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HARVARD UNIVERSITY.

LIBRARY

OF THE

MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY

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Abhandlungen und Berichte

des

Zoologischen und Anthropologisch - Ethuographischen Museums zu Dresden

Band XV 1017-1922

Herausgegeben

mit Unterstützung des Ministeriums des Kultus und öffentlichen Unterrichts

von

A. Jacobi

Direktor des Museums

Mit 8 Tafeln und 11 Figuren im Texte

Leipzig

Druck und Kommissionsverlag von B. G. Teubner

1922

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Nr. 1.

Nr. 2.

Nr. 3.

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Inhalt

Quetschkolben von Berlinhafen (Kaiser Wiihelmsland). Von O. Nuoffer. Mit 4 Tafeln und 4 Figuren im Texte. 29 Seiten 7

Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden. Von A. Jacobi. Mit 4 Tafeln und 7 Figuren im Texte. 17 Seiten

Zoologische Ergebnisse der Walter Stötznerschen Expeditionen nach Szetschwan, Osttibet und Tschili auf Grund der Sammlungen und Beobachtungen Dr. Hugo Weigolds. 1. Teil: Aves. Vorwort. Von H. Weigold. Fundortsverzeichnis. Corvidae, Certhiidae, Sittidae, Paridae, Cinclidae. Von O. Kleinschmidt und H. Weigold. Alaudidae und Troglodytidae. Von E. Hartert. Muscicapidae. Von H. Weigold. VIII und 34 Seiten.

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Abhandlungen und Berichte des Königl. Zoologischen und Anthropologisch- Ethnographischen Museums zu Dresden Band XV (1917)

Nr. 1

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Quetschkolben von Berlinhafen

(Kaiser Wilhelmsland)

von

Dr. Oskar Nuoffer

Mit 4 Tafeln und 4 Figuren im Texte

Leipzig

Druck und Kommissionsverlag von ß. Gr. Teubner

1917

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Ausgegebeu am 15. Juli 1917 .

Abhandlungen und Berichte des Königl. Zoologischen und Anthropologisch- Ethnographischen Museums zu Dresden Band XV (1917)

Nr. 1

Quetschkolben von Berlinhafen

(Kaiser Wilhelmsland)

Dr. Oskar Nuoffer

Mit 4 Tafeln und 4 Figuren im Texte

Leipzig

Druck und Kommissionsverlag von 11. G. Teubner

1917

Ausgegebeu am 15 Juli 1917

Inhaltsverzeichnis

Seile

1. Bestimmung der Kolben . 3

2. Die hölzernen Quetschkolben von Berlinhafen . 3

3. Das Quetschen des Taros . 5

4. Das Gerät in anderen Gebieten von Neuguinea .... 5

5. Das steinerne Gerät auf Neuguinea . 7

G. Die Kolben auf anderen melanesischen Inseln . 9

7. Die Kolben auf den polynesischen Inseln . 10

8. Die Kolben auf den mikronesischen Inseln . 13

9. Die indonesischen Stampfer . 14

10. Der plastische Schmuck der Kolben . 16

1. Bestimmung der Kolben

0. Sch lag inh au fex hat von seiner im Aufträge des Dresdner Museums im Jahre 1909 unter¬ nommenen Bereisung mehrerer Gebiete von Kaiser Wilhelmsland (10 11a) unter zahlreichen anderen wertvollen Gegenständen etwa 90 hölzerne Geräte in Form von kurzen Kolben mitgebracht, die an der Küste westlich und östlich von Berlinhafen in den Dörfern Arup und Malol und in den Landschaften Paup, Jakumul und Ulaw von ihm gesammelt worden sind. Er bezeichnet sie als Bananenstampfer; das aus Arup stammende Stück als Tarostampfer.

In der Literatur war bis dabin von diesen Kolben sehr wenig bekannt: ein Stück hatte Brno aus Berlinhafen ins Budapester Nationalmuseum gelangen lassen, aber er wußte nichts damit anzufangen; in dem von J. Janko besorgten Kataloge der Sammlung Brno (1899), wo es tab. 10 fig. 1 abgebildet ist, heißt es im Texte p. 44: „llolzinstrument unbekannten Gebrauches.“ Auf eine Anfrage beim Budapester Museum ließ Bind mir später mitteilen, daß es ein Trommelschlägel sei, der zu der tab. 7 fig. 14 abgebil¬ deten Trommel gehöre. An der von mir erwähnten Bezeichnung „Bananenstampfer“ nahm er Anstoß, da die Bananen die überhaupt keine große Rolle in der papuanischen Küche spielen weich genug seien, um ein besonderes Werkzeug zur Bearbeitung nicht zu gebrauchen. Die letzte Bemerkung ist zutreffend; die Bestimmung des Gerätes als Trommelschlägel aber läßt sich nicht aufrecht erhalten, zumal wir von anderen Seiten volle Aufklärung erhalten haben. Wie es nämlich so oft geschieht, hatte bisher niemand sich um das Gerät gekümmert, so wurden zugleich mit Schlagixhaufen und bald darauf mehrere Forscher darauf aufmerksam und brachten viele Exemplare nach Europa; sie konnten auch über seine Verwendung Auskunft geben, da sie hinreichend Zeit zu Beobachtungen gehabt hatten. Neuhauss hat zugleich mit Schlaginhaufen in derselben Gegend, hauptsächlich in Sissanu, wie er mir schrieb, mehr als 50 solche Kolben gesammelt, die sich jetzt im Besitze des Berliner Museums befinden; er hat einige davon in seinem Buche Deutsch Neu-Guinea (TI, v. 1, p. 327 u. 333) als „Tarostampfer“ abgebildet und sagt p. 251, daß man damit Gemüse zerkleinert. Ihre Herstellung ist nach ihm eine Spezialität der Leute von Sissanu. I'oech hat ferner aus einem etwas östlicheren Küstenstriche, aus Potsdamhafen, eine Anzahl ähnliche, jetzt im Wiener llofmuseum befindliche Keulen mitgebracht, von denen er mir freundlich Photos übersandt hat mit der Bemerkung, daß er die Bananen weder so stampfen gesehen hat noch an diesen Gebrauch glaubt, dagegen berichten kann, daß die Weiber den Taro damit zwar nicht gestampft, aber zerdrückt oder zerrieben haben, nachdem er gebacken worden war. Eine entsprechende Erklärung fand sich bei den Kolben, die Sciioede in verschiedenen Gegenden von Kaiser Wilhelmsland erworben und als Bestandteile seiner großen Sammlung eine Zeitlang im Berliner Museum ausgestellt hatte: „Tarostampfer. Die Knollen werden nach dem Kochen oder Rösten in Mörsern zerquetscht.“

Es ist also kein Zweifel: das Gerät dient zur Bearbeitung des gekochten Taros, was nicht aus- schließt, daß auch worauf Neuhauss hindeutet andere Knollengemüse, wie Jams und Bataten, damit bearbeitet werden. Da es sich jedoch, worauf wir noch zurückkommen werden, bei der Tätigkeit weder um ein Zerkleinern, noch um ein Zerstampfen, noch um ein Zerreiben, sondern, wie Schoede es richtig bezeichnet, um ein Zerquetschen handelt, so nenne ich das Gerät Quetschkolben.

2. Die hölzernen Quetschkolben von Berlinhafen

Das Gerät ist von der denkbar einfachsten Art, eine kurze Keule. Es hat die Aufmerksamkeit der Forscher sicherlich nur deswegen in so hohem Maße auf sich gezogen, weil ein jedes Stück seine Griff- yerzierung trägt (Fig. A 1 6)1), und zwar meist nicht nur ein bescheidenes Ornament, sondern, aus dem

1) Die Textfiguren und einige Tafelfiguren verdanke ich der Güte des Kunstmaler-! Herrn C. Feudel; die meisten Tafelfiguren der bewährten Hand unseres Konservators Herrn Hu. Geisleb.

Abh. u. Ber. d. K. Zovl. u Antlir.-Etlin. Mug. zu Dresden 1917 Bd. XV Nr. 1

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Oskar Is »offer: Ouetschkolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland)

Vollen geschnitzt, eine Figur oder eine Figurengruppe, die in vielen !• allen die Hüllte, einmal sogar etwa zwei Drittel der ganzen Gerätlänge ausmacht.1) Den Schnitzereien wird daher auch ein wesentlicher Teil der vorliegenden Arbeit gewidmet sein; jedoch darf darüber nicht versäumt werden, vorerst die, wenn auch noch so unscheinbaren, Kolben einer näheren Betrachtung zu unterziehen und V ergleiche mit den ent¬ sprechenden Geräten der Nachbargebiete anzustellen.

Die Quetschkolben haben in ihrer großen Mehrzahl die Form des abgestumpften Kegels, und eine Länge, die zwischen 13,8 und 39 cm schwankt; die Schmucktigur mitgerechnet, ist der kürzeste 32,

der längste 64 cm lang. Doch wir wollen die Griffverzierungen hier außer Betracht lassen. Der Kegel hat oben einen Durch¬ messer von mindestens 2,3, höchstens 5,5 cm und verdickt sich meist nur wenig nach unten wie Fig. A 1, bis zu einem Durchmesser von mindestens 4,8, höchstens 11,2 cm. Nur in wenigen Fällen hat der Kegel eine gedrungene, stärker ausladende Form wie bei Fig. A3, wo er sich bei einer Länge von 17,7 cm von 3,2 x 4,5 bis auf 9,5 x 11,2 cm erweitert; gewöhn¬ lich ist er schlank. Wenn man die lange Reihe der Kolben zusammenstellt, so kann man eine Annäherung an die Zylinderform verfolgen und schließlich findet man einige Stücke, die fast vollkommene Zylinder darstellen und nur am Halse nach oben sich verjüngen, wie Fig. A 4. Nur selten ist am unteren Ende eine leichte Ein¬ ziehung zu konstatieren (Fig. A 2). Eine charakteristische Abart bilden die Exemplare, die, ungefähr zylindrisch, mit einem in der Mitte oder in der unteren Hälfte vorspringenden Absätze nach unten sich verdicken, z. B. Fig. A 5; einige Male ist diesem Absatz nach oben zu noch eine kleine, einen Millimeter breite Stufe vorgelagert (Fig. A 6). Zu diesem Typus gehört auch das obenerwähnte Birösche Stück (1899, tab. 10, fig. 1); das Berliner Museum besitzt eines aus Tumleo im Berlinhafengebiet.

Die vorwiegend runde, oft auch ovale Grundfläche ist meist kantig gegen die Seiten abgesetzt und verläuft entweder eben oder leicht konvex; bei den deutliche Spuren langen Gebrauches tragenden Kolben pflegt die Kante abgeschliffen zu sein und die Seitenflächen gehen in die durch die Abnutzung stärker ge¬ wölbte Basis über. Wir kommen darauf noch zurück.

Die Bearbeitung des Holzes läßt meist geschickt und sauber arbeitende Hände erkennen, die Kegel- oder Zylinderform pflegt ringsum gleichmäßig herausgeschnitzt, die Oberfläche fein geglättet zu sein. Auffällig ist, daß das Gerät, obschon bestimmt, in einen zur Nahrung dienenden Teig gedrückt zu werden, so oft einen Farbüberzug hat. Nur wenigen Kolben hat man die Naturfarbe gelassen, die meisten sind bald hellbraun, bald dunkelbraun, bald schwarz gefärbt; öfter ist die schwarze Farbe auf einen braunen Grund aufgetragen. Ein unbenutztes Exemplar ist sogar hellgelb gefärbt mit einer trockenen Farbe, von der man Spuren an den Händen behält, wenn mau es anfaßt. Es scheint, als wenn manche Kolben als Prunkgeräte oder als Geschenke hergestellt würden. In vielen Fällen hat sich der Farbüberzug haltbar erwiesen, meist aber hat er sich vom unteren Teile des Gerätes, den man in den Teig eintauchte, losgelöst; die Leute haben ihn in ihrem Tarobrei genossen.

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Fig. A. Hölzerne Kolben von Berlinhafen aus d. Ethnogr. Mus. Dresden

1) Beispiele: Nr. 29 185: ganze Länge 61, davon die (defekte) Schnitzerei ca. 12,5 cm; Nr. 29 186: ganze Länge 36, davon die Schnitzerei 12,3 cm; Nr. 29253; 53 und 30 cm; Nr. 29259: 42 und 25 cm; Nr. 29235: 37 und 23 cm; Nr. 29 244: 55 und 35 cm.

Abh. u. Her. d K. Zool. u. Anthr.-Ethu. Mus. zu Dresden 1917 Bd XV Nr. 1 5

3. Das Quetschen des Taros

Die Lieblingsspeise der Eingeborenen, der Tarobrei, wird in der Weise bereitet, daß mau die abgeschiilten und gekochten Taroknollen zerquetscht und unter Zusatz von Kokosnußmilch zu einem zähen Brei zerrührt, den man mit den Fingern zum Munde führt. Aus der geringen Länge der Kolben geht schon hervor, daß das Quetschen in hockender Stellung geschieht, da man am Boden hantiert. Der Vor¬ gang entspricht einer Szene, die Neuhauss (TI, v. 1, p. 249) abbildet, und die das Einrühren des Tarobreis zum Zwecke des Kuchenbackens darstellt. Da hockt ein Mann auf der Erde genauer beschrieben: er kniet und läßt das Gesäß auf den Fersen ruhen hinter einer mit Taromasse ifngefüllten flachen llol/.mulde und rührt mit einem langen Holzlöffel in dem Brei herum. Solcher Mulden hat Schlaginhaufbn eine ganze Anzahl mitgebracht, einige von runder, die Mehrzahl von ovaler Gestalt, die größte 91 cm lang und 35 cm breit. Sie haben nur eine ganz niedrige Wandung, die nicht imstande wäre, einen lebhaft ge¬ schlagenen Brei aufzuhalten. Die Prozedur muß also vorsichtig geschehen.

Unser Gerät wird eben nicht mit starken Stößen aufgestampft, sondern leicht aufgesetzt und bald nach der einen, bald nach der anderen Seite niedergedrückt. Daher kommt es, daß bei den viel¬ benutzten Exemplaren die Kante der Grundfläche abgeschliffen und die Grundfläche konvex gewölbt zu sein pflegt.

4. Das Gerät in anderen Gebieten von Neuguinea

Das mir vorliegende Material genügt nicht zu einer lückenlosen Kenntnis aller Formen, zumal die große Sammlung des Herrn Schoede, die Quetschkolben aus vielen Gegenden von Neuguinea enthielt, bald nach der Ausstellung dem Studium entzogen worden ist. Was ich aber im Berliner Museum mit Herrn Dr. Eichhorns liebenswürdigem Beistände und im Leipziger Museum unter Herrn Dr. Krauses gütiger Führung an Material sammeln konnte, was mir ferner in Photos die Herren Dr. Hambruch aus dem Ham¬ burger und Herr Dr. Poech aus dem Wiener Museum freundlich zugängig gemacht haben, reicht im Zusammenhänge mit den bereits veröffentlichten Stücken immerhin aus, einen Überblick über die Typen zu geben.

Wenn wir von Berlinhafen aus, woher unsere Kolben stammen, nach Osten gehen, so finden wir zunächst eine Strecke weit an der Küste und auf den vorgelagerten Inseln dieselben Kolben; ich nenne: aus Muschu Neuhauss (TI, v. 1, p. 328), aus Tarawai Mus. Berlin VI 35 245, 877 und andere, aus Coffeh Mus. Berlin VI 31359.1) Vom Augustafluß veröffentlicht Reche (T3, tab. 46, fig. 2) nur ein Exemplar. Am Unterlauf des Flusses ist Sago das Hauptnahrungsmittel; weiter aufwärts gibt es wohl kleine Tarofelder, aber seltener als andere Pflanzungen. Ein zweites Stück sehe ich in der hölzernen Nase, die einem bei Reche (TI, tab. 69, fig. 1) abgebildeten modellierten Schädel eingesetzt ist. Jenes ein schlanker, mit einer Menschenfigur verzierter, dieses ein kurzer, weit ausladender, oben mit einer unverhältnismäßig großen Osenöfinung ausgestatteter Kegel, gehören beide zum Berlinhafener Typus. Aus dem seltenen Vor¬ kommen und der spielerischen Verwendung dürfte vielleicht auf gelegentliche Verschleppung von dort zu schließen sein.

In Potsdamhafen begegnet uns neben dem schlanken kurzen Kegel eine neue Form (Fig.Bl, aus dem Wiener Hofmuseum): der Kolben weist in der unteren Hälfte, oft nahe am Ende, eine Unter¬ brechung auf: unterhalb eines Absatzes ist der Schaft ein wenig verjüngt und erweitert sich dann wieder leicht nach unten. Andere Eigentümlichkeiten dieser Kolben, deren das Wiener und das Berliner Museum eine Anzahl besitzen: oft sind über einen Teil des Schaftes oder an einer oder mehreren Stellen ringsum¬ laufende Ornamentstreifen eingeritzt. Als Griffschmuck dient wo überhaupt eine Verzierung vorhanden ist in den meisten Fällen ein Krokodilkopf; nur ausnahmsweise findet sich einmal ein anderer Tierkopf (Mus. Berlin VI 19 622, 364), ein Menschenpaar (Mus. Berlin VI 19623, 36), ein Ornament (Mus. Berlin VI 19 624, 367). Die Schnitzarbeit steht nicht auf der Höhe unserer Stücke; sie läßt an Sicherheit der Linienführung und Sorgfalt zu wünschen übrig. Die Länge der Kolben, die ich messen konnte, schwankt zwischen 35 und 55 cm.

1) Eine Ausnahme bildet ein Stück des Leipziger Museums von den Schouten- Inseln, das schon durch seine Kürze (etwa 23 cm) auffallt, einen eckigen mit einer vierfußigen Tierfigur (Ameisenigel?) bekrönten Griff und einen kurzen, dickkugeligen (juetschteil hat. Er ist als Kruchtstampfer bezeichnet (Me 8981;.

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Oskar Nuoifer: Quetschkolben von Berlinhafen (Kaiser V ilholmsland)

Von der Astro labebai au tritt der Kegel hinter der Zylinderlorni zurück, bindet man schon an der Bai selber annähernd zylindrische kurze Stöcke, entweder nach unten ein wenig eiugezogen oder am oberen Ende stark verdünnt (Mus. Leipzig 6631 und 7391), so sind die der Maclayküste vorgelagerten Inseln das Gebiet der zylindrischen Kolben. Gelegentlich einmal oben so verdünnt wie das eben an zweiter Stelle

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Fig. B. Hölzerne Kolben von Neuguinea (1, 3, 4) und anderen melanesiscben Inseln: 2 von Neupommern, 6 von Buka, C von Fidschi, 7 von den Neuhebriden. 1 n. Phot, von Dr. I’oech; 2 u. 3 n. Phot, aus d. Mus. f. Völkerk. Hamburg; 4 nach de Ci-ehco-Schmeltz (1893) tab. 17 fig. 2; 5 u. 7 aus d. Ethnogr. Mus. Dresden; 6 aus Schmeltz- Krause (1881) tab. 24 fig 6.

genannte Leipziger Exemplar, sonst aber im wesentlichen zylindrisch, mit kleinen Abweichungen am oberen oder unteren Ende (Mus. Berlin VI 35667ab, 1318 u. a. von Lottin; Mus Hamburg 8727 und 2726 eben¬ daher; 8740 von Long). Wie die Verfertiger dieser Kolben nicht den Ehrgeiz hatten, ihren Geräten den letzten Schliff zu geben, so hatten sie auch nicht das Bedürfnis, sie künstlerisch auszustatten. Über einem Wulste oder mehreren Wülsten geben sie dem oberen Ende die Form einer aufrechten länglichen Scheibe oder schnitzen einen Knopf oder eine runde Öse heraus. Nur ein Stück zeigt unterhalb der Scheibe einen stilisierten Menscheukopf (Fig. B 3). Diese Kolben haben zum Teil die gleiche Länge wie die von Berlin¬ hafen (ich maß an Stücken des Berliner Museums 34 und 46 cm); mehrere des Hamburger Museums aber sind länger und messen bis 91 cm. Während man die kürzeren in hockender Stellung handhabt, dürfte

Alili u. Rer. fl. K. Zool. u. Anthr.-Etbn. Mus. zu Dresden 1917 Rd. XV Nr. 1

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man mit diesen längeren im Stehen arbeiten; wir werden später sehen (S. 14), daß mau schon bei einer Kolbenlänge von knapp 80 ein die Arbeit im Stehen verrichtet.

Von einer im westlichen Kaiser Wilhelmsland ungewöhnlichen Länge sind auch manche Kolben von Finschhafen und Umgebung; das längste Stück des Berliner Museums mißt 1,06 m. Ihrer Form nach sind sie fast Zylinder; einige haben gleich denen von Potsdamhafen eine oder mehrere Stufen. Auch ein Stück des Berliner Museums aus dem Ilinterlande, von den Kai (VI 30937), ist ein schlanker, nach unten nur wenig verdickter Stab von 75,4 cm Länge und hat am oberen Ende ein herausgesclmitztes Ornament. Zu diesen längeren Kolben gehören hohe, breitwandige Uolzmörser , von denen Nechacss ^’11 v. 1 p. 240) einen, von den Jabim, abgebildet hat.

Daß auch hier gelegentlich Stücke von der Berlinhafener Art Vorkommen, beweist ein Exemplar des Leipziger Museums (Me 9662) von Tami, das bei einer Länge von 40 cm die kurze Kegelform hat und eine 23 cm messende Menschenfigur am (iriffende trägt. Daraus, daß diese Figur mit der Haarröhre geschmückt ist, die nur von Berlinhafen bis zum Mündungsgebiet, des Augustatlusses in Gebrauch ist (Neu- hai'ss [’11 1 v. 1 p. 189), ergibt sich, daß der Kolben von dort verschleppt oder von einem Tamimanne nach einem entsprechenden Vorbilde nachgemacht worden ist. Nachahmung, in vergrößertem Format, scheint auch bei einem Kolben von der benachbarten Insel Siassi (Mus. Hamburg E 2900) vorzuliegen, der die in der unteren Hälfte abgesetzt verdickte Form aufweist, die in Bcrliuhafen zu Hause ist, während anderseits seine Länge, 72 cm, und die in Berlinhafen nicht übliche Verzierung des Griffes mit mehreren über seine ganze Länge hin ausgeschnitzten Krokodilfiguren beweisen, daß das Stück nicht von dort stammt. Es wäre auch möglich, daß diese Form sich bis nach Siassi verbreitet habe und hier, in be¬ deutend längerer Ausführung, heimisch geworden sei; zur Entscheidung der Frage fehlt das Material.

Aus dem weiteren Osten von Kaiser Wilhelmsland und aus British New Guinea sind hölzerne Kolben nicht bekannt. Wenden wir uns aber von Berlinhafen nach Westen, so finden wir sie wieder in Holländisch Neuguinea an der Geelvinkbai. Ein Stück des Hamburger Museums (E 3198), das aus Doreh stammt, ist 1,02 m lang und hat drei Abschnitte: das obere Drittel (36 cm) schwillt nach der Mitte zu an, ist in der Mitte durchbrochen geschnitzt und enthält in einer Höhlung eine Lärmvorrichtung, eine hölzerne Kugel; über der Höhlung ist ein Menschenkopf in flachem Relief herausgeschnitzt; der mittlere, etwas längere (ca. 39 cm lange) Abschnitt hat die schlanke Zylinderform; der durch einen umlaufenden Wulst davon getrennte dritte, kürzeste Teil verdickt sich stark nach dem unteren Ende zu. Entsprechende Stücke sind, auch von der Geelvinkbai, bei de Clercq und Schmeltz (1893 tab. 17 fig. 2 [1,54 cm lang]), hier Fig. B 4, fig. 14 1 1,43 m lang] und fig. 15 [90 cm lang]) abgebildet. Die immer wiederkehrende Dreiteilung des Schaftes und die meist über einen Meter hinausgehende Länge sind die Merkmale dieser Stampfer Sie übertreffen an Länge alle anderen Kolben der Südsee. Wer mit ihnen arbeitet, steht dabei aufrecht und setzt sie mit senkrechtem Stoße und starkem Drucke auf. Schmeltz bemerkt zu ihnen (1893 p. 337): „Dient, om de voor den uitvoer bereide sago in de daarvoor bestende Korven aan te stampen.“

Fassen wir die bisherigen Resultate zusammen: in Berlinhafen und eine Strecke östlich davon herrscht der kurze, schlaukkegelige Kolben vor; der weitausladende Kegel und der kurze Zylinder öfter in der Mitte oder in der unteren Hälfte abgesetzt verdickt kommen daneben vor. Je weiter nach Osten, desto mehr tritt die Zylinderform in den Vordergrund und desto mehr tritt das Interesse am künstlerischen Schnitzwerk zurück. Eine besondere Form: mit einer oder mehreren Stufen und geringer Verjüngung unter jeder Stufe fanden wir in Potsdamhafen und Finschhafen; eine charakteristische dreiteilige Gestalt haben die Kolben von der Geelvinkbai. Im östlichen Kaiser Wilhelmsland sind die hölzernen Kolben zum Teil, in Holländisch Neuguinea durchgehends so lang, daß man sie nicht anders als im Stehen bedienen kann, während man im westlichen Kaiser Wilhelmsland beim Quetschen sitzt.

5. Das steinerne Gerät auf Neuguinea

Während, wie erwähnt, östlich vom Finschhafengebiet und im ganzen British New Guinea der hölzerne Kolben unbekannt zu sein scheint, sind dort eine Anzahl Stampfer von Stein zutage gekommen, .die aus alten Zeiten stammen. Necuaüss hat aus der Umgebung des llüongolfes fünf Stampfer aus Stein und Lava abgebildet; hier kann man von Stampfern sprechen. Der eine (11 v. 1 p. 137 fig. 51) ist ein dicker, roh behauener Zylinder von 30 cm Länge und 15 cm Durchmesser; am einen Ende gewölbt,

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Oskar Nuoffer: Quetsclikolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland)

das andere ist abgebrochen. Drei weisen (’ll p. 138 und 139, fig. 54 und 55) die Eiform (Fig. C 1) und einen mehr oder weniger eingezogenen schlankkonischen oder zylindrischen Hals auf, der bei einem Stücke oben mit einem „kreuzförmigen Fortsatze“ verziert ist. Sie sind kleiner als der erste Stampfer: 16 und 9 cm lang, 7,5 und 5,5 cm größter Durchmesser; beim dritten fehlt die Maßangabe. Das fünfte, sehr kleine Stück (Fig. C 3) weicht in seiner Form etwas von den anderen ab: es hat unterhalb eines (defekten) Knaufes einen zylindrischen, 2,2 cm dicken Griffteil, der von der Mitte des Stückes an es ist 9 cm lang nach unten zu sich erweitert und in konkaver Anschwellung zu dem doppelt so dicken unteren Teile überführt, der, 2 cm vom Ende entfernt, scharf zur gewölbten Grundfläche umbiegt. Hier ist also der Stampfteil im Verhältnis zum Griffteil stark verkürzt und auf den untersten Abschnitt des Gerätes beschränkt. In der Umgebung des Hüongolfes hat Neuhauss ferner fünfzehn schwere Steinschalen ge¬ sammelt, zwei davon gemeinsam mit den Stampfern; zum Teil dienten sie als Tröge für die Schweine Von der ursprünglichen Art ihrer Benutzung wissen die Leute nichts mehr; interessant aber ist, daß sie heute eine Rolle beim Tarozauber spielen, als Hinweis darauf, daß man an ihre einstige Beziehung zur Tarobereitung noch eine leise Erinnerung hat.

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Fig. C. Steinkolben von Neuguinea (1 3 u. 5) und vom Bismarckarchipel (4 u. 6). 1 u. 3 aus Neuhauss (’11)

v. 1 p. 136 u. 139; 2 u. 6 aus Barton (’08) p. 1 u. tab. A; 4 aus Parkinson (’07) p. 569 fig. 100; 6 aus Edge-

Partington and Heace (1890) v. 3 tab. 38 fig. 4.

