—— = [Re SEE er re urn - k are . een man de Prspeakten .e . a > Eee on meer, ner WE re re nd ehe ons Be BR en AT Tee orten Bene De ee ee Dan meet nn nn en hehe , ne ee u ante ren he mn gem en e en v zZ 2 Pa v * m gen nn man Re . rn em DE TRIER Bouno (440 WHITNEY LIBRARY, HARVARD UNIVERSITY. THE GIET OE d. DS: WHTRNEY. Sturgis Hooper Professor IN THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY (2, 838 Du 2 7 229 ä kauf "SCIENCES LIBRARY Abhandlungen veolosischen Specialkarte Preussen den Thüringischen Staaten. aunnnannnD BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1876. 4 2 id Abhandlungen zur geologischen Specialkarte Preussen und . den Thüringischen Staaten. IIUINANANANIUTUUNIU UV UVA UUVUUUUUUVIVUUVUD UVannnND BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1376. Beiträge zur fossilen Flora. Steinkohlen -Calamarien, mit besonderer Berücksichtigung ihrer Fructificationen. \ Von Ch. E. Weiss, Dr. ph., Prof., Königl. Landesgeolog und Docent an der Bergakademie zu Berlin. Mit 2 Holzscehnitten im Text und einem Atlas, enthaltend 19 lithographische Tafeln. IIANINANANANAAIAIIIINANANnNNnnnnNNG BERLIN. Verlag der Neumann’'schen Kartenhandlung, 1876, Einleitung. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem an die ein- zige noch lebende Gattung Eguisetum sich anschliessenden Kreis der Calamarien unter den Steinkohlenpflanzen. Sie ist die Frucht mehrjährigen Studiums und verfolgt den Zweck, Beiträge zur Kenntniss dieser sehr merkwürdigen Pflanzen zu liefern, soweit sich das Material hierzu in den deutschen und wenigen andern Steinkohlengebieten darbot und dem Verfasser zugänvlich war. Das Interesse, welches dieser Pflanzenkreis neuerlich allge- meiner auf sich gezogen, wird nicht zum geringsten Theile von den schönen Fructificationen bedingt, welche allmälig von ihnen bekannt geworden sind und welchen sich der mehr und mehr auf- geklärte elementare Bau des Stammes anreiht. In der That sind dies diejenigen zwei Punkte von hervorragender Wichtigkeit, welche uns vor Allen Einsicht in die Stellung dieser wie anderer Pflan- zen verschaften: es ist die eigentliche botanische Seite der For- schung, welcher hiermit genügt wird. Sie wendet sich vorzugs- weise der Kenntniss der Gattungen zu, die ja durch die feineren, wichtigeren Organe gebildet werden und erst das Zusammentreten der grössern Kreise, der Familien, Ordnungen u. s. w. ermöglichen. Es ist erfreulich zu sehen, dass in neuerer Zeit eine Anzahl vor- treftlicher Forscher, vorzugsweise hierzu berufen, weil sie Botaniker vi Einleitung. von Fach sind, Aufmerksamkeit und Zeit den palaeophytologischen Studien zugewendet haben. Unsere Litteratur, und grade die deutsche, bedarf sehr dringend gediegener Arbeiten auf diesem Felde; denn es ist nicht zu leugnen, dass sie nicht entfernt an die palaeozoologische heranreicht. Und wenn dies auch durch viele Umstände, durch die ganze Natur der Sache begründet oder erklär- lich wird, so müssen wir doch gestehen, dass diejenigen, welche sich berufen fühlten, durch eigne Arbeiten und die Veröffentlichung anderer die palaeontologische Wissenschaft zu fördern, doch grade den fossilen Pflanzen nicht zu ihrem Rechte verhalfen, ja nicht einmal durch Abwehr unbrauchbarer Producte diesen Theil ihrer Wissenschaft vor Beeinträchtigung bewahrten. Aber mit dem er- wachenden Interesse dürfen wir wohl hoffen auch immer bessere Früchte zu ernten. Die palaeophytologischen Studien ruhten bisher und ruhen noch vielfach in den’ Händen nicht der Botaniker, sondern der Geologen und Anderer. Es ist erklärlich, wenn dieser Umstand dem Fortschritte nicht zu hold ist.. Auch die hier vorliegende Arbeit ist von dieser Kategorie und alle angewandte Mühe und Sorgfalt wird sie nicht vor manchen Fehlern geschützt haben, die ein Botaniker vielleicht vermieden haben würde. Allein wenn man bedenkt, dass es einen grossen Aufwand von Zeit und Geduld und manchen günstigen Umstand erforderte, um allmälig nur das Material zu dem Nachfolgenden zusammenzubringen, welches mit- unter nur vorübergehend, zum Theil auf sehr kurze Zeit, sich in den Händen des Verfassers befand, dass ferner grade dem Geo- logen eher als dem Botaniker die Gelegenheit geboten ist, brauch- bares Material zu sammeln, so wird man diesem Umstande allein schon Rechnung tragend es entschuldigen, dass abermals eine zum Theil botanische Arbeit durch einen Nicht-Botaniker besorgt wor- den ist. Dem Mangel, der wohl möglich hieraus entstanden, suchte der Verfasser durch die Form des Nachfolgenden wenig- stens theilweise abzuhelfen, dadurch dass er, des grössern Umfan- ges der Arbeit ungeachtet, von den offenbar wichtigsten ihm vor- gelegenen Stücken genaue Detailbeschreibungen neben den Abbil- dungen beigab. Dadurch wird es dem Leser ermöglicht, wohl Einleitung. vu “ auch ohne die Originale, mindestens bis zu höherem Grade eine . eigne Controle der Darstellung zu üben und dadurch erhält er zugleich ein grundlegendes Material für spätere Arbeiten im glei- chen Gebiete. Sollte dies Ziel erreicht sein, so wäre der Autor wegen seines Unternehmens entschuldigt und zugleich belohnt, denn er dürfte hoffen nicht vergeblich gearbeitet zu haben, wie auch so mancher Palaeontolog auf dem zoologischen Gebiete. Es ist nun in der That in erster Linie die Untersuchung der Gattungen der Calamarien, welcher sich die folgenden Blätter - widmen und demgemäss bringen dieselben überwiegend Darstellun- gen von Fructificationen, welche der Verfasser zum Theil selbst so glücklich war zu sammeln, zum andern Theil aber einer vielseitigen freundschaftlichen Unterstützung durch Herleihen von wichtigen Stücken verdankt. Es ist überraschend, dass es nöthig scheint, besonders darauf hinzuweisen, dass Fructificationen ım erster Linie Gattungen bestimmen, nicht Stämme, nicht Blätter, dass es denkbar ist und vielleicht auch bei den Calamarien vor- kommt, dass Pflanzen, :welche in Stengel und Blättern nur schwer unterscheidbar sind, ihrer total verschiedenen Früchte wegen zu ganz verschiedenen Gattungen gezählt werden müssen. Selbst der innere anatomische Bau des Stammes, so wichtig für Beur- theilung der allgemeineren Verwandtschaften, erreicht nicht den Werth der Fructificationen, wo es sich um die Gattung handelt. Daher finden sich in der vorliegenden Arbeit wenige andere Dinge aufgenommen, unter diesen meist solche, welche die Kennt- niss der Gattungen zu erweitern geeignet waren, so auch gewisse Stammreste. Die letzten Kapitel sprechen über dergleichen. Ist nun aber auch dieser Zweck, die Kenntniss der Gattun- gen zu vermehren, voranzustellen, so verfolgte doch der Verfasser in nachstehender Abhandlung auch einen zweiten, welcher mehr dem geologischen Interesse dient. Die Aufgabe bleibt dem Palaeontologen dieselbe doppelte, ob er sich den fossilen Thieren oder Pflanzen zuwendet: die Reste sollen systematisch beleuchtet, ihre Verwandtschaften zu den lebenden Wesen der Jetztwelt nach jeder Richtung hin festgestellt werden — und sie sollen auch durch sorgfältige Prüfung ihrer Unterschiede und ihrer geologischen Ver- vi Einleitung. theilung in der Reihe der Formationen Mittel zur Erkennung gleich- und ungleichaltriger Schichten der Erde liefern. Dieses Ziel erfordert wie bei den Thieren so auch den Pflan- zen die genaue und strenge Unterscheidung der Formen, der Arten; denn nur bei wirklicher Ueberemstimmung der Floren in ihren wichtigen einzelnen Arten kann man auch auf ein gleiches Alter der bergenden Schichten schliessen; umgekehrt bei völliger Ueber- einstimmung derselben wird man nicht auf verschiedenes Alter rathen dürfen. In dieser Beziehung sind wir aber noch besonders weit ab von dem Ziele, welches die Palaeontologie der thierischen Formen erreicht hat, grade zum Theil deshalb, weil eine ähnliche Genauigkeit der Unterscheidung bisher bei fossilen Pflanzen ver- misst wird. Es ist unstreitig in dieser Beziehung weit schädlicher, Heterogenes zusammenzuwerfen und somit auf eingehendere geo- logische Studien verzichten zu müssen, als etwa eine Anzahl For- men zu viel als Species zu unterscheiden, die grade bei weiteren genauen Untersuchungen von selbst fallen werden, wenn sie nicht beständig sind, und die selbst als Varietäten noch zur Unterschei- dung von Lagern dienen können, wie es von Thieren hinreichend bekannt ist. Mit Rücksicht hierauf finden sich im Nachfolgenden auch mehrere solcher Reste genauer beschrieben, welche zunächst ein specifisches Interesse haben, bei welchen jedoch die Vermuthung, dass ihre Unterscheidung auch geologisch von Werth sei, vorliegt. Auch ist ja interessant zu sehen, dass grade durch Beachtung der Fructificationen unter den Calamarien die Zahl der F ormen, welche man Arten nennen kann, entschieden höher steigt, als man durch ausschliessliche Beachtung der sterilen Organe zu unterscheiden im Stande ist. Dies dürfte wohl auf den Stand unserer gegen- wärtigen phytopalaeontologischen Systematik immerhin ein recht beachtenswerthes Licht werfen, namentlich solchen Bemühungen gegenüber, nach denen nicht mehr Arten von Fructificationen zuzulassen wären, als sterile Arten aufgestellt würden. Wohl könnte ich mich mit diesen Andeutungen begnügen, von welchem Standpunkte aus die Arbeit anzusehen ist; indessen erlaube man mir, auf einen Punkt besonders noch hinzuweisen. Einleitung. IX Ueber die Zusammengehöriskeit von den verschiedenen getrennt auftretenden Organen der fossilen Pflanzen haben sich gewisse An- sichten so entschieden vorgeschoben, dass wir ihnen in der Lit- teratur oft als ausgemachten Thatsachen begegnen. Es ist aber leider nur recht selten der Fall gewesen, dass man die zusammen- gestellten Reste in wirklicher und unzweifelhafter Verbindung be- obachtet hätte. Meist genügt das Zusammenliegen gewisser Reste, um sie, wenn es möglich scheint, auch wirklich aufeinander zu beziehen. Wenn nun auch diese Methode manche gute Früchte getragen hat, so sind doch ganz gewiss noch weit mehr Fehler mit ihr gemacht worden und es ist nicht Vorsicht genug in der - Benutzung dieser Art von Untersuchung, dieser Art Entdeckungen zu machen, zu empfehlen. Der Nachtheil, sich und Anderen auf solche Weise falsche Vorstellungen einzuprägen, ist ein zu nach- haltiger, als dass es nicht Sache des Gewissens sein sollte, stets sorgfältig zu kritisiren und unparteiisch einzugestehen, wie weit die Sicherheit der Beobachtung geht. Man wird finden, dass im Nachfolgenden der Versuch ge- macht worden ist, sich streng nur an das Thatsächliche zu halten und selten aus unverbunden neben einander liegenden Resten ein Ganzes zu machen versucht wurde. Auch in der Nomenclatur tritt dies hervor, denn nur das, was unzweifelhaft als zusammen- gehörig, erwiesen ist, wurde mit gleichem Namen benannt. Mit diesen kurzen Bemerkungen darf ich diese Blätter dem Wohlwollen der Fachgenossen empfehlen, indem ich noch mit freu- digem Danke anerkenne, wie wesentlich ich durch befreundete Geologen während meiner Arbeit unterstützt wurde. Von Material, das nicht mir selbst gehörte, standen mir zur Benutzung und Verfügung Stücke aus der Sammlung der Universitäten zu Jena, Halle, Göttingen, Breslau und Berlin, des mineralogischen Mu- seums zu Dresden, des Nationalmuseums zu Prag, von wo ich durch die Güte der Herren Professoren E. E. Schmid, C. v. Fritsch, C. v. Seebach, F. Römer, Beyrich, Geinitz, A. Fric Zusendungen erhielt, sowie mir Stücke aus der städti- schen Sammlung zu Strassburg durch Prof. Schimper, aus sei- ner Privatsammlung durch Prof. Grafen zu Solms- Laubach X Einleitung. ebendort und von Herrn R. Ludwig in Darmstadt zukamen. Im Uebrigen hat die hiesige Sammlung der Bergakademie das Material geliefert, so dass ich wohl Grund habe, für die Ermög- lichung der Verwendung so vieler Quellen, welche im Ganzen ein sehr werthvolles Material repräsentiren, jedem der oben genannten Herren vollen Dank zu zollen. Endlich muss ich denselben auch dem jetzigen Director der Bergakademie und geologischen Landes- anstalt, Hrn. Geh. Bergrath Hauchecorne aussprechen, welcher schon seit Jahren Mittel zur allmäligen Herstellung der Arbeit bereit zu stellen bemüht war. Berlin, im December 1876. Der Verfasser. Inhalt. Einleitung S. II. Beschreibung der Gattungen und Species. I. Stachannularia S. 1. St. tubereulata S. 17. — St. calathifera S. 27. — St. sarana $. 928. — St. thuringiaca S. 30. 2. Calamostachys S. 32. — Eucalamostachys S. 35. — Paracalamostachy s S. 49. C. Ludwigi S. 38. — C. mira S.43. — C. superba S. 46. — C. ger- manica S.47. — C. longifolia mit Asterophyllites longifolius S. 50. — Deren ährenförmige Missbildungen 8.52. — C. rigida mit Asterophyl- lites rigidus S. 54. — C. sp. 8.56. — C. polystachya S. 57. — C. paniculata S.59. — Asterophyllites capillaceus S. 61. 3. Macrostachya S. 64. M. infundibuliformis $S.71. — M. caudata S. 77. 4. Huttonia S. 79. H. spicata 8.32. 5. Cingularia S. 88. C. typica 8.99. 6. Palaeostachya S. 103. P. Schimperiana S. 105. — P. elongata S. 108. 7. Volkmannia S. 112. V. tenera S. 113. 8. Calamites und Calamitina S. 116. C. Suckowi 8. 123. — C. acuticostatus S. 125. — C. Göpperti 8. 127. C. Solmsi S. 129. 