N as ” . . 3 chen un . a — .. u ee en ED Be N Ne IR ETRELTELHTPFÄNRRN NN. 2 SERSRTTORT SLR TICR RRREORTRN HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE Museum of Comparative Zoology [A “r TnAR 6 1942 | s für Naturkunde zu Cassel e. V. ® Ei über das | | \ -76. Vereinsjahr 19091912. , na von ALıV Cassel 1918. | 5 Verlag des Vereins. ent AR er nn 7 10 2 En g ngen ; ö kar e ngen N un en end a n. E ostsch ZiR ] ass - An ichte a P Wegl: zu ri eim. b ‘ | Ahandlungen und Bericht LI d Vereins für Naturkunde zu Oassel e. V. 74.—76. Vereinsjahr 1909—1912. Im Auftrage des Vereinsvorstandes herausgegeben i Professor Dr. phil. B. Schaeier. — [eu Cassel 1913. Verlag des Vereins. 62/7 Für den Inhalt der Abhandlungen sind die Herren Verfasser selbst verantwortlich am of Comaay € Zoology AR 6 1942 ZN - Inhalts- Verzeichnis. I. Abhandlungen. 4 V oeller, Dr. G. H., Goethe als Naturforscher. 2 Naegler, W., Zehnjährige Luft- und Bodentemperatur- Beobachtungen in Witzenhausen a. W. 1900-1909 . Glässner, R., Beiträge zur Kenntnis der Hessischen Jura-Relikte er IRRE Y Veber, Dr. L., ag der im ee. een und Rotenburg Fehr aufsefundenen Bienen . Goldschmidt, M., Notizen zur Lebermoos-Flora en Rhöngebirges IV. SEN J Joachim, Dr. H., Über ech Entfernungsmesser Il. Bericht. M fitteilungen aus dem Vereinsleben Ss Stiftungsfest, Sjähriges Bestehen S. 170199 Ansprache, Professor Dr. Fennel S. 170—176 Begrüssungsansprachen S. 176--178 Festvortrag, Professor Dr. Schaeter: „Der Schutz des Waldes, besonders im Hessen“ S. 178—193 _ Ausstellung von Bildungsabweichungen bei Pflanzen, Lehrer H. Schulz S. 194—199 Ve 2 S. 200 rstandswahlen S. 201—202 ssuch der Sitzungen S. 202 \ Vissen«chaftliche Ausflüge S. 202—215 _ Neu: Arabis arenosa: Eisenbahndämme bei Münden S. 208 ‚Erysimum odoratum. Mittelberg S. 205 Muscari racemosum: Rückerode S. 209 Rubus Sprengelii: Veckerhagen S. 207 Pflanzengemeinschaft am Schmachteberge .S. 209 Pflanzengemeinschaft am Ellerstein bei Rücke- rode S. 210 Seite 1—43 4450 51—146 147-153 154—157 158—169 170—215 a uf Bu EN. Mitgliederbestand . .. .... me Wer le Pre Bibliothek .. ._ 2.27. nr me a a Be Tiauschverkehr:: .. .„ un Sei 230 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen und Vorlagen . . 231-259 Kutter: Sprudel auf der Rheininsel Namedy Ss. 233—235 Schulz: Rosa micranliha neu für Hessen S. 237 Vicia sepium L. var. eriocalyx. Cel. neu für Hessen S. 237 Weber: Phosphaenus hemipterus bei Cassel S. 238 Zwergmaus bei Cassel S. 238 Ebert: Zuchtversuche von Arctia cervini und Bombyx rubi S. 239 Schaefer: Der Pilz Pustularia cororaria (Jacg.) Rehm var. macrocalyx bei Cassel (Natur- denkmal) S. 241 Seltenere Pflanzen aus der Umgebung von Corbach S. 241—242 Biskamp: Seltenere Pflanzen aus der Umgebung von Vöhl S. 246—248 Merkelbach: Das Blitzen gelbroter Blüten in der Dämmerung und die Erklärung hierfür von Professor Dr. Thomas in Ohrdruf S. 249—256 Über Kontrastfarben S. 256—257 Goethe als Naturforscher. Vortrag im Naturwissenschaftlichen Verein Schweinfurt am Mittwoch, den 20. Januar 1909. Von Dr. @. H. MoELLER. Der Verfasser hat an der Form des Vortrags nichts eändert und den Inhalt weder erweitert noch verkürzt. is lag nahe, statt der Zitate nur den Hinweis auf die te en in Goethes Werken zu geben, wo dieselben zu inden sind,. doch glaubte der Verfasser auch das unter- issen zu müssen, um seiner Arbeit nichts von dem zu ah men, was dieselbe seiner Zuhörerschaft anerkennenswert scheinen liess. Selbstverständlich bildet der Autor sich icht ein, mit dieser Veröffentlichung eine wissenschaftliche at geleistet zu haben, der Wert dieser Arbeit, wenn ihr jerhaupt ein solcher beigemessen werden soll, kann nur arin gefunden werden, dass sie einem grösseren, für die öchsten Erscheinungen der deutschen Literatur empfäng- hen Publikum Goethes auf ernster Naturforschung be- ıhende überwältigend schöne Naturbetrachtung auch von er Verstandesseite her näher zu bringen sucht. near | u oma, Den Manen meines unvergesslichen Lehrers und väterlichen Freundes Dr. Albert Wigand, weıland Professor der Botanık an der Universität Marburg. Goethe als Naturforscher. 3 # Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, über Goethe als einen der drei grossen Weltdichter vorzutragen und heute soll ich des Vorzugs teilhaftig werden, über Goethe ıls Naturforscher zu sprechen. Wenn Sie mir gestatten wollen, mich selbst zu zitieren, 9 erinnere ich Sie aus dem Vortrag „Dante, Shakespeare ind Goethe“ an den Satz, dass Goethe eine unendliche Velt für sich bilde, dass wir den Ausspruch, den er für len britischen Dichterheros schuf „Shakespeare und kein inde“, in höherem und erweitertem Sinne umwandeln ürfen in „Goethe und kein Ende‘, Ohne fürchten zu müssen, mich einer Unbescheiden- eit schuldig zu machen, glaube ich sagen zu dürfen, dass ie Kenntnis von der Bedeutung Goethes als Naturforscher ine noch wenig verbreitete ist. - Nicht etwa als ob es uns an Quellen für die Er- ngung dieser Kenntnis fehlte. Im Gegenteil, die mehr der minder umfangreichen, teilweise sogar sehr umfassen- en, in allen Kultursprachen erschienenen Abhandlungen, ie sich mit „Goethe als Naturforscher‘ befassen, bilden ne recht ansehnliche Bibliothek für sich. Trotzdem leibt die Tatsache bestehen, dass selbst die meisten von enen, welche eine Gesamtausgabe von Goethes Werken ssitzen, sich mit achtungsvoller Scheu an den Bänden jrbeidrücken, in denen die naturwissenschaftlichen Ab- andlungen enthalten sind, und dass die unzähligen Kom- entare zu diesen Werken ihre Leser eben auch nur imer wieder in den Kreisen der eigentlichen Goethe- tscher finden. Aber bei dem Aussprechen des Namens folfgang Goethe überwiegt in unserer Vorstellung der ichter von Götz, Werther, Iphigenie, Tasso, Egmont, ermann und Dorothea, Reinecke Fuchs, Faust, der Bal- den und der Lieder so mächtig, dass wir kaum daran 1* 4 Dr. @. H. Moeller. denken, dass derselbe Genius eine Metamorphose der” Pflanzen, eine Morphologie der Tiere, eine vergleichende Anatomie, eine mehrbändige Farbenlehre und eine Unzahl von Aufsätzen mineralogischen, geologischen und meteoro- logischen Inhalts geschrieben hat. 3 Wir haben es also hier scheinbar mit Nebenbeschäf- tigungen des grossen Dichters zu tun, gleichsam mit einem 6 Einschlag in dem grossen Gewebe dieses so unendlich“ mannigfaltigen Daseins. x Aber wenn Sie die Güte haben wollen, meinen Aus- führungen zu folgen, so hoffe ich, dass es mir gelingen wird, Ihnen zu zeigen, dass diese wissenschaleH auf die Künmins der Natur gerichteten Bestrebungen von. höchster Bedeutung auch für das dichterische Schaffen Goethes gewesen sind; dass diese ernste Arbeit auf dem Gebiete naturwissenschaftlicher Forschung sehr wesentlich” dazu beigetragen hat (um auch an dieser Stelle den schönen Ausspruch des ungarischen Akademiedirektors Anton Zichy anzuführen), Goethe unter den kosmopolitischen Dichtern zum universellsten werden zu lassen. Der klassischste” Zeuge für das, was ich soeben ausführte, ist wohl Goethe‘ selbst. In den von Eckermann herausgegebenen „Gesprächen mit Goethe* finden wir vom Februar 1819 folgende Aus- lassung des Dichterfürsten: „Auf Alles, wasich als Poet geleistet habe, bilde ich mir gar nichts’ ein; dass ich aber in meinem Jahrhundert in ' der schwierigen Wissenschaft der Farben der Einzige bin, der das Rechte weiss, darauf tue ich mir etwas zu gute und ich habe daher ein Bewusstsein der Superiorität über Viele“. 2 Gerade in diesem von Goethe hervorgehobenen be- sondern Falle der Farbenlehre ist der Dichter nun freilich mit seiner Ansicht vereinsamt geblieben. Die absolute, ihn so bitter kränkende Ablehnung, die er von seiten der zeitgenössischen Physiker erfuhr, hat die moderne Wissen- schaft nur bestätigen müssen. Dass trotz dieser zu Recht bestehenden Ablehnung hinsichtlich ihrer Endergebnisse, Goethes Farbenlehre immer noch ein bedeutendes, ja in % Goethe als Naturforscher. 5 einzelnen Teilen mustergiltiges Werk bleibt, das werden wir späterhin zu erörtern haben; an dieser Stelle sollte uns der angeführte Ausspruch des Olympiers nur als einer der vielen kennzeichnenden Beweise dienen für den hohen Wert, den Goethe selbst seinen naturwissenschaftlichen Arbeiten beilegte. Aber wir dürfen auch getrost behaupten, dass gerade lie reifsten seiner dichterischen Werke nicht. so wie sie ins vorliegen geschrieben sein würden, wenn Goethe nicht 50 innig mit der Natur vertraut gewesen wäre, wenn seine Naturbetrachtung sich nicht aufgebaut hätte auf der breiten srundlage eines tiefgründigen positiven Wissens, Zum Beweise dieser Behauptung lassen sich unzählige Stellen aus seinen Dichtungen anführen. Ich erinnere hier, um inen Anknüpfungspunkt für eine Art von chronologischer Übersicht seiner Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Dingen zu gewinnen, an die wunderbare Stelle im ersten feile der Faust-Tragödie, wo Faust und Wagner auf dem )sterspaziergang nach jener ihm von den Bauern dar- gebrachten Huldisung weiter wandeln. Anknüpfend an as eben Erlebte sagt Wagner: „Welch ein Gefühl musst Du, o grosser Mann Bei der Verehrung dieser Menge haben! O! glücklich! wer von seinen Gaben Solch einen Vorteil ziehen kann. Der Vater zeigt dich seinem Knaben, Ein jeder frägt und drängt und eilt, Die Fiedel stockt, der Tänzer weilt. Du gehst, in Reihen stehen sie, Die Mützen fliegen in die Höh’, Und wenig fehlt, so beugten sie die Knie, Als käm das Venerabile.“ = Worauf Faust in seiner Entgegnung: „Der Menge Beifall tönt mir nun wie Hohn. O könntest Du in meinem Innern lesen, Wie wenig Vater und Sohn Solch eines Ruhmes wert gewesen. Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann, Der über die Natur und ihre heil’gen Kreise # In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise, | Mit grillenhafter Mühe sann. 6 Dr. G. H. Moeller. Der, in Gesellschaft von Adepten, Sich in die schwarze Küche schloss, Und, nach unendlichen Rezepten, = Das Widrige zusammengoss. Da ward ein roter Leu, ein kühner Freier Im lauen Bad der Lilie vermählt Und beide dann, mit offnem Flammenfeuer, Aus einem Brautgemach ins andere gequält. Erschien darauf mit bunten Farben Die junge Königin im Glas, Hier war die Arzenei, die Patienten starben, Und Niemand fragte: wer genas?“ Diese lebendige Schilderung des Wirkens und Schaffens des Alchymisten wäre nach blossem Buchstudium gar nicht denkbar. Wir begreifen aber das Entstehen dieser herr- lichen Stelle, wenn wir in „Dichtung und Wahrheit“ von Goethes eigenen praktischen Bemühungen um die Alchymie hören. Er war im Jahr 1769 krank von Leipzig nach Frankfurt zurückgekommen. Eine Geschwulst am Halse, die schliesslich operiert werden musste, und eine fast ver- nichtete Verdauung brachten ihn in nahe und langdauernde Berührung mit einem Arzt, der zu den Stillen im Lande gehörte, nach des Dichters eigenen Worten ein unerklär- licher, schlau blickender, freundlich sprechender, übrigens abstruser Mann, der sich im Kreise der Frommen ein ganz besonderes Zutrauen erworben hatte. Tätig und aufmerk- sam war er den Kranken tröstlich;, mehr aber als durch alles erweiterte er seine Kundschaft durch eine geheimnis- volle Arznei, von der niemand sprechen durfte, weil den Ärzten die Dispensation streng verboten war. Von diesem Salze, das nur in den grössten Gefahren an- gewendet werden durfte, war nur unter den Gläubigen die Rede, ob es gleich noch niemand gesehen oder die Wirkung davon gespürt hatte. Um den Glauben an die Möglichkeit eines solchen Universalmittels zu erregen und zu stärken, hatte der Arzt seinen Patienten, wo er nur einige Empfänglichkeit fand, mystische, chemisch-alchy- mische Bücher empfohlen und zu verstehen gegeben, dass man durch eigenes Studium derselben gar wohl dahin gelangen könne, jenes Kleinod selbst zu erwerben, was Goethe als Naturforscher. | fi — umso notwendiger sei, da man, um das grosse Werk ein- zusehen, hervorzubringen und zu benutzen, die Geheimnisse der Natur im Zusammenhange kennen müsse. — Da haben _ wir also aus Goethes lebendiger Lebenserfahrung heraus „den dunkeln Ehrenmann, der über die Natur und ihre heil’gen Kreise in Redlichkeit, jedoch auf seine Weise, mit grillenhafter Mühe sann“. Goethe war indessen bei längerer Dauer der Krank- heit so heruntergekommen, dass er unter grossen Be- "ängstigungen das Leben zu verlieren glaubte und keine angewendeten Mittel weiter etwas fruchten wollten. In diesen letzten Nöten, so erzählt er, zwang meine bedrängte Mutter mit dem grössten Ungestüm den ver- "Jegenen Arzt, mit der Universalmedizin heraus zu rücken. "Nach langem Widerstande eilte er tief in der Nacht nach Hause und kam mit einem Gläschen kristallisierten trocknen Salzes zurück, welches in Wasser aufgelöst von “dem Patienten geschluckt wurde und einen entschieden alkalischen Geschmack hatte. Das Salz war kaum ge- nommen, so zeigte sich eine Erleichterung des Zustandes, und von dem Augenblick an nahm die Krankheit eine "Wendung, die stufenweise zur Besserung führte. Ich darf nicht sagen, wie sehr dieses den Glauben an unsern Arzt, und den Fleiss, uns eines solchen Schatzes teilhaftig zu machen, stärkte und erhöhte. Kaum war ich einigermassen wieder hergestellt und konnte mich wieder in meinem alten Giebelzimmer auf- halten, so fing ich an, mir einen kleinen Apparat zuzu- legen; ein Windöfchen mit einem Sandbad ward zubereitet. Ich lernte sehr geschwind mit einer brennenden Lunte die Glaskolben in Schalen umwandeln, in welchen die ver- schiedenen Mischungen abgeraucht werden sollten. Nun wurden sonderbare Ingredienzien des Makrokosmos und Mikrokosmos auf eine geheimnisvolle Weise behandelt, und vor allem suchte man Mittelsalze auf eine unerhörte Weise hervorzubringen. In Vorstehendem haben wir also die areigensten Erfahrungen des 20jährigen Goethe, welche der Greis in jenen oben angeführten Versen festgehalten “und der Nachwelt überliefert hat. Im Anschluss an diese 8 Dr. G. H. Moeller. ur alchymistischen Bemühungen studierte der Jüngling Goethe \ das chemische Kompendium von Boerhave und die medi- zinischen Aphorismen dieses vorzüglichen Leidener Ge- lehrten, der am 23. September 1738 starb und dessen Denk- mal in der Peterskirche zu Leiden sein noch heute in voller Giltigkeit zu Recht bestehender Lieblingsspruch ziert: „simplex sigillum veri* (schlicht und klar — nur das ist wahr). Für uns kommt es darauf an, festzuhalten, dass Goethes naturwissenschaftliche Bestrebungen mit 1769, also in seinem 20. Lebensjahre anheben; aus den weiter zurück- liegenden Jugendjahren Goethes kommt wohl vor allem die Anregung in Betracht, die ihm, dem so früh und so gründlich mit der französischen Sprache Vertrauten, durch die Lektüre von den bis dahin erschienenen Bänden der Naturgeschichte des Grafen Buffon zuteil wurde; hebt doch Goethe selbst hervor, dass dieses 44 bändige Riesenwerk mit seinem, des Dichters Geburtsjahr zu erscheinen anfıng und ihn in den jahrweise herausgegebenen Fortsetzungen bis weit über die Hälfte des eigenen Lebensweges begleitete. Während des Strassburger Universitätsjahres 1770/71 nahm Goethe die in Frankfurt auf so seltsame Weise be- gonnenen ärztlich-naturwissenschaftlichen Studien wieder auf. Geradeso wie das in Leipzig in der Pension des Arztes und Universitätslehrers Hofrat Ludwig der Fall ge- wesen war, bildeten auch in Strassburg Mediziner die Mehr- zahl von Goethes Tischgenossen, die einzigen Studierenden, welche, nach des Dichters Behauptung, sich von ihren Fachstudien auch ausserhalb der Hörsäle unterhalten. So erfahren wir denn im 9. Buche von „Dichtung und Wahr- heit“, dass Goethe vom 2. Semester ab in Strassburg Chemie bei Spielmann, Anatomie bei Lobstein hört und sich vornimmt, recht fleissig zu sein, um bei den Unter- haltungen in seiner Tischgesellschaft mittun zu können. Ja, er dehnt diese Studien auf das eigentlich medizinische Gebiet aus, hört das Klinikum des älteren Dr. Ehrhardt und belegt die Lektionen der Entbindungskunst bei des eben genanntem Sohn, wie er uns erzählt in der doppelten Absicht, seine Wissbegierde zu befriedigen und die wider- wärtigsten Anblicke ertragen zu lernen, Goethe als Naturforscher. 9 In das Jahr 1773 fallen Goetz und Werther, die beiden Werke, welche den 24jährigen Frankfurter Advokaten zu einer nationalen, ja zu einer europäischen Berühmtheit machen. Von eigentlich naturwissenschaftlichen Studien hören wir in dieser Frankfurter Zeit nichts, wenn wir nicht etwa die Beschäftigung mit Lavaters Physiognomik dahin rechnen wollen, für welche Goethe einige Bilder und Charakterbeschreibungen lieferte. Ganz übergangen dürfen diese Beziehungen zur Physiognomik nicht werden, da sie in einem natürlichen Zusammenhang mit der später auftretenden Schädellehre von Franz Joseph Gall stehen, welche sich Goethe seit ihrem Auftreten im Jahre 1796 lebhaft interessierte. Von ernsten naturwissenschaftlichen Studien im enge- ren Sinne ist erst dann wieder die Rede, nachdem Goethe im Jahre 1776 als Freund des Herzogs Karl August in Weimar eingezogen, dort mit dem Amte eines leitenden Staatsministers betraut und durch die Sorge für die menauer Bergwerke dazu geführt wird, sich eingehend mit Mineralogie und Geognosie zu beschäftigen, einem Studium, dem er bis an sein Lebensende treu geblieben ist. Gerade in jener Zeit vollzog sich durch den Frei- berger Bergrat Abraham Gottlob Werner die Scheidung wischen Oryktognosie (Gesteinskunde) und Geognosie (Kunde von dem Aufbau der Erdkruste),,. Das Geburts- der neuen Wissenschaft der (reognosie ist das Jahr 1785, wo Werner zum ersten Male in Freiberg geognos- tische Vorlesungen ankündigte und damit gleichzeitig zum Begründer des Neptunismus wurde, insofern er die Erd- schichten als durch den Einfluss des Meeres bewirkt erklärte. Dieser Anschauung trat bald genug diejenige der Plutonisten gegenüber, welche den im Erdinnern tätigen Gewalten, namentlich aber dem Feuer, daher auch Vulkanisten genannt, den Hauptanteil bei Be Bildung und Umbildung der Erdkruste zuschrieben. In diesen Kampf zwischen Neptunisten und Pluto- nisten sah Goethe sich hineingestellt, und wenn es ihm auch nicht beschieden war, durch eigene Forschungsresul- tate entscheidend in diesem Widerstreit der Meinungen . jJau 10 Dr. G. H. Moeller. 2 Sn s einzugreifen, so spiegelt sich dieser Kampf in seinen Dichtungen wieder, und gerade den durch diese Studien geweckten Gedanken und deren Verarbeitung in seinem Geiste verdanken wir eine Reihe der herrlichsten dichte- rischen Schöpfungen. Vor allem gleich im 1. Teil des Faust jene überwältigende Naturschilderung im Prolog im Himmel, wo die 3 Erzengel die Herrlichkeit Gottes singen: | „Die Sonne tönt nach alter Weise In Brudersphären Wettgesang, Und ihre vorgeschrieb’ne Reise Vollendet sie mit Donnergang. Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke, Wenn keiner sie ergründen mag; Die unbegreiflich hohen Werke Sind herrlich wie am ersten Tag. Und schnell und unbegreiflich schnelle Dreht sich umher der Erde Pracht, Es wechselt Paradieses Helle Mit tiefer, schauervoller Nacht; Es schäumt das Meer in breiten Flüssen Am tiefen Grund der Felsen auf, Und Fels und Meer wird fortgerissen In ewig schnellem Sphärenlauf. Und Stürme brausen um die Wette, Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer, Und bilden wütend eine Kette Der tiefsten Wirkung ringsumher; Da Hammt ein blitzendes Verheeren Dem Pfade vor des Donnerschlags, Doch Deine Boten, Herr, verehren Das sanfte Wandeln deines Tags. Bestimmter und unmittelbar an dem Kampf zwischen Neptunisten und Plutonisten anknüpfend treten die Goetheschen Anschauungen darüber zutage im 2. Teile des Faust und zwar in der klassischen Walpurgisnacht: Der Dichter führt uns an den obern Peneios. Sirenen singen: „Stürzt euch in Peneios Flut! Plätschernd ziemt es da zu schwimmen, Lied um Lieder anzustimmen, Dem unseligen Volk zugut. Goethe als Naturforscher. 11 Ohne Wasser ist kein Heil! Führen wir mit hellem Heere Eilig zum ägäischen Meere, Würd’ uns jede Lust zuteil.“ Am Schluss dieses Gesanges erbebt die Erde, und die Sirenen fliehen erschreckt, während Seismos (also gleich- sam der Erdbebengott) in der Tiefe brummend und Einmal noch mit Kraft geschoben, Mit den Schultern brav gehoben, So gelangen wir nach oben, Wo uns alles weichen muss. Die durch das Erdbeben bewirkten Verwirrungen, Ver- ‚schiebungen und Erhebungen von den Sphinxen geschildert, bestätigt Seismos mit befriedigten Stolze in den Worten: „Das hab’ ich ganz allein vermittelt, Man wird mir’s endlich zugestehn: Und hätt’ ich nicht geschüttelt und gerüttelt, Wie wäre diese Welt so schön? Wie stünden eure Berge droben In prächtig-reinem Ätherblau, Hätt’ ich sie nicht hervorgeschoben Zu malerisch-entzückter Schau! _ In dieser durch plutonisch-vulkanische Kräfte neu- gestalteten und bergig gewordenen Landschaft treten später- hin die beiden griechischen Philosophen Thales und Anaxa- ‘goras auf, von denen der ältere, um 640 v. Chr. geborene 'Thales alles Bestehende vom Wasser herleitete und daher von Goethe als Vertreter des Neptunismus eingeführt wird, ‘während der jüngere, um 500 v. Chr. geborene Anaxagoras die Gestirne als glühende Gesteinsmassen ansprach und seine Ansicht mit dem Fallen der Meteorsteine zu be- weisen suchte, aus welchem Grunde ihm Goethe die Rolle ‚eines Vertreters des Plutonismus zuteil. — Anaxagoras richtet nun, angesichts der gewaltigen, durch das Erd- beben entstandenen Umwälzungen an Thales die Frage: „Dein starrer Sinn will sich nicht beugen, Bedarf es weit’res dich zu überzeugen ? Hast du, o Thales, je in einer Nacht Solch einen Berg aus Schlamm hervorgebracht? 12 Dr. G. H. Moeller. Worauf dieser antwortet: Nie war Natur und ihr lebendiges Fliessen Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen; | Sie bildet regelnd jegliche Gestalt, 5 Und selbst im Grossen ist es nicht Gewalt. Anaxagoras: Hier aber war’s! Plutonisch grimmig Feuer, Äolischer Dünste Knallkraft, ungeheuer, Durchbrach des alten Bodens flache Kruste Dass neu ein Berg sogleich entstehen musste. Thales: Was wird dadurch nun weiter fortgesetzt? Er ist auch da, und das ist gut zuletzt. Mit solchem Streit verliert man Zeit und Weile Und führt doch nur geduldie Volk am Seile. Ich habe Ihnen: mit voller Absicht den Widerschein. von Goethes geognostischen Anschauungen zunächst in seinem gewaltigsten Gedichte zeigen wollen. Selbstver- ständlich haben die mit der Geognosie zusammenhängenden Ideen auch in kleineren selbständigen Schöpfungen dichte- rischen Ausdruck gefunden, so in den zahmen Xenien, wo der Plutonismus auf folgende Art verspottet wird:?) Wie man die Könige verletzt, Wird der Granit auch abgesetzt; Und Gneis, der Sohn, ist nun Papa! Auch dessen Untergang ist nah: Denn Plutos Gabel drohet schon Dem Urgrund Revolution: Basalt, der schwarze Teufels-Mohr, Aus tiefster Hölle bricht hervor, Zerspaltet Fels, Gestein und Erden, Omega muss zum Alpha werden, Und so wäre denn die liebe Welt Geognotisch auch auf den Kopf gestellt. Gleich in dem darauf folgenden Achtzeiler tritt die entschiedene Stellungnahme Goethes für Werner und die Neptunisten zu Tage: 2) 1) Bd. IV, 388, 2) Bd. IV, 384. Goethe als Naturforscher. 13 Kaum wendet der edle Werner den Rücken, !) Zerstört man das Poseidaonische Reich. Wenn alle sich vor Hephästos bücken, Ich kann es nicht sogleich; Ich weiss nur in der Folge zu schätzen. Schon hab ich manches Credo verpasst: Mir sind sie alle gleich verhasst, Neue Götter und Götzen. Freilich, ganz geheuer und wohl ist ihm durchaus nicht bei dieser für seinen Freund Werner ergriffenen Parteinahme, das übernächste Xenion will die Vermitt- lungsversuche zwischen Vulkanismus und Neptunismus verspotten, läuft aber am Ende in Resignation aus: ?) Je mehr man kennt, je mehr man weiss, Erkennt man: alles dreht im Kreis; Erst lehrt man jenes, lehrt man dies; Nun aber waltet ganz gewiss Im innern Erdenspatium Pyro-Hydrophilacium, Damit’s der Erden Obeıfläche An Feuer und Wasser nicht gebreche. Wo käme denn ein Ding sonst her, Wenn es nicht längst schon fertig wär? ‚So ist denn, eh’ man sich’s versah Der Pater Kircher?) wieder da. Will mich jedoch des Worts nicht schämen: Wir tasten ewig an Problemen. Dann nach vier weiteren Xenien ähnlichen Inhaltes erhebt sich der Dichter in folgender Strophe zu der erhabenen Höhe des Prologs im Himmel: ®) Wenn im Unendlichen dasselbe Sich wiederholend ewig fliesst, Das tausendfältige Gewölbe Sich kräftig in einander schliesst: Strömt Lebenslust aus allen Dingen, Dem kleinsten, wie dem grössten Stern, Und alles Drängen, alles Ringen Ist ew’ge Ruh’ in Gott dem Herrn. 1) + 1817 zu Dresden. 2) Bd. IV, 385. ®) Athanasius Kircher: Jesuit (1601-1680); Prof. in Würzburg, dann in Avignon. Mundus subterraneus. 2. Bde. Amsterd. 1678, *) Bd. IV, 388, BE N Be SE ui 14 Dr. G. H. Moeller. Haben wir in dem Vorausgehenden den Gewinn kennen gelernt, der dem Dichter Goethe aus den geognostischen und oryktognostischen Studien zufloss, so sei nun in einigen Sätzen davon die Rede, in wie fern er sich prak- tisch an dem Ausbau dieser Wissensgebiete beteiligte. Ein erstes unzerstörbares Denkmal seines auf Minera- logie gerichteten Sammeleifers bildet die 18000 Nummern umfassende Mineraliensammlung im Goethehause zu Wei- mar; eine zweite, noch reichhaltigere und weit berühmtere Sammlung, diejenige des mineralogischen Instituts in Jena, verdankt Goethe ihre Begründung und erste Anordnung — wie denn überhaupt eine ganze Reihe von wissenschaft- lichen Instituten der berühmten Thüringer Universität, sei es hinsichtlich ihrer Anlage überhaupt, sei es in Bezug auf ihre zeitgemässe Ausstattung mit Goethes Wirken als Kurator dieser Pflegestätte deutscher Wissenschaft auf das innigste zusammenhängt — wie die Vermehrung und Neuordnung der Bibliothek, die Veterinärschule, der bota- nische Garten, die Sammlungen für vergleichende Anato- mie und viele andere. Der junge Goethe hat sein Denk- mal in Strassburg erhalten, lange vorher ist der Dichter auf der Höhe seines Schaffens im Verein mit Schiller vor dem Theater in Weimar in Erz verewigt worden, dem Naturforscher Goethe ziemt noch ein Denkmal, und da kann ich mir keinen Platz auf Erden denken, der so ge- eignet wäre für die Errichtung dieses Denkmals als gerade Jena. Vielleicht findet sich auf einem der vielen schönen Plätze innerhalb der durch Ihren berühmten Landsmann, Herrn Professor von Fischer erbauten neuen Universität ein Raum, auf dem dieser schöne Gedanke verwirklicht werden könnte. Sollte es nicht im Bereiche der Möglıch- keit liegen, dass eine von unserem verehrten und lieben Freunde, Herrn Wilhelm Fischer, ausgehende Anregung an massgebender Stelle auf fruchtbaren Boden fiele?!) — Zahlreich sind Goethes rein wissenschaftliche Arbeiten über die Mineralogie und Geognosie Thüringens und Böhmens, Bei seinen oft wiederholten Besuchen in Karls- 1) Ist geschehen, wie mir noch Moeller kurz vor seinem Tode freudestrahlend mitteilte. Der Herausgeber. Goethe als Naturforscher. 15 bad, Marienbad und Eger beschäftigte er sich Jahrzehnte hindurch mit solchen Fragen. Vor allem machte er sich in Karlsbad verdient durch die Anleitung zu mineralogi- schen Mustersammlungen, die er dem dortigen Stein- schneider Joseph Müller gab; er schrieb den Katalog für diese Sammlungen und sorgte für dessen Verbreitung in den Kreisen der Liebhaber. An der Käfersteinischen geognostischen Karte war Goethe in hervorragendem Masse beteiligt, und die dort zum ersten Male angewendete, von Goethe herrührende Farbengebung für die einzelnen Erdschichten ist noch heute im Gebrauch. Ebenso ent- warf Goethe für Alexander v. Humboldt eine vergleichende Karte der Berghöhen der alten und neuen Welt. Und so könnte ich Ihnen noch eine lange Aufzählung von Belegen für Goethes Betätigung auf diesen besondern Gebieten der Naturwissenschaft geben. Im engen Anschluss an die Oryktognosie — die Gesteinskunde — seien Stöchiometrie ind Kristallographie erwähnt. Beide Wissenschaften traten um die Zeit von Goethes besten Mannesjahren in die Erscheinung und haben den Denker und Dichter wohl interessiert und mannigfach angeregt, aber selbsttätig be- schäftigt hat er sich nicht mit diesen besonderen Zweigen naturwissenschaftlichen Wissens, Dazu fehlte ihm der mathematische Sinn. Dieses Mangels war Goethe sich voll- kommen bewusst. Am 12. November 1826 spricht sich der 77 jährige in einem Rückblick klar darüber aus: !) „Das Recht, die Natur in ihren einfachsten, geheimsten Ur- sprüngen, sowie in ihren offenbarsten, am höchsten: auf- fallenden Schöpfungen, auch ohne Mitwirkung der Mathe- matik, zu betrachten, zu erforschen, zu erfassen, musste ich mir, meine Anlagen und Verhältnisse zu Rate ziehend, gar früh schon anmassen. Für mich habe ich es mein Leben durch behauptet. Was ich dabei geleistet, liegt vor Augen, wie es andern frommt, wird sich ergeben. Ungern aber habe ich zu bemerken gehabt, dass man meinen Be- strebungen einen falschen Sinn untergeschoben hat. Ich höre mich anklagen, als sei ich ein Widersacher, ein Feind der Mathematik überhaupt, die doch niemand höher 1) Bd. 50: 167. 16 Dr. G. H. Moeller. schätzen kann als ich, da sie gerade das leistet, was mir zu bewirken völlig versagt worden.“ | Über die Anklage, deren Goethe in dieser Bekenntnis- stelle gedenkt, brauchen wir uns nicht zu wundern, denn es ist in der Tat sehr selten, dass er von den Mathe- matikern spricht, ohne ihnen irgend etwas am Zeuge zu flicken; so urteilt er z. B. in einem Kapitel, das über- schrieben ist: „Ferneres über Mathematik und Mathe- matiker*1): Die Mathematiker sind wunderliche Leute, durch das Grosse, was sie leisten, haben sie sich zur Uni- versalgilde aufgeworfen und wollen nichts anerkennen, als was In ihren Kreis passt, was ihr Organ behandeln kann. — In dem nämlichen Aufsatz sagt er den Matematikern vor- aus, dass sie sich nach und nach ihres Dünkels werden entäussern müssen, als Universalmonarchen über alles zu herrschen; sie werden sich nicht mehr beigehen lassen, alles für nichtig, für inexakt, für unzulänglich zu erklären, was sich nicht dem Calcül unterwerfen lässt. In der 5. Abteilung der „Zahmen Xenien“ ?) schreibt er den Mathematikern folgende Zeilen in das Stammbuch: „Das ist eine von den alten Sünden, Sie meinen: Rechnen das sei Erfinden. Und weil sie soviel Recht gehabt, Sei ihr Unrecht mit Recht begabt. Und weil ihre Wissenschaft exakt, So sei keiner von ihnen vertrakt“. Später bei Besprechung der „Farbenlehre* werden wir nochmals auf das Verhältnis Goethes zu einem der grössten Mathematiker aller Zeiten, Newton, und zu dessen Nach- folgern zurückkommen müssen. Die vorläufige Kennzeich- nung von Goethes Standpunkt in bezug auf Mathematik im allgemeinen wurde uns hier aufgedrängt bei Erwähnung der Kristallographie und Stöchiometrie. Nach dem Er- scheinen der chemischen Mineralienkunde von Berzelius, der seit 1807 als Professor der Medizin und Pharmazie in Stockholm tätig war, liess sich Goethe von dem Jenenser !) Bd. 50: 190, 2) Bd. 4: 360. Goethe als Naturforscher. a Akademieprofessor Döbereiner in die Stöchiometrie, die ehre von den quantitativen Gewichts- und Volumverhält- aissen der chemischen Verbindungen einführen. — Was die Kristallographie anlangt, so hat sich Goethe mit ihr auseinanderzusetzen gesucht, und vielleicht spricht sich seine Stellung zu dieser Wissenschaft am kennzeichnendsten aus im folgenden Satz aus seinen naturwissenschaftlichen Aphorismen!): „Die Kristallographie, als Wissenschaft betrachtet, gibt zu ganz eigenen Ansichten Anlass. Sie ist nicht produktiv, sie ist nur sie selbst und hat keine Folgen, besonders nunmehr, da man so manche isomor- phische Körper angetroffen hat, die sich ihrem Gehalte nach ganz verschieden erweisen. Da sie eigentlich nirgends anwendbar ist, so hat sie sich in dem hohen Grade in sich selbst ausgebildet. Sie gibt dem Geist eine gewisse be- schränkte Befriedigung und ist in ihren Einzelnheiten so manniofaltig, dass man sie unerschöpflich nennen kann, deswegen sie auch vorzügliche Menschen so entschieden nd lange an sich festhältl. — Etwas Mönchisch - Hage- stolzenartiges hat die Kristallographie und ist daher sich elbst genug. Von praktischer Lebenseinwirkung ist sie nicht: denn die köstlichsten Erzeugnisse ihres Gebietes, ie kristallisierten Edelsteine, müssen erst zugeschliffen verden, ehe wir unsere Frauen damit schmücken können,“ — Ein andermal, bei Besprechung eines französischen Werkes sagt er?): „Der Kristallograph macht sich in der [ineralogie zum Herrn und Meister und zwar nicht ganz mit Unrecht. Denn da die Gestalt immer das Höchste leibt, warum sollte man ihm verargen, auch das An- rganische, nur insofern es gestaltet ist, zu erkennen, zu chätzen und zu ordnen ?* Gleich im Anschluss an diese Stelle geht er auf die /hemie über und sagt: „Der Chemiker, gerade im Gegen- tz, mag sich um das Gebildete wenig kümmern; er spürt len allgemeinen Gesetzen der Natur nach, insofern sie sich "auch im Mineralreich offenbaren. Ihm ist Gestaltetes, "Missgestaltetes, Umgestaltetes auf gleiche Weise unter- ° 1) Bd. 50: 143, ®) Bd. 50: 177. 18 Dr. G. H. Moeller. worfen. Nur die Frage sucht er zu beantworten: wie be- zieht sich das Einzelne auf jene ewige unendliche Angel, um die sich alles, was ıst, zu drehen hat?* Ich wiederhole: selbständig hat Goethe weder kristallo- graphische, noch chemische Studien getrieben, wenn er auch seine Bibliothek reich mit den darauf bezüglichen Werken ausstattete; dagegen haben die chemischen Theorien, welche Döbereiner dem Dichter vortrug, einen literarischen Niederschlag gefunden in dem bedeutenden Goetheschen Romane „Die Wahlverwandtschaften“, welcher Titel schon, um hier mit Vilmars Worten zu sprechen, als die Anwen- dung eines chemischen Prinzips auf die sittliche Welt uns ankündigt, dass wir eine Schilderung des Gebundenseins des höheren Willens der menschlichen Natur an die niedern Naturkräfte erhalten werden.“ 7 ‘ Wenn mich nun meine naturwissenschaftlichen Zu- hörer ohne weiteres verstehen, so befinden sich doch manche andere und vor allem die verehrten Damen in dem Falle Charlottens, der Gattin Eduards, welche im 4. Kapitel des Romans sich Auskunft darüber erbittet, wie es eigent- lich hier mit der Verwandtschaft gemeint sei. Der Haupt- mann und Eduard machen ihr dann den Begriff von Wahl- verwandtschaft klar an dem Beispiel von kohlensauerm Kalk und schwefelsauerm Natron, welche, in Lösung zu- sammengebracht, sich zu Gips (schwefelsauerm Kalk) und Soda (schwefelsauerm Natron) umsetzen, sodass also in- folge der Wahlverwandtschaft A + Bund C++ D zu A-+C und B-D zusammentreten; eine Hindeutung da- rauf, wie Charlotte und der Hauptmann einerseits, Eduard und Ottilie andererseits aus ihren früheren Verbindungen gelöst und zueinander hingezogen werden. Um noch zunächst in der anorganischen, der unbeseelten Natur zu verweilen, wenden wir uns nunmehr der Mete- orologie zu, auf welchem Gebiete sich Goethe mannigfach und bis in unsere Zeit fortwirkend betätigt hat. Er nannte sich selbst scherzhaft das dezidierteste Barometer, weil er in seinem physischen und moralischen Wohlbefinden un- gemein beeinflusst würde von dem wenig günstigen Klıma Weimars. Und so war es denn ganz natürlich, dass er | | vom Beginn seines dortigen Aufenthaltes an zu Wetter- beobachtungen gedrängt wurde. Als der Engländer Howard seine Wolkenlehre veröffentlichte, jedenfalls vor 1815, be- jemächtigte er sich derselben mit dem höchsten Inter- esse; im Tagebuche von 1815 heisst es!): „Über meiner ganzen naturhistorischen Beschäftigung schwebte die Jowardische Wolkenlehre.“ Ihm, dem alles Verworrene, “nicht Definierbare ein Greuel war, musste es ungemein sympathisch sein, hier in einem scheinbaren Chaos Ord- nung gestiftet zu sehen, insofern Howard die einzelnen Wolkenformen nach Haupttypen zu unterscheiden und zu jenennen lehrte. Diese Howardschen Bezeichnungen, wie Stratus, Cirrus, Cumulus, Nimbus, sind uns noch heute geläufig. Goethes Verdienst um die Meteorologie besteht nicht nur in der Verbreitung der Howardschen Wolken- ehre auf dem Kontinent, sondern auch in der Errichtung iner grossen Anzahl von Beobachtungsstationen und in em Ausarbeiten von Anweisungen für die Beobachter, “durch welche Bemühungen Goethe den Grund legte für lie heute so ausgebreitete Organisation für meteoro- ogische Beobachtungen. Auch in der dichterischen Goethe- iteratur finden wir zahlreiche Bezugnahmen auf die Wolkenlehre. Anführen will ich die Verse, die sich auf Joward selbst beziehen und die Goethe 1821 verfasste. Goethe als Naturforscher. 19 Howards Ehrengedächtnis.?) Wenn Gottheit Kamarupa°), hoch und hehr, Durch Lüfte schwankend wandelt leicht und schwer, Des Schleiers Falten sammelt, sie zerstreut, Am Wechsel der Gestalten sich erfreut, Jetzt starr sich hält, dann schwindet wie ein Traum, - Da staunen wir und trau’n dem Auge kaum. Nun regt sich kühn des eignen Bildens Kraft, Die Unbestimmtes zu Bestimmtem schafft; Da droht ein Leu, dort wogt ein Elephant, 2) Bd. 32: 101. 2) Bd. 3: 104—106. ®) Kamarupa ist der indische Gott der Verwandlungen in Kali- asas Gedicht Megha-Duta (Wolkenbote), als Personifikation der vechselnden Wolkenbildung. Mitgeteilt von Herrn Prof. W. Egg. 2* Dr. G. H. Moeller. Kameles Hals, zum Drachen umgewandt, Ein Heer zieht an, doch triumphiert es nicht, Da es die Macht am steilen Felsen bricht; Der treuste Wolkenbote selbst zerstiebt, Eh’ er die Fern erreicht, wohin man liebt. Er aber, Howard, gibt mit reinem Sinn Uns neuer Lehre herrlichsten Gewinn. Was sich nicht halten, nicht erreichen lässt, Er fasst es an, er hält zuerst es fest; Bestimmt das Unbestimmte, schränkt es ein, Benennt es treffend! — Sei die Ehre dein! — Wie Streife steigt, sich ballt, zerfllattert, fällt, Erinnere dankbar deiner sich die Welt. Stratus. Wenn von dem stillen Wasserspiegel-Plan Ein Nebel hebt den flachen Teppich an, Der Mond, dem Wallen des Erscheins vereint, Als ein Gespenst Gespenster bildend scheint, Dann sind wir alle, das gestehn wir nur, Erquickt-erfreute Kinder der Natur! Dann hebt sich’s wohl am Berge, sammelnd breit. An Streife Streifen, so umdüstert’s weit Die Mittelhöhe, beidem gleich geneigt, Ob’s fallend wässert oder luftig steigt. Cumulus. Und wenn darauf zu höh’rer Atmosphäre Der tüchtige Gehalt berufen wäre, Steht Wolke hoch, zum herrlichsten geballt, Verkündet, festgebildet, Machtgewalt, Und, was ihr fürchtet und auch wohl erlebt, Wie’s oben drohet, so es unten bebt. Cirrus. Doch immer höher steigt der edle Drang! Erlösung ist ein himmlisch leichter Zwang. Ein Aufgehäuftes, Nockig löst sich’s auf, Wie Schäflein tripplend, leicht gekämmt zu Hauf, So fliesst zuletzt, was unten leicht entstand, Dem Vater oben still in Schooss und Hand. Nimbus. Nun lasst auch niederwärts, durch Erdgewalt Herabgezogen, was sich hoch geballt, In Donnerwettern wütend sich ergeh’n, Goethe als Naturforscher. 1 Heerschaaren gleich entrollen und verweh’n! — - Der Erde tätig-leidendes Geschick! — Doch mit dem Bilde hebet euern Blick: Die Rede geht herab, denn sie beschreibt, Der Geist will aufwärts, wo er ewig bleibt. Dieses Gedicht ist gleich nach seinem Entstehen von joethes Freunden jenseits des Kanals ins Englische über- agen worden; auch finden wir in Goethes Schriften die [bersetzung einer Autobiographie des trefflichen Howard. Befand sich der grosse deutsche Dichter und Forscher it diesem zeitgenössischen Engländer in schönster Über- nstimmung, so trat er zu einem- andern weit berühmtern jlischen Forscher, dem allerdings schon 1727, also ) Jahre vor Goethes Geburt, gestorbenen Isaak Newton den denkbar schärfsten Gegensatz, insoweit die Lehre m Licht in Frage kömmt. Wir treten mit diesen Be- erkungen an Goethes Farbenlehre heran. Je nach dem vecke, den man bei Betrachtung Goethes als Natur- 'scher verfolgt, lässt sich dieser Zweig seiner Tätigkeit, r in der Form von zusammenhängenden Darstellungen a Bände 12, 13 und 14 seiner nachgelassenen Schriften t im Ganzen 965 Oktavseiten umfasst, in wenigen orten abtun oder in langen Abhandlungen besprechen. indelt es sich um die schlichte Feststellung der end- ltigen Ergebnisse, so kann man sich darauf beschränken, rvorzuheben, dass Newton seit 1666 das weisse (farb- se) Licht als eine Mischung der sieben Regenbogenfarben tannte und dessen Zerlegbarkeit in diese Farben mit fe des Prismas nachwies, während Goethe das Licht Er“ Einheitliches, Unzerlegbares ansprach und die schiedenen Farben als auf Licht- und Schattenwirk- en beruhende Erscheinungen erklären zu können ubte Die Fachgelehrten haben schon zu Goethes Zeit se, der Newton’sche entgegengesetzte Anschauung ent- hi Een abgelehnt, und diese Ablehnung hat durch die derne Wissenschaft in vollem Umfange und nach allen Shtungen hin bestätigt werden müssen. Etwas ganz anderes aber ist es, wenn es sich, abge- en von der Gültigkeit oder Ungültigkeit ee End- [; b, 22 Dr. G. H. Moeller. ergebnisse, um den Wert dieser sich über zwei Jahrzehnte hinziehenden Arbeit für den Dichter selbst und für die Wissenschaft im Allgemeinen handelt. Von diesem Stand- punkte aus kann die Goethesche Farbenlehre nicht mit ein paar Worten abgetan werden, sondern erfordert ein liebevolles Eingehen, ein tiefgründiges Studium und ein genaues Auseinanderhalten der einzelnen Teile. Freilich kann ich in dem engen Rahmen dieses Vortrags darüber nur Andeutungen geben, aber sie werden hinreichen, uns deutlich zu Gemüte zu führen, dass selbst ein Irrtum eines grossen Geistes weit förderlicher werden kann als die unbezweifelten Wahrheiten eines ganzen Schocks von Durchschnitts-Intelligenzen. Zunächst einmal ist der Wert dieser Forschungen für Goethe selbst gar nicht hoch genug anzuschlagen, wir sehen da an einem weithin leuchtenden Beispiel, wie die treue, begeisterte, aufopfer- ungsfreudige Hingabe an einen Gegenstand einen Gewinn, eine Befriedigung gewährt, die keine Anerkennung zu vermehren, keine Verkennung zu vermindern im stande ist. Durch dieses Bestreben, die seiner festen Überzeugung nach falsche Hypothese Newtons über die Zerlegbarkeit des Lichtes zu bekämpfen, wurde Goethe zu einer Unzahl von Versuchen gedrängt, die ihm die wichtigsten Auf- schlüsse über eine Reihe von Phänomenen gaben. Pro- fessor Rudolf Magnus, dessen schönes Werk über Goethe als Naturforscher aus dem Jahre 1906, dank dem Ent- gegenkommen Ihres Herrn Vorstandes, meines Freundes Stirner, der Bibliothek des naturwissenschaftlichen Vereins einverleibt wurde, spricht mit grosser Begeisterung davon, wie es ihm vergönnt war, im Goethehaus zu Weimar mit den von Goethe selbst zusammengestellten Apparaten die von letzterm angeführten Versuche nachzuprüfen, und Professor Magnus war erstaunt über das Charakteristische und über die Schönheit dieser Versuche. Vor allem aber hat uns Goethe, und das bedeutet auch für die Wissen- schaft der Physik einen sehr reellen Gewinn, im 13. und 14. Bande seiner hinterlassenen Schriften eine klassische Geschichte der Farbenlehre gegeben von Aristoteles und Theoprast bis auf Johann Leonhard Hoffmann, dessen Goethe als Naturforscher. 23 “Versuch einer Geschichte der malerischen Harmonie und _ der Farbenharmonie insbesondere mit Erläuterungen aus der Tonkunst 1786 erschienen war. Walter May in seinem, gleichfalls in der Bibliothek Ihres Vereins befindlichen "Buche „Goethe, Humboldt, Darwin, Haeckel“, Berlin 1906, sagt darüber auf Seite 36!): „Goethe und Humboldt stehen als Geschichtsforscher nicht weniger gross da denn als Naturforscher“. Goethe hat in seiner „Geschichte der " Farbenlehre“ ein Werk geschaffen, das einer seiner neuesten Biographen, Richard Meyer, unbedenklich für die be- “deutendste Geschichte einer Wissenschaft erklärt, die es "überhaupt gibt. Keine zweite, meint Meyer, tauche wie “diese herunter auf den Grund der Dinge und suche wie sie die historischen Urphänomene auf, keine zweite erfasse wie sie auf dem lebensvollen Hintergrund der Zeit und des Ortes die Eigenheit der Individuen. Was seit Taine als neue Heilswahrheit verkündet werde: „Dass die Ge- schichte den einzelnen nur aus seiner Umgebung verstehen könne, das sei hier längst durchgeführt. —“ Diese dürftigen Aus- und Anführungen müssen uns an dieser Stelle ge- nügen, sie werden wenigstens ahnen lassen, was die Farben- lehre für das geistige Wesen Goethes bedeutete, und wir werden uns hüten einzustimmen in das blöde Bedauern, dass uns Goethe nicht statt ihrer einige Dichterwerke mehr "hinterliess, ein Bedauern, dem er selbst schon 1790 in dem 77. seiner venetianischen Epigramme entgegentritt?): Mit Botanik gibst du dich ab, mit Optik? Was tust du? Ist es nicht schönrer Gewinn, rühren ein zärtliches Herz? Ach die zärtlichen Herzen! Ein Pfuscher vermag sie zu rühren. Sei es mein einziges Glück, dich zu berühren, Natur! Auch die zwei nächsten, das 78. und 79. .Epigramm gehören in die Farbenlehre: Weiss hat Newton gemacht aus allen Farben. Gar manches Hat er Euch weis gemacht, das Ihr ein Säkulum glaubt. „Alles erklärt sich wohl“, so sagt mir ein Schüler, „aus jenen Theorien, die uns weislich der Meister gelehrt“ Habt ihr einmal das Kreuz von Holze tüchtig gezimmert. Passt ein lebendiger Leib freilich zur Strafe daran. 1!) May. 36. 2) Bd. I.: 368. 24 Dr. G. H. Moeller. In den Reimpaaren des 2. Bandes der Ausgabe letzter Hand, welche den gemeinsamen Titel tragen „Gott, Gemüt und Welt“, entwickelte Goethe in den letzten 16 Sprüchen seine ganze Theorie: Verdoppelte sich der Sterne Schein, Das All wird wenig finster sein. „Und was sich zwischen beide stellt?“ Dein Auge, sowie die Körperwelt. An der Finsternis zusammengeschrunden Wird dein Auge vom Licht entbunden. Schwarz und weiss — eine Totenschau, Vermischt ein niederträchtir Grau. Will Licht einem Körper sich vermählen, Es wird den ganz durchsichtigen wählen. Du aber halte dich mit Liebe An das Durchscheinende, das Trübe. Denn steht das Trübste vor der Sonne, Da siehst du herrlichste Purpurwonne. Und will das Licht sich dem Trüben entwinden, So wird es glühend Rot entzünden. Und wie das Trübe verdunstet und weicht, Das Rote zum hellsten Gelb verbleicht. Ist endlich der Äther rein und klar, Ist das Licht weiss, wie es anfangs war. Steht vor dem Finstern milchig Grau, Die Sonne bescheint’s, da wird es blau. Auf Bergen in der reinsten Höhe Tief Rötlichblau ist Himmelsnähe. Du staunest über die Königspracht, Und gleich ist sammetschwarz die Nacht. Und so bleibt auch in ewigem Frieden Die Finsternis vom Licht geschieden. Dass sie miteinander streiten können, Das ist eine bare Torheit zu nennen. Sie streiten mit der Körperwelt, Die sie ewig auseinanderhält. Als nach der Verwandlungsszene im ersten Teile des Faust Mephistopheles sich vorstellt als „Ein Teil der Kraft — Die stets das Böse will und stets das Gute schafft“, fragt Faust: „Du nennst Dich einen Teil und stehst doch ganz vor mir?“ — Worauf Mephistopheles fortfährt: „Bescheidne Wahrheit sprech’ ich Dir. Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt, Goethe als Naturforscher. 95 Gewöhnlich für ein Ganzes hält; Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs Alles war, Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar, Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht, Und doch gelingt’s ihm nicht, da es, so viel es strebt, Verhaftet an den Körpern klebt. Von Körpern strömts, die Körper macht es schön, Ein Körper hemmt’s auf seinem Gange So hoff’ ich, dauert es nicht lange, Und mit den Körpern wird’s zu Grunde gehn.“ ” - Auch im 3. Bande finden wir eine Sammlung von 20 Gedichten unter der gemeinsamen Überschrift „Gott und Welt‘; in einem derselben ruft er seinen Gegnern zu: „Möget ihr das Licht zerstückeln, Farb’ um Farbe draus entwickeln, Oder andre Schwänke führen, Küpgelchen polarisieren, Dass der Hörer ganz erschrocken Fühlet Sinn und Sinne stocken; | Nein! es soll Euch nicht gelingen, Sollt uns nicht beiseite bringen; Kräftig, wie wir’s angefangen, Wollen wir zum Ziel gelangen. In der 6. Abteilung der zahmen Xenien, die den Schluss des 4. Bandes bildet, warnt er seine Anhänger nochmals eindringlich vor den bösen Physikern: j Freunde flieht die dunkle Kammer, Wo man euch das Licht verzwickt Und mit kümmerlichstem Jammer Sich verschrobnen Bilden bückt. Abergläubische Verehrer Gab’s die Jahre her genug, In den Köpfen eurer Lehrer Lasst Gespenst und Wahn und Trug. Wenn der Blick an heitern Tagen Sich zur Himmelsbläue lenkt, Beim Siroc der Sonnenwagen Purpurrot sich niedersenkt, Da gebt der Natur die Ehre, Froh, an Aug und Herz gesund, Und erkennt der Farbenlehre Allgemeinen ewigen Grund. 6 Dr. @. H. Moeller. Wir treten nun in die Betrachtung von Goethes natur- wissenschaftlichen Arbeiten ein, die sich auf die organische Welt beziehen, und deren Bedeutung in Bezug auf die Fortentwicklung der Wissenschaft bei weitem höher an- geschlagen werden muss, als alle Bestrebungen Goethes auf den bisher von uns durchwanderten Gebieten. Wenden wir uns zunächst der Pflanzenkunde zu, so kann ich Ihnen die Beachtung, welche Goethes botanische Arbeiten bei den bedeutsamsten Zeitgenossen fanden, wohl nicht eindringlicher vorführen als durch den Hinweis darauf, dass Alexander von Humboldt sein Werk über die „Geographische Verteilung der Pflanzen“ Goethe widmete, Das von Thorwaldsen entworfene Titelkupfer des Humboldt’schen Werkes mit der einfachen Unterschrift „An Goethe“ stellt den Genius der Dichtkunst dar, welcher das Standbild der hier als Versinnbildlichung der Natur gedachten Diana von Ephesus enthüllt, zu deren Füssen eine Marmortafel liegt mit der Inschrift „Metamorphose der Pflanzen“. Die geographische Verbreitung der Pflanzen von Humboldt erschien 1867, 17 Jahre nach der Goethe- schen Metamorphose der Pflanzen, und seitdem hat kein ernst zu nehmender Gelehrter bei der Besprechung der Geschichte der Botanik stillschweigend an Goethe vorüber- gehen können. Von den beiden Werken, die da vor mir auf dem Tische liegen: Schleiden „Die Pflanze und ihr Leben“ und Seubert „Pflanzenkunde“ befindet sich das eine 48, das andere 44 Jahre in meinem Besitz, und gerade dem Schleiden’schen Werke verdanke ich die frühe Ein- führung in die Naturwissenschaft Goethes. Zum ersten Male haben sich meine Studien darüber zu einem Vor- trage kristallisiert, den ich vor nun 30 Jahren in der Harmonie zu Passau gehalten und gleich darauf unter dem Titel „Die Blume in Dichtung und Wahrheit“ ver- öffentlicht habe. Damals, am 17. März 1879, knüpfte ich an das Schillersche Distichon an: „Die drei Alter der Natur:“ Leben gab ihr die Fabel — die Schule hat sie entseelet Schaffendes Leben aufs Neu gibt die Vernunft ihr zurück, Goethe als Naturforscher. ER Dann heisst es weiter: „Dieser Ausspruch ist die eigentlichste Signatur des Wirkens von Goethe, das in seinem innersten Wesen nur von dem Paepankte dieses Schillerschen Distichons aus erfasst werden kann.“ „Alle Teile des weiten Schöpfungskreises“, sagt Alex- ander von Humboldt im 2. Teile seines Kosmos, Seite 75, „vom Äquator bis zur kalten Zone, können sich überall, wo der Frühling eine Knospe entfaltet, einer begeisternden Kraft auf das Gemüt erfreuen. Zu einem solchen Glauben ist unser deutsches Vaterland vor allem berechtigt. Wo ist das südlichere Volk, welches uns nicht den grossen Meister der Dichtung beneiden sollte, dessen Werke alle ein tiefes Gefühl der Natur durchdringt, in den Leiden des jungen Werthers, wie in den Erinnerungen an Italien, in der Metamorphose der Gewächse, wie in seinen ver- mischten Gedichten? Wer hat beredter seine Zeitgenossen angeregt, des Weltalls heilige Rätsel zu lösen? Das "Bündnis zu erneuern, welches im Jugendalter der Mensch- heit Philosophie, Physik und Dichtung mit einem Bande umschlang“. ‘ Ihm nun, dem Liebling der Musen, ihm, dem voll- endetsten Sohne, der je aus ihrem Schosse emporgestiegen, vertraute Mutter Natur eines ihrer süssesten Geheimnisse an, das Geheimnis von der Einheit des Prinzips in der unendlichen Mannigfaltigkeit der Formen. Dieses Geheimnis hat uns Goethe offenbart in einem 1790 erschienenen Werkchen, das den Titel führt: „Ver- suche, die Metamorphose der Pflanzen zu erklären“. Er selbst erzählt in seinem Tagebuche von 1790, dass er diese rbeit niederschrieb und veröffentlichte als ein Specimen ‚pro loco, das will also heissen in der Absicht, sich einen bestimmten Platz in den Reihen der Naturforscher zu sichern. Eheich auf den Grundgedanken der Goetheschen etamorphose eingehe, lassen Sie mich Ihnen den Zu- stand der Wissenschaft der Botanik gegen Ende des 18. Jahrhunderts schildern. Linn& beherrschte die Natur- wissenschaft. Sein „Systema naturae“ war 1735 erschienen, seine „Fundamenta botanica“ 1736 — das „Corollarium $ 28 Dr. G. H. Moeller. generum plantarum* mit dem berühmten Geschlechts- system 1737 — endlich das „Systema vegetabilium“ 1774, dies letztere Werk also, das System des Gewächsreiches, erschien mitten in der Götz- und Werther - Periode Goethes. | So gross nun auch die Bedeutung des auf Vorhanden- sein, Zahl und Art von Staubgefässsen und Stempeln gegründeten künstlichen Linneschen Systems für das 18. Jahrhundert war, so hat dieses System für die ernste Wissenschaft schon seit langem nur noch historische Bedeutung und ist durch Jussieu, Decandolle, Endlicher u. a. durch auf die innere, natürliche Verwandtschaft der Pflanzen gegründete natürliche Systeme ersetzt worden. Dagegen bleibt es ein unsterbliches Verdienst Linnes, dass er zum ersten Male die binäre Benennung, die Bezeich- nung eines jeden Naturkörpers mit 2 Namen, einem Gattungsnamen und einem Artnamen folgerichtig durch- geführt hat. Durch dieses einfache, uns heute so selbst- verständlich erscheinende Verfahren ist es seit Linnes Auftreten für alle folgende Zeiten ermöglicht worden, mit zwei Wörtern in einer jeden Irrtum ausschliessenden Weise festzustellen, über welchen Naturgegenstand die Rede sein soll. Linne hat also in einer für alle Zeiten mustergiltigen Weise die verwirrende Menge der leblosen wie der lebendigen Naturkörper, wenn ich mich so aus- drücken darf, katalogisiert. Dagegen aber blieb seine Forschung auf die wenigen für diese Katalogisierung in Betracht kommenden Merkmale beschränkt, und selbst deren Betrachtung geschah in. rein äusserlicher Weise; ja die bereits im 19. Jahrhundert mit Hilfe des Mikro- skopes gewonnenen höchst beachtenswerten Resultate auf dem Gebiete der pflanzlichen Gewebs- und Gestaltungs- lehre, von William Hooke, Marcello Malpighi, Nehemia Grew und Anton von Leuwenhoek gerieten unter dem ausschliesslich systematischen Interesse, das Linne der ge- samten Naturforschung aufzuprägen wusste, und infolge der durch Linne betätigten Verachtung des Mikroskopes wieder völlig in Vergessenheit. Über dem Bestreben, schnell und sicher den Namen einer Pflanze aufzufinden, wurde alles, y 6 BE i € * % Goethe als Naturforscher. 99 was nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem systematischen Bemühen stand, vernachlässigt. Hier nun tritt Goethe ein. In’der ungeheuren Mannig- faltigkeit der Pflanzenformen — allerdings haben wir uns in diesem besonderen Falle nur den höheren, die Stengel- pflanzen, vorzustellen — ahnt Goethe eine Stufenfolge der Entwicklung, er sucht nach einer Urpflanze, die alle zu dem Begriffe Pflanze gehörigen Organe in den ein- fachsten Verhältnissen besitzt, und aus welcher sich die übrigen durch Metamorphose, d. h. durch Umwandlung dieser Organe, entwickelt haben. Anfänglich glaubt er, diese „Urpflanze‘‘ wirklich in der Natur auffinden zu können, nach und nach sieht er jedoch ein, dass er gezwungen ist, sich die Urpflanze durch Ableitung aus ‘den unendlich mannigfachen Erscheinungsformen selbst zu schaffen. Diesem Gedanken Goethes während der italienischen Reise nachzuspüren, ist von höchstem Inter- esse. Im 27. Bande der Ausgabe letzter Hand schreibt er aus Padua am 27. September 1786 :') „Es ist erfreuend und belehrend, unter einer Vege- tation umherzugehen, die uns fremd ist. Bei gewohnten Pflanzen, sowie bei andern längst bekannten Gegenständen denken wir zuletzt gar nichts, und was ist Beschauen ohne Denken? Hier in dieser neu mir entgegentretenden Mannigfaltigkeit, wird jener Gedanke immer lebendiger, dass man sich alle Pflanzengestalten vielleicht aus einer entwickeln könne. Hierdurch würde es allein möglich werden, Geschlechter und Arten wahrhaft zu bestimmen, "welches, wie mich bedünkt, bisher sehr willkürlich geschieht. Auf diesem Punkte bin ich in meiner botanischen Philo- sophie stecken geblieben, und ich sehe noch nicht, wie ich mich entwirren will. Die Tiefe und Breite dieses Geschäfts scheint mir völlig gleich.