Im nordöstlichen British New Guinea hat man an drei einander benachbarten Stellen vier steinerne Kolben gefunden: im Yoddatal, am Aikorafluß und am Kap Nelson. Die Abbildung und Beschrei¬ bung des erstgenannten iu den Anthropological Essays dedicated to Prof. Tylok ist mir nicht zugänglich; er soll dem sogleich zu besprechenden kugelförmigen gleichen; die drei anderen sind von F. R. Barton im Man (’08 v. 8 p. 1 und tab. A) veröffentlicht. Der eine (Fig. C 5; 36 cm lang), „resembles a compressed sphere, oval in vertical and horizontal section“, hat einen durch einen runden Wulst von der Kugel ge¬ trennten, ca. 11 cm langen zylindrischen Griff, der mit der Figur eines aufgerichteten langhalsigen Vogels bekrönt ist; der zweite (31,5 cm lang) geht schlankkonisch nach unten und ist nur im untersten Teile stärker ausgebaucht; beim dritten (25,5 cm lang) geht der zylindrische Griff in der unteren Hälfte zur Ei¬ form über (Fig. C 2).

Wenn man von dem rohbehaueuen Zylinder absieht, haben also alle bisher gefundenen Stein- kolbeu das gemeinsame Kennzeichen, daß sie im unteren Teile anschwellen und dann umbiegend eine ge¬ wölbte Grundfläche bilden. Der untere Teil zeigt bald Kugel-, bald Halbkugel-, bald Eiform, manchmal die Form eines Kugelsegments. Auch die in British New Guinea gefundenen Kolben stammen aus alten Zeiten; der eine wurde ausgegraben, die anderen befanden sich im Besitze von Eingeborenen, die sie zu Zauberzwecken benutzten. Neuhauss sieht mit Recht iu diesen Steinwerkzeugen Relikte einer Vorbevölke- ruug und weist (’11 p. 140) auf ähnliche Stampfer aus Lava hin, die auf Hawaii im Gebrauch sind. Wir werden sehen, daß auch auf anderen polynesisclien Inseln ähnliche Stampfer zu finden sind. Daß das öst¬ liche Neuguinea Merkmale polynesischer Kultur aufweist, darauf haben mehrere Forscher aufmerksam

Alili. ii Der. <1 K. Zool. u. Anlhr.-Etlin Mus. zu Dresden 1917 ltd. XV Nr. 1

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gemacht (Graebnkr '09 p. 82); die Spuren davon scheinen weiter nach Westen zu gehen als man bisher

angenommen hat.

6. Die Kolben auf anderen melanesischen Inseln

Auf dem Bismarckarchipel begegnen wir wieder dem steinernen Stößel. Ob von Neu- pommern oder von Uatom oder Nord-Neumecklenburg, es ist immer dieselbe Form: mehr oder minder kurzer Hals, weitausladende Schulter, dicker halbkugeliger Bauch (Parkinson 07 p. 558 u. 559, fig. 100, hier Fig. C 4 ; Eim-.e- Partington and Heapb 1890 v. 3 tab. 38 fig. 4). Ein Stößel von Neulauenburg unter¬ scheidet sich von ihnen durch die rundere Schulter und die Annäherung an die Kugelform (Edge-Par- TivoTON and Heaps 1890, v. 3 tab. 38 fig. 2; hier Fig. C G). Er wurde als „Steingott“ verehrt und beim Wetterzauber gebraucht. Auch eine Anzahl steinerne Schalen hat man an verschiedenen Stellen der Inseln gefunden, meist von Ilalbkugelform. Sie werden nicht mehr benutzt und kommen nur gelegentlich zum Vorschein.') Es gilt von ihnen dasselbe wie von den steinernen Stößeln von Neuguinea, sie stammen von einer Urbevölkerung und sind mit den später zu besprechenden polynesischen Steinstößeln verwandt.

Heute sind auch hier die hölzernen Kolben im Gebrauch. Die mir bekannten Stücke (Mus. Hamburg 1297, hier Fig. B 2, 3451 und 1462), die aus verschiedenen Teilen von Neupommern stammen und einander gleichen, genügen zu der Feststellung, daß hier ein ganz ähnlicher Typus verbreitet ist, wie au der Astrolabebai und auf den östlich vorgelagerten Inseln und wie er auch in Berliuhafen vorkommt: eine dem Zylinder sich nähernde schlanke Kegelforni. Das Griffende hat keine schöne Schnitzerei, sondern nur einen Knauf oder zwei Knäufe übereinander oder eine über einem spitzen Knaufe herausgeschnitzte runde Ose. Auch bezüglich der Maße korrespondieren diese Kolben mit jenen Inselkolben insofern, als ihre Länge stark variiert, von 46 bis 72 cm.

Wenn wir vom Bismarckarchipel nach Westen gehen, so liegt von der ganzen Kette der aneinander gereihten Inseln kein Material vor; erst von den letzten beiden, Aua und Wuwulu sind höl¬ zerne Kolben, und zwar in großer Zahl, in die Museen gekommen. Nachdem Finsch sie (1888 1893 p. [198] 60) zuerst erwähnt, ohne von ihrer Verwendung etwas zu wissen, hat später Parkinson (’07 p 427) sie als Stampfer von Taroknollen und Brotfrüchten bezeichnet; schließlich sind von Hambruch (’08 p. 130 u. tab. 23) eine Anzahl abgebildet und beschrieben worden. Das Dresdner Museum besitzt Stücke, die die wichtigsten Typen vertreten. Sie sind nur kurz: 17,5 bis 29,7 cm lang; man hockt am Boden, wenn man mit ihnen hantiert. Zwei (Nr. 28 878 und 28880) haben ungefähr Kegelform, indes wird durch eine leichte Einziehung des oberen Teiles ein kurzer Hals gebildet; Nr. 28 881 hat die Gestalt einer Flasche, deren langer dünner Hals zu einem eiförmigen Bauche sich erweitert; das vierte Stück (Nr. 28 879), das kürzeste, ist viereckig und hat einen oblongen Klopfteil an einem abgesetzt verjüngten Griff Die Kegel¬ form ist derjenigen der nicht weit von den beiden Inseln entfernten Berlinhafener Küstenstrecke verwandt; die bisher an hölzernen Kolben nicht festgestellte Flaschenform werden wir in Mikronesien und Polynesien wiederfinden: das Vorkommen beider Typen nebeneinander bestätigt Hambruchs Beobachtung, daß auf Aua und Wuwulu melanesische und mikronesisch-polvnesische Elemente zusammenstoßen (’08 p 142). Die viereckige Form ist praktischem Gebrauche angepaßt, denn die Kolben dienen nicht nur als Quetscher, sondern auch als Hämmer.

Wenden wir uns aber vom Bismarckarchipel nach Südosten, so tritt uns auch hier der Genuß des Tarobreis als „Leib- und Magengericht“ (Uibhe ’03 p. 321) auf den Salomoinseln entgegen. Die Bereitung der Speise (hier Fakalolo genannt) ist überall die gleiche; immer gehört dazu das Quetschen der gekochten Taroknollen. Hier wird es in aufrechter Haltung ausgeführt, wie eine Abbildung bei Ribbe (’()3 p. 90 fig 22) zeigt. Die Knollen werden in einen langen zylindrischen Ilolzmörser getan, der unten sich verjüngt und am Ende einen spitzen Zapfen hat, den man in die Erde bohrt.

Die beiden Mörser des Dresdner Museums, aus Buka und Bougainville, gleichen in Form und Länge durchaus diesem von den Shortlandsinseln stammenden Stücke. Einer unserer Mörser (Nr. 32 022), aus Buka. hat eine Länge von 88 cm und im Innern eine Höhlung von 36 cm Tiefe; er ist außen

1) Kleine längliche, roh behauene Steinhänmier benutzt man zum Aufklopfen der Galipnuß auf Neumecklen¬ burg Von der benachbarten St. Matthiasinsel erwähnt Parkinson ( 07 p. 326) kurze Stößel aus Tridacnamuschel, etwa 12 cm lang; am unteren Knde etwa 7 cm im Durchmesser.

Abi», u. Bor. d. K. Zool. u. Antlir.-Ktlii». Mus. xn Dro««lon 1917 B«l. XV Nr. 1 -

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Oskar Xuoffer: Quetschkolben von Berlinkafen (Kaiser Wilhelmsland)

weiß bemalt und in der Mitte mit einem umlaufenden Ornamentbande, in schwarzer und roter Farbe, oben am Rande mit Bogenornamenten in denselben Farben verziert.1) Diesem sorgfältig bearbeiteten Mörser entspricht in der Güte der Ausführung der Kolben des Dresdner Museums (Fig. B 5, aus Buka). Während auf Ribbes Abbildung der Mann mit einem dünnen Stocke hantiert, eignet unserem Kolben die Form eines (1,225 m langen, unten 11,3 cm dicken) schön geglätteten Kegels; in der unteren Hälfte hat er einen leichten Absatz; darunter ist er mit herausgeschnitzten Dreiecken verziert; oben aber bildet die aus dem Vollen gearbeitete, schwarz und rot bemalte Rundfigur eines Mannes die Bekrönung. Dieser schwere Stampfer muß mit beiden Händen bedient werden.2)

Zum Zerschlagen der Kanarinüsse aber benutzt man auf diesen Inseln heute noch steinerne Stößel in Flaschenform mit mehr oder minder gewölbtem Bauche und scharf dagegen abgesetzter flacher Basis (Parkinson ’07 p. 497; Oldman ’12 v. 9 Nr. 106 fig. 1 von Buka).3)

Den hölzernen Kolben von den Neuhebriden und den Fidschiinseln liegt wieder die Form

des langen, schlanken Kegels zugrunde. Ein Stück von den Neuhebriden (Mus. Leipzig, Sammlung Hübsch Nr. 5) hat eine komplizierte Gestalt, die näherer Beschreibung bedarf: Unterhalb des kappenförmigen Knaufes, von dem schräg aufwärts zwei flügelförmige Fortsätze ausgehen, schwillt die obere Hälfte des Stabes nach der Mitte zu an und endet in einem ringsumlaufenden erhabenen Wulste; die untere Hälfte besteht aus einem kürzeren, nach unten sich leicht erweiternden und einem längeren, abgesetzt verjüngten, aber nach dem unteren Ende wieder verdickten Abschnitte; die Grundfläche hat einen Durchmesser von

6 cm; das ganze Stück eine Länge von etwa 82 cm. Eine ganz singuläre Form. Zwei von den Neu¬

hebriden stammende Stampfer des Dresdner Museums aber (der eine ist Fig. B 7 abgebildet) sind schlanke, nur wenig nach unten verdickte Kolben; sie haben bei einer Länge von 93 und 102 cm eine Grundfläche

von nur 3 und 4,5 cm Durchmesser. Am oberen Ende ist bei dem einen ein Januskopf, beim anderen ein

daraus entwickeltes Ornament herausgeschnitzt; darüber noch ein kleiner Aufsatz. Die lange Kegelform und den Absatz in der unteren Hälfte mit darauf folgender Verjüngung finden wir dann bei verschiedenen Kolben von den Fidschi insein wieder. Mehrere davon haben die Eigentümlichkeit, daß bei ihnen unter¬ halb des oberen, schrägen Endes an einer Seite ein horizontaler, ungefähr oblonger Vorsprung heraus¬ geschnitzt ist: Schmeltz-Krause (1881) tab. 24 fig. 5, hier Fig. B 6; Edge-Partington and Heape (1890 v. 1

tab. 117 fig. 1). Der eine Kolben ist 1,03, der andere 1,2 m lang; die Grundfläche des ersten mißt 7 cm im Durchmesser. Den Absatz nicht weit vom unteren Ende hat auch ein anderer bei Edge-Par- tington and Heape (1890 v. 1 tab. 116 fig. 13) abgebildeter Kolben von Fidschi, der fast zylindrisch ist und am oberen Ende eine herausgeschnitzte viereckige Ose aufweist.

Wir fanden also auf den melanesischen Inselgruppen eine kurze hölzerne, annähernd zylindrische Form (auf Neupommern) und eine längere konische: auf den anderen Inseln; die erste den Kolben des Astrolabeb.iibezirkes verwandt, die andere denen von Potsdamhafen und Finschhafen nahestehend, aber an Länge sie meist übertreffend und eigene Merkmale aufweisend. Die alten steinernen Stößel gehen auf die gleichen Grundformen zurück, wie diejenigen von Neuguinea; die heute noch auf den Salomonen ge¬ brauchten aber haben als besonderes, sonst bei den Steinstößeln nicht zu beobachtendes Merkmal den scharf abgesetzten platten Boden ausgebildet.

7. Die Kolben auf den polynesischen Inseln

Polynesien ist das Gebiet der steinernen Kolben, neben denen die hölzernen nur selten Vor¬ kommen.4) Ob man Nüsse oder zu Heilzwecken Pflanzenstiele oder zur Bowlenbereitung die Awawurzel stampft hier ist der Ausdruck Stampfer am Orte oder ob man Beeren oder Taro quetscht, meist braucht man den kurzen steinernen Kolben.

Die Grundform ist der kurze Konus. Hunderte von Steinkolben sind in die Museen gekommen, Brigham hat ( 02 p. 27 ft. und tab. 40 ff.) viele davon, vorwiegend aus dem Bishop Museum abgebildet und beschrieben. Besonders auf Hawaii sind die kegelförmigen Kolben zu Hause. Es gibt eine sehr kurze

1) Der andere Mörser (Nr. 32 202) bat, bei geringeren Maßen, dieselbe Gestalt.

2) Zwei ähnliche Stampfer hat das Leipziger Museum: Me 1614 und 1622.

3) Mehrere Steinstüßel besitzt das Berliner Museum: VI 30 848 und 31 969.

4) Briuham (’02 p. 28) erwähnt auch einige Stücke aus Knochen und Elfenbein.

Abh. u. I3er. d. K. Zool. u. Anthr.-Etbn Mus zu Dresden 19 I 7 Bd. XV Nr. 1

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und eine etwas längere Art. Die erstere, womit man Holzkohle pulvert und den Ocker zerreibt, hat eine Länge von 10 18, einen oberen Durchmesser von 2—5 und einen unteren von 6— 10 cm, entbehrt des sonst üblichen Knaufes, verdickt sich geradlinig bis fast nach unten und steht auf einem ebenen oder flach¬ gewölbten Boden; die längere Art, deren Höhe zwischen 25 und 42 cm variiert, hat eine sehr schlanke (ie- stalt, erweitert sich von 2,5 6,5 auf 7,5 11 cm und erreicht die größte Dicke häufig eine Strecke von dem leicht eingezogenen unteren Ende entfernt. Unterhalb des oberen Endes aber weisen diese Stößel meist eine leichte Einschnürung auf (Fig. D 1, Beiguam 02 p. 31 fig. 25 Xr. 4658).

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Fig. D. Steinkolben von Polynesien und Mikronesien: 1, 3 u. 4 von Hawaii, 2 von Neuseeland, 5 von Tahiti, 6 von den Karolinen; 1 aus Buiguam (’02) p. 31 fig. 25 Nr. 4658; 2 6 aus dem Ethnogr. Mus. Dresden.

Einen besonderen Typus bilden diejenigen Stößel, mit denen man den Tarobrei (hier poi ge¬ nannt) bearbeitet; Brigham nennt sie die poi -pounders. Unter einem kappenförmigen Knauf, der ringsum vorragt, geht der Griffteil in der Regel zylindrisch bis etwa zur Mitte des Gerätes und ladet dann mit konkaver Kurve nach unten aus; wenige Zentimeter vom unteren Ende biegt der Kontur scharf zum Boden um: Varianten ergeben sich durch den bald flacheren, bald gebogeneren Verlauf der Seitenflächen, durch die dadurch bedingte bald schwächere, bald stärkere Ausbauchung des Schlagteiles und durch die bald ebenere, bald gewölbtere Basis. Von den poi-pounders des Dresdner Museums seien zwei charakteristische Stücke hier beschrieben. Nr. 26 621 (Fig D3), aus grauer Lava, hat eine Länge von 17,7 cm. Unter dem

5.4 x 5,7 cm dicken, platten Knaufe verjüngt sich der Kolben auf 4,2 cm Durchmesser, geht röhrenförmig bis zu 7 cm der ganzen Länge hinab und erweitert sich dann mit konkavem Profil auf 11,5x11,8 cm bis fast aus Ende; er erreicht den größten Umfang 1,6 cm vom unteren Ende entfernt; der Boden ist flach geivölbt. Kräftiger gebaut und schwerer ist der Stößel Nr. 26 614 (Fig. D 4): seine Länge beträgt 22,9 cm, der Knauf ist 9, der Hals oben 5,7 cm dick. Unter dem rundlichen Knauf eingezogen, erweitert sich dieser poi-pounder dann mit konkavem Profil stark nach unten und hat den größten Durchmesser 17x18,5

4.4 cm vom unteren Ende entfernt, die Grundfläche ist hoch gewölbt.

Zwei Lokalformen, die nur auf der Insel Kaui Vorkommen, seien nur kurz erwähnt; sie haben die Gestalt des Siegelringes und des „Steigbügels“ (Brigham ’02 p. 44 ff.) ; mau bedient sich ihrer nicht zum Quetschen oder Stoßen, sondern zum Reiben.

Die poi- pounder -Form findet sich auf anderen polvnesischen Inseln wieder; jede Inselgruppe aber hat, wie Brigham (’02 p. 37 ff.) richtig gesehen hat, ihre Besonderheit aufzuweisen. Die konstante, wenn auch nicht sehr in die Augen fallende Eigenheit der Stößel von Markesas besteht darin, daß der Griffteil von der Mitte aus sich nach unten und auch ein wenig nach oben erweitert bis zum Rande des halbkugelförmigen Knaufes, der stets eine typische Verzierung aufweist: entweder ist ein Januskopf heraus¬ gemeißelt oder ein darauf zurückgehendes Ornament in flachem Relief herausgearbeitet; zum mindesten aber, als letztes Überbleibsel, eine Rinne querüber in den Knauf geschnitten, die zur Trennung der beiden Köpfe ursprünglich diente (Brigham '02 p. 39).

Auf Tahiti haben die Stößel an Stelle des Knaufes eine Querstange, die beiderseits über den Hals hinausragt; ihr Querschnitt ist entweder halbkreisförmig oder dreieckig, mit der Rundung bzw. der

12 Oskar Nuoffer: Quetschkolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland )

Spitze nach oben. Ein Stößel des Dresdner Museums, Nr. 17 755 (Pig D 5), aus schwarzem Basalt, hat eine Länge von 9,8 cm; die dreieckige Querstange ist 7 cm lang, 3,2 cm hoch, an der Basis 3,2 cm breit und in der Mitte und an beiden Enden mit je einem Paar aus den Schenkeln des Dreiecks heraus¬ gemeißelten Querwülsten verziert. Der Hals des Stößels ist oben 3,3 x 3,78 cm dick; die konkave Aus¬ biegung ist in der oberen Hälfte nur gering und führt dann zu einem Durchmesser von 8,1 cm hinab, den der fast ebene Boden aufweist. Ähnliche Steinkolbeu s. Brigham ’02 p. 38; Oldman ’10 Xr. 84 fig. 11 u. 12. Die Querstange bedingt eine von dem bisher beobachteten Gebrauche abweichende Handhabung. Hier um¬ faßt nicht die Rechte den Hals des Stößels, sondern beide Hände fassen die Stange von oben her und geben dem Stoße mehr, als bei den anderen Instrumenten möglich, eine senkrechte Richtung. Eine Weiterbildung bedeutet die Anfügung eines kurzen senkrechten Armes auf beiden Enden der Stange (Edge -Partington and Heape 1810 v. 1 tab. 32 fig 2): hier fassen die Hände mit aufrecht geballten Fäusten die beiden senk¬ rechten Arme und wirken mit noch stärkerem Drucke auf die Querstange und den Stößel. Auf Hervey wird dieselbe Handhabung auf andere Weise erreicht: da sind am oberen Ende des poi-pounders zwei schräg nach außen aufsteigende hörnerförmige Griffe herausgearbeitet (Oldman 10 v. 7 Nr. 84 fig. 13 u 14; ’12 v. 9 Nr. 106 fig. 4). Da die Hörner oben abgeplattet sind, kann man sie von oben ebenso wie von der Seite umfassen.

Auf Neuseeland aber fehlt die poi- pounder -Form. Hier hat man steinerne Stößel, die der hawaiischen Kegelform verwandt sind und sich von ihr nur durch die mehr eiförmige Ausbauchung der unteren Hälfte unterscheiden. Ein Maoristößel des Dresdner Museums, Nr. 12 275 (Fig. D 2), hat eine Länge von 25,4 cm. Der 4,8 x 5,3 cm dicke Hals erweitert sich zu einem Bauche, der 8,5 cm vom unteren Ende entfernt eine Dicke von 8,4 x 8,7 cm erreicht und dann sich wieder langsam nach unten verjüngt. Die gleiche Form zeigen die Stücke Brigham ’02 p. 28 fig. 22, Oldman ’12 v. 9 Nr. 106 fig 9; bei etwas schlankerem Bau auch Oldman fig. 7 und 8.

Auf Neuseeland kommen auch hölzerne Kolben vor; zwei davon besitzt das Dresdner Museum; die Oberfläche des einen, sehr alten (Nr. 12186) ist so beschädigt, daß man nur noch allgemein aussagen kann: er hatte vermutlich dieselbe Flaschenform mit eiförmigem Bauche, wie das zweite Stück (Nr. 16 594). Dieser 38 cm lange Kolben hat einen 9 cm langen, unterhalb des rundlichen Knaufes nur 3,1 cm dicken Hals, von dem ohne Absatz, in konvexer Kurve verlaufend, der Bauch zu einem Durchmesser von 9,4 x 9,7 cm anschwillt, den er 7 cm vom unteren Ende erreicht.

Zwei hölzerne Stößel von Tahiti haben Edge -Partington and Heaps (1890) v. 1 tab. 34 fig. 4 u. 5 abgebildet; sie sind nunmehr leicht einzureihen. Fig. 4, 31 cm lang, zeigt die Flaschenform der eben be¬ schriebenen neuseeländischen Stücke, Fig. 5, 35 cm lang, ahmt die hawaiischen poi-pounders nach. Alle diese hölzernen Kolben aber unterscheiden sich von den steinernen durch ihren längeren und auffallend dünnen Hals.

Die poly nesischen Stößel haben also zur Grundlage die kurze Kegelgestalt, die einerseits zur poi-pounder-Form, andererseits zur Flaschenform mit eiförmigem Bauche umgebildet wird. Die Kegel finden sich auf Hawaii, die poi-pounders ebendort und, mit bestimmten typischen Merkma’en, auf Markesas, Tahiti, Hervey; die Flaschenform aber ist Neuseeland eigen. Wo hölzerne Kolben Vorkommen, ahmen sie die Formen der steinernen nach.

Vergleichen wir jetzt mit den polvnesischen Stößeln die S. 9 besprochenen Steingeräte der melanesischen Inseln, so ist beiden Gruppen gemeinsam die Flaschenform mit eiförmigem Bauche und die poi-pounder-Form; der starkausgebauchte, der Kugel sich nähernde Stampfer ist nur den melanesischen Inseln eigen

Von der an der Ostgrenze von Melanesien sich hinziehenden polynesischen Inselkette sind uns eine Anzahl hölzerne Kolben bekannt. Thilenics berichtet (’03 p 88), daß auf diesen Inseln der Stampfer für Brotfrucht überall verbreitet ist. Parkinson hat (1897 p. 117 und tab. 9 fig. 6 u. 7) zwei Stücke abgebildet; mehrere Exemplare besitzt das Leipziger Museum. Sie sind nur kurz, ihre Länge schwankt zwischen 30 und 40 cm; das Material ist ein schweres braunes Holz. Folgende Formen kommen hier vor: 1. Die poi-pounder-Form mit pyramidenförmigem, ringsvorstehendem Knauf, mit leicht nach unten ausladendem Seitenkontur und gewölbter Grundfläche (Mus Leipzig Mus. Me 10570 von Ontong Java, Lord Howe-Insel), ca. 35 cm lang. 2. Die von Berlinhafen bekannte kurze Kegelform, und zwar ein ge-

\bh ii Ber. d. K Zool. u Anthr.-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Bd. XV Nr. 1

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drnngener Kegel, dessen Seitenfläche mit Reliefornamenteu verziert ist; oberhalb einer etwas vortretenden Scheibe ist der Griff aus drei übereinander ausgeschnitzten kleinen Kegeln gebildet: Parkinson- (1897) tab 9 fig. 7 von den Inseln Mortlock und Nugaria 3. Eine Zusammensetzung beider derart, daß der poi- pounder den Griff des konischen Kolbens bildet: Mus. Leipzig Me 10 121 und 10 222 aus Mortlock, 85,5 und 40 cm lang. 4. Ein kurzer dicker Zylinder, aus dessen Oberfläche, in ihrer Mitte, ein dünner und fast gleich langer kegelförmiger Griff herauswächst: Parkinson (1S97) tab. 9 tig. 6 aus Ontong Java, Tas¬ man, Mortlock und Nuguria. Diese Form weist, gleich der zweiten, auf melanesische Verwandtschaft hin: die nach unten abgesetzt verdickten Zylinder haben wir (S. 4 u. Fig. A 5) auf Neuguinea gefunden. Der an erster Stelle genannte Typus ist polynesisch; der dritte eine Mischung aus polynesischen und melanesischen Elementen. Die Mischkultur dieses Grenzgebietes spiegelt sich also auch in den Kolben wider; auffallend aber ist, daß das melanesische Element durch westmelanesische Formen vertreten ist. Der lange ost- melanesische Kolben, bei dessen Handhabung man steht, ist auf den Inseln unbekannt.

8. Die Kolben auf den mikronesischen Inseln

Wenden wir uns nun zu den mikronesischen Inselgruppen, so fehlt auch hier der lange hölzerne Stampfer; nur der kurze bald aus Stein oder Koralle, bald aus Holz gefertigte ist liier zu finden.

Einen Kolben von den Karolinen besitzt das Dresdner Museum (Fig. D 6). Das Material ist Koralle; die Länge beträgt 16,7 cm. An Stelle des Knaufes eine tellerartige Platte, 7,8 cm im Durchmesser, aus deren Oberfläche nebeneinander zwei kleine Kegel herausgemeißelt sind. Der etwas einspringende Griff ist oben zylindrisch; in der unteren Hälfte findet, mit konkavem Kontur, eine Erweiterung auf 10,7 x 1 1,2 cm statt; die scharf abgesetzte Basis ist etwas gewölbt. Der Stößel ist sehr sorgfältig gearbeitet, die Ober¬ fläche gut geglättet. Andere Exemplare dieser Art kennen wir, wieder von den Karolinen, aus einer Abbildung bei Brigham (02) p. 41 fig. 36 Nr. 7076; speziell von Ruk: Brigham p. 40 fig. 35 Nr. 8982, 3292, 3291, 3290; von Kusaie: Edge- Partington and Heai>e (1890) v. 1 tab. 175 fig. 10; Mus. Leipzig Mi 2123; Finsch (1893) p. [462] 206 tig. 32, aus Basalt; von den Koralleninseln zwischen Jap und Uleai: Mus. Leipzig Mi 3494; aus der Umgegend von Buk: Mus. Leipzig Mi 1912, 63. Diese Kolben werden zum Zerquetschen von Taro und Brotfrucht gebraucht.1) Daneben kommt ausnahmsweise einmal ein kurzer ge¬ drungener, abgestumpfter Kegel aus Koralle vor: Brigham (’02) p. 42 fig. 37. Brigham (p. 40) zählt mit Recht jene Kolben zu den polynesischen poi-po unders; sie unterscheiden sich von ihnen nur durch die tellerartige Scheibe am oberen Ende. Die kleinen spitzen Aufsätze (das Dresdner Stück hat zwei, andere haben bis vier) dürfen als Verzierungen gelten; möglicherweise stehen sie an der Stelle einstiger Ösen.

