Beschreibung eines Unterkiefers von Dinotherium Bavaricum H. v. Meyer aus dem Berner Jura. Mır EINER Jarer. Von Isidor Bachmann. F 7 Er : > Où Re . MER | u ” Le iR . > si : Sn $ HA # D ÿ Aile der schweizerischen paläontologischen Gesellschaft. Yol, 2. 1875. — ——a_— Beschreibung eines Unterkiefers von Dinotherium bavarıcum H. v. Meyer aus dem Berner Jura. Mir EINER Jarer. Von Isidor Bachmann. — eos Paris, Basel una Genf, Berlin, Buchhandlung R. Friedländer & Sohn, Carlsstrasse 11. H, Georg, Verlagsbuchhandlung, Basel neben der Post. Genf Corraterie 10. 1875. Librairie F, Savy. 77 Boulevard St. Germain. VERRE 5 APRES a el Ei C1 AUS ENT. | ré fe al NE nord rit fe URI AE Ari nah ai Er » - AT 7. sx A | zanıa TIM + x assé bl. E 54 "ii sis De it Druck von Zürcher & Furrer in Zürich. D AR Lis 3 Herrn Friedrich Bürki, dem grossmüthigen Günner der naturhistorischen und vaterländischen Sammlungen in Bern hochachtungsvoll gewidmet vom Verfasser. lsitbore NrIo Beschreibung eines Unterkiefers von Dinotherium Bavaricum Hermann von Meyer aus dem Berner Jura. Mit einer Tafel. Von Isidor Bachmann. RPPSLPSPP LS Le Das Auftreten und Verschwinden der Dinotherien bildet eines der hervorragendsten Merkmale der neogenen Periode der Erd- und Schöpfungsgeschichte des mittlern und südlichen Europa. Während aber diese in den meisten Arten riesige Form von Pachy- dermen in Frankreich, Deutschland, Oesterreich und Griechenland zum Theil recht vollständige Reste zurückgelassen, blieb die in der Schweiz so wohl entwickelte Mollasse- bildung lange Zeit sehr arm an bedeutendern dabin gehörigen Vorkommnissen. Erst bei La Chaux-de-Fonds und Delsberg konnten in der obern Süsswassermollasse Backen- zähne und ein so viel wie ganz erhaltener Unterkiefer aufgefunden werden. Eine genaue Beschreibung dieses letztern kostbaren Restes zu geben, haben wir uns in den folgenden Blättern vorgenommen. In Bezug auf die Verbreitung der Dinotherien überhaupt soll nur noch auf die berücksichtigenswerthe Thatsache auf- merksam gemacht werden, dass dieser wichtige Typus bis jetzt in England zu fehlen scheint. Der betreffende Kiefer ist gegenwärtig im Besitze des Herrn Altgrossrath Friedrich Bürki in Bern, welcher die Beschreibung gütigst gestattete. — Für mehrfache Rathschläge und Bemühungen um die folgende Arbeit ist der Verfasser Herrn Professor Rütimeyer in Basel besonders verpflichtet. 6 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. Geschichte des Fundes. Den 10. September 1869 hatte der rühmlichst bekannte Geologe des Berner Jura, Herr Dr. J. B. Greppin, damals in Delsberg, gegenwärtig praktischer Arzt in Basel, die überaus günstige Gelegenheit, auf den bereits angedeuteten werthvollen Fund fossiler Knochen und Zähne in seiner Nachbarschaft aufmerksam gemacht zu werden. !) Am Westfuss eines Vorhügels des niedrigen Mont Chaibeut, 629 Meter, südlich von Rossemaison bei Delsberg, waren nämlich Arbeiter, welche Quarzsand zur Mörtel- bereitung gewannen, auf schwarze, glänzende Zähne und fest in den Sand eingebackene Gebilde gestossen, die selbst ihnen so auffallend erschienen, dass sie mit ihren Hacken auf die scheinbar unförmlichen Stücke losschlugen. Immerhin wurde Hr. Greppin von dem seltenen Funde benachrichtigt. | Derselbe erstand mit Kennerblick die vollständigen Reste, wie auch die leider getrennten Bruchstücke und scheute hierauf keine Mühe und Geduld, um mit dem srössten, auch von bestem Erfolge gekrönten Geschicke, die durch Unverstand gebildeten Fragmente den Hauptstücken anzufügen. Das Resultat bestand darin, dass ein fast vollständiger Unterkiefer eines Dinotheriums, wie er früher in unserm engern Mollasse- gebiete noch nicht vorgekommen war, sich zeigte. Leider liess sich der Knochen nicht mehr ganz zusammensetzen, sondern es liegen die beiden Unterkieferäste, das mächtige 4Mittelstück oder die Symphyse und die beiden Stosszähne oder Hauer getrennt vor, zusammen also fünf Stücke; eine Menge bei der grossen Brüchigkeit der Knochensubstanz begreitlicher kleiner Bruchstücke, wie auch von den Wurzeln der Stosszähne liessen sich nicht mehr anbringen. Dem Gesammtbild wird aber hiedurch. wie schon ein Blick auf unsere Abbildung zeigt, kein wesentlicher Eintrag gethan. Dem lebhaften Interesse und steten Opfersinn für Sicherung einheimischer Merk- würdigkeiten des Herrn Altgrossrath Friedrich Bürki, Mitglied der Museumskom- mission, haben wir es zu verdanken, dass diese höchst wichtigen Säugethierreste aus längst entschwundener Zeit gegenwärtig einen kostbaren Theil seiner Privatsammlung darstellen, um später als eine der Hauptzierden eines ersehnten neuen Museums der Naturgeschichte in der Bundesstadt aufgestellt zu werden. Herr Dr. Greppin wünschte stets, dass diess Unicum dem Heimatlande erhalten bleibe. Auch von anderer Seite waren namhafte Anstrengungen zur Acquisition gemacht worden. 1) Greppin, Jura Bernois et districts adjacents (in Matériaux p. la Carte géol. de la Suisse. Berne 1870) p. 182. Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum 7 Geologische Verhältnisse der Fundstelle. Der Mont Chaibeut ist einer jener flachen gerundeten Hügel, welche der Erosion der früher allgemeinern Ausfüllung der Jurathäler mit Mollasseablagerungen wider- standen und dem im Uebrigen ebenen Thalboden von Delsberg den eigenthümlichen Charakter geben. Die Sandgrube selbst, in welcher sich dieser kostbare Dinotheriumkiefer fand, gehört ihrem speziellern geologischen Alter nach der untern oder fluviatilen Abtheilung des Oeningien von Greppin (Oeningerstufe, Heer; obere Süsswassermollasse der mittlern Schweiz) an. Es erhielt diese Unterabtheilung der neogenen Tertiärbildungen in den Jurathälern, welche in der Regel zunächst auf den marinen Muschelsandstein folgt, auch die Bezeichnung Sables a Dinotherium oder Sables et Galets Vos- giens. Sie ist nämlich in den Thälern des Berner-Jura wie in der alsatischen Ebene sehr verbreitet, variirt aber in ihrer Mächtigkeit zwischen 1 bis 15 Meter. Als Dinotheriensande werden dieselben seit den berühmten Funden bei Eppels- heim häufig unterschieden. Es hat übrigens Herr Greppin schon 1858 in hieher gehörigen Conglomeraten mit Professor P. Merian einen Backenzahn von Dinotherium giganteum im Bois de Raube entdeckt mit gleichzeitig lebenden Mollusken. Dieser wohl erhaltene Backenzahn gelangte in die Strassburger Sammlungen. Dinotheriumreste zeigten sich auch bei Neux-Champs, nordwestlich von Courfaivre, ebenfalls in einer fluvio-terrestrischen Ablagerung, nahe dem Strande des damaligen helvetischen Meeres, welcher zu Glovelier, Chaud, Corban und Girlan durch Pholaden- löcher in dem Jurakalk der Thalwandungen angedeutet ist. — Auch die Zähne von Chaux-de-Fonds gehörer der gleichen Zone an. Von Sables et Galets Vosgiens spricht man gerne, um anzudeuten, dass die Gerölle der Conglomerate, wie das feiner zerriebene Material des losen Sandes nach- gewiesener Maassen aus den Vogesen stammen. Eigenthümlich und charakteristisch sind die übrige Fauna, wie die Flora, welche in dieser Abtheilung der obern Süsswassermollasse der Jurathäler erhalten blieben. So wurde ein sehr grosser und prachtvoll conservirter Backenzahn von Rhinoceros ineisivus vom Mont Chaibeut durch Inspektor Pequignot der Naturaliensammlung des Progymnasiums in Delsberg geschenkt. Wichtigere Thierspecies sind nach der Zusammenstellung von Dr. Greppin !) etwa folgende: !) Greppin, L e. 8 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. Dinotherium giganteum Kp. Rhinoceros incisivus Cuv. Helix insignis Schblr. — inflexa Mt. — sylvestrina Ziet. — orbicularis Kl. — Gingensis Kr. — Ehingensis Kl. — gyrorbis Kl. Clausilia antiqua Schblr. — grandis Kl. Planorbis laevis Kl. Achatina inflata Rss. Paludina ovata Dkr. Neritina Grateloupeana Fer. Unio Mandelslohi Dkr. Congeria spathulata Desh. In derselben charakteristischen (Gesellschaft von Säugethieren finden sich die Dinotherien in Frankreich und dem übrigen Europa. Im Gebiete der Mürz in Steier- mark kamen mit unserm Dinotherium Bavaricum vor: Mastodon angustidens und tapi- roides, Anchitherium Aurelianense, Hyotherium Sömmeringi, Hyaemoschus Aurelia- nensis u. A. Besonders die Dinotheriensande von Montavon haben auch eine verhältnissmässig reiche Flora eingebettet; aus derselben verdienen folgende Species als charakteristisch für die Landschaft, in welcher unser Dinotherium sich ernährte, angeführt zu werden: Populus mutabilis Hr. — var. laurifolia A. Br. — balsamoides Gp. Salix angusta A. Br. — varians Gô. Acer brachyphyllum Hr. Xanthophyllum integrifolium Hr. Cinnamomum polymorphum A. Br. — Scheuchzeri Hr. Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. 9 Planera Ungeri Ett. Podogonium Knorri Hr. a Lyellianum Hr. Quercus mediterranea Ung. Liquidambar europaeum A. Br. Laurus princeps Hr. 10 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. Beschreibung des Unterkiefers von Dinotherium Bavaricum Meyer. 1831. Dinotherium Bavaricum Herm. v. Meyer. Jahrbuch für Mineralogie. 1831, p. 296. 1833. Hermann von Meyer, Das Dinotherium Bavaricum, mit Rücksicht auf die riesenmässigste Thiergattung der Dinotherien überhaupt und auf die Struktur der Mahlzähne in den Tapiren (in Beiträge zur Petrefaktenkunde. Fossile Säugethiere. Verhandlungen der Kais. Leopold. Carolin. Acad. der Naturf. VIII, 2. Breslau u. Bonn 1833). 1859. Lartet, Sur la Deutition des proboscidiens fossiles etc. in Bulletin de la Soc. geol. de France. Tome XVI, 2me Serie, pag. 481. Wie sich aus den folgenden nähern Angaben schliessen lässt, gehört unser Unter- kiefer dem Dinotherium Bavaricum, Hermann von Meyer, an. Es wird diese Species, die von der genannten Autorität über fossile Säugethiere 1831 !) nach bayerischen Vorkommnissen aufgestellt wurde, und blos etwa ein Viertel der Grösse des imposanten D. giganteum Kp. erreicht, auch noch gegenwärtig von den ersten Monographen über Dinotherium, wie Lartet ?), Brandt *) u. s. w. festgehalten, wenn auch gegentheilige Meinungen oder Zweifel an der Selbstständigkeit der betreffenden Form geäussert worden sind. Kaup ersetzte 1832 *) den ältern Meyer’schen Namen durch Dinotherium Cuvieri, weil er nachgewiesen habe, dass verschiedene frau- zösische Vorkommnisse auch dazu gehören, wie solche von Eppelsheim. Es dürfte hierin kaum ein genügender Grund zu einer Aenderung des eingeführten ältern systematischen Namens liegen, indem ja sehr häufig geographische Speciesnamen auch für Vorkommnisse anderer Gegenden ohne Bedenken angewendet werden, wie z. B. Cardium Indicum, Geranium Pyrenaicum, Petrocallis Pyrenaica u. v. A. Eine