“ — Sehen wir aus dieser Stelle, dass er den Gedanken an die Einheit in der Mannigfaltigkeit des Pflanzenreichs schon mit nach Italien brachte, so tritt uns in einem anderen Briefe aus Venedig vom 8. Oktober 1786 die wunderbare Fähigkeit 1) Bd, 27: 9. 30 Dr. G. H. Moeller. Goethes entgegen, das von ihm beobachtete Besondere der Erscheinungen in wenigen Worten trefflich zu kenn- zeichnen:!) „Am Meere habe ich auch verschiedene Pflanzen gefunden, deren ähnlicher Charakter mich ihre Eigen- schaften näher erkennen liess; sie sind alle zugleich massig und streng, saftig und zähe, und es ist offenbar, dass das alte Salz des Sandbodens, mehr aber die salzige Luft, ihnen diese Eigenschaften gibt; sie strotzen von Säften wie Wasserpflanzen, sie sind fett und zäh wie Bergpflanzen; wenn ihre Blätterenden eine Neigung zu Stacheln haben, wie Disteln tun, sind sie gewaltig spitz und stark.“ Von Rom aus schreibt er am 2. Dezember 1786 über die Villa Pamfili:?) „Eine grosse mit immergrünen Eichen und hohen Pinien eingefasste flache Wiese war ganz mit Maslieben übersäet, die ihre Köpfchen alle nach der Sonne wendeten; nun gingen meine botanischen Speku- lationen an, denen ich am andern Tag auf einem Spazier- gange nach dem Monte Morio, der Villa Melini und Villa Madama weiter nachhing. Es ist gar interessant zu bemerken, wie eine lebhaft fortgesetzte und durch starke Kälte nicht unterbrochene Vegetation wirkt, hier gibts keine Knospen, und man lernt erst begreifen, was eine Knospe sei.“ Hier spricht Goethe in den letzten Zeilen nicht etwa von Blütenknospen, sondern von Blattknospen, und wie wunderbar gibt er da zu verstehen, dass diese als von Blattanlagen umhüllte zusammengestauchte Stengelglieder mit Vegetationsspitze aufzufassen sind. Am 28. Januar 1787 finden wir folgende schöne Worte;?3) „Die zweite Betrachtung beschäftigt sich aus- schliesslich mit der Kunst der Griechen und sucht zu erforschen, wie jene unvergleichlichen Künstler verfuhren, um aus der menschlichen Gestalt den Kreis göttlicher Bildung zu entwickeln, welcher vollkommen abgeschlossen ist und worin kein Hauptcharakter, so wenig als die 1) Bd. 27: 140, 2) Bd. 27: 236. 3) Bd. 27: 270. Goethe als Naturforscher. 31 Übergänge und Vermittlungen fehlen. Ich habe eine Vermutung, dass sie nach eben den Gesetzen verführen, nach welchen die Natur verfährt und denen ich auf der Spur bin. Nur ist noch etwas anderes dabei, das ich nicht auszusprechen wüsste.“ Band 28 führt uns nach Neapel. Vom 9. März 1787 habe ich mir das prächtige Wort notiert!): „Die Natur ist doch das einzige Buch, das auf allen Blättern grossen Gehalt bietet — dagegen gibt mir das Theater gar keine Freude mehr“. Vom 13. März 1787 findet sich folgende bedeutsame Kundgabe?): „Eigentlich sollte ich den Rest meines Lebens auf Beobachtung wenden, ich würde manches auffinden, was die menschlichen Kenntnisse vermehren dürfte. Herdern bitte zu melden, dass meine botanischen Kenntnisse weiter und weiter gehen; es ist immer das- selbe Prinzip, aber es gehört immer ein Leben dazu, um es durchzuführen; vielleicht bin ich noch im stande, die Hauptlinien zu ziehen“. Daran anschliessend die nicht minder inhaltsschweren Zeilen vom 25. März 1787): „Nach diesem angenehmen Abenteuer spazierte ich am Meere hin und war still und vergnüglich., Da kam mir eine gute Erleuchtung über botanische Gegenstände. Herdern bitte ich zu sagen, dass ich mit der Urpflanze bald zu stande bin, nur fürchte ich, dass niemand die übrige Pflanzenwelt darin wird erkennen wollen. Meine famose Lehre von den Kotyledonen ist so sublimiert, dass man schwerlich wird weiter gehen können.“ Diese Stelle ist von ganz besonderer Wichtigkeit, sie zeigt uns, dass Goethe im Begriffe steht, aus der einfachen, ungeteilten Gestalt der Kotyledonen, der Keimblätter, heraus die verwickelten Gestalten der Laub- und Blüten- blätter zu entwickeln. - Im April 1787 ist Goethe in Sizilien; von Palermo aus schreibt er am 17. April:*) Es ist ein wahres Unglück, wenn man von vielerlei Geistern verfolgt und versucht en u uulühe a !) Bd. 28: 35. 2) Bd. 28: 49. 3) Bd. 28: 77. *#) Bd. 28; 150. 39 Dr. G. H. Moeller. wird! Heute früh ging ich mit dem festen ruhigen Vor- satz, meine dichterischen Träume fortzusetzen, nach dem öffentlichen Garten, allein, eh’ ich mich’s versah, er- haschte mich ein anderes Gespenst, das mir schon diese Tage nachgeschlichen. Die vielen Pflanzen, die ich sonst nur in Kübeln und Töpfen, ja die grösste Zeit des Jahres nur hinter Glasfenstern zu sehen gewohnt war, stehen hier‘ froh und frisch unter freiem Himmel und, indem sie ihre Bestimmung vollkommen erfüllen, werden sie uns deut- licher. Im Angesicht so vielerlei neuen und erneuten Ge- bildes fiel mir die alte Grille wieder ein: ob ich nicht unter dieser Schaar die Urpflanze entdecken könnte? Eine solche muss es denn doch geben! Woran würde ich sonst er- kennen, dass dieses oder jenes (Gebilde eine Pflanze sei, wenn sie nicht alle nach einem Muster gebildet wären ? Ich bemühte mich zu untersuchen, worin denn die vielen abweichenden Gestalten unterschieden seien. Und ich fand sie immer mehr ähnlich als verschieden, und wollte ich meine botanische Terminologie anbringen, so ging das wohl, aber es fruchtete nicht, es machte mich unruhig, ohne dass es mir weiter half. Gestört war mein guter poetischer Vorsatz, der Garten des Alcinous!) war ver- schwunden, ein Weltgarten hatte sich aufgetan. Warum sind wir Neuern doch so zerstreut, warum gereizt zu Forderungen, die wir nicht erreichen, noch erfüllen können! Drei Tage später, am 20. April 1787 schreibt er aus Segest nach einer eingehenden Schilderung des berühmten, nie vollendeten griechischen Tempels?): An frischem Fenchel bemerkte ich den Unterschied der unteren und oberen Blätter, und es ist doch immer dasselbe Organ, das sich aus der Einfachheit zur Mannigfaltigkeit entwickelt.“ Von Sizilien zurück, schreibt er am 17. Mai 1787 von Neapel aus an Herder°): „Ferner muss ich Dir vertrauen, !) Aleinous, König der Phäaken auf der Insel Üorcyra, nahm Odysseus bei seiner Rückkehr von Troja auf. Er war der Vater der schönen Nausikaa und Besitzer prächtiger Gärten, die Homer in der Odyssee besingt. Goethe beschäftigte sich damals mit einer Dichtung: Nausikaa. 2) Bd. 28: 57. 2) Bd. 28: 243, Goethe als Naturforscher. 33 dass ich dem Geheimnis der Pflanzenzeugung und -Organi- sation ganz nahe bin, und dass es das einfachste ist, was nur gedacht werden kann. Unter diesem Himmel kann man die schönsten Beobachtungen machen. Den Hauptpunkt, wo der Keim steckt, habe ich ganz klar und zweifellos gefunden, alles übrige seh’ ich auch schon im Ganzen, und nur noch einige Punkte müssen bestimmter werden. Die Urpflanze wird das wunderlichste Geschöpf von der Welt, um welches mich die Natur selbst beneiden soll. Mit diesem Modell und dem Schlüssel dazu kann man alsdann noch Pflanzen ins Unendliche erfinden, die konsequent sein müssen, das heisst: die, wenn sie auch nicht existieren, doch existieren könnten und nicht etwa malerische und dichterische Schatten und Scheine sind, sondern eine innerliche Wahrheit und Notwendig- keit haben. Dasselbe Gesetz wird sich auf alles übrige Lebendige anwenden lassen.“ Aus dem Material nun, das Goethe auf seiner italie- nischen Reise, der wir an dichterischen Schöpfungen die in Verse gegossene Iphigenie, die gleiche Umarbeitung des Tasso, die Hexenscene zum Faust und vieles andere verdanken, für den bestimmten Zweck gesammelt hatte, baute Goethe seine Schrift: „Versuche zur Erklärung der Metamorphose der Gewächse“* auf, worin er die Entwick- lung des Blattes von der plump einfachen Form der Keim- Jlätter aus durch die mannigfach veränderten Formen der Laub- und Stengelblätter hindurch bis zu den verfeinerten Blattorganen der Staub- und Fruchtblätter (d. h. Staub- gefässe und Stempel) verfolgt und in ihrer Bedeutung rürdigt. Das ist das Wesentlichste, und darin liegt der ünvergängliche Wert der Goetheschen Arbeit, das Phan- som der Urpflanze kann dabei ganz ausser Betracht bleiben. Kurze Zeit nach seiner Rückkehr aus Italien schloss Goethe, am 13. Juli 1788 seine Gewissensehe mit Christiane Yulpius, 9 Jahre später, in dem grossen Balladenjahre [797, widmete er ihr sein Gedicht „Die Metamorphose der Pflanze“, worin er dieses in seinen leidenschaftlichen An- fängen von ihm durch die römischen Elegien gefeierte Naturverhältnis als zur Seelengemeinschaft emporgeblüht 6) 34 Dr. G. H. Moeller. schildert. Ehe ich dieses Gedicht zu Gehör bringe, um‘ damit den botanischen Teil des Vortrags abzuschliessen, will ich hier noch anfügen, dass sich Goethe am 19. Ok- tober 1806 mit Christiane kirchlich verbunden hatte und sie am 6. Juni 1816 durch den Tod verlor. Gerade in diesen für den Dichter schmerzlichsten Tagen hatte ihm Alexander von Humboldt das französische Original seiner Abhandlung „Über Verteilung der Pflanzengestalten auf dem Erdboden“ zugehen lassen. Am 12. Juni 1816 schreibt Goethe dem berühmten Freunde: An Trauertagen Gelangte zu mir Dein herrlich Heft. Es schien zu sagen: Ermanne Dich zu fröhlichem Geschäft! Die Welt in allen Zonen grünt und blüht, Nach ewigen beweglichen Gesetzen: Das wusstest Du ja sonst zu schätzen, Erheitre so durch mich Dein schwer bedrängt Gemüt. Diese mit dem Andenken an Ühristiane von Goethe verwobenen Worte mögen uns in die richtige Stimmung versetzen, die „Metamorphose der Pflanzen“ und sie, an die das Gedicht gerichtet war, zu würdigen. | Dich verwirret, Geliebte, die tausendfältige Mischung Dieses Blumengewühls über dem Garten umher; Viele Namen hörest Du an, und immer verdrängei Mit barbarischem Klang einer den andern im Ohr. Alle Gestalten sind ähnlich, doch keine gleichet der andern, Und so deutet das Chor auf ein geheimes Gesetz, Auf ein heiliges Rätsel. ©, könnt ich Dir, liebliche Freundin, Überliefern sogleich, glücklich das lösende Wort! Werdend betrachte sie nun, wie nach und nach sich die Pflanze, Stufenweise geführt, bildet zu Blüten und Frucht. Aus dem Samen entwickelt sie sich, sobald ihn der Erde Stille befruchtender Schooss hold in das Leben entlässt Und dem Reize des Lichts, des heiligen, ewig bewegten, Gleich den zärtesten Bau keimender Blätter empfiehlt. 4 Einfach schlief in dem Samen die Kraft; ein beginnendes Vorbild Lag, verschlossen in sich, unter die Hülle gebeugt, -* Blatt und Wurzel und Keim, nur halb geformet und farblos; Trocken erhält so der Kern ruhiges Leben bewahrt, Quillet strebend empor, sich milder Feuchte vertrauend, Goethe als Naturforscher. 35 Und erhebt sich sogleich aus der umgebenden Nacht. Aber einfach bleibt die Gestalt der ersten Erscheinung; Und so bezeichnet sich auch unter den Pflanzen das Kind. Gleich darauf ein folgender Trieb, sich erhebend, erneuet, Knoten auf Knoten getürmt, immer das erste Gebild. Zwar nicht immer das gleiche, denn mannigfaltig erzeugt sich, Ausgebildet, Du siehst’s, immer das folgende Blatt. Ausgedehnter, gekerbter, getrennter in Spitze und Teile, Die verwachsen vorher ruhten im untern Organ. Und so erreicht es zuerst die höchst bestimmte Vollendung, Die bei manchem Geschlecht Dich zum Erstaunen bewegt. Vielgerippt und gezackt auf mastig strotzender Fläche, Scheinet die Fülle des Triebs frei und unendlich zu sein. Doch hier hält die Natur, mit mächtigen Händen, die Bildung An, und lenket sie santt in das Vollkommnere hin. Mässiger leitet sie nun den Saft, verengt die Gefässe, Und gleich zeigt die Gestalt zärtere Wirkungen an. Stille zieht sich der Trieb der strebenden Ränder zurücke, Und die Rippe des Stils bildet sich völliger aus. Blattlos aber und schnell erhebt sich der zärtere Stengel, Und ein Wundergebild zieht den Betrachtenden an. Rings im Kreise stellet sich nun, gezählet und ohne Zahl, das kleinere Blatt neben dem ähnlichen hin. Um die Achse gedrängt entscheidet der bergende Kelch sich, Der zur höchsten Gestalt farbige Kronen entlässt. Also prangt die Natur in hoher voller Erscheinung Und sie zeiget gereiht Glieder an Glieder gestuft. Immer staunst Du aufs Neue, sobald sich am Stengel die Blume Über dem schlanken Gerüst wechselnder Blätter bewegt. Aber die Herrlichkeit wird des neuen Schaffens Verkündung; Ja, das farbige Blatt fühlet die göttliche Hand, Und zusammen zieht es sich schnell, die zärtesten Formen, Zwiefach streben sie vor, sich zu vereinen bestimmt. Traulich stehen sie nun, die holden Paare beisammen, Zahlreich ordnen sie sich um den geweihten Altar. - Hymen schwebet herbei, und herrliche Düfte, gewaltig - Strömen süssen Geruch, alles belebend, umher. Nur vereinzelt schwellen sogleich unzählige Keime, Hold in den Mutterschooss schwellender Früchte gehüllt. - Und hier schliesst die Natur den Ring der ewigen Kräfte; Doch ein neuer sogleich fasset den vorigen an, _ Dass die Kette sich fort durch alle Zeiten verlänge, - Und das Ganze belebt, so wie das Einzelne, sei. Wende nun, o Geliebte, den Blick zum bunten Gewimmel, Das verwirrend nicht mehr sich vor dem Geiste bewegt. - Jede Pflanze verkündet Dir nun die ew’gen Gesetze, Jede Blume sie spricht lauter und lauter mit Dir. 3+ 36 Dr. G. H. Moeller. Aber entzifferst Du hier der Göttin heilige Lettern, Überall siehst Du sie dann, auch im veränderten Zug. Kriechend zaudre die Raupe, der Schmetterling eile geschäftig Bildsam ändre der Mensch selbst die bestimmte Gestalt! O gedenke denn auch, wie aus dem Keim der Bekanntschaft Nach und nach in uns holde Gewohnheit entspross, Freundschaft sich mit Macht in unserm Innern enthüllte, Und wie Amor zuletzt Blüten und Früchte gezeusgt. Denke, wie mannigfach bald die, bald jene Gestalten Still entfaltend, Natur unsern Gefühlen geliehn! Freue Dich auch des heutigen Tags! Die heilige Liebe Strebt zu der höchsten Frucht gleicher Gesinnungen auf, Gleicher Ansicht der Dinge, damit in harmonischem Anschaun Sich verbinde das Paar, finde die höhere Welt. Pa 1 EBLTRr Goethes anatomische Studien, das haben wir schon vorhin gehört, liegen ın ihren Anfängen vor seiner Be- schäftigung mit Botanik. In Leipzig 1768/69 am Mittags- tisch des Mediziners Hofrat Ludwig im allgemeinen für den Gegenstand angeregt, nahm Goethe in Strassburg diese Studien ernstlich und methodisch auf und gelangte zu einer sehr beachtenswerten Grundlage in diesem Wissenszweige. So konnte er denn wohl mit vollem Rechte am 20. Januar 1787 aus Rom schreiben): „Auf Anatomie bin ich so ziemlich vorbereitet, und ich habe mir die Kenntnis des menschlichen Körpers, bis auf e einen gewissen Grad, nicht ohne Mühe erworben“, Am 24. Mai. 1828 schreibt Goethe an den Kanzler von Müller ?): „In den achtziger Jahren war ich hauptsächlich mit vergleichender Anatomie beschäftigt und gab mir 1786 unsägliche Mühe, bei andern an meiner Überzeugung, dem Menschen dürfe der Zwischenknochen nicht abge- sprochen werden, Teilnahme zu erregen. Die Wichtigkeit dieser Behauptung wollten selbst sehr gute Köpfe nicht einsehen, die Richtigkeit leugneten die besten Beobachter, und ich musste, wie in so vielen andern Dingen, im Stillen meinen Weg für mich fortgehen. — Die Versati- 1) Bd. 27: 264. 2) Bd. 50: 252/58. Goethe als Naturforscher. 37 ität der Natur im Pflanzenreiche verfolgte ich unablässig, ind es glückte mir 1788 in Sicilien die Metamorphose der Pflanzen, so im Anschauen wie im Begriff zu ge- winnen; die Metamorphose des Tierreiches lag nahe daran, und im Jahre 1790 offenbarte sich mir in‘ Venedig der Ursprung des Schädels aus Wirbelknochen; ich verfolgte nun eifriger die Konstruktion des Typus, diktierte das "Schema im Jahre 1795 an Max Jakobi in Jena und hatte bald die Freude, von deutschen Naturforschern mich in liesem Fache abgelöst zu sehen.“ | In diesem Briefe Goethes haben wir so ziemlich alles beieinander, was nötig erscheint, um uns darüber klar zu werden, was er als Forscher für die Anatomie ge- leistet hat. Die Betrachtung der Wirbelsäule, dieser Aufeinander- folge von in ihrer Wesenheit gleichen, in ihrer besondern Ausbildung dagegen so verschiedenartig gestalteten Knochen, ler Wirbel, welche durch Bänder verknüpft, so aneinander- gereiht sind, dass ihre Durchbohrungen einen langen Kanal jlden, der das Rückenmark einschliesst, regte ihn zu immer eingehenderen Untersuchungen an: einmal über die "Morphologie, d. h. die Umwandlung dieser Knochen — hrer Gestaltungsverschiedenheit unter sich (nebenbei be- merkt ist das dem Naturforscher so geläufige Wort Mor- "phologie von Goethe geprägt und in die Wissenschaft ein- 'eführt worden), dann kam er als der erste auf den heute 80 ungemein einfach erscheinenden Gedanken, dass das Gehirn nichts anderes sei als eine erweiterte Fortbildung "des Rückenmarkes, und daran schloss sich die weitere Ver- jutung, dass auch der Schädel nicht etwa als eine ein- jeitliche Kapsel aufgefasst werden dürfe, sondern aus ver- nderten Wirbeln gebildet sei. In bezug auf diese letzte 'rage sind die Akten noch nicht abgeschlossen, doch scheint lie Goethesche Wirbeltheorie der Schädelknochen nicht in arem ganzen ursprünglichen Umfange aufrecht erhalten erden zu können, Auch für die Wirbeltiere suchte Goethe lach einer Urform, in dem speziellen Falle von ihm Typus enannt, geradeso wie er für die Gewächse nach einer Jrpflanze gesucht hatte. Endlich war es ihm darum zu j | ? H l | | | | 38 Dr. G. H. Moeller. | tun, nachzuweisen, dass der Mensch, soweit sein Körper- | bau in Betracht Ken wohl das Eindglied der animalischen | Schöpfung bilde, aber hinsichtlich seines Knochengerüstes | sich durchaus en Wirbeltieren anschliesse und durch nichts von seiner nächsten Umgebung im Tierreiche wesentlich | verschieden sei. Bis auf Goethe hatte man das angebliche | Fehlen des Zwischenkieferknochens, dieses bei den Tieren | als Träger der Schneidezähne gekennzeichneten Kopf- knochens als wesentlich menschliches Merkmal angesehen, Goethe schloss nun einfach aus dem Vorhandensein der | Schneidezähne beim Menschen auf die Notwendigkeit des Vorhandenseins des Zwischenkieferknochens. Wunderschön | drückt er das_in seinem Tagebuche von 1790 aus.) 4 „In Breslau beschäftigte mich unaufhörlich, so wunder- | lich das auch klingen mag, die vergleichende Anatomie, | weshalb mitten in der bewegtesten Welt ich als Einsiedler in mir selbst abgeschlossen lebte. Daich nun einmal mitten in der bewegtesten Lebensumgebung zum Knochenbau zurück- gekehrt war, so musste meine Vorarbeit, die ich auf den Zwischenknochen vor Jahren verwendet, abermals rege werden. Loder, dessen unermüdliche Teilnahme und Ein- wirkung ich immerfort zu rühmen habe, gedenkt derselben in seinem anatomischen Handbuch von 1788. Da aber die dazu gehörige kleine Abhandlung, Deutsch und Lateinisch, noch unter meinen Papieren liegt, so erwähne ich kürz-| lich nur so viel: ich war völlig überzeugt, ein allgemeiner, durch Metamorphose sich erhebender Typus gehe durch die sämtlichen organischen (reschöpfe durch, lasse sich in allen seinen Teilen auf gewissen mittlern Stufen gar wohl beobachten, und müsse auch noch da anerkannt werden, wenn er sieh auf der höchsten Stufe a Menschheit ins Verborgene bescheiden zurückzieht. — 4 Was Goethe hier ein bescheidenes Sichzurückziehen ins Verborgene nennt, wird eben dadurch bewirkt, dass der Zwischenkieferknochen, das os intermaxillare, beim Menschen bald nach der Geburt mit dem Oberkiefer ver- wächst; geschieht das nicht, so liegt die Missbildung vor, 1) Bd. 31: 15. Goethe als Naturforscher. 39 welche als Hasenscharte bekannt ist. Merkwürdig ist, dass unabhängig von Goethe der berühmte französische Ana- tom Vicq d’Azyr den Zwischenkieferknochen beim Menschen "um die gleiche Zeit nachwies. Übrigens wird dieses viel- _ umstrittene Gebilde unseres Schädels auch direkt als Goethe- _ knochen bezeichnet. { Wie Goethe seine natürlich zunächst in Prosa ab- gefassten „Versuche zur Erklärung der Metamorphose der - Gewächse“ in eine Elegie umgoss, so fasste er auch die höchsten Ergebnisse seiner auf vergleichende Anatomie — gerichteten Studien zusammen in der Elegie „Metamor- _ phose der Tiere“. Sie finden das Gedicht, von dem ich _ Ihnen an dieser Stelle die markantesten Verse an- führen will, im 3. Band der vollständigen Ausgabe letzter Hand, Seite 97. Nach den 11 einleitenden Versen heisst es dort: m; Zweck sein selbst ist jegliches Tier, vollkommen entspringt es Aus dem Stchooss der Natur und zeugt vollkommene Kinder. Alle Glieder bilden sich aus nach ew’gen Gesetzen, Und die seltenste Form bewahrt im Geheimen das Urbild. So ist jedem der Kinder die volle reine Gesundheit Von der Mutter bestimmt: denn alle lebendigen Glieder Widersprechen sich nie und wirken alle zum Leben. Also bestimmt die Gestalt die Lebensweise des Tieres Und die Weise zu leben sie wirkt auf alte Gestalten Mächtig zurück. So zeiget sich fest die geordnete Bildung, Welche zum Wechsel sich neigt durch äusserlich wirkende Wesen Doch im Innern befindet die Kraft der edlern Ge- schöpfe Sich im heiligen Kreise lebendiger Bildung be- schlossen. Diese Grenzen erweitert kein Gott, es ehrt die Natur sie Denn nur also beschränkt war je das Vollkommene möglich. Dieser schöne Begriff von Macht und Schranken, von Willkür Und Gesetz, von Freiheit und Mass, von beweglicher Ordnung, Vorzug und Mangel, erfreue Dich hoch: die heilige Muse Bringt harmonisch ihn Dir, mit sanftem Zwange belehrend. Freue Dich, höchstes Geschöpf der Natur, Du fühlest Dich tähig ee ie Seen. ee ee ve Te Shen se a ee a ee j di, 40 Dr. G. H. Moeller. Ihr den höchsten Gedanken, zu dem sie schaffend sich auf- schwang,, Nachzudenken. Hier stehe nun still und wende die Blicke Rückwärts, prüfe, vergleiche, und nimm vom Munde der Muse Dass Du schauest, nicht schwärmst, die liebliche volle Gewissheit, Diejenigen meiner verehrten Zuhörer, welche mit den wissenschaftlichen Kämpfen vertraut sind, die sich über Entwicklungs-, Deszendenz- und Selektionstheorie seit nun 8 Jahrzehnten abgesponnen haben, werden in dem, was ich von Goethes Aussprüchen wörtlich anführte, und so auch in den eben zitierten Versen, die Sätze wieder- gefunden haben, welche die Grundlage des langen, auch heute noch nicht ausgefochtenen Streites bilden, welcher die berühmtesten Vertreter der Naturwissenschaft von Lamarck, Cuvier, Geoffroy de Saint Hilaire über Darwin bis auf Virchow, Weismann, Albert Wigand, His, Nägeli, Semper und Haeckel in die Schranken gerufen hat. Dieser Kampf, dessen Ausgangspunkt die Frage bildete, ob die Art, die Spezies etwas von vornherein Gegebenes und Un- veränderliches sei, oder ob die Arten, sei es durch innere Entwicklung, sei es durch äussere mechanische Einflüsse auseinander entstehen, begann am 22. Februar 1830 zwischen Oavier und Geoffroy de Saint Hilaire im Schoosse der Acad&mie des sciences. Gleich beim Beginn dieses, Streites, der sich für den Fortschritt der Naturwisser# schaften ungemein förderlich erwiesen hat, wird Goethe von Geoffroy de Saint Hilaire als Gewährsmann für /die philosophische Betrachtung des Naturreiches angerufen und in den 80 Jahren, welche seitdem verflossen sind, taucht der Name Goethes immer und immer wieder in den hierher gehörigen Erörterungen auf. Von der im Jahre 1871 erschienenen Schrift von OÖ. Schmidt: „War Goethe ein Darwinianer?“ bis auf die 1905 erschienene Abhandlung von Waldemar von Wasielewski: „Goethe und die Descendenzlehre“ beschäftigen sich Dutzende von Werken ausschliesslich mit dieser Frage. Goethe selbst hat gleich im September 1830 sich zu dem Streite der Goethe als Naturforscher. 41 beiden französischen Gelehrten geäussert, indem er, an- knüpfend an das St. Hilaire’sche Werk: „Principes de Philosophie Zoologique“ eine historisch betrachtende Ab- handlung über den Vorgang niederschrieb. Am Schlusse dieses 15 Oktavseiten starken Aufsatzes sagt Goethe nach Aufzählung der von St. Hilaire genannten deutschen Forscher: | „Zugleich werden unserer Teilnahme an diesen Studien 30 Jahre zugestanden. Allein, ich darf wohl behaupten, dass es über 50 sind, die uns schon mit wahrhafter Nei- gung an solchen Untersuchungen gekettet sehen. Kaum erinnert sich noch jemand ausser mir jener Anfänge, und mir sei gegönnt, hier jener treuen Jugendforschungen zu erwähnen, wodurch sogar einiges Licht auf gegen- wärtige Streitigkeit fallen könnte. „Ich lehre nicht, ich ähle.“ Mit diesem Satz Montaignes schloss Goethe damals im September 1830. Aber die letzte wissenschaftliche Ar- jeit, die ihn beschäftigte, sie ist datiert: Weimar im März 1832, fällt also in die letzten 14 Tagen seines Erden- wallens, war die Fortsetzung des eben besprochenen Auf- satzes, und in dieser Fortsetzung lag es ihm am Herzen, den Standpunkt, woraus er beurteilt werden möchte, noch näher zu bestimmen. In diesem zweiten, 54 Druckseiten starken Abschnitt hat Goethe eine solche Fülle übersicht- lieh geordneten und in seiner Bedeutung gewürdigten Materials zusammengetragen, dass die kleine Schrift ihren Wert für die Geschichte der Naturwissenschaft im 18. Jahr- hundert niemals verlieren kann. Trotz der deutlich und selbstverständlich bemerkbar vorhandenen Hinneigung Goethes zu St. Hilaire sucht er einen vermittelnden Stand- punkt einzunehmen und die durch Ouvier vertretene „Empirie“, wie die durch St. Hilaire betonte „Idee“ als aotwendig für den Fortschritt der Wissenschaft zu er- klären. Gerade das Studium dieser kleinen Schrift lässt s uns begreiflich erscheinen, dass in dem Streite, den die Descendenzlehre entfacht hat, jede Partei, Darwinianer und Antidarwinianer Goethe als den ihrigen in Anspruch nimmt, so dass man auf Goethes naturwissenschaftliche & 42 Dr. @. H. Moeller. 3 Schriften den Ausspruch anwenden kann, den ein geist- reicher Mann über die Bibel kundgab: „Dies ist das Buch, worin jeder den Beweis für seine Meinungen sucht und findet.“ Was über das Verständnis der Stellung Goethes zu der Natur zu sagen ist, das hat Schiller in jenem Pracht- brief vom 23. August 1794 in die herrlichen Worte gekleidet!): Lange schon habe ich, obgleich aus ziem- licher Ferne, dem Gang Ihres Geistes zugesehen, und den Weg, den Sie sıch vorgezeichnet haben, mit immer erneuer- ter Bewunderung bemerkt. Sie suchen das Notwendige der Natur, aber sie suchen es auf dem schwersten Wege, vor welchem jede schwächere Kraft sich wohl hüten wird. Sie nehmen die ganze Natur zusammen, um über das Einzelne Licht zu bekommen; in der Allheit ihrer Er- scheinungsarten suchen Sie den Erklärungsgrund für das Individuum auf. Von der einfachen Organisation steigen Sie Schritt vor Schritt zu der mehr verwickelten hinauf, um endlich die verwickeltste von allen, den Menschen, aus den Materialien des ganzen Naturgebäudes zu erbauen. Dadurch, dass Sie ihn der Natur gleichsam nacherschaffen, suchen Sie in seine verborgene Technik einzudringen. Eine grosse und wahrhaft heldenmässige Idee, die zur Genüge zeigt, wie sehr Ihr Geist das reiche Ganze seiner Vorstellungen in einer schönen Einheit zusammenhält. Sie können niemals gehofft haben, dass Ihr Leben zu einem solchen Ziele zureichen werde, aber einen solchen Weg auch nur einzuschlagen, ist mehr wert, als jeden andern zu endigen —, und Sie haben gewählt, wie Achill in der Ilias zwischen Phtia und der Unsterblichkeit.“ Ich war im Verlaufe dieses Vortrags bemüht, soviel als möglich Goethe selbst sprechen zu lassen, es war mein Bestreben, in Ihnen den Gedanken zu erwecken, der auch’ aus den eben gehörten Schillerschen Worten heraus- leuchtet und dem ich dahin Ausdruck gebe, dass der Wert der Goetheschen Naturforschung in ihrem Prophetentum liegt; ein Prophet der Natur ist er, ein Deuter auf das 1) Briefwechsel, Seite 5. Goethe als Naturforscher. 43 fernste und höchste Ziel alles Wissens und Erkennens, und als solchen werden ihn auch die kommenden Jahrhunderte feiern und dankbar verehren. Auch dem Naturforscher Goethe gelten die Worte: Gewaltiger, nur auf der deutschen Erde Vermochtest Du so herrlich zu erstehn, Was unser Volk, durch uns die Menschheit werde, Das durften Mit- und Nachwelt in Dir sehn. Und wie Dein Dasein ein Jahrhundert ehrte, Das Du durchdrangst mit Deines Geistes Wehn, So wird noch über ferner Zukunft Tagen Dein Schatten, Wolfgang Goethe, weithin ragen! u 44 . W. Naegler. Zehnjährige Luit- und Bodentemperatur-Beobachtungen in Witzenhausen a. d. Werra. 1900—1909, Von WILHELM NAEGLER in Dresden. An der Deutschen Kolonialschule in Witzenhausen werden seit Januar 1900 regelmässige Aufzeichnungen der Bodentemperaturen ausgeführt, und zwar in 40, 70, 100 und 130 cm Tiefe. Die Ablesungen finden 2P statt. Der Boden ist humoses Gartenland mit kiesigem Untergrund; die etwa 1 qm fassende obere Decke um den Thermo- meterkasten ist mit Kies belegt. Die Lufttemperatur wird zu den 3 Hauptterminen 7, 2? und 9P gemessen. !) Nächst der Lufttemperatur enthält Tab. 3 die Mittel- werte der Bodentemperatur für den 10jährigen Zeitraum 1900—1909. In der Luft ist der kälteste Monat im Mittel der Januar, der wärmste der Juli. Im Boden ist von 40 bis 100 cm Tiefe der Februar am kältesten, während in 130 cm Tiefe Februar und März gleich niedrige Werte aufzuweisen haben. Der wärmste Monat ist in 40 und 70 cm Tiefe noch der Juli, in 100 und 130 cm Tiefe der August. Das Jahresmittel der Bodentemperatur nimmt bis zur Tiefe von 1 m zu, um dann wieder unbedeutend zurückzugehen. Die Jahresamplitude ist in 40 cm Tiefe die gleiche wie in der Luft, nur sind bei ersterer die extremen Monatsmittel um je 1° höher. In 130 cm Tiefe verringert sich die Ampli- tude um !/s derjenigen in 40 cm Tiefe. !) Das bisher nicht veröffentlichte Material wurde mir seitens des Kgl. Preuss. Meteorolog. Instituts zur Bearbeitung überlassen. Luft- und Bodentemperatur in Witzenhausen. 45 Die Abweichungen der Bodentemperatur in 70 bis 130 cm Tiefe von der Lufttemperatur gehen aus Tabelle 1 hervor. Tab. I. Abweichungen der Bodentemperatur in 70-130 cm iefe von. der Luft-Temperatur in Witzenhausen. 1900—1909. | . 5 N .ı- ı— R 5 = N 7 ni | er [oJ 1) DE} - - reis 2181313131 8213[|518 rad ai iA Id | na iS | zz 0 cm 2,41 H1,6 030,4 —1,11-0,5+0240,8-+1,7+13+3,1/+3,1[-H1,0 439427] 0007-22 1,81—1,3140,2)-+1,6+2,6|-+4,31 14,411, 1 0 „ 14471+3,440,3—1,113,11-3,2]—2,5—0,8+1,3+43,11+5,2+5,3141,0 } | | ın u a Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, wie der Boden im Herbst und namentlich im Winter wesentlich wärmer, im Frühjahr dagegen, in grösseren Tiefen auch im Sommer lter ist als die Luft. Und zwar sind die Abweichungen umso grösser, je tiefer man in den Boden eindringt. Im Jahresmittel ist letzterer 1° wärmer als die Luft. Es folgen in Tabelle 2 die mittleren und absoluten Jahresextreme der Bodentemperatur für die Periode 1900— 1909. !) xl] "dr na Tab. 2. Jahresextreme der Bodentemperatur in 40—I30 cm 4 Tiefe in Witzenhausen. 1900—1909. Riefe | 40 cm | 70 cm 100 cm 130 cm Mittl. Maximum. . . . 20,7 18,8 17,0 137 Be Minimum . . . .I — 05 1,3 2.0 3,7 ende... . ... 212 17,5 "142 12,0 Absol. Maximum . . . 22,8 20,7 18,4 16,6 ZMomum ...1 — 13 0,2 1,9 2,6 de .'. .... 24,1 20,5 16,5 14,0 4 !) Die J ahresextreme der Lufttemperatur stehen nicht zur Ver- ug 17 ng. N . Jahr 46 W. Naegler. Aus vorstehenden Zahlen wollen wir nur einen Punkt ins Auge fassen, und zwar das Eindringen des Frostes. Da das absolute Minimum in 70 cm Tiefe nur wenig über dem Gefrierpunkt liegt, so ist die Frostgrenze bei etwa 65 cm zu suchen. Das Eindringen des Frostes bis zur Tiefe von 40 cm machte sich nicht bemerkbar in den Jahren 1900, 1903—1906, dagegen in den übrigen Jahren der 10jährigen Periode. Während in dem kalten Dezember 1902 schon zu dieser Jahreszeit in der genannten Tiefe Frost zu konstatieren war, war dies in den übrigen Jahren erst von Januar ab der Fall. Nach dem 1. März wurde in 40 em Tiefe in keinem Jahre noch Frost beobachtet. Die mittleren Eintrittszeiten der Jahresextreme sind folgende: | teste | 40 cm ‘0 cm | 100 cm | 130 cm Minimum .. 23. Jan. 8. Febr. 16. Febr. 18. Febr. Maximum . . 22. Juli 27. Juli 9, Aus. 10. Aug. Je tiefer man in den Boden eindringt, desto später treten die Extreme auf. Dabei ist besonders zu berück- sichtigen, dass die Eintrittszeit des Minimums durch die Schneedecke im Winter wesentlich beeinflusst wird. Die Phase des Maximums pflanzt sich pro Tag 4,7 cm oder 1 m in 21 Tagen fort. Im Anschluss daran geben wir die Grösse der Inter- valle zwischen Minimum und Maximum einerseits, zwischen Maximum und Minimum andererseits. m nenn nennen nn ne mn m Tiete | 40 cm | 70 cm | 100 cm | 130 cm Vom Min. zum Max. . 180 169 170 173 Tage Vom Max. zum Min. . 185 196 195 A E- Luft- und Bodentemperätur in Witzenhausen. 47 Infolge Verspätung des jährlichen Minimums verstreicht von diesem zum jährlichen Maximum eine kürzere Zeit als vom Maximum zum Minimum. In welchem Masse sich Temperaturanomalien mit zu- nehmender Tiefe abschwächen, dafür möge zum Schluss sin Beispiel folgen. Recht deutlich zeigt dies die Reihe vom 3.—13. Juni 1902. =: 2 Juni 1912 |3.|41|5./6.|7.|8 9 10.11.12. |18. E Ä Tiefe 40 cm . 18,1/16,2]15,3114,4 13,9 13,6,13,0113,4 14,7] 5,4 „ em. . .[15,115,415,8115,414,9/14,4/14,013,713,3113,2 113,51 2,6 „ 100 cm. . .[12,2112,8113,0113,113,2113,1 13,0 12,8 12,7 12,6 13,6] 0,6 „ 10cm... .[10510,911,2]11,4 11,711,811,8]11,8 11,8111,811,7]0,1 Die Bodentemperatur in 40 cm Tiefe hatte bis 3. Juni andauernd steigende Tendenz; von da ab ist ein Fallen jis 11. Juni zu verfolgen, worauf wieder dauerndes Steigen intritt, wie es der Jahreszeit entspricht. Zwischen Maxi- "mum und Minimum liegen 8 Tage mit einer Tiemperatur- lifferenz von 5,4°. In 70 cm Tiefe tritt das Maximum 2 Tage später ein, während das Minimum gegen die 40 cm iefe um einen Tag verspätet ist, sodass das Intervall "Tage, die Temperaturdifferenz 2,6° beträgt. In 100 cm Tiefe treffen wir das Maximum um weitere 2 Tage später, in 130 cm Tiefe um einen Tag später an als in der vor- iergehenden Tiefe. Zwischen Maximum und Minimum iegen nur noch 5 Tage. Die Differenz ist in 70 cm auf etwa die Hälfte, in 100 cm auf !/» derjenigen in 40 cm Tiefe gesunken und beträgt in 130 cm Tiefe nur och 0,1°. de 48 W. Naeeler. Tab. 3. Zehnjährige Luft- und Bodentemperaturen (40—130 cm Tiefe) in Witzenhausen 1900—1909.) Luft. \s/s28|s|8|=2|8|8|%£lEels 888 Ss Q : = S = er BIN. SS | 9 2 32/7 |# #133] 25|2|88 1900. . 1 22] — | 1,9) 6,6| 11,5) 16,6] 18,6] 15,8) — | — 15,7] 42| -| — 1901. . F4,8-3.2| 3,7 9,2] 12,7| 15,3] 18,1| 16.0) 13,9] 9,73,8] 1,7|8,0| 22,9 1902. . | 4.1-0,814,3 8,5| 8,9 15,8] 15,8] 14,5 12,3) 7,41 21—2,5| 7,5) 18,3 1903. . | 2,01 5,4] 6,9] 5,2|12,8| 14,9] 16,1) 15,9] 13,81 10,7]5,5| 02|9,1) 15,9 1904. . 1-0,5| 0,7|3,6| 9,81 12,8) 15,2] 18,4| 16,3| 11,7| 8,914.2] 3.6|8,7| 18,9 1905. . 0,5) 2,4 5,5) 6,7112,3| 17,1|18,4| 16,2) 12,9] 5,51 3,4] 2,2|8,5| 18,9 1906. . I 2,6| 1,7] 3,31 8,3] 13,5) 14,9) 16,8] 16,3| 12,3] 10,6] 7,2]-1,4| 8,8] 18,2 1907. .I 1,2] 0,1) 3,7 6,5] 13,0] 14,8, 14,2] 15,8] 12,71 11,5) 4,2] 2,6| 8,4! 15,7 1908. . I-2,4] 2,4 3,0] 6,1| 13,7| 17,0) 17,2] 14,8 12,3] 7,7)1,6| 0,8| 7,8! 19,6 1909. . H-1,21—2,2| 2,6! 8,2] 11,2] 14,0) 15,4] 16,4| 13,11 11,132] 3,4| 7,9] 18,6 Mittel .| 0,3) 0,713,8| 7,5 12,2] 15,6) 16,9) 15,8] 12,8) 9,2]4,1) 1,5 8,4 16,6 !) Es’fehlen die Monate September und Oktober 1900, ausserdem bei der Lufttemperatur der Februar 1900. 40 cm Tiefe. | s|2 E83 8|s s|&|4|3|s\5 [a ss l8l . - sı2|3| 312134 7 2 ee ern ee sie ä|l<|25|5|3 3[ö8|2 25 « | 1900. . . 15,2) 4,5! 0,5] 6,0] 9,1| 12,1) 14,01 15,0) — | — | 9,9177) —|145 1901. . . 15,1! 3,7| 3,9] 6,3| 9,4| 12,7| 14,5| 15,2] 13,7| 12,6| 9,3| 6,6) 9,4 | 11,5 1902. . .15,9| 4,8] 4,7| 6.6| 8,5] 11,7| 13,9] 13,8| 13,8| 11,2] 8,5[5,2|9,0| 92 1903. . . ]4,9) 4,6! 5,6| 6,6] 8,1| 12,2] 14,8| 14,3| 13,9| 12,5) 10,0| 7,1| 9,6 | 10,2 1904. . . [4,71 4,1| 4,4 6,8| 9,7| 12,7| 14,5 15,5| 14,3, 12,1| 9,7 7,31 9,6 | 11,4 1905. . .15,3| 4,4] 5,1| 6,7| 9,1| 12,6| 15,5) 15,9] 14,4| 11,5} 8,6] 6,7|9,6 | 11,5 1906. . . 15,4| 4,7| 5,2] 6,6| 9,3] 12,4| 14,8| 15,5| 14,9] 12,7| 10,0] 7,3) 9,9 | 10,8 1907. . . 14,9| 3,8| 4,0| 6,6| 9,4| 12,6| 13,7| 14,6| 14,31 12,8| 9,7| 7,2] 9,5 | 10,8 1908. . . 14,6] 3,7| 4,8| 6,3) 9,2| 13,0] 15,2] 15,5| 13,9] 12,3) 8,1] 6,6] 9,4 | 11,8 1909. . - 14,4 2,8| 2,8 5,7 8,9| 13,0 13,1 14,5| 14,11 12,8| 9,3| 6,4 8,9 | 11,7 Mittel . . 15,014,1 4.1|6,4 9,1| 12,4 14,4 15,0 14,1 123| 9,3] 6,8) 9,4 | 10,9 Hessische Jura-Relikte. 51 Beiträge zur Kenntnis der Hessischen Jura-Relikte., Von REINHARD GLAESSNER. Einleitung. _ Vorliesende Arbeit wurde im Herbst 1910 auf An- sung des Herrn Geheimrat Kayser, Marburg, begonnen, em ich hierfür, sowie für vielfache Förderung und Unter- ützung meinen aufrichtigsten Dank ausspreche. Da die rbeit ursprünglich als Beitrag zur Kenntnis nicht nur hessischen, sondern der mitteldeutschen Jurarelikte berhaupt gedacht war, so wurde auch ein im SENCKEN- ERG’schen Museum in Frankfurt a. M. befindliches, von Pro- sssor FrIrsch gesammeltes Fossilmaterial aus dem Keuper nd Lias von Eisenach einer eingehenden Bearbeitung unter- osen. Von einer Veröffentlichung der Resultate konnte des abgesehen werden, da dies bereits von Fritsch!) lbst geschehen war, und sich keine wesentlichen Ab- eichungen ergaben. Für zeitweise Überlassung dieses ossilmaterials spreche ich hiermit Herrn Dr. DREVERMANN, rankfurt, meinen besten Dank aus. _ Im Herbst 1910 wurden bei Berge bei Homberg a. E. chürfarbeiten im Lias vorgenommen, zum Teil in An- ssenheit des Herrn Geheimrat Kayser und unter gütiger eihülfe des Herrn Lehrer Schwan, Obergrenzebach. Hier- ir, sowie für Überlassung von ihm gesammelter Lias- ssilien bin ich Herrn Lehrer Schwarm zu grossem Danke #) 18%0. v. Fritsch, K. Vorstudien über die jüngeren mesozoi- :hen Ablagerungen bei Eisenach. N. Jahrb. f. Min. p. 385. 4* 59 R. Glässner. verpflichtet. Ferner danke ich für ihr liebenswürdiges Entgegenkommen dem Herrn Seminarlehrer a. D. WILLıcH zu Homberg und dem Herrn Lehrer MıyrartH zu Berge. Vor allem aber bin ich Herrn Professor Dr. BLANCKENHORN für die Erlaubnis zur Übernahme der Formationssrenzen aus der von ihm revidierten O. Lang’schen geologischen Aufnahme des Messtischblattes Homberg; zu grossem Danke verpflichtet. Ferner möchte ich an dieser Stelle Herrn Privatdozenten Dr. HERRMANN meinen wärmsten Dank aus- sprechen für die Unterstützung mit Rat und Tat, die er‘ mir während des ganzen Verlaufes dieser Arbeit zu Teil werden liess. Nach vorbereitenden Arbeiten im W. S. 1910/11 be- gann ich im Mai 1911 mit der Kartierung des Volkmarser Grabens auf Unterlage des neuen Messtischblattes War- burg, wobei ich bestrebt war, soviel Einzelheiten einzu- tragen, als für die dieser Arbeit beigegebene Übersichts- .karte in 1:50000 ratsam erschien. Sehr gefördert wurde ich hierbei durch verschiedene gemeinsam mit Herrn Ge- heimrat Kayser ausgeführte Begehungen. Der mir gestellten Aufgabe entsprechend wandte ich naturgemäss meine besondere Aufmerksamkeit dem Lias zu, der durch seine technisch nicht unwichtigen Eisen- steinflöze von allgemeinerem Interesse geworden ist. Von grossem Werte für mich waren hierbei die Mitteilungen des Herrn Betriebsführers Tnrıss, Brotterode i. Thür., von dem ich nicht nur Aufklärungen über Vorkommen und Bedeutung des Eisensteins, sondern auch eine Anzahl in- teressanter Fossilien erhielt. Auch Herrn Pfarrer Kar, Wethen bei Warburg, möchte ich bei dieser Gelegenheit meinen besten Dank aussprechen. Im Herbst 1911 begann ich mit der Kartierung der Liasvorkommen von Berge und Lendorf bei Homberg a. E, die ich im Frühjahr 1912 fortsetzte. Durch das oben er- wähnte, liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Pro- fessor Dr. BLANCKENHORN war es mir möglich, diese Arbeiten zu einem schnelleren Abschluss zu bringen, als ich ge- hofft hatte. Hessische Jura-Relikte. 53 Allgemeines. Relikte des Jura und zwar ausschliesslich solche seiner unteren Abteilung, des Lias, finden sich an zahlreichen Punkten Hessens. So geringfügig der Anteil sein mag, den sie gegenüber den Ablagerungen der Trias an der Zusammensetzung des Bodens nehmen, sind sie doch in- sofern von Interesse, als sie den Beweis liefern, dass einst ein grosser Teil Hessens vom Jura-Meere wenigstens zeitweise bedeckt gewesen ist.. Diese sehr ausgedehnte Meeresbedeckung Hessens im Jura gewinnt die höchste Wahrscheinlichkeit dadurch, dass die erhaltenen Reste von Lias-Sedimenten sich nach petro- graphischen wie paläontologischen Merkmalen zwar nicht ıls Tiefseeabsätze darstellen, aber doch im allgemeinen die unmittelbare Landnähe auszuschliessen scheinen. Wir dürfen also annehmen, dass jene jetzt durch weite Zwischen- räume voneinander getrennten Denudationsrelikte einst eine zusammenhängende Decke über einen grossen Teil Hessens gebildet haben. Diese Überreste einer ursprünglich vielleicht ziemlich mächtigen Schichtenfolge verdanken ihre Erhaltung durch- ? weg der Versenkung in ein tieferes Niveau, in dem sie vor der Denudation geschützt waren, die auf den Höhen alle jüngeren Ablagerungen bis auf er Buntsand- stein oder Wellenkalk entfernte. Fast stets handelt es sich um Erhaltung innerhalb tektonischer Gräben; hierher gehören die Liasrelikte von A ingersbach bei Lauterbach am Vogelsberg, von Berge und Lendorf bei Wabern, von Oassel—Burg- ikenhasungen, von Ehringen—Volk- marsen— Wethen und endlich die schmalen Streifen von Keuper und Lias, die zwischen Warburg und Hof- geismar auftreten. Der Art ihrer Erhaltung nach hiervon verschieden sind die Brocken von Liasgesteinen mit Fossilien, die sich bisweilen im Basalt oder Basalttuff finden. Solche sind vom Fetzberg bei Altenhasungen und von den Hängen östlich Warburg bekannt geworden, Er 2, 54 R. Glässner. 3 Noch einen dritten, allerdings wohl nicht ganz ei = | wandfreien alten von Jura-Sedimenten be- | schreibt Morsra von Zierenberg westlich Cassel.t) | Dort fanden sich auf einem nur wenige Quadratmeter grossen Fleck Reste von Muschelkalk, Keuper und Lias, die nach der Auffassung Morsrta’s ihre Erhaltung dem | Einsturz in eine Gypsschlotte des Röt verdanken. Der Vollständigkeit wegen, da es noch auf hessischem Boden liegt, muss gleich hier das Vorkommen von Lias | . x bis d am Bahnhof Eichenberg südlich Göttingen Erwähnung finden, das ebenfalls seine Erhaltung dem Einbruch in ein tieferes Niveau am Kreuzungspunkte zweier tektonischer Gräben verdankt. Es soll indes in dieser Arbeit nicht näher darauf eingegangen werden, da es bereits anderweitig bearbeitet ist.?) Ab ehe von diesem Punkte sind bisher noch nirgends in Hessen höhere Liashorizonte als unterstes y nachge- wiesen worden. Es sollen nun die einzelnen Liasfundpunkte der Beil | nach von petrographischen, faunistischen, stratigraphischen und tektonischen Gesichtspunkten aus be werden, Dabei wird es zum besseren Verständnis notwendig sein, auch die grösseren tektonischen Einheiten, innerhalb derer diese Liasrelikte erhalten geblieben sind, kurz zu besprechen, i und gleichzeitig sollen auch im Gelände benachbarte Formationen — soweit sie von einigem Interesse sind #) Berücksichtigung finden. Zum Schluss mag noch anhangs- weise ein Blick auf die Liasrelikte angrenzender Gebiete Mitteldeutschlands geworfen werden, besonders diejenigen von Eisenach und Gotha. zonen gebunden. Diese sind meist ee a s- gebildet und durchziehen auf weite Erstreckung die aus Hessen. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst. p. 125, ff. e ’) 1911. BRANDES, Tu. Die faciellen Verhältnisse des Lias zwischen Harz und Egge-Gebirge. Dissert. Göttingen. Hessische Jura-Relikte. 55 gedehnten Senkungsfelder zwischen den alten, palaeozoischen Gebirgskernen, nämlich das hessische Bergland, das Thüringer Becken und die mesozoischen Gebiete von _ Hannover und Westfalen. Die Richtung dieser Gräben ist verschieden, es finden sich solche von herzynischer bis ostwestlicher, en andere von variscischer oder nord- südlicher (rheinischer) Streichrichtung. Ein Blick auf die - Übersichtskarte von Moxsra !), auf der die wichtigsten dieser tektonischen Leitlinien eingetragen sind, zeigt dies sofort. "Moxsra gibt auch im Text eine, kurze Be dieser -Bruchzonen, auf die wir ebenso wie auf die Spezial- _ kartierungen der geologischen Landesanstalt verweisen müssen. Den Benennungen Morsras schliessen wir uns im "Folgenden an: Darnach verteilen sich die Liasrelikte auf die Bruch- zonen „Thüringerwald— Cassel—Teutoburger- wald“ ‚„Gotha-Eichenberg“, „Eisenach-—Kreuz- burg— Netra“, „Göttingen—Eichenberg—Alt- -morschen“. Dazu kommen noch der Fulda—Lauter- bacher-, der Homberg—Fritzlarer-Graben und _ die Versenkungen entlang der Warburger Störungs- zone. Es sei schon hier vorausgeschickt, dass die von uns zu besprechenden Liasreste nur selten in grösseren Schollen innerhalb der Gräben erhalten geblieben sind. - Häufig sind sie direkt als Ausfüllungsmassen klaffender Spalten zu deuten.) Auch die erwähnten Relikte von Zierenberg und vom Fetzberg bei Altenhasungen fassen { wir als solche auf, wie später zu begründen sein wird. ı) 1883. MoESTA, F. a. a. O. ?2) Vergl. 1885. v. KoENnEN. Über das Verhalten von Dis- - lokationen im nordwestlichen Deutschland. Jahrb. d. Kg]. preuss. - Landesanst. p. 63. 56 R. Glässner. I. Die Liasrelikte der Bruchzone Thüringerwald-Cassel-Teutoburgerwald. Diese Bruchzone enthält die meisten und räumlich ausgedehntesten Liasfundpunkte Hessens und ist in er- heblichem Masse grabenartig ausgeprägt. Sie beginnt am Nordwestende des Thüringerwaldes und erreicht über Sontra—Lichtenau, die Gegend von Grossalmerode und das Lossetal die Stadt Oassel. Westlich Cassel verschwindet sie unter den Basalt- und Tertiärbildungen des Habichts- waldes, tritt aber jenseits desselben wieder hervor und zieht über Burghasungen—Altenhasungen nach Wolfhagen. Dort wird sie durch den von Süden kommenden Fritzlar— Naumburger Graben abgeschnitten, der nun allein in nördlicher Richtung über Ehringen—Volkmarsen fortsetzt und in das Rimbecker Senkungsfeld im Vorland des südlichen Egge-Gebirges ohne Unterbrechung übergeht. Wie man sieht, ist die Morsta’sche Bezeichnung als „Bruchzone Thüringerwald — Cassel—- Teutoburgerwald“ nicht ganz zutreffend, da es sich eigentlich um zwei selbständige Gräben handelt, von denen der nordsüdlich gerichtete von Wolfhagen an allein zur Geltung kommt, wenn auch die N. W.-Richtung noch mehrfach wieder hervortritt. Zwischen Thüringerwald und Cassel sind innerhalb dieser Senkungszone nirgends Schichten des Lias aufge- funden worden, auch nicht in dem kesselartigen Ein- bruchsfeld von Lichtenau, wo infolge der Kreuzung mit dem Leinetalgraben die Absenkung einen solchen Betrag erreicht hat, dass wenigstens noch die Schichten des ge- samten Keupers erhalten bleiben konnten.!) Erst im Untergrund der Stadt Cassel sind Liasreste vorhanden, die eine kurze Besprechung erfordern. ‘) Geologische Spezialkarte von Preussen und den Thüringischen Staaten, Blatt Lichtenau, F, MoESTA Hessische Jura-Relikte. 57 Cassel. . HOoRNSTEIN, Rhät und Lias innerhalb der Stadt Cassel. Zeit- schr. der Deutsch. Geol. Ges. Bd. 31, p. 643. Festschr. zur 75. Vers. Deutsch. Naturforscher und Ärzte zu Cassel, Abschnitt über Geologie von DBEYSCHLAG und BLANCKENHORN. BEYSCHLAG und BLANCKENHORN, Blatt Wilhelmshöhe der geolog. Karte von Preussen und den benachbarten Bundes- staaten. Das weite Casseler Becken, dessen Untergrund aus Röt besteht, wird im Süden, Osten und Norden von Buntsandsteinhöhen umrahmt, im Westen durch den basaltischen Habichtswald abgeschlossen. Es stellt eine ganz flache Mulde dar, die sich nach Südosten allmählich heraus hebt, sodass dort in der Söhre Mittlerer und weiter- hin Unterer Buntsandstein zu Tage tritt. Dem Lossetal folgend, tritt die genannte Bruchzone ins Oasseler Becken ein. Ihr Verlauf ist durch versenkte — nachträglich durch Erosion aus den weichen Rötmergeln wieder heraus model- lierte — Schollen und Streifen von Wellenkalk angedeutet, wie ein Blick auf die Karten der geologischen Landes- aufnahme sofort zeigt. Aber nicht nur Wellenkalk, son- dern auch Trochitenkalk, Rhätsandstein mit Avwvscula con- torta und unterer Lias sind in ostwestlich streichende Spalten dieses Bruchsystems im Röt eingestürzt und ge- legentlich bei Bauarbeiten aufgedeckt worden. Rhät und Lias fanden sich in einer Spalte am südwestlichen Ende des Ständeplatzes, Lias an der Ecke Hohenzollern- strasse-Annastrasse. Er besteht aus Psilonotenkalk und Angulatenschichten mit den leitenden Ammoniten, ferner Mytilus psilonoti Qu. etc. Näheres über petro- graphische Zusammensetzung und Fossilführung dieses interessanten Vorkommens war leider nicht in Erfahrung bringen. Ein im Besitz von Herrn Professor HornsTeis, Cassel befindliches Exemplar von Psiloceras planorbis gleicht, was den Erhaltungszustand betrifft, vollkommen den bei Berge unweit Homberg gefunden Ammoniten gleicher Art. 58 R. Glässner. Auch am Abfall des Kratzenberges nach der Infanteriekaserne in der Hohenzollernstrasse haben sich bei Strassenbauten Liasgesteine mit Gryphaea arcuata, also vermutlich Arietenkalk, gefunden. Es kann sich auch bei diesem Vorkommen nur um geringfügige, in einer ost-westlich streichenden Spalte verstürzte Massen handeln. Ferner wurden guterhaltene Exemplare von @ryphaea arcuata an der Rasenallee am Fuss des Habichtswaldes in der Nachbarschaft einer miocaenen Sandgrube gefunden. Leider war es nicht möglich, über die Erhaltungsart dieses Liasreliktes Aufschluss zu erlangen. Anstehender Lias war nicht nachzuweisen, sodass die fraglichen Gryphaeen viel- leicht einen weiten Weg zurückgelegt haben, doch spricht gegen einen längeren Transport ihr guter Erhaltungs- zustand. Verfasser verdankt diese Mitteilungen dem Herrn Lehrer PENNDORF zu Cassel. Burghasungen und Altenhasungen. Im weiteren Verlauf des Oasseler (rabens treffen wir jenseits des Habichtswaldes auf viel ausgedehntere Lias- relikte. Nach Morsta!) erstreckt sich eine schmale Liasmulde vom Dorfe Altenhasungen bis zum Basalt des Schlossberges von Burghasungen. Ihre Länge beträgt etwa °Jı geographische Meilen, ihre Breite durchschnittlich 1000 Meter. Ein Seitenflügel dieser Mulde zweigt nach dem Bosenberg bei Burghasungen ab und ist von Arietenkalk erfüllt. Soweit die Angaben Mosra’s. Leider war es Verfasser nicht möglich, diese Angaben aus eigener Anschauung zu bestätigen; er konnte nur im Burgholz bei Burghasungen, am Westfuss der mächtigen Basaltfelsen des Schlossberges, anstehenden Lias und zwar Arietenkalk beobachten. Es muss demnach der geologischen Spezialkartierung vorbehalten bleiben, dieses merkwürdige Vorkommen genauer zu untersuchen. Es sei bemerkt, dass auch auf dem Blatt Waldeck-Oassel der !) 1883. MoESTA, a. a. 0. Hessische Jura-Relikte. 59 Decnen’schen Karte, die 1888—89 von einer Reihe nam- hafter Geologen aufgenommen ist. sich keine Spur von _ Lias in dieser Gegend verzeichnet findet, wohl aber eine ‚grosse Verbreitung von Keuper. Es muss daher zweifel- haft erscheinen, ob der Lias die von Morsta angenommene grosse Verbreitung besitzt. Im Marburger Museum finden sich folgende Belegstücke, z. T. mit Fossilien: Dichter grauer Kalk mit Pecten subulatus, Alten- hasungen. Liasschiefer, Altenhasungen. Liasschiefer, 50 Schritt östlich Wenigenhasungen. Liasschiefer, Wasserriss zwischen Bosenberg und Burgholz bei Burghasungen. Kalk mit Schwefelkies von ebendort. Dichter harter grauer Kalk, zwischen Rohr- und Solberg bei Burghasungen. Die Tatsache, dass der Arietenkalk im Burgholz bei Burghasungen in so naher räumlicher Beziehung zum Basalt des Schlossberges steht, ıst auffallend. Man = mag hierin eine Stütze der so oft angefochtenen Theorie vom „Aufdringen der Eruptiva auf Spalten“ erblicken; denn die Breitenausdehnung dieses Vorkommens ist so gering, dass wir wohl nichts anderes darin sehen können als die Füllmasse einer weitaufgerissenen Spalte, auf der dann weiter östlich auch der Basaltkegel, der die Ruine trägt, aufsitzen würde. Diese Annahme wird durch ein während der Abfassung dieser Arbeit von O. GRUPE!) ver- - öffentlichtes Profil durch den Casseler Graben bestätigt. Es ist nach den Lerrra’schen Aufnahmen gezeichnet und - zeigt, dass der Basalt von Burghasungen in der Tat der südlichen Randspalte des Casseler Grabens aufsitzt. Fossilien sind nur wenig bekannt geworden. Im Mar- burger Museum befinden sich von Altenhasungen: Gryphaea arcuata Lak. Pecten subulatus MSTR. !) 1911. GRUPE, O. Über das Alter der Disloc. des Hannov.- Hess. Berglandes etc. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. Bd. 63 Abh. _ Heft 2. 60 R. Glässner. Von Burghasungen: Psiloceras SP. Gryphaea arcuata LMK. Fischschuppen. Fetzberg. 1873/74. MOEHL, H. Bericht XIX—XXIII des Vereins für Natur- kunde zu Cassel. p. 18. 1883. MoEsTA, F. Das Liasvorkommen bei Eichenberg etc. 1911. GRUPE, O. Über das Alter der Dislocationen etc. Auf dem langgestreckten Buntsandsteinrücken des Fetzberges südlich Altenhasungen, also jenseits der Rand- spalten des Oasseler Grabens, sitzt ein kleiner Basalthügel auf, der sich als herausgewitterter Kern eines selbst- ständigen Kraters zu erkennen gibt und vorwiegend aus Tuffbreccie besteht. Diese enthält zahllose Bruchstücke der vom Magma durchbrochenen und mit emporgerissenen Gesteine, unter denen nicht nur Buntsandstein, metamor- phosierter Muschelkalk und Keuper, sondern auch Kalke und dunkle Schiefertone des Lias reichlich vertreten sind. Dieses längst bekannte und in der Literatur mehrfach erwähnte Vorkommen hat verschiedene Deutungen erfahren und demgemäss auch zu ganz verschiedenen Schlüssen Anlass gegeben. Es stehen sich bei der Erklärung dieses und ähnlicher Vorkommnisse drei Ansichten gegenüber, die hier kurz skizziert werden mögen. Als ihre Haupt- vertreter seien v. KoEnen, BUECKING und O. GRUPE genannt. Wer mit v. Kornen!) ein jungtertiäres Alter der Muschelkalk-Keuper-Lias-Gräben annimmt, wird zur An- schauung geführt, dass sich noch zur miocänen Aus- bruchszeit der Basalte eine mehr oder weniger zusammen- hängende Decke von jüngerer Trias und Lias über dem Buntsandstein ausgebreitet hat. Es ist dies in der Tat die ‘einzig mögliche Folgerung; denn es ist nicht anzu- 1) 1885. v. KoENEN, A. Über das Verhalten von Dislokationen im nordwestlichen Deutschland. Jahrb. d. Kgl. preuss. Geolog. Landesanst. Hessische Jura-Relikte. 