Die steinernen Stößel gehören nach Finsch (1888 93 p. [462] 206) auf den Karolinen der Ver¬ gangenheit an; heute gebraucht man hölzerne. Diese werden gewöhnlich in der Gestalt jener alten ge¬ schnitzt; meist etwas weniger geschweift und der Kegelform angenähert, mit der horizontalen Scheibe, öfter auch mit zwei oder mehreren nach oben kleineren Scheiben am oberen Ende; der Zusammenhang mit den steinernen ist unverkennbar (Finsch 1891 p. [462] 206 fig. 29 31; Brigham ’02 p. 41 fig. 36 Nr. 7076; Edge-Partington (1890) v. 1 tab. 175 fig. 11; Mus. Leipzig Mi 2122). Daneben kommt aber, wie zwei Exemplare des Leipziger Museums beweisen, eine andere Form vor: das hölzerne Werkzeug besteht aus einem schlank konischen Griff und einem dagegen abgesetzten fast zylindrischen, etwa doppelt so langen unteren Teil (Mus. Leipzig Mi 3948 [53 cm lang] und Mi 2 1 25 [?]). Das erste der beiden Stücke trägt eiuen stumpf konischen, das andere einen kleinen scheibenförmigen Knauf. Der untere Teil ist bei dem ersten gegen den oberen abgesetzt verdickt, bei dem zweiten am oberen Ende leicht eingezogen. Das erste Stück erinnert an die zusammengesetzte Form von den polynesischen Grenzinseln (S. 12); das zweite unterscheidet sich davon durch die eben obenerwähnte abgesetzte Verdickung und nähert sich der ent¬ sprechenden Form von Neuguinea.

1) Kvbauv (1805 p. 74) beschreibt die zum „Klopfen der gargekochten Brotfracht“ verwendeten Steinkolben von Ruk zwar mißverständlich, da er aber auf eine bei Schmeltz und Kraise (1880), Die ethnographisch - anthropologische Abteilung des Museums Godeffroy p. 377 zitierte alte Abbildung eines poi-pounders von Tahiti verweist, so meint er sicher

den obengenannten Typus

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Oskar Nuoffer: Quetschkolben von Berlinbafen (Kaiser W ilhelmsland)

Von Palau berichtet Kubaev (1895 p. 170). wie Finsch von den Karolinen, daß die Stampfer aus Basalt und aus Tridacnaschale einer älteren Zeit angeboren und heute nur noch hölzerne angefertigt werden. Die Steinkolben haben, wie die Abbildung (tab. 28 fig. 6) zeigt, Flaschenform; oben „endet der halsartig eingeschnürte Teil wieder in etwas erweiterter Gestalt“. Die Kolben aus Tridacna aber „sind rund, nach oben verjüngt und haben an der Spitze ein eingebohrtes Loch“. Nach der Abbildung (tab. 28 fig. 8) zu urteilen, liegt hier eine Umbildung der poi-pounder-Form vor: im übrigen sind deren charak¬ teristische Züge bewahrt, oben aber hat man den Knauf beseitigt und das obere Ende verjüngt abgerundet; eine unpraktische Form, da der Hand der Halt nach oben hier entzogen ist.

Die heute auf Palau gebräuchlichen hölzernen Kolben ahmen nach Kubary die steinernen nach.

Von den Gilbertinseln bildet Finsch (1888 93 p. [326 u. 327] fig. 6 u. 7) zwei Kolben aus Eisenholz ab und sagt dazu: „Die Größe der erhaltenen Stücke variiert von 18—34 cm in der Höhe, der Durchmesser der unteren Fläche 8 18 cm; andere sind viel schmäler und dünner. Sie dienen sowohl zum Zerstampfen von Taro, Jackfrucht, Pandanus oder dessen Rinde, als auch zu anderen Zwecken: Klopfen von Kokusnußfaser u. dgl.“

Hier begegnen wir wieder einer weit verbreiteten und einer lokalen Form. Fig. 6 zeigt die bekannte Flaschenform. Das Stück ist 24 cm lang; der bis zum Drittel der ganzen Länge herabreichende zylindrische Hals hat einen Durchmesser von 3 cm; der in starkgebogener Kurve bald auf 9 cm sich erweiternde Bauch führt mit senkrechtem Kontur zur leicht gewölbten Bodenfläche. Fig. 7 aber hat eine ganz einzig dastehende Gestalt: wenn auch hier die Flaschenform zugrunde liegt, so hat man den dünnen Hals und den glockenförmigen Bauch auf zwei Drittel der ganzen Länge (15 cm) verkürzt und einen weit¬ ausladenden Kopf aufgesetzt. Während dem ersten Typus der Halt für die Hand nach oben ganz fehlt, hat man hier ein übermäßig großes Widerlager geschaffen.

Von den Marshallinseln erwähnt Kraemer (’06 p. 428), daß die Pfeilwurzelknolle mit einem dreieckigen scharfen Steine zerkleinert wird. Auch Finsch (1893 p. IcO) hat Stampfer für Brotfrucht auf dieser Inselgruppe „nicht mehr“ kennen gelernt; „man benutzte einfach paßliche Stücke Koralle, wie sie sich im Trümmergestein des Strandes ohne Mühe finden lassen“.

Von den mikronesischen Kolben ist zusammenfassend zu sagen: die alten steinernen Instrumente haben mit den polynesischen die poi- pounder- und die Flaschenform gemeinsam, die heutigen hölzernen ahmen größtenteils jene nach, einige Formen nähern sich den melanesischen; daneben kommen Lokal¬ formen vor.

Wenn wir schließlich die Kolben der zur Ellicegruppe gehörigen Insel Funafuti betrachten, so können wir von vornherein sicher sein, daß auf dieser an der Grenze melanesischen, mikronesischen und polynesischen Bereiches liegenden Inselgruppe die verschiedenen Kultureinflüsse sich auch in den Kolben widerspiegeln. Hedley hat drei Typen von Funafuti abgebildet und beschrieben (1897 p. 298 u. 299 fig 68 70). Zwei hölzerne Kolben haben Kegelgestalt: ein längerer (fig. 70) ist von schlanker Form, 71*, 75 cm lang, oben 3,75, unten 9,5 cm dick, und gehört in die Reihe der ostmelanesischen Langkegel, von denen ihm nur der Knauf am oberen Ende fehlt. Er wird, wie IIedley betont, im Stehen verwendet, wie die ostmelanesischen. Ein zweiter (fig. 69) ist ein Kurzkegel, 4,5 cm lang, oben 1,25, unten 6,25 cm dick. Die nach Hedley „pagodenförmige“ Verzierung des Griffes drei kleine Kegel übereinander entspricht der oben S. 13 von Mortlock und Nuguria beschriebenen, wo sie auch ein kurzkegeliges Gerät schmückt. Der dritte ist eiförmig und unterscheidet sich von der polynesischen Flaschenform nur durch den kurzen, verkümmerten Hals.

9. Die indonesischen Stampfer

Zusammenhänge mit Indonesien ergeben sich, wenn wir die Stampfer von Holländisch Neu¬ guinea (die oben S. 7 erwähnt wurden) mit solchen aus Celebes vergleichen, wie Meyer-Richter (’03 tab. 8 fig. 15; einen veröffentlicht haben. Dieser (177,5 cm lang) gleicht dem bei de Clercq-Schmeltz (1893 tab. 1 1 fig. 2) abgebildeten ausV indesi an der Geelvinkbai (hier Fig. B4) nicht nur im allgemeinen in der schlanken, fast zylindrischen Gestalt des Stockes, sondern ganz auffällig in der Ausgestaltung des oberen feiles: da sieht man in gleicher V eise bei beiden zwei Hohlräume übereinander, die von kleinen Säulen begrenzt werden; in den Hohlräumen des Stampfers von Celebes befindet sich je ein hölzerner Klöppel, in

Abb. u. Ber. d K. Zool. u. Anthr.-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Bd. XV Xr. 1

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dem unteren Hohlraume des Stampfers von Neuguinea eine gelbe Kugel: es sind Lärm Vorrichtungen Ein zweites Paar Parallelen bilden nach L. Boichal1 2) zwei andere Instrumente, wieder eins aus Holländisch Neuguinea und eins aus Indonesien, ein Reisstampfer des Hamburger Museums aus Doreh an der Geel- vinkbai und einer des Leidener Museums von Pulu Sarnau (Serie 839 Nr. 57), mit der gleichen Lärm Vor¬ richtung, wie sie sonst noch auf Halmahera vorkommt (Meyer-Richter ’03 pag 32a). Auf diese Weise ist eine Verbindung mit Indonesien hergestellt, und so seien noch die indonesischen Stampfer kurz betrachtet.

Die indonesischen Stößel, die zum Zerstampfen von Reis, Mais und anderen Körnern ge¬ braucht werden, sind größtenteils aus Holz*) und etwa von Manusgröße3), an, vielen Orten noch bedeutend länger. Sie werden von aufrecht stehenden Menschen (meist von Frauen) gehandhabt; nur ausnahmsweise findet man eine hockende Person mit Stampfen beschäftigt (A. E. Jenes [’05], Bontoc Igorot, tab. 89 a). Der Stampfer wird mit beiden Händen in der Mitte gefaßt und mit senkrechtem Stoße in die Masse ge¬ drückt; wenn eine alte Illustration (Gambar - Gambar Nr. G, unten Mitte) zwei Frauen mit einer Hand stampfend zeigt, so ist das sicherlich falsch.

Die Stampfer sind im wesentlichen runde Sbäbe. Während die kurzen, nach oben sich verjüngenden, oben meist mit einem Knauf oder mit einer Verzierung versehenen Siidseekolben aus dem dreieckigen Steine sich entwickelt haben auch die kurzkegeligen Holzkolben dürften entsprechende, nur noch kürzere Steingeräte zu Vorfahren haben , liegt dem indonesischen Stampfer der Holzstock zugrunde. Oft ist es auch nichts w’eiter als ein rund beschnittener langer Stock, an den beiden Enden platt ab¬ geschnitten (oder etwas gewölbt).4) Bei den meisten indonesischen Stampfern werden beide Enden ab¬ wechselnd benutzt.

Meist ist der mittlere Teil etwas eingezogen; ursprünglich wird die Abnützung diese Verjüngung veranlaßt haben, dann hat man sie künstlich hervorgerufen. Oft nimmt diese Partie ein Drittel der ganzen Länge ein, manchmal nur eine kurze Strecke.5) Daß die beiden Enden gegen den übrigen Stab abgesetzt verdickt erscheinen, gehört zu den Ausnahmen.

Hölzerne Stampfer, die sich nach einem Ende zu verdicken und nur einseitig gebraucht werden, kommen selten vor, außer den oben genannten sind es meist Stößel kurzen Formates: aus Mentawei be¬ sitzt das Dresdner Museum (Nr. 1342) einen Stößel aus gelbem Holze, 40 cm lang, der, oben etwa 1 cm dick, nach unten zu sich verbreitert, vor dem Ende auf 5 cm Durchmesser anschwillt und eine Hache Grundfläche hat. Das Leidener Museum hat aus Nias zwei kurze, „abgestumpft kegelförmige Stampfer mit zylindrischem Griff“.6)

Stößel aus Stein gehören auch zu den Seltenheiten. Das Dresdner Museum besitzt einen aus Java, von Trachyt, 12 cm lang, in Kegelform (Nr. 1342). Im Leidener Museum befindet sich ein Stampfer von Korallenstein aus Engano zum Stampfen von Früchten und unreifem Pisang. Fischer (’09 p. 98 Nr. 820, 84) nennt ihn abgestumpft kegelförmig und verweist auf die aus demselben Material gefertigten Stampfer vom Karolinenarchipel. Einen konischen Gewürzstampfer von Nordcelebes und einen Nu߬ stampfer von Buru hat das Berliner Museum (IC 1845 u. 22 547).

1) Bouchai., L. (’04), Kritik der Meyer-Richterschen Publikation in: Mitt d. anthropol. Ges. Wien. v. 34 p. 321.

2) Ein Rottanstampfer aus Borneo: Int. Arch. f. Ethnographie (1896) v. 9 tab. 4 fig 2; Bamb sstampfer aus

Celebe : Meyer-Richter (’03 p. 32). ,

3) Übermannsgroß z. B. auf den Philippinen: Worcester, C (1898), The Philippine Islands, tab. bei pag. 360; Ostsumatra: Moszkowski, M. (’08) in: Zeitschrift für Ethnologie v. 40 p. 048 und Auf neuen Wegen durch Sumatra (’09) p. 179; Orang Kubu auf Sumatra: Hauen, B. t’08), Die Orang Kubu, tab. 16, oben; in Nord westborneo : Kükenthai., W. (1896), Im Mulayischen Archipel, tab. 43; in Zentralborneo: Nikuweniiuis, A. W (’00 , In Centranl Borneo, v II tab. 50. Kürzer: Luzon (Bando): Ploss-Bartrls (1895), Das Weib, v II p 429 fig. 298; Nordluzoa (Igorroten): Jenks, A. E. (’05), The Bontoc Igorot, tab. 99a; Buru: Riedel, J. G. F. (1886), De sluik-en kroeshaarige Bassen, tab. 35 p. 5. Die kleinen Stampfer für Sirih, Pfeffer usw. bleiben hier außer Betrachtung. S. auch die Literatur bei Meyer Richter (’03) Public. Ktlin. Museum Dresdeu, v. XIYT p. 32.

4) Einen Stampfer mit achteckigen Enden beschreibt Juynboll, H. II. (14), Katalog des Ethnographischen Kcichsmuseums v. V p. 20 Nr. 7280.

ß) Aus Java: Lith, P. v d. (1894), Xederlandsch Oost-Indie, v. 2 tab. bei p 280; Sumatra: Midden - Sumatra

v. 3, 1 tab. 82.

6) Fischer, H. W., Katalog des Ethnographischen Reichsmuseums (’09) v. 4 p. 1 Nr. 1002/90 und p. 32 Nr 1002 31 : 40 resp. 34,5 cm lang; zum Stampfen von (Ubi Dioscorca nlata) bzw. von Schweinefutter.

IG

Oskar Nuoffer; Quetscbkolben von Berlinkafen (Kaiser Wilhelmsland)

Diese steinernen Stößel haben keine Beziehungen zu den meist wolilprotilierten Steininstrumenten der Südsee; nur die kurzen Kegel von Hawaii (S. 11) können zum Vergleiche herangezogen werden. Die hohen hölzernen Stampfer, die an beiden Enden lenutzt werden, haben auch keinen Eingang in die Südsee gefunden. Jene einseitig benutzten langen Holzstangen, die ich S. 14 beschrieben habe, sind, soviel ich sehe, die einzigen indonesischen Stampfer, die nach der Südsee verpflanzt worden sind. Von der Weiter¬ verbreitung der Geelvinkbaiform nach dem Osten zeugen einige Spuren. Das S. G genannte Stück von der Insel Long zeigt dieselbe, charakteristische Dreiteilung des Schaftes und im mittleren Teile die an dieser Stelle sonst ungewöhnlicheVerzieruug mit einem herausgeschnitzten Menschenkopf. Der obere Teil (Fig Bo), der ursprünglich die Lärmvorrichtung trug, ist hier verkümmert und zur flachen vertikalen Scheibe um¬ gebildet. Mit diesem Stücke gehen zwei ähnliche von der Insel Lottin zusammen (Mus. Hamburg 8727 und 2726), wo an Stelle des Menschenkopfes an der gleichen Stelle nur Wulste herausgebildet sind. Die Dreiteilung des Schaftes, die Anschwellung des oberen und die konische Verdickung des unteren Ab¬ schnittes hat auch das oben S. 10 beschriebene Stück von den Neuhebriden, das nur durch die Verkürzung des mittleren Teiles und durch das Fehlen eines Hohlraume3 für die in der Südsee unbekannte Lärm¬ vorrichtung sich von jenen aus Holländisch Neuguinea unterscheidet. Die genannten Südseestampfer gehören, obwohl kürzer als die indonesischen, doch zu den langen Geräten, bei deren Gebrauch man steht. Es ist möglich, daß durch indonesischen Einfluß die für die Südsee charakteristischen kurzen Quetsch- und Stampfinstrumente, die man im Sitzen handhabt, im östlichen Melanesien durch die längeren Stampfer verdrängt worden sind, wodurch die Technik hier verändert wurde. Die manns- oder übermannsgroßen Stampfer aber sind nicht in die Südsee gekommen.

10. Dar plastische Schmuck der Kolben

Wenn wir auch gewohnt sind, die Griffe und Stiele von Gebrauchsgegenständen der Ozeanier plastisch verziert zu finden die Fülle von Darstellungen, die, aus dem Vollen geschnitzt, unsere Kolben schmücken, ist uns noch bei keiner Art von Geräten begegnet. Konvention und Tradition spielen hier nicht die große Bolle wie in anderen Kunstbezirken; neben weit verbreiteten Motiven finden wir solche, die alle Kennzeichen origineller Erfindung tragen; fast jede Figur ist anders charakterisiert, fast jede in¬ dividuell gestaltet. Da sind: stehende, hockende, auf allen vieren laufende Menschen; Tiere, deren Art man erkennt, andere, die ihre Gestalt der Phantasie ihrer Schöpfer verdanken; Gruppen von Figurenpaaren, die bald Rücken an Rücken, bald einander gegenüber stehen oder hocken und durch eine Handlung miteinander in Beziehung gesetzt sind; andere, die zwei Figuren so übereinander geordnet zeigen, daß die eine auf dem Kop'e einer aufrechten oder auf dem Rücken einer vorgebeugten erscheint. In diesen Gruppen allerhand Mischwesen: Menschen mit Tierköpfen, Tiere mit Menschenköpfen und Wesen mit Körperformen, die es nie gegeben hat. Ferner Halbfiguren, Büsten, Menschen- und Tierköpfe und schließlich Ornamente, die aus Menschenköpfen oder Vogelschnäbeln hergeleitet sind

Beiden Einzelfiguren überwiegt die1 Darstellung der stehenden Gestalt. Die stehenden Menschen zeigen folgende gemeinsame Züge: sie stehen stets streng frontal, die Köpfe meist gradaus gerichtet, mit ge¬ spreizten Beinen da; geschlossene Reine kommen ebensowenig vor wie die Unterscheidung von Stand- und Spielbein; öfter verlaufen die Beine, weit auseinander gestellt, ziemlich parallel, ohne nach oben zu konver¬ gieren. Eine oft wiederkehrende Eigentümlichkeit des Standmotives besteht darin, daß man die Figuren nicht oben auf ihre Plinthen stellt, sondern mit den Füßen an deren Seitenflächen sich anklammern läßt und die Füße im rechten Winkel so nach innen dreht, daß die Zehen übereinander stehen. In vielen anderen Fällen hat man sich die Ausarbeitung der Füße erspart und läßt die Beine als Stümpfe in das Postament hineingehen.

Unter den Mäunerfiguren findet man einige in voller Ruhehaltung. Ein Manu (Fig. 3 Taf. 1), der eine spitze Kappe trägt und durch einen krummen Rücken gekennzeichnet ist, lehnt mit dem Gesäß an dem spitzen Ende des Kolbens, stützt die Hände in die Hüften und streckt ein wenig die Zunge heraus: eine häufig wiederkehrende Gebärde, deren Sinn wir nicht kennen. Eine andere, ungewöhnlich roh ge¬ schnitzte Männerfigur (Fig 4 Taf 1), die den Buckel vorn trägt und die Arme in die Seiten stemmt, Fällt dadurch aut, daß sie, ebenso wie Fig. 1 Tat 1, die Ellbogen nach vorn durchdrückt: eine Beobachtung nach der Natur, denn die „Hyperex tension im Ellbogengelenk”1) kommt in der Südsee oft vor.

1) Kiiakmku A. (’02) Die S.tmoainsclu v. 1 j>. 47, fig. 1 und 18

Abb. u. Ber. d. K. Zool. u. Anthr.-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Rd. XV Nr. 1

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Fig. I Taf 1, ein durch einen mächtigen Schopf ausgezeichneter schlanker junger Mann oder Knabe hat die verkümmert geschnitzten Hände an die Seiten gelegt, und indem er die Knie leicht eingeknickt und die Fersen ein wenig gehoben hat, scheint er sich in den Hüften zu wiegen. Es war, meine ich, die Absicht des Künstlers, einen Tänzer darzustellen. Fig. 2 Taf 1 hat sich noch tiefer in die Knie herabgelassen und steht, die Hände an den Oberschenkeln, wie zum Absprung bereit. Der unverhältnismäßig große, nicht fertig aus¬ gearbeitete Kopf zeigt das Bestreben des Künstlers, Rassemerkmale wiederzugeben: den stark gewölbten Hinterkopf, die hohe Stirn, den tiefeinspringenden Stirnnasenwinkel, die krumme Nase des Papua. ln Kauer¬ stellung die Knie gebeugt, berührt mit den Fingerspitzen den Boden Fig.^, ein kleiner Mann, dessen Schopf mit einem Federstutz geschmückt und dessen maskenartiges Gesicht durch eine unförmige Nase ver¬ unstaltet ist. Dieselbe Darstellung zeigt, in strengerer Stilisierung, Fig. 6, deren Arme ohne Gliederung gleich breiten Bogen bis unter die Plinthe hinabgehen, an deren Unterseite die Hände anliegen; die Außen¬ flächen der Arme sind wie bei der vorigen Figur mit eingeschnittenen Mustern verziert; der Kopf trägt ein stilisiertes Haarkörbchen’); den größten Teil des breiten Gesichtsraumes nehmen die runden, von konzentri¬ schen Kreisen umrahmten Augen ein. In der kleinen runden Scheibe, die aus dem Munde hervorblickt, sehe ich eine stilisierende Umbildung der herausgestreckten Zunge. Wieder mit den Händen den Boden berührend, steht Fig. 7 da, eine roh geschnitzte Gestalt, deren Rumpf unter dem mächtigen bärtigen, mit einem übertrieben großen Haarkorbe bedeckten Kopfe fast verschwindet. Aber die unnatürlich langen Arme gehen hier zur Vorderkante der Plinthe herab, und der vorgebeugte Körper, der nicht auf, sondern hinter dem Postamente steht, stützt sich darauf. Das bei den meisten Figuren betonte sexuelle Moment tritt besonders bei den obszönen Darstellungen zutage. Dreimal sieht man dasselbe Motiv verwendet: der Mann hält die Hände beiderseits der Genitalien: Fig. 8, 0, 13 Taf. 1. Die drei Figuren sind mit un¬ verkennbarem Humor behandelt. Fig. 13 eine wahre Mißgestalt: hagerer Rumpf, dünne Arme, übermäßig dickes Gesäß, unförmige, roh geschnitzte Füße; auf dem großen, hinten platten Kopfe, dessen langes Kinn scharf vorspringt, sitzt eine konische Haarröhre, aus der oben das Schöpfende herausquillt. Fig. 8, die das Stand¬ motiv von Fig. 2 wiederholt, hat ein kleines Köpfchen mit spitzem Gesicht und einen Schnabel statt eines Mundes; in der Formgebung hat der Holzschnitzer sich den Scherz geleistet, die Wirbelsäule, mit sorg¬ fältiger Angabe der einzelnen Wirbel, hinter dem Rücken und größtenteils von ihm losgelöst, frei heraus- zuarbeiteu. Fig. 9 aber, ein breitbeinig und vorgebeugt dastehender Mann mit mächtigen Oberarmen, deren Iunenkonture auf die Brust übergreifen und sich mitten auf ihr vereinigen, trägt unter einer Kappe statt des Kopfes eine weit herabhängende, flache Maske mit runden Augen, ankerförmiger Nase und langem, in den unteren Rand eingeschnittenem Mundschlitz.

Die drei folgenden Figuren (Fig. 10 12 Taf. 1) stellen Männer dar, die mit beiden Händen das obere Ende eines stabartigen Gegenstandes fassen oder berühren. Der Mann Fig. 102), der wieder die Zunge herausstreckt, umklammert in Brusthöhe eine dicke Stange, die vor ihm auf dem Vorderrande der Plinthe steht Der Gegenstand, den Fig. 11, eiu durch seine eiförmige Kopfbildung eigenartiger Mann, in Nabelhöhe vor sich hält, ist aus sich heraus nicht verständlich: er sieht aus wie ein kurzer Stab oder ein Band mit spiralig gerolltem, unterem Ende. Ob mit der Schmuckmaske, bis zu der er hinab reicht, ein Zusammenhang besteht, ist nicht ersichtlich. Scheinbar unverständlich ist das Motiv von Fig. 12, wo eiu maskierter, mit Faserbiischeln und Grasstreifen geschmückter Mann die Hände an die Innenseite eines ge¬ bogenen Stabes legt, der auf dem Membrum steht und bis zum Kinn der Maske reicht. Der Stab ist eine sekundäre Bildung. Wir kennen zahlreiche Holzflguren von der Nordküste, die mit einem Vogel köpfe maskiert sind; des Vogelschuabels haben sich die Künstler bemächtigt und treiben mit ihm ihr Spiel. Sie verlängern ihn willkürlich und vereinigen seine Spitze mit irgendeiner Stelle des Menschenkörpers. „Die Stelle des Zusammenhanges wechselt. Bald setzt sich das Ende der verlängerten Nase unter dem Kinn oder auf der Brust fest, bald in der Nabelgegend, bei anderen Bildwerken wieder steht sie mit dem Genitale in Zusammenhang oder reicht ganz zwischen den Extremitäten hindurch“ (Poech | 01 | p. 354.). Als Beispiele für die Verbindung des Schnabels mit dem Membrum führe ich an die Figuren: v. Lu sch an (1899) p. 499 fig. 37 und p. 502 fig 40 von der Ramu-Miindung; Bikö (1899) tab. 11 fig. 1, 4 und 5 von larawai; Finsch (1888) tab. 15 fig. 7 von Guap. ln manchen Fällen faßt der Mann die stabartige \ erlängerung des

1) Zuletzt Eichhorn A. ('16) p. 298 f. 2) Die Nase ist weggebrocheu ; das Septum war durchbohrt

Ablu u. B*r. d. K. /«miI. u. Anthr.-Ethn. Mua. tu Dresden IUI 7 Bd. XV Nr. I 3

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Oskar Nuoffer: Quetsclikolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland)

Schnabels1) mit beiden Händen, z. B. Schlaoinhaufen (’10) p. 6 fig. 1 vom Augustaflnß, oder mit den Händen und Füßen, z. B. Reche (’13) tab. 75 fig. 4 vom Augustafluß; in anderen Fällen läuft der Stab vor den vorgestreckten Händen vorbei, wie bei unserer Figur, z. B. Reche (’13) tab. 75 fig. 6 und 7 vom Augustafiuß. Mit dieser Gruppe bringe ich unsere Darstellung und eine entsprechende vom Augustafluß (Reche [13] tab. 75 fig. 1) in Verbindung. Diese Figuren haben nicht Vogelmasken, sondern Menschenköpfe. Die Holz¬ schnitzer, die trotzdem jene Stange anbringen wollten, konnten sie nicht vom Schnabel ausgehen lassen, und führten sie daher vom Kinn aus den gewohnten Weg hinab; bei unserer Figur bis zum Gliede, bei den anderen bis zum Boden.