andere bezügliche Notiz aus dem Jahre 1833 von demselben Autoren °) hat ein grosses Interesse, weil darin zum ersten Male die nach abwärts gekrümmte Stellung des Unterkiefers der Dinotherien nachgewiesen wird. Zehn Jahre später zog indessen Kaup ‘) (1841) selbst die so oder anders genannte Spezies (Dinotherium Bavaricum s. Cuvieri) mit seinem Dinotherium giganteum zusammen, weil ihm Uebergänge in den Dimen- !) H. v. Meyer in Jahrb. f. Min. 1831 u. fossile Säugethiere, in Verhandl. d. Kaiserl. Leopold. Carolin. Acad. d. Naturf. VIII, 2. Breslau und Bonn 1833. ?) Lartet, Sur la dentition des proboscidiens foss. et sur la distribution geogr. et stratigr. de leurs débris en Europe (Bulletin de la Soc. géol. de France, t. XVI, 2"e Série). ®) Brandt, de Dinotheriorum genere in Mem. de l’Acad. de St. Petersbg. T. XIV, Nr. 1. 1869. *) Kaup, in Jahrb. f. Min. 1832, p. 467 u. ibid. 1833, p. 230. 5) Kaup, in Jahrb. f. Min. 1833. °) Kaup, in Jahrb. f. Min, 1841, pag. 241. Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. 11 sionen von Backenzähnen von 5 zu 5 Millimetern bekannt geworden seien. Es würden danach nur zwei Species, nämlich Dinotherium giganteum Kp. u. D. Königii Kp., letzteres von der Grösse eines indischen Rhinoceros, bleiben. Wir schliessen uns, wie bereits angedeutet, den systematischen Auffassungen von Lartet und Brandt an, wie auch von Cuvier schon an mehrere Species gedacht wurde, welcher, besonders die verschiedene Usur der Mahlzähne bei verschiedenen Dimensionen berücksichtigend absichtlich von «tapirs gigantesques», zu denen er bekanntlich die Dinotherien noch rechnete, im Pluralis spricht !). Auf weitere Allgemeinheiten über die Dinotherien überhaupt ist nach den umfassenden Untersuchungen der bereits genannten Gelehrten, von Quenstedt ?), Gaudry ausserdem, nicht erforderlich einzutreten. Dass die Dinotherien zu den Pachydermen gehören und nicht etwa in die Nähe der Manati zu stellen sind, ist durch die Auf- findung eines ganzen, leider nachher erst zerstreuten Skeletes bei einem Eisenbahnbau zu Abtsdorf in Böhmen im Jahre 1856 erwiesen worden *), wie dies schon Cuvier und Owen vermutheten. Das Dinotherium Bavaricum Meyer, an den meisten Orten begleitet von D. gigan- teum Kp., muss wie letzteres eine beträchtliche Verbreitung besessen haben. Reste desselben fanden sich in der Ebene der Beauce, nördlich von Orleans, bei Chevilly, in der Nähe von Lyon und an mehreren anderen Stellen Frankreichs, bei Eppelsheim, in Bayern, in Steiermark u. s. w. Wir dürfen uns unter demselben ein Geschöpf von etwas bedeutendern Dimen- sionen als diejenigen der mächtigsten Elephanten, wie auch von dem Habitus eines Elephanten, allerdings mit etwas platterer Stirn und dann vor Allem mit karstförmig nach abwärts und sogar rückwärts gekrümmten Stosszähnen des Unterkiefers, vor- stellen. Ein langer Rüssel ermöglichte bei dem unbequemen Bau der Stosszähne die Nahrungsaufnahme dieser riesigen Pflanzenfresser der miocaenen Landschaften. Mit Recht bezeichnet Gaudry in seinen reizenden Schilderungen der Säugethierwelt von Pikermi.die Dinotherien als die Könige der damaligen Schöpfung. Die wichtigen Untersuchungen von Quenstedt und Lartet stellten in Bezug auf die Zahnreihe der Dinotherien fest, dass dieselben sechs Backenzähne, nämlich drei Praemolaren und drei Molaren besassen. Auch bei unserm Unterkiefer sind nur vier Backzähne vorhanden, nämlich Praemol. I und Mol. I, II, III, wie ja überhaupt die vordern, vor Allem der einfach kegelförmig gestaltete vorderste oder Praemol. III, 1) Cuvier, Ossements foss. IL, 1; pag. 165 und 171. 1822. 2) Quenstedt, Würtemberg. Jahreshefte 1853. IX, pag. 66; t. VII, 9, 10. 3) Heer, Urwelt der Schweiz; Zittel, Urzeit; Fraas, Sündflut. 12 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. nur sehr selten erhalten blieb. Der erste Molare ist bekanntlich dreijochig, während die übrigen nur zwei Querjoche zeigen. | Von den fünf Stücken, in welchen unser Unterkiefer vorliegt, ist die linke Unter- kieferhälfte am besten erhalten. Der rechte zeigt bei allgemeiner Uebereinstimmung doch namentlich in Bezug auf Abkauung einige Eigenthümlichkeiten, welche besonders hervorgehoben zu werden verdienen. Es dürfte darum am passendsten sein, jedes dieser Stücke einzeln zu beschreiben. Linke Unterkieferhälfte. Fig. 1, von der Aussenseite; Y, n. Gr. Fig. 2, dieselbe Zahnreihe von Oben; ', n. Gr. Mit Ausnahme der ganz vordersten Parthie, der Gegend von Praemol. II u. II, und des Gelenks für den Oberkiefer, ist diese linke Unterkieferhälfte mit den Zähnen und dem aufsteigenden Aste so viel wie vollständig erhalten. In der Gegend der hintern Backenzähne sind die Kieferknochen ungeheuer massiv ausgebildet, während im Vergleich dazu die hintere Abtheilung plattenartig dünn und schwach erscheint. Der innere Abfall ist fast senkrecht und flach, der äussere dagegen stark bombirt. Vorn ist deutlich die intakte sich abwärts krümmende Parthie zu erkennen. Zur Erleichterung der Vorstellung folgen einige Maasse. Die grösste Länge des Unterkiefers von diesem herab gekrümmten Ende bis zu dem erhaltenen Hinterrand beträgt 57 Cm. Länge der Unterkieferlade bis zum aufsteigenden Aste 31 Cm. Länge der aufsteigenden Parthie 26 Cm. Umfang des Unterkiefers in der Gegend des