61 nehmen, dass zur Miocänzeit, als die Gräben sich bildeten, gerade da allein noch jüngere Schichten vorhanden gewesen sind, wo die tektonischen Einbrüche erfolgten. In unserem Falle würde also anzunehmen sein, dass der Basalt des Fetzberges die gesamte Trias und den Lias bis zum Arietenkalk oder noch höheren Stufen durchbrochen hat, dass mit anderen Worten sein Aus- bruchspunkt um mehrere 100 Meter höher gelegen haben muss als die heutige Oberfläche. Die in seiner Tuff- breccie wie im Magma steckenden Bruchstücke jüngerer Gesteine wären demnach als Reste des heute längst ver- schwundenen jüngeren Deckgebirges zu deuten, das durch die gewaltige Explosionskraft der Dampf- und Gasmassen vollständig zertrümmert und tief in den Eruptionsschlot verstürzt wurde. Diese Ansicht vertritt auch Buerckine!) hinsichtlich jener Reibungs- oder Schlotbreccien, die einem höheren „nachträglich abgetragenen geologischen Niveau“ entstammende Gesteinsfragmente oder ganze (resteins- schollen einschliessen, wie er sie bei seiner Kartierung der Rhönblätter in engster Verbindung mit Basalt und Phonolithdurchbrüchen zahlreich aufgefunden hat. In gleicher Weise erklärt er nun auch die analogen Vor- kommnisse Niederhessens, wobei er auch den Fetzberg als charakteristisches Beispiel seiner Theorie anführt, die ın dann weiterhin dazu geführt hat, die Abhängigkeit der hessischen Basaltdurchbrüche von Spalten im Prinzip zu verneinen, weil ja offenbar an so zahlreichen Punkten die Explosionskraft der im Magma eingeschlossenen Gase stark genug gewesen sei, sich selbständig eine Schlotröhre durch das mesozoische Deckgebirge auszublasen. Zu ganz anderen Forschungsresultaten ist ©. GrupE?) hinsichtlich des Alters der hessischen Gräben und der Abhängigkeit der Basalte von vorgebildeten Spalten gelangt. Aus der transgredierenden Lagerung des Tertiärs, das sich vielfach — oft schon vom Unteroligocaen an — sowohl ı) 1904. BuEckıng. Beiträge zur Geophysik, Band VI, p. 267 ff. 1910. Bueckıng. Rhönblätter. Kleinsassen, Gersfeld, Spahl, Hilders, 2) 1911. GRUPE, a. a. O. 62 R. Glässner. auf den jüngeren Schichten innerhalb der Gräben als auf dem Buntsandstein bezw. Wellenkalk der Randhöhen findet, und aus anderen Gründen, ergibt sich ihm ein vorwiegend praeoligocaenes Alter der hessischen Graben- brüche. Gxrupr erklärt die heutige Buntsandsteinland- schaft als die alte — freilich durch nachfolgende Tal- erosion stark zerstückelte — praeoligocaene Landober- fläche, von der zur Ausbruchszeit der Basalte im Jung- tertiär längst alle jüngeren Schichten abgetragen waren. Die weiter nördlich, im Solling und anderwärts, so er- hebliches Ausmass erreichenden jungmiocänen Dis- locationen sind nach seiner wohlbegründeten Meinung innerhalb des eigentlichen Hessens nur von ganz unter- geordneter, rein örtlicher Bedeutung gewesen. Da nun das geschilderte Auftreten jüngerer, der Um- gebung fremder Gesteine, in Verbindung mit Eruptiven in der Rhön, am Fetzberge und anderen Punkten Hessens seiner Theorie scheinbar widerspricht, so nimmt GRUPE hierfür die alte Anschauung der „Abhängigkeit der Basalte von praeexistierenden Spalten“ zu Hilfe. Er führt an zahlreichen Beispielen den Nachweis, dass dieses Abhängigkeitsverhältnis wirklich existiert, und dass es auch dort als höchst wahrscheinlich anzunehmen ist, wo man solche Spalten nicht direkt nachweisen kann, weil an ihnen keine merklichen Schichtenverschiebungen stattgefunden haben. Demzufolge erklärt er den Fetz- bergbasalt als emporgestiegen auf einer praeexistierenden, d. h. praeoligocaenen, im Buntsandstein gelegenen und daher sehr schwer nachweisbaren Nebenspalte des Casseler Grabens; und zwar sei der Basalt ge- rade an der Stelle emporgestiegen, wo sich diese Spalte zu einem kleinen Liasgraben er- weiterte, In derselben Weise deutet er nun auch die ähnlichen Vorkommnisse Niederhessens und anderer Gegenden, näm- lich als Füllmassen praeoligocaener Spalten, die von dem zur Miocänzeit diese Spalten als Ausweg benutzenden Basalt mit emporgerissen und in seine Tuff- breccie oder auch in das feste Magma aufgenommen Hessische Jura-Relikte. 63 wurden, zu einer Zeit also, wo diese fraglichen Gesteine in normaler Lagerung in weitem Umkreis längst nicht mehr anzutreffen waren. GxrupE's hier skizzierte Theorie stellt in der Tat die einfachste Lösung des Fetzberg- problemes und anschliessender Fragen dar und hat nicht zum wenigsten den Vorzug, dass sie den recht schwer verständlichen Vorgang‘ einer mehrere hundert Meter mächtigen Schichtenabtragung in postbasaltischer Zeit beseitigt. Die Liasgesteine des Fetzberges bestehen, wie erwähnt, us Kalken und dunklen Schiefertonen, die — was MorsTA als besonders bemerkenswert hervorhebt — keine merk- iche petrographische Umänderung erlitten haben. Noch jetzt kann man in dem verlassenen Steinbruch zahlreiche 3ruchstücke mit Fossilien sammeln. Nach Mornr fanden ich dort folgende Fossilien, die vielleicht auf noch höhere stufen als & hinweisen würden: Verdrückte Ammoniten. Belemnites acutus MiLL. Gryphaea cymbium Lan. Pecten textorius V. SCHL, Waldheimia numismalis v. SCHL. Rhynchonella varlabılis v. SCHI. Pentacrinus scalarıs GOLDF. Wir fügen hinzu: Gryphaea arcuata Lam. Monotis inaequivalvis Sow. Obwohl ausserhalb des Casseler Grabens gelegen und öglicherweise nicht tektonischer Natur, sei gleich hier nschliessend das Liasvorkommen von Zieren berg west- ich des Habichtswaldes besprochen, 3 Zierenberg. - Morsra stellt es als sicher hin, dass dieser nur wenige Juadratmeter grosse Fleck von Muschelkalk-, Keuper- und lasgesteinen seine Erhaltung dem Einsturz in eine 64 R. Glässner. Gypsschlotte des Röt verdanke. Ohne die Genauig- keit der Mozsrta’schen Beobachtung anzweifeln zu wollen, kann hier doch nicht unerwähnt bleiben, dass die Vor- stellung vom Einbruch einer mehrere 100 Meter mächtigen Schichtenfolge vom Wellenkalk bis zum Arietenkalk des Lias in eine Gypsschlotte sehr wenig einleuchtend ist, Morsta weist auf die zahlreichen — vielleicht nach Hun- derten zählenden — derartigen Erdfälle im Vorlande des Habichtswaldes hin; aber gerade in diesen hat man nie- mals höhere Schichten als unteren Wellenkalk beobachtet, Dagegen wird dies eigenartige Vorkommen ohne weiteres verständlich, wenn man seine Erhaltung dem Einsturz in eine Spalte zuschreibt, auch wenn sich das Vor- handensein von Spalten in der Umgebung nicht feststellen lässt. In derartigen Spalten ım Röt, die bei der Ent- stehung des Casseler Grabens, also nach GRUPE in praeo- ligocaener Zeit, aufrissen, haben sich jene erwähnten Reste von Trochitenkalk, Keuper und Lias im Untergrund der Stadt Cassel erhalten, und es ist durchaus nicht schwierig, sich vorzustellen, dass beim Einbruch des Grabens auch ausserhalb desselben in den im ganzen ungestört ge- bliebenen Schichtentafeln Spannungen stattfanden, die zur Zerreissung und Bildung von parallelen Neben- spalten führten, in die dann jüngere Schichten ein- stürzen konnten. Auf diese Weise erklärt GRUPE, wie wir gesehen haben, das Liasvorkommen des Fetzberges und das Auftreten vieler Basaltdurchbrüche, ob diese nun mit Gesteinen, die jetzt der Umgebung fehlen, in Verbindung stehen oder nicht. Bei der geologischen Kartierung des Blattes Wilhelmshöhe durch BevscHLag und BLANCKEN- HORN fand sich in der flach gelagerten Wellenkalkplatte des Calder Berges bei Wilhelmstal nordwestlich Cassel eine schmale Ostwestspalte, in die Blöcke von Trochitenkalk eingestürzt waren. Es mag dies als Be- weis angesehen werden, dass wirklich solche Nebenspalten auch in weiterer Entfernung vom Casseler Graben in scheinbar ganz oder nahezu ungestört gebliebenen Ge- bieten bestehen, obwohl sie sich naturgemäss nur selten nachweisen lassen. Hessische Jura-Relikte. 65 Das Blatt Wilhelmshöhe zeigt ferner zahlreiche Ba- saltgänge von oft beträchtlicher Länge, die vorwiegend in nord-nordwestlicher bis nordwestlicher Richtung strei- chen. Nimmt man nun an, dass diese jetzt von Basalt üllten Spalten nicht erst durch das einen Ausweg suchende Magma geschaffen sind, sondern zwar erweitert wurden, im übrigen aber schon vorher bestanden, so würde auch hieraus eine starke Zerreissung tektonischen Ursprungs in sonst normal gelagerten Schichten zur Seite des Oasseler Grabens hervorgehen, wobei es dahin gestellt bleiben mag, ob diese Spaltenbildung im Anschluss an die Entstehung des Casseler Grabens, — zu dem sie oft quer verläuft, — stattgefunden hat oder einer späteren Zeit angehört. Es ist wohl klar, dass noch zahlreiche solche Spalten vorhanden sein werden, die sich nicht nachweisen lassen, weil auf ihnen weder Basalte bis zur Oberfläche gelangt sind, noch sichtbare Schichten- verschiebungen an ihnen stattgefunden haben; sie verraten ihre Existenz dann meistens nur dadurch, dass bei der Kartierung oder bei Bauarbeiten gelegentlich Reste jün- gerer Gesteine in ihnen aufgefunden werden. Übrigens erwähnt BEyscHLAG gerade bei Besprechung der vorwiegend als einfache Erdfälle zu deutenden im Röt verstürzten kleinen Muschelkalkschollen im nordwestlichen Teile des Blattes Wilhelmshöhe, dass manche von ihnen auffällig den Richtungen der von Basalt er- füllten Spalten folgen, in die sie also möglicherweise schon in vorbasaltischer Zeit eingebrochen waren. Es ist nun nicht einzusehen, weshalb man nicht auch eine im Röt verlaufende Spalte von der Art, wie sie eben ge- schildert wurden oder eine Parallelspalte des Oasseler Grabens zu Erklärung des Zierenberger Liasvorkommens zu Hilfe nehmen sollte; umsomehr, als wohl kaum in einer Zeit, wo noch eine Decke von Keuper und Lias über dem Röt lag, bereits eine so weitgehende Auslaugung des Gypses stattgefunden haben konnte, um einen derartig tiefen Erdfall zu veranlassen. - Von Fossilien dieses Fundpunktes sind bekannt ge- worden: 66 R. Glässner. Gryphaea arcuata LaK., in zahlreichen Exemplaren. Leda complanata GOLDF. Ehringen. Bei Wolfhagen nimmt der Fritzlar-Naumburger Graben den Casseler Graben in sich auf, und die Nord-Südrich- tung wird nunmehr vorherrschend, wie aus Sekt. Waldeck—Cassel der DrcHen’schen Karte und weiterhin aus dem von uns beigegebenen Kärtchen nach den KucHEn- pucH’schen Aufnahmen zu ersehen ist. Zwischen Mittleren Buntsandstein eingesenkt, erstreckt sich ein schmaler Röt- Wellenkalkgraben nach Volkmarsen hin. Von diesem durch den Buntsandsteinhorst der Visebecker- Höhe getrennt, verläuft ein noch schmälerer — kaum über 600 Meter breiter — Einbruchsstreifen von Röt und Muschelkalk in nordwestlicher Richtung, der sich weiter nördlich mit dem ersten vereinigt. An der westlichen Randbegrenzung des letzterwähnten Einbruchs ist nun am linken Erpeufer wenig südlich des Dorfes Ehringen abermals eine kleine Scholle von Keuper und Lias erhalten geblieben, die bereits v. DECHEN bekannt war!) und auch später auf Sektion Waldeck—-Cassel der DrcHzn’schen Karte zur Dar- stellung gebracht ist. Zwischen Buntsandstein und Wellen- kalk eingeklemmt, beträgt ihr Umfang noch nicht !/a Quadratkilometer, doch ist sie nicht leicht zu übersehen, da auf den Äckern oberhalb der Eisenbahn zahlreiche Lesesteine von Arietenkalk mit Fossilien umherliegen. @ryphaea arcuata fand sich in grosser Menge, ausserdem: Lima gigantea DESH. Pecten Sp. Stielglieder von Pentacrinus, etc. Es ist wohl nicht ohne Interesse, dass sich gleich nördlich dieser Liasfundstelle ein kleiner Basalt- durchbruch im Wellenkalk des Grabens findet, :) 1856. v. DEcHEn, H. Der Teutoburgerwald. Verhäl. d. Nat. Vereins für Rhld. u. Westf. Jg. 13 p. 386. Hessische Jura-Relikte. 67 der ähnlich dem Fetzberg bei Altenhasungen in seiner Schlotbreccie zahllose Brocken der durchbrochenen Ge- steine enthält, namentlich dunkle Schiefertone, bunte Mergel etc., die vorwiegend dem Keuper angehören dürften; Gesteine des Lias waren dagegen nicht nach- zuweisen. Wenig nördlich davon liegen auf dem Bunt- sandsteinhorst der Visebecker Höhe zahlreiche Blöcke von Braunkohlenquarzit. Da diese Quarzite, die sog. Knollensteine, zumeist als oligocaenen Alters gedeutet werden, so wäre also auch wohl in dieser Gegend die Buntsandsteinlandschaft mit GrupE!) als die praeoligocaene Landoberfläche aufzufassen, von der zur Ausbruchszeit der Basalte längst alle jüngeren Schichten des mesozoi- schen Deckgebirges entfernt, und in die die Gräben be- reits eingesenkt waren. Der Steinbruchsbetrieb hat die Tiefenfortsetzung des erwähnten Basaltdurchbruchs er- schlossen, so dass man einen oder zwei zum Teil über sinen Meter mächtige, den Muschelkalk durch- setzende Gänge sehr gut beobachten kann. Gleich hier sei bemerkt, dass für den ohne Unter- brechung anschliessenden Volkmarser Graben ein praeoligocaenes Alter jedenfalls nicht zwei- felhaft sein kann, da er mit den komplizierten Bruch- ınd Faltungssystemen im Vorland der südlichen Egge, den Senkungsfeldern, Achsen und Abbruchstaffeln der Rheinischen Masse in unmittelbarer Verbindung steht. Für liese Art von Dislokationen aber hat bereits StıLıE ein — wenigstens im Hauptergebnis — mindestens prae- retacisches, wahrscheinlich jungjurassisches Alter nach- Tewiesen. ?) | Volkmarsen. Die beiden vorgenannten Röt-Wellenkalkgräben treffen uf dem Scheid südlich Volkmarsen zusammen. Die Folge 1) 1911. GRUPE, a. a. O. 2) 1908. STILLE, H. Die tektonischen Verhältnisse des östl. forlandes der südlichen Egge. Anhang z. 147. Kartenlieferung. Bl. eo kelsheim, etc. Hr 68 R. Glässner. ist, dass nunmehr der Senkungsbetrag gross genug wird, um auch Oberen Muschelkalk, Keuper und Lias vor der Denudation zu schützen. Es entsteht durch die Vereini- gung beider Gräben der zunächst nord-nordwestlich ver- Bee Volkmarser Graben mit seinen langge- streckten Bändern von Oberem Muschelkalk, Keuper und Lias. Der Volkmarser Graben ist bereits mehrfach Gegen- stand der Bearbeitung gewesen; so hat KucHrnguch!) den südlichen Teil von Ehringen bis südlich Welda aufge- nommen und im Maßstab 1: 50000 erscheinen lassen. KucHEnguch widmet der Tektonik des von ihm kartierten Gebietes eine eingehendere Besprechung, beschreibt die innerhalb des Grabens auftretenden Formationen und be- schäftigt sich besonders mit den Lagerungsverhältnissen . des durch seine technisch nutzbaren und bekannten Eisen- steinflöze ausgezeichneten Liaszuges. Auf Grund neuerer Aufschlüsse und der liebenswürdigen Mitteilungen des Herrn Betriebsführers Turıss in Brotterode sind wir ın der Lage, hierzu wesentliche Ergänzungen und Berichti- gungen liefern zu können. Sodann hat A. MEsTwerpT?) aus Anlass der Untersuchung der Germeter Mineralquellen den nordöstlichen Grabenrand in 1: 25000 kartiert. Verfasser selbst hatte bereits vor dem Erscheinen der Mezsrwerpr’schen Arbeit das Grabenstück Welda--Wethen und darüber hinaus auf der Unterlage des Messtischblattes Warburg kartiert, sowie eine eingehende Revision der Karte von KUCHENBUCH vorgenommen. Er ist dabei zu Resultaten gelangt, die im wesentlichen mit denen der genannten. Autoren übereinstimmen. Natürlich können nach der Veröffentlichung von A. Mestwerpr nur noch geringe Teile der beigegebenen Karte als neu gelten, doch gibt diese immerhin eine Ergänzung der fehlenden Teile und somit die bisher noch fehlende Gesamtdarstellung des ') 1890. KUCHENBUCH, F. Das Liasvorkommen bei Volkmarsen.. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst. II. Teil: p. 74. °’) 1911. MESTWERDT, A. Die Quellen von Germete bei War- burg und von Caldorf in Lippe. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst Bd. 32. Teil I. Heft 1, 3 Hessische Jura-Relikte. 69 Volkmarser Grabens, wenn man von der DecHzx’schen Karte 1: 80000 absehen will. Da das Blatt Warburg der DecHzn’schen Karte nur bestimmt ist, einen Überblick der im Gelände vertretenen Formationen zu geben und auf Einzelheiten bei seiner Aufnahme nicht viel Zeit ver- wendet werden konnte, so enthält es naturgemäss zahl- reiche Ungenauigkeiten und Fehler und ist — wenigstens für die Warburger Gegend — nur mit Vorsicht zu ge- auchen; dagegen ist es dadurch für uns von Wert, dass es die weitere Umgebung und die Einfügung des Grabens die höhere tektonische Einheit der hessisch - west- älischen Triasmulde deutlich zum Ausdruck bringt. Diese Beziehungen etwas eingehender zu betrachten, ist zum Verständnis unserer beigegebenen Karte notwendig und soll daher zunächst geschehen. . Beziehungen des Volkmarser Grabens zu seinen Nachbargebieten. Der Volkmarser Graben ist, wie bekannt, in die grosse hessisch - westfälische Triasmulde eingesenkt, deren Tiefstes die sich südlich fast bis Warburg i. W. er- streckende Keupermulde von Borgentreich (War- burger Börde) darstellt. Dieser senken sich die Schichten- tafeln des Buntsandsteins und Muschelkalks bereits von weither zu, wie man z. B. schon nordwestlich der Stadt Cassel beobachten kann, so gering der Betrag des Ein- allens auch in einzelnen Aufschlüssen erscheinen mag. Auch die Lagerung des Buntsandsteins im Süden und Westen sowie der weiten Muschelkalkplateaus im Osten unserer Karte ist wesentlich durch ihre Zugehörigkeit zur hessisch- westfälischen Triasmulde bestimmt, d. h. es herrscht im Sanzen ein flaches Einfallen nach Nordosten bezw. Norden vor. Im Westen und Nordwesten unseres Gebietes tritt eine weitere Komplikation der Lagerungsverhältnisse da- durch ein, dass hier am Nordostrande des Rheinischen Schiefergebirges Bruchlinien auftreten, die grossenteils 70 R. Glässner. auch die dem alten Gebirge auflagernde mesozoische Tafel durchsetzen und zerstückeln. Der Abbruch der Rheini- schen Masse an ihrem Nordostrande ist indes nicht un- vermittelt, sondern staffelförmig erfolgt, und es folgen sich demgemäss von Westen nach Osten die Zechstein- staffel von Westheim, die Buntsandsteinstaffel von Wrexen und die Röt-Wellenkalkstaffel von Scherfede. Alle diese verschwinden nach Norden unter den Kreidebildungen des Eggegebirges und der Münster- schen Bucht. Betrachten wir die tektonische Übersichts- karte des Eggegebirges von H. StirLE!) oder das tektoni- sche Kärtchen, das A. MestweErpr?) seiner genannten Arbeit beigegeben hat, so sehen wir jenseits des „Scher- feder Abbruchs“ das „Rimbecker-Senkungsfeld*. Nördlich der Diemel hauptsächlich mit Oberem Muschel- kalk erfüllt, nimmt es nach Süden immer jüngere Schichten in sich auf und geht ohne Unterbrechung in den Volk- marser Keuper-Liasgraben über, der also nur seinen am tiefsten versenkten Teil darstellt. Die Röt-Wellenkalk- staffel von Scherfede begrenzt somit unser Gebiet im Westen, die bewaldeten Kalkplateaus des Quast, des Eich- holzes und Jberges gehören dazu. Erst südlich des Wandebaches bei Volkmarsen hebt sich der Mittlere Buntsandstein in normaler Lagerung unter dem Röt wieder heraus. Entsprechend der oben geschilderten muldenförmigen Lagerung der Gebirgsglieder folgt auf den Buntsandstein und Röt im Osten des Volkmarser Grabens der Muschel- kalk und zwar zunächst der Wellenkalk, der in den be- waldeten Plateaus des Schoren, Hohen Steiger und Wittmar- Waldes bis zu Meereshöhen von über 320 Meter ansteigt, also noch ca. 150 Meter über das Twistetal zwischen Volkmarsen und Welda emporragt. Während die flachgelagerten Schichtentafeln des Schoren, Hohen Steigers und Wittmar-Waldes nur aus !) 1%8. STILLE, H. Die tektonischen Verhältnisse des östl. Vorlandes der südl. Egge mit tekt. Übersichtskarte 1:100000. An- hang z. 147. Kartenlieferung, Blatt Peckelsheim etc. ?2) 1911. MESTWERDT, A. a. O0. » h Hessische Jura-Relikte. 21 ! Unterem Wellenkalk bestehen und scheinbar von Störungen nicht betroffen sind, tritt weiter nördlich auch _ Terebratelkalk, Oberer Wellenkalkund Schaum- _ kalk zu Tage, wie südlich des Witzinger Holzes am Hauberg und Mittelberg bereits erkennbar. Auch setzen - hier eine Anzahl Störungen durch, doch musste von deren _ Verfolgung und einer Trennung der Wellenkalkstufen mit Ausscheidung der Oolith-, Terebratel- und Schaum- kalkbänke Abstand genommen werden. Ebensowenig _ wurde diese Trennung innerhalb des Grabens sowie auf den westlichen Randhöhen der Scherfeder Staffel durch- - geführt, da dies für unsere Übersichtskarte unnötigschien und - ja auch zum Teil bereits durch KUCHENBUCH und MESTWERDT - geschehen ist; doch soll diese Lücke durch Hinweisungen im Text nach Möglichkeit ausgefüllt werden. Gehen wir noch weiter fach Norden, so folgt im - Normalprofil der hessisch-westfälischen Triasmulde auf den Wellenkalk die Zone des Mittleren und Oberen -Muschelkalks und schliesslich des Keupers, wie sehr gut aus der „Geologischen Übersichtskarte der War- - burger Störungszone“ von A. Kraıss,!) die im Norden unmittelbar an das auf unserer Karte dargestellte Gebiet anschliesst, zu ersehen ist. Inmitten dieser jüngeren Schichten verläuft in Nordwest— Südost bis West—Ost- richtung die „Warburger Störungszone“, in der sich noch einmal Röt und Wellenkalk als Sattelkerne _ herausheben. Die Stadt Warburg liegt z. T. auf einem derartigen Sattel, der in der Zone des Oberen Muschel- kalks Röt und Unteren Wellenkalk zu Tage ausstreichen lässt. Das komplizierte Faltungs- und Bruchsystem der _ Warburger Störungszone setzt noch weit nach Osten bis in die Gegend von Hofgeismar fort und ist beiderseits von schmalen Keuper-Liasgräben begleitet, die noch später _ zu besprechen sein werden. Die Warburger Faltungszone, die im übrigen den Bau der hessisch-westfälischen Triasmulde nicht weiter ä !) Kraıss, A. Der Warburger Sattel, seine Baustörungen und _ die vulkan. Durchbrüche. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst. Bd. 31. = Teil IL. Heft 2. 22 R. Glässner. stört, sondern meist scharf an den flach gelagerten Tafeln der Randgebiete absetzt, liegst in der Verlängerung von H. SrıLıeE's „Warburger Achse“, die auf Blatt Peckels- heim unter der Kreide des Eggegebirges hervortaucht und also scheinbar, wenn auch mehrfach zersplittert, bis in die Gegend von Grebenstein und Hofgeismar fortsetzt. Der von H. SrııEt) in die Literatur eingeführte Begriff „Achsen“ bezeichnet bekanntlich die Verbindungslinien aller der Punkte, an denen im Querprofil stets das älteste Schichtenglied zu Tage tritt, also kurz gesagt, die Linien höchster Heraushebung, wobei es gleichgültig ist, ob die relativ ältesten Schichten blosse Sattelkerne oder gleich- zeitig rings von Verwerfungen begrenzte Horste dar- stellen. Betrachten wir ausgehend von dieser Begriffsbe- stimmung unsere Karte, so tritt auch hier eine „Achse“ deutlich hervor. Es ist die von A. Mzstwerprt?) benannte „Germeter Achse*. Sie beginnt bei Ossendorf nörd- lich der Diemel und erreicht ‘über den Wellenkalk und Röt des Westerberges den Buntsandstein bei Germete. Dort springt sie nach Nordosten zum Zechstein-Bunt- sandsteinhorst des Wormeler Berges ab und setzt fort über die Heraushebungen des Röt am Kümmelberge im Papental bei Welda und in der Senke westlich des Wittmar- waldes: Der Buntsandsteinhorst des Raum- und Esse- berges, der Trillberg und der Stromberghorst bezeichnen den weiteren Verlauf der Achse nach Süden. | Auch unsere Germeter Achse ist als Kohlensäure- linie zu bezeichnen, wie andere Hebungslinien zwischen Teutoburgerwald und Weser. Die drei Mineralquellen bei Germete sind durch Quer- und Längsspalten, die den Buntsandstein der Achse abschneiden, sowie das tief ein- geschnittene Alluvialtal des Kalberbaches in ihrer Lage bestimmt. Die Darlegungen A. Mestwerpr’s?) machen eine nähere Besprechung der Germeter Mineralquellen und !) 1908. STILLE, H. Die tektonischen Verhältnisse des östl. Vorlandes der südl. Egge. Anhang z. 147. Kartenlieferung. ?) 1911. MESTWERDT, a. a, O. Hessische Jura-Relikte. 73 ihrer Austrittsbedingungen indes überflüssig, und sei auf seine Untersuchungen hier verwiesen. Eine vierte Mineral- quelle im Bereich unserer Karte stellt der unmittelbar auf einer Verwerfungsspalte gelegene „Sauerbrunnen“ am Trillberge südöstlich Volkmarsen dar. Wir lassen nunmehr einen kurzen stratigraphischen Überblick der im Gelände verbreiteten Formationen folgen. 2. Stratigraphie. Es sind auf der beigegebenen Karte folgende Forma- tionsglieder vertreten: Mittlerer Zechstein, Mitt- lerer und Oberer Buntsandstein, der Muschel- kalk in seiner Gesamtheit, desgleichen der ganze Keu- per; ferner der Lias «, & und die tiefsten Schichten von y. Dazu kommen noch Relikte des Tertiärs in Ge- 'stalt von örtlich massenhaft auftretenden Braunkohlen- quarziten sowie diluviale und alluviale Bildungen. Zechstein. Die von A. MestwErpr?!) als Zechstein erkannte, kleine, zinze von Verwerfungen begrenzte Scholle am Nordfuss des Wormeler Berges ist bereits von ihm selbst nach petrographischen wie stratigraphischen Gesichtspunkten so hinreichend besprochen worden, dass wir nicht weiter darauf einzugehen brauchen. Buntsandstein. Unterer Buntsandstein tritt nirgends zu Tage, da- gegen ist die mittlere und obere Abteilung reichlich ver- treten; die oberste Abteilung des Mittleren Buntsandsteins, die Bausandsteinzone, ist besonders bei Germete ent- wickelt. Sie wurde früher in grossen Steinbrüchen aus- gebeutet, die jetzt meist verlassen sind. KUCHENBUCH’?) gibt eine eingehende Beschreibung der Ausbildung des ı) 1911. MESTWERDT, a. a. O. ®?) 1890. KUCHENBUCH, F., a. a. O. un De 74 R. Glässner. Mittleren Buntsandsteins in der Volkmarser Gegend, Mxsıwerpr veröffentlicht ein Bohrprofil von Germete. Es sei daher auf die Angaben dieser Autoren verwiesen und hier nur bemerkt, dass die unteren Partien des Mittleren Buntsandsteins vorwiegend aus grobkörnigen, die oberen vorherrschend aus feinkörnigen Sandsteinen mit häufigen Manganflecken und Glimmerlagen bestehen. In den fein- körnigen Sandsteinen beobachtete KucHENnBUcH ein Kon- glomerat aus gelben Mergel-Brocken, bunten Letten etc. Die Bausandsteinzone ist vorwiegend aus weissen und grauen, gelegentlich auch rötlichen Sandsteinen zu- sammengesetzt. Bemerkenswert ist das Auftreten zahl- reicher kohliger Pflanzenreste im Buntsandstein des Raum- berges bei Volkmarsen. Auch Malachitanflüge sind dort häufig. Der Röt besteht in der Germeter Gegend und west- lich Wethen aus vorwiegend roten, zähen Letten. Bei Volkmarsen treten in ihm Bänke von graugrünen glimmer- reichen Quarziten auf, die bis zu 30 cm Stärke erreichen. Sein ursprünglicher Gypsgehalt scheint vollkommen aus- gelaugt zu sein, daraus erklärt sich seine geringe Mächtig- keit, die nach der Berechnung KucHEnguc#’s in der Gegend von Volkmarsen kaum 40 m übersteigt. Erst westlich des Quast treten zahlreiche Einlagerungen von Gyps im Röt auf, die dort in Gruben aufgeschlossen sind. Wie anderwärts finden sich auch in unserem Gebiet an der Grenze zum Wellenkalk die charakteristischen dünn- schichtigen Dolomite von intensiv gelber Farbe, die in ganz gleicher Ausbildung wiederholt auch im Wellenkalk auftreten, Muschelkalk. Der Muschelkalk ist in vollständiger Entwickelung seiner drei Abteilungen reichlich auf unserem Kartenblatt vertreten. : Je nach dem Grade der Aufrichtung seiner Schichten und der Beschaffenheit der ihn zusammen- setzenden Gesteine bildet er ganz verschiedenartige Ge- ländeformen. Die flach gelagerten Schichten des Wellen- kalkes im Osten und Westen bilden ausgedehnte, von Hessische Jura-Relikte. 75 tiefen Tälern durchschnittene, bewaldete Plateaus, die _ über dem Twistetal und den von Röt erfüllten Senken bei Volkmarsen und am Quast steil ansteigen. In schärf- stem Gegensatze hierzu bilden die steilgestellten Schichten des Wellenkalks und des Trochitenkalks innerhalb des Grabens oder seiner Randbrüche breite Kuppen oder lang- gestreckte schmale Rücken und Grate. Die Kuppenform zeigen der Alsberg und der Petersberg bei Volkmarsen, deren Wellenkalkschichten zum Teil muldenartig zusammen- _ geschoben sind, während die Wellenkalk- und Trochiten- kalkbänder der Kugelsburg, des Weldaer Berges, der Hohen Hegge und andere sich als weithin sichtbare scharfe Grate im Gelände erheben. Die weichen Mergel und 'Dolomite des Mittleren Muschelkalkes erfüllen die tiefen ' Senken zwischen den steilansteigenden Kämmen von Wellenkalk und Trochitenkalk, was besonders an der "Kugelsburg und den nördlich davon gelegenen Bergen sowie bei Germete mit modellartiger Schärfe hervortritt. Bei flacherer Lagerung muss der Mittlere Muschelkalk naturgemäss als Terrasse zwischen Oberem Wellenkalk und Trochitenkalk erscheinen, was in unserem Gebiete _ kaum, wohl aber gleich nördlich der Diemel am Heimberg bei Ossendorf zu beobachten ist. Die gleichfalls leicht erodierbaren Nodosenschichten bilden im Gelände zumeist einen sanfteren Anstieg vor dem Steilhange des Trochiten- kalkes. - a) Wellenkalk. Der Wellenkalk unseres Gebietes ist nicht wesentlich von dem benachbarter Gegenden verschieden; es sei da- her auf die Arbeit von Kraıss!) und die Erläuterung zu Blatt Peckelsheim hingewiesen. Genauere Angaben über die Entwicklung des Wellenkalkes in der Volkmarser Gegend finden sich bei Kuchznsuch. Überall ist die übliche Trennung in eine untere schaumkalkfreie und eine !) 1910. Kraıss, A. Der Warburger Sattel, seine Baustörungen und d. vulkan. Durchbrüche Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst, Bd. 31. Teil LI, Heft 2. 76 R. Glässner. obere schaumkalkführende Abteilung leicht durchzuführen. Die Zone der Oolithbänke in der Mitte des Unteren Wellenkalkes ist durch die in ihr auftretenden harten Kalkbänke und gelben Zwischenschichten im Ausstrich meist leicht kenntlich und wird auch gelegentlich in kleinen Steinbrüchen gewonnen. Gute Aufschlüsse, die die Aufnahme eines vollständigen Profils dieser Zone gestattet hätten, wurden indes nicht angetroffen; doch dürften auch hier wie weiter nördlich obere und untere Oolithbänke auftreten, die durch ein mehrere Meter mäch- tiges Zwischenmittel von Wellenkalk und charakteristischen gelben Kalken getrennt werden. Im Gelände nicht zu übersehen ist auch die Zone der Terebratulabänke, die den oberen Wellenkalk einleitet. Sie tritt bei geneigter Schichtenstellung stets mit grösster Schärfe hervor und bildet oft förmliche Wälle, die für die Bestimmung des Niveaus bei der Kar- tierung und für die Festlegung des Verlaufes von Störungen in Wellenkalkgebieten von grösster Bedeutung sind. Zahl- reiche jetzt verlassene Steinbrüche kennzeichnen fernerhin dieses Niveau, das in unserer Gegend weniger durch die eigentlichen „schaumigen“ Bänke als durch seine harten Knorpel- oder Wulstkalke auffällt, die oft durchlöchert sind und wie zerfressen erscheinen. Ob sich auch in unserem Gebiete, wie auf Blatt Peckelsheim und ım Be- reich der Warburger Störungszone, eine Trennung in Ober- bank, Unterbank und Zwischenmittel vornehmen lässt, war nicht mit Sicherheit festzustellen, doch ist es höchst wahrscheinlich, dass sowohl hierin, wie in der durch- schnittlichen Mächtigkeit keine wesentliche Verschieden- heit gegenüber den Nachbargebieten besteht. Über die Schaumkalkzone, die den Oberen Wellen- kalk ' abschliesst, ist wenig zu sagen. Wahrscheinlich lassen sich, wie auf Blatt Peckelsheim und in anderen Gegenden von Mittel- und Nordwestdeutschland, drei Schaumkalkbänke oder -Bankzonen unterscheiden, die durch Zwischenmittel getrennt werden. Die Grenz- schichten zwischen Unterem und Mittlerem Muschelkalk, die Orbicularis-Schichten, sind als plattige, mürbe Hessische Jura-Relikte. 7 Mergelkalke mit zahlreichen gut erhaltenen Steinkernen ‚und Abdrücken von Myophoria orbicularis und anderen kleinen Zweischalern mehrfach beobachtet worden, so am _Westerberg bei Germete, an der Ostseite des Alsberges, am Waldrand südöstlich des Königsberges und an dem durch das Witzinger Holz führenden Fahrweg. _ Mit vollständiger Entwicklung aller seiner Glieder zeigt sich der Wellenkalk am Ostrand des Grabens nur auf der Strecke Volkmarsen—Welda. Weiter nördlich erscheint seine Mächtigkeit z. T. durch Verwerfungen stark verringert. Am Westrand fehlt Oberer Wellenkalk bis Welda fast ganz, erst jenseits dieses Dorfes tritt er deutlich hervor. Die zahlreichsten und besten Aufschlüsse finden sich im Fürstlichen Forst Rhoden. Über die Fossil- führung des Wellenkalks ist wenig neues zu sagen. Ober- halb der westlichen Randspalte an der Pyrmonterstrasse zeigten sich nahe dem Ausstrich der Oolithbänke mit aussergewöhnlich grossen Exemplaren von Rhizocorallium -commune dicht bedeckte Platten. Auch Beneckeia Buchi BEER. fand sich dort. Bisweilen zeigten sich Fischzähnchen und Knochenreste; in den Oolithbänken, aber auch in anderen Niveaus, Wurmröhren, Myophoria elegans usw. b) Mittlerer Muschelkalk. Gute Aufschlüsse dieses Schichtengliedes fehlen in unserem Gebiete vollkommen, Soweit erkennbar, bietet ‚seine Entwicklung nichts Abweichendes von der der Nach- ‚bargegenden. Seine Mächtigkeit ist durch Auslaugung der Gypse, die vermutlich auch hier wie in der War- burger Gegend zum Absatz gelangt sind, stark verringert. Sie beträgt nach Kuchrnsuch bei Volkmarsen nur 25 m. Die Erkennung im Gelände bietet keine Schwierigkeiten, auch dort, wo es an Aufschlüssen fehlt, da der Mittlere Muschelkalk, wie schon erwähnt, Depressionen zwischen Wellenkalk und Trochitenkalk bildet. Sicher leitend sind seine Zellenkalke oder -Dolomite, die —. wie am Witzinger Holz — oft zahlreiche schwarze Hornstein- knollen führen. Allerdings treten auch in der Lettenkohle 78 R. Glässner. dolomitische Zellenkalke auf, die aber keine Hornsteine führen und auch sonst ein anderes Aussehen haben als die des Mittleren Muschelkalkes, c) Oberer Muschelkalk. Das untere Glied des Oberen Muschelkalkes, der Trochitenkalk, erreicht eine durchschnittliche Mächtig- keit von 10 bis 15 m. Er besteht zum grössten Teil aus dicken Bänken eines harten, splittrigen, gelblichen oder grauen, bald dichten, bald kristallinischen Kalkes, der oft sehr reich an Trochiten ist, aber auch Lima striata, Seeigelstachel etc. enthält. Terebratula vulgaris bedeckt gelegentlich ganze Schichtflächen. Besonders reich an diesen genannten Fossilien ist ein verlassener Steinbruch am Kollenberge nördlich Volkmarsen. Dort fanden sich auch Kelchreste von Encrinus lilirformis und Asseln von Öidaris transversa MEY. in guter Erhaltung. Am Hüne- berg bei Volkmarsen treten noch in seinem oberen Teile sehr trochitenreiche Bänke auf, die von gelblich-grauer Farbe und sehr weich sind, sodass einzelne Bänkchen direkt zu Kalksand zerfallen. Unter diesen Trochiten- schichten folgt eine Bank harten, grauen, groboolith- ischen Kalks von 50 cm oder grösserer Mächtigkeit, die wenig oder keine Versteinerungen zu enthalten scheint. Sieistin fast allen Steinbrüchen im Trochitenkalk zwischen Volkmarsen und Welda aufgeschlossen und auch noch am linken Diemelufer nordöstlich Germete zu beobachten, gleichfalls im Liegenden trochitenreicher Bänke, die nach oben in Nodosen-Schichten übergehen. Diese harte, grob- oolithische Bank dürfte eine gleichfalls oolithische, ver- steinerungsreiche Schicht vertreten, die zuerst von FERD. RoEMER!) mit ihren charakteristischen Fossilien aus der Gegend von Willebadessen beschrieben wurde und seitdem vielfach in West- und Süddeutschland aufgefunden wurde. Es ist die „Myophorien- oder Astartenbank“ von 1) 1851. ROEMER, F. Über einige neue Versteinerungen aus dem Muschelkalk von Willebadessen. Paläontogr. 1, p. 311, Hessische Jura-Relikte. 79 BLANCKENHORN!), so benannt nach ihrem Reichtum an Myophoria ovata und Astarte. Vorwiegend auf Grund dieser Leitschicht vermochte BLAnckENHORN den Oberen Muschelkalk der Zülpicher Trias in zwei Etagen zu gliedern, weil dort stellenweise andere fossilführende Horizonte, sogar die Ceratiten, fehlen. BLAncKENHORN?) wies dann die weite Verbreitung dieser oolithischen Bank nicht nur bei Commern, Zülpich, Trier, sondern auch in Westfalen, Thüringen und im Schwarzwald nach. Er fand sie auch innerhalb unseres Kartenblattes bei Germete auf und be- schreibt sie als „lockere, dünnschichtige, groboolithische, rauhe, dolomitische Kalke von 2 m Mächtigkeit und bald be, bald festerem Bindemittel“. Es gelang Verfasser gleichfalls, diese „Myophorienbank“ im Steinbruch west- lich Germete aufzufinden. Sie enthält Myophoria ovata und Mytilus eduliformis in Menge. Dieselbe oolithische Entwicklung des Trochitenkalkes beschreibt A. Kruaıss?) aus der Warburg—Hofgeismarer Gegend. Das Gestein erinnert hier nach Auflösung und Wegführung der Oolith- körner durch Verwitterung an einen feinporigen Schwamm und wird oft so weich, dass sich die dicken Schalen der Myophoria ovata und Adtaria triasina zu hunderten mit dem Messer herausarbeiten lassen. Es sei noch erwähnt, dass der Trochitenkalk in der Nähe von Verwerfungen bisweilen dolomitisiert erscheint, wie dies auch SrıLıLr*) vom südlichen Eggevorland be- Beibi. Diese Umwandlung ist besonders gut am Hoppen- erge bei Welda zu sehen. Es lassen sich auch hier i bergänge feststellen, indem das Gestein zuerst eigelb arscheint, wobei die erachten noch erhalten sind und hliesslich graugelb und zuckerkörnig wird wie Dolomit, ı) 1885. BLANCKENHORN, M. Die Trias am Nordrand der Eifel, Xbhandl. z. geolog. Spez.-Karte v. Preuss. usw. Bd. 6. Heft 2, . 42—48, 128—30. 2) 1887. BLANCKENHORN, M. Über die Verbreitung einer oolithi- schen Bank des Trochitenkalks. Verhandl. des naturhist. Vereins der Rheinlande und Westfalens. Band 44. z _ ») 1910. Kraıss, a. a. O. - 4*) 1908. STILLE, H. Blatt Peckelsheim der geolog. Karte von ’reus en u. d. benachbarten Bundesstaaten. , >, hi) - > r In diesem Zustand sind die Trochiten und sonstigen organischen Reste ausgelaugt, und das Gestein enthält daher zahlreiche Hohlräume. An Aufschlüssen im Trochitenkalk ist kein Mangel, da seine harten, leicht zu gewinnenden Bänke ein gutes | Bau- und Beschotterungsmaterial liefern. Durch beson- deren Fossilreichtum zeichnet sich, wie schon erwähnt, der Steinbruch am Kollenberge nördlich Volkmarsen aus. Bei vorwiegend massiger, dickbankiger Struktur scheinen die Fossilien stark zurückzutreten. | Der Trochitenkalk tritt infolge seiner steilen Schichtend stellung zumeist in Form langgestreckter Bänder auf; nur am Witzinger Holz gewinnt er infolge flacherer Lagerung eine grössere Verbreitung an der Oberfläche. Die Nodosenschichten bestehen aus Mergeln, plattigen Kalken und dunklen Schieferletten, die denen des Keupers gleichen. Aufschlüsse sind innerhalb des kartierten Gebietes kaum vorhanden. Nach KUCHENBUCH beträgt die Mächtigkeit bei Volkmarsen 40 m, STILLE gibt sie vom Blatt Peckelsheim auf etwa 60 m an. Am linken Diemelufer zwischen Warburg und Germete ist vielfach die Grenze gegen den Trochitenkalk in Steinbrüchen zu beobachten, ohne dass es indes möglich ist, diese genau anzugeben. In allen Aufschlüssen sind stark zerklüftete Concretionen von flach gerundeter Form und verschiedener Festigkeit sehr häufig, die beim Zerfall in mitunter fast ebene Platten den Anschein von Trocknungsrissen er- wecken. Die plattigen Kalke sind oft dicht bedeckt mit Öeratites nodosus, Steinkernen von NMyophoria vulgaris. v. SchtorH., Gervillia socialis mit Schale, Pectenarten ete, Die Warburger Gegend zeigt örtlich einen sehr grossen Reichtum an Ceratiten. Neben Ceratites nodösus. findet sich häufig der an anderen Stellen seltnere Ceratites spinosus, desgleichen auch Ceratites Münster! und Üeratites enodis. Dagegen wurde Ceratites semipartitus nicht nachgewiesen. Bei Warburg und östlich Wethen kann man mitunter förmliche Ceratitenbreceien beobachten. Die grösste Ver- breitung an der Oberfläche gewinnen die Nodosenschichten bei Wethen und ausserhalb des Grabens bei Wormeln, 80 R. Glässner. Hessische Jura-Relikte. 81 Keuper. Der Keuper ist, wie die Karte zeigt, sehr verbreitet; freilich tritt er nur selten deutlich zu Tage. Der Untere Keuper dürfte vollständig vertreten sein, während der ‚Mittlere durch Verwerfungen in seiner Mächtigkeit ver- ringert erscheint, was beim Rhät noch mehr der Fall ist. Die Trennung der Lettenkohle vom Gypskeuper bietet oft Schwierigkeiten, da Aufschlüsse und Fossilien zumeist fehlen und vor allem, weil in beiden Abteilungen rote Letten auftreten. Mestwerpr hat wohl aus diesen Grün- den auf seiner Karte der Umgebung von Germete eine Trennung des Unteren und Mittleren Keupers nicht vor- genommen und mahnt gleich StıLLE!) zu grosser Vorsicht in der Altersdeutung roter Keuperletten in tektonisch ge- störten Gebieten, da schon in tiefen Lagen des Kohlen- keupers die Gesteine rote Farbe besitzen können. a) Unterer Keuper. (Kohlenkeuper, Lettenkohlengruppe.) ‚Aufschlüsse in dieser Schichtenfolge sind, wie gesagt, äusserstspärlich und es ist daher auch kaum möglich, fest- zustellen, ob die von StmLE und MeEstwEkbr aufgestellte Gliederung des Kohlenkeupers im östlichen Westfalen auch unser Gebiet zutrifft. Da jedoch diese Gliederung für ‚die Warburger Gegend als zutreffend erkannt wurde, so ist bei der geringen räumlichen Entfernung nicht an- zunehmen, dass auf unserem Blatt eine wesentliche Ände- rung in der Ausbildung der betreffenden Sedimente ein- getreten ist, und mag daher die StıLır’sche Einteilung des Kohlenkeupers im östlichen Westfalen hier Platz finden. Diese ist vom Liegenden zum Hangenden: B. Oberer Kohlenkeuper: III. Zone der Oberen Letten mit Dolomiten. F }) 1906. STILLE und MESTWERDT. Die Gliederung des Kohlen- ‚keupers i. östl. Westf. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst. Bd, 27, Heft 2. 6 83 | 4 7ER R. Glässner. A. Unterer Kohlenkeuper: II. Zone des Hauptlettenkohlensandsteins. I. Zone der Unteren Letten mit Dolomiten. Der Zone der Unteren Letten mit Dolomiten dürfte ein kleiner Aufschluss angehören, der sich an einer Wegböschung nördlich der Wittmarskapelle befindet und dunkle Letten mit eingelagerten dünnen Sandsteinbänk- chen zeigt. Oberhalb der Chaussee, nahe bei Welda, fanden sich Lesesteine eines rötlichen, mergeligen Sandsteins, der möglicherweise der von STILLE!) in seinen Profilen der Lettenkohle bei Warburg mit 11. bezeichneten, dort ein bis zwei Meter mächtigen Bank angehört. Auch die im Profil von der Hohen Wanne bei Warburg mit 8. be- zeichnete V. dolomitische Bank könnte auf unserem Blatt vertreten sein. Es wurden nämlich am Hoppenberge bei Welda und südlich dieses Ortes entlang der Randspalte des Grabens wiederholt Blöcke eines graugelblichen, festen, stark zerrütteten und durch Kalkspat ausgeheilten dolo- mitischen Zellenkalkes angetroffen, der auf jeden Fall wohl der Lettenkohle angehört. Es kann natürlich nur als Vermutung ausgesprochen werden, dass dieser Zellen- kalk dem von Warburg im Niveau entspricht, Beweise lassen sich in dem an Aufschlüssen armen und überdies stark gestörten Gebiete nicht erbringen. Dass es in der Lettenkohle des Volkmarser Grabens an dolomitischen Einlagerungen nicht fehlt, beweisen die zahlreichen Lese- stücke auf den Äckern rechts der Twiste, die neben an- dersfarbigen auch dunkelbraune, kalkige Dolomite mit undeutlichen Fossilien zeigen. Der Hauptlettenkohlensandstein hebt sich südlich Welda mit steilem Anstieg über der Twiste auf kurze Erstreckung heraus. Er scheint hier vorwiegend aus wenig mächtigen Bänken eines feinkörnigen, schwach- rötlichen Sandsteins zu bestehen. Diese Färbung kann nicht weiter auffallen; denn auch auf Blatt Peckelsheim 1) 1908. STıLLe, H. Blatt Peckelsheim der geol. Karte v. Preuss. u. d. benachb. Bundesstaaten, Hessische J ura-Relikte. 83 stellt sich bisweilen neben der gewöhnlichen grauen bis grünlichen eine rötliche bis dunkelrote Farbe des Haupt- lettenkohlensandsteins ein. Aueh die Zone der oberen, vorwiegend roten Letten mit Dolomiten scheint vertreten zu sein, falls man das gelegentliche Auftreten roter und dunkler Letten, die anscheinend nicht dem Gyskeuper angehören, als Hin- weis hierauf deuten darf. Diese Zone der oberen Letten mit Dolomiten wird von STILLE auch als Grenzdolomit- region bezeichnet; die Ausscheidung eines besonderen „Grenzdolomites* als höchste Stufe des Kohlenkeupers hält StirLe im östlichen Westfalen für unzweckmässig, weil die dolomitischen Einlagerungen in dieser Zone ziem- lich gleichmässig verteilt sind. Demnach dürfte auch für unsere Gegend der Grenzdolomit in dem Sinne, wie dieser Name in anderen Gegenden Deutschlands gebraucht wird, in Wegfall kommen. Es wurden weder kohlige Zwischen- lagen in unserem Gebiet beobachtet noch das Bonebed, mit dem STILLE in seinen Warburger Profilen den Keuper "beginnen lässt. Dagegen befindet sich im Marburger Museum ein typisches Stück Bonebed mit Knochenresten, Fischschuppen etc., das vom Westabfall des Mittelberges bei Welda stammen soll. | Ferner besitzt das Marburger Museum einen dunkel- "roten, feinkörnigen, plattigen Sandstein mit Myophoria "transversa Born. und Lucina Romani v. Aus., der die Be- zeichnung „Volkmarsen“ trägt. Weder für diesen noch einen grauen, plattigen Sandstein mit schlecht er- "haltenen Pflanzenresten, der sich an Feldwegen zwischen Welda ‚und der Wittmarskapelle fand, war das Niveau zu Die grösste Oberflächenverbreitung erreicht die Lettenkohle bei Wethen, wo sie sich nördlich unmittel- bar an den auf Blatt Peckelsheim sich vorfindenden Kohlenkeuper anschliesst, und daher mit diesem in seiner Ausbildung re dürfte. Es sind folgende Fossilien aus dieser Abteilung des Keupers be- kannt geworden: 6* 84 R. Glässner. Myophoria vulgaris SCHLOTH. Myophoria transversa BORN. Myacites letticus QUENST. Lucina Romani v. Aus. b) Mittlerer Keuper. Der Mittlere oder Hauptkeuper ist gleichfalls sehr verbreitet. Es treten sowohl seine untere Abteilung, der Gypskeuper, wie die obere, der Steinmergel- keuper, auf. Gleich nördlich des Bahnhofs Welda sind bunte Mergel mit Gypsresiduen in einer Grube aufge- schlossen; am Ziegenkopf südwestlich Wethen treten hier- zu noch Steinmergelbänkchen. Bei der Anlage eines neuen Stollens auf Eisenstein am Iberge südlich Welda wurden die Steinmergel der oberen Abteilung durchfahren, die von sehr verschiedener Härte und oft lebhaft bunt ge- färbt, zumeist rasch an der Luft zerfielen und eine Mächtig- keit von mehreren Metern zeigten. Aus den Angaben KucHEngucH’s scheint hervorzugehen, dass der Gypskeuper unseres Gebietes etwas mannigfaltiger zusammengesetzt ist, als man näch den jetzigen Aufschlüssen und den Er- gebnissen der Aufnahme des Blattes Peckelsheim erwarten sollte. KucHENBUCH fand am Ostabhange des Gerichtes bei Volkmarsen im Liegenden der Steinmergel sandig-kalkige, gelbbraune Dolomite ohne Versteinerungen und am west- lichen Abfall des Mittelberges unter bunten Mergeln hell- graue, feinkörnige, glimmerreiche, rot und violett ge- tlammte Sandsteine. Leider war es nicht möglich, diese Angaben nachzuprüfen. Es muss daher unentschieden bleiben, ob diese Gesteine wirklich dem Mittleren Keuper angehören, und ob in den Sandsteinen etwa eine Ver- tretung des Schilfsandsteins vorliegt. An der Pyrmonter Strasse fanden sich Steinmergel mit zahllosen Exemplaren .einer kleinen Anoplophora — oder Pseudocorbula — artigen Muschel, die nach einer liebens- würdigen Mitteilung des Herrn Privatdozenten Dr. Lang, Tübingen der „Ochsenbachschicht‘‘ Torxquisr’s!) oder der ') 1892. TORNqUIsT, A. Der Gypskeuper in der Umgebung von Göttingen, Dissert. Göttingen. 7 Hessische Jura-Relikte. 35 „Zone der grauen Mergel“ von Naumann!) entsprechen dürften, Es wäre damit vielleicht gelungen, auch für die Warburger Gegend diese weitverbreitete Zone nachzu- weisen. Sicher ist, dass hier eine fossilführende Bank des Mittleren Keupers vorliegt. Ob diese aber wirklich den genannten Horizonten des Steinmergel- keupers entspricht, ist ohne die Möglichkeit der Aufnahme eines Profiles natürlich sehr schwer zu entscheiden. Das gleiche Gestein fand sich auch bei Berge unweit Homberg ı. d. Efze. Am Mittelberg bei Welda zeigten sich auch grüne Sandsteinbänkchen mit schönen Steinsalzpseudomor- phosen, die vermutlich dem Hauptkeuper angehören. c) Oberer Keuper. Der obere Keuper oder das Rhät hat nur eine sehr geringe Verbreitung und ist oberflächlich kaum nach- zuweisen. Der schon genannte Stollen am Jberge südlich _Welda durchfuhr im Hangenden der Steinmergel des Gyps- zeupers schwarze Schiefertone von ziemlicher Mächtigkeit mit meist verkiesten Fossilien. Avicula contorta fand sich in grosser Menge darin, oft ganze Schichtflächen bedeckend. Eingelagerte dünne, glimmerführende Sandsteinbänkchen zeigten Tueniodon Ewaldt, T. praecursor und andere kleine Zweischaler. Über diesen dunklen Schiefertonen mit un- ‚bedeutenden Sandsteinbänkchen folgten anscheinend ohne trennende Verwerfung Psilonotenschichten des untersten Lias. Demnach wäre in der Volkmarser Gegend der obere "Teil des Rhät ganz überwiegend aus schwarzen, blättrigen Schiefertonen zusammengesetzt, die nach StıLLe's Beobach- tungen auf Blatt Peckelsheim erst 30—40 m unter dem Lias beginnen und mit kieseligen Sandsteinen wechsel- lagern, während im Liegenden der Psilonotenschichten dort zunächst sandig-glimmerige, graugelbe Mergel usw. in ca. 35 m Mächtigkeit folgen. Hieraus scheint eine ‚Abnahme des sandigen Materials im oberen Rhät nach !) 1907. NAUMANN, E. Beitrag zur Gliederung des Mittl. Keupers im nördl. Thüringen. Jahrb. der Kgl. preuss. Taandesanst. p. 549 ff. 86 R. Glässner. Süden deutlich hervorzugehen, entsprechend dem gleich- artigen Verhalten des Rhät und untersten Lias von Osten nach Westen im Gebiet zwischen Harz und Egge.!) KucHenguch konnte am Gericht bei Volkmarsen über Steinmergeln auch die unterste Zone des Oberen Keupers feststellen, vertreten durch helle Quarzite mit weissem Glimmer und feinkörnige, glimmerreiche Sandsteine mit undeutlichen Pflanzenresten und Kohleteilchen. Erst darüber folgten dunkle Schiefertone und endlich Lias- gesteine. Da diese unterste Rhätzone am Jberg nicht zu erkennen war, so dürfte dort zwischen Mittlerem- und Rhätkeuper eine Verwerfung anzunehmen sein, während die Grenze gegen den Lias ungestört ist. Dass auch an der Pyrmonter Strasse Rhät zu Tage tritt, beweisen spär- lich auf den Äckern verstreute, dünne Quarzitplatten mit bezeichnenden Fossilien. Genaueres liess sich über die Ver- breitung dieses Vorkommens nicht feststellen. Ein Bonebed wurde wie am Eggegebirge nicht beobachtet. Es sind mit den genannten folgende Fossilien bekannt geworden: Avicula contorta PORTL. Taeniodon Ewaldi BORN. Taeniodon praecursor SCHLOENB,. Leda Deffneri Orr. u. SUESS. Cardium cloacinum Qu. Modiola minuta QU. Gervillia praecursor QU. Lingula Zenckeri v. ALB. Fischschuppen. Unbestimmbare kleine Bivalven. Lias. Die Verbreitung des Lias ist schon auf Blatt Warburg der DrcHen’schen Karte im ganzen richtig angegeben. Das Liasvorkommen auf dem Scheid südlich Volkmarsen und der lange schmale Streifen, den diese Formation am 1) 1910. MESTWERDT, A. Über Faciesverhältnisse im Rhät und untersten Lias in Nordwestdeutschland. Jahrbuch der Kgl. preuss. Landesanst. p. 420 ff. ’ Hessische Jura-Relikte. 87 linken Twisteufer bis Welda einnimmt, war Gegenstand - der Untersuchung von F. KucHengucH. Nordwestlich Welda nimmt die Breite des Liasbandes schnell zu, und an der - Pyrmonter Strasse nimmt es fast die ganze Breite der tektonisch vorgebildeten Senke zwischen den Muschelkalk- randhöhen ein. Nördlich der Pyrmonter Strasse tritt durch - Einschaltung von Gypskeuper eine Spaltung des bisher einheitlichen Liaszuges ein, und an der Kibitzmühle süd- _ westlich Wethen hebt sich zuletzt harter Arietenkalk _ hügelförmig heraus. Der nun folgende nördliche Teil des Rimbecker Senkungsfeldes ist ganz vorwiegend von - Oberem Muschelkalk erfüllt und weist keinen Lias mehr auf. Erst im Jurakeupersenkungsfeld der südlichen Egge treffen wir bei Bonenburg wieder auf Lias, der dann im Vorland der Egge eine grosse Verbreitung gewinnt und bis zum Posidonienschiefer entwickelt ist. Obwohl die Unterbrechung des Liaszuges bis Bonenburg nur etwa 8 km beträgt, und scheinbar sehr weitgehende facielle Übereinstimmung herrscht, so ist doch der Jura am Eggegebirge tektonisch vom Lias des Volkmarser Grabens streng geschieden, da das Rimbecker Senkungsfeld und das Senkungsfeld der südlichen Egge selbstständige tek- tonische Bildungen darstellen, die durch H. Srırze’s!) War- burger Achse getrennt werden. Von allgemeinen Kennzeichen des hier zu besprechen- den Lias ist die stark gestörte Lagerung hervorzuheben, eine Folge zahlreicher Längs- und Querbrüche, ferner die völlige Abwesenheit aller echten Sandsteine, die ver- hältnismässige Fossilarmut, und das Auftreten minetteähn- licher Eisensteine in verschiedenen Niveaus, er a) Unterer Lias. Der untere Lias wird in die Stufen « und # nach der Quenstepr’schen Gliederung eingeteilt. Der Lias « zerfällt 1) 1908. STILLE, H. Die tektonischen Verhältnisse des östlichen _ Vorlandes der südlichen Egge. Anhang z. 147 Kartenlieferung, Blatt | Peckelsheim etc. Saer 88 R. Glässner. vom Liegenden aufwärts in: 1. Schichten mit Pstloceras planorbis Sow. (Psilo- notenschichten). 2. Schichten mit Schlotheimia angulata v. SCHLOTH., (Angulatenschichten). 3. Schichten mit Arietites Bucklandi Sow. (Arieten- schichten). 4. Schichten mit Arietites geometricus Orr. (Geo- metricusschichten),. Die drei ersten dieser Abteilungen oder Zonen wurden mit Sicherheit nachgewiesen, während dies für die Geo- metricusschichten nicht sicher gelang. Die Schichten mit Psiloceras planorbis waren v. DECHEN!), Brauns?) und KUCHENBUCH nur aus- der Wethen-Germeter Gegend bekannt. Verfasser konnte sie anstehend am Fusse des Ralekesberges nördlich Volk- marsen nachweisen, wo sie Pstloceras cf. Johnston! Sow. enthalten. Der Stollen am Iberg südlich Welda durchfuhr die Psilonotenschichten, deren Mächtigkeit nur schätzungs- weise auf 10—15 m angegeben werden kann. Dunkle, bituminöse Schiefertone, tonige Kalkbänke und feste, sandige Mergel vertreten bei Welda diese tiefsten Lias- schichten. Es muss dahingestellt bleiben, ob die von TH. Branpes?) für diese Zone in Norddeutschland aufge- stellte neue Einteilung in 3 Unterzonen auch für unser Gebiet Gültigkeit besitzt, da die spärlichen und schlecht erhaltenen Ammoniten kaum ein sicheres Urteil hierüber zulassen. Brandes gliedert die Schichten des Pszloceras planorbis in folgender Weise: ') 1884. v. DECHEN, H. Erläuterungen z. geologischen Karte der Rheinprovinz und der Prov. Westfalen Teil II. 2) 1871. BRAauns, D. Der untere Jura im nordwestl. Deutschland. Braunschweig. 2 ®) 1911. BRANDES, TH. Diefaciellen Verhältnisse des Liaszwischen Harz und Eggegebirge. Diss, Göttingen. Hessische Jura-Relikte. 89 a) Subzone des Psvloceras planorbis SOW. b) Subzone des Psiloceras Johnston?! Sow. c) Subzone des Pszloreras anisophyllum W AEHN. bezw. des Arietites laqueolus SCHLOENBACH. Die beiden tieferen Unterzonen dürften jedenfalls auch | unseren Lias anzunehmen sein, da sich Formen aus der Verwandtschaft des Psiloceras Johnstoni zweifellos erst nach dem Verschwinden von Pszloceras planorbis einstellen. Ausser den genannten Ammoniten fanden sich noch: Inoceramus pinnaeformis DER. Fischschuppen. Muschelbrut. Die Schichten mit Schlotheimia angulata dürften in der ganzen Erstreckung des Liaszuges zu Tage ausgehen, obwohl sie anstehend nur selten nachzuweisen und noch schwerer gegen ihr Hangendes und Liegendes abzugrenzen sind. Der Weldaer Stollen durchfuhr diese Schichten in nicht unbeträchtlicher Mächtigkeit und zeigte ihren hangenden Teil steil aufgerichtet, durch Verwerfung von den Arietenschichten getrennt. Daraus folgt, dass auch hier keine genauen Angaben über die Mächtigkeit gemacht werden können, zumal auch auf Grund des petro- graphischen Charakters und des Fossilinhalts eine scharfe ennung von den Psilonotenschichten nicht möglich war. Keinesfalls aber ist die Mächtigkeit dieser Zone geringer anzunehmen als bei Borlinghausen, wo TH. Branpes!) 20—22 m feststellte. Petrographisch handelt es sich um dunkle Schiefertone und graue bis schwarzblaue Kalke von oft bedeutendem Sandgehalt, der sich bei der Ver- witterung bemerklich macht. Die Schiefertone setzen vorzugsweise den unteren Teil dieser Schichtenfolge zu- sammen und ähneln sehr denen des Rhät. Auch der Schwefelkiesgehalt ist der gleiche wie bei diesen, daher die Gehäuse von Schlotheimia angulata nicht selten ver- kiest sind. Meist sind jedoch nur sehr scharfe Abdrücke 1) 1911. BRANDES. a. a. O. 90 R. Glässner. dieses Leitammoniten erhalten, die sich bisweilen in grosser Menge auf den Schichtflächen finden. Da der Fossilinhalt dieser Schiefertone trotz des häufigen Auftretens von Schlotheimia angulata im ganzen äusserst dürftig ist, und auch die Ammonitengehäuse meist klein bleiben, so ist der Schluss gerechtfertigt, dass die Lebensbedingungen zur Zeit des Absatzes dieser Tone recht ungünstig gewesen sein müssen, zumal auch die Ammonitenschalen durch Strömungen aus einer anderen Gegend herbeigeführt sein könnten. In grosser Menge sind den Schiefertonen Septarien eingelagert, die mit feinkörnig-kristallinem Kalkspat erfüllt, oft einen Durchmesser von 12 oder mehr cm erreichen. Auch in diesen finden sich nicht selten Steinkerne von Schlotheimia angulata. KUVcHEnBUCH wies die Angulatenschichten anstehend auf der Strothe nördlich vom Ralekesberg nach, vertreten durch plattige, sandige Kalke mit vereinzelten Glimmer- schüppchen in Wechsellagerung mit grauem Mergel und Kalk. Die gleichen Gesteine, sandige, plattige Kalke und grauen dichten Kalk mit Schlotheimia angulata fand Ver- fasser am Ralekesberg oberhalb des Twistestollens. Die Kalkplatten enthalten neben Schlotheimia angulata sehr häufig Lima gigantea und stellen offenbar das höchste Niveau der Angulatenschichten dar. Bisweilen stellen sich auch förmliche Austernbänke ein, gebildet von der kleinen Gryphaea suilla GoLpr. Vermutlich sind diese ebenfalls noch den Angulatenschichten beizuzählen, da uns ein Stück vorliegt, das ausser den genannten Austern auch dicht gehäufte Abdrücke von Schlotheimia angulata zeigt. Gleiche Gesteine mit Schlotheimia angulata fanden sich auch am Nordende des Ralekesberges, doch war auch hier das Anstehende nicht nachzuweisen. Die blättrigen, dunklen Schiefertone der unteren An- gulatenschichten treten wiederholt zu Tage, besonders an der Pyrmonter Strasse nordöstlich der Osterlinde Sie verwittern zu bräunlichen Letten und Tonen infolge ihres Gehaltes an Schwefelkies. Kalkgeoden von geringer Grösse sind in ihnen häufig. Der im Gelände scharf hervor- tretende Rücken, der die genannte Strasse quert, muss 3 Hessische Jura-Relikte. 