur für das Vogelgehirn ist, nicht durchweg auf dem Wege der Verklebung erfolgt ist, daß vielmehr das meiste wohl durch Auswachsen des Stammganglions mit der ihm schon embryonal angehörigen Außenfläche entstanden ist. Der Basalteil des Vorderhirnes. Am frontalen Ende des Basallappens sitzen die bei allen Vögeln sehr kleinen Lobi olfactorii. Es sind zwei kurze Kegelchen, welche nur bei der Gans und dem Strauß, auch — ee bei den Hühnern eine etwas bessere Ausbildung erreichen. Fast die ganze Ausdehnung der Lobi ist von der Formatio bulbaris überzogen, so daß ein eigentlicher abgesonderter Bulbus olfaetorius gar nicht entsteht. Die Riechlappen sind bei einzelnen Arten, bei der Gans und dem Strauß z. B. das frontalste Gehirnstück, bei der Mehrzahl der Vögel aber sitzen sie ventralwärts geneigt unterhalb der über sie vorstehenden Stirnlappenrinde. Direkt caudal von ihnen liegt eine längliche Vorragung der Basis, der Lobus parolfactorius. Seine Basis geht den ventralen Ventrikelrand umgreifend direkt in die Medialwand des Gehirnes über. Lateral und ventral von ihm liegt ein bei den meisten Tieren ganz kleiner Höcker der lateralen Hirnbasis, der Nucleus basalis, wie er zunächst unpräjudizierend genannt werden soll. Dieser wird bei einigen Vögeln zu einem mächtigen Gebilde, welches die laterale Unterseite des Stirnteiles von außen her förmlich median drängt. Auch der Lobus parolfactorius ist bei den verschiedenen Arten sehr ungleich entwickelt, aber es muß für beide Kerne erwähnt werden, daß kein Zusammenhang zwischen ihrer Größe und dem- jenigen der Riechlappen existiert. Speziell scheint für den Lobus parolfactorius die Ent- wicklung der Orbitaldecke, welche direkt unter ihm liegt, gestaltend zu wirken. Bei den meisten Vögeln ist der übrige Teil des Basallappens bis hinaus zur Fovea limbica flach. Aber bei einigen, der Möve z. B., dann bei den Papageien, dem Strauß und dem Specht liegt caudal noch ein beträchtlicher Höcker, der, fast die ganze Breite ein- nehmend, bis an das Chiasma heranreicht. Er entspricht der im Inneren liegenden Faserung des Brachium cerebri und den es umgebenden Massen des Mesostriatum, welche hier mehr als bei anderen Arten entwickelt sind. Der größte Teil der Hirnbasis lässt sich als einheitliches Areal, Basalfeld, zusammenfassen. Das Basalfeld ist caudal durch die ca. in Tobus :olfactorius 22 22222 } Fovea limbica === Brachium et Mesostratium -—-- Tractus fronto-epistr. Tractus septo-mesenceph. -----£ Chiasma --- Fig. 5: Hirnbasis von Corvus corax. Topus.olfactonuse en Lobus parolfactorius --------------—-----& Rad. fronto-epistriatica Brachium und Mesostriatum...........— ----- ee Polus temporalis-—---------- \ CHhasma a rn Mesencephalon -—----—- Fig. 5b: Hirnbasis von einem Papagei. der Mitte der Hirnlänge austretenden Brachia cerebri begrenzt, lateral ganz scharf | durch die Fissura limbica. Bei den Papageien, deren Pallium sehr viel stärker ent- wickelt ist, als das anderer Vögel, ebenso beim Raben und der Gans überhängt der palliale Abschnitt des Großhirnes die Grenze des Basalfeldes, so daß dieses wie eine tief gelegene flache Grube erscheint, während es bei den Singvögeln z. B. für den ersten Anblick nicht so scharf vom übrigen Gehirn trennbar erscheint. Das Basalfeld hat ein mehr oder weniger markweißes Aussehen und man erkennt, daß sich die markhaltigen Fasern lateral dicht unter der Fissura limbica zu einem mächtigen Bündel sammeln. Dieses Bündel, die Radiatio fronto-epistriatica, kann rückwärts bis in den Temporo-oceipitallappen verfolgt werden. Dort endet es im Epistriatum. Der Faserzug ist also zum Teil identisch mit dem bei Reptilien an gleicher Stelle liegenden, aber sehr viel feineren Tractus cortico-epistriaticus. Caudal von dem Basalfeld, resp. von dem Mesostriatum, wird die Zwischenhirngrenze durch das bei den Vögeln immer sehr mächtige Chiasma bezeichnet. Doch erkennt man dicht vor dem Chiasma noch einige wichtige Faserzüge aus dem Vorderhirn auch am — 364 — unverletzten Gehirne. Es ist nämlich zunächst die Gesamtfaserung aus dem Vorderhirne und zu demselben, welche man als Brachia cerebri zusammenfassen kann, für ein ganz kurzes Stück an der Hirnbasis sichtbar. Sie liegt da fast frei und kann durch das Meso- striatum grau durchscheinend eine ziemliche Strecke frontalwärts als feiner weißer Fächer bei den meisten Vögeln gesehen werden. Gerade an der Stelle, wo die Brachiumfasern an die Unterfläche des Gehirnes treten, sammeln sich mächtige Fasermassen aus dem Gebiete der medialen Scheidewand zu einem Bündel. Dasselbe erscheint frei dicht an der Mittellinie, überquert dann das Brachium lateral- wärts und wendet sich mit dem Tractus opticus, welchem es am lateralen Brachiumrande begegnet, dorso-caudal, s. Fig. 5a. Ganz meisterhaft giebt all diese Verhältnisse eine alte Abbildung der Entenhirnbasis von Meckel wieder. Pallium und Stammganglion. Das ganze dorsal von der Fissura limbica gelegene Gebiet ist von Rinde überzogen. Dieselbe ist aber, wie mehrfach erwähnt, überall außer an der medialen Scheide- wand mit dem Stammganglion fest verwachsen. An der Scheidewand reicht die Rinde nicht ganz bis zur Basis. Sie endet vielmehr — nicht deutlich bei allen Vögeln — mit einer von unten- vorn nach oben- hinten ansteigenden Linie und nimmt im Wesentlichen nur die dorsalen, ?/s der Scheidewand ein. Aus dieser Rinde entspringt überall fast das Markbündel der Scheidewand — Traectus septo-mesencephalicus. Dorsal breit ausgebreitet, sammeln sich seine Züge ventral zu dem Stil des Markbündels, demselben, welcher oben an der Stelle beschrieben wurde, wo er, die Brachiumfaserung über- querend, mit den Zügen des Tractus opticus lateral am Zwischenhirn dorsalwärts zieht. Dieses Bündel, zusammen mit einigen anderen später zu beschreibenden Zügen, giebt der Scheidewand ein ganz markweißes Aussehen. Die Scheidewand reicht in den frontalsten Hirnabschnitten bis zu der Basis herab, wo sie unmittelbar in den Lobus parolfactorius übergeht. Weiter caudal, von der Ebene der Schlußplatte und ihrer Kommissuren ab, ist sie viel kürzer. In der Schlußplatte selbst sind beide Scheidewände durch die Commissura pallii — Meckel’s Balkenrudiment — unter sich verbunden und in dieser Gegend verdünnt sich dann die Verbindung auch zu dem kleinen oben erwähnten Plexus choroideus medius. Dahinter aber wird nicht nur im Scheidewandgebiete sondern allüberall das Pallium wieder frei von dem Stammganglion. Es umfaßt als dünne rindenbedeckte Platte das caudale, immer abgerundete Ende des Stammganglions, bildet mit diesem zusammen den Occipitalpol des — 365 — Gehirnes. Nur hier ist auch an der Basis freies Pallium, wenig weiter frontal verschmelzen im oceipito-temporalen Lappen wieder Pallium und Stammganglion zu einer Masse, dem Polus temporalis. Die markhaltige Faserung aus der Rinde, welche bei vielen Vögeln fast ganz fehlt und auch bei denjenigen, welche relativ reich an Markfasern sind, doch nur gering an Masse ist, sammelt sich an verschiedenen Stellen zu einer dünnen Capsula externa zwischen Rinde und Stammganglion. Das Stammganglion, Striatum besteht zweifellos aus sehr verschiedenen Teilen. Das haben alle Autoren erkannt, welche sich mit dem Vogelgehirn beschättigt haben. Münzer und Wiener (s. o.), haben auch den Versuch gemacht diese Abteilungen mit den von mir für Reptilien gefundenen Teilen zu homologisieren. Die Einteilung, zu der sie ge- kommen sind (s. o.), stimmt mit der gleich vorzulegenden nicht überein. Die Differenz ist dadurch entstanden, daß Münzer und Wiener ihre Stammganglionabschnitte nur nach den Lagebeziehungen, nicht aber, wie durchaus erforderlich, nach den Faserverbindungen gemacht haben, wahrscheinlich auch deshalb, weil die von ihnen benutzte Vogelart gerade nicht be- sonders klare Bilder giebt. Die Versuche, jene Stammganglionabteilungen mit solchen des Menschen zu homologisieren, Versuche, die schon mit Bumm beginnen, scheinen mir, so lange über die Entwicklung der Säugerganglions noch so wenig bekannt ist, besonders schwierig. Die beiden größten Abschnitte des Stammganglions liegen Kugelschalabschnitten gleich übereinander, das Hyperstriatum dorsal, das Mesostriatum ventral. Lateral schiebt sich fast auf die ganze Länge der zwischen beiden verlaufenden Trennungslinie, das Ektostriatum ein, eine dünne, nur an einer Stelle angeschwollene Platte. Schließlich liegt temporocaudal der Epistriatum zu nennende Körper und es läßt sich innerhalb der mächtigen Faserung, welche den konvexen ventralen Hohlraum des Mesostriatum erfüllt, noch ein Ganglion, der Nucleus entopeduncularis nachweisen. Das Hyperstriatum ist ein großes dorsalkonvexes Polster, dessen frontaler zur Basis herabgebogener Abschnitt ebenso wie der laterale überall fest mit der Rinde ver- schmolzen ist. Es nimmt die ganze Hirnlänge ein und ragt medial sowie oceipital frei in den Ventrikel hinein. Sein caudal temporaler Abschnitt ist nicht scharf von dem Epistriatum geschieden. Dieser Körper ist identisch mit dem, was Bumm Striatum und dem, was Münzer und Wiener Epistriatum nennen. Die Fasern aus der Hirnrinde, ebenso wie die aus dem Ganglion selbst, durchqueren ihn in zahlreichen Einzelbündeln, von denen sich ein Teil nicht geradeaus weiter ziehend, an der konkaven Unterseite des Ganglions zu einer Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX, 46 — 366 — mächtigen Marklamelle ansammelt, der Lamina medullaris dorsalis. Diese am frischen Gehirn immer sichtbare weiße Platte trennt, wie man sieht, Hyperstriatum von Mesostriatum. Auf Frontalschnitten kann man immer einen leicht gebogenen horizontalen Abschnitt von einem senkrecht stehenden lateralen abscheiden. Im Frontalteil des Gehirnes ist meist nur der letztere gut entwickelt. Er teilt dann, wie etwa die Capsula interna im Frontalteil des Säugergehirnes, den Kopf des Stammganglions in einen lateralen und einen medialen Abschnitt, die aber, wie später zu entwickeln ist, aus ungleichartigen Teilen des Stammganglions, nicht aus gleichartigen wie bei der Säugern, bestehen. Vergl. Fig. 7 S. 369, wo irrtümlich Capsula ext. steht. Fig. 6: Vogelgehirn schematisch. Hauptteile in verschiedener Tönung. Der zweite Hauptteil des Stammganglions, das Mesostratium, hat ebenfalls die Form eines Polsters mit ventraler Konkavität. Es ist eigentlich eine dicke Hohlrinne mit mächtigem massivem Kopfteil. Dieser Kopfteil, der im Frontalabschnitte des Gehirnes dicht unter dem vereinten Rinden-Hyperstriatumgebiete liegt und an der Basis als eigener Lappen frei hervortritt, mag nach seiner Lage als Lobus parolfactorius bezeichnet werden. — 33670 —— Er hat bei verschiedenen Vögeln sehr verschiedene Ausbildung, wie bei der folgenden Beschreibung des Stirnlappens gezeigt werden soll und steht in einem relativen Größen- verhältnis zu einem andern Teil des Mesostriatum, dem Lateralfortsatze desselben, der zweckmäßig als Nucleus basalis bezeichnet wird und nicht konstant oder doch oft sehr klein ist. Das Mesostratium bildet den eigentlichen Basalteil des Gehirnes. Es ist nirgends direkt von Rinde überzogen, ja es ist von dem Pallium immer durch Furchen geschieden. Diese Furchen, von denen eine, die an der Aussenseite des Gehirnes ver- laufende Fissura limbica schon genannt ist, scheinen mir für die Gesamtauffassung des Gehirnes, auch des Säugergehirnes, von einer größeren morphologischen Wichtigkeit. Die laterale, äußere Furche ist also die Fissura limbica, die mediale, die intraventrieuläre Grenz- furche, ist bisher nicht beschrieben, wahrscheinlich weil sie nicht an allen erwachsenen Exemplaren deutlich ist, man kann sie Fissura intraventricularis heissen. Das Mesostratium hat durch die zahlreichen es durchmessenden und in ihm ent- springenden Fasern ein streifiges Aussehen. An seiner Unterseite, im Inneren der „Hohl- rinne“, sammeln sich alle die Züge aus der Rinde, dem Striatum und den anderen Teilen des Stammganglions zu der mächtigen Brachiumfaserung. Hier liest mitten in diese Faserung gebettet ein großzelliger Kern. Er begleitet caudalwärts die gesamte Brachium- faserung bis in das Mittelhirn und wurde schon früher von mir als Nucleus entopedun- eularis bezeichnet. Münzer und Wiener haben ihn zuerst beschrieben und als Nucleus striati bezeichnet. Bei manchen Arten, doch nicht bei allen, existiert innerhalb des Mesostriatum eine zweite Markplatte, die Lamina medullaris ventralis. Am leichtesten ist sie bei der Gans zu studieren, wo überhaupt das Mesostriatum besonders gut ausgebildet ist, auch seinen frontobasalen Fortsatz weithin an die Hirnbasis hinaussendet. An der Lateralseite des Gehirnes liegt eingeschoben zwischen Mesostriatum und Striatum einerseits und die laterale Rinde andrerseits; ein großes von reichlichen Markfasern ganz weiß gefärbtes Ganglion, das Ektostriatum. Es hat etwa die Form einer Raute und sendet frontalwärts in die Lamina medullaris dorsalis, der es aufliegt einen langen plattenartigen dünnen Fortsatz, der bei verschiedenen Vögeln wechselnd stark entwickelt, aber zumeist mindestens nachweisbar ist. Wo er stark ausgebildet ist, liegt das Striatum nicht, wie oben angegeben, vorn dem Lobus parolfactorius auf. Es schiebt sich vielmehr dieser Fortsatz des Ektostriatums zwischen es und den Lobus parolfactorius. Die in der Nähe des 46* — 368 — Ektostriatum aus der Rinde entspringenden Fasern, ebenso wie diejenigen, welche in dem Ganglion selbst ihren Ursprung haben, geben ihm eindringend und sich da zu reichem Netz entwickelnd, das markweiße Aussehen, welchem es schon seit Bumm seinen Namen „Mark- feld“ verdankt. Vielfach kommt eine Capsula nervosa Ectostriati vor, z. B. bei unserem Sperling. Der mächtige Körper des Striatum wird in den caudaleren Abschnitten von unten und hinten her abermals von einer Kugelschale umfaßt, dem Epistriatum. Es bildet an der Außenseite des Gehirnes ventral einen Vorsprung, der aussieht wie ein Schläfenlappen. Das Epistriatum nimmt einen langen aus der frontalen Hirnbasis kommenden und an der Basis freiliegenden Faserzug, den Traetus eortico-epistriatieus auf, und ist mit dem gleichnamigen Ganglion der anderen Seite durch die Commissura anterior verbunden. Es ist überall von der oceipitalen und temporooeeipitalen Rinde überzogen. Im ventralen Gebiet liegt der mächtige von Bumm als „Mandelkern“ bezeichnete Kern — Nucleus epistriati. Medial von ihm liegt noch ein kleiner dünner Kern, aus welchem die Taenia thalami ent- springt — Nucleus taeniae. Nach dieser Schilderung des Stammganglions muß ich noch einmal auf das Basalfeld zurückkommen. Aus Frontalschnitten ergiebt sich nämlich, daß dieses flache große Feld abgesehen von den Anteilen des Riechapparates und dem Lobus parolfactorius im wesent- lichen gebildet wird von dem hierher herabreichenden Kopfstück des Striatum und dahinter von dem Mesostriatum. In mehrere Stellen der Rinde gelangen markhaltige Faserbündel. Die meisten ziehen in den frontalen Abschnitt, dann existiert ein parietales Bündel und schließlich giebt es einen mächtigen dem Oceipitallappen entstammenden Faserzug. Diese Bündel vereinen sich, in das dicht benachbarte Striatum eindringend, sofort mit dort entspringenden Faser- zügen und es hat gerade die Trennung der Rinden- und der Striatumfaserung, die nur auf dem Wege der künstlich gesetzten Degeneration möglich war, uns viele Mühe gemacht. Bekanntlich spalten bei den Säugern die aus der Rinde basalwärts ziehenden Fasern das Striatum in einen lateralen und einen medialen Hauptabschnitt. Zwischen diesen beiden Teilganglien als Capsula interna dahinziehend, nehmen sie die aus denselben entspringenden Fasern in ihre Gesamtheit auf. Die Kapsel besteht also aus Rinden- und aus Striatumfasern. Bei den Vögeln kommt es nun, wahrscheinlich weil die Rindenfaserung relativ viel geringer ist als bei den Säugern, nicht zu einer eigentlichen Kapselbildung. Es ziehen vielmehr überall in der ganzen Breite des Striatum Rindenfasern in dieses hinein. Mit der da ent- — 369 — springenden oder endenden Faserung zusammen geben sie dem Striatum ein reichgestreiftes Ansehen. Das Aequivalent der Capsula interna ist also über die ganze Striatumbreite hin ausgedehnt. Eine Capsula externa zwischen Rinde und Striatum gelegen kommt nur bei einzelnen Vögeln und niemals auf der ganzen Striatumoberfläche zu Stande. Gelegentlich — bei den Papageien, soweit ich sehe, immer — legen sich einzelne Bündel dieser Faserung zu einem dichten Strange zusammen, der dann als echte Capsulainterna das Stammganglion durchmißt, einen lateralen von einem medialen Abschnitte trennend. Diese Verhältnisse lassen ebenso wie der ohnehin sehr große Reichtum an markhaltigen Fasern das Papageigehirn demjenigen der Säuger am ähnlichsten erscheinen. Die Faserung zieht nicht wie bei den anderen Vertebraten geradlinig nach der Basis zum Hirnschenkel, sie macht vielmehr auf dem Wege dahin, zum Teil wenigstens, gewisse Einbiegungen durch, die in ihren Gesamtquerschnitten jene „Wellenlinien“ der Autoren darstellen. Alle Fasern aus dem Stirnpole ziehen übrigens fast direkt ventrocaudal. Sie bilden dicht unter der Rinde innerhalb der frontalsten Zone des Striatum, das sie durch- brechen, ein eigenes Markfeld, das frontale Mark. In der Rinde liegen, wechselnd entwickelt, Associationsfaserbündel und unter ihr findet man bei vielen Vögeln — nicht bei der Taube — vielfach eine dünne Markfaserschicht. welche sie besonders im parietalen Abschnitt von dem Striatum trennt. Diese Markfaser- schicht ist die Capsula externa. . Corte Caps.externg Sy Fig. 7: Schema. Frontalschnitt im Gebiete des frontalen Stabkranzes, also dicht unter der frontalen Rinde. Fig. 8: Frontalschnitt etwa in der Mitte der Großhirnlänge. > E & 2 FE Fig. 9: Frontalschnitt dicht hinter der Commissura anterior. ' I | Die Markscheiden in dem Gebiete des Vorderhirnes entwickeln sich zumeist erst nach dem Auskriechen. Bei den meisten jungen Vögeln, die untersucht wurden, war noch zwei Tage nach dem Auskriechen nur ein einziges Vorderhirnbündel markhaltig, ein Faserzug aus dem Eetostriatum zu dem großen runden Thalamuskerne. Schließlich gebe ich zur Illustration der hier mitgeteilten Verhältnisse (Fig. 7—9) drei Frontalschnitte durch ein ideales Vogelgehirn, in denen nur die wesentlichsten Formverhältnisse hervorgehoben und bezeichnet sind. Sie werden die Orientierung an den Abbildungen der Tafeln und das Verständnis der folgenden Detaildarstellung sehr erleichtern. Der Frontalabschnitt des Vorderhirnes. Der Frontalabschnitt verdient eine nähere Beschreibung deshalb, weil er derjenige ist, welcher bei den verschiedenen Familien am meisten in seiner Ausbildung wechselt, weil er bisher niemals annähernd richtig beschrieben worden ist und weil er in der That relativ kompliziert aufgebaut ist. Auch die folgende Beschreibung ist keineswegs als eine voll- ständige oder gar abschließende anzusehen. Kein Teil des Vogelvorderhirnes hat dem Verständnis größere Schwierigkeiten ent- gegeneestellt. Wenn es schließlich gelungen ist Einiges klar zu übersehen, so ist das einer- seits den entwicklungsgeschichtlichen Studien zu danken, andrerseits einer immer wieder erneuten Durchsicht des gesamten Materiales. Erst der Schluß der ganzen Untersuchung hat die Verhältnisse verstehen lassen, welche in ihrer Mannigfachheit immer und immer wieder während der Arbeit verwirrend wirkten. Besonders wurde die Erkenntnis dadurch erschwert, daß unsere Arbeiten leider von der Taube ausgegangen sind, einer Art, welche besonders schlecht ausgebildete Verhältnisse im Stirnhirn hat. Wären wir, was jetzt am Schlusse der Arbeit leicht ersichtlich ist, etwa von den Singvögeln ausgegangen oder von den Papageien, so wäre die Lösung der Aufgabe sehr viel leichter gewesen. Wie früher erwähnt, verschwindet schon in früher Periode des Eilebens das Vorder- horn des Ventrikels. Der Stammlappen von der Basis dorsalwärts auswachsend gleicht es aus. Auch nicht die geringste Spur einer Trennung zwischen Rinde und Frontalabschnitt des darunter liegenden Stammlappens bleibt im erwachsenen