9. Equisetum oder Equisetites S. 131. E. mirabilis S. 133. Nachträge zu 1) Stachannularia, 2) Calamostachys Ludwigi S. 136. Rückblick. Systematische und geologische Resultate S. 140. BIT, 1 Hit t DER En Fo peieh: Mrs Fit ul Da 1. Stachannularia. (Brukmannia part.) Fructijicationes spicaeformes, verticillatim caulis artieulationibus adhaerentes, sub angulo recto egredientes. Spica atque ejus awis cylindrata, breviter articulata; bracteae numerosae, simplices, dis- cretae, plus minusve mediocostatae; sporangia rotunda vel elliptica sporangiophoris dimorphis adfiwa: aut columellis eziguis striatis, verticillatim inter contigua bractearum verticilla positis et sub angulo recto ex awi orientibus, apice sporangia duo superne et inferne ferentibus, aut sporangiophoris triangularibus spinaeformibus infra bractearum verticilla positis, margine inferiore striato, sporangium solum ferentibus. Sporangia decidentia len- ticularia, superficie subverrucosa vel lineis tenerrimis arcuatıs decorata. Walzliche langgestreckte ährenförmige Fruchtstände einer Calamarie, höchst wahrscheinlich von Annularia, an der Gliede- rung des Stammes quirlförmig gestellt, kurz gestielt, in kurze Glie- der zerfallend, deren oberes Ende je einen Quirl von einfachen Deckblättern trägt, welche beim Abfallen kleine runde Närbchen hinterlassen. Unterhalb des Blattkreises, über der halben Höhe des Axengliedes sind quirlständige Fruchtträger befestigt, welche in zweierlei Form auftreten: theils nur dünne senkrecht ab- stehende längsgestreifte Säulchen bildend wie bei Calamostachys, am Grunde ‚beiderseits mittelst Rundung in die Axenriefen ver- laufend oder bisweilen etwas verbreitert, wenig über der Mitte des Axengliedes. entspringend, theils nach dem obern Axenende zu bis zum Blattquirl dreieckig verbreitert, rosendornförmig, 1 % Stachannularia. spitz, etwas abwärts gebogen, der untere Rand längsgestreift, stielartig wie das freistehende Säulchen, übrigens glatt, die Seiten der flügelartigen Verbreiterung nicht selten etwas convex. Im ersteren Falle sind über und unter dem Säulchen je ein Sporan- gium an der Spitze befestigt, im zweiten nur eins auf der untern Seite. Im letzteren Falle ist der rosendornförmige Träger als her- vorgegangen durch Verwachsung des Stielchens (unterer gestreifter Rand des Trägers) mit dem oberen Sporangium zu einem eigen- thümlichen Theile zu betrachten, der dann auch mit den Canne- lirungen der Axe verwächst. Sporangium linsenförmig, kreisrund bis elliptisch, meistens abfallend, auf der gut erhaltenen Oberfläche mit feiner grubiger, warziger oder bogig linürter Zeichnung. Die hier aufzuzählenden Aehren, welche einen gemeinsamen Habitus besitzen, werden gegenwärtig der wohl ziemlich allgemei- nen Auffassung nach zu Annularia gezogen. Hierfür konnte man aber bisher nur geltend machen, dass sie überall auch mit Resten von Annularia, namentlich mit A. longifolia zusammen an- getroffen werden. Man könnte freilich ebenso gut sagen, dass überall an den gleichen Fundorten auch Reste von Asterophylliten, von Calamiten gefunden werden, Alles Gattungen, welche ausser Annularia wohl wegen ihrer Abstammung in Betracht kommen können. Es ist bisher noch kein Fund gemacht worden, welcher unzweifelhaft die Zugehörigkeit dieser Aehren zu einer dieser nach unfruchtbaren Theilen aufgestellten Sammelgattungen oder einer andern direct erwiesen hätte, nämlich noch kein Exemplar eines beblätterten Zweiges oder Stammes mit noch an ihm befestigten Aehren unserer Gattung. In dieser Beziehung ist das hier auf Taf. II Fig. 1 abgebildete Stück von Manebach (s. unten die Beschreibung bei Stachannularia tuberculata) von vorzüglicher Wichtigkeit, insofern hier fast zum ersten Male die unzweifelhafte Verbindung solcher Aehren mit Stengeltheilen vorliegt. Freilich fehlen die Blätter an dem Stammstück und die Verbindung der Aehren mit so kräftigen Stammtheilen ist nicht der Art, wie man es erwartet haben würde unter Voraussetzung der Zusammenge- hörigkeit von sogenannten Annularienähren (Brukmannia olim z. Th.) mit Annularienzweigen. Es frägt sich also zuerst, ob man nach Stachannularia. B} diesem Funde noch berechtigt sei, was Sternberg Brukmannia nannte, als Annularienähren zu betrachten. Das einzige zur Beurtheilung dieser Frage vorliegende Stück Taf. II Fig. 1 ist allerdings nicht völlig geeignet, sie definitiv zu erledigen und entstandene Zweifel zu beseitigen, und zwar zunächst seiner Grösse wegen. Als Annularienstengel hat zwar Germar (Verstein. d. Steink. von Wettin u. Lobejün. Taf. IX Fig. 1) einen ziemlich dicken, wenn auch dem unsrigen längst nicht an Breite gleichkommenden, aber ebenfalls entblätterten Stengelrest von Zwickau abgebildet. Allein die in der Halle’schen Univer- sitätssammlung befindlichen Stücke lassen es entschieden fraglich, ob sie zu Annularia oder nicht vielmehr zu Asterophyllites gehö- ren; ja es könnte auch der citirte Stammrest zu den Equisetiten der Taf. X desselben Werkes zu stellen sein. Daher sind bis jetzt beblätterte Annularien nur von ziemlich schwachen Stengeln bekannt und unser Rest auf Taf. II könnte eher für einen Cala- miten gehalten werden, wenn man eben seine grössere Dimension als maassgebend betrachten wolltee Was mich indessen zu dem Glauben veranlasst, dass nicht ein Calamit, sondern allerdings wohl Annularia vorliegt, nur von bisher unbekannter Stammstärke, ist, dass einmal die Rippung des Stammstückes viel weniger der von Calamiten als von dicken Asterophylliten gleicht und anderer- seits, dass der Stengel an der Gliederung eine beträchtliche ring- förmige Anschwellung besitzt, was nach den bisherigen Erfahrun- gen entschieden nicht auf Calamites deutet. Da ferner Astero- phylliten mit Achren bekannt sind, dann aber der Fruchtstand stets ein anderer ist als ın unserm Falle, so ist die Wahrschein- lichkeit sehr gering, dass hier Asterophyllitenähren vorliegen. Ihre Stellung ist nämlich, wie die Diagnose angiebt und die Beschrei- bung des Stückes weiter unten nachweisen wird, quirlförmig, während bei Asterophyllites rispenförmig, auch blattwinkelständig. Auch bei Oalamites sind nun zwar quirlständige Zweige bekannt, doch niemals eben findet sich das Ende des Stengelgliedes ring- förmig: verdickt, wie im vorliegenden Falle. Als besonders beachtenswerth ist aber noch eine vierte Möglichkeit der Abstammung unserer Aehren ins Auge zu fassen, n® 4 Stachannularia. welche mein verehrter Freund, Prof. v. Fritsch in Halle, sofort nach Ansicht des Manebacher Stückes geltend machte. Jedem Kenner der Wettiner Steinkohlenpflanzen, namentlich der Ger- mar’schen Originale, muss nämlich eine nicht unerhebliche Analogie jener Stämme, welche Germar als Equisetites lingulatus auf seiner Taf. X abbildete, mit unserm Manebacher Stammstück auf Taf. II Fig. 1 auffallen. Mehrere der Wettiner Stücke, allerdings nur entblätterte, (z. B. Fig. 1) zeigen wie das Manebacher einen in Felder abgetheilten Ring und auch im Uebrigen gleiche Structur. Nur ein Stück davon (a. a. O. Fig. 3) besitzt auch Blätter; allein diese bilden, wie ich am Originale mich zu überzeugen Gelegen- heit hatte, in der That Scheiden. Dieser Umstand, verglichen. mit den stets getrennten Deckblättern in den Aehren, ist einst- weilen der Annahme ungünstig, dass letztere zu Kquisetites lingu- latus gehören möchten, man müsste denn die entblätterten, von Germar hieher gezogenen Reste einer anderen Pflanze angehörig betrachten. Auch sind an den verschiedenen Fundorten, wo Stach- annularien vorkommen, nur selten, zum Theil auch gar nicht Equisetiten bekannt, so dass das Zusammenvorkommen dieser Reste der Annahme ihrer Zusammengehörigkeit nicht minder zu wider- sprechen scheint als der Gegensatz ihrer Beblätterung. Insofern dagegen überall, wo die Aehren auftreten, auch be- blätterte Annularien gefunden werden, spricht das geologische Vorkommen mehr für die ältere Annahme. Aus diesen Gründen kann ich, so lange nicht weitere untrügliche Beweise vorliegen, die Stachannularien auch nicht zu Equisetites zählen. Mit Rücksicht auf die grössere Wahrscheinlichkeit, dass unsere Aehren zu Annularia gehören, glaube ich den Namen Brukmannia um so mehr aufgeben zu müssen, als Sternberg hierzu auch unfruchtbare Asterophyllitenreste gestellt hatte, und schlage die Bezeichnung Stachannularia vor, um dem Gebrauche Rechnung zu tragen, dass im Gattungsnamen wenigstens der Ursprung des getrennt gefundenen Pflanzentheiles angedeutet sei. | Die Aehren waren, wie erwähnt, kreisförmig am obern Ende eines Stengelgliedes um dasselbe gestellt und zwar an dessen ring- förmiger Verdickung. Das Taf. II Fig. 1 abgebildete Stück von Stachannularia. 5 Manebach zeigt kurze senkrechte seichte Furchen, welche die ring- förmige Anschwellung in Felder abtheilt, den Ansatzstellen von Aehren entsprechend, übrigens ähnlich wie auch in Germar’s Fig. 1 Taf. X (Eguisetites lingulatus) im äussern Kreise gezeich- net ist. Ausserdem finden sich bei dem Manebacher Originale zwei Aehren in ihrer natürlichen Befestigung am Stamm und zwar nicht gegenständig, so dass an einer Quirlstellung von mehreren Aehren kaum zu zweifeln ist. Die Aehren waren kurz gestielt (Taf. II Fig. 1 St. tuber- culata und Fig. 4 St. thuringiaca);, der Stiel eingelenkt und abfällig. Die Axe der Aehre ist die cylindrische Fortsetzung des Aehren- stieles in einer Reihe von kurzen Gliedern, welche im mittlern Aehrentheil dicker werden können als der Stiel, nach oben jedoch an Breite wieder abnehmen (Taf. I Fig. 3, Taf. II Fig. 1 — 5). Die Axe selbst wird fast stets zusammengedrückt gefunden, wäh- rend die an ihr befindlichen Blattorgane sehr oft ihre natürliche Stellung nahezu bewahrt haben. Dass die Aehrenaxe hohl war, wie die Stengel und in der Rindenpartie Luftcanäle führte, hat Renault an seinen verkieselten Exemplaren nachgewiesen. Damit stimmt überein, dass die im Schieferthon liegenden Aehren stets parallel der Schichtung breit gedrückt oder eigentlich zusammen- gefallen erscheinen, weil eben ein innerer fester Kern fehlte. Die Längsrippen und Furchen der benachbarten Glieder alterniren nicht, sondern laufen im Allgemeinen über die Quergliederung fort. Die Blätter ragen bis zu einem gewissen Abstande in das Gestein hinein, zuerst theils senkrecht (St. tuberculata, calathifera, sarana), theils schief nach unten (St. thuringiaca), sind aber dar- auf stets im Bogen nach oben gerichtet; zurückgeschlagene Deck- blätter, die sich nicht aufwärts wendeten, giebt es nicht; Annu- laria refleva bei Sternberg ist ein Bruchstück von Stachannularia, verkehrt gezeichnet. Je nachdem aber die Blättchen am Grunde steil abstehen oder schief nach unten gerichtet sind, können durch den eigenthümlichen Erhaltungszustand zwei besondere Erschei- nungen hervorgerufen werden. Es kann beim Aufspalten nur rechts und links an jedem Knoten ein Blättchen stehen bleiben (Taf. III Fig. 5 u. s. w.) oder die Blättchen legen sich auf der 6 Stachannularia. breiten Vorderseite platt auf und bedecken Axe und was an die- ser sich befand (Taf. II Fig. 4). Eine grössere Anzahl der Blätt- chen eines Quirles gelangt indessen nicht selten recht deutlich zur Wahrnehmung. Ein Mittelnerv kommt wohl jedem Blätt- chen zu, allein seine Deutlichkeit hängt davon ab, ob man die Aussenseite oder den Abdruck der Innenseite vor sich hat. Form, Anzahl und relative Grösse der Blätter begründen verschie- dene Arten. In günstigen Fällen kann man die Insertion der Blätter an kleinen runden Närbchen erkennen, welche in der Gliederung sichtbar werden (Taf. III Fig. 4). Dieselben dürften wohl noch dem obersten Theile des Axengliedes unter ihnen an- gehören, wie in der That aus Stücken hervorgeht, bei denen man die unmittelbare Fortsetzung der Blattfläche oder ihres Abdruckes in die darunter befindlichen Rippen oder Furchen verfolgen kann und wie es der Blattstellung bei Equisetum entspricht. Die Stellung der Blattnarben oder der Blätter zu den Rippen und Furchen der Axenglieder konnte bei unserm Materiale nicht völlig sichergestellt werden. Renault beschreibt dieselbe nach verkieselten Exemplaren von Autun derart, dass die Blätt- chen in die Rinnen der Internodien fallen, die Rinnen und Rippen der benachbarten Glieder dagegen nicht alterniren (wie bei Equi- setum), sondern über die Gliederung fortlaufen, also auch die Blättchen der benachbarten Blattquirle nicht alterniren, sondern senkrecht übereinander stehen. Obschon meine Untersuchungen sich auf dieselbe Art wie bei Renault erstrecken (S%. tuberculata — Annularia longifolia bei R.), so kann ich dies nicht in glei- cher Weise bestätigen, überhaupt kein ganz festes Verhältniss zwischen Blattstellung und Berippung finden, wenn auch ange- nähert das Renault’sche Ergebniss richtig sein mag. Jedenfalls war gerade bei den best erhaltenen Stücken der St. tuberculata die Anzahl der Blättchen stets grösser als die der Rippen oder der Furchen und näherte sich sogar der doppelten Anzahl, so dass sowohl Rippen als Furchen Blätter zu tragen scheinen. In- dessen stehen die Narben oft zwischen beiden und lassen einen gesetzmässigen Zusammenhang mit den Längsrippen nicht erkennen (Taf. III Fig. 4). Vermuthlich ist der Grund die unvollkommene Stachannularia. 7 Ausbildung der Längsrippen selbst, deren Zahl man häufig gar nicht sicher bestimmen kann, weil zwischen stärkere und deutliche Rippen sich nicht selten schwächere und weniger deutliche ein- schalten. Uebrigens findet sich eine gleiche Unregelmässigkeit der Berippung auch bei andern Calamarientypen, so bei Archaeocala- mites radiatus, wo die Furchen nicht gar selten nicht einfach fort- laufen, sondern in dem einen Internodium zahlreicher als im andern, auftreten. Zwischen den Blattwirteln, in der Mitte des Internodiums oder in seinem oberen Theile befinden sich die Organe, welche zur Befestigung der Sporangien dienten. Die letzteren waren nämlich nicht, wie die ältere Vorstellung annahm und manche Figuren es in entschiedener Weise darstellen, sitzend im (innern) Blattwinkel, auch nicht im äussern Winkel angeheftet, wie Feist- mantel neuerlich wollte, sondern es waren besondere Träger vorhanden, an welchen die Sporangien sich anhefteten. Aber diese Träger treten merkwürdiger Weise bei ein und derselben Species eines und desselben Fundortes, ja an einem und demselben Pflan- zenindividuum mit so bedeutenden und überraschenden Verschie- denheiten auf, dass man die zwei Hauptformen, wo sie einzeln vorkommen, für genügend erachten würde zur Aufstellung zweier Gattungen. Was Renault uns (1873) kennen lehrte und was der Verfasser etwa gleichzeitig darüber mittheilte, entspricht den beiden scheinbar unvereinbaren Modificationen, welche gefun- den werden. ! Renault zeigte, dass je zwischen zwei Blattwirteln aus der Axe, wirtelförmig gestellt, besondere spitz auslaufende Stielchen hervorbrechen, welche in alternirender Stellung mit den Blättern sich befänden und die- Sporangien paarweise, je eins oben und: unten, trügen. Diese erste Form der Befestigung war auch dem Verfasser bei seiner ersten vorläufigen Mittheilung über die Fructi- ficationen der Steinkohlen-Calamarien in einzelnen Aehren, die übrigens sich nicht unterscheiden liessen, bereits bekannt, aber solche Aehren glaubte er wegen dieser Abweichung zur Gattung Calamostachys rechnen zu müssen, wo in gleicher Weise solche stielförmige Fruchtträgersäulchen aus der Mitte der Internodien “ 8 Stachannularia. hervorkommen. Die Träger bilden theils schmale lineale Säul- chen, theils sind sie am Grunde breiter und im Ganzen lanzettlich. Sie stehen senkrecht ab, an der Insertionsstelle gehen sie mit breiter werdendem Fusse bogig in die Rippe der Axe, auf welcher sie stehen, über (Taf. IH Fig. 3, 12B), sind fein längsgestreift und die Streifung folgt auch der Verbreiterung am Fusse des Säulchens nach oben und unten (Fig. 12B). Da diese Form der Träger sich ganz ebenso bei Calamo- stachys wiederholt, so kann man sie auch passend den Calamo- stachystypus desselben nennen. Ausser der beschriebenen kommt aber noch eine zweite Form der Träger vor, welche namentlich bei den Stücken der St. tuber- culata von Manebach vorwaltet. Hier findet sich unter den Blatt- wirteln ein flacher dreieckiger, meist etwas nach unten gebogener Körper, welcher mit breiter Basis aus den Rippen des Axenglie- des hervorgeht und den Raum von der untern Insertionsstelle bis ganz oder fast zum Blattkreise hin einnimmt. Seine Form ist pas- send mit der eines Rosendornes zu vergleichen, bald breiter (Taf. I Fig. 1, Taf. III Fig. 6, 7), bald schmaler (Taf. I Fig. 2C); die verschiedenen Detailfiguren der ersten 3 Tafeln geben ein Bild ei- niger seiner Abänderungen. Der untere Rand des dornenförmigen Körpers befindet sich stets in etwas mehr als halber Höhe des In- ternodiums bis noch über 3 desselben (Taf. III Fig. 5). Dieser Träger zerfällt jedoch in zwei wesentlich verschiedene Theile. Der wichtigste davon ist der untere schmale Saum, welcher durch feine longitudinale Streifung der Oberfläche vor dem übrigen brei- teren und glatten Theile sich hervorhebt und sich wie ein dünnes Stielchen ausnimmt, das an seiner Oberseite flügelartig oder dor- nenförmig erweitert ist. Dieser gestreifte stielartige Theil ist mit dem Säulchen der zuerst genannten Art der Träger zu vergleichen und bildet wohl auch den eigentlichen Träger der Sporangien. Er steht steil vom Axengliede ab, verläuft aber am Grunde nur nach unten bogig in die Rippe des Axengliedes, während er auf der obern Seite, wo der flügelartige Fortsatz sich befindet, plötzlich recht- oder etwas spitzwinklig abgeht (Taf. I Fig. 2A u.B, Taf. DI Fig. 4—7). Ist die untere Krümmung am Fusse stärker, so bil- = Stachannularia. 