91 wenigstens teilweise noch von den harten Kalksandsteinen und Kalken der Angulatenzone gebildet werden, wie aus nicht seltenen Funden schlechter Abdrücke von Schlotheimia angulata hervorzugehen scheint. Dies kann nicht weiter — befremden, da nach Tu. Branpes auch bei Borlinghausen der Angulatenkalk lange, schmale Bergrücken bildet, die von H. SrıurE!) auf Grund des Auftretens von Gryphaea arcuata als Arietenkalk angegeben wurden. BRANDES weist indes mit Recht darauf hin, dass in Süd- wie in Nord- deutschland @ryphaea arcuata bereits im Niveau der Schlot- heimia angulata auftritt und dort bereits durchaus den Typus der echten arcuata Lam. trägt. Die spärliche Fauna der Angulatenschichten ist durch folgende Formen vertreten: Schlotheimia angulata v. SCHLOTH. Ammonites Moreanus d’ ORB. Lima gigantea DzsH. Cardinia SP. Pleuromya liasina SCHUEBLER. Gryphaea suilla GOLDF. ? Isocardia SP. Ostrea sublamellosa Dkr. Pentacrinus Sp. Cidaris — Stacheln. Serpula sp. Eine grössere Verbreitung an der Oberfläche als die genannten beiden unteren Zonen des Lias besitzt dessen Hochstufe, der Gryphiten- oder Arietenkalk (Zone des Arietites Bucklandi), dessen Benennung als „Gryphiten- kalk* auch für unsere Gegend durchaus gerechtfertigt srscheint, da er vorzugsweise aus harten, schwarzen Kalken mit eingelagerten weichen, mergeligen, z. T. schwefelkies- reichen Schichten besteht und @ryphaea arcuata in er- staunlicher Menge enthält. Auch ihm fehlen Sandsteine vollkommen, wenn auch ein gewisser wechselnder Sand- gehalt zumeist unschwer in den Kalken nachzuweisen ist, Die zahllosen, dickschaligen Gryphaeen, sehr häufige, zum ‘) 1908, STILLE, H. Blatt Peckelsheim. 099 R. Glässner. Teil in Gagat umgewandelte Holzreste, gelegentliches Auftreten stockbildender Korallen, berechtigen uns, den Arietenkalk ganz oder jedenfalls zum grössten Teil gleich den oberen Angulatenschichten als Flach- meerbildung anzusprechen. Auch die mehrfach in ihm auftretenden minetteähnlichen Eisensteine von körnig- oolithischer und conglomeratischer bis fein klastischer Struktur mit eingelagerten einzelnen Knollen und Bohnen von Toneisenstein sprechen für obige Annahme. Tu. Branpes!) deutete die Eisensteinvorkommnisse des Eggevorlandes, des Harzrandes und des Leinetals als Anzeichen einer nahen Küste und zwar im Egsevorland der Ardenneninsel NeumAyr’s. Ein gleicher Schluss dürfte auch für den Eisenstein des Volkmarser Grabens durchaus zutreffend sein. Dass der Volkmarser Eisenstein entgegen der Annahme von KucHenguch wirklich als syngenetische und zwar küstennahe Bildung aufzufassen ist, gleich den übrigen Liaseisensteinen Nordwestdeutschlands, geht aus seiner Struktur deutlich hervor. Er macht häufig den Eindruck eines feinkörnigen, scharfkantigen, gelegentlich aber auch gröber werdenden ÜOonglomerats. Zugleich spricht für seine küstennahe Bildung — wie beim ge- samten Arietenkalk — die Masse der in ihm angehäuften dickschaligen Gryphaeen. Besonders bezeichnend für die Strandnähe zur Bildungszeit des Arietenkalks sind indes die häufigen Gerölle, die sich in diesem Niveau finden, TH. Branpes fand in einem sehr sandigen, schwefelkies- reichen Kalkeisensteine des Ralekesberges „bis taubenei- grosse Rollstücke eines dunkelblauen Kalks, zusammen mit Pflanzenresten“.!) Verfasser besitzt ein Stück schwarzen sandigen Kalkes mit hellen Kalkgeröllen, in denen sich rundliche Trochiten mit feiner Radialstreifung finden. Vielleicht gehören diese Einschlüsse dem Muschelkalk an, und fragt man nach ihrem Ursprungsort, so ist wohl in erster Linie .an die von TH. BRAnDES angenommene Solling- insel zu denken, da eine Bedeckung des Rheinischen Schiefergebirges im Westen mit triassischen Sedimenten ı) 1911. BRANDES, Ta. a. a. O. eg FRA Hessische Jura-Relikte. 95 niemals nachgewiesen ist. Gehören die fraglichen Gerölle wirklich dem Muschelkalk an, so ergibt sich, dass bereits zur Zeit der Bildung des Arietenkalks eine weitgehende Denudation des Keupers und Muschelkalks auf der Solling- insel, — wenn wir diese als Ursprungsort annehmen - wollen, — stattgefunden hatte. In der ganzen Erstreckung des Liaszuges fehlt der Arietenkalk nirgends, wenn sich auch zumeist noch jüngere f Schichten zwischen ihn und die Randspalte einschieben. ! Inselförmig inmitten von Keuper tritt er bei der Muschel- _ kalklinse südwestlich Germete auf. Ferner bildet er einen Teil der Füllmasse des Liasgrabens am Donnersberge und tritt auch in dessen Verlängerung jenseits des Twistetales am Kümmelberg wieder zu Tage. Aufschlüsse sind häufiger als in den beiden unteren Abteilungen des Lias. Ein kleiner Steinbruch im hinteren Erztale zeigt einen sehr gleichmässigen Wechsel geringmächtiger, harter, schwarzer - Kalkbänke und sandiger, gelblicher Mergel; die Kalke werden dort gebrochen und zur Beschotterung von Wegen _ usw. verwendet. Andere Aufschlüsse im Arietenkalk finden sich an der Pyrmonter Strasse, solche im Eisenstein be- - sonders in den alten Tagebauen des Ralekesberges. Der meist oolithisch bis fein klastisch struierte Eisen- - stein ist nach KuchHEngucH ein Roteisenstein mit eisen- _ reichem, erdigem oder dichtem Kalkbindemittel. Es sind _ die verschiedenen Übergänge aus eisenarmen Kalksteinen “ zum dichten Rot- oder Brauneisenstein vorhanden. Eine - Anzahl Analysen sind im „Archiv für Lagerstättenforschung“ _ mitgeteilt, woselbst sich auch genauere Angaben über die wirtschaftliche Bedeutung und die Vorräte der nordwest- deutschen Lias-Erze finden. Darnach beträgt der Eisen- - gehalt der Volkmarser Minette im Durchschnitt etwa 30v. H,, bei mässigem Kieselsäuregehalt, zu dem der Kalkgehalt in _ gutem Verhältnis steit. Der Phosphorgehalt ist nicht ganz unbeträchtlich; ausserdem finden sich Mn, Mg 0, Als O:. Der Liaseisenstein ist nicht an ein einziges Niveau gebunden, sondern mehrfach zum Absatz gelangt. Auf der Höhe des Scheid führt er ETC O4 R. Glässner. vereinzelte Belemniten, die ihm sonst zu fehlen scheinen, und dürfte demnach hier den oberen, sonst aber den unteren Arietenschichten zuzurechnen sein. Da sonst weder aus dem Eisenstein noch aus dem Arietenkalk über- haupt Belemniten bekannt geworden sind, so liegt die An- nahme nahe, dass die oberen Arietenschichten im Volk- marser Graben nirgends zu Tage ausgehen. Am Ralekes- Berg wurden im Jahre 1908 zwei Parallelflöze zu dem altbekannten Hauptflöz aufgefunden ; das hangende Parallel- flöz erschien nicht abbauwürdig, während das liegende mehr als 2 Meter Eisenstein ohne Mittel von guter Be- schaffenheit zeigte. Leider ergab ein angelegter Stollen das baldige Verschwinden dieses Flözes in der Streich- richtung nach Süden. Auch an der Pyrmonter Strasse scheinen 2 Flöze vorhanden zu sein. Das 1908 auf der Strothe nördlich des Ralekesberges erbohrte Flöz befindet sich in tiefer Lage am Berghang und im Hangenden jener Arietenkalke und Mergel, die in dem erwähnten Stein- bruch im Hinteren Erztale aufgeschlossen sind. Welchem der 2 Flöze des Ralekesberges dieses Flöz auf der Strothe entspricht, dürfte schwer zu entscheiden sein. Der Stollen am Iberg südlich Welda traf ebenfalls 3 Flöze an, die durch Mergel voneinander getrennt sind, das liegendste Flöz ist durch Schürfgräben am Waldrande erschlossen und auf unserer Karte angegeben. Von Welda bis zur Pyrmonter Strasse wird der Eisenstein des Lias nirgends fehlen, obwohl er im Ausstrich nicht zu beobachten ist. An der Pyrmonter Strasse treten, wie schon erwähnt, zwei oder drei Flöze auf, die an Querverwerfungen abschneiden. Die letzte Spur des Eisensteinflözes Andet sich am Ziegen- kopf, worauf eine alte Schachtanlage hindeutet. Der Eisenstein enthält nicht selten Riesenarieten; mehrere solcher Gehäuse, wohl zu Arvetites Bucklandi gehörig, be- finden sich im Casseler Naturhistorischen Museum. Ein Arietites Crossii WRIGHT im Museum des Marburger Geo- logischen Instituts besitzt einen Durchmesser von 50 bis 60 cm. Aus dem Arietenkalk selbst sind derartige Riesen- formen nicht bekannt geworden, die Ammoniten sind hier meist sehr sehlecht erhalten und erheblich kleiner, da- Hessische Jura-Relikte. 95 gegen findet sich Lima gigantea häufig und in ungewöhn- licher Grösse. Ein Nachweis der höchsten Stufe des Lias «, der Geometricusschichten, war, wie gesagt, nicht mit Sicherheit zu führen. Ein Stollen am Nordfuss des _ Ralekesberges, der zwecks Untersuchung des im Liegenden des Hauptflözes aufgefundenen Eisensteinflözes angelegt wurde, hat schwarze Schiefertone mit hellfarbigen Kalk- geoden durchfahren, die zahlreiche kleine, verkieste Ammo- _ niten enthielten. Ein Teil derselben mag zu Arietites _geometricus Opp. gehören, doch ist die Erhaltung so chlecht, dass es auch nach Vergleich mit den Stücken er Tübinger Sammlung unentschieden bleiben muss, ob es sich um Arietites geometricus oder A. Turneri Sow. han- delt. Es sind aus den Arietenschichten folgende Fossilien bekannt geworden: Amm. bisulcatus BRONGN. £ G'mündensis OPP. Arietites Bucklandi Sow. Örossii WRIGHT : latisulcatus Qu. Nautilus aratus SCHLOTH, Belemnites acutus MiLL. Eehynchonella plicatissima Qu. “ belemnitica Qu. x cf. triplicata PHILL. : triplicata duvenis Qu. Terebratula vicinalis arietis QU. 5 perforata PIETTE Orbicula angulati QU. Spiriferina Waleotti Sow. = rostrata SCHLOTH. Anomia sp. Gryphaea arcuata LAM. Pinna Hartmanni ZiET. Lima gigantea DEsH. „ ezaltata TERQ. „ succincta SCHLOTH. N 96 R. Glässner. Plagiostoma duplicatum Qu. Pecten subulatus MUENST. „ Priscus SCHLOTH. Monotis inaequivalvis SoW. Cardinia concinna Sow. Pholadomya corrugata Koch und Dkr. E ct. Hausmanni GOLDF.' Pleuromya striatula Ac. Jsastraea Orbignyi CnaP. et DEw. Die Schichten des Lias 8 wurden an zahlreichen Stellen längs der westlichen Randspalte des Grabens be- obachtet. Der Lias # zerfällt nach der Gliederung von TH. Branpes!) in Norddeutschland von unten nach oben in folgende Zonen: 1) Zone des Aegoceras planicosta SOW. 2) FRE 5 bifer Qu. 3) »„ n Ophioceras raricostatum ZUIET. Diese Gliederung dürfte auch für unser Gebiet Gültig- keit besitzen, doch ist ein Nachweis infolge des Mangels jeglicher Aufschlüsse nirgends zu führen. Dunkle, blättrige Schiefertone mit kleinen verkiesten, unbestimmbaren Ammoniten, die vermutlich dem Lias ß angehören, fanden sich im Auswurf des Versuchsschachtes am Gericht bei Volkmarsen. Auch KucHEngucH erwähnt von der gleichen Stelle schwarze Schiefertone mit an Schwefelkies reichen Toneisensteinknollen, aber ohne deut- liche Petrefakten. Derartige blättrige, dunkle oder durch Verwitterung gebleichte Schiefertone mit Toneisenstein- concretionen und Arivetites Turner! ZIET. oder odtusus treten noch mehrfach zwischen der ebengenannten Fundstelle und den Tagebauen am Ralekesberges zu Tage. Sie dürften sich als schmales, auf unserer Karte kaum dar- stellbares Band, eingeschoben zwischen das liegendste Eisensteinflöz und den Wellenkalk, über den ganzen Rale- kesberg erstrecken, da der im Streichen des Flözes ge- ') 1911. Ta. BRANDES a. a. O. Hessische Jura-Relikte. 97 triebene Stollen am Nordfuss dieses Berges, wie schon wähnt, schwarze, blättrige Schiefertone mit hellgrauen Kalkgeoden und verkiesten Ammoniten in Menge zu Tage sefördert hat. Ein Teil derselben konnte mit Sicherheit als Arietites cf. Turneri Sow. und Ophioceras raricostatum Zuer. bestimmt werden. Auch der alte Twistestollen hat diese Schiefertone mit den gleichen Fossilien durchfahren, wie seine Halde beweist. Im Verlauf der Randspalte nach Norden fand sich Ophioceras raricostatum auf der Höhe des Iberges bei den dort zur Erschliessung des Eisen- steins angelegten Schürfgräben und weiterhin treten dunkle Tone mit zahlreichen Toneisensteinconcretionen oberhalb Welda am Feldweg südlich der Wasserleitung zu Tage. Vom Einschnitt des Hörler Baches westlich Welda be- schreibt KucHkEnßucH schwarze Schiefertone mit sphaeroi- dischen Toneisensteinknollen und verkiesten Ammoniten etc., darunter Aegoceras planicosta Sow. Sie waren in einer Erstreckung von 300 Schritt aufgeschlossen und zeigten westliches Einfallen. In petrographisch ganz gleicher Aus- bildung sind noch mehrfach unzweifelhaft dem Lias $ an- gehörende Sedimente mit Ophioceras raricostatum und Belemniten beobachtet worden. Besonders auffällig treten "sie an der Pyrmonterstrasse oberhalb des Eisensteinflözes zu Tage. Sie enthalten hier Toneisensteinnieren in unge- wöhnlicher Menge und Grösse, doch sind diese Konkre- tionen zumeist hohl und enthalten keine Fossilien. Es scheint sonach die Annahme berechtigt, dass $-Schichten den Liaszug in seiner ganzen Erstreckung be- gleiten, bloss auf der Strothe fehlen sie sicher. Der von KucHEngucH beobachtete Aufschluss bei Welda zeigt, dass ihre ursprüngliche Mächtigkeit kaum geringer ge- wesen sein kann als bei Borlinghausen, wo Tu. BrANnDES "80 Meter berechnete. Die dunklen Schiefertone mit Ton- eisensteinknollen, die z. T. den Liasgraben am Donners- ‚ berge erfüllen, und deren Alter Msstwerpr!) unbestimmt lässt, können wohl nur dem Lias # angehören. Es sei noch ein eigenartiges Gestein erwähnt, das mit höchster Wahrscheinlichkeit dem Lias # zuzuweisen ist, ı) 1911. MESTWERDT, A. a. a. O. 1 98 R. Glässner. aber nur am Waldrand zur rechten Seite der Chaussee Welda-Hörle gefunden wurde. Es ist ein in frischem Zu- stand lichtgraues, mergeliges Gestein, das rostbraun an- wittert. Es ist reich an Schwefelkies, der zuweilen deut- liche kubische Kristalle bildet. Durch zahlreich einge- sprengte, z. T. oolithartige Körnchen eines Minerals, das wahrscheinlich die Zusammensetzung des Thuringits oder Chamosits besitzt, also zu den Eisensilikaten gehört, er- hält das Gestein einen graugrünen Schimmer. Bemerkens- wert sind ferner Einschlüsse von schwarzem Schieferton und im Dünnschliff deutlich erkennbaren Foraminiferen und Radiolaien. Von bestimmbaren Fossilien zeigte sich sonst nur noch eine kleine scharfrippige Zima. Ich glaube in diesem Gestein einen Hinweis auf das von TH. BRANDES in so weiter Verbreitung in Nordwestdeutschland und auch an der Egge aufgefundene „S-Conglomerat* sehen zu sollen, das er als „Transgressions- conglomerat“* des zu Beginn der Raricostatus-Zeit in Norddeutschland wieder vorrückenden Meeres auffasst. Dieser Transgression ging eine Periode völligen oder teil- weisen Rückzuges des Meeres voraus, die der schwäbischen Oxynotus-Zeit entspricht. Es sind folgende Fossilien des Lias $# bekannt geworden: Aegoceras planicosta SOW. ? Amm. Sauzeanus D’ORB. „ stellaris SOW. Arietites Turneri v. ZIET. ? „ obtusus DOW. Ophioceras raricostatum \. ZIET. belemnites acutus MiLL. Gryphaea obligua GOLDF. Pecten sepultus QU. » subulatus MSTR. „ ‚Priscus SCHLOTH. Monotis inaeguivalvis v. ZIRT. Modiola scalprum DOW. Turritella Sp. Turbo sp. Hessische Jura-Relikte. 99 2 Mecochirus Pentacrinus Briareus MiLL. Foraminiferen. Radiolarien. b) Mittlerer Lias. Nur die Tiefstufe des Mittleren Lias, der Lias y nach der Bezeichnung QUENSTEDT’s, ist vertreten, und auch von diesem ist nur die unterste seiner 2 oder 3 Zonen, die „Zone der Dumortieria Jamesoni“ mit einem Teil ihrer Schichten vorhanden. Diese ist wie am Eggegebirge und anderwärts in Nordwestdeutschland als Eisenstein von mehr oder weniger oolithischer Struktur entwickelt und hat auch hier wie weiter nördlich zu Bergbauver- suchen Anlass gegeben. Der Eisenstein einer alten Halde nördlich Welda ist unzweifelhaft zum tiefsten Lias y zu stellen, wie auch M&stwerpr richtig erkannt hat, während KUCHENBUCH, dem dieser Fundpunkt nach seiner Fossilliste bekannt gewesen sein muss, ihn zum Oberen Arietenkalk stellte. Eben dieser einzige Punkt, an dem Lias y zu finden ist, dürfte auch Veranlassung gewesen sein, dass im „Archiv für Lagerstättenforschung“ anscheinend der ganze Eisenstein des Volkmarser Grabens als Mittlerer Lias aufgefasst und für identisch mit Flözen der Lange- lander und Bonenburger Mulde erklärt wird, die sicher dem Mittleren Lias angehören. Es fanden sich folgende ossilien: ? Nautilus intermedius Bow. Belemnites paxillosus v. SCHLOTH. | = acutus MırLL. (nach Mesrtw.) Spiriferina Münsteri Div. 3, verrucosa V. BUCH, var. plicata Qu. Waldheimia numismalis Lan. en conocollis Rau. Terebratula punctata Sow. Rhynchonella variabılis SCHLOTH. = rimosa \. BUCH, 7% 100 R. Glässner. Rhynchonella parvirostris ROEM. 5 caleicosta QU. n Fureillata TAro». curviceps AU. Ar obligua GOLDF. 3 cymbium Lam. Perna Sp. Lima gigantea DEsH. Pinna Sp. Pecten tumidus ZIET. Höhere Liasschichten als solche des tief- sten y dürften im Volkmarser Graben nicht vorhanden sein. Stücke des Marburger Museums, die die Bezeichnung Volkmarsen tragen, gehören allerdings dem oberen y und Öd an; sollten geringe Reste dieser Stufen wirklich erhalten geblieben sein, so kann ihre Auf- findung nur durch Zufall gelingen. Dass noch höhere Jurastufen ursprünglich in dieser Gegend zum Absatz gelangt sind, machen die benachbarten Jura-Keupergräben am Eggegebirge, in denen sich fast der ganze Lias er- halten hat, zur Wahrscheinlichkeit. Tertiär. Braunkohlenquarzite bis zu Üubikfussgrösse finden sich nach KucHzngucH auf der Visebecker Höhe bei Ehringen auf Mittlerem Buntsandstein in grosser Menge und ohne jedes andere Geröll. Sie können demnach keinen Transport durch Wasser erfahren haben, sondern sind nach den früher besprochenen Vorstellungen OÖ. Grupr’s?) zweifellos als Reste des der praeoligocaenen Buntsand- steinlandoberfläche auflagernden Tertiärs zu betrachten. Ferner finden sich sehr zahlreiche Braunkohlenquarzite als Reste einstiger tertiärer Sande auf dem Muschelkalk- plateau südlich Warburg bei Wormeln und ÜOalenberg; indess sind auch hier keine tertiären Sedimente in zusammenhängender, ursprünglicher Lage- rung erhalten geblieben, wie auch die Aufnahme 1). 1911. GRUPE, 0799, 72770. Hessische Jura-Relikte. 101 _ der Warburger Störungszone durch A. Kruıss bestätigt. Da sich nach Kraıss!) auch nordwestlich Warburg Braun- kohlenquarzite in Menge finden, so müssen tertiäre Bil- dungen eine-grosse Verbreitung in der Warburger Gegend besessen haben, und diese haben vielleicht mit denen bei _ Ehringen in Verbindung gestanden. Innerhalb des Grabens ist jedoch nichts davon nachzuweisen; die auch dort “nicht seltenen Knollensteine sind als verschleppt oder als _ diluviale Schotter zu betrachten. Diluvium. | Diluviale Ablagerungen erreichen bei Volkmarsen eine „nicht unbeträchtliche Verbreitung und sind bereits von “ KucHeEnguch als Schotter palaeozoischer und einheimischer _ Gesteine, die von der Twiste mit ihren Zuflüssen herbei- _ geführt wurden, und als lössartiger Lehm ausgeschieden _ worden. Lösslehm von beträchtlicher Mächtigkeit findet sich am Nordhange des Papentals bei Welda und ist auch bei Germete vorhanden. T'ypischer Löss ist im Karten- _ gebiete nicht vertreten, findet sich dagegen gleich nörd- lich desselben im Diemeltale bei Warburg. Schotter, zumeist palaeozoischer Gesteine, sind als Reste ehemaliger Talböden zu beiden Seiten der Diemel ver- breitet. Wir finden sie am Wormeler Berg in ca. 220 m über N. N., also 56—57 m über der Diemel, am Donners- berge in ca. 205-—207 m, d. h. ca. 42—44 m über der Diemel. A. Kraıss gibt vom benachbarten Österberg bei Warburg 220—222 m, von dem Terassenrest südlich Wormeln 242 bis 246,5 m über N.N. an. Kreidegerölle, die nach Kraıss bei Warburg und Wormeln wesentlichen Anteil an der Zusammensetzung der Schotter nehmen, sind bei Germete nicht beobachtet worden. Alluvium. Zum Alluvium gehören vorzugsweise die ebenen Talböden der Gewässer, die auch heute noch bei !) 1910. Kraıss, A. Der Warburger Sattel, seine Baustörungen _ etc, Jahrb. d. Kgl. preuss, Landesanst, Bd, 31. Teil II, Heft 2. 102 R. Glässner. Hochwasser überflutet werden können und aus Kies, Sand und Auelehm bestehen. Ferner sind hierher gehörig Deltabildungen am Ausgang der Seitentäler, Kalktuff- ablagerungen, abgerutschte Muschelkalkpartieen, humose Bildungen etc, die auf unserer Karte nicht zur Darstellung gebracht werden konnten. Beachtenswert ist die Breite des alluvialen Diemeltals, die bei Germete mehr als 500 m, bei Ossendorf auf Blatt Peckelsheim sogar 1200 m oder mehr erreicht und beweist, wie verheerend dieser meist unbedeutende Wasserlauf wenigstens in früheren Zeiten zu wirken vermochte. Torfbildungen, die früher abgebaut wurden, finden sich nach KUCHENBUCH im Twistetal bei Volkmarsen. Auch südlich Wethen fanden sich früher ausgedehnte Sumpf- und Moorbildungen, die jetzt zwecks Gewinnung von Ackerboden trocken gelegt sind. Dasselbe gilt von der Gegend westlich der Kibitz- mühle, da dort undurchlässige Rötschichten den Unter- grund bilden. Die auffallende Trogform des nordwestlichen Grabenstückes, die den tektonischen Graben auch mor- phologisch vortreffllich zum Ausdruck bringt, ist schwer ohne die Annahme eines früheren Wasserlaufes zur 'Twiste hin zu erklären; vielleicht weist die erwähnte frühere Versumpfung bedeutender Flächen auf einen solchen hin. Es besteht die Möglichkeit, dass ein aus der Rötniederung kommender Bach, der an der Osterlinde vorbei zur Twiste abfloss, durch rückschreitende Erosion des Kalberbaches angezapft und damit der Diemel tributär gemacht wurde. 3. Tektonik. Nachdem wir in einem früheren Abschnitt besprochen haben, wie sich der Volkmarser Graben in den tektoni- schen Bau seiner weiteren Umgebung einfügt und mit dem in Schollen zerstückelten und gefalteten Vorland der südlichen Egge im engsten Zusammenhange steht, können wir uns nunmehr einer kurzen Darlegung der Lagerungs- verhältnisse innerhalb des Grabens selbst und seiner nächsten Umrandung zuwenden. Wir werden ver- suchen, auf Grund eigener Aufnahmen und derjenigen Hessische Jura-Relikte. 103 von A. Mestwerpr und F. KucHEnguch ein Bild vom Bau des gesamten Volkmarser Grabens zu geben. Für die zunächst folgenden Ausführungen sei auf das tektonische Übersichtskärtchen von F. KucHenkuch!) sowie auf die seiner geologischen Karte der Umgebung von Volkmarsen beigegebenen Profile verwiesen. Genanntes Kärtchen zeigt, wie die schon früher erwähnten schmalen Röt- _ wellenkalkgräben in Nordsüd- und Südost-Nordwest- “ riehtung aus der Gegend von Wolfhagen heranziehen. Nach ihrem Zusammentreffen auf dem Scheid südlich Volkmarsen entsteht aus ihnen der in der Streichrichtung ihrer Resultante, also nach Nord-Nordwest verlaufende Volkmarser Graben, ohne dass man sagen kann, welcher “von beiden vorgenannten Gräben die Oberhand behalten hat. Der Volkmarser Graben erfährt bei Welda eine beträchtlicheAblenkung nach Nordwesten, worin eine Erscheinung zum Ausdruck kommt, die auch bei den Störungslinien am Eggegebirge sehr häufig zu ‚beobachten ist. Bemerkenswert ist ferner, dass keiner der beiden Rötwellenkalkgräben den anderen verwirft, noch etwa der schmälere, nordwestlich gerichtete, am "breiteren Nordsüdgraben unvermittelt absetzt; denn es zeigt sich auch hierin eine für das südhannöversche und niederhessische Bruchsystem allgemein gültige Erscheinung. ©. GrupE?) zieht daraus den Schluss, dass herzynisch, rheinisch und ostwestlich gerichtete Störungen in den genannten Gebieten ein einheitliches, in ihrer Anlage gleichaltriges Bruchsystem darstellen, dem H. SrurE?) die Bezeichnung „saxonisch“ beige- legt hat. Wir sehen also auch hier, dass beide Gräben allmäh- "lich ineinander übergehen, oder, — um einen Ausdruck KüuchHEngucH’s zu gebrauchen —, dass der von Südost kommende Graben sich noch eine Strecke in den anderen „hineinschiebt“, was ausser manigfachen Querzerreissungen 1) 1890. KUCHENBUCH, F. a.a. O. 2) 1911. GRUPE. a. a. 0. °) 1910. STILLE, H. Die mitteldeutsche Rahmenfaltung. 8. Jahresbericht d. nieders. geol. Vereins. p. 141 ff. 104 R. Glässner. ein so tiefes Einsinken der Schichten zur Folge hatte, dass Oberer Muschelkalk, Keuper und Liaseisenstein vor der Denudation geschützt blieben. Ein von KUCHENBUCH gegebenes Profil veranschaulicht sehr gut die Art der Störungen, die hier den Muschelkalk des Scheid betroffen haben. Es ist begreiflich, dass an dieser Spaltungsstelle des Volkmarser Grabens noch weitere Sprünge verschiedener Richtung entstanden sind, an denen gleichfalls Schollen der Erdrinde absanken. So ist der Röt und Wellenkalk des Scheidostflügels zu einer steilen Mulde zusammen- geschoben und gegen den Buntsandstein des Trillberges verworfen und Gleiches gilt vom Muschelkalk des Als- berges, der ringsum in das Niveau des mittleren Bunt- sandsteins geraten ist. Im Gegensatz zu diesen versenkten Schollen stellen die Buntsandsteinhorste des Stromberges mit Ehringer Hagen, des Trillberges, Raum- und Esse- berges Sattelkerne dar, die jetzt z. T. hoch über die sie einst bedeckenden jüngeren Schichten emporragen. Sie bezeichnen, wie bereits hervorgehoben, den Verlauf der Germeter Achse. Den eigentlichen Volkmarser Graben kann man mit KuchHenguc#H südlich der Erpe beginnen lassen, wo er dann sogleich, wie weiter nördlich, die Schichten vom Wellen- kalk bis zur Lettenkohle enthält, die jedoch höchst wahrscheinlich von den gleichen Schichten der Kugels- burg durch eine im Erpetal verlaufende Spalte getrennt bleiben. Gehen wir weiter nach Norden, so sehen wir, dass der Abbruch entlang dem Ostrande des Grabens keines- wegs einheitlich und in gleicher Weise erfolgt ist, dass vielmehr an parallelen Spalten ein staffelförmiges Absinken der Schichten stattgefunden hat. Dies zeigen besonders deutlich die schmalen Trochitenkalk- bänder, die an der Kugelsburg und am Heimberg in drei- malıger Wiederholung auftreten. Am nördlichen Heimberg und am Kollenberg scheint überhaupt kein Abbruch an Spalten erfolgt zu sein, vielmehr vom Röt bis zur Letten- kohle ein durchaus normales Profil vorzuliegen. Eine wirk- Hessische Jura-Relikte. 105 liche „Hauptrandspalte“ tritt nur vom Guttenkönig — bis Welda hervor, doch ist auch auf dieser Strecke der _ Abbruch nicht unvermittelt erfolgt, wie besonders deut- lich die kleinen Staffeln von Oberem Muschelkalk und Lettenkohle zeigen. Sodann ist bereits von KuCHENBUCH _ eine Parallelspalte zur ebengenannten festgestellt worden, die vom Guttenkönig über den Mittelberg verläuft und wahrscheinlich bis zum Papental fortsetzt. Ein abgekeiltes Stück mit oberem Wellenkalk und Mittlerem Muschelkalk am Guttenkönig zeigt sogar eine Überkippung dieser Schichtentolge, wie dies gleichfalls schon KUcHENBUCH hervorhebt. Zu den genannten Längsbrüchen kommt natürlich = noch eine Anzahl quergerichteter Spalten, die so weit als möglich auf der Karte angegeben sind. Eine - Querspalte muss zwischen Heimberg und Hüneberg ver- laufen, wahrscheinlich auch zwischen Hüneberg und Kugelsburg. Der Hüneberg dürfte entgegen den An- nahmen KucHzngucH’s auch von Längsbrüchen betroffen sein. Nach KucHEngucH taucht nördlich des Guttenkönigs infolge eines Querbruchs ein kleines Inselchen von Bunt- sandstein auf, womit ein weiterer Anhaltspunkt für den Verlauf der Germeter Achse gegeben sein würde. Nördlich Welda wird der geologische Bau des Graben- randes erheblich verwickelter als bisher. Wir treten hier in das Gebiet ein, wo im Normalprofil der hessisch-west- fälischen Triasmulde die Zone des Mittleren und Oberen Muschelkalks beginnt. Darauf deutet auch die nach Norden geneigte und von Nodosenschichten und Keuper _ ungestört überlagerte Trochitenkalkplatte des Witzinger Holzes hin. Behalten wir das eben Gesagte im Auge und sehen "sodann, dass am Wormeler Berg nicht nur Zech- _ stein und Mittlerer Buntsandstein, sondern auch fast unmittelbar daranstossend Tone des Lias & zu Tage treten, so ist es möglich, sich eine Vorstellung von den gewaltigen Dislocationsvorgängen zu machen, die hier auf eng umgrenztem Raume statt- gefunden haben, und deren Ausmass nach hunderten _ von Metern geschätzt werden kann. 106 R. Glässner. Der Liasgraben am Donnersberge setzt zweifellos unter der Alluvialbedeckung des Twistetales fort und findet erst am Kümmelberge mit eingebrochenem Arieten- kalk, wie auch Mestwerpr beobachtet hat, sein Ende. Hieraus erklären sich die ganz verschiedenen Lagerungs- verhältnisse zu beiden Seiten der Twiste. Röt und Wellen- kalk des Kümmelberges fallen mit ca. 60° nach West- Südwest ein und sind, wie jenseits der Twiste, durch eine Verwerfung vom Mittlerem Muschelkalk getrennt. Der Trochitenkalk des Hoppenberges ist unmittelbar an der Eisenbahn in einem Steinbruch aufgeschlossen und zeigt ganz flaches Einfallen unter Nodosenschichten. Der nord- östliche Grabenrand ist sattelförmig gebaut. Beiderseits, nach Südwesten wie nach Nordosten fallen die jüngeren Schichten von dem als Horst hoch heraus- gehobenen Sattelkern von Mittlerem Buntsandstein des Wormeler Berges hinweg. Der Nordostflügel des Sattels ist bis auf kleine Staffeln von Muschelkalk und Letten- kohle in die Tiefe gesunken. Schon MerstweErpr gibt an, dass im Mittleren Muschelkalk und Trochitenkalk des Donnersberges noch kleinere tektonische Sondererschei- nungen vorhanden sein könnten. Dies scheint ın der Tat der Fall zu sein; denn es wurden unterhalb der Stein- brüche, über dem Diemeltal, Ceratitenschichten und Letten- kohle beobachtet, die auf der Mesrwerpr’schen Karte nicht dargestellt sind. Auch in dieser Gegend ist der Abbruch zum Inneren des Grabens nicht unvermittelt, sondern treppenförmig erfolgt. Zu diesen streichenden treten noch Querverwerfungen, deren eine das Alluvialtal des Kalberbaches durchzieht. An ihrer Kreuzungsstelle mit einer Längsspalte liegt die westlichste der drei Germeter Mineralquellen. Wenden wir uns der westlichen Randspalte des Gra- bens zu, so sehen wir, dass auch hier der Abbruch keineswegs gleichförmig erfolgt ist. Die Ab- senkung hat ihren höchsten Betrag nicht nur innerhalb des Volkmarser Grabens, sondern im ganzen Rimbecker Senkungsfeld oberhalb des Schalkstales bei Welda erreicht, da dort noch Schichten des Lias y erhalten sind. Auch Hessische Jura-Relikte. 107 am Gericht bei Volkmarsen hat die Sprunghöhe an der Randverwerfung einen solchen Betrag erreicht, dass Arie- tenkalk bezw. Lias # in das Niveau des Röt gerückt sind. Am Ralekesberg stossen Eisenstein und Schichten des oberen Lias $# an Schichten des Wellenkalks, während auf der Strothe ältere Arietenschichten an der Verwerfung ausstreichen und demzufolge das Eisensteinflöz in viel tieferer Lage am Berge erbohrt wurde als auf dem Rale- kesberg. Am Iberg ist eine kleine Scholle Trochitenkalk beim Absinken des Lias hängen geblieben, die schon KucHEnßucH verzeichnet. Weitere Staffeln. von Oberem und Mittlerem Muschelkalk finden sich oberhalb des Schalkstales und am Ziegenkopf. Die Muschelkalklinse südwestlich: von Germete und der Hessenbühl bei Wethen sind als horstartige Schollen aufzufassen. Der Liaszug scheint in seiner ganzen Erstreckung südlich Welda durch eine streichende Verwerfung derartig gestört zu sein, dass Arietenschichten mit öst- lichem Einfall an westlich einfallende Angu- latenschichten stossen, wie schon KUCHENBUCH für Ralekesberg und Strothe erkannte. Dass am Iberg das gleiche Verhalten stattfindet, zeigte der durch den Eisen- steinstollen bei Welda geschaffene Aufschluss. Die flache Lagerung der Liasschichten nimmt nach Norden zu, und als Folge hiervon wird auch die Breite des Ausstrichs an der Oberfläche grösser. Freilich dürfte das Liasband nicht die Breite erreichen, die ihm auf der Karte von MEstwErpr!) gegeben ist; auf jeden Fall muss nördlich Welda und an der Pyrmonterstrasse dem Keuper eine grössere Verbrei- tung eingeräumt werden. Der mehrfache Wechsel von Arieten- und Angulaten- - schichten an der Pyrmonterstrasse zeigt deutlich, dass der breite Ausstrich des Lias nicht nur eine Folge der flachen agerung, sondern auch streichender Verwerfungen ist. Sogar kleine Fetzen roter Keuperletten treten hier im Lias auf, deren Darstellung indes im Maßstab unserer Karte licht möglich erschien. Die Zerstückelung des Liaszuges ı) 1911. MESTWERDT a. a. O. 108 R. Glässner. in diesem Teile des Grabens nördlich Welda ist zweifellos recht gross, wie schon KUCHENBUCH aus dem ganz ver- schiedenartigen Streicher und Fallen und dem vielfachen Zusammenfallen der Seitentäler mit Sprüngen mit Recht schliesst. Der fast völlige Mangel an Aufschlüssen macht es indes unmöglich, über Art und Verlauf dieser Stö- rungen genauere Angaben zu machen. Der Liasgraben endigt südlich Wethen, nachdem er sich vorher — unter Einschiebung von Mittlerem Keuper — in 2 Äste zer- spalten hat. | Zum Schluss noch einige Worte über die Lagerung des Eisensteins: Dieser ist am Ralekesberg mit einem Einfallen von 50—60° nach Osten aufgeschlossen. Nach Norden hin wird indes die Lagerung weit flacher und beträgt an der Pyrmonterstrasse nur noch wenige Grade. Man nahm früher an, dass der Eisenstein im Twistetal eine Mulde bilde und hat vielfache Versuche gemacht, deren Ostflügel aufzufinden. Nach einem Bericht des Oberbergrates LEnGEMmAnN vom Jahre 1883 soll dies auch wirklich gelungen sein und zwar am Kollenberge nordöst- lich der Wittmarskapelle.. Auch die Gewerkschaft Rale- kesberg will im Jahre 1908 nach langen und kostspieligen Schürfarbeiten den Lengzemann’schen Fundpunkt wieder aufgedeckt haben. Es sei hierzu bemerkt, dass bereits durch die Aufnahmen Kuchexsuch’s im Jahre 1890 bewie- sen wurde, dass der Lias keine Mulde im Unter- grund des Twistetales bildet, sondern auf das linke Ufer dieses Flusses beschränkt bleibt Sollte also wirklich der Eisenstein nordöstlich der Wittmarskapelle aufgefunden sein, so kann es sich nur um eine isolierte Scholle von geringer Ausdehnung handeln, die selbst- verständlich einen lohnenden Abbau ausschliesst. Ebenso- wenig besteht ein Zusammenhang zwischen dem Flöz nördlich Volkmarsen und dem unbedeutenden Eisenstein- vorkommen auf dem Scheid, wie dies zeitweilig mit Bestimmtheit angenommen wurde. Hessische Jura-Relikte. 109 II. Die Liasrelikte des Homberg-Fritzlarer Grabens. Auch hier ist wie anderwärts das Auftreten des Lias an eine schmale Störungszone gebunden, die in Ost-Süd- ost-West-Nordwestrichtung streicht und innerhalb der vorzugsweise von Tertiär und Basalt erfüllten hessischen Senke ältere mesozoische Formationen zu Tage treten lässt. Diese Bruchzone stellt die Verbindung der süd- südwestlich verlaufenden Altmorschener Bruchzone mit - dem nordsüdlichen Naumburger Graben her, die ihrerseits wieder in dem Leinetalgraben und dem Volkmarser Graben ihre Fortsetzung finden. Die Lagerung der mesozoischen Formationen ist im ganzen muldenförmig, wobei natürlich - Brüche und Bildung kleiner Spezialfalten innerhalb dieser “Mulde nicht ausgeschlossen sind. Es sind hier auf eng _ umgrenztem Raume sämtliche Stufen vom Oberen “Buntsandstein bis zum Unteren Lias mit allen ihren Abteilungen vertreten, wenn auch zumeist nur _ geringe Spuren davon unter der Tertiär- und Diluvial- bedeckung hervortreten. Dies gilt besonders vom Süd- Hügel der Mulde; vom Nordflügel treten grössere Massen zu Tage, und auch der Verlauf der Muldenachse ist durch Bien Lias bei Berge und Lendorf und Andeutungen von _ Rhät bei den gleichen Orten und südlich Mardorf gut gekennzeichnet. Auch im Tale des Katterbach östlich Homberg tritt noch einmal Keuper zu Tage und zeigt die _ weitere Erstreckung der Mulde nach Osten an. Es sei noch bemerkt, dass die Homberger Störungszone in der _ Resultante des schmalen Niederbeisheimer Grabenstückes "in Ost-Westrichtung und des nordsüdlichen Remsfelder _ Röt-Wellenkalkgrabens !) verläuft, worin eine bemerkens- _ werte Analogie mit dem Volkmarser Graben zum Aus- “druck zu kommen scheint. Der Punkt, an dem beide _ vorgenannten Gräben zusammentreffen, ist leider unter Tertiär- und Diluvialbedeckung verhüllt, jedenfalls aber ww ‘) Siehe Blatt Waldeck-Cassel 1:80000 der DEcHEN’schen Karte, te De 110 ER R. Glässner. zeigt der Keuper und Lias der Homberger Störungszone an, dass auch hier als unmittelbare Folge des Zusammen- treffens beider Gräben die Einsenkung tiefer geworden ist. Wir gehen nun zu einer kurzen Besprechung der im Gebiet auftretenden Formationen über und lassen zum Schluss einen kurzen tektonischen Überblick folgen. Buntsandstein. Röt. Dieses älteste zu Tage tretende Schichtenglied der Mulde hebt sieh im Liegenden des Muschelkalkes beson- ders zwischen Berge und Lendorf heraus. Ferner zeigt es sich nördlich Mardorf und tritt auch nördlich der Ziegelei bei Homberg in Spuren unter dem Wellenkalk hervor. Der Röt bietet in seiner Ausbildung nichts Ab- weichendes. Erwähnenswert ist nur das häufige Auftreten von Steinsalzpseudomorphosen. Muschelkalk. a) Wellenkalk. Der Wellenkalk ist sowohl in seiner unteren, schaum- kalkfreien, wie der oberen, schaumkalkführenden Abteilung vorhanden. Der Unterregion gehören Gregarienbänke mit Natica (Omphaloptycha gregaria) an. Die Terebratulabank als Grenzregion des unteren und oberen Wellenkalks war nirgends mit Sicherheit anstehend nachzuweisen. Typischer Schaumkalk der Oberregion ist mehrfach beobachtet worden, aber in seiner genaueren stratigraphi- schen Stellung kaum festzulegen. Schaumkalk mit zahl- reichen, gut erhaltenen Steinkernen von Chemnützia scalata Bronx. fand sich in der Grube bei der Homberger Ziegelei. In einem der Steinbrüche gegenüber Mühlhausen wurden zwei Schaumkalkbänke von zusammen 18 cm Mächtigkeit und 8cm Zwischenmittel aus dünnschichtigem Wellenkalk gemessen. An einer anderen Stelle desselben Bruches fanden sich 30 cm Schaumkalk. Eine dieser Bänke ist Hessische Jura-Relikte. EN 111 durch zahlreiche Wurmröhren ausgezeichnet. Auch eine Conglomeratschicht mit Kalkgeröllen wurde in einem dieser Brüche anstehend beobachtet. Verstreute Stücke von Schaumkalk fanden sich ferner noch an einem der Querwege, die den Wellenkalkzug nordöstlich Lendorf durchkreuzen. Im ganzen ist das Auftreten schaumiger bezw. oolithischer Bänke so untergeordnet und unsicher, was ihre genaue stratigraphische Stellung betrifft, dass von einer kartographischen Trennung des Oberen und Unteren Wellenkalkes Abstand genommen werden konnte. Eine Fossilliste des Wellenkalks findet sich bei VOLCKMAR.!) Wir haben dieser nichts Wesentliches hinzuzufügen. b) Mittlerer Muschelkalk. Der Mittlere Muschelkalk ist unter Trochitenkalk gegenüber Mühlhausen gut zu beobachten, desgleichen in der kleinen Schlucht südwestlich Berge. Ausser an diesen Punkten tritt er noch mehrfach zu Tage, wie aus der Karte ersichtlich. Er besteht aus grauen, gelblichen, mit- unter fast rein weissen, dünnschiefrigen und ebenplattigen Mergeln und gelblichen, häufig zelligen Dolomiten, die wie anderwärts durch ihre charakteristische Beschaffenheit seine Anwesenheit sofort verraten. Nordwestlich Lendorf wurden in ihm auch Spuren intensiv rot gefärbter Tone oder Mergel beobachtet, eine Erscheinung, die in Hessen jedenfalls zu den Seltenheiten gehört, linksrheinisch aber nichts Ungewöhnliches in dieser “mittleren Abteilung des Muschelkalkes darstellt. Eine Verwechslung mit Keuper könnte hierdurch wohl gelegent- ‚lich herbeigeführt werden. Fossilien scheinen vollständig zu fehlen. c) Oberer Muschelkalk. Der Öbere- oder Hauptmuschelkalk ist mit seinen iden Stufen, dem Trochitenkalk wie den Nodosen- 1) 1876. VOLCKMAR, E. Geolog. Schilderung. der Gegend von Homberg, Diss, Marbg. 119 R. Glässner. schichten, vertreten. Diese Glieder treten jedoch in so enger Verbindung auf und sind oft, wo bezeichnende Fossilien fehlen, nach petrographischen Merkmalen so schwer auseinanderzuhalten, dass ihre Trennung auch auf der Karte nicht ratsam erschien. Gut aufgeschlossen ist der Trochitenkalk über Mittlerem Muschelkalk rechts der Efze gegenüber Mühlhausen. Er besteht dort vorzugs- weise aus harten, grauen, splittrigen Kalkbänken von verschiedener Mächtigkeit, doch sind hier trochitenreiche Bänke selten. Von Klüften aus hat lokal starke Zer- trüämmerung und Umwandlung des Kalkes in Brauneisen stattgefunden, wobei natürlich alle Fossilien mit zerstört wurden. Im nördlich anschliessenden Steinbruch stehen Nodosenschichten an, die auch auf der Höhe darüber mit zahlreichen, grossen und breitrückigen Formen von Üeratites nodosus zu beobachten sind. Der für die oberen Nodosenschichten leitende Üeratites semipartitus MONTE. wurde nirgends gefunden. Ob die oberhalb des genannten Steinbruchs auf einem Acker zu Tage tretenden sch wärz- lichen Letten den Nodosenschichten oder bereits der Lettenkohle angehören, war nicht mit Sicherheit zu ent- scheiden. Nodosenschichten finden sich ferner noch nord- westlich und an der kleinen Schlucht südwestlich Berge, doch ist nordwestlich dieses Ortes auch typischer Trochiten- kalk entwickelt. Charakteristisch ist für den Trochitenkalk der Zerfall in würfelförmige, pflastersteinartige Stücke. Die Fossilführung des Oberen Muschelkalkes bietet nichts Ungewöhnliches. Keuper. a) Unterer Keuper (Lettenkohle). Dieses tiefste Glied des Keupers tritt nur in Spuren zu Tage und zwar besonders nordwestlich Berge und bei Lendorf an der Chaussee von Hebel. VoLcKMAR!), dem jedenfalls wesentlich bessere Aufschlüsse zu Gebote gestanden haben, als sie heute zu finden sind, ‘) 1876. VOLCKMAR,E. a. a. O. Hessische Jura-Relikte. 113 beschreibt das Gesteinsmaterial als einen mattgelben, stark tonigen Mergel mit Adern und Schnüren von Kalkspat, auch Kalkspatgeoden von nicht unbedeutender Menge, Dunkle oder auch hellere Letten treten nicht selten zu Tage und müssen zur Lettenkohle gestellt werden, wenn sie Spuren charakteristischer Gesteine dieser Gruppe, also etwa gelbliche, dolomitische Mergel enthalten. Derartige Andeutungen finden sich auch bei Mardorf, ohne dass dort Letten beobachtet wurden. Fossilien waren nirgends mit Sicherheit nachzuweisen. Ob ein rötlicher, mergeliger bezw. toniger Sandstein, der in zahlreichen Brocken auf den Ackern nordwestlich Berge umherliegt, der Letten- kohle angehört, war nicht mit Sicherheit nachzuweisen. b) Mittlerer Keuper. (Haupt- oder Gypskeuper.) Auch die Verbreitung dieses Schichtengliedes an der Oberfläche ist äusserst gering. Unzweifelhaft ist sein Vor- kommen nordwestlich Berge und am Ausgange des langen Hohlweges westlich von diesem Ort. Er besteht vorzugsweise aus bunten, vorwiegend roten, mürben Mergeln und Schiefertonen, auch helle, steinmergel- artige Bänkchen treten wohl bisweilen auf. Nach VOLCKMAR schliessen die bunten Mergel mit einer festen, fussmächtigen Bank von zelligem, dolomitischem Mergel ab, der von lichtbrauner Farbe und sehr hart ist und in parallelen Bänken gleicher Art aber geringerer Mächtigkeit sich noch mehrfach wiederholt. Er hatte Gelegenheit, diese Bänke in einem Hohlweg nördlich von Mardorf zu beobachten. Dem Mittleren Keuper gehört ferner ein bläulichgrauer, harter dolomitischer Steinmergel an, den VoLCKMAR zur Lettenkohle stellt und im Katterbachtale bei Holzhausen anstehend gefunden hat. Er fand in diesem Gestein angeblich zahlreiche gut erhaltene Reste von Lingula tenuissima. Der Vollständigkeit wegen sei dies hier erwähnt, obgleich der genannte Fundpunkt ausser- halb unserer Karte liegt. 114 R. Glässner. Von Interesse ist noch die Auffindung einer fossil- führenden Schicht im Mittleren Keuper, die Verfasser gelegentlich der Schürfversuche auf Liasfossilien im Jahre 1910 gelang. Dieses oberflächlich in Brocken nordwestlich Berge zu Tage tretende und sodann durch Grabung in grösserer Menge gewonnene Gestein gehört nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Privatdozenten Dr. Lane in Tübingen, wie auch des Herrn Professor BLANCKENHORN, mit höchster Wahrscheinlichkeit dem Mitt- leren Keuper an. Es handelt sich um einen hellfarbigen Steinmergel mit zahllosen Exemplaren einer kleinen Anoplophora oder auch Pseudocorbula, deren Schalentrümmer oft fast ausschliesslich das Gestein zusammensetzen. Es wurde bereits erwähnt, dass die Auffindung eines nach petrographischer Ausbildung wie Fossilführung. gleichen Gesteins auch bei Germete unweit Warburg gelang. R. Lang glaubt auf Grund eines Vergleichs mit bei Born- hagen unweit Eichenberg i. H. gesammelten Stücken in dieser Steinmergelbank ein Aquivalent der „Ochsenbach- schicht“ Torxquist’s!) oder der „Grauen Mergel“ NaumAnn’s?) zu erkennen. Die grosse Verbreitung der Zone der Grauen Mergel von der Wachsenburg bei Arnstadt über die Gleichen und den Seeberg bei Gotha nach Kreuzburg und Netra und bis nach Eichenberg hebt ja Naumann selbst hervor. Es erscheint also nicht ausgeschlossen, dass uns hier eine fossilführende Bank dieser wichtigen Zone des Steinmergelkeupers vorliegt. c) Oberer Keuper (Rhät.) In noch geringerem Masse als die beiden tieferen Abteilungen des Keupers tritt das Rhät zu Tage. VOLCKMAR hatte noch das Glück, bessere Aufschlüsse anzutreffen; er gibt ausser gelben oder auch braunen Mergeln und 1) 1892. ToRNQuIsT, A. Der Gypskeuper in der Umgebung von Göttingen. Dissert. Göttingen. 2) 1907. NAUMANN, E. Beitrag zur Gliederung des Mittleren Keupers im nördlichen Thüringen. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landes- anstalt p. 549 ff. Hessische Jura-Relikte. 115 " Tongesteinen einen sehr charakteristischen braunen Schiefer- ‚ton mit Taeniodon und Protocardia cloacina Qu. an, der ‚die Mitte der ganzen Schichtenfolge einnehmen soll. Er "beobachtete das Rhät in deutlicher Entwicklung am Fuss- pfade von Mardorf nach Homberg sowie nördlich Mardorf. An letzterer Stelle ist heute nichts mehr zu sehen. Da- ‚gegen gelang es Herrn Professor BLANCKENHORN tatsächlich, im Süden von Mardorf in der östlichen Böschung des dortigen Hohlwegs an einem Maulwurfshaufen dünne Plättchen Sandstein mit Abdrücken von Taeniodon wiederzufinden. Im Nordwesten von Berge nimmt das Rhät einen schmalen westöstlichen Feldstreifen zwischen dem Steinmergelkeuper und den liassischen Angulaten- schichten ein und liefert hier dieselben Sandsteinplättchen mit Taeniodon. Diese wurden endlich von BLANCKENHORN auch im NO. von Lendorf als Gerölle zwischen anderen "Triasgeröllen gesammelt. Lias. Der Lias unseres Gebietes hat seit seiner Entdeckung durch Pfarrer GuTBERLET in Hebel im Jahre 1846 wieder- holt Beachtung gefunden. Dies erklärt sich nicht nur daraus, dass er lange Zeit — abgesehen von dem Volk- marser Vorkommen — das einzige in Hessen bekannte Jurarelikt war, sondern vor allem aus den wichtigen Auf- schlüssen, die er sowohl in palaeogeographischer wie in stratigraphischer und faunistischer Hinsicht als Bindeglied zwischen den beiden grossen deutschen Juragebieten, dem süddeutschen und dem nordwestdeutschen, geben zu können schien. Mornn!), von KoEnEn?) und VOLCKMAR haben ihn eingehend untersucht, später hat A. DENCKMANN Schürfungen vorgenommen und 1902 ©. Lang bei seiner _ Kartierung des Blattes Homberg. Verfasser hat 1910 eine "Reihe von Schürfgräben anlegen lassen. Wie bei allen 2) 1873/74. MOoEHL, H. Bericht d. Vereins für Naturkunde zu Cassel p. 18. f 2) 1874. v. KoENEN, A. Über den Lias in der Umgebung von Wabern. Sitzungsber. d. Ges. z. Beförd. d. ges. Naturw. zu Mbg. Nr. 5. 8= 116 R. Glässner. früheren derartigen Versuchen war auch hierbei die Aus- beute an Versteinerungen wenig befriedigend, hat aber immerhin einige Ergebnisse gebracht, die nicht ohne Interesse sind. Der Lias tritt bei Berge, im Dorfe Lendorf und in einem Hohlweg südlich davon, unter Tertiär oder Diluvium hervor. Trotz dieser geringen Verbreitung sind nicht nur die vier SCHLOENBACH’schen Zonen des Lias (Zone des Pstloceras planorbis, der Schlot- heimia angulata, des Artetites Bucklandi und des Arietites geometricus) wohl entwickelt und durch ihre Leitformen scharf voneinander geschieden, sondern auch die Unter- stufe des Lias $# (Zone des .Aegoceras planicosta nach SCHLOENBACH, bezw. des Arvetites obtusus nach ÖOPPEL) ist in nicht unbedeutender Mächtigkeit vorhanden. Zweifel- los sind in dieser Gegend noch höhere Stufen des Lias zum Absatz gelangt und vielleicht noch jetzt unter der Tertiärbedeckung erhalten. Es sei noch bemerkt, dass VoLckMmAR auch bei Mardorf Spuren von Lias beobachtet hat, und dass nach einer Mitteilung des Herrn Seminar- lehrer Wıruıch, Homberg auch bei Anlage einer Wasser- leitung bei Falkenberg östlich Hebel Liasgesteine mit Gryphaea arcuata angetroffen sein sollen. Die Psilonotenschichten (Zone des Psrloceras planorbis Sow.) sınd 1910 über der Grube bei der Bergener Renitentenkirche aufgedeckt worden. Sie waren vorher von hier nicht bekannt. Ausser gelblichem, stark ver- wittertem Mergelschiefer mit dicht gehäuften Stacheln von Ökdaris psilonoti Qu. fand sich eine nach den Seiten schnell auskeilende Linse schwarzen Kalkes, die fast voll- ständig abgetragen wurde und so zahlreiche Exemplare von Pstloceras planorbis Sow. in zum Teil recht guter Er- haltung lieferte, wie es aus Norddeutschland kaum bekannt sein dürfte und auch in Süddeutschland jedenfalls zu den Seltenheiten gehört. Daneben fand sich „Jnoceramus pinnaeformis DER. in grosser Menge und schwer bestimm- bare Gastropoden. Der Kalk ist stark bituminös und etwas oolithisch. Darüber folgten wieder Mergelschiefer und sodann eine Bank dichten, harten und splittrigen Hessische Jura-Relikte. 117 Kalks von heller Farbe, der Psiloceras planorbis nicht mehr enthielt, wohl aber Psiloceras cf. Johnstoni Sow., ‚durch den ja auch in Nordwestdeutschland nach Branxpes!) eine höhere Unterzone der Psilonotenschichten bezeichnet ird.. Da die Psilonotenschichten nur teilweise ange- schnitten wurden, lassen sich Angaben über ihre Mächtig- keit nicht machen. Im Ganzen fanden sich folgende Fossilien: Psiloceras planorbis SOW. : cf, Johnstoni Sow. Inoceramus pinnaeformis DKR. Östrea SP. Pholadomya ambigua ZIET. ? Turbo angulati Qu. Turritella sp. Oidaris psilonoti Qu. (Stacheln) | Die Angulatenschichten (Zone der Schlotheimia ‚angulata v. SCHLOTH.) sind heute nirgends aufgeschlossen ‚und auch Schürfversuche darnach waren vergebens. Da sich indes sowohl südwestlich Berge wie nordöstlich der grossen Sandgrube unterhalb des Tertiärs Exemplare von Schlotheimia angulata fanden, ist ihr Verlauf dadurch ziem- lich gesichert. Es handelt sich nach VOLCKMAR um graue, stark tonige Mergel und festere graue Mergel. Ammoniten farrden sich in Menge und liegen auch uns zahlreich vor. Sie stecken meist in sehr harten Kalkkonkre- tionen, kommen aber auch verkiest oder mit Resten (der Perlmutterschale vor. Es wurden folgende Arten bestimmt: Schlotheimia angulata v. SCHLOTH. Schlotheimia Sp. Ammonites cf. Moreanus D’ORB,. Die Arieten- oder Gryphitenschichten (Zone des Arietites Bucklandi Sow.) sind durch ihren Reichtum an Gryphaea arcuata ausgezeichnet, deren dicke, recht ") 1911. BRANDES, TA. a. a. O. 118 R. Glässner. variable Schalen, oft noch mit Deckelschalen versehen, auf den Ackern oberhalb Berge in Massen aufzulesen sind. Ammoniten scheinen dagegen in auffallender Weise zurück- zutreten. Es wurde nicht ein einziges Bruchstück eines solchen gefunden. Auch Vorckmar erwähnt nur Schlot- heimia angulata als noch in diese Zone hineinreichend, Aufschlüsse fehlen. Das Gestein ist ein graugelber Mergel mit kleinen Quarzkörnern. Graue, harte, sandige Mergel und kugelige Concretionen, die dieser Zone angehören dürften, fanden sich im Hohlweg südlich Lendorf. Folgende Fossilien sind aus dieser Zone bekannt: Gryphaea arcuata Lam. Monotis inaequivalvis SOW. Pecten-Schalen Pentacrinus cf. tuberculatus. Die Zone des Arietites geometricus, die den Lias & abschliesst, war von der des Aegoceras plant- costa Sow., der Tiefstufe des Lias $# in Nordwestdeutsch- land, nicht zu trennen. Zwar fand sich Arvetites geometricus nicht allzu selten, es war aber nicht möglich, das Niveau zu bestimmen, aus dem diese Stücke stammen. Auch das Gestein bietet anscheinend keinerlei Anhalts- punkte, wohin man etwa die Grenze zwischen Geometricus- und Planicostaschichten zu legen hätte Es scheinen vielmehr beide Zonen gleichartig als graublaue, mergelige Schiefertone, die nahe der Oberfläche stark zersetzt sind und zahlreiche Toneisensteinconcretionen enthalten, ent- wickelt zu sein. Den Planicostaschichten gehört nach OÖ. Lane auch ein schiefriger Kalkstein an, der durch seine Grabung bei Berge erschlossen wurde. Der Fossil- reichtum dieser Schichten ist an sich nicht unbeträchtlich, doch sind diese aus den Tonen kaum zu gewinnen, Erst unter der Einwirkung von Luft und Sonne treten beim Zerfall der Tone nach längerer Zeit Muschelschalen usw. hervor und können dann gesammelt werden. Dagegen sind Aegoceras planicosta Sow., Deroceras ziphus HEHL usw. in den Toneisensteinknollen verhältnismässig häufig. In diesen findet sich auch bisweilen derbe Zinkblende, in den Hessische Jura-Relikte. 119 Tonen Gypscerystalle. Es liegen uns folgende Fossilien aus beiden Zonen vor: Arietites geometricus OpP. = obtusus SOW. Aegoceras planicosta SOW. Deroceras ziphus HEHL. ? Aegoceras armatum DOW. Belemnites acutus MiLL. Gryphaea obligua (GOLDF. Pecten subulatus MSTR. Pecten Sp. „. ef. aequalis Qu. Lima sp. Monotis inaequivalvis SOW. ? Gervillia olifex Qu. Protocardia oxynoti QU. Modiola oxynoti QU. Terebratula ovatissima QU. z triplicata duvenis QU. Rhynchonella Turneri Qu. Waldheimia cf. numismalis Lan. Spiriferina rostrata V. SCHLOTH. Engelia arietis (QUENST. sp.) TORNQ. Hemipedina olifex QUENST. Acrosalenia minuta Buckn. Pentacrinus scalaris GOLDF. Serpula tricarinata MSTR. 2 Ichthyosaurus- Wirbel. x ? j t - Noch andere Fossilien gibt VoLckmar!) an. Tertiär. Es soll hier nur mit wenigen Worten auf die tertiären Bildungen eingegangen werden, zumal sich gerade an deren Altersverhältnisse eine Reihe von Fragen knüpft, !) 1876. VOLCKMAR, E. a. a. O. 120 R. Glässner., die erst durch die Kartierung des Blattes Homberg seitens“ des Herrn Professor BLAncKENHORN ihre endgültige Lösung finden können. Aus diesen und anderen Gründen wurde auch von einer Trennung des Tertiärs vom Diluvium auf unserer Karte Abstand genommen. 3 Wie bekannt, lassen sich in der Gegend von Homberg zwei verschiedene Ausbildungsformen des Tertiär unterscheiden. Es finden sich einmal meist weisse Sande und Tone, normale Sedimente des Miocaen, sodann aber ockergelbe und rostrote Sande mit Eisen- schalen und Pflanzenabdrücke führendem Rötel, die, eine Platte im Gelände bildend, als langgestreckter Rücken sich von Berge-Lendorf bis in die Gegend von Cassdorf westlich Homberg erstrecken. Nach DErnckmann!) werden sie von Kiesen unterlagert, die zur Zeit besonders oberhalb Lendorf in Gruben gut aufgeschlossen sind. DENCKMANN hält die ebengenannten Sande mit pflanzenführenden Schichten für sehr junge Bildungen, pliocaenen, vielleicht sogar diluvialen Alters, was er unter anderem auch aus ihrer ungestörten Lagerung über den Störungen, wie sie im Homberger Graben und in dem staffelförmigen Absinken der jüngeren Gesteine zur hessischen Senke zum Ausdruck kommen, schliessen zu dürfen glaubt. BLANCKENHORN vertritt dagegen neuerdings die Anschauung, dass die Kiese angelagert und als Pliocaen oder Diluvium, Miocaen aufzufassen seien. Die von Dernckmann als Beweis für das jugendliche Alter der fraglichen Schichten angeführte Discordanz würde nicht weiter ins Gewicht fallen, wenn man mit O. GrupE?) ein wesentlich jung- jurassisches Alter der hessischen Dislokationen annimmt. Eine endgültige Lösung der Altersfrage der „Lendorfer Schichten“ ist wohl erst nach Untersuchung der erwähnten Pflanzenreste möglich, die gegenwärtig durch Herrn Sanitätsrat Menzer, Dresden geschieht. ') 1895. DENcKMmann, A. Bericht, Jahrb. der Kgl, preal Landesanst., p. LVIII, ff. 2) 1911,05 GsurE D.- aa. en... Hessi sche Jura-Relikte. 221 Tektonik. Wie bereits hervorgehoben, sind die in der Hom- berger Störungszone aus Tertiär und Diluvium sich _ heraushebenden mesozoischen Schichten im ganzen _ muldenförmig gelagert, wobei durch Brüche und _ untergeordnete Faltungserscheinungen Komplikationen _ hinzugetreten sind. Es liegt also eine in sich vielfach _ gestörte Mulde vor, deren allgemeiner Bau und Verlauf _ jedoch auch so a dem Kartenbild deutlich hervortritt. Der Nordostflügel der Mulde ist offenbar von Störungen _ grösseren Masses nicht betroffen worden, dagegen zeigt - der Südwestflügel ausser einer Verwerfung, die Oberen Muschelkalk unter Ausfall des Mittleren neben Wellen- kalk gebracht hat und auf beiden Seiten der Efze zu beobachten ist, noch zwei Aufsattelungen, die zur Folge hatten, dass sowohl im Steinbruch gegenüber Mühlhausen, wie in der Schlucht südwestlich Berge der Mittlere Muschelkalk unter Oberem emportaucht. Der eine Sattel ist durch den Steinbruchsbetrieb auf Trochiten- kalk angeschnitten und bietet ein geologisch sehr lehr- reiches Bild, zumal noch kleinere Muldenbildungen hinzu- treten; der andere Sattel tritt als solcher im Gelände kaum hervor. Die durch Grabung aufgeschlossenen Lias- schichten zeigten nordwestliche Streichrichtung bei sehr steilem Einfall nach Nordosten. 