Tiere bestehen, wohl ein Beweis, daß es sich nicht, wie etwa im Dorsalgebiete, um ein Verkleben verschiedener Teile handelt. So bildet der Stirnteil des Grehirnes einen massiven Körper, dessen Faserung nicht ohne Weiteres in Rinden- und Stammlappenfaserung zu trennen ist. Sie muß als Ganzes be- sprochen werden. Der außerordentlich enge frontalste Teil des Seitenventrikels sendet einen Spalt in die Lobi olfaetorii ventralwärts. Medial von ihm liegt die Hemisphäreninnenwand, lateral eben jene anscheinend einheitliche Masse. Frontalschnitte ergeben nun folgende Einteilung: Die gleichmäßig gebaute Schicht, welche, die Frontalwand des Stirnlappens über- ziehend, dorsal, medial und lateral in unzweifelhafte Rinde übergeht, wird man wohl als Cortex frontalis in Anspruch nehmen müssen. Bei einigen Vögeln ist sie durch eine fast senkrecht von oben nach unten über sie laufende Furche in eine laterale und eine mediale Abteilung geschieden. Diese Furche ist die frontale Verlängerung der Vallecula. Ein ganz vorn angelegter Frontal- schnitt von Cuculus canorus besteht z. B. jederseits aus drei völlig getrennten Stücken. Medial liegt das größte, die mediale Frontalrinde, lateral etwas kleiner die laterale Frontal- rinde und ventral von beiden liegen die mit dem medialen Stück wenig weiter caudal zu- sammentretenden Riechlappen. Wie alle Markscheidenpräparate zeigen, entspringen aus der Frontalrinde reichlich Markfasern, die sehr oberflächlichen Schichten angehören und bei den Singvögeln, bei der Gans und den Papageien reichlich ausgebildet sind, während sie bei den meisten anderen Arten, besonders auch bei Struthio, nur geringe Entwicklung zeigen. Diese Faserung — Frontalmark — besteht aus tangentialen und Stabkranzzügen, die meist in der Frontal- ebene von oben nach unten verlaufen. Sie werden dicht unter der Rindenschicht und weiter kaudal gekreuzt von Fasern queren Verlaufes. Dem medialen Teil des Stammganglions ent- stammend, vielleicht auch Züge aus der Frontalrinde selbst führend, bilden diese letzteren ebenfalls an der ventrolateralen Außenseite des Gehirnes ein Stratum, das sich durch das stärkere Kaliber zunächst von dem Frontalmark unterscheidet, aber zumeist in den frontalen Ebenen diesem noch beigemischt ist. Diese Faserung, der Tractus fronto-epistriaticus, bildet mit dem Frontalmarke zusammen in den frontalen Gehirnebenen das Markfeld der Basis, weiter caudal besteht dieses nur aus den letzterwähnten Fasern. Es ist früher geschildert worden, wie ventral von dem Hyperstriatum das Meso- striatum liegt und es ist bereits erwähnt, daß dieser Stammganglionteil frontalwärts mit zwei Zungen sich ausbreitet, einer medialen, welcher der Name Lobus parolfactorius beigelegt wurde und einer lateralen, dem Nucleus basalis. Diese beiden Zungen sind immer vor- handen, aber ihre bei den einzelnen Arten absolut verschiedene Ausbildung — 1373 — verursacht im Wesentlichen die mannigfach verschiedenen Bilder, welche man bei Schnitten durch den Stirnlappen antreffen kann. Man kann im Wesentlichen zwei Ausbildungstypen unterscheiden, oder vielleicht zwei Extreme der Ausbildung, zwischen denen Übergangsformen existieren. Bei allen Passeres, dann aber auch, wenn auch in minderem Maß, bei der Gans, dem Raben, und Tringa und den Staren ist die laterale Zunge die mächtigere. Hier erkennt man Fig. 3 und Fig. 9 Taf. IV, wie wenig hinter der Stirnrinde ein mächtiges Gebilde an der ventrolateralen Basis angeschnitten wird, das sich mit jedem Schnitte weiter caudal noch vergrößert, um ganz caudal direkt in das Mesostriatum überzugehen. Schon im frontalsten Abschnitte des Gehirnes drängt der Nucleus basalis, der zweifellos nicht mehr von Rinde überzogen ist, die ganze Frontalfaserung medialwärts. Diese bildet dann, zwischen Hyperstriatum und Mesostriatum gelagert, die Lamina medullaris dorsalis. Die Faserung des Tractus fronto-epistriaticus bleibt lateral liegen, wenn alle anderen Fasern einwärts gedrängt werden und verläuft dann bis zu ihrer Endigung im oceipitalen Hirnabschnitte immer über die Außenfläche des Mesostriatum. Bei einigen Passeres ist die laterale Zunge des Meso- striatum so dick, daß von der übrigen Hirnmasse auf Frontalschnitten nur wenig übrig bleibt, das Ganze scheint zunächst Mesostriatum, aber die auch hier deutliche dorsale Marklamelle ermöglicht die charakteristische Abscheidung. Fig. 9, Taf. IV. Wo das Mesostriatum lateral so mächtig ist, ist seine mediale Zunge, der Nucleus parolfaetorius kürzer, reicht nicht so weit frontal. Wenn sie dann in den etwas caudaleren Ebenen auftritt, liegt sie einwärts von der lateralen Abteilung und natürlich ebenfalls ventral von der Lamina medullaris dorsalis. Weiter caudal vereinen sich dann beide Zungen zu dem mäch- tigen Gesamtkörper des Mesostriatum. In dieser Gegend ist von der Rinde weder seitlich noch an der Basis eine Spur vorhanden. Der ganze ventrale Abschnitt des Gehirnes wird nur von dem Stammlappen gebildet. Das andere Extrem in der Entwicklung des Mesostriatum bieten in hohem Maße die Papageien, in geringerem Struthio. Hier kommt es nämlich nur zu ganz geringer Aus- bildung des lateralen Lappens, der nur wie ein dünner plattenförmiger Kern zwischen Frontalfaserung und Tractus fronto-epistriaticus liegt, der mediale Lappen aber, der Lobus parolfactorius, ist so mächtig ausgebildet, daß er dicht hinter der Rindenschicht beginnend gleich die ganze Breite der Hirnbasis einnimmt. Fig. 6, Taf. III; Fig. 10, Taf. IV. Die Faserung aus der Stirnrinde und aus dem Kopfe des Hyperstriatum sammelt sich zum Teil dorsal von dieser Platte als Lamina medullaris dorsalis, zum Teil Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 47 — 314 — aber muß sie, eben weil ihr gar kein anderer Weg bleibt, um an die Basis zu gelangen, die Platte des Mesostriatum durchbohren, Fig. 6, Taf. III. Caudal geht dann auch diese Platte direkt in das Mesostriatum über. Ein mittleres Verhältnis zwischen medialer und lateraler Zunge trifft man bei den Tauben und den Hühnervögeln. Vergl. Fig. 1—3, Taf. 1. Conurus Zee \\\\ EZ Corvus corax Erithacus rubeculus Fig. 10: Verschiedene Typen von Frontalschnitten durch den Stirnteil des Vogelgehirnes. Der laterale Fortsatz des Mesostratium schraffiert, der mediale im Ton. Zur Illustrierung der Lage von Kernen und Lamina medullaris dorsalis im Stirnlappen. Eee nn — a IV. Das Pallium und seine Faserung. Nur die dorsalen zwei ®/a der Hemisphäre sind von Rinde überzogen, das ventrale Viertel, der dureh die Fissura limbiea und die Fissura intra ventricularis abgetrennte Basal- lappen ist ohne Pallium. Außerdem fehlt die Rinde oder ist doch sehr atrophiert im größten Teile der medialen Scheidewand. Die Palliumrinde ist nur im medio-dorsalen, und im oceipitalen Gebiete durch den Ventrikel vom Stammganglion getrennt, an allen übrigen Hirnteilen ist sie fest mit dem Striatum vereint. Die meisten Faserzüge aus der Palliumrinde treten nach kurzem Verlaufe in den Bereich der Stammganglien und mischen sich den da entspringenden Zügen innig_ bei. Während es nun bei den Säugern, wo in der inneren Kapsel Züge aus den Stammganglien und solche aus der Rinde inniger gemischt sind als man gewöhnlich annimmt, vielfach ge- lungen ist, ist degenerativ den Verlauf beider zusammenliegenden Faserarten zu trennen, ist das bei den Vögeln deshalb viel schwerer, weil man fast immer bei Zerstörung der relativ dünnen Rinde auch Teile des Stammganglions lädiert. Im Allgemeinen aber haben wir den Eindruck gewonnen, daß beide Faserkategorien, die aus der Rinde und die aus den Stammganglien nicht “nur zusammen verlaufen, sondern auch in den gleichen Ganglien des Thalamus und des Mittelhirnes enden. Nur ist es sehr wahrscheinlich, daß das Großhirn mit den tieferen Centren mehr durch Stammganglionfaserung als durch Rindenfaserung verbunden ist. Man hat, da die Rindenfaserung bei verschiedenen Vögeln sehr verschieden stark entwickelt ist — bei der Taube und dem Strauß z. B. sehr schwach, bei den Singvögeln und den Papageien sehr kräftig — den Eindruck, daß sich zu dem alten schon bei den Reptilien nachweisbaren Bestand der Striatumfasern bei den Vögeln mehr und mehr Anteile aus der Rinde gesellen. a) Mediodorsale Rinde. Tractus septo-mesencephalicus. Tr. praecommissuralis, Tr. cortico-habenularis, Commissura pallii. Dieser Abschnitt kennzeichnet sich mindestens in den frontalen °/s des Gehirnes immer schon als Längswulst auf der Oberfläche. Lateral wird er von der Vallecula gegen die frontale und weiter hinten auch die parietale Rinde abgegrenzt. Er ist das am längsten bekannte Rindenstück, weil er allein deutlich vom Stammhirn abscheidbar ist. Die Breite des zwischen Hirnspalt und Vallecula liegenden Rindenstückes variiert nicht wesentlich bei pen verschiedenen Arten, nur bei einer Art, bei Struthio eamelus, ist sie relativ sehr groß. Hier liegt beiderseits von der Mittellinie ein dicker Wulst, der weithin auf die laterale 47* — lo — Seite ragt und dem ganzen Gehirn etwas giebt, was es sofort in der Form von allen anderen Vogelhirnen unterscheidet. Fig. 4, S. 360. Überall ist die Rindendicke am dorsalen Rande, demselben, welcher als Wulst neben der Hirnspalte liegt, größer als weiter ventral in der Scheidewand selbst. Dort wird sie allmählich dünner und endet in der ventralen Hälfte der Scheidewand in vielen Fällen ganz, so daß die aus ihr entspringenden Faserzüge frei zu Tage liegen oder doch nur durch eine eine dünne graue Lage gedeckt sind. Bei einigen Vögeln — Taube z. B., erkennt man, daß, wie bei den Reptilien die Rindenendigung an der Scheidewand in einer von vorn unten nach hinten oben aufsteigenden Linie abschließt. Ihre Endigung -ist durch eine feine Kante markiert, welche im Wesentlichen durch das abrupte Aufhören der Molekularschicht gebildet wird. Überall scheint durch die Rinde das in ihr entspringende Marklager weiß durch. An der erwähnten Kante wird es vollkommen frei und liegt in dicken weißen Zügen zu Tage. Dieser Markbelag wird schon lang alsScheidewandbündel bezeichnet. Taf.I auf allen Figuren. 1. Das Scheidewandbündel überzieht in wechselnder Ausdehnung — auch bei den Individuen der gleichen Art wechselnd — dorsal mit breitem Fächer entspringend und ventral sich zum Fächerstil einend den größten Teil der medialen Hirnwand. Es ist das am längsten und besten bekannte Bündel des Vogelgehirnes. Der breite Markbelag, den es so sichtbar auf der Medialwand bildet, mußte schon den ersten Untersuchern auffallen. Der Stil zieht um den Hirnschenkel herum lateral, und dann dicht vor dem Tractus opticus dorsalwärts. Da, wo der Traetus opticus sich, etwas caudaler, im wesentlichen zum Mittelhirndach wendet, trennen sich die Fasern des Scheidewandbündels von ihm, und dringen in den seitlichen dorsalen Thalamusabschnitt ein, wo sie in einem flachen langgestreckten Ganglion zu gutem Teil enden. Ein Teil gelangt aber weiter caudal und endet (gekreuzt? und) gleichseitig im Dache des Mittelhirnes. Taf. I, Fig. 3; Taf. III, Fig. 4; Taf. IV, Fig. 9—11; Taf. \. Die Kreuzung liegt innerhalb der frontalsten Fasern der Lamina commissuralis mensencephali. Einige wenige Fasern dringen allerdings noch weiter caudal, etwa bis in die Frontalebenen des Oculomotoriuskernes. Ich habe das Bündel schon Anfang der 90er Jahre durch Hemisphärenverletzung mehrfach zur Degeneration gebracht und mit der Marchi- methode studiert, neuerdings ist uns wieder an 5 Gehirnen die künstliche Entartung geglückt. Tat. V, Fig. 2. Wir sind also berechtigt das Scheidewandbündel als Tractus septo- mesencephalicus zu bezeichnen. Die Degenerationsversuche ergeben, daß, bei der Taube wenigstens — von anderen Vögeln weiß ich in dieser Beziehung nichts — dieser Faserzug in der Hirnrinde entspringt und caudal endigt. Er ist fast der einzige größere corticogene — 3M — Zug. Die meisten anderen Rindenbündel stammen aus dem Thalamus oder von noch weiter caudal und endigen in der Rinde. Die Fasern entstammen den Axenzylindern großer und mittlerer Pyramidenzellen der Rinde, die sich leicht mit der Golgimethode imprägnieren lassen, ein Teil aber kommt aus der Tangentialfaserschieht der medio -dorsalen Rinde. Calleja hat die Golgibilder, welche hier in Betracht kommen, genau beschrieben. Seinen Angaben kann ich nichts be- sonderes zufügen. Das ventral im Bereiche seines Stieles einheitliche Bündel ist dorsal, in der Gegend der Hirnkante und etwas weiter ventral aus zwei Anteilen zusammengesetzt, dem tangentialen und dem tief entspringenden Markanteil. Der Tangentialteil entspringt nicht nur von der Medialwand, sondern — bei verschiedenen Vögeln verschieden ausgedehnt — aus dem ganzen Bereiche der medialen Hirnkante bis weithin lateral. Der Marklager- anteil ist bei den meisten Vögeln so dünn, daß man zunächst glaubt, das ganze Bündel stamme aus der Tangentialschicht, aber bei einigen wenigen, der Eule z. B. und dem Strauß ist besonders in den frontalsten Ebenen der Marklageranteil der weitaus stärkere. Taf. II, Fig. 3 giebt eine gute Übersicht über den Verlauf des Bündels an der Scheidewand. Was besonderer Erwähnung verdient, weil zufällig an dieser Figur nicht sicht- bar, das ist der besonders [mächtige Zuzug aus der Tangentialschicht der frontalen Rinde ein Zuzug, der zwar nicht konstant aber ungemein häufig ist. Auf den Figuren der Seite 374 ist er immer zu sehen. Ein gut Teil dieser Fasern verläuft fast horizontal von vorn nach hinten um den Stiel zu erreichen. Taf. IV, Fig. 9—11. Der Tractus septo-mesencephalicus entwickelt seine Markscheiden wohl immer erst nach der Geburt, wenigstens war er bei den untersuchten jungen Vögeln, deren Verzeichnis man unten findet, immer marklos. 8 Tage nach der Geburt ist das Bündel bei dem Huhne markhaltig. Über seine Funktion haben wir nichts ermitteln können. Sowohl meine eigenen Beobachtungen nach Durchschneidungen des Bündels, als die, welche Herr Doc. Dr. Jensen schon 1894 auf meine Veranlassung hin angestellt hat, ebenso die von Wallenberg, haben keine Ausfallerscheinungen nach Durchtrennung des Faserzuges erkennen lassen. Da das Bündel zwar bei Reptilien angedeutet, aber erst bei Vögeln stark entwickelt ist, da es sich erst nach dem Auskriechen mit Markscheiden umgiebt und bei dem nicht fliegenden Strauße relativ dünn ist, so liegt der Gedanke nahe, daß es irgendwie in Beziehung zur Flug- fähigkeit stehe. Aber es zeigen sich bei guten und schlechten Fliegern so geringe Unter- schiede, daß die Vermutung hier keine Stütze findet. Vielleicht geben einmal Untersuchungen — 378 0 — an Raubvögeln oder Störchen verschiedenen Nestalters hier Aufklärung. Die Eule ist kein starker Flieger und hat eines der mächtigsten Scheidewandbündel, bei dem jungen eben tlügge gewordenen Thurmfalken, dem einzigen wirklichen Raubvogel, den ich untersuchen konnte, war der Faserzug recht dünn. Das von allen Älteren gesehene Bündel ist zuerst genauer von Bumm beschrieben worden, der seine Beziebungen vollständig klar ermittelt hat. Auch die Späteren sind über das, was er fand, nicht hinaus- gekommen. Dass das Bündel bis in den Epithalamus hinein degeneriert, fanden auch Bruce und Warrington, während Münzer und Wiener ausdrücklich bestreiten, daß es absteigend degeneriere. B. & W. fanden auch einen dünnen Zug, der caudal von der Commissura anterior aus dem Areal des Scheidewandbündels sich ablöst und bis in den ventralen Thalamus hinein degeneriert „Fornix*. Innerhalb der mediodorsalen Rinde verlaufen keine stärkeren Associationsbündel, doch besteht durch die gut ausgebildete Tangentialfaserschicht eine reiche Verbindung der einzelnen Rindenteile unter einander. Aus den caudaleren Abschnitten der Scheidewand stammen noch eine Anzahl kleinerer Bündel. 2. Faseieulus praecommissuralis. So hat Elliott Smith ein bei niederen Säugern an gleicher Stelle dieht vor der Commissura anterior gelagertes „Bündelchen zum Fornix“ genannt. An Markscheidenpräparaten der Vögel erkennt man, daß sich von dem Tractus septo-mesencephalieus dicht vor der Commissura anterior ein Bündel zarter dünner Fasern ablöst, das im zentralen Grau der Lamina terminalis und dann der Ventrikelwand caudal zieht und in der Gegend dorsal vom Tuber einereum, wo übrigens zahlreiche ähnlich verlaufende Fäserchen anderer Provenienz einherziehen, der Verfolgung entgeht. Wir haben das Bündel wiederholt zur Entartung gebracht. Bei Tauben, wo dies fünfmal durch Zerstörung der medialen Wand oder deren Anätzung gelang, war es niemals über die Ebene der Commissura anterior hinaus degeneriert zu verfolgen, wenigstens nicht mit Sicherheit. Bei einer Gans aber, die einen senkrecht von oben nach unten gehenden Strich, direkt lateral von der Mittellinie überstanden hatte, sahen wir den Faserzug caudalwärts degenerieren. Er trennt sich in den frontalsten Ebenen des Chiasma von den Fasern des Scheidewand- bündels, bleibt während dieser dorsal zum Thalamusrande ziehen, ventral und gerät schnell an die Innenseite des Tractus obtiecus ganz ventral. Hier liegt er dicht dorsal von dem ventralen Opticusbündel und läßt sich mit diesem, welches aus dem Ganglion ektomamillare stammt, rückwärts verfolgen, wo er dann an der Hirnbasis hinter und medial von Ekto- mamillare endet. Bestätigen andere Beobachtungen diesen Verlauf, so würde sich der Name Traetus septo-hypothalamicus rechtfertigen lassen, —. Kal Üs muß erwähnt werden, daß ein Teil dieser rückwärts degenerierenden Fasern schon da. wo das Scheidewandbündel sich um das Brachium lateral windet, in einem kleinen basalen Kern zu enden scheinen. Der bei unverletzten Tieren nicht leicht zu findende Zug ist bisher, für die Vögel wenigstens, noch nicht beschrieben worden. 3. Traetus eortico-habenularis. Aus dem oceipitalen Teile des Septum stammen die relativ dicken Fasern, welche direkt caudal zum Ganglion habenulae ziehen. Erst ganz nahe diesem vereinen sie sich mit den aus der Pars temporalis anfsteigenden Fasern der Thaenia thalami. Wir haben fünfmal dieses Bündel durch Anätzung und auch durch Abtragung dorsomedialer Rindengebiete zur kompleten Degeneration gebracht. Lotheissen hat zuerst bei Säugern einen Faserzug aus der Rinde zur Thaenia gefunden. Edinger hat an Reptilienvorderhirnen das konstante Vorkommen des Zuges und seine Beziehungen zu den einzelnen damals zuerst abgeschiedenen Teilen der Thaenia ermittelt. Westphal und dann Singer und Münzer haben den Faserzug ebenfalls erkannt und auch zur Degeneration gebracht. 