9 det seine ganze untere Contour einen concaven Bogen, gleichwie der Anfang des Umrisses eines grossen Sporangiums. Und wenn dann an Exemplaren wie Taf. I Fig. 2 diesem Bogen der entge- gengesetzte des nächst tieferen Deckblattes gegenübersteht, so könnte man auf den ersten Blick leicht beides zusammen als den Durchschnitt einer runden Frucht ansehen, hat es wohl auch frü- her so angesehen und darauf die ältere Annahme gegründet, dass bei Annularienähren die Sporangien in den Blattwinkeln ständen. Die flügelförmige Erweiterung auf der Oberseite des gestreiften Trägers ist glatt, höchstens faltig oder wellig gestreift (Taf. III, Fig. 4, 6), öfters etwas convex oder von sehr verschiedener Breite; nur wenn sie breit und gewölbt ist, wird das Aussehen dem eines Sporangiums ähnlich (Taf. III Fig. 6 etec.). Dass die Träger, welche Form sie auch hatten, wirtelför- mis am Internodium standen, folgt direct aus den Präparaten Re- nault’s, welche Querschliffe zeigen; ebenso aus dem in Taf. III Fig. 12 abgebildeten Stück, wo die Trägersäulchen theils vollstän- dig, theils in punktförmigen nebeneinanderliegenden Spuren sicht- bar sind. Fig. 12 A giebt das Profil des Stückes zwischen a und db an, die 3 Punkte rechts neben der flachgedrückten Axe liegen auf einer schiefen Fläche und sind Theilchen dreier weiter links ne- beneinander entspringender Träger. Indirect geht aber die Kreis- stellung der Träger aus den von ihnen auf der Axe hinterlas- senen Spuren hervor. Die Stelle nämlich, wo das Säulchen oder der gestreifte untere Rand des dornenartigen Trägers entspringt, ist da, wo jene nicht mehr vorhanden sind, durch schwache punkt- förmige Vorsprünge oder Höcker markirt, so dass bei der ge- wöhnlichen Erhaltungsweise, wenn der vordere Theil der Axe von allen appendiculären Organen entblösst vorliegt, in der Höhe der Insertion der Träger eine schwache Anschwellung quer über das Glied läuft, welche mit einer freilich nur angedeuteten Quergliede- rung sich vergleichen lässt (Taf. III Fig. 5, 6 etc.). Diese leichte Höckerreihe findet sich theils genau auf der halben Höhe des Axen- gliedes, theils merklich höher, auf ?, 2, 3 der Höhe und vielleicht noch höher. Es ist auch bemerkenswerth, dass gerade die Träger mit verbreiterter Basis vorzugsweise höher inserirt sind als die säu- 10 Stachannularia. lenförmigen. Der unterste Rand der dreieckigen Form des Trägers steht übrigens stets ein wenig tiefer als die Höckerspuren. In ein- zelnen Fällen ist die Anschwellung durch etwas Kohlensubstanz vertreten, welche hier hängen geblieben ist, während sie sonst ge- wöhnlich fehlt (Taf. III Fig. 4). Uebereinstimmend ist bei beiden Modificationen der Träger vs ihre Befestigung auf den Rippen der Axe, und insoweit die Deck- blättchen wirklich in den Rillen stehen, wechseln also die Träger mit den Blättern ab. Bei der Erhaltung im Schieferthon ist es schwer, hierüber Sicheres auszumachen, namentlich da auch die dornenförmig breiten Fruchtträger nur punktförmige Ansatzstellen hinterlassen, die geflügelte Fläche derselben sich nicht markirt. Die beiden Typen der Fruchtträger haben noch andere Unter- schiede im Bau der Aehrentheile, nämlich bezüglich der Sporan- gien im Gefolge. Diese stehen, wie auch Renault aus seinen Präparaten schliesst, an den säulenförmigen Trägern zu zwei am Säulchen, dagegen findet sich an den rosendornförmigen nur je eins auf der untern Seite. Die Sporangien sind kreisrund oder etwas elliptisch, auch birnförmig, das obere mitunter etwas kleiner als das untere, linsenförmig. Das Letztere, dass die Dicke geringer ist als Breite oder Länge der Sporangien, geht aus solchen Lagen des Sporangiums hervor, wo es wie in Taf. III Fig. 5 querge- stellt und daher nur im Durchschnitt erscheint; auch Renault’s Figuren zeigen den linsenförmigen Durchschnitt der Sporangien seiner verkieselten Exemplare. Die Oberfläche erscheint, wenn sie gut erhalten ist, unter der Lupe sehr fein gezeichnet, theils durch bogig verlaufende Linien, theils durch Punkte von Wärz- chen grubig oder höckerig. Befestigt sind die Sporangien wohl nur an der Spitze des Trägers, wenn sie sich auch demselben oft in der ganzen Länge anschliessen; Taf. III Fig. 5 lehrt dies be- sonders gut, die Sporangien haben dort eine Wendung um die Spitze ihres Halters gemacht und zeigen sich im Querschnitt. Sie lösten sich aber sehr leicht ab, und man findet daher sehr oft die Träger ohne Sporangien. Dass die beiden Trägerformen nicht, wie man glauben möchte, zwei verschiedenen Gattungen angehören, sondern an derselben Stachannularıa. 11 Pflanze vorkommen, das lehrt ein glücklicher Fund, den die Samm- lung der Bergakademie bewahrt. Das auf Taf. II Fig. 1 abgebil- dete, schon wiederholt citirte Exemplar zeigte ursprünglich nur auf der in der Tafel dargestellten Vorderseite eine Aehre, diese mit meist ziemlich schmalen rosendornförmigen Fruchtträgern, welche nach rückwärts gekrümmt sind. Die Rückseite wurde später durch Meisseln blosgelegt und es kam dabei eine zweite Aehre am Stamm zum Vorschein, welche säulenförmige Fruchtträger statt der dor- nenförmig verbreiterten enthält (s. das Nähere unten in der detail- lirten Beschreibung des Stückes). Es bleibt somit kein Zweifel mehr übrig, dass beide Formen vereint vorkommen und also nur eisenthümlichen Ausbildungsweisen in den Reproductionsorganen entsprechen. Zur Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinung der zweierlei Trägerformen mit den sie begleitenden Unterschieden im Auftreten des Sporangium wird man nach Prof. Strasburger (s. Zeitschr. a. d. geol. Gesells. 1876 S. 164) annehmen können, dass in jener zweiten Form der Träger nur ein Fall vorliest, wo das untere Sporangium allein sich vollkommen entwickelt, während das obere verkümmert oder fehlschlägt und mit den Säulchen zu einem Kör- per verwächst. Der obere glatte Theil des Trägers der zweiten Form ist danach aus dem obern Theile des Sporangialblattes phytoge- netisch hervorgegangen und bleibt in seiner Entwicklung auch in- sofern hinter dem unteren zurück, als er nicht die Oberflächen- zeichnung des letzteren annimmt, soweit meine Beobachtungen rei- chen. Wollte man versuchen, die 2 verschiedenen Trägerformen auf sexuelle Unterschiede, Sporangien mit Micro- und Macrospo- ren, zu beziehen, so fehlt doch dafür der thatsächliche Anhalt, und die Strasburger’sche Erklärung scheint besser annehmbar. Danach wäre es auch gar nicht undenkbar, dass man an ei- ner und derselben Aehre beide Trägertypen vereinigt finden könnte: breite Träger mit einem und schmale mit 2 Sporangien. Indessen wenn es auch mitunter so scheint, als habe beides vorgelegen, so ist doch bei genauer Ansicht es stets zweifelhaft geblieben, und die Fructificationsweise jeder einzelnen Aehre konnte doch immer nur auf einen Typus zurückgeführt werden. Durch mehr oder weni- 12 Stachannularia. ger günstige Erhaltung kann man wohl einen Augenblick getäuscht werden, allein wenn man sich an die deutlichen und gut erhalte- nen Stellen hält, so wird man doch nur entweder den einen oder den andern Modus wiedererkennen, und Fälle, wo man beides zu sehen meint, leiden sehr an Unbestimmtheit. Auffallend ist die Thatsache, dass der eigenthümliche Typus der rosendornförmigen Träger mit nur einem Sporangium noch so verhältnissmässig selten beobachtet worden ist, insofern alle Exem- plare von Stachannularia tuberculata mit der bezeichneten Bildung bis jetzt fast nur dem Fundorte Manebach bei Ilmenau angehören, wo sie allerdings häufig sind. Ausserdem glaube ich die Erscheinung nur bei einem oder dem andern Exemplare von Saarbrücken wie- derzufinden (Taf. I Fig. 1, wohl auch Fig. 3), doch von geringe- rer Deutlichkeit. | Hierbei sei noch der neuesten Mittheilung von Renault (Comptes rendus 1876 No. 17, 24. Apr. S. 992) Erwähnung ge- than, wonach bei gewissen Aehren von Autun oder St. Etienne, welche Brukmannia Grand’ Euryi genannt wird, die Sporangio- phoren sich abwärts in senkrechte Scheidewände verlängern und durch diese mit dem oberen Blattkreise verschmelzen, was der ro- sendornförmigen Erweiterung der Ilmenauer u. a. Exemplare ent- spricht. Beiderseits der Wand sollen je 2 Sporangien angeheftet sein. Die zu erwartende ausführliche Mittheilung hierüber wird uns des Nähern belehren. *) *) In anderer als der geschilderten Weise vermag der Verfasser die von ihm beobachteten zahlreichen Fälle nicht anzusehen. Doch soll nicht unerwähnt blei- ben, dass von anderer Seite ihm jüngst Einwände erhoben sind, wonach die Exi- stenz rosendornförmiger Träger als eine durch Druck und Verschiebung hervor- gerufene Täuschung erklärt würde, so dass der obere breite Flügeltheil ein wirk- liches, weder mit der Axe noch mit dem Säulchen verwachsenes Sporangium sei. Diese Auffassung kann ich deshalb entschieden nicht theilen, weil sie den unzwei: felhaft beobachtbaren Formen der geschilderten Theile nicht entspricht, und ich niemals in den klaren Fällen, wo das untere Sporangium fehlte, irgend eine auf ein freies oberes Sporangium zurückführbare Erscheinung, z. B. das Herübergreifen desselben über das Säulchen auf die andere Seite (was doch zu erwarten wäre, wenn nur durch Verschiebung das letztere auf das erstere gelangt sein sollte) ge- sehen habe. Dagegen besitzt der dornenförmige Träger die verschiedenste Breite, die Breitseite oft nur als verhältnissmässig schwache Verbreiterung seines Fusses u 1 An Stachannularia. 13 Die Wirtelstellung der Reproductionsorgane, der Träger mit ihren Sporangien, muss auch aus anderen Stücken geschlossen wer- den, welche oben nicht Erwähnung fanden; so aus dem Taf. I Fig. 4 abgebildeten Stück, wo die Sporangien der untern Wirtel noch kreisförmig nebeneinander befindlich sind. Zugleich lehrt das Stück sehr gut, wie die Sporangien nicht in den Blattwirteln, son- dern höher standen; die Träger selbst sind nicht besonders gut er- halten und konnten daher in der Zeichnung nicht wiedergegeben werden. — Anderen Erhaltungszustand zeigen die Stücke auf Taf. HI Fig. 8— 11, wo die untere Hälfte des Blattquirles ohne die Spitzen erhalten ist und unter den weggebrochenen Spitzen die Sporangien (Fig. 10) oder die Träger (Fig. 8) zum Vorschein kommen. Ein Exemplar von derselben Erhaltung hat Feistman- tel in Palaeontogr. 23. Bd. Taf. 17 Fig. 1 gezeichnet. Auch diese Stücke liefern eine Einsicht in die Organisation der Aehren, deren Darstellung allerdings von der älteren ziemlich abweicht. Geschichtliches. Um ein Bild von dem Gang unserer Er- fahrungen über die jetzt Stachannularia genannten Aehren zu erhal- ten, genügt es, auf Folgendes zu verweisen. Die älteste Abbildung und Erwähnung eines hierher gehörigen Restes, und zwar von Manebach, also wahrscheinlich derselben Pflanze, welche Sternberg über 100 Jahre später Brukmannia tuberculata nannte, findet sich, so viel mir bekannt, 1709 ın My- lius Memorabilium Saxoniae subterraneae pars I. Fol. 19 Fig. 9 u. S. 50: „eine gantz unbekandte Frucht, welche so eigentlich nicht zu benennen“ (nämlich nicht nach einer jetzt lebenden Pflanze zu benennen). Die Abbildung ist erkennbar, zeigt Bracteen und Spo- rangien, aber in umgekehrter Stellung. Der Fundort ist klassisch geworden, denn von hier rührt ein nun zu erwähnender Rest her, welcher nächstdem durch Schlot- heim abgebildet und bestimmt wurde, wenigstens halte ich, was ausgebildet, die Spitze mehr oder weniger weit frei lassend, so dass an einer flügelförmigen Verbreiterung des säulenförmigen Trägers nach oben, die verschieden stark sein kann, nicht zu zweifeln ist, auch wenn man die obige Strasburger’sche Erklärung nicht annimmt, sondern etwa, wie Renault, an kammartige Lamellen denken will. 14 Stachannularia. er 1804 in seinen Beiträgen zur Flora der Vorwelt Taf. I Fig. 2 abbildet und S. 31 erkennbar beschreibt, für eine nur nicht sehr genaue Darstellung der St. tuberculata, im Vergleich mit welcher die seines Vorgängers Mylius besser ist. Erst später (1820) hat er den Rest in seiner Petrefaktenkunde Calamites interruptus mit benannt. Als Brukmannia tuberculata bezeichnete Sternberg (Flora d. Vorwelt, I. Bd. S. XXIX u. 40, Taf. 45 Fig. 2, 1820 — 1825) a einen ihm von Geh. Rath v. Göthe mitgetheilten Rest, eine Aehre, angeblich aus der Kupferschieferformation, indessen wahrscheinlich wieder, wie wohl allgemein angenommen wird, aus den Steinkoh- lenschichten von Manebach. Jedoch muss man die Angabe „tu- bereulis in axillis inferioribus foliorum“, und dass runde, übrigens nicht gezeichnete Körper „unter jedem Wirtel zu beiden Seiten“ bemerkbar seien, mit Rücksicht auf die umgekehrte Stellung, in welcher er das Stück (wie Mylius das seinige) abbilden liess, verstehen. Schon früher (ebenda Taf. 19 Fig. 5 S. XXXIu. 28) stellte er ein hierher gehöriges Bruchstück von Radnitz verkehrt dar, und nannte es Annularia reflewa. Als Aehre ist in beiden Fällen der vorliegende Pflanzentheil nicht aufgeführt worden. — Dagegen ist Brukmannia tuberculata wegen der Namengebung wich- tig geworden, insofern ein Theil der Palaeontologen sich gewöhnt hat, diesen provisorischen Namen für ähnliche Dinge zu gebrau- chen. Aber wie schon oben erwähnt, muss man den Gattungs- namen gänzlich fallen lassen. Denn Sternberg wendete ihn zu- erst für Drukmannia rigida und tenurfolia (ebenda Taf. XIX Fig. 1 u. 2) an, welche wir seit Brongniart’s Vorgang beide als un- fruchtbare Stengel zu Asterophyllites rechnen. Es sind also ganz verschiedene Dinge unter Brukmannia verstanden, und diese Gat- tung selbst nicht irgendwie genügend fixirt worden. Von dem Au- genblicke an, wo man in ihr Aehren erkannte, tritt das Bedürfniss und das Recht einer andern Namengebung ein, sei es, dass die hier vorgeschlagene gewählt werde, oder dass sie einer andern Platz machen müsse. Dies wird nämlich zuletzt offenbar nur von dem endgiltigen Nachweis abhängen, mit welchen bekannten sterilen Pflanzenresten sie zusammengehöre. Stachannularia. 