Abhandlungen des Naturwissenschaft liehen Vereins( früher Zoologisch-Mineralogischen Vereins) in Regensburg. Abh. naturw.Ver Regensburg Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Y ereines (früher zoologisch -mineralogischen Vereines) m Regensburg. ZWÖLFTES HEFT. (Beilage zu Heft XV der Vereinsberichte.) Tertiäre Vogelreste von Regensburg und die jungmiocäne Vogelwelt. Zu beziehen durch den naturwissenschaftl. Vjrein zu Regensburg. München 1918. Akademische Buchdruckerei von F. Straub. Dr. Ludwig* von Amnion K. Oberbergdirektor und Professor. Von (By) t Abhandlungen des N aturwissenschaftlichen Y ereines (früher zoologisch -mineralogischen Vereines) in Regensburg. ZWÖLFTES HEFT. (Beilage zu Heft XY der Yereinsberichte.) Tertiäre Vogelreste von Regensburg und die jungmiocäne Vogelwelt. Von Dr. Ludwig* von Ammon K. Oberbergdirektor und Professor. \ München 1918. Akademische Buchdruckerei von F. Straub. Zu beziehen durch den naturwissenschaftl. Verein zu Regensburg. Inhaltsverzeichnis. Einleitung . 1 —4 Benützte Literatur . 4—6 I. Abteilung. Allgemeines. Über fossile Federn und Eier . 6—11 Fossile Vogelreste aus Bayern . 11 — 18 Paläornithologische Funde in Europa (Überblick) . . 18—27 II. Abteilung. Beschreibung der Regensburger Stücke. Phalacrocorax praecarbo . . . . . . 28 — 80 Ardea Brunhuberi . 80—32 Botaurites avitus . . . . . . . .32 — 35 Anas cf. robusta . 35 — 41 Mit Einschaltkapitel (33—41) ; Fossile Enten aus dem europäischen Tertiär. Gallus longaevus . . 41 — 45 Mit Einschaltkapitel (43—45): Tertiäre Hühner. Phasianus augustus . . . . . . .45 — 49 III. Abteilung. Obermiocäne Vögel. Fauna von Sansan, La Grive-Saint-Alban, Oeningen, Stein- heim, aus dem Ries, von Attenfeld und Regensburg 49 — 60 Zusammenstellung der Arten der europäischen Vogelfauna aus der jüngeren Miocänzeit . . . . .60 — 69 - - Einleitung. Im Laufe der letzten Jahre gelangten einige fossile Vogrelreste in die Sammlung des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Regensburg. Bekanntlich gehören Versteine¬ rungen aus der Klasse der Vögel zu den Seltenheiten und bilden daher stets höchst wertvolle Gegenstände: für die Regensburger Sammlung haben die neuen Stücke jedoch da¬ durch noch eine besondere Bedeutung, daß sie aus der Ge¬ gend von Regensburg selbst, von einer ganz in der Nähe der Stadt gelegenen Stätte, stammen; ihr Fundort ist die Tongrube zwischen Dechbetten und Prüfening (Tonwerk Mayer und Reinhard). Der dort zur Gewinnung aufge¬ schlossene Ton muß als der richtige Braunkohlenton der obermiocänen Tertiärschichten angesprochen werden. Er bat bereits schöne Schildkröten der Gattungen Trionyx und Clemmys (s. v. Ammon, Schildkröten aus dem Regens¬ burger Braunkohlenton. Regensburg 1911, enthalten in der Separatbeilage zum 12. Jahresbericht des Naturwissenschaft¬ lichen Vereins Regensburg für die Jahre 1907 — 1909), ein Krokodilskelett ( Diplocynodon cf. gracilis Vaill.) und viele Säugetierknochen und -Zähne aus der Fauna des Dinothe- riumsandes geliefert. Das Vorkommen der Vogelknochen giebt der berechtigten Hoffnung Raum, daß mit der Zeit durch die Vergrößerung der Tongrube noch weiteres, für wissenschaftliche Zwecke wichtiges Material erbeutet werden könne. 1 2 Die allgemein geologischen und auf die Braunkohlen¬ führung sich beziehenden Verhältnisse der Ablagerung dieses Platzes sind in meiner Abhandlung „Bayerische Braunkohlen und ihre Verwertung“ (München 1911) enthalten, woselbst auch ein Knochen (Metacarpus), in vorliegender Arbeit als Ardea Brunhuberi bezeichnet, zur Abbildung gelangte. Wei¬ teres über die Lagerung ist in Brunhubers Schrift „Die geo¬ logischen Verhältnisse von Regensburg und Umgebung“ S. 60 niedergelegt. Dem Wunsche des Vorstandes vom Regensburger Na¬ turwissenschaftlichen Verein, des Herrn Hofrats Dr. Brun¬ huber, meines lieben Freundes, dessen eifrigen Bemühungen die Einbringung der seltenen Knochenreste in die Sammlung des Vereins hauptsächlich zu danken ist und der mich er¬ suchte, die Bestimmung dieser Reste vorzunehmen, mochte ich nicht widerstreben, obgleich ich mir der Schwierigkeiten dabei wohl bewußt war. Die ornithopaläontologische Lite¬ ratur Deutschlands ist höchst spärlich ; für das Studium der fossilen Vogelreste überhaupt giebt zwar das große Tafel¬ werk von Milne-Edwards über die fossilen Vögel Frankreichs eine sehr gute Grundlage ab : man sieht sich aber selbst¬ verständlich für die Untersuchung genötigt, Vergleichungen mit den Knochen jetzt lebender Vögel anzustellen, und da hält es schwer, ausreichendes Material zu diesem Zwecke benützen zu können, denn die in den Museen vorhandenen Skelette genügen — abgesehen noch von anderen Punkten, wie Beschränkung in der Zahl der zu Gebote stehenden Typen — meist nicht für eine genauere Prüfung, da die Knochen, um ihre Einzelheiten gut zu erkennen, womög¬ lich isoliert zur Verfügung stehen sollten. Die Benützung der osteologischen Abteilung der Mün¬ chener zoologischen Staatssammlung, was mir für die vorlie¬ gende Abhandlung wichtige Anhaltspunkte gewährte, wurde mir durch das freundliche Entgegenkommon ihrer Direktoren, 3 Herrn Geheimen Rates v. Hertwig und Professors Zimmer, gut ermöglicht. Letztgenannter unterstützte mich auch mit Rat. Beiden Herren sowie Herrn Kustos Hellmayr spreche ich andurch meinen verbindlichsten Dank aus, ebenso auch Professor Freiherrn Stromer von Reichenbach, der die Güte hatte, mich auf einige Erscheinungen der neueren Literatur aufmerksam zu machen. Über die Anordnung des Stoffes sei Nachstehendes gesagt. Die erste Abteilung bezieht sich auf allgemei¬ nere Verhältnisse. Da ein Hauptcharakteristikum der Vögel in ihrem Federkleid besteht, sind einige Worte über Fos¬ sile Federn sicherlich nicht unangebracht. Sie bilden mit einem Blick auf versteinerte Eier den ersten Abschnitt. Der zweite Abschnitt der ersten Abteilung bringt die aus Bayern bis jetzt bekannten fossilen Vogelreste zur Sprache, während der dritte im Anschluß daran einen Über¬ blick über die wichtigeren europäischen Funde auf pa- läornithologischem Gebiet überhaupt gewährt. Die zweite Abteilung ist allein der Einzelbeschrei¬ bung der Regensburger Funde gewidmet; bei zwei For¬ men wurde je ein Einschaltkapitel (über tertiäre Enten und Hühner) eingelegt. Nach Abschluß der Beschreibung der Stücke war es geboten, die gleichzeitigen Faunen aus be¬ nachbarten oder sonst europäischen Ländern in näheren Ver¬ gleich zu ziehen. Die dritte Abteilung, betitelt Obermiocäne Vögel, hat daher die Betrachtung der bis jetzt ermittelten Vogel¬ reste aus obermiocänen Schichten einiger bekannteren Lo¬ kalitäten zum Gegenstand, wobei namentlich der Stein- heim- Riese r Vogelfauna Aufmerksamkeit geschenkt wird. Zum Schluß ist eine Zusammenstellung aller bis jetzt be¬ kannt gewordenen Arten der europäischen zur jüngeren Mio- cänzeit vorhandenen Vogelwelt gegeben. Der Text lag bereits im Sommer 1916 abgeschlossen l* 4 vor; im Frühjahr 1917 konnten noch einige Ergänzungen eingefügt werden, doch verzögerte sich der Druck der Zeit¬ verhältnisse halber bis zum Herbste des Jahres 1917. Benützte Literatur. (Die Schriften werden im Text mit der gleichen Nummer zitiert, die sie hier tragen.) (1) Bronn H. G., Klassen und Ordnungen des Thier-Reichs. VI. Band. Vierte Abteilung Vögel von H. Gadow und E. Selenka. I Ana¬ tomischer Teil, Leipzig 1891. II Systemat. Teil, Leipzig 1893. (2) Deperet Charl., Recherches sur la succession des Faunes de Ver- tebres Miocenes de la Vallee du Rhone. Archives du Museum d’Histoire naturelle de Lyon. Tome IV. Lyon 1887, p. 45 — 313, tab. XII XXV (Oiseaux p. 282 — 288). (3) Fraas Osk., Die Fauna von Steinheim. Stuttgart 1870 (auch ent¬ halten in den Jahresheften des Vereins für vaterl. Naturkunde in Württemberg, Band 26. 1870). (4) Gaillard Cl., Les Oiseaux des phosphorites du Quercy. Annales de l’universite de Lyon. Nouvelle serie I. Scienc., Med. Fasci- cule 23. Lyon et Paris 1908. (5) Lambrecht Koloman, Die fossilen Vögel Ungarns. Aquila (Zeit¬ schrift für Ornithologie), tom. XIX. Budapest 1912 (S. 288— 320, mit 4 Tafeln). (6) Lambrecht Kol., Die Gattung Plotus im ungarischen Neogen. Mitteilungen aus dem Jahrbuch der Kgl. Ungarischen geolog. Reichsanstalt, XXIV. Bd. Budapest 1916. (7) Lambrecht Kol., Geschichte und Bibliographie der Palaeo-ornitho- logie. Aquila, Bd. XX11I, 1916, S. 484— 501; Bibliogr. palaeo- ornithologica usque ad annum 1916, S. 215 — 307. (8) Laube Gust. , Ein neuer Vogelrest aus den Tonen von Preschen bei Bilin. Lotos, Bd. 57, Heft 6, 1909. (9) Laube G., Vogel- und Reptilienreste aus der Braunkohle von Skiritz bei Brüx. Lotos, Bd. 58, Heft 4, 1910. (10) Lydekker Rich., Catalogue of the Fossil Birds in the British Mu¬ seum. London 1891. (11) Lydekker R., On some Bird-bones from the Miocene of Grive — St. Alban, Department of Isere, France. Proceedings of the Zoological Society of London 1893, p. 517 — 522, pl. XLI. 5 (12) Meykr A. B. , Abbildungen von Vogel-Skeletten. Bd. I mit 121 Tafeln. Dresden 1879 — 1888. Bd. II mit 121 Tafeln. Berlin 1889—1897. (13) Meyer Herm. von, Fossile Vögel von Radoboj und Oeningen. Palaeontographica XIV (1865)., S. 125 — 131, Taf. 30. (14) Milne-Edwards M. Alph., Recherches anatom. et paleontologiques , pour servir ä l’histoire des oiseaux fossiles de la France. Tom. I. Paris 1867-1868. Tom. II, 1869-1871. Atlas: 200 pl. (15) Paris Paul, Oiseaux fossiles de France. Revue Fran£aise d’Or- nithologie. 4. ann. 1912. (16) Portis Aless., Contribuzioni alla ornitolitologia Italiana. Torino 1884. (Memorie della Reale Accademia delle Scienze di To¬ rino. Serie II. Tom. XXXVI. Pars 11, ibid. XXXVIII, 1888.) 17) Portis Aless., Gli ornitoliti del Valdarno superiore. Mem. del Istituto super, di Perfeziamento. Firenze 1889. (18) Pycraft W. P., Contributions to the Osteology of Birds. Part I Steganopodes. Proceedings of the Zoologie. Society of London 1898. (19) Regalia E., Avifaune fossili Italiane. (Avicula, Anno XI, 1907.) (20) Schlosser M., Neue Funde fossiler Säugetiere in der Eichstätter Gegend. Abhandl. der K. Bayer. Akad. d. Wiss., math.-phys. Kl. XXVIII. Bd. München 1916. (Aves, S. 33.) (21) Schuster W. , Die Vogelwelt und die IWtiärzeit. Journal für Ornithologie 1902. (22) Siiufeldt R. W., Osteological studies of the subfamily Ardeinae. Part I. Journ. of comparat. Medicine and Surgery. Philadel¬ phia July 1889. Part II, ibid. Octob. 1889. (23) Shufeldt R. W., -Osteology of Birds. Education Departement Bulletin. New York State Museum, Bulletin 130. Albany 1909. (Accipitres, Gallinae, Anseres, Coccystes und Bibliographie, enth. die Titel von 160 Arbeiten des Autors über Anatomie und Klassifikation der Vögel.) (24) Shufeldt R. W., Fossil Feathers and some heretofore undescribed Fossil Birds. The Journal of Geology (Chicago, Illinois). Vol. XXI, 1913 (pap. 628-652); (25) Shufeldt R. W. , Fossil Birds in the Marsh Collection of Yale University. Transactions of the Connecticut Academy of Arts and Sciences. Volume 19 (Febr. 1915). New Haven, Conn. 1915. 6 (26) Widhalm J., Die fossilen Vogelknoclien der Odessaer Steppen¬ kalk-Steinbrüche an der neuen Slobodka bei Odessa. Beilage zum 10. Bande der Schriften der Neurussischen Gesellschaft der Naturforscher zu Odessa. Odessa 1886. (27) Wittich Ernst, Beiträge zur Kenntnis der Messeier Braunkohle und ihrer Fauna (Rhynchaeites messelensis, ein neuer Vogel aus der Braunkohle), 1898. Abhandl. der Großh. Hess. Geolog. Landesanstalt zu Darmstadt. Bd. III, 1899, S. 77 — 147. (28) Zittel Karl A., Handbuch der Palaeontologie. Palaeozoologie, III. Bd. München und Leipzig 1887—1890. (29) Zittel K. A. von, Textbook of Palaeontology , ed. by Eastman. Vol. II Aves: F. A. Lucas. London 1902. (30) Zittel K. A. von, Grundzüge der Paläontologie. II. Abt. Verte- brata. 2. Aufl. Vögel bearb. von M. Schlosser. München und Berlin 1911. I. Abteilung. Allgemeines. Über fossile Federn und Eier. Der bekannte Spruch „Den Vogel erkennt man an seinen Federn“ besitzt begreiflicherweise für den Paläonto¬ logen keine oder nur ganz geringe Bedeutung, denn so zarte Gebilde wie Federn sind im allgemeinen nicht ge¬ eignet, in versteinertem Zustand überliefert zu werden. Gleichwohl giebt es Ausnahmen und gerade einige wichtige Stücke sind uns von bayerischen Fundplätzen erhalten geblieben, sodaß es nicht unberechtigt sein mag, diese Ab¬ handlung mit einem Blick auf bekanntere Fossilstücke, die Teile des Federkleides erkennen lassen, einzuleiten. Hier ist in erster Linie der Stücke des berühmten ju¬ rassischen Urvogels Archaeopteryx aus dem lithographi¬ schen Schiefer von Solnhofen und Eichstätt zu gedenken. Uber dessen Befiederung haben außer Anderen nament- 7 Figur!. Obermiocäner Süsswasserkalk, erfüllt mit Abdrücken von Federn der’Awas Risgoviensis v. Amm. — Wallerstein im bayer. Ries. (Natürl. Grösse.) 