Der Erklärung bedarf auch Fig. 14. Die teils gelb, teils grau bemalte Figur stellt einen wohl¬ beleibten, pausbäckigen Mann dar, der, mit weit offenem Munde und herausgestreckter Zunge dastehend, die Hände, deren Finger nicht ausgearbeitet sind, nebeneinander ans Kinn legt. Die Gebärdensprache der Eingeborenen ist bisher von den Forschern wenig beachtet worden; es finden sich nur selten einige Be¬ merkungen in der Literatur. Es wäre erwünscht, wenn die Feldethnologen ihre Aufmerksamkeit mehr darauf lenken würden Die Bedeutung der beschriebenen Gebärde ist unbekannt. Wenn man sie aber mit der entsprechenden Gebärde der Statuette Nr. 29098 des Dresdner Museums von Trobrinnd zusammenhält wo nach dem Urteil medizinischer Fachleute ein an spinaler Kinderlähmung leidendes Kind dargestellt ist und wo die Gebärde vermutungsweise Schmerz ausdrückt, so liegt es nahe, auch bei unserer Figur eine Gebärde des Schmerzes anzunehmen. Reche hat eine ähnliche Figur vom Augustafluß abgebildet (’13 p. 387 fig. 412), ohne eine Erklärung zu geben. Eine von v. Luschan (1899 p. 507 fig. 47) veröffentlichte Figur von Port Moresby, die die Linke an die Stirn legt, macht offenbar auch eine Schmerzgebärde. Leidende Menschen stellt die Plastik von Neuguinea öfter dar, gern mit einem Einschlag von Spott; die von Poech (’01 p 352 ff.) publizierten Krüppelfiguren geben Zeugnis davon.

Hinter den stehenden Figuren treten die hockenden weit zurück. Zwei Hocker nur kommen hier vor. Fig. 15, ein wohlbeleibter kleiner Mann, dem ein gewaltiges Gesäß gegeben ist, sitzt am Boden und hat die kurzen Beinchen, die in Hufe auszugehen scheinen, schräg aufgesetzt. Die Hände hält er mit derselben Gebärde wie die vorige Figur ans Kinn, in das die Finger eingeschnitzt sind. Wenn ich darin eine Schmerzgebärde sah, so mag die Deutung hier weitere Stützen finden in den ganz singulär freigelegten Zähnen, als verbisse er sich einen Schmerz, und in dem offenbar geschwollenen Kopfe.2)

Im Gegensatz zu dieser sorgfältig geschnitzten Figur ist das andere Sitzbild (Fig. 16) eine Stümperarbeit. Die stöckelförmigen, in den Knien gebogenen Beine sind beiderseits des pfahlartigen Körpers roh herausgeschnitzt; die Oberarme gehen als kurze spitze Stumpfe zu den Knien hinab.

Zu den merkwürdigsten Figuren gehören diejenigen, die man auf den ersten Blick als vier- füßige Tiere ansieht, bei näherem Zusehen aber als Menschen erkennt, die auf Händen und Füßen laufen. Bei den Gruppen werden sie uns öfter begegnen, als Einzelfiguren treten sie hier nur zweimal auf. Fig. 17 macht mit ihren langen dünnen Beinen und ihrem Kopfe den Eindruck eines Affen, der da herumklettert. Affen gibt es in der Südsee nicht, die Deutung ist ausgeschlossen. Gegen die Deutung auf ein Tier spricht auch das Fehlen eine3 Schwanzes, die Bildung der Füße und Hände und vor allem der Kopfaufsatz, der

ganz deutlich die Figur als Mensch charakterisiert. So sind bei der Betrachtung ähnlicher Figuren auch

Brno (1899 p. 56) und Schmidt (Y)3 p. 79) zu dem Resultate gelangt, daß Menschen dargestellt sind. Und zwar ist es hier ein maskierter Mensch die flache Maske ist braun gefärbt , der (ich komme darauf zurück) auf allen vieren läuft Das Herausstreckeu der Zunge haben wir bei unseren Figuren schon oft konstatiert. Ganz phantastisch ist die Bildung der zweiten hierher gehörigen Figur: Fig. 16 Taf. 4: ein länglichrunder plumper Rumpf auf vier dicken Beinen; vorn aus dem Rumpfe ein Gesicht herausgeschnitzt, oben ein Auf¬ satz angedeutet. Für sich allein betrachtet, könnte die Figur als Tier, etwa als Schwein, gelten; wenn man sie aber in Zusammenhang mit den vielen tierähnlich gebildeten Menschen stellt und die Vorliebe der Künstler für allerlei Vermummung und Verwandlung in Betracht zieht, so wird man in der Figur einen maskierten Menschen oder einen verwandelten Dämon zu sehen geneigt sein.

1) Daß cs sich um den Vogelschualel, nicht um eine Nase handelt, hat Schmidt (’03 p. 112) richtig bemerkt.

2) Der Kopf geht hier ebenso wie hei Fig. 2 Taf. 2 in einen schräg nach hinten aufsteigenden, abgebrochenen

Schopf über.

Abh. u. Ber. d. K Zool. ». Anthr.-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Bd. XV Xr. 1

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Die einzige lebhaft bewegte Darstellung dieses Kreises ist eine Karikatur: Fig. 18 Taf. 1. Mit zurückgeworfenem Kopfe, mit Glotzaugen und heraushängender Zunge steht der Mann breitbeinig da; das Gesäß weit zurückgestreckt, beugt er sich mit merkwürdig durchgedrücktem Kücken vor; der runde Bauch und die gewaltigen Genitalien treten stark vor; die .Arme aber wirft er mit einer unmöglichen Be¬ wegung nach hinten hoch in die Luft; die Hände sind teilweise abgebrochen. Es liegt etwas Xarrenhaftes in der Pose; eine groteske Darstellung, der nichts Ähnliches in der an Karikaturen doch so reichen Kunst von Neuguinea an die Seite zu stellen ist.

Bei den Frauenfiguren ist das sexuelle Moment meist hervorjjehoben; die obszönen Dar¬ stellungen stehen im Vordergründe. Auf die Vulva wird das Interesse des Beschauers hingelenkt; öfter grell bemalt, übermäßig groß vorn auf dem Unterleib angebracht „wie auf dem Präsentierteller“ (Neuhauss '11 v. 1 p. 327), oder vom Leibe herabhängend, ist sie mit unverkennbarer Absichtlichkeit betont. Ähn¬ lich wie die oben S. 17 beschriebenen Männerfiguren halten mehrere Frauen die Hände an die Genitalien. Hierher gehört Fig. 1 Taf. 2, eine lange eckige Gestalt, die mit einem unnatürlich langen und dicken Halse ausgestattet ist und dadurch als Karikatur wirkt. Der Künstler hat sie mit besonderer Sorgfalt bunt be¬ malt und ausgeputzt.1) Fig. 2 Taf. 2, ein zierliches Figürchen mit einer mächtigen Judennase, scheint mit den Fingern die Vulva in die Höhe zu ziehen; Fig. 3, eine hochfrisierte, maskierte Person, an deren nur roh angelegtem Körper den Holzschnitzer nichts als das riesige Genitale interessierte, hat die Arme auf den Bauch gelegt und die Beine weit auseinander geschlagen; Fig. 4 steht mit auswärts gebogenen Knien, auf die sie die Hände gelegt hat, zur Ansicht da. Im Gegensätze dazu findet sich einmal eine schamhafte Darstellung (Fig. 5 Taf. 2): eine maskierte Frau hält ihre übereinander gelegten Unterarme wie schützend vor die wie eine Mulde geformte, vom Leibe lang herabhängende Geschlechtspartie. Das Gesicht, die Unter¬ arme, die Beine und Füße sind im Gegensätze zu dem sonst schwarzen Körper braun bemalt.

Ferner kommen folgende Motive vor:

Eine Frau mit kurzem, magerem Rumpfe und plumpen Beinen hält an ihren Mund einen Gegenstand, dessen kurzer Schaft sich oben kugelförmig verdickt (Fig. 6 Taf. 2). Da die Frau nicht musiziert die Musikinstrumente dieser Gegend haben keinerlei Ähnlichkeit mit dem Gegenstände: s. Neuhauss (’11 v. 1 p. 384 u. 385 fig. 306 u. 307) , so bleibt anzunehmen, daß sie eine Frucht ißt oder an einem Röhrenknochen nagt. Die sorgfältig gearbeitete Fig. 8 Taf. 2, eine kleine untersetzte Frau, die die Zunge herausstreckt, nimmt, die Knie gebeugt und die Hände daraufgelegt, eine ähnliche Haltung ein, wie die Fig. 2 Taf. 1, die ich als eine Tanzhaltung auffasse. Neuhauss (’ll v. 1 p. 390) erwähnt bei der Beschreibung der Tänze der Eingeborenen einen „Knietanz, wo sich die Teilnehmer in hockender Stellung bewegen. Dies erfordert ungewöhnliche Muskelkraft; wenn es aber aufs Tanzen an¬ kommt, leistet selbst der Schwächlichste Unglaubliches.“ Wenn ein Künstler einen Knietänzer darstellen wollte, konnte er es gar nicht anders ins Werk setzen, als es hier geschehen ist. In der S. 17 be¬ schriebenen kniebeugenden Mannsfigur Fig. 2 Taf. 1 sehe ich im Zusammenhänge mit der eben be¬ sprochenen Frauenfigur wird es recht deutlich auch einen Knietänzer und die beiden Männer Fig. 5u.G Taf. 1, die in entsprechender Haltung mit den Händen den Boden berühren, dürften gleichfalls in diesen Kreis gehören.

Zwei Halbfiguren (Fig. 9 u. 10 Taf. 2) geben Frauen wieder; unterhalb des Genitale schneidet jedesmal die Figur ab. Fig. 9, eine schlanke Gestalt mit fast zylindrisch geschnitztem Rumpfe, dünnen Armen und lang ausgezogenem Kopfe, hält die Rechte an die Vulva, die Linke unter das linke Auge, das noch größer als das auch schon übertrieben große rechte gebildet ist. Ob die Gebärden der beiden Hände nun miteinander in Verbindung zu setzen sind oder jede für sich geht über vage Vermutungen kämen Deutungsversuche nicht hinaus. Fig. 10, eine kleine wohlbeleibte, mit Haarröhre und Ohrbommeln geschmückte Frau, läßt die Hände zur Plinthe hinabhängen.

Eine dritte Halbfigur (Fig. 13) stellt einen kleinen Menschen dar, den die weißbemalten Wangen und Kopfhaare als Greis charakterisieren. Er hat die Hände auf die Brust gelegt; es macht in der Abbildung

1) Auf schwarzem Grunde ist der größte Teil der Figur rotbraun, das linke Bein und der Schamhügel weiß, die Vulva rot bemalt. Hals und Kopf sind schwarz, die Lippen rotbraun, das Mundinuere weiß, die Augen rot, auf das Obergesicht sind weiße, auf die Kappe rote Tupfen gesetzt. Durch die in der Mitte durchbohrten Ohren sind kleine l aser-

bündel gezogen.

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Oskar Nuoffer: Quetsch kolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland)

den Eindruck, als hielte er eine Maske; aber die Zeichnung täuscht in diesem Punkte; die Hände sind gegeneinander gestreckt und die Fingerspitzen berühren sich. Der Mann trägt einen hohen vierstufigen, rot und weiß bemalten Kopfaufsatz; er bedeutet nichts anderes als den langen Haarschopf, der an drei Stellen umschnürt ist. Die gewaltigen Haarschöpfe findet man nach Neuhauss (’ll v. 1 p 190) nur bei den Männern.

Unter den Büsten ist eine weibliche: Fig. 14 Taf. 2. Wie ein breiter Lappen tritt der Busen heraus; beiderseits davon liegen die kurzen Arme mit vorgestreckten Unterarmen; die Hände sind nicht ausgearbeitet. Das Haarkörbchen, aus dem das Ende des Schopfes oben herausquillt, geht hinten in das Hinterhaupt über; vorn folgt der untere Kontur in seiner Richtung dem winkligen Verlaufe der Stirn¬ begrenzung. Die beiden anderen, bis in Einzelheiten der Formgebung einander gleichenden Büsten (Fig. 11 u. 12 Taf 2) sind auf humoristische Wirkung berechnet: wie die verkümmerten Ärmchen bei der einen Figur im flachen Relief herausgeschnitzt, bei der anderen als Rinnen eingeschnitten in form¬ lose Hände enden, die gleich Hundepfoten unterm Kinn herabhängen (die Finger sind durch vier, bzw. sechs quer durch die Handflächen geritzte Linien angedeutet); wie über den wulstigen Hälsen die langen, hinten flachen Köpfe durch herausgearbeitete Buckel und Leisten und durch eingeschnittene Linien und Zacken¬ reihen verunstaltet sind und wie oben der durchlochte Schopf zum Aufhängebügel umgebildet ist: das alles zeigt das Spiel künstlerischer Laune.

Von den Köpfen ist der eine eine Karikatur: Fig. 16 Taf. 2. Der Kopf ist ringsum nach unten verbreitert; der Unterrand wird von eingeritzten Zacken begleitet; die beiden Gesichtshälften gehen schräg nach vorn zusammen; auf ihrer Grenze ist das Profil im Relief herausgeschnitzt: die Nase springt weit vor, der Mund, der zwei Oberlippen hat die eine überflüssige geht von der Nase aus , steht offen und läßt die herausgestreckte Zunge sehen; auf dem platten Kopfe liegt ein Ring1), in niedrigem Relief, in dessen Mitte eine Buckelreihe von vorn nach hinten geht: die Andeutung der hahnenkammartigen Frisur auf dem sonst kahlen Scheitel der Sissanu-Mädchen (Neuhauss ’ll v. 1 p. 190). Der Hals scheint von einem neunstufigen Kragen umgeben; ein konkretes Vorbild für einen derartigen Schmuck ist nicht vorhanden. Der Kopf Fig. 15 Taf. 2 sitzt auf dem rotgefärbten, mit konzentrischen Vierecken, Zacken- und Winkel¬ reihen beschnitzten Schaftende, aus dem zwei gegenständige flache Masken im Relief heraustreten. Das von dem dicken runden Kopfe scharf abgesetzte, flache, schwarzbemalte Gesicht hat konventionelle Züge: eine lange gebogene Nase, schmale Augen, eine in den Kinnrand eingeritzte, bogenförmige Mund¬ spalte, kleine sichelförmige Ohren weit hinten am Kopfe.

Tiere kommen einzeln selten vor; zur Gruppenbildung sind sie öfter verwendet. Eine Eidechse sitzt oben auf dem Kolben Fig. 17 Taf. 2 und läßt^ wie beobachtend, den lanzettförmigen Kopf herab¬ hängen; auch der lange spitze Schwanz geht, frei gearbeitet, weit hinunter. Der ganze Körper ist auf der Oberseite in seiner ganzen Länge mit einem abgeschnittenen Zackenkamm versehen. Der Kasuar F’ig. 7 Taf. 2, dessen Gestalt im ganzen richtig wiedergegeben ist, aber der Flügel entbehrt, sitzt hochaufgerichtet auf dem Schaftende. Zwei besondere Kennzeichen des Tieres, der Kopfhelm und der Hautwulst am Halse, sind deutlich hervorgehoben. Die Beine aber sind wie meist bei den Tieren übertrieben lang, und besonders die Unterschenkel zu dick und plump. Vier Zehen sind dem Kasuar gegeben. Eine verzerrt Vogelfigur ist Fig. 18 Taf. 2: ein dicker, nach vorn verjüngter Klumpen, in den vorn zwei Augen ein¬ geschnitten sind; der lange krumme Schnabel erweist das Gebilde als Raubvogel. Der Körper mög¬ licherweise soll der Klumpen auch nur den Kopf vorstellen sitzt auf einem langen Beine, das vom Knie abwärts gespalten ist; Winkel und Zacken sind in die Außenseiten eingeschnitzt. Unterhalb der Plinthe sieht' man beiderseits ein schmales vertikales Band in flachem Relief, wieder mit Kerbmustern ornamentiert und mit vier Zacken abschließend: eine ornamentale Wiederholung der Vogelbeine. Ein plumpes Tier mit vier aus dem Rücken schräg aufsteigenden Stacheln und schildkrötenförmigem Kopfe befindet sich oben auf dem Kolben Fig. 19 Taf. 2. Die Beine sind zu sehr langen, schmalen, querüber vielfach durchritzten Reliefbändern umgebildet, die zwischen zwei Paar übereinandergeordneten Masken hinabgehen. Noch weiter geht die Verkümmerung der Vogelkörper bei Fig. 1 Taf. 3. Da sitzen zwei gegenständige, durch eine

1) Kopfringe erwähnt Nechauss (11 v. 1 p. 209) vom Hüongolf; sie sind also auch im Berlinbafenbezirk ge¬ bräuchlich.

Abh. u. Ber d. K. Zool. u. Anthr.-Ethn. Mus zu Dresden 1917 Bd. XV Nr. 1 21

Kalotte verbundene Vogelköpfe auf einem langen schlanken, nach unten etwas auschwellenden Halse, der in zwei beiderseits von zwei gegenständigen Masken an Stelle der Beine hinabgeführten Ornamentbänder übergeht; die Zehen sind als Zickzacke in vierzehn Reihen untereinander spielerisch in die Bänder eingerit/.t. Der Tierkörper reizte die Holzschnitzer zur Stilisierung und Umformung, wie sich bei den Gruppenbildungen wieder zeigen wird.

Die Protome eines Vogels, wobl eines Nashornvogels, gibt Fig. 6 Taf. 3 wieder. Von dem zur Kalotte verkürzten Kopfe geht ein mächtiger, gebogener Schnabel aus; die Augen sind als kleine Gruben angegeben. Der dreieckig geschnittene Hals ist auf zwei Seiten mit eingekerb^en geometrischen Ornamenten verziert. Die Figur ist schwarz, rot und blau bemalt.

Die Gruppen, deren es eine ganze Anzahl gibt, setzen sich stets aus zwei Figuren zusammen. Es kommen, wie schon erwähnt, folgende Arten der Zusammenstellung vor: zwei Figuren einander gegen¬ über, oder Rücken an Rücken; eine Figur auf dem Kopfe einer anderen; eine Figur auf oder spreiz¬ beinig über dem Rücken einer anderen.

Fig. 2 Taf. 3: Ein Mensch mit umgürtetem Leibe, mit chamäleonartigem Kopfe und einem Schopfe, der gleich einer Zipfelmütze hinten herabhäugt, steht einem etwas kleineren Kasuar gegenüber und faßt mit den beiden Händen den Hals des Tieres, das seinen Schnabel in den Hals des Gegners bohrt und sein rechtes Bein gegen dessen linkes Schienbein stemmt. Es handelt sich also um den Kampf eines Menschen mit einem Kasuar. Diese Szene tritt an die Seite des in meiner Korwararbeit1) behandelten Schlangenkampfes, der in Holzschnitzereien von der Geelvinkbai oft dargestellt ist. Kämpfe von Menschen und Tieren sind ein beliebtes Thema im Sagenkreise der Südsee. Eine ganz ähnliche, obschon stilisierte Kampfdarstellung sehe ich in der durchbrochenen Schnitzerei vom Kaiserin-Augustafluß, die von Luschan (’10 p. 110 fig. 18) veröffentlicht hat. Es scheint mir sicher, daß auch hier ein Mensch im Kampfe mit zwei Tieren dargestellt ist, die ihre Schnäbel in seinen Hals bohren. Es ist auch wahrscheinlich, daß die von von Luschan (’10 hg. 19) zum Vergleiche herangezogene Maorischnitzerei Kampfmotive enthält.

Hier ist die Gruppe Fig. 3 Taf. 3 einzureihen. Da sitzen zwei phantastische Wesen einander gegenüber. Das eine hat auf dem überlangen Halse einen unförmigen, langschnäbligen Vogelkopf (ähnlich Fig. 18 Taf. 2), der einen Aufsatz trägt. Durch diesen bei den Mischwesen immer wiederkehrenden Kopf¬ aufsatz, der den Schopf, die Haarröhre oder sonst einen Kopfschmuck der Eingeborenen bedeutet, wollen die Holzschnitzer offenbar darauf hinweisen, daß die Figur, wenn sie auch ganz oder teilweise Tiergestalt hat, einen verwandelten, vermummten oder maskierten Menschen darstellt. Dieses vogelköpßge Wesen faßt mit der Linken (der größte Teil des Armes ist abgebrochen) den Hals der anderen Figur, die durch den Zackenkamm am Rücken als Tier charakterisiert ist, und legt die Rechte an die eigene rechte Kopfseite. Die schräg emporgerichteten Oberschenkel der beiden vereinigen sich zu einem Winkel. Es ist unmöglich, die Gruppe und die ähnliche Gruppe Fig. 5 Taf. 3 (mit Maskengesichtern) aus sich heraus zu erklären; es handelt sich offenbar um Sagenßguren und um die Darstellung eines Sagenstoffes.

Hier möchte ich Fig. 4 Taf. 3 anschließen. Da sitzt ein mit einer langen Haarröhre geschmückter Menschenkopf nicht auf einem Rumpfe, sondern auf zwei annähernd parallel nebeneinander zur Plinthe hinabgehenden Stangen. Das Kinn ruht auf einem schmalen, nach unten etwas verbreiterten Brette, das einen dreieckigen Querschnitt hat (mit der Basis nach außen) nach unten etwas einwärts gebogen verläuft und kurz vor dem unteren Ende an der Außenseite eine abgesetzte Verdickung aufweist. Ich nehme an: so wie die beiden Stangen das Rudiment eines Körpers bedeuten, so auch das Brett, und halte für möglich, daß die Darstellung auf eine der vorher besprochenen ähnliche Gruppe (Fig. 3 Taf. 3) zurückgeht.

Rücken gegen Rücken aber stehen die beiden Männer der nicht fertig geschnitzten Gruppe Fig. 7 Taf. 3, ein wenig voneinander entfernt; ihre Nacken und Gesäße sind durch je einen kurzen, aus dem Vollen geschnitzten Querbalken verbunden. Sie halten ihre (nicht weiter ausgearbeiteten) Hände an die Hüften. Eine verwandte, aber wesentlich ansehnlichere, über einen Meter hohe Holzgruppe hat Schi.au- inhaufen (’10 11 p. 42 hg. S*) veröffentlicht; sie unterscheidet sich dadurch von der unseren, daß nur ein Querbalken die Nacken verbindet. Schlaginhaufen sieht darin ein Gestell, dessen „Block“ zum Ablegen irgendwelcher Dinge benutzt wurde. Eine derartige sekundäre Benutzung sei zugegeben; ursprünglich aber

1) (’08) in: Abh u. Ber. Mus. Dresden v. 12 Nr. 2 p. 8ff.

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Oskar Nuolfer: Quetschkolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland)

ist die Gruppe sicherlich kein Gebrauchsgegenstand, sondern ein Monument, das das Andenken zweier irgendwie zusammengehöriger Männer der Geschichte oder Sage wach erhält. Kücken an Kücken stehen die beiden Halbfiguren Fig. 8 Taf, 3, Mann und Frau, etwas vorgebeugt, und berühren sich in der Mitte; ihre dünnen Arme gehen etwas gebogen zur Plinthe hinab, deren Außenseite die Hände umklammern. Ihre Rumpfe gehen von beiden Seiten nach vorn schräg vor: in die Längskanten sind Kerbe quer eingeschnitten. Beide Figuren tragen Masken, die von den Köpfen deutlich durch Furchen abgesetzt sind, und sind dadurch als Teilnehmer an irgendeiner festlichen Vorführung gekennzeichnet.

Vier Gruppen gleichen sich darin, daß eine Figur auf dem Kopfe einer anderen steht. Bei Fig. 9 Taf. 3 ist es ein verkümmerter Vogel der Hinterkörper ist, aus Raummangel, quer abgeschnitten; die Flügel und der Schwanz sind durch kurze Stumpfe angedeutet , der mit seinen unverhältnismäßig langen, dicken Beinen auf dem Kopfe einer breitbeinig dastehenden, die Zunge herausstreckenden Frau steht. Er sieht zu ihr hinab; sie hebt die Arme zu ihm empor; die Hände sind nicht ausgearbeitet Eine ähnliche Gruppe hat Birö aus Tarawai abgebildet und beschrieben (1899 tab. 10 fig. 3 und p. 56). Hier sieht man „einen Nashornvogel im Niederstiege mit haibausgespannten Flügeln vorgebeugt auf einem Menschenkopfe, der eigentlich eine Maske ist. Die Figur scheint zu schreien; die Hände sind in der Brustgegend inein¬ ander gefaltet [?] Auf dem Kopfe einer weiblichen Halbfigur (Fig. 10 Taf. 3) sieht man vor¬ gebeugt ein Wesen, das einen dicken rundlichen Kumpf und einen mit der Haarröhre geschmückten Menschenkopf hat; seine Füße der größte Teil des rechten Beines ist abgebrochen klammern sich an das Hinterhaupt der Frau, seine Hände langen zu ihren entgegengestreckten Händen hinab.1) Auf dem Kopfe der Halbfigur Fig. 11 Taf. 3 steht ein vierbeiniges, schildkrötenähnliches Tier, das seine überaus plumpen, schräggestellten Füße in den Schopf des Menschen zu wühlen scheint. Der Mensch sein Ge¬ schlecht ist nicht kenntlich hat den Mund geöffnet man möchte auch hier an Schreien denken und hat die im Gegensätze zu den dürftigen Ärmchen mächtig großen Hände auf der Brust einander gegen¬ übergelegt. Ganz ähnlich ist die Darstellung bei Fig. 12 Taf. 3: die Menschenfigur ist hier zur Büste verkürzt; die in flachem Relief gehaltenen und nur schematisch angelegten Hände machen dieselbe Gebärde wie bei der vorigen Figur; auf dem Kopfe des Menschen steht ein papageiähnlicher Vogel, mit dickem Bauche und übertrieben langen und dicken Beinen, und hat seine Fänge in die Schläfe des Menschenkopfes geschlagen.

Bei der Erklärung dieser Gruppen ist davon auszugehen, daß die oberen Figuren nicht einfach still auf dem Kopfe der unteren stehen man könnte sonst bei den Tieren an die Darstellung von Totems denken , sondern daß sie mit ihnen durch eine Handlung in Beziehung gesetzt sind, sei es, daß sie sich in den Kopf eines Menschen einkrallen oder daß sie sich zu ihm, der seine Hände erhebt, hinab¬ beugen. Wir kennen eine ganze Anzahl Sagen, zwar nicht aus dem Berlinhafenbezirk, der in dieser Be¬ ziehung noch nicht durchforscht ist, aber aus den weiter östlichen Gebieten von Kaiser Wilhelmsland, in denen die Entführung von Menschen durch die Luft erzählt wird. Bald raubt sich ein Tier seine Geliebte, wie in einer Sage der Tami der fliegende Hund ein schönes Mädchen auf eine Bergspitze trägt (Bamler ’11 p 538); bald liegt der Entführung eine feindliche Absicht zugrunde, wie in einem am Kap König Wilhelm uud bei den Jabim verbreiteten Märchen, in dem ein Seeadler ein ganzes Haus mit seinen Be¬ wohnern bis zum Himmel hebt, um es dann fallen und in der Tiefe zerschellen zu lassen (Stolz M l p. 269; Zahn ’11 p. 351); bald und das ist die Mehrzahl der Fälle trägt der Vogel eine verlassene Frau auf ihre Bitten in die Heimat oder an einen anderen sicheren Ort; entweder im Schnabel: der aus einem Menschen verwandelte Habicht in einer Sage der Kai (Keysser 11 p. 208); oder auf dem Rücken: der Seeadler in einer Sage der Bukaualeute und der Tami (Lehnert 11 p. 481; Bamler 11 p. 529); oder in einem Korbe: der Seeadler in einer bei den Jabim verbreiteten Version derselben Sage (Zahn 11 p. 371 u. 375).

Unsere Gruppen beweisen, daß solche Entführungssagen auch im Berlinhafenbezirk zu Hause sind. Bei den Gruppen Fig. 11 und 12, wo die Personen die Hände ergeben auf die Brust legen, mag es zweifelhaft sein, ob eine Entführung wider Willen gemeint ist; und wenn Birö von der Gruppe aus Tara¬ wai richtig bemerkt: „die Figur scheint zu schreien", so liegt hier die Darstellung eines gewaltsamen

1) Die dunkel wiedergegebenen Partien sind schwarz gefärbt.

Abh. u. Ber. d. K. Zool. u. Anthr. Etbn. Mus. zu Dresden 1917 Rd XV Nr. 1

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Raubes vor. Sicherlich aber im Einverständnis mit der zu entführenden Frau handelt der menschenköptige Dämon von Fig 10, der sich zu ihr herabbeugt und im Begriff ist, ihre bereitwillig gereichten Hände zu ergreifen. Dieselbe Deutung dürfte der Gruppe Fig. 9 zu geben sein.