letzten Backenzahns (ohne die obere Fläche) 35 Cm. Durchmesser, ebenda 11,5 Cm. Höhe s. 2018,9 > Es wurde schon gesagt, dass nur vier Backenzähne vorhanden seien. Dieselben sind so prächtig vollständig und in ursprünglicher Lage erhalten, wie es nur wünschbar sein kann. Eine genauere Schilderung derselben muss daher auch für die Zahnbildung der Dinotherien überhaupt von allgemeinerm Interesse sein. Die beiden hintern Molaren sind auch hier bedeutend breiter und stärker, ent- sprechend der massivern Entwickelung dieser Unterkiefergegend, wie bei D. giganteum, während dieselbe bei den beiden vorhergehenden Zähnen nicht nur in der Alveolar- gegend, sondern der ganzen Höhe nach auffallend verschmälert und verjüngt erscheint. Im Allgemeinen sind die Zähne, mit Ausnahme des letzten Backenzahnes, von Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. rechteckigem oder quadratischem Umrisse und zwischen den charakteristischen ein- fachen Querjochen etwas eingeschnürt und verschmälert. Die Dimensionen der einzelnen Zähne sind in Millimetern folgende: Breite Länge. vorn hinten Praemolar I 44 47 54 Molar. I 44 46 66 id. u 96 59 64 \ id. II 58 51 62 Zur Vergleichung setze ich einige Maasse der Backenzähne von Dinotherium Cuvieri Kp. nach seiner Zeit von Klipstein ausgegebenen Gypsabgüssen bei. Breite, Länge. Praemol. I 45 by) Molar. I 59 72 id. II 52 65 Viel bedeutender sind die Dimensionen bei Dinotherium giganteum Kp. z. B. Molar. II 67 84 Ueber vorbenannte Klipstein'sche Abgüsse ist mir leider nichts Näheres bekannt. Es dürften indessen nur Praemol. I und Mol. I demselben Individuum angehören; Mol. II ist verhältnissmässig breiter und grösser, aber auch stärker abgekaut, und gehört wohl einer der Uebergangsstufen an, von denen Kaup spricht. Von den vordern Backenzähnen, Praemolar. II u. II ist an unserm Unterkiefer nur eine sehr schwache Andeutung durch einen Wurzelrest vorhanden. Weil ursprünglich beim Funde höchst wahrscheinlich diese Parthie ebenfalls erhalten war, ist das Fehlen dieser fast wichtigsten Parthie um so mehr zu bedauern. Wie schon angeführt ist nämlich der absteigende Theil des Unterkiefers wieder unverletzt geblieben. Auffallend ist die sehr geringe Länge von blos 40 Millim., welche für die beiden fehlenden vordern Zähne disponibel bleibt. So viel man nach dem vorhandenen Rest beurtheilen kann, hatte der zweite Praemolare auch nnr eine einfache Wurzel. Praemolar. I, der dritte der vollständigen Backenzahnreihe, zeigt einen gerundet quadratischen Umriss und trägt zwei durch eine tiefe Furche von einander getrennte Querjoche, die indessen durch eine ursprünglich wahrscheinlich gerundete und stumpie mittlere median gerichtete Wulst mit einander vereinigt waren. Diese Wulst ist 14 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. nämlich, wie auch die Querjoche, bereits bis auf das Zahnbein hinein abgekaut. Die Usur der letztern ist indessen nur bei dem vordern Querjoche nach hinten geneigt; bei dem zweiten oder hintern liegt sie so viel als horizontal und fällt nur ganz schwach gegen aussen ab. Um die hintere und äussere Seite der hintern Querwulst zieht sich ein deutlicher Schmelzkragen herum, ohne dass sich derselbe indessen zu einem eigentlichen Talon erhöbe, was wahrscheinlich am vordern Rande des Zahnes der Fall war. Dass unter den Praemolaren und dem ersten Molar der Kiefer auffallend ver- schmälert ist, wurde schon erwähnt. Es ist diess um so eigenthümlicher, als sich das später zu beschreibende gewaltige Symphysenstück an diese allerdings durch ihre Höhe ausgezeichnete Lade anfügt. Leider ist auch der vordere untere Rand der Lade nicht vorhanden. Man erkennt aber aus dem Verlaufe der vordern abwärts gekrümmten Seite dieses linken Unterkieferrestes, dass derselbe mindestens rechtwinklig, vielleicht sogar etwas zurückgebogen war. Hermann von Meyer führt diess gerade als ein charakteristisches Merkmal für Dinotherium Bavaricum an. Molar. I zeigt einen länglich rechteckigen Umriss und ist besonders durch seine drei Querjoche auf der Krone ausgezeichnet. Verglichen mit den beiden folgenden hintern Backenzähnen erscheint er auffallend verschmälert, so dass man ihn hienach noch zu den Praemolaren rechnen möchte. Der vordere concave Abfall der Querjoche ist durch mediane, fast Längsjochen vergleichbare Leisten oder Wülste, welche ganz in die Mitte gerückt sind und namentlich vor dem letzten oder hintersten Querjoch sehr stark entwickelt sind, in zwei, eine äussere und eine innere Parthie getrennt. Die Abkauung ist an diesem Zahn am weitesten vorgeschritten. Statt der parallelrandigen schmalen Usuren der noch weniger abgenutzten Dinotherienzähne zeigen sich hier namentlich nach der äussern Seite verbreiterte gerundet ungleich dreiseitige Abnutzungsflächen der drei Querhügel. Diese Gestaltung der Usurflächen erscheint als nothwendige Folge des bereits ebenfalls auf der äussern Seite vorge- schrittenen Angriffs der median gerichteten Wülste. Diess ist namentlich bei der mittlern der Fall. Von einem hintern Talon ist hier keine Rede und nur am vordern auswärts gerichteten Rande zeigt sich eine schwache kragenartige Verdickung des Schmelzes am Grunde der Krone. Molar. II. Der vorletzte Backenzahn besitzt nach den angegebenen Maassen einen rechteckigen, fast quadratischen Umriss. Die Abkauung der beiden Querjoche ist etwas weiter vorgerückt, als bei dem letzten Backenzahn; doch hat auf dem vordern Querjoche die vordere und äussere Abfeilung kaum begonnen. Diese vordere nr du FE sé Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. 