8 lieh Dames und Fürbringer (M. Fürbringer, Untersuchungen zur Morphologie und Systematik der Vögel etc., II. Abteil. Allgemeiner Teil, Amsterdam 1888, S. 691 u. 692) genauere Angaben gemacht, worüber Gadow im BRONNSchen Werk (1, I S. 566, II S. 89) sachgemäß berichtet. Auch verein¬ zelte Federexemplare sind im Plattenkalk aufgefunden wor¬ den. Das Flugvermögen von Arcliaeopteryx scheint ähnlich — doch vielleicht von etwas weniger kräftiger Art — wie das eines Rebhuhns oder Fasans gewesen zu sein, s. Stell¬ waag, Das Flugvermögen von Arcliaeopteryx, Naturwissensch. Wochenschrift, Bd. XV (N. F. XXXI), Nr. 3, 1916, p. 33 —40, Fig. 10. Als ein zweites bayerisches Vorkommen ist der Ein¬ schluß von Federabdrücken im tertiären Süßwasser¬ kalk vom Ries zu verzeichnen. Bislang galt der Hahnen¬ berg unweit Appetshofen als die Hauptfundstätte dafür, vor kurzem hat man jedoch auf dem am westlichen Riesrande gelegenen Wallersteiner Kalkhügel, 4 km nördlich von Nörd- lingen entfernt (beim Hochreservoir daselbst), reichlichst sol¬ che Abdrücke von Vogelfedern vorgefunden. Der Kalkstein ist stellenweise ganz erfüllt von den Resten, wie vorstehende Abbildung (Figur 1) beweist. Besonders große und schöne Stücke befinden sich in der Paläontologischen Sammlung des Staates in München ; sie sind daselbst als zu Anas San- saniensis Milne- Edwards gehörig bestimmt worden. Der größte Teil dieser Federabdrücke dürfte wohl der Anas Bxs- goviensis n. sp. zufallen, welche Art später bei der Über¬ sicht über die tertiären Enten (Einschaltkapitel bei Anas cf, robusta) und bei Besprechung der Riesvogelfauna er¬ wähnt werden wird. Sehen wir uns überhaupt in der Literatur nach dem Gegenstände um, so begegnen wir schon frühe dem Nach¬ weis von fossilen Federn. Bereits vor zwei Jahrhunderten hat der alte Scbeuchzer eine Feder aus dem Oeninger Schiefer 9 abgebildet. Im Jahrbuch für Mineralogie (1859, S. 723 und 1861, S. 561), sowie in der Palaeontographica (X, 1861, S. 53) berichtete Herm. v. Meyer über fossile Vogelfedern. Die wichtigeren älteren Funde sind sowohl bei Zittel (28, S. 806) wie bei Quenstedt (Handb. der Petrefaktenkunde, '3. Aufl., 1885, S. 127) vorgetragen; außerdem machte Menzel (1906) eine Zusammenstellung der Angaben aus der Litera¬ tur, wobei er zugleich eine Feder aus der miocänen Braun¬ kohle von Senftenberg in der Niederlausitz abbildet (Über die Flora der Senftenberger Braunkohlenablagerungen, Ab¬ handlungen der K. preuß. geolog. Landesanstalt, N. F., Heft 46, Berlin 1906). Hier möge nur erwähnt sein, daß der gleichwie der Rieskalk mit dem Regensburger Ton gleich- alterige Oeninger Mergel eine schöne, 3 cm lange Feder (0. Heer, Die Urwelt der Schweiz, 2. Aufl., 1879, S. 434, Tab. X, f. 3) geliefert hat. Auch aus dem Lignit von Rott sind Federn beschrieben. Neuerdings beschäftigte sich Shu- feldt mit solchen Resten. Er führt in seiner einschlägigen Arbeit (24) einige wichtigere Funde aus Europa und Ame¬ rika (Oligocänschichten von Floressant, Colorado) vor und bringt zugleich zwei neue das Federkleid zum Teil erhalten zeigende Arten von passeriformen Vögeln ( Hebe Schucherti und Yalavis temäjoes aus den eocänen Green River-Schichten von Wyoming) zur Beschreibung und Abbildung. In jüng¬ ster Zeit hat Chapmann (1910) eine fossile Feder in Austra¬ lien (Ironstone von Redruth, Victor.) entdeckt. „On the feathers of Hesperornis“, des Kreidevogels, äußerte sich Shu- feldt (Nature, London, 13. May 1897, p. 30). Fossile Eier sind öfters gefunden worden. Zittel (28, S. 817), Quenstedt (l. c., S. 128), Lydekker (10, S. 200) machen darüber nähere Angaben. Ich möchte hier nur bemerken, daß derlei Petrefakten, die man eigentlich wegen der Zerbrechlichkeit der ursprünglichen Substanz gar nicht vermuten sollte, ebenfalls aus Bayern bekannt geworden 10 sind. Das solche Stücke einschließende Lager ist vor allem der obermiocäne Tertiärkalk des Rieses. Als hauptsächlich¬ ster Fundplatz kann der schon oben genannte Hahnen- berg gelten, wo die Eier, von Enten ( Anas velox und San - saniensis) oder auch Pelikanen herrührend, zuweilen in ganzen Nestern zusammenliegen. Vor einigen Jahren wurde im Steinbruch „Am Hörele“ bei Nördlingen ein schönes ver¬ steinertes Nest erbeutet. Ein anderes Vorkommen betrifft den untermiocänen Kalkstein (unterer Cerithienkalk) von Zell im Zellertal bei Kirchheimbolanden in der Rhein¬ pfalz (Paläontolog. Staatssammlung), s. Figur 2. Figur 2. Fossiles Ei im untermiocänen Kalk aus dem Zellertal bei Kirchheimbolanden. Um noch einen weiteren, der Aufmerksamkeit werten paläornithologischen Gegenstand zu berühren, sei erwähnt, daß auch krankhafte Erscheinungen an fossilen Vogel¬ knochen mehrmals — wenngleich nicht an Stücken aus bayerischen Gebieten — beobachtet worden sind. Ich möchte in dieser Beziehung nur auf den Aufsatz von K. Lambrecht über pathologische Veränderungen an fossilen Vogelknochen Hinweisen, worin einige kranke KnocHenstücke des postgla¬ zialen Moorscbneehuhns vorgeführt sind (Kormos, Die Fels¬ nische Pilisszantö, Mitteil, aus dem Jalirb. der K. Ungar. Geolog. Reichsanstalt, Bd. 23, p. 514, Budapest 1916). Fossile Vogelreste aus Bayern. Fossile Vogelreste aus Bayern. Die berühmtesten Stücke fossiler Vögel von bayerischer Fundstätte sind die Archaeopteryx- Exemplare aus oberjurassischem Plattenkalk von Solnhofen und von Eichstätt (Blumenberg am Hart¬ hof). Außer den zwei Hauptstücken werden auch einzelne Funde von Federabdrücken und von Fährten (siehe Walther in der Festschrift für Haeckel, Jena 1904, S. 147) diesem Urvogel zugeteilt; auf ihn hier näher einzugehen, haben wir jedoch keine Veranlassung.1) Aus den Schichten der Kreideformation unseres Landes ist noch nichts an Vogel¬ resten bekannt geworden. Das Tertiär hat bis jetzt — das Fundgebiet vom Ries ausgenommen — nur sehr spärliche Reste geliefert. Schon Schlotheim erwähnt in seiner Petre- 9 Es dürfte aber vielleicht rieht unangebracht sein, die genauere Fundstätte der beiden wichtigen Archäopteryxstücke anzu¬ geben. Das jetzt in London (British Museum) aufbewahrte erste Stück wurde 1861 dem alten Ottmannschen Bruche bei Langenaltheim, im Gebiete des Solnhofer Gemeindebruches gelegen, aus einer -ca. 20 m tief unter dem Oberrande des Bruches gelagerten Schicht (sog. Flinz d. h. technisch verwertbare dickere Lage) entnommen; die Fundstelle befindet sich halbwegs zwischen Solnhofen und Langenaltheim, auf der Höhe, am Pappenheimer Weg. Das zweite, das Berliner Exem¬ plar ist in dem an der Wegscheid oberhalb Eichstätt ('/2 km nord¬ wärts vom Harthof entfernt) nächst der Weißenburger Straße ange¬ legten kleinen Steinbruch von dessen Besitzer Dörr im Jahre 1877 aufgefunden worden. Die zweite Fundstelle liegt von der ersten in gerader östlicher Richtung etwa 14 km entfernt. Eine einzelne Feder von Archaeopteryx entdeckte man schon 1860 im Solnhofer Gemeinde, bruch, Abteilung Köhler. 12 faktenkunde 1820 — 1823 den Knochenfund (Tibia) eines Wasserhuhns ( Fulica ) aus der Braunkohle von Kaltennord¬ heim in der Rhön (untermiocän), welcher Ort zwar nicht mehr in Bayern, aber nicht sehr weit, etwa 8 km, von der Grenze entfernt liegt. Da nähere Untersuchungen und Ab¬ bildungen des Stückes fehlen, kann ihm keine Bedeutung zugemessen werden. Ähnliches gilt für den aus der neo- genen alpinen Meeresmolasse des Allgäus von Harbatshofen (im bayerischen Kreise Schwaben) stammenden Ardeacites molassicus Haushalter (Gümbel, Geogn. Beschreib, d. bayer. Alpengeb. S. 783, 791). Die in der Dissertation von Haus¬ halter (Merkwürdige fossile Tierreste der Algäuer Molasse, München 1855) auf Tafel II, Fig. 1 enthaltene Abbildung (eins 14 cm langer, als Humerus angesprochener Röhren¬ knochen) läßt einen Erhaltungszustand erkennen, der offen¬ bar nicht ausreichend erscheint für eine Einreihung in das System. Zittel hat in seinem Handbuch auf das Stück gar nicht Bezug genommen, und ich muß davon absehen, das Allgäuer Fossil, trotzdem es von H. v. Meyer (13, S. 129), Milne-Edwards (14, II, p. 590), Lydekker (10, p. 363) und Gaillard (4, p. 140) aufgeführt wird, in das am Schlüsse dieser Schrift zu gebende Verzeichnis der systematisch ge¬ sicherten Stücke aufzunehmen. — Ergänzend möge noch er¬ wähnt sein, daß aus den untermiocänen Hydrobienschichten der bayerischen Rheinpfalz (Süßwasserkalk mit Hydrobia ventrosa Montf. und Helix Moguntina Desh.) von Bücher (Beitrag zur Kenntnis des jüngeren Tertiärs der Rheinpfalz, Geognost. Jahreshefte, 26. Jahrg. 1913, S. 48) ein Vogel¬ knöchelchen vom Fundplatz Kallstadt bei Dürkheim a. d. H. aufgeführt wird. Das in vorliegender Schrift Figur 2 ab¬ gebildete Ei von Zell aus dem Zellertal in der nördlichen Rheinpfalz entstammt dem gleichen geologischen Schichten¬ verband. Mit besonderer Aufmerksamkeit wird man sich natür- 13 licli die Wirbeltierfauna der bayerischen Obermiocän- schichten besehen; aber — von den kalkigen Absätzen zunächst abgesehen — ist meines Wissens bis zum Jahre 1916 weder aus den Braunkohlentonen und Sanden, die an ' vielen Plätzen auf dem Juraplateau aufgeschlossen sind, noch aus den gleichalterigen Gebilden des sandig-lettigen Flinzes und des Dinotheriumsandes, welche Ablagerungen sich durch die ganze Hochebene ziehen, irgend ein Vogel¬ rest in der Literatur näher beschrieben worden. Nur in iüngster Zeit wurden in einer obennioeänen Ablagerung aus einer Juraspalte bei Attenfeld unweit Neuburg a. D. Vogel¬ knochen entdeckt (Schlosser, 20), welches Vorkommen in einem späteren Abschnitt noch kurz behandelt werden soll. Da sonst in den bayerischen Obermiocänschichten die üb¬ rige Wirbeltierfauna, insbesondere was Säugetiere anlangt, wenn auch zumeist in nicht gerade häufigen Funden, so doch im ganzen in beträchtlicher Artenzahl und Formen¬ fülle vertreten ist, wird es keinem Zweifel unterliegen, daß auch ab und zu einige Vogelknochen zum Vorschein ge¬ kommen sind, und manche Sammlung dürfte wohl solche Reste beherbergen ; wegen der Schwierigkeit ihrer Bestim¬ mune* werden sie aber unberücksichtigt gelassen worden sein. Es wäre dringend zu wünschen, daß auf derlei Funde be¬ sonders achtgegeben werden möge, um unsere Kenntnis der jungtertiären Vogelwelt in erfreulicher Weise zu bereichern. Haben nun auch die sandigen und die tonigen Ab¬ lagerungen des bayerischen Obermiocäns an Vogelverstei¬ nerungen fast nichts, was entsprechende Beachtung gefunden hat, geliefert, so ist dies anders bei der kalkigen Facies. Der oben im Abschnitt über die fossilen Federn schon ge¬ nannte Süßwasserkalk des Gebietes vom Ries zeigt sich stellenweise sogar sehr reich an Einschlüssen. Nach Schluß der Beschreibung unserer Stücke werden wir im erbten Ab¬ schnitt der dritten Abteilung unseres Textes auf diese Vogel- 14 launa noch näher zu sprechen kommen. Eine die heutigen Anforderungen der Wissenschaft befriedigende Bearbeitung der für die paläornithologische Forschung so wertvollen Funde aus dem bayerischen Ries, die sich hauptsächlich in den Sammlungen von München (Paläontologische Staats¬ sammlung), Stuttgart (K. Naturalienkabinett) und London (British Museum) befinden, steht leider noch aus. Nach dem bisher Ermittelten setzt sich die Gesellschaft der tertiären Riesvögel aus folgenden Arten zusammen: Plialacrocorax Bisgoviensis 0. Fraas, Pelecanus intermedius 0. Fraas, Pele- canus Fraasi Lydekker, Ardea sp., Ibis sp., Anasvelox Milne- Edwards, Anas Sansaniensis Milne- Edwards, Anas Bisgovien¬ sis v. Ammon (= Anas Blanchardi 0. Fraas = Anas sp. Lydekker Nr. 48165, 10 p. 117), Anas robusta Milne-Edwards, Elorius sp. Lydekker, Larus sp. Lydekker, Passeres div. Es braucht wohl nicht besonders bemerkt zu werden, daß der obermiocäne Charakter dieser Ablagerung, die die Vogel¬ knochen enthält, aus geologischen und paläontologischen (Molluskenfauna) Gründen sicher festgestellt ist. Da die Fossilien, mit denen wir uns hier eingehender beschäftigen wollen, tertiären Alters sind, wollen wir unsere Betrachtungen auch hauptsächlich auf die tertiäre Fauna beschränken. Doch darf vielleicht ein Blick auf noch jüngere bayerische Vogelreste gestattet sein. Aus diluvialen oder pleistocänen Bildungen, die in größerer horizontaler Ausdehnung abgelagert sind, ist — abgesehen von ein paar Stücken ( Tetrao tetrix, Anas sp. und Eulengewöllen nach Nehring) aus dem Würzburger Löß im Heigelsbachtal — meines Wissens noch nichts an Einschlüssen ornithologischer Abstammung bekannt geworden; wohl aber kennt man Vogelreste aus Schichten, die in Höhlen zum Absatz kamen. Solche Höhlenschichten haben jedenfalls ein sehr jugendliches Alter und stehen an der Grenze vom Plei- stocän zu noch jüngeren Gebilden; doch dürften sie wohl zumeist dem jüngeren oder obersten Diluvium einzureiben sein. Auf die Frage ihres genaueren Alters, das natürlich in den einzelnen Fällen vor allem, wenn möglich, durch die Lagerung zu bestimmen sein wird, soll hier nicht näher , eingegangen werden. Es kommt hier nur darauf an, durch Erwähnung einiger der bekannteren Funde, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit machen sollen, die Aufmerk¬ samkeit auf diese Vertreter einer alten Ornis zu lenken. Über die Ausbeute in den oberfränkischen Höhlen berichten folgende Abhandlungen: „Die natürlichen Höhlen in Bayern“ in den Beiträgen zur Anthropologie und Ur¬ geschichte Bayerns, 2. Bd., München 1879 mit den Arbeiten von Banke „Das Zwergloch und Hasenloch bei Pottenstein in Oberfranken“ und von Nehring „Die Fossilreste der Mikro¬ fauna aus den oberfränkischen Höhlen“, weiters Alfr. Neh¬ ring „Übersicht über vierundzwanzig mitteleuropäische Quar¬ tärfaunen“ in Zeitschrift d. Deutsch, geolog. Gesellschaft, 32. Bd., 1880. Aus der von Nehring so benannten Hoesch- Höhle bei der Neumühle im Ailsbachtal (H), aus der Elisa¬ beth-Höhle im Rabensteiner Schloßberg (E), weiters aus den Höhlen bei Pottenstein, dem Torloch (T), Schwalbenloch (S) und Zwergloch (P) sind folgende Arten bekannt geworden: Anas sp. (H, E), Auerhahn Tetrao urogallus (H, P), Birk¬ huhn Tetrao tetrix ( H, E, P), Moorhuhn Lagopus albus (H, E, T, S, P), Schneehuhn Lagopus mutus (E), Waldschnepfe Scolopax rusticola (H), Sperlingseule Glaucidium passerinum (P), Strix sp. (E), Mittlerer Buntspecht Ficus medius (S, P), Wachholderdrossel Turdus pilaris (S, P), Turdus sp. (H), Bergfink Fringilla montifringilla (S, P), Dohle Corvus mo- nedida (E, T, P). Diese Fauna betrachtet Nehring noch als fossil, doch muß angeführt werden, daß ein gut Teil der Stücke aus dem Schwalbenloch und dem Zwergloch ein ziemlich frisches Aussehen besitzt. Es kann daher ange¬ nommen werden, daß nicht alle Stücke aus den untersten 16 Schichten der Höhlenablagerung stammen, was um so be¬ greiflicher erscheint, als auch der Kernbeißer und die Schwarzdrossel (S), sowie im Zwergloch die zahme Ente, das Rebhuhn, die Wildtaube, die Gans und das Haushuhn gefunden worden sind. Dem südöstlichen Teil der bayerischen Jura Verbreitung gehört die in Niederb ayern befindliche Kastlhänghöhle im Altmühltale an. Sie liegt am Rande des Hienheimer Forstes gegenüber dem Kastlhof (Pilihausen) bei Prunn. Aus der darin über der gelben Höhlenbärschicht vorhan¬ denen paläolithischen Schicht, die auch Reste vom Viel¬ fraß, vom Steinbock, Wildpferd, Schneehasen und Lem- i ming lieferte, konnte Schlosser Knochen vom Uhu ( Bubo maximus), Birkhahn ( Tetrao tetrix ) und viele Knöchelchen der beiden Schneehuhnarten ( Lagopus albus und alpinus) gewinnen, während die darüber liegende Nagerschicht, worin auch der Halsbandlemming und der Siebenschläfer gefunden wurden, Reste vom Sperber ( Nisus communis ), Raben (Cor- vus ) und von der Amsel ( Turdus merula) ergab (Die Kastl¬ hänghöhle, eine Renntierstation im bayerischen Altmühltale von Jos. Fraunholz, Hugo Obermaier und Max Schlosser in Beitr. z. Anthropol. u. Urgesch. Bayerns, Bd. XVIII, 1911). Die Funde aus den oberpfälzischen Höhlen sind in mehreren Abhandlungen von Max Schlosser niedergelegt. Einige dieser Arbeiten, Höhlenstudien bei Velburg und sonst im oberpfälzischen und bayerischen Jura betreffend, er¬ schienen zuerst in verschiedenen Jahrgängen (1896 — 1899) des Correspondenzblattes der Deutschen anthropologischen Ge¬ sellschaft und wurden dann unter dem Titel „Neue Höhlen¬ untersuchungen in Bayern“ im 13. Bande der „Beiträge zur Anthropologie und Urgeschichte Bayerns“ (München 1899, S. 25 — 68) nochmals abgedruckt; weiters ist einschlägig Schlossers Aufsatz „Die Ausgrabungen im Dürrloch bei Schwaighausen NW von Regensburg“ im Correspondenz- 17 blatt d. Deutsch, anthrop. Gesellsch. 