4. Commissura pallii. Lateral vom Tractus cortico-habenularis liegen in den allercaudalsten Abschnitten der Medianwand, dielit an der Stelle, wo sie sich zum Plexus verdünnt, noch eine Anzahl Fasern, welche nach kurzem ventral gerichteten Verlaufe hinüber zur anderen Hirnhälfte kreuzen. Es ist uns nicht gelungen, sie zur Degeneration zu bringen. Ebenso wenig gelang es trotz eifrigen Suchens ein Bündel zu finden, das etwa dieser Kreuzung entstammend anderwärts zog. Natürlich legt die Vermutung nahe, daß es sich hier um etwas dem Psalterium Ähnliches handeln könne und deshalb haben wir alle Schnitte sehr sorgfältig nach dem etwaigen Vorhandensein absteigender Fornixfasern untersucht. Beim Strauß, wo die Commissura pallii besonders mächtig ist, finden sich auch keine anderen Fasern als solche, welche von einer zur anderen Seite ziehen. Taf. I, Fig. 5; Taf. II, Fig. 3. Die Commissura pallii ist zuerst von Meckel als „Balkenrudiment“ beschrieben und später mehrfach gesehen worden. So von Bumm, Osborn, der sie genauer beschrieb, von Münzer und Wiener, die auch ausdrücklich konstatieren, daß sie nicht nach Ab- tragung einer Hemisphäre degeneriert. Ob die Vögel einen Fornix sensu strenuo, d.h. einen Tractus cortico-mamillaris haben, ist nicht sicher. Wenn die Thaenia sich im Bereiche des Zwischenhirnes aus dem Traetus cortico-habenularis und dem Traetus olfacto-habenularis zusammensetzt, tritt ein feines Bündelchen von ihr ventralwärts, das durch die dicken Fasern des Brachium cerebri hindurch etwas ventro-caudal verfolgt werden kann, wo es dorsal vom Tuber einereum der Verfolgung entgeht. Dieses bei den Reptilien, wo ein zweifelloser Fornix vorhanden ist, als —ı 73802 Traetus strio-habenularis einstweilen bezeichnete Bündelchen könnte ein Fornixbündelchen sein. Doch haben wir bei den zahlreichen künstlich gesetzten Degenerationen niemals einen Strang gefunden, der allen Anforderungen an einen Fornix entspräche. b) Frontale Rinde und Markfeld der Basis. Traetus thalamo-frontalis. Tractus fronto- epistriatieus. Die frontale Rinde überzieht lateral von der Vallecula den ganzen Polus anterior bis an den kleinen Riechlappen heran. Ihre ventrale Abgrenzung liegt am Rande der Fovea limbica, wo sich Fasern zu dem seitlichen Längsbündel des Vogelgehirnes sammeln. Eine arenze gegen den Parietalteil ist nicht aufzustellen. Die frontale Rinde, das unter ihr liegende frontale Mark und der Kopf des Striatum, in welchen jenes Mark zum Teil einge- bettet ist, bilden eine beim Erwachsenen nicht durch einen Ventrikelspalt getrennte Masse. Es ist deshalb ganz unmöglich die Fasern aus der Rinde von denjenigen aus dem Kopfe des Striatum auf Schnitten zu trennen und es soll deshalb die ganze Fasermasse gleichzeitig besprochen werden. Aus dem Frontalabschnitte entspringen bei verschiedenen Familien sehr verschieden große Fasermassen. Wir haben, durch unsere Technik beschränkt, natürlich nur Schätzungen der markhaltigen Bahnen machen können. Da zeigt sich zunächst, daß die drei ge- schnittenen Strauße überhaupt kaum nennenswerte Fasern haben. Immerhin ist dadurch ein Fehler möglich, daß die Erhaltung der Gehirne nicht absolut gut war und möglicher- weise gerade die feinen Rindenfasern besonders an Färbbarkeit eingebüßt haben. Auch die Möven haben sehr wenig Frontalmark. Bei den Tauben ist es, wie ein Blick auf Fig. 1—4, Taf. I zeigt noch recht dünn, aber bei den Hühnern trifft man schon recht deutliche und reiche Züge an. Noch reicher als hier ist das Frontalmark bei den Raben und den Passeres ausgebildet, wo dann namentlich einige singende Vögel deutliche Markbündel, nicht etwa nur einzelne Züge besitzen. Auffallend stark ist die Entwicklung bei Budytes melanoce- phalus, bei Machaetes und Oriolus, die höheren Werte aber werden erst erreicht bei den Papageien und bei unserer Gans. Hier nur kann man von einem wirklichen Lager frontalen Markes sprechen. Bei den Papageien sondert sich zudem aus der Gesamtmasse der ziemlich senkrecht zur Basis herabziehenden Fasern schon weit frontal ein eigenes kräftiges Bündel, welches das dort mächtige und weit frontal reichende Mesostriatum resp. seinen Lobus parolfactorius durchbrechend eine echte Capsula interna darstellt. Big. L, 2, 5, Taf. IEgEig.: 2,53, 14,19, Taf. IV. — 381 — Dieses Bündel, dessen Weiterverlauf ich nach seinem Eintreten in den Hirnschenkel nicht mehr kenne, kommt, soweit ich sehe, nur den Papageien zu und dürfte leicht durch an solchen vorzunehmende Stirnhirnverletzungen zur Entartung zu bringen sein. Die Fasern aus der Rinde selbst lassen sich bei den meisten Vögeln, besonders gut bei den Papageien dadurch von den Striatumfasern zu einem gewissen Teil trennen, daß sie dieht unter der Rinde ein dünnes Lagerbilden, dem fortwährend Fasern zu- und entströmen. Fig. 1, 2, 4, S. 374 und Fig. 1, 2, 5, Taf. I; Fig. 5, 6, Taf. III. Bei den Papageien speziell kommt außer dem eben erwähnten, ganz frontalen starkfaserigen Bündelchen noch ein zweites etwas caudaler liegendes vor, welches weniger dicke Fasern enthält und auch sonst lockerer an geordnet ist. Es ist schon erwähnt, daß ein guter Teil der Fasern des Frontalmarkes dem Hyper- striatum entstammt. Man wird diesen Anteil weiter unten als Traetus strio-thalamieus, strio-mesencephalicus, thalamo-striaticus ete. näher auf Grund von Degenerations- versuchen beschrieben finden. Daß aber bei vielen Vögeln, insbesondere bei den Papageien, Fasern aus der Rinde selbst entspringen oder da enden, ergiebt leicht jeder auf Markscheiden gefärbte Schnitt. Unsere Degenerationsversuche, welche sich nur auf die Taube hier er- strecken, ergaben, daß bei diesem Vogel sicher kein markhaltiges Bündel in der Rinde entspringt. Während es aber nicht gelang durch sorgfältiges Anätzen, durch Gefrieren des Stirnpoles mit Chloräthyl, durch Anschaben, eine absteigende Degeneration zu erzielen, fanden wir, daß nach Anstechen des Thalamus mehrmals ein Faserzug bis hinein in die Frontalrinde entartet. Es giebt also, bei der Taube wenigstens, auf welche sich unsere derartigen Unter- suchungen allein beziehen, keinen aus der Rinde stammenden Faserzug, es giebt aber einen: 1. Traetus thalamo-frontalis. Dieser Zug, welcher bei der Taube vielleicht die Hauptmasse des spärlichen Stirnmarkes ausmacht, entartet namentlich wenn der Nue- leus anterior thalami getrofien wird. Bei den Vögeln mit reichem Frontalmark, namentlich bei der Gans, die ja leicht operierbar ist, müssen neue Untersuchungen noch angestellt werden. Taf. VI, Fig. 3 und 4. Die Rindenfasern und die Hyperstriatumfasern zusammen ziehen als Frontalmark in mehr oder weniger diehten Zügen in der Frontalebene ausgebreitet über die ganze Breite des Gehirnes hinab zur Basis. Dort sammeln sie sich, ehe sie caudal abbiegen zu einem weißen Markbelag, der immer an der Unterfläche des Gehirnes sichtbar ist. Er bildet einen je nach der Mächtigkeit der Frontalfaserung mehr oder weniger großen Anteil des basalen Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 48 — 382 — Markfeldes. Dieser Anteil des Markfeldes ist bisher nicht erkannt worden, die Autoren Alle sind vielmehr der Ansicht, daß das große weiße Feld im Wesentlichen durch den gleich zu beschreibenden Traetus fronto-epistriaticus gebildet werde. In der That bildet das Frontalmark, auch wo es kräftig vorhanden ist, nur den allerfrontalsten Teil des Markfeldes der Basis, die Hauptmasse wird jedenfalls von Fasern anderer Bedeutung gebildet. Es ver- schwindet nach kurzem caudal gerichteten Verlaufe wieder von der freien Unterfläche, weil es an der Stelle, wo das Mesostriatum die Basis erreicht, von diesem dorsalwärts gedrängt wird und nun die zwischen Mesostriatum und Hyperstriatum liegende Lamina medullaris dorsalis bilden hilft. Fig. 3, Taf. IV. An den Vogelgehirnen, wo die laterale Meso- striatumzunge besonders ausgebildet ist, wird das Frontalmark von dieser teils zerspalten, teils medial gedrängt, um aber dann auch in die Lamina medullaris dorsalis einzugehen. Einige Bündel ziehen dann auch direkt durch das Mesostriatum caudal zum Brachium cerebri. Rice, 2.4 Taf. IL; Fig. 4, 9, Taf. IV. Das Markfeld an der Basis verschwindet aber nicht an der Stelle, wo die Frontal- faserung dorsalwärts und caudalwärts in der Tiefe des Gehirnes eintaucht. Man erkennt vielmehr an Frontalschnitten sofort, daß gerade die Hauptmasse des basalen Markfeldes frei liegen bleibt, daß es sich hier um ein eigenes Bündel handelt, welches sich wenig weiter caudal dann am dorso - lateralen Rand des Mesostriatum anlegt und diesen bis dahin be- gleitet, wo er unter dem Epistriatum (s. Fig. 5b, S. 363) verschwindet. Dieser lange Fasertractus ist bekannt seit Meckel, der die Gesamtmasse des basalen Markes schon sehr schön ab- bildete, ihn gesehen hat. Näher beschrieben wurde er zuerst durch Bumm als „basales Associationsbündel“. Seit seiner Arbeit ist nichts mehr Neues über ihn bekannt geworden. Anfang und Ende berücksichtigend haben wir diesen Faserzug: 2. Traetus fronto-epistriaticus genannt. Der Tractus fronto-epi- striaticus ist bei verschiedenen Arten sehr verschieden stark ausgebildet. Ich kann bei Durchmusterung des gesamten Eingangs aufgezählten Materiales etwa drei Typen unter- scheiden. Ziemlich alle Passeres haben nur einen feinen hauchartigen Belag an der Unter- seite des Gehirnes. Die Tauben, deutlicher noch die Möven, Raben und Spechte, besitzen ganz lateral einen breiten weißen Streifen, Fig. 5a, während die medialeren ®/ı der Basis für das nackte Auge grau erscheinen. Etwas breiter ist bei den Hühnern und dem Strauß der Belag, aber bei allen Papageien und ganz besonders bei der Ente und der Gans erreicht das basale Marklager eine sehr beträchtliche Ausdehnung. Fig. 5b. — 383 — Schnitte an denen die Markscheiden getärbt sind, lassen das folgende über den Frontalursprung erkennen: Die Fasern stammen alle aus der Tiefe der frontalen Hirnbasis. Sie treten aus dem Hyperstriatumkopfe und besonders aus dem Nucleus parolfactorius lateral, durchqueren dabei, wie man an der Abbildung vom Raben, Fig. 10 (4), S. 374, gut erkennt, die senkrecht abwärts ziehenden Fasern des Frontalmarkes und legen sich erst an der Basis zu dem einheitlichen Bündel zusammen. Sicher treten zu demselben aus der Lamina medullaris dorsalis noch Züge, vielleicht ganz gleicher Herkunft aber etwas abweichenden Verlaufes. Taf. III, Fig. 1; Taf, I, Fig. 2. Dem Tractus wachsen noch von anderen Stellen her Anteile zu. Zunächst erhält er oft — immer? — ein Faserbündel, das ganz medial an der Hirmbasis vorn entspringt, diese vor dem Lobus parolfactorius oder denselben überquerend im Zuge lateral umschlingt und sich erst als caudalster Anteil der Gesamtfaserung bemengt. Fig. 3 und Fig. 4, Taf. IV. Dann erhält er einen Zuwachs aus der Commissura anterior. Dieser ist auf degenerativem Wege nachgewiesen. Der Traetus fronto-epistriaticus bildet bei den meisten Vögeln die Hauptmasse des basalen Markfeldes. Sein caudales Ende wendet sich, nachdem es den großen Epistriatum- kern unter Abgabe von Fasern passiert hat, dorsalwärts und splittert im caudalen Abschnitte des Stammganglions dorsal strebend in feine Bündel auf. Diese Aufsplitterung ist gut, Taf. II, Fig. 4, zu sehen. Der Verlauf des ganzen Bündels erhellt am klarsten aus den Figuren der Tafel I. Daß der Faserzug dem Stirnhirn entspringt und im Epistriatum endet, ergiebt sich daraus, daß er nach Abtragung des Stirnlappens (Taube) rückwärts entartet. Es ist Wallenberg gelungen, bei der Gans sein mediales Ende durch einen Einschnitt in die Hirnbasis durchzuschneiden. Dabei hat sich auch ergeben, daß die erwähnten Fasern, welche nahe der Hemisphärenmitte an die Basis gelangen, nicht direkt rückwärts ziehen, sondern in lateralwärts gerichtetem Verlaufe den Lobus parolfactorius überquerend sich erst am lateralen Hirnrande rückwärts wenden um dann bis in das Epistriatum hinein mit den anderen Fasern zu verlaufen. Dieser Versuch an der Gans hat aber noch ein Weiteres gelehrt. Es war der Schnitt caudal durch die Commissura anterior gegangen, Taf. VII, unten links. Auch diese war zur zur Entartung gekommen und nun zeigte sich, daß aus der Commissur ein zur Schnittstelle gekreuztes Bündel frontalwärts bis in die Gegend des Nucleus basalis entartete. Dieser Commissurenbündel macht also einen Teil der basalen 48* — 334 — Markstrahlung aus. Es wird später näher zu beschreiben sein. Zunächst sei festgestellt, daß — mindestens bei der Gans — die basale Markstrahlung aus zwei Bündeln besteht, dem Traetus fronto-epistriatieus und dem Commissurenbündel. Von diesen entspringt der erstere in dem massiven Stirnlappen, der letztere in dem großen Kerne des Epistriatum. Beide haben also entgegengesetzte Verlaufrichtung. Die Reptilien besitzen einen Faserzug von ganz dem gleichen Verlaufe. Derselbe ist in Heft 3 als Tractus cortico-epistriaticus beschrieben. 3. Fibrae propriae des Frontalhirnes. Ebenso wechselnd wie die Fron- talfaserung überhaupt ist auch das System ihrer Fibrae propriae, welches bisher noch nicht beschrieben worden ist, ausgebildet. Man findet bei den Papageien, den Passeres und den Spechten, ebenso bei der Gans, aber nicht bei Strauß und Huhn solche Züge. Mindestens fehlten sie den untersuchten Exemplaren. Ein Teil der mitten in der Rinde selbst liegenden Eigenbahnen kann caudalwärts zum Parietalteil, ein anderer mehr in dorsoventraler Richtung verfolgt werden. Von der letzteren Faserkategorie sind immer viele Züge meist ganz kurzen Verlaufes vorhanden, die man zweckmäßig als coronalen Associationszug zusammenfaßt. Taf. I, Fig. 2. Der Zug enthält wahrscheinlich nur Verbindungen von relativ nahe an einander liegenden Rindenstellen und ist niemals im Ganzen zur Degeneration gelangt. Das letztere ist auch bei dem „fronto-parietalen Zuge“ der Fall. Beide Associationsbündel liegen in und unter der Rinde und da, wo sie am stärksten ausgebildet sind, reichen sie fast bis an die Oberfläche heran, so daß dann die ganze Rinde ein feingestreiftes Aussehen durch die ihrer Oberfläche fast parallel verlaufenden Fäserchen bekommt. Es ist nach den Mark- scheidenfärbungen wahrscheinlich, daß der coronale und der fronto-parietale Zug in ihren tiefsten Schichten einige lange Fasern enthalten, welche also entferntere Rindengebiete ver- binden können. Die frontale Rinde ist durch das parieto -frontale Associationsbündel fast immer mit der parietalen Rinde verbunden. Dieser Zug verläuft innerhalb und unterhalb der Rinde und ist nicht scharf von der manchmal recht kräftig entwickelten äusseren Associations- faserschicht der Rinde zu trennen. Taf. II, Fig. 1, 2. c) Parietale Rinde. Tractus thalamo -parietalis (und parieto-thalamicus?) Die Tangentialfaserschicht ist außerordentlich dünn oder fehlt an vielen Orten ganz. Innerhalb der Rinde verläuft dorsoventral en coronaler feinfaseriger Associations- zug, ähnlich wie in der frontalen. — 385 — Wenig entwickelt bei der Taube, aber sehr kräftig bei der Kampfschnepfe, dem Sonnenvogel und den Papageien ist das fronto-parietale Associationsbündel, dessen Fasern in äußeren Teilen der Frontalrinde entspringen um rückwärts ziehend in den tieferen Schichten der parietalen Rinde zu enden. Die parietale Rinde nimmt Fasern aus dem Thalamus auf und entsendet solche zu ihm. Die vereinten Bahnen bilden ein sehr deutliches Bündel markhaltiger Fasern, das-Parietalmarkı ‚Taf. IL, Fig./1, 2, 4255-271 le: 35. Taf. V. Auch die Entwicklung des Parietalmarkes ist bei den verschiedenen Arten eine sehr differente. Im allgemeinen ist es da besonders ausgebildet, wo auch das Frontalmark stark ist und umgekehrt. Sehr spärlich ist es bei den Tauben, Hühnervögeln, Raben, auch bei den Passeres. Unsere Strauße hatten ebenfalls sehr wenig Parietalmark. Bei den Papageien wo es am besten entwickelt ist, sammeln sich alle seine Fasern zwischen Rinde und Striatum zu einer dünnen Markplatte, die man recht wohl als Capsula externa bezeichnen kann da sie ganz homolog dem gleichen Abschnitte bei den Säugern liegt. Bei Machaetes ist zwar der eigentliche Tractus thalamo-parietalis kaum wesentlich stärker entwickelt als an großen älteren Tauben, aber das innerhalb der Rinde liegende parieto-frontale Associations- bündel und ganz besonders auch die Capsula externa sind sehr viel deutlicher ausgesprochen. Das parietale Mark ist in seinen frontaleren Ebenen hauptsächlich dorsoventral ge- richtet und trifft da nach sehr kurzem Verlaufe auf das Ektostriatum. Es durchmißt und umfaßt dasselbe und gerät zwischen ihm und dem Mesostriatum in die Markschicht, welche jenes dorsal umgürtet. Da biegen die Fasern eaudalwärts. Es ist nicht sicher zu ermitteln in welche feineren Beziehungen sie zu dem Ektostriatum geraten. Jedenfalls machen sie einen beträchtlichen Teil der Markkapsel aus, welche dieses Ganglion umschließt. Etwas weiter caudal wird der ganze Zug länger und damit übersichtlicher. Mit dem Verschwinden des Ektostriatum zeigt sich deutlich wie die aus der Rinde kommenden Fasern das Hyper- striatum durchqueren um in die ventral von ihm liegende Lamina medullaris dorsalis ein- zutreten. Auf ihrem Wege begegnen sie den aus dem Hyperstriatum selbst entspringenden Zügen zur gleichen Markplatte. Die etwas verschiedene Verlaufrichtung Taf. I, Fig. 4 gestattet immer die Trennung von Rinden- und Striatumfasern zur Lamina medullaris. Auch ist die Striatumfaserung feinfaseriger. Es ist sehr schwer das parietale Pallium, welches so dicht mit dem Hyperstriatum vereint ist, isoliert zu verletzen, immer bekommt man auch Striatumverletzungen nebenbei. Deshalb ist es uns nicht gelungen über die Herkunft des parietalen Markes viel zu ermitteln. — 3836 — Nur eines ließ sich mit Sicherheit nachweisen: Es endet im Parietalhirn der Tauben ein Faserzug. Derselbe entartet bis dahin, wenn man den Nucleus rotundus thalami ansticht. Der Zug verdient also zunächst den Namen: 1. Tractus thalamo-parietalis. Ob auch Fasern dort entspringen ist unsicher. Zweifellos entarten bei der Taube aus der Parietalgegend absteigend Fasern bis in den Nucleus rotundus hinein, aber alle Ver- suche ließen es wahrscheinlicher erscheinen, daß diese ausschließlich im Striatum entspringen. 2. Viele Vögel besitzen ein langes in fronto-oceipitaler Richtung dahinziehendes Markbündel, das in den frontalsten Ebenen des Striatum entspringt und im Wesentlichen innerhalb des Stammganglions auch oceipital endet. Es schien mir öfter als entsende dieser dorsale Associationstract des Stammganglions auch Fasern in die parietale Rinde, wie das übrigens schon Bumm, der den ganzen Zug als cortiealen Associationszug auffaßt, geschildert hat. Unten wird hierauf näher einzugehen sein. Taf. II, Fig. 4. d) Die oceipitale Rinde ist ein dünnes Blatt das in direkter Fortsetzung der medialen Scheidewand die dorsalen ®/s der oceipitalen Hemisphäre überzieht, im ventralen Drittel verdünnt sich das Pallium hier zum Plexus choroides medialis und zu den bei Vögeln immer sehr kleinen Plexus choroidei laterales. Doch ist das nur in der Mittellinie, resp. beiderseits von der- selben der Fall, in. den Seitenteilen geht die oceipitale Rinde direkt in den Überzug des massiven Temporo-oceipitalpoles über. Die oceipitale Rinde ist in ihrem freien Teil durch einen engen aber über den ganzen dorsalen Oceipitalpol ausgebreiteten Ventriculus oceipitalis von der unter ihr liegenden mächtigen Anschwellung des Hyperstriatum und einem Teile des Epistriatum getrennt. In ihren medialeren Abschnitten hat sie eine kräftige Tangen- tialfaserschicht, die unmittelbar einwärts zum Scheidewandbündel zieht, wohin sich auch der größte Teil ihres spärlichen Markes begiebt. Taf. I, Fig. 7. e) Temporo-occipitale Rinde. Tractus occipito-mesencephalicus, Temporales Mark. Man trennt zweckmäßig den basalen Abschnitt der oceipitalen Rinde, welcher dem massiven Hirnstamm ohne Ventrikelgrenze anliegt, vom dorsalen und vereint ihn mit dem temporalen Abschnitte, weil keine schärfere Grenze da ist und weil ein einziges Faserbündel aus beiden gemeinsam entspringt. Die erwähnte Rinde umgiebt außen den caudalen Abschnitt des Mesostriatum und das Epistriatum. Von dem letzteren ist sie nicht immer scharf zu trennen. Ebenso ist da, — ee — wo diese Rinde die Hirnbasis, überzieht, eine scharfe Grenze gegen den ihr innen an- liegenden Nucleus thaeniae nicht zu finden. An der Stelle, wo sie das Epistriatum überzieht, ist die temporo-oceipitale Rinde sehr dünn. Dieser ganze Rindenabschnitt weist bei den einzelnen Vögeln recht beträchtliche Differenzen auf. Es kommt z. B. bei den Papageien durch besondere Ausbildung des temporalen Teiles zu einem sehr vorspringenden Schläfen- pole, der weithin basal und frontal reicht, ebenso bei der Gans, dem Raben, den Möven, zum Teil auch bei den Hühnern. Doch trägt außer der Rinde vornehmlich die Ausbildung des Epistriatum zu der Bildung eines Poles temporalis sehr viel bei. 1. Wenn der Schläfenpol gut ausgebildet ist — nicht bei der Taube —, entsendet er recht beträchtliche Markfaserzüge einwärts und abwärts zum Hirnschenkel Temporales Mark. Da wir keine Vögel mit temporalem Mark zu Experimenten benutzen konnten, haben wir nicht durch secundäre Degeneration ermittelt, wo die da entspringenden oder endenden Fasern ihren weiteren Verlauf haben. Taf. V. 2. Dagegen kann man mit großer Sicherheit angeben, was aus den mehr oceipital und basal entspringenden Markfasern wird. Diese einen sich nämlich zusammen mit solchen aus dem caudalen Striatum zu einem Zuge, der dorsal im Hirnschenkel verlaufend bis in das Mittelhirn rückwärts verfolgt werden kann. Traetus oceipito-mesencephalicus. Bumm hat bereits gesehen, daß im temporo-oceipitalen Gebiete ein Faserzug ent- springt, welcher in den Hirnschenkel geht. 1895 erbrachte ich den Nachweis, daß dieser Zug in das Mittelhirn gelangt und verglich ihn mit der Sehfaserung bei den Säugern weil eben im Mittelhirne der Opticus entspringt. Eben in dieser Zeit fand ich, daß Tiere, denen man den Oceipitalpol abschnitt für längere Zeit gekreuzt blind werden, wie mir scheint, ein Beweis für die erwähnte Homologisierung. Auch konnte ich dreimal sekundäre Degeneration bis in das Mittelhirn erzielen. Die Resultate soweit sie die Funktion betreffen, waren übrigens nur eine Bestätigung der mir damals unbekannten Versuche von Gallerani und der früheren von Stefani, welche durch Entfernen einer Hemisphäre bei Tauben, denen in mannigfacher Variation das eine oder andere Auge entfernt wurde, schon nachgewiesen hatten, daß die caudale Hemisphäre von Wichtigkeit für den Sehakt ist. Analoges hat Munk 1383 beschrieben. Ich verweise für die ganze physiologische Darstellung auf die Arbeit von Gallerani: Intorno al centri visivi dei colombi. Archivio per le scienze mediche Vol. XVI, Nr. 11, 8. 