15 Querwulst zeigt in ihrer Gestaltung und Entwickelung die grösste Aehnlichkeit mit der entsprechenden des letzten, sofort näher zu beschreibenden Mahlzahnes. Am hintern Querjoch beachten wir dagegen eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit. Die stumpfe Kante nämlich, welche den vordern concaven Abfall des Joches in zwei ungleiche, in eine innere und eine äussere Abtheilung zerfällt, ist viel ausgesprochener, höher und schärfer, sowie auch mehr der Mitte des bezüglichen Abfalls genähert. Am hintern Ende des Zahnes erhebt sich ein sehr deutlicher Talon, dessen Breite beträchtlicher erscheint, als bei demjenigen des letzten Zahnes. Auch am vordern untern Rande der Krone ziehen sich entschiedener, als beim folgenden Zahne, Stücke eines kragenförmigen Wulstes herum, namentlich auf der vordern äussern Seite. Molar. Ill. Der letzte Backenzahn ist von kurz eiförmigem Umrisse und trägt zwei über 2,5 Cm. von einander abstehende hohe, einfache, nach hinten convexe Querjoche, deren Schmelz durch steil nach hinten abfallende schmale Kauflächen abgenutzt ist, wie diess übrigens bei sämmtlichen Backenzähnen des Unterkiefers der Fall ist, im Gegensatz zu den nach vorn gewendeten Usuren der Backenzähne des Oberkiefers. Vom innern Winkel oder Ende beider Querjoche läuft eine stumpfe Kante nach vorn und abwärts und grenzt die vordere concave Fläche des Querjoches von dem randständigen innern halbkegelförmigen Stück des letztern ab, dessen Spitze auf der vordern innern Fläche ebenfalls bereits abgenutzt ist. Am Hinterrande des Zahnes steigt ein kleiner halbmondförmiger Talon in die Höhe, der indessen verletzt ist. Rechte Unterkieferhälfte. Im Ganzen ist die rechte Unterkieferhälfte weniger gut erhalten, als die vorn beschriebene linke. Es fehlt an derselben der aufsteigende Ast und der Kronenfort- satz fast vollständig, indem diese schwächste plattenartig dünne Parthie am leichtesten abbrach und nur einige Bruchstücke zurückgelassen hat. Dafür ist hier die vordere und untere Region mit dem gegen die Symphyse sich zukrümmenden Theil besser vorhanden. Die Zähne dieser Seite sind fast ebenso gut erhalten, wie im linken Unterkiefer. Darüber, dass beide Unterkieferhälften demselben Individuum angehören, kann wohl kein Zweifel aufkommen. Es sind allerdings die Zähne verhältnissmässig stärker abgekaut, als auf der linken Seite. Derartige Erscheinungen zeigen sich indessen bei fossilen Pachydermen, wie bei lebenden Wiederkäuern, nicht gerade selten. In den Maassverhältnissen dieses Unterkieferknochens stellt sich vollständige Uebereinstimmung mit der linken Hälfte heraus. Ich mag hier weiter anführen, dass 16 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. der Umfang des Kiefers unter dem vordern Ende des ersten wahren Backenzahns, des dreijochigen Mol. I an der Biegungsstelle der Lade gegen die Symphyse ohne die obere Fläche 41 Cm. beträgt. In Folge vollständigerer Erhaltung beläuft sich die Länge des letzten Backen- zahns, Mol. III, auf fast 67 Millim., indem der terminale Talon unversehrt geblieben ist. Die stärkere Usur zeigt sich besonders auf Molar. I, indem an demselben die beiden hintern Querjoche fast vollkommen abgeschliffen sind und von dem Schmelz im Thale zwischen dem ersten und zweiten Joche auf der äussern Seite nur ein unbedeutender Theil übrig geblieben ist. Selbst der Schmelzkragen um den hintern Rand herum ist schon ziemlich angekaut, wie auch der terminale Talon des letzten Backenzahns schon eine rundliche bis auf die Zahnsubstanz eindringende Usur erkennen lässt. Das Mittelstück oder die Symphyse. Fig. 3 (von der Seite) Y, d. n. Gr. Es soll ein für Dinotherium Bavaricum nach Hermann v. Meyer charakteristisches Merkmal sein, dass der Unterkiefer stärker nach vorn und unten gekrümmt sei, als bei dem grössern Dinotherium giganteum. Diess scheinen auch an unsern Stücken alle Versuche zu bestätigen, welche wir machten, um die beiden Unterkieferäste, die Symphyse und die zwei Stosszähne in eine möglichst richtige durch die vorhandenen unverletzten Contouren vorgeschriebene Lage zu bringen. Bei der Auffindung unserer kostbaren Reste durch Hrn. Dr. Greppin war leider dieses wichtige Mittelstück bereits von den Unterkieferästen abgebrochen. Ohne Zweifel steckten aber wenigstens die Stosszähne oder Hauer, wie man diese pracht- vollen Elfenbeingebilde wohl heissen darf, noch in den Alveolen. Die grosse Brüchigkeit der Wurzelsubstanz derselben, wie auch die verhältnissmässig schwachen Wandungen der Zahnhöhlen lassen ein Abbrechen oder Herausfallen, verbunden mit theilweiser Zerbröckelung leicht begreiflich erscheinen. Noch vorhandene eckige und unregel- mässige Bruchstücke können nirgends mehr mit Sicherheit angepasst werden. Zudem ist das mächtige klumpenförmige Mittelstück schon während der Petrifikation etwas verdrückt und nach rechts verschoben worden, ich glaube wohl in Folge der dünnen Wandungen der Alveolen und namentlich der verhältnissmässig sehr dünnen Scheide- wand zwischen den beiden Hauern. Die mittlere Länge des vorhandenen Stückes beträgt 26 Cm., der mittlere Umfang gar 65 Cm. Die Linke auf 26 Cm. Länge erhaltene Zahnhöhle ist wohl hauptsächlich auch in Folge der bereits erwähnten Quetschung nach rechts schmal und hoch (3:7 Cm.), mit ockerfarbigem Lehm und dem losen Quarzsande ausgefüllt, Unterkiefer von Dinotherium Bavarieum. 