1900. Die Fundplätze sind die Felsnische bei St. Wolfgang unweit Yelburg (We), die Höhle im Yelburger Schloßberg (Ys), die Felsnische im Velburger Schloßberg (Y), die Höhle bei St. Wolfgang (W) und das Dürrloch bei Schwaighausen (D). In der neolithi- schen Schicht und der weißlichen Sandschicht im Hangenden der gelben Lage wurden gefunden: Lag opus albus (We, W), Lagopus alpinus (We, W, Ye), Bubo maximus (D) und wei¬ ters (von frischem Aussehen) Gans und Huhn. Aus der gelben Nagerschicht (Äquivalent der unteren Nagerschicht vom Schweizerbild), in welcher Schicht in der Oberpfalz außer anderen Nagern, namentlich Arvicolen (Wühlmäusen), auch Reste vom Halsbandlemming ( Myodes oder Guniculus torquatus ), sowie vom Steppenhamster (Cricetus phaeus) nach¬ gewiesen worden sind, liegen vor: Anser domesticus (D), Tetrao urogallus (W, D), Tetrao tetrix (We, W, Y), Lagopus alpinus (We, Ys, Y, W), Lagopus albus (We, Y, W), Reb¬ huhn Perdix cinerea (We), Sperber Falco sp. (Y), Wasser¬ ralle Rallus aquaticus (W), Kiebitz Vanellus cristatus (W), Lachmöve Larus ridibundus (W), Uhu Bubo maximus (W), Kauz Syrnium cf. aluco (W), Picus medius (Y), Hirundo sp. (W), Turdus merula (W), Turdus sp. (We, Y), Fringilla sp. (Y, W), Corvus monedula (We, Y), Corvus sp. (We, Y). Eine kleine Höhle bei Neuhaus an der Pegnitz (unweit Yelden) lieferte aus einer dünnen Lehmschicht (über einer Sinterbildung, unter der sich der Höhlenlehm mit Rhino- cerosknochen befand, gelagert) gleichfalls Reste von Schnee¬ hühnern, vgl. Schlosser, Die Bären- odeFTischoferhöhle im Kaisertal bei Kufstein (Abhandl. d. K. Bayer. Akad. d. Wiss. II. KL, XXIV. Bd., 1909) S. 393. Aus dieser baye¬ rischen alten Yogelfauna der Höhlen verdient besondere Beachtung das Vorkommen der beiden Schneehuhnarten: des jetzt circumpolaren Moorschneehuhns' oder Moorhuhns, Lagopus albus Leach, das neuerdings Lagopus lagopus Linn6 2 18 benannt wird, und des Alpenschneehuhns, Lagopus mutus Montin (= Lagopus alpinus Nllss.). Schlosser hält die Na¬ ger- und Schneehuhnschicht der fränkisch - oberpfälzischen Höhlen und vom Schweizerbild bei Schaff hausen, welcher Schicht immerhin ein relativ hohes Alter zukommt, für post¬ glazial. Ein Äquivalent dieser Schicht läßt sich vielleicht auch in der Bärenhöhle bei Kufstein annehmen; aus dieser nahe der bayerischen Grenze gelegenen Höhle werden Kno¬ chen vom Uhu, von der Steindohle ( Pyrrhocorax alpinus ) und vom Alpenschneehuhn angegeben (Schlosser, Bärenhöhle loc. cit. S. 394 und 436). Paläornlthologische Funde in Europa. Blick auf fossile Funde in außerbayerischen Ländern. *) Anschließend an das zuletzt Behandelte sei erwähnt, daß Yogelreste aus Höhlen sonst noch in Deutschland an verschiedenen Orten nachgewiesen worden sind, zumal in norddeutschen Höhlen. Auf diese Funde, sowie auf diluvi¬ ale Yogelreste überhaupt, einzugehen, liegt jedoch hier keine Veranlassung vor, da für uns hauptsächlich die Einschlüsse aus dem Tertiär von Bedeutung sind. Von solchen ist aber — wenn wir zunächst vom württembergischen Steinbeim und von dem südbadischen Oeningen absehen — aus deutschen Gebieten nur sehr wenig zu berichten. Beispielsweise kennt *) Dieser Abschnitt wäre wahrscheinlich ganz ungeschrieben ge¬ blieben, wenn ich früher gewußt hätte, daß in neuester Zeit ein Autor den gleichen Gegenstand behandeln würde. Inzwischen ist nämlich die wertvolle Bibliographie von Kol. Lambrecht (7) erschienen. Gleich¬ wohl mag der vorliegende Überblick seine Berechtigung haben, da darin mit besonderer Berücksichtigung der geologischen Gesichts¬ punkte hauptsächlich auf die tertiären Funde Europas hinzuweisen versucht wurde, was wohl manchen paläontologischen Fachgenossen zur allgemeinen Übersicht nicht unwillkommen erscheinen dürfte. 19 man aus der Braunkohle von Rott bei Bonn Vogelreste. Verhältnismäßig noch am ergiebigsten hat sich der unter- miocäne Süßwasserkalkstein der rheinischen Gegenden (Mainzer Becken und benachbarte Gebiete) erwiesen. So werden von Weisenau 12, von Hochheim 3 Vogelarten an¬ gegeben. Die Mehrzahl der Funde wurde schon vor längerer Zeit von dem verdienten Wirbeltierpaläontologen Hermann v. Meyer bestimmt und mit Namen belegt, doch sind seine Petrefaktenlisten, wie Lepsius (Geologie von Deutschland I, S. 570 und 623) mit Recht anmerkt, sehr der Revision be¬ dürftig; es wäre daher eine genaue erneute Untersuchung der rheinischen untermiocänen Vogelfauna durch einen Kun¬ digen höchst erwünscht. Einige der systematisch besser ge¬ sichteten Formen hat Milne-Edwards in seinem großen Werk (14) aufgeführt. Nach ihm kommen die von ihm aus den damals für untermiocän angesehenen Süßwasserschichten des Allier-Gebietes beschriebenen Arten Palaelodus ambiguus , Tringa gracilis und Anas Planchardi auch im Mainzer Becken vor; die Perdixarten v. Meyers stellt er zu Palae- ortyx , die schnepfenartigen Formen könnten vielleicht La- rus- oder Totanus- Arten und der storchähnliche fossile Vogel von Wiesbaden ein Palaelodus sein: was die letztgenannte Gattung betrifft, so führt auch in der Tat Lydekker (10, 90) Reste von Palaelodus ambiguus von Weisenau aus der Lon¬ doner Sammlung auf. Vom gleichen Fundort nennt der¬ selbe weiters ein Sumpfhuhn, Pallus sp., dessen Tarsometa- tarsus dem entsprechenden Knochen vom lebenden Pallus celebensis ähnelt (Lydekker 10, 145). Sonst werden noch Reiher, Drosseln und Sperlingsvögel aus dem Mainzer Kalk erwähnt. Von Eiern, die bei Weisenau (schon durch Becker im Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. 1849, Taf. 3 ab¬ gebildet) aufgefunden worden sind, soll eines dem Ei eines Goldammers, ein zweites Exemplar dem einer Lachmöve ähneln (Lydekker 10, 199). Milne-Edwards hielt den Mainzer 2* 20 Kalk (Weisenau) und die vogelknochenhaltige Allier-Bil¬ dung für gleichalterig. Jetzt wird meist von den Geologen diese zum Oberoligocän , jener zum Untermiocän gestellt (vergl. Lepsius, loc. cit. S. 551, 552). — Aus der wahr¬ scheinlich als Untermiocän anzusprechenden Braunkohle von Messel in Hessen hat Wittich (27) ein Vogelskelett unter¬ sucht: nach ihm liegt eine neue mit den jetzigen Gold¬ schnepfen verwandte Form, Rkynohaeites messelensis , vor. „Tierfährten im Tertiär des Badischen Oberlandes“ werden von Georg Boehm (Freiburger Universitäts- Festprogramm, 1896, Taf. I) als Ornithoidichnites badensis bezeichnet; das Lager gehört dem Mitteloligocän an, nach Deecke (Geologie von Baden S. 424) hat Mieg aus den mitteloligocänen Fisch¬ schiefern von Kieinkembs (Oberelsaß) Federn beschrieben. Die Fauna von Oeningen und Steinheim soll uns später noch beschäftigen (s. 3. Abteilung, 2. Abschnitt). Aus dem württembergischen obereocänen Bohnerz von Frohn- stetten werden einige Knochenbruchstücke von entenartigen Vögeln abgebildet (Quenstedt, Handb. d. Petrefaktenkunde, 8. Aufl., Taf. 9, Fig. 8—14). Der eocäne Protornis aus dem Glarner Dachschiefer (Schweiz) von Lerchengröße scheint systematisch nicht näher definierbar zu sein. Wir wenden uns nun den Fossilresten aus den Staaten von Österreich-Ungarn zu, doch wollen wir uns hier, wie auch betreffs der übrigen noch folgenden Länder auf wenige Andeutungen beschränken, sodaß keine vollständige Auf¬ zählung der Funde erwartet werden darf. Aus der böh¬ mischen Braunkohlenformation (miocän) brachte Bayer (1882) und Laube (8, 9) einige Vogelreste (Enten, Schwan) zur Kenntnis, worauf im Abschnitt über die Enten des Tertiärs bei Gelegenheit der Beschreibung unserer Anas cf. robusta zurückzukommen sein wird. Laube erwähnt weiters aus dem böhmischen Tertiär einen Totanus praecursor. Aus altdilu- 21 vialen Bildungen von Hundsheim in Niederösterreich werden von Freudenberg einige Vogeleinschlüsse, beispielsweise Tetrao tetrix , namhaft gemacht. — Die im Jahre 1912 erschienene Arbeit von Koloman Lambrecht „Die fossilen Vögel Ungarns“ (5). läßt erkennen, daß bis dahin die tertiären Funde, be¬ stehend aus einer Bekassinenfährte im miocänen Sandstein und aus einigen systematisch nicht sicher bestimmbaren Resten aus Pliocänschichten, sehr minimal waren; neuer¬ dings kam durch den eben Genannten (6) die Entdeckung eines Schlangenhalsvogels, Plotus , im Pliocän von Tataros (Kom. Bihar) hinzu. Die diluviale Vogelfauna, die wir hier flüchtig berühren wollen (Höhlenfunde, Borsoder Bükkge- birge etc.), hat jedoch bereits im Jahre 1912 nicht weniger als 52 Arten (mit 37 sicher bestimmbaren Species) ergeben. Weitere Arbeiten desselben Autors zeigen, daß sich deren Zahl neuerdings noch erheblich vermehrt hat (Lambrecht: Foss. Uhu aus dem ungar. Pleistocän, Aquila 1915; Die erste ungarische präglaciale Vogelfauna, ebenda 1915; Die pleistocäne und prähistorische Vogelfauna der Felsnische am Remeteyegy, Mitteil. a. d. Jahrb. d. K. ungar. geol. Reichsanst., 22. Band; Kormos, Die Felsnische -Pilisszäntö, ebenda, 23. Band, 1916. Letztgenannte Fundstätte ergab 83 pleistocäne und holocäne Vogelarten). Nach der erst¬ zitierten Arbeit (5) sind in der ungarischen Diluvialornis häu¬ fig anzutreffen Reste von Tetrao tetrix und Tetrao arogallus, vornehmlich aber, gleichwie in Franken, die Knochen der beiden Schneehuhnarten Lagopus lagopus und Lagopus mutus , die zur Diluvialzeit in Ungarn ihr bis jetzt bekanntes süd¬ lichstes Verbreitungsgebiet erreichten; nach Lambrecht be¬ sitzt die Mehrzahl der 'diluvialen Vögel Ungarns einen ark¬ tischen Steppen- oder Tundrencharakter. Zu einem ähn¬ lichen Resultat gelangte Capek für Mähren. Nach ihm besteht die diluviale Ornis Mährens aus einer postglazialen Tundren- und Steppenfauna (Bericht über den 5. interna- 22 tionalen Ornithologenkongreß, Berlin 1910); diese Ornis weist 100 Arten auf (1912). Das Miocän von Kroatien lieferte eine Fringilla(?) Badobojensis H. v. Meyer (13). Aus den oberen Kreideschichten Siebenbürgens ist von Andrews 1913 ein Elopteryx Nopcsai beschrieben worden. Um hier gleich weiter auf Südeuropa überzugreifen, so treffen wir zunächst in Griechenland im Pliocän von Pikermi auf einige fossile Vogelreste, die nach der Bearbeitung durch Gaudry als Grus Pentelici, Gallus Aesculapi und Phasianus Archiaci zu bezeichnen sind. Der zu den Storchvögeln ge¬ hörige Amphipelargus Majori Lydekker aus dem Unterpliocän der Insel Samos und ein Struthio von da dürften kaum mehr zur europäischen Tertiärfauna zu rechnen sein. Aus Italien werden vereinzelte Funde aus dem Miocän (Anas lignifila Salv. vom Monte Bamboli und Chenornis graculoides Portis vom Monte Ceva) und mehrere Arten aus dem Pliocän ge¬ meldet, worüber die Arbeiten von Portis (16, 17) Aufschluß geben. Eine Mitteilung von Regalia 1907 (19) bezieht sich außer auf Höhlenreste auf 7 pliocäne Arten aus dem Pisa¬ nischen und oberen Valdarno (vgl. auch Canavari, Palae- ontographica Italica, vol. VIII, Pisa 1902), worunter ein Co- lymbus Portisi und ein früher als Fulica gedeuteter Podi- ceps pisanus sich befinden. Auch von Ristori liegt eine Notiz, Funde vom Monte Bamboli betreffend, vor. In Spa¬ nien soll sogar ein Juravogel aufgefunden worden sein. So lauten wenigstens die Angaben von Lambrecht (7, S. 301 und 486) auf den Fund von Vjdal (1902) hin.1) 9 Der aus den Kimmeridgeschichten vom Bergzug Montsech (Provinz Lerida) stammende Abdruck sei jedoch verloren gegangen. Haug, welcher in seinem Traite de Geologie (II, 2, p. 1096) dieses katalonische Juravorkommen (Kimmeridge oder Portland) in der Aus¬ bildung der Lithographiesteine kurz bespricht, erwähnt nichts von einem Vogeleinschluß. Nach gefälliger Mitteilung des Herrn Ver¬ walters W. Grimm, der jahrelang den Betrieb der größeren Stein- 23 Wenden wir unseren Blick dagegen nach Norden, so dürfte außer dem Nachweis von Vogelknochen ( Scaniornis ) im Kreidekalk von Malmö in Schweden durch Dames nichts zu berichten sein. Russland besitzt, soweit bis jetzt bekannt ist, im Süden des Landes im jungtertiären Kalkstein von Odessa ein Lager von Vogelüberresten (Kormorane). Wenn wir die westlichen Gebiete Europas vornehmen, so ist betreffs England zu bemerken, daß auch daselbst fossile Vertreter der Vogel weit, und zwar — abgesehen von ganz ver¬ einzelten Resten in der Kreideformation — schon aus dem Eo- cän nachgewiesen worden sind. Näheres darüber bekundet die Fachliteratur, woraus wir hier nur auf Lydekker (10) ver¬ weisen wollen. Dasjenige Land aber, das bisher sich am ergiebigsten für die Paläornithologie zeigte, ist Frankreich. Die Kenntnis der einzelnen Faunen verdanken wir haupt¬ sächlich den Untersuchungen zweier Autoren: A. Milne- Edwards (14) und Cl. Gaillard (4); neuerdings hat Paris (15) eine Zusammenstellung aller aus Frankreich seither be¬ kannt gewordenen fossilen Vögel gegeben. Wir wollen hier nur die Hauptfundstriche berühren. In Frankreich bergen schon die Eocänschichten ein reiches Material an Vogel¬ resten, so gewiße Schichten bei Rheims (mit dem Riesen¬ vogel Gastornis , der auch in Belgien nachgewiesen wurde), der Gyps von Paris und namentlich die Phosphorite vom Quercy (Dep. Lot und Aveyron), einem Landstrich südwest¬ lich vom Zentralplateau. Von einigen weniger belangreichen Fundstellen im Oligocän (Ronzon bei Le Puy im Dep. Haute Loire und Armissan bei Narbonne, Dep. Aude) wollen wir brüche in Solnhofen leitete, befinden sich die Steinbrüche, woraus Lithographiesteine gewonnen werden können, bei der Ortschaft Santa Maria de Maja in der Provinz Lerida. Die Farbe und das Korn des Materials ist ganz dem Solnhofer Stein entsprechend; es fehlen aber die ebenen Ablösungsflächen, auch zeigt sich der Stein gegen stär¬ kere Temperaturerhöhungen sehr empfindlich. 24 hier absehen. Einer jenen erstgenannten Plätzen im Ter¬ tiär gegenüber beträchtlich höher gelagerten Schichtenreihe (aquitanisch, oberoligocän nach neuerer, untermiocän nach älterer Auffassung) gehören die Süßwassertuffe der Limagne im Departement Allier mit dem ergiebigsten Fundort St.