15 Brongniart in seinem Prodrome (1828) führte die Brukman- nia tuberculata als Asterophyllites tuberculatus auf, worin ihm ver- schiedene andere Forscher folgten; es war also auch damals noch nicht die wahrscheinliche Zugehörigkeit zu Annularia, vielleicht nicht einmal die Aehrennatur allgemein angenommen. Aber auch im Tableau des genres des veg. foss. (1849) noch belässt Bron- gniart diese mit andern Resten wegen Mangels hinreichend be- stimmter unterscheidender Charaktere bei Asterophyllites, welche er wie Annularia etc. zu den Gymnospermen stellt. Erst 1873, ge- legentlich der Mittheilung einer Arbeit Renault’s über Annu- laria, scheint auch Brongniart sich der Ansicht, dass jene Aehren zu Annularien gehören, zugeneigt zu haben. In Deutschland war man wohl zuerst zu der Ansicht gelangt, dass Brukmannia und Annularia zusammengehören. Sehr bemer- kenswerth ist in dieser Beziehung, dass Gutbier (in Oken’s Isis, 1837 S. 435) sich schon dahin ausspricht, dass entgegen der An- sicht von Brongniart, Annularia „starke, aufrecht stehende Stämme mit Scheiden, mit gegenständigen Aesten gehabt habe, an deren Stämmen feine Aehren hafteten“. Dies würde ausserdem auf die Vereinigung von Annularia mit Equisetites lingulatus und Stachannularia hinauslaufen. Dieser Ansicht entsprechend zeichnet Germar (Stk. v. Wet- tin u. Löbejün II, 1845, Taf. IX. Fig. 4) eine Aehre und stellt sie zu Ann. longifolia. Auch Geinitz (Verst. d. Steink. in Sach- sen, 1855) vertritt dieselbe Ueberzeugung, welche in Deutschland später allgemein getheilt worden zu sein scheint. Er giebt an, dass dies aus Exemplaren des mineral. Museums zu Dresden her- vorgehe, wo Aehren aufbewahrt würden, die den Gliederungen des Stengels entsprossten. Es bezieht sich dies wohl auf ein später von Stur (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1874 S. 169 und 175) citirtes Exemplar, welches dem auf unserer Taf. II Fig. 1 ähnlich beschrieben wird. In wie weit aber die vermuthete Zugehörigkeit dieser Reste zu Annularia wirklich hieraus folge, ist schon oben erörtert worden. Unter den älteren Mittheilungen über die Organisation der Stachannularien findet sich ein kleiner Fortschritt unserer Kennt- 16 Stachannularia. nisse in Lindley’s fossil flora of Great Britain vol. III. (1837), wo als Asterophyllites tuberculatus eine gestielte Aehre (tab. 180) abgebildet wird, die wohl zu unserer Gattung gehören mag, wäh- rend sie Geinitz zu Asteroph. foliosus stellt. Später erst (wenn man von Mylius absieht) wurden wieder Exemplare mit Früchten (Sporangien) gezeichnet und gelangte so durch Germar, Geinitz u. A. das zur bildlichen Darstellung, was Sternberg schon andeutete. Danach aber und vorzüglich nach dem viel eitirten und auch copirten Stück bei Geinitz, Stk. Sachs. Taf. 18 Fig. 8 von Oberhohndorf, musste sich wohl die Meinung verbreiten, dass die Sporangien zweizeilig gewesen seien und in den Blattwinkeln sitzend befestigt wären. Das Wettiner Original zu der Germar’schen Abbildung (a. a. ©. Fig. 4) lässt jetzt genau erkennen, dass die grossen, in den Blattwinkeln ge- zeichneten Körper in 2 von einem Säulchen gehaltene Sporangien zerfallen, das Säulchen in der Mitte des Axengliedes inserirt. Leider ist aber gegenwärtig das schöne Zwickauer Stück aus der Freistein’schen Sammlung, die nach Mittheilung von Gei- nitz zum grossen Theil zerstört worden und deren Rest in die Richter’sche städtische Sammlung in Zwickau gelangt ist, in letz- terer nicht mehr aufzufinden gewesen, obschon der Custos dieser Sammlung, Herr Dr. H. Mietzsch, sich sehr darum bemühte, so dass eine erneute Untersuchung daran nicht mehr möglich war. In meiner foss. Flora d. jüng. Steinkform. u. d. Rothlieg. im Saar -Rheingebiete (1870) S. 130 erklärte ich jene Zweizeiligkeit der Sporangien bereits als fraglich und erwähnte eines Stückes von Ilmenau, das jetzt in Taf. I Fig. 4 abgebildet vorliegt, woran die Kreisstellung der Sporangien deutlich sichtbar ist. Die Erhebung der Sporangien über die Blattwinkel in Folge ihrer eigenthümlichen Befestigungsweise wurde damals bezüglich ihres Grundes noch nicht erkannt, sondern ihrem Ablösen aus den Blattwinkeln beim Aus- fallen zugeschrieben. Das Gleiche sah wohl auch O. Feistman- tel (Abh. d. k. böhmischen Gesellsch. d. Wissensch. vom Jahre. 1871—72), indem er ausspricht, dass die Sporangien an den äus- sern Blattwinkeln, also an der Spitze der Internodien, befestigt seien. Dasselbe wiederholt er auch in seinen spätern Schriften, Stachannularıa. 17 zuletzt noch in seinen „Verst. der böhm. Kohlengebirgsablagerun- gen“ (Palaeontogr. 23. Bd., 1875), hat aber die Träger der Spo- rangien auch gegenwärtig noch nicht wahrgenommen. Die Entdeckung der Träger, woran die Sporangien befestigt waren, ist schon oben erwähnt worden; danach sind die beiden verschiedenen Formen derselben etwa gleichzeitig publicirt worden, nämlich durch Renault (in den Annales des sciences natur. Bo- tanique 1873, tome 18) der Calamostachystypus, durch den Verfas- ser (vorläuf. Mittheil. über Fructificationen der fossilen Calamarien, Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch. 1873 S. 256) der zweite Ty- pus. Musste es damals erscheinen, als hätten verschiedene Gat- tungen den beiden Beobachtern vorgelegen (was der Verfasser in der That auch annahm), so konnte erst durch Auffindung beider Typen an derselben Pflanze diese Frage als erledigt angesehen werden, wovon die erste Mittheilung in Zeitschrift d. d. geol. Ges. 1876 S.164 gemacht wurde. Inzwischen hatten auch Andere be- reits sich von der Erscheinungsweise der Stachannularien von Ilmenau überzeugt und zum Theil darüber berichtet, wie Stur 'ın den Verhandl. d. geol. Reichsanst. 1874. Ueber den innern Bau der Aehrenaxe hat seither nur Re- nault Untersuchungen anzustellen vermocht (a. a. O.), durch ver- kieselte Exemplare dazu in den Stand gesetzt, welche Herr Grand- Eury zu Autun gefunden, und hat den Equiseten-artigen Bau daran nachgewiesen (vergl. auch Strasburger, Bericht in der Jenaer Litteraturzeitung Jahrg. 1874 Artikel 71). : 1. Stachannularia tuberculata Stbg. sp. Ele Ro 2 4: Tars1le Bro. 13 u Srlinks, Dat. IN Ri. 3 10u/12. Spicae verticillatae, elongato-cylindratae, graciles, caudae simi- les, anguste articulatae; internodia axis plerumque compressi br e- viora vel paullo longiora quam lata. Bracteae numerosae, Fortasse 24 vel 30 (32?) in verticillum dispositae, primum sub angulo recto egredientes, tum arcuatim sursum versae, breves, internodit sequentis basin attingentes vel paullo breviores, lineales vel 2 18 Stachannularıa. lanceolatae, saepius ad apicem dilatatae, mucronatae, tenwssime stria- tae vel laeves, costa media vix notata vel nulla (?). Sporangiophora spinaeformia, acute triangularıa, aut columellam angustam formantia. Aehren wirtelständig, lang-cylindrisch, schlank, ziemlich schmal, eng gegliedert; die meist breitgedrückten Axenglieder kürzer oder etwas länger als breit, im Mittel quadratisch erscheinend. Deckblätter zahlreich, wohl 24 bis 30 (32?) ım Quirl, zuerst rechtwinklig abstehend, dann bogig aufwärts gerichtet, kurz, die Basis des nächsten Gliedes erreichend oder kürzer, lineal oder lanzettlich, öfters (bei guter Erhaltung) an der Spitze breiter und mit Spitzchen versehen, sehr fein gestreift bis glatt, Mittel- rippe kaum bemerklich (fehlend?). Sporangienträger dornenförmig- dreieckig, spitz, oder säulenförmig, schmal. Man hat diese Reste in neuerer Zeit gewöhnlich unter Annu- laria longifoha aufgeführt oder dazu gezogen, weil sie zugleich mit dieser auftretend gefunden worden sind. Man hat auch die Aehren in Verbindung mit den beblätterten Zweigen der Annularia longi- Folia zu sehen geglaubt, später dies jedoch als Täuschung erkannt. Der directe Beweis ist daher noch nicht geliefert worden, dass beiderlei Pflanzenreste derselben Art angehören; ja sogar, dass die Aehren zur Gattung Annularia gehören, beruht, wie oben gezeigt, noch auf Vermuthung und es ist schon angeführt worden, was sich gegen diese Ansicht sagen liesse. In manchen Gebieten, wo die St. tuberculata vorkommt, ist von Annularien nur die A. lon- gifolia allein bekannt oder andere aufgezählte Species (wie A. flo- ribunda, fertilis, spinulosa) werden nicht als selbständig betrachtet. Dann bleibt freilich keine Wahl, wohin man jene Aehren rechnen solle, falls sie eben Annularienähren sind. Indessen stehen der un- bedingten Annahme dieser Einreihung doch einige Bedenken ent- gegen. Es finden sich eine Anzahl verschiedener Formen der Aehren, die zwar alle zu derselben Gattung zu gehören scheinen, aber im Uebrigen so verschieden sind, dass man sie nicht ohne Willkür vereinigen kann, und es werden daher in der vorliegen- den Abhandlung mehrere Species aufgestellt. Es ist nun zwar nicht ohne Analogie in der heutigen Flora, dass 2 nahe verwandte Pflanzen sich specifisch nur durch ihre Fructificationsorgane unter- Stachannularia. 19 scheiden lassen, nicht zugleich oder nicht ebenso gut durch ihre andern Organe; indessen wird man hierdurch doch zu der Ver- muthung geführt, dass auch im der Sammelspecies A. longifohia mehrere Arten begriffen sein mögen, die sich nur schwierig oder gar nicht völlig von einander abgrenzen lassen, ausser eben durch die Aehren. Aus diesen Gründen können wir die Stachannularia tuberculata nicht ohne Weiteres mit Annularia longifolia vereini- gen und man wird gut thun, von der typischen A. longifolia ab- weichende Blattformen getrennt zu halten. Typisch für die Art ist Sternberg’s Brukmannia tuberculata, daher hauptsächlich die bei Ilmenau vorkommenden Aehren, und danach würden die langgeschwänzte Form derselben, ihre gedrun- genen, kurzen und dicken Axenglieder, ihre verhältnissmässig kur- zen und zahlreichen Bracteen besonders gute und specifische Kenn- zeichen bilden. Wegen der Details der Art ist auf die Einzelbeschreibung be- sonders wichtiger Exemplare, welche unten folgt, zu verweisen; hier nur das allgemeinere Ergebniss daraus: Die Quirlstellung der Aehren folgt aus dem Original, das Taf. II Fig. 1 abgebildet wurde, es würde aber daraus noch nicht die gleiche Stellung der andern Aehrenspecies zu schliessen sein. Die grösste Länge der gefundenen Bruchstücke ist 130"", die längste von Geinitz abgebildete, scheinbar vollständige Aehre war 125”"” lang, was indessen noch nicht das Maximum gewesen sein mag. Das unterste Glied bildet den Aehrenstiel und ist 10 — 15”” lang, während die folgenden beträchtlich kürzer, von 4 — 6"" Länge bei 3— 6" Breite angetroffen wurden. Die breitesten Glieder be- finden sich in der Mitte der Aehre, wo die Breite der zusammen- gedrückten Glieder ihre Länge um 7, bis 3 übertrifft; nach oben und unten werden die Axenglieder etwas schmäler, so dass sie bis 2 höher als breit erscheinen. ”) Die Längsrippen der Axe sind stets deutlich, nicht selten nach oben stärker als nach unten; Rip- *) Selbstverständlich muss man sich bei Maassbestimmungen genau davon überzeugen, dass vollständige Theile vorliegen, resp. diese herauspräpariren. DE 20 Stachannularıa. pen und Riefen der benachbarten Glieder treffen stets senkrecht aufeinander; ausserdem ist oft feine Längsstreifung wahrzunehmen. Die Quergliederung ist sehr ausgeprägt, und manchmal zeigt sich das Axenglied in der Gliederung ein wenig angeschwollen. Die Deckblätter, welche nach dem Abfallen bisweilen kleine runde Narben hinterlassen, zeigen sich in ihrer Stellung und Grösse sehr constant. Für ihre Befestigung und Stellung zur Axe ist z. B. Taf. I. Fig. 2, Taf. U Fig. 1—3 u.5 links charakteristisch; auch dass sie mit ihrer Spitze die Höhe des nächsten Axengliedes kaum erreichen, ist hier besonders deutlich. Nur selten sind sie anfäng- lich etwas nach abwärts gedrückt, richten sich jedoch sehr bald wieder bogig nach aufwärts (Taf. I Fig. 3). Die Form der Deckblättchen ist nur selten ganz gut und vollständig erkennbar und ist dann die in den etwas idealisirten Figuren Taf. I Fig. 5 und Taf. II Fig. 6 dargestellte keil-lanzettförmige (s. Taf. II Fig. 3). Gewöhnlich ist nicht der ganze Umriss der Blättchen erhalten und dann erscheinen sie mehr lanzettlich bis lineal, oder wenn nur der Längsbruch sichtbar ist, sehr schmal linienförmig. Auch dass der Mittelnerv nur selten wahrnehmbar ist, hat ım Erhaltungszustand seinen Grund, wie schon bei den Gattungs- merkmalen besprochen wurde. Die Deckblättchen bilden an der Spitze der Aehre einen knospenförmigen Schopf, indem sie bogig zusammenneigen (Taf. I Fig. 3) und zeigen so zugleich das eigen- thümliche Wachsthum dieser Aehren, indem stets das oberste Glied erst nach erlangter fast normaler Grösse neue Glieder ent- wickelt. Die Anzahl der Blättchen in einem Quirl lässt sich so wenig genau festsetzen als die Zahl der Rippen der Axe. Ich fand auf einer Seite der breitgedrückten Axe bisweilen nur 6, aber auch 8 bis 10 Rippen und im halben Quirl zum Theil nur 10, aber öfter 12 bis 15 Blättchen. In allen Fällen sind die Blättchen zahlreich und verhältnissmässig schmal. Von den Fruchtträgern und Sporangien gilt, was schon bei Besprechung der Gattung mitgetheilt wurde; gerade die St. tuberculata liefert ja auch hauptsächlich die Beiträge zur Kenntniss der Organisation der Gattung. Die dreieckigen, am Grunde ver- ‘ Stachannularia. Dil breiterten Träger stehen im Allgemeinen höher als die säulen- förmigen, letztere fast genau auf halber Höhe des Axengliedes. Jene wurden von 2,3 bis 3,5"" Länge gefunden, diese bis 3". Die Sporangien, wo sie vollständig erhalten schienen, fanden sich von 2 bis 4”® in ihrer grössten Dimension. Beschreibung einzelner wichtiger Stücke. 