17 welcher überhaupt das Gesteinsmittel darstellt. Die rechte Alveole ist etwas weniger weit hinauf erhalten und schon von weiterm ovalem Umriss (4 : 12 Cm.). Die beiden Seiten fallen steil ab. Am breitesten und zwar namentlich in der hintern oder obern Parthie mit einer seichten Vertiefung versehen, ist die untere Fläche. Die obere Fläche zeigt eine hohlkehlenartige, beidseitig mit wohl ausgebildeten, wie es scheint, etwas knorrigen Kanten begrenzte, hinten 5,5 Cm., vorn 7,5 Cm. breite und in der Mitte 1,5 Cm. tiefe Furche. Die Scheidewand zwischen den beiden Stosszahnwurzeln am untern oder vordern Ende der Symphyse besitzt wenig über 1 Cm. Querdurchmesser. Die Stosszähne (Incis. infer.). Fig. 4 (*, d. n. Gr.). Die beiden Stosszähne sind leider ebenfalls herausgefallen und ausser Verbindung mit dem Kiefer. Es dürfte darum etwas gewagt erscheinen, den rechten und linken von einander zu unterscheiden. Durch einige auffallende Verschiedenheiten wird man aber dazu geführt. Von dem einen ist nämlich gerade die Krone abgefallen und die Wurzel in der Alveole zurückgeblieben, während der andere sich sammt der Wurzel befreite und ein Theil des Wurzelstückes erst nachträglich abbrach. Dieser Umstand gibt, glaube ich, genügende Anhaltspunkte zu einer richtigen Bestimmung der Stoss- zähne. Der linke Zahn hat nämlich einen entschieden mehr rundlichen, der andere rechtsseitige einen mehr ovalen Querschnitt. Da beide Zähne ganz ausgezeichnet erhaltene Kronen zeigen, so kann die weitere Beschreibung auf letztere beschränkt bleiben. Länge und Krümmungsverhältnisse sind bei beiden übereinstimmend. Länge über die äussere Krümmung 56 Cm. » > >» innere » 42 » Umfang der Zähne: Wurzelgegend. Mitte. Nahe der Spitze. Linker Stosszahn 28 23 10 Cm. Rechter » 27 27 12 » Der rechte Stosszahn ist durch den ovalen Querschnitt, durch eine von der Basis bis gegen die Mitte gleich bleibende Dicke (respektive Umfang), der linke durch rundlichen Querschnitt und eine regelmässigere Verjüngung gegen die Spitze zu aus- gezeichnet. Dem Gewichte nach mögen beide einander ungefähr gleich kommen. Die Krümmung ist der Hauptsache nach einfach, doch bemerkt man bei dem rechten 3 18 Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. eine schwach nach aussen, beim linken dagegen eine schwach nach innen gerichtete zweite Biegung der Gegend der Spitze. Stellen wir uns die beschriebenen Stücke in natürlicher Lage vereinigt vor, so erhalten wir einen Unterkiefer, welcher über die Krümmung gemessen über 140 Cm. Länge ergibt. Wenn auch von manchen Arten miocaener Säugethiere aus der schweizerischen Mollasse vollständigere Reste, wie ganze Schädel von Mastodonten und Aceratherien aufgefunden wurden, so dürfen wir doch unsern Dinotherienkiefer als eines der inter- essantesten und werthvollsten Vorkommnisse betrachten. Unterkiefer von Dinotherium Bavaricum. 19 Erklärung der Abbildungen. 7: Fig. 1. Linke Unterkieferhälfte von der Aussenseite; !/, der natürlichen Grösse. VOS | u Fig. 2. Zahnreihe desselben Kiefers, Praemol. I, Molar. I, II, III, von oben; er a der natürlichen Grösse. Fig. 3. Mittelstück des Unterkiefers (Symphyse) von der Seite; '/, der natür- lichen Grösse. Fig. 4. Rechter Stosszahn; '/, der natürlichen Grösse. | LC: di C1 l'A And Pre 4 LITE J zur + < moe re | | rave F Lips, del delith. DINOTHERIUM Bavarıcum Hv.M. © FOSSILE EIER at ' aus der obern Süsswassermolasse der Von . RAS: Isıdor Bachmann 3 in Bern. ZÜRICH Druck von Zürcher und Furrer. ae December 1878. 0 Albkandhungen | Iiweizerischen. paläontologischen Gesellschaft. / der obern Süsswassermolasse x * A, x 2 k Dez der Mit einer Tafel. Von Isidor Bachmann in Bern, Schon vor längerer Zeit wurde mir das Vergnügen zu Theil, von meinem Freunde, Hein Heinrich Meier-Dotta, Director der Von Moos’schen Eisenwerke in der Eimmenweid bei Luzern, ein Petrefact ganz eigener Art zum Geschenke zu erhal- Eu tt die ten. Dieses Fossil ist ein Unieum aus unserm Lande und verdient daher wohl, eigens beschrieben und abgebildet zu werden, Es handelt sich nämlich um einen fossilen Eierhaufen, oder, wenn man will, um ein vorweltliches Nest. ne Das aussergewöhnlich merkwürdige Stück stammt aus der untern Abtheilung der obern Süsswassermolasse, welche den grössten Theil des Bodens des Kantons >: Br Luzern und der westlich wie östlich zunächst angrenzenden Gebiete zusammen setzt. A Bekanntlich wird ein Theil des Nordschenkels des äussern antiklinalen Molassegewölbes, elches bei Luzern vorbei zieht, von der sogenannten Meeresmolasse gebildet. er Die Krummfluh und das Ufer des Roth- See, nördlich von Luzern, sind reiche und berühmte Localitäten, welche eine hübsche Zahl von Petrefacten der helvetischen - Molassestufe ‚geliefert haben. Auf diese legen sich entlang der Grenze der am Fusse der nördlichen Kalkalpen 3 gehobenen Molasse die jüngern Schichten der obern Süsswassermolasse, oder der Oeningerstufe