215. Auch Jelgersma, Münzer und Wiener, sowie Boyce und Warrington konnten später durch Hemisphärenverletzung bis in das Mittelhirn degenerierende Fasern nach- — kl) = weisen. Münzer und Wiener haben zudem entdeckt, daß es einen Faserzug aus dem Mittelhirndach giebt, der nach Zerstörung dieses bis in das Striatum hinein frontalwärts degeneriert. Doch bleibt es für diese Funde zweifelhaft, ob es sich um das Rindenbündel handelt oder ob nicht etwa die mit ihm gesellschaftete Striatumfaserung wesentlich in Betracht kommt, da die Autoren für diese Versuche keinen Unterschied zwischen Rinde und Striatum machen. Es ist uns gelungen nachzuweisen, daß schon nach oberflächlicher Anätzung der Rinde der von mir gefundene Faserzug entartet. Vielleicht handelt es sich um ein doppelläufiges sündel, das Fasern aus dem Mittelhirn und solche zu demselben enthält. Leider ist auch bei den vorsichtigsten Versuchen nie ganz auszuschließen, daß von dem unterliegenden Stammganglion etwas verletzt sein könnte. Immerhin habe ich durch Vergleichung aller Degenerationsbilder und durch sorgfältiges Studium der Markscheidenpräparate die Über- zeugung gewonnen, daß von dem Tractus strio-mesencephalicus dieser Tractus oceipito- mesencephalicus zu trennen ist. Wir haben im Verlaufe dieser Untersuchungen eine sehr große Anzahl von oceipitalen Hemisphärenabschnitten abgetragen, haben das Bündel auch in seinem Verlaufe durch das Zwischenhirn hin, wo es dicht mit den gleichartig verlaufenden Fasern aus dem Striatum gemengt ist, verfolgt und ich bin nun in der Lage folgendes Ge- nauere auszusagen: Die Fasern entspringen im ventralen Teile des occipito-temporalen Hirnabschnittes als feiner Fächer, vereinen sich lateral und besonders ventral vom Epistriatum und ziehen vereint mit den in jenem Ganglion entspringenden Fasern der Commissura anterior medialwärts. Ehe sie die Mittellinie erreichen, trennen sie sich von den Commissuren- fasern und wenden sich in scharfem Winkel caudal. Unter der Commissura treffen sie auf die Hirnschenkelfaserung, der sie sich als eines der dorsal-medialsten Bündel anlegen, um in gestrecktem etwas lateral gerichtetem Zuge den ganzen Thalamus zu durchmessen. Erst am Frontalabschnitte des Mittelhirnes löst sich das Bündel. Einige Teile bleiben in der Umgebung der ventral vom Tectum optieum dort liegenden Ganglienmassen. Nucl. spiriformis, Nucl. praetectalis, andere lassen sich weiter caudal bis in die Formatio reticularis und das dort liegende Ganglion mesencephali profundum verfolgen, ja es gelangen Fäserchen bis in die Haube des Isthmus, eine Minderheit bis in die Gegend der frontalsten Quintuswurzeln. Ob Fasern in die graue Masse des Mittelhirndaches selbst eintreten, konnte nicht sicher ent- schieden werden. Taf: I, Fig. 6, 7; Taf. III, Fig. 4; Taf. V, Taf. VII. Aus diesen Befunden geht hervor, daß dem Bündel nicht ausschließlich Beziehungen zu den Opticusendstätten zukommen. Aber es muß hervorgehoben werden, daß ein endgültiger Entscheid deshalb aussteht, weil es nicht gelang, in den Degenerationen die Fasern aus der — 1389 — Rinde immer von denen aus dem Striatum zu trennen Es wäre ja wohl möglich, daß die ersteren nur bis an die Basis des Teetum gehen, die anderen weiter hinab. Die Rinden- fasern liegen überall dorsal von den aus dem Striatum entspringenden Bahnen des Traetus strio-mesencephalieus. 7. Wahrscheinlich gehört auch zu den Rindenbündeln ein kleiner Faserzug der bei Anätzung oder sonstiger Zerstörung des Temporo-oceipitalpoles mit dem vorgenannten Bündel zusammen entartet, aber nicht gleichseitig caudal abbiegt, sondern als Bündel der Commissura anterior die Mittellinie überschreitet und dann im zentralen Grau des Thalamus verloren geht. Er ist ziemlich weit caudal in diesem Grau zu verfolgen. Da aber zweifellos die Commissura anterior in dem hier leieht mitverletzten Epistriatum entspringt, so ist es fraglich, ob man diesen Zug von ihr trennen soll. Immerhin ist uns von keinem anderen Tiere ein Zug aus der überall vorhandenen Conmissura zum zentralen Grau bekannt und deshalb sei das Bündel getrennt angeführt. V. Das Stammpganglion. Die Zusammensetzung aus dem großen dorsal liegenden Hyperstriatum, dem darunter gelegenen und durch die dorsale Marklamelle getrennten Mesostriatum, das im Inneren der Hohlrinne, welche es bildet, den Nucleus entopeduneularis umschließt, und dem Ektostriatum, welches sich von außen her zwischen Striatum und Mesostriatum einschiebt, ist oben bereits beschrieben. Auch das Epistriatum welches ventrocaudal anliegt, ist bereits erwähnt. Die Golgipräparate ergeben, daß aus allen drei erstgenannten Ganglien Fasern ent- springen und daß mindestens im Striatum auch welche enden. Speziell im Mesostriatum erkennt man leicht wie aus den vielverzweigten Zellen Achseneylinder in zunächst auffallend gradlinigem Verlaufe ventralwärts streben. Die Zellen des Striatum gleichen ganz denjenigen, welche ich in reicher Zahl von der Eidechse abgebildet habe, sie bedürfen deshalb nicht einer neuen Beschreibung. Besondere Erwähnung verdient nur ein Punkt. Es giebt im Stammganglion zwei Arten von Zellen, die bekannten großen mit den zahlreichen Dendriten und dem meist ziemlich gerade gestreckten Acheneylinder und dann kleinere, deren Acheneylinder kaum zu ermitteln ist. vielmehr dieht an der Zelle in einem außerordentlich dichten feinfaserigen Netzwerk verloren geht. Dieses Netzwerk ist wohl das dichteste und feinste, welches mir bis heute im Gehirn begegnet ist. Es erfüllt wahrscheinlich das ganze Striatum, wenn es auch an den meisten Präparaten immer nur fleckweise imprägniert war. Das gleiche wie die Golgibilder, aber mit noch größerer Sicherheit, lehrt die Methodik der Degeneration. Es Abhandl. d. Senekenb. naturf. Ges. Bd. XX. 49 — 390 — gelingt vom Striatum aus Fasern in den Thalamus zur Entartung zu bringen und es gelingt durch Thalamusverletzungen Fasern zu zerstören, welche im Striatum enden. Diese Methodik war neben Markscheidenfärbungen im Wesentlichen auch der Führer bei der Bestimmung der Faserzüge selbst, Sie hat dabei recht weit geführt, es ist ihr aber nicht immer gelungen festzustellen, welche einzelnen Teile des Stammganglions zu den be- treffenden Faserzügen in Beziehung stehen. Man kann wohl dorsale oder mediale oder laterale Abschnitte des Stammganglions verletzen und die danach folgenden Degenerationen studieren, man kann auch sehen wo einzelne Züge enden, die nach Thalamusverletzungen frontalwärts entarten, man kann aber nicht das Mesostriatum oder das Ektostriatum isoliert zerstören. Aus diesem Grunde wird man weiter unten vielleicht Fasern als dem Hyperstriatum entstammend angeführt finden, welche durch spätere geleeentliche Funde doch anderen Stammganglionanteilen zuzuweisen sein werden. Bis zu einem gewissen Grade hat hier allerdings das Studium der Markscheidenent- wicklung vorangeholfen. Der Umstand, daß im ganzen Vorderhirn dicht vor der Geburt nur ein Faserzug zwischen Ektostriatum und Thalamus markhaltig ist und daß, sich auch in den nächsten Tagen nach der Geburt nur Züge zwischen Thalamus und Stammganglion, aber noch gar keine Rindenfasern ausbilden, kam für die Beantwortung einiger hier auftauchender Fragen sehr gelegen. A. Hyperstriatum. Das Hyperstriatum ist das größte Ganglion des ganzen Gehirnes. Es wird medial und dorsal vom Ventrikel und dem kurzen verödeten lateralen Spalt desselben, lateral von der mit ihm fest verwachsenen Rinde begrenzt. Man stellt sich seine Form am besten als die eines gerundeten Kissens vor, dessen Krontalabschnitt — Kopf — mit der Frontalrinde zu einer einheitlichen bis zur frontalen Hirnbasis gehenden Masse verschmolzen ist. An der Unterseite des Kissens liegt, von ihm durch die Lamina medullaris dorsalis getrennt, das Mesostriatum. Von lateral her schiebt sich genau in das Niveau dieser Grenze die breite Platte des Ektostriatum einem Keil gleich ein. Noch nicht sicher ermittelt ist die Abgrenzung gegen das Epistriatum, von dem später die Rede sein wird. Aus dem Hyperstriatum entspringen ziemlich überall markhaltige Fasern, sie sind aber in den frontalen ’/s viel dichter und viel reicher als im caudalen Drittel, welches frei in den occipitalen Ventrikel hinein ragt. Alle diese Fasern sammeln sich dicht unter dem Striatum zu der Lamina medullaris dorsalis. Weitere größere Markfasergruppen finden sich besonders — 3910 — reich in der Umgebung des Ektostriatum und schließlich dorsal zwischen Striatum und Rinde, die Capsula externa. Letztere ist nicht bei allen Vögeln markhaltig. Das Hyperstriatum wird nun von den Fasern aus der Rinde durchzogen und diesen mischen sich im Inneren des großen Ganglions die Fasern aus diesem selbst bei. Im Allgemeinen bietet die Faserung bei den verschiedenen Arten keine so wesentlichen Differenzen wie die Palliumstrablung. Sie ist immer reichlich entwickelt. Die Züge liegen über den ganzen (uerschnitt verbreitet, doch sind ihrer in den lateralen °/; mehr als im medialen Drittel. Sie sammeln sich alle im ventralen Abschnitte des Striatum. um entweder direkt via Mesostriatum in die Brachia cerebri zu treten oder, das thut die Mehrzahl. erst innerhalb der Lamina medullaris dorsalis ein Stück weiter caudal zu ziehen. Diese aus Pallium und Hyperstriatumfaserung gemischte Gesamtfaserung ist offenbar das Äquivalent der ganz ebenso zusammengesetzten Capsula interna der Säuger. Nur ist diese bei den Säugern nicht so diffus innerhalb des Striatum angeordnet, durchzieht es vielmehr in geschlossenem Zuge. Bei den Papageien aber, wo die Fasern aus der Frontalrinde so mächtig sind, kommt es auch, ganz wie bei den Säugern, zu einer geschlossenen Capsula interna. Diese durchmißt, weil ganz frontal angeordnet, nicht nur das Hyperstriatum, sondern den Lobus parolfactorius. Sie teilt diesen, genau wie das Striatum der Säuger in eine laterale und eine mediale Abteilung. Man vergleiche die Schnitte der Taf. I und II mit denjenigen von Taf. IV und V, um Grenztypen beider Faserverlaufarten zu finden. Wo die einzelnen Bündel dieser Faserung hingehen, resp. woher sie stammen, das läßt sich nur mit der Degenerationsmethode enthüllen. Aus diesem Grunde beziehen sich die folgenden Angaben im wesentlichen auf die Taube. 1. Traetus strio-thalamicus et thalamo-striatus. Taf. VI, Fig. 5; 1, MALE Ans JDL, ats ED eh Zt Es hat sich gezeigt, daß der frontale und der parietale Abschnitt des Striatum im Wesentlichen mit den Ganglien des Thalamus in Verbindung stehen. Diese Verbindung ist doppelläufig, d. h. es entarten Züge dieses Traetus strio-thalamieus sowohl bei Verletzungen des Ganglion als bei solchen des Thalamus. Doch habe ich den Eindruck, daß die im Striatum entspringenden Fasern in der Mehrheit sind. Bei Verletzungen des Stammganglions ist der abwärts ziehende Degenerationszug stärker als nach Thalamusverletzungen der hirn- wärts ziehende. Diese Fasern verlaufen dicht gemischt den gleichartigen Fasern zu der Rinde aus den gleichen Thalamusganglien. Viele, welche weiter caudal zu dem Brachium- bündel des Tractus strio-thalamicus medius und internus geeint sind, verlaufen bis in den 449* — 392 — Nucleus anterior und den Nucleus dorsalis thalami. Andere, es smd die mehr lateral entspringenden, treten in Beziehung zu dem Nucleus rotundus durch den Traetus strio- thalamicus dorsalis lateralis. 3. Tractus strio-mesencephalicus. Taf. III, Fig. 4; Taf. V. Ein drittes Fasersystem entspringt im Stammganglion und hat vielleicht (Münzer und Wiener) auch dort endende Fasern. Es verbindet das Stammganglion mit dem Mittelhirn. Dieser Tractus strio- mesencephalicus, aus frontalen, temporalen und parietalen Teilen stammend, hat möglicher- weise seinen Ursprung nicht im Striatum, sondern im Mesostriatum, vielleicht auch in beiden. Im Ursprunggebiete läßt er sich nicht degenerativ sondern. Man kann nur nachweisen, daß wenn die eben erwähnten Stammganglienteile verletzt werden, Fasern abwärts bis in das Mittelhirn hin degenerieren. Sie sammeln sich nahe der Hirnbasis zu einem ventralen jrachiumanteil. Diesem Bündel gesellen sich auch Fasern aus oceipito-temporalen Gebieten zu, welche ähnlich wie die analoge oben erwähnte corticale Faserung, aus der Gegend über und hinter dem Epistriatum entspringen. Der Faserzug tritt in mediale Teile des Brachium cerebri und zieht dann ventral von den großen Thalamusganglien caudalwärts. Er endet in den Ganglien der Mittelhirn- basis und im ventralen Abschnitte des Mittelhirndaches vorzugsweise in dessen caudalsten Teilen. Seinem elegant nach innen konvex gebogenen langen Zuge begegnet man leicht auf guten Horizontalschnitten, wo dann das meiste dieser ganzen Faserung auf einmal zu über- blicken ist. Fig. 4, Taf. II. Boyce und Warrington, auch Münzer und Wiener haben den abwärts degenerierenden Tractus strio-thalamieus beschrieben, der Tractus thalamo-striaticus ist neu. Die gleichen Autoren kennen auch den Tractus strio-mesencephalicus, in welchem die letztgenannten ein Bündel aus dem Mittelhirn zum Striatum, also einen Tractus mesencephalo-striaticus, entdeckt haben. Die Feststellung dieser wenigen Bahnen und die Trennung von ähnlich verlaufenden, aber der Rinde entstammenden hat Wallenberg in weit über 70 Versuchen, die sich über 5 Jahre hinaus ziehen, vollzogen. Es war das ein besonders schweres Stück experimentell anatomischer Arbeit und nur ‚die große Zahl über- einstimmender Bilder ermöglicht heute in wenig Zeilen wiederzugeben, was Anfangs eine sehr lange Detail- darstellung verlangt hatte. B. Mesostriatwm. Taf. I, II, IH, IV und V. Dieser Kern gehört dem nicht pallialen Abschnitte des Gehirnes an. Er wird von einer großen dicken Platte gebildet, welche unter dem Hyperstriatum gelegen und überall nach der Basis zu an den Rändern abgebogen ist. Dadurch entsteht in ihrer Unterfläche ein Hohlraum, welchen die Fasern des Brachium cerebri erfüllen. Nur am Kopfende ist derselbe nicht vorhanden. — 393 Die Lage des Mesostriatum innerhalb des Gehirnes ist bei verschiedenen Familien etwas verschieden. Während es bei den Papageien und den meisten anderen größeren Arten in wenig zur Hirnachse erhobener Richtung liegt, findet man es an den kurzen markfaser- reichen Gehirnen der Passeres viel steiler gestellt. Das caudale Ende liegt sehr wesentlich weiter dorsal als das frontale. Dies wird deshalb erwähnt, weil Schnitte durch verschiedene Vogelgehirne eben durch die differente Lagerung des Mesostriatum verschieden aussehen können. Taf. IV, Fig. 5 ist das caudale Ende ganz dorsal angeschnitten. Das Mesostriatum ist zu einem Teil seiner Länge auf der Außenseite des Gehirnes sichtbar. Der caudalere Abschnitt ist zwar durch den hier überhängenden pallialen Gehirn- teil, besonders durch das Epistriatum und die es deckende Rinde von der Außenfläche des Gehirnes geschieden, der Frontalabschnitt aber ist ganz frei und bildet hinter dem Stirn- pole den baso-lateralen Abschnitt des Gehirnes. An diesem Kopfende wurden oben zwei Abteilungen unterschieden, die laterale Nucleus basalis und die mediale Nucleus parolfactorius. S. 374, Fig. 10. Cortex Fig. 11: Die Lage der einzelnen Teile des Stammganglions — 394 — Die ganze Dorsal- und Lateralseite wird von den Fasern der Lamina medullaris dorsalis umfaßt. Es sind das im Wesentlichen Fasern aus der Rinde und dem Striatum die nicht direkt, sondern erst nach einer kurzen Abbieeung in die Horizontale sich zu den ventraler liegenden Brachia cerebri begeben. Überall dringen aus dieser Kapsel markhaltige Fasern in Masse in das Mesostriatum ein. Sie geben ihm zusammen mit den dort ent- springenden Fasern ein stark gestreiftes Aussehen auf allen Schnitten. Taf. I. Alle diese Fasern sammeln sich unter dem Mesostriatum an, um caudalwärts als Brachium cerebri zu ziehen. Ihre Masse ist so groß, daß sie den Caudalabschnitt des Mesostriatum dorsal drängt, der dann wie eine Kappe über der gerade hier frei an die Hirnbasis tretenden Faserung liegt. Doch ist der freie Verlauf außerordentlich kurz, denn die Fasern des Brachium cerebri tauchen sofort wieder in die Tiefe des Thalamus ein. Im Ganzen entspringt das Brachium ziemlich fächerförmig, doch verlaufen die aus dem Frontalhirn kommenden Fasern fast hori- zontal zu ihrer Austrittsstelle. Sie bleiben deshalb an der Hirnbasis als frontalster Teil des Markfeldes sichtbar, wie oben geschildert wurde. Bei den Papageien, den Sing- vögeln und der Gans gut entwickelt, bei den anderen Arten nicht in gleichem Maße aus- zebildet, liegt innerhalb des Mesostriatum, parallel zu seiner Oberfläche noch eine reichlich Nervennetze führende Markfaserplatte, die Lamina medullaris ventralis. Ventral von dieser findet man dann noch ein Stück des Ganglions, in welchem sich die von oben her fächer- förmig zusammenstrahlenden Züge der Gesamtfaserung immer dichter anordnen. Schließlich, etwas weiter ventral, eignen sie sich zu den Brachiis. Doch passiert die ganze Masse, ehe sie frei ventral austritt noch einen dritten Kern. Denn mitten in den Fächer der ganzen Strahlung sind zahlreiche große multipolare Zellen gebettet, deren Vereinigung zuerst Münzer und Wiener als Nucleus striaticus beschrieben haben. Es dürfte zweck- mäßiger sein den Kern als Nucleus entopeduncularis zu bezeichnen. Denn auf Sagittalschnitten sieht man leicht, daß gleichartige Zellen mitten zwischen die Fasern der 3rachia cerebri überall, auch weiter caudal, im Thalamus und im Mittelhirn noch eingelagert sind. Wallenberg und ich, wir haben früher, wo der Kern uns nur in diesem caudaleren Abschnitt bekannt war, ihn als den „eingesprengten Kern“ Nucleus intercalatus bezeichnet. Taf. II, Fig. 2, innerhalb der Bezeichnung „Strio-mesenceph.“ a) Basalkern. Das Mesostriatum ragt, wie oben berichtet wurde, mit zwei nebeneinander liegenden Abschnitten frontalwärts, mit dem lateralen und der medialen. Die laterale Abteilung, der Basalkern, nimmt den frontalsten Ausläufer der Lamina medullaris ventralis auf, wo eine ne — 395 — solche vorhanden ist. Am besten ist dies sichtbar bei der Gans. Vergl. Fig. 11 und Taf. IV, Fig. 3, 4. Wie sich dieser ganze Ganglionabschnitt, der bei den Papageien, den Raben und der Gans, kaum mehr ist, als eine dünne frontalwärts an der Basis ausgestreckte Zunge, bei den Passeres und anderen Vögeln zu einem mächtigen Körper auswächst, das ist bei der Beschreibung des Stirnlappens gezeigt worden. Nicht nur seine wechselnde Formation und die, wie es an Nisslapparaten scheint, etwas anders geformten Zellen, lassen es wünschens- wert erscheinen, den Basalkern von der Gesamtmasse des Mesostriatum abzugrenzen, sondern vor Allem auch der Umstand, daß in ihm ein Faserzug aus der Oblongata endet und daß ein zweiter da entspringt, welcher bis in die caudalsten Oblongataebenen vielleicht bis in das Rückenmark zieht. 