1) Taf. II Fig. 1. Ein Stück von Ilmenau, Stamm mit zwei Aehren, die beide verschiedene Sporangienträger zeigen; Mahr’sche Sammlung der Bergakademie. — In einem grössern Gesteinsstück befindet sich der hier nur von einer Seite abgebildete Rest. Es ist ein 10m langes, etwas zusammenge- drücktes Stammstück von 35" Breite bei 14” Dicke mit zwei noch ansitzen- den Aehren, aber ohne Blätter. Das Stämmchen trägt am obern Ende einen als ringförmige Anschwellung hervortretenden Knoten von 40"M srösster horizon- taler und 6" ® verticaler Breite. Gleich unter dieser Verdickung beginnen Längs- rippen und Furchen des Stengels, die an ihrem obern Ende ziemlich ähnlich wie bei manchen Calamiten in Kerbspitzen verlaufen, über den ganzen übrigen Stamm aber mit der bei Asterophylliten gewöhnlichen geringen Schärfe sich hinziehen. Die noch theilweise vorhandene Kohlenhaut ist dünn und fast glatt. Der Ring zerfällt durch kurze senkrechte, aber schwache Furchen in fast rechteckig geglie- derte Felder von 24 bis 34"m Breite, wovon auf der Figur nur einige ange- deutet sind. Hierin gleicht das Stück dem sog. Equisetites lingulatus Germar (l. c. Taf. X, Fig. 1). — Das Stück wird dadurch sehr merkwürdig, dass von dem gegliederten Ringe noch zwei wohl erhaltene Aehren fast rechtwinklig ab- gehen, von denen die eine auf der abgebildeten Vorderseite, die andere auf der entgegengesetzten Seite sich befindet, beide sich nicht genau gegenüber, so dass es unzweifelhaft ist, dass die erwähnten, durch Furchen geschiedenen Felder des Ringes von ebenso vielen, abgefallenen Aehren herrühren, also die Aehren quirl- förmig und in grösserer Zahl an der Gliederung befestigt waren. Die vordere Aehre hat eine Länge von l114"m, die andere von 116%, indessen sind wohl beide nieht bis zur Spitze vollständig erhalten. Die letztere wurde erst nach- träglich durch glückliches Spalten blossgelegt. Beide Aehren stimmen in Befesti- gungsweise, Form, Gliederung und Beblätterung überein, zeigen jedoch in Bezug auf die Fruchtträger gewisse gewichtige Unterschiede. Die vordere Aehre beginnt mit einem 10" langen und (in der Mitte) 3,5 um breiten Gliede der zusammengedrückten Axe, das als Stiel der Aehre sich betrachten lässt; derselbe setzt sich aber unmittelbar in die gegliederte Axe fort, indem schon sein 4,5=m breites oberes Ende einen Quirl von Deckblättchen trägt gleich jenem der übrigen. Die folgenden Glieder bleiben alle kürzer als das Stiel- glied und werden etwas breiter. Durchschnittlich beträgt die Länge eines der Aehrenglieder, deren 21 auf 100,5®m kommen, 4,8"m; die breitesten sind bis 23 Stachannularıa. Gmm hreit und liegen vor der Mitte der Aehre. Rippung und Furchung der Axe ist wie immer vorhanden, am Steinkern deutlicher als auf der Kohlenhaut; man zählt zum Theil deutlich 8 Rippen auf der sichtbaren Hälfte der Axe. Die Deck- blättehen sind ebenfalls ganz normal, bogig abstehend, die Höhe des nächsten Quirles erreichend, gedrängt, ihre Zahl jedoch nicht näher festzusetzen. Bei Weitem das grösste Interesse beanspruchen an dem vorliegenden Stücke die Fruchtträger am obern Ende der Axenglieder, welche jederseits zu je einem frei liegen, natürlich aber wie die Blättchen quirlförmig standen, nur sind allein die seitlichen erhalten, die mittleren weggebrochen, daher scheinbar zwei- zeilig. An der abgebildeten Vorderseite des Stückes treten die Fruchtträger als etwas schmale, spitz-dreieckige und gebogene, rosendornförmige Körperchen auf, etwa wie in Fig. 6 oder 7: Länge etwa 2,5 WM, Breite am untern Ende 1,3 bis 1,6 mm, Die Spitze ist scharf, nach rückwärts geneigt, der ganze untere Rand oft stark concav gekrümmt Am untern Rande macht sich ein schmaler gestreif- ter Saum bemerklich von fast durchweg gleicher Breite, der an der Basis stets nach unten gekrümmt ist und bogig in die Rippen des Axengliedes verläuft, während der ganze übrige Theil glatt und manchmal etwas gewölbt ist. Die leichte Längsstreifung des untern Saumes dieser Träger lässt denselben wie einen stielförmigen mit dem obern glatten verwachsenen Theil erscheinen, seine Anhef- tungsstelle liegt stets etwas über der Mitte des Axengliedes. An der Spitze des Trägers findet sich öfters ein fadenförmiger Fortsatz, mitunter an seiner Stelle auch ein Fragment eines breiteren Körpers, beides wohl nur Reste des hier be- festigten Sporangiums. Bei der zweiten, auf der andern Seite des Stückes befindlichen Aehre ist das Stielglied der Axe 14,5"Wm lang; von den meisten übrigen Theilen gilt im Wesentlichen dasselbe wie vorher. Um so auffallender ist, dass sich hier ein recht bedeutender Unterschied in den Fruchtträgern findet. Dieselben erschei- nen nämlich durchaus deutlich an einer Reihe von Gliedern nur als dünne Stiel- chen, welche steil abstehen, fein längsgestreift sind, in eine feine Spitze auslaufen, an der Basis dagegen sich verbreitern, indem sie nach unten sehr stark bogig in das Axenglied übergehen, nach oben etwas schwächer, etwa wie es Fig. 12B auf Taf. III angiebt. Sie sind bis zu 3Wm lang. Spuren von Sporangien finden sich auf ihrer untern Seite, kaum etwas auf der obern, wo das Fehlen der breiten Dornfläche des Trägers, wie bei der andern Aehre, besonders auffällt. Dieser Umstand ist sehr wichtig und dürfte nur durch die obige Annahme erklärlich sein, dass überhaupt der obere flügelartige Fruchtträgertheil nichts anderes sei, als ein umgewandeltes Sporangium oder Theil des Sporangialblattes, welches in andern Fällen nicht mit dem stielförmigen Theile verwächst, wie es eben hier oder in der Achre Fig. 12 Taf. III geschehen ist, Stachannulara. 23 Isolirte Aehren mit rosendornförmigen Trägern, von Ilmenau. 2) Taf. I Fig. 2. — Axenglieder gedrungen, 5,3" lang und 5 WM breit; Deckblätter kurz, bogig nach oben gerichtet. Das Stück gehört zu den Abände- rungen, wo die Fruchtträger (A) verhältnissmässig hoch stehen, nämlich in etwa #3 der Höhe oder noch höher beginnen; daher auch die anadrome Verbreiterung der Träger nur schmal (Fig. 2A u. B), zum Theil kaum bemerkbar (Fig. 2C), wenn letzterer eng an den obern Blattquirl angedrückt ist. Die rückläufige Bogenlinie der Träger mit den entgegenkommenden Bogen des nächst tieferen Blättehens bilden nahezu einen Kreis, so dass man beim ersten Anblick den Durchschnitt grosser kreisförmiger Sporangien zu sehen glaubt. Aber an mehrern Stellen erkennt man letztere noch mehr oder weniger vollständig, je eins an einem Träger, an der Spitze etwas zusammengezogen (Fig. 2C), bis 4%® im Durch- messer und mit grubig-linürter Oberflächenzeichnung. Taf. I Fig. 4. — 15 vollständige Glieder sind 75”"® lang, durchschnittlich also 5um auf 1 Glied. Breite an einer Stelle 6"Wm, im Uebrigen ist nicht die ganze Breite entblösst. Blattnärbchen in den Gliederungen hier und da deut- lieh. Fruchtträger nur an einzelnen Stellen erkennbar, in $ der Höhe des Gliedes beginnend, auch noch etwas höher und hier auf den mittleren Rippen Höckerchen hinterlassend, fein gestreift, bogig nach unten in die Rippe überge- hend, oberwärts mit glattem, schmalem, rosendornförmigem Felde als flügelartige Erweiterung. Kreisrunde bis elliptische Sporangien befinden sich mehrere neben einander auf der untern Seite der Fruchtträger, von einer Grösse bis 3,300, z. Th. bei 2,6mm Breite. Die besser erhaltenen sind etwas runzelig oder höckerig gestreift, die übrigen glatt. Zwischen ihnen und dem nächst tieferen Blattquirl bleibt stets ein freier Zwischenraum, welcher beweist, dass die Sporan- gien nicht im Axenwinkel der Blättehen, sondern höher befestigt waren. — Neben der Aehre liest, wie so oft, ein beblätterter Zweig von Annularia longifolia, deren Blätter 2mm Breite haben, wovon der Mittelnerv allein die Hälfte einnimmt; sie endigen mit scharfer Spitze. Ihre ringförmige Verwachsung am Grunde ist besser zu sehen als in der Figur. Taf. II Fig. 3. — An diesem Stück sind besonders die Deckblättchen voll- ständig und die Träger sehr gut zu sehen. Längs eines Gliedes durchschnittlich 5,1mmM, seringste Breite in der Mitte 2,7mm, grösste Breite am Knoten 3,1”; deutlich sind 6 Längsrippen auf der breitgedrückten Seite. Die Quergliederung ist durch Furchen sehr markirt, worin die Blättehen stehen, welche mit ihren Bogen einen Quirl von 10 bis I1”m Weite bilden und mit den Spitzen nicht ganz die Höhe der nächsten Gliederung erreichen. Die obersten beiden Wirtel zeigen die Abdrücke der Innenseite sehr vollständig, daher die oben beschriebene schmal keilförmige Gestalt mit aufgesetztem Spitzchen. Mittelnerv nicht erkennbar, nur zarte Längsstreifung. Man sicht 8 getrennte Blättehen und die Spuren anderer 24 Stachannularıa. so dass 10 bis 12 im Halbquirl gestanden haben. Fruchtträger wohl erhalten, von Rosendornform. Ihr oberer Rand geht genau vom äussern Bracteenwinkel aus, der untere beginnt ein wenig über der Mitte des Gliedes und zwar verläuft derselbe mehr oder weniger stark bogig nach unten, so dass sein Ursprung manch- mal etwas unbestimmt wird; doch wo er sich rechtwinklig vom Axengliede zu entfernen beginnt, hinterlässt er auch Spuren seiner Insertion als schwache Höcker- chen, welche nur bei günstiger Beleuchtung deutlich erscheinen. Der untere Rand gestreift, das obere Feld glatt, wie gewöhnlich; beide Ränder treffen sich spitz in Y,5mm Abstand; Spitze meist auch rückwärts gerichtet. Uebrigens ist die Axe, so weit die Träger reichen, stärker gerippt, unterhalb derselben verwischt sich die Berippung. Taf. II Fig. 2 mit Taf. III Fig. 6 und 7. — Ein Stück, dem vorigen ähnlich. Gliederlänge 4,1"m, Breite 3,2", Fruchtträger zum Theil sehr deut- lich, 2,5 mm lang, ziemlich breit, convex (Fig. 6) oder im Abdruck concav (Fig. 7), ihr unterer Saum längsgestreift; die Insertionsspuren sehr wenig über der Mitte des Gliedes. Zum Theil sind auch dieSporangien erhalten und noch in Verbin- dung mit ihren Trägern, das besterhaltene 22% im Durchmesser, fast glatt; bei nicht zu starker Vergrösserung und guter Beleuchtung bemerkt man eine sehr zarte warzig-lniürte Oberflächensculptur, die den Trägern fehlt, übrigens so fein ist, dass sie auch in den Vergrösserungen nicht wiedergegeben werden konnte. Die Sporangien sind nur an der Spitze der Träger angeheftet, sonst frei. Taf. II Fig.5 links. — 16 Glieder von 5"m Länge, die untern 4,5, die obern 3,5%” breit. Blätter nur im Längsschnitt zu zwei erhalten, aber von ganz normaler Stellung und Grösse. Die Axenglieder tragen in nicht ganz $ der Höhe die schwachen Anschwellungen, von den Trägern herrührend, deren gestreifter unterer Saum am Grunde stark umgebogen ist, sonst steil absteht. Die scharfe Spitze verlängert sich oft in einen feinen Faden, der im Bogen nach unten läuft, sich auch spaltet und Aehnliches zeigt wie Taf. III Fig. 5, nämlich Reste eines Sporangiums im Durchschnitt. Taf. III Fig. 4. — Von einem 130mm langen Stück einer Aehre mit 24 wohl erhaltenen und 3 bis 4 nur spurweise vorhandenen Gliedern. Im untern Theile beträgt die durchschnittliche Länge der Axenglieder 4,6 WM, jim obern 4,5 mm; die grösste Breite von 5Wm besitzen die im mittlern Theile; diese Breite nimmt aber nach oben und unten ab bis 3,7mm, Daher erscheinen die Glieder in der Mitte des Stückes fast quadratisch, aber quer verbreitert, die nächsten darüber (dabei das abgebildete) völlig quadratisch, die folgenden noch höher gelegenen fast quadratisch, aber etwas verlängert. Bei allen sind die Längsrippen sehr deutlich, 9 bis 10 an Zahl; manchmal sind zwischen stark hervortretenden Rippen noch 1 bis 2 schwache. Das senkrechte Zusammenstossen der Rippen je zweier be- nachbarter Glieder ist sehr scharf und deutlich, weil die Rippen nach beiden Enden ziemlich gleich stark bleiben. Ausserdem ist die Oberfläche fein liniirt. — In der Gliederung zwischen je 2 Internodien treten besonders deutlich die kleinen runden Blattnärbchen (n) auf, noch mit einem centralen Punkt versehen (Durchgang Stachannularia. 25 des Gefässbündels). Ihre Anzahl ist schwer festzusetzen; ich zähle an den brei- testen Gliedern bis 15, an den schmälern 10 bis 12; ihre Anzahl ist wohl sicher grösser als die der Längsrippen, was damit harmonirt, dass sie keine constante Stellung zu den Rippen bewahren, ebensowohl am Ende derselben, als (vorwie- send wohl) in den Rillen (des Abdrucks) oder seitlich von beiden auftreten. Die Blättehen haben ganz normale Form und Stellung, lassen im untern Theile des Abdrucks sehr schwach eine Mittelrippe und feine Liniirung erkennen. — Bei den unteren Gliedern erscheint kaum etwas über halber Höhe, bei den oberen merklich höher, eine Reihe von Höckerchen, welche sich gewöhnlich durch ein wenig an dieser Stelle haftengebliebene Steinkohle markirt, selten, wo die Kohle abgesprungen, als feines Pünktchen (n’) bezeichnet ist. Dies sind die Insertions- stellen der Fruchtträger und zwar ihres untern stielförmigen und längsge- streiften Theiles. Diese 2,5" langen Träger (t) stehen senkrecht von der Axe ab oder sind, vielleicht durch Druck, etwas nach unten gebogen. An ihrem untern Ende erweitert sich der gestreifte, stielartige Theil bogig nach unten, nach oben nicht, dagegen schliesst sich an ihn auf der obern Seite auf seiner ganzen Länge eine dreieckige, rosendornförmige Verbreiterung an, welche etwas gewölbt, glatt oder ein wenig fein und unbestimmt längsgestreift oder gezeichnet ist, so wenig- stens da, wo, wie an der gezeichneten Stelle, die Theile deutlich auseinander treten. An der Spitze des Trägers haftet nach unten je ein fast kreisrundes bis ellipti- sches Sporangium (s) von etwa 2,7mM Länge; dasselbe ist, wo die Oberflächen- structur erhalten ist, fein gezeichnet, von zarten streifigen Grübchen und Höcker- chen oder Wärzchen punktirt. Wo die Oberfläche nicht erhalten ist, bilden die Sporangien nur glatte oder wenig gestreifte Körper. — Im untern Theile häufen sich die Sporangien der benachbarten Träger, so dass es weniger gut möglich ist, über die Form der Theile bestimmte Ansicht zu gewinnen. Taf. HI Fig.5. — Von einem Stück mit 18 je 5"m langen Gliedern, die unten 3, oben 4,4mm breit sind, weshalb oben wohl erst der mittlere Theil der Aehre vorliegt. Riefen wohl 10, oben stärker, unten schwächer. Die Blätt- chen (b) sind zuerst ein klein wenig abwärts gebogen, dann aufwärts und über- schreiten kaum die halbe Höhe des Gliedes. Fruchtträger (t) nur an der Basis breit, sehr bald schmal zugespitzt, der untere Saum wiederum gestreift, an der Basis abwärts gebogen, so dass die Insertionsspuren der Riefen höher liegen als das unterste Ende des Trägers, welches auf $ der Höhe liegt. Die Träger sind 2,5 Um Jang; an ihrer fein auslaufenden Spitze findet man 1 bis 2 feine faden- förmige Linien (s) angehängt, die aus Kohlensubstanz bestehen und den mehr oder weniger vollständigen Querschnitt der Sporangien darstellen, welche linsenförmig gewesen sind und parallel der Axe von der Spitze des Trägers herabhängen. Diese ungewöhnliche Stellung haben sie vermuthlich nur einer halben Wendung um die Spitze ihres Trägers zu verdanken. Um übrigens diese Sporangienumrisse deutlich zu sehen, ist es selbstverständlich erforderlich, das Exemplar so zu dre- hen, dass man hinreichend günstige Beleuchtung erbält, um auch die aus schwarzer Kohlensubstanz bestehenden Linien zu erkennen. 26 Stachannularia. Ein andres Exemplar, wie das vorige aus dem mineralogischen Museum in Halle, zeigt an den 3,5 "m langen Fruchthaltern ganz besonders den gestreiften stielartigen Saum, welcher abwärts bis unter die halbe Länge des Internodiums herabläuft, oberwärts um 2 der Höhe grade absteht. Die daran schliessende membranartige Erweiterung ist glatt und erreicht zum Theil nieht ganz das obere Ende seines Axengliedes.- Isolirte Aehren, wie die vorigen, von Saarbrücken. 3) Taf. I Fig. 3. — Zwei fas parallele unvollständige Aehren bis 81,5 uw lang, mit knospenförmiger Vegetationsspitze. Die Axenglieder der voll- ständigeren Aehre haben bei 4,8"m Länge bis 5,2"M Breite im untern, 3,2 im obern Theile; der untere Theil der Bruchstücke ist mithin wohl der mittlere Theil der Aehren. Internodien und Bracteen wie bei den Ilmenauer Stücken, nur letztere flacher in Folge anderer Erhaltung. Von Fruchtträgern und Sporangien nur Fragmente vorhanden. Danach stand der untere stielartige Rand des Trägers über der halben Höhe des Gliedes (ist aber nur als leichter Eindruck erkennbar, in der Figur nicht); die Verbreiterung des Grundes scheint ziemlich breit gewesen zu sein. Manchmal bedecken grössere Körper den ganzen Raum zwischen 2 Blatt- quirlen. — Der nebenbei liegende Blattwirtel mag wohl 12 Blätter gehabt haben und gehört nicht zu Ann. longifolia; doch kommt letztere in Saarbrücker Schich- ten vor. Isolirte Aehren mit säulenförmigen Trägern und zwei Sporangien. > 4) Taf. III Fig.3, von Zwickau. — Von einem 64mm Jangen Aehrenstück ganz von der gewöhnlichen Tracht der Stach. tubereulata. Glieder 4,0mm Jang und bis 5,4 "m breit, längsgerippt und fein gestreift. Sporangien, von denen man deutlich zwei, aber nirgends mit Sicherheit mehrere bemerkt, 2,3mm im längern Durchmesser, auch mehr; mit zierlich gezeichneter Oberfläche, theils gestrichelt, theils wellig linüirt. Blätter rudimentär; die Zeiehnung wurde nach den deutlichen Stellen componirt. 