122 R. Glässner. Palaeontologischer Anhang. Es sollen in diesem Abschnitt Fossilien verschiedener Formationen, besonders aber des Lias, beschrieben werden, die von einer gewissen stratigraphischen oder palaeontolo- gischen Bedeutung sind. Muschelkaik. Öidaris transversa MEy. Taf. II. Fig. 4. 1851. v. MEYER. Versteinerungen aus dem Muschelkalk Oberschlesiens. Palaeontogr. Oassel. Bd. I. t. 32, f. 23—32. 1865. H. Eck. Über die Formationen des Bunten Sandsteins und des Muschelkalks in Oberschlesien und ihre Versteinerungen. Berlin, t. |, f. 4. Zwei zusammenhängende Plättchenreihen dieses sel- tenen Seeigels fanden sich im Trochitenkalk des Kollen- berges. Sie stimmen gut zu dem oberschlesischen Exemplar, das Eck abbildet. Die zugehörigen, Dornen tragenden Stacheln bildet MEyErr ab; sie wurden bei Volkmarsen indes nicht angetroffen. Öidaris-Stacheln. Oidaris-Stacheln fanden sich ebenfalls im Trochiten- kalk des Kollenberges in grosser Anzahl. Sie sind bis- weilen über 2 cm lang, ganz glatt, schlank und walzen- förmig. Sie ähneln sehr den Stacheln von Ckdaris grandaevus, die Quexstepr!) abbildet, und dürften wohl auch dieser Spezies angehören. ı) 1885. QuEnsTEDT. Handbuch der Petrefaktenkunde. t. 68, £. 44. Hessische Jura-Relikte. 123 Keuper. ? Anoplophora sp. Taf: Li Fig. 38; b: 1864. v. ALBERTI. Trias. Corbula keuperina p. 121 t. 2. £. 8. “ rn Corbula elongata p. 121t.2£.9. 1885. QuENSTEDT. Petref. K. Cyclas keuperina p. 807 t. 63. f. 35. 1885. BLANCKENHORN, M. Trias am Nordrand der Eifel ete. Corbula ? Keuperina QUENST. sp. p. 102. - 1907. ZELLER, F. Beiträge zur Kenntnis der Lettenkohle etc. Inaug. Diss. Tübingen, Pseudocorbula Phil. =Myophoriopis) Reu- perina Qu. Sp. Die kleinen Zweischaler jenes sowohl bei Berge un- _ weit Homberg wie bei Germete gefundenen Steinmergels gehören nach einer liebenswürdigen Mitteilung des Herrn Privatdozenten Dr. R. Lane, Tübingen wohl der obigen Gattung an. Dafür spricht das von Lane wahrgenommene Auftreten eines Zahnes auf der rechten Schale, der bei den Steinkernen als Vertiefung hervortritt. DR: die flache Wölbung der bei Berge gefundenen Formen soll für Anoplophora charakteristisch sein. Auch Myophoriopis keuperina, früher Pseudocorbula keuperina, könnte für einen - Vergleich in Betracht kommen. Hierzu sei bemerkt, dass nach der Meinung des Herrn Dr. Lang vielleicht alle Bestimmungen von Cordula (Pseudocorbula) keuperina sich beigenauerer Untersuchung als Anoplophora herausstellen könnten. Die Unter- schiede seien bei schlechterhaltenen Stücken jedenfalls äusserst gering. Auch sollen Myophoriopis und Anoplophora häufig nebeneinander vorkommen. ZELLER hebt die grosse Va- riabilıtät der von ihm als Pseudocorbula PHıL. (=Myophoriopis) keuperina Q@ENST. sp. zusammengefassten Formen nach- drücklich hervor, auch BLAnckENHoRN hat darauf aufmerksam gemacht. In der Tat finden sich auch bei unseren Exem- _ plaren sowohl die dreiseitig gerundeten Formen wie die verlängerten, die das Extrem der Cordula elongata v. ALB. _ erreichen. Diese Varietät fand sich bei Berge, jene bei Germete, Dennoch möchten wir in Übereinstimmung mit ZELLER und BLANCKENHORN beide Formen derselben Art 124 R. Glässner. zurechnen. ZELLER sagt (p. 96) von seiner Pseudocorbula (—Myophoriopis) keuperina wörtlich: „Arten vermag ich jedoch nicht zu unterscheiden, man findet fast über- all Übergänge von rundlichen, hochgewölbten zu flachen, langgestreckten Formen“ etc. Die von ZELLER und BLANCKENHORN an Steinkernen gelegentlich wahrgenommene feine radiale Streifung tritt auch bei unseren Exemplaren auf. Wir möchten sie in Überein- stimmung mit beiden Autoren als Verwitterungser- scheinung deuten, was umso berechtigter erscheint, als sich auf den Abdrücken im Gestein nur die charakteristische, fein concentrische Streifung zeigt. Dass es sich, was die stratigraphische Stellung dieser fossilführenden Bank be- trifft, vermutlich um ein Äquivalent der Ochsenbach- schicht Torxquisr’st) oder der Zone der Grauen Mergel von Naumann?) handelt, wurde bereits erwähnt. Lias. A. Volkmarsen. Korallen. Jsastraea Orbignyi Ouar. et Drew. Tori. IE, Biesie. BERDERE N 1852. CHapuis ET DEWALQUE. Description des fossiles des terrains secondaires de Luxembourg. p. 266. pl. 38, £. 7. Im Arietenkalk bei Wethen fand sich ein gut er- haltener Astraeenstock von etwa 25 cm Länge und 8 cm Höhe mit zahlreichen 5- oder 6seitigen Zellen. Er dürfte mit; der Jsastraea Orbignyi übereinstimmen, die OHapuis et DrwıArLqur aus dem Marne de Jamoigne von STE. CECILE beschreiben und abbilden. Dieser Fund ist bemerkenswert, da bekanntlich Korallen, besonders stockbildende Formen, im Lias !) 1892 ToRNgquIsT. Inaug. Diss. Göttingen. 2) 1907. Naumann, E. Beiträge zur Gliederung des Mittleren Keupers im nördlichen Thüringen. Jahrb. der Geolog. L.-Anst. u 7 ß Ya u ; £ Pr u » Hessische Jura-Relikte. 125 Mitteleuropas zu den grössten Seltenheiten gehören. Aus dem schwäbischen Unteren Lias ist nur eine stockbildende Form „Astraea favoides“ Qu. bekannt geworden und zwei Caryophyllien. v. SEEBACH erwähnt im „Hannoverschen Jura“ überhaupt keine Liaskorallen, und auch MiunE Epwarps und HaımE!) beschreiben aus dem englischen Lias nur drei Einzelkelche. Häufiger sind Korallen nur im Unteren Lias Ostfrankreichs; TERQUEM et PIETTE?) be- schreiben von dort 10 Montlivaultien und 14 stockbildende Arten. Brachiopoden. Brachiopoden sind im Volkmarser Lias im all- gemeinen nicht häufig. Aus den Psilonoten- und Angulatenschichten wurden überhaupt keine bekannt, im Arietenkalk scheinen sie nesterweis sehr zahlreich aufzu- treten, sind aber im ganzen selten. Nur ım y-Eisenstein treten sie sehr häufig und in zahlreichen Arten auf, von denen einige hier zu besprechen sind. Waldheimia numismalis Lam. 1851. Davıpson. British Brachiopoden p. 36 t. 5 £. 4—9. 1856—58. QUENSTEDT. Jura. p. 142 t. 17 £. 37—43. 1868—71. QUENSTEDT. Brachiopoden p. 302 t. 45 £. 93—110, 112—124, 1905. K. Rau. Brachiopoden p. 62 t. 4 f. 1-9. Dieses wichtige Leitfossil des Lias y ist in Mengen auf den alten Eisensteinhalden oberhalb des Schalkstales bei Welda zu finden, und zwar sowohl typische Formen, "wie sie Rau abbildet, als auch verschiedene Abänderungen, deren schlechter Erhaltungszustand indes keine nähere Bestimmung zuliess. Ein ungewöhnlich grosses Exemplar deckt sich vollkommen in Form und Grösse mit Davınson ») 1850—54. MıLNE Epwarps und HaIME. British fossil corals Palaeont. Society. 2) 1865. TERQUEM et PIETTE. Le Lias inferieur de l’est de la France. 126 R. Glässnei. p.5f.4 Rau teilt die Waldheimien des schwäbischen Mittleren Lias in zwei Gruppen ein: 1. Diejenigen mit ganz kleinem Foramen, zu welcher die stratigraphisch wichtigsten Arten gehören. 2. Diejenigen mit grossem Foramen. BeiıunsfandensichnurFormenmit kleinem Foramen. Waldheimia conocollis Raıv. 1905. K. Rau. Brachiopoden t. 4 f. 12—20. Diese von Rau aufgestellte Spezies scheint sich in unseren Jamesoni-Schichten ziemlich häufig zu finden, so- weit der schlechte Erhaltungszustand ein sicheres Urteil zulässt. QUENSTEDT reihte diese Form seiner Terebratula punctata an, stellte sie jedoch, wie aus der Benennung „Zerebratula cf. numismalis (Bastardform)* hervorgeht, zur Gruppe der Numismalen.!) Was Rau zur Aufstellung dieser Form als neue Spezies veranlasste, nämlich der auf- geblähte, übergebogene oder sogar bis zur Berührung auf die kleine Klappe heruntergekrümmte Schnabel, trifft für unsere leidlich erhaltenen Exemplare zu; ferner auch, dass der „Schnabel in seitlicher Richtung wenigstens an seinem übergekrümmten Teil schmal bleibt, in senkrechter Rich- tung dazu sich aber hoch aufwölbt, manchmal bis zum Entstehen eines Schnabelkiels“. Rhynchonella curviceps QU. 1856—58. QUENSTEDT. Jura p. 138 t. 17 f. 13—15. 1868—71. QuENSTEDT. Brachiopoden p. 57 t. 37 £. 108 und 118—120. 1905. K. Rau. Brachiopoden p. 18 t. 2 f. 14—17. Dieses Brachiopod hat in Schwaben sein ausschliess- liches Lager in der sogen. Spiriferenbank. Tu. BrAannes?) ı) 1868—71. QUENSTEDT, Brachiopoden p. 323 t. 46 f. 2030 und t. 46 £. 31. 2) 1911. Tu. BRanDEs. Die faciellen Verhältnisse des Lias zwischen Harz und Eggegebirge. Dissert. Göttingen. Hessische Jura-Relikte. 127 gibt es aus dem Obersten Lias # in Norddeutschland an. Ehynchonella curviceps fand sich sehr zahlreich im Eisen- stein der Jamesoni-Zone. Die uns vorliegenden Stücke sind zumeist beträchtlich kleiner als die schwäbischen und unterscheiden sich von diesen vor allem durch den aus- gezeichneten Erhaltıngszustand und durch dasFehlenderbeidenschwäbischen so häufigen Verdrückungen. Auch bei unserer Form verschwinden zwischen Wulst- und Flügelrippen 1—2 Rippen oder werden doch sehr undeutlich, was Rau als bezeichnend für diese Art angibt. Geringe Abweichungen von der süddeutschen Form mögen bestehen, sind aber nicht wesentlich. Rhynchonella calcicosta Qu. 1856—58. QUENSTEDT. Jura p. 138 t. 17 £. 16, 17. 1868—71. QUENSTEDT. Brachiopoden p. 51 t. 37 f. 82—91. 1905. K. Rau. Brachiopoden p. 35 t. 1 f. 110—19. Nach zahlreichen in der Marburger Sammlung befind- lichen Exemplaren muss diese Form früher recht häufig im Eisenstein bei Welda gefunden sein. Die scharfen, hohen Rippen, nach Rau das beste Kennzeichen dieser Art, treten mit verschiedener Deutlichkeit hervor, des- _ gleichen der „kräftige, aufrechte, nur wenig übergebogene Schnabel“. Die Zahl der Rippen ist sehr wechselnd, auf dem Wulst stehen 3—6. Im Ganzen scheint es uns nicht zweifelhaft, dass unsere Form der schwäbischen Ahynchonella caleicosta QUENSTEDT anzuschliessen ist. Rhynchonella parvirostris RoEM. 4 Ä 1836. RoOEMER. Versteinerung des norddeutschen Oolithengebirges p. 43 t. 2 £. 17. 1856—58. Rhynchonella rimosa oblonga Qu. Jura p. 140 t.17 f.24,25, 1868—71. QuEnSTEDT. Brachiopoden p. 57 t. 37 £. 116, 117. 1905. K. Rav. Brachiopoden p. 25 t. 2 f. 32—39. Verschiedene Rhynchonellen des Marbuıger Museums, die aus dem Eisenstein bei Welda stammen dürften, ge- We na an 128 R. Glässner. hören der obigen Art an. Sie zeichnen sich durch bessere Erhaltung gegenüber den schwäbischen Formen aus, was der Grund sein dürfte, dass bei unseren Exemplaren die Berippung bis gegen das Schloss sichtbar ist. Bivalven. Die Zweischaler- Fauna unseres Lias ist im ganzen artenarm, nur im Arietenkalk findet sich eine grössere Anzahl von Spezies. Gryphaea arcuata Lam. 1834—40. GoLDFUSS. Petref. Germ. p. 28 t. 8 £. 1, 2. 1858. QUENSTEDT. Jura, p. 77. Diese Muschel ist in den Angulatenschichten noch selten, erlangt dagegen in den Arietenschichten eine staunenswerte Häufigkeit. Die Variations- breite ist wie immer sehr gross. Im Arietenkalk finden sich auch breite, fast furchenlose Formen, die schon sehr an Gryphaea obligua GOLDF. erinnern. | Gryphaea suilla SCHLOTH. 1858. QUENSTEDT. Jura, p. 53. Diese kleine, Hache Auster, aus der nach QuENSTEDT’s Meinung die echte Gryphaea arcuata hervorging, tritt, wie bereits im stratigraphischen Teil erwähnt, in den oberen Angulatenschichten förmlich gesteins- bildend auf. Plagiostoma giganteum Dksn, 1856—58. QUENSTEDT. Jura, p. 77.9. 10. Diese Muschel findet sich vereinzelt in den Psilonoten- und unteren Angulatenschichten, dagegen sehr häufig in den oberen Angulatenschichten und im Arietenkalk, wo Riesenformen vorkommen, die sich den grössten | Hessische Jura-Relikte. 129 schwäbischen zur Seite stellen können. In den Angulaten- schichten fand sich auch Plagiostoma Herrmanni GoLDF. Lima exzaltata Terav. 1855. TERQUEM. Paleont. de l’etage iuf. de la formation liasique de la province de Luxembourg. p. 101 pl. 22 £. 2. Leider fand sich nur ein Stück der rechten Schale dieser Muschel, wahrscheinlich aus den oberen Angulaten- schichten stammend, doch ist die Skulptur noch deutlich genug, um die fast völlige Übereinstimmung mit der Ab- bildung erkennen zu lassen, die Trrqurm gibt. Auch der Text stimmt gut dazu. Terquem bezeichnet sie als sehr selten im Luxemburger Sandstein. Aus anderen Gegenden ist sie meines Wissens nicht beschrieben. Pholadomya cf. Hausmanni GOLDF. a 183440. GoLpFuUss. Petrefacta Germ. p. 155 f. 4. 1840. L. Acassız. Etudes sur les mollusques fossiles. 1874/75. C. MoEScCH. Monogr. der Pholadomyen. Abh. der schweiz. pal. Ges. Pholadomya ambigua ist in den Arietenschichten des Volkmarser Lias recht häufig. Nicht hierzu gehörig ist eine Pholadomya aus dem Eisenstein, die auch mit keinem - Exemplar der Tübinger Sammlung übereinstimmt, da der Wirbel erheblich höher über dem Schloss ist als bei allen "ähnlichen dort vorhandenen Exemplaren. Auch ist unser _ Exemplar nahe dem Hinterende schlanker als die schwä- bischen Pholadomyen. Auch Pholadomya Hausmanni GOLDF. scheint zu dick zu sein, doch mag unser Exemplar einst- weilen als cf. Hausmann? bezeichnet werden. Pinna sp. Taf. I. Fig. 2, 1852. CHAP. et DEWALQUE. Description des fossiles des Terrains secondaires de Luxembourg t. 30 £. 1. 130 R. Glässner. Ein Bruchstück dieses Zweischalers wurde im Eisen- stein angetroffen. Leider ist der Erhaltungszustand zu schlecht, um eine sichere Bestimmung zu ermöglichen. Aus dem norddeutschen Liasy scheint noch keine Pinna beschrieben zu sein, auch nicht aus dem schwäbischen. Sie könnte zu Pinna inflata Chur. et DrwArgquE gehören, sowohl nach Lage wie nach Beschrei- bung, doch treten auf dem geringen erhaltenen Schalen- rest die konzentrischen Streifen schärfer hervor wie bei der dortigen Abbildung. Cephalopoden. Ammoniten sind nur aus Lias & und £ bekannt geworden, dagegen nicht aus dem Eisenstein der Jamesoni- Zone, dessen stratigraphisches Niveau indes hinlänglich durch seine Brachiopodenfauna bestimmt ist. Arietites Ürossii WHRIGT. 1873—86. WHRIGT. Monogr. on the lias ammonites p. 283 pl. 10. 1883—85. QUENSTEDT. Ammoniten des schwäb. Jura p. 113 t 14 £ 6. Ein Riesenariet von über 50 cm Durchm. stammt aus dem Eisenstein des Ralekesberges und befindet sich jetzt im Marburger Museum. Leider ist wenig mehr als die Hälfte eines Umgangs erhalten. Diese lässt indes die auffallende Flachheit der Seiten, den schmalen Rücken und die Nahtverdickung der Rippen sehr gut erkennen, sodass es sich höchst wahrscheinlich um einen Ange- hörigen obiger Spezies handeln dürfte. Die grössten schwäbischen Formen erreichen ca. 70 cm Durchmesser, denen also unser Exemplar mit ca. 50—60 cm nicht viel nachsteht. Arvetites cf. latisulcatus. 1885. QUENSTEDT. Die Ammoniten des schwäb. Jura p. 85 t. 12 f. 1—6. Dieser Ammonit aus dem Arietenkalk der Strothe ist der Abbildung Quexsmeor’s t. 12 f. 2 sehr ähnlich, nur Hessische Jura-Relikte. 1 31 fehlen diesem die Knoten unserer Form, die dagegen t. 12 . 1 zeigt. Diese ist aber dicker und weitrippiger. Sieht man von den Knoten ab, die übrigens nur undeutlich bei unserem Exemplar hervortreten, so ist nach Evolubilität, Berippung und Querschnitt der Mündung auch die Ähn- keit mit Ammonites tardecrescens!) nicht gering, den Hyarr aus nicht recht ersichtlichen Gründen als identisch mit Ammonites falcaries densicosta Qu. auffasst. B. Berge bei Homberg a. E. Echinodermen. Uidaris psilonoti Qu. 1858. QuENSTEDT. Jura, p. 50 t.5 f. 9, 12 und p. 61t. 6 £. 12. Die zierlichen, fein längs gestreiften Stacheln dieses Deeigels erfüllen in grosser Menge eine dünne Mergel- schicht innerhalb der Zone des Psiloceras planorbis. Engelia arietis (@QUENST. sp.) TOoRNQU. 1858. QuUENSTEDT. Jura p. 51 u.83t.5£. 8. 1872—75. QUENSTEDT. Petrefactenkunde Deutschlands, Echiniden p.135 t. 67 £. 5255, 21-48. Ein dicht mit regellos verteilten Tuberkeln besetzter Stachel, der an Grösse etwa der Abbildung im Jura p. 5 f. 8 gleichkommt, fand sich in den Tonen der Geometricus- oder Planicostaschichten. Wahrscheinlich gehört er der genannten Spezies an. Hemipedina olifex Qt. 1858. QUENSTEDT. Jura p. 86 t. 11 £. 1, 2. 1872—75. QUENSTEDT. Petrefactenkunde Deutschlands p. 148 ff. t. 67 f. 76—88. 1908. TornguisT. Diadematoiden des Württ. Lias. Zeitschr. d. d. geol. Ges. p. 45 t. 15 £. 1—4. 1) 1879. Reyn&s, Monographie t. 13 f. 8, 9. 133 R. Glässner. Durchmesser 8,5 mm, Höhe ca. 4 mm. Dieser Seeigel aus dem oberen « oder unteren ß schein# zur Abbildung Torxquisr’s zu stimmen. Man erkennt deut- lich die schiefe Stellung der Porenpaare auf den breiten, graden Ambulacralfeldern mit ihren nahe dem Munde alternierenden, unregelmässig ausgebildeten Wärzchen. Die Stachelwarzen sind durchbohrt und zeigen bisweilen undeutliche Orenulierung. Diese Art tritt bekanntlich in Schwaben in den sog. Ölschiefern über der Pentacriniten- bank des obersten Lias auf. Acrosalenia minuta BUCKM. sp. 1857—78. Acrosalenia minuta WRIGHT. Monogr. of the british fossil echinodermata of the oolithic formation, Echinoidea p. 230, t. 15, a ie 1872—75. Acros. minuta QUENSTEDT. Petref. K. Deutschl. p. 152, 5.67.41. 80,590. 1872. Aypodiadema minuta W. DameEs. Echiniden der Nordd. Jurabildg. Z. d. d. geol. Ges., p. 122, t. 7, f. 4. 1908. Acrosalenia minuta ToRrNnqu. Diadematoiden des württ. Lias. Z..d. d. geol. Ges. p. 429, t. 18, £f. 4, 5. Durchmesser 5 mm, Höhe 2,5 mm. Dieser kleine, flache Seeigel stimmt vorzüglich zur Abbildung und Beschreibung von Dauzs. Die breite, dicht gekörnte Mittelzone der Interambulacralfelder tritt deutlich hervor, desgleichen die 2 Reihen miteinander alternierender kleiner Körnchen auf den Ambulacralfeldern. Diese sind am peristomalen Rand breiter als die Interam- bulacralia, wie auch Tornquist angibt. Die Stachelwarzen lassen Kerbung und Durchbohrung erkennen. Brachiopoden. Ithynchonella triplicata juvenis Qu. und Ithynchonella Turneri QU. 1858, Terebr. triplicata juvenis QuEnsT. Jura p. 73, t. 8, f. 17—23. 1858. f Turneri QuENST. Jura p. 107, p. 13, f. 48. 1871. > friplicata juvenis Qu. Brachiop. p.41, t. 37, f. 11—23.- 1871. Terebr. Turneri, Brachiop. p. 45, t. 37, f. 41-51. Hessische Jura-Relikte. 133 In den grauen Tonen bei Berge liegen zahlreiche, meist flachgedrückte Schälchen, von denen schwer zu ent- scheiden ist, ob sie zu Ahynchonella triplicata iuvenis oder Rhynch. Turneri gehören. Höchst wahrscheinlich sind beide Arten vertreten. QurxstEpT selbst hebt ja (Brachiop. p. 46,) die häufige Ähnlichkeit beider Formen hervor, die eine sichere Bestimmung unmöglich macht und redet dann von cf. Turnert. Waldheimia cf. numismalis Lan. 1858. Terebratula numismalis Qu. Jura p. 142 t. 17 f. 37—46. 1871. & R Brachiopoden p. 307 t. 45 f. 112. ® n Brachiopoden p. 308 t. 45 £. 117. Gleichfalls in den Tonen des Lias «@ oder # von Berge zeigten sich grössere, flachgedrückte Schalen, die wohl zu Waldheimia numismalis zu stellen sind, die ja nach den Angaben Quenstepr’s bereits im oberen « auftritt, um erst später im Lias y zu dem bekannten wichtigen Leitfossil zu werden. Bivalven. Inoceramus pinnaeformis Dkr. 1851. Gervillia pinnaeformis Dkr. Palaeontograph. p. 179 t. 25 £. 10, 11. 1856-58. /noceramus Weismanni OppEL. Juraformation p. 101. Diese Art verdient besondere Erwähnung wegen ihres massenhaften Vorkommens zusammen mit Psiloceras planorbis bei Berge. Ihre sehr zarten, fein ge- runzelten Schalen erfüllen mit diesem Ammoniten und einigen Schnecken jene im stratigraphischen Teil er- wähnte Linse schwarzen, bituminösen Kalkes. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass diese Muschel auch bei Volkmarsen bereits im untersten Lias vorkommt, aus welchem Niveau ja auch das von Duncker zuerst be- chriebene Exemplar von Halberstadt stammt. 134 R. Glässner. Gryphaea arcuata Lam. 1834—40. GoLDFUSsS. Petref. Germ. p. 28 t. 84 £.1, 2. 1858. QUENSTEDT. Jura p. 77. Die dicken Schalen dieser Muschel sind auf den Ackern bei Berge in Menge aufzulesen. Bisweilen ist die Erhaltung vorzüglich, meist hängen noch Haupt- und Deckelschalen zusammen, Oft ist der Wirbel der grossen Schale vollkommen verschwunden, da mit diesem die Tiere bekanntlich in der Jugend festsassen. Statt seiner ist eine breite Platte vorhanden, auf der oft die Skulptur einer Muschel oder eines Ammoniten abgedrückt ist, wenn diese Tiere der Auster als Haftpunkt dienten. Was breite oder gestreckte Form und Runzelung betrifft, so ist die Variabilität wie stets sehr gross. Oft zeigt sich dunkelrote Färbung der Schalen, es mag dahin- gestellt bleiben, ob hier ein Rest der ursprünglichen Farbe vorliegt. Gryphaea obligua GOLDF. 1834—40. GoLDF. Petref. Germ. p. 40. t. 85. f. 2. 1858. QuENST. Jura, p. 107 t. 13. £. 47. Kleine, flache und breite Schalen von G@ryphaea ohne die Furche auf der Unterschale und mit wenig ge- krümmtem Wirbel mögen hierhergehören. Sie liegen in den Tonen bei Berge, also oberhalb der Verbreitungszone von Gryphaea arcuata. Cephalopoden. Psiloceras planorbis Qu. 1846. Ammonites psilonotus QuENsT. Cephalop. p. 73, t. 3, £. 18. 1879. A. planorbis REyn&s. Monographie, t. 1, f. 11—24. 1883. A. psilonotus QuEnst. Ammoniten p. 11—14, t. 1, f. 1 und 3—7. 1893. Psiloceras planorbis PomrEckJ. Beiträge zu einer Revision der Ammoniten des schwäb. Jura p. 60. Hessische Jura-Relikte. 135 Dieser bei Berge sehr häufige Ammonit ist teils als Steinkern mit oft deutlicher Lobenzeichnung, teils mit Schale erhalten. In letzterem Falle ist wie bei den begleitenden Muscheln und Schnecken meist durch Anwitterung wieder die weisse Farbe der Schale zum Vorschein gekommen, wodurch sich die Fossilien sehr scharf von dem schwarzen Gestein abheben Die Schalen sind auf den äusseren Umgängen fast ganz glatt und zeigen dichte, feine Anwachsstreifen. Auf den inneren Umgängen zeigen sich flachwellige Falten. Der erste Seitensattel reicht tiefer herab als der Aussensattel, wodurch sich unsere Form bekanntlich von dem sonst sehr ähnlichen Psiloceras Hagenowi DUnckER unter- scheidet. Schlotheimia angulata v. SCHLOTH, ‚1858. Ammonites angulatus QuENST. Jura, p. 59, t. 6, f. 10. 1885. Ammonites angulatus QuEnST. Ammoniten, p. 34, t. 3, f. 6, a A EA 1893. Ammonites angulatus PomPpEck). Beitr. z. ein. Rev. etc, p. 75, Dieser in Schwaben bekanntlich nicht allzu häufige, in Norddeutschland im Ganzen wohl stärker vertretene Ammonit findet sich auch bei Berge verhältnis- mässig recht häufig. Es handelt sich um die von Pompecks in den „Beiträgen“ gut begrenzte Art mit „sehr wenig involuten Umgängen“, die höher als breit und mit „kräftigen, scharfen, ungeteilten Rippen“ ver- ‚sehen sind. | Schlotheimia sp. Ein uns vorliegendes Windungsstück mit flacher, breiter Flanke und dichten Rippen, unter denen eine deutliche Spaltrippe auftritt, kann nicht zu Schlotheimia angulata gehören. Die Erhaltung lässt indessen keine nähere Bestimmung zu. 136 R. Glässner. Ammonites cf. Moreanus dÖORR. Taf. U, Fig. 2. 1842—49. Ammonites Moreanus d’OrgB. Paleont. Terr. iur. I. p. 229 t: 93. 1878—86. Aegoceras Moreanum WRIGHT. Lias Ammonites p. 322 t. 17 f. 1-6. 1893. Ammonites Moreanus POMPECKJ Beiträge p. 80. Es konnten zwar nur 2 Bruchstücke äusserer Umgänge gesammelt werden, aber an diesen weisen auch fast alle Merkmale auf obige Art hin Ammonites Moreanus ist nach PonpeckJ von der nahestehenden Schlotheimia depressa Qu. durch „die etwas verschiedene Sutur und das frühe gänzliche Verschwinden der Rippen von den Seiten“ ver- schieden. Unser Exemplar dürfte dem Ammonites angulatus depressus. Qu.‘) an Grösse etwa gleichgekommen sein. Während aber bei diesem in gleicher Windungshöhe wenigstens noch einige der Rippen deutlich über die Seiten zu verfolgen sind, sind bei unserem Windungs- stück die Rippen auf den Flanken schon fast ausgelöscht und treten nur an der Rückenkante noch deutlich und dichtstehend hervor. Gegen diese verlaufen sie schief; auf den Flanken tritt bisweilen Rippenspaltung bezw. -Einschiebung ein. Die d’OrsıcnY’sche Abbildung gibt im Ganzen eine gute Vorstellung von unserem Stück, obwohl hier die Seiten noch glatter sind. Der Windungsquerschnitt ähnelt einem hohen Dreieck, wie auch aus den Abbildungen von d’ÖRBIGNY und WRIGHT zu ersehen ist. Demzufolge ist der Rücken schmal, erheblich schmäler als er nach Quenstepr’s Figuren beim Ammonites angulatus depressus sein soll. Von einer Rückenfurche, wie sie das grosse von WRriıcHT abgebildete Exemplar noch zeigt, ist bei unserem Stück allerdings nichts mehr wahrzunehmen. Die Rippen sind auf der fast als scharf zu bezeichnenden Externseite nur etwas verflacht. Diese Abweichung ist vielleicht bemerkenswert. ') 1885. QUENSTEDT. Ammoniten t. 2 £. 1. Hessische Jura-Relikte. 137 Arvetites geometricus ÜPPEL. Far Fl. "Ei La, BD, 1856-58. OppEL. Die Juraformation p. 79. 1865. U. SCHLOENBACH. Jura und Kreide. Palaeontograph. Bd. XII p. 155 t. 26 £. 3. 1885. QUENSTEDT. Ammoniten p. 9. Diese nach Qurxstent in Norddeutschland weit verbreitete „Charakterform* steht dem süddeutschen Ammonites falcaries robustus QUENST. nahe, desgleichen dem Ammonites ceratitoides QUENST., ist aber mit beiden keines- wegs identisch, sondern als selbständige Art aufzufas:en. Die Abbildung bei ScHLOENBACH ist nicht charakteristisch ; denn sie neigt mehr zu Ammonites falcaries robustus als zu geometricus, wie ein Vergleich mit den QuEnstepr'schen Originalen von falcaries robustus ergab.') Die Beschreibung SCHLOENBACH’s passt dagegen sehr gut zu dem uns vor- liegenden Ammonites geometricus Opp. Die von uns bei- gegebene Abbildung macht eine genauere Beschreibung überflüssig. Besonders bezeichnend sind die ganz gerade über die Seiten verlaufenden Rippen, der ein hohes, schmales Rechteck darstellende Querschnitt und der fast furchenlose, hohe, scharfe Kiel. * * Zusammenfassung der Ergebnisse. Vorliegende Arbeit bringt als wesentlich neue Re- sultate: 1. Die Auffindung der von Berge noch un- bekannten „Zone des Psrloceras planorbis“. 2. Den Nachweis einer fossilführenden Bank des Steinmergelkeupers sowohl bei Berge als auch bei Germete südwestlich Warburg. !) Nach einer freundlichen Mitteilung des Herrn Privatdozenten Dr. R. Lang, Tübingen. 138 R. Glässner. 3. Den Nachweis der Zone des Psiloceras planorbis bei Volkmarsen, etwa gleich- zeitig mit Herrn Dr. Tu. Branoes,!) Göttingen. 4. Den Nachweis einer viel ausgedehnteren Verbreitung des Lias 8 im Volkmarser Graben als bisher angenommen wurde. 5. Die Erkenntnis, dass ein Teil des Eisensteins bei Welda nördlich Volkmarsen der „Jame- soni- Zone" des Lias y angehört. Die Richtigkeit dieser Annahme wird bestätigt durch eine dem Verfasser erst später zu Gesicht ge- langte Arbeit von A. MEsTwERDT.?) !) 1911. BRANDES, TH. Die faciellen Verhältnisse des Lias zwischen Harz und Eggegebirge. Dissert. Göttingen. ?) 1911. MESTWERDT, A. Die Quellen von Germete bei War- burg und von Caldorf in Lippe. Jahrb. d. Kgl. preuss. Landesanst. Ba. 32, Teil I, Heft 1. ee a Te a RE u. Hessische Jura-Relikte. 139 Anhang. Die Liasrelikte von Angersbach bei Lauterbach am Vogelsberg, von Warburg-Hofgeismar, von Eisenach und Gotha. Es mögen hier zum Schluss noch einige kurze Be- merkungen über obige bereits in der Einleitung erwähnten "Liasrelikte folgen, die zumeist ausserhalb Hessen-Nassaus gelegen sind, aber zweifellos Ablagerungen desselben Flach- meeres darstellen, von dem die Relikte dieser Provinz herrühren. Zur genaueren Orientierung muss auf die an- - geführte Literatur verwiesen werden. 1. Angersbach bei Lauterbach. 1863 u. 69. Sektion Herbstein Fulda und Lauterbach-Salzschlirf der Geolog. Karte des Grossherzogtums Hessen in 1:50000 mit den Erläuterungen von TASCHE, GUTBERLET und LUDwIe. 1875. v. KoENEN, A. Muschelkalk, Keuper und unterer Lias bei Angersbach. Zeitschrift der deutschen Geol. Ges. 27 p. 706. 1875. v. KoENEN, A. Über 7aeniodon Ewaldi und Ammonites an- gulatus von Lauterbach. Ebenda p. 742. - 1912.. MEYER, HERMANN L. F. und Lang, R. Keuperprofile bei Angersbach im Lauterbacher Graben. Bericht der Oberhessi- schen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Giessen. Neue Folge, Naturw. Abt. Bd. 5 p. 1—44. Ausführlichere Mitteilungen über den Lias des Fulda- Lauterbacher Grabens finden sich nur bei Herrmann L. F', Meyer und Lang. Die Entdeckung dieses Vorkommens ist A. v. Kornen zu verdanken, der von Angersbach Ammonites Johnstoni und Schlotheimia angulata beschrieb. KoEnen und MEYER geben auch genaue Bezeichnungen der 140 R. Glässner. Fundorte. Wie aus den Fossilien hervorgeht, sind die beiden tiefsten Zonen des Lias «@, die Psilonoten- und Angulatenschichten, vorhanden, über Rhätsandstein mit Taeniodon Ewaldi, T. praecursor etc. Den Übergang zum Rhät bilden graugrüne lettige Gesteine mit lokalen Toneisensteinen. Darüber folgen dunkle Tone mit dunklen, sehr tonigen, rostbraun anwitternden Stinkkalken mit Psiloceras Johnstoni. Hiervon liegen auch uns Stücke aus dem Senckenberg-Museum zu Frankfurt a. M. vor. Ferner finden sich sandige Kalke mit Ostrea irregularis und Schlotheimia angulata, tonig-sandige Kalke, und ein stark toniger, glimmerführender, rotbrauner, feinkörniger Sand- stein mit Cardinia Listeri. Den Angulatenschichten ge- hört ferner noch ein dunkler Schieferton mit gut er- haltenen Exemplaren von Schlotheimia angulata an, den bereits Kornen erwähnt, und der auch uns vorliegt. Psiloceras planorbis ist zwar bei Angersbach nicht mit Sicherheit aufgefunden worden, dagegen ist die von BRANDES?) aufgestellte oberste Subzone der Psilonotenschichten, die „Subzone des Psiloceras anisophyllum bezw. des Arietites lagweolus“ unzweifelhaft vorhanden. Branpes stellte (p. 335) eine Reihe alpiner Formen bei Angersbach fest, die, wie Psiloceras anisophyllum W AEHN. selbst, dem Horizont mit Psiloceras megastoma GUENMB. des alpinen Lias angehören. Diese Entdeckung ist natürlich von höchstem Interesse, doch fehlt hier der Raum, um auf die von Braınpes aus dem Auftreten alpiner Formen mit Psiloceras anisophyllum hier, wie auch im östlichen Teile des nordwestdeutschen Liasgebietes, gezogenen palaeogeo- graphischen Schlussfolgerungen einzugehen. 2. Warburger Störungszone. 1858. Sektion Warburg der DECHEN’schen Karte 1:80000. 1870, v. DECHEN, H. Erläuterungen zur Geolog. Karte der Rhein- provinz und der Provinz Westfalen. 2. Bd. 1910. Kraıss, A. Der Warburger Sattel, seine Baustörungen und die vulkan. Durchbrüche. Jahrb. der Geolog. Landesanstalt. '!) 1911. BRranDes, Tu. Die faciellen Verhältnisse des Lias zwischen Harz und Eggegebirge. Diss. Göttingen. 2 | Hessische Jura-Relikte. 141 Die zum Teil schon länger bekannten, aber erst durch Kruıss in ihrer Verbreitung, stratigraphischen Stellung und Lagerung genauer untersuchten Liasrelikte zwischen _ Warburg und Hofgeismar, begleiten die aus Röt und _ Wellenkalk bestehenden Sattelfalten der Warburger Störungszone beiderseits als langgestreckte, schmale Gräben, die tektonisch als versenkte Muldenkerne auf- zufassen sind. Das Vorkommen bei Dalheim südöstlich Warburg war. bereits v. DecHen bekannt (p. 369). Seine Auffassung, dass es unmittelbar mit Unterdrückung des Keupers auf Muschelkalk aufruhe, und die daraus gefolgerte Transgression des Lias über Keuper nach Osten hin, ist indes unrichtig. Es handelt sich wie bei allen hierher- gehörigen Vorkommen um tektonische Gräben, in die ausser Lias auch Gypskeuper und Rhät eingestürzt sind. Vom Lias «@ sind Angulatenschichten bei Dalheim und Ersen, Arietenschichten ebendort, sowie bei - Herlinghausen, den Hängen und Niederlistingen nachge- wiesen. Petrographisch handelt es sich um dunkle Tone und feste, blauschwarze Kalke bis Kalksandsteine, die zu braunen Sandsteinen verwittern. Fossilien gibt Kraıss an. Der Lias # mit Aegoceras planicosta in Toneisenstein- geoden, die dunklen Tonen eingelagert sind, erscheint bei Dalheim und südöstlich der Hängen. Endlich sind noch die Einschlüsse von Liasbrocken im Tuff südöstlich der Hängen zu erwähnen. Die von Kraiss hieraus angegebenen Belemniten sind beweisend für Lias y, desgleichen eine von Verfasser aufgefundene typische Waldheimia numismalis Lam. Kraıss erwähnt ferner noch Inoceramus dubius Sow., der in Schwaben nur _ aus dem oberen Lias bekannt ist. Dieser Fund wäre sehr bemerkenswert, wenn die Bestimmung richtig ist; denn er würde als Beweis gelten können, dass auch der in Hessen jetzt vollkommen fehlende Posidonienschiefer noch zum Absatz gelangt ist, ehe die völlige Verlandung ein- trat, Die im Tuff eingeschlossenen Schiefertone des Lias sind durch die Hitzewirkung zu einem harten, muschelig brechenden Gestein geworden. Auch durch seine sonstigen Einschlüsse von Gesteinen verschiedener Formationen ist 142 R. Glässner. dieser Tuff südöstlich der Hängen interessant und sehens- wert. 3. Eisenach. 1842. OREDNER, H. Das Flözgebirge nördlich von Eisenach. Neues Jahrb. für Mineralogie. 1858. SENFT. Das nordwestliche Ende des Thüringer Waldes. Zeit- schr. der deutschen Geologischen Gesellschaft, p. 305 ff. 1870. v. FRITSCH, K. Vorstudien über die jüngeren mesozoischen Ab- lagerungen bei Eisenach. N. Jahrb. f. Min. p. 385. 1883. BORNEMANN, J. G. Von Eisenach nach Thal und Wutha. Jahrb. d. Geol. Landesanst. p. 383. 1907. NAUMANN, E.. Blatt Kreuzburg der Geologischen Karte von Preussen und d. benachb. Bundesstaaten. Wie ersichtlich, ist schon eine ziemlich reiche Literatur vorhanden, in der der Eisenacher Lias mehr oder weniger ausführlich besprochen wird. Auch die Kartierung des Blattes Eisenach seitens der Geologischen Landesanstalt ist bereits abgeschlossen, und ist eine baldige Publikation jedenfalls zu erwarten. Erschöpfende Darstellungen des Eisenacher Rhät und Lias mit Angabe sehr zahlreicher Fossilien finden sich bei Frırsch und Naumann. Die von Fritsch im Senckenbergischen Museum zu Frankfurt a. M. niedergelegten Originale wurden, wie erwähnt, vom Ver- fasser noch einmal durchbestimmt. Die Schichten des unteren Lias gehören der Eisenach- Kreuzburg-Netraer Störungszone Morstmiıs an, dagegen sind die südöstl. Eisenach erhaltenen Schichten des Lias y — z in einer nordsüdlich streichenden Ver- werfungsspalte zwischen Buntsandstein und Muschelkalk eingeklemmt. Rhät und unterer Lias bestehen aus fein- körnigen Sandsteinen mit Schieferton- und Lettenlagen, woraus man auf Küstennähe mit vielfach wechselnder, aber doch immer wieder in ihre alte Lage zurückkehren- der Strandlinie schliessen muss. Der Kalkgehalt dieses „Unterliassandsteins“ von FrırscH ist übrigens nicht unbe- trächtlich. Auffallend ist die Kleinheit der Fossilien, worauf auch Fritsch aufmerksam gemacht hat. Selbst Riesenformen wie Lima gigantea treten nur in sehr kleinen Hessische Jura-Relikte. 143 Exemplaren auf oder fehlen ganz. Es ist klar, dass diese Erscheinung nur als Folge ungünstiger Lebensbedingungen gedeutet werden kann, wofür auch das nur lagen- oder ‚nesterweise Auftreten der Fossilien spricht. Die Fossil- listen von FRrITScH zeigen auch vielfache Anklänge an die von TERQuEMm et PırttE beschriebene Luxemburger Fauna, was ja nicht zu verwundern ist, da beide Faunen der sandigen Küstenfacies angehören. Der Unterliassandstein umfasst Psilonoten- und Angulatenschichten. Psiloceras planorbis scheint noch nicht gefunden zu sein, wohl aber das nach Branpes den oberen Psilonotenschichten, der „Lagueolus Subzone“, angehörige Psiloceras Hagenowi Der. Dieser Fund ist auffällig, da Psiloceras Hagenowi zusammen mit Artietites lagueolus dem Norden und Westen des nordwestdeutschen Liasgebietes angehört, dagegen im Leinetalgebiet, wie Amm. laqueolus selbst, fehlt und durch die Anisophyllum-Fauna mit ihren alpinen Formen ersetzt wird. Diese Faunenverschiedenheit ist bekanntlich eine Hauptstütze der von BRANDES angenommenen Sollinginsel. Umso auffälliger ist es daher, dass genannter Ammonit soweit im Osten bei Eisenach wieder auftaucht, Die Arietenschichten sind als Kalke und Mergel ausgebildet. Der Lias # ist nur durch die Planicosta- schichten vertreten, dunkle Schiefertone mit Geoden von Toneisenstein und Schwefelkiesknollen. Von beson- derem Interesse sind die „Foraminiferenbänke“ von FRITScH. s sind dies Einlagerungen eines schwefelkieshaltigen Toneisensteins mit sehr zahlreichen Foraminiferen. Über die Stufen des Lias „—e sei nur bemerkt, dass sie aus Mergeln und Kalken bestehen, und dass sie Fossilien geliefert haben, die an dem wirklichen Vorhanden- ein dieser Stufen keinen Zweifel lassen. 4. Gotha. 1839. CREDNER, H. Geognostische Beschreibung des Höhenzuges zwischen Gotha und Arnstadt. N. Jahrb. f. Min. p. 379, 860. CREDNER, H. Über die Grenzgebilde zwischen dem Keuper und dem Lias am Seeberg bei Gotha und in Norddeutschl. überhaupt. p. 293. 144 R. Glässner. 1883. BAUER, M. Über die geologischen Verhältnisse der Seeberge und des Galberges bei Gotha. Jahrb. der Geol. Landesanst. p. 331. 1903. WALTHER, JOH. Geolog. Heimatskunde von Thüringen. Jena. Über die bei Gotha erhaltenen Liasreste mögen hier nur wenige Angaben gemacht werden; für weitere Orien- tierung sei vor allem auf die grundlegende Arbeit von M. BıuER verwiesen. Die am Grossen Seeberg und am südlich davon gelegenen Renn- oder Röhnberg erhalten gebliebenen Schichten des Lias «&—d gehören gleich den ebenfalls bis zum Öd reichenden Liasgesteinen am Bahnhof Eichenberg der Bruchzone Gotha-Eichenberg von Mozsrı an. Wir befinden uns hier offenbar sehr nahe der Ostküste des Liasmeeres. Über den mächtigen Sandsteinen und Tonen des Rhät folgt der Lias « in wesentlich gleicher Ausbildung. Es lassen sich Angulaten- und Gryphi- tenschichten unterscheiden, die Psilonotenzone scheint noch nicht nachgewiesen zu sein. Überhaupt sind Ammo- niten selten, Pflanzenreste häufig. Beides hängt wohl mit der sandigen Facies bezw. der Küstennähe zusammen. Die dann folgenden Schichtenreihen $—Ö sind vorzugs- weise tonig entwickelt, sie sind von M. Buuzr gelegent- lich einer Stollenanlage entdeckt worden. Ein in frischem Zustand dunkelgrauer Ton des Lias $# oder y wird durch Verwitterung rot und dadurch dem Keupermergel so ähnlich, dass eine Unterscheidung im Gelände kaum möglich ist. Unseres Wissens ist diese Erscheinung aus anderen Lias- gebieten noch nicht beschrieben worden. Hessische Jura-Relikte. inba&Kkt; Einleitung Allgemeines . I. Die Liasrelikte der Bruchzone Thüringer Wald—Cassel— Teutoburger Wald Cassel . ee Burghasungen, Altenhasungen . Fetzberg bei Altenhasungen Zierenberg Ehringen . Volkmarsen 1. Beziehungen des Volkmarser Grabens zu seinen Nachbargebieten 2. Stratigraphie. Zechstein . Buntsandstein . Muschelkalk. TEE TFEEE a) Unterer Muschelkalk (Wellenkalk) b) Mittlerer Muschelkalk . c) Oberer Muschelkalk . Keuper ERBE a a) Unterer Keuper (Lettenkohle) . b) Mittlerer Keuper (Hauptkeuper) . c) Oberer Keuper (Rhät) . Lias. rl &) Unterer Lias b) Mittlerer Lias . Tertiär. Diluvium . Alluvium. 3. Tektonik 145 Seite: 51—52 53—55 56—108 57—58 58— 60 60—63 63 — 66 66-—67 67—108 69-73 73-102 13 73—74 7480 15—77 78 78—80 81-86 8184 8485 85—86 86100 8799 99—100 100-101 101 101—102 102108 10 146 R. Glässner. Il. Die Liasrelikte des Homberg—Fritzlarer Grabens . Buntsandstein (Röt) Muschelkalk. ek er a) Unterer Muschelkalk (Wellenkalk) . b) Mittlerer Muschelkalk . c) Oberer Muschelkalk . Keuper. DE a a &) Unterer Keuper (Lettenkohle) . b) Mittlerer Keuper (Hauptkeuper) . c) Oberer Keuper (Rhät) . Lias. Tertiär. Tektonik . , Palaentologischer Anhang . Anhang: Die Liasrelikte von Angersbach bei Lauterbach, der Warburger Störungszone, von Eisenach und Gotha | Seite: 109121 110 110 42 10 111 111228 112—115 112-113 113—114 114-115 115—119 119—120 121 122-—138 139—144 Bienen in den Kreisen Melsungen und Rotenburg. 147 erzeichnis der im Kreise Melsungen und 'otenburg bisher aufgefundenen Bienen, Zusammengestellt von Dr. L. WEBER. Der verstorbene als Hymenopterolog rühmlichst be- annte Herr UrLEMmENnS GEHRS in Hannover, welcher 1910 im rsten Jahresbericht des hehe Zoologischen e eins zu Hannover ein Verzeichnis der von ihm und nderen Sammlern in der Provinz Hannover aufgefundenen ienen (Apidae) veröffentlichte, hat ein Verzeichnis von _ der Umgegend von Melsungen im Jahre 1904 von ihm nd Herrn ÖOberpostsekretär WuEnN (jetzt in Weissen- irg i. E.) gesammelter Hymenopteren und einiger Neu- jpteren hinterlassen. Diese Handschrift ist mir von den ngehörigen des Verstorbenen in dankenswerter Weise ermittelt worden, und ich glaube eine Anregung zur iteren Erforschung des Vorkommens der so stiefmütter- 'h bisher in unserer Gegend behandelten Hautflügler zu ben, wenn ich zunächst einen Teil, die Apidae, hier ver- fe che. Ich habe dabei die in dem Verzeichnis von m verstorbenen Sanitätsrat Dr. med. et phil. H. Eisenach eise Rotenburg erwähnten selbstgesammelten 94 Arten, )lche 1886 in den Veröffentlichungen der Wetterauischen sellschaft für die gesamte Naturkunde zu Hanau bekannt geben wurden, mit aufgenommen. Die systematische ordnung Ele dabei nach dem als Bestimmungsbuch wohl in erster Linie benutzten Werke von Professor . Orro SCHMIEDERNECHT „lie Hymenopteren Mitteleuropas. na 1907“. Die mit „M“ bezeichneten Arten sind also ı den Herren GEHRS und WUENnN, die mit „R* bezeich- ten von Herrn Dr. Eisenach aufgefunden worden. Möge 10* ET 148 Dr. L. Weber. die verdienstliche Tätigkeit dieser Herren bald durch Nach- folger erweitert werden. Es sei noch bemerkt, dass die Sammlung von Herrn GEHRS der Naborhr tere Gesell- schaft in Hannover hinterlassen wurde. Das Verzeichnis von Grurs weist 28 Gattungen mit 275 Arten Apiden für die Provinz Hannover auf. Man sieht also, dass für unsere hiesige Gegend noch ein reiches Feld für die Sammel- tätigkeit übrig bleibt. Apidae. I. Sektion. Soziale Apiden. 1. Unterfamilie. Apinae. 1. Apis L. 1. mellifica L. D: Unter mie Bombinae. 2. Bombus Latr. 2. rajellus K. M. 3. pomorum Pz. M. 4. lapidariu L. M. R. 5. hortorum L. M. R. var. nigricans Schmiedekn. M. 6. Latreillelus K. R. 71. terrestris L. R. var. lucorum L. R. 8. soroönsis Fbr. R. 9, variabilis Schmiedekn. M. R. 10. silvarum L. M. R. 11. Ahypnorum L. M. R. 12. agrorum Fbr. (muscorum Fbr.) M. R 13. cognatus Steph. M. 14. pratorum L. M. R, Bienen in den Kreisen Melsungen und Rotenburg. 149 II. Sektion. Solitäre Sammelbienen. 3. Unterfamilie Anthophorinae. 3. Anthophora Latr. 15. vulpina Pz. M. 16. dimaculata Pz. (= Saropoda rotun- data aut) R. 17. furcata Pz. R. 18. retusa L. R. 19. parietina F. 4. Eucera Latr. 20. longicornis L. 4. Unterfamilie Melittinae. 5. Melitta K. 21. leporina Pz. (— trieincta K.) R. 22. melanura Nyl. (— haemorrhoidalis F.) M. R. B. Unterfamilie Xylopinae. 6. Ceratina Latr. 23. cyanea K (aus Rubus!) M. 6. Unterfamilie Panurginae. 7. Dasypoda Latr. 24. plumipes Pz. (= hirtipes aut) R. 8. Panurgus Latr. 25. lobatus F. R. 9. Dufourea Ley. 26. vulgaris Schenk. M. 7. Unterfamilie Andreninae. 10. Andrena F.‘) 27. cetiüi Schrank. M. 28. Hattorfiana F. M.R. !) Die Arten A. rosae Pz. und rufiventris K., welche Eisenach anführt, sind bei Schmiedeknecht a. a. O. nicht erwähnt. Dr. L. Weber. 29. Schenki Mor. M. R. 30. cingulata F. M. 3l. nigroaenea K. M. 32. cyanescens Nyl.. M. 33. albierus K. R. | 34. carbonaria L. (= pülipes F.) R. 35.. fulva Schrank. R. 36. Trimmeriana K. R. 37. tıbialis K, .M. R: 38. Guwynana K. M.R. 39. humilis Imh. (= fulvescens Sm.) R. 40. parvula K. R. 41. minutula K. M. 42. proxima K. M 43. lucens Imh. R. 44. propingua Schenk. R. 45. combinata Ohr. R. 46. albicans Müll. R. 47. convexiuscula aut. R. 11. Halictus Latr. 48. rubicundus K. R. 49, maculatus Sm. M. R. 50. quadricinctus F. M. R. 5l. quadristrigatus Latr. R. 52. sexeinctus Fabr. R. 53. zanthopus K. M. R. 54. laevigatus K. M. R. 55. zonulus Sm. M. R. 56. leukozonius K. M.R. 57. sexnotatus K. M. R. 58. quadrinotatus K. M. 59. cealceatus Scop. M. R. 60. albipes F. M. 61. pauzxillus Schenk. R. 62. villosulus K. M. 63. nitidiuseulu K. M. 64. fHavipes Fahr. (= seladonius K.) R. Bee te ee Bienen in den Kreisen Melsungen und Rotenburg. 151 65. tumulorum L. (— fasciatus Schenk) M 66. FRIER RW Ki BR. 67. morio F. M. 68. lZeucopus K. R. 8. Unterfamilie Sphecodinae. 12. Sphecodes Latr. 69. similis Wsm. M. 70. puncticeps Thoms. M. 71. gibbus L. M. R. 12. ephippium L. M. R. 9. Unterfamilie Prosopinae. 13. Colletes Latr. 73. fodiens Latr. R, 14. Prosopis Fabr. 74. variegata F. R. 75. hyalinata Sm. M. 76. punctulatissima Sm. M. 77. signata Pz. R. 18. confusa Nyl. R. 79. pietipes Nyl. M. 80. clypearis Schenk. M. 81. nigrita F. M. 82. annulata L. (= communis Nyl.) M.R. 15. Megachile Latr. 83. circumeincta K. R. 84. ericetorum Lep. M. 85. maritima K. R. 86. lagopoda L. M. 87. Willughbiella K. R. 88. centuncularis L. M. R. 89. argentata F. 152 Dr. L. Weber. 16. Osmia Latr. 90. Dbicornis L. R. 91. aenea L. (= coerulescens L.) M. R. 92. aurulenta Panz. M. 93. fulviventris Pz. R. 94. papaveris Latr. M. 95. adunca Latr. M. 96. bicolor Schrank. R. 17. Ersades Spin. 97. fHlorisomnis L. (= Ühelostoma mazillosum aut.) M.R. 98. nigricornis Nyl. M. R. 99. truncorum L. M. R. 100. campanularum K. M. 18. Anthidium E. 101. manccatum L. M. R. III. Sektion. Parasitäre oder Schmarotzer- bienen. 11. Unterfamilie Pszthyrinae. 19. Psithyrus Lep. 102, rupestris F. R. 103. campestris Pz. R. 104. Barbutellus K. 105. vestalis Fourer. 106. quadricolor Lep. 12. Unterfamilie Nomadinae. 20. Melecta Latr. 107. armata Pz. (= punctata K.) R. 21. Nomada F. 108. sexfasciata Pz. M. 109. solidaginis Pz. M. R. 110. succineta Pz. M. Bienen in den Kreisen Melsungen und Rotenburg. 153 111. yjacobaea Pz. M. 112. Marshamella K. R. 113. Zineola Pz. R. 114. Robertjeotiana Pz. R. 115... fucata, Paz. 116. zonata Pz. var. rhenana Mor. R. 117. Zateralis Pz. R. 118. Fabricrana L. R. 119. guttulata Schenk. M. [3. Unterfamilie Stelinae. 22. Stelis Panz. 120. aterrima P:z. 14. Unterfamilie Coelioxinae. 23. Coelioxis Latr. 121. considera RI. 122. aurolimbata F. 123. rufescens Lep. 154 M. Goldschmidt. Notizen zur Lebermoos-Flora des hhöngebirges. Von M. GoLpsSCHMIDT in Geisa. (Vergleiche XLIX., LI. und LII. Bericht.) 1y: Vorbemerkung: Wenn ich wiederum einen kleinen Beitrag zur Kennt- nis der Lebermoosflora des Rhöngebirges zu geben in der Lage bin, so verdanke ich dies zum grossen Teile der Güte des bekannten Floristen und Mooskenners Herrn Dr. FAMILLER - Regensburg; er hat mir eine Reihe wichtiger Beobachtungen, die er im Sommer 1912 um Bischofsheim a. d. Rhön gemacht, in liberalster Weise behufs Ver- öffentlichung zur Verfügung gestellt, wofür ich ihm auch an dieser Stelle herzlich danke. Seine Funde, darunter 3 für das Gebiet gänzlich neue Arten, fast durchweg der mon- tanen Region des Gebirges angehörig, sind durch den Zusatz (Fan.) kenntlich gemacht. Ich habe nur diejenigen seiner Moosfunde weggelassen, welche sich auf solche Arten beziehen, die ich bereits früher als allg emeızg verbreitet im Gebiete bezeichnen konnte. Es wird den Moosforschern nicht unwillkommen sein, wenn ich an dieser Stelle auch 3 bedeutsame Laub- moosfunde des Herrn Dr. FANILLER aus der Bischofs- heimer Rhön mit aufführe: 1. Fontinalis gracilis Linde. c. fr. in einem Wasserlaufe an der Ostseite des Schwabenhimmels gegen Ginolts, 850 m. (Von GEHEFB nur im Abflusswasser des roten Notizen zur Lebermoos-Flora des Rhöngebirges. 155 Moores — irrtümlich als F. squamosa — und in dem zu diesem Bächlein gehenden Sengenbach am Fusse des Schwabenhimmels, also an dessen Westseite ge- funden. Vergl. Flora 1871 und 1876, Allgem. bot. Zeitschr. 1898). . Tortula papillosa Wırs. Im Tal der fränkischen Saale bei Neustadt gegen Neuhaus an Rosskastanien der Anlagen, gegen 200 m. (Von GEHEEB an eben- solchen Bäumen des Domplatzes zu Fulda und an Linden des Gangolfberges bei Geisa beobachtet. Flora 1870.) . Pterigynandrum filiforme Hedw. var. montanense WHEL». In einem winzigen Räschen über Basalt am Himmel- dunkberg, 800 m. (Es ist dieses die von MOENKEMEYER an Buchen des Ressberges bei Gersfeld gefundene, als propagulifera bezeichnete Form. Allgem. bot. Zeit- schrift 1909.) . Rieciella fluitans A. Br. In den Abflussteichen des prächtigen Schönsees bei Urnshausen in der östlichen Vorder-Rhön, 350 m. . Ricciocarpus natans Corda. Massenhaft an der- selben Örtlichkeit. . Conocephalus conicus Dunm. c. fr. An Sandsteinfelsen neben der Ulster im Haselwäldchen bei Tann, 350 m. . Aneura sinuata Dum. f. submersa JENSEN. Wie Nr. 1. . Metzgeria furcata Lnes. v. ulvula NEEs. Schwarz- bachtal bei Bischofsheim, 600 m (Fan.). . Metzgeria conjugata Loss. An Basaltgestein im vor- genannten Tal über der Teufelsmühle, 600 m (Fan.); an Buntsandstein im Haselwäldchen bei Tann, 350 m; auf Basaltboden eines Waldweges unter dem Bildstein bei Thaiden, 650 m. . Pellia epiphylla Dir. v. undulata Ners. Häufig in raschfliessenden Wiesenbächen der Vorder-Rhön. M. Goldschmidt. 10. 18% 13. 14. 15. 16. Le 18. 1% 20. . Pellia endiviaefolia Dum. Wie Nr. 3. . Marsupella aquatica (Lose.) Scuirrn. An über- spülten Sandsteinblöcken im oberen Diesbachgraben über dem Diesbachhofe bei Römershag, 600 m. Marsupella Funckii Dum. Auf Basalt im Walde nord- westlich der Strasse Bischofsheim— Weissbach, etwa 500 m (Fan.). Lobhozia longidens (Lvsc.) Macowvn. Zwischen anderen Moosen an einem grösseren Basaltblock des Johannisfeuers am Kreuzberg, 930 m (Fıan.). . Lophosia alpestris (Scuı.) Steps. Über erdbedecktem Basalt am Himmeldunkberg, 800 m; zwischen anderen Moosen am Johannisfeuer auf dem Kreuzberg; 940 m; über Basalt im Walde nordwestlich der Strasse Bischofsheim— Weissbach (sämtl. Fan.). Lophozia ventricosa Dun. Kreuzberg, 940 m (Fan.). Lophozia quinquedentata WEB. Häufig auf Basalt- geröll der Bergregion der ganzen Vorder-Rhön; in der hohen Rhön am Schäferstand über Wüsten- sachsen, 750 m. Lophozia Baueriana SCHIFFN. (L. Hatscheri STEPH.). Basaltfelsen der Wasserkuppe (K. MurLLER); am Simmelsberg bei Gersfeld (MoENCKEMEYER); Himmel- dunkberg, Johannisfeuer am Kreuzberg und am Steinernen Haus (Fıu.); im Biebergrund beim Graben- höfchen. Plagiochila asplenioides N. u.M. var. heterophylla NEEs. An Sandsteinblöcken im Diesbach bei Römershag. Lophocolea cuspidata Liupr. Abhang im Walde neben der Strasse Bischofsheim— Weissbach. (Fan.). Lophocolea heterophylla (ScHRAD.) Dum. Steigt auch zur hohen Rhön auf. An faulem Holz bei der Teufels- mühle. über Bischofsheim (Fın.); im Nadelwalde am Kreuzberg, etwa 800 m. Lophocolea minor NEEs. Wie Nr. 17 (Fan.). Cephaloziella divaricata WARNSsT. Auf erdbedecktem Basalt am Himmeldunkberg, 800 m (Fan.). n 21. 22, 23. 24. 25. Notizen zur Lebermoos-Flora des Rhöngebirges. 157 Ptilidium ciliare Hampr. Waldweg Schwallungen— Zillbach in der östlichen Vorder-Rhön auf Bunt- sandstein, 300 m. Trichocolea tomentella Nrrs. Sparsam am Oberlauf des Schwarzbaches beim Holzberghof, 700—750 m (Fıan.). Diplophyllum albicans Dum. Lange Steine (Bunt- sandstein) und Umgebung im Diesbachwald bei Römershag. Scapania curta Dun. Waldweg am Bildstein bei Thaiden aufBasalt, 700m; an der Strasse Schwallungen— Zillbach auf Buntsandstein, 300 m. Scapania irrigua Dun. Sparsam in einem Wasser- graben am Schwabenhimmel über dem Holzberghof, etwa 700 m (Fan.). . Scapania undulata (L.) Dun. An überfluteten Sand- steinblöcken des Diesbaches bei Römershag. . Madotheca laevigata Dun. Auf erdbedecktem Basalt- gestein im Schwarzbachtal zwischen Teufelsmühle und Holzberghof, 650 m (Fıan.). . Madotheca rivularıs NEESs. Wie Nr. 27 (Fanm.). . Madotheca platyphylla (L.) Dun. Wie Nr. 27 (Fan.). . Frullania tamarisci NEEs. Wie Nr. 27 (Fam.). . Anthoceros punctatus (L.) Auf Ackern zwischen Bischofsheim und Weissbach (Fın.). . Anthoceros laevis (L.) Wie Nr. 31 (Fan.). * * * Die Zahl der vom Gebiete bis jetzt bekannt ge- wordenen Lebermoosarten erhöht sich nunmehr auf 77, d. i. 32% gegen 44° der für Deutschland, Deutsch- Oesterreich und die Schweiz angenommenen Laubmoosarten. Geisa, im Dezember 1912. 158 Dr. H. Joachim. Über optische Entfernungsmesser. Von Dr. H. Joscam. Das Problem der Entfernungsbestimmung nach be- liebig gelegenen unzugänglichen Punkten von einem ein- zigen Standort aus hat bereits seit Jahrhunderten die findigsten Köpfe der Geodäten sowohl wie der Mechaniker und Konstrukteure beschäftigt. Noch in neuester Zeit bildet diese Aufgabe ein Lieblingsproblem zahlreicher Erfinder. Der Militärtechnik ist es vorbehalten gewesen, die Aufgabe ihrer Lösung entgegenzuführen. Die gesteigerte Präzision der Schusswaffen und die dadurch erreichte grössere Reichweite derselben hatte zur Folge, dass das Schätzen der Entfernungen für die wirksame Bekämpfung der feindlichen Stellungen nicht mehr ausreichte und Mittel und Wege geschaffen werden mussten, die Entfernung des Zieles mit grösster Sicherheit festzulegen. Der militärische Enntfernungsmesser bildet neuerdings eins der wichtigsten Hilfsmittel für die Zielbestimmung im Felde. Soweit es sich um die Entwicklung der Entfernungs- messer-Frage in Deutschland handelt, gebührt der Firma Hann in Cassel — vormals A. & R. Hann, Institut für militärwissenschaftliche Instrumente, jetzt Aktiengesell- schaft Hann für Optik und Mechanik — das Verdienst, seit Beginn der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts aus den primitivsten Anfängen heraus die militärischen Entfernungsmesser - Konstruktionen zu einer derartigen Höhe entwickelt zu haben, dass das von ihr seit Jahr- zehnten verfolgte Konstruktionsprinzip als das für den praktischen Gebrauch im Felde geeignetste erkannt, nz Über optische Entfernungsmesser. 159 insbesondere die weit allgemeinere Verwendbarkeit der monokularen Basis-Entfernungsmesser gegenüber anderen Konstruktionen (stereoskopischer Entfernungsmesser der Firma Zeiss usw.) erwiesen und die Möglichkeit der Ver- wendung derartiger Instrumente für den Feldgebrauch dargetan werden konnte. Es dürfte daher für weitere Kreise von Interesse sein, darzulegen, in welcher Weise sich die Entfernungsmesser - Konstruktionen der Firma Hann im Laufe von etwa 40 Jahren entwickelt haben. Das Verfahren, welches den sogenannten Basis- Entfernungsmessern zu Grunde liegt, besteht darin, mit Hilfe zweier Winkelmessinstrumente an den End- punkten einer ausgemessenen Basis b (Fig. 1) die Winkel m Visierrichtung Ziel Parallaktischer Winkel Basis Visierrichtung 2 Fig. 1 Prinzip der Basis-Entfernungsmesser. n, n zu bestimmen, welche die Visierrichtungen nach dem iiel mit der Basis einschliessen. Damit ist das durch die Visierrichtungen und die Basis gebildete Dreieck festgelegt, ınd die Ermittelung der Entfernungen, d. h. der Länge ler Visierlinien, ist auf eine einfache trigonometrische \ufgabe zurückgeführt. Fig. 2 stellt derartige Winkelmessinstrumente ar, welche nach den Angaben des Herrn Major Bon, lerzeitigen Mitglieds der Königlichen Artillerie-Prüfungs- ‘ommission, konstruiert wurden (britisches Patent 1961/1877). ie Apparate sind mit je zwei Fernrohren ausgestattet, 'on denen je eins in Richtung der Basis auf den zweiten standort, während das andere in Richtung der Visierlinie uf das Ziel einvisiert wurde. Eine am Instrument an- ebrachte Tangentenskala erlaubte die Ablesung der Fern- hreinstellung, woraus sich an Hand von Tabellen die 160 Dr. H. Joachim. Entfernung ermitteln liess. Die Länge der Basis betru 50--200 m. TE EEE WED AENLTERLETTETEN Fig. 2 Entfernungsmesser System Bode. r ua nie Die Schwierigkeit, welche sich der Verwendung zweier getrennter Stationen und Beobachter für den kriegs- mässigen Gebrauch in den Weg stellten, gaben den An- h) PEN EEE VB AS einem einheitlichen Instrument zu verbinden. So entstand der Entfernungsmesser Fig. 3, der m den 80er Jahren für die Zwecke der Küstenbe- festigungen eine grosse Rolle gespielt hat und sich 161 Über optische Entfernungsmesser. an verschiedenen Stellen des In- und Auslandes noch heute im Gebrauch befindet. Die zwei Visierfernrohre wurden an den Enden eines Basisbalkens von 3-5 m änge angebracht. Das eine der beiden Fernrohre, z. B. das linke, war starr und zwar senkrecht zu dem Balken | unden, das andere war drehbar befestigt. Durch Schwenken des ganzen Balkens wurde zunächst das linke Fernrohr auf das Ziel einvisiert. Durch Drehung der Messtrommel wurde alsdann die Visierlinie des rechten Fig. 3 Küstenentfernungsmesser. - Fernrohres ebenfalls auf denselben Zielpunkt gebracht. "Die gesuchte Entfernung ergab sich als Funktion des Drehungswinkels des zweiten Fernrohrs und wurde un- "mittelbar auf der Messtrommel abgelesen. Ende der 80er Jahre stellte sich auch bei der In- fanterie das Bedürfnis nach einem Entfernungsmesser "heraus, um durch richtige Wahl des Visiers die erhöhten ballistischen Leistungen des neuen Gewehres und die Vor- züge des Magazinfeuers voll ausnutzen zu können und gleichzeitig die Möglichkeit einer zwecklosen Munitions- verschwendung auf einer falschen Entfernung auszu- schliessen. Durch eine Verringerung der Basis von 5 m auf ca, cm und durch eine geeignete Umbildung der: Visier-, ernrohre, deren optische Achsen mit Hilfe eingeschalteter 11 162 Dr. H. Joachim. Prismen in der Weise gebrochen wurden, dass die Okulare im Augenabstande nebeneinander lagen (Fig. 4), wurde die Möglichkeit geschaffen, das Einvisieren der beiden Fernrohre durch einen einzigen Beobachter vorzu- nehmen. Beide Fernrohre enthielten eine Strichmarke, die beide auf den Zielpunkt einzustellen waren. Die Entfernung wurde alsdann mit Hülfe der Mikrometerschraube, welche die Bewegung der einen Strichmarke hervorrief, ermöglicht. Das Instrument ist im Prinzip identisch mit dem soge- nannten stereoskopischen Entfernungsmesser mit Wandermarke. Infolge der Schwierigkeiten, die die stereoskopische Wahrnehmung bietet und die so ausgesprochen sind, dass - nur ein geringer Prozentsatz aller Menschen stereoskopische Eindrücke aufzunehmen vermag, ist der sehr naheliegende Fig. 4 Entfernungsmesser System 1886. Schritt: von fdiesem Instrument zu dem späteren Modell der stereoskopischen Entfernungsmesser von der Firma Hann s. Zt. nicht getan worden. Vielmehr führen ihre weiteren Konstruktionen von hier aus zu dem mono- kularen Entfernungsmesser. Der erste weitere Schritt bestand darin, dass die im Augenabstand nebeneinander liegenden Okulare näher zusammengelegt und schliesslich die beiden Okularprismen in ein und demselben Okular vereinigt wurden. Das Prinzip dieses Instrumentes ist neuerdings in dem Beckr’schen Entfernungsmesser wieder aufgetreten. Über optische Entfernungsmesser. 