3 Krarewustgiunnto-tEontalıs Tas: Taravil. Die Querschnitte dieses starkfaserigen Zuges treten nahe der Hirnbasis schon inner- halb der frontalsten Schnitte des Basalkernes auf. Sie sind da so feingespalten, daß die Vermutung nahe liegt, daß sie hier enden. Weiter caudal wachsen dann neue Fasern zu und man kann den an der Basis des Mesostriatum caudalwärts ziehenden kräftigen Faserzug durch den Thalamus und die Mittelhirnbasis bis caudal vom Oculomotoriuskern verfolgen, wo er innerhalb der zahlreichen dort liegenden Längsbündel, etwa in der Gegend der Ganglia isthmi verloren geht. Bis in die Mittelhirnbasis bleibt er immer das ventralste Bündel der langen aus dem Vorderhirn stammenden Faserung, außerdem das starkfaserigste. Näheres über seinen Ursprung und seinen Verlauf hat die Degenerationsmethode gelehrt. Schon 1598 hatte Wallenberg' gefunden, daß der Zug total degeneriert, wenn die Gegend des Ganglion isthmi angestochen wird. Er hat ihn deshalb Traetus isthmo-striatus genannt und dieser Deutung habe ich mich in der 5. Auflage meines Lehrbuches angeschlossen. Inzwischen aber hat Wallenberg neue Untersuchungen angestellt. Diese ergeben, daß — es handelt sich immer um die Taube — die Fasern alle oder zu gutem Teil aus dem frontalsten Ende der Kernsäule des Trigeminus stammen, die dicht hinter dem Ganglion isthmi liegt. Zunächst nach ihrer Sammlung in der Höhe des Isthmus, ziehen sie in den dorsaleren Abschnitten der Haube dahin. Aber in der Höhe der Trochleariskerne, da, wo in der Haube die cau- dalsten Fasern der Bindearmkreuzung liegen, treten sie weiter ventral, um wenig weiter ı A.Wallenberg. Eine Verbindung caudaler Hirnteile der Taube mit dem Striatum. (Tractus isthmo-striatus oder bulbo-striatus?) Neurol. Gentralbl. 1898, Nr. 7. Derselbe: Anatomischer Anzeiger. 1902, S. 289, Bd. 22. — el) — nach vorn schon zu den ventralsten Faserzügen des (rehirnes zu gehören. An der eben erwähnten Stelle tauschen der rechte und der linke Faserzug einen Teil ihrer Bündel, hier liegt die Partial-Kreuzung des Tractus quinto-frontalis. Bei den Papageien, wo das Stirnmark in mächtigen zu einer Capsula geordneten Zügen herabströmt, kann man den Traetus leicht in dem Winkel finden, wo diese Kapsel- fasern sich mit den übrigen Fasern des Brachium vereinen. Er liegt hier, wie überall ganz ventral. Sein Kaliber läßt ihn, nachdem einmal sein Verlauf bekannt ist, immer leicht erkennen. Taf. V. Es waren außerordentlich zahlreiche Degenerationsversuche erforderlich, um gerade für dieses Bündel den Gesamtverlauf festzustellen. Als sicher können wir nun Folgendes sagen: Sticht man das frontale Ende der langen Endkernsäule des einen Quintus an, so entarten beiderseits Fasern. Diese ziehen frontalwärts und etwa in der Höhe des Trochlearis- kernes begiebt sich das zur Läsion gekreuzte Bündel auf die Läsionseite, um nun ventral von dem ungekreuzt gebliebenen, mit diesem vereint frontalwärts zu der Endstelle am trontalen lateralen Ende des Mesostriatum zu ziehen. Von den zahlreichen Versuchen, deren Ergebnisse, weil sie vieles nicht hierher Gehörige enthalten, im Neurol. Uentralblatte 1902 veröffentlicht werden sollen, sei nur die Reihe der Kleinhirnverletzungen hervorgehoben, die ergab, daß solche keine Fasern des Bündels zur Entartung bringen. Der Umfang des Traetus quinto-frontalis scheint von der Entwicklung des sensiblen Quintuskernes abzuhängen. Wenigstens ist der Zug bei Enten und Gänsen, die einen kolossalen sensiblen Quintuskern haben, viel mächtiger als bei den Tauben mit kleinem Quintuskerne. Der Traetus quinto-frontalis ist, soweit wir bisher wissen, die einzige Verbindung welche aus der Oblongata zum Großhirne aufsteigt. Wie bei den allermeisten — allen? — Hirnbahnen verläuft aber neben ihm ein anderer, welcher im Vorderhirn entspringend, hinab bis in die Oblongata, vielleicht bis in das Halsmark zieht. Dieser nun durch Degeneration gefundene, sonst nicht abscheidbare Faserzug ist der 4. „Tractus fronto-bulbaris (et spinalis?)‘“ Bei zwei Enten degenerierte, als die medialen Teile des Nucleus basalis dicht an der Area parolfactria angestochen wurden, eine Anzahl dicker Fasern bis in die caudalsten Abschnitte der Oblongata. Im Bereiche des Vorderhirnes und des Thalamus liegt dieses degenerierte Bündel dem Tractus quinto-frontalis dicht an, und läßt auch eine Anzahl Fasern in dessen Querschnittareal eintreten. An der caudalen Grenze des Mittelhirnes wenden sich die bis dahin direkt sagittal gerichteten Fasern dorsal. Schon hier splittern einzelne in die — Werl — laterale Umgebung auf, weitere strahlen weiter hinten in den Qnintuskern. Das in die Oblongata eintretende Bündel giebt dort dem großen Kern der Formatio retieularis und den motorischen Hirnnervenkernen Fasern. Sicher kann der Zug bis an das caudale Ende der Oblongata verfolgt werden, aber es scheint als gingen noch einzelne Fäserchen bis in das obere Halsmark, wo sie in dem Winkel zwischen Vorder- und Hinterhorn liegen. Der Traetus fronto-bulbaris, welcher bis zum Mittelhirn mit dem Traetus quinto-frontalis verläuft, liegt in der Oblongata — der Ente — etwa in der Mitte zwischen der Raphe und dem lateralen Rande der Oblongata, sehr nahe an den horizontal austretenden Vaguswurzeln. Wallenberg ist geneigt, dieses Bündel der Ente mit einem ähnlich verlaufenden zu bomologisieren, welches er bei Kaninchen gefunden und als basales Riechbündel gedeutet hat. b) Lobus parolfactorius Taf. I, Taf. III, Fig. 1, 5, 6; Taf. IV, Fig. 4, 10. Dieser mediale Frontalabschnitt des Mesostriatum hat bei den verschiedenen Arten durchaus wechselnde Frontalausdehnung. Der Name ist nur wegen der Lage caudal von den Riechlappen gewählt, es ist aber keinerlei Beziehung zum Riechapparate nachgewiesen. Der etwa walzenförmige kurze Körper wird frontal von der Rinde des Stirnlappens umfaßt, hinten geht er in das Mesostriatum über. Die dorsale Abgrenzung wird meist durch das mediale Hyperstriatum gebildet, dessen ventral ziehende Fasern oft — aber nicht immer — zwischen Striatum und Lobus parolfactorius den frontomedialsten Abschnitt der Lamina medullaris dorsalis bilden. In diese Lamina ragt, wie oben mitgeteilt wurde, die dünne Frontalplatte des Ektostriatum auf ein Stück herein, bald länger, bald kürzer. Medial erreicht der Lobus die Ventrikelhöhle, die er ganz an der Basis manchmal ein weniges umgreift. Lateral liegen, ebenso wie dorsal, die Fasern der Lamina medullaris dorsalis resp. des Frontalmarkes. Der ganze Kern ist bei den Papageien enorm entwickelt. Er nimmt dort den größten Teil der Hirnbasis ein und muß von den dahin hinab strebenden Fasern des Frontalmarkes durchsehnitten werden. Dadurch zerfällt er in eine laterale und eine mediale Hälfte, ganz wie das frontalste Stück des Striatum bei den Säugern, mit dem er aber nicht homolog ist. Er ist überall von Markfasern umgeben, außer an seiner Basis, wo ein später zu schilderndes Bündel ihn überzieht. Zahlreiche sehr feine Fäserchen dringen in ihn ein und bilden in seinem Inneren ein überaus feines Netzwerk. Aus dem Faserwerk, das den Kern umgiebt, stammen die Züge des Tractus fronto-epistriaticus, ohne daß man direkt angeben könnte, welchem Kern sie etwa allein entstammen. Viele scheinen in der That aus dem Nucleus parolfactorius zu kommen. Die Fasern, welche dem Kern entstammen oder in ihm enden, verlassen ihn ziemlich alle an seiner lateralen Seite, wo der Abhandl. d. Senckenb,. naturf. Ges. Bd. XX. SU N: — senkrechte Abschnitt der Lamina medullaris dorsalis liegt. Der Kern ist bei den Papageien viel zu groß, als daß seine Beziehungen mit den erkannten zum Tractus fronto-epistriaticus erschöpft wären, der zudem, wie oben angeführt wurde, noch Bestandteile anderer Herkunft einschließt. An Sagittalschnitten hat man zuweilen den Eindruck, daß er Fasern zum Brachium hinabsendet. Taf. IV, Fig. 10; Taf. Il, Fig. 1, 5. 5. Bei der Gans entspringt aus dem basalen Scheidewandgebiete, ebenso aus benach- barten Teilen des Lobus parolfactorius ein markhaltiges Faserbündel, welches über die Ober- fläche der Hirnbasis hinweg und etwas rückwärts zieht um für die einfache Markscheiden- färbung in der Gegend des Nucleus basalis zu verschwinden. Dort taucht es in die große Fasermasse ein, welche dem Tractus fronto-epistriatieus entspricht und gelangt mit ihr weiter rückwärts. Wenigstens hat der Tierversuch — Anstechen des Lobus parolfactorius — eine Degeneration dieses Bündels ergeben, welche durch das basale Markfeld hindurch bis in das Epistriatum verfolgt werden konnte. Tractus parolfacto-epistriaticus, siehe Taf. IV, Fig. 4, c) Hauptkörper des Mesostriatum. 6. Aus dem Hauptkörper des Mesostriatum entspringen ebenfalls Nervenbahnen. Zwar können wir sie nicht degenerativ von den anderen Bahnen der Brachia sondern, aber es ergiebt die Silberimprägnation der Zellen, daß viele derselben lange Achsencylinder mit ventrocaudal gerade gestrecktem Verlaufe haben. Außerdem läßt sich beim Studium der Markscheidenentwieklung zeigen, daß nach der Geburt beim Hühnchen, etwa am achten Tage oder wenig später, zu den wenigen bereits vorhandenen Markfasern aus dem Ektostriatum neue kommen, welche nur im Mesostriatum ihren Ursprung haben können. Schwerlich ist aber mit dieser Feststellung die Bedeutung des Mesostriatum erschöpft. Man versteht z. B. gleich die massenhaften Netzbildungen im Inneren des Ganglion nicht. Nach seiner Lage und Gestalt ist das Mesostriatum dem Globus pallidus der Säuger, einer ungemein konstanten 3ildung, ähnlich. Auch über diesen wissen wir noch Nichts Sicheres. Ich vermute sehr, daß es bei fortgesetztem Studium des Vogelgehirnes gelingen wird, über die Architektur des ganzen bei den höheren Vertebraten noch so unbekannten Stammganglions Klarheit zu gewinnen. C. Ektostriatum. Taf. I, Fig. 3, 4; Taf. III, Fig. 5, 6; Taf. V. Das Ektostriatum hat eine für verschiedene Familien etwas wechselnde Form. Im Ganzen ist es ein langgestrekter Körper von annähernd rhombischem Querschnitte, der sich auf die ganze Länge des Mesostriatum von der lateralen Seite her wie ein Keil zwischen | £ | — 89 — Mesostriatum und Hyperstriatum drängt, ohne ganz die Mittellinie zu erreichen. Frontal- wärts sendet der Körper eine lange dünne Zunge aus, welche innerhalb der Lamina medul- laris dorsalis verlaufend bis fast an die frontale Hirnbasis heranreicht. Die Differenzen werden dadurch gebildet, daß an Stelle der Zunge schon sehr weit frontal der Hauptkörper beginnt, oder daß dieser Hauptkörper besonders diek ist. Vielleicht hängt die Länge oder Kürze der frontalen Zunge auch von der Ausbildung des Stirnlappens ab. Wo dieser klein ist, begegnet man schon auf sehr frontalen Schnitten dem Hauptkörper, andererseits haben z. B. Tauben, Papageien, Gans und Sperling eine lange frontale Zunge neben einem recht kräftig entwickelten und weit dorscoaudal reichenden Hauptkörper. Ganz besonders groß ist der Kern bei den Raben und die wohl größte Ausdehnung hat Sterna stolida. Hier ist der Kern in ziemlich allen Ebenen des Gehirnes mit Ausnahme der allercaudalsten zu finden. Auch liegt er auffallend weit ventral, fast in temporalen Gegenden, während er bei dem Sperling z. B. hoch dorsomedial rückt. Bei Sturnus aeneus findet man noch ein anderes Verhältnis, das bei einigen anderen Vögeln wenigstens angedeutet ist. Hier hat die frontale Zunge an ihrem medialen Ende, nicht weit vom Ventrikel, noch eine Anschwellung, die mitten in der dorsalen Markplatte liegt und, wie mir Anfangs schien, einen eigenen Kern dieser Platte darstellt. Ganz sicher bin ich nicht, ob es sich hier nur um eine mediale Fortsetzung der frontalen Ektostriatumzunge oder um einen eigenen Kern handelt, der mit jener in Kontiguität ist. Taf. IV, Fig. 10. Das Fkostriatum ist bereits von Bumm als markfaserweiße Kernmasse gesehen worden. Er war geneigt es dem Putamen zu homologisieren. Seitdem kehrt die Beschreib- ung dieses „Markfeldes“ bei den Autoren immer wieder, «doch sind keine Faserbeziehungen desselben aufgefunden worden, auch ist seine Form ganz ungenügend bisher studiert. Es handelt sich aber offenbar um ein ungemein wichtiges Ganglion, um dasjenige des Vorderhirnes, dessen Markfaserung zuerst fertig ausgebildet wird. Bei allen unseren jungen Vögeln mit Ausnahme der eben dem Ei entschlüpften Sperlinge war ein Faserzug markhaltig, der dem Ektostriatum entstammte oder dort endete und rückwärts durch das Brachium hindurch bis in die Mittelhirnbasis zu verfolgen war. Die Faserung aus dem Ektostriatum mischt sich also beim Erwachsenen den Fasern aus der Rinde und dem Stammganglion bei, die wir oben als Traetus strio-mesencephalicus kennen gelernt haben. Taf. IV, Fig. 6, 7. Versilberung ist mir nie bei dem tief liegenden Ganglion gelungen, doch ist die ihm entspringende Faserung gelegentlich durch laterale tiefer gehende Gehirnver- letzung zur Entartung gebracht worden. Su* — 400 — D. Epistriatum. Commissura anterior. Traetus fronto-epistriaticus. Taf. I, Fig. 5—7; Taf. V. Als Epistriatum habe ich bei Fischen, Amphibien und Reptilien einen Teil des Stammganglions bezeichnet, der charakterisiert ist durch seine engen Beziehungen zur temporo-oceipitalen Rinde, durch seine Lage caudal am Striatum und durch zwei Faserzüge, deren einer aus der basalen Rinde stammend als Traetus cortico-epistriatieus bezeichnet wurde, während der andere ein regelmäßig vorkommendes Bündel der Commissura anterior ist. Spätere Untersucher des Fischgehirnes haben meine Ergebnisse für dieses bestätigt. Bei den Vögeln erfährt nun dieses Epistriatum eine recht beträchtliche Ausbildung. Ein großer ihm eingelagerter Kern ist da auch längst bekannt — es ist der schon von Bumm und dann von den späteren Untersuchern, z.B. Münzer und Wiener — beschriebene „Mandelkern“. Es ist möglich, daß das, was ich bei den Reptilien Nucleus thaeniae genannt habe, mit diesem Kern identisch ist, aber es ist sicher, daß bei den Vögeln medial vom Fpistriatum ein eigener flacher Kern der caudalen Hirnbasis den Fasern der Thaenia thalami Ursprung giebt. Das Epistriatum liegt immer lateral und auch caudal vom Mesostriatum. Bei den Vögeln mit stärkerer Entwicklung der temporalen Rinde, bei Papageien besonders deutlich, begegnet man dem großen Epistriatumkerne schon in Frontalebenen. die weit vor der Commissura anterior liegen. Bei den meisten Passeres und vielen anderen liegt der Kern weiter caudal, in dem eigentlich oceipitalen Abschnitte des Stammganglions. Taf. II, Fig. 7. Da, wo der Kern schon weit frontal entwickelt ist, läßt sich seine Lagebeziehung zu den anderen Abschnitten des Stammganglions besonders gut feststellen. Er liegt nämlich immer ventral von der Lamina medullaris dorsalis, in dem Winkel, den jene mit der lateralen Platte des Mesostriatum macht. Epistriatumkern, Rinde und temporo-oceipitale Strahlung zusammen bilden bei den Papageien den mächtigen Polus temporalis. Die Temporo- oceipitale Strahlung durchmißt das Epistriatum zum Teil, zum Teil auch umgeht es sie ventral, unter und innerhalb der hier sehr dünnen Rinde. Das Epistriatum wird übrigens nicht durch den großen Kern allein repräsentiert. Aus dem Verhalten der Faserung kann man erkennen, daß ein guter Teil des caudal in den Ventrikel ragenden Stammganglion- abschnittes dem Epistriatum zuzurechnen ist, obgleich m der Zellformation und dem Zell- aussehen keine wesentlichen Unterschiede gegen das Striatum bestehen. Man kann nämlich öfter, am besten bei unserem Sperling erkennen, daß sowohl die Faserung aus der Stirn- Yinde als namentlich auch die Züge zu der Commissura anterior weit über den großen a — 401 — Epistriatumkern hinaus rückwärts und aufwärts in den erwähnten Stammganeglionteil hinein- ziehen. Taf. II, Fig. 4. Das Ganglion empfängt von vorn her einen mächtigen Faserzug aus dem basalen Mark des Stirnlappens und entsendet einwärts die Fasern des Commissura anterior. Außer- dem mischen sich der zu ihm in Beziehung stehenden Faserung für eine kurze Strecke alle die Züge bei, welche aus dem Temporo-oceipitallappen entspringen. Sie durchqueren sie aber nur und sind schon rein anatomisch nicht schwer von ihr zu scheiden. 7. Der ersterwähnte Faserzug, der Traetus fronto-epistriaticus, ist bereits anläßlich der Schilderung der Pallialstrahlung beschrieben. Es handelt sich, wie man sich erinnern wird, um ein aus den frontalsten Ebenen des Pallium und des Lobus parolfactorius stammendes Bündel, das zur Basis tretend, dort rückwärts zieht, um sich schließlich, etwa im Niveau der Commissura anterior oder weiter caudal, in die temporale Hirngegend ein- zusenken. Mit diesem frontal entspringenden, also eaudalwärts degenerierenden Zug ver- laufen aber noch Fasern aus dem gleichseitigen oder gekreuzten Kerne des Fpistriatum vorwärts bis in den Stirnpol. Diese Züge gehören in ihrem centralen Abschnitte der Commissura anterior an. S. u. Der Traecetus fronto-epistriaticus ist also doppelläufig. Er entspringt zum Teil im Stirnpole, zum Teile im Epistriatum und es enden die Stirnpolfasern im Epistriatum, die Epistriatumfasern im Stirnpole Taf. VI, Fig. 1; Taf. VII unten links. Der zweite Zug aus dem Epistriatum, die 8. Commissura anterior, Taf. V. ist allen Untersuchern des Vogelgehirnes längst bekannt, es steht auch seit der Arbeit von Bumm ihr Ursprung aus der Gegend des großen mehrerwähnten Kernes fest. Solange man aber nicht die regelmäßigen Beziehungen kannte, welche von den Fischen an ein Teil der Commissura anterior zum Epistriatum hat, und solange dieses Ganglion bei den Vögeln noch nicht identifiziert war, mußte es auffallen daß die Commissura anterior so weit caudal hier liegt und es blieb überhaupt ihre Homologisierung mit dem gleichnamigen Bündel der übrigen Vertebraten fraglich. Die Commissura anterior besteht aus ungemein dieken Faserbündeln, die in breitem diekem Pinsel innerhalb des Epistriatum, vielleicht auch z. T. in der es umgeben- den Rinde entspringen und sich bald zum Bündel schließend die Mittellinie durchqueren. Auf dem lateralen Stücke ihrer Bahn führen sie noch den Tractus oceipito-mesencephalieus mit sich, der aber, ehe die Mittellinie erreicht wird, sich im Winkel ventro-caudal zum — 402 — Thalamus wendet, den er als dorsalste Lage der Großhirnfaserung durchzieht. Taf. III, Fig. 2, 3. Die lateralen Schenkel dieser das ganze Gehirn durchquerenden Faserung gehören ihr also nur teilweise selbst an. Auch dies war Bumm bereits bekannt. Innerhalb der Commissur kreuzen zunächst Fasern zwischen den Epistriatumkernen. Ein Teil der ge- kreuzten Fasern aber wendet sich frontalwärts, um innerhalb der basalen weißen Faserung gemeinsam mit dem Tractus cortico-epistriaticus verlaufend, die frontalste Hirnbasis, die Gegend etwa des Nucleus basalis zu erreichen. Dieser Verlauf konnte dadurch festgestellt werden — nur bei der Gans bisher, andere Versuche stehen noch aus — daß die ganze Commissur nach einer Durchschneidung zur Entartung gebracht wurde. Man sah dann Taf. VII unten, die Produkte der sekundären Entartung von der Durchschneidungsstelle aus in den Epistriatumkern und in den basalen Faserzug einstrahlen. Rechts an der eben erwähnten Figur sind durch direkte Läsion die Fasern des Traetus fronto-epistriaticus zur Entartung gebracht, links liegen im fast gleichen Areal die Fasern, welche durch Zerstörung der Commissura anterior bis hierher entartet sind. Außer den erwähnten Bündeln enthält die Commissura anterior noch ein solches, das aus dem Striatum oder Fpistriatum stammend nahe der Mittellinie kreuzt, um in dem zentralen Grau des medialsten Thalamusgebietes weit caudal zu ziehen. Esist bereits oben erwähnt. Die Commissura anterior der Vögel besitzt also von den verschiedenen Bündeln, welche der Zug bei den Reptilien und den Säugern aufweist, nur zwei, das Bündel zwischen den Epistriata und das frontale Bündel. Das Epistriatumbündel ist für die Reptilien bekannt, sein Nachweis bei den Säugern steht noch aus, weil dort auch das Epistriatum noch nicht identifiziert worden ist. Ob das frontale Bündel unmittelbar dem analogen Bündel der er- wähnten Klassen gleichgesetzt werden darf, ist auch sehr fraglich, denn man kann es nicht wie jenes in den Riechapparat hinein verfolgen. Bei Budytes melanocephales kann man besonders gut erkennen, daß der oceipitale Abschnitt des Stammganglions, nicht etwa nur der große Kern, dem Epistriatum zuzurechnen ist. Hier ist nämlich der Kern nur ganz klein, die Faserung der Commissura anterior aber entspringt zweifellos auch aus dem hinter ihm gelegenen Stammganglionabschnitte und ebenda endet der nicht unbedeutende Tractus fronto-epistriaticus. Bei diesem Vogel liegt das Epistriatum auch nicht, wie bei den meisten anderen, in der Transversalebene der Commissura-anterior, sondern caudal von ihr. Die Fasern der Commissur müssen an der Unterseite des oceipitalen Stammganglionabschnittes frontalwärts ziehen, ehe sie in die transversale Richtung übergehen. Vielleicht ist die — bei unserem einen Exemplar sichtbare — Stellung des Großhirnes zur Hirnachse hier Schuld. Wir finden nämlich, daß der annähernd stumpfe Winkel, welchen Vorderhirn und Oblongata bei den meisten Vögeln machen, bei Budytes ein rechter ist. Auch bei Sturnus aencus giebt es kein temporal liegen- des Epistriatum, sondern nur ein oceipitales. Die ganze Faserung zu demselben — auch hier ist der große u runde Kern schlecht ausgeprägt — endet in den caudalsten Abschnitten des Stammganglions weit hinter der Commissura anterior. Mit der Endigung resp. dem Ursprung des Traetus fronto-epistriaticus hat der Kern wohl wenig zu thun, denn beim Rebhuhn, wo diese Faserung minimal ist, findet man einen gut ausgebildeten Kern und bei Vögeln, wo so ‘gut wie gar kein entsprechendes Bündel vorhanden ist, findet man doch den Kern. E. Da, wo das Mesostriatum im Innern des Gehirnes beginnt, erkennt man fast immer an der Basis schon eine Vorragung, die beiderseits bis zur Mittellinie und lateral bis zu dem Polus temporalis reicht. Diese Hervorragung zeigt eine feine weiße Streifung und wird weiter caudal ganz markweiß. Die Streifung entspricht der Gesamtfaserung aus dem Großhirne, welche sich aus dem Mesostriatum ansammelt, und dann etwa auf der Höhe. wo innen die Commissura anterior liegt, frei als Brachia cerebri an die Oberfläche zu treten. Eben an dieser Stelle werden die Brachia von dem Markbündel der Scheidewand gekreuzt, welches sich von der Mittellinie über sie hinweg lateral wendet. Taf. III, Fig. 3. Direkt eaudal an diesem Bündel liegen dann die bei den Vögeln immer sehr mächtigen Traetus optici mit ihrem Chiasma. Das Gebiet des Zwischenhirnes beginnt. F. Lateral von den Brachia cerebrii, an der Basis des Polus temporalis liegt, medial von dem mächtigen Epistriatumkerne der Nucleus taeniae. Taf. I, Fig. 6. 