Eine Anzahl Gruppen stimmen darin überein, daß eine aufrechte Figur eine andere, vorgebeugte oder auf allen vieren kriechende, zwischen den Beinen oder den bis zur Plinthe hinab verlängerten Armen hat. Innerhalb dieses Kreises gehören wieder drei Gruppen eng zusammen, bei denen die obere Figur aus einem verkümmerten Menschenkörper besteht (Fig. 14 u. 15 Taf. 3; Fig. 1 Taf. 4). Der Rumpf fehlt ent¬ weder ganz und ist durch eine stabförmige, zur Rückenmitte der unteren Fjgur hinabgeführte Stütze er¬ setzt (Fig. 14 Taf. 3; Fig. 1 Taf. 4) oder er ist auf den hochschulterigen Oberkörper beschränkt (Fig. 15 Taf. 3). Bei Fig. 1 Taf. 4 sitzt der maskenartige Kopf auf der scharfkantigen Vereinigung zweier oben breiten, nach unten verschmälerten flügelförmigen Arme, die beiderseits von der unteren Figur hinabgeheu und in Hände enden, die den Rand der Plinthe fassen.1) Bei Fig 14 Taf. 3 greifen zwei lange, dicke Arme um den Rumpf der unteren Figur herum; die Hände umklammern wieder den Plinthenrand. Oben auf der bogenförmigen Vereinigung der Arme sitzt ein dicker Menschenkopf. Bei Fig. 15 sind es zwei von den Schultern aus senkrecht hinabgehende Säulen, die, eine Vereinigung der Arme und Beine darstellend, rechts und links von der unteren Figur auf der Plinthe stehen. In zwei anderen Gruppen ist die obere Figur ein Kasuar. Das eine Mal (Textfigur A 5 p. 4) steht das Tier mitten über der zwischen ihren langen Beinen befindlichen Figur, das andere Mal (Fig. 2 Taf. 4) steht es, die untere Gestalt hoch überragend, hinter ihr und lehnt seinen Bauch auf ihr Gesäß.

Die untere Figur stellt in allen diesen Gruppen dasselbe Wesen dar mit einem laugen, an¬ nähernd zylindrischen oder viereckigen Rumpfe, an dem vorn ein meist flaches Gesicht sitzt (bei Fig. 2 Taf. 4 ist es nur im Relief aus der Vorderseite des Rumpfes herausgeschnitzt) und mit vier wenig sorg¬ fältig geschnitzten, geraden oder o-förmig gebogenen Beinen. Daß diese Wesen nicht Tiere, sondern wahr¬ scheinlich auf allen vieren stehende Menschen darstellen, ist schon oben (S. 18) bemerkt worden. Die Haarröhre der meisten würde es schon beweisen; dazu kommt die menschliche Gesichtsbildung und das Fehlen des Schwanzes; ein Schwein oder einen Hund die einzigen größeren vierfüßigen Tiere von Neu¬ guinea erkennbar darzustellen, wäre den Holzschnitzern ein leichtes gewesen.

Dieselben Gestalten finden wir öfter in den Holzschnitzereien des Berlinhafenbezirkes und der weiter östlichen Küste in sitzender Haltung, die Beine und Arme weit vorgestreckt. Sie bilden den plastischen Schmuck von Kopfbänken2) und Trommelhenkeln3) und sind in zahlreichen Exemplaren an den Treppengeländern aller Parak -Geisterhäuser dargestellt.4) Hier sitzen sie in langen Reihen hintereinander und halten in den ausgestreckten Händen eine Schale, einen Fisch oder em anderes Tier oder eine Maske oder legen die Hände auf die Schultern des Vordermannes. Das Hinreichen der Schale und des Tieres hat hier die Bedeutung des Kultaktes: die Tapungeister verlangen Sagospeise und Fischkost (Parkinson ’00 v. 13 p. 34) und auch die Darreichung der Maske ist wohl ein heiliger Akt. Und wenn die Figuren immer in derselben unrealistischen, schematischen Weise dargestellt sind die von der sonst üblichen lebensvollen Körperdarstellung auffällig abweicht so sehe ich darin die Andeutung, daß hier nicht Menschen der Gegenwart dargestellt sind, sondern jene längst verstorbenen Ahnen, die einst den Tapun- kult eingeführt haben.

Diese Figuren, um 90 Grad gedreht, und man hat unsere auf allen vieren laufenden Gestalten. Und zwar ist unsere Art der Darstellung die ältere: denn bei ihr sehen die Figuren richtig gradaus, während bei den sitzenden Figuren die wie obendran geklebten Gesichter nicht in der Richtung der Hand¬ lung blicken, sondern in den Himmel gucken. Wenn diese so schematisch gebildeten Gestalten nun in unseren Gruppen immer wiederkehren, so vermute ich darin die Absicht der Künstler, die dargestellteu Szenen in die graue Vergangenheit hiuabzurücken: Es war einmal...

Was für alte Märchen aber haben hier ihre plastische Gestaltung gefunden? Gehen wir von den Gruppen aus, die oben verkümmerte Menscheuleiber zeigen (Fig. 14 u. 15, Taf. 3; Fig. 1, Taf 4). Das sind nicht

1) Am Nacken der Figur ist eine Aufhängeöse herausgeschnitzt. Noch eine zweite derartige Gruppe der ■dazu gehörige Olletschkolbeu ist abgeschnitten hat das Dresdner Museum: Nr. 32 229.

2) z. B. Museum Dresden Nr 29 328. 8) z. B. Schmidt (’03) p. 78 fig. 3.

4) z B A. B. Metes und Parkinson (1894). Papua-Album v. 1 tab. 49; Schlagixhai ken (’10— 11a) tub 2 fig 4.

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Oskar Nuoffer: Quetsclikolben von Berlinhafen (Kaiser Wilhelmsland)

Menschen, sondern Spukgestalten, Geister. Sie haben von den unteren Figuren Besitz genommen und beginnen, sie zu verschlingen (Fig. 14 u. 15). Daß die Übereinanderordnung von zwei Figuren, und sogar das Hinein¬ beißen der oberen in den Kopf der unteren nichts weiter als die enge Verbindung der beiden als N orfahr und Nachkomme bedeute, wie Schuktz meint1,) erscheint mir ganz ausgeschlossen. Dazu sind die Kobolde hier zu klar charakterisiert, sie bestehen fast nur aus Kopf und Fängen und halten ihre Opfer unentrinnbar umschlossen. Das Motiv des Verspeisens von Menschen durch Geister durchdringt nicht nur die Sagen, sondern auch den Kult des Landes. Das papuanische Hauptfest hat zum Grundgedanken die Verschlingung der jungen Leute durch den großenBalum *) (Zahn ’11 p. 297). Eine derartige Szene ist also hier dargestellt. Warum aber kriechen die unteren Figuren? Ich meine, sie kriechen, weil sie sich zu verkriechen suchen. Wie die Beschneidungskandidaten sich zu verkriechen pflegen, wenn sie dem Balum ausgeliefert werden sollen (Kevsser’11 p. 37). Im Begriff, sich unter einen Felsen, in eine Höhle zu retten, werden sie vom bösen Geiste erfaßt. Eine bestimmte Sage mag hier zugrunde liegen. Möglicherweise ist es die dem Balumfeste zu¬ grunde liegende Sage selbst, die hier dargestellt ist.

Eine Sage, in der ein Riesenkasuar über einen Menschen kommt, ist in den beiden anderen Gruppen verkörpert. Die Besitznahme des Menschen durch den siegreichen Vogel ist deutlich in der Haltung des Tieres Fig. 2 Taf. 4 ausgedrückt.

Wenn in der Gruppe Fig. 13, Taf. 3 ein Mensch mit gespreizten Beinen über dem Rücken eines Kasuars erscheint, der den Kopf gesenkt hält, könnte man auf den ersten Blick annehmen, der Mann reite auf dem Tiere, zumal er die Hände nach Reiterart auf die Oberschenkel stützt. Aber die beiden Figuren sind deutlich voneinander getrennt; der Manu steht über dem Tiere, das sich unter ihm duckt. Es ist wohl die berühmte Geschichte von einer Erlegung des schon seit langem auf Neuguinea seltenen Vogels durch einen glücklichen Schützen. Wie er stolz über dem vermutungsweise verwundet zusammen¬ brechenden Jagdtiere steht, liegt diese Deutung nahe. Doch kann auch hier eine Sage zugrunde liegen.

Die letzte Gruppe (Fig. 3 Taf. 4) zeigt eine Vereinigung von zwei Figuren derart, daß aus dem plumpen Leibe eines nachlässig geschnitzten, aber doch deutlich erkennbaren, hochaufgerichteten Kasuars vorn ein Menschengesicht herausblickt; der Kasuar hat nicht zwei, sondern vier Beine. Zur Erklärung sind zwei ähnliche Darstellungen vom Kaiserin Augustafluß heranzuziehen, die bei Reche (’11 t. 34 fig. 1 u. 2) abgebildet sind. Es sind Schmuckfiguren von Haustörmen. Fig. 2 zeigt „einen Vogel mit senkrecht in die Höhe gerichtetem Kopfe und seitlich ausgestreckten Flügeln. Unter dem Schwänze [und vorn zwischen den tief hinabreichenden Flügeln] findet sich ein menschliches Gesicht geschnitzt. Die Beine des Vogels liegen seitlich dem Gesichte an, reichen aber nur so weit hinab, daß ihr Ende dicht über den Ohren liegt*

o / o )

es macht fast den Eindruck, als ob der Vogel den menschlichen Kopf mit den Fängen gepackt hätte, um mit ihm davonzufliegen“. Also wieder eine Raubszene; die Figur des geraubten Menschen ist zum Kopfe ab¬ gekürzt und der Kopf vorn zwischen die Flügel des Raubvogels gebettet. Noch näher kommt unserer Gruppe fig. 1. Da ist „eine kauernde menschliche Gestalt geschnitzt; ihr Kopf bildet gleichzeitig den Körper eines Vogels, der sich mit weitausgebreiteten Schwingen und senkrecht nach oben gerichtetem Kopfe eben zum Fluge zu erheben scheint“. Nach Analogie dieser Figuren ist unsere Gruppe zu erklären. Die vier Beine und das Menschengesicht weisen darauf hin, daß die Figur des auf allen vieren laufenden Menschen zu¬ grunde liegt. ( ber ihn ist, wie bei Fig. 2 Taf. 4, ein Kasuar gekommen, und die beiden Figuren sind zu einer verschmolzen.

Vielfach sind an den Kolbengriffen Masken herausgeschnitzt, die vorwiegend Menschengesichter wiedergeben; meist sind es Maskenpaare. In mehreren Fällen sind sie oben aus dem Griffende heraus¬ gearbeitet. Schräg gestellt, hängt das Maskenpaar Fig. 4 Taf. 4 nur an je einer Stelle der flachen Rückseiten mit den Kolbenkanten zusammen und vereinigt sich oben, das Griffende bekrönend, zu einem gemeinsamen Scheitel und kalottenförmigen Schopfe. Die flachen, nach unten spitzen Maskengesichter die beiden Ge¬ sichter jedes .Maskenpaares gleichen einander genau sind nur oberflächlich ausmodelliert: dreieckige Augengruben, eine niedrige, lange, leichtgebogene Nase und ein kleiner, offener Mund, dessen Unterlippe mit der Kiuukante zusammenfällt. Die beiden großen gegenständigen Masken Fig 7 Taf. 4 berühren sich in

1) (1895) Das Augenornament und verwandte Probleme p. 50.

2) Auch im Berlinhafenbezirk spielt der große Geist beim Beschneidungsrest eine Holle: Nkuhaubs (’ll p 158).

3) ln der Mitte geht außerdem eine Stütze zum Boden hinab.

Abb. u. Ber. d. K. Zool. u. Anthr-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Bd. XV Xr. 1

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der Mitte der Rückseiten und stützen sich auf je eiu schematisch angedeutetes Händepaar. Die langen Ge¬ sichter gehören zu dem selteneren Typus, der durch die kurze hier gerade Nase und das lange Unter¬ gesicht gekennzeichnet ist, die abgesetzten Nasenflügel übertreffen an Länge und Breite die Mittelpartie der Nase; die Lippen des breiten Mundes sind ausnahmsweise wohl Umrissen. Auf die Kinnpartie und auf den dreieckigen Kopfansatz der einen Maske sind kleine Dreiecke, meist in Querreihen, aufgemalt

Unterhalb des Griffendes sind die zum Januskopfe vereinigten Masken Fig. 8 Taf. 4 aus dem nach oben verjüngten Schafte herausgeschnitzt. Die ovalen Gesichter sind durch eine lange gebogene spitzeNase, deren Septum durchbohrt ist, und ein vorspringendes Kinn charakterisiert; die länglichen Augengrj>ben wie bei dem vorigen Ge¬ sichterpaare von einer niedrigen Leiste rings umwallt; die Mundspalten in den Kinnraud eingeschnitten. Die ab¬ gesetzt vortretenden langausgezogenen Stirnpartien fliehen nach oben zurück und hatten einen jetzt abgebrochenen Aufsatz. Zwischen den Gesichtern, die mit schwarzen Tupfen und Winkelreihen ornamentiert sind, verläuft beiderseits in senkrechter Richtung ein schmales, nach unten etwas verbreitertes flaches Reliefband, das an mehreren Stellen von Zackenreihen durchquert und auch am unteren Ende querüber gezackt ist. Es sind dieselben Bänder, die bei Fig. 19 Taf. 2 und Fig. 1 Taf. 3 die ornamentale Umbildung von Vogelbeinen dar¬ stellen; es ist zu folgern, daß die abgebrochene Spitze unseres Kolbens von einem Vogel bekrönt war.

Durch die Breite des omphalosförmigen Kolbenendes sind die beiden Masken Fig. 5 Taf. 4 von¬ einander getrennt; gegenständig geschnitzt, überragen sie zum Teil den Griff. In der Schläfengegend am breitesten, spitzen sich die flachen Gesichter geradlinig nach unten zu und verschmälern sich auch nach dem Scheitel hin, der einen dreieckigen Aufsatz trägt. Eine Zackenlinie bezeichnet den unteren Stirnrand; die Augen sind durch je zwei parallele Winkel, mit der Spitze nach unten, angedeutet; die flache, ankerförmige Nase reicht bis zum Kinn, mit dem die Unterlippe des kleinen Mundes zusammen lallt. Die beiden Masken Fig. 9 Taf. 4 treten aus einem langen vierseitigen, nach der Mitte zu anschwellenden Körper hervor, dessen Kanten gekerbt sind: aus der Vergleichung mit Fig. 8 Taf. 3 ergibt sich, daß das Gebilde einen Menschen¬ rumpf darstellt. Aus seinem oberen Ende sind zwei heraldisch angeordnete Vögel mit emporgestreckteu Köpfen herausgeschnitzt. Die beiden Masken, die im Umriß dem vorigen Paare entsprechen, unterscheiden sich von ihm durch die kürzere Nase und die Bildung der Augen, die hier durch je eine kleine Grube in¬ mitten einer bogenförmig eingeritzten Umrandung wiedergegeben sind; quer über die Stirn ist eine Zacken¬ linie eingeritzt und darüber eine Dreieckreihe eingekerbt; Kopfaufsätze haben diese Masken nicht. Au den beiden Seiten des gegabelten Griffendes Fig. 6. Taf. 4 befinden sich zwei Masken, aus deren flachkonvexer Gesichtsfläche die kurzen Nasen im Relief heraustreten. Die Gesichter haben einen weißen Überzug; auf die Köpfe, Stirnen und Untergesichter sind schwarze und rote Tupfen gesetzt. Die Form des gegabelten Endes geht möglicherweise auf ein Vogelpaar, wie in Fig. 9 Taf. 4, zurück. Zwei andere Maskenpaare sind schon erwähnt worden. Das eine, Fig. 15 Taf. 2, unterhalb des bekrönenden Kopfes in flachem Relief geschnitzt, ist nur oberflächlich angelegt: Augen, Mund, Ohren fehlen; die Nase geht von der etwas vortretenden Stirnpartie als eckige Leiste bis in die untere Gesichtshälfte hinab. Das andere Maskenpaar, Fig. 1 Taf. 3, unterhalb des verkümmerten Vogelpaares, zeigt ausgeprägtere Züge in der gewölbten Stirn und der langen, gebogenen, frei endenden Nase, dagegen sind die Augen nur leicht angedeutet und Mund und Ohren fehlen ganz.

Eine einzelne Maske kommt nur einmal vor: Fig. 11 Taf. 1. Ein breites, flaches Gesicht, kleine Augengruben, schmale lange Nase mit abgesetzten breiten Flügeln, in denen die Nasenlöcher als nach vorn sich öffnend angegeben sind; der Mund in den Kinnrand eingeschnitten.

Bei der Vorliebe der Holzschnitzer für die Masken Fällt es auf, daß die Gesichtszüge ganz all¬ gemein gehalten sind, daß ihnen im Gegensätze zu den Körpern und auch zu manchen Gesichtern der Ruud- tiguren individuelle Besonderheiten fehlen und daß der karikierende Humor hier ganz ausgeschaltet ist Nur die Masken Fig. 7 Taf. 4 weisen eine kleine humoristische Nuance auf.

Hier sind noch die Vogelmasken Fig. 1 1 Taf. 4 zu erwähnen. Man sieht zwei Paar gegenständige, langschnäblige Vogelköpfe, von denen das größere Paar wohl ausgearbeitet ist, während das kleinere, etwas tiefergestellte und quer zu dem anderen stehende, nur noch ganz allgemein die Formen von Köpfen und Schnäbeln zeigt. Die benachbarten Schnabelspitzen waren es ist hier viel weggebrochen durch je einen nach unten gekrümmten Bogen verbunden; zwei vom Schaft aus nach den Spitzen der beiden größeren Schnäbel gehende, nach oben gekrümmte Bogen gaben den oberen einen Halt. Oben zwischen den beiden größeren Vogelköpfeu war noch eine Verzierung angebracht, von der nur eine ungefähr rhombische Platte, mit eingeritztem Spitzoval in der Mitte, erhalten ist.

Abh. u Ber d. K. Zool. 11. Anthr.-Ethn. Mus. xu Dresden IUI7 Bd. XV Nr I

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2G Oskar Nuoffer: Quetscbkolben voa Berlinbafen (Kaiser Wilhelinslaud)

Entwickelung von Ornamentformen aus Figuren

Wenn eine Anzahl Kolben mit herausgesclmitzten Zacken, Dornen, Spitzen verziert erscheinen, so zeigt die Vergleichung mit anderen Stücken, daß diesen Formen organische Gebilde zugrunde liegen. Die beiden flachen Haken von Fig. 10 Taf. 4, die unterhalb einer Kalotte aus dem Schalte herausspringen, gehen, wie der Augenschein lehrt, auf zwei Vogelköpfe zurück, die, wie bei Fig. 1 Taf. 3, einen gemeinsamen Scheitel haben; hier wie dort ist der eine Kopf länger als der andere. Die beiden unterhalb einer urnenförmigen. Bekrönung übereinander geordneten Gruppen von je vier vierkant gestellten, meist leicht gebogenen Leisten von Fig. 13 Taf. 4 sind auf Vogelschnäbel zurückzuführen, deren Spitzen wie bei Fig. 11 Taf. 4 durch Bogen verbunden sind; und die vier Dornen von Fig. 12 Taf. 4, zwei länger als die anderen, sind wohl auch nichts anderes, als die Rudimente von Schnäbeln. Von den vier unter einer gemeinsamen Kappe hervortretenden, übers Kreuz angeordneten Nasen Fig. 14 Taf. 4 sind die beiden kürzeren sicherlich als Vogelschnäbel an¬ zusehen, während die beiden längeren, von deren Basen je ein dreieckiger Fortsatz im Relief abwärts geht, in Parallele zu setzen sein dürften mit den stilisierten Menschenköpfen Fig. 19 Taf. 2, die außer den Nasen nur noch die Andeutung der Untergesichter zeigen.

Damit hängt dann wieder die Verzierung Fig. 15 Taf. 4 eng zusammen: Da sieht man unter¬ einander zwei Gruppen von je fünf rings aus dem Grunde vortretenden vertikalen Scheiben mit nasenför¬ migem Profil und meist dreieckigen Fortsätzen unterhalb der Basis. Es sind die Rudimente von Menschen¬ gesichtern oder Gesichtsprofilen. Fig. IG Taf. 4 hat oben vier Vogelschnäbel, während darunter vier Menschennasen mit stilisierten Nasenflügeln im Relief herausgeschnitzt sind.

Eigentümlichkeiten der Körperbehandlung

Wenn erst das Gebiet der primitiven Kunst gehörig durchgearbeitet sein wird, werden die Kunst¬ formen ganz in derselben Weise als ethnologische Kriterien herangezogen werden, wie die Formen irgend¬ welcher Gegenstände, und oft werden Einzelheiten entscheidenden Einfluß auf die Feststellung von Zusammen¬ hängen haben.1) Es ist daher eine notwendige Arbeit, die Eigenheiten eines Kunststiles zu registrieren und die typischen Bestandteile von den mehr zufälligen zu sondern. In diesem Sinne ist auch die Körperbildung unserer Figuren durchzuarbeiten.

Wenn es auf den ersten Blick auch scheint, als wenn die Schöpfer unserer Figuren von einem gemeinsamen Schema der Menschengestalt so wenig wissen, daß vielmehr gerade die überraschende Mannig¬ faltigkeit der Formen als Kennzeichen ihrer Kunstübung zu gelten habe, so lassen sich doch bei näherem Zusehen eine ganze Anzahl nicht allen, aber vielen Figuren gemeinsame Züge feststellen.

Die Kopfform allerdings ist soweit sie nicht überhaupt durch den Schopf oder Aufsatz ganz verdeckt ist so variabel, daß man vergebens nach einem vorherrschenden Typus sucht; nur die starke Rundung des Ilinterkopfes ist ein charakteristisches Merkmal. Das Gesicht hat meist einen länglichen Umriß, der sich nach unten verschmälert, oft direkt zuspitzt; die beiden Gesichtshälften treten entweder schräg nach der Mitte zu vor, so daß die Nase eine Grenzkante bildet, oder das Vordergesicht ist seltener gegen die Seiten abgesetzt und entweder platt oder wenig gewölbt geschnitten. Gegen die Stirn tritt das Gesicht meist abgesetzt zurück; die untere Stirnkante läuft entweder ganz querüber oder wird durch die Nasenwurzel unterbrochen.

Die Augen werden verschieden wiedergegeben. Teils stehen sie quergerad, teils schief mit tieferem inneren oder äußeren Augenwinkel; teils sind sie länglich oft nach einem oder beiden Enden zugespitzt teils kreisrund gebildet; gelegentlich haben sie die Form eines Kreissegmentes, eines Dreiecks oder eines Winkels. Während sie oft winzig klein sind, nehmen sie manchmal einen großen Teil des Gesichtsraumes ein. Bald als Grube oder Schlitz in die Fläche hineingegraben, bald als runder oder läng¬ licher platter oder gewölbter Knopf im Relief hervortretend, ist die Vertiefung oft von einer Rand¬ leiste, die Erhebung von einer Kinne umgehen; es kommen auch Kombinationen von Leisten und Rinnen vor.

Die Nase, deren Wurzel tief eingebettet öfter einen deutlichen Winkel mit der Stirn bildet, dominiert häufig im Gesicht so, daß sie bis tief ins Untergesicht hinabragt, wenn sie nicht gar bis zum Kinn reicht. Daneben findet man Nasen von mittlerer Länge; kurznasige Gesichter sind eine Seltenheit. Typisch ist die gebogene Nase, mehrlach bis zur Form der „Judeunase“ gekrümmt; doch fehlt auch die

1) Versuche in dieser Richtung: Fov W. (’13) Schnauzenbildung in der Kuust Melanesiens, in: Ethnologica v. 2 p. 147 14a, und Schnitzereien von Neuuieckleuburg, in: Ethnologica (’13) v. 2 p. 126 130.

Abh. u. 13er. '1. K. Zool. n. Anthr.-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Bd. XV Nr. 1

geradlinige nicht. Ein charakteristisches Merkmal ist die Betonung der Nasenflügel. Gegen den Nasen¬ rücken abgesetzt und durch eine Furche von ihm getrennt, sind sie von der Nasenspitze aus schräg nach oben und außen entweder als gerade Leisten oder wie es scheint, besonders bei Frauen in Bogenform die Wangen hinaufgeführt und erreichen oft einen erstaunlichen Umfang. In nicht gerade vielen Fällen hat man sich die Mühe gemacht, die Nasenlöcher auszuhöhlen, merkwürdigerweise so, daß sie sich nach vorn öffnen. Selbst bei sonst wenig sorgfältig ausgeführten Statuetten hat der Künstler nicht versäumt, die Querdurchbohrung des Septums, die zur Aufnahme eines Nasenschmuckes dient, anzugeben.

Wo die Nase so weit hinabgeführt wurde, mußte der Mund seine natürliche Stelle verlassen und in die Nähe des Kinnes rücken. Bei zahlreichen Figuren ist er direkt in die Kinnkante eingeschnitten, und diese Übung hat so gefallen, daß man sie auch anwendet, wo kein Platzmangel es erfordert. Das schließt nicht aus, daß bei anderen Gesichtern mit normalen Nasen der Mund an seiner richtigen Stelle erscheint. Selten findet man einen horizontalen Mund; es ist allgemeine Gewohnheit, die Mundwinkel in die Höhe zu führen. Meist ist der Mund als ein Spalt in die Fläche eingeschnitten, die Ausarbeitung der Lippen erspart man sich gern. Wo sie als flache Leisten herausgearbeitet sind, pflegen sie rein schematisch angelegt zu sein; gut geschwungene Lippen sind eine Ausnahme. Bei der Beschreibung der Figuren ist darauf hin¬ gewiesen worden, daß zwischen den Lippen vieler Gesichter die Zungenspitze zum Vorschein kommt, oft zu einer kleinen, runden Scheibe umgebildet; gelegentlich sind in einem offenen Munde die Zähne angedeutet oder das Mundinnere ist durch weiße oder rote Farbe gekennzeichnet.

Für die Wiedergabe der Ohren interessieren sich die Holzschnitzer wenig. Es gibt Figuren, denen sie gänzlich fehlen, andere, in deren Schläfe sie als Grube oder gebogene Rinne eingeschnitten sind. In der Regel aber stellt man sie als kurze, sichelförmige Leisten dar, die an einer Stelle zur Aufnahme von Schmuck von vorn nach hinten durchbohrt sind. Nur wrenige Künstler haben versucht, die Ohr¬ muschel richtig auszuführen.

Die Köpfe sitzen fast stets ohne Hals auf dem Rumpfe. Es scheint, als wenn der Hals fast nur zum Zwecke scherzhafter Wirkung hier und da wiedergegeben wird, denn er erscheint dann meist entweder unnatürlich lang oder viel zu dick.

Was den Rumpf betrifft, so kann man zwei typische Formen unterscheiden. In vielen Fällen ist der lange Rumpf äußerst schmal, mehr tief als breit, an den Seiten abgeplattet, vorn und hinten in der Längsachse nach der Mitte vorgewölbt, oben und unten eingezogen; bei einer Anzahl Figuren aber nimmt der dicke Rumpf ringsum nach der Mitte hin an Umfang zu, während die Taille verhältnismäßig dünn ist. In einigen Fällen hat er Zylinderform oder einen viereckigen oder dreieckigen Querschnitt. Eine charakteristische Eigentümlichkeit besteht darin, daß häufig die Brustschulterpartie gegen den übrigen Rumpf scharf abgesetzt, vortritt; oft greifen die Innenkonture der unnatürlich verbreiterten Arme auf den Vorderkörper über und vereinigen sich mitten auf der Brust. Der Frauenbusen wird ent¬ weder durch flach vortretende Knöpfe oder eingeritzte Winkel angedeutet; der Versuch einer realistischen Darstellung ist nur einmal gemacht.