163 Instrumente dieser Art wurden Anfang der 90er Jahre konstruiert. Die sämtlichen optischen Teile wurden dann weiter in ein einziges quer zur Visierrichtung liegendes Rohr verlegt, wodurch das Instrument die charakteristische Form des sogenannten Querfernrohres erhielt, die es noch heute aufweist. Eine weitere Verbesserung bestand darin, dass die vor dem Ökular liegenden Ablenkungs- prismen (Okularprismen) nicht mehr neben-, sondern über- einander gelegt wurden. Dieses optische System ist noch heute für alle monokularen Basis-Entfernungs- messer (Koinzidenz-Entfernungsmesser) charakteristisch: Zweiteiliges, durch die Trennungslinie geteiltes Gesichts- feld, dessen unteres Bild von dem rechten, dessen oberes von dem linken Fernrohr herrührt. Die Wirkungsweise eines solchen Coinzidenz- Entfernungsmessers beruht auf folgendem: Sind die optischen Achsen der beiden Fernrohrsysteme parallel ge- stellt, so liefern sie von einem in unendlicher Entfernung liegenden Gegenstand ein über die Trennungslinie ver- laufendes einheitliches Bild. Visiert man dagegen einen Gegenstand in endlicher Entfernung an, so erscheint sein Bild in der oberen Hälfte des Gesichtsfeldes, d.h. im linken Fernrohr, gegenüber dem in der unteren nach rechts verschoben (Fig. 5). Fig. 5 Gesichtsfeld des Coincidenz-Entfernungsmessers. Die Erscheinung ist ganz analog derjenigen, welche man erhält, wenn man abwechselnd mit dem rechten und. linken Auge hintereinander in verschiedenen Entfernungen Fr 164 Dr. H. Joachim. liegende Gegenstände betrachtet. Durch das linke Auge gesehen, erscheinen die näheren Gegenstände den weiteren gegenüber nach rechts verschoben. Die Gegenstände erscheinen im oberen Bild um so stärker nach rechts verschoben, je näher sie liegen. Das Mass dieser Verschiebung kann also unmittelbar zur Ent- fernungsbestimmung dienen. Das gebräuchliche Messverfahren besteht bei den monokularen Basisentfernungsmessern darin, durch die Bewegung eines oder mehrerer optischer Teile eine der- artige Schwenkung der optischen Achse eines der beiden Fernrohre in der Messebene, d. ı. in der Ebene des Mess- dreiecks, vorzunehmen, dass die durch die Trennungslinie zerschnittenen und sich nicht vergleichenden Bilder wieder zur Koinzidenz gelangen. Die Grösse dieser Verschiebung kann durch eine geeignete Mikrometertrommel, die nach Entfernungen geteilt ist, abgelesen werden. Entfernungs- messer dieser Art bezeichnet man als Koinzidenz- Entfernungsmesser im engeren Sinne, Die Schwierigkeit, mit dem Koinzidenz-Entfernungs- messer kleine Feldziele schnell und sicher anzumessen, hat dazu geführt, das obere Bild symmetrisch zum unteren umzukehren; (Fig. 6) die ohnehin sehr kleinen Feldziele Fig. 6 Gesichtsfeld des Invert-Entfernungsmessers. werden durch die Trennungslinie nicht geteilt, sondern man hat die ganze Höhe des Zieles doppelt zur Verfügung. Instrumente dieser Art bezeichnet man als Invert-Ent- fernungsmesser. Über optische Entfernungsmesser. 165 Die. Fig. 7 zeigt einen Infanterie-Entfernungsmesser auf seinem Stativ. Der Strahlengang in dem Fernrohr wird durch Fig. 8 veranschaulicht. An den beiden Enden befinden sich im Abstand der Basis von 80 cm fünfseitige Prismen b b, welche die vom Ziel kommenden Lichtstrahlen unter rechtem Winkel reflektieren Fig. 7. Entfernungsmesser für Infanterie. und durch die beiden Objektive c cı in die Okularprismen d dı leiten. Letztere sind so aufeinandergelegt und in der Weise abgeblendet, das in das untere Prisma dı nur die Strahlen der rechten, in das obere d nur die der linken Eintrittsöffnung gelangen. In den Okularprismen werden die Lichtstrahlen rechtwinklig gebrochen und in das Okular e geleitet, 166 Dr. H. Joachim. Die Messung geschieht in folgender Weise: Unter Benutzung einer aus Kimme und Korn bestehenden Visiervorrichtung, die sich oberhalb des Okulars befindet, richtet man das Fernrohr durch Bewegung der Stell- schrauben des Stativkopfess nach dem anzumessenden Ziel. | Fig. 8 Strahlengang im Entfernungsmesser. Mittelst des Okulars überzeugt man sich, dass der betreffende Gegenstand im Gesichtsfeld des Entfernungs- messers erscheint. Durch vorsichtige Drehung des Tele- meters um den vertikalen Zapfen des Gestelles bringt man den Gegenstand in die Mitte des Gesichtsfeldes, und durch Kippen des Instrumentes um seine Längsachse bringt man einen geeigneten Teil des Zieles auf die Mitte der Trennunsgslinie. Ist als Ziel z. B. ein Kirchturm gewählt, so muss derselbe nach dem Einvisieren im Gesichtsfeld die . Coineidenz Invert Fig. 9 und 10 Einstellen des Entfernungsmessers vor dem Messen. durch dıe. Figuren 9 und 10 veranschaulichte Form annehmen, Über optische Entfernungsmesser. 167 Um die Entfernung festzustellen, dreht man nun an dem Messmechanismus des Instrumentes solange, bis sich die Bilder zu einem Ganzen vereinigen bezw. sich decken. (Fig. 11, 12). Die Entfernung wird alsdann an der Mess- trommel abgelesen. | Coincidenz Invert Fig. 11 und 12 Einstellen des Entfernungsmessers nach dem Messen. Das Instrument kann übrigens auch so eingerichtet sein, dass die Ableseskala im Innern liegt und entweder im Okular des Entfernungsmessers selbst oder in einem Hilfsokular erscheint. Für die Verfolgung schnell beweg- licher Ziele ist diese Anordnung der sogenannten Innen- ablesung empfehlenswert. Soll der Entfernungsmesser für das Anmessen von Luftzielen Verwendung finden, so ist in vielen Fällen die Verwendung einer schräg gerichteten Einblicksöffnung des Okulars zweckmässig. Die Genauigkeit des Instrumentes richtet sich nach der Länge der Basis, der Vergrösserung und der Einstell- ‚genauigkeit. Nach Untersuchungen von HrrmHoLız kann man unter günstigen Verhältnissen die Einstellgenauigkeit mit etwa 10 Sekunden annehmen. Bei zehnfacher Ver- grösserung ist also der in Betracht kommende Einstell- fehler gleich einer Sekunde. Dieser Winkelfehler ent- spricht bei den verschiedenen Basislängen den in der folgenden Tabelle enthaltenen Messfehlern. 168 Dr. H. Joachim. Tabelle der Messfehler ın m: Entfernungen Länge der Basis u in m 08m | 10m| 15m sm|5m 400 1,0 0,8 re _ 700 3,0 2,4 1,6 0,83 08 1000 6,0 4,8 3,2 1:64.10 1500 13,6 10,9 13 Ba A 2000 24,2 19,4 12,9 DD. 3000 54,5 43,6 29,1 14.54.89 4000 96,9 77,6 51,8 238 | .153 5000 131.5 123212 80,8 40,4 | 24,2 10000 — — 323,2=.91161 6, 9 Um die Justierung desInstrumentes zu prüfen, verwendet man besondere Hilfsapparate, Justierlatten und dergl. Neuerdings werden die Instrumente auch mit Ein- richtungen versehen, die eine Justierung ohne Hilfsapparate gestatten (sogenannte Innenjustierung). Die Anforderungen, welche an die Genauigkeit des Instrumentes gestellt werden, sind derartig hohe, dass nur durch die vollkommensten Hilfsmittel, welche der modernen Präzisionsmechanik und Optik zu Gebote stehen, die Lösung der Entfernungsmesser-Frage erfolgen konnte. Bezüglich der Optik braucht man nur daran zu erinnern, welche Schwierigkeiten es macht, zwei Fernrohre, deren Gesichts- feldbilder unmittelbar nebeneinander in demselben Okular erscheinen, so vollkommen gleichartig bezüglich Ver- grösserung, Bildschärfe usw. herzustellen, dass die beiden Bilder als von einem einzigen Fernrohr entworfen er- scheinen. ER Über optische Entfernungsmesser. 169 i Die mechanischen Anforderungen sind ausser durch die Bedingungen der Wasserundurchlässigkeit und der Sicherheit gegen Eindringen von Staub, Schmutz und dergl. durch die weiteren Forderungen des Feldgebrauches, leichte Handhabung, Sicherheit gegen Stoss und Temperatur- einflüsse auf’s äusserste gesteigert. Es ist daher verständ- lich, dass auch von fachmännischer Seite das Problem der feldbrauchbaren Entfernungsmesser noch bis vor kurzem als unlösbar bezeichnet werden konnte. Die Entfernungs- messer-Konstruktionen zählen daher mit Recht zu den schwierigsten Aufgaben, die der Präzisionsmechanik in neuester Zeit gestellt worden sind. 170 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Bericht. l. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Dem Landesausschusse für den Regierungsbezirk Cassel und den städtischen Behörden der Residenzstadt Cassel sei wiederum der verbindlichste Dank ausgesprochen für die Zuwendungen, die es dem Vereine ermöglichten, seinen Aufgaben in gewohnter Weise gerecht zu werden. Ganz besonderen Dank schulden wir dem Herrn Minister der geistlichen-, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten für die gewährte Beihilfe, durch die, zusammen mit dem erhöhten Zuschuss des Landesausschusses für den Regie- rungsbezirk Oassel, der Verein in den Stand gesetzt wurde, zur Feier des 75jährigen Bestehens eine würdige Fest- schrift herauszugeben. Zur Feier des T5jährigen Bestehens hatte der Verein zu einer Festsitzung auf Sonntag, den 23. April 1911, vormittags 11 Uhr, im grossen Saale des Kaufmannshauses, Hohenzollernstrasse 46, eingeladen. Der Vorsitzende des Vereins, Herr Professor Dr. FEnNEL, ergriff zunächst das Wort zu folgender Ansprache: Hochgeehrte Herren! Wir haben uns heute hier versammelt, um das 75 jährige Bestehen des Vereins für Naturkunde festlich zu begehen. Am 18. April 1836 wurde der Verein in das Leben ge- rufen. Männer, durchglüht von edlem Forschungstriebe, fanden sich zusammen. Die einen begeisterten sich für die Erkenntnis und den Ausbau der Gesetze, nach denen die Gestirne am Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 171 - Himmelsdome in erhabener Ruhe ihre Bahnen beschreiben und für die Erkenntnis und die genaue Darstellung der mannigfachen Erscheinungen auf dem Gebiete der Physik. Die anderen beschäftigten sich mit den Gesetzen, nach denen sich die Atome der Moleküle trennen nnd binden in wechselvollem Spiele, und mit der Ergründung des Wesens des Stoffes. Wieder andere suchten die ewig- gültigen Gesetze des Werdens, Seins und Vergehens der tierischen und pflanzlichen Lebewesen zu erforschen. - Wieder andere sammelten, sichteten und bestimmten Ge- bilde der organischen und anorganischen Natur und stellten hierdurch das Vorhandensein und die Verbreitung be- stimmter Tier- und Pflanzenformen in unserem Hessen- lande fest, die in der Gegenwart oder in früheren Ent- wickelungsabschnitten unseres Erdballes hier heimisch waren. Sie alle waren geeint in der Liebe zur Natur, geeint durch den gleichen Eifer zu forschen und zu erkennen, geeint durch die Freude, das Erkannte mitzuteilen und ‘so wenn auch bescheidene Bausteine zu dem gewaltigen Bau der Naturerkenntnis herbeizuschaffen, an dem die Menschheit seit Jahrtausenden baut und bauen wird, so lange es strebende, nach Erkenntnis ringende Menschen geben wird. Der Mann, der den Gedanken fasste, hier einen Ver- ein für Naturkunde zu gründen, und es verstand, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen, war der Militärwund- arzt im kurfürstlichen Leibregiment Doktor der Medizin und Philosophie GEoRG HERMANN MOoELLER. Von den 15 Gründern möchte ıch neben MorLLER nennen: Kriegsrat - GoTTscHED, Direktor und Schulinspektor Professor SCHMIEDER, Bergrat ApoLF SCHWARZENBERG, Oberforstrat JOHANN GEORG _ SCHWARZENBERG, Regierungsassessor SEZEKORN, Ökonomierat WENDEROTH und die Lehrer an der kurfürstlichen poly- technischen Schule Dr. BurHEnnE und Dr. RupoLr Amanpus Paırıppi, den ersten Vorsitzenden des Vereins. Im ersten Jahre seines Bestehens gesellte sich ihnen der nach Cassel an die polytechnische Schule berufene Roserr WILHELM Bussen hinzu. 172 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Wenn wir heute zurückblicken auf die Geburtsstunde und die erste Jugend unseres Vereins, so leuchten uns die Namen PhıLLıppı und Bunsen entgegen, und es erfüllt uns mit Stolz, dass wir sie zu den unserigen zählen dürfen. Dieser beiden ersten Leiter des Vereins für Naturkunde zu gedenken, ist heute unsere Pflicht. PHıLıppı war in seiner Jugend 4 Jahre lang in Iferten Schüler PestaLozzıs, des Vaters der modernen Pädagogik, und besuchte dann das berühmte Gymnasium zum Grauen Kloster in Berlin. Er studierte Medizin und bereiste nach seiner Promotion Süditalien, wo er den Grund zu seinem umfangreichen Wissen auf dem Gebiete der Mollusken legte. Nach dem Erscheinen des ersten Bandes seines Werkes über sizilische Mollusken verlieh ihm König Friedrich Wilhelm II. auf Anregung ALEXANDERS von Humsorpr die goldene Medaille. 1835 war Ph. als Lehrer der Naturgeschichte und Erdkunde an die 3 Jahre vorher begründete polytechnische Schule in Cassel berufen worden. Hier wirkten als Chemiker WOoEHLER und später Bunsen, als Physiker Burr und KonHLrausch, als Mineraloge Duncker, als Mathematiker Borrscah, als Nationalökonom WINKELBLECH, Männer, die den guten Ruf dieser Anstalt be- gründeten. Im Jahre 1849 wurde PhaıLıppr zum Direktor der polytechnischen Schule ernannt und durch das Vertrauen seiner Mitbürger in den Magistrat der Residenz gewählt. Doch bald trat ein Umschwung der politischen Ver- hältnisse ein. Das Ministerium HassenprLug gelangte ans Ruder, Bundestruppen rückten in Cassel ein und, da PsıLıppı Bedrückungen fürchtete, Hoh er in der Nacht des 27. Dezember 1851 aus Cassel. Ein halbes Jahr später schiffte er sich auf Veranlassung seines Bruders nach Chile ein. Im Jahre 1853 übernahm er die Leitung des Lyceums in Valdivia, bald darauf wurde er Professor der Zoologie und Botanik an der Universität zu Santiago und Direktor des dortigen Nationalmuseums Mit der Übernahme dieser Ämter war eine Rückkehr Phruupris in sein deutsches Vaterland fast ausgeschlossen. An seiner neuen Wirkungsstätte war PhıLıppı rastlos tätig bis in sein hohes Greisenalter, Als er im Jahre 1898 — Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 173 sein Amt als Direktor des Nationalmuseums niederlegte, war er 90 Jahre alt. Ihm, der dem deutschen Namen und der deutschen Wissenschaft in seinem zweiten Vaterlande hohe Anerkennung verschafft hatte, wurden Ehrungen dargebracht, wie sie in Chile noch keinem Gelehrten erwiesen waren. Auch sein altes Vaterland ehrte seinen grossen Sohn. Se. Majestät der Kaiser und König zollte seinen Verdiensten in einem Handschreiben huldvoll An- erkennung, Reichskanzler und preussischer Kultusminister ehrten ihn durch Glückwunschschreiben. 6 Jahre später schied Pnınıprı dahin. Die Beerdigung geschah auf Staatskosten. Der Präsident der Republik und viele viele Tausende geleiteten bei Fackelschein die irdische Hülle zur Universität und dann zur letzten Ruhe- stätte. Es war der gewaltigste Leichenzug, den Santiago je gesehen hat. So ehrte Chile unseren Phırıppı, der mehr als ein halbes Jahrhundert im Dienste der Wissenschaft für sein zweites Vaterland unermüdlich gewirkt hatte. Mit Puııppr war der letzte Gründer des Vereins für Naturkunde aus dem Leben geschieden. 12 Jahre hindurch hatte er den Verein geleitet und mehr als 60 Vorträge in ‚seinen Sitzungen gehalten. Auch in seiner neuen Heimat blieb er mit dem Verein in steter Fühlung und sandte zahlreiche Arbeiten, die eine Zierde unserer Schriften sind. Ein in unserem Sitzungszimmer im Naturalienmuseum aufgehängtes Bronzemedaillon erinnert unsere Mitglieder an den eifrigen Förderer unserer Sache, dessen warme Teilnahme für den Verein nie erkaltete. Die Festschrift, die aus Anlass des 50jährigen Bestehens des Vereins im Jahre 1886 erschien, brachte ein Bild des greisen Gelehrten. Puıtıppis Andenken wird stets bei uns lebendig bleiben als Stifter, als Förderer, als Vater des Vereins. Am letzten Tage des vorigen Monats war der Tag zum hundertsten Male wiedergekehrt, an dem RöoBERT Bunsen das Licht der Welt erblickt hatte. Sein Name gehört zu den glänzendsten des 19. Jahrhunderts. Nur wenige Jahre gehörte Bunsen unserem Vereine an, den er während Phirıpris zweiter Reise nach Sizilien als Vor- sitzender leitete. 174 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Im Jahre 1838 stellte Bunsen im Auftrage der kur- fürstlichen Oberbergdirektion Untersuchungen über die Zusammensetzung der Hochofengase eines Eisenhochofens in Veckerhagen und eines Kupferschieferofens in Richels- dorf an. In zweifacher Richtung waren diese Unter- suchungen von Bedeutung. Busen klärte den chemischen Vorgang im Hochofen auf und zeigte, dass fast die Hälfte des Brennstoffes unbenutzt entweicht. Er wies auf die Verwendung der Hochofengase zu Heizungszwecken hin, eine Verwendung, die der Technik erst viel später ge- lungen ist. Vor allem gab es Bunsen Veranlassung, sich mit gasometrischen Analysen zu beschäftigen, die er zu hoher Vollendung ausgebildet hat, Gewaltig ist der Umfang der Arbeiten Bunsens. 56 Jahre lang ist er ununterbrochen als Forscher und Lehrer tätig gewesen. Bunsenbrenner, Bunsenelement und Spekralanalyse rufen in jedem die Erinnerung wach an den grossen Gelehrten, dessen Name in der Geschichte der Chemie und Physik unvergesslich bleiben wird. Dass auch er einer der unsrigen war, dürfen wir heute mit Befriedigung hervorheben. Aus der langen Reihe von Männern, die sich um den Verein hoch verdient gemacht haben, möchte ich nur einige nennen, die zwar nicht mehr unter uns weilen, aber noch vielen von uns bekannt sind: OsKAR SPEYER, Kxarz, KESSLER, GERLAND, ACKERMANN. ACKERMANN gebührt das Verdienst, die Beziehungen zu auswärtigen Instituten so weit ausgedehnt zu haben, dass der Verein mit nahezu 400 Akademien, wissenschaft- lichen Gesellschaften und Vereinen in Schriftenaustausch steht und hierdurch unserer Bücherei ein dauernder Strom wissenschaftlich wertvoller Abhandlungen zugeführt wird. Richten wir nun unsern Blick von den Personen zu dem Orte ihrer Tätigkeit, so ist zu bemerken, dass die Geburtsstätte des Vereins ein Zimmer im Gebäude des kurfürstlichen Landwirtschaftsvereins war, das sich an der Ecke der Kölnischen Strasse und Mauerstrasse befindet. Seine regelmässigen Sitzungen hielt der Verein zunächst in der Wohnung seines Geschäftsführers, des Ökonomie- Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 175 rats WENDEROTH, ab, dann in einem gemieteten Zimmer im Hause Kölnische Strasse 13, das er mit dem zwei Jahre älteren Verein für hessische Geschichte und Landeskunde _ teilte, später kurze Zeit im alten Rathaus am Messplatz, dann lange Zeit im Realschulgebäude in der Hedwigstrasse und endlich im Naturalienmuseum am Steinweg und nun hier im Gebäude der Handelskammer. Als Hauptzweck bezeichneten schon die ersten Satzungen „Beförderung der Naturkunde überhaupt und der vaterländischen insbesondere“. Ich glaube feststellen zu dürfen, dass der Verlauf seiner Sitzungen und die lange Reihe der Abhandlungen in den Schriften des Vereins davon Zeugnis ablegen, dass der Verein stets bestrebt war, seine Aufgaben zu erfüllen. Dass wir in der Lage waren, alle ein oder zwei Jahre Abhandlungen erscheinen zu lassen, verdanken wir den Beihülfen des Kommunal- verbandes unseres Regierungsbezirks und der Residenzstadt Cassel. Diesen Behörden auch hier unseren aufrichtigen Dank auszusprechen, ist uns ein Bedürfnis und eine an- genehme Pflicht. Eine erfreuliche Entwickelung des Vereins ist fest- zustellen. Die Mitgliederzahl ist erheblich in letzter Zeit gestiegen und beträgt zur Zeit 3 Ehrenmitglieder, 185 wirkliche und 44 korrespondierende Mitglieder. Neu aus- gearbeitete Satzungen werden dem inneren Vereinsleben als Richtschnur dienen. Ein neu beschaffter grosser Apparat für diaskopische, episkopische und mikroskopische Projektion wird das Vor- tragswesen wesentlich unterstützen und fördern. Die Festschrift, die der Verein zur Feier des heutigen "Tages herausgibt, hat durch die Herstellung der beigefügten Tafeln mit teilweise farbigen Abbildungen erhebliche Kosten verursacht. Ihr Erscheinen war nur dadurch möglich, dass der Herr Minister für Geistliche, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten eine ausserordentliche Spende gewährte und der Landesausschuss seine laufende Beihülfe erhöhte. Den Spendern darf ich auch an dieser Stelle herzlichen Dank zum Ausdruck bringen. Dem Heraus- geber der Festschrift, Herrn Prof. Dr. ScHAEFER, und allen 176 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Mitgliedern, die Abhandlungen für die Festschrift geliefert x haben, sowie dem Veranstalter dieser umfangreichen Aus- stellang von Bildungsabweichungen bei Pflanzen, Herrn Lehrer Scnurz, darf ich ebenfalls den aufrichtigen Dank des Vereins hier aussprechen. Möchte sich der Verein für Naturkunde in den bis- herigen Bahnen kräftig weiterentwickeln und blühen! Das ist der Wunsch, der den Verein begleiten möge bei dem Eintritt in das vierte Vierteljahrhundert seines Bestehens!! Der Vorsitzende begrüsst hierauf die Vertreter der staatlichen und städtischen Behörden, sowie zahlreicher wissenschaftlicher Institute, Gesellschaften und Vereine. Es folgten die Begrüssungsansprachen. Herr Reg.-Rat RortsEr begrüsste den Verein im Namen des Herrn Regierungspräsidenten. Aus kleinen Anfängen heraus habe sich der Verein zu seiner heutigen Höhe emporgeschwungen. Männer vom höchsten wissenschaft- lichen Rufe zähle er zu den Seinen. Auf allen Gebieten der Naturwissenschaften haben sich seine Mitglieder be- tätigt. Keine irgend bedeutende Erscheinung auf dem Gebiete der Medizin, Chemie, der Botanik, Zoologie oder Mineralogie, der Geologie und Astronomie sei ohne Würdigung im Verein geblieben. Mit dem Wunsche für das fernere Gedeihen des Vereins verbinde er die Bitte, der Verein möge sich durch Abhaltung von Vorträgen auch in den Dienst der Jugendfürsorge stellen. Herr Stadtrat Major z. D. Henrıcı überbrachte die Glückwünsche der Stadt Cassel, die es dankbar begrüsse, dass der Verein für Naturkunde in dem Masse bestrebt seiÄ, die so wichtige Kenntnis der Naturwissenschaften weiteren Kreisen der Bevölkerung zugänglich zu machen. Er gab dem Wunsche Ausdruck, der Verein möchte noch mehr als bisher in der Öffentlichkeit Anerkennung finden und es möchten ihm noch reichere Mittel zufliessen zur Förderung seiner so ausserordentlich anerkennenswerten Bestrebungen. „ Mitteilungen aus dem Vereinsleben. | 47 Prof. Dr. FEyERABEND, Direktor des Kaiser Friedrich- Museums in Görlitz, übermittelte die Grüsse und Glück- wünsche der Naturforschenden Gesellschaft in Görlitz, die sich selbst rüste zur Feier ihres 100jährigen Bestehens. Beide Vereine ständen seit nahezu 50 Jahren im Schriften- austausch. Er würdigte die Verdienste des Vereins um dıe Förderung der Wissenschaft und der Heimatforschung insbesondere. Als Vertreter des Casseler Ärztevereins sprach Herr Sanitätsrat Dr, v. Wırn.: Er betonte, dass die medizinische Kunst aufgebaut sei auf naturwissenschaftlicher Erkenntnis. Arzt und Naturforscher müssen stets harmonisch zusammen- arbeiten. Redner führte kurz aus, was besonders die Ärzte- schaft der Naturforschung zu danken habe, erinnerte an RoBERT Koch, der gerade deshalb so bahnbrechend wirken konnte, weil er durch seinen berühmten Lehrer und Meister, den Botaniker Ferpınann Konn, gefördert und unterstüzt zugleich ein bedeutender Naturforscher gewesen sei. Dem Verein für Naturkunde müssten die Casseler Ärzte be- sonders dankbar sein, weil er durch naturwissenschaftliche Aufklärung in weiteren Kreisen das Verständnis fördere für das Denken und Tun der Ärzte. Herr Dr. med. Grors AısserG überbrachte die Grüsse und Glückwünsche des Vereins für naturwissenschaftliche Unterhaltung, der grossen Wert lege auf die Pflege guter Beziehungen zwischen beiden Vereinen, wie sie besonders auch in den gemeinsamen Ausflügen zum Ausdruck kommen. | Herr Mittelschullehrer MurtzE entbot den Gruss der - naturwissenschaftlichen Vereinigung des Üasseler Lehrer- vereins, Er wies hin auf die wichtige Aufgabe der natur- wissenschaftlichen Aufklärung der Jugend, der beide Ver- eine in gemeinsamer Arbeit dienen sollen. Herr Generalmajor z. D. Eısentkaur sprach für den Verein für hessische Geschichte und Landeskunde, der vor 2 Jahren sein T5jähriges Bestehen gefeiert habe. Er bitte die Freundschaft und Unterstützung, wie sie bisher bestanden habe, auch in Zukunft zu erhalten. 12 178 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Herr Landgerichtsdirektor Dr. SCHROEDER übermittelte die Glückwünsche des Vereins Naturdenkmalschutz, der dankbar sei für die Unterstützung, die er schon bei seiner Gründung und seither in regem Masse durch den jubilierenden Verein erfahren habe. Im Auftrage des Niederhessischen Touristenvereins sprach Herr Landesrat KLoEFFLER und betonte besonders, dass der Verein für Naturkunde viele Touristen angeleitet habe, in richtiger Weise zu wandern und bei der Wanderung zu beobachten. Herr Regierungs- uud Forstrat SCHMANcK wies auf die Förderung hin, die der Casseler Fischereiverein erfahren habe durch seine Anlehnung an den festgebenden Verein, dessen Mitglied er sei. Herr Dr. med. JaıeckH sprach zum Schluss die Glück- wünsche der Sektion Cassel des Deutsch-Österreichischen Alpenveins aus. Herr Professor Dr. FrxneL dankte den Rednern für die ausgesprochenen Glückwünsche und für die ehrenden und anerkennenden Worte, mit denen diese Wünsche begleitet wurden. Darauf gab er die grosse Anzahl von Schreiben und Depeschen bekannt, die von Einzelpersonen, von Universi- täten, Akademien, gelehrten Gesellschaften und Vereinen des In- und Auslandes dem Verein zugegangen waren. Für alle diese mündlichen und schriftlichen Glück- und Segenwünsche sprach der Vorsitzende im Namen des ‚Vereins aufrichtigen und herzlichen Dank aus. Hierauf ergriff der Geschäftsführer des Vereins, Herr Professor Dr. SCHAEFER, das Wort zu dem Festvortrag: Der Schutz des Waldes, besonders in Hessen. Es könnte wohl so scheinen, als ob es nicht Aufgabe eines naturwissenschaftlichen Vereins wäre, den Schutz des Waldes in den Kreis seiner Betrachtungen zu ziehen. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 179 Gewiss ist es in erster Linie Sache des Forstmannes, darauf bedacht zu sein, dass der Wald geschützt, dass er nicht beschädigt werde. Aber die Frage ist nicht nur ‘eine verwaltungstechnische, sie ist auch eine rein natur- wissenschaftliche. Die Gefahren, die dem Walde drohen, sind nicht nur äussere, bedingt durch die Waldbesucher oder durch die wirtschaftliche Entwickelung, wie die schädlichen Abgase industrieller Werke. In gewisser Weise kann der Wald auch durch Massnahmen der Forstver- waltung selbst geschädigt werden. Insofern wir den Wald nicht nur ansehen als Wirt- schaftswald, als Kapital, das möglichst hohe Erträge liefern soll, sondern auch als einen Teil unserer Heimat, der eine nationale Aufgabe erfüllen soll, auf dem in hohem Masse die Erhaltung der Volksgesundheit beruht, ist er auch Gegenstand des Heimatschutzes. Der kühlende Schatten und die würzige, staubfreie Luft er- quicken uns, das körperliche Wohlbehagen wird gesteigert, der Zauber des Waldes wirkt günstig auf unser Denken und Fühlen und stählt unsere Nerven zu neuem Kampfe im aufreibenden Alltagsleben. Hohen Genuss gewährt die Betrachtung des geheimnis- vollen Lebensgetriebes in ihm. Dem schauenden Auge des Naturforschers offenbart sich im Naturwalde emsiges Leben und Weben, „eins in dem andern lebt und webt.*“ Diese Lebensgemeinschaft, die dem ur- wüchsigen Walde eigen ist, zu erforschen, ist eine wichtige und reizvolle Aufgabe der Naturwissenschaft, deren Ergebnisse auch für den Forstmann wieder von Bedeutung sein können, Tot dagegen erscheint uns der Forst, bar jeden Reizes, wenn die Bäume forstgerecht ge- zogen sind, so dass einer dem andern.gleicht, alle von derselben Art, gleich alt, gleich gross. Rein sind soiche Bestände von scheinbar nutzlosem Unterholze. Keine grüne Pflanze bedeckt den Boden. Schön erscheinen solche Wälder nur dem Forstmanne, dem der möglichst hohe Ertrag des Waldes einziges Gesetz ist. Dem forschen- den Geiste sagen sie nichts. Sie scheiden aus unserer Betrachtung aus, zumal begründete Hoffnung vorhanden 12% 180 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. ist, dass sie nicht überhand nehmen. Hat doch die Forst- verwaltung die Erfahrung machen müssen, dass gerade die reinen Bestände, besonders von Fichten, den Gefahren durch Brand, Stürme und schädliche Insekten am meisten ausgesetzt sind. Noch sind wir in unserm schönen Hessenlande reich an Waldbeständen, die das Gepräge der Urwüchsigkeit tragen, die reich sind an Leben und zu uns eine lebendige Sprache reden. Dass solche Bestände noch in grosser Anzahl vorhanden sind, beweist uns, dass auch die über- wiegende Mehrzahl unserer Forstleute ein offenes Auge gehabt hat und noch hat für die Eigenart und Schönheit der Naturdenkmäler ihres Bezirkes, Auch die Staats- forstverwaltungen bringen neuerdings den Bestrebungen zur Erhaltung der Naturdenkmäler lebhafte Teilnahme entgegen. So wurde auf Anregung von Professor ConwENTZ durch Verfügung vom 21. November 1904 für Preussen bestimmt, dass durch das ganze Staatsgebiet kleine, be- merkenswerte Waldteile reserviert und entweder von jeder Nutzung ausgeschlossen oder in besonderer Weise bewirt- schaftet werden sollen, sodass die Eigenart des Waldbildes erhalten bleibt. Weiter verfügte dann der Herr Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten am 28. Februar 1907: „Dass Bestände, die durch Urwüchsigkeit oder Selten- heit ihrer Holzarten, durch die Form und Stärke der sie zusammensetzenden Stämme oder aus anderen Gründen merkwürdig sind oder anderen hervorragenden Seltenheiten zum Schutze dienen, auf hinreichend grossen Flächen er- halten werden.“ Jede Oberförsterei führt ein Inventar, in dem die vorhandenen Naturdenkmäler verzeichnet sind. Ferner werden diese auch in die Forstwirtschafts- karten eingetragen. Demselben Zwecke, dass nämlich der Forstbeamte stets vor Augen hat, welche Naturdenk- mäler in seinem Bereiche vorhanden sind, die er zu schützen hat, sollen auch die forstbotanischen Merkbücher dienen. Solche Naturdenkmäler zu ermitteln, zu erforschen und für ihre Erhaltang einzutreten, ist eine der Auf- gaben, die unser Verein in seine Satzungen aufgenommen hat, wie er auch bereits an der Aufstellung des forst- Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 181 botanischen Merkbuches für Hessen-Nassau eifrig mit- gearbeitet hat. Verfolgen wir die Aufgaben des Waldschutzes im Ver- lauf der geschichtlichen Entwickelung. Als der deutsche "Boden in vorgeschichtlicher Zeit von Wandervölkern mit ihren Herden in Besitz genommen wurde, war der grösste Teil Deutschlands mit Urwald bedeckt, mit einem dichten Bestand von Riesenbäumen. Dazwischen lagen weite Strecken offenen Landes, die teils als Siedlungsgebiet "Nahrung boten für Menschen und Vieh — in der Haupt- ‚sache Reste ehemaliger Steppenlandschaft — teils als Moore unzugänglich waren — letzte Zeugen ehemaliger Gletscherbedeckung. Das Landschaftsbild ist noch das- selbe im ersten Dämmerscheine der Geschichte, nur dass die Bewohner sesshaft geworden sind. Silvis horrida et paludibus foeda, so sehen wir Germanien in der knappen Strichzeichnung eines Tacitus. Die dichten, unzugänglichen Urwälder und die unwegsamen Moore sind dem Sonne gewohnten Römer die Hauptkennzeichen germanischer Landschaft. Das Land der Chatten erscheint als ein Teil jenes gewaltigen hereynischen Waldes, der sich vom Rhein bis zum Riesengebirge erstreckte. Bis in das Mittelalter hinein bedeckte tiefer Wald den grössten Teil des deutschen Bodens, trotzdem etwa um das Jahr 600 das Zeitalter der grossen Rodungen be- gonnen hatte. Noch im 11. Jahrhundert konnte der - Schriftsteller Anım von BrEmEn von Deutschland sagen: profundis horret saltibus. Urwälder, wenig zugänglich und Gefahren mancherlei Art bergend, fanden sich weitab vom Siedlungsgebiete besonders auf den Höhen der Ge- birge. Sie wurden als Zufluchtsstätten gegen die Angriffe übermächtiger Feinde und zur Lieblingsbeschäftigung der Deutschen, zur Jagd, aufgesucht. Zu Zwecken des Jagd- schutzes entzogen die Landes- oder Grundherren sie der allgemein sonst im Mittelalter herrschenden sorglosen und rücksichtslosen Ausbeutung. Als Forste oder Bann- wälder wurden sie abgegrenzt und unter Aufsicht eines Forestarius gestellt. Ihre Grenzen wurden durch An- brennen oder Anschneiden von Stämmen kenntlich ge- 182 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. macht. Hierin treten uns die ersten Spuren eines Waldschutzes entgegen. Das Wort „Forst“ ist ur- sprünglich gleichbedeutend mit Waldschutz. Das Siedlungsgebiet trug mehr den Charakter einer Parklandschaft. Uralte, geweihte Einzelbäume und lichtere Haine, Waldorte, die noch heute durch die Silbe loh, gekennzeichnet sind, waren die Stätten der religiösen Feste, der Volksversammlungen und Gerichte. Zur Vieh- weide diente die Hardt, die wohl auch als Hag bezeichnet wurde, wenn sie mit schützenden Dornhecken umhegt war. Rücksichtslos genutzt aber wurde das Holz, der weitausgedehnte, zusammenhängende Wald, der richt nur Brennstoff liefern musste, nicht nur Bau- und Werkholz für Gebäude und Geräte, die noch vorzugsweise aus Holz bestanden, der auch den Raum hergeben musste für die weitere Ausdehnung des Siedlungsgebietes. Die schranken- lose Erweiterung der deutschen Kulturflächen während des grossen Rodezeitalters von 600 bis 1300 ging haupt- sächlich auf Kosten des Waldes. „Die Wälder widerhallten von den Axthieben, und über ihren Gipfeln lagen die dunklen Rauchwolken der Brennkultur“. Infolge der stetigen Zunahme der Bevölkerung dehnten sich die Kultur- flächen aus, die von Wald bedeckten Flächen nahmen immer mehr ab. Das führte gegen Ende des Mittelalters zu einem weiteren Schritte im Sinne des Waldschutzes, indem förmliche Verbote erlassen wurden gegen rück- sichtslos fortgesetztes Roden des Waldes. Die Er- kenntnis drang allmählich durch, dass die noch vor- handenen Wälder erhalten bleiben müssten, dass Rodungen innerhalb derselben nur noch ausnahmsweise stattfinden dürften, War das Gebiet des Waldes im Laufe der Zeit kleiner geworden, so wurde anderseits die Ausnutzung des Waldes immer ausgiebiger. Nicht nur blühten Holzhandel und Holzindustrie auf, auch die Nachfrage nach Nebenerzeug- nissen, wie Harz, Kohle, Pottasche nahm mehr und mehr zu. Die Inanspruchnahme des Waldes für Viehzucht zeitigte manche Auswüchse, so das Streurechen, das im Mittelalter ganz unbekannt war. Hirten schufen sich Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 183 grössere und bessere Weideflächen einfach durch Anzünden von Waldteilen. Hinzu kamen noch Kriegsverheerungen und mancherlei schädliche soziale Einflüsse. Der deutsche Adel bezahlte unmässigen Aufwand vielfach aus der Spar- kasse des Waldes. Das Eindringen des römischen Rechtes führte bei Feststellung der Eigentumsverhältnisse und Ab- lösung von Gerechtsamen oft zur Teilung der Mark- oder Gemeinwälder. Die Eigentümer aber verfuhren wenig pfleglich mit dem ihnen zugesprochenen Walde. Das führte in Hessen bekanntlich zur Stellung der Stadt- und Gemeindewaldungen unter Aufsicht und Ver- waltung der landesherrlichen Forstbehörden durch Verordnung vom 20. Mai 1711, eine Massregel, die für die Erhaltung des Waldes bei uns in Hessen von grossem Segen geworden ist. Überhaupt veranlassten die eingerissenen Missstände etwa vom 15. Jahrhundert ab die dritte Stufe des Waldschutzes. Es beginnt die Zeit der Forst- und Wald- _ ordnungen, die zunächst nur darauf ausgingen, die schädlichen Einflüsse zu beseitigen, die dahin geführt hatten, den deutschen Urwald des Liedes und der Sage in verlichtete und verheidete Bestände zu verwandeln, und diktiert waren durch die Sorge um zukünftigen Holzmangel. Die erste althessische Jagd- und Forstordnung erging” am 3. April 1532. Sie beschäftigt sich besonders mit der Ersparung von Bauholz. Bis dahin be- nutzte man zum Bauen lediglich Eichenholz. Jetzt wurde für die Gebäude, wenigstens für die auf dem Lande, "eine feste Anzahl von Bäumen bestimmt. 20 Stück für - das Wohnhaus, 15 für die Scheune, 5 für die Stallung. - Der übrige Bedarf an Holz sollte durch andere Bäume, sogenanntes Urholz, gedeckt werden. 1717 wurden die Zimmermeister ermahnt, nicht mehr zu veranschlagen, als notwendig sei. Seit 5. September 1735 waren in jedem Orte zwei oder drei Zimmermeister vereidigt. Die Verfügung vom 15. September 1734 ordnete an, dass im Falle eines Neubaues vorher durch Beamte festzustellen sei, ob nicht wenigstens der erste Stock aus Steinen ge- 184 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. baut werden könne, wieviel Buchen, Tannen und anderes Holz ausser Eichenholz verwendet werden könnten. Statt mit Schindeln sollte mit Ziegeln gedeckt werden. Die Grebenordnung (Bürgermeisterordnung) vom 6. November 1739, die alle bis dahin ergangenen Waldordnungen zu- sammenfasste, verfügte, dass ohne Genehmigung die Zahl der Wohnhäuser nicht vermehrt werden dürfe. Viele Verfügungen beschäftigten sich mit der Abgabe von Brennholz. Nur solche Stämme sollten geschlagen werden, die von den Forstbediensteten angewiesen wären. Um zu sparen, sollte man möglichst nicht die Stämme, sondern die Abfälle benutzen. Den Zimmerleuten wurde verboten, die beim Bauen abfallenden Späne wegzu- schleppen. Vom Ende des 18. Jahrhunderts ab findet man wiederholt Hinweise auf Steinkohle als Brennmaterial. Abgabe von Brennholz an Köhler war verboten. Diese erhielten die Anweisung, geringwertiges Holz zum Ver- kohlen zu benutzen. Sogar die Zahl von Backöfen in den Ortschaften beschränkte man. Hopfenstangen durften nur aus Erlen, Weiden, Aspen und anderem Urholze be- stehen. Sie zu verbrennen, war untersagt. Untersagt wurde das Einbinden von Getreide mit Weiden. Es sollte Stroh oder, wenn solches fehlte, Birken dazu benutzt werden. Auch wurde Anpflanzung von Weiden an Wiesen, Äckern und Gärten empfohlen. Zu Plankenzäunen sollte kein Holz mehr abgegeben werden. Den Ämtern im Fürstentum Fulda wurde bei Androhung von 50 Talern Strafe aufgegeben, auf die Anlage lebendiger Hecken statt der Plankenzäune zu halten. Um den Verbrauch an Pottasche einzu- schränken, verminderte man die Zahl der Glashütten und drang auf deren Anlage in abgelegenen Waldteilen. Die Holzordnung von 1593 bestimmte, dass Wein- und Bier- fässer nicht ausser Landes verkauft werden dürften. Seit 28. Mai 1691 war es überhaupt verboten, Holz an Aus- länder zu verkaufen. Alle diese oft kleinlichen Anordnungen gingen darauf aus, den Verbrauch von Holz einzuschränken, um drohen- dem Holzmangel vorzubeugen, Ebenso eingehend sind Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 185 die Vorschriften, die erlassen wurden, um schädliche Ein- flüsse vom Wald fernzuhalten, oder sie wenigstens zu mildern. Zum Streurechen durften nur Holzrechen Verwendung finden, keine Eisenrechen. Die Waldteile, die vom Streurechen zu verschonen waren, wurden genau nach Alter, Bodenbeschaffenheit und Holzbestand gekenn- zeichnet. Sehr harte Strafen wurde für Baumfrevel fest- gesetzt. Für mutwilliges Beschädigen der in den Wäldern gepflanzten jungen Eichen war durch Verordnung vom 1. Mai 1721 eine Strafe von 20 Talern für den Stamm oder Prangerstrafe, bei Soldaten Spiessruten angedroht. Durch Verordnung vom 22. Februar 1724 war allgemein den mutwilligen Baumfrevlern neben Bezahlung der be- schädigten Stämme 20 Taler Strafe oder 1 Jahr Zucht- haus, im Wiederholungsfalle Prangerstrafe mit Ruten- peitschen und ewige Landesverweisung angedroht. Das Absengen von Grasflächen und Anzünden von Hecken scheint in urserem Hessenlande eine alte Unsitte zu sein. Das Abbrennen von Gras, Heide, Busch- _ werk auf Wiesen und Trieschen an den Wäldern wurde am 22. April 1645 bei Leibesstrafe verboten. Auf An- zünden von Feuer und Tabakrauchen im Walde bei trockenem Wetter stand Zuchthausstrafe. Wie mild er- scheinen dagegen unsere heutigen Verordnungen, denen meist nicht einmal der nötige Nachdruck gegeben wird! Sorgfältige Regelung erfuhr die Viehweide. Ver- schiedene Forst- und Jagdordnungen beschäftigen sich _ mit dem Eintreiben von Ziegen in den Wald. Wer Ziegen - halten wollte, musste den Nachweis liefern, dass er sie aus eigenen Mitteln unterhalten konnte. Mit vierwöchent- licher Zuchthausstrafe wurde belegt, wer mit einer Ziege im Walde betroffen wurde, vier Wochen Gefängnis er- hielt der Hirt, von dessen weidender Herde einzelne - Ziegen im Walde streiften. Einzelne Ziegen ohne Wächter oder Hirt im Walde wurden fortgenommen, und deren Eigentümer gingen der Erlaubnis, Ziegen zu halten, ver- _ lustig. Eingeschränkt wurde die Zahl der vom Walde umschlossenen, der Viehweide dienenden Kuhhalden, um 186 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. das Durchtreiben des Viehes durch den Wald zu ver- hindern und wohl auch zum Schutze der Jagd. An deren Stelle traten die am Waldrande liegenden Huten, die nach genauen Vorschriften in weitem Verbande be- pflanzt wurden. Jetzt, d. h. seit der preussischen Herr- schaft, ist infolge des Gesetzes vom 13. Mai 1867 auch die Weideberechtigung auf den Huten abgelöst, und die abgelösten Flächen werden nunmehr voll zum Holzanbau herangezogen. Sie werden wohl durchweg mit Fichten aufgeforstet. Damit ist ein für unser Hessenland charakteristisches Landschaftsbld zum allmählichen Verschwinden ver- urteilt. Aufforstung ist sicher nützlich und verdienstlich. Aber muss denn jede im und am Walde liegende Wiesen- fläche aufgeforstet werden? Sie ist zu verwerfen, wenn dadurch charakteristische Pflanzen und Tiere verschwin- den. Noch im Jahre 1886 schrieb Oberforstmeister WAGNER in seinem Werke „Die Waldungen des ehemaligen Kur- fürstentums Hessen“: „Allerdings wird man dabei in Er- wägung zu ziehen haben, ob es in einzelnen Fällen nicht vorzuziehen sein wird, die freigewordenen Flächen noch ferner durch Verpachtung zur Weide zu benutzen, um einen höheren Ertrag durch diese Nutzung zu gewinnen, als dies bei einer Holznutzung möglich ist. So ist z. B. in den letzten Jahren ein Teil der im Habichtswalde, und zwar in der Oberförsterei Kirchditmold, von der Hute freigewordenen raumen Flächen auf tiefgründigem Basaltboden zum Teil zur Wiesen-, zum Teil zur Weide- benutzung verpachtet und sind dabei Erträge erzielt, welche die der Holznutzung bei weitem übersteigen. Es ist dem noch hinzuzufügen, dass der Holzanbau dieser Flächen äusserst schwierig und mit grossen Kosten ver- bunden sein würde.“ Tempora mutantur! Die Anschau- ungen der Forstbehörde haben sich geändert. Zum grössten Teile sind diese Flächen bereits mit Fichten, den landläufig sogenannten Tannen, aufgeforstet. Ange- nommen auch, die Anschauung von Überforstmeister WAGNER wäre falsch, und durch Aufforstung wäre eine höhere Rente zu erzielen, so hätte das in diesem Falle Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 187 nicht massgebend sein dürfen, da Rücksichten auf Selten- heiten der Pflanzenwelt, die auf diesen Flächen vorkamen, und auf die besondere Schönheit des Landschaftsbildes die Erhaltung dieser Huteflächen forderten. In dem wechselreichen Gelände des Habichtswaldes boten die Wiesenflächen auf der Höhe und in den Falten zwischen benachbarten Rücken wunderbare Ausblicke hinaus in die weite Landschaft, entzückten das Auge durch wunderbar entwickelte einzeln stehende Eichen und Buchen. Be- sonders an zwei Stellen ist die Aufforstung recht be- dauerlich. Die etwas sumpfige Wiese am nordöstlichen Abhange des Hühnerberges gewährte nicht nur einen Ausblick auf die Höhenzüge des Reinhardswaldes.. Auf ihr fand sich auch eine äusserst üppige charakteristische Pflanzenwelt. Zwei Naturdenkmäler hatten hier ihren Stand, Salix rosmarinifolia, die nunmehr nur noch auf einigen moorigen Stellen des Reinhardswaldes ein kümmer- liches Dasein führt, während sie hier üppig entwickelt war, und Gagea spathacea, das im begrenzenden Erlen- gebüsche stand. Ein eintöniger Belag von Fichtennadeln wird sich in Zukunft ausbreiten, wo vorher buntes Leben herrschte. Die zweite Stelle befindet sich im nördlichen Habichtswald, in der Nähe der Ahnaquelle. Sie gehörte unbedingt zu den reizvollsten und grossartigsten Land- schaftsbildern Niederhessens. Der Trauer um verschwin- dende Pracht an dieser Stelle hat Professor Knackruss in seinem schönen Vortrage über „Schädigung und Schutz der Naturschönheit* beredten Ausdruck verliehen: „Bald, so führt er aus, wird von der wunderbaren Bergreihe - Gudenberg, Bärenberg, Rohrberg, Burghasungen nichts _ mehr zu sehen sein; und auch so viel Einzelschönheit wird durch die Tannen zerstört. Wie köstlich war der Blumenteppich der Hute! Zwischen dem geschlossenen Wald und dem offenen Gelände der Hute waren die Hänge mit einzelnen uralten, mächtigen Buchen bestanden, die jede für sich ein Schönheitsgebilde waren und die als zer- streute dunkle Flecken im grossen Gemälde der Natur ein- drucksvoll wirkten; am Spätnachmittag namentlich, wenn sie ihre langen blauen Schatten über das fahlgrüne Gelände 188 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. warfen. Jetzt müssen diese Einzelbäume den Tannen zu- liebe fallen, und wo einer stehen bleibt, werden die Tannen ihn bald ersticken.“ Der sogenannte Pflanzwald auf den Huteflächen war eine unserm Hessenlande eigentümliche Betriebsart. Es ist zu bedauern, dass man ihr nicht aus geschicht- lichen Rücksichten und zur Erhaltung der landschaft- lichen Eigenart und Schönheit mehr Schonung angedeihen lässt. Es verschwinden nicht nur allmählich die herrlichen Hute-Eichen und -Buchen, die auf den freien Flächen ihre Sonderart in der Entwickelung einer stattlichen Krone bei verhältnismässig kurzem Stamm entfalten konnten, die hohl geworden, noch manchem Höhlenbrüter unter unsern Singvögeln Unterschlupf boten. Es verschwinden auch die Kopfhölzer der Hainbuchen und Weiden. So kommt es, dass auch der Wiedehopf, der gerade diese Flächen mit seinem Gaukelspiel belebte, zu einem seltenen Naturdenkmal unserer Heimat geworden ist. Eine gewisse Schonung erfahren nur die sogenannten Klumps, eine eigentümliche Anbauweise der Fichte auf den Huteflächen des BReinhardswaldes, z. B. am Wege von Holzhausen nach Veckerhagen. Auf dem flachgründigen Boden mit Tonunterlage, der sich für Laubholz nicht eignet, wurden im BReihenverbande von 12 Meter runde erhöhte Plätze von 4 Meter Durchn.esser bei einer Entfernung der Reihen von 4 Meter hergestellt und dicht mit Fichten bepflanzt. In den Mitten dieser Klumps war je eine Eiche oder Buche hochstämmig angepflanzt. Diese sind aber zumeist von den heranwachsenden Fichten unterdrückt worden. Wir sind damit bereits bei der letzten Stufe des Wald- schutzes angelangt, bei der Stufe der rationellen Pflege. Solange der vorhandene Wald unerschöpflich zu sein schien, dachte niemand an eine Schonung oder gar Nachzucht der Bäume. Den ersten Spuren einer Art von Waldkultur begegnen wir in Hessen in der Holz- ordnung vom Jahre 1593. Jeder der Eichenbauholz oder Fassfelgen- und Speichenholz erhielt, sollte für jeden Stamm zwei Bäume oder wenigstens einen Baum an die- Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 189 selbe Stelle setzen. Auch sollten an Stellen, wo das Wild keinen Schaden tue, Eicheln nachgesät werden. Im Jahre 1629 erging die Anweisung an alle Gemeinden, Eichen- kämpe anzulegen und daraus junge Bäume an passenden Stellen zu pflanzen. Und zwar sollte jeder Hausmann 3, wer sich verheiraten wollte 4 und jeder Fremde 5 Eichen pflanzen. Drei Jahre musste jeder für das Fortkommen der Bäume einstehen und sie gegen Beschädigung durch Vieh mit Dornen umgeben. Bemerkenswert ist, dass 1659 zum ersten Male Aussaat von Tannen empfohlen wird an Orten, an denen Anzucht von Eichen nicht möglich war. Eine Menge Verordnungen über das Pflanzen von Eich- bäumen, Ahornen und Eschen, sowie über das Pflanzen von Obstbäumen, nicht nur an den in Waldungen und Fluren gelegenen leeren Plätzen, sondern auch an Wegen, Fluss- und Bachufern, Feldgräben, zwischen Wiesen, Gärten und Äckern, erging am Anfang des 18. Jahr- hunderts. In der Ordnung vom 22. Februar 1724 ist die Bestimmung bemerkenswert, dass niemand das Bürger- recht in Städten und Dörfern erlangen könne, der nicht mindestens 5 Obstbäume auf seinem eigenen oder Gemeinde- grund, oder 3 Eichen, Buchen, Hainbuchen, Pappeln, Eschen oder andere deı gleichen Bäume in den Gemeindewaldungen gepflanzt hatte. Und heute? Jede Hecke, die nur einigen Schatten auf benachbarte Wiesen oder Äcker werfen könnte, muss entfernt werden, von Bäumen und Hecken an Wegen und Bachufern zu schweigen! Möchte nur unsere Forstver- waltung der Erhaltung und Ergänzung von Heckenpflanzen im Walde und an Waldrändern einige Aufmerksamkeit zuwenden! Schlehe, Weissdorn, Rose und Brombeere würden geeignete Brut- und Niststätten für Vögel ab- geben, die dann sicher ihren Dank durch eifriges Ver- tilgen schädlichen Ungeziefers abstatten würden, andere lieferten Nahrung für mancherlei Tiere. Besonders auch müssten Weiden erhalten werden an Waldungen, beson- ders in Gegenden, in denen unsere schönen Schillerfalter heimisch sind, die schon so selten geworden sind, dass sie zu den Naturdenkmälern gerechnet werden müssen, 190 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Aus den verschiedenen Pflanzordnungen entwickelten sich im Laufe der Zeiten die Betriebsarten, die nicht nur die Art des Abtriebes, sondern auch die Nach- zucht regelten. Letztere ist für unsere Betrachtung von geringerer Bedeutung. Es ist ziemlich gleich, ob sie er- folgt in Form von Hochwald, Mittelwald oder Niederwald. Jede von ihnen kann ästhetisch schöne Bilder liefern, jede kann so angelegt sein, dass Pflanzen- und Tierwelt er- halten bleiben. Dagegen ist die Anlage der Schläge meist von einschneidender Bedeutung. Nutzungsreife Stämme wurden je nach dem Bedarf einzeln oder horstweise aus dem Bestande herausgehauen. War das auch nicht rationell, so war es doch der Erhaltung des ursprünglichen Pflanzen- bestandes dienlich. Mit Recht behauptet Drude in seinem Werke: „Der hercynische Florenbezirk* die Ursprüuglich- keit der hercynischen Waldformationen, indem er sagt: „An vielen Orten mag der Wald noch jetzt ein zwar ge- ordnetes und von altem Lagerholz befreites Aussehen, aber doch ein in seinem Pflanzenbestande ziemlich ursprüngliches Gewand tragen.“ Ganz anders wirkt der heute vorherrschende Kahl- hieb. Indem alle auf einer Fläche stehenden Hölzer ge- schlagen und abgeräumt und nur wenige besonders er- tragreiche Holzarten nachgezogen werden, verschwinden nicht nur die Waldsträucher und krautartigen Pflanzen, denen die Lebensbedingungen entzogen werden, und mit ihnen die durch Lebensgemeinschaft an sie gebundenen Tiere, sondern auch die wenig Ertrag versprechenden Bäume, Ahorn, Eberesche, Linde, Ulme, Holzapfel und Holzbirne, Kirsche, Elsbeere, Mehlbeere usw. An solchen Stellen erinnert später dann kaum noch ein Baum an die früheren Waldverhältnisse. Der ganze Charakter der Landschaft wird verändert. Eintönigkeit tritt an die ‘ Stelle der Mannigfaltigkeit. Reine Bestände von Fichten- hochwald entstehen in unserm Hessenlande, das früher ein Gebiet ausschliesslichen Laubwaldes war. Gewiss ist die Nachzucht der Buche an vielen Stellen durch frühere Misswirtschaft unmöglich gemacht, gewiss kann auch der Plan, Buchennachzucht zu erzielen, durch besonders un- Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 191 glückliche Verhältnisse, wie den im letzten Jahre herrschenden Mäusefrass, vereitelt werden, aber ebenso gewiss ist auch, dass an manchen Stellen bei vorsichtigem, plenterndem Betriebe der Laubwald erhalten werden kann, während infolge Kahlschlags der Boden zu stark aus- trocknet, verödet und für Nachzucht der Buche unbrauchbar wird. Der Plenterbetrieb ist im 19. Jahr- hundert rationell ausgebildet zum sogenannten Femel- schlag. Er wird in Gegenden angewandt, die eine andere Art der Bewirtschaftung ausschliessen, besonders in den sumpfigen Niederungen der Flüsse, in den soge- nannten Auewäldern, oder an den schroff und steil ab- fallenden, klippigen Hängen der Muschelkalkberge des Werratales, der Basaltklippen Niederhessens und an den Grauwackenklippen des Edertales. Ein hervorragender Auewald, der plenternd bewirtschaftet wird, ist die xzleine Bulau bei Hanau an der Kinzig und deren Altwässern. Da, wo sonst plenternde Bewirtschaftung vor- gesehen ist, war entweder die Schwierigkeit der Be- wirtschaftung massgebend, oder es wirkten ästhetische Rücksichten. Sache der naturwissenschaftlichen Vereine ist es, in Verbindung mit dem Bezirkskomitee für Naturdenkmalpflege und dem Verein Naturdenkmalschutz auf Grund des Ministerialerlasses eine gewisse Rücksicht- nahme auch auf Flora und Fauna zur Geltung zu bringen. Pflanzenstandorte, die wegen der Seltenheit der Pflanzen- welt als Naturdenkmäler anzusehen sind, gibt es in den hessischen Wäldern noch verhältnismässig viele. Es muss danach gestrebt werden, die wichtigsten von ihnen unter Schutz zu stellen. Ich nenne aus dem Gebiete der Kalk- berge des Werratales nur den Heldrastein, die Gra- burg, Goburg mit Hörne und Badenstein. Die raburg mit ihren wunderbaren Beständen von ziemlich llen auf Kalk vorkommenden Bäumen, Sträuchern und zrautartigen Pflanzen, mit ihrem Reichtum an Eiben und den seltenen Hybriden Sorbus hybrida und Sorbus latifolia wird schon im forstbotanischen Merkbuche als Schutz- wald empfohlen. Goburg und Hörne bergen ausser an- leren Seltenheiten auch die präalpine Carduus defloratus 192 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. $ ER; und Amelanchier. Der Badenstein ist seit alten Zeiten berühmt als Standort von Ruta graveolens, das hier einen Punkt der Nordgrenze seines Verbreitungsgebietes erreicht. Durch Kahlhieb würde an diesen Stellen unendlicher Schaden gestiftet werden. Ähnlich verhält es sich mit den klippigen Höhen unserer Basaltberge, die heute noch wie in früheren Zeiten mit ganz licht stehenden, ur- wüchsigen Bäumen bestanden sind, in deren Schutz eine charakteristische Schattenflora sich erhalten hat. Charak- teristisch sind von Bäumen vor allen Dingen prächtige alte Bergahorne, auf den höheren Bergen wie auf dem Bil- stein bei Grossalmerode, der als einer der Perlen dieser Basaltkuppen mit seinem plenternd bewirtschaftetem Walde jetzt unter Schutz gestellt ist, auch Bergulmen auf dem Hirzstein und auf den Seesteinen Spitz- ahorn, ausserdem besonders Eschen und Linden. In deren Schatten gedeihen meist in grosser Üppigkeit Farne und Moose und mancherlei höhere krautartige Pflanzen, ausser den häufigeren Buchenbegleitern finden sich z. B. die Mondviole Zunaria rediviva, die im Mai mit ihren schönen DBlütentrauben und ıhren grossen Blättern einen herrlichen Schmuck der Felsklippen bildet, sonst noch, Lithospermum officinale und Üynoglossum germanicum und vielfach seltene Moose, so z. B. Brachy- thecium Geheebii an den Kuckuckssteinen auf dem Eimser‘ Kopf und Amphidium Tlapponicum an den Seesteinen, Für die Beurteilung der Moosstandorte hat Forstmeister GREBE in seinen wertvollen Arbeiten über die Moose auf Kalk und Basalt, die er liebenswürdigerweise für unsere” Festschrift zur ern gestellt hat, die erforderlichen Grundlagen geliefert. Der Besuch dieser Standorte bietet dem forschenden Naturfreunde einen weihevollen Genuss, Nur schade, dass sie auch dem nur sammelnden Botaniker” nicht ganz fremd geblieben sind. Aber wehe ihnen, wenn die lichtstehenden, schirmenden Bäume fallen. Unrettbar gehen viele von den Seltenheiten, die dem Leben im Schatten angepasst sind, zu Grunde, so bald sie auch nur kurze Zeit dem glühenden Sonnenbrande ausgesetzt werden. Bei dem wiederholt bewährten Entgegenkommen Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 193 der Forstbehörden dürfen wir gewiss auf Berücksichtigung unserer Wünsche rechnen, zumal in wohl allen Fällen die vom Herrn Minister gestellte Bedingung erfüllt ist, dass es ohne verhältnismässige Opfer möglich ist. „Heute noch wirken“, wie Dr. OÖ. BırHr in seiner juristischen Studie „Der hessische Wald“ ausführt, „jene uralten geschichtlichen Erscheinungen — der Gemeinschaft des Volkes am Walde einerseits und des dem Walde zugewendeten besonderen Schutzes der Grundherren anderseits — in den Anschauungen und Rechtsbildungen unverkennbar nach. Die Vorstellung hat sich in unserem Volke wacherhalten, dass es gewisse, unveräusserliche und unvergängliche Rechte aller am Walde geben müsse - und jeder Zeit geben werde, die kein Gesetz und keine ‘ Gewalt der Erde dem Volke entziehen könne“. Aber diesen Rechten stehen auch Pflichten gegenüber. Die bekannte Rücksichtslosigkeit gewisser Ausflügler, die nicht nur die Schönheit des Waldes antasten, sondern auch mit ruchlosen Händen an Pflanzen und Tieren sich ver- greifen, steht nicht im Einklang mit der uralten Ver- ehrung der Deutschen vor einzelnen Bäumen und vor der schützenden und schirmenden Macht des Waldes. Diese verschütteten Quellen der Empfindung durch Wort und . Tat wieder zu vollem Leben zu erwecken, muss uns allen eine heilige Aufgabe sein. Die Schönheit des Waldes wollen wir schützen helfen, damit wir dankbaren Herzens mit dem Dichter singen und sagen können: Wer hat Dich, Du schöner Wald, Aufgebaut so hoch da droben? Wohl den Meister will ich loben, So lang noch mein’ Stimm’ erschallt! Herr Lehrer ScHunz gab zum Schlusse eine kurze Er- - läuterung der von ihm veranstalteten ausserordentlich _ lehrreichen, mühevoll zusammengestellten Ausstellung von Bildungsabweichungen bei Pflanzen. 