9. Es ist ein flacher etwa linsenförmiger Kern, welcher medialwärts in fast horizontalem Verlaufe das Markbündel des Traetus nucleo-habenularis entläßt. Das- selbe zieht, nahe der Mittellinie angekommen, dorsal und endet im Ganglion habenulae. Mit dem Traetus cortico-habenularis aus dem caudalen Gebiete der medialen Scheidewand und mit einem dritten aus der Tiefe der Brachiumfaserung aufsteigenden Bündel zusammen bildet dieser Faserzug die Thaenia thalami. Über diese wird anläßlich der Thalamus- beschreibung näher gehandelt werden. Siehe Taf. I, Fig. 6, rechts unten. VI. Lobi olfactorii. es ID, aa Il, DL Die kleinen Lobi olfactorii der Vögel sind schon vor Jahren von Pedro Ramon y Cajal geschildert worden und habe ich der damals gegebenen Beschreibung des feineren Baues nichts Wesentliches zuzufügen. Er ist vom gleichen Type wie diejenigen aller Verte- braten. Fast die ganze Ausdehnung dieses vorderen Riechlappens ist von der Formatio bulbaris überzogen. — 404 — Im dritten Heft dieser Beiträge habe ich dargelegt, warum aus vergleichend anato- mischen Gründen die Zusammensetzung, welche Formatio bulbaris und vorderer Riechlappen bilden, nicht einfach als Bulbus bezeichnet werden kann. Hauptgrund ist, daß beide Hirn- teile bei den Fischen getrennt sind und daß sich in der Tierreihe zahlreiche Zwischenstufen finden, zwischen dem Aufsitzen der Formatio bulbaris auf der Lobusspitze, dem Bedecken des ganzen Lobus durch die Formatio und dem oben erwähnten völligen Trennen beider Teile. Bei den Vögeln existiert also kein nennenswerter frei bleibender Teil. Über den feineren Bau ist wenig zu sagen da er nicht von dem bei anderen Wirbel- tieren Bekannten abweicht. Die meist marklosen Olfactoriusfasern treten von allen Seiten her in ihn ein, gelangen in die Glomerulusformation, wo sie aufsplittern und in der Weise wie P. Ramon y Cajal und Gehuchten es geschildert haben, in Beziehung zu den Aus- läufern der Mitralzellen treten. Eigene Silberpräparate zeigen das Gleiche. Der Ventrikel reicht in das Innere der Lobi hinein. Sein zentrales Grau ist von einem feinen Netzwerk markhaltieer Fasern erfüllt. Am dorsalen Rande der Lobi ist der caudale Abschnitt nicht von Formatio bulbaris überzogen, und hier sammeln sich die wenigen Fäserchen, welche als basale Riechstrahlung — Tractus bulbo-corticalis — anzusprechen sind. Sie gehen nach ganz kurzem Verlauf an der Hirnbasis verloren. (Taube, Gans Oriolus.) Die Abtrennung der Lobi olfactorii an der lebenden Gans führt zu einer Degene- ration der in ihnen gelegenen Markbündelchen, erlaubt aber nicht weiter caudale Faser- beziehungen klarzustellen. Es degeneriert, soweit wir bisher sehen, außerhalb der Lobi nichts. Wesentliche Verbindungen der Lobi olfaetorii mit dem übrigen Gehirn, markhaltige wenigstens, existieren also nicht, außer der dünnen kurzen Riechstrahlung. Fig. 2, Taf. IV. | Bei Oriolus sind — wir haben nur ein Exemplar gehabt — die Lobi olfactorii an ihrem cerebralen Ende unter einander zu einer einzigen Masse verwachsen. Sie sind klein, doch ist eine deutliche markhaltige Riechstrahlung, Tractus bulbo-corticalis zu erkennen, die nach ganz kurzem Verlaufe in die Hirnbasis eintaucht und sofort auseinanderfahrend der Verfolgung sich entzieht. Sie endet etwa da, wo man den Nucleus basalis anterior zu suchen hätte, welchen wir wohl der Härtung halber, die mancherlei verwischte, hier nicht finden konnten. Die Verschmelzung beider Riechlappen kommt auch sonst vor, so bei Sturnus aeneus und bei Sterna stolida und wahrscheinlich noch bei vielen anderen, aber es fehlten in nicht wenigen unserer Gehirne gerade diese frontalsten kleinen Zäpfchen. Bei Sterna stolida reicht die Formatio bulbaris relativ weit an der Hirnbasis rückwärts. Einer einheitlichen Platte gleich, liegt sie über die vereinten Riechlappen hinweg bis in den Anfang des basalen Feldes hinein. Ay A TEE EEE EEE EEE EEE EEE EEE Se _ Vi. Eigenzüge des Vorderhirnes. Traetus intracorticales et Tractus intrastriatici. Tractus strio-corticales. Das Vogelgehirn hat nur wenige intracorticale Züge von besonderer Stärke. Die fronto-parietale Rindenbahn und der coronale Faserzug innerhalb der parietalen Rinde sind bereits bei Besprechung der Rinde erwähnt. Ebenso hat der Traetus fronto - epistriatieus bereits Beschreibung gefunden. Es war aber schon Bumm ein mächtiger Faserzug bekannt, den er als dorsales Associationsbündel bezeichnete und innerhalb der Rinde fronto-oceipital verlaufen ließ. Dieser l. Tractus fronto-oceipitalis ist nur bei wenigen Vögeln gut entwickelt. Am besten ausgebildet fand ich ihn bei Sturnus aeneus (Taf. II, Fig. 4; Taf. IV, Fig. 10), dann auch bei unserem Sperling. Er fehlt bei dem Strauß wohl ganz, ist bei den Hühnern und Tauben sehr schwach entwickelt und auch bei sehr vielen anderen Vögeln nur in Spuren vor- handen. Die Papageien, bei denen alle anderen Markzüge so kräftig ausgebildet sind, haben keinen besonders starken dorsalen Zug. Es ist uns nicht gelungen, bei der Taube diese Fasern degenerativ zu verfolgen. An Markscheidenpräparaten gewinnt man den Eindruck, daß das Bündel immer in den frontalsten Ebenen des Hyperstriatum entspringt, nahe dessen dorsaler Oberfläche, also fast auf der Grenze zwischen Rinde und Hyperstriatum, caudal zieht und sich schließlich im parieto - oceipitalen Palliumgebiete auflöst. Es wäre also ein Traetus strio-corticalis. Aber bei Sturnus bleiben alle Züge innerhalb des Striatum selbst. Aus diesem Grunde nehme ich an, daß der ganze dorsale Zug gemischt ist aus einem intra- striaten und einem strio-corticalen Fasersystem. 2. Ein weiteres intracerebrales sehr mächtiges Bündel hat sich bei den Sittigen und bei Liothrix luteus gefunden. Es verläuft ganz caudal über die Oberfläche des oceipitalsten Stammganglionabschnittes, frei im Ventrikel von oben nach unten. Der Ursprung liegt in den dorso - caudalsten Stammganglionabschnitten oder in der dicht benachbarten Capsula externa, das Ende in den basalsten Teilen des Mesostriatum. Dieses merkwürdige Bündel hat also die Form eines frontalwärts geöffneten Bogenabschnittes. Der größte Teil des Bogens liegt dem caudalen Stammganglion frei auf, der Anfang und das Ende sind frontal- wärts gebogen. Taf. III, Fig. 3, 4 außen rechts, ventro-dorsales Bündel. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 51 — 406 — VIll. Die Gesamtheit der Faserung aus dem Grofshirne und zu demselben. Brachia cerebri. Bisher ist versucht worden, die Faserung aus der Rinde und zu derselben, ebenso die zum Striatum in Beziehung stehende Faserung, jede an ihrem Orte zu schildern. Da aber, wie mehrfach erwähnt worden ist, alle vier Faserkategorien bei den Vögeln keines- wegs getrennt verlaufen, vielmehr an den meisten Stellen dieht gemischt sind, so wird es nun zweckmäßig sein, diese nur einzeln gezeichneten Züge nun einmal zusammen dar- zustellen. Man betrachtet sie am besten da, wo sie an der Unterseite des Mesostriatum frei an die Ventralfläche des Gehirnes treten. Es ist das Gebiet der Brachia cerebri. Tata aRie, A—7e Die an der Hirnbasis frei werdende Fasermasse heißt bisher bei den Autoren Crura cerebri. Dieser Name muß notwendig zu Homologisierungen mit dem gleichnamigen Bündel der Säuger führen. Solche sind unrichtig. Was bei den Vögeln hier an Fasern liegt, entspricht etwa Anteilen der Capsula interna der Säuger. Denn bei den Säugern sind nur innerhalb der Capsula interna alle aus dem Großhirn stammenden oder dahin ziehenden Bündel vereinigt. Hier finden sich jene Fasermassen, welche zwischen Vorderhirn und Zwischenhirn einherziehend, gerade bei Vögeln sehr mächtig sind, gar nicht mehr vor. Dann enthält der Hirnschenkel der Säuger auch Bahnen, wie die Tractus cortico - spinalis und Traetus cortico - pontini, welche die Vögel gar nicht besitzen, und enthält dann die Züge aus Thalamus und Mittelhirn zu weiter caudal gelegenen Hirnteilen, Bündel, die zwar bei den Vögeln vorkommen, aber nicht in den Brachia cerebri enthalten sind. Aus diesem Grunde will ich den Namen Crura cerebri fallen lassen und durch Brachia cerebri ersetzen. Die Brachia cerebri enthalten sehr mannigfache Faserarten. Unterscheiden sich nun auch bei allen Vögeln die einzelnen Bündel durch Faser- kaliber, Distanzen etc. etwas von einander, so ist es doch nicht möglich, durch Untersuchung der normalen gefärbten Präparate die vielen hier liegenden Einzelteile genau zu bestimmen und vor allem nicht möglich, Anfang und Ende eines jeden festzulegen. Hier kann allein die Methode der künstlich gesetzten Degenerationen voran helfen. Diese hat Wallenberg angewendet und ausschließlich seine an der Taube gewonnenen Resultate werden hier benutzt, nachdem wir sie in schriftlicher oder mündlicher häufiger Diskussion und nicht ohne besondere Mühe, nicht ohne manche Irrwege, einigermaßen befriedigend deuten gelernt und bei Vergleich mit anderen Vögeln im Wesentlichen übereinstimmend befunden haben. Macht man an der Stelle, wo die Brachia am stärksten ausgebildet sind, also dicht vor dem Thalamus, einen Schnitt senkrecht zu ihrer Achse — dies ist kein genauer Frontal- schnitt des Gehirnes — so kann man leicht eine dorsale von einer frontalen Abteilung unterscheiden. Weiter caudal im Thalamus trennen sich beide auch räumlich mehr, ja es schieben sich der Nucleus entopedunenlaris und weiter hinten noch andere Ganglien ete. 407° — zwischen beide. Daraus erwächst die Berechtigung, die dorsale Abteilung getrennt von der ventralen zu behandeln. Es stammen die Fasern der dorsalen Abteilung im wesentlichen aus dem Striatum und dem Pallium, die der ventralen Abteilung mehr aus basal gelegenen Hirnabschnitten, auch aus solchen des Striatum. Im wesentlichen liegen die Fasern, welche zwischen Thalamus und Rinde und zwischen Thalamus und Striatum einherziehen, dorsal, und diejenigen Bahnen, welche weiter caudal- wärts, bis in das Mittelshirn und den Isthmus gelangen, mehr ventral im Brachium dorsale. Für das Folgende vergleiche man Taf. I, Fig. 4—7; Taf. II, Fig. 1, 2; Taf. III, Biel 23, A: SlaralV), Eig.877 Mar. VE VI SM A. Dorsale Abteilung des Brachium cerebri. Die dorsale Abteilung enthält zunächst die Faserzüge aus den einzelnen Ganglien des Thalamus zum Stirnpole des Vorderhirnes und diejenigen zum Parietalgebiete. Rinden- und Striatumbahnen sind gemischt. 1. Am weitesten lateral liegen Züge, welche bei Anstechen des Nucleus rotundus thalami degenerieren, gemischt mit solchen aus der Rinde des Parietalgebietes und des Frontal- gebietes zum T'halamns. Dieser Tractus thalamo-frontalis et parietalis ist wahrscheinlich doppel- läufig, mindestens in einem Teile seiner Fasern, denn diese entarten nach Thalamus- und nach Striatumverletzungen. Es giebt also auch einen Tractus fronto- et parieto- thalamicus. Durch Anstechen des Nucleus rotundus thalami wurde das Bündel einmal ganz isoliert bis in die frontale Rinde zur Entartung gebracht. Taf. VI, Fig 4. Viermal wurde seine Degeneration neben derjenigen anderer Bündel durch Thalamusverletzung erreicht. Fünfmal haben wir nach oberflächlicher Ätzung des Parietalgebietes eine feinkörnige Schwärzung bis zu bestimmten Teilen des Nucleus rotundus und eine weitgehende Degeneration um die Zellen dieses Thalamusganglions gesehen. Dieses Bündel ist bisher nur einmal aus der Gesamtmasse abgeschieden worden. Westphal bezeichnet es in seinen schematischen Abbildungen als „Rindenbündel“, ohne es näher zu beschreiben. 2. Die Fasern aus dem Nucleus dorsalis thalami zum Vorderhirn verlaufen medial von den eben genannten als eigenes Bündel, degenerativ darstellbar. Dieser Traetus thalamo-frontalis medialis ist wahrscheinlich auch doppelläufig, enthält also auch einen Traetus fronto-thalamieus, Wir haben dieses feinfaserige, aber nicht faserarme Bündel al* — 408 — zweimal durch Zerstörung des Nucleus dorsalis thalami und dreimal dureh Ätzung am Frontal- pole zur Entartung bringen können. Taf. VI, Fig. 3. Schließlich verläuft medial von den vorgenannten Bündeln noch ein kräftiger Faser- zug aus dem Thalamus zu medialen Abschnitten des Stammganglions und ein ebensolcher umgekehrter Richtung. Der 3. Traetus thalamo-striaticus ist ein dickes geschlossenes Bündel, welches aus dem Zwischenhirn aufsteigend unter der Commissura anterior hinzieht, einige Fasern caudalwärts über sie hinaus sendet und im wesentlichen sich im Striatum besonders in dessen mittleren und caudaleren Abteilungen auflöst. Das Bündel scheint nur centripetal zu leiten, denn wir haben es bisher nur nach Thalamusherden, nicht aber nach Verletzungen des Striatum entarten sehen. Im Ganzen verfügen wir über 4 beweisende Experimente. Dieser Faserzug ist bisher nicht nach Ursprung und Ende beschrieben. 4. Das Begleitbündel von No. 3, der Traetus strio-thalamicus, ist Fig. 5, Taf. VI als Traetus strio-thalamicus dorsalis lateralis seiner Lage im Brachium nach bezeichnet. Es entartet nach Verletzung parietaler Stammganglionabschnitts caudal- wärts bis in den Nucleus rotundus thalami. Der Zug ist möglicherweise identisch mit dem oben erwähnten Traectus parieto-thalamicus. Die mediale und medio-ventrale Abteilung des dorsalen Brachium enthält einen Teil der Fasern zum Mittelhirn, ein anderer Teil macht wie bereits erwähnt wurde, die Masse des ventralen Brachium aus. Man kann im Wesentlichen zwei Ursprungsorte dieser dorsalen Faserung unterscheiden, einen Rinde-Striatumursprung und einen Rindenursprung. Das Rindenbündel liegt dorsal vom Striatumbündel. Ganz isoliert haben wir nie eines von beiden dargestellt, weil eben bei Verletzung der schwer angreifbaren temporo-oceipitalen Rinde immer das Stammganglion mitverletzt wird. 5. Das Striatumbündel wird zweckmäßig als Tractus strio-mesencephalieus dorsalis bezeichnet, da es auch im ventralen Brachiumabschnitte ein ähnlich verlaufendes Bündel giebt. Dieser Tractus strio-mesencephalieus dorsalis entspringt wesentlich im lateralen und oceipito-temporalen Gebiete, wahrscheinlich im Ektostriatum. Wird diese Gegend verletzt, so können die degenerierenden Bündel bis hinab in das Mittelhirn verfolgt werden, wo sie an noch unbekannten Orten der Haube enden, wahrscheinlich aufgesplittert in breitem Areal. Bei dem Verlaufe durch den Thalamus findet man den Faserzug immer ventral und etwas medial von den vorgenannten Zügen. Es sind feine Fasern, deren Gesamtquerschnitt in den eigentlichen Thalamusebenen einem medialwärts geöffneten Halbmonde gleicht. Ihre isolierte Degeneration ist viermal erzielt worden durch Anätzung mittlerer Hirnbasisabschnitte und auch durch Unterbrechung des Zuges selbst mittels in die Hirnbasis eingeführter Laminaria- stifte. Taf. VII, Fig. 2. Gewöhnlich entartet bei diesen beiden Versuchsweisen noch ein Faserzug, welcher sich in die Commissura anterior begiebt und dort kreuzt. Die Kreuzungsschenkel begeben sich in das mediale centrale Grau des Thalamus. Ob man hier, wie wir in unserer ersten Veröffentlichung es thaten, einen Tractus strio-thalamicus cruciatus abscheiden darf, erscheint jetzt zweifelhaft, seit wir wissen, daß nicht allzuweit vom Ursprung des Tractus strio-mesencephaliceus dorsalis auch die Fasern der Commissura anterior selbst entspringen. 6. Mit dem zuletzt erwähnten Faserzuge zusammen verläuft der Traetus oceipito- mesencephalicus. Er ist schon oben 8. 387 beschrieben worden. Hier sei nur noch einmal daran erinnert, daß diese aus der temporo-oceipitalen Rinde stammenden Fasern zu- nächst mit der Commissura anterior medialwärts ziehen und nahe der Mittellinie sich von ihr lösen, um ventro-caudal abwärts biegend sich den medialsten Fasern der dorsalen Brachiumabteilung anzuschließen. Sie sind allmählich abnehmend bis in caudalsten Ebenen des Mittelhirnes verfolgt worden. Auf Markscheidenpräparaten ist ihr Ursprung aus der Rinde ganz zweifellos festzustellen, wie denn auch der ganze Faserzug zuerst an solchen Präparaten verfolgt worden ist. Taf. VII, Fig. 1. B. Ventrale Abteilung des Brachium cerebri. Die ventrale Abteilung enthält nur ein starkes und zwei dünnere Bündel. Das starke ist der 7. Traetus strio-mesencephalicus ventralis. Dieser Faserzug stammt, wie die Markscheidenentwicklung, ergiebt s. u., wohl aus- schließlich aus dem Mesostriatum und dem Ektostriatum. Die Degeneration gelingt sehr leicht. Wir haben ihn 14mal zur Entartung gebracht, sei es durch tiefe laterale Ätzungen des Großhirnes, sei es durch Abtragung mittlerer und caudaler Hemisphärenabschnitte, auch durch Anstechen mit dem Laminariastift und natürlich auch durch Abtragungen einer ganzen Hemisphäre. Auch Boyce und Warrington ebenso Münzer und Wiener haben ihn vom Großhirne bis in das Mittelhirn verfolgt, doch blieb ihnen der wahre Ursprung im Meso- striatum und Ektostriatum unbekannt. Das Bündel giebt auf seinem Wege rückwärts keine Fasern an den Nucleus rotundus thalami ab, zieht vielmehr weiter caudal und versorgt mit End- fäden die einzelnen Ganglien zwischen Mittelhirndach und Mittelhirnbasis (ventraler Teil des Nucleus spiriformis, ventraler Abschnitt der Lobusrinde, tiefe Mittelhirnganglien). Die letzten Fasern, welche durch künstliche Entartung noch nachweisbar sind, findet man in den Ebenen, ul? — wo die Trochlearisstämmehen austreten und wo der große Trigeminuskern beginnt. Taf. III, Fig..1,.3, 45. Taf. IV, Rig.8; Taf. VIL, Fig. 3. 8. Medial von dem vorgenannten Bündel liegen Fasern, die zweimal nach Anstechen des centralen Höhlengrau des Thalamus vorderhirnwärts entartet sind und frontalwärts bis in den Lobus parolfactorius verfolgt werden konnten. Man kann sie vorläufig als 9. Tractus thalamo — oder mesencephalo? — paroltactorius bezeichnen. 