- Gerand-le-Puy an. Aus noch jüngerer Tertiärzeit ist wei¬ ters von Bedeutung das obermiocäne Lager von Sansan (Dep. Gers), womit die im Isere-Departement gelegene Lo¬ kalität La Grive-Saint- Alban trotz der Verschiedenheit des geologischen Auftretens gleichalterig ist. Um einen Über¬ blick über die europäische tertiäre Vogelwelt im allgemeinen zu gewinnen, erscheint es geboten, ein paar Worte über jede dieser drei Faunen, nämlich der vom Quercy, aus dem Allier und von Sansan zu sagen, wobei wir den Darlegungen der genannten Autoren folgen. In der eocänen Fauna der Ablagerung des Quercy sind folgende Abteilungen oder auch Untergruppen der Vö¬ gel vertreten: Tagraubvögel (falkoniforme Vögel), auch in den Gruppen der Neuweltgeier (Cathartiden) und Sekietär- vögel (Serpentariden), Nachtraubvögel (Strigiden oder Eulen), storchartige Vögel (Ciconiden) mit Reihern (Ardeiden), Wasser¬ läufer (Totaniden), Ralliden und ihnen sich anschließende Formen, Hühnervögel (Galliden) aus der Gruppe der Per- dicididen, Flug- oder Wüstenhühner (Steppentauben, Ptero- cliden) und aus der Reihe der Kletter- und Schreivögel die sog. Picopasseriformen in den Gruppen der Kuckucksvögel (Cuculiden), der Rackenvögel (Coraciden), Ziegenmelker (Caprimulgiden) und Turm- oder Mauerschwalben (Cypse- liden). Die wahrscheinlich mit den Mauerschwalben verwandte Gattung Aegaliornis ist in der Ablagerung aus dem Quercy besonders häufig; eine Erklärung dafür hat Schlosser (Zittel, 30, S. 315) gegeben. Dagegen fehlen dieser alttertiären Quercy-Fauna ganz die ausgesprochenen Wasservögel, ins¬ besondere fehlen die Entenvögel (Lamellirostres), die Möwen 25 (Lariden) und die Ruderfüßer (Steganopoden); das Gleiche scheint auch für die eigentlichen Sperlingsvögel zu gelten. Die Vogel weit aus den Phosphoriten besitzt ein entschieden tropisches Gepräge: die Sekretäre, die Steppentauben, die Hühner aus der Gattung Palaeocryptonyx, die Roller (z. ß. Geranopterus alatus M.-Edw.) und die Helmvögel (Turakus) und Bananenfresser verleihen ihr einen afrikanischen und indo-malayischen Habitus. Manche Formen lassen sogar Ähnlichkeiten mit jetzt in Amerika lebenden Vögeln er¬ kennen, so ist z. B. Plesiocathartes europaeus aus dem Quer- cylager mit dem heutigen Kondor ( Sarcorhamphus in Süd¬ amerika) verwandt und ein paar Gattungen sollen mit dem brasilianischen Tschaja ( Chauna ) und den Schakuhühnern (Penelopiden) aus Zentralamerika gewisse Beziehungen be¬ sitzen. Es dürfte daher die Annahme nicht ungerechtfer¬ tigt erscheinen, daß zwischen Südamerika und Europa wäh¬ rend der Eocän- oder auch Oligocänzeit eine Art Zusam¬ menhang bestand, welche Landbrücke man sich vielleicht von Südamerika aus über Afrika nach Europa denken könnte (Gaillard, 4, S. 148). Eine beträchtliche Anzahl von Gat¬ tungen aus den Phosphoritschichten, wie Archaeotrogon, Aegaliornis , Dynamopterus, Geranopterus , Paraortyx, Plesio¬ cathartes , Filholornis und andere, fehlt bereits vollständig in der nächsten genauer bekannten, immerhin weit jüngeren fossilen Vogelfauna aus den Absätzen des Departement Allier, zu der wir uns nun in unsrer Betrachtung wenden. Die oberoligocäne (früher für untermiocän gehaltene) Fauna aus den Süßwasserkalken der Limagne im Departe¬ ment Allier (im Bourbonnais und in der Auvergne) ent¬ hält rund 70 Arten, die sich auf etwa 35 Genera verteilen, wovon eie Hälfte heute noch vorhanden ist. Es sind in dieser Vogelfauna1) folgende Gruppen vertreten: Tagraub- 0 Besonders reichhaltig an schönen Resten dieser Allierfauna ist das Museum d’histoire naturelle in Paris, woselbst auch die wich- 26 vögel (Accipitres) mit Serpentariden, Nachtraubvögel (Eulen oder Strigiden) , echte Sperlingsvögel (Passeres) , Segler (Cypseliden), Nageschnäbler (Trogones), Spechte (Pici), Pa¬ pageien (Psittaciden) , Tauben (Columbiden) , Flughühner (Pterocliden), Hühner (Gallinaceen), Sumpfhühner (Ralliden), Flamingos (Phönicopteriden mit Palälodiden), Kraniche (Gru- iden), Reiher (Ardeiden), Storch- und Ibisvögel (Ciconiden mit Ibiden), Regenpfeifer-artige Vögel (Charadriiden, Tota- niden) nämlich Strand- und Wasserläufer, Möwen (Lariden), dann Taucher (Colymbiden) , Ruderfüßer (Steganopoden) nämlich Scharben (Kormorane), Pelikane und Tölpel (Su- liden) und weiters Enten (Lamellirostres). In dieser Fauna herrschen Schwimm- und Sumpfvögel vor, die offenbar einen großen Süßwassersee bewohnten. Die meisten Formen, bei¬ spielsweise die Pelikane, die Ibisse, die Flamingos, die Flug¬ hühner oder Steppentauben, die Salanganen, die Surukus ( Trogon gallicus), die Papageien, die Sekretärvögel weisen auf ein warmes Klima hin; Milne-Edwards vergleicht daher das Bild der damaligen Vogelwelt mit dem, das sich heute dem Reisenden an einem der mittelafrikanischen Seen darbietet. Die obermiocäne Fauna des Lagers von Sansan im Departement Gers weist gegen 35 Vogelarten auf. Nach¬ stehende Abteilungen oder Gruppen sind in dieser Fauna enthalten: Tagraubvögel (Adler), Sperlingsvögel, Bananen- fresser-ähnliche Formen und Racken vögel, Hühner, Reiher, Sumpfhühner oder Rallen, Brachvögel und Enten. Es sind gleichfalls viele Wasservögel vertreten, doch nicht in solcher Menge wie in der älteren Fauna aus dem Allier und Bour- tigeren eocänen Funde vom Montmartre und der Gastornis ausgestellt sind, während die Originale der GAiLLARDSclien Arbeit aus der Fauna vom Quercy sich auf eine Reihe von Museen verteilen, wobei außer französischen Sammlungen (Paris, Lyon, Montauban) die Sammlungen in Basel, Berlin und namentlich München (Paläontologische Samm¬ lung des Staates) in Betracht kommen. 27 bonnais. Unter den Sperlingsvögeln (Passeres: Oscines) werden gewisse Fringilliden mit afrikanischen Formen ver¬ glichen. Die oben angeführten Gruppen der Bananenfresser und Rackenvögel sind auf je eine Art mit neuer Gattung gegründet, wovon Necrornis den Musophagen nahesteht und der den Coraciiformen oder den Racken vögeln im weiteren Sinn einzureihende Homalopus mit den afrikanischen Horn¬ raben oder Kalaos (Buceros), zugleich aber auch mit den Spechten verwandtschaftliche Beziehungen aufweist. Immer¬ hin sind in dieser Fauna gegenüber den älteren Faunen die fremden Elemente bedeutend eingeschränkter. Die Mehr¬ zahl der größeren Gruppen, wozu die einzelnen Arten ge¬ hören, ist noch in der heutigen südeuropäischen Ornis ver¬ treten; die Arten selbst sind jedoch sämtlich ausgestorben. Eine Aufzählung aller Sansanarten wird in einem späteren Abschnitt erfolgen, woselbst auch über die gleichalterige Fauna von La Grive-Saint- Alban (Isere) berichtet werden wird. Auf andere Weltteile als Europa wollen wir in unserer Betrachtung nicht übergreifen. Selbstverständlich hat auch Amerika — ganz abgesehen von den bekannten Kreide¬ vögeln — viel wichtiges paläornithologisches Material ge¬ liefert. In neuester Zeit (1915, Shueeldt 25) sind beispiels¬ weise aus dem Miocän, welche Formationsabteilung in ihren Einschlüssen fossiler Vögel unsere Aufmerksamkeit vor allem auf sich zieht, mehrere Vogelreste bekannt geworden. Nähere Beziehungen dieser Formen, die aus verschiedenen Gebieten Nordamerikas stammen und worunter sich Arten aus den Gattungen Aquila, Phasianus, Sula, Puffinus und Uria be¬ finden, zu unseren hier zu beschreibenden Fossilien sind nicht vorhanden. Aus dem Obermiocän Patagoniens sind bemerkenswerte Vogeltypen beschrieben worden, auf sie ein¬ zugehen liegt nicht im Plane unserer Schilderung. 28 II. Abteilung. Beschreibung der Regensburger Stücke. Es liegen aus der Regensburger Tongrube sechs ein¬ zelne, nicht zusammengehörige Knochenstücke vor, näm¬ lich: das obere Ende eines Coracoides, der obere Teil eines Metacarpus, ein Halswirbel, das distale Ende eines Ober¬ armknochens, die proximale Hälfte eines zweiten Coracoides und ein ziemlich großer, ganzer Oberschenkelknochen. Da die Knochen vom weichen Ton umgeben waren, zeigen sie sich, soweit sie nicht abgebrochen sind, gut er¬ halten. Bei den beiden Coracoiden fehlt der untere, dünne und breite, der sternale Teil ganz; aus dem Umstand, daß nur die derben, oberen Enden der Knochen erhalten ge¬ blieben sind, darf man vielleicht mutmaßen, daß die zwei Hackenschlüsselbeinstücke als Reste eines Fraßes übrigge¬ blieben sind, was möglicherweise auch für die übrigen Kno¬ chen, die nicht ganz erhalten sind, gelten mag. Plialacrocorax praecarbo nov. sp. Figur 3. Linkes Coracoid. Der Knochen ist auf eine Länge von cm von oben her erhalten; sein unterer, breiter Teil ist abgebrochen. Ich glaube das Stück einem Vertreter der Kormorane zuweisen zu müssen. Der kurze innere Haken, die längliche, verhältnismäßig nicht breite Glenoidalhöhlung, die große im acrocoracoidalen Teile des Knochens gelegene Gelenkfläche für die Furcula, die Form des Kopfes vom Knochen und sonstiges sprechen für diese Ansicht. Die Tuberositas am Kopfe ist schwach ausgebildet, sie überragt kaum den oberen Rand der Claviculargelenkfläche. Leider scheidet die Prüfung der nicht vorhandenen sternalen Partie 29 des Coracoids aus, die bei den Kormoranen auch manches Charakteristische bietet. Maße: Die ganze Länge des Knochens wird man auf -7,5 oder gegen 8 cm schätzen können. Die claviculare Ge¬ lenkfläche besitzt eine Länge von 9 mm und eine Breite von 6 mm. Die Breite der glenoidalen Höhlung beträgt gegen 1 cm. Die Spitze des „Inneren Hakens“ (= Sub- clavicularprozeß, Procoracoid) befindet sich fast 2 cm vom äußersten Kopfrand entfernt. Sonstige Bemerkungen. Das Vorkommen von Kor¬ moranen in unserem Tertiär erscheint auch von allgemeinen Gesichtspunkten aus betrachtet nicht unwahrscheinlich. Aus den tertiären Ablagerungen verschiedener europäischer Gebiete sind bereits Reste sol¬ cher Vögel bekannt. Abgesehen von dem in der Literatur schon vor längerer Zeit erwähnten Fund eines Scharbenknochens im untermiocänen Kalk von Mombach bei Mainz sind beispielsweise im Miocän des Orleanais (Faluns de la Touraine) Kormo¬ ranknochen ( Graculus intermedius Milne- Edwards) neben Vogelarten eines Anseriden und eines Reihers nachgewiesen worden. Aus den oberoligocänen Schichten Frank¬ reichs (Allier) sind zwei Kormoranarten bekannt, der Phalacroc. miocaenus M.-Edw. sp. von da ist eine der Regensburger Spe- maler TGrös^atürliche zies gegenüber kleinere Form; aus dem Obermiocän von Sansan wird jedoch keine besondere Art unseres Genus genannt. In den unterpliocänen Steppen¬ kalken von Odessa, in welchem Gebiete man den lebenden Kormoran ( Phalacrocorax carbo) nicht selten antrifffc, ist ein großer Kormoran (Haliaeus fossilis var. Odessana major Wid- halm, 26, S. 6, 7, Tafel V) der häufigste Einschluß unter 30 den im Kalk eingebetteten' Vogelknochen. Endlich muß hervorgehoben werden, daß auch aus inländischem Tertiär, aus den obermiocänen Rieskalken, ein Kormoran konstatiert worden ist, denn in dem Werk von Dr. Theod. Engel, Geo- gnostisclier Wegweiser durch Württemberg, 3. Aufl., 1908 findet sich auf S. 567 unter den tertiären Ries vögeln ein Carbo risgoviensis 0. Fraas erwähnt. Da die wichtigeren Vogelfundorte des Rieskalkes dem bayerischen Anteil des Rieses zufallen, ist jedenfalls der Phalacrocorax risgoviensis auch als ein bayerisches Fossil anzusprechen. In der ein¬ schlägigen Arbeit von Oskar Fraas fand ich zwar die eben genannte Art nicht beschrieben oder näher vermerkt vor (S. 15, 3, ist nur angegeben, daß Scharben im Rieskalk Vor¬ kommen), doch ist nach dem von Dr. Schütze zusammen¬ gestellten Petrefaktenverzeichnis im ENGELSchen Buche kein Zweifel, daß Fraas eine solche Kormoranart aufgestellt hat, deren Bezeichnung bis jetzt nur ein Sammlungsname ge¬ blieben ist. Wegen der fehlenden Beschreibung und Ab¬ bildung erscheint eine Vergleichung des Regensburger Fos¬ sils mit dem Phalacrocorax risgoviensis ausgeschlossen. Eine Zusammenstellung aller fossilen Phalacrocoracinen giebt Lambrecht am Schluß seiner Plotusarbeit (6, 14-24), woselbst der fossile Formenkreis der Steganopoden überhaupt eingehender besprochen ist. Die Abbildung zeigt den Knochen von der inneren Seite. Ardea Brunhuberi nov. sp. Figur 4. 1911 Fossiler Vogelknochen (linker Metacarpus), Figur 5, Seite 33 in v. Ammon, Bayerische Braunkohlen und ihre Verwertung. Oberer Teil eines linken Metacarpus. Gelenkfläche und radialer Vorsprung sind gut erhalten. Die schmale Partie des ganzen Knochens ist nahe unterhalb der oberen An- 31 satzstelle abgebrochen; im übrigen ist der Knochen auf eine Strecke von d1/^ cm vom proximalen Rande ab erhalten. Maße. Die Größen Verhältnisse stimmen mit dem be¬ treffenden Knochen des lebenden Purpurreihers (A. purpurea) so ziemlich überein, sodaß die Gesamtlänge des ganzen Me- tacarpus auf 7^2 cm angeschlagen werden kann. Die größte Breite des Knochens an seinem oberen Ende beträgt mit dem radialen Vorsprung 1 x/a cm; dieser selbst ist etwas über 1 cm lang und im oberen Teile über lj 2 cm breit; die Breite der Artikularfläche (Rolle) mißt rund 7 mm. Oben erscheint die schief gestellte Fläche der Artikularrolle fast eben, diese vertieft sich aber nach hinten und unten beträchtlich. Die innere scharfe Kante der Gelenkrolle springt weit gegenüber ihrer äuße¬ ren Kante vor. Länge des kräftigen erbsen¬ förmigen Höckers 3 mm. Sonstiges. Die ganze Form des vor¬ liegenden Knochenstückes weist auf einen Vo¬ gel aus der Familie der Ardeiden, also auf Figur a. Ardea ö 7 Brvnnuben y.Amm. einen Reiher, hin, und ich glaube sogar, daß NatüriSaGrösse' unser Fossil eine Art der Hauptgattung Ar¬ dea selbst darstellt. Die verhältnismäßig geringe Größe der oberen Partie des Knochens, seine Gestrecktheit und Zier¬ lichkeit, die lange und schlanke Form des radialen Vor¬ sprunges, der oben ziemlich weit vorgreift, bestätigen diese Ansicht. Bemerkungen. Fossile Reiherknochen wurden im europäischen Miocän mehrmals angetroffen. So haben bei¬ spielsweise die obermiocänen Lager von Sansan ( Ardea per- plexa Milne-Edwards , Humerus), von Steinheim ( Ardea si - milis 0. Fraas, unteres Ende einer Tibia) und aus dem Ries {Ardea sp. s. Engel, Geogn. Wegw. durch Württ., 3. Auf!., S. 567) Reiherreste geliefert. Außerdem werden noch he- 32 treffs tertiärer Reiher in der Literatur erwähnt, jedoch als unzureichend diagnostiziert angegeben eine Ardea aurelia- nensis Miene-Edwards aus dem Miocän des Orleanais und Ardea formosa M.