13 194 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Hochgeehrte Herren! Wir bewundern im Reiche der Lebewesen einerseits immer wieder die überaus grosse Verschiedenheit der Formen und Gestalten, andererseits die Übereinstimmung aller Organismen in den fundamentalen Lebenserschei- nungen. Letztere Tatsache hat ihren Grund darin, dass alle Individuen ein einheitliches Entwickelungselement, die Zelle, und in den lebenden Zellen einen bei allen Arten ähnlichen Stoff, das Protoplasma, besitzen. Die feinere Struktur und die chemische Konstitution des Protoplasmas müssen wir uns trotz der Ähnlichkeit im allgemeinen für jede Art wieder spezifisch ausgebildet denken, Struktur und Konstitution des Plasmas sind aber nichts unbedingt Feststehendes, nichts Starres, sie sind ver- änderungsfähig. Das Plasma besitzt Potenzen, die wir ihrer Natur nach nicht genau kennen, deren Vorhandensein wir aber immer wieder feststellen. Die Variabilität — der Begriff ist hier im weitesten Sinne gefasst — ist ein Ausdruck der Plastizität des Plasmas. Das Variabilitätsvermögen ist gewiss ein Grund der Vielgestaltigkeit der Organismen. Vielgestaltigkeit beobachten wir bei den normalen Individuen einer Art. Ebensolche Vielgestaltigkeit finden wir auch bei den Bildungsabweichungen tierischer, wie auch pflanzlicher Organismen. Alle Abnormitäten haben ihren nächsten Grund in irgendwelchen Änderungen von Struktur und Konstitution des Plasmas. Wodurch die Veränderung veranlasst wird, ist uns in vielen Fällen verborgen. Die veränderungsauslösenden Ursachen sind entweder innerer oder äusserer Natur. Meine Ausstellung soll Ihnen einen Überblick über die Bildungsabweichungen bei Pflanzen geben. Ich darf Ihnen an dieser Stelle einiges über die An- ordnung der Objekte sagen. Das Material ist in 35 Gruppen aufgestellt. Die Übersicht, die Sie alle in Händen haben, führt diese Gruppen kurz an. Die grossen Gruppenetiketten Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 195 zeigen in knapper Weise, worauf bei den Gegenständen der betr. Gruppe zu achten ist. Um das Zurechtfinden zu erleichtern, sind die zu einer Gruppe gehörenden Gegen- stände mit gleichfarbigen Etiketten versehen. Es wechseln bei den Gruppen immer die Farben rot und grün mit- einander ab Die Reihenfolge der Gruppen ist durch Nummern in blauem Druck auf den Gruppenetiketten bezeichnet. Die Reihenfolge der Tische wurde durch Nummern in schwarzem Druck angegeben. Die Objekte der Gruppe 6 (Verbänderungen) stammen z. T. aus den Sammlungen meines Freundes, Herrn Ober- lehrer GEISENHEYNER - Kreuznach, dem ich auch an dieser Stelle meinen besten Dank für seine Freundlichkeit aus- spreche. Das übrige Material ist meinen eigenen Samm- lungen entnommen. In allen Gruppen konnten einmal wegen Platzmangels, sodann auch aus zweckdienlichen Gründen nur eine verhältnismässig geringe Anzahl von Gegenständen zur Auslage kommen. Sie finden ungefähr 500 verschiedene Bildungsabweichungen ausgestellt. In den ersten Gruppen finden sich vorwiegend Abnormitäten, die ihre Entstehung inneren Ursachen verdanken. Die Gruppen 28-35 enthalten Deformationen, die mit Be- stimmtheit durch äussere Reize veranlasst wurden. Es ist natürlich nicht meine Aufgabe, jetzt alle Objekte zu besprechen; ebenso wird es Ihnen unmöglich sein, alle Einzelheiten zu betrachten. Eine grosse Anzahl von Bildungsabweichungen hat entwicklungsgeschichtliche Bedeutung. In manchen Ab- "normitäten haben wir Atavismen vor uns. Die Blätter aus Stammknospen, Adventivsprossen und an Wurzel- schossen zeigen öfter Formen, die denen der Blätter jener Arten gleichen, von welchen die rezente Art abstammt. Bei Kastanien fand ich, wie Sie sehen, einen derartigen Gestaltenreichtum der Blätter an Adventivsprossen von Stammstümpfen, dass ich sagen möchte: „die normale Blattform wird ganz langsam wieder gesucht“. Hierher gehören wohl auch manche Umwandlungen von Blatt- stellungen. 13% 196 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Auch progressive Entwicklungen können die Abnormi- täten sein. Ich denke hier an Spaltungserscheinungen bei Blättern (z. B. Klee). Die Sprossvariationen erwähne ich in diesem Zusammenhang. Manche Blattformänderung nach der monströsen Seite hin (bei allen Blättern des Individuums) stellt eine Mutation vor. Viele monströsen Gartenformen beweisen, dass man Bildungsabweichungen erblich machen kann. (Pelorien bei Digitalis, Verbänderung bei Üelosia cristata). Eine Reihe von Abnormitäten hat eine hohe biologische Bedeutung (Adventivsprosse, Verstümmelungswirkungen, Wundheilungen, negativ-geotropische Krümmungen). Alle ‘diese Dinge machen auf uns den Eindruck von Anomalien. Es wäre vielleicht richtiger, diese Wachstumsformen als „normal unter unnormalen äusseren Bedingungen“ zu be- zeichnen. — Die typischen Standortsformen erwähne ich an dieser Stelle, zugleich im Hinblick auf das folgende, nur kurz. | Dauernde abnorme Ernährungsverhältnisse physikalı- scher und chemischer Natur, sowie periodische und ein- malige Ernährungsstörungen werden oft die letzte Ursache für zahlreiche Bildungsabweichungen sein. Reiche Saft- zufuhr mit dann plötzlich folgender Stockung erzeugt Maserknoten. Überproduktion von einzelnen Teilen, sowie Umwertungen von Organen sind mitunter die Folge von zu reichlicher Nahrungsaufnahme. Es ist mit Prnzıe wohl anzunehmen, dass manche Umwertungen von Organen auch durch Missleitung fertiger organischer Substanz entstehen, Abnorme mechanische Einwirkungen aufjunge Pflanzen- teile (Vegetationskegel), z. B. Druck, Zug, Schnitt, haben abnorme Entwickelung der betr. Organe zur Folge. Nicht minder einflussreich sind abnorme Temperatur- verhältnisse. Frostformen mancher Pflanzen, ich denke besonders an die Farne, machen einen ganz monströsen Eindruck. Andauernde Sonnenhitze hat in unseren Breiten bei vielen Individuen eine neue Belaubung und zweite Blühperiode in Gefolgschaft. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 197 Nun gar die Bildungsabweichungen, die durch andere Organismen (Pflanzen und Tiere) an den verschiedensten Teilen der Pflanzen hervorgebracht werden, die Üecidien ! — Unter einem Üecidium versteht man im weitesten Sinne jede Neubildung, die nicht im Bauplane der betr. Pflanze begründet liegt, sondern ein Lebewesen als Verursacher hat. Das Lebewesen muss in irgend einem Stadium seiner Entwickelung in oder auf der .Neubildung wenigstens einige Zeit gelebt haben. Bis zur Unkenntlichkeit werden ganze Pflanzen oder einzelne ihrer Teile umgebildet. Erinnern will ich nur an die von dem Pilz Uromyces pisi befallenen Stöcke der Cypressen-Wolfsmilch und an die Hexenbesen. Welchen Reichtum an Üecidien (Gallen) wir besitzen, ersehen Sie daraus, dass ich für unser Gebiet bislang schon 722 Nummern feststellen konnte. Sie finden das Ver- zeichnis in unserer Festschrift als ersten Beitrag zur Kenntnis der Verbreitung von im Regierungs-Bezirk Cassel vorkommenden Gallen. Hochverehrte Anwesenden! Sie würden die Mühe, die ich durch Veranstaltung dieser Ausstellung hatte, reichlich lohnen, wenn Sie das Material einer gütigen Betrachtung unterziehen würden. Auch im Dienste des Naturdenkmalschutzes soll die Ausstellung wirken. Ich wollte zeigen, wie lehrreich solche Sammlungen sind, wie sie Sinne und Geist bilden können! In vielen Lehranstalten wird von den Schülern die Anlage eines Herbariums verlangt. Für diese meistens wenig wertvollen Sammlungen (sie liegen nachher unvollendet in irgend einer Ecke) wird nun im Anfang förmlich Jagd nach den seltensten Pflanzen der Heimat abgehalten. Werden Gallen und sonstige Abnormitäten gesammelt, so wird eine derartige Sammlung einmal Beobachten und Nachdenken schärfen, sodann aber auch dem Naturdenkmalschutz dienen. Sie wollen bitte meine Ausführungen nur als eine kurze Erläuterung der Ausstellung, bezw. als Anregung aufnehmen. In meinen Darlegungen ausführlicher zu werden, verboten mir die Kürze der Zeit und der zu er- reichende Zweck. 198 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Jedem Festteilnehmer wurde eine gedruckte Übersicht überreicht. Übersicht: Gruppe 1 (rot). Teratologische Wurzelbildungen. n 2 (grün). Abnorme Keimlinge (drei oder vier Keimblätter). 5 3 (rot). Anormale Verzweigung (Zweigsucht, Verästelung). 5 4 (grün). Maserknoten (Kugeltriebe). 5 5 (rot). Einfache Tordierungen und Zwangs- drehungen mit Folgeerscheinungen. 5 6 (grün). Verbänderungen (Fasciationen). 5 7 (rot). Blätter von Wurzelschösslingen, Adventivsprossen oder Sprossen aus schla- tenden Augen (Symphortcarpus, (Quercus, Acer, Aesculus, Fraxinus). Die Blätter zeigen zahlreiche Abweichungen von der normalen Gestalt. h 8 (grün). Unnormale Blattstellungen (Anders- gliedrige Wirtel als bei der typischen Stellung; Auflösung der Wirtelstellung). 3 9 (rot). Spaltungen bei Laubblättern. „ 10 (grün). Vielgestaltigkeit der Spaltungs- erscheinungen beim Efeu (Hedera Helix L.). „ 11 (rot). Echte Gabelblätter (Gabelung der Blattmittelrippe). „ 12 (grün). Falsche Gabelblätter (Verkürzung der Mittelrippe). „ 13 (rot). Unsymmetrische Blattspreitenhälften. „ 14 (grün). Polymorphie der Laubblätter bei Forsythia suspensa, Ribes aureum und Liri- odendron Tulipifera. „ 15 (rot). Vielgestaltigkeit der Blattabnormi- täten bei Philadelphus, Phaseolus, Ampe- lopsis, Rubus und Juglans. „ 16 (grün). Verschiedene andere Blattanomalien. 17 (rot). Schlauchblätter, Excrescenzen und Überfaltungen, EEE Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 199 Gruppe 18 (grün). Teratologische Bildungen in Blüten- ständen. „ 19 (rot). Bildungsabweichungen in Umbelli- ferendolden. » 20 (grün). Abweichungen vom normalen Blütenbau. „ 21 (rot). Verbildete Früchte (Samen). »„ 22 (grün). Abnorme Kornähren und Halme. 23 (rot). Umwertungen von Pflanzenteilen. „ 24 (grün). Durchwachsungen (Diaphysen) bei einzelnen Blüten und Blütenständen. „ 25 (rot). Verwachsungen von zwei Organen. 26 (grün). Abnorme Blütezeiten, 27 (rot). Gärtnerisch verwendete teratologische Formen. 28 (grün). Negativ-geotropische Krümmungen. »„ 29 (rot). Einwirkung der Verstümmelung auf die Gestalt der Pflanzen. 30 (grün). Frostwirkungen. „ 31 (rot). Pilzgallen. „ 32 (grün). Organoide Tiergallen (das Gallen- tier veranlasst eine Umwertung eines ganzen Organs). „ 33 (rot). Histioide Tiergallen (das Gallentier veranlasst an einem Teil eines Organs ab- norme Gewebebildungen). „ 34 (grün). Tiergallen an Acer-Arten. „ 85 (rot). Tiergallen an Tilia-Arten. Die Ausstellung fand lebhaften Beifall, besonders wegen der übersichtlichen Gruppierung und der sauberen Präparation des Materials. Dem Aussteller sei auch an dieser Stelle nochmals der besondere Dank des Vereins ausgesprochen für seine mühevolle Arbeit. 200 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Von weiteren wichtigen Vorgängen aus den ver- flossenen Vereinsjahren seien folgende hervorgehoben: 1. Am 10. Mai 1911 wurde der Verein für Naturkunde zu Cassel unter Nr. 114 ins Vereinsregister des Königlichen Amtsgerichts zu Oassel einge- tragen. Die neuen Satzungen waren in verschie- denen Sitzungen von einer zu diesem Zwecke ge- wählten Satzungskommission beraten und in der ausserordentlichen Hauptversammlung am 18. Ja- nuar 1911 angenommen worden. 2. Am 23. Januar 1911 beschloss der Verein die An- schaffung eines grossen Apparates für diaskopische, episkopische und mikroskopische Projektion von der Firma R. WiınkeL in Göttingen. 3. Zur Aufstellung im Vereins- Versammlungszimmer im Kaufmannshause wurde ein Bücherschrank durch Beschluss vom 14. November 1910 beschafft. 4, Um die Zahlungen zu erleichtern, hat der Verein seit 19. Juni 1911 ein Postscheckkonto unter Nr. 5401 bei dem Kaiserlichen Postscheckamte in Frankfurt a. M. Es ist wünschenswert, dass auch zur Einzahlung der Mitgliederbeiträge, die satzungsgemäss bis Ende Juni des Vereinsjahres bezahlt sein sollen, von der Einrichtung Gebrauch gemacht wird. 5. Am 23. Mai 1910 beschloss der Verein, 20 Mark zur HERMANN ÜREDNER-Stiftung beizutragen. 6. Am 24. Mai 1909 beschloss der Verein, mit einem Jahresbeitrag von 10 Mark korporatives Mitglied des Vereins Naturdenkmalschutz in Kurhessen und Waldeck zu werden. 7. Durch Beschluss vom 7. Februar 1910 trat der Verein der neugegründeten „Geologischen Vereini- sung“ als Mitglied bei. Jahresbeitrag 10 Mark. 3 8. Am 15. April 1910 beschloss der Verein, Mitglied des Casseler Lehrervereins, Abteilung für Natur- kunde zu werden, EASPS IE: Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 201 Vorstandswahl. 1909/10. Die Hauptversammlung am Schluss des 73. Vereins- jahres fand am 26. April 1909 im Kaufmannshause statt. Die Vorstandswahl hatte folgendes Ergebnis: | | j | Direktor: Professor Dr. FENNEL. Geschäftsführer: Professor Dr. SCHAEFER. Rechnungsführer: Fabrikant Krnn. 1. Bibliothekar: Sanitätsrat Dr. EBeErr. 2. Bibliothekar: Lehrer Schutz. Beisitzer: Major z. D. Freiherr von BERLEPScH, Sanitätsrat Dr. WEBER und Lehrer ScHurz. (Führung der Berichte in den Sitzungen). Herr Krnm legte am 14. Juni 1909 sein Amt als Rechnungsführer nieder. Darauf wurde am 14. Juni 1909 Herr Architekt Tneıss an seiner Stelle zum Rechnungs- führer gewählt. 1910/11. In der Hauptversammlung am Schluss des 74. Vereins- jahres, am 15. April 1910, wurden dieselben Herren wieder in den Vorstand gewählt. 1911/12. In der Hauptversammlung am 8. Mai 1911, am Schluss des 75. Vereinsjahres, fand die Wahl zum ersten Male - auf Grundlage der neuen Satzungen statt. Es wurden ‘ gewählt als: Vorsitzender: Professor Dr. FEnneL (bis 1912). Geschäftsführer: Professor Dr. SCHAEFER (bis 1913). Schriftführer: Lehrer Scauız. Rechnungsführer: Architekt Tarıss. 1. Bibliothekar: Sanitätsrat Dr. Eserr (bis 1914). 202 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 2. Bibliothekar: Lehrer ScHuErz (bis 1914). Beisitzer: Major z. D. Freiherr von BERLEPSCH, Sani- tätsrat Dr. WEBER, Oberlehrer Dr. EnpErRS und Oberpostpraktikant KLEINSTEUBER. Besuch der Sitzungen. Die Sitzungen fanden wieder, ausser im Juli, zwei- mal monatlich, jedesmal am 2. und 4. Montage, abends von 8!/; Uhr ab im Kaufmannshause statt. Die 18 Sitzungen des Vereinsjahres 1909/10 waren durchschnittlich besucht von 15 Mitgliedern und 4 Gästen. Am stärksten besucht war die Sitzung vom 17. Januar 1910, nämlich von 39 Personen, am schwächsten am 10. Mai und 22. November, von je 10 Personen. 20 Sitzungen im Vereinsjahre 1910/11 wiesen einen Besuch auf von durchschnittlich 24 Mitgliedern und 9 Gästen. Die Wirkung des neu angeschafften Projektions- apparates macht sich geltend. Am geringsten besucht war die Sitzung am 23. Mai 1910, nämlich von 12 Per- sonen. Abgesehen von der Festsitzung am 23. April 1911 wies die Sitzung vom 27. Februar 1911 den stärksten Besuch auf, nämlich 42 Mitglieder und 28 Gäste. Etwas geringer war die Besuchsziffer in den Sitz- ungen des Vereinsjahres 1911/12, nämlich durchschnittlich 19 Mitglieder und 4 Gäste, am stärksten war sie wieder in den grossen Sitzungen mit Projektionsvorträgen: am 8. Mai 1911 mit 56 Personen und am 11. Dezember 1911 mit etwa 100 Personen. Am schwächsten besucht war die Sitzung am 26. Juni 1911, nämlich von nur 9 Per- sonen. Die Wirkung der abnormen Hitze machte sich geltend, so dass die 1. Sitzung im August ausfallen musste, Wissenschaftliche Ausflüge. Im Sommer 1909 wurden die Ausflüge, die der Verein schon seit Jahren gemeinsam mit dem Vereine für natur- wissenschaftliche Unterhaltung unternimmt, zum ersten Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 203 Male nach einem vorher festgelegten Plane ausgeführt, der jedem Mitgliede der beiden Vereine gedruckt über- geben wurde. Auf Anregung des Geschäftsführers hatte sich Herr Dr. Scaurtz der grossen Mühe unterzogen, den Plan zu entwerfen, der dann von einer gemeinsamen Kommission der beiden Vereine durchberaten und in Druck gegeben wurde. Vorzugsweise waren die Ausflüge des Sommers 1909 nach geologisch bedeutsamen Örtlichkeiten gerichtet, wenn auch Pflanzen- und Tierwelt nebenbei mit Aufmerksamkeit beobachtet wurden. Herr Dr. Sckurtz übernahm die Führung. Auch dafür sei ihm an dieser Stelle noch einmal der besondere Dank des Vereins aus- gesprochen. 1. Mittwoch, 28. April: Rammelsberg—Lindenberg— Habichtswald. Auf dem Rammelsberg erklärte Herr Dr. SCHULTZ den geologischen Aufbau von Cassel und Umgebung. Die charakteristischen Muschelkalkzüge des Rammelsbergs— Weinbergs einerseits und des Lindenbergs— Kratzenbergs anderseits verdanken ihre Erhaltung tertiären Grabenversenkungen, wo- durch sie der Erosion entzogen wurden. Erst nach- dem die stehengebliebenen Muschelkalkplateaus und eine starke Schicht des leicht zerstörbaren Röt ab- getragen waren, traten die Muschelkalkzüge in ihrer heutigen Form hervor. Die hessische Senke, die Casseler Rötmulde, die tertiären Ablagerungen und Basalteruptionen wurden erwähnt. Im Habichts- walde wurde ein Vorkommen von Üasseler Braun, einer erdigen, zu Farbe verwertbaren Braunkohle,, besichtigt. 2. Mittwoch, 5. Mai: Kleines Herbsthäuschen—Hirz- stein— Wand. Kleines Herbsthäuschen: magnetischer Basalt; Aussicht auf typische Basaltberge (Natur- denkmal). Hirzstein: Basalt mit vielen Einschlüssen, säulenförmige Absonderung. Hervorragende Pflanzen- 204 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. welt: Acer platanoides in schönen alten Stämmen, Asplenum Germanicum, Üotoneaster integerrima, ÜO'yno- glossum Germanicum, Dianthus caesius, Digitalis ambigua, Geranium sanguineum, Melica ciliata, Vis- caria vulgaris (Naturdenkmal), Wand—Tuffbruch: Basaltgang (genannt Wand), der über Tuff hervorragt (Naturdenkmal). Der Tuff enthält zahlreiche Gesteinseinschlüsse. Im Walde dicht dabei ein alter starker Kirschbaum, Prunus avium (Naturdenkmal). . Mittwoch, 12. Mai: Schenkelsberg. Interessante Verwitterungserscheinungen des Basalts. Unteroligocäner Melanienton mit Melania horrida Sow., Pseudomelania substriata Desh., Mela- nopsis hassiaca Desh., Kreidegeröll mit Jnoceramus, Rehynchonella usw. Sonntag, 16. Mai: Tagestour in die Umgegend von Homberg a. E. Sandberg: olivinreicher Basalt vom Hügels- kopftypus. Eichelskopf: hervorragendes Naturdenk- mal! Aufschluss im Steinbruch: unten grauer, fester Basalttuff, zu Bauzwecken geeignet, in den oberen Lagen reich an Pflanzenresten; darüber gelber, weicher Palagonittuff, überdeckt von etwa 6 m mächtigen Doleritstrom. Stromoberfläche und -unterfläche sind in umherliegenden Handstücken nachweisbar. Ferner finden sich Stücke fladen- artiger, strick- und tauförmiger Lava. Mosenberg—Hofsauerburg: Basalte und Tuffe verschiedener Zusammensetzung. Aussicht vom Mosenberge! Hügelskopf: Steinbruch mit meilerförmiger Basaltsäulenstellung an der Basis, überdeckt von horizontalen und gebogenen Säulen eines Basalt- stromes. Dicht dabei @agea spathacea (Naturdenk- mal), Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 905 5. Mittwoch, 26. Mai: Stahlberg—Katzenstein (Mittel- berg—Wilhelmstal). . Stahlberg: Stark verwitterter Basalt (Kugel- basalt). Katzenstein (Mittelberg): Über den Erd- boden hervorragende Basaltklippe von geringer Ausdehnung. Bedeutende Pflanzenwelt: Anemone silvestris und Orchis tridentata sind durch Anpflanzung von Fichten auf der Wiese dem Untergange ge- weiht. Oypripedilum Calceolus und Orchis fusca sehr vereinzelt im Gebüsch, Jnula salicina noch vor- handen, blüht aber nicht mehr, da von Strauch- vegetation unterdrückt, Ürepis praemorsa nicht ge- funden; Erysimum odoratum neu! Wilhelmstal: Kalktuff der Seewiese mit Helix-, Pupa- und Limnaeus-Arten. 6. Mittwoch, 9. Juni: Hangarstein—Hohlstein—Dörn- berg. Hangarstein: Hervorragendes Naturdenkmal wegen seiner fiederförmigen Stellung der Basalt- säulen. | Hohlstein: Basaltklippe, ca. 20 m hoch, mit napfartiger Vertiefung, Standort von Hieracium Schmidtii (Naturdenkmal). Helfenstein: Basaltklippe Verwitterungs- erscheinungen. Asplenum Germanicum, Moose (Na- turdenkmal). Dörnberg: Vorwiegend aus Tuff. Veronica Teuerium, Adoxa Moschatellina. Blumenstein: Klippe aus Basalt von ge- ringer Ausdehnung. Immelburg: Deutlich geschichteter Tuff mit vielen und grossen Basaltbomben. 7. Mittwoch, 16. Juni: Niederkaufungen. Oberoligociäner Casseler Meeressand mit Ver- steinerungen am Weinberge. Verkieselte Holzreste in einer benachbarten Sandgrube miocänen Alters. 206 8. 10. 11. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Sonntag, 20. Juni: Tagestour Wildungen—Hemfurt. Grossartige Faltungserscheinungen devonischer und karbonischer Schichten, der Überreste der variskischen Alpen: Bilstein, hervorragendes Natur- denkmal auch wegen seiner Pflanzenwelt: Acer campestre, Asperula glauca, Asplenum Germanicum, (Aster Linosyris i. E.), Astragalus glycyphyllos, Anthericum Liliago!, Berberis vulgaris, Calamintha Acinos, Üephalanthera rubra, Üoronilla montana ver- geblich gesucht, Cotoneaster integerrima, Dianthus caesius!, Digitalis ambigua, Ervum pisiforme, Euphorbia Uyparissias, Hippocrepis comosa, Hypericum montanum, Lathyrus silvester, Lilium Martagon, Melica ciliata!, (Orchis sambucina wohl schon verblüht), Pirus Malus, Polygonatum oficinale, Scleranthus perennis!, Sorbus Aria, 8. torminalis, 8. hybrida, Tanacetum corymbosum, Teuerium botrys, Thesium alpinum!, Tilia platyphyllos, Viscaria vulgaris, prachtvolle alte Eichen, besonders am Fusse der Felsen. Mittwoch, 30. Juni: Weimar— Bühl—Ahnatal— Brandkopf. Mitteloligocäner Septarienton am Bühl, Röt mit Steinsalzpseudomorphosen an der Strasse Bühl— Ahnatal, oberoligocäner Casseler Meeressand im Ahnatal, am Basaltsteinbruch am Brandkopf, Mittwoch, 11. August: Wabern—Lendorf—Berge. Denudationsrelikt: Eingesunkene Liasscholle. (Naturdenkmal). Sonntag, 15. August: Tagestour Altmorschen— Ober- ellenbach. Die Grabenversenkung Spangenberg — Alt- morschen—Wichte, Teile einer ausgedehnten ter- tiären Schichtendislokation. Besichtigt wurden folgende Formationen: Mittlerer und Oberer Bunt- sandstein, Oberer Zechstein (oberer Dolomit und TREE 12. 13. 14. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 207 unterer Letten mit Gips), Unterer Zechstein (Kupfer- schiefer), Grauwacke, vermutlich devonischen Alters. Aus dem Schwerspatgang der Grube Mathilde kamen schöne Stufen von Kupferkies, z. T. in Malachit umgewandelt, zur Verteilung. Von botanischen Seltenheiten wurden unter Führung von Herrn Dr. Grimme besucht die Standorte von Rosa elliptica und Echinops sphaerocephalus bei Altmorschen, Helichrysum arenarium vor Heinebach, Aspidium Robertianum im Gipsbruch bei Connefeld. Mittwoch, 25. August: Fürstenwald—Zierenberg. Kopfsteine —= magnetischer Basalt (Naturdenk- mal). Asperula cynanchica, Campanula glomerata, Gentiana Germanica, Scabrosa Columbaria. Schreckenberg, hervorragende Pflanzen- und Tierwelt: Asperula cynanchica, Brunella grandi- Flora, Bupleurum longifolium, Cephalanthera ensifolia, pallens und rubra, Elymus Europaeus, Laserpitium latifolium in grossen Mengen, Stachys alpina, Vero- nica Teucrium. Von Schnecken: Oyclostomus eleyans in grossen Mengen. Hinweis, dass auf dem Scharten- berge unter Laub auf Kalkboden die sehr seltene Cochlicopa Menkeana nachgewiesen ist. Sonntag, 29. August: Veckerhagen — Staufenberg (eingeschoben), unter Führung von Herrn Forst- meister GREBE. Molkenboden im Wesertal, Unterer Buntsand- stein am Felsenkeller, Geröll- und Geschiebebildung im Hemelbach, meilerförmige Basaltsäulenstellung am Staufenberg, Basaltkonglomerat, bestehend aus Sandsteinbrocken, Röt, fossilen Holzresten, Moor- bildungen und Bleichsande auf der Höhe des Rein- hardswaldes—Schnepfeneiche! Rubus Sprengelii neu! auf dem Rückwege zum Felsenkeller. Mittwoch, 8. September: Besuch der Zeche Fried- rich Wilhelm I. im Druseltal. 208 15. 16. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Braunkohlenbergbau in der untermiocänen Braunkohlenbildung, 5—6 m mächtiges Flöz mit verkieselten Baumstämmen und Basaltapophysen. Mittwoch, 15. September: Asch—Kuhberg. Grabung nach Polierschiefer. Tuffbruch am Kuhberg. Am Sonnabend, 11. September wurde die Sonnen- warte des Herrn STEPHAN besichtigt. Wissenschaftliche Ausflüge im Sommer 1910. Mittwoch, 13. April: Dönche — Niederzwehren— Neue Mühle. Unteroligocäne Süsswasserbildungen in der Sand- und Tongrube der Gebr. GERLACH aufge- schlossen. Aufschluss von Basalttuff (Schwemm- tuf) am Warteküppel. Schottergrube bei der Neuen Mühle: durch eisenhaltige Lösungen zu Konglomeraten zusammengebackene Haupttalschotter mit fossilen Schnecken. Sonntag, 17. April: Tagestour Volkmarsen—Ehringen. Unter Führung der Herren Mryer und Tırı wurden die Aufschlüsse von Lias (Iberg und Scheid) besucht. Zum Besuche der Steinbrüche bei Ehringen reichte die Zeit nicht mehr. Mittwoch, 27. April: Trendelburg. Ziel waren die Wolkenbrüche (Naturdenkmal!) Sonntag, 8. Mai, Tagestour: Witzenhausen—Hundels- 4 hausen—Grossalmerode. Sie erwies sich als sehr lohnend. Auf der Fahrt wird an den Eisenbahndämmen vor Münden Arabis arenosa in Mengen beobachtet! In dem Bahneinschnitt vor Witzenhausen steht an u rn i = & 4 B 4 . 4 2 3 # . a [} n N. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 209 beiden Seiten zuerst Muschelkalk an, dann Röt mit Gypsadern, der sekundär abgelagert wegen seiner grösseren Widerstandsfähigkeit netzförmig über die weichen Rötschichten hervorragt. Auf der Wande- rung gelangen wir gleich hinter Witzenhausen in das in Buntsandstein eingeschnittene Erosionstal des Gelsterbachs. Als Ausläufer der westlich ge- legenen Wartberge erscheinen die „Wichtelsteine“, dolomitische Kalksteine der Zechsteinformation, durch fortgeschrittene Verwitterung zerrissene Umrisse auf- weisend: Thlaspi perfoliatum und Geranium pyre- natlcum, massenhaft Veronica Buxbaumit, Primula oficinalis hier auf Kalk in Mengen. In Carmshausen auf dem Lagerplatz des Basalt- werks Hesselbühl lagen Schwerspatblöcke mit Malachit umher, und dicht dabei am Distrikt Alfort, einem schönen Mischwald, wurde Grauwacke des Grundgebirges mit Schwerspat anstehend ge- funden. Im Walde: Anemone ranunculoides, Arum maculatum, Carex digitata, Daphne Mezereum, Evo- nymus Europaeus, Leucojum vernum, Melica uniflora, Mercurialis perennis, Orobus vernus, Paris quadri- Folius, Polygonatum multiflorum, Kanunculus . lanu- ginosus. Wir biegen ab nach dem östlichen Talhange in die Richtung Schmachteberg—Rückerode. Zech- steinkalk in seiner hellgrauen oberen und in seiner dunkleren unteren Varietät begleitet uns. Die Höhen bestehen aus Hauptdolomit und Grauwacke. Reiche botanische Ausbeute liefert uns eine Kahl- hiebsfläche am Schmachteberge: Carer digitata, glauca und montana, Hippocrepis comosa, Imula Conyza, Lonicera xzylosteum, Orchis fusca, Polygala comosa, Rosa arvensis, Sambucus nigra und race- mosa, Sorbus torminalis, Verbascum spec?, Viburnum Opulus, Viola hirta. Auf dem weiteren Wege wurde Campanula persicifolia und Monotropa hypopitys beobachtet und nach Verlassen des Waldes auf Esparsettfeldern Muscari racemosum in Mengen 14 210 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. gefunden! Das ist damit der zweite Standort für diese sehr seltene Pflanze Niederhessens. Sie findet sich ausserdem nur noch in den Jestädter Wein- bergen. An einem Schürfschacht lagen Brauneisenerz, Schwerspat und Kupferschiefer umher. Kurz vor Rückerode ragen mächtige Felsen des Hauptdolomits auf, der Ellerstein, mit charakteristischer Zechstein- flora: Alsine tenuifolia, Alyssum calycinum, Ane- mone silvestris, Anthemis tinctoria, Üerastium semide- candrum, an den Felsen ein alter Stamm Hedera Helix ıst leider abgehackt, Helianthemum Chamae- cistus, Hippocrepis comosa, Listera ovata, Reseda luteola, Daxifraga tridactylites, Silene inflata, Teuerium botrys. | Nach Süden zu wird dann der Zechstein durch Buntsandstein überlagert. Durch Auslaugen des Gipses sind mächtige Erdfälle entstanden. Ayjuga genevensis, Veronica polita und ein prachtvoller alter Birnbaum wurden beobachtet. Durch Aufwölben des Grundgebirges und die Grabenversenkung Lichtenau—Trubenhausen — Eichenberg sind hier mannigfache Schichten freigelegt, so dass der Abstieg ins Gelstertal petrographisch reiche Ab- wechslung bietet. Beim Aufstieg von Hundelshausen zum Hessel- bühl trifft man zuerst Muschelkalkschichten und dann Unteren und Mittleren Buntsandstein. Das Auftreten des Buntsandsteins macht sich botanisch bemerklich durch das Auftreten von Primula elatior an Stelle des Primula oficinalis, die uns bisher begleitete. An sumpfigen Stellen finden sich ein: Carex panicea, Dicranella squarrosa, Juncus supinus, Pedicularis palustris und Viola palustris, weiterhin Arnica montana und im Walde Festuca silvatica, Luzula masxima, und Senecio Fuchsit. Besucht wurden dann noch der Hesselbühl, der fast abgebaut ist, und der Basaltbruch am grossen ETENTERER Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 511 Steinberge, dessen senkrecht stehende Säulen von der Forstbehörde als Naturdenkmal unter Schutz gestellt sind. . Mittwoch, 11. Mai: Helsa—Hirschberg. Befahren wurde unter sachkundiger Führung des Besitzers, Dr. phil. Freiherr Waıtz von Eschen, die Braunkohlengrube. Besonderes Interesse erregten prachtvoll er- haltene verkieselte Baumstämme und durch Kontakt- metamorphose in edle dichte Anthrazit-Glanz-Pech- und Schwarzkohle umgewandelte Braunkohle. . Sonnabend, 21. Mai: Gensungen—Rhünda— Wabern. Der Ausflug galt vorzugsweise den Pflanzen- schätzen der hessischen Schweiz (Naturdenkmal) und der Sümpfe am Bahndamm vor Wabern. Lithospermum purpureo — caeruleum stand gerade in schönster Blüte. . Mittwoch, 25. Mai: Bilstein bei Besse—Hahn. Der Besuch galt zwei hervorragenden Natur- denkmälern, unserer stärksten Eiche Niederhessens, der „dicken Eiche“ bei Ermetheis, und dem Hahn bei Holzhausen mit fiederförmiger Stellung der Basaltsäulen. . Mittwoch, 1. Juni: Gudensberg—Nenkel—Mordberg. Von der interessanten Pflanzengemeinschaft des Nenkel (Naturdenkmal) wurde der Diptam Dietamnus Frazxinella blühend gefunden, ausserdem Aconitum Iycoctonum, Dianthus Carthusianorum, Polygala comosa, Orchis tridentata in einem kümmerlichen Exemplare, Auf dem Mordberge hielt Herr General EisEnTrauT einen Vortrag über die vorgeschichtliche Bedeutung dieses interessanten Berges, der offenbar in der jüngeren Steinzeit eine wichtige Rolle ge- spielt hat. . Mittwoch, 8. Juni: Breitenbach — Falkenstein— Altenburg— Sand. 14* 212 Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Falkenstein, Altenburg und Emserberg sind Teile eines basaltischen Höhenzugs, der westlich des Langenbergs von NO nach SW streichend, den Oberlauf der Ems, eines Nebenflusses der Eder, von ihrem Nebenflusse, der Wichoff, trennt. Falken- stein und Altenburg hängen durch einen breiten Sattel zusammen und sind durch einen tiefen Ein- schnitt vom Emserberge getrennt. Die seit mehreren Jahren an der Altenburg vor- genommenen wissenschaftlichen Ausgrabungen haben erwiesen, dass wir es hier mit einer der bedeutensten ‘germanischen Burgen im Herzen des alten Chatten- landes zu tun haben, die wahrscheinlich mit Mattium, der Hauptstadt der Chatten, in Verbindung stand und nicht nur vorübergehend, sondern wahrschein- lich mehrere Jahrhunderte dauernd besiedelt war. Die noch heute sichtbaren wallartigen Befestigungen, welche Altenburg und Falkenstein verbinden, die freigelegte Dorfanlage, Brunnen, gefestigten Wege, Töpfereianlage usw. wurden unter Führung von | Herrn General Eısentraur besichtigt. Der Falken- stein trägt noch hente die Reste einer mittelalter- lichen Burg. Falkenstein sowohl wie Altenburg tragen einen herrlichen Waldbestand mit den für unsere Basalt- kuppen charakteristischen schönen Stämmen von Tilia platyphyllos und. Acer campestre.. Vor allen Dingen ist der Pflanzenbestand des Falkensteins ganz hervorragend (Naturdenkmal). Der Reichtum an seltenen Flechten ist berühmt. Dieser Standort a wird in allen grösseren Flechtenwerken angegeben. In erster Linie ist SZöcta herbacea zu er- wähnen (in einer Basaltschlucht, auch an Acer cam- pestre cfr.), ferner Amphiloma elegans Lk., Ochrolechia pallescens L. und parella Kbr., Rhizocarpon chiono- philum Th. Fr., Cladonia fimbriata L., Peltigera horizontalis L., Nephroma tomentosum L., Pyrenula nitida. Von Phanerogamen ist in erster Linie zu erwähnen Geranium lucidum. Ausserdem wurden EEE, Fear 10. X. 12. 13. 14. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 213 beobachtet Actaea spicata, Anemone ranunculoides, Aguilegia vulgaris, Atropa Belladonna, Cardamine impatiens, Dentaria bulbifera, Impatiens Nolitangere, Lathraea Squamaria, Lappa nemorosa, Lonicera xylosteum, Pirola rotundifolia und secunda, Poten- tilla argentea und Fragariastrum, Pulmonaria oftei- nalıs, Kanunculus lanuginosus, Ribes uva erispa, Rubus saxatilis, Sanicula Europaea, Sedum mazımum, Turritis glabra, Veronica montana, Vicia silvatica, Vinca minor, Viola tricolor maxıma u. a. Sonntag, 12. Juni: Tagestour: Meissner. Besucht wurden Seesteine, Kitzkammer, Kalbe, Bransrode. Mittwoch, 3. August: Münden—Hühnerfeld—Stein- berg. Die interessante Sumpfflora des Hühnerfeldes ist nur noch in geringen Spuren erhalten. Durch Aufforstung ist sie zumeist verschwunden. Das grösste Interesse erweckte der Tagebau am Stein- berge, der unter Führung des Herrn Markscheider Meyer besichtigt wurde. Mittwoch, 10. August: Burghasungen—Zierenberg. Der Besuch galt der seltenen Flora der Basalt- felsen von Burghasungen (Naturdenkmal): Allum fallax, Asplenum Germanicum, septentrionale und trichomanes, Dipsacus pilosus, Geranium lucidum, Hieracium incisum, Inula Conyza, Sedum album und fabaria, Trifolium striatum, Verbascum phlomoides, Veronica spicata, Viola tricolor genuina, Viscaria vulgaris, Woodsia ilvensis. Von Moosen: Bartramia crispa, ühyphylla und pomiformis, Hypnum rugosum, Mnium hornum, Neckera crispa, Orthotrichum affıne, cupulatum, Ludwigüi, Reboulia hemisphaerica. Sonntag, 14. August: Tagestour: Lichtenau— Spangenberg— Melsungen. Sonnabend, 27. August: Kalisalz-Bergwerk Winters- hall. B 214 16. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. Besichtigt wurden das Bergwerk über und unter Tage, sowie die Fabrik. . Sonnabend, 17. September: Ahnetal. Besichtigt wurde der Erdrutsch im Ahnetale. Mittwoch, 21. September: Besichtigung eines geo- logischen Aufschlusses am Rodenberge, am Gelände der Neuanlage des Bahnhofs. Wissenschaftliche Ausflüge im Sommer 1911. Mittwoch, 5. April: Ziegelei Tiessen— W arteberg— Ihringshausen. Unter Führung von General EIsENTRAUT wurden die Ausgrabungen einer ausgedehnten neolithischen Ansiedlung mit stufenartigen Einrichtungen zum Sitzen besichtigt, auf die man durch Gefässcherben, Reibsteine und Steinwerkzeuge in den Lehmwänden der Ziegelei I von Tiessen aufmerksam geworden war. . Sonnabend, 29. April: Oberkaufungen — Nieder- kaufungen. | Meeressand (Weinberg), Braunkohle (Mitteltal), Sandgrube (Bookenloch). Sonntag, 7. Mai: Tagestour: Weidelsburg. Ausgezeichneter gemischter Baumbestand, Vinca minor blühend in grossen Mengen, Leucojyum vernum mit Früchten, Pulmonaria ofhcinalis. Sonnabend, 13. Mai: Stahlberg—Katzenstein—Wil- helmstal. Sonnabend, 20. Mai: Ahnetal. Sonntag, 28. Mai: Tagestour: Sooden—Albungen. 7 Hirschberg (Schwerspat), Weidsche Kopf— Hitzerode—Ruine Bilstein (Diabas, seltene Pflanze), Burg Staufenberg—Schnepfenburg—Albungen. en {I 10. 11. 12. 13. 14. Mitteilungen aus dem Vereinsleben. 215 . Sonnabend, 3. Juni: Herkules—Zierenberg. Bergamt (schwefelwasserstoffhaltige Quelle)— Essigberg (Tuffbruch) — Ehlen— Ehlener Warte— Habichtstein— Bodenhausen (Park mit Hickory- bäumen)—Zierenberg. . Sonntag, 11. Juni, Tagestour: Sand — Züschen— Fritzlar. Sand — Merxhausen — Riede — Heiligenberg mit Riesenstein (Naturdenkmal)—Hinterberg mit Ring- wall - Züschen - Steinkistengrab - Hellewarte - Fritzlar. Mittwoch, 21. Juni: Besichtigung des Wilhelms- höher Parks unter Führung von Herrn Hofgärtner VIRCHOW. Mittwoch, 5. Juli: Gudensberg. Scharfenstein (Naturdenkmal)-Lamsberg (Basalt, prähistorische Fundstelle). Sonnabend, 12. August: Immenhausen—Grebenstein. Sonnabend, 19. und Sonntag, 20. August:, Richels- dorfer Gebirge unter Führung von Herrn Professor MILDE. Richelsdorf (Schwerspatwerk) — Süss— Bauhaus (Kupferschiefergrube, Schwerspatgrube) — Solz — Braunhausen (Kobaltblüte, Kupfererze)—Cornberg. Mittwoch, 30. August: Besichtigung der Mönche- berger Gewerkschaft. Sonntag, 17. September: Tagestour nach Hom- berg a. E. | Eichelskopf — Ronneberg (Kohlenbergwerk) — Neuhof (Glasbasalte) — Frauenkopf — Herzberg — Homberg— Wabern. 216 Mitgliederbestand. 2. Mitgliederbestand. Im Laufe des Vereinsjahres 1909/10 wurden folgende Herren als wirkliche Mitglieder in den Verein aufgenommen: Am 26. Mai 1909: 1. Herr Dr. phil. Mıx Envers, Oberlehrer. 2. „ Hormann, Kand. des höh. Lehramts. 3. „ Karı KRUHOEFFER, Kand. des höh. Lehramts, 4. WeıpMmanN, Kand. des höh. Lehramts. n - Am 31. Januar 1910: 5. Herr Kıarı Huser, Garteninspektor, Oberzwehren. 6. 1. Pr) N PETER Murtze, Mittelschullehrer. ERNST STEPHANI, Privatmann. Am 14. Februar 1910: 8. Herr HEINRICH SCHAEFER, Privatmann, Am 14. März 1910: 9. Herr Dr. phil. WILHELM AvERDam. 10. „ Dr.med. Artur Brrerr, Forschungsreisender. 1l. „ Wanter Beunm, Kgl. Forstassessor. 12. „ Friıeprıch Bıskamp, Amtsgerichts-Ober- sekretär. 13. „ Lupwie GunpLach, Ziegeleibesitzer. 14. „ FRrieprich Henker, Dir. d. Kreditvereins. 15. „ Dr. phil. Orto Hkzss, Oberlehrer. 16. „ Dr. phil. Ernst Horıstein, Oberlehrer. 17. „ Kuupr, Privatmann. 18. „ Pau Kemna, Apothekenbesitzer. 19. „ Dr. med. RıcHarp KOEHLER, prakt. Arzt. 20. „ Franz MıLtner, Ziegeleibesitzer. Miteliederbestand. 217 21. Herr ALsert ReuscH, Kgl. Eisenbahn-Bureau- Assistent. 22. „ ALFRED Rozse, Baurat. 23. „ GEoRG RosenzwEis, Kgl. Kommerzienrat. 24. „ Aucust v. Sachs, Geh. Reg.-Rat, Direktor der Landeskreditkasse. 25. Ep. SCHLITZBERGER, Veterinärrat. N 26. „ HEINRICH SCHMIDTMANN, Architekt. 27. „ Dr. jur. PauL ScHNEIDER, Zeitungsverleger. 28. „ Dr. med. HERMANN ScHUELER, prakt. Arzt. 29. „ Gustav SıcHEL, Bankier. 30. „ Dr. med. Lupwıs Sımoxs, Oberstabsarzt. 31. „ Emm Stammer, Oberveterinär. 32. „ &Aucust Strack, Brauereibesitzer. 33. „ Paur Tırımansn, Apothekenbesitzer. 34. „ Hermann TonnDoRF, Privatmann. 35. „ Epuarp WEBER, Prokurist. 36. „ HemriıcHh WEIDEMEYER, Buchdruckerei- besitzer. 37. „ Lupwic WentzeLı, Dir. der Herkules- brauerei. Am 15. April 1910: 38. Casseler Lehrerverein, Abteilung für Naturkunde. 39. Herr NatHan Apr, Kaufmann. 40. „ Apım Oreot, Fabrikant, Niederzwehren. 41. „ Dr. ing. Kırı HenscHeL, Kgl. Geh. Kommerzienrat. 42. „ Dr. phil. H. Joacamm, Wiss. Mitarb. der Akt.- Ges. Hınv für Optik, Ihringshausen. 43. „ Dr. phil. WırH. LoescHer, Oberlehrer. 44, „ Kart MoetLErR, Optiker, Ihringshausen. 45. „ BERNHARD MosBACHER, Fabrikant. Folgende korrespondierende Mitglieder kehrten nach Cassel zurück und traten als wirkliche Mitglieder wieder ein: 46. Herr Dr. med. Franz ALrERMAnn, Korps-General- arzt a. D. 218 Miteliederbestand. 47. Herr Dr. med. Kırı BLIESENER, Oberstabsarzt a. D. 48. „ Kıarı Reıcharpr, Kaufmann. Es starb das wirkliche Mitglied: Herr JakoB HoRrNTHAL, Tierarzt. Ferner erhielt der Verein Nachricht vom Tode folgen- der korrespondierender Mitglieder: Herr ADALBERT GEHEIB, Apotheker, Freiburg i. Br. Dr. phil. G. H. MoeLzer,!) Kgl. Gymnasial- professor in Schweinfurt, Sohn des Gründers unseres Vereins. | Kıarı Struck, Museumskustos in Waren. Kırı Var, Geh. Postrat, Potsdam. N ” N Folgende wirkliche Mitglieder traten aus: Herr GEor6 BEHR, Fabrikant. Dr. phil. HEInkıcH BENKERT, »„ Eisenmann, Geh. Reg.-Rat. Dr. phil. Aus. Eymer. Freiherr v. FORSTNER. Dr. Henker, Oberlehrer. En. Taute, Lehrer, (9. August unheilbar erkrankt). In die Liste der korrespondierenden Mitglieder wurde bei seinem Wegzuge nach Fulda übergeführt: Herr FERDINAND MUELLER, Ober-Telegraphen- sekretär. Im Laufe des Vereinsjahres 1910/11 wurden folgende Herren als wirkliche Mitglieder in den Verein aufgenommen: ‘) Aus den Sammlungen des Verstorbenen erhielt der Verein einige Uhrglaspräparate, die ältesten der bekanntlich von ihm er- fundenen und nach ihm benannten Präparate, die Herr Professor Dr, SCHAEFER am 14. II. vorlegte, Mitgliederbestand. 219 Am 23. Mai 1910: 1. Herr Jaxoß KLeim, Privatmann. 2. „ Dr. med. Kurt MoEHRING, Spezialarzt für Chirurgie. 3. „ Joser Praur, Bankier. 4. „ Sanper, Apothekenbesitzer, Hofgeismar. 5. „ Dr. phil. Frieprich Freiherr Waıtz von Eschen, Ringenkuhl bei Grossalmerode. Am 27. Juni 1910: 6. Herr Kırı DEDERBECcK, Direktor der Schöfferhof- brauerei. 7. „ Geor6 EBERrWwEın, Prokurist. 8 „ WiıLHELn Essert, Betriebsinspektor. Am 1. Juli 1910: 9, Herr Kırı NoELKE, Fabrikant. Am 15. August 1910: 10. Herr RoßErT Krack, Kaiserl. Bankrat a. D. Am 12. September 1910: 11. Herr Dr. med. GrorG Baunsart, Frauenarzt, 12. „ Ernst Conkapes, Oberforstmeister. 13. „ Dr. phil. WırHeLm GUENTHER, Fabrikant. Am 7. November 1910: 14. Herr Kırı, Gass, Oberlehrer. 15. ,„ THEopor ScHuETz, Kaufmann. 16. „ Dr. phil. Ep. StremumE, Privatmann. Am 21. November 1910: 17. Herr Watter BEINHoFF, Ingenieur. 18. HERMANN KoesscH, Kaufmann. Frırz Nor, Gutsbesitzer, Gudensberg. F, Pıstorrus, Ingenieur. SCHLEIFF, Rektor, Wolfsanger. KARL STAUDINGER, Meimbressen. W. Weıisgeck, Kaufmann. GEORG WELKER, Kgl. Eisenbahn-Obersekr. D art En Balan Ya nn 11 Aar> BES NERn= WERDIS 220 Am 5. Dezember 1910: 25. Herr Arrur HoEHMAnN, Kaufmann. 26. Am 19. . Herr Sıeerriep Kaurmann, prakt. Tierarzt. Am 23. . Herr Dr. phil. Aıserr Basse, Oberlehrer. . Januar 1911: . Herr Ausert Hess, Bankier. . Februar 1911: . Herr Gustav BERNEBURG, Kaufmann. Mitgliederbestand. „ HERMANN ZIckENDRAHT, Kaufmann. Dezember 1910: „ Gustav Kıosz, Hoflieferant. „ LEOPOLD KOoRNEMANN, Privatmann. „ Rorp LecHterR, Bergwerksdirektor. „ Dr. med. GoTTLIEB NEUMANN, Stabsarzt. „ Lupwie SchnerL, Fabrikbesitzer. „ Hans KocHENDOERFFER, Kaufmann, „ Heinrich KoCHENDOERFFER, Kgl. Hof- Uhr- macher. „ Dr. med. WıruısaLn Ort, Ober-Generalarzt und Sanitätsinspekteur. Januar 1911: „ SALLY FELDSTEIN, Kaufmann. „ WILHELM ScHMiDT, Kaufmann. „ Hemrıch Suesse, Kaufmann. „ JoacHım Buunck, Handelsschul-Vorsteher. v. Borun, Handelsschul-Vorsteber. Konkan COreode, Kgl. Kommerzienrat, Fabrikant. | WILHELM EHRBEck, Landwirt. THEoDoR EisEnBErG, Kaufmann. August GERHARDT, Fabrikant. JuLıus Kress, Hoflieferant. Ersst Prorz, Kaufmann. „ Frırz ScHeEL, Fabrikant. Max SıcHEL, Bankier. G. H. Trost, Grosskaufmann. EEE DD DENE LEN nunmes ET Fe Mitgliederbestand. 221 Am 27. Februar 1911: 53. Herr GERHARD EIMERMACHER, Eisenbahnland- messer. 54. „ WırHerm Mensıng, Ingenieur. Am 27. März 1911: 55. Herr JoH. Craassen, Dir. der Schöfferhofbrauerei. 56. „ ALEXANDER Fiorino, Privatmann. 57. „ Hermann Kouter, Diplom-Ingenieur, 58. „ Dr. phil. Wirserm QueHt, Geh. Reg.- und Schulrat. 59. „ Kıarı Reuse, Kaufmann. 60. „ Orro STOCKMAR, Ingenieur. Durch Tod verlor der Verein die Ehrenmitglieder Dr. Ernst GeRrTLAND, Professor an der Bergakademie in Clausthal und En. v. HunpersHAausen, Landesdirektor a.D. und das wirkliche Mitglied Prof. Dr. Rosr. Ferner brachte der Verein in Erfahrung, dass das korrespondierende Mitglied Hofrat Dr. AnprzEAS KORNHUBER in Pressburg gestorben sei. Es traten aus die wirklichen Mitglieder: Fabrikant FERDINAnD Hammann und Königl. Regierungs - Präsident Dr. Mıuve beim Wegzug nach Aurich; ferner das kor- respondierende Mitglied Oberlehrer Dr. HEınkıch MUELLER. In die Liste der korrespondierenden Mitglieder wurde übergeführt: Herr Kreistierarzt Dr. GRIMME. Nicht mehr zu ermitteln waren die korrespondierenden Mitglieder Lange, PERINO, ROSENTHAL, SIEGBERT und V. WEDELL, Im Laufe des Vereinsjahres 1911/12 wurden folgende Herren als wirkliche Mitglieder in. den Verein aufgenommen: Am 15. Mai 1911: 1. Herr Lupwıc Barrız, Professor. | 2. „ Wiıraeım BorpENnHAUSEnN, Direktor des Kredit- vereins, 223 Mitgliederbestand. 3. Herr Just. EnsErn, Stadt-Gartendirektor. 4. „ Gebr. GorTtHELFt, Kgl. Hofbuchdruckerei- besitzer. „ Jurius KnerscH jun., Kaufmann. » WILHELM MaRDoRF, Apotheker. „ Jurius TRAEBER, Auegärtner. » Konkan WALTHER, Lehrer. » RUDOLF WIEDERHOLD, Kunstgärtner. Am 19. Juni 1911: 10. Herr HrmrıcHh BoPPENHAUSEN, Kaufmann. 11. „ Viktor LorwEnsTEIn, Buchhalter. Am 3. Juli 1911: 12. Herr ApoLr EisEnBere, Malzfabrikant. Am 4, September 1911: 13. Herr Heımrıch BickHArDT, Postinspektor. 14. ,„ ALEXANDER HEERMANN, Ober-Stabsarzt a. D. 15. „ XKaru NIEMmEYER, Ober-Ingenieur, Am 18. September 1911: 16. Herr Kırı Gerstung, Ober-Ingenieur. 17. „ Kıart NEUROHR, Oberpostpraktikant. 18. „ Dr. phil. Orto SPRENGER, Assistent der Landwirtschaftskammer. Am 2. Oktober 1911: 19. Herr Kırı Denss, Kaufmann. Am 16. Oktober 1911: 20. Herr Pau LinDEkUGEL, Oberpostinspektor. 21. „ ADporFr Scamipr, Fabrikant. Am 4, Dezember 1911: 22, Herr GoTTFRIED ELteste, Apotheker. Am 29, Januar 1912: 23. Herr Arrur Booz, Hotelpächter. sonag Folgende korrespondierende Mitglieder kehrten nach Cassel zurück und traten als wirkliche Mitglieder ein: Mitgliederbestand. 223 Prof. Dr. phil. Anton BorkscH, Geh. Reg.-Rat., Pau KLEINSTEUBER, Oberpostpraktikant. Am 8. Mai 1911 wurde Herr Oberlehrer GEISENHEYNER- Kreuznach zum korrespondierenden Mitglied gewählt. Es traten aus die wirklichen Mitglieder: BasseE, BERGER, BODE, v. BOEHN, GERSTUNG GUNDLACH, JaHn, KLEin, H. KOCHENDOERFFER, KRUHOFFFER, LECHLER, LINDNER, LOEWENBAUM, LOEWENSTEIN, MOELLER, STOCK- MAR, TILLMANN, ZICKENDRAHT, In die Liste der korrespondierenden Mitglieder wurde - übergeführt Herr Oberlehrer Dr. LoEscHEr beim Wegzuge nach Essen. Durch den Tod verlor der Verein die wirklichen Mit- glieder Direktor HEnkeL, Kauep, NOELKE und RiTTERS- HAUSEN und das korrespondierende Mitglied Kırı KnETscH- - Freiburg i. B. (r 27.2. 1912). 224 Bibliothek. ‚3, Bibliothek. An Geschenken ale der Bücherei des Vereins folgende Schriften zugewandt: 1. San.-Rat Dr. Mıx Baruch-Paderborn: a) Ausder Xrypfogamen-Flora von Paderborn. (S. A. XXVIL Jhb. Westf. Prov. Ver. f. Kunst u. Wissensch. Münster i. W. 1898. dgl. XX VIII. (1899/1900); XXIX. (1900/01); XXX. (1901/02); XXXI (1902/03). b) Register zur Flora von Paderborn. (S. A. XXXIN. Jhb. Westf. Prov. Ver. f. Kunst u. Wissensch. Münster 1904/05.) c) Flora von Paderborn. (S. A. Verh. Nth. Ver. d. preuss. Rheinl. u. Westf. 65. Jhg. 1908). d) Zwei Pflanzen-Monstrositäten. (S. A. Bot. Monatsschr. Jhg. 1899. Nr. 4/5). . Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. A. Bokrsch. Bericht über die Lotabweichungen. (1909.) . L. GEISENHEYNER-Kreuznach: 1. Flora von Kreuznach. 2. Aufl. 2. Wirbeltierfauna von Kreuznach. III. Tl. 1. u. 2.H. 3. Zur epiphytischen Kopfweidenflora. (S. A. Verh. Bot. Ver. Prov. Brandenburg. XXXVL) 4. Trifolium arvense L. f. viridula Oshr. (S. A. Verh. Bot. Ver. Prov. Brandenburg. XXXVI.) 2 Abh. Bot. Ver. Prov. Brandenburg. XXXIX.) 6. Die rheinischen Polypodiaceen. 2. Tfl. (S. A. Verh. Nth. Ver. preussisch. Rheinl. u. Westf. 55. Jhg. 1898.) 7. Das Vorkommen von Ulex europaeus in Nassau. (Bot. Ver. f. Rheinl. u. Westf.) 8. Zwei Formen von Ceferach officinarum Willd. im Rheinlande. 1. TA. (S. A. Jhb. Nass. Ver. f. Ntk. 39. Jhg.) 9. Über Fasciationen aus dem Mittelrheingebiete. (S. A. Jhb, Nass. Ver. f. Ntk. 63. Jhg.) 5. Mitteilungen über Überpflanzen und grosse Bäume. (8. A. | 10. 15 3 12. Bibliothek. 395 Botanische Referate aus dem niederrheinischen Gebiete. (S. A. Ber. Deutsch. Bot. Ges. Jhg. 1886 Bd. IV H. 11; 1887 Bd.V; 1888 Bd. VI; 1889 Bd. VII; 1890 Bd. VIH; 1891 Bd. IX; 1892 Bd. X. Über Formen von Aspidium Lonchitis Sw. (S. A. Ber. D, Bot. Ges. Jhg. 1900. Bd. XVIII. H. 10.) Kleinere Mitteilungen (Einige Beobachtungen an Pfirsich- bäumen, Gnaphalium silvaticum f. ramosum. Nachtrag zu meinen Beobachtungen an Farnen). (S. A. Ber. D. Bot. Ges. Jhg. 1901. XIX. Heft I.) . Über einige Monstrositäten an Laubblättern. (S. A. Ber. D. Bot. Ges. Jhg. 1913. Bd. XXI. Heft VILL) . Bemerkungen zu Vincefoxicum officinale Much. (S. A. Fest- schrift zu P. ASCHERSoNS 70. Geburtstage). . Noch etwas von der Pyramidenpappel. (S. A. D, Dendrol. Ges. Nr. 17 1908.) . Eine neue Kolonie von Ausländern in der Nähe von Kreuz- nach. (S. A. D. Bot. Monatsschr. 1887. Nr. 5.) . Einige Beobachtungen in der Gegend von Kreuznach im Sommer 1889. (S. A. D. Bot. Monatsschr. VIII. Nr. 6.) . Abnorme Orchideenblüten. (S. A. D. Bot. Monatsschr.. 1900. Nr. 8.) . Von der Wanderschaft des Frühlingskreuzkrauts. (S. A.D. Bot. Monatsschr. 1911. Nr. 3/4.) . Über Naturdenkmäler, besonders im Nahegebiet. (S. A. KNEUCKERS Allg. Bot. Zeitschr. Jhg. 194. Nr. 10/11.) . Eine merkwürdige Pflanzengesellschaft, ihr Standort und ihr Herkommen. (S. A. „Aus der Heimat“. 1904, Heft 1/3.) . Über eine Blütenmissbildung am Ampfer. (S. A. „Aus der Heimat“. 1908. Heft 1.) . Zam Kapitel „Hausratte und Würfelnatter“. (S. A. Zool. Garten.) . Die Zwergtrappe an der Nahe. (S. A. Zool. Garten. XII. H. 11. 1904.) . Kreuznacher Wintergästee (S. A. Zool. Beobachter. Jhg. XLVII. H.5. 1%7.) 26. Die älteste Nachricht über den Bitterling. (S. A. Zool. Be- 28. obachter. Jhg. LIIl. H. 1. 1911.) . Zusätze zu dem Artikel von SCHLEGEL: „Botanisches aus dem Rheintal“. (S. A. Natur und Schule. VI. Bd. 1907. 7. Heft.) Über einige neue und seltene Zoocecidien aus dem Nahe- gebiete. (S. A. Allg. Zeitschr. f. Entomolgie. Bd. 7. 1902.) . Über die Physica der heiligen Hildegard von Bingen und die in ihr enthaltene älteste Naturgeschichte des Nahegaues. (S. A. Ber. Bot. Zool. Ver. f. Rheinl. u. Westf. Jhg. 1911. Bonn 1912.) 15 226 4. Bibliothek. 30. Cecidologischer Beitrag. (/Telminthocecidium an Viola odo- rata L.) (Ber. Bot. u. Zool. Ver. f. Rheinl.-Westfalen 1910). 31. Kleine Mitteilungen. (S. A. D. Bot. Monatsschr. 1911. Nr. 9). GOLDSCHMIDT-G eisa: 1. Bericht über die 6. Zusammenkunft der freien Vereinigung der systematischen Botaniker und Pflanzengeosraphen zu Strassburg und Colmar 5./8. Aug. 1908. _ 2. Was lehren uns die von der Landwirtschaftskammer in Cassel ausgeführten Düngungsversuche auf der hohen Rhön (S. A. Nr. 49 Jhe. 1911 D. Landw. Presse). 3. Flora des Rhöngebirges VII. (S. A. Verh. Phys. med. Ges. Würzburg n. F. Bd. XLI). 4. Zur Torfmoosflora des Fuldaer Landes. (S. A. Ber. Ver £. Ntk. zu Fulda). 5. STAHL: Die Blitzgefährdung der verschiedenen Baumarten. Jena 1912, . Forstmeister GrEBE-Veckerhagen: 1. Ditrichum julifiliforme und Tortula calcicola, zwei neue Laubmoose. (S. A. Hedwigia. XLIX). 2. Beobachtungen über die Schutzvorrichtungen xerophiler Laub- moose gegen Trocknis. (S. A. Hedwigia Bd. LII. . CHARLES JAnEr-Beauvais: 1. Sur la morphologie des membranes basales de l’insecte. 2. Sur un N&matode qui se developpe dans la tete de la formica fusca. 3. Sur la parthenogenese arrhenotique de la fourmi ouyriere. 4. Tableau synopt. de la metameric de l’insecte. 5. Note sur la phylogenese de l’insecte. 6. Sur ia morphologie de l’insecte. 7. Sur l’ontogenese de l’insecte. Dr. ©. LAUBINGER: Alte Berichte des Vereins für Naturkunde zu Cassel: XILOI—XXV. . Dr. WırH. LoESCHER: Die westfälischen Galeritenschichten mit besonderer Be- rücksichtigung der Seeigelfauna. Inaug.-Diss. Münster 1910. (Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Mrrzerr-Münden: 1, Fischerei und Fischzucht in den Binnengewässern. (S. A. Lorey Handb. d. Forstwissensch. Tübingen 1903. 2, Zur Fauna von Helgoland. (S. A. Zool. Jhb. V. Bd.) a | | \ ERBEN » Bibliothek. 237 3. Drei neue Meeres-Conchylien der norweg. Fauna (Malakazool. Jhb. I. 1874). 4. Balanus improvisus. (Nachrichtenbl. D. Malakozool. Ges. 1878 Nr. 1.) 5. Aus meinen Nonnen-Studien. (S. A. Mündener Forstb. Hefte 1894. H. 5.) 6. Forstentomolog. Mitteilungen (//ylesinus micans u. Timpla tenebrans,; Forigesetzte Zwingerzucht der Nonne.) (S. A- Mündener Forstb.-Heftıe. 1897. H. 12.) 7. Über Notwendigkeit und Nutzen der Lachsbrutaussetzungen. (S. A. Ztschr. für Fischerei u. Hilfswissenschaft. V. Jbe. 1897. H. 2.) . Fräulein H. MorrzLer-Melsungen: G. H. MOELLER: Über den Katheterismus der Eustachischen Röhre. Cassel 1836. Manuskript: Goethe als Naturforscher. Professor Dr. SCHAEFER: 1. Mitteilungen des Bezirkskomitees für Naturdenkmalpflege im Regierungsbezirk Cassel und Fürstentum Waldeck. Nr. 1u.2. 2. Über Ziel und Methode der Naturdenkmalpflege mit besonderer Rücksicht auf die Schule. Vortrag im Kreislehrerverein Schmalkalden. (S. A. Thür. Hausfreund. Jhg. 1909.) 3. Über Naturdenkmalpflege mit besonderer Rücksicht auf die Schule. Vortrag amtl. Lehrerkonferenz Homberg. (S. A. Hom- berger Kreisbl. 1910.) 4. Über Naturdenkmäler mit besonderer Rücksicht auf die Auf- nahme im Kreise Herrschaft Schmalkalden. Vortrag. (S. A. Thür. Hausfreund 1910.) 5. Verein Naturdenkmalschutz in Kurhessen und Waldeck. Sammlung gemeinverständlicher Abhandlungen über Natur- schutz. Heft 1, 2 und 3. 6. Tageblatt der Landwirtschaftlichen Wanderausstellung in Cassel. 22.—27. Juni 1911. Stück 1 und 2. ERNST STEPHANI: Bahnen der Sonnenflecken 1908, I. (S. A. Mitt. der Verein. von Freunden der Astronomie und kosm. Physik. XVII. Nr. 10/11.) . Prof. Dr. Tuomas-OÖhrdruf: 1. Der Kuckucksruf bei Athanasius Kircher und die Höhe der Stimmung von 1650. (Blätter für Haus- und Kirchenmusik. 14. Jhg. 1911.) 2. Eine Mahnung an Autoren, Referenten und Redaktionen. S. A. Marcellea Riv. int. di Ceeidologia IX. 1910). 15* 228 14, 15. 16. 17. 18. Bibliothek. 3. Die alte Tanne bei Friedrichsanfang. (S. A. „Aus d. Kob. goth. Landen.