von Heer. Bei der Einmündung der kleinen Emme in die _Reuss liegen ihre Bänke schon horizontal. In mehrern breiten Terrassen und lang- + in Hügeln baut sie, bedeckt von Gletscherschutt, das nördliche fruchtbare Gelände auf. x RS Am Fusse der untersten dieser Terrassen nun liess Herr Meier bei der Emmen- = weid. am linken Ufer des wilden und oft ungestümen Bergwassers zur Vergrösserung und ‚Sicherung der Wasserkraft ganz bedeutende Canalbauten ausführen. Bei diesen £ Arbeiten wurden verschiedene Bänke der im Allgemeinen mergeligen Molasse ange- schnitten. In derselben erscheinen wiederholt kohlige erdige Zwischenlager mit meist Er zerquetschten Schalen von Süsswasser- und Landschnecken. Man erkennt darunter AR Planorbis solidus Thom., Limnäus pachygaster Thom., Helix sylvestrina Ziet. u. a, A. 4 Fossile Eier. Ueber und unter solchen Zwischenlagern ist die Molasse besonders mergelig, so dass sie an der feuchten Luft sehr bald ganz zerfällt. Sie erscheint als ein Product des Sa feinsten lehmigen Uferschlamms, wie er sich am Rande von temporären Süsswasser- SA seen oder Morästen absetzen musste. Einige kohlige Pflanzenreste und concretionäre A FE Kalkknöllchen weisen auf dieselbe Entstehung hin. Re: ve Aus einer solchen Mergelschicht stammt unser Eierhaufe, welcher dem aufmerk- re samen Blicke meines Freundes nicht entging. D. Im Allgemeinen zeigt die obere Süsswassermolasse eine trostlose Armuth an or- 3 ganischen Ueberresten. Man muss schon ein weites Gebiet der horizontalen Verbreitung Le dieser Stufe ins Auge fassen, um ausser oben erwähnten Gasteropoden einige seltene u Reste von Pflanzen und Thieren zusammenstellen zu können. Populus Gaudini Hr., von Schenkon am Sempachersee, Geonoma Steigeri Hr., von Büron im Surenthal Ces und Crocodilus Büticonensis H. von Meyer, vom Lindenberg nahe Muri im Aar- gau, erscheinen besonders erwähnenswerth. (Vgl. Kaufmann, Rigi und Molasse- ; gebiet der Mittelschweiz, p. 305 u. f., in Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz, VIIT. 1872). | Re Wenn wir unsere Eier auch nicht nach dem Geschlecht oder gar specifisch zu & elassificiren im Stande sind, so bilden dieselben doch immerhin eine sehr werthvolle Vermehrung der so beschränkten Zahl organischer Vorkommnisse aus diesem Süsswasser- À gebilde. Wir finden aber auch keinerlei palaeontologische Unterstützung zu muth- Ss maasslicher näherer Bestimmung des Unicums. Würden z. B. in denselben Lagern Skelettheile von Sumpf- oder Schwimmvögeln vorkommen, so müsste die von uns später hinzustellende Vermuthung, dass wir Vogeleier vor uns haben, an Wahrschein- lichkeit gewinnen. Verschiedene Wasservögel sind allerdings beschrieben oder erwähnt von Oeningen, der classischen Fundstätte einer so überraschenden Flora und Fauna aus derselben geologischen Bildungszeit, während welcher die Mergel entstanden, in die später die Emme ihr Bett eingegraben hat. Bekanntlich fanden sich zu Oeningen in dem zur Erhaltung so aussergewöhnlich günstigen Material sogar Federn von Vögeln. ES, (Vergl. Heer, Urwelt der Schweiz.) Nach diesen einleitenden Bemerkungen über die Verhältnisse des Vorkommens können wir zur nähern Beschreibung des merkwürdigen Fundstückes übergehen. Auf den ersten Blick würden die Eierreste nach Allem dem, was man zu sehen gewohnt ist, als die letzten Windungen von weitmündigen Limnaeen erscheinen können. Neben den vollständigern einzelnen Eiern zeigen namentlich die zahlreichen Fragmente dieselbe Erhaltungsweise, wie die Schneckenschalen in den früher erwähnten mulmigen kohligen Zwischenschichten. Durch sorgfältige Behandlung ist es mir aber gelungen MP Fossile Eier. 5 : die einen mebr von dem Nebengestein zu befreien und ein anderes ringsum loszu- a schälen und frei zu legen. Mit diesem letztern sind auf dem vorliegenden Gesteinsstück fünf Eier so viel als u vollständig erhalten. Es soll diess, wie übrigens ein Blick auf die von Herrn Lips, 1007 Lithograph in Bern, gelungen ausgeführte Zeichnung zeigen wird, nicht etwa besagen, dass die Schalen intact geblieben wären. Es haben diese sprichwörtlich zerbrechlichen Gebilde unter dem Druck der auflagernden Schlammmassen gelitten. Bemerkenswerth ist es immerhin, dass die Eier offenbar sehr bald von Schlamm ausgefüllt worden sein _ müssen. Ihre Schalen sind selbstverständlich zerbrochen und zwar in einer Weise, wie - es ungefähr geschehen würde, wenn wir ein hart gesottenes gewöhnliches Hühnerei in 3 a der hohlen Hand zu zerquetschen suchen. = SE Das unregelmässige Stück von Molassemergel, in welchem die Reste eingebettet wie es uns elhrscheinlicher vorkommen will, auf deren Unterseite lagen, wird unent- en bleiben müssen.