-Edw. aus dem Oberoligocän des Allier (s. Lydekker, 10, Einleitung, p. VII). Weiters sei bemerkt, daß Hermann y. Meyer aus den oberen Corbiculaschichten (Untermiocän) von Weisenau im Mainzer Becken zwei Reiher¬ arten ( Ardea effosa und Ardea latipes namhaft gemacht hat (s. Lepsius, Geol. v. Deutschl. S. 623). Die Abbildung, Figur 4, zeigt das Knochenstück von der inneren Seite. Botaurites avitus v. Amm. Figur 5 und 6. Ein Halswirbel, etwa der 7. oder 8. von oben her. Die längliche Form, sowie die schlanke und dünne Beschaf¬ fenheit des Wirbelknochens, auf dessen Unterseite eine deut¬ lich begrenzte Längsrinne verläuft, lassen das Stück einem Vertreter der Reiherfamilie zugehörig erkennen. Maße und Beschreibung. Der Wirbel besitzt eine Länge von rund 3 cm, in seiner Mitte ist er 6 mm hoch oder breit. Die vorderen seitlichen Gelenkflächen (die Su¬ perficies articulares der Processus obliqui) haben je eine Länge von 5 mm und eine Breite gegen 3 mm. Die durch einen leichten Kiel beiderseits eingefaßte Längsrinne im basalen Teil des Wirbels ist 2 mm breit. Der unten weit nach vorn vorstehende Ring des Carotidenkanals springt etwa 6 mm von der Wirbelaxe nach unten vor. Der obere Teil des Ringes oder besser gesagt Halbringes (gebildet aus Rippen¬ rudimenten, Pleurapophysen, verwachsen mit den Wirbel¬ fortsätzen) ist (was jedoch kein besonderes Merkmal unserer Art bildet) mit den vorderen seitlichen Gelenkflächen in un¬ mittelbarem Zusammenhang. Die Breite dieses den Kanal 33 (worin Blutgefäße und ein Nervenast verlaufen) umschließen¬ den Knochenbandes beträgt da, wo der Kanal am Wirbel¬ körper angrenzt, etwa 1 cm. Unten am Halbring sind drei Kanten sichtbar, eine in der Mitte und zwei seitlich stehende; vor der mittleren befindet sich vorn eine kleine Einbuch¬ tung. Außer dem neurozentralen Hauptkanal und dem in der vorderen Partie des Knochenstückes befindlichen großen Carotidenloch ist noch eine in der Längsrichtung gelegene Figur 5. Figur 6. Botaurites avitus v. Amm. Halswirbel, 5 seitliche Ansicht, 6 von unten. Natürliche Grösse. Durchbrechung vorhanden. Diese ist paarig angeordnet; sie beginnt am vorderen Hauptgelenk, ist etwas nach unten geneigt und endigt hinten am Carotidenring; ihr Ausgang ist auf Figur 6 an der rechten Seite (vom Beschauer aus) durch eine kleine etwas dunklere Stelle neben der vorne am Bild durch Beschädigung des Stückes löffelförmig ver¬ breiterten Mittelrinne zu sehen. Auf den Seitenteilen des Hauptkörpers vom Wirbel be¬ merkt man eine in der Mitte verlaufende leicht vorstehende Linie, von der, bevor sie noch das hintere Ende des Wirbels erreicht hat, eine zweite, stärker ausgebildete und daher schärfer vortretende Linie spitzwinkelig von vorn und oben abzweigt. Besehen wir uns nun die Reihervögel selbst, so finden wir, daß die Größenverhältnisse des vorliegenden Stückes auf einen Ardeiden von der Tracht unserer Rohrdommel passen. 3 34 Sonstiges. Der Auffassung, daß ein rohrdommelar¬ tiger Herodier in Betracht kommt, scheint auch das zuletzt angegebene Merkmal der seitlichen Skulptur am Wirbel nicht zu widersprechen. An den Halswirbeln des lebenden JBo- taurus stellaris, der gemeinen Rohrdommel, ist zwar eine solche Ausbildung nicht in der geschilderten Weise zu er¬ kennen, aber es sind doch Andeutungen davon vorhanden. Da mir ein größeres osteologisches Material jetzt nicht zu Gebote steht, ich auch in der mir gegenwärtig zugänglichen Literatur nichts Entscheidendes finde, vermag ich mich über den systematischen Wert der erwähnten Skulptur nicht näher zu äußern: es kann eine besondere Eigenschaft einer ein¬ zelnen Art, einer fossilen Form, sein, es könnte dieser Aus¬ bildung aber auch eine generische Dignität zukommen, in welchem Falle wohl die Gattung nahe bei Botaurus ihre Stellung hätte. Ich werde übrigens die Sache noch weiter verfolgen. Zurzeit trage ich nach dem Vorgebrachten kein Bedenken, unser Stück wenigstens in die Nähe des eben¬ genannten Genus zu stellen und heiße es vorderhand, da eine direkte Einreihung in die Gattung Botaurus nicht ge¬ nügend sicher erweisbar ist, Botaurites avitus. Das charak¬ teristischste Merkmal für die Form wäre sonach die win¬ kelig gebrochene Linienskulptur auf den seitlichen Körper¬ teilen des Wirbels. Bemerkungen: Aus dieser Reihergruppe der Rohr¬ dommeln scheinen bis jetzt allerdings noch keine fossilen Reste von europäischen Fundorten beschrieben worden zu sein. Daß die Gruppe schon zur Tertiärzeit in unseren Landen heimisch war, dürfte gewiß nichts Unwahrschein¬ liches an sich haben. Aus dem älteren Tertiär (Eocän) Amerikas (Spanish John Meadow, Wyoming) wird übrigens auf Grund des Fundes eines Tarsometatarsusendes eine rohr¬ dommelähnliche Form angegeben, nämlich Botauroides par- vus Shufeldt (25, p. 33) 1915. Die Dimensionen dieses 35 neuen amerikanischen Fossils bleiben noch hinter der kleinen Rohrdommel Ixobrychus exilis Gmelinsp. (Nordamerika) zurück. Abbildung: Die Figur 5 bringt die seitliche Ansicht des Wirbels zur Schau, das im Bilde links (vom Beschauer aus) befindliche Ende ist der hintere Teil des Wirbels. Yon den im Winkel gestellten Streifen auf der seitlichen Fläche des Wirbels ist die schräge Linie im Verlauf nach oben deutlich zu erkennen, die untere, wagrecht laufende Linie fällt gerade mit dem Oberrand des Schattens, der bei der gewählten Beleuchtung auf der Figur liegt , zusammen. Figur 6 zeigt den Wirbel von der unteren Seite, die dickere Partie ist dessen vorderer Teil; man sieht deutlich die Längs¬ rinne, die vorne in den am Hinterrand etwas verletzten Ca- rotidenkanal mündet; der Vorsprung am Hinterrande des Wirbels (unten links) ist ein Teil der rechten Postzygapophyse. Anas cf. robusta Milne-Edwards. Figur 7. Das Stück besteht aus dem unteren Ende eines rechten Oberarmknochens (Humerus). Die Gestalt der Epiphyse weist auf einen Vogel der Enten-Gänsegruppe (Anseriden) hin, welche Familie zahlreiche Reste im Tertiär, speziell auch in der obermiocänen Abteilung desselben, namentlich aus der Gattung Anas hinterlassen hat. Maße. Das erhaltene Trumm stellt das unterste Viertel des Knochens dar, dessen ganze Länge auf ungefähr 12 cm oder auch etwas darüber veranschlagt werden kann. Die Breite des Knochens am unteren Ende beträgt gegen 2 cm, die Länge des verlängerten, schief stehenden Condylus, wo¬ ran der Radius gelenkt, rund 1 cm, die Breite des inneren, mit der Ulna in Verbindung stehenden Condylus gegen 7 mm. Die Breite des Eindrucks vom Musculus brachialis inferior kann auf 4 mm bei einer Länge von rund 1 cm angegeben werden. 3* 36 Sonstiges. Wegen der derben, bauchigen Form der beiden Condylen, der Form des Umrisses vom Eindruck des eben erwähnten inneren Armmuskels und einiger sonstiger Kennzeichen hat man das Beinstück einer Art aus der Reihe der Lamellirostres (Anseres) zuzuteilen. In¬ nerhalb dieser Abteilung sind bei den ein¬ zelnen Untergruppen und Genera, wie aus der Darstellung von Milne-Edwards (14, I, S. 114 — 117) hervorgeht, mannigfache Va¬ riationen in der Ausbildung des Ilumerus zu beobachten. Soweit im vorliegenden Falle ein Urteil über den Knochen, dessen Fig.7. Anas cf. robusta größter Teil weggebrochen ist, gefällt wer- Milne-Edwards. Hu- ,, *i i merus, distales Ende, den kann, mochte ich glauben, ihn am ehe- Naturi. Grosse. s{-en ungefähr gleichgroßen Stück des Humerusendes vergleichen zu können, das Milne-Edwards (14, I, S. 155, Taf. 25, Fig. 23—25) als Anas robusta be¬ schreibt und abbildet. Nach den Größenverhältnissen gehört unsere Art zu einer Form, die die Größe der gemeinen Ente weit über¬ schreitet, andrerseits darin der Hausgans um ein Beträcht¬ liches nachsteht. Bemerkungen. Die Anas robusta von Sansan ist die einzige Entenform aus den obermiocänen Schichten, der unser Fossil hinsichtlich seiner Größe entspricht. Eine nähere Beziehung drückt sich namentlich aus in dem ge¬ streckt eiförmigen und merklich vertieften (auf unserem Bilde leider nicht besonders scharf sich abhebenden) Ein¬ druck des Inneren Armmuskels (Brachialis inferior oder des Kurzen Beugers des Vorderarmes). Milne-Edwards hebt dieses Merkmal an der robusta besonders hervor und er¬ blickt darin einen wesentlichen Unterschied gegenüber der Ausbildung bei den Gänsen. Aus diesem Grund kann auch unser Stück mit dem Anser Oeningensis nicht in engere 37 Beziehung gebracht werden. Ich würde dasselbe direkt mit der Sansaner Spezies vereinigen, wenn nicht folgende Punkte in Betracht kämen. Einmal ist nämlich trotz der im all¬ gemeinen übereinstimmenden Dimensionen bei der robusta ein klein wenig kräftigerer Bau zu bemerken, was sich ins¬ besondere in der Breite der Diaphyse kundgiebt, fürs zweite ist bei robusta der innere Condylus nach der Abbildung (14) breiter als an unserem Stück. Damit steht in Zusammen¬ hang, daß die den Condylus nach einwärts begrenzende leichte Furche am unteren Knochenrande nicht so weit ge¬ gen die Mittellinie des Knochens, als es sich sonst bei En- ten- oder Gänsearten zeigt, vorgeschoben erscheint; es könnte übrigens auch sein, daß an der im Werke von Milne-Ed- wards befindlichen Figur der Zeichner des Stückes, woran nach dem Text die innere Seite ohnedem verletzt war, die Partie nicht ganz korrekt wiedergegeben hat. Einen ähn¬ lich starken Eindruck des Brachialis inferior, wie er oben vermerkt wurde, zeigt auch der Phasianus altus von La Grive - Saint - Alban (Fig. 6 der Tafel bei Lydekker, 11). Abgesehen von anderen Momenten verbieten schon die etwas größeren Dimensionen und die derbere Ausbildung des Knochens (die Condylen sind z. B. kräftiger gestaltet) beim letztgenannten Fossil eine Vereinigung unseres Stückes mit ihm. Da für unser Fossil die Aufstellung einer neuen Art nicht genugsam begründet wäre, halte ich es nach dem bis¬ her Gesagten für das Geeignetste, die Bezeichnung Anas cf. robusta zu wählen. Daß die robusta zur jüngeren Ter¬ tiärzeit auch bei uns zu Hause war, hat große Wahrschein¬ lichkeit für sich: selbst Lydekker (10, S. 116) ist geneigt, ein Knochenstück (unteres Ende des linken Tarsometatarsus eines weiblichen Individuums) aus dem Rieskalk vom Hah¬ nenberg bei Lierheim zu der in Rede stehenden südfranzö¬ sischen Art zu stellen. Nach dem zuletzt genannten Autor 38 läßt sich die Größe der Anas robasta mit der von der Bläß- oder Lachgans, Anser albifrons, vergleichen. Enten und nächst Verwandte aus dem europäischen Ter¬ tiär. Fossil sind ganz typische Enten schon aus dem Oligocän bekannt, Gänse und Schwäne kommen gleichfalls bereits im Miocän oder etwas tiefer vor. Zur Ordnung der Anseres rechnet, nebenbei bemerkt, Shueeldt (23, II. Teil, p. 339) auch die Familie der Gastornithiden (eocän). — Aus dem oberen Tertiär Italiens hat Gastaldi vom Monte Bamboli (miocän oder wahrscheinlicher unterpliocän) einen fossilen Vogel aufgeführt (Memor. della R. Accad. delle Scienz. di To¬ rino, ser. II, vol. XXIV, 1868, p. 225), über welchen unter der Bezeichnung Anas lignifda Salvadoei sich späterhin (1884) Poetis äußerte (16, 1884, p. 371, S.-Abz. p. 13). Das Fossil ist eine zweifellose Entenform, eine nähere Vergleichung mit unserem Stück läßt sich aber nicht anstellen, ebenso auch nicht mit dem systematisch nicht gesicherten Chenornis graculoides Poetis (16, 1884, p. 364, S.-Abz. p. 6 — 13) vom Monte Ceva, welche Art Merkmale verschiedener Vogel¬ gruppen in sich vereinigen soll. Aus dem französischen Pliocän konnte Depeeet (Les Anim, plioc. de Roussillon, p. 129, tab. 13, fig. 1: Mem. de la soc. geol. de France, Paleontologie, tome 3, Paris 1892) einen Anser anatoides (Tibia) — eine kleine, wohl der asiatisch - afrikanischen Gruppe Nettapus nahestehende Form — nach weisen. Ver¬ einzelte fossile Entenreste werden selbst aus Belgien ge¬ meldet (s. Notes on fossil Anseres in Shueeldt, 23). Was nun Frankreich weiters betrifft, so enthält die oberoligocäne Paläofauna des Bourbonnais (Dep. Allier) nach Milne-Ed- waeds drei Enten arten : Anas Blanchardi , A. consobnna und A. natator , denen sich aus gleichaltrigen Schichten von Puy- de-Döme anschließen Anser sp. (Lydekkee, 10, p. 105) und Fuligula arvernensis Lydekkee (10, p. 122). Unter den ge¬ nannten Arten ist die wichtigste und häufigste die Anas 39 Blanchardi Milne-Edwards, eine verhältnismäßig kleine Art von der Größe etwa der rezenten, mit ihr jedoch nicht näher verwandten Brautente, Lampronessa sponsa (Länge des Hu¬ merus 0,075 m). Milne-Edwards konnte seine A. Blanchardi auch im Tertiärkalke von Weisenau im Mainzer Becken nachweisen (14, Taf. 24, Fig. 18 — 21, unteres Humerus¬ ende). Desgleichen bestimmte Laube Vogelreste aus der Braunkohle von Skiritz bei Brüx als zu Anas Blanchardi gehörig (9, Taf. 1); aus den Preschener Tonen bei Bilin be¬ schrieb der gleiche Autor (8, Taf. I) einen Cygnus hilinicus Laube (Unterarmstück mit Metacarpus). Sonst wird aus Böhmen aus dem Basalttuff von Warnsdorf und dem Po¬ lierschiefer von Skalitz noch eine Anas ? basaltica Bayer und eine Anas? Skalicensis Bayer (Über zwei neue Vogel¬ reste aus der böhmischen Tertiärformation, Sitzungsber. d. Kgl. Böhm. Gesellsch. d. Wissensch. 1882, S. 60) erwähnt, doch ist deren systematische Stellung zweifelhaft. Aus den mit dem Regensburger Ton in gleichem geo- gnostischen Niveau stehenden Bildungen sind als Einschlüsse von Entenvögeln zu verzeichnen: von Sansan drei, wenn auch nur in verhältnismäßig dürftigen Resten erhaltene Arten Anas velox , Sansaniensis und robusta ; von Oeningen Anas Meyeri und Anser Oeningensis; von Steinheim Anser sp., Anas cygniformis, A. atuva, A. velox und eine soge¬ nannte Anas Blanchardi, die auch aus dem Ries angegeben wird, aus welchem Gebiete schon oben die Anas robusta Milne-Edwards genannt wurde. Unter den südfranzösischen Formen hat die Anas velox Milne-Edwards die Größe der rezenten Krikente ( A . crecca ), während die A. Sansaniensis Milne-Edwards nahezu die Di¬ mensionen der A. boscas erreicht. — Als Anas Meyeri Milne- Edwards (H. v. Meyer, 13, p. 130, Taf. 30, Fig. 4; Milne- Edwards, 14 I, S. 128, II, S. 590) von Oeningen ist ein klei¬ ner Entenfuß mit kurzem Tarsometatarsus benannt. Diese 40 Art, A. Meyeri, war, wie Lydekker bemerkt, beträchtlich kleiner als die in Südasien lebende Anas poecilorhynchus Pennant (Ind. Zool. 23. Tb. 13, f. 1). Ein schönes, großes Stück (Londoner Museum) ist Anser Oeningensis H. v. Meyer sp. (13, S. 126, Taf. 30, Fig. 2, Milne-Edwards, 14, I S. 128, II S. 590; abgebildet gleichwie vorige Art auch in Heer, Urwelt der Schweiz, 2. Aufl., S. 434). An dieses Fossil könnte man für die Bestimmung unserer Regensburger Ente denken, aber die beträchtliche Größe der Öninger Gans — sie ist kleiner als die gemeine Gans, aber größer als die Lachgans und die Nilgans — verbietet die Annahme nähe¬ rer Beziehungen. Ein Blick auf die Abbildung des Anser Oeningensis in der Palaeontographica genügt, um sich zu überzeugen, daß diese Art selbst bei der Annahme, die Knochenpartien erschienen durch den Gebirgsdruck etwas breiter, eine erheblich massigere und robustere Form als das Regensburger Fossil darstellt. — Anas cygniformis Osk. Fraas (Coracoid, etwas kleiner als vom Schwan) und Anas atava 0. Fraas (Femur, etwa nahezu von den Dimensionen des Femurs der Hausgans) von Steinheim (Fraas 3, S. 46, Taf. X, Fig. 1 bzw. 2) sind große Formen, deren systema¬ tische Stellung noch nicht vollständig gesichert erscheint. — Die Anas JBlanchardi wird von 0. Fraas aus Steinheim ausdrücklich (3, S.