1 Taf. III Fig. 12, von Manebach. — Das Stück zeigt die schmalen Träger- säulchen in ausgezeichneter Weise. Axe gmm breit, Glieder im Mittel 5,6 8m hoch, die Breite war an zwei Stellen ganz erhalten. Man bemerkt 10 Längsrippen, welche in der Mitte am kräftigsten sind, besonders nach unten sich verflachen (Fig. 12C); in $ der Höhe haben sie die stärkste Anschwellung (Fig. 12B). Bei genauer Betrachtung unter der Lupe findet man ähnlich Fig. 4 kleine Närbehen in der Gliederung, meist in den Rillen des Abdrucks; eine solche zeigt Fig. 12C. Die Trägersäulchen stehen sehr wenig über der Mitte des Gliedes, etwa 2,4mm lang, auf den Rippen. Sie verbreitern sich nur an der Basis ein wenig nach beiden Seiten, sind fein gestreift und die Streifung geht in die des Axengliedes über, wie Fig. 12B zeigt. Da die (in der Zeichnung helle) Fläche schräg liegt, Stachannularia. 97 so kommen theilweise 3 Träger nebeneinander spurweise als 3 Punkte zum Vor- schein, wie im obern Theile rechts. Ein Exemplar von Studnioves bei Schlan in Böhmen (Hangendes vom obern Flötz daselbst) in der Sammlung der Bergakademie, vom Verfasser gesam- melt, lässt ebenfalls grade dünne stielförmige etwa 2um Jange Träger erkennen, welche fast genau in der halben Höhe eines Gliedes stehen. Die Internodien sind sum Jang, Zum breit, die Blätter zahlreich, erreichen kaum die Länge eines Gliedes. Zu dieser Reihe gehören auch die Exemplare von Autun, welche Renault beschrieb. Seine Beschreibung enthält folgendes Wichtige: Die Axe des Fruchtstandes zeigt im Wesentlichen denselben sehr elementaren Equiseten-arligen Bau wie die Stengel der Annularien. Die Axe ist hohl, Quer- scheidewände wurden nicht bemerkt; sie wird zunächst von einem Ring von rectangulären Zellen und Gefässen gebildet, welche dem Holzgewebe entsprechen. Darin liest ein Kranz von hohlen Kanälen (16 — 20), welche allein von Gefäss- bündeln umgeben werden, deren Elemente theils gestreift sind und in die Blätter gehen, theils auch spiral- oder ringförmig sind. Die äussere Partie ist der Rin- dentheill und wird von dünnwandigen Zellen gebildet. — Die Axenglieder sind bis 5 oder 6=M breit und etwas länger. Die Bracteen lancettlich, dick, innen oder oben gerundet, einnervig, der Nerv vorspringend, der Saum nach oben breiter werdend. Die quirlständigen Träger sind Säulchen, senkrecht abstehend, spitz, mit je einem Sporangium oben und unten. Diese sind Säckehen von etwa 2m Höhe, 7% Dicke und 1,3" Durchmesser und enthalten kuglige, 0,1"m grosse Sporen; die Hülle ist eine netzförmige Membran von polyedrischen Zellen. *) 2. Stachannularia calathifera n. sp. Taf. II Fig. 11. Spica breviter articulata, Stachannulariae tuberculatae simils, bracteis latioribus numero minoribus carinatis praedıta, carına validissima, sporangia internodü apiei inserta. Aehre der Stachannularia tuberculata ähnlich, mit breiteren und weniger Deckblättchen, welche als Mittelrippe einen sehr kräftigen Kiel besitzen; Sporangien unter der Spitze des Axengliedes angeheftet. *) Während des Druckes dieses Bogens geht mir ein Aufsatz von Prof. Schenk in der botan. Zeit., 25. Aug. 1376, über Annularia durch des Autors Güte zu. Da mithin weder eine Abänderung des Obigen, noch eine Besprechung seiner theilweise abweichenden Ansicht (bezüglich der rosendornförmigen Träger) an dieser Stelle mehr möglich war, so kann die obige Untersuchung nur in ihrem ur- sprünglichen Gewande und wird damit auch ihre Selbständigkeit gewahrt erscheinen. 28 Stachannularia. Das einzige vorliegende Bruchstück zeigt am Grunde ein Stück des 5"m breiten Aehrenstieles. Es sind 13 fast genau gleich lange Glieder vorhanden von 5,1”” Länge. Nur der unterste Halbquirl ist vollständig und lässt 9— 10 Blättchen erkennen, die der übrigen sind durch den Bruch des Gesteins links nicht vollzählig. Die einzelnen Blättchen zeichnen sich durch ihre Breite (von 2”” und darüber) und ihren ausserordentlich kräftigen kielartigen Mittelnerv aus. Der letztere tritt viel mehr hervor als die Ränder der Blätter, welche nur als schwach eingedrückte Linien erscheinen; öfters setzt der Kiel auch da noch weiter fort, wo die übrige Blattmasse weg- gebrochen ist. Die Erhaltung entspricht nämlich ganz der von Taf. III Fig. 9 von Manebach, der obere Theil der Blättchen ist meist verschwunden, während der ganze Halbquirl von aussen sicht- bar ist, so dass an der Spitze die Sporangien zum Vorschein kommen, wie es die Vergrösserung 11A wiedergiebt. Von Trägern der- selben ist wenigstens nichts Deutliches zu sehen. Die Länge der Deckblättchen ist wohl ungefähr die eines Axengliedes. Breite, geringere Zahl und kielartiger Mittelnerv der Bracteen unterscheiden die Art von St. tuberculata. Vorkommen. In glimmrigem sandigem Schieferthon der Grube Reden, Schacht Itzenplitz bei Saarbrücken, mittlere Saar- brücker Schichten. Im Besitz des Verfassers. 3. Stachannularia sarana n. sp. Taf. Tg 1. Spica ejusque awis gracilis; internodia multo longiora quam lata, canaliculata; bracteae elongatae, lineali-lanceolatae, paten- tissimae, internodio longiores, haud numerosae, nervo medio inconspicuo; sporangiophora spinaeformia, late triangularia, rostrata, lateribus laevibus, margine inferiore tenuissime striato. Aehre und dessen Axe schlank; Axenglieder viel länger als breit, gerippt; Deckblätter verl ängert, linien-lanzett- förmig, abstehend, länger als ein Glied, gering an Zahl, Mittelnerv nicht deutlich (fehlend ?); Träger der Sporangien dor- nenförmig, breit dreieckig, schnabelartig, mit glattem Seitenfeld und fein gestreiftem unteren Rande. he u Stachannularia. 99 Wie bei der vorigen Art liegt nur das abgebildete Bruch- stück vor, welches sich von St. tuberculata in vielen Stücken unter- scheidet, näher sich an St. thuringiaca anschliesst. Es hat 10 Glie- der von durchschnittlich 6,2”® Länge, die obern sind ein wenig kürzer; Breite 3"=; man zählt bis 6 Rippen auf der sichtbaren Seite eines Gliedes. Von den Bracteen ist nur am untern Ende des Stückes ein grösserer Theil des Wirtels mit 5—6 Blättchen erhalten, im Halbquirl mögen wohl kaum mehr, höchstens 8, vorhan- den gewesen sein; sonst finden sich an jedem Knoten nur noch zwei Blätter. Sie sind am Grunde lanzettlich und werden sehr schmal und über 12”® lang, sind sehr fein längsgestreift, doch ist von Mittelnerv nichts kemntlich. Die Träger der Sporangien beginnen in halber Höhe des Axengliedes, sind zwar nur zu 2 an jedem Gliede, rechts und links, erhalten, haben aber auf den Rippen Spuren hinterlassen. Diese Träger sind ganz wie die dornenför- migen Körper der Stachann. tuberculata gebaut, nur sehr breit, fast papageienschnabelförmig, bis 3,3”” lang. Ihr breiter Flanken- theil ist glatt, convex gewölbt, und reicht an der Axe bis zum obern Blattkreise; der obere und untere Saum beschreibt einen nach der Aehrenspitze zu gewölbten Bogen und bildet so ein spitzes Dreieck mit einer convexen und einer concaven Seite. Der untere Bogen wird durch den schmalen fein gestreiften Saum ge- bildet, welcher die Columella in der Calamostachysform repräsentirt. Von Sporangien ist kaum eine Spur zu bemerken. Auf der Kehrseite des Stückes befindet sich ein Blattquirl von 23—24 Blättern einer Annularia, deren Blätter in der Mitte am breitesten (3,3”®), nach beiden Enden verschmälert und mit einem Mittelnerv versehen sind, welcher weit weniger breit und kräftig erscheint als bei der echten Annularıa longifolia. Gewöhn- lich werden solche Blätter zu letzterer Art gestellt, von der man sie indessen geschieden halten sollte. Vorkommen. Grube Gerhard bei Saarbrücken, Hangendes vom Üarlflötz in der Josephasohle, mittlere Saarbrücker Schichten. Eigenthum des Verfassers. v 30 Stachannulariıa. 4. Stachannularia (?) thuringiaca n. sp. Taf. II Fig. 4 u. 5 rechts. Spica elongata, breviter pedunculata; axıs internodia subaequrlata, paullulum longiora aut breviora quam lata; bracteae numerosae, angustae, lanceolato-Llineares, acumıinatae, mediocostatae, primo reflexae, demum autem patentes vel subrectae, hamı- Formes, longitudine articulos 2—3 superantes. Sporangia inconspicua eorumque sporangiophora nondum cognıta. Aehre verlängert, kurz gestielt; Axenglieder etwa gleichbreit, nur wenig länger oder kürzer als breit. Deckblättchen viele, schmal, lineal-lanzettlich, zugespitzt, mit Mittelnerv, zuerst stark herab-, dann bogig aufwärts gerichtet oder abstehend, daher hakenförmig, zwei- bis dreimal so lang als ein Glied und darüber. Sporangien undeutlich, deren Träger nicht bekannt. Eine ganz vollständige Aehre liegt nicht vor; aber theils solche mit der knospenförmigen Endspitze (Taf. II Fig. 5) theils mit der untern Hälfte (Fig. 4) und dem etwas kolbigen kurzen Stiel. Die Aehren erscheinen gestreckter als St. tuberculata und recht kräftig, ausserdem lang beblättert, wodurch sie sich sofort bei allen Exemplaren, die ich sah, von St. tuberculata unterscheiden lassen. Das längste Bruchstück war 112”® lang, daran das Stielglied 9”, dieses, wo die Blättchen beginnen, 4,5"® breit. An den ab- gebildeten Exemplaren ist die Axe durch die Blättchen verdeckt, aber an anderen noch nahe der Spitze 4”” breit. Nur selten lässt sich sehen, dass sie längsgerippt und fein gestreift war. Länge der Axenglieder 3,4"”., Die untersten Deckblattquirle beginnen (s. Fig. 4) mit we- nigen aufrecht abstehenden kürzeren Blättern, die nächsten wer- den aber bald länger und sind dann (wie es scheint sehr constant und nicht blos in Folge von Druck) zuerst bis 2,5” weit nach unten gerichtet, biegen sich dann nach aussen und ziemlich flach- bogig nach oben, so dass der ganze Quirl umgekehrt die Form eines Kraters darstellen würde. Die langen Blättchen überragen trotz ihrer flachen Ausbreitung die Basis des nächsten Quirles und würden gleichmässig ausgestreckt die Basis des dritten höheren Quirles erreichen. Die Anzahl der Blätter scheint über 24 im Stachannularıa. 31 Quirl betragen zu haben. Ihre Knospenlage an der Spitze ent- spricht ganz der bei St. tuberculata. Als Sporangien finden sich runde Körperchen von 2,7" Durch- messer scheinbar in der Umbiegung der Deckblättchen, theils diese berührend, theils doch sehr nahe. Diese tiefe Lage ruft den An- schein hervor, dass ihre Früchte (wie bei Volkmannia) in den innern Blattwinkeln gesessen haben; indessen darf man sich dies wohl nur so denken, dass ihre Stellung durch die nächst höheren herab- drückenden Blätter hervorgerufen sei. In der That zeigte ein nicht abgebildetes Stück deutlich, dass mehrere solche runde Kör- per kreisförmig gestellt sind, sich theilweise decken und ihre Um- risse alle nach einer oberhalb gelegenen Anheftungsstelle verweisen, von der sie ausgehen, ähnlich wie bei Fig. 4 auf Taf. I. Die Träger sind aber nicht zu sehen, wahrscheinlich weil sie von den oberen Blättchen verdeckt werden. Hiernach ist die Gattung dieser Art zwar wahrscheinlich Stachannularia, jedoch nicht vollkommen sicher; indessen stimmt auch der ganze Habitus der Aehren vielmehr damit als mit Cala- mostachys, wozu man sie sonst nur rechnen könnte. Wollte man sie zur letzteren Gattung stellen, so würde sie besonders nahe an ©. germanica kommen (s. unten). Man könnte versucht werden, St. thuringiaca mit Asterophyl- lites equisetiformis zu vereinigen, insofern grade bei Ilmenau beide häufig sind und andre Aehren, welche auf letztere Art bezogen werden können, nicht bekannt sind. Bekanntlich ist auch dieser Asterophyllit mit seinen verdickten Gelenkflächen eine Pflanze, deren Abtrennung von Annularıa nicht ohne gewisse Gewalt er- möglicht und daher vielleicht auch provisorisch ist. Crepin (Bul- ‚letin de ’Acad. roy. de Belgique, 1874, extrait p. 9) spricht sich gelegentlich dahin aus, dass Ilmenauer und Wettiner Exemplare von Aehren aus der Sammlung von Ooemans, die als Annularia longifolia bezeichnet seien, zu Calamostachys eqwisetiformis gehör- ten. Vermuthlich sind dies Exemplare wie unsere St. thuringiaca. Vorkommen. Bisher nur bei Manebach mit St. tuberculata etc. zusammen. Calamostachys et Asterophyllites. 2. Calamostachys Schimp. Spicae in paniculi modum dispositae vel singulae (?), sessiles (?) vel petiolatae, petiolo non Foliato; elongato-eylindratae, haud magnae, breviter articulatae; awis internodia subgraciha; bractearum verti- cilla cum verticillis fertilibus alternantia; bracteae crebrae, ab articulationibus egredientes, lanceolatae, discretae, ex basi horizontali erectae; sporangia quaterna sporangiophorum columellaeformium apieci interdum (anne semper?) peltoideo adfixa, verticillata, superficie subverrucosa vel tenuiter decorata, elliptica; sporangiophora ex internodio perpendiculariter enata, certe 6 in quoque verticillo. Aehren in Rispen gestellt oder einzeln (?), sitzend (?) oder gestielt, mit unbeblättertem Stiel, länglich cylindrisch, aber ver- hältnissmässig klein, kurz gegliedert, Axenglieder schlanker als bei Stachannularia; Blattwirtel mit fruchttragenden ab- wechselnd; Deckblättehen zahlreich an den Gliederungen, lanzettlich, getrennt, aus horizontaler Basis aufrecht; Sporangien zu je 4 an säulenförmigen Trägern befindlich, an deren bis- weilen (oder immer?) schildförmiger Spitze angeheftet, wirtel- ständig, mit etwas warziger oder fein gezeichneter Oberfläche, elliptisch; die Träger aus dem Axengliede entspringend, senkrecht abstehend, wohl 6 im Wirtel. Diese zuerst von Schimper (traite I, S. 328) 1869 auf- gestellte Gattung sollte allerdings nur die Aehren von Calamiten Calamostachys. 