Die Schulterblätter heben sich oft scharf gegen den übrigen Rumpf ab und sind manchmal so stark gewölbt, daß sie die Gestalt eines Buckels annehmen. Bei diesen Figuren ist entsprechend das Gesäß, dessen Umfang man mit Vorliebe übertreibt, gegen den Rücken abgesetzt.

Die Schultern, die nie hoch und breit modelliert werden, fallen vielmehr meist vom Halse aus schräg ab und gehen in die Arme über, die bald unförmig breit, bald unnatürlich dünn, bald zu lang, bald zu kurz geschnitzt werden. Weit entfernt, eine Nachbildung der Natur anzustreben, formen die Holzschnitzer die Arme ganz nach Willkür. Oft durch einen Einschnitt, seltener durch eine vorstehende Querleiste von den Armen getrennt, sind die Hände ohne Sorgfalt gearbeitet und entweder zu klein oder zu groß geraten. Auf richtige Zahl der schematisch eingeritzten Finger ist kein Gewicht gelegt Die Beine haben vielfach übermäßig dicke Oberschenkel, deren Hinterkontur geradlinig in die Kontur des Gesäßes übergeht, und vor¬ zugsweise bei den Frauen starkentwickelte Waden; doch sind sie auch oft als dünne Stöckel gebildet. Die Füße sind wo überhaupt ausgeführt mit derselben Sorglosigkeit behandelt wie die Hände, sowohl betreffs der Form als der Zahl der Zehen. Die Ferse wird gern übertrieben lang gebildet.

Zum Schlüsse sei mit kurzen Strichen zusammenfassend das Ideal der plastischen Menschenfigur skizziert, wie es uns aus der Mehrzahl dieser Bildwerke entgegentritt: Das längliche Gesicht hat unter der vorspringenden Stirn eine von beiden Seiten nach der Mitte vortretende Fläche, lange gebogene Nase

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Oskar Nuoffer: Quetscbkolben von Berlinhafen (Kaiser Wilheslmland)

mit großen Flügeln, entweder längliche oder runde Augen, einen in die Kinnkante geschnittenen lippenlosen Mund mit aufwärts gezogenen Winkeln, kleine hochstehende durchbohrte Ohren. Ohne Hals sitzt der Kopf auf dem schlanken, schmalen, vorn und hinten in der Längsachse nach der Mitte gewölbten Kumpfe, dessen Schulterbrustpartie außerordentlich entwickelt ist, während die Schultern selbst verkümmert sind; das Gesäß ist übertrieben stark ausgebildet. In der Bildung der Arme und Beine folgte jeder Holzschnitzer seiner Laune.

Der Charakter der Knust

Die bunte Reihe der mannigfaltigen Darstellungen, von denen nur wenige einander gleichen, läßt sich, wie formal, so auch inhaltlich unter bestimmten Gesichtspunkten zusammenfassen.

Einen wertvollen Fingerzeig gibt die Tatsache, daß ein großer Teil der Personen maskiert er¬ scheint. Masken tragen die Papua bei den Festen, und im Festtreiben sind die Personen dargestellt. Da¬ zu i aßt, daß viele von ihnen im Festschmuck erscheinen, insbesondere mit dem Haarputz versehen, den man bei feierlichen Gelegenheiten trägt. Manche Stellungen: wo die Leute mit den Händen den Boden be¬ rühren, wo sie mit stark vorgeknickten Beinen oder in Kniebeuge stehen, werden, wie wir sahen, nicht unwahr¬ scheinlich auf Spiel und Tanz zurückzuführen sein. Die possenhafte Szene, die der Mann Fig. 18 Taf. 1 auf¬ führt, wird erst in diesem Zusammenhänge verständlich. Die Pantomimen, deren Darstellung bei mehreren Gruppen festgestellt oder vermutet wurde, bilden einen wichtigen Bestandteil der Eingeborenenfeste. Die Er¬ innerung daran festzuhalten und bei der Arbeit durch den Anblick der Figuren immer wieder aufzufrischen, ist offenbar der Zweck einer Reihe von Darstellungen auf den Quetschkolben.

Der obszöne Charakter vieler Figuren weist auch nach der Richtung der Feste, die stets in wilde Orgien ausgehen.

Die Anbringung von Masken an vielen Kolben gehört in den gleichen Kreis.

Wenn sich so ein großer Teil von Darstellungen auf Fest, Tanz und Spiel zurückführen läßt, so erschöpft sich jedoch die Kunstübung durchaus nicht darin. Die Mythologie steuert Stoff zu den Motiven bei. Bei der Besprechung der Gruppen habe ich bereits auf alte Sagen zurückgreifen können, die diesen Szenen sicher oder vermutlich zugrunde liegen; hierher gehört der Kampf eines Mannes mit einem Kasuar und die Entführung eines Menschen durch die Luft; mancherlei merkwürdig gestaltete Wesen, halb Tier, halb Mensch, mögen dem Kreise der Dämonen entnommen sein.

Auch „Genrefiguren“ sind zu verzeichnen, z. B. die Frau, die Nahrung zum Munde führt, ferner Leute, die diese oder jene, uns oft nicht verständliche Gebärde machen wir haben bei manchen Figuren an die Darstellung des Schmerzes oder der Trauer gedacht.

Vielfach aber scheint die Freude an plastischen Formen allein das primitive Werkzeug geführt zu haben; bei einer Reihe von ruhig stehenden Figuren interessierte offenbar allein das Interesse an der Menschenfigur. Wie weit etwa religiöse Motive hier mitsprechen, wie weit die Statuetten Ahnen vorstellen, deren Bild man auch bei der Arbeit immer gegenwärtig haben wollte, läßt sich nicht entscheiden. Früher wurde jedes primitive Bildwerk als „Götze“ ausgegeben; jetzt neigt man dazu, in jeder Menschenfigur einen Ahnen oder Toten zu sehen, und es gibt sicherlich eine große Anzahl Figuren, die teils Götter, teils Ahnen vorstellen. Aber man muß Anhaltspunkte dafür haben. Wie nicht jedes dargestellte Tier ein Totem, so nicht jede Menschenfigur ein Ahne. Bei den obszönen Darstellungen insbesondere erscheint diese Deutung ausgeschlossen; auch bei den übrigen rede ich, falls bestimmte Angaben fehlen, einfach von Menschen ganz gleich, ob tot oder lebendig.

In bezug auf die Menge der Motive übertrifft unser Gebiet alle anderen Gebiete der Südsee*, ori¬ ginelle Darstellungen, wie die Gruppen mit den menschlichen Vierfüßlern oder die Narreufigur kommen nir¬ gends sonst vor. Eine lebhafte Phantasie offenbart sich in der Erfindung von allerlei Formen, für die es kein Vorbild in der Natur gibt: Mischgestalten von Tier und Mensch, Deformierung von Körpern, Zu¬ sammenstellung von nicht zusammengehörigen, Trennung von untrennbaren Gliedern. Ein Spiel mit Formen, das von Schöpferkraft zeugt. Dazu kommt als hervorragendes Merkmal der humoristische Einschlag. Parodieren, karikieren, ins Spaßhafte wenden ist die Lust der Künstler. Manche Verunstaltung des Rumpfes, manche ^ erzerrung der Gesichtszüge ist auf die Freude am Ulk zurückzuführen. Daß hierbei alle Grenzen der Kunst überschritten und unmögliche Darstellungen gewagt werden, ist das Zeichen primitiver Kultur.

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Abhandlungen und Berichte des Königl. Zoologischen und Anthropologisch- Ethnographischen Museums zu Dresden Band XV (1917)

Nr. 2

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Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden

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Leipzig

Druck und Kommissionsverlag von B. G. Teubner

1917

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Ausgegeben am 28. Januar 1918

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OCT 16 1919

Abhandlungen und Berichte des Königl. Zoologischen und Anthropologisch- Ethnographischen Museums zu Dresden Band XV (1917)

Nr. 2

Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden

A. Jacobi

Mit 4 Tafeln und 7 Figuren im Texte

Leipzig

Druck and Kommissionsverlag von B. G. Teabner

1917

Ausgegeben aui 28. Januar 1918

Einleitung S. 3. I. Kleidung und Schmuck S. 6. II. Wohnung S. 7. ^ III. Gerät S. 9. IV. Belör- derungsmittel S. 12 V. Jagd und Fischerei S. 13. VI. Spielzeug nnd Kultus S. 14. Tafolerklärung S. 16.

Einleitung.

Im Frühwinter 1913 machte ich eine Reise nach der Halbinsel Kanin an der russischen Eismeer- käste1), die neben zoologischen Studien über das Renntier den Zweck hatte, eine Samojedensammlung für die ethnographische Abteilung des Museums zu erlangen. Mit Hilfe meines treuen Begleiters und liebgewordenen Freundes August Scrogis aus Riga damals politischer Verbannter in Mesen gelang es mir, eine Kollektion zu erwerben, die alles Wesentliche aus der materiellen Kultur der Kaninsamojeden enthielt und durch wertvolle Zugänge von ihren Stammesgenossen aus der Kleinland- (Timan-) und Großlandtundra so weit ergänzt wurde, daß sie als typisch für die europäischen Samojeden überhaupt gelten kann. Diese Vervollständigung verdankte ich für das erste Gebiet Herrn Georg Riedel in Mesen, für das andre Herrn Direktor Olsen von der ,, Stella Polare Sawmill Co. Ltd.“ in Archangelsk, der in sehr gefälliger Weise die Besorgung fast aller mir fehlenden Gegenstände durch die Vertreter der Gesellschaft an der Petschora- miindung veranlaßte Mit dieser rein sammlerischen Tätigkeit, deren Ziel im Frühjahr vollends erreicht war, glaubte ich mich begnügen zu dürfen, aber von mehreren Richtungen her kam nach Jahr und Tag die Anregung, das Material auch schriftstellerisch zu verwerten. Da ich mich nicht als einen Ethnographen lühle, soll den Fachleuten aus der Völkerkunde gegenüber die Drucklegung dieser Schrift gerechtfertigt werden. Erstens kann ich mich auf eine Äußerung von Tuilenius in seiner jüngst erschienenen Programm¬ schrift über die museale Ethnographie berufen, der da sagt2 3): „Eine besondere Wichtigkeit besitzen immer die Angaben, die mit den Gegenständen eingehen, und oft genug lohnt auch die unvollständige Sammlung mit einem lückenhaften Bericht die Veröffentlichung.“ In der Tat tvird wohl jeder Verwalter eines Völker¬ museums sich des Vorzugs von erläuternden Bemerkungen des eigentlichen Sammlers zu Gegenständen, die er neu erwerben oder katalogisieren soll, bewußt sein, gegenüber einem Haufen solcher, die höchstens Namen und Angaben von Ort und Bestimmung tragen. Zweitens hatte ich beim Nachsuchen nach Gesamt¬ darstellungen über das Samojedenvolk mit wachsendem Erstaunen feststellen müssen, daß es über den stoff¬ lichen Besitz dieses noch in unserem Erdteil weit verbreiteten und seit vierhundert Jahren ständig besuch¬ ten Nomadenstammes überhaupt keine zusammeDlässende Veröffentlichung gibt,2) wenigstens habe ich weder in der europäischen noch in der russischen Literatur um diesen in Rußland üblichen Gegensatz anzu¬ wenden etwas derartiges ermitteln können4), und die Äußerung P.s von Stenin5) ist unbegründet, daß sich seit dem Erscheinen von Castbens Werk6) „eine Masse ethnographischen und ethnologischen Stoffs über die Samojeden angehäuft hätte“. Wohl gibt es Schilderungen der Lebensweise und der sozialen Zu-

1) Vgl. „Jacobia Winterreise auf Kanin“ in: PetermanDs Mitt. '14, v 60, 1. Ilalbbd., p. 148.

S'! ’16 in: Beiheft zu v. 14 der , .Museumskunde“, p. 148.

3) Ist das aber hinsichtlich der uns noch viel näher wohnenden und bekannten Lappen viel besser?

4) Die mich besonders angehende Veröffentlichung von Porojiow über die Mesenschen Samojeden (185s in: Kthnogr. Sbornik. v. 4, p. 19 82) war in Deutschland nicht zu erlangen.

5) 1891 iD: Globus, v. 60, p. 170.

6) ..Nordische Reisen und Forschungen.“

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Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden

stände des Volkes von langjährigen Beobachtern wie Isslawin') und Tretjaköw**); die Rechtsgebräuche sind von Jefimenko ), Sprache und Mythus grundlegend von Castrk.v (s. u.l behandelt worden; auch haben Pallas10) und de Dobbeler11) kürzere Besuche der sibirischen Samojeden zu guten Abrissen ihres Daseins ver¬ wendet, während die Reiseschilderung Trevor B vttyes12) manches Wertvolle über die Samojeden auf Kolgujew bringt. Endlich ist die wichtigste Nahruugsquelle des Volkes, das Remitier, und seine Benutzung in den Reisewerken von Erman13) und A. Schre.\ku) gründlich geschildert worden. Aber eine Materialkunde, wie sie heutzutage für die ethnographische Schilderung eines jeden Stammes und für den wissenschaftlichen \ er- gleich als Grundlage erforderlich ist, und die sich besonders die deutschen und die nordamerikanischen Gelehrten zur Aufgabe zu machen pflegen, und auf dieser Grundlage eine Ergologie, sie fehlen noch. Man wird mich an Middendorffs großes Werk 15) erinnern, aber es muß einmal gesagt werden, daß die Ergiebig¬ keit dieser dicken Bände hinter ihrem Umfange empfindlich zurückbleibt. Der berühmte Forscher war der Zeitneigung, möglichst „humboldtisch“ zu schreiben, derartig ergeben, daß er an jede Einzel beobachtung weit¬ hergeholte Parallelen, allgemeine Betrachtungen und Fragen knüpfte; so verschwindet das Tatsächliche und das ist in unserem besonderen Falle ohnehin recht dürftig unter der Fülle des Beiwerks. Die au sich schon bescheidene Sammlung endlich, welche Fixsch 1876 am unteren Ob angelegt hat, rührte ganz über¬ wiegend von Ostjaken her, und die Beschreibungen in dem zugehörigen Ausstellungskataloge entsprechen dessen Aufgabe. Bildaufnabmen der Gegenstände und die Drucksache konnte ich durch die gewohnte Güte des heimgegangenen Forschers noch kennen lernen.

Somit brauchten die Leistungen meiner Vorgänger kein Hindernis zu sein, meine eigenen Er¬ fahrungen im Rahmen eines kurzgefaßten, beschreibenden Katalogs zu veröffentlichen.

Noch weniger als das Wort ist das Bild für die Erläuterung unseres Gegenstandes benutzt worden. Von vereinzelten Beigaben abgesehen haben meines Wissens nur Middendorfk und Trevor-Baityk eine Anzahl Gebrauchsgegenstände in ziemlich primitiver Weise wiedergegeben; systematisch ist dies wich¬ tigste Hilfsmittel der vergleichenden Materialkunde noch nicht ausgenutzt worden. Daher glaubte ich mich auch in dieser Hinsicht nicht zurückhalten zu sollen. Uber das Ziel, Anderen Stoff zu bieten, an den sie weiteres anknüpfen können, gehen Text und Bilder nicht hinaus, und die wenigen Abschweifungen zeitlicher und räumlicher Art stehen nur in jenem Dienste. Doch scheint es mir nützlich, einige Hinweise auf den kulturellen Hintergrund zu geben, aus dem mein Stoff genommen ist.

Das stoffliche Besitztum der Samojeden ist im Vergleiche zu demjenigen anderer Hyperboreer von jeher sehr spärlich gewesen. Das Fleisch des Renntiers war die überwiegende Grundlage ihrer Ernährung, sein Fell der Stoff zur ganzen Kleidung, zum Obdach und zum Behältnis für den sonstigen Besitz so drehte sich ihr Dasein fast ausschließlich um die Zucht und Bewachung der Renntierherden. Fischerei und Jagd auf Land- und Seetiere wurden und werden nur so weit ausgeübt, «als sie sich mit jener Aufgabe ver¬ tragen, die von Jahreszeit und Örtlichkeit sehr abhängig ist. Kultus und schamanistische Veranstaltungen werden nicht regelmäßig ausgeübt, Feste ebensowenig, und selbst das Spielzeug ist eintönig. So konnte sich wenig Gerät und Zubehör für dergleichen Anlässe entwickeln, die den Naturmenschen sonst zur Anspannung von Handgeschick und Erfind uugsgabe anzuregen pflegen. Mit jener Armut an Bedürfnissen geht diejenige an Gebrauchsgütern zu ihrer Befriedigung einher, der Kulturbesitz greifbarer und geistiger Art tritt weit gegen den zurück, welchen sich die übrigen Renutiervölker und die Eskimo angeschafft haben. Darauf hat die mehrere Jahrhunderte währende Berührung mit den Europäern wenig Einfluß ausgeübt; wo solcher zur Verbesserung der täglichen Lebensweise führte, wie sie der Samojede mit ausreichendem Renntierbesitz sich gestatten kann, da sind für angenommene Kulturbestandteile ebensoviel ursprüngliche aufgegeben wor-

7) 1K61 in: Zschr. f. Allg. Erilk. (N. F.), v. 10, p. 70 114

8) 1869 in: Sapiski Geogr. obschtsch. po obschtsch. geogr., v. 2, p. 215 531.

9) 1878 in: Sap geogr. obschtsch. po etnografij, v. 8, u. Auszug in: Globus 1891, v. 60, p. 170 f.

10) 1776 lteise durch versch. Prov., v. 3.

11) 1886 in: Globus, v. 49, p. 167 f.

12) 1895 Ice -bound on Kolguev. Westminster. 8°.

13) 1833 Reise um die Erde v. 1.

14) 1818 Reise nach d. Nordosten d europ. Rußlands usw , 2 v.

15) 1875 Reise in den äußersten Norden u. Osten Sibiriens, v. 4, T 2

Abh. u. Ber. d. K. Zool. u. Anthr.-Etlm. \fus zu Dresden 1 y 1 7 lid. XV Nr. 2 5

den, und die Verödung darin schreitet fort. An der Petschora, namentlich in Ust-Zvlma, hat sich neben Küssen und Syrjänen schon eine Anzahl Samojedenfamilien fest angesiedelt und deren Lebenserwerb ein¬ geschlagen. Wenn man bei diesen Vertretern ihres Stammes ethnographisch sammelt, so kann man zwar Butterfässer, Seiler- und Böttchergeräte aus Samojedenhäuseru erwerben, wie sie aus der Kollektion des verstorbenen E. Alexander (St. Petersburg) in deutsche Museen gelangt sind, aber man fügt ganz wesens¬ fremde Züge in das Kulturbild ein. Was für die cisuralischen Samojeden im allgemeinen gilt, ist. bei ihren westlichsten Vertretern, eben den Kaninleuten, infolge des besonders langen und regen Verkehrs mit der russischen Kultur noch gesteigert. In allem, was Kleidung und Renntierhaltupg belangt, ist der dortige Wandersamojede Anhänger des Alten, in der Hinsicht eben Naturbedingten, geblieben, aber auch hier hat seine Trägheit und die Verwöhnung durch neue Genüsse, zumal die scheußliche Trunksucht, zur Aufgabe vieler nicht gerade lebensnotwendigen Betätigungen geführt. Jagd und Fischfang werden vernachlässigt, Zierat und Schmuck aufgegeben, soweit nicht die Kleidung ihn bietet. Nur die verarmten, zeitweilig oder für immer des Kenntierbesitzes beraubten Familien pflegen noch altgewohnten Besitz zu haben, weil ihnen die Mittel fehlen, ihn durch die leistungsfähigere Handelsware zu ersetzen. Im schäbigen Zelte solcher „Bettelsamojeden“, die sich wenigstens den Winter über nahe den russischen Ansiedlungen halten, konnte ich deshalb am ehesten die Vervollständigung meiner Sammlungen erreichen. Dagegen war von den Leu¬ ten um so schlechter etwas zu erhalten, je wohlhabender sie waren. Solch ein Besitzer von einigen Tau¬ send Tieren ist ein gar hochfahreuder Herr, dem am Verkaufen seines, selbst des nutzlos gewordenen Eigentums für ein paar Kübel wenig liegt, wenn er an einem Tage durch Übernahme von Fuhren deren hundert verdienen kann und vielleicht Tausende auf der Sparkasse iu Meseu liegen hat. Immerhin würde man auch bei diesen Aristokraten meistens zum Ziele kommen, wenn sie nicht im Winter, wo sie sich bücht Branntwein verschaffen können, sozusagen andauernd betrunken wären, und das im traurigen Gegen¬ sätze zum russischen Bauern beide Geschlechter. Auch der Kaninsamojede hat von den freundlichen Eigen¬ schaften seines Stammes, der Friedfertigkeit, Ehrlichkeit und Gastfreiheit, erst wenig verloren, aber im Kausche verleugnet er diese Tugenden großenteils, und daun ist der Reisende für seine Person und Zwecke den Launen des Eingeborenen preisgegeben.

Aus diesen Verhältnissen erklärt es sich, daß man die Belegstücke zur äußeren Kultur der europäischen Samojeden am ursprünglichsten und vollständigsten bei den Bewohnern der abgelegenen Kleinland- oder Timantundra und der Großlandtundra finden wird. Da ich, wie erwähnt, mir nur durch Vermittlung Anderer von dorther Gegenstände verschaffen konnte, war die Vollständigkeit in dieser Hinsicht noch schwerer zu erzielen als aus dem selber bereisten Gebiete. Jedoch haftet diesem Bestandteile der Sammlung nicht gerade der Mangel des zufällig Zusammengebrachten an, weil ich den Besorgern genaue Wunschlisten mitgegeben hatte, an die sich die Herren auch mit Verständnis gehalten haben. Die Stücke aus dem Großlande sind im Texte gewöhnlich zur Petschora gerechnet, insofern sie von den zur Wiuter/.eit dort verkehrenden Leuten eingehaudelt, worden sind, aber ich wiederhole, daß dabei nur Nomaden von wesentlich ursprünglichen Lebensverhältnissen in Frage kamen.

Weil Doppelstücke meiner Sammlung iu andere deutsche Museen gelangt sind, sei bemerkt, daß die Originalnummern sich auf folgende Urspruugsgebiete beziehen:

Nr. 1 305 Kaninhalbinsel, östlich bis Oma ,, 306 436 Großlaudtundra 437 457 Timantundra.

Die andere Numerierung (31730 u. f) ist diejenige des Zettelkatalogs der hiesigen ethno- graphischen Sammlung. Im Texte sind diese Nummern nur für nicht abgebildete Gegenstände genannt, sonst findet man sie nebst den Massen bei der Liste der Abbildungen. Einheimische Namen glaubte ich nur bringen zu sollen, soweit sie nicht in dem „Wörterverzeichnisse aus den Samojedischen Sprachen“ von Castr'ex1'’) bereits aufgeführt sind. - Die Materialbezeichnung „Knochen“ bezeichnet sowohl Skelettknochen wie Kenn¬ tiergeweih, was auch der anatomischen Beschaffenheit nach dasselbe ist.

16) 1855 «= Nordische Reisen u. Forschungen, v 8.

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Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden

I. Kleidung und Schmuck.

Da die Kleidung der Samojeden in älteren und neueren Schriften oft genug beschrieben worden ist, beschränke ich mich hier auf das weniger Bekannte und gewisse Besonderheiten. Allgemein gesagt, wird bei den Kaninsamojeden wenigstens keinerlei edles Rauchwerk mehr verwendet, nicht einmal der so häufige Eisfuchs Den Grundstoff liefert das Renntierfell, zur Auszierung dient dieses in verschie¬ dener Farbe und Haarlänge, dann Tuch und Kattun, bei den Frauen noch Hundepelz. Solche Ausschmückung wird aber fast nur der weiblichen Tracht zuteil, für die Männer nur den Stiefeln. Über dem Oberpelzrock, der Maliza, tragen diese außer bei ganz schönem, trockenem Wetter oder bei Festeu immer einen hemdartigen Überzug aus Kattun zum Schutze gegen die Nässe, weil die nach außen gekehrte Fleischseite des gegerbten Pelzes unter dieser so leicht fault. Aus diesem Grunde verlangt auch das Schuhwerk Fellstrümpfe und -stiefel eine sorgfältige Pflege, derart, daß man es im Zelte auszieht, vollständig um¬ stülpt und zum Trocknen aufhängt. Das einmalige Unterlassen dieser Maßnahme kann durchnäßtes Schuh¬ werk zum Faulen bringen. Während die Männer den schweren Oberpelz (Sowik, mit den Haaren nach außen) nur bei strenger Kälte unterwegs anlegen, wird er für Knaben nicht selten gleich an der Maliza befestigt. Auch das weibliche Geschlecht trägt den Sowik (Fig. 34, 35, 39) beständig; er ist sicher das bunteste und kunstreichste, mit dem meisten Aufwand von häuslichem Fleiß hergestellte Gewand, das ein Polarvolk aufzuweisen hat, und schlägt darin noch die gewiß rühmenswerten Leistungen der Tungusen und Eskimo. Das Oberteil samt den Ärmeln ist aus einer Unzahl von rechteckigen Pelzstücken und -streifen verschieden¬ ster Läno-e und Breite zusammengesetzt, in die wieder feine Streifchen und Läppchen bunten Tuchs ein¬ geschaltet sind : unter den Hüften wechseln breite wagerechte Bänder von dunklem und hellem Hundepelz mit solchen aus Tuch ab, die wieder aus recht verschiedenfarbigen Vierecken zusammengesetzt werden. Die rasselnden und klirrenden Anhängsel, welche nach älteren Schilderungen17) nicht fehlen durften, fand ich nur noch einmal an einem Mädchenrock (Fig. 35), wo an den Ärmeln Schellen und Büschel Lederriem¬ chen mit Hufschalen von Renntierkälbern befestigt sind. Im warmen Sommer tragen Frauen und kleine Mädchen auch einen Sowik aus Tuch und Stoff, ebenfalls recht bunt gemustert, wo aber die ganze Ein¬ fassung und der unterste Saum Pelzwerk bleibt. Die Lust der Samojedenfrau am Sticheln und Flicken ihre fleißigen Hände ruhen eben im Wachen nicht einen Augenblick belegt in ganz merkwürdiger Weise ein Pelzrock, der aus einer Unzahl von Pelzläppchen von verschiedenster Größe und Umriß zusammen- gestiickelt ist: ein wahres „Allerleirauh“ (31759).

Das Ornament der westlichen Samojedentracht, insbesondere des Weiberrocks, ist trotz seiner reichen Wechselwirkung in der Verwendung sehr einförmig und beschränkt sich auf parallele Streifen gleicher Länge oder das Ineinandergreifen solcher von ungleicher Länge: dazu kommen weniger häufig einfache und doppelte Zickzackbänder (Fig. 39). Ganz vermißt wird die Stilart, welche jenseits des Ural so vielseitig an Kleidern und Geräten angebracht wird und geradezu der „Obische Typus“ genannt werden kann, weil er im Stromtal des Ob, bei Wogulen, Ostjaken und Samojeden, zu Hause ist. Es sind Reihen und Ketten von schiefliegenden Winkeln, Haken und Kreuzen, auch von unverbundenen Andreaskreuzen, meistens hell auf dunklem Grunde. Um ein leicht zugängliches Beispiel zu haben, verweise ich auf das Bild bei Midden- dorff (1875, p. 1458). Ob dieses Ornament westlich des Ural je einheimisch gewesen ist, kann ich nicht feststellen; zwar enthält unsere Sammlung ebenso wie die ALEXAXDERSche einige wenige Belegstücke aus dem Petsclioragebiete, aber es fehlt mir an der Gewähr dafür, daß sie dort und nicht in Sibirien entstan¬ den sind. Die Analvse dieser Stilart und die Ermittlung ihres Ursitzes dürfte eine der Aufgaben sein, welche dem Problem der ural-altaischen Völkerverschiebung mit zur Lösung verhelfen können.