- Das Stück wurde eben nicht in situ, sondern erst im aus- _ gehobenen Schutte entdeckt. Offenbar haben wir es mit einer nestartigen Zusammen- en as 2 in Be kenntlichen Brocken derselben Schicht keine Spuren von x wi Ein einzelnes müsste viel mehr Chancen zu besserer Conservirung haben. Fünf ; ‚Stücke sind aber doch, wie schon gesagt, soviel als vollständig auf uns gekommen. Sie können selbst in ihren Dimensionsverhältnissen nur unwesentliche Aenderungen er- re litten haben. Von einer nicht sicher zu ergründenden grössern Anzahl sind nur _ Sehalenbruchstücke vorhanden. Im Gesteine selbst mögen noch weitere verborgen ; liegen. Die am wenigsten verdrückten Eier haben eine grösste Länge von 48, und eine _ grôsste in der Mitte liegende Breite von 38 Millimetern. Sie waren demnach sehr regelmässig oval und Nichts deutet auf ein spitzeres Ende hin. Sie haben die be- 2 _ kanntere Gestalt von Taubeneiern, sind aber viel grösser. | Die Schale hebt sich aus dem grauen erdigen Mergelgestein mit schöner röthlich brauner Farbe ab. Ihre Oberfläche ist ganz glatt; selbst mit der Loupe erkennt man keinerlei Runzelung oder Granulation; auch die Innenfläche scheint von ähnlicher Be- schaffenheit zu sein. Nach der Art der Zerquetschung muss sie gut verkalkt und nicht À etwa bloss pergamentartig gewesen sein. Die Schalensubstanz selbst ist vollständig 6 Fossile Eier. caleinirt, sehr mürbe und feinerdig. Es gelang z. B. nicht, Dünnschliffe für eine mikroskopische Untersuchung herzustellen, welche bei hinlänglichen Vergleichungen vielleicht einige Anhaltspunkte zu näherer Bestimmung geboten hätte. Die Erhaltungs- weise, wie auch die Färbung stimmt vollständig mit derjenigen der mitvorkommenden Schneckenschalen überein. Die angedeuteten Verhältnisse und die Vergleichung mit Vogeleiern, sowie mit einigen mir zugänglichen Reptileiern macht es wahrscheinlich, dass unsere Schalen von einem Schwimm- oder Strandvogel abgelegt worden seien. Der Umstand, dass an dem betreffenden Fleck eine so beträchtliche Zahl von Eiern, vielleicht von mindestens zehn, zusammen lagen, liess zunächst an Reptile, namentlich Schildkröten oder Crocodile denken, deren Weibchen sehr fruchtbar sind. Die Eischalen der erstern sind nun allerdings bei einzelnen Arten auch ziemlich stark verkalkt, bei andern dagegen pergamentartig dünn und biegsam. Meistens aber zeigen sie auf der Oberfläche eine starke Granulirung mit gerundeten Wärzchen und dann namentlich immer auf der Innenseite grosse Tuberkel. Der Gestalt nach sind sie zu- dem ebenfalls verschieden, indem sie entweder ganz kugelrund oder dann fast walzen- förmig, natürlich mit gerundeten Enden, erscheinen. Länglich oval sind sie bei den Emyden, kugelig bei den Testudo-artigen’ Thieren. Auch bei Cistuda Carolina sind die Eier mehr eylindrisch, viel weniger verkalkt und namentlich wegen des bedeutend ge- ringern Dickendurchmessers kleiner als unsere fossilen. Von einer der Art nach un- bekannten Schildkröte ist das Ei, welches ich wie das vorige Hrn. Dr. Fr. Müller in Basel verdanke, von der Grösse eines Gänseeies, aber papierdünn und selbst nach längerer Aufbewahrung in Weingeist noch ganz biegsam, Bei verschiedenen Schild- krötenfamilien kommen indessen der Form nach übereinstimmende Eier vor. So sind z. B. nach Agassiz sowohl diejenigen von Thalassochelys Caouana Fitz. einer Meer- schildkröte, wie auch diejenigen von Megachelys Temmincki Ag. und der Trionychiden Platypeltis ferox Fitz. und Aspidonectes spinifer Ag. aus Nordamerika kugelrund. Die Crocodileier sind fast eylindrisch, oberflächlich sehr runzlig und immerhin noch ziemlich biegsam, obgleich sie deutlich aus einer äussern kalkreichern und einer innern weniger verkalkten Schicht bestehen. Schlangeneier endlich unterscheiden sich durch die pergamentene Schale und eine durchweg länglichere walzenförmige Gestalt. So wurden unsere Vergleichungen auf die Classe der Vögel hingeleitet. Da ist es nun bekannter, wie wechselnd und wenig constant die Eier nach Gestalt und Dimensionen bei verschiedenen Geschlechtern und selbst bei verwandten Arten sind. Die Mono- graphen und Sammler von Vogeleiern erfahren die Wahrheit des Sprichwortes «kein Fossile Eier, 7 Be‘ Ei gleicht dem andern» zur r Genüge. Indessen sind es namentlich die Eier der Enten- Be welche durch eine ähnliche Beschaffenheit der Schalenoberfläche und dann vor + N em dureh die regelmässig ovale Gestalt sich den oben beschriebenen am aller- à Shesten ‚nähern. Nach den Dimensionen dürften die Eier der Emmenweid von einer R _ unsern. kleinen Arten, wie Anas crecca oder A. tadorna verwandten Ente herrühren. Diejenigen, der Wildente (A. Boschas) sind bei ähnlicher Form doppelt so gross. — Bei atra, sind die Eier von der Gestalt und Grösse kleiner Hühnereier. Das Rohr- ve À (Gallinula chloropus) legt kleinere und spitz eiförmige Eier; ähnlich sind die- gen an hit Se les) Be Enteneier Masern zeichnen sich Auch se à im m Allgemeinen ae etwas länger. _ Von fossilem Vergleichungsmaterial konnte gar Nichts beigezogen werden. Der- is Vorkommnisse gehören überhaupt zu den en er an nn Blase des nd von ARE lee so Se Wirbelthierreste lieferte, mehrere x N u von der Grösse von babe enden va SET zer Frs sodann Eier vom Schwan und andern Schwimmvögeln aus dem Sa quanären Kalk von Cannstadt bei Stuttgart beschrieben. Wie an derselben Stelle an- 4 gegeben ist, ‚sind eine grössere Zahl von Eiern, die ebenfalls Enten zugeschrieben worden, in einem tertiären Süsswasserkalk der Limagne (Puy-de-Döme) gesammelt + worden. Auf andere unwichtigere Funde hinzuweisen, scheint nicht weiter nothwendig. L Hoffen wir, dass die Bekanntmachung der oben beschriebenen Eier bald die Ver- anlassung zu weitern ähnlichen Entdeckungen gebe. u Ma f NE : ABHANDLUNGEN DER SCHWEIZ. PALRONTOLOG. GESELLSCHAFT. BACHMANN, FOSSILE EIER. F Lins delé th. FOSSILE EIER. (k va se mi { $ 1 3 + è $ \ À Gant Bts, À LULU »