“ Heimatblätter, 7. Heft, Gotha 1910). 4. Picea excelsa Lk. lusus cupressina. (S. A. Mitt. Dendrol. Ges. Nr. 16. 1907). 5. Eine hervorragendes. Erzeugnis unseres. hei Waldes. (S. A. Thür. Monatsbl. 17. Jhg. Nr. 5). 6. Die Verbreitung der gefeldert-rindigen Buche Fagus silvatica var. quercoides Persoon. (S. A. Ntw. Ztschr. f. Forst- und Landwirtschaft. 8.. Jhg. 1910, Heft 7.) 7. Einige biographische Data von Gallenforschern. (Estr. Mar- cellia XI. 1912). 8. Die Verteilung der Gallen von Urophlyctis hemisphaerica auf der Nährpflanze Carum Carvi. (S. A. Mitt. Thür. Bot. Ver. Heft XXIX). Dr. Hermann Ross-München: 1. Beiträge zur Kenntnis des Assimilationsgewebes und der Korkentwicklung armlaubiger Pflanzen. (Inaug. Diss. Frei- burg i. B. 1887.) 2. Contribuzioni alla conoscenza del Periderma. (Estr. dal Mal- pighia III. 10./12 und IV 1./3.) Genova 18%. 3. Anatomia comparata delle foglie delle Iridee. (Estr. dal gior- nale Malpighia Vol. VI-VII. Genova 1892/3). 4 Sulla struttura Florale .della Cadia varia P’Hertt. (Esir. dal Malpishia A° VII Vol. VIL. Genova 1893.) 5. Sui Ranunculus parviflorus I. e. R. Ch. D. (Est. dal Nat. Sie. n. d. An. I. Nr. 4 e 7. Palermo 1896.) 6. Die Gallenbildungen der Pflanzen, deren Ursachen, Entwicke- lung, Bau und Gestalt. Stuttgart 1904. Eugen Ulmer. 7. Beiträge zur Kenntnis der Anatomie und Biologie deutscher { Gallbildungen I. (S. A. Ber. D. Bot. Ges. 1910. XXVIIL H. 6.) 8. OTTO SENDTNER. (S. A. Ber. Bayer. Bot. Ges. XII. 1910.) Kolonialwirtschaftliches Komitee. 1909. Unsere Kolonialwirtschaft in ihrer Bedeutung für Industrie und Arbeiterschaft. Westpreussisches Provinzial-Museum: Sumpfschildkröte lebend in Westpreussen. Museum der Stadt Metz: | Metz, seine Vororte und die Schlachtfelder um Metz. Postinspektor BickHARrDT: Jhg. 1911 der von ihm an Zeitschrift Entomo- logische Blätter. Bibliothek. 229 19. Sektion Cassel des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins: Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens, 1887 bis 1911. 20. Message from the President of the United States: Mexican Cotton-Boll Weevil. Washington 1912. Den gütigen Spendern sei auch an dieser Stelle noch einmal der verbindlichste Dank des Vereins ausgesprochen, * * * Ankauf: 1. Die entsprechenden Jahrgänge (Lieferungen) von: a) Stettiner Entomologische Zeitung. b) Naturwissenschaftliche Zeitschrift für Forst- und Landwirtschaft, herausg. von Professor Dr. Kırı FREIHERR v. TUBEUF. c) Zeitschrift für wissenschaftliche Insekten- biologie, herausg. von H. SrıcHeL, Berlin- Schöneberg. d) Coxnwentz, Beiträge zur Naturdenkmalpflege. e) Handwörterbuch der Naturwissenschaften. f) Deutsche botanische Monatsschrift. 2. Bock. Naturdenkmäler, STRECKERER-SCHROEDER. Stuttgart. STEINMANN. Die Eiszeit. B. G. Teusner. Leipzig. Burscen. Der Wald. QuELLE & MEYER. Leipzig. RuEBSAAMEN. Die Zoocecidien Deutschlands. Lfg. 1. Der Verein erhielt ferner: 1. „Geologische Rundschau“ als Mitglied der Geolo- gischen Vereinigung. 2. „Aus der Heimat“ und Epmonp REITTERS Fauna- Germanica „Die Käfer des deutschen Reiches“ als Mitglied des Casseler Lehrervereins für Naturkunde. 230 Tauschverkehr. 4. Tauschverkehr. Während der abgelaufenen Geschäftsjahre traten wir mit folgenden Vereinen und Gesellschaften in Tausch- verkehr: (416) Detroit (Mich.): Museum of Art. (417) Caracas (Venezuela): Museo Nacional. (418) Bayreuth: Naturwissenschaftliche Gesellschaft. (419) Bielefeld: Naturwissenschaftlicher Verein. (420) Wien: Entomologische Vereinigung Sphinx. (421) Verona: Museo Civico di Verona. | (422) Urbana (JIl.): University of Jllinois. (423) Wien: Entomologischer Verein Polyxena. (424) Posen: Naturwissenschaftlicher Verein (Naturwissenschaft- liche Abteilung der Deutschen Gesellschaft für Kunst und Wissenschaft). (425) Leiden: Rijks Herbarium. (426) New Orleans: The Louisiana State Museum Library. | Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 231 b 5. Übersicht der Vorträge, Mitteilungen und Vorlagen aus den Sitzungen von April 1909 bis April 1912. Jahr 1909/10. Herr Dr. med G. ArsperG hielt am 27./9. 09 einen Vortrag über „den Typhus*. Derselbe hielt am 25./10. 09 einen Vortrag über „die Erkrankungen des Wurmfortsatzes des Blinddarms“. Herr Freiherr v. BErLerscH berichtete am 23./8. 10 unter Vorlage von Photographien über seine Nordlandreise. Derselbe hielt am 6./12. 09 einen Lichtbilder- vortrag über „Vogelschutz durch Anpflanzungen“. Der Vortrag war gemeinsam mit dem Gartenbauverein veranstaltet. Herr Oberlehrer Dr. Enpers berichtete in verschiedenen Sitzungen über eine Reihe neuerer physikalischer Arbeiten: Hermann, über die Klangfarbe einiger Örchesterinstrumente. ARRHENIUS, zur Frage über die Unendlichkeit der Welt. Erklärung der Gravitation durch den Stoss der Ätherteilchen u. a. Herr Professor Dr. FEnnEn legte am 9./8. 09 Thenarkristalle aus Autofagasta in Chile vor. Derselbe führte am 27./9. 09 Versuche über Komplementärfarben vor. Derselbe zeigte am 11./10.09 eine Kartoffelknolle, die aus mehreren kleinen Knollen verwachsen war. 232 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Derselbe legte am 31./1. 10 aus der Sammlung des Herrn Lehrer KLEIN eine versteinerte Wasserlutte aus dem Schachte Hüssen vor. Herr Dr. Grinme legte am 10./5. 09 Symphutum bulbosum vor und sprach über dessen Verbreitung. Derselbe legte am 10./5. 09 zwei junge glatte Nattern vor und sprach über das Vorkommen der Kreuzotter in Niederhessen. Derselbe legte vor und besprach am 9./8. 09 botanische Seltenheiten aus der Gegend von Weissen- burg i. E. Derselbe sprach am 9./8. 09 unter Vorlage gesammelten Materials über seine Rosenfunde im Kreise Melsungen. Derselbe legte am 31./1.10 ein Stück Wurzel- stock mit Spross einer Mentha vor, das er aus Teilen des von Professor SCHAEFER am 13. 12. 09 vorgelegten, dem Nahrungsspeicher einer Maus entnommenen Materials kultiviert hatte, um die Gattungszugehörig- keit festzustellen. Anschliessend sprach er über die Art des Wachstums der Wurzelstockteile bei Mentha und über die Mäuse, die Nahrungsspeicher anlegen. Derselbe hielt am 28./2. 10 unter Vorlage reich- lichen Materials einen Vortrag über ‚eine naturwissen- schaftliche Wanderung über die Hochvogesen“, Herr Professor Dr. Hornstem legte am 10./5. 09 Proben des Gneises vor, der zum Pflastern der oberen Königs- strasse verwendet wird, sowie polarmagnetische Basalt- stücke vom kleinen Herbsthäuschen. Derselbe legte am 24./5. 09 ein Exemplar Olypeaster grandiflorus aus dem Miocaen von Wien vor. Ferner zwei Quarzdrusen aus Porphyr am Berge Karmel. Derselbe legte am 14./6. 10 Septarienton vom Bühl bei Weimar vor, VI ee Ya ee AR ah Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 233 Derselbe besprach am 9./8. 09 unter Vorlage von Photographien den bemerkenswerten geologischen Aufschluss aufdem Neubaugelände des Realgymnasiums. Derselbe besprach am 31./1. 10 das magnetische Verhalten der neuen Fünfundzwanzigpfennigstücke. 2 Derselbe sprach am 14./2. 10 über den Jchthyo- 5 saurus. Abbildungen von Funden und Rekonstruk- tionen nach älteren und neueren Anschauungen wurden vorgelegt. Herr Garteninspektor Huger-OÖberzwehren hielt am 17./1. 10 einen Lichtbildervortrag über „Gewinnung und Ver- arbeitung der künstlichen Düngemittel“. Herr Tierarzt Kaurmann legte am 8./11. 09 einen Darm- stein eines Pferdes vor und besprach die Entstehung derartiger Gebilde. Herr Privatmann Kutter besprach am 10./5. 09 den Tier- kreis der Echinodermata, besonders über Seeigel, unter Vorlage zahlreicher Versteinerungen. Derselbe zeigte und besprach am 27./9. 09 eine Graburne von Uronshagen bei Kiel. Derselbe sprach am 31./1. 10 über „den Sprudel auf der Rheininsel Namedy“. In dem Gebiete der Eifel, welche so viel zur Kenntnis der vulkanischen Erscheinungen beigetragen hat, so dass LEOPOLD von Buc# von ihr sagen konnte: „Die Eifel hat ihres Gleichen in der Welt nicht; sie wird auch ihrerseits Führer und Lehrer werden, manche andere Gegend zu begreifen, und ihre Kenntnis kann gar nicht um- gangen werden, wenn man eine klare Ansicht der vulkanischen Erscheinungen auf Kontinenten erhalten will“; in diesem Gebiete also zeigt sich neuerdings, allerdings durch menschlichen Unternehmungsgeist hervorgebracht, ein wunderbar schönes Phaenomen. Da, wo der Rhein das Westerwaldgebirge und die Eifel durchbricht, liegt das alte Römerstädtchen Ander- nach und etwas unterhalb desselben das Dörfchen 234 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen ete. Namedy. Zur Gemarkung dieses letzteren gehört auch die Rheininsel Namedy-Werth. Diese Insel zeigt den typischen Charakter der Rheininseln, bepflanzt mit Obst- bäumen und umrandet von hohen Pyramidenpappeln, sie ist circa 30 preuss. Morgen gross. Im Jahre 1900 stiegen nun im Rheine Gasbläschen hoch, welche sich bei einer chemischen Untersuchung als Kohlensäure erwiesen, — man brachte ein Bohrloch nieder. Hier- bei durchteufte man folgende Schichten: Alluvium, Schwemmsand, groben Kies, Schotter mit grossen Findlingen, Schiefer mit Letten, blauen Ton mit Quarz, Grauwacke und devonischen Sandstein. In einer Tiefe von 178 m zeigten sich nun in diesen devonischen Sandsteinen die ersten kohlensauren Ausbrüche, jedoch ohne Wasser, erst bei 183 m be- gannen die ersten unregelmässig wiederkehrenden schwachen Sprudelerscheinungen. Nachdem man nun das Bohrloch bis auf 280 m niedergebracht hatte, kamen die Sprudelerscheinungen in immer regel- mässigeren Intervallen, bis bei 343 m die Intervalle 4 Stunden mit 20 Minuten auf und ab ganz regel- mässig blieben. Die Erscheinung des Sprudels selbst zeigt sich in folgender Weise: Blickt man etwa eine halbe Stunde vor dem zu erwartenden Ausbruche in das Bohrloch hinab, so sieht man tief unten eine weisse Gischt aufsteigen und hört ein eigentümliches Tönen und Brausen, das wohl von dem Anschlagen des auf- steigenden und wieder zurückfallenden Wassers an das in das Bohrloch teleskopisch eingeführte Kupferrohr herrührt. Das Wasser steigt nun schnell höher und höher, schliesslich bricht mit elementarer Gewalt aus dem mannsstarken Mundrohr des Bohrloches eine Wassersäule von wunderbarer Schönheit blendend weiss sich abhebend gegen den dunkelen Hintergrund des Krahnenberges bis zu einer Höhe von 50 m her- vor. Auf dieser Höhe hält sich die Fontaine etwa 8 Minuten, um dann allmählich unter häufigem Auf- und Absteigen wieder in dem Bohrloche zu ver- Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 235 schwinden. Die Menge des bei einem Ausbruche emporgeschleuderten Wassers beträgt etwa 35—40 cbm und die des ausgestossenen Gases etwa 250 cbm. Die Temperatur des Wassers ist 16,5° C. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man die oben beschriebene kohlensaure Exhalation in Ver- bindung bringst mit der vulkanischen Natur des gesamten umgebenden Gebietes und sie als die letzten Ausserungen ehemaliger vulkanischer Tätigkeit be- trachtet. Das Wasser wird in einem Bassin aufgefangen und, nachdem die überschüssige Kohlensäure abge- dunstet, als Tafelwasser versandt. Es stellt nach seinem Bestande an festen Teilen einen alkalisch- erdigen-muriatischen Säuerling dar und enthält nach einer Analyse, welche Professor Dr. F. Lupwic in Wien Anfang des Jahres 1909 ausgeführt, in 1 Kilogramm Wasser folgende feste Bestandteile: Doppelkohlensaures Natron 2,5069 g Doppelkohlensaures Lithion 0,0003 „, Doppelkohlensauren Kalk 0,9743 „, Doppelkohlensaure Magnesia 1,2605 „, Doppelkohlensaures Strontiae 0,0007 „, Doppelkohlensaures Eisenoxydul 0,0006 „, Chlornatrium 1.913, Bromnatrum 0,0031 „, Schwefelsaures Kali 0,1515 Phosphorsaure Tonerde 0,0002 „, Kieselsäure 0,0221 „, Schwefelsaures Natron 0,2495 ” Summa der festen Bestandteile 7,0853 g Im Dezember 1909 beoachtete ich unter Führung des liebenswürdigen Betriebsleiterss der Namedyer Sprudelgesellschaft an einem Nachmittage zwei Aus- brüche und zwar um 1 Uhr 25 Min. und um 5 Uhr 15 Min. 236 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Herr Dr. LauBinGer hielt unter Vorlage reichlichen Materials verschiedene Vorträge über „die Lindenarten aus der Umgebung von Cassel‘“ und über „Coniferen‘“, Derselbe legte vor und besprach am 8./9. 09 Seleroderma bovista. Herr Professor Dr. MoELLER-Schweinfurt sprach am 9./8. 09 über „die Entstehungsgeschichte der Moeller-Morin- Präparate“ und teilt mit, dass Herr Apotheker Brıun- Melsungen aus einem Bruch im Kreise Melsungen grosse Petrefakten aus Sandsteinen in seinen Garten anfahren liess. Herr Mittelschullehrer Murtzr sprach am 14./2. 10 unter Vorlage von Material über „die Kulmformation in Hessen“ und machte Vorlagen aus dem Frankenberger Permgebiet. | Herr Kunstgärtner SAUBER stellte am 14./3. 10 verschiedene Zierkohlarten aus. Herr Professor Dr. SCHAEFER berichtete in verschiedenen Sitzungen über die Ergebnisse der vom Vereine aus- geführten Exkursionen. Derselbe sprach am 9./8. 09 über „Gerantum nodosum am Lindenberge“, das nach einer Notiz in den Berichten des Thüringer Bot-Vereins schon von Professor LEIMBACH in den 70er Jahren gefunden, aber falsch bestimmt worden ist. Ferner macht er Mit- teilung von einem Schreiben des Herrn Ökonomierat GERLAND, wonach Glaucium luteum durch dessen Vor- fahren am, Weinberge angepflanzt sei. Derselbe legte vor und besprach am 23./8. 09 Funde von Gallen und Spinnenkokons vom Schrecken- berg bei Zierenberg. Derselbe berichtete am 13./9. 09 unter Vorlage photographischer Aufnahmen über Naturdenkmäler des Kreises Schmalkalden und von Niederhessen, am 11./10. 09 der Rhön, Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 937 Derselbe berichtete am 11./10. 09 unter Vorlage von Abbildungen über die neu gefundene Attahöhle bei Attendorn. Derselbe hielt am 11./10. 09 einen Vortrag über „Wesen und Nutzen der herbstlichen Färbung des Laubes.“ Derselbe legte am 13./12. 09 Wurzelstücke vor, die bei Schwarzenhasel von Feldmäusen in Vorrats- kammern zusammengetragen waren (s. Bericht von Dr. GRIMME). Herr Lehrer Herrmann Scausz legte am 14./6. 09 zwei 1 m lange Wurzeln von Ononis spinosa vor. Derselbe macht am 9./8. 09 Mitteilung vom Vorkommen der Rosa micrantha im Kreise Hersfeld. — Neu für Hessen! — Derselbe sprach am 23./8. 09 über eine Feuer- wanzenkolonie, die er in Wilhelmstal beobachtete. Derselbe sprach am 11./10. 09 über die „Be- deutung des Anthokyans und diesbezügliche eigene Beobachtungen.“ Derselbe berichtete am 25./10. 09 über „Die Winkter’schen Propfbastarde zwischen Solanum nigrum und Solanum Lycopersicum.“ Derselbe zeigte am 31./1. 10 Vicia sepium L, var, eriocalyx. Celak. Neu für Hessen! Derselbe legte am 31./1. 10 eine Anzahl Bil- dungsabweichungen an Früchten und Samen vor, Herr Privatmann STEPHAN berichtete am 31./1. 10 kurz über den neuen Kometen 1910a. Herr Ingenieur v. Wanrı besprach am 9./8. 09 Platten des - Bolnhofener Schiefers mit versch. Petrefakten (aus den Sammlungen des Herrn Prof. Minor). Derselbe sprach am 22.11. 09 über die Arbeit: „Uber Erzlagerstätten von Pitkäranta“ von O. TRUESTEDT, | 238 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Derselbe berichtete am 31./1. 10 über die Arbeit von Jonas: „Mitteilungen über die natürlichen Lagerstätten des Bernsteins und über seine Ge- winnung.“ — Es wurde Material vorgelegt. Derselbe berichtete am 14 /3. 10 über Erzlager- stätten in Kanada. Herr Kürschnermeister WawrıA hielt am 28./2. 10 unter Vorlage zählreicher roher Felle einen Vortrag: „Die Marder des zentralen Europas.“ Herr Sanitätsrat Dr. WEBER hielt am 25./10. 09 einen Vortrag über „Der Leuchtkäfer Phosphaenus hemip- terus Lap. und sein Vorkommen bei Cassel“ unter Vorlage von wertvollen Präparaten. Derselbe legte am 14./2. 10 ein Insektenwerk von BERLESE vor. Derselbe zeigte am 14./2. 10 ein für unsere Fauna neues Säugetier, die Zwergmaus, ein Natur- denkmal der Tierwelt. Jahr 1910/11. Herr Generalarzt Dr. ALrERMANN legte am 22./8. 10 ein Zwillingsblatt von Vitis odoratissima vor. Herr Dr. Ge. ALsBERG zeigte am 23./1. 11 eine Anzahl Abbildungen von Syphiliskranken vor und nach der Behandlung mit Ehrlich-Hata 606. Herr Obersekretär Bıskamp zeigte am 8./8. 10 einen miss- bildeten Kopf eines Schafes (einäugig!), am 12./9. 10 ein Spirituspräparat des Männchens der Geburtshelfer- kröte mit Eiern. Derselbe sprach am 14./11. 10 unter Vorlage zahlreicher selbst hergestellter Präparate über „das Vogelskelett“. Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 239 ' Herr Sanitätsrat Dr. Esert berichtete am 22./8. 10 unter | Vorlage von Material über seine Zuchtversuche mit Arctia cervini und Bombyx rubi. Der erstere Schmetter- ling kommt nur auf dem Gorner Grat in den Valliser- Alpen in einer Höhe von 2500--3000 m vor. Im Jahre 1906 gelang es Herrn Sanitätsrat EBERT zuerst von allen Schmetterlingsforschern, dieses seltene Tier aus Eiern bis zum fertigen Insekt zu züchten. In der - freien Natur braucht das Tier 2 Jahre zur Entwicklung. Durch eine besondere Methode (Treiben) gelang es, die Entwicklungsdauer bis auf ca. !/a Jahr abzukürzen. Die Raupen von Dombyxz rubi findet man oft, den Schmetterling nur selten. Zuchtversuche verlaufen meist resultatlos. Auch bei diesem Falter gelang es dem Vortragenden, durch „Treiben“ ein günstiges Resultat bei seinen Zuchten zu erzielen. Herr Oberlehrer Dr. Envers sprach am 14./11. 10 über „Störungen bei der drahtlosen Telegraphie“. Herr Professor Dr. FEnnen legte am 23./5. 10 ein Zwei- markstück mit Blitzspuren vor. Derselbe zeigte am 12./9. 10 ein Stück Basalt mit eingesprengtem gediegenen Eisen vom Bühl bei Weimar vor. Herr Dr. Grimme hielt am 9./5. 10 einen Vortrag über _ „die Wurmparasiten der Haustiere und ihre Bezieh- ungen zu denen des Menschen‘ unter Vorlage zahl- reichen Spiritusmaterials. Derselbe legte am 27./6. 10 sogenannte Doppel- bildungen vor, einen Schweinskopf mit zwei Gesichts- bildungen und einen Kalbskopf mit einem an der linken Seite hervortretenden kleineren zweiten Kopf. Während das Schwein totgeboren wurde, war das Kalb lebensfähig und wurde nach dreiwöchentlicher Lebensdauer geschlachtet. Der parasitische Neben- kopf war ein Wasserkopf. 40 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Herr Oberlehrer Dr. Hrss sprach am 8./8. 10 über „einen merkwürdigen Regenbogen in Sonnennähe‘, den er von der Luitpoldshütte aus beobachtete. Derselbe hielt am 13./3. 11 einen Vortrag über Elektrodynamik bewegter Körper und das Relativi- tätsprinzip. | Herr Professor Dr. Hornsteın legte am 13./6. 10 Koch- salzkristalle mit merkwürdigen kreuzartigen Zeich- nungen vor. Derselbe legte am 8./8. 10 Tanacetum vulgare mit Gallen von Rhopalomyia tanaceticola Vor. Derselbe zeigte am 22./8. 10 weissblühendes Impatiens noli tangere aus dem Ahnatal, Diamanten aus Südwestafrika und Magneteisensand von der Küste Neuseelands. Derselbe sprach am 27./3. 11 über „die Plastizi- tät der Gesteine‘ Herr Dr. Joachim hielt am 24./10. 10 einen Vortrag über „optische Entfernungsmesser“ (s. Abh.). Derselbe sprach am 12,/12. 10 über „die neuesten physikalischen Forschungen auf dem Gebiete der Erd- bebenkunde“. Der Vortrag hatte den Zweck, über die neuesten Forschungen der Erdbebenkunde zu referieren. Den Ausgangspunkt bildete die Theorie der elastischen Wellen in festen Medien. Sodann wurden die Methoden und Apparate erläutert, die zur Registrierung der Erdbebenwellen dienen. Es folgte die Erklärung einiger Erdbebendiagramme und der daraus herzuleitenden näheren Angaben über die Lage des Störungszentrums. Den Schluss bildete die von WIECHERT aufgestellte Theorie über die Konstitution 7 des Erdinnern. Herr Tierarzt Kaurmann zeigte am 13./2. 11 Nierensteine vom Pferde. Derselbe legte am 27./2. 11 ein missgestaltes Kalb vor (Dicephalie, vollkommen), I a A nen et TAN Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 341 Herr Dr. Laugineer hielt 3. weitere Vorträge über Coniferen. Herr Oberlehrer Dr. LoescHEr berichtete am 27./6. 10 über eine Arbeit Kowarzıks über die Entwicklung des Moschusochsen in Europa und Asien. Derselbe legte am 12./9. 10 Schnecken aus dem Diluvium von Cassel vor. Derselbe sprach am 12./9. 10 über eine kleine Grabenversenkung im Röt mit eingestürztem Muschel- kalk am Gelände des Bahnhofsumbaues. Derselbe sprach am 14./11. 10 über Muscheln als Halsschmuck. Derselbe hielt am 28./11. 10 einen Vortrag über „die Entwicklungsgeschichte der Seeigel der Kreide- formation“. Derselbe sprach am 28./11. 10 über „durch Schnecken angebohrte Schneckengehäuse‘, Derselbe hielt am 13./2. 11 einen Vortrag über „die kristallinen Schiefer“, Derselbe hielt am 27./2. 11 einen Vortrag über „die neuesten Forschungen über den Diluvialmenschen und die Abstammung des Menschen. Derselbe legte am 27./3.11 eine Anzahl Klapper- steine aus dem Diluvium Cassels vor. DE EEE ZUR Herr Professor Mırpe legte am 24./10. 10 Knochen vor, die am Lammsberge bei Gudensberg gefunden wurden. Derselbe zeigte am 14./11. 10 Mineralien vom Vesuv. Herr Professor Dr. SCHAEFER legte am 23./5. 10 vor Orchis sambucina von einer Bergwiese am Fusse des Insel- berges, ferner den Pilz Pustularia coronaria (Jacg.) Rehm var. macrocalyx, der als Naturdenkmal anzu- sehen ist, vom Standort bei Cassel. Derselbe legte am 8./8. 10 Material bemerkens- werter Pflanzen aus Waldeck vor. Aus der Um- gebung von Corbach: Zpipogium aphyllum, Filipen- 16 242 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. dula hexapetala am Müllersberg nur noch ein Busch, der grösste Teil ist durch die Bahn verschwunden. Eryngium campestre. \ on den trockenen Triften nach Obernburg zu: Achyrophorus maculatus, Ajuga gene- vensis, Allium oleraceum, Asperula cynanchica, Brunella grandiflora, Calamintha Acinos, Campanula glomerata, Hippocrepis comosa, Rosa rubiginosa, Scabiosa Oolum- baria, Stachys recta. Auf Äckern: Carduus acan- thoides, Centaurea Calcitrapa und Salvia Aethi- opis (!) auf einem Acker beim Lengefelder Wald, Carum Bulbocastanum (vor Müllers Berg), Specularia Speculum und Ornithogalum umbellatum am Fusswege nach Obernburg, Specularia hybrida bei Lengefeld und bei Dorfitter, Linaria arvensis bei Herzhausen, Caucalis daucoides und Scandix pecten Veneris, Gale- opsis ochroleuca, Uhrysanthemum segetum. In Hecken: Helleborus viridis. Cephalanthera ensifolia, pallens und rubra, Digitalis ambigua, Ervum silvaticum Lilium Martagon vom Eisenberg und Einsenberg, letzteres auch im Dalwigker Holz. Daselbst auch Zeucojum vernum und Hepatica triloba. Aspidium Robertianum und Teucerium botrys in grossen Mengen an Felsen bei Dorfitter. Stachys alpina vom Eisenberg und Obernburg. Derselbe hielt am 22./8. 10 einen Vortrag über „Die Eibe.“ Derselbe legte am 12./9. 10 Polyporus sulphu- reus VOT. Derselbe hielt am 12./9. 10 einen Vortrag über „Blitzschäden an Bäumen“. Besprochen wurden zu- nächst die bisherigen Untersuchungsmethoden. Die Meinungen der Fachleute gehen noch sehr ausein- ander. Ausgangspunkt ist zumeist die Frage: Welche Bäume werden am häufigsten vom Blitz getroffen? An erster Stelle Pappeln, dann Eichen, Linden, am wenigsten Birken und Buchen. Zur Erklärung hat man herangezogen: 1. Häufigkeit des Vorkommens; 2. ob einzeln oder in geschlossenen Verbänden; a € B Br 0 zz ro2,2 Er Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 943 3. Beschaffenheit des Bodens; 4. flachgehende oder tiefergehende Wurzeln; 5. Leitfähigkeit. Joxescu (1893) unterschied danach Stärkebäume (Pappel, Eiche u. a.) und Fettbäume (Buche, Birke u. a... Dagegen machte VANDERLINDEN geltend, dass der Fettgehalt ausserordentlich wechselt; 6. Behaarung der Blätter (WOoECKERT); 7. Oberflächenbeschaffenheit der Stämme. Redner ist der Überzeugung, dass bei vielen Bäumen der Blitz unschädlich an der glatten Aussenseite der Stämme zur Erde abgeleitet wird (Buchen), dass er bei anderen Bäumen dem Kambium als der besseren Leitungsbahn folgt. In letzterem Falle sind natur- gemäss schwere Beschädigungen des Baumes die Folge. Er erinnert an die in letzter Zeit häufiger beobachteten Blitzlöcher, z. B. bei Kaiserslautern. Bei einem starken Gewitter wurden 3 Tannen vom Blitz getroffen und gingen nach kurzer Zeit ein. In den folgenden Jahren starben dann noch eine grosse Anzahl der benachbarten Bäume ab, an denen man zuerst äusser- lich keine Beschädigung wahrgenommen hatte. Es entstand im Walde eine grosse Lücke, ein sogenanntes Blitzloch. Derselbe legte am 28./11. 10 ein Stammstück einer Erle mit UÜberwallungserscheinungen vor. Derselbe sprach am 28./11. 10 über „die Be- deutung der Luftsäcke bei den Vögeln‘. Derselbe berichtete am 9./l. 11 über „Erd- pyramiden und deren Entstehung‘. Derselbe legte am 13./2. 11 eine Verbänderung von Salix vor. Herr Professor Dr. ScHRoEDER hielt am 25./4. 10 einen Licht- bildervortrag über ‚Kometen‘. Herr Oberlehrer Dr. Schuntz legte am 27./6. 10 Versteine- rungen aus dem Solnhofener Schiefer und ein Stück shonkinitischen Trachydolerites aus dem Habichtswald vor und sprach über den Erdrutsch im Ahnatale. 16* 944 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Herr Lehrer Hermann Scaurz legte am 27./6. 10 Zeich- nungen selbst beobachteter pflanzlicher Bildungsab- weichungen vor (Schlauchblatt an Urtica diorca, Formen- reichtum der Strahlenblüten an Chrysanthemum Leucan- themum, Blattanomalien bei Phaseolus usw.). Derselbe zeigte am 8./8. 10 Diagramme abnormer Blüten von Ohorsya ternata, Pelorie am Fingerhut, eine Zusammenstellung von Zapfen der Kiefer (Pinus silvestris) mehrere Weidenbastarde vom Hirschberg bei Grossalmerode usw. Derselbe legte am 22./8. 10 eine grosse Anzahl pflanzlicher Bildungsabweichungen vor. Derselbe zeigte am 12./9. 11 mehrere abnorme Hüte von Blätterpilzen. Derselbe legte am 10./10. 10 zahlreiche abnorme Pflanzenteile vor. Derselbe sprach am 13./2. 11 über Verbände- rungen. Derselbelegte am 27./3. 11 Bildungsabweichungen an Tulpen, Hyazinthen und Apfelsinen vor. Herr Oberstabsarzt Dr. Sımons sprach am 12./12. 10 über „Die Syphilis und ihre Behandlung mit Ehrlich- Hata 606‘. Herr Privatmann E. Sreprmanı sprach am 13./6. 10 über „seine Beobachtungen des Halleyschen Kometen‘. Derselbe legte am 28./11. 10 Abbildungen von | Erdpyramiden aus der Nähe von Meran vor. Derselbe hielt am 23./1. 11 einen Vortrag über „die Sonnenflecken“. Derselbe legte am 13./2. 11 Scheiners populäre Astrophysik vor. Herr Ingenieur A. v. Want legte am 23./5. 10 eine An- zahl Gesteine aus der Gegend von Heidelberg vor. Derselbe sprach am 27./6. 10 unter Vorlage von Material über Formähnlichkeiten, die man bei - 2 > 3 E > R) 3 E y Ä Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 245 verschiedenen Stoffen gelegentlich des Eintrocknungs- und Erkaltungsprozesses beobachten kann. Derselbe legte am 12./9. 10 ein angeschliffenes Stück von eratides nodosus aus Bransrode am Meissner vor. Derselbe berichtete am 28./11. 10 über neuere Arbeiten von Dryeauskı über Schelfeis. Derselbe legte am 9./1. 11 Melanienton aus der Nähe von Nordshausen bei Cassel mit Versteinerungen vor. 2 Derselbe sprach am 27./3. 11 über die Ur- sachen der Eiszeiten und Interglacialzeiten (im An- schluss an eine Arbeit Rausays). Herr Sanitätsrat Dr. WEBER legte am 27./6. 10 einen von ihm selbst zusammengestellten Atlas von Käfer- larven vor. Derselbe legte am 14./11. 10 abnorme Maikäfer und Mistkäfer vor. Jahr 1911/12. Herr Generalarzt Dr. ALrermAnn berichtete am 13./11. 11 über eine Luminescenzerscheinung, die er an ge- pökeltem Schweinefleisch beobachtet hatte. Herr Dr. Gror« Aısperg hielt am 28./8. 11 einen Licht- bildervortrag „Über die Pest, mit besonderer Berück- sichtigung der modernen Forschungen“. Herr Postinspektor Bıcksarnr besprach am 25./9. 11 eine Anzahl entomologischer Werke. Derselbe hielt am 23./10. 11 einen Vortrag „Über Borkenkäfer“. Derselbe legte am 13./11. 11 ein cecidologisches Werk KUESTERS vor. 246 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Derselbe besprach am 25./3. 12 Lonsstarrs Werk „Schmetterlingsjagd durch alle Erdteile“. Herr Obersekretär BiıskauPp zeigte am 25./9. 11 eine An- zahl tierischer Missbildungen vor. Derselbe legte am 12./2. 12 eine grosse Anzahl Pflanzen aus der Gegend von Vöhl und den an- grenzenden Gebieten von Waldeck vor und besprach die einzelnen Vorkommnisse. Folgende bemerkens- werte Funde seien hervorgehoben: Blechnum spicant (Kombachtal), Botrychium lunaria (Homberg, Aseler Strasse, Altbachtal), EZguisetum hiemale (Homberg;), Lycopodium annotinum (Stadtpark), L. clavatum (Len- gelbachtal), Alisma Plantago (Altbachtal), Triglochin palustris (Vollmersbachtal), Potamogeton perfoliatus (Eder bei Herzhausen), Eriophorum latifolium (Herz- häuser Strasse), Koeleria cristata, Brachypodium pinna- tum, Agropyrum repens, Hordeum murinum, Arum maculatum (Wald bei Asel), Anthericum liliago (Mühlen- wald, Wald bei Berich), Gagea arvensis und lutea, Allium wursinum (Dalwigker Holz), Lilium Martagon (Lengeltal), Tulipa silvestris (in Mengen im Garten des Amtsgerichts), Maranthemum bifolium, Polygonatum oficinale (Niederwerbe) und multiflorum (ebenda), Paris quadrifolia (Dalwigker Holz und Hagebuch), Zeucojum vernum (Asel), Ophrys muscifera (Niederwerbe), Orchis Rivini (Herzhäuser Strasse), ©. tridentata (Nieder- werbe), G@ymnadenia conopea, Platanthera bifolia (Nie- derwerbe), Üephalanthera grandiflora und rubra (Dal- wigker Holz, Niederwerbe), Epipactis latifolia, rubt- ginosa und microphylla (ebenda), Spiranthes autumnalis (Homberg), Listera ovata, Neottia nidus avis (Nieder- werbe), Silene nutans, inflata und dichotoma, Dianthus superbus (Wald hinter Basdorf), D. Carthusianorum (Stiegberg), Stellaria nemorum und glauca (Herzhausen), Helleborus viridis (Obernburg und Waldeck), Actaea spicata (Niederwerbe), Aquilegia vulgaris (ebenda), Aconitum Napellus (Ederufer), Anemone silvestris (Nie- derwerbe), A. ranunculoides (Homberg), Hepatica triloba ee ee Ale PISTEN DE Rn | Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 247 (Dalwigker Holz), Ranunculus aquatilis (Teich bei Bas- dorf), R. sceleratus, R. lanuginosus (Niederwerbe), Corydalis cava und solida, Teesdalia nudicaulis, Diplo- tawıs tenuifolia (Schloss Waldeck), Dentaria bulbifera (Asel), Berteroa incana, Parnassia palustris, Cotoneaster integerrima (Hochstein und Hagenstein), Sorbus Aria und torminalis (Asel), Potentilla rupestris (Hoch- stein), Prunus Padus und avium (Hochstein), Genista germanica, Hippocrepis comosa, Astragalus glycyphyllos, Viera silvatica (Niederwerbe), V. villosa, Geranium pratense und dissectum, Erodium pimpinellifolium (Homberg), Oxalis strieta (Äcker unter dem Hoch- stein), /mpatiens noli tangere, Evonymus europaea, Hypericum montanum (Asel), Daphne Mezereum (Asel, Niederwerbe), Myriophyllum spicatum (Eder), Sanicula europaea (Niederwerbe), Caucalis daucordes, Conium maculatum (Eder), Berula angustifolia (Vollmersbach), Oenanthe fistulosa (Eder), Selinum carvifolia, Pirola rotundifolia und minor (Steinberg), Monotropa hypo- pitys (Homberg), Erythraea centaurium und pulchella (Vollmersbach), Gentiana ciliata (Herzhäuser Strasse), G. campestris (Homberg), @. germanica (Schloss Wal- deck), Vinca minor (Steinbruch), Vincetoxicum officinale, Nonnea pulla (Oberwerbe), FPulmonaria oficinalis (Bericher Hütte), Teuerium botrys (Basdorf), Scutellaria galericulata (Mombektal), Nepeta Cataria (Niederwerbe), Brunella grandiflora (Obernburg), Leonurus Cardiaca (Niederwerbe), Stachys betonica, germanica, alpina, silvatica, palustris, silvatica-ambigua (Lengelbachtal) und recta, Salvia pratensis (Homberg, Strasse nach Basdorf), $. verticillata (Niederwerbe), Lycopus euro- paeus (Niederwerbe), Atropa Belladonna (Dalwigker Holz, Basdorf), Hyosceyamus niger (Aseler Strasse, alter Friedhof), Physalis Alkekengi (Strasse Bericher Hütte—Berich), Linaria Cymbalaria, Scrophularia vernalis (Mauer bei Vöhl), Digitalis ambigua und purpurea, Campanula glomerata, Pulicaria vulgaris (Eder), OUhrysanthemum segetum (Alraft), corymbosum (Stiegberg, Altbachtal), parthenium (Schloss Waldeck), 248 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Artemisia absinthium (Berich), Senecio spathulifolius (Hüttenberg), Üentaurea montana (Ehrenberg), Hypo- chaeris maculata (Niederwerbe), Lactuca virosa (Bas- dorf und kahle Hardt). Herr Geheimrat Borrsch schilderte am 27./11. 11 ein selbst- erlebtes Meerleuchten. Derselbe hielt am 8./1. 12 einen Vortrag über „die körperlichen Tiden“. Herr Dr. Enpers berichtete am 25./9. 11 über die Vor- schläge WıLLıam WILLETTS zur Zeitreform. Herr Professor Dr. L. Frxner sprach am 9./10. 11 über den Bau der Bienenzelle, führte Versuche, die magne- tischen Kraftlinien betreffend, aus, zeigte Versuche über Oberflächenspannungen und legte eine Anzahl stereoskopischer Bilder vor. Herr Professor Dr. Horxstein legte am 11./9. 11 ein Stück einer brasilianischen Achatmandel vor, ferner zeigte er künstlichen Chalcedon und gefärbte Chalcedon- stückchen. | Derselbe brachte am 11./3. 11 die Verunreinigung der Gewässer durch Fabrikabwässer und die Vergif- tungen mit Methylalkohol zur Sprache. Herr Privatmann Kurrer hielt am 11./9. 11 einen durch zahlreiche Vorlagen ergänzten Vortrag „Die Achat- schleifereien in Idar-Oberstein“, Derselbe legte am 25./9. 11 Figuren aus einem chinesischen Kalitonerdesilikat vor. Derselbe sprach am 27./11. 11 über die Erd- gasflamme bei Neuengamme. Derselbe berichtete am 27./11. 11 unter Vorlage von Material über „die Zinnpest“. Herr Dr. Laupinger hielt am 12./2. 12 den Schlussvortrag über „Koniferen‘‘ (Oupressineen). 3 1 WERFEN Ei er. re Übersicht der Vorträge, Mitteilungen ete. 249 Herr ÖOberpostinspektor LinpekuseL legte am 27./11. 11 einen Lamellenzahn von Elephas primigenius vor (be- sprochen von Herrn Professor HORNSTEIN). - Herr Professor Dr. MErkELBACH hielt am 8. 5. 11 im physikalischen Lehrzimmer der Oberrealschule I einen Vortrag über: „Das Blitzen gelbroter Blüten in der Dämmerung und die Erklärung hier- für von Professor Dr. TuomaAs in Ohrdruf.“ Aus dem Vortrag sei kurz Folgendes mitgeteilt: Die Erscheinung ist zuerst von Linx#’s Tochter an einem „gewitterschwülen“ Juliabend im Jahre 1762, aber auch in der Morgendämmerung des folgenden Tages, sowie später noch öfter in der Abenddämmerung an den Blüten der Kapuzinerkresse (Tropaeolum maius) beobachtet worden. Linx£, der sich von der Richtig- keit der Beobachtung überzeugt hatte, veranlasste seine Tochter, der schwedischen Akademie der Wissen- schaften darüber zu berichten. Über ihre Wahr- nehmungen gibt letztere an: „Das Leuchten besteht in einem so schnellen Aufblitzen eines Scheines, dass es nicht hastiger angenommen werden könnte Wenn man sitzt und auf eine Pflanze hinsieht, die mehrere Blüten hat, so kann man bemerken, wie bald die eine, bald die andere ganz jählings aufschimmert und erglänzt. Wenn man aber starr und mit unverwandtem Auge auf nur eine Blüte sieht, so leuchtet sie nicht gern.“ (Mitgeteilt nach C. ScHEnkLıng in der „Leip- ziger Illustrierten Zeitung‘ N. 3497 vom 7. Juli 1910). Linn£ und seine Tochter verzichteten darauf, eine bestimmte Erklärung der Erscheinung, „die der Experimentalphysik angehöre“, zu geben. Als mög- lich nahmen sie jedoch an, dass sie „von einem un- sichtbaren Nordlichte, das in der Luft schimmere und von den schimmernden Blumenblättern reflektiert werden könne“, herrühre. Die Erscheinung ist später noch von vielen Per- sonen, so auch von GOETHE, wahrgenommen worden. ' Letzterer sah sie an den gelbroten Blüten des orien- Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. talischen Mohns. An derselben Pflanze beobachtete sie auffällig im Juni 1857 1/10 Uhr abends der schwedische Botaniker Fries im botanischen Garten von Upsala. Er fand, dass das „Blitzen“ auch an den Blüten der Feuerlilie, überhaupt an roten und gelbroten Blüten stattfand und richtete wieder die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Erscheinung, die von einer grossen Zahl von Personen beobachtet wurde. Seit Bekanntwerden der Beobachtung von Linne’s Tochter hat es nicht an Erklärungsversuchen dafür gefehlt, die allerdings sämtlich keine allgemeine An- erkennung zu finden vermochten. Erwähnt seien nur diejenigen, die die Ursache in ausstrahlender Elektrizi- tät und im Ausstreuen des Blütenstaubes aus den sich öffnenden Staubbeuteln sehen wollten. FRrırs suchte einen Erklärungsgrund im Anschluss an die gelbrote Farbe der Blüten, die vielleicht mit der Komplementärfarbe der Blätter im Auge „für einen Augenblick zu einem weisslichen blitzähnlichen Schein verschmelzen‘‘ könnte. MoriscH, der in seinem Buch „Leuchtende Pflanzen“ (Jena 1904) eine Zusammen- stellung und kritische Besprechung der Literatur über diesen Gegenstand gegeben hat, neigt zu einer Er- klärung durch Elektrizität nach Art des St. Elmsfeuers. Neuerdings hat nun Herr Professor Dr. Thomas in Ohrdruf in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift (Neue Folge, IX. Band, N. 36, S. 573—574, 1910) eine Erklärung der fast 150 Jahre zurückliegenden Beob- achtung von Linn#’s Tochter veröffentlicht, die nicht bloss die Erscheinung selbst, sondern alle damit im Zusammenhang stehendeu Nebenumstände in sehr be- friedigender Weise deutet. THomas zeigt, dass man das bei der Kapuziner- kresse in der Dämmerung beobachtete „Blitzen“ auch mit einer von ihm eingerichteten F'arbentafel hervor- rufen kann. Diese Farbentafel besteht aus einem satt- blau gefärbten Papier in Quartblattgrösse, das mit 4 qua- dratischen feuerroten Papierstückchen, die 1 cm Seiten- länge haben und 5—10 cm entfernt sind, beklebt ist. EARTH ERIC EEB KEATENN R Erin = DB u Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 951 Hält man eine solche Tafel in der Hand und betrachtet sie bei Tagesbeleuchtung, so erscheinen die roten Papierstückchen bei passender Farbenwahl viel heller als der blaue Grund. Bei sehr vorgeschrittener Dämmerung kehrt sich das Helligkeitsverhältnis um: man sieht die roten Papierstückchen schwarz auf hell- grauem Grund, eine Erscheinung, die als PurkınJE’ sches Phänomen bekannt ist. Ist aber die Dämme- rung weniger vorgeschritten, nur soweit, dass man gewöhnliche Druckschrift noch eben lesen kann, so kann man eine überraschende Beobachtung machen, die Tromas in folgender Weise beschreibt: „Fixiert man eines der kleinen roten Quadrate, so nimmt dieses sofort eine unvermutete Lichtstärke und seine ursprüng- liche rote Farbe an. Das ist das blitzartige Auf- leuchten! Fixiert man der Reihe nach die einzelnen roten Papierstückchen, so leuchtet jedesmal nur das fixierte auf. Sobald man den Blick fest auf andere, nicht mit rotem Papier beklebte Stellen des Grundes richtet, erscheinen,alle (dann nur mit paripherischem Sehen wahrgenommen!) roten Papierstückchen dunkel.“ — Der Versuch gelingt — wie THomas bemerkt —. mehr oder weniger auch bei Tage in einem halbdunkeln Zimmer. Hinzugefügt sei, dass er auch bei künstlichem Licht, wenn es zerstreut ist, sich ausführen lässt, wie wir am Vortragsabend an einer grossen Zahl unter die Anwesenden verteilten Fiarbentafeln feststellen konnten. Zur Beleuchtung diente Bogenlicht, das von der Laterne des Projektionsapparates ausgehend eine weisse Wand traf und von dort zurückgestrahlt wurde. Die der Dämmerungsbeleuchtung entsprechende geringe Helligkeit kann man dadurch auf der Farben- tafel erzielen, dass man sie passend schräg gegen das von der Wand zurückgestrahlte Licht hält. Von einer 'engbegrenzten Lichtquelle ausgehendes direktes Licht verursacht störenden Glanz. THonas knüpft die Erklärung des an seiner Farben- tafel in der Dämmerung zu beobachtenden Aufleuchtens der Papierblättchen an die 1866 von Max ScHULZE 252 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. (Bonn) aufgestellte und später 1894 durch Jon. v. KrIEs in Freiburg weiter ausgebildete Theorie an, die den „Stäbchen“ und „Zapfen“ der Netzhaut ein verschiedenes Verhalten bei den durch das Auge vermittelten Sinnes- empfindungen zuweist. An die Hauptpunkte dieser Theorie möge hier erinnert werden. Die mikroskopische Untersuchung der Netzhaut, der membranartigen Ausbreitung des Sehnerven auf der Rückwand des Auges, hat schon längst gelehrt, dass sie sich aus zweierlei Gebilden mosaikartig zu- sammensetzt: den dünnen schlanken Stäbchen und den dicken keulenförmigen Zapfen. Diese sind aber auf der Netzhaut ungleichmässig verteilt. An der licht- empfindlichsten Stelle der Netzhaut, der Netzhautgrube und ihrer nächsten Umgebung, auf welche wir die Bilder der Gegenstände bringen, die wir scharf ins Auge fassen wollen, finden wir nur Zapfen. Der übrige Teil der Netzhaut enthält ein Gemisch von Zapfen und Stäbchen und zwar so, dass die letzteren nach dem Rande der Netzhaut hin überwiegen. Die Zapfen werden nur durch Licht erregt, dessen Hellig- keit eine gewisse Grenze übersteigt: sie bilden „den Hellapparat“. Die Stäbchen dagegen sind für schwache Lichteindrücke empfindlicher; sie treten in Wirksam- keit, wenn die der Zapfen aufhört, z. B. in der Dämmerung. Sie bilden den „Dunkelapparat“. Aus der oben angegebenen Art der Verteilung beider Ge- bilde auf der Netzhaut folgt, dass die Netzhautgrube nur für genügend starke Lichteindrücke empfindlich ist. Schwache Lichtquellen und von Dämmerlicht beleuchtete Gegenstände sehen wir am besten beim indirekten Sehen, wobei wir das Bild derselben in die äussere Stäbchengegend der Netzhaut bringen. Aber noch ein weiterer auffälliger Unterschied kommt der durch die genannten Netzhautgebilde über- mittelten Lichtempfindung zu: Nur die Zapfen ver- mögen den Eindruck der Farbe zu übermitteln, während die Stäbchen farbenblind sind. Alle durch letzteren vermittelten Lichtempfindungen machen, Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 953 selbst wenn sie durch farbiges Licht bedingt sind, immer nur den Eindruck eines eigentümlichen Grau. („Stäbchenweiss“.) Aus dem Gesagten folgt, dass wir Farben nur bei genügender Helligkeit der Beleuchtung wahrnehmen können. Bei schwacher Beleuchtung (durch Dämmerlicht und bei Mondschein) sehen wir alle Gegenstände nur in -Schattierungen des Grau. Die Verschiedenheit im Verhalten der Stäbchen und Zapfen ist damit noch nicht erschöpft. Sie ver- halten sich gegenüber den verschiedenen Farber, wie wir sie im Spektrum von weissem Licht nebenein- ander sehen, verschieden. Ein lichtstarkes Spek- trum hat für das Auge seine grösste Helligkeit im weniger brechbaren Teil (bei gelb), d. h. für diese Strahlen sind die Zapfen empfindlicher als für grün und blau. Schwächt man dagegen alle Farben des Lichtes nach und nach gleichmässig, indem man das zur Erzeugung des Spektrums dienende Licht vorher durch Nikor’sche Primen gehen lässt, die man mehr oder weniger kreuzt, so findet man, dass für das Auge zunächst rot und gelb verschwinden, dass schliess- lich nur im grün-blauen Teil des Spektrums noch eine Lichtempfindung übrig bleibt, die allerdings, weil sie nur noch durch die Stäbchen übermittelt wird, ohne bestimmte Farbe ist. Also sind die Stäbchen für dieses grünblaue Licht am empfindlichsten. Die Richtigkeit dieser ScHuLzE-Krizs’schen Theorie wurde vom Vor- tragenden durch folgenden Versuch bestätigt, den LunmmErR angegeben hat. Drei in einer Reihe und in Abständen von etwas über 1 m stehende Glühlichtlampen werden durch denselben regulierbaren Strom gespeist. Der Strom wird so schwach genommen, dass die Lampen nur eben Licht aussenden und schwach rotglühend werden. Diese Rotglut bemerkt man aber immer nur bei der Lampe, die man gerade ansieht, deren Bild also auf die nur aus Zapfen bestehende Netzhautgrube fällt. Die anderen Lampen, die man indirekt sieht, erscheinen nicht rot. Sie erglühen in farblosem, stäbchenweissen 254 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. Licht. Die Scaurze-Kries’sche Theorie hat die Mög- lichkeit gegeben, das längst vor ihrer Aufstellung be- kannte Purkinse’sche Phänomen zu erklären, eine Erscheinung, die sich, wie schon erwähnt, auch gut an der Tnomas’schen Farbentafel beobachten lässt: da nämlich bei sehr vorgeschrittener Dämmerung die Zapfen überhaupt nicht@n Tätigkeit treten, vermittelt nur der Stäbchenapparat die Lichtempfindung. Daher erglänzt das auf die Stäbchen gut wirkende Blau in farblosem Weiss, während das auf die Stäbchen nicht wirkende Rot schwach erscheinen muss. | Mit Hülfe der Zapfen- und Stäbchentheorie er- klärt nun Tuomas die Wirkung seiner Farbentafel und die entsprechende Wirkung der Farben gelbroter Blüten in der noch nicht weit vorgeschrittenen Dämmerung in folgender Weise: Die Wirksamkeit der die Farben vermittelnden Zapfen ist so weit ge- schwächt, dass wir mit ihrer Hilfe nur noch Wahr- nehmungen machen können, wenn das Bild auf die an Zapfen reichste Stelle der Netzhaut d. h. auf die Netzhautgrube fällt. Es wird also dann das Bild roter Gegenstände nur beim direkten Sehen in dieser Farbe aufleuchten; bei der geringsten Verschiebung des Blickes fällt aber das Bild auf zapfenarme Teile der Netzhaut. Daher wird das Bild dieser Gegen- stände dunkel werden, zumal auch die für rot und gelbrot wenig empfindlichen Stäbchen einen Lichtein- druck nicht vermitteln. Mit blau und blaugrünen Farben gelingt Dunkelwerden nicht, weil ja die Stäbchen für diese Farben besonders empfindlich sind. Nach Thomas beträgt in unsern Breiten die zur Beobachtung günstige Zeit in der Dämmerung etwa 3/a Stunden. Die erste Hälfte dieser Zeit ist für die Warnehmung am geeignetsten. In höheren Breiten wächst mit der Zeit der Dämmerung auch die günstige Beobachtungszeit, weswegen die Erscheinung in den nördlichsten Teilen Europas am ersten aufgefallen ist. — Die Wirkung der Tuomas’schen Farbentafel wurde Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 955 beim Vortrag mit sehr gutem Erfolg an einer Tafel in so grossem Masstabe vorgeführt, dass sie von allen Zuhörern gleichzeitig beobachtet werden konnte. Weil der Versuch wohl zum ersten Male in dieser Weise angestellt worden ist, seien über seine Aus- führung genauere Angaben gemacht. Eine senkrecht gestellte Wandtafel (1,40 X 1,20 m) war mit blauem Papier überzogen. In ihrem Mittel- punkt wurde ein quadratisches Stück (10:10 cm) zinnoberroten matten Papiers befestigt. Zur Be- leuchtung diente eine regulierbare Bogenlampe in der Laterne eines Projektionsapparates. Vor die Kondensor- linse der Laterne wurde eine mattgeschliffene Glas- platte angebracht, die das Licht nach allen Seiten zerstreute und die sich also ın dieser Beziehung wie ein selbstleuchtender Körper verhielt. Vor diese Glas- platte kam eine Irisblende, die eine grösste Öffnung von 10 cm Durchmesser hatte. Diese Öffnung konnte auf 1 mm Durchmesser verkleinert und dadurch die Stärke der Lichtquelle beliebig vermindert werden. Die Lampe war 3—4 m seitlich von der Tafel ent- fernt. Letztere hatte an der Seite des Zimmers senk- recht vor den äussersten Zuschauern Aufstellung ge- funden. Damit war erreicht, dass die auf der Tafel sehr schräg auffallenden und teilweise regelmässig reflektierten Lichtstrahlen keinen der Zuschauer trafen, so dass das Papier überall glanzlos erschien. Bei 10 cm Blendenöffnung und 12 Amp. Strom- stärke, also bei starker Beleuchtung, erschien das Rot viel heller als das Blau. Wenn man dann aber den Strom auf die Hälfte schwächte und die Blenden- öffnung auf wenige Millimeter Durchmesser ein- schränkte, zeigte sich schön das PurkınJe’sche Phä- nomen: das Rot hob sich fast schwarz von dem in Stäbchenweiss leuchtenden Blau ab. Wenn man nun bei unverändert bleibender Stromstärke die Blenden- öffnung wieder auf etwa 1 cm Durchmesser ver- grösserte, sodass das Rot minder gut sichtbar war, dann veranlassten geringe Änderungen der Blick- 256 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. richtung das „Blitzen“, d.h. das Dunkelwerden bezw. das Wiederaufleuchten des Rot, falls der Blick wieder über das Blättchen wegging. Im Anschluss an den eben genannten Vortrag zeigte Herr Professor Dr. MErkELBacH Kontrast- farben, die in verschiedener Weise erzeugt wurden. Nach dem ersten Verfahren wurde vor die Kondensor- linse des Projektionsapparates eine Platte mit zwei kreisförmigen Öffnungen von je 13 mm Durchmesser gebracht, deren Mittelpunkte 62 mm entfernt waren. Die durch diese Öffnungen austretenden Lichtstrahlen begegnen sich in dem Punkte, in welchem die Kon- densorlinse die Strahlen der Bogenlampe vereinigt und der bei unserer Lampe 40 cm von der Linse ent- fernt ist. In den Weg der beiden Strahlenbündel brachte man vor ihrem Zusammentreffen je eine kleine Sammellinse (Brillengläser von 40 mm Durch- messer und 12!’ cm Brennweite — 8 Dioptrien), die man so einstellte, dass sie auf einem 4 Meter entfernten Schirme zwei scharfe vergrösserte Bilder der Öffnungen in Gestalt zweier nebeneinander liegender stark leuchtender Kreise erzeugten. Da- durch, dass man beide Linsen näherte, konnte man bemerken, dass sich auch die Bilder der Öffnungen näherten und sich beliebig weit überdeckten und da, wo sie sich kreuzten, ein Feld von doppelter Hellig- keit erzeugten. Färbte man nun das Licht einer Öffnung, indem man in den Weg der Lichtstrahlen dieser Öffnung eine durchsichtige farbige Platte (Glasplatte, gefärbte Gelatine-Platte oder Küvette mit farbiger Flüssigkeit) brachte, so erschien das Bild der andern Öffnung, soweit es nicht von dem Bild der farbigen Öffnung gekreuzt wird, in der komple. mentären Kontrastfarbe. Das gemeinschaftliche Feld beider Kreise zeigt natürlich die mit Weiss gemischte und daher blasser erscheinende Farbe der gefärbten ‚Öffnung. Verstärkte man passend die Kontrastfarbe, indem man vor die zweite Öffnung eine farbige Platte in dieser Farbe brachte, so konnte man bewirken, Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 257 dass das gemeinsame Feld der beiden Kreise auf dem Schirm weiss erschien. Die Kontrastfarben wurden dann ferner noch an der Erscheinung der „farbigen Schatten‘ gezeigt. Sie werden bekanntlich erzeugt, indem man mit einer farbigen und einer weissen Lichtquelle neben einander liegende Schatten desselben Gegenstandes erzeugt. Der zweite, von der weissen Lichtquelle beleuchtete Schatten erscheint dann in der Komplementärfarbe des ersten, Sehr schön wird die Erscheinung, wenn man, wie der Vortragende, als Lichtquellen zwei Projektionslaternen mit Bogenlicht benutzt und dafür sorgt, dass die zur Erzeugung des farbigen Lichts dienende an und für sich wesentlich heller ist. Herr Universitäts-Professor Dr. PoupeckY-Göttingen hielt am 11./12. 11 einen Lichtbilder-Vortrag „Riesenformen aus der geologischen Vergangenheit.“ Herr Professor Dr. B. ScHArEFER legte am 25./9. 11 eine Anzahl Bilder von Naturdenkmälern vor (u. a. Baum- riesen aus dem Schutzgebiet Sababurg). Derselbe sprach am 22./10. 11 über Detula nana als Naturdenkmal in Preussen. Derselbe hielt am 13./11. 11 einen Vortrag über „Die Perlen der Meerperlmuschel und ihre Ent- stehung.“ Derselbe berichtete am 8./1. 12 über eine Arbeit SIGMUND GUENTHERS „Durchlöcherte Berge und oro- graphische Fenster.“ Derselbe hielt am 22./1. 12 einen Lichtbilder- Vortrag „Über Fortschritte in der Naturdenkmal- pflege.“ Derselbe legte am 12./2. 12 Eisen aus dem Bühl bei Weimar vor. Derselbe berichtete am 11./3. 12 über eine Arbeit von Professor Morısch „Über den Einfluss von Tabaksrauch auf die Pflanze.“ 358 Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. | Herr Lehrer Hrruanx Schvrrz hielt am 12./6. und 26./6. 11 zwei Lichtbilder-Vorträge „Eine Orientreise“. Herr Lehrer Hrrwanv ScHuz berichtete am 22./5. 11 über die Arbeit NEGERS „Pilzzüchtende Gallmücken‘“ und besprach verschiedene Gallen. Derselbe sprach am 25./9. 11 über eine Blüten- anomalie bei Pelargonium zonale. Derselbe besprach am 9./10. 11 an der Hand einer biologischen Fruchtsammlung die Verbreitungs- einrichtungen der Papilionaceen-Früchte. Derselbe berichtete am 27./11. 11 über Prof. WINKLERS neueste Forschungen, die Pfropfbastarde bei Solanaceen betreffend. Derselbe legte am 8./1. 12 WixkLer’sche Pfropf- bastarde vor und sprach über Blattanomalien bei Syringen und Käferfraßstellen an Syringa und Robinta. Derselbe legte am 12./2. 12 vor: Gallen von Oligotrophus betulae und durchwachsene Gallen von Aphis grossulariae. Herr Augenarzt Dr. Tsreremann hielt am 11./3. 12 einen Vortrag „Uber das nachbarliche Verhältniss ın der Vogelwelt während der Brutzeit.“ Herr Architekt Tırz zeigte am 25./9. 11 Mandelsteine aus Oberstein und Kirn im Nahetal. Derselbe zeigte am 25./9. 11 Braunkohlen aus dem Ronneberge bei Homberg, die noch vollständige Holzstruktur zeigten. Herr Ingenieur v. WaHr berichtete am 22./5. 11 über den Erdrutsch am Meissner (Schwalbental). Derselbe legte am 22./5.11 die baltische Landes- kunde vor. | Derselbe legte am 13./11. 11 einen Hechtwirbel vor. (Das Tier hat eine Länge von 1,50 m gehabt). Übersicht der Vorträge, Mitteilungen etc. 259 Derselbe berichtete am 22./1. 12 über folgende Dissertationen: Bursrr „Über schwäbische Kalktuffe“, DasckeRS „Über Kalkspatkristalle aus der Umgegend von Limburg a. d. Lahn“ und WasxEr „Über die Aus- bildung des Diluviums ın der nordöstlichen Bodensee- landschaft. Derselbe hielt am 26./2. und 25./3. 12 zwei Vorträge „Über Eisenerze und Erzlagerstätten“, Das Demonstrationsmaterial stammte meist aus den Samm- lungen des Herrn Professor Mir. Derselbe legte am 11./3. 12 Schwefelkies aus Ostafrika vor. Herr Sanitätsrat Dr. WEBER hielt am 27./11. 11 einen Vortrag über „Leuchtorganismen‘“. [Z [4 In N Zu er an ee Dr - wur Az . 6 son ...„... Rn th Br NE yuvuu,uwuxuvvwvuwuvwvuvvvuvv III UYJYsLY Date Due | | I an NL 3 2044 128 38 3 geologische Kary, = nach eignen Aufnahmen und unter Benutzung der Aufnahmen vonF.Kuchenbuch und A.Mestwerdt soo Maßstab 1:50000 = === = I Farben-Erklärung | so sn] Zechstein Mitt! Buntsandstein Ob.Buntsandstein SH NE Sr mu | mm | || | IndMuschelkaik, AfitlMfuschelkalk Trockitenkalk Nodosen Schichten, | SEO Be er Mittku.0b.Keuper Kouper unyegliedert Lias («,ß,y) [® Y Volkmarser Grabens -— | nt not Comp A Zoology ER MAN 6 1942 LIBRARY Geologische Karıe der Gegend von Bergewdlendorf beiHomberg aE. 'unter Benutzung der Aufnahme von O.Lang und M.Blanckenhorn Maßstab 1:25000 [4 290. soo 7000 IN. Farben- Erklärung. | < of Compa, N a Zoology % “man 6 1942 LIBRARY Höhenschichtenkarte des Kreises Melsungen. Die Höhenschichten sind im Abstand von 50 m eingetragen- \ Q Der Quille r var | \ DerKessel Er ka A495 (0% 'Stolzköpf Fr DEREN 29 3 + Massstab 1: : 115000. Gez, von Dr. phil. J. Schmidt. : Kartogr. Anst..d.Höfbuchdruckerei Eisenach H.Kahle. mer Compa Tool 9 Volksdichtekarte MAR 6 1942 LIBRARY des Kreises Melsungen. Massstab 1 : 115000. 7 05 o 7 en EL BE FypEiterhagen \ AI] m) (| m ii Bi Ni Il I I Il al " ||) N Mn. H je | | ||| II X = 5 N Melsungen (gt () | | INNEN? ı \ > viert IL / f ua I | r iR = i Fgt. Melsungen b Di f | mil Fgt. Spangenberg Te yall] > Ic) ii \ Ft. FR s A iM, | A \ >» ) IX 7 nen iq = | gi u. | = ıl Fgt. Spangenberg \ N) I Erläuterung : 4 iii IN) u | Einwohner Einwohner ! IM = ZEUEIDEE : 2 : auf I gkm; auf l gkm: = ö a — == i u, Einwohner : 100—125 I 10 7 ) 1—50 . 50—100 100—200 200-300 - Forstgut 300—400 - Forstgut Felsberg 400—500 - Forsthaus 500750 - Mühle Bahnstation 125—150 150—200 200—250 mehr als 250 Il al \ıl UL ;5 iu ee 10 B - Bahnwärterhaus 1000— 2000 2000—4000 e989o098600%o0 =: Kartogr. Anst.d.Hofbuchdruckerei Eisenach H.Kahle. Gez, von Dr. phil. J. Schmidt, Ans _ Pu - a . ey ze oe - u — 7 u f Fe . - — ei r- o.. Pr. “ - - ige - .r s — jeFwen — mn. ne - A na er" — gu = nn re n. - - u nt, - - - nee u - - En .— m a . ee - 5 - a = - . - - ee — RC LEERE mn. s aeg “ an .. 0 ee u 5 dit nn — nr uLLPBEL AL N 20 rn rn De EG PT N ee A ne nu Be 2 N oe 0 - e un RO - EIERN en ELLE u RE u DL GEARE BE w.— a nun N neu REN ER ee de - ui Te - - Deren ae ee es Ze EEE RER N REEL" - DL tg ee man pt ng Pr El .- a een ——— LOL ne nn un ee rg ENG Dr EEE DE nr Pan num DL BRERLEG LOL U REDEN A - ER GET Bay < .. PR yE 22 | a .* - u A u. u ERAGELERNE wen u _. ae bl DREI ILL GLHE Pe EBD - a u REAL ER rn DETAIL ur DEE OEL DL L AEENEE, er en an — od nn N - N ng Pe Se et u rn — ELDER RL LGLEIE ee EEE PR ee ne ad LE LELE WE LEGE WE a LEDER — EEE LEER EEE EDEGGE —e ul RE EE REDET EEE un De a a Br ee ent u RE te ERDE na en DE en nl ee EEE EEELALERLELEEL LIT u ee En ee w u u ne ge aa nn ne . 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