-Abz. S. 47) angeführt; Milne-Edwards berichtet darüber in seinem Werk (14) auf S. 576 und ver¬ setzte auf Grund der Bestimmungen von Fraas den Stein- heimer- und Rieskalk irrtümlich in sein Untermiocän. Spä¬ terhin machte Quenstedt in seinem Handbuch der Petre- faktenkunde (3. Aufl., 1885, S. 142) darauf aufmerksam, daß gleichwohl zwischen der Steinheimer JBlanchardi und der typischen französischen Art gewisse Verschiedenheiten bestehen. Jene ist vielmehr, was auch Lydekker (10, S. 117) annimmt, höchst wahrscheinlich identisch mit einer der Entenformen aus dem Ries, und zwar mit derjenigen, die 41 er als Anas sp. vom Hahnenberg bei Lierheim bezeichnet hat (10, p. 117). Einzelne der Entenreste aus dem Ries¬ kalk sind in der Münchner Paläontologischen Staatssamm¬ lung mit den Bezeichnungen Anas velox und A. Sansani- ensis versehen, und auch Zittel (28, S. 838) giebt an, daß sich unter den verschiedenen , im Rieser Süßwasserkalk (Hahnenberg) enthaltenen Entenarten wahrscheinlich diese beiden Spezies, velox und Sansaniensis , befinden. Es kommt aber für das Ries insonderheit noch die eben erwähnte, von Lydekker als Anas sp. (10, p. 117) bezeichnete Form in Be¬ tracht, die sich von der älteren, wahren Blanchardi durch ein wenig stärkere Dimensionen unterscheidet und die, wenn sie sich später auf Grund einer genauen Durcharbeitung des reichen paläornithologischen Riesmateriales, welches einer gründlichen monographischen Behandlung noch harrt, als feststehend erweisen sollte, vielleicht passend als Anas Bis- goviensis benannt werden könnte. Endlich möge noch an¬ geführt werden, daß auch aus dem Dinotheriensand von Günzburg a. D. Vogelreste bekannt geworden sind, die als Entenknochen zu deuten sind (Zittel 28, S. 837). Die Abbildung (Figur 7) zeigt das Knochenstück von der vorderen Seite. Gallus longaevus nov . sp. Figur 8. Das Knochenstück zeigt das obere Ende eines linken Coracoids. Der Knochen ist auf eine Länge von 5l/s cm erhalten, der distale Rand mag von der Abbruchstelle etwa noch einen oder anderthalb Zentimeter nach abwärts ge¬ reicht haben, sodaß ein Vogel von stattlicher Größe ange¬ nommen werden darf. Die langgestreckte Gestalt des Knochens, seine Massig¬ keit, die schwache Ausbildung der Unterclavicularapophyse, 42 die seichte und quer verlängerte Gelenkgrube für den An¬ satz des Schulterblattes, das Zurücktreten einer Tuberositas und Sonstiges deuten auf einen hühnerartigen Vogel hin. Maße: Die ganze Breite am oberen Ende beträgt we¬ nig mehr als 1 cm, ungefähr das gleiche Maß trifft auch auf die Länge der Glenoidalgrube zu. Breite der Skapu- largelenkfläche 7 mm, deren Länge zwischen 1/i und 1 cm. Die ganze Länge des Knochens wird man auf ß1^ bis 7 cm anzunehmen haben (also nahezu die Länge des Coracoids von einem Pfau, 8 cm). Bemerkungen. Wenn nun auch die Zuteilung un¬ seres Knochenstückes zu den Hühnervögeln begründet er¬ scheint, so stößt doch die Einreihung in eine be¬ stimmte Gattung auf Schwierigkeiten, die erst durch Vorlage von größerem osteologischem Ma¬ terial sich beheben könnten. Ich habe daher zur Genusbezeichnung die bekannteste Gattung Gallus gewählt, welcher Gattungsname im vorliegenden Fall im erweiterten Sinne, gewissermaßen als Gruppenname zu nehmen ist, da er anzeigen soll, daß ein Vertreter der Unterordnung der Galli aus der Ordnung der Galliformes vorliegt. Diese Unterordnung, die Galli (es ist hiebei das Einteilungsprinzip von Gadow, siehe Bronn 1, II S. 171 und 172, zu Grunde gelegt), enthält so¬ wohl die Familie der eigentlichen Hühner oder Gaiius longaevus Gollidae , wozu neben verschiedenen anderen Un- coid.ober.Ende terfamilien die Gallinae gehören, als auch die Familien der Großfußhühner oder Wallnister ( Me - gapodidae ) und die der Hokkovögel ( Gracidae ). Nach Gadow ist theoretisch anzunehmen, daß die Galli eine ziemlich alte Gruppe sind. Von den beiden letztge¬ nannten Familien, die die Gruppe der morphologisch älteren Peristeropoden darstellen, fehlt nach jenem Autor fast alle 43 Kenntnis fossiler Formen. Da sich der Blick auf die ganze Hühnergruppe aufgetan hat, möge hier als kleines Ein¬ schaltkapitel eine gedrängte Übersicht über die bis jetzt bekannten wichtigeren Funde gestattet sein. Fossile Hühner (tertiäre): Reste von Hühnervögeln sind schon aus dem älteren Tertiär bekannt. Der Truthahn ( Meleagns ) z. B. geht bis in die Oligocänzeit zurück, we¬ nigstens werden Reste von ihm aus noradmerikanischen miocänen oder vielmehr oligocänen Schichten gemeldet. Um gleich bei Amerika zu bleiben, so sei erwähnt, daß aus dem Eocän von Wyoming ein Gallinulloides und aus dem Eocän von Patagonien ein Anissolornis excavatus Ameghino aufgeführt wird; von letztgenannter Art ist ein Bruchstück eines Tarsometatarsus beschrieben, es gehört zu den Gal- linae, möglicherweise zu den Phasianiden (Flor. Ameghino, Sur les oiseaux fossiles de Patagonie, p. 93, Boletin del Istituto geografico Argentino, tome XV, cah. 11 und 12, Buenos Ayres 1895); auf den Phasianus mioceanus Shufeldt (Nebraska) wird bei Beschreibung des nächsten Fossils näher Bezug zu nehmen sein, außerdem giebt es auch einen eocä- nen Palaeophasianus meleagroides Shuf., einen oligocänen Phasianus americanus Shuf. und einen Phas. Älfildae Shuf. — Aus ganz jungen diluvialen Bildungen Mitteleuropas — um auch diese flüchtig zu streifen — werden Birkhahn und Auerhahn ( Tetrao ) aufgeführt, ebenso Knochen vom Reb¬ huhn ( Perdix ), von der Wachtel ( Coturnix ) und vom Schnee¬ huhn ( Lagopus ), welch1 nordische Form in Knochenhöhlen weit verbreitet angetroffen wird. Ein mit der malayischen Straußwachtel ( Cryptonyx ) in Verbindung gebrachtes Fossil enthält das französische Pliocän: Palaeocryptonyx Donnezani Deperet. Diese Gattung ist schon in den eocänen Phospho¬ riten aus dem Quercy vorhanden. Zu den Perdiciden ge¬ hört auch, gleichwie es bei den nächstfolgenden Genera der Fall ist, Paraortyx Gaillard vom Quercy. Im französischen 44 Eocän (Pariser Gyps und Phosphorite) kommt das Genus Palaeortyx vor, so benannt, weil die Arten dieser alten Vogelgattung nach ✓ Milne- Edwards in der äußeren Form eine gewisse Ähnlichkeit mit den nordamerikanischen Baum¬ wachteln oder den Colinhühnern ( Ortyx ) gehabt haben dürften. Palaeortyx ist jedoch nicht auf das Eocän beschränkt, son¬ dern findet sich auch im Oligocän (Allier) und Miocän (nach Deperet und Lydekker s. Verzeichnis in Gaillard 4, S. 143); Milne-Edwards vermutet, daß die von H. v. Meyer aus Wei¬ senau als Perdix angegebene Vogel Versteinerung auch ein Palaeortyx sei. Taoperdix von Rebliuhngröße im französi¬ schen älteren und mittleren Tertiär. Palaeoperdix ist in drei Arten aus Sansan bekannt. Aus dem französischen Miocän werden weiters noch die nachstehenden Arten be¬ schrieben. Der Phasianus Desnoyersii Milne-Edwards, von dem ein Metacarpus vorliegt, aus den Faluns der Touraine besaß die Größe etwa des schönen indischen Glanzhuhnes (Lophophorus) , der Phasianus medius M.-Edw. von Sansan (Stück eines Tarsometatarsus) war kleiner als der heutige Silberfasan, während der Phasianus altus M.-Edw. (Meta¬ tarsus, Tibia und Phalangenknochen) von Sansan an die Größe eines Pfaues heranreichte; ein genügender Grund un¬ ser Stück mit ihm näher in Verbindung zu bringen, be¬ steht jedoch nicht. Er besitzt übrigens eine größere hori¬ zontale Verbreitung, da Ph. altus in dem jüngeren Miocän von Grive-St.-Alban (Deperet 2, p. 284, und Lydekker 11, p. 519, Teile der Tibia, des Tarsometatarsus, Humerus und Femur, sowie Ulna und Metacarpus) und, was uns noch mehr interessiert, in den Schichten von Oeningen (distales Ende vom linken Tibiotarsus, Lydekker 10, p. 141) und so¬ gar an einer bayerischen Lokalität, bei Attenfeld, aufge¬ funden wurde. Ein Gallus Steinheimensis Eb. Fraas wird in Engels Geognost. Wegweiser durch Württemberg (3. Aufl., Stuttgart 1908, S. 567) genannt. Aus dem Pliocän Frank- 45 reichs ist ein Gallus Bravardi Gervais, dem Haushuhn nahe¬ stehend, aber erheblich größer, bekannt, und der Vollstän¬ digkeit halber füge ich noch an, daß das Pliocän von Attika (Pikermi) einen Phasianus Archiaci Gaudry, dem gemeinen Fasan vergleichbar, und einen Gallus Aeslculapi Gaudry, dem Sonneratshuhn ähnlich, geliefert hat. Abbildung: Figur 8, Ansicht von hinten. Phasianus augustus nov. sp. Figur 9 und 10. Linkes Femur von 10 cm Länge; unversehrt, nur die Schneide des Trochanterkammes ist abgewetzt. Knochen langgestreckt, schmal. Auf der Hinterseite eine Konkavität. Kopf des Knochens vorstehend, gut aus¬ gebildet; deutlicher Hals. Grübchen für das Ligamentum t'eres ziemlich breit, flach, nur an einer Stelle stärker ver¬ tieft. Trochanter kräftig und vorspringend. Auf der Vor¬ derseite des Knochens fehlen in der unterhalb des Tro¬ chanterkammes gelegenen Partie deutliche pneumatische Öff¬ nungen, doch sind solche wenigstens angedeutet. Knochen¬ röhre lang, gedreht, nach vorn leicht konvex gekrümmt. Die Fossa intercondyloidea ist vorn breit, von starken Rän¬ dern eingefaßt. Innerer Condylus stark abgeplattet. Der mit der Tibia artikulierende Teil der äußeren Rolle — der tibiale Rollkamm (Roll-Leiste) am äußeren Condylus oder die Cröte peroneotibiale — ziemlich stark vorspringend. Maße: Die Länge des Beines beträgt rund 10 cm, die Breite der Endstücke unten und oben 2 cm, Breite in der Mitte der Knochenröhre 1 cm, die Breite der Fossa inter¬ condyloidea etwa 1 cm, die Breite der Vertiefung am pro¬ ximalen Ende zwischen Kopf und Trochanterkamm circa 11 mm. Sonstiges. Die langgestreckte Gestalt des Knochens, 46 seine Schlankheit und die Konkavität auf der hinteren Seite kommen namentlich in Berücksichtigung. Dem ganzen Bau des Knochenstückes Nnach wird man es einem Angehörigen der Hühnervögel zuzuschreiben haben, in welcher Haupt- Figur 9. Figur 10. Phasianus augustus v. Amm. 9 Ansicht von der inneren Seite, 10 seitliche Ansicht von aussen. Natürl. Grösse. gruppe das Fossil wohl am besten in der Unterfamilie der Gallinae oder Phasianinae seinen Platz findet. Auch der Oberschenkelknochen der Rallidae oder Sumpfhühner be- 47 sitzt eine Krümmung, und der vorstehende Kopf unseres Stückes scheint sogar für eine Zuweisung zu dieser Familie zu sprechen, aber einige andere der oben aufgezählten Merk¬ male geben doch für Einreihung in die Gruppe der eigent¬ lichen Hühner den Ausschlag. Die bei uns lebenden Ral- liden sind ohnedem nur kleine Formen; auch die aus dem europäischen Miocän bis jetzt bekannten Arten stehen an Größe dem hier behandelten Fossil gegenüber sehr zurück. Bei einigen Rallidenformen ist zugleich der Kopf des Fe¬ murs etwas nach ein- und abwärts gebogen (z. B. bei Gal- linula chlor opus var. pyrrorrhoa A. Newton, Milne-Edwards et Grandidier, Hist, natur. des oiseaux de Madagascar, pl. 241 A, f. 6), was bei unserem Stück nicht zutrifft. Die Ralliden sind — nebenbei bemerkt — eine alte Vogelgruppe, man kennt ihre Reste vom älteren Tertiär an und es scheint, als ob ihre Wurzeln bis zur mesozoischen Zeit hinaufreichen (s. Gadow in Bronn 1, II S. 101). Der vorstehende Kopf am Oberschenkel bildet freilich kein besonderes Kennzeichen der Hühnervögel, doch zeigt sich der Femurkopf gleichwohl beim Fasan etwas vorge¬ zogen. Unter den oben angegebenen Merkmalen unseres Fossils spricht für die Zuteilung zum Genus Phasianus ins¬ besondere einmal, daß auf der vorderen Seite des Knochens die Fossa intercondyloidea eine ansehnliche Breite hat und mit kräftigen Rändern versehen ist, und zweitens, daß auf der Rückseite der innere Condylus stark abgeplattet ist. Die Krümmung des Knochens mag vielleicht beim lebenden Edelfasan etwas stärker sein als an unserem Stück, auch erweist sich bei ienem die tibiale Rolleiste nicht so stark ausgeprägt, d. h. vorstehend, welchem Punkt vielleicht keine größere Bedeutung zukommt. Aber auf ein Merkmal legt Milne-Edwards (14) nachdrücklichst Gewicht: auf das Vor¬ handensein von pneumatischen Öffnungen nahe am oberen Endstück auf der Vorderseite des Femurknochens von 48 Phasianus. Derlei Öffnungen, die übrigens bei den einzel¬ nen Individuen in wechselnder Ausbildung auftreten, lassen sich wenigstens in einiger Größe am vorliegenden Exemplar nicht mit Sicherheit erkennen, sind jedoch durch rauhere Oberflächenbeschaffenheit der Gegend unterhalb des Tro¬ chanterkammes, vielleicht sogar durch eine ^2 cm lange horizontale, mit Gesteinsmasse erfüllte linien- oder spalt¬ förmige Einsenkung, die auch auf der Abbildung sichtbar ist, angedeutet. Gleichwohl wird man, wie es — wenig¬ stens für die älteren Formen von Phasianus — scheint, den Löchern am Trochanter keinen zu großen generischen Wert beizulegen haben (vgl. Shufeldt 25, S. 62, S.