89 bezeichnen, indem der Autor von der Ansicht ausging, dass zu den Calamiten sowohl die Asterophylliten als Zweige, als auch eine Reihe der sogenannten Volkmannien als Fruchtstände ge- hörten. Der directe Nachweis hierfür war indessen, mindestens die Zugehörigkeit von Calamostachys zu Calamites, bisher noch immer nicht gelungen;*) man kann also hierüber noch ver- schiedener Meinung sein, und eine Diagnose der Gattung lässt sich nicht dahin stellen, dass diese Aehren Calamitenähren seien, so wie man sie ebenso wenig hieran erkennen kann. Es kann sich daher bei Festhaltung des Namens nur um bestimmte Charaktere handeln, welche den Aehren selbst zukommen, nicht um ihren Ursprung. Diese Merkmale aber, welche als Gattungsmerkmale gelten müssen, stützen sich auf im Ganzen wenige hinreichend bekannte Funde. Jene von Ludwig (Palaeontographica Bd. X, 1856) aus Spatheisenstein von Hattingen a.d. Ruhr, von Carruthers (Seemann’s Journ. of Botany 1867 S. 349 Taf. 70) und Binney (Palaeontograph. Soc. London 1868), beide aus Lancashire, woher auch Schimper ein Stück abbildete, ergaben zunächst den Aus- gangspunkt für die Gattung. Zuletzt hat Williamson (on the organiz. of the foss. plants of the coal-measures. Philosoph. transact. of the Royal Soc. of London vol. 164 part. I, 1874 S. 41--81, Taf. I-IX) unter Anderem auch diese letztere Art neu und vor- treftlich untersucht. Die grösseren Aehren von der Ruhr nannte Carruthers Volkmannia Ludwigi (= Ualamostachys typica Schimp.), die kleinern englischen V. Binneyi (= Calamostachys Binneyana Sch. — Calamodendron commune Binney). Eine dritte endlich ist Volkm. Dawsoni Williamson (]. c.). Ausser jenen beiden Fund- orten lieferte nur noch ein Punkt am Plauenschen Grunde bei Dresden Aehren mit wohlerhaltenen solchen Theilen, welche für die Gattungsdiagnose vor allen wichtig sind, nämlich mit Sporangien und deren Trägern. Ein Exemplar, in Dresden aufbewahrt, hatte mir schon 1870 zur Entwerfung einer idealen Figur und einigen *) Es wird bei Macrostachya wahrscheinlich gemacht werden, dass eine Ab- ‘ theilung der Calamiten die dort zu bheschreibenden sehr verwandten Aehren getragen habe. 8 34 Calamostachys. Angaben gedient (s. Flora u. s. w. im Saar- Rheingebiete S. 108, 112 u. Taf. 18 Fig. 36). Die zuvorkommende Güte des Herrn Hofrath Geinitz hat es mir aber ermöglicht, jetzt eine sorgfältige Darstellung dieses und eines zweiten Stückes zu geben, die sich auf Taf. IV findet. Von anderen Beobachtungen an Calamostachys- ähren mit Sporangiophoren ist, soweit mir bekannt, kaum etwas zu verzeichnen. Wohl mag vielleicht hierher gehören, was W illiam- son als Calamopitus ebenfalls von Lancashire (Memoirs of the litt. and philos. Soc. of Manchester, IV. vol. 1871 S. 248 Taf. 7—9) beschreibt und abbildet, aber da diese Darstellung zum Theil sehr wesentlich von den übrigen abweicht (die Sporangienträger sollen aus den Deckblättern entspringen), so können gegenüber der Klar- heit der andern Exemplare in dieser Beziehung jene W.’schen ungleich weniger vollkommenen nicht wohl zu Grunde gelegt werden. Diese Aehren sind sämmtlich isolirt gefunden worden und es kann nach ihnen nicht einmal der Fruchtstand genauer angegeben werden. Schimper zieht aber zu diesen echten Calamostachys auch solche, deren Sporangienträger und auch Sporangien nicht gesehen wurden, sondern welche nur nach ihrer äussern Form und Tracht sich jenen anreihen. Es ist selbstverständlich, dass bei diesen die Einreihung in die gleiche Gattung fraglich er- scheinen kann. Bei ihnen ist dagegen der Fruchtstand vollständiger bekannt. Zur Vereinigung derselben mit jenen hat der Umstand wohl das Meiste beigetragen, dass man voraussetzen zu dürfen meinte, die Zweige, an welchen sie sich befanden, seien Astero- phylliten gewesen sowohl bei den oben aufgezählten vollkommener erhaltenen Exemplaren, als bei denen, wo die Befestigung der Sporangien nicht sichtbar war. Hiergegen lassen sich allerdings Einwendungen erheben. Denn es kann die Möglichkeit nicht be- stritten werden, dass Zweige von der Beblätterung der Astero- phylliten Aehren getragen haben, welche nach ihrem ungleichen Bau die Mutterpflanzen als verschiedenen Gattungen zugehörig er- weisen. So ist es wenigstens der Fall, wenn, wie man glaubt, Aehren existiren, bei denen die Sporangien sitzend in den Blatt- winkeln waren und die man früher vorzugsweise Volkmannia be- nannte, denn diese befanden sich wohl an Asterophylliten-artigen a 5 Calamostachys. * 35 Zweigen. So ist es aber sicher auch der Fall mit der Volkmannia elongata Presl auf unserer Taf. XV, welcher unzweifelhaft ein anderer Modus der Fructification zukommt, als allen Calamostachys. Der Name Volkmannia ist in den letzten Jahren in sehr ver- schiedenem und zwar in durchaus widersprechendem Sinne ver- wendet worden. Was Sternberg hierunter verstand, das sind, abgesehen von 2 Figuren zu seiner V. gracilis, allerdings Aehren oder ährenartige Körper von der allgemeinen Tracht unserer Cala- mostachys. Presl fügt für seine wichtigste Species, die V. elongata, hinzu, dass die Sporangien in den Blattachseln sässen. Dies Letztere ist nur von Einigen als Merkmal beibehalten worden; offenbar sind Andere davon abgegangen in der Erwägung, dass es sehr schwer sei, sich zu überzeugen, ob wirklich in den Blatt- winkeln sitzende Sporangien vorliegen oder ob nicht auch in solchen Fällen ein nur nicht sichtbarer Träger anzunehmen sei. Es er- scheint gegenwärtig das Beste, die in der Natur sich zeigenden Fälle — vielleicht zum Theil nur verschiedenen Erhaltungsweisen ihren Unterschied verdankend -- getrennt zu behandeln. Der Name Volkmannia kann offenbar nur noch auf solche Aehren An- wendung finden, welche — scheinbar oder wirklich — in den Blattwinkeln sitzende Sporangien zeigen und es ist wohl möglich, dass mit vollständiger Kenntniss unserer Reste der Name gänzlich verschwinden werde. Ihn im angedeuteten Sinne zu verwenden, ist indessen praktisch, aber damit scheiden auch alle echten Volk- mannien aus unserer Gattung Oalamostachys. Es bleibt somit nur eine Gruppe von Aehren übrig, die man unter dem Namen Calamostachys vereinigen kann, zugleich aber aus praktischen Rücksichten in 2 Reihen zu spalten gut thut. Die erste wird durch solche gebildet, bei welchen man säulenförmige Sporangienträger kennt, im Uebrigen von der Beschaffenheit, wie es die Diagnose angiebt, diese Reihe möge als Eucalamostachys kurz bezeichnet werden; die zweite dagegen besteht aus solchen, bei denen man die Befestigungsweise der Sporangien nicht nach- weisen kann, die aber sonst mit jenen stimmen und welche wir Paracalamostachys nennen können. Die Calamostachys sind meist verhältnissmässig kleine 3” 36 Calamostachys- schwache Aehren, oft schlank und zierlich, mehr als Stachannularıa. Dies zeigt sich im Einzelnen auch in der Axe, deren Glieder mehrmal länger als breit sind und daher nicht das gedrungene Ansehen der Stachannularien besitzen. Die Axe ist im Uebrigen wie bei jener mehr oder weniger stark mit Längsrippen und Furchen versehen, welche, nach dem Stück in Taf. IV Fig. 2 zu urtheilen, in den benachbarten Gliedern nicht alternirten, sondern wie bei Annularien auf einander stiessen. Indessen stimmt hiermit nicht, dass bei den meisten, wo dies untersucht werden kann, die Blätter der benachbarten sterilen Quirle mit einander abwechseln, nicht über einander stehen, so wenigstens bei ©. Binneyi und vielen der Reihe der Paracalamostachys. Bei den Exemplaren vom Plauenschen Grunde lässt sich leider dieser Punkt nicht erledigen. Eucalamostachys besitzt Wirtel von Deckblättern, welche nach Ludwig u. A. in der untern flach ausgebreiteten Partie mit ihren Rändern zu einer Scheibe scheidenförmig ver- wachsen wären; indessen werden wir unten sehen, dass die Blätt- chen getrennt waren. Das Gleiche gilt von Cal. mira des Plauen- schen Grundes (Taf. IV Fig. 1) entschieden ebenfalls und vielleicht für alle hier untersuchten Gattungen oder Aehren ausser Cingularia. Indessen stehen dem Angaben von Williamson bezüglich Cal. Binneyana und von andern Autoren entgegen (s. unten). Die fertilen Wirtel bestehen in Gruppen von Sporangien, welche wohl zu vier an je einem dünnen Säulchen haften, kreis- förmig darum gestellt, die wiederum einen zwischen die sterilen Wirtel gestellten Kreis bilden. Diese Säulchen entsprechen genau den säulenförmigen Sporangienträgern bei Stachannularıa und sind wie diese ungefähr oder genau in die Mitte zwischen zwei sterile Kreise gestellt, stehen senkrecht ab und ihr Fuss erweitert sich nach allen Seiten bogenförmig ein wenig. Ihre Anzahl mag 6 be- tragen, bei ©. mira wohl mehr, wie aus Taf. III Fig. 1 hervorgeht. Das Trägersäulchen endet nach den besterhaltenen Exemplaren in einer kleinen schildförmigen Verbreiterung an der Spitze, von der jedoch in andern Fällen nichts wahrzunehmen ist. Das Exemplar von der Ruhr zeigt dieselbe bestimmt, obschon sie von Ludwig noch nicht beobachtet wurde; auch Schimper zeichnet re en Calamostachys. "37 sie an seiner Achre von Dancashire nicht, während Binney und Carruthers Erweiterungen der Spitze darstellen. Ausser Zweifel aber stellt Williamson (Philos. transact. of London 1874 Taf. VI Fig. 36) das Vorhandensein der Schildchen an seinem Materiale wie bei Equisetum. Auf das Fehlen derselben bei den hier unter- suchten sächsischen Exemplaren darf mithin wohl kein grosses Gewicht gelegt werden. Bei den Paracalamostachys ist nur mitunter die Axe sicht- bar, man hat gewöhnlich die Ansicht der breitgedrückten Achre in ihrer Oberfläche. In allen Fällen, wo die Erhaltung genüste, wurde ein Abwechseln der Deckblattquirle beobachtet. An der Spitze der Aehre schliessen die Blättchen ebenfalls knospenförmig zusammen, aber jene ist spitzer als bei Stachannularia. Wichtig ist hier besonders der Blüthenstand; denn bei dieser Erhaltung findet man oft noch eine mehr oder weniger grosse Anzahl Aehren an den sie tragenden Zweigen befestigt. In einer Anzahl von Fällen, welche die vorwiegende zu sein scheint, ist die Stellung derart, dass sich 4 Aehren kreuzförmig an einer Gliederung finden und sich dies mehrmal hinter einander wiederholt. Dadurch wird eine Rispe oder ein Corymbus erzeust (Taf. XIII Fig. 1, Taf. XII Fig. 4 etc.), der wohl mit einer einzelnen Achre endet (s. Schimper, traite Taf. XXI Fig. 1, unsere Taf. XII Fig. 1A u. a. O.). Wo (wie in der citirten Figur bei Schimper) nur 2 gegenständige Aehren erscheinen, sind vielleicht die beiden anderen an demselben Quirl nur nicht erhalten geblieben oder stecken noch im Gestein, wenigstens sollte man sonst vermuthen, die Aehren der benachbarten Knoten müssten in abwechselnder Stellung sich befinden. In gewissen Fällen bemerkt man an den Gliederungen, aus welchen die Aehren sprossen, unter denselben einen Quirl von Blättern als Stützblättchen (Taf. X Fig. 1), in anderen nicht (Taf. XII Fig. 4). Der beschriebene rispenförmige Blüthenstand mag der normale bei dieser Gattung sein; es lässt sich gegenwärtig nicht ausmachen, ob derselbe ihr ausschliesslich zukomme oder ob auch einzeln oder gezweit an den Gliederungen auftretende, äusserlich gleich gebaute Aehren, welche man wohl finden mag, hierher gehören. Das schöne Stück auf Taf. XV (Palaeostachya) scheint zu beweisen, 38 Calamostachyes. dass solche Aehren abgetrennt werden müssen, wogegen andere Angaben (z. B. Crepin, fragments paleontol. in Bulletins de !’Ac. Belgique Nov. 1874 Tat. II Fig. 1—3 Calamocladus equwisetiformis Crepin) der Annahme einer verschiedenartigen Stellung der Aehren bei Calamostachys günstiger sind. A. Erste Reihe: Eucalamostachys. 1. Calamostachys Ludwigi Carr. Spica gracilis breviter pedunculata; awis internodia obconiformia, ad articulationes latiora; bracteae 12—16, saepius 15 in quoque verticillo, primum patentissimae, tum subito erectae, internodiü sequentis basin paullulum superantes, lanceolatae, mediocostatae, sub- striatae. Sporangiophora columellaeformia, sub angulo recto patentissima, tenwissima, ad apicem peltoideum sporangiis quatuor obovatis vel elliptieis instructa, sena in vertieillo. Aehre schlank, kurz gestielt; Axenglieder etwas umgekehrt kegelförmig, weil an den Knoten verbreitert; Deckblättchen 12—16, öfter 15 im Wirtel, zuerst senkrecht abstehend, dann plötzlich aufrecht gebogen, mit der Spitze die Basis des folgenden Gliedes ein wenig überragend, lanzettlich, mit Mittel- rippe, etwas gestreift. Sporangiophoren säulenförmig, recht- winklig abstehend, sehr dünn, an der schildförmig erweiterten Spitze 4 umgekehrt eiförmige bis elliptische Sporangien tragend, je 6 in einen Kreis gestellt. R. Ludwig, Calamitenfrüchte aus dem Spatheisenstein bei Hattingen an der Ruhr, Palaeontographica X. Bd. 1861 S. 11 Taf. I. W. Carruthers, on the structure of the fruit of Calamites. Seemann’s Journ. of Botany vol. V, 1867, $. 349. Hier wird den Resten zuerst ein Species- name (Volkmannia Ludwigi Carr.) gegeben. W. Ph. Schimper, trait& ete. I, 1869 $. 328 Taf. XXI Fig. 2—4 (Copie nach Ludwig). Unter Vereinigung mit Abdrücken von Radnitz, die durch von Ettingshausen beschrieben waren, wird von Schimper den west- phälischen Resten der Name Calamostachys iypica ertheilt. Die sehr dankenswerthe Gefälligkeit des Herrn Ludwig er- möglichte mir durch Zusendung dieses ausgezeichneten Stückes Calamostachys. 39 eine erneute Untersuchung, deren Ergebniss ich hier, soweit es zum zusammenhängenden Verständniss erforderlich, wiedergebe, indem ich mit Vergnügen hervorhebe, dass in den wichtigsten Punkten die ältere Beschreibung bestätigt wurde. Bei der Be- deutung, welche grade dieses Stück hat, erscheint die sorgfältigste Angabe aller Theile der Organisation geboten und dürfte um so mehr Werth haben, als es mir vergönnt war, durch Anfertigung von Querschnitten, zu denen der Besitzer mich ermächtigte, über einige Punkte völlige Klarheit zu erlangen. Die Erhaltung des Stückes ist der Art, dass eine dichte Spatheisensteinmasse überall eingedrungen ist, wo es möglich war, ausserdem die organische Substanz theilweise in Kohle sich um- wandelte, theilweise ganz verschwand, so dass manchmal nur Höhlungen oder der äussere Abdruck vorliegt, nicht selten jedoch die feinste. elementare Structur unter dem Mikroskop sichtbar wird. Die Aehren sind oben und unten durch den Querbruch be- grenzt, so dass das längste Bruchstück (Ludw. Taf. II Fig. 1 links) 5°" lang ist bei 8"® Breite. Die vollkommenste Erhaltung bezüglich der Axe zeigt die eben citirte Aehre. Die Internodien haben hier 3,7"® Länge, die geringste Dicke des Axengliedes am Steinkern liegt am untern Ende desselben und beträgt 1,4" der grösste Durchmesser am obern Ende mit 2,4”". Die Stengel- substanz war dünn, der Steinkern ist fein längsgestreift, eigentliche Rippen sind nicht ausgeprägt; an den Quergliederungen beträcht- lich. aufgetrieben, verläuft er horizontal abstehend in die Blätter. Die Aehren der gegenüberliegenden Seite (Fig. 2 bei Ludwig) zeigen viel dünnere Axen, doch ist nur eine davon im Steinkern erhalten (oben links, nach unten gebogen, hier vermuthlich einen kurzen Stiel von 1”” Dicke bildend, weiter oben dicker), die übrigen sind Hohldrücke, wobei nicht die ganze Breite der Axe erhalten ist. Wo übrigens an der citirten Aehre (Fig. 1 links) der Steinkern der Länge nach halb gespalten erscheint, kommt bis auf einen innern Kern von halber Dicke ein fasriges Gefüge zum Vorschein, nicht unähnlich einem Holzring, so dass nur der innerste Theil hohl gewesen sein mag, was auch die Querschnitte | bestätigen. 40 Calamostachys- Von der Axe stehen steil, fast oder genau senkrecht ab die Deckblattkreise, deren unterer Theil. horizontal bis 3”” sich von der Axe entfernt, sich dann plötzlich umbiegt und parallel der Axe bis etwas über den untern Theil des nächsten Blattwirtels hinaus fortsetzt. Die Blättchen sind theils im Längsbruch, theils im Querbruch als Abdruck des untern horizontalen Theiles (Fig. 3 _ bei Ludwig von unten im Abdruck der Innenseite gesehen, Fig. 4 von oben im Hohldruck der Aussenseite), theils auch, aber unvollständig, im Längsabdruck des vertical gerichteten Spitzen- theiles der Blättchen zu sehen (Fig. 1 links, weniger vollkommen). Aus der Betrachtung des Querbruchs geht hervor, dass der untere flach ausgebreitete Theil aus getrennten Blättchen bestand, nicht aus einer tellerförmig verwachsenen Scheibe; denn man sieht die concaven Abdrücke der Blättchen durch vorspringende Kanten des Gesteins deutlich getrennt, im Abdruck aber bestimmt und regel- mässig einen Mittelnerv, gegen welchen hin eine eigenthümliche feder- artige vom Grunde nach der Spitze convergirende Streifung gerichtet ist. Es würden also in der Ludwig’schen Fig. 7 die Radien die _ Mittelnerven und die weiss gebliebenen Stellen die Grenzen der Blättchen bedeuten. Nur wo die verkohlte Blattsubstanz noch er- ‚halten ist, besonders um die Axe herum, verwischen sich die Grenzen der Blättchen; wo der Abdruck vorliegt, ist bis auf die Axenhülle die Theilung scharf zu erkennen. Die grösste Breite der Blättchen beträgt an der Peripherie 1,4””. Bis hierher er- scheinen sie keilförmig, von da an im umgebogenen Theile lanzett- lich, längsstreifig, Mittelrippe hier nicht mehr so deutlich. Ihre Anzahl ist offenbar veränderlich; leider sind aber nur wenige der durch den Querbruch blossgelesten Blattkreise zum Zählen der Blättchen geeignet. Unter ihnen finde ich unzweifelhaft bei 2 Wirteln 15 Blättchen, bei einem 16, bei einem 12 und eine Lücke, worin nur noch 1 Blättchen gestanden haben kann, die übrigen lassen Unsicherheit zurück, ein Wirtel scheint nochmals 16 Blättchen zu besitzen. Danach ist wohl anzunehmen, dass: es 16 Blättehen im Kreise waren, die aber durch Wegbleiben ein- zelner sich bis 12 (13?) reduciren konnten. Dass die Blättchen der benachbarten Deckblattkreise alternirten, wie es Schimper Calamostachys. 