10. In den ventralsten Ebenen der ventralen Brachiumabteilung verlaufen immer sehr dicke Fasern, wenige nur, aber zu einem Bündelchen geschlossen, welches anatomisch und degenerativ aus der Gegend des Ganglion isthmi im Nachhirn bis in die ventrale Gegend des Stirnlappens zu verfolgen ist. Es ist der früher schon beschriebene Tractus-quinto- frontalis, dem sich — mindestens bei der Ente — der Traetus fronto-bulbaris beigesellt. IX. Anhang. Ergebnis der Markscheidenentwicklung. Zu Studien über die Markscheidenentwicklung standen die folgenden Vögel zur Verfügung: 1. Passer domesticus, a) eben aus dem Ei, zwei Exemplare ; b) zwei Tage alt, ein Exemplar; c) eben flügge, Alter unsicher, zwei Exemplare. 2. Chloris hortensis, zwei Tage alt. 3. Sylvia (hortensis?), eben aus dem Ei. 4. Haushuhn, a) 12 Stunden nach dem Auskriechen, b) 60 Stunden danach, je zwei Exemplare. c) 8 Tage nach dem Auskriechen, j 5. Teiehhuhn, 48 Stunden nach dem Auskriechen. 3ei den Sperlingen war überhaupt kein Bündel des Vorderhirnes markhaltig. Bei allen anderen Vögeln war aber der Befund ganz so, wie er hier von dem 12 Stunden alten Huhne geschildert werden soll: In dem Ektostriatum und um dasselbe findet sich ein reichentwickeltes Netzwerk markhaltiger Fasern. Aus diesem strahlen zahlreiche Züge medial- und basalwärts, sammeln sich an der Grenze des Mesostriatum zu einer markhaltigen Lamelle und dringen wenig weiter caudal in dieses ein. Im Mesostriatum selbst scheinen dann auch Fasern zu entspringen und beide Arten wenden sich dann vereint caudal in den Thalamus. Ihr Querschnitt liegt da, wo später die ventrale Brachiumabteilung gefunden wird. Da die dorsale, wenn auch marklos bereits sichtbar ist, so kann darüber kein Zweifel bestehen. Vergl. Taf. IV, Fig. 6, 7, Das wäre also ein Striatumbündel zum Thalamus im Brachium ventrale. r Die Degenerationsversuche an der Taube hatten, wie oben gezeigt wurde, ergeben, daß im ventralen Brachiumanteil kein Bündel zum Nucleus rotundus thalami liege; nur der Anteil zum Mittelhirn, den auch die Entwicklungsgeschichte kennen lehrt, war degenerativ nachgewiesen. Ob hier eine Lücke noch auszufüllen ist, oder ob speziell bei der Taube, die wir wieder nicht auf Markscheidenbildung untersucht haben, kein Thalamusbündel im Brachium ventrale liegt, das wird noch festzustellen sein. Die Markscheidenentwicklung lehrt dann, was auch aus den Degenerationen nicht so sicher zu folgern war, daß mindestens ein Teil des Tractus strio-mesencephalicus dem Ektostriatum entstammt. Bei dem Huhn von 60 Stunden sind außer den genannten Fasern noch solche markhaltig, die aus dem Striatum selbst stammen, aber noch keine Rindenfasern. Der erwähnte Zug schließt sich dem Brachium ventrale und dem B. dorsale an. Im Epistratum beginnt eben die Markfaserbildung, aber bereits erkennt man deutlich, daß ein Teil der Commissura anterior und auch ein solcher des Traetus oceipito-mesencephalieus markhaltig sind. Dieser letztere Faserzug kann zunächst nur bis in caudale Thalamusebenen verfolgt werden. Im Septum beginnt eben die Markscheidenbildung um den Tractus septo -mesencephalieus. Taf. IV, Fig. 8. Das Huhn von acht Tagen Lebenszeit zeigt ganz die gleichen Bündel, doch alle distinkter, vielleicht faserreicher, außerdem ist der größte Teil des Tractus septo - mesen- cephalicus markhaltig und es ist namentlich der Traetus oceipito-mesencephalieus nebst dem zugehörigen gleich verlaufenden Striatumbündel markhaltig. Der Tractus septo - mesen- cephalieus ist in einem Teil der oceipitalen Bündel noch marklos, außerdem wird sein Mark in der Gegend, wo er sich um das Brachium cerebri herumschlägt, auch schon unsicher. Auch um diese Zeit ist außer dem oceipitalen Bündel noch kein Rindenbündel markhaltig. Das wichtigste an diesen Befunden scheint mir zu sein, daß sie nachweisen, wie die Rindenfaserung erst sehr spät in Erscheinung tritt, daß aber auch die Striatumfaserung nicht gleichaltrig ist, daß vielmehr zuerst die Fasern aus dem Ektostriatum, dann die aus — 412 — dem Mesostratium, später die aus dem Epistratum und Striatum sich entwickeln. Bekannt- lich kann das eben aus dem Ei gekrochene Tier und sicher das von acht Tagen, also rindendefekte Tier, bereits laufen, picken ete. Der Befund bei den kleinen Sperlingen, welcher ergab, daß hier auch die beim auskriechenden Huhn bereits markhaltigen Fasern noch nicht ausgebildet sind, weist darauf hin, daß verschiedene Vögel sich sehr verschieden verhalten. Es dürften namentlich Untersuchungen über die Markscheidenbildung bei verschiedenen Arten jetzt, wo eine große Zahl der Hirnbahnen bekannt ist, von besonderem Interesse sein. Wahr- scheinlich kommen die Nesthocker mit anderer Entwicklung als andere Vögel zur Welt. Wir beabsichtigen im kommenden Frühjahre diese Frage aufzunehmen. X. Übersicht der Resultate. Das Vogelgehirn hat bisher auffallend wenig Bearbeiter angezogen. Mit modernen Methoden ist eigentlich nur ein Teil des Taubengehirnes anatomisch untersucht. Eine größere Darstellung, die sich auf zahlreiche Arten erstreckt, ist seit der 1883 erschienenen Arbeit von Bumm nicht mehr erschienen. Nur die äußeren Formen haben mehrfach Berücksichtigung gefunden. Die einzelnen Teile der fast soliden Vogelhirnhemisphäre waren bisher nicht mit Sicherheit gedeutet, einmal weil nicht sicher zu entscheiden war, was Pallium und was Stammhirn ist, und dann weil in dem massiven, möglicher Weise dem Stammhirn anderer Vertebraten entsprechenden Kerne, zahlreiche Unterabteilungen existieren, die nicht auf andere bei niederen oder höheren Vertebraten bekannte Abteilungen zurückzuführen waren. Seit fast 8 Jahren mit dem Studium des Vogelvorderhirnes beschäftigt, habe ich dieses erst jetzt zu Ende führen können, vornehmlich auch Dank der Unterstützung, welche die Herren A. Wallenberg und G. Holmes mitarbeitend mir angedeihen ließen. Der in der That schwierigen Aufgabe wurde auf mehreren Wegen nahe getreten. 1. Durch Verfolgung der Entwicklung im Ei wurde festgestellt, was von den später verschmolzenen Teilen dem Pallium, was dem Stammhirn angehört. 2. Die Untersuchung von an 50 Arten aus den mannigfachsten Familien ermöglichte einen Überblick über die Gestaltung des reifen Gehirnes. 413 3. Mittels fortlaufender Schnittserien, die mit der Marscheidenfärbung behandelt waren, gelang die Feststellung zahlreicher Bahnen, von denen bisher nur eine Minderheit bekannt war. Die genauere Verfolgung derselben, die Feststellung von Ursprung und Endpunkt, ist aber erst gelungen als: 4. ca. 50 verschiedenartige Verletzungen an Gehirnen von lebenden Tauben, Enten und Gänsen vorgenommen und deren Folgen mit der Marchi’schen Degenerations- methode studiert wurden. 5. Zellen und Kerne wurden nach den Nissl’schen und Golgi’schen Methoden behandelt. 5. Schließlich wurde auch die Entwicklung der Markscheiden studiert. Dabei haben sich folgende Resultate ergeben: Die nur medial von einem engen Ventrikel durchzogene, sonst fast solide Masse des Hemisphäriums besteht beim Embryo aus dem basal liegenden Stammhirn, über welches sich völlig frei, wie bei den Reptilien, ein Pallium wölbt. Erst in der späteren Embryonalzeit wächst das Stammhirn so, daß es den ganzen lateralen und den größeren Teil des dorsalen Ventrikels ausgleichend, mit dem Pallium laterale und dorsale zu einer Masse verschmilzt. Es kommen sehr beträchtliche relative Größenverschiedenheiten und nicht unbeträcht- liche Formverschiedenheiten zwischen den Gehirnen der einzelnen Familien vor. Am meisten Differenzen zeigt das Stirnhirn, ein Teil der bei den Reptilien noch fast ganz fehlt, bei einigen Vögeln: Sänger, Gans, Papageien, aber beträchtliche Entwicklung annimmt. Dann giebt es namentlich im Temporalgebiet große Differenzen und schließlich ist der oceipitale Abschnitt bei den Vögeln ein mächtiges Gebilde. Das ganze Vorderhirn besteht aus einem dorsalen Anteil, der von Pallium bedeckt ist und einem ventralen palliumfreien Anteil. Sowohl an der Außenseite des Grehirnes als im Innern des Ventrikels ist die Grenze zwischen diesen Hauptabteilungen durch je eine sagittale Furche angedeutet. Diese beiden Furchen, die Fissura limbica externa und Fiss. limb. interna, sind in der gleichen Lagerung am Reptiliengehirne zu finden und ebenso an einigen Amphibiengehirnen. Burekhardt hat die gleichen Furchen bei Protopterus ge- sehen und dort als „Grenzfurche des Rinde tragenden Anteiles“ beschrieben. Es handelt sich also um zwei zweifellos prinzipiell wichtige Furchen des Vertebratengehirnes. Sie liegen immer an der ventralen Grenze des Palliums und scheiden also das Vorderhirn in zwei ganz verschiedenwertige Abschnitte. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Ges. Bd. XX. 52 414 °— Der Basalabschnitt enthält den Riechapparat und vom Stammganglion das gleich zu erwähnende Mesostriatum mit seinen beiden frontalen Fortsätzen, dem Lobus parolfactorius und dem Nucleus basalis. Dem Dorsalabschnitt gehört zunächst das ganze Pallium an, dann aber im Innern des Ventrikels das Hyperstriatum, das Ektostriatum und das Fpistriatum. Der Riechapparat, bestehend aus zwei konischen der Hemisphäre frontal aufsitzenden Höckern, die fast ganz mit Formatio bulbaris bedeckt sind, ist immer sehr schwach ent- wickelt. Die mit ihm zusammenhängende Faserung spielt im Gesamtaufbau keine nennens- werte Rolle. Ein Fornix fehlt wahrscheinlich ganz, eine eigentliche Ammonsformation ist nicht nachzuweisen. Am Pallium kann man mehrere Teile: Pars frontalis, parietalis, temporalis und oceipitalis, unterscheiden, welche sich nicht nur durch ihre recht verschiedene Ausbildung, sondern namentlich auch durch ihre Faserung oft gut von einander trennen lassen. Die Palliumfaserung, welche zu größerem Teile aus dem Thalamus stammt, zu geringerem in diesen und in das Mittelhirn hinein zieht, wurde genauer bekannt, ebenso die Faserzüge innerhalb der Rinde. Die Rinde umgreift, einer Kapsel gleich, den dorsalen Teil des Stammganglion, lateral verschmilzt sie mit ihm zu einer Masse. Dieser intrapallial liegende Stammganglion- abschnitt besteht aus mindestens drei selır gut abscheidbaren Ganglien. Dorsal liegt einem langen Polster gleich das Hyperstriatum, die Hauptmasse des Ganzen. Es geht latero- caudal in das Epistriatum über. Unter dem Hpyperstriatum liegt, als von außen her eindringender Keil, das Ektostriatum. Unter diesen drei Ganglien, aber fest mit ihnen verbunden, liegt das Mesostriatum, ebenfalls ein längliches Polster, das frontalwärts zwei für die verschiedenen Arten an Aus- dehnung sehr wechselnde Fortsätze aussendet. Der laterale Fortsatz, der meist die ventro- laterale Außenseite des Gehirnes erreicht, resp. bildet, wurde als Nucleus basalis be- zeichnet, der mediale als Nucleus parolfactorius. Die Textfigur Fig. 11 illustriert das schematisch. Die Faserung der Rinde und der einzelnen Teile des Stammganglions sammelt sich zunächst zwischen Hyperstriatum und Mesostriatum zu der Lamina medullaris dorsalis. Sie durchbricht dann, weitere Zuzüge aufnehmend, das Mesostriatum und es liegen schließlich ventral von diesem, in der Concavität seines Polsters, die gesamten Fasern als Brachia cerebri veremt. Ein Kern großer Zellen, der Nucleus ento- — 45 — peduneularis ist der Faserung hier eingelagert, er reicht bis in das Mittelhirn hinab, immer im Bereiche der Brachiumfaserung liegend. Nur bei den Papageien sammelt sich die aus dem Vorderhirn abwärts ziehende Faserung zu einer Art Capsula interna in den Gliedern des Stammganglions, bei allen allen anderen Vögeln durchmißt sie das Stammganglion in diflus zerstreuten Zügen. Zwischen dem Hyperstriatum und dem Mesostriatum caudal biegend, bildet sie die auch makroskopisch immer gut sichtbare Lamina medullaris dorsalis. Eine Capsula externa ist immer zwischen Rinde und Lobus parolfactorius, bei bei manchen Arten auch zwischen Rinde und Hyperstriatum nachweisbar. Die Faserung des Großhirnes besteht aus Eigenfasern, aus Zügen zum Thalamus und Mittelhirn und aus Zügen, die in den zuletzt genannten Hirnteilen entspringend, frontalwärts ziehen, um im Pallium und Stammganglion zu enden. Von Eigenfasern wurden nachgewiesen: 1. Intracortieale Associationsbahnen, besonders im Stirn- und Parietalteile. 2. Traetus fronto-oceipitalis intrastriatieus. 3. Traetus fronto-epistriaticus, aus der Frontalrinde und dem Lobus parol- factorius zu dem Epistriatum. 4. Commissura pallii. Commissura anterior, besteht aus einem starken, zwischen den Epistriata [>| verlaufenden Zweige und einem (nur bei der Gans, durch Degeneration nachgewiesenen) frontalen Schenkel. 6. Caudaler Assoeiationszug des Stammganglions. (Nur bei einigen Arten.) Im Vorderhirn selbst entspringen: 1. Traetus septo-mesencephalieus, Scheidewandbündel. 2. Traetus fronto-thalamieus und fronto-mesencephalieus. 3. Traetus oceipito-mesencephalieus. 4. Tractus strio-mesencephalieus. 5. Tractus strio-habenularis. 6. Traetus fronto-bulbaris (spinalis ?). In das Vorderhirn gelangen: 1. Tractus thalamo-striatieus. 2. Traetus thalamo-frontalis et parietalis. 3. Traetus quinto-frontalis, 52 —. 2er Es bilden die Faserzüge zum Vorderhirn und diejenigen aus demselben ganz be- stimmte Marklager, welche bei den Vögeln sehr verschieden stark entwickelt sind. Am meisten Differenzen weist das Frontalmark auf. Es ist zwar immer nachweisbar, aber bei allen Papageien und bei der Gans sehr viel mehr entwickelt als bei den anderen Vögeln. Ein Mittelglied bildet der Rabe und die Möve. Der Strauß hat nur eine sehr unbedeutende Entwicklung des Frontalmarkes. Das temporale Mark ist überhaupt nur bei den Papageien ordentlich ausgebildet. Das parietale Mark ist schwächer als die anderen Gruppen und überall ziemlich gleich. Die einzelnen Abteilungen der Vorderhirnfaserung sind durch die Brachia cerebri hindurch fast alle zu ihren Ursprungs- oder Endstätten verfolgt worden, zumeist auf degenerativem Wege. Dabei hat sich eine Einteilung der Brachia cerebri gewinnen lassen. Schließlich ist an einem für Schlüsse noch zu kleinen Materiale die Entwicklung wenigstens einiger Großhirnbündel, soweit Markscheidenumhüllung in Frage kommt, studiert worden. Es scheint als kommen «die Nesthocker mit weniger ausgebildetem Gehirne aus dem Ei als andere Vögel. Das erste Bündel, welches Markscheiden bekommt, entstammt dem Ekostriatum und geht in den Thalamus oder hat umgekehrte Verlaufrichtung. Das Vogelvorderhirn ist also durch eine mächtige Faserung in der Art mit dem Thalamus erbunden, daß Züge dort entspringen und im Vorderhirn enden und daß Züge vorkommen, welche im Vorderhirn entspringend ihre letzten Ausläufer bis in den Thalamus hinabsenden. Diese Radiatio strio-thalamica enthält viel mehr Fasern, die zwischen Thalamus und Striatum einherziehen, als solche, welche Thalamus und Rinde verbinden. Eine fast ebenso mächtige, aber doch geringere Faserung verbindet in wahrscheinlich auch doppelläufiger Weise das Vorderhirn mit dem Mittelhirn. In das Kleinhirn gelangt keine direkte Vorderhirnbahn. Wohl aber mag ein indirekter Weg bestehen. In einen Kern der Mittelhirnbasis, den Nucleus tegmenti, münden die Traetus cerebello-thalamiei zumeist gekreuzt, und da, wo dieser Kern liegt, enden viele der Tractus strio-mesencephalici benachbart zum Kerne. Es besteht eine aus wenigen, aber dicken Fasern bestehende, ebenfalls doppelläufige Verbindung zur Oblongata. Ihr absteigender aus der frontalsten Abteilung des Mesostriatum stammender Zug ist bis an die caudalste Oblongatagrenze, fraglich auch in das Halsmark, verfolgt, ihr aufsteigender diekerer Zug stammt wohl ganz oder zum größten Teile aus der Gegend des Quintusendkernes, wohl aus diesem selbst. Es sind die Kerne der Oblongata also mit dem Vorderhirne verbunden, ee EEE Irgend eine sichere Verbindung hinab zudem Rückenmark selbst ist nie gefunden worden, wenn man absieht von den fraglichen Fäserchen zum obersten Halsmarke, die nur bei der Ente gesehen wurden. Niemals hat eine partielle oder totale Hemisphärenabtragung Bahnen bis in das Rückenmark zur Entartung gebracht. Auch hier besteht aber eine indirekte, wahrscheinlich doppelte Verbindung. Zahlreiche Fasern aus dem Mittelhirn und zu demselben verbinden dieses mit dem Rückenmarke, ebenso giebt es einen Tractus thalamo- spinalis und einen Traetus spino-thalamieus. Die oben erwähnten Bahnen aus dem Vorder- hirn zum Mittelhirn und zum Thalamus vermögen wohl die Verbindung zum Rückenmarke aufrecht zu erhalten. Eine Bahn zwischen Rieehnervendigung und Rinde ist sehr fraglich. Der Sehnerv aber hat eine enge Beziehung zur Rinde, die auch experimentell functionell nachzuweisen ist. Bahnen aus dem Oceipitallappen enden an der Basis des Mittelhirndaches in mehreren Gangliengruppen, die durch eine reiche feine Faserung mit dem Dachgrau, in dem der Opticus sich auflöst, verbunden sind. An vielen Stellen des vorstehenden Textes ist darauf hingewiesen worden, wie einzelne Faserzüge bei verschiedenen Vogelarten ganz verschieden entwickelt sind, ja daß ganze Markstrahlungen, welche bei den einzelnen Arten nur schwach ausgeprägt sind, bei anderen mächtige Bündel bilden. Ich erinnere an die Ausbildung des Frontalmarkes, die bei der Gans und den Papageien, aber auch bei vielen Sängern so sehr viel größer ist als bei allen anderen untersuchten Tieren. Die Größe der Tierart hat damit gar nichts zu thun, das Gehirn des Rotkehlechen ist außerordentlich viel reicher an markhaltigen Fasern aus dem Pallium und aus dem Stammganglion als das Gehirn des Straußes. Das letztere ist überhaupt, soweit Markfaserung in Betracht kommt, eines der armseligsten. Versuche an Vögeln werden mit diesen Differenzen rechnen müssen. In dieser Arbeit, wo die Menge des zu verarbeitenden Stoffes und die Schwierigkeit so manche ganz neue Verhältnisse zu erkennen, ständig empfunden wurden, kam es zunächst einmal darauf an, das Allgemeine, das Typische, festzustellen. An die Abweichungen von diesem Type, an die Individualeigenschaften der einzelnen Familien ete., wird man jetzt erst herantreten können. Was sich bereits gezeigt hat, ist, daß die Grundlinien zwar überall die gleichen sind, daß aber solche Differenzen in der Aus- bildung vorkommen, daß man wohl sagen kann, sie seien nicht geringer als bei den Säugern. Das Gehirn der Taube ist von dem der Gans mindestens so unterschieden, wie dasjenige des Kaninchens von dem — 48 — Gehirn des Hundes, ja von dem Papageigehirn steht das Tauben- gehirn reichlich so weit ab, wie etwa das Hundegehirn vom Affen- gehirn. Die Aufgabe dieser Untersuchung war zunächst einmal eine gewisse Sicherheit der Auffassung des Vogelgehirnes zu schaffen, eine Sicherheit, welche Mangels entwicklungs- geschichtlicher Untersuchungen bisher gefehlt hat. Es waren die einzelnen Teile zu deuten und es war im Hauptsächlichen ein Überblick über Gangliengruppen und Faserverlauf zu schaffen. Nachdem dieselbe, soweit in unseren Kräften steht, der Lösung näher gebracht ist, kann die Frage aufgeworfen werden: Welche Stellung nimmt das Vogelgehirn innerhalb der Reihe der anderen Vertebratengehirne ein? Das Vogelgehirn ist ein absolut eigenartiger Hirntypus, der schwieriger als irgend ein bisher bekannter an früher studierte Formen anzuschließen ist. Es hat nur sehr wenige Berührungspunkte mit dem Gehirne der Mammalia:; eher noch kann man bei seiner Betrachtung an gewisse Reptilien- vorderhirne anknüpfen. Am Schlusse meiner Arbeit über das Vorderhirn der Reptilien konnte ich zeigen, wie dieses in Vielem vom Gehirne der niederen Mammalia nicht allzufern absteht. Es würde aber ein aussichtsloser Versuch sein, die unmittelbare Verwandtschaft des Vogelgehirnes mit irgend einem Gehirn der Säugerreihe festzustellen. Manches im Vogel- vorderhirne wurde erst klar als das Reptiliengehirn, siehe Heft 3 dieser Beiträge, einmal durchgearbeitet war, aber man muß sagen: Kein Reptiliengehirn ist einem Vogelgehirn wirklich