-Abz.). Shu- feldt (25, p. 60 — 62, Tab. 18, fig. 94 u. 96) führt in seiner Abhandlung über die fossilen Vögel der Marsh-Sammlung der Yale-Universität den Humerus eines Phasianus mioceanus Shuf. aus dem Miocän von Nebraska vor und glaubt ein aus denselben Schichten stammendes Femurstück (proximales Ende), das sonst dem des Phasianus colchicus sehr ähnlich sieht, aber keine Löcher zeigt, zu der gleichen Art, näm¬ lich zu Phasianus mioceanus ziehen zu dürfen. Dieses Vor¬ gehen beweist, daß unter Berücksichtigung der übrigen Merkmale für unser Stück sich die gewählte generische Be¬ zeichnung rechtfertigen läßt. Freilich stellt unser Fossil eine erheblich große Art der Fasanen dar, was aber auch nicht besonders befremden darf; zudem könnte man schlie߬ lich die Bezeichnung Phasianus auch noch in erweitertem Sinne gewissermaßen als Gruppennamen nehmen. Bemerkungen. Aus dem Abschnitt „Fossile Hühner (tertiäre)“ am Schlüsse der Beschreibung des vorhin be¬ trachteten Fossils ( Gallus longaevus ) ist zu ersehen, daß be¬ reits mehrere Arten von tertiären Fasanen, darunter auch ein paar Stücke aus dem europäischen Miocän bekannt sind. Unter diesen lenkt besonders der Phasianus altus von San- san unsere Aufmerksamkeit auf sich, weil diese obermiocäne 49 Art sowohl eine beträchtliche Größe (etwa die eines Pfaues), als auch eine ziemlich ausgedehnte horizontale Verbreitung — worüber oben kurz berichtet wurde — besaß. Eine nähere Beziehung zu unserem in Rede stehenden Fossil ist jedoch nicht durchführbar. Der Phasianus altus oder eine wenigstens ihm sehr nahe stehende Form ist in jüngster Zeit auch aus bayerischen Obermiocänschichten (Attenfeld) durch einen Tarsometatarsusfund nachgewiesen worden (Schlosser 20, S. 33); möglicherweise gehören noch einige andere an der genannten Lokalität Vorgefundene Vogel» knochen, nämlich Teile vom Humerus, Radius, Metacarpus und Tibiotarsus sowie Halswirbel, dem Phasianus altus an. Diese letztgenannte Art besitzt, wie Deperet ermittelt hat, ein ziemlich großes Foramen am oberen Femurende. Durch dieses Merkmal ist von vorneherein ausgeschlossen, eine — wie man nach den gleichalterigen Schichten vermuten könnte — Identität mit Phasianus augustus anzunehmen. Die Abbildung (Fig. 9) zeigt einmal den Knochen in der Ansicht von vorn und zweitens, Fig. 10, in der seit¬ lichen Ansicht von außen. III. Abteilung. Obermioeäne Vögel. Zum näheren Vergleich unserer Regensburger Stücke mit etwa entsprechenden Fossilien anderweitiger Gebiete ist es geboten, die Vogelreste der bekannteren Fundplätze aus Schichten vom gleichen Alter, nämlich aus dem Ob er m io - cän, uns vorzuführen. Wir haben hier zunächst die französische Lokalität Sansan (Gers) zu nennen, von der bereits auf S. 26 die Rede war, wo wir über den Charakter der Vogelfauna im all¬ gemeinen berichteten. Der Fundplatz, von Lartet entdeckt, 4 50 besteht aus einem isolierten Hügel, 13 km südlich von der Stadt Auch entfernt. Zur Sansanfauna gehören nach Milne- Edwards folgende, nach seiner Einteilung zusammengestellte Arten : Tagraubvögel : Aquila minuta M.-Edw.,1) Haliaetus pisca- tor M.-Edw., Aquila sp. Sperlingsvögel: Corvus Lartetii M.-Edw., 13 Arten von Fringilliden , Homalopus picoides M.-Edw., Necrornis pa¬ lustris M.-Edw. Hühner: Phasianus altus M.-Edw., Ph. medius M.-Edw., Palaeoperdix Sansaniensis M.-Edw., Pal. prisca M.-Edw., Pal. longipes M.-Edw. Reiher: Ardea perplexa M.-Edw. Sumpfhühner: Rallus JBeaumonti M.-Edw., P. dispar M.- Edw., B. major M.-Edw. Totaniden: Numenius antiquus M.-Edw. Lamellirostres : Anas robusta M.-Edw., A. Sansaniensis M.-Edw., A. velox M.-Edw. Von vorneherein wäre wegen der Gleichzeitigkeit der Absätze die Annahme gerechtfertigt, daß die neuen baye¬ rischen Funde, wenigstens zum größeren Teil, zu den San- sanformen gezogen werden könnten. Nach dem vorliegen¬ den beiderseitigen Material (von manchen der Spezies aus Sansan sind nur vereinzelte Knochen bekannt) hat sich je- 0 Das Fossil Aquila minuta M.-Edw. erhielt späterhin von Sharpe die Speziesbenennung Edwardsi (R. Bowdler Sharpe, A Handlist of Genera and Species of Birds, Nomenclator avium tum fossilium tum viventium. Yol. I, London 1899, p. 262). Paris hat es in seiner Zu¬ sammenstellung (15) als Nisaetus Edwardsi vermerkt. Nach Hartert (Ernst Hartert, Die Vögel der paläarktischen Fauna, Bd. II. 1914, S. 1109) ist für die Gattungsnamen Nisaetus und Eutolmaetus die generische Bezeichnung Hieraaetus zu wählen: in der am Schluß dieser Abhandlung befindlichen Liste findet man daher die Sansan- art Aquila minuta unter dem Namen Hieraaetus Edwardsi enthalten. doch ergeben, daß nur zu Einer der südfranzösischen Arten {Anas robusta) nähere Beziehungen vorhanden sind. Wenn sich in späterer Zeit die Funde vermehrt haben werden, wird es sich gewiß zeigen, daß die jungtertiären Schichten der bayerischen Hochebene und des Sansanlagers eine An¬ zahl Arten gemeinsam besitzen. Offenbar gleichalterig mit Sansan (s. Haug, Traitö de Geologie II, p. 1711) ist das geologisch ganz anders ge¬ staltete Lager von La Grive-Saint- Alban (Isere); daselbst sind sackartige Eintiefungen im Kalkstein des unteren Doggers (Bajocien) vorhanden, die der Abbildung nach, welche De- peret (2, p. 61) davon giebt, sogen. Geologischen Orgeln entsprechen mögen. In dem darin befindlichen eisenschüssi¬ gen oder bohnerzhaltigen Lehm sind die Knochen tertiärer Fossilien eingebettet, die an Yogelresten folgende Arten er¬ geben haben: Anseres sp., Accipiter sp. (cf. Buteo), Palae- ortyx Ed wardst Deperet, Palaeortyx maxima Lydekker, Palae- ortyx Grivensis Lyd., Palaeortyx sp., Phasianus altus Milne- Edwards, Phasianus sp., Totanus Mayeri Lyd., Strix Sancti- Albani Lyd., Picus Gaudryi Dep. Mit Oeningen (bei Konstanz im badischen Seekreis nächst der schweizerischen Grenze gelegen) betreten wir uns näher liegende Gebiete. Das Oeninger Lager bildet den 30 — 50 m mächtigen mittleren Kalkmergelhorizont der oberen Molasse Südbadens; die Stellen der Steinbrüche, woraus die Kalk¬ platten, die als eine Art erhärteter Seekreide anzusehen sind, ehedem gewonnen wurden, befinden sich nach Deecke (Geol. von Baden, S. 490) am Schiener Berg oberhalb Wangen. Die Oeninger Schichten haben mehrmals Vogelreste geliefert, nämlich: Anser Oeningensis H. v. Meyer sp. Anas Meyeri Milne-Edwards Phasianus altus M.-Edw. 52 Totanus sp. Scolopax sp.~ Einzelne Federabdrücke. Unter dieseu dürfte Scolopax der generischen Bezeich¬ nung nach ziemlich unsicher sein, die übrigen Formen sind nach den Ermittelungen von Milne-Edwards und Lydekker (10, p. 104, 116, 141, 172) benannt, welch’ letzterer vom Phasianus altus eine Abbildung (unteres Ende des Tibio- tarsus) giebt. Die beiden Anseriden wurden bereits S. 39 und 40 bei Beschreibung der Regensburger Ente, Anas cf. robusta , erwähnt. Steinheim und das Ries sind selbstverständlich höchst wichtige Plätze für unsere Betrachtung. Das bekannte Steinheim (Planorbiskalk) in Württemberg liegt 6 km west¬ wärts von Heidenheim a. Brenz; von den Riesfundstellen fällt der Goldberg bei Pflaumloch noch in den württembergi- schen Streifen des Rieses hinein; die übrigen Fundpunkte (Wallerstein bei Nördlingen, Spitz- und Hahnenberg bei Appetshofen) gehören dem Hauptteil des Rieses, dem baye¬ rischen Gebiet, an. Der Spitzberg ist nordöstlich von Ap¬ petshofen gelegen. Die Hauptfundstätte befindet sich am Hahnenberg, einer Anhöhe an der Eger (1 km nordwest¬ lich von Appetshofen, gegen 2 km von Lierheim entfernt). Lydekker giebt für seinen Pelecanus Fraasi aus dem Ries (10, p. 45) bei vier Stücken als Fundplatz Klein Sorheim an. An den Hügeln von Klein Sorheim, welcher Ort 4 km südlich vom Hahnenberg liegt, ist der Tertiärkalk nur un¬ bedeutend entwickelt, sodaß jene Funde gewiß vom Hahnen¬ berg stammen. In Klein Sorheim lebte vielmehr vor 50 Jahren ein eifriger Sammler, Pfarrer von Bezold, dessen Stücke sonach nach London gekommen sind. Der Steinheimer Planorbis- und der Rieser Süßwasser¬ kalk können als gleichalterig gelten, mag auch, wie Sand- 53 berger meint, ersterer ein wenig jünger als dieser sein, ober- miocän bleibt er doch. Über die Hauptvertreter der Vogel- weit, die den Steinheimer See und die Wasserflächen im Ries bewohnte, liegt zwar eine Art Beschreibung vor, und die Arten sind in Fossillisten verzeichnet, aber nicht alle Bestimmungen dürften als völlig richtig anzusehen sein. Der Autor, der sich hauptsächlich mit der Fauna beschäftigte, glaubte in manchen Formen solche der Allier-Bildung zu er¬ kennen: es ist aber sehr unwahrscheinlich, daß diese Oligo- cänschichten und unsere jungtertiären Kalke eine Anzahl von Arten gemeinsam besitzen sollten. Eine genaue Re¬ vision der Steinheim-Rieser Vogelfauna erscheint daher mit der Zeit dringend geboten. Darauf bezügliche Ermittelungen geben den Stoff zu einer größeren besonderen Arbeit für sich ab, was natürlich nicht hier, für die vorliegende Schrift, die in erster Linie die Untersuchung der Regensburger Funde zum Zweck hat, so nebenbei geschehen konnte. Meine nächstfolgenden Bemerkungen sind sonach nur das Ergebnis des aus der Literatur Geschöpften und beziehen sich nicht auf Untersuchung am Material selbst. Es sind Wasser- und Sumpfvögel, denen wir in der Fauna aus dem Ries begegnen, offenbar hatten diese Vögel an den heutigen Fundstätten der Fossilien ihre Brut- und Nistplätze, da sowohl Eier als auch Nester im Tertiärkalk gefunden worden sind. Die Tiere werden wohl durch plötz¬ liches Ausströmen von Kohlensäure, was in manchen Strichen des Gebietes zuweilen stattgefunden haben mag, ihren raschen Tod gefunden haben; an einzelnen Stellen trifft man die Reste sehr gehäuft an. So sagt beispielsweise Osk. Fraas in seiner Schrift über die Fauna von Steinheim (3, Einzel¬ ausgabe S. 45): „Man traut seinen Augen kaum, wenn sich die Vogelwelt des Rieses, bestehend in einer fußmächtigen Vogelknochenbreccie vor uns ausbreitet. Knochen ist an Knochen gebacken, nicht etwa bloß kleine entenartige oder 54 von Strandläufern, wie zu Steinlieim, sondern ungeahnte neue Formen von Pelikanen, Scharben, Kranichen schälen sich aus dem Sprudelkalk heraus, in den sie die Kalkquellen des Rieses zur miocänen Zeit eingebacken hatten. Seit Jahren schon mit dem Sammeln dieses Vogelmaterials beschäftigt, aber bisher außer Stande, genauere Bestimmungen zu ma¬ chen, veranlaßt mich erst das Erscheinen des Melne-Edwards- schen Werks zur eingehenderen Untersuchung, wobei die Steinheimer Reste, an und für sich zu unbedeutend, um ihnen zulieb die zeitraubenden Untersuchungen zu machen, bei Verwertung der Riesvögel gewissermaßen in den Kauf gingen.“ Anknüpfend an die Schlußworte dieses Zitats sei bemerkt, daß Osk. Fraas in seiner Fauna von Steinheim (3) die Beschreibung der Steinheimer Formen mit der über die Riesarten verquickt hat, sodaß es für manche der beschrie¬ benen Arten, namentlich in Bezug auf die Abbildungen, schwer hält, aus seiner Darstellung das richtige Fundgebiet, ob Steinheim oder Ries, zu ersehen. Überhaupt besteht in der Literatur ziemliche Verschiedenheit betreffs der Angabe der Arten dieser Vogelfauna. So findet man in der von E. Schütze zusammengestellten Liste der Steinheimer Vögel (in Engels Geognostischem Wegweiser durch Württemberg 1908, S. 566) den Pelecanus Intermedins gar nicht vertreten vor, den Fraas allerdings vor allem vom Hahnenberg an- giebt , aber offenbar doch auch für Steinheim in Anspruch nimmt — während andrerseits Lydekker (10, p. 39 — 44) nicht weniger als 85 Stücke des P. Intermedins von Stein¬ heim aus der Londoner Sammlung aufführt. Lydekker scheint den Steinheimer Pelikan vom Rieser (P. Fraasi Lyd.) ganz getrennt halten zu wollen; aber Fraas betont gerade mit Nachdruck das Vorkommen des P. Intermedins am Hahnen¬ berg, von welchem Platze auch die Paläontologische Staats¬ sammlung in München über ein reiches Material verfügt. P. Fraasi dürfte durch gute paläontologische Gründe von 55 der anderen Art getrennt zu halten sein, sonach hätten wir im Ries mindestens zwei Pelikanarten. Es erscheint in der Tat auch gar nicht unwahrscheinlich, daß die Gattung Pe- lecanus, und zwar sowohl im Ries als auch im Steinheimer Becken, durch mehr als eine einzige Art vertreten gewesen sein könnte. Zur Steinheimer Fauna wird man auch eine Trappenart zu rechnen haben. Lydekker hat für seine Otis affinis (an Größe der indischen Hubara entsprechend) als Fundort Schneitheim (Bavaria) angegeben (10, p. 168). Augenscheinlich ist Steinheim gemeint, welchen Ort der Autor irrtümlich nach Bayern versetzt (10, p. 40, 44, 60, 82, 90, 117). Hinsichtlich der Vogeleinschlüsse im Rieskalk nennt Zittel vorsichtigerweise nur den Pelecanus intermedius und, als wahrscheinlich zu bezeichnend, die beiden Sansan-Enten Anas velox und Sansaniensis ; er läßt dabei, wohl mit Recht, die für die Allierbildung charakteristischen Arten beim Ries ganz aus dem Spiel, wenngleich er genötigt war, für Stein¬ heim die Bestimmungen von Fraas anzugeben. Diese hat auch Milne- Edwards am Schlüsse seines Werkes (14, II p. 576) angenommen, offenbar — was er aus der Arbeit von Fraas zu entnehmen glaubte — in der Voraussetzung der Gleichalterigkeit der Absätze aus Allier und von Stein¬ heim-Ries. Die Originalstücke lagen ihm ohnedem nicht vor, und so wird man in diesem Falle der Äußerung des kundigen Paläornithologen kein allzu großes Gewicht bei¬ legen dürfen. Die Allier-Arten, die für Steinheim, zum Teil auch für das Ries in Anspruch genommen worden sind, sind Anas Blanchardi, Ibis pagana und Palaelodus gracilipes. Bezüglich der erstgenannten Art habe ich mich bereits oben (S. 40, bei Gelegenheit der Beschreibung von Anas cf. ro - busta) ausgesprochen. Die damit verglichene Riesform wird man Anas Bisgoviensis nennen können, welcher Name auch für die entsprechende Steinheimer Entenform Geltung haben 56 mag. Über Ibis pagana M.-Edw. aus Steinbeim, welche Art in den neueren Listen (Paris, 15) unter dem Gattungsnamen Eudocimus aufgeführt wird, vermag man, ohne das ein¬ schlägige Stuttgarter Material untersucht zu haben, keine sichere Entscheidung zu treffen, ich habe deshalb in die Steinheimer Fossilliste Ibis cf. pagana eingesetzt. Einen Knochen aus dem Ries (Hahnenberg) bezeichnete Lydekker als Ibis sp. (10, p. 73). Die Möwenstücke (linker Humerus und Hinterteil des Schädels) von da ( Larus sp. Lyd., 10, p. 179) gehören einer Spezies zu, die mit Larus elegans aus der Allierbildung nah verwandt, aber doch wohl nicht da¬ mit identisch ist.1) Besondere Aufmerksamkeit würde die Gattung Palaelodus beanspruchen — ein flamingoartiger Vogeltypus, dessen Fortdauer in unseren Gegenden während der jüngeren Tertiärzeit nach den bisherigen Bestimmungen erwiesen wäre. Weder Zittel (28) noch Schlosser (30) er¬ wähnen jedoch das Genus aus dem Ries; in der Schaustel¬ lung der Paläontologischen Staatssammlung vermißt man Rieser Stücke davon , sodaß man vorderhand am besten tut, für das Ries, trotz der Hinweise von Fraas auf das Vorkommen am Gold-, Spitz- und Hahnenberg (3), von Palaelodusfunden vorerst abzusehen, während man für Stein¬ heim nach den anscheinend bestimmteren Angaben von Fraas das Vorhandensein von Resten des genannten Genus einst¬ weilen nicht ganz wird bestreiten können. Milne-Edwards, der sich doch auch die Tafeln in der FRAAsschen Arbeit genauer besehen mußte, machte keine Einwendungen gegen die Annahme vom Vorkommen des in Rede stehenden Genus in Steinheim. Zum mindesten werden aber für Allier und für Steinheim die Arten nicht die gleichen sein, weshalb 0 Zur Ergänzung der am Schluß des Textes stehenden Liste mag noch die Bemerkung dienen, daß Reste einer Larus- Art von Milne-Edwards auch aus den wahrscheinlich mittelmiocänen Faluns von Certas (Gironde) angegeben werden. 