4] für die Radnitzer, von ihm ebenfalls zu Calamostachys typica ge- stellten Aehrenabdrücke nachweist, ist sicher auch für diese Hattinger Aehren richtig. Aut halber Höhe der Axenglieder erheben sich kleine Säulchen von 3”® Länge als Träger der Sporenkapseln. Auf der Axe markiren sie sich durch kleine Vorsprünge auch da, wo sie ab- gebrochen sind; zur Seite des Längsbruchs treten sie als dünne hohle Eindrücke auf, die wie der untere Theil der Bracteen hori- zontal gerichtet sind; am Fuss ein wenig stärker als an der Spitze und allseits bogis in die Axe verlaufend. Von Quergliederung an dieser Stelle keine Spur. Bemerkenswerth, dass an ihrem Fusse stets ein kleiner Steinkern bemerklich wird, der theils weiter, theils weniger weit in der Axe des Säulchens verläuft und ähnliche innere Structur wie in den Gliedern andeutet. An der Spitze des Säulchens bemerkt man bisweilen eine kleine, aber schwache Verbreiterung. Es ıst an dem Handstück nicht unmittelbar und unzweifelhaft zu sehen, dass die Spitze sich bis zu einem vollständigen Schildchen erweitert, welches rechtwinklig auf dem Träger sitzt; dies wurde erst während der Anfertigung von Querschliffen bestimmt wahr- genommen. Die Anzahl der Trägersäulchen in einem Kreis liess sich ebenfalls erst durch den Querschliff festsetzen. Ludwig nahm nach einer unvollständigen Queransicht fünf Säulchen an, und dieser Charakter spielt bei englischen und amerikanischen Autoren namentlich bezüglich der Unterscheidung der Arten eine grosse Rolle. Indessen haben die Querschnitte die Existenz von sechs Säulchen wie bei Calamostachys Binneyi Carr. erwiesen. : Nur die Kleinheit der Aehren der Art von Lancashire hindert hauptsächlich an der Vereinigung beider. Die auf einander folgenden Wirtel solcher Träger stehen wohl senkrecht über einander, obschon -ich grade an der best- erhaltenen Aehre (Fig. 1 links bei Ludwig) eine geringe Ab- weichung hierin bemerke, wenn ich die Abstände der Narben vom Rande bei 4 über einander folgenden Gliedern vergleiche. Doch ist die Abweichung zu schwach, als dass man sie nicht auf Rechnung erlittener geringer Drehung setzen könnte. 49 Calamostachys. Mit Bestimmtheit kann bestätigt werden, dass jedes Säulchen 4 Sporangien trug, wovon 2 horizontal auf dem Querbruch, 2 vertical auf dem Längsbruch erscheinen. An Stellen, wo (wie bei der Aehre rechts in Fig. 1 bei Ludwig) der Bruch quer durch Säulchen und Sporangien ging, erscheinen deutlich auch die 4 jetzt hohlen Sporenkapseln um das mittlere hohle Säulchen - gruppirt. Diese Kapseln sind nussförmig, im Querbruch länglich umgekehrt-eiförmig, im Längsbruch mehr elliptisch und fast 2,5" lang, halb so breit. Merkwürdig ist, wie schon Ludwig her- vorhob, dass ihre Schaale verhältnissmässig sehr dick ist; dieselbe ist meist in Kohle umgewandelt, innen hohl und mit rundlichen, meist Krystallkörnern erfült. Ludwig glaubt, dass die 4 Spo- rangien noch von einer gemeinschaftlichen blasenförmigen Hülle umgeben werden; man bemerkt nämlich um den schwarzen Kern der nussartigen Sporangien oft noch parallel in geringem Abstande eine hofartige Linie verlaufen. Ich glaube dies nur auf die Dicke der Schaale zurückführen zu dürfen, derart, dass z. B. an dem Längsbruch eines Sporangiums die concave Innenseite von der kohligen Schaale desselben gebildet vorliegt und in einiger Ent- fernung erst der Abdruck der Aussenseite der Schaale, welche dann wie eine neue Oontour erscheint, aber mit der kohligen Schaale zusammenhängt. In Fig. 12 bei Ludwig hat der äussere Hof der beiden Sporangien keine andere Bedeutung, Fig. 124 ist nach Ludwig nur eine abgeleitete Figur und würde (vom fehlenden Schildehen abgesehen) genau sein, wenn die äussere umschliessende Linie fortgelassen wird. Die Schaale der Sporangien ist ziemlich glatt, zwar mitunter aussen und innen etwas fein runzelig, aber von der drüsig-warzigen oder liniirten Oberflächenzeichnung anderer Arten ist nichts zu erkennen. Die Aehrenstellung folgt aus dem Stück zwar nicht so klar, wie Ludwig es in Fig. 2 annahm, wenigstens erkenne ich die Aehre d nicht so deutlich, obschon sie vorhanden, ebenso die Verbindnng mit einem mittleren Stengel nicht so klar. Der Stiel der Aechre links ist wohl 3,5“= lang, wenn nicht 6. Es ist aber anzunehmen, dass sie wie bei anderen Arten zu 4 an der gemeinschaftlichen Axe standen. Auch aus den Blattwirteln im Calamostachys. 43 Querbruche des Stückes lässt sich keine bestimmte Aehrenstellung ableiten. Die übrigen Organe sind zwar zum Theil wohl erhalten, weit besser, als der äussere Anblick des Stückes vermuthen lassen sollte, indessen ist ohne bildliche Darstellung an dieser Stelle kein genügendes Verständniss möglich. Nur sei erwähnt, dass inner- halb der aus doppelter Zellenlage bestehenden Sporangienhüllen auch runde Sporen erhalten sind, an welchen sogar das Vorhanden- sein dreier kurzer Riefchen wahrgenommen werden konnte, welche auf kuglig-tetraödrische Form der Sporen deuten, wie es auch Binney schon sah. Von Schleudern, wie Carruthers sie angab, habe ich nichts gesehen. 2. Calamostachys mira nov. sp. Taf. IV Fig. 1 u. Taf. III Fig, 1. Spica gracilis, Stachannulariae tuberculatae non dissimilis. Asis internodia bis fere longiora quam lata; bracteae fortasse 18 verti- cillum exhibentes, primum patentes, tum arcuatim erectae, breves, internodii sequentis basin fere attingentes, lanceolatae, mediocostatae, appendice reflewa atque sporangia protegente instructae. Sporangiophora columellaeformia sub angulo recto patentissima, tenuissima, sporangüs pluribus ad apicem adfıwis praedıta. Aehre schlank, der Stachannuluria tuberculata nicht unähnlich. Axenglieder gegen 2 mal länger als breit; Bracteen vielleicht zu 18 ım Quirl, erst abstehend, dann im Bogen aufrecht, kurz, die Basis des folgenden Gliedes ziemlich er- reichend, lanzettlich mit Mittelnerv und einem zurückgewendeten, die Sporangien schützenden Anhängsel versehen. Sporangien- träger säulig, grade abstehend, sehr schmal, mit mehreren an der Spitze befestigten Sporangien. (Siehe Mittheilung in Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 1874, S. 373.) Dieses schöne Stück ist bereits von Geinitz in dessen Stein- kohlenform. von Sachsen Taf. XVIII Fig. 9 abgebildet, in der 44 Calamostachys. Stellung, dass die Blätter zurückgekrümmt erscheinen. Es wurde von dem Autor zu Annularia longifolia gezogen und in der That ist bezüglich der Form und Grösse der Deckblättchen Ueber- einstimmung mit Stachann. tuberculata vorhanden; namentlich haben beide das mit einander gemein, dass die Blattspitzen ungefähr die Höhe des nächsten Blattquirles erreichen. In den übrigen Punkten entfernt sich diese Aehre von jenen, wie die möglichst sorgfältige Darstellung des Stückes ın Taf. IV Fig. 1 und 1A von der Seite des Längsbruches (der Schichtfläche) und Taf. III Fig. 1 von der gewölbten Aussenseite (links an die erstere Ansicht anstossend), lehren wird. Uebrigens kommt in Stellung und relativer Länge der Bracteen das Stück ganz ebenso mit Calamostachys Ludwigi und Dinneyi überein. Das Stück hat bei 54,2””® Länge 13 vollständige Glieder, jedes Glied ist also 4,17”® lang, doch ist die Quergliederung nur schwach erhalten; ebenso ist die Längsrippung nur an den untern Gliedern angedeutet, die Axe sonst fast glatt, ihre Glieder 2,3—2,6”® breit. Die Blätter stehen zwar dicht im Wirtel, wie am obersten und untersten Kreise zu sehen ist, aber sie sind viel geringer an Zahl als bei Stachannularia tuberculata, wohl höchstens zu 18. Gegen das Ende sind sie am breitesten und spitzen sich dann schnell zu (Taf. III Fig. 1, d), der Mittelnerv ist auch im Abdruek der innern Seite deutlich. Die Blättchen sind getrennt, nur der Abdruck der benachbarten verfliesst in eine Fläche, die wie eine scheidenartige Verwachsung erscheinen kann (Taf. III Fig. 1). Merkwürdig ist, dass die Insertion der Blätter ziemlich wenig deutlich ist, viel undeutlicher als die der Frucht- träger, viele Blätter erscheinen von der Basis gelöst. Sehr eigen- thümlich und bei keiner andern Art bisher gesehen, ist ein An- hängsel (aim den Figuren), der sich an vielen Stellen wiederholt vorfindet grade da, wo das Blatt sich nach aufwärts richtet. Er ist nach unten gekehrt und wo er vollständiger erhalten ist (wie Taf. IV Fig. 1A, der 2te von oben rechts), schildförmig über die Gruppe der Sporangien ausgebreitet zwischen diesen nnd dem Deckblatt, das dem nächst tieferen Wirtel angehört. Auch von aussen gesehen, erblickt man diese lappenförmigen herabhängenden Calamostachys. 45 Anhängsel (in Fig.1 auf Taf. III bei «), mehr oder minder rudimentär. Die Bedeutung dieser Theile ist ganz zweifelhaft.”) Fast genau in der Mitte zwischen 2 Blattwirteln stehen die Fruchtträger (t) als spitze schwach längsstreifige Säulchen von 3,502 Länge. Dieselben tragen mehrere im Kreis gestellte Sporangien (s) von 3,2” Länge und etwa 1,5"®% Breite; doch ist letztere fraglich, da kein unbeschädigtes Sporangium vorliegt. Diese bilden zarte Abdrücke von brauner Farbe, Form elliptisch (linsenförmig), Oberfläche fein grubig gestreift bis punktirt. Die Zahl der an einem Träger befestigten Früchtchen lässt sich nicht bestimmen, es sind wohl bestimmt mehr als zwei, decken sich aber theilweise und sind deshalb nicht scharf getrennt. An einzelnen Stellen ist deutlich, dass sie in einem Punkte an der Spitze des Trägers angeheftet sind, ohne dass letzterer nur eine Spur von schildförmiger Erweiterung erkennen liesse, wie sie bei früher be- kannt gewordenen Arten angegeben ist. Wenn an der Spitze der Sporangien nur die Ränder erhalten sind (Taf. IV Fig. 1A), so erscheinen diese wie Stränge, welche in gewissem Abstande die Sporangien tragen. Diese sind hohl und mit derselben weissen Gesteinsmasse ausgefüllt wie die umgebende. Fig. 2 auf Taf. III giebt eine idealisirte Figur von der Or- ganisation der Aehre. Vorkommen. In graulich weissem dichtem thonsteinartigem Gestein aus dem Augustusschacht des Freiherrn von Burgk am Windberge beim Plauenschen Grunde bei Dresden. Wie das folgende Stück von Hofrath Geinitz zur Untersuchung geliehen. *) Wohl ähnliche Anhängsel, vom Braeteenwirtel herabhängend, giebt neuer- jichst Renault bei einer verkieselten Aehre von Autun an, die er zu Macrostachya infundibuliformis stellt (Comptes rendus 1376 No. 17). 46 Calamostachys. 3. Calamostachys superba nov. sp. Taf. IV Fig. 2. Spica validior; azis internodia gracilia sed paullo longiora quam lata; bracteae primum patentes tum erectae, elongatae internodii tertii basin attingentes vel superantes, Sporangio- phora nondum observata; sporangia plura in apiculum convergentia, Ppyriformia. | Aehren kräftiger; Axenglieder schlank, aber nur etwas länger als breit. Bracteen zuerst steil abstehend, dann aufwärts gerichtet, verlängert, die Basis des drittnächsten Wirtels erreichend oder noch überragend. Sporangienträger un- bekannt; Sporangien mehrere in ein Spitzchen zusammenneigend, birnenförmig. | Ein Stück, in mancher Beziehung noch besser als das vorige erhalten, in anderer weniger gut, zugleich mit vorigem gefunden, wurde ebenfalls dem Verfasser von Herrn Hofrath Geinitz in Dresden zur Untersuchung übermittelt. Es ist 52”"® lang, hat 12 vollständige Glieder von je 4”® Länge, die obern unbe- deutend kürzer als die untern. Axe nur wenig zusammengedrückt, innen mit der gleichen Gesteinsmasse erfüllt wie aussen, ist in der Mitte der Glieder fast 3"®%, an den Knoten 3,7"® dick. Quer- gliederung sehr stark, Längsrippung auf der Innenseite ebenfalls sehr deutlich, aussen schwach.. Die Furchen sind der Länge nach aufgerissen und in den Rissen tritt die weisse Gesteinsmasse hervor. Diese Furchen passen an den Knoten genau über einander und die Rippen alterniren also nicht. Es mögen 10 Rippen gewesen sein. Die Blätter haben zuerst einen horizontalen Theil bis 5"" Länge, biegen dann schnell um und richten sich, wenig von der Axe divergirend, nach oben, so dass die gegenüberliegenden Blatt- spitzen 20”” auseinander stehen. Der aufwärts gerichtete Theil des Blattes ist so lang wie 3 Glieder, etwa 13"®. Die Form des Blattes ist nicht beobachtet, weil nur der Längsbruch der Aehre sichtbar ist. Die Sporangien, deren Träger nirgends sichtbar sind (auch die Narben nicht), liegen in dem Raume zwischen je 2 Blattquirlen Calamostachys. 47 ‘wie schwebend und sind offenbar etwas nach oben schief ver- schoben, nachdem sie sich von den Trägern lösten. Die einzelnen ‚bräunlichen Sporangien sind etwa elliptisch oder birnförmig, unten etwas breiter als oben, 3,4% lang, 2,4” breit. Ihre Ober- fläche erscheint bei stärkerer Vergrösserung etwas streifig-grubig bis punktirt. Die Anzahl ist nicht sicher bestimmbar, man sieht sewöhnlich 2 sehr deutlich und dazu Bruchstücke von noch anderen. Sie vereinigen sich an einem als hervorragendes Spitzchen sich bemerklich machenden Punkte, und es gewinnt auch wohl das Ansehen, als seien sie hier durch kleine Stränge befestigt, während sie nach unten divergiren und frei sind. Die specifische Verschiedenheit dieser Art von Calam. mira wird bei Berücksichtigung der Deckblätter schlagend; beide ver- halten sich etwa zu einander wie Stachannularia tuberculata zu St. thuringiaca. Vorkommen wie vorige Art und mit ihr. Das Gestein ist mehr sandsteinartig. 4. Calamostachys germanica nov. sp. Taf. XVI Fig. 3. u. 4.. Spicae graciles paniculatae; aswis internodia subaequilata, circa dimidium longiora quam lata; bracteae numerosae, angustae, lanceolato-lineares, acuminatae, mediocostatae, primo re- flewae, tum patentes vel suberectae, longitudine ıinter- nodiis 2 aequales, sed apice internodium proximum viw superantes; sporangia rotunda, columellae longitudinis insertae adfiza. Aehren rispenförmig, schlank und zierlich; Axenglieder etwa gleich breit, um die Hälfte länger als breit; Deckblättchen zahlreich, schmal, lineal-lanzettlich, zugespitzt, mit Mittelnerv, anfangs zurückgekrümmt, dann aufrecht ab- stehend, über 2 mal so lang als ein Internodium, aber mit der Spitze kaum die Höhe des nächsten überragend; Sporangien rund, an einem Säulchen befestigt, das auf halber Höhe des Inter- nodıum steht. 48 Calamostachys. Die Aehren erinnern lebhaft an