Die Fußbekleidung bilden gewöhnlich die bekannten Pelzstiefel (Fig. 43 45) aus Renntierfell mit Tucheinsätzen, die bei beiden Geschlechtern übers Knie reichen. In ihrer bunten Zusammensetzung und sauberen Arbeit machen sie dem Geschmack und der Kunstfertigkeit ihrer Verfertigerinnen ebensolche Ehre wie die Oberröcke. Bei den Männern sind sie von dunkler Grundfarbe mit weißer Streifung, bei den Frauen umgekehrt. Man befestigt sie durch einen Riemen an der Hose und außerdem durch Kniebänder aus bunter \\ olle geflochten (Fig. 64,71 Bei warmem Wetter macht man, um die überflüssige Weite auszu-

17) Z. B. bei Isslawin.

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füllen, eine Einlage aus zusammengelegten Grashalmen, im Winter werden noch Fellstrümpfe, die Haare nach innen, angelegt. Gelegentlich werden statt des Grases feine Späne aus Weidenhol/, verwendet. Bei nassem Wetter trägt man auch Stiefel aus dem wasserdichten Pelz der Bingeirobbe (Flux'd foetida 0. Kahr / oder man legt weite Überschuhe (tombari) aus Renntier- oder Robbenfell an (Fig. 36); diese reichen nur bis an die Knöchel, wo sie zusammengeschnürt werden.

Als Kopfbedeckung dient in der wärmeren Jahreszeit nur bei Besuchsfahrten eine topfförmige Mütze aus dem feinen weichen Pelz der ganz jungen Renntierkälber („pyzeki“), mit spitz zulau¬ fenden Ohrenklappen; sie ist doppelwandig, für Männer mit Einlagen aus andersfarbigem Pelze, für Frauen auch mit tuchenen (Fig. 50, 60). Gegen strenge Kälte schützt sich der Mann durch die Kapuze au seinem Sowik, die Frau durch eine besondere Haube aus Renntierpelz. Früher wurde diese für die Brautausstattung aus dem geschätzten Vielfraßfell angefertigt und ist als solche noch der wohlbehütete Besitz alter Frauen, während die jüngeren sie als „unmodern“ verschmähen. Solche Hauben, von denen drei in meine Hände gelangten, bestehen außen aus jenem schönen rostroten Rauchwerk, umsäumt und gefüttert mit Remitier (Fig. 54). Im Nacken hängen einige Tuchstreifen und Ketten von alten Glasperlen herunter, an denen kreisrunde Messingscheiben befestigt sind ein ziemlich schwerer Schmuck, der nach de Dobbeler18) das windfeste Anschließen der Haube bewirken soll.

Die weite Oberkleidung wird von beiden Geschlechtern durch einen Gürtel zusammengehalten und hochgerafi't. Der Männergürtel ist aus kräftigem Rindsleder von verschiedener Breite, mit kräftiger, stilmäßig durchbrochener Messingschnalle und ebensolchen Beschlägen11') (Fig. 49,50); oft werden auch Wappenknöpfe als Zierat augebracht. Daran hängt das Messer an Metallketten, ein ledernes Futteral für den Wetzstein und gelegentlich ein Täschchen für allerhand, beide ebenfalls von Rindsleder. Ein Gürtel (Fig. 49) trügt auch den Eckzahn eines Bären, wohl als Amulett. Die Frauengürtel (Fig. 65, 69, 70, 72) sind dagegen aus bunter Wolle geflochten, nur 2 4 cm breit, aber bis 3 m lang, so daß sie mehrmals umgeschlungen werden. Die Frauen tragen nur das Messer, gelegentlich auch zwei, und gern einen möglichst riesigen Anhänger aus Kupfer oder Messing (Fig. 76).

Au Schmuck wurde in meinem Sammelbereiche am eigentlichen Körper kaum noch etwas getragen. Einige Frauen hatten fertig gekaufte Ohrringe. Ihren ursprünglich so bezeichnenden Haarschmuck verschmähen sie jetzt ganz. Bei besonderen Gelegenheiten wird hinten an der Mütze ein Paar hübsch ver¬ zierter Bänder aus Pelz und Tuch angeheftet, die in der für Zopfschmuck typischen Weise Querverbindun¬ gen haben Fig. 46). Aus der Timantundra liegt vor eine Zopfverzierung aus Glasperlen mit einer halben Schelle und ein Stirnband für Mädchen: ein schmaler, grüner Tuchstreifen mit feinen Messingkettchen und einer Schnur Glasperlen benäht; beiderseits ein Stück Band zum Umbinden (Fig. 56). Dagegen ist der Gürtelschmuck noch bei den Frauen beliebt, z. B. klirrende Ketten aus metallnen Ringen und jene großen Anhänger (Fig. 76— 79). Im Großlande finden sich dafür noch eigentümliche mehrteilige Berlockes \Fig. 62, 63). Die Anhänger an den altmodischen Pelzhauben sind teils runde Scheiben mit konzentrischen Kreisen auf den Flächen, teils durchbrochene Gußarbeit mit allerlei Figuren, wie Vogel, Pferd, Reiter oder Fabelwesen, im Durchmesser bis zu 10 cm (Fig. 73 75, 77).

II. Wohnung.

Innere Einrichtung des Zelts. So wenig Hausrat die bewegliche, enge Wohnung des Renntier¬ nomaden auch birgt, so hat das bescheidene Gerät doch eine strenge, sogar mit geistigen \ orstellungen sich berührende Anordnung. Da ein der Quellen nicht kundiger Museumsverwalter bei der Aufstellung einer Samm¬ lung aus diesem Gebiete hierüber im unklaren sein kann -- wie das in einem großen deutschen Museum der Fall war , so gebe ich eine Beschreibung des Inneren eines „Tschum“. Die Mitte wird von der Feuer¬ stelle eingenommen, wo auf dem kahlen Boden das Feuer brennt. Die Kochgeschirre, nämlich der unent¬ behrliche Teekessel und ein offener eiserner Topf oder Grapen zum Kochen von Fleisch und Grütze, hän¬ gen sehr beweglich über dem Feuer an einem besonderen Herdgestell, das der Lebensweise angepaßt rasch und vollständig zerlegbar ist (Fig. 2). Es besteht aus zwei wagerechten Latten, etwa 1,80 m lang, die hinten

18) p. 108.

19) Gußarbeit jeder Art sowie feineres Scbmiedewcrk, wie Ketten, ist von Hussen oder ^yrjänen geliefert

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in Brusthöhe jede für sich an eine Zeltstange angebunden werden. Nach vorn, dem Eingang zu einander genähert, sind sie durch einen Strick gemeinschaftlich an einer senkrechten Stange angehängt, die oben wie¬ der an eine Zeltstange geschnürt wird. Die Kochgefäße hängen jedes an einer Latte, die unten in einen Haken für den stärker erhitzten Teekessel oft aus Eisen angeschmiedet endigt oder auch an einer lang- gliedrigen Kette mit einem solchen. Diese Träger ruhen wieder auf fingerdicken Querstäben, die man durch Löcher in ersteren steckt, und die selber quer auf den wagerechten hatten ruhen. Die ganze Einrichtung gestattet es, die Geschirre nicht nur wagerecht oder senkrecht einer größeren oder geringeren Glut auszu¬ setzen, sondern sie auch seitlich zu schwenken, um ohne Abheben von den Haken vom Inhalte abzufüllen Dieses Herdgestänge trägt auch vorn den Waschnapf für die morgendliche Gesichts- und Händereinigung, zu der sich die Kaninsamojeden aufgeschwungen haben, und bei der sie wenigstens so viel Wasser auf¬ wenden, wie ein russischer Großstädter bis zum Mittelstände hinauf. Das Gefäß (31746) ist ein niedriges, kupfernes Näpfchen mit langem, schmalem Ausguß, von etwa 13 cm Durchmesser, mit beweglichem Bügel und Kette zum Anhängen; natürlich russische Arbeit. Oft hängen am Herde Fellstrümpfe und Stiefel zum Trocknen.

Links und rechts der Feuerstelle liegen lange und breite, aber dünne Planken, gern rot angestrichen, zum Schutze gegen die Nässe des vom Feuer aufgetauten Bodens beim Sitzen. Da die Strahlungswärme des nur nach oben lodernden Feuers nur wenige Schritte weit reicht, so bleibt der Schnee, den man beim Errichten des Zelts nur am Eingang und für das Feuer wegkehrt, auch beim leichtesten Froste ringsum im Baume unaufgetaut. Deshalb werden die Sitz- und Schlafplätze zunächst mit Mat ten aus Birkenreisern (Fig.41) bedeckt, welche aus meterlangen Ruten durch Bindfaden verflochten sind, und darüber mit solchen aus einem langhalmigen Grase, vermutlich Aim flexuosa L. Dieses vereinigt man zu Bündeln von Kleinfinger¬ dicke und umwickelt jedes sorgfältig mit Kattunstreifen; hernach werden die Bündel durch starke Schnur in 6 8 maliger Durchschlingung zu den Matten vereinigt, die oft über 1 qm groß sind (Fig. 42). Den weiteren Umkreis des Herdes nehmen Benntierfelle, Säcke und Taschen aus Pelzwerk ein, die als Schlaf¬ lager dienen. Hinter dem Feuer, also dem Eingang gegenüber, hängt bei einem Zeltwirt, der sein sogenann¬ tes Christentum kundgeben will, das Tragbrettchen für ein paar winzige, verräucherte Heiligenbilder, unter ihm steht auf dem Boden verschiedenes Vorrats- und Speisegeschirr. Dazu gehören runde, ovale und vier¬ eckige Holzkästen russischer Arbeit, auch wohl einige der zylindrischen Büchsen aus Birkenrinde, die man in jedem Haushalte Nordrußlands vorfindet. Die viereckigen Kästen pflegen das Innere in Fächer ge¬ teilt zu haben, worin zerbrechliches Geschirr auf der Reise verwahrt wird. Früher wurden die Kästen (z. B. Nr. 31842 von 40x35x8 cm) zur Abwehr der Nässe mit Seehundsfell überzogen und mit schmalen Streifen von Eisenblech kreuzweise in regelmäßigen Abständen beschlagen; solchen Besitz findet man nur noch bei alten Leuten (Fig. 14). Niemals fehlt ein kleiner Eßtisch, der als Gerät samt seinem Namen (stol) ebenfalls von den Russen übernommen, aber durch Verkürzung der Beine auf 8 15 cm der hocken¬ den Sitzweise im Zelt angepaßt ist (31735).

Ursprüngliche Behältnisse für Vorräte und Besitz aller Art sind dagegen die Felltaschen. V ie sie zum Aufnehmen von Mehl, Grütze, Zucker, Pelzwerk, Handwerkszeug, Tand und Spielzeug dienen, so wechselt auch ihre Größe von Meterbreite bei einem Mehlsack bis zum Nähtäschchen herunter und ebenso ihre äußere geschmackvolle Ausstattung. Gemeinsam ist allen die Form der Tasche, insofern auch die als Säcke gebrauchten den Boden nach oben geschweift haben, etwa von der Form einer Beilklinge; größere Behältnisse sind immer breiter als lang und werden nicht wie unsere Säcke in einen Hals zusam¬ mengeschnürt, sondern oben am Schlitz querüber durch mehrere Paare Bänder. Die kleineren Nähtaschen usw. haben dagegen meistens einen Zug. Alle Taschen sind aus mehreren, oft sehr vielen Stücken Fell, Leder und I uch zusammengesetzt, wodurch eine abwechslungsvolle und, wie bei allen samojedischen Pelz- arbeiteu, sehr geschmackvolle Musterung entsteht; diese beschränkt sich jedoch auf eine Seite und allenfalls den Boden. Die Anordnung des Musters hält bei aller Freiheit im einzelnen daran fest, daß einige breite senkrechte beider, die gewöhnlich aus einem Stück bestehen, oben und unten von mehreren wagerechten Streiten eingeschlossen werden; diese sind nicht selten aus Quadraten dunklen und weißen Pelzes abwech¬ selnd zusammengesetzt. Die unteren wagerechten Streifen verlaufen der Krümmung des Randes folgend bis zu den oberen (big. 37, 47) Zwischen die senkrechten Felder sind noch solche aus abwechselnd wage- und senkrechten Streifchen eingeschaltet Bei einem sehr alten Sacke (31765) enthalten letztere ein Zickzack-

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muster (Fig. 38), wie es auch am Obergewand der Frauen vorkommt. Ränder und Säume werden oft mit Fransen und Quasten besetzt. Der oberste Teil jeder Tasche, in */4 bis Ys der Höhe, besteht aus einfachem, gauzem Pelze, die Haarseite stets nach innen gekehrt.

Als Material dient in der Hauptsache Renntierpelz, aber auch Seehund (Phoca vitulina L) und Wolltuch verschiedener Farbe Die Mosaik hilft schwarzes Kalbleder russischer Herkunft ergänzen, welches auch in schmalen Streifen zu Fransen verwendet wird. Letzteren gibt man öfters einen Metallglanz, wahr¬ scheinlich aus der Bleifolie der Teepäckchen gewonnen. Ein eigenartiges Säckchen (Fig. 58) ist aus einem Schwanenfuß hergestellt, dessen Hornbekleidung im ganzen abgezogen und oben/durch keilförmige Einsätze aus buntem Tuch erweitert wurde; solch ein Behältnis, das nicht häufig vorkommt, findet sich bei Middexdorkf* ') in schmuckloser Form abgebildet und als ,,Thransäckchen“ bezeichnet, während das hiesige nur trocknen Inhalt geborgen haben kann.

III. Gerät.

Das wichtigste Gerät ist dem Samojeden das Messer; deshalb trägt der Mann stets eins bei sich, das mangels aller Taschen in der Kleidung am Gürtel hängt. Die einschneidige, 11 13 cm lange selten längere Klinge hat einen geraden Rücken, aber eine am Grunde etwas eingeschweifte Schneide, deren Spitze nach dem Rücken bogig ausläuft; sie wird meines Wissens von den Leuten selbst aus irgendwel¬ chem Eisen zurechtgeschmiedet, einer halben Schere u. dgl ., mit Vorliebe aus einer alten Feile, wo dann noch Reste des Hiebs erhalten bleiben Der Griff wird aus Holz oder Knochen hergestellt in einer Läuse, die der Handbreite entspricht, und gewöhnlich etwas zu einem Knaufe verdicktem oberen Ende. Jetzt sind die Griffe auf Kanin roh und schmucklos, aber hin und wieder hat sich eine nette Metallverzierung erhalten, wie man sie weiter im Osten noch häufiger trifft. Sie besteht aus Blei, das in eingeschnittene Vertiefungen eingehämmert wird, und zwar zunächst aus einem Stichblatt, das den unteren Querschnitt des Griffs glatt nach oben umfaßt, dann aus schmalen Bändern, die gewöhnlich über den ganzen Griff laufen, nur selten seinen Grund bedecken (Fig. 5, 9, 10). Diese Verbindungen aus geraden und gewundenen, bisweilen gezähnelteu Linien bilden ein besonderes Ornament, das an dem sonstigen Gebrauchsgut nicht wiederkehrt und mir ebenso bezeichnend für eine gewisse Stilwahl des Volks zu sein scheint wie die bekannten Linearornamente an den Löffeln der Lappen. Das eine in Fig. 5 abgebildete Muster kehrt bei Trevor Battye (p. 173) und Seebohm31) (p. 14) genau so wieder, sonst wird aber die Verbindung der Grundlage von geraden und geschwungenen Linien sehr frei gebraucht. Der obere Querschnitt des Griffs wird gern durch eine Kappe bedeckt, aus der in der Mitte ein Dorn oder Nagel hervorgeht, während vier und mehr winkelförmige Bü¬ gel ihm nach innen zugekehrt sind.

Die Messerscheide besteht zu allermeist aus Holz und ist so lang, daß nur der Knauf des Messers eben herausragt. Bei einem sehr alten Messer mit Knochengriff (Fig. 10) von der Petschora ist sie jedoch aus einem starken Röhrenknochen gefertigt, dessen untere Hälfte beiderseits längs gespalten und an der Spitze durch eine eiserne Niete wieder vereinigt ist. Die hölzernen Scheiden werden meistens mit dickem, schwarzem Rindsleder überzogen und bleiben schmucklos, nur wieder im Osten kommt eine typische Abweichung vor, die auch in meiner Sammlung vertreten ist (Fig. 9): die aus Holz sehr sorgfältig gear¬ beitete Scheide ist nur als Hülse für den Griff von ovalem Querschnitt, tür die Klinge dagegen brettartig abgeplattet, welche Form sich nach oben an der Hinterseite der Griffhülse in eine Leiste fortsetzt. Der Lederüberzug liegt sehr straff und glatt an und ist hinten nicht zusammengenäht, sondern durch zwei Strei¬ fen von Kupferblech und durchgeführte Nieten auf dem Holz befestigt; durch die Nieten wird gleichzeitig der Zierat aus Querbändern von Kupfer- und Messingblech gehalten.

Die als Hausorerät verwendeten Messer sind von den Gürtelmessern nicht verschieden, außer daß sie gewöhnlich der Scheide entbehren. Man findet auch sehr große und schwere von der Form unserer Brotmesser (31786, Klinge 26 cm lang), womit Knochen, Zucker u. dgl. zerschlagen werden, auch zum Zer¬ teilen der großen Schneestücke dient es. die man als Wasservorrat im Zelt hat.

20) p. 1454.

21) 1880 Siberia in Europe. London 8°.

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Für Holzbearbeitung dienen sehr schmale Messer (pjä-harr), um damit Löcher zu bohren; ein von mir gesammeltes (Fig. 8) hat nachträglich eine Holzscheide ohne Überzug aus zwei Längshälften erhalten, die durch einen Riemen zusammengeschnürt und gleichzeitig mit dem Heft verbunden sind. Fürs Aushöhlen von Löffeln usw. hat man eine mit der Fläche zu einem Ring zusammengebogene Klinge, wie sie in ähnlicher Ausformung bei den Lappen und Nordasiaten vorkommt (Fig. 11), während unsere Hand¬ werker dieses verwendbare Hilfsmittel befremdenderweise kaum kennen.

Der Drillbohrer (Fig. 7), der schon bei der ersten Bekanntschaft mit den Samojeden vor¬ gefunden wurde22)» ist Handgriff sehr kräftig; die Hülse, in welcher sich der Bohrerhalter dreht, sitzt oben entweder einem Zapfen frei auf und kann dann leichter verloren gehen , oder sie wird durch einen über ihr aufgesetzten Knopf gehalten. Der Riemen aus Seehundsleder, der sie mit dem Drillholz ver¬ bindet, wird durch 2 3 Paare tangential angebrachter Löcher geführt. Das Drillholz ist kein Geigen¬ bogen, sondern ein Stab, nur das eine Ende ist als Handgriff etwas gekrümmt. Der Bohrer selbst, ein Hohleisen von verschiedener Stärke, scheint Einfuhrgut zu sein. Zwei Drillbohrer (parrä, 31885), die in meinem Aufträge außerhalb Kanins besorgt wurden, zeigen in der regelmäßigen Abdrehuug und reichen Profi¬ lierung der Griffe, daß diese aus der Hand russischer Drechsler hervorgegangen sind ; nur das Drillholz und der Lederriemen dürften vom Eingebornen hinzugefügt sein.

Der Besprechung der Gerbegeräte seien einige Worte über die Fellbearbeitung überhaupt vorangeschickt. Der Samojede, oder genauer die Samojedin, ist in der Fierrichtung und Verarbeitung von Pelzwerk dem anderen europäischen Renntiernomaden, dem Lappen, beträchtlich überlegen, wie auch Zusam¬ mensetzung und Zuschnitt der Pelzkleidung sich als das Ergebnis einer viel weiter vorgeschrittenen An- passung an die arktische Natur bewähren. Während der Renntierpelz nach lappischer Zubereitung eine gewisse Steifigkeit behält, die nur durch das Einreiben von Fischtran gemildert wird, versteht ihn die Samojedin vollständig sämisch zu machen, so daß auch das Fell des alten Tieres weich wird wie das feinste Handschuhleder. Allerdings kommt diesem Ziele zu Hilfe, daß die einfach abgezogene Kenntierhaut auch ohne jede Behandlung außer dem Trocknen in ausgespannter Lage geschmeidig und zusammenrollbar bleibt, so daß man sie ohne weiteres als Decke im Zelt und Schlitten gebrauchen kann. Das eigentliche Gerben muß aber durch das übliche Abfleischen und Schaben der Innenseite eingeleitet werden. Dazu dient am häufigsten das Schabeisen (jesjejka). Zumeist ist eine Klinge von der Art des Hobeleisens, aber etwas gebogen, in einen zweihändigen Griff eingelassen; bisweilen ist die Klinge doppelt (Fig. 30). Mau hand¬ habt es wie unsere Gerber den Scherdegen, wobei freilich unseren schweren, standfesten Gerberbock ein leich¬ tes Brett von halber Manneshöhe vertritt. Dieses steht mit der einen schmalen Kante auf dem Boden, über die obere wird das Fell gelegt und durch Gegenstemmen des Körpers festgehalten.

Anders gebaut und benutzt sind die beiden folgenden (pii/irts). Bei dem einen (Fig. 26) ist (|uer durch den hakenförmigen Halter aus einer Astgabel eine dünne Messerklinge gespannt. Man hängt das Werkzeug an einer Zeltstange oder einem Baum so auf, daß die Schneide nach oben gekehrt ist. Das zu gerbende Fellstück denn nur Teile werden derart bearbeitet wird über die Schneide hin- und her¬ gezogen, indem eine Hand das Werkzeug hält, die andere das eine Ende des Rauchwerks, während an das andere eine Schlinge gebunden ist, in die man mit dem Fuße tritt. Die andere, anscheinend seltener be¬ nutzte Form (Fig. 27) zeigt ein leicht geschwungenes, zusammengedrücktes Holz, in dessen konkave Ober¬ kante eine lange Klinge eingefügt und seitlich festgebuuden ist; letztere ist an der einen Seite nicht ge¬ schärft, sondern sägeartig gezähnelt. Diese Form habe ich selber nicht gebrauchen sehen, vermute aber, daß sie ebenfalls an dem Strick das Kölner Exemplar der Ai.EXANDERschen Sammlung hat statt dessen seit¬ liche Schlingen aufgehangen und das Fell mit beiden Händen über die Schneide hin und her gezogen wird- Gleiche Handhabung erfordert die dritte Art von Gerbegerät (Fig. 12). Es hat die Form des mathematischen Zeichens wobei der Bogen eine Eisenklinge mit der Schneide nach dem Scheitel des Winkels gekehrt ist. Man hält das Werkzeug zwischen den Beinen fest, indem man auf dem einen, verlängerten und ver¬ breiterten, Schenkel sitzt Die erste Form habe ich auch von Männern benutzen sehen, von denen sich übrigens nur renntierlose arme Teutel mit Fellbearbeitung abgeben, die beiden anderen nur von Frauen. Das eigentliche Garmachen des Pelzwerks geschieht jetzt meines Wissens durch eine Mehlschicht, auf die

22) Sciiremv v. 2, ]). -165.

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Fleischseite des zusammengelegten, feuchten und sich erwärmenden Felles gebracht, also durch den Giirungs- vorgang, den wir mit Weizenkleie hervorrufen. Einstmals, als Mehl noch eine Kostbarkeit war, wurden Ge¬ hirn, Leber und Vogeleigelb dafür gebraucht. **) Von jenem Verfahren behält das samojedische Rauchwerk einen unangenehmen Geruch, wie nach muffigem Brote, der sich in der Wärme steigert.

Vom Küchengerät bieten die tiefen, holzgeschnitzten Löffel (Fig. 24) nichts Besonderes; man trinkt auch gleich die Brühe und Suppe aus ihnen. Aus dem Großlande stammt dagegen der Löffel von Schaufelform (Fig. 23), dessen Schnitzweise sorgfältiger ist, und nur von dorther kenne ich Fettschüsseln oder -mulden wie Fig. 13. Von den Fleischhaken zum Herausholen der Pfeischstiicke aus dem Kessel wäre zu erwähnen, daß sie bald aus Eisen geschmiedet, bald aus starkem Draht geflochten sind, aber die beiden Spitzen stets seitwärts haben (Fig. 3 3).

Geräte für Kleiderherstellung haben der Arbeitsteilung entsprechend nur Frauen und Kinder. Was sie dazu braucht, verwahrt die Samojedin in einem besonderen N ä h t ä sc h eh en . das nicht am Leibe getragen wird, sondern ihr im Zelte zur Hand liegt. Es entspricht in der Machart und Aus¬ schmückung den vorerwähnten größeren Taschen, ist aber mehr länglich, in Beutelform, zugeschnitten und immer oben durch einen Zug verschließbar. Ein Täschchen für Mädchen (Fig 51) ist aus zwei Kehlhäuten des Polartauchers (('oli/mbiis arcticus L) zusammengesetzt die ja der Hyperboreer wegen ihres schönen violetten Glanzes gern verwendet , am Saum und um den Bund mit kurzen, metallbelegten Lederstreifen besetzt, die vielfach in Afterhufschalen von ganz jungen Kennkälbern als Rasseln auslaufen. An der Tasche hängen noch ein his zwei kleine Täschchen als Nadelkissen und eine Hülse für den Fingerhut. Besondere Nadelbüchsen sind mir als solche bezeichnet nur aus der Timantundra zugegangen. Eine ist ein Stück Röhrenknochen (31891), am unteren Ende verstöpselt, während oben der Verschluß fehlt; rings herum läuft von oben nach unten ein spiraliger Einschnitt, der die Außenfläche in einige 2 5 Wülste gliedert. Das andere Behältnis (31890), ebenfalls aus Knochen, ist augenscheinlich russische Drechslerarbeit.

Zum Zuschneiden der Pelz- und Stoffstücke dienen jetzt Scheren, als Schablonen für die Mu¬ sterung des Weiber-Sowik ausgeschnittene Birkenrinde.

Als Nähzwirn (lamböj) ist für die Kürschnerei ausschließlich die Renntiersehne in Gebrauch und wird es bleiben, weil sie gegen Fäulnis und Abnutzung ungleich widerstandsfähiger ist als Hanfzwirn, der allenfalls für die Tucharbeit an Taschen usw. dient. Den Stoff liefern bekanntlich die Sehnen der langen, an die Wirbelsäule tretenden Kückenmuskeln. Das trockene Rohmaterial wird in Büscheln auf¬ bewahrt, bei Bedarf mit den Zähnen in Fasern zerlegt und diese angefeuchtet zu starken, nur am Ende wegen des Einfädelns dünn gehaltenen Fäden zusammengedreht, und zwar zwischen Handfläche und Backenknochen.

Körperpflege und Sonstiges. Wenn man sich die Hände fettig gemacht hat, so werden sie an einem Büschel Birkenbast gereinigt. Wie die vielseitig verwendete Kinde wird auch der Bastim Frühjahr gewonnen, wo sich die ganze Kinde leicht ablöseu läßt. Man trocknet den Bast und flicht ihn zu langen Zöpfen zusammen, die hei Bedarf aufgelöst und in handliche Wische zerrissen werden (31805).

Die Samojeden legen Wert darauf, an Kleidern und Stiefeln keinen Schnee ins Zelt zu tragen, der Feuerstelle und Sitzplätze feucht machen würde. Deshalb lehnt gleich am Eingänge ein hölzerner Schnee¬ kratzer, mit dem sich der Eintretende den Schnee abschabt. Sie sind bald von Kellen-, bald von Schwert¬ form, gerade oder krumm (Fig. 19—21) uud werden auch auf dem Schlitten mitgeführt, um dessen Kufen glatt und reibungslos zu machen. Eins dieser Stücke (31832) ist in merkwürdiger Weise der samojedischen Trunksucht dienstbar gemacht durch Aushöhlung des Grillendes zu einem Schnapskelche. Diese Erklärung, welche Scrouis erhielt, nimmt mich etwas wunder, weil der Eingeborne sonst gewöhnt ist, den Branntwein gleich in vollen Schlucken aus möglichst großen Flaschen zu nehmen.