ähnlich gebaut. Nur dasjenige der Schildkröten hat gewisse Anklänge, die schon in Heft 3 hervorgehoben worden sind. Was beide Gehirne so sehr wesentlich unterscheidet, das ist die enorme Entwicklung des Stammganglions bei den Vögeln, eine Entwicklung, welche alles Andere in der Hirnanordnung so völlig beherrscht, daß Querschnitte durch das Vogelgehirn eben Bilder ergeben, welche nicht einmal an irgend ein anderes Tiergehirn erinnern. Eine mächtige Faserung entspringt in dem Stammganglion und eine ebensolche aus dem Thalamus und Mittelhirn, ja aus Teilen der Oblongata endet da. Ihr gegenüber erscheint die Faserung aus der Rinde nur ganz gering. Weil überall in dem Stammganglion Fasern entspringen und enden und weil diese sich mit den Rindenfasern vielfach mischen, kommt es nur ganz selten — Papageien — zu geschlossenen Zügen, welche aus dem Großhirn caudalwärts ziehen, es ist vielmehr die Großhirnfaserung über die ganze Großhirnmasse fast pinselförmig ausgebreitet und sammelt sich erst am Stiel des Pinsels zu den Brachia cerebri. ee — 419 Auch dieser Umstand macht das Querschnittbild des Vogelgehirnes dem anderer Vertebraten- gehirne unähnlich. Die Thalamus - Striatumverbindungen, welche ich zuerst für die Fische, später für alle anderen Vertebraten nachgewiesen habe, sind also bei den Vögeln ganz besonders stark entwickelt. Innerhalb des Stammganglions lassen sich eine ganze Anzahl einzelner Kerne ab- scheiden, die bisher nur zum geringen Teile bei anderen Vertebraten wiedergefunden sind. Es ist aber jetzt möglich, einzelne dieser Ganglien mit solchen, welche von den Säugern her bekannt sind, so zu identificieren, daß nach beiden Seiten hin mehr Klarheit erwächst. Das Hyperstriatum, das zudem bei den Papageien durch die Capsula interna in einen lateralen und einen medialen Teil getrennt wird, entspricht deutlich dem Nucleus caudatus und dem Putamen nach Lage und Faserbeziehungen zu dem Thalamus. Das Mesostriatum rückt damit vielleicht an die Stelle dessen, was bei Säugern globus pallidus heißt. Noch fehlt für die letzteren der Nachweis eines Ektostriatum und noch ist das bei den Vögeln so mächtige Epistriatum dort nicht nachgewiesen, wenn auch Manches dafür spricht, daß der Nucleus amygdalae hier in Betracht kommen könnte. Nachdem einmal für die Vögel und Reptilien ganz charakterische Faser- beziehungen des Epistriatum festgestellt sind, wird es aber wohl gelingen, diesen Hirnteil auch bei Säugern aufzufinden. Entsprechende Untersuchungen habe ich bereits aufgenommen. Die Faserung aus dem Stammganglion und zu demselben folgt dem seit Jahren von mir für alle Vertebraten festgestellten Type — sie begiebt sich in den Thalamus, sendet auch einzelne Teile etwas weiter caudal. Sie ist wie wahrscheinlich alle Hirnfaserung, doppelläufig, d. h. es entspringen Züge im Stammganglion, die im Thalamus und Mittelhirn enden und es enden Züge im Stammganglion, die aus dem Thalamus stammen. Ein Bündel aus dem Stammganglion, das Epistriatumbündel der Commissura anterior, gehört bei den Vögeln zu den mächtigsten des ganzen Gehirnes. Für die Säuger ist es kaum bekannt, während dort die Commissura anterior noch viele Fasern anderer Herkunft führt. Für das Studium der Funktion der Commissura anterior dürfte dieser Umstand des experimentell wohl angreifbaren Faserzuges wichtig wurden. Da das Stammganglion bei keinem anderen höheren Vertebraten so übersichtlich ist wie bei den Vögeln, so wird es wohl wichtig sein, die dort nun einmal festgestellten Abteilungen überall aufzusuchen. Wie ich an anderen Orten nachgewiesen habe, sind derlei Grundanordnungen des Gehirnes niemals ausschließlich bei einer Klasse vertreten, in mehr oder weniger deutlicher Aus- bildung wird man wohl auch die Stammganglionteile überall antrefien. u dh (Gegenüber der wohlbekannten Intelligenz der Vögel fällt Demjenigen, welcher, wie die meisten bisher, gewohnt ist, die Intelligenz im weiteren Sinne an die Rinde gebunden anzusehen, auf, wie sehr gering die Entwicklung des Palliums ist. Aber es zeigt sich in den Verbindungen der Palliumrinde bei den Vögeln ein besonderer Fortschritt den Reptilien gegenüber. Dort konnte nur ein einziger Faserzug, der aus dem Stirnpol, mit einiger Sicherheit zum Thalamus verfolgt werden. Bei den Vögeln lernten wir eine ganze Reihe von Zügen kennen, welche teils von der Rinde zum Thalamus und dem Mittelhirn ziehen, teils dort entspringend in der Rinde enden. Das Vorderhirn der Vögel ist also auch in seinem pallialen Anteil reich mit caudaler liegenden Hirnteilen verbunden. Es vermag deshalb die Rindenthätigkeit viel mehr andere Zentren zu beeinflussen, als dies noch bei den Reptilien der Fall ist. Hier liegt vielleicht die anatomische Grundlage für die höhere Intelligenz zum Teil begründet. Schon vor Jahren konnte ich darauf aufmerksam machen, daß aus dem oceipitalen Abschnitte des Vogel- gehirnes Fasern bis nahe an die optischen Endstätten heranreichen. Da nach Entfernung ihres Ursprunggebietes die Vögel vorübergehend contralateral blind werden, verglich ich diese Bahn mit der Sehstrahlung der Säuger. In ihr mag die anatomische Grundlage für die eminente Begabung zu optischer Beobachtung und ihrer Verwertung gegeben sein, der wir bei den Vögeln begegnen. Ganze Markmassen, die noch bei Reptilien fehlen, entspringen aus dem Pallium oder enden dort. So besitzen alle Vögel in wechselndem Maße ein Frontal- mark und ein Parietalmark und einige auch ein Temporalmark. Alle haben die oceipitale Strahlung zur Mittelhirmbasis. Auch mächtige Faserzüge, welche einzelne Großhirnteile unter sich verbinden, wurden festgestellt, Züge, welche den Amphibien und Reptilien noch ganz fehlen. Auffallenderweise liegen die stärksten derselben innerhalb des Stammganglion und nur dünnere in der Rinde. Immerhin komplizieren auch diese Züge den Bau des Vogelgehirnes sehr, wenn man es mit dem benachbarter Klassen vergleicht. In wie weit ermöglicht die bessere Kenntnis der Anatomie nun ein Verständnis der Funktion des Vogelvorderhirnes ? Der bisherigen physiologischen Erforschung des Vogelvorderhirnes ist der Mangel jeglicher anatomischer Vorkenntnisse sicher überaus schädlich geworden. Wenn man die große Summe ehrlicher Arbeit überblickt, die darauf verwendet worden ist, zu ermitteln, welche Ausfallerscheinungen Totalabtragung des Vorderhirnes hat, wenn man erkennt wie sorgfältig immer wieder untersucht wird, ob nicht etwa ein kleiner Rest, stehen bleibend, EN VEREIN UUUE © EEE ET — 21 — das erwünschte Resultat trübt, dann kommt einen das lebhafte Bedauern an, daß bisher auf Teilverletzungen und vor Allem auf Feststellung dessen, was etwa ein stehen gebliebener Rest anatomisch war, so wenig Gewicht gelegt worden ist. Unsere und Anderer vergleichend “ anatomische Untersuchungen haben gelehrt, daß bei allen Vertebraten ein vollkommener Mechanismus für alle motorischen und sensiblen Funktionen in denjenigen Hirnteilen gegeben ist, welche caudal von dem Pallium liegen, sie haben am Beispiel der Fische, deren Pallium rindenfrei ist, gezeigt, daß dieser Apparat zu sämtlichen Lebensfunktionen und zu einem zweckmäßigen Verhalten im Raum ausreichend ist. Wir sind berechtigt anzunehmen, daß mit dem Auftreten der Rinde und mit ihrem allmählichen Zunehmen innerhalb der Reihe ein neues Moment zutritt. Dieses wird allmählich für das Verhalten zur Außenwelt immer wichtiger. Noch innerhalb der Säugerreihe finden sich hierfür Beweise. Während ein Kaninchen seine primären optischen Endstätten noch so viel benutzt, daß Abtragung der Rinde, welche die sekundären Endstätten des optischen Apparates enthält, es nicht dauernd blind macht, wird beim Affen und besonders sicher bei dem Menschen das Sehvermögen dauernd vernichtet, wenn jene Rindenteile zu Grunde gehen. Die viel studierten Erscheinungen, welche durch Wegfall des ganzen Vorderhirnes bei Vögeln erzeugt werden, hat am präzisesten Schrader zusammengefaßt. Was er sagt, läßt sich mit der anatomischen Gesamtanordnung des Gesamtcentralaparates sehr wohl vereinen. Für Schrader ist das Großhirn der Taube weder motorisches Centrum in dem Sinne, daß mit ihm Bewegungen vernichtet werden, noch sensorisches Centrum in dem Sinne, daß sein Verlust die Sinnesthätigkeit aufhebt. Aber die Beobachtung enthirnter Tiere beweist ihm, daß das Großhirn auf beide Gebiete einen bedeutenden Einfluß ausübt. Das Verhalten der verstümmelten Tiere ist weit ver- schieden von dem normaler. Alle ihre Handlungen machen den ganz unverkennbaren eigen- artigen Eindruck, welchen die Bewegungen eines Automaten hervorrufen. Trotz ihrer Mannigfaltigkeit und Kompliziertheit zeigen sie durchaus den Charakter der Antwortbewegung. Die Handlungen normaler Tiere lassen sich nicht so leicht überschauen, sie zeigen eine größere Freiheit gegenüber den für uns ersichtlichen Erregungen, man hat den Eindruck, daß bei dem Großhirntier noch ein Zwischenglied von bestimmendem Einfluß in die Kette zwischen Reiz und Erregung tritt, welches den höheren Grad der Spontaneität, die größere Mannigfaltigkeit der Bewegungen bedingt. Nach Schrader’s und Goltz’s Beobachtungen kann man nur schließen, daß ein Tier ohne Großhirn die Gegenstände der umgebenden Welt nicht mehr erkennt, daß diese für ein solches Tier gleichwertig sind, und nur nach Größe, Lagerung im Raum und Gestalt die Form seiner Bewegungen bestimmen. Abhandl. d. Senekenb. naturf. Ges. Bd. XX. 23 Aus Schraders Arbeit erfahren wir aber noch zwei wichtige Thatsachen. Erstens, daß die enthirnten Tauben nur dann verhungern, wenn man das Striatum mitnimmt, daß sie aber leben bleiben und spontan fressen, wenn man nur das Pallium über dem Stamm- ganglion abträgt. Schrader hat diese anatomischen Bezeichnungen nicht, aber seine Ab- bildungen erlauben die Einführung dieser Namen. Zweitens, daß verschiedene Vögel ganz zweifellos eine Art herdförmiger Lokalisation haben. Eine Abtragung der Frontalenden des Gehirnes, welche bei den Tauben und einer Saatkrähe so gut wie keine Symptome machte, lähmte bei einem Falken beide Beine und vernichtete die Fähigkeit spontan zu fressen, ließ aber alle anderen Funktionen intakt. Bei dieser Operation wird, wie wir jetzt wissen, außer der Frontalrinde ganz besonders der Kopf des Hyperstriatum und die laterale Zunge des Mesostriatum verletzt. Ich vermute, daß die letztere Verletzung für den Ausfall der Freßfunktion in Betracht kommt. Die Gründe sind dreierlei Art. Bei den Tauben und wohl auch bei der Krähe — sicher beim Raben, den ich untersucht habe — wird durch dieSchrader’sche Operation das Mesostriatum gar nicht lädiert, wohl aber dürfte das bei dem Falken der Fall sein. Wenigstens hatte der Mäusebussard, den ich untersuchte, wenn ich mich recht erinnere — gerade hier sind mir die Präparate verloren gegangen — ein recht beträchtlich frontal reichendes Meso- striatum. Für spätere Versuche wird es wichtig sein, sich daran zu erinnern, daß, wie oben gezeigt wurde, die innere Configuration des Stirnabschnittes bei den einzelnen Vögeln sehr verschieden ist, daß namentlich die Länge der frontalen Mesostriatumzungen sehr wechselt. Sehr interessante Versuche, die neuerdines Kalischer veröffentlicht hat, sprechen durchaus dafür, daß dem ventralen Mesostriatum eine wichtige Beziehung zum Freß- akte zukommt. Kalischer fand, daß, wenn man bei der Taube, dem Huhn, der Ente und besonders bei den Papageien die Gegend lateral und ventral vom Stirnlappen reizt, Schnabel- und Zungenbewegungen auftreten. Hier liegt aber so gut wie keine Rinde, hier tritt nur Mesostriatum und Hyperstriatum an die Oberfläche. Von ganz besonderem Interesse ist nun, daß aus eben jener Gregend am frontalen Mesostriatumende in der That ein Faserzug entspringt, welcher sich in der Oblongata auflöst und daß da ein solcher endet, welcher aus dem Trigeminuskern — Kaumuskulatur — stammt. Schon die ältereren Untersucher, wir selbst, dann neuerdings Kalischer haben ge- funden, daß der Occipitalteil des (rehirnes mit dem Sehakte in Beziehung steht. Eine Bahn, welche hierfür die Unterlage bilden könnte, wurde oben besprochen. Die Schrader’schen Versuche, besser aber noch die Kalischer’schen lehren, daß ein Teil des Gehirnes speziell zu der Innervation der Beine in Beziehung steht. a a a u le 423 — Kalischer fand bei allen seinen Vögeln übereinstimmend, daß durch Reizung von dem (sebiete nahe der Mantelkante aus, isolierte Bewegungen der Beine und auch der Flügel ausgelöst werden können. Diese Extremitätenregion liegt medial von der Vallecula. Hier entspringt der Tractus septo-mesencephalicus, den Kalischer für die Extremitätenbahn hält. Jensen, der auf meine Bitte wiederholt diesen Tract durchschnitten hat, fand bei Tauben keine Ausfallerscheinungen nach der Operation, Kalischer berichtet von solchen. Kalischer hat auch nach Wegnahme einzelner Rindenstücke isolierte Paresen und Bewegungs- störungen in den Flügeln, Beinen, Augenmuskeln gesehen. Dem Stammganglion ist man bisher physiologisch noch kaum näher getreten. Es wird von Interesse sein, bei den Vögeln, wo es die Hauptmasse des ganzen Gehirnes ausmacht, seine einzelnen Teile auf ihre Funktion zu prüfen. Dem Ektostriatum, welches zuerst von allen Teilen des ganzen Großhirnes markhaltige Fasern erhält oder aussendet, kommt sicher eine funktionell vom übrigen abweichende Stellung zu. Offenbar haben wir hier erste kleine Bruchstücke eines Gebietes, das nun, nach besserer Erkenntnis der anatomischen Grundlagen, wohl leichter auszubauen ist. Es ist merkwürdig, daß noch Niemand versucht hat, das reiche Material, welches über das sogenannte Seelenleben der Vögel bereits in Bruchstücken vorliegt, irgendwie zu vereinen uud vor Allem kritisch zu sichten. Gewiß können wir Menschen uns gar keine Vorstellung machen, welcher Natur die Vorgänge und Empfindungen sind, zu denen ein Gehirn die Unterlage abgiebt, welches von dem Säugergehirn toto sensu verschieden ist. Aber wir können doch wohl analysieren und studieren was wir von Äußerungen dieses Innenlebens beobachten, wir können es in unsere Sprache übersetzen, mit uns Bekanntem vergleichen. Auch so wird ein Nutzen, ein Fortschritt in der Erkenntnis geschaffen werden. Wie alle Gehirne ist sicher auch das Vogelgehirn ein in sich vollendeter Apparat, der vollkommen ausreicht, das zu leisten, was das betreflende Individium zu seiner Existenz braucht. In diesem Sinne kann man nie, wie es gern beliebt wird, von höher oder niederer ausgebildeten Gehirnen sprechen. Aber wir wissen, daß auch bei den Vögeln sehr beträcht- liche Differenzen in der geistigen Leistungsfähigkeit vorkommen. Dem entspricht, wie man schon jetzt erkennt, eine verschieden große Kompliziertheit des Hirnbaues. Wahrscheinlich kann man in Verfolg solcher Studien wie ich sie hier mitgeteilt habe und unter Vergleichung der geistigen Leistung der einzelnen Familien allmählich zu verbesserten Grundlagen einer vergleichenden Psychologie kommen, Har — 424 — So am Schlusse der Mitteilung einer Arbeit angelangt, die mich und meine Mit- arbeiter durch lange Jahre beschäftigt hat, erkenne ich wohl, wie nur ein kleiner Teil der gestellten Aufgaben annähernd gelöst ist, wie aber neue und interessante sich in Menge dar- bieten, Aufgaben an deren Lösung man nun erst herantreten kann. Frankfurt a. Main im Dezember 1902. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. — 45 — Erklärung der Tafeln. Tafel I. 1—7 Frontalschnitte durch das Gehirn von Columba domestica. Markscheidenfärbung Tafel II. 1—3 von Machaetes pugnax. Fig. 3 ganz medial Et ch s s 5 E \ Sagittalschnitte. 4 von Passer domestieus, ziemlich weit lateral ) 5 Frontalschnitt von Palaeornis rosa, dicht vor der Commissura anterior. Tafel III. Horizontalschnitte. 1u.2 von Columba domestica, links Hämatoxylinfärbung der Fasern, rechts Methylenblaufärbung der Zellen. 3 von Bolborhynchus lin., dicht am Basis. Umschlagstelle des Tr. septo-mesencephalicus. 4 dasselbe, etwas weiter ventral, Endigung eines Teiles des Tractus oceipito-mesencephalicus. 5u.6 zwei Frontalschnitte von Liothrix lutens, zur Demonstration der Bildung der Capsula int. Tafel IV. Diese Tafel soll besonders die Differenzen im Aufbau des Gehirnes einzelner Arten zeigen. 1—4 Anser vulgaris. Frontalschnitte. Markscheidenfärbung. In Fig. 1 u. 2 links die Degeneration angezeichnet, welche nach Abschneiden des Lobus olfactorius eingetreten ist. Fig. 5 Frontalsehnitt durch Vorder- und Zwischenhirn von Orzolus gallecula. Fig. 6 Frontalschnitt durch das Vorderhirn von Sylıxa hortensis. Nur das Bündel aus dem Ektostriatum ist markhaltig. Fig. 7 Dasselbe. Schnitt durch den Thalamus. Fig. 8 Horizontalschnitt durch das Gehirn des Huhnes, 4- 5 Wochen nach dem Auskriechen. Fig. 9 Frontalschnitt von Erythacus rubeceulus. Fig. 10 Frontalschnitt von Sturnus (Lamprothornis) aeneus. Fig. 11 dasselbe, weiter frontal. Tafel V. Frontalschnitt von Brotogery® xanthoptera (Papagei). Fig. Fig. Eig. [SEE We u Fig. Fig. [211 — 46 — Tafel VI. Sekundäre Entartung nach Verletzung bestimmter Hirnteile. Columba domestica. Entartung des tractus fronto-epistriaticus. Entartung des tractus septo-mesencephalicus. Entartung des tractus thalamo-frontalis, pars medialis. dasselbe. Pars lateralis. Entartung des tractus strio-thalamicus dorsalis lateralis. Tafel VII. Sekundäre Entartung nach Verletzung bestimmter Hirnteile. Columba domestica. Entartung des tractus occipito-mesencephalicus. Entartung des tractus strio-mesencephalicus. Entartung des isthmo-frontalis, nach Stich in das Ganglion isthmi. Entartung des tractus cortico-habenularis. von Anser vulgaris, Durchschneidung der Commissura anterior und des medialsten Teiles des Tractus fronto-epistriaticus. all. 1 Abhandl.d.Senckenb.naturf Gesellsch. XX. 7uo4r- quorun wungviasılg war wu 7 POLNSOULOP BqULNTO,) qıpump urns-oumsta], Mer on PUB TOnN., 227409 „ar vr? unyP-t sog Pay-f- zuos-oyumb iz; om snqoT „nlon.nlns 997 pungu pp] yuadl 737.10) [2 aypııgsoson opoptd Um, Das, a FS4UlAy sıpyloaz BıpDY orde rn r:\V oe BR {e din E Abhandl.d.Senckenb. naturf Gesellsch: XX. Taf: 1. 1 N, Y BF co. nal, 7 Co.ant. Trsento-mesenc-- Chiasma Lob. olf: Ontieus 1-3 Sagittalschnitte von Machaetes pugnax Passer dom. sagittal. 1 lateral 3medial Palaeornis rosa. frontal. Edinser: Vorderhirn der Vögel. uf: UT. Li 1 ne sellsch. A a N Abhandl.d. Senckenb. naturf 6 PL S40P. OMA. era 047 *SNON] XLUMOTT 2 pg saop-omn ansmuwonlsiy SON Pu ozıtoy ”. — rm Dunay "ODOCHIS SPP, DE PIUOZUoY SOqNEL IN, SS or ou pr DUISFUL I 11920 4] En RT 77777) mg ® nsssuronbg uo.4z- PU] ‚padozus pony- ET EEE l: Vorderhirn der Vöge Ser: „c din E Taf: IV. Br Abhandl. d.Senckenb. naturf. Gesellsch. X snJog Sm. et UNIDLNS OT er apa Vungpunsosopy Bima a9suy % u! —ye us1ogabnau SISUSMOY eraJÄg ES; 22 27 Pur S. m WUro90 par mmasosoN "engpiasod Ny a ESCHE 'qnı snoeulAuz mund Mennsos gougpyaalıoag Bn9OeB snjoLıg uUozmoy 2 uayaoy 9 uyny Duo, + A 2 m 10 nur], I£ sn un7]2493.129 mg degenerirt ie öde & hirn der V Edinger: Vorder Taf: v. N. Abhandl. d.Senckenb,. naturf Gesellsch. X Hauy>2sy2} uos,z el oJdoyyuex xAaobojoud APFUD DANSSTULO) { r: Vorderhirn der Vögel. din 8 e Abhandl.d. Senckenb. naturf Gesellsch. XX. Taf. WI. Taube 2 Tractus sento-mesencephalleus ® Rindenläston EA Bartielte Läsion d.Stammlapyiens Totale Läsion d. Stammlappens 5. Tractus strio- thalamicus. dors. lat. | Edinger: Vorderhirn der Vögel. Abhandl.d. Senckenb.naturf. Gesellsch.- XX. Taf vn. [ Ta Y be | Tractus strio-mesencenhalieus Ektostriatumantheil Tractus occinito= mesencenhalicus 5 Tractus strio-mesercenhalicus Hynerstriatumantheil Tractus quinto- frontalis eg Tr. sen to-mes. — (ommissura anterior Tractus cortico-habenularts Eding$er: Vorderhirn der Vösel. Inhalt. Edinger, Unter uchungen über die vergleichende Anatomie des Gehirns. V. Untersuchungen über das Vo 5 rhirn der : Vögel. Mit 7 Tafeln und 11 Textfigur Notiz. Die Abhandlungen sind vollständig bis Band XXIV einschl. Von Band XXV erscheint noch Heft 4. Band XXVI ist vollständig. Von Band XXVI erscheint noch Heft 2-4. Band XXVIH ist vollständig. N En