57 Lydekker (10, p. 90) mit Recht das Auftreten von Palae¬ lodus gracilipes M.-Edw. in Steinheim bezweifelt. Aus dem Ries will Schütze (Engel, Geogn. Wegweiser durch Württemberg, 3. Aufl. 1908, S. 567) sogar noch einen Palaelodus minutus M.-Edw. namhaft machen. Es bedarf daher der Nachweis der Palaelodusarten bei Gelegenheit einer Neubearbeitung des Steinheim-Rieser Vogelmateriales besonderer Beachtung. Nach dem zuletzt Vorgebrachten glaube ich berechtigt zu sein, zurzeit folgende Liste für die fossilen Vögel von Steinheim und aus dem Ries aufstellen zu können. Vogelreste aus Steinheim: Pelecanus intermedius Osk. Fraas Pelecanus sp. Lydekker Ardea similis 0. Fraas Ibis cf. pagana Milne-Edwards Palaelodus Steinheimensis 0. Fraas Palaelodus cf. gracilipes M.-Edw. Anas atava O. Fraas Anas cygniformis 0. Fraas Anas Bisgoviensis v. Amm. (= Anas Blanchardi 0. Fraas) Anas velox M.-Edw. Gallus Steinheimensis Eberh. Fraas MS. Ballus major M.-Edw. Otis affinis Lyd. Passer es divers. Vogelreste aus dem Ries: Phalacrocorax Bisgoviensis 0. Fraas sp. Pelecanus intermedius 0. Fraas Pelecanus Fraasi Lydekker Ardea sp. Ibis sp. Anas velox Milne-Edwards Anas Sansaniensis M.-Edw. 58 Anas Risgoviensis v. Amm. Anas robusta M.-Edw. Elornis ? sp. Lyd. Larus sp. Lyd. Passeres divers. Es fragt sich nun, ob sich unsere Regensburger Fos¬ silien mit Arten dieser soeben aufgezählten Fauna näher in Beziehung bringen lassen. Für Anas robusta, die Ly- dekker (10, p. 116, distales Ende eines Tarsometatarsus) aus dem Kalk vom Hahnenberg erwähnt, scheint dies der Fall zu sein. Sonst konnte, trotz der Gleichalterigkeit der Ab¬ sätze, keine Identität der Spezies erbracht werden. Wohl wäre es nicht unwahrscheinlich, daß die Regensburger Scharbe, der Phalacrocorax praecarbo , weiters vielleicht auch der Reiher von dort mit den Arten des gleichen Genus aus dem Ries und von Steinheim übereinstimmen könnten: da aber vom Carbo Risgoviensis 0. Fraas weder eine Beschrei¬ bung noch eine Abbildung vorliegt und von Ardea similis zu wenig Knochenreste für eine Vergleichung mit anderen Arten vorhanden sind, läßt sich eine Gleichstellung nicht mit Sicherheit bestimmen. Wir sind daher zurzeit nicht imstande, eine engere Verwandtschaft der tertiären Avifauna von Regensburg mit der gleichalterigen aus dem Ries nach¬ zuweisen. Gleichwohl gehören die Regensburger Funde mit geringer Ausnahme Gattungen an , die wir auch in der formenreicheren Steinheim-Rieser Fauna vertreten sehen. Außerdem ist noch eine und noch dazu in Bayern ge¬ legene Stelle zu erwähnen, wo Vogelknochen in Obermio^ cänbildungen nachgewiesen worden sind, nämlich die Lo¬ kalität Attenfeld bei Neuburg a. D. im Kreise Schwaben. Hier ist eine kleine Juraspalte im Dolomit vorhanden, deren aus den Verwitterungsprodukten der Spaltenwände beste¬ hende Ausfüllung, wie die Durchsuchung von M. Schlosser (20) bestätigte, eine ziemliche Zahl von Wirbeltierresten 59 (und zwar von Säugetieren, Reptilien namentlich Testudo- Platten und einigen Vögeln) enthielt. Die Vogelreste können bezogen werden auf: Anas cf. velox M.-Edw. Phasianus altus M.-Edw. Fringillide ? Im benachbarten, bereits mittelfränkischen Adelschlag, wo ein schwaches Braunkohlenflöz zu Tage tritt, sind wohl Säugetier- und Reptilienreste, aber keine Vogelknochen ge¬ funden worden ; die dortige Reptilienfauna mit Diplocynodon , Trionyx und Clemmys besitzt den gleichen Habitus wie die aus dem Regensburger Braunkohlenton. Was Conchylien anlangt, so ist als die fossilreichste Lokalität des bayerischen Obermiocäns die ganz im Jura¬ gebiet westlich von Regensburg gelegene kleine Braun¬ kohlenmulde von Undorf oder Eichhofen zu bezeichnen. Die am Jurarande nördlich von Regensburg bei Burglengenfeld (Haidhof) und Schwandorf (Wackersdorf oder Klardorf) be¬ findlichen größeren Braunkohlengruben haben verhältnis¬ mäßig wenig brauchbares Material an Versteinerungen er¬ geben. Einer nächst Regensburg, südwestlich an der Stadt zwischen Dechbetten und Prüfening, dem Kreide¬ untergrund aufgelagerten kleinen Mulde gehört der Fund¬ platz der in dieser Abhandlung näher beschriebenen Vogel¬ reste an; eine Bohrung in der Tongrube ließ folgendes Profil erkennen: unter einer Decke von gelbem Lehm ist 12 m mächtig oben gelber, unten bläulichgrauer Ton ge¬ lagert, in dessen tiefsten Schichten die Fossilien eingebettet sind, tiefer folgt 12 m hoch Braunkohle mit tonigen Ein¬ lagen und zu unterst grünlicher Ton. Die aufgefundenen Vogelreste haben wir bereits kennen gelernt (S. 28 — 49): es sind folgende Arten: 60 Phalacrocorax praecarbo v. Ammon Ardea Brunlmberi v. Amm. Botauntes avitus v. Amm. Anas cf. röbusta Milne-Edwards Gallus longaevus v. Amm. Phasianus augustus v. Amm. Zusammenstellung der Arten der europäischen Vogelfauna aus der jüngeren Miocänzeit. Nachdem wir die wichtigeren Vorkommnisse aus dem oberen vorpliocänen Tertiär uns betrachtet haben, soll zum Schlüsse dieser Abhandlung eine Zusammenstellung aller Arten aus dem jüngeren europäischen Miocän ge¬ geben werden, um gewissermaßen mit einem Blick die da¬ malige Vogelwelt — soweit sie bis jetzt bekannt ist — überschauen zu können. Geologisch gut begründet gliedert sich das Miocän be¬ kanntlich in drei Stufen: in ein Ober-, Mittel- und Unter- miocän. Der Einfachheit halber und insbesondere, um eine Analogie zu haben mit dem für die Säugetierfaunen auf¬ gestellten Schema (0. Abel, Die vorzeitlichen Säugetiere, S. 22/23: Chronologische Übersicht der tertiären Landsäuge¬ tierfaunen), empfiehlt sich für unseren Fall eine Zweiteilung anzunehmen, wornach sich oben ein sogen. Vindobonien, die ober- und mittelmiocänen Schichten begreifend, und unten ein Burdigalien d. h. das Untermiocän ergiebt. In die Liste sind nun diejenigen Arten aufgenommen, deren Reste in den Ablagerungen der oberen Miocän abteilung aufgefunden worden sind. Es kommen dabei vor allem in Betracht die nachweislich obermiocänen Lokalitäten Sansan, Oeningen, Steinheim, Ries, Regensburg. Die Grenze nach oben ist unmittelbar unterhalb der ersten Absätze des Pliocäns1) l) Eine Zusammenstellung der pliocänen Vögel gab 1892 De- 61 gezogen. Es sind daher in dem Verzeichnis nicht mehr enthalten die Arten aus dem Lager von Pikermi, aus dem Plaisancien von Roussillon, aus den Mergeln vom Croix Rousse zu Lyon, aus den italienischen Pliocänbildungen und aus den pontischen Schichten , aus welch’ letzteren innerhalb ihres Verbreitungsgebietes in Ungarn neuerdings Reste eines Schlangenhalsvogels ( Plotus pannonicus Lambr.) bekannt wurden (6). Was tiefere Horizonte als das Obermiocän anlangt, so mußten in das Verzeichnis nach obiger Darlegung auch die aus dem Mittelmiocän ermittelten Arten aufgenommen wer¬ den, wozu die Fossilreste aus dem Helvetien, einem Teil der marinen Molasse etc. gehören (mm). Dagegen bleiben die Einschlüsse aus dem Burdigalien fort. Aus dieser soeben be- zeichneten Schichtenreihe hat beispielsweise Milne-Edwards einige Arten von der Fundstätte Leognan (Gironde, bei Bordeaux) aufgestellt (Milne-Edwards A., Observations sur les Oiseaux fossiles des Faluns, de Saucats et de la Mollasse de Leognan. Bibi, de l’ecole des Hautes Etudes, sect. Sei. nat., tome XI, art. V, 1874), nämlich Sula pygmaea , Plo- tornis Delfortm , Procellaria aquitanica , Pr. antiqua , Pela- gornis miocaenus; letztbenannte Art, welche nach Lambrecht (6, S. 24) die Suliden mit den Pelekaniden verbindet, kommt auch in höheren Miocänschichten, in der marinen Molasse des Armagnaclandes, vor. Wie aus der Liste zu ersehen, kommt ein Dutzend Fundplätze in Betracht. Dieselben sind nach Ländern an¬ einandergereiht, so zwar, daß mit den westlichen und süd¬ westlichen Gebieten begonnen wurde. Darnach gelangen zuerst die französischen zur Aufzählung, wobei vorab die etwas älteren geologischen Horizonte genannt werden, die p£ret (Mem. de la soc. geol. de France, Paleontologie, tome 3, p. 127 et 128). 62 dem Helvetien oder der mittelmiocänen marinen oder auch fluviatilen Molasse entsprechen (mm); immerhin wäre es mög¬ lich, daß dabei vielleicht für das eine oder das andere Vor¬ kommen die genauere Stellung im Miocänverbande nicht ganz korrekt getroffen sein möchte, was aber im allgemeinen keine besondere Bedeutung haben dürfte. Unter der Rubrik Touraine sind die „Faluns de la Touraine“ verstanden, unter Orleanais die Schichten, welche Milne-Edwards als Graviers fluviatiles de l’Orleanais bezeichnet hat, unter Suevres die Faluns de Suevres (Loire et Cher). Bemerkt möge werden, daß die aus diesen Faluns von Suevres angegebenen beiden von dem eben angezogenen französischen Autor aufgestellten Arten von Lydekker (10, p. VII), weil von jenem nicht aus¬ reichend genug charakterisiert, nicht fest anerkannt worden sind. Die Rubrik Armagnac begreift das Vogelfossil der marinen Molasse aus dem Armagnac (Gers) in sich. Einer ver¬ hältnismäßig reichlicheren Fundstätte begegnen wir erst in der Lokalität La Grive-Saint- Alban (Isere), deren geologi¬ sche Verhältnisse auf S. 51 kurz geschildert wurden, ebenso gelangte daselbst kurz vorher (S. 50) die gleichfalls ober- miocäne Fauna von Sansan zur Besprechung. Das italieni¬ sche Vorkommnis vom Monte Ceva in Piemont (m) dürfte im Alter nicht weit vom Obermiocän abstehen, genauere Angaben darüber stehen mir nicht zu Gebote (die Annahme eines so tiefen Horizontes, wie in meiner Schrift „Schild¬ kröten aus dem Regensburger Braunkohlenton“, Regensburg 1911 auf S. 23 angegeben ist, möchte ich jetzt nicht mehr befürworten). Ein andrer Fundort fossiler Vogelreste in Italien, der Monte Bamboli in Toskana, woher ein schlecht erhaltenes Entenskelett (S. 38) bekannt geworden ist, galt früher als untermiocän (Lepsius, Geologie von Deutschland I, S. 552), neuere Autoren (Schlosser 30, S. 576) nehmen ein unterpliocänes Alter für diese Lokalität an; sie ist in die Liste nicht eingesetzt. Die untermiocänen Arten aus 63 Böhmen (S. 39) sind im nachstehenden Verzeichnis natür¬ lich nicht berücksichtigt, ebenso fällt die Vogelfauna des rheinischen Corbicula- und Hydrobien- oder Litorinellen- kalkes (S. 19) und der Fund aus der Messeier Braun¬ kohle fort. Betreffs des in der Literatur öfters zitierten, hier aber weggelassenen Fossils aus der neogenen Molasse des Algäus, des Ardeacites molassicus Haushälter, stammend aus einem Steinbruch im Muschelsandstein von Harbats¬ hofen unfern Weiler bei Lindau, möge man die Bemer¬ kungen auf S. 12 lesen. — Alle Fundstätten, die in der Tabelle aufgeführt sind und bei denen keine besondere Buchstabenbezeichnung steht, gehören ausgesprochen ober- miocänen Plätzen an. Aus der auf S. 64 — 67 folgenden Zusammenstellung ersieht man, daß uns bis jetzt aus den Ablagerungen des jüngeren Miocäns Reste von ungefähr 60 Arten bekannt geworden sind. Selbstverständlich ist es nur ein kleines Bruchstück der damaligen Vogelwelt. Hach den bisherigen Funden sind deren hauptsächlichste Vertreter — wenigstens an Wasserplätzen, an welchen allein uns Skeletteile in nicht allzu geringer Menge erhalten geblieben sind — einmal Gänsevögel d. h. Enten, dann Hühner oder hühnerartige Vögel, weiters Reiher, Ruderfüßer aus den Gruppen der Kormorane und Pelikane, außerdem Sumpfhühner. Ibis- und Flamingovögel dürfen vielleicht auch noch genannt werden. Sonstigen Gruppen der Vögel fallen nur verein¬ zelte Formen zu. Jedenfalls waren auch die Sperlingsvögel reichlich vorhanden, das seitherige Material davon läßt je¬ doch zumeist keine nähere Bestimmung zu. Für die Anordnung der Arten im Verzeichnis wurde das System gewählt, das Gadow im BRONNSchen Werk (1, II S. 299) aufgestellt hat und das zurzeit ziemlich allge¬ mein Anwendung findet; beispielsweise hat es auch 0. von Strassen in der neuen Auflage von Brehms Tierleben benützt. Carinatae. Kielbrustvögel 64 Sinq PI3JU0^Y rai9qui0!}g neSnmaQ X X X X X X X • X X X r X X X (Ul) ’BAQQ U^SU^g X UBqiy-^uiBg -9ATJ*) VJ (raui) O'BuS'Bmay (nun) S9JA9Ug X (nun) srßu'egpio (min) gni'Bino^ Ir © &D O > 'S *-l o Ul fl p M ps © CG £ P . 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Der Necrornis palustris zeigt wohl einige Verwandtschaft mit den Spechten, scheint aber nach den Angaben hauptsächlich den Bananenfressern nahe zu stehen, was im Verzeichnis zum Ausdruck gebracht ist. Über den Homalopus picoides war schon auf S. 27 die Rede. Man wird diesen in eine der heute vorhandenen Familien nicht hineinpressen können, weshalb er in die Liste einfach als eine Art der großen Ordnung der Coraciiformes, die so¬ wohl die Unterordnung der Coraciae mit der Familie der Upupiden und Gruppe der Bucerotinen als auch jene der Spechte in sich schließt, aufgenommen wurde. Fremdartige Formen treten in der Ornis des oberen Miocäns erheblich zurück. Immerhin deuten gewisse Typen, beispielsweise auch Ibis und Pelikan, auf ein den jetzigen Verhältnissen gegenüber wärmeres Klima hin. Zur unteren Miocänzeit werden die fremdartigen Formen wohl stärker vertreten gewesen sein; doch fehlt es zur näheren Erörte¬ rung dieses Punktes fast gänzlich an fossilem Material. Die früher (S. 25, 26) schon besprochene oberoligocäne Fauna Frankreichs (Allier) führt uns bereits eine Vogelwelt vor, die ein ähnliches Gepräge zur Schau trägt wie die geflü¬ gelte Welt an einem der heutigen mittelafrikanischen Seen, und wenn wir die Überbleibsel einer noch älteren Vogel¬ fauna, nämlich der eocänen Quercyfauna, uns besehen, so finden wir darin die fremden Formen, die auch dem Syste¬ matiker besondere Schwierigkeiten bereiten , beträchtlich 69 zahlreicher vertreten. Darüber ausführlicher sich zu äußern, wäre jedoch hier nicht am Platze. Unsere Aufgabe ist es vielmehr, vor allem darnach zu trachten, womöglich die Kenntnis der Einschlüsse der uns zunächst liegenden Ter¬ tiärbildungen zu vermehren, weshalb zum Schlüsse noch¬ mals die Mahnung an die Sammler gerichtet sein möge, ja alle Reste von Vogelversteinerungen sorgfältigst aufzube¬ wahren und sie bei Gelegenheit einem Kundigen zur wissen¬ schaftlichen Bestimmung zu übergeben. O ö 4 Berichtigung. Seite 8 Zeile 12 v. o. ist noch beizufügen: Das Flugvermögen des Jura¬ vogels behandelt eingehend 0. Abel (1912) auf Seite 341 — 345 seines Buches „Grundzüge der Palaeobiologie der Wirbeltiere“. Seite 20 Zeile 16 v. o. ist statt 3. Abteilung, 2. Abschnitt zu lesen: Dritter Abschnitt. Seite 43 Zeile 8 v. o. ist statt noradmerikanischen zu lesen: nord¬ amerikanischen. \