Zum Lindern des Hautjuckens durch Ungeziefer dient der Rückenkratzer, den ich in zwei Formen kenne. Die eine von der I’etschora (Fig. 29) hat genau die Herrichtung und Form wie die von Middendorf* *4) als „Puckelsehaber“ aufgeführte: eine untere Schaufel des Kengeweihs ist dünngeschabt, zu einer Schneide geschärft und umgebogen, wobei zwei Stränge sie in der Lage halten. Die andere (Kanin) aus Holz ist ganz anders geartet; auf halbmeterlangem Stiel sitzt eine ovale Holzscheibe, deren Kand

28) Middkmdukfk v 4, p. 1420.

24) p. 1462 u. Abb.

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Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden

durch Einschnitte geziihnelt ist. Die Schneebrille ist jetzt eigentlich wenig anders als unsere Kraft¬ fahrerbrille ein Paar fertig gekaufte blaue Brillengläser mit Fassung in eine Binde von weichem Pelz,

O o o o

eingenäht. Zum Entfernen der Barthaare (oder Körperhaare?) dienen Pinzetten aus einem aufgespaltenen Knochenstück, dessen dünn geschnittene Enden federn (Fig. 6).

Die Wiege, in der das Kind noch im zweiten Lebensjahre ruht und schläft, ist eine ovale Holzschachtel ohne Deckel, aus mehreren Bodenbrettern und einer einheitlichen Seitenzarge zusammen - gefügt; über dem breiteren Vorderteil erhebt sich ein Bügel, der die Umhüllung emporhält. Durch Löcher im Boden und an den Seiten sind Kiemen geknotet, durch die das Kind in seinen Hüllen fest eingeschnürt wird (Fig. 15). Die Windeln, sozusagen, bestehen aus einem dem Inneren angepaßten Einsätze von Birken¬ rinde, der mit trocknem Moos, kleinen Spänchen von Weidenholz und langhaarigen Fellstreifen ausgelegt wird (Fig. 17). Das nötige weiche Lager erzielt man heutzutage durch Kissen und Unterbett aus Stoff. Für den Winter wird das Ganze mit einem fest anliegenden Futteral aus pelzgefüttertem Stotf umgeben, dessen untere Hälfte seitlich aufzuklappen geht, und die Kissen sind dicker (Fig. IG). Auf der Reise birgt man das Ganze in einer kapuzenartigen Hülle aus Pelz, die fest zugeschuürt wird und jede Kälte abhält.

Auf n arkoti s che Genußmittel bezieht sich in der Sammlung die Verwendung des Schnupf¬ tabaks. Das Pfeifenrauchen war bei den cisuralischen Samojeden kaum im Großlande, auf Kanin gar nicht eingebürgert; neuerdings rauchen die Männer nach russischem Vorbilde Zigaretten, die sie aus dem gewöhn¬ lichen Abfalltabak „Machurka“ für sofortige Verwendung selbst drehen. Das Schnupfen, dem sie früher sehr gefrönt haben sollen, ist dafür bei den jüngeren Leuten in den Hintergrund getreten. Den käuflichen russischen Schnupftabak, der Staubform hat, „streckt“ der Samojede noch mit der Asche von einem an Birken wachsenden Pilz, wohl einem Polyporus. Dieser Schwamm wird getrocknet, verbrannt und die Asche in Ledersäckchen aufbewahrt ( näblcd , 31798). Für den Bedarf werden Tabak und Asche mit etwas Wasser in einem besonderen kleinen Holzgefäße (tabjed) verrieben, das die Form eines tiefen Löffels mit kurzem Stiel hat (Fig. 25). Das gebrauchsfertige Gemisch bringt man bald in hörnernen Dosen (täbbk ngämdö) unter, die aus dem obersten Abschnitte des Kuhhorns hergestellt werden, bald in Dosen aus Holz oder Bir¬ kenrinde, bisweilen mit Kupfer beschlagen, ganz denen gleich, die sich bei uns der Bauer und Waldarbeiter herstellt. Ein altes Belegstück (31889) ist aus einem Röhrenknochen hergestellt und wegen dessen gerin¬ ger Weite höher gestaltet.

Von sonstigem Gebrauchsgut wurde gesammelt der Wetzsteinhalter (Fig. 31) aus Holz, in dessen Vertiefung der Stein paßt, und der Kalender (Fig. 22). Dieser ist ein Kerbholz von rechteckigem Querschnitt, aut dem jeder Wochentag durch einen Ritz, der Sonntag durch ein Kreuz angedeutet ist; be¬ sondere (russische) Feiertage werden durch kleine Quereinschnitte auf den Ritzen hervorgehoben. Jeder verlebte Tag wird von rechts her weggeschnitten.

IV. Beförderungsmittel.

Für die Schneeschuhe ist die von Lappland bis zur Amurmündung verbreitete asiatische form des „Ski" bezeichnend. 2 m lang und 0,12 0,15 m breit, sind sie vorn etwas aufgebogen, hinten Aach. Die Mitte ist oben auf etwa 0,35 m mit sehr starker Birkenrinde benagelt und träft die „Bindunf“ aus starken Seehundsriemen, über deren Art man Fig. 3 vergleiche. Es sei darauf hingewiesen, daß das lange Haar der Stiefelsohlen stets nach vorn gerichtet ist, also das Haften am Schneeschuh erleichtert. Die Sohle des letzteren ist ebenfalls mit kurzhaarigem Renntierpelz überzogen, der aus Stücken zusammen¬ genäht ist, über die Ränder etwas nach oben greift und dort festgeklebt ist; hier liegt die Haarrichtung nach hinten. Samojedische Schneeschuhe werden in Fiordrußland nicht nur von den Bauern allgemein benutzt, sondern auch von städtischen Jägern bevorzugt. Schneeschuhstäbe mit Reifen kennt man nicht.

1 ber den Schlitten und das Geschirr will ich mich kurz fassen, weil diese Einrichtungen iu der Literatur öfter behandelt worden sind am gründlichsten von Erman25) und Schrexk26), und weil ich in anderem Zusammenhänge darauf zurückzukommen gedenke. Als weniger bekannt erwähne ich nur

25) v. l, p. 032.

26) v. 2 p. 392 f.

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die Pinnen für Packsehlitten, die an Stelle der wasserdurchlassenden Reuntiertelle zur Bedeckung emptind- licher Güter dienen; sie sind von länglicher Gestalt mit abgerundeten Ecken und wie die Decken des Sommer¬ zelts aus präparierter Birkenrinde mit einer starken Einfassung ringsherum hergestellt. Ferner einige

Fig. A. Schlittenblock aus Holz (31819); Länge 14 cm. Fig. B. deagl. aus Knochen (31895); Länge 8 cm.

Fig. C. desgl. aus Holz für Fraueuschlitten 31 73 ») ; Länge 18 cm. Fig. D. desgl. (31861); Länge 13cm.

Worte über die Verzierung des Schlittens und des Gespanns, den einzigen Schmuck, den der Kanin¬ samojede außer an seiner Person noch für etwas übrig hat. Allerdings werden diese Zugaben nur am Frauenschlitten und dessen Zugtieren gefunden und auch nur bei besonderen Gelegenheiten, namentlich bei nachbarlichen Besuchsfahrten. Die Zierate fügt man dem Schlitten bei, auf dem die Frau sich bei der Eheschließung zum Zelte ihres Gatten begibt, aber sie werden später immer wieder benutzt. Daher war das große Aufheben nicht am Platze, das auf der Dresdner Hygiene-Ausstellung 1911 von dem „Hochzeits¬

schlitten“ in der AiEXAUDERScheu Samojedensammlung

jetzt im Rautenstrauch-Joest-Museum zu Köln) als einer besonderen Seltenheit gemacht wurde. Zunächst verwendet man Büschel aus rotgefärbten Lederstreifen, die am Grunde zusammengeflochten sind (Fig. 4) zur Ausschmückung des Kopfgeschirrs der Zugtiere, für jedes ein Büschel. Andere flicht man um die wage¬ rechten Schlittenhölzer, welche die aufgebogeneu Vorderteile der Kufen unter sich und mit dem Kasten verbinden. Ferner werden die Blöcke (Fig. A D', durch die der Zugstrang vorn am Schlitten läuft, reicher ausgestaltet, wobei Holz statt des gewöhn¬ lichen Knochens den Stoff abgibt (Fig. C, D), und endlich hängt man den Renntieren schmale Decken, aus buntem Wolltuch in Streifen und Mustern zu¬ sammengesetzt, quer über den Rücken (Fig. 48).

Den Fanglasso (Fig. 1) stellt sich der Samojede noch aus sorgfältig zusammengeflochtenen Seehundsriemen her, während ich bei den schwe¬ dischen Lappen nur noch Hanfstricke sah. Als Schlinge dient ein knöcherner Block, wie bei den letzteren

Fig. E. Gewehrstütze (31858); Länge 72 cm. Fig. F. desgl- 1^31 857); Länge 57 cm. Fig.G. desgl. (31 834): Kufenlänge 02 cm.

V. Jagd und Fischerei.

Bogen und Pfeil sind in den hier behandelten Gebieten ganz außer Gebrauch gekommen, höchstens noch als Kinderspielzeug vertreten wie bei uus. Bei den Samojeden auf Kolgujew, die sich kulturell ganz an die kaninschen Stammesbrüder anlehnen, und mit denen die Verbindung durch Auswanderung erhalten bleibt, steht jenes Schießgerät noch in großem An¬ sehen. Als Feuergewehr benutzt man größtenteils

Die Figur F ist vor dem endgültigen Druck ohne Wissen des Verfassers umgestellt worden und hat dadurch eine verkehrte Lage erhalten. Der Stab muß nach rechts zeigen.

14

Eine völkerkundliche Sammlung von den europäischen Samojeden

noch die alte kurzläufige Steinschloßflinte. Sie ist natürlich russischer Herkunft wie sie auch der nordrussische Bauer noch bis vor kurzem geführt hat und von ganz roher ländlicher Schmiedearbeit. Wohlhabende kaufen sich schon die einläufige Hinterladerschrotflinte, aus dem ehemaligen Militärgewehr „Berdan“ umgeändert, die jetzt die Waffe des Bauernjägers ist. Ein in Ness erworbenes Stück (31748) weist die sinnreiche Abzugsvorrichtung auf, als Ersatz des verlorenen Drückers, die auch Schrenk2') abbildet (Fig.G). Das Zubehör trägt man an einem ledernen Jagdgehänge (Fig. 52, 57) um den Hals bei sich. Daran sind befestigt: das Pulverhorn, gewöhnlich aus Holz gearbeitet, dann aber der eigentlichen Hornform nachgebildet, ein Pulvermaß aus Knochen, ein Lederbeutel für Schrot und Kugeln, durch den hölzernen Stopfer verschlossen, und gelegentlich ein Schraubenschlüssel, aus irgendeinem Stück Alteisen verfertigt. Bei der Jagd auf das wilde Remitier pirscht sich der Schütze kriechend heran, indem er das Gewehr auf einem Gestell vor sich herschiebt; jedoch sind solche Gewehrstützen nur in der Klein- und Großland¬ tundra üblich (Fig. E G). Die in Fig. F wiedergegebene Form, die wesentlich ein Schneeschuh im kleinen ist, erfährt eine Vervollkommnung zu einem fahrbaren Schirm oder Blende (Fig. G), die sowohl das Gewehr trägt, wie sie den Schützen verbirgt. Da das mir zugegangene Belegstück nicht vollständig war, so wurde die Zeichnung nach einem anderen von der Petschora ergänzt, das sich im Kölner Museum befindet (Sämig. Alexander); eine Aufnahme davon verdanke ich Fov.

Zum Schneehuhnfang dienen Schlingen, aus Pferdehaaren gedreht (Fig. 18). Bei einer Länge von 40 cm sind diese sehr kräftig, sogar aus 3 „Drähten“ zu je 20 25 Haaren gedreht und am Grunde in V4 der Länge sorgfältig mit Streifen aus zerschlitzten Federkielen umflochten. Diese Umwicklung soll der Schlinge mehr Steifheit geben, damit sie aufrecht steht. Sie werden von armen Samojeden gewerbsmäßig angefertigt und bündelweise an die Russen verkauft. Zum Aufstellen wird ein etwa 2 m langer Strick durch kurze Holzpflöcke (mit eingekerbter Eignermarke) mit 30 cm Abstand auf dem Boden befestigt, und an jedem Pflock sind zwei Schlingen angebracht.

Das Fischnetz ist ein einwandiges Stellnetz, jetzt aus Hanfgarn, etwa 7 m lang und 0,70 m hoch. Um das Obersimm werden als Schwimmer in Abständen von etwa 70 cm kleine Rollen aus Birkenrinde (mit eingekerbter Eignermarke) gewickelt, am Untersimm als Senker flache Bachkiesel in Schlingen befestigt.

VI. Spielzeug und Kultus.

Dem Samojedenkinde wird einigermaßen Unterhaltung für die Langeweile des Zeitlebens in der langen, dunkeln Winterzeit durch verschiedenerlei Spielzeug geboten, für das zunächst die Mutter sorgt; sobald Mädchen und Knabe die Nadel führen lernen, machen sie sich ihren Tand selbst. Dieser kann sehr einfacher Art sein wie ein Bündel Schneehuhnfüße (31807) oder mit viel Arbeit und Liebe hergestellt in Form der verkleinerten Nachbildung von Kleidungs- und Gebrauchsgegenständen oder von Tieren, ganz wie auf höherer Kulturstufe. So enthält die Sammlung eine aus Pelz und bunten Tuchstreifen zusammen¬ gesetzte, regelrecht mit Pelz eingefaßte, gefütterte und mit Anhängern geschmückte Frauenkapuze (31893: 5 cm hoch, 4 cm breit), eine Winterwiege (31881: 7 cm lang), einen Schlitten (31809: 28 cm lang\ Am beliebtesten ist aber doch die Puppe, in deren Ausstattung ebenso mannigfacher Geschmack waltet wie bei den h elltaschen. Bis zur Größe von 20 cm vertreten, geben die Belegstücke, welche meistenteils von der Petschora stammen, Männer und Frauen in ihrer Pelztracht, aber stets ohne Füße, wieder. Die männ¬ lichen Figuren sind bald mit der Maliza, bald mit dem Sowik bekleidet, manche auch in Tuchröcken. Bei jenen sind gelegentlich die Handschuhe, bei den weiblichen der Zopfschmuck in zierlicher Weise nach¬ gebildet; die Frauenkleidung wird in ihrer bunten Stückelung aus kleinsten Tuch- und Fellstreifen mit liebevollem Fleiß behandelt. Als Kopf trägt die Puppe stets den Oberschnabel einer Wildgans oder Ente, besonders gern die bunten von der Bläßgans ( A user albifrons Scop), Eisente ( Cosmonctta histrionica L.) und Sammetente (Oecbmin fitsca L.)\ der Schnabel wird an einem ebenfalls bunt gemusterten Tuchstreifen angeuiiht und durch die Halsöffnung des Obergewandes durchgeschoben.

27) V. 1, Tab 1, Fifr. 1.

Abh. ii Bor. d. K Zool. u. Anthr.-Etbn. Mus. zu Dresden ll>17 ltd. XV Xr

1.)

Endlich ist ein ganzes Spiel vertreten, zu dem Sproqis einen genauen Aufstellungsplan und fol¬ gende Erläuterungen gab, die ich ohne wesentliche Änderungen abdrucke: „Achtung vor dem kleinen Säck¬ chen! Darin steht das ganze Samojedenleben eingewickelt mit seinem ganzen Reichtum und Armut, Sor¬ gen und Freuden und mit der unvermeidlichen Besoffenheit selbst. Eines Morgens, nachdem ich die „Nachtwache1* beendigt hatte (im Zelte gelang es mir niemals einzuschlafen, der Kälte wegen'' , kamen aus dem Nachbarzelte drei muntere Samojedenmädehen herein und fingen an, mir auf dem Tischchen ein Puppen¬ theater vorzustellen. Zuerst wurde das Zelt aufgerichtet, die Matten ausgebreitet un 1 die ganze Familie unter die Decken zum Schlafen gelegt. Nach einer M eile standen die Samojet^n auf, spannten die Remi¬ tiere an. setzten sich auf die Schlitten und fuhren fort. Das sollte die Fahrt des jungen Paares in dem ersten Schlitten zur Kirche, also den Hochzeitszug, vorstellen. Wenn der Zug an der eingebildeten Kirche vorgefahren war, machten sie eine Weile Halt in dem ebenso eingebildeten Dorfe, und dann kehrte die ganze Prozession nach dem Zelte zurück. Jetzt war die ganze Hochzeitsgesellschaft besoffen: die lienn- tiere wurden übermäßig gejagt, die Besoffenen fielen aus den Schlitten, setzten sich wieder darauf, fuhren weiter und so fort, bis sie endlich das Zelt erreichten. Da „fiel der Vorhang“ und das interessante Theaterstück war zu Ende. Ich war entzückt davon. Man kann wohl wünschen, daß alle Kinder bei den zivilisierten Völkern auch so reichlich mit Phantasie und Munterkeit begabt wären wie diese kleinen Nord¬ mädchen, die sich in den miserabeln Lumpen ein wirkliches Leben einzubilden und es so geschickt darzu¬ stellen imstande waren.

Noch eine Bemerkung dazu! Das Kind auf dem Schlitten mit dem jungen Paare bedeutet kein Mißverständnis es ist nicht zufällig da. Unter den Samojeden ist es eine gewöhnliche Sache, daß ein Ehepaar sich erst dann trauen läßt, wenn die Kinder schon aufgewachsen sind; dann wird das Taufen und die Trauung auf einmal erfüllt. Ich habe selbst auf meiner Reise zwei solche Paare getroffen, wo sich Eltern und Sohn an demselben Tage hatten trauen lassen.“

Ins Bereich der religiösen Vorstellungen fallen nur zwei Gegenstände. Es war mir selbst durch diplomatische Mittel wozu dortzulande namentlich der Weingeist gehört nicht gelungen, einen Samojeden zum Vorzeigen eines Fetisch oder schamanistischen Gerätes zu bewegen; als angeblich orthodoxe Christen blieben sie bei der Verleugnung von Besitz oder Kenntnis solcher heidnischen Greuel. Dabei fand aber Ramsay -8) die altberühmte Opferstätte auf dem Pae am Nordende der Halbinsel noch in ungeschmälerter Geltung, und in der Zwischenzeit wird nach der Wesens- und Lebensart der Leute davon nichts abgemindert wor¬ den sein. Ein Mann erklärte sich später einmal gegen Sprogis bereit, ihm einen hölzernen Götzen (russ. „bolwan“) neu anzufertigen, aber er forderte, um für die befürchtete Rache seines Gottes wegen des Handels Ent¬ schädigung zu haben, einen ganz übertriebenen Preis. Endlich verschaffte man mir von den Großlandsamo¬ jeden einen Hausgötzen (Fig. 53), ohne nähere Angaben, der mit dem von Trevor-Battyesu) abgebildeten so vieles gemeinsam und von den Kinderpuppen so viel abweichendes hat, daß ich keinen .Argwohn gegen die Richtigkeit der Bezeichnung liegen möchte Leider fehlt daran der eigentliche Kern, nämlich der Holzstab mit dem oben angedeuteten Kopfe, aber nach der Machart des Ganzen scheint dieses Gebilde nie vorhanden gewesen zu sein. Der Fetisch ist also eigentlich nur eine Kleiderpuppe, aber viel größer als die Spielzeuge, und vor allem mit Beinen in Gestalt sehr sauber gearbeiteter Pelzstiefeln, die bei jenen nie Vorkommen: auch sind wenigstens sechs Kleider übereinander gezogen. Das Alter dürfte einige Jahrzehnte betragen, der Tracht und dem Schmucke nach wird eine Frau dargestellt wie in Trevor-Battves Fall. Für die Klei¬ der ist Wolltuch und Kattun mit Pelzbesatz verwendet, den Zopfsclmiuek bilden zwei messingne Glieder¬ ketten mit allerlei klirrenden Anhängseln.

Gleicher Herkunft ist eine Zaubertrommel, wie sie zur Anrufung des Gottes auf den Opfer¬ hügeln benutzt wird. Sie hat ganz denselben Bau wie die Schamanenpauke der Tungusen und Jakuten, ist also kreisrund mit Buckeln auf dem Reifen, nur ist sie beträchtlich kleiner. Als Griff dient eine Holzgabel, woran zwei Messiugschellen befestigt sind. Der Schlegel ist zum größeren Teil mit Reuntierfell umnäht

28) ’04 in: Fennia v 21, p. 27.

29) p 338.

Tafelerklärung.

Tafel

Fig. 1. Lasso aus Seehundshaut (31741); Länge 2100, Länge des Blocks 8,5 cm.

., 2 Herdgestell (31730); Länge der wagerech-

ten Stangen 180.

3 Mittelstück eines Schneeschuhs (31757);

Län<*e des Schneeschuhs 205, Breite 12.

4. Büschel von Lederriemen zur Verzierung

des Renntiergeschirrs und des Schlittens (31 814); Länge 42

5 Messergriff mit eingelassenen Ornamenten

(31 802).

(i. Pinzette zum Haarausziehen (31 897); Länge

7,7; Breite 1,3.

7. Drillbohrer (31 820).

8 Messer zum Löcherbohren (31 738); Länge

28,0

Fig. 9. Messer mit Holzscheide (31 886); Länge des Messers 22.

10- Messer mit knöcherner Scheide (31 860);

Länge des Messers 22.

11. Werkzeug zum Aushöhlen von Holz (31 799);

Länge 29,5.

12. Gerbewerkzeug (31 756); untere Länge 84, Höhe 53.

., 13. Holzschüssel für Fett (31884); Länge 50,

Breite 25, Höhe 8,5.

,, 14. Holzkasten für Teegeschirr (31 842); Länge

41, Breite 35, Höhe 14.

15. Sommerwiege (31 803); Länge 53, Breite 26, Höhe 10.

16. Winterwiege (31 848); Länge 72, Breite 35, Höhe 49.

17 Einsatz für die Wiege (31 848).

Tafel 2.

Fig. 18. Fangvorrichtung für Schneehühner (3 1 740). 1 9. Schneeschaber (31 855); Länge 60, Breite 12.

20. desgl. (31 833); Länge 57, Breite 4,0.

21. desgl. (31 882); Länge 73, Breite 4 7.

22. Kerbholz als Kalender (31 846); Länge 64,

Breite 2.

23 Holzlöffel (31 883); Länge 45, Breite 13.

24 desgl. (31 835); Länge 33, Breite 8.

25. Holzmörser zum Reiben von Tabak (31 797 ; Länge 18, Breite 7,5.

26 Gerbewerkzeug (31 755); Länge 100.

Fig. 27. desgl. (31 800); Länge 62, Breite 6.

28. Zaubertrommel mit Schlegel (31 870) Durchmesser 46, Höhe 8.

29. Rückenkratzer (31 862); Länge 29,5, Breite 5,5.

30. Gerbewerkzeug (31 742); Länge 60.

31. Halter für den Wetzstein (31 831); Länge 65, Breite 7,5.

32. Rückenkratzer (31811); Länge 47.

33. Fleischhaken (31 801); Länge 47

Tafel 3.

Fig. 34. Oberpelz der Frauen (31 772); Länge 110. 35 Oberpelz eines Mädchens (31 758); Länge 60. 30 (berschuhe aus Renntierfell (31 785); Länge 28.

37 Felltasche (24); Breite 55.

38 desgl. (31 765); Breite 82.

39. Oberpelz der Frauen (31 771); Länge 100. 40. derselbe von innen, um die Zusammen¬ setzung zu zeigen.

41. Matte aus Birkenruten (31 743); Länge 118, Breite 110.

42. Matte aus trockenem Gras (31 744); Länge 135, Breite 120.

Fig. 43. Männerstiefel aus Renntierpelz (31 776); Höhe 70, Fußlänge 29.

44. desgl. aus Seehundspelz (31 784); Höhe 65, Fußlänge 25.

, 45. Frauenstiefel aus Renntierpelz (31816);

Höhe 64, Fußlänge 24.

, 46. Mützenbänder für Frauen (31 783); Länge 100, Breite jedes Bandes 6,5.

47. Felltasche (31 745); Breite 98.

48 Tuchdecke für Renntiere am Frauenschlitten

(31 830); Länge 176, Breite 34 45.

Abh. u. Ber. d. K. Zool. u. Anthr.-Ethn. Mus. zu Dresden 1917 Bd. XV Nr. 2

17

Fig. 49 Miinnergiirtel (31 804); Länge 100, Breite 8.

50. desgl. (150).

51 Nähsäckcben für Mädchen (31 822); Länge des Beutels 12.

52. Jagdgehänge

53. Hausgötze (31 878); Höhe 25.

54. Altertümliche Pelzhaube aus Vielfraßfell (31812); Höhe 35.

55. Nähtasche (31 768).

56. Stirnband für Mädchen (31 888); Länge 25, Breite 2,7.

57 Jagdgehänge (31 737).

,, 58. Beutel aus einem Schwanenfuß hergestellt (31 821); Höhe 22, Breite 13.

59. Frauenmütze (31 828); Höhe 28, Durch¬ messer 22.

,, 00. Männermütze (31 780); Höhe 18, Durch¬ messer 29.

61. Tabaksbeutel aus Renntierpelz (31 824); Höhe 34.

62. Gürtelschmuck aus Messing (31 856); Länge 9.

63. desgl. (31 896); Länge 8.

Fig. 04. Kniebänder aus Wolle geflochten (31 782); Breite 2

,, 65. Frauengürtel aus Wolle geflochten.

,, 66. Puppe (31 874); Höhe 15 67. desgl. (31 863); Höhe 13 68. desgl. (31 864); Höhe 18.

69. Frauengürtel aus Wolle geflochten (31 781 );

Länge 350, Breite 3.

70. desgl.

71. Kniebänder aus Wolle geflochten.

72 Frauengürtel aus Wolle geflochten (31 802 ); Länge 315, Breite 3.

73. Anhänger an einer altertümlichen Pelzhaube, aus Messing (31 806); Durchmesser 9.

74. desgl. (31813); Durchmesser 9,5 75. desgl. Nach einer Aufnahme von Dr. Richard Pohle.

76. Anhänger am Frauengürtel (3l 781); Durch¬ messer 19,7

77. Anhänger an einer altertümlichen Pelzhaube nach einer Aufnahme von Dr. Richard Pohle. ,, 78. Anhänger am Frauengürtel (31 787); Durch¬ messer 12.

79. desgl.

Tafel 4.

Abh. u. Her. d. K. Zool. u. Anthr. Kt ha Mus. zu Dresden 191T Bd. XV Nr. i

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Abh. Ber. K. Zod. Anthr. Ethn. Mus. Dresden XV Nr. 2

Jacobi, Samojeden-Sammtung ; Taf. t

(gegenstände

von den nordrussischen S amojeden

Br. Geister /ex.

Kunstanstalt Wilhelm Hoffmann, Dresden -A

Abh. Ber. K.Zool. Anthr. Ethn. Mus. Dresden XV Nr. 2

Jacobi, Samojeden-Sammlnng ; Taf. 2

(gegenstände

von den nordrussischen S amojeden

Br. (irisier jr\.

Kunstanstnlt Wilhelm Hoffmann, Irrealen- A

Abh. Her. K. Zool Anthr. Ethn. Mus. Dresden XV Nr. 2

Jacobi. Samojeden-Sammlung : Taf.3

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gegenstände von den nordrussischen Samojeden

Dr. Geister g*x

KunstansUUl Wilhelm Hoffmann, Dresden - A

Abh. Her. K.Zool Anthr. Ethn. Mus. Dresden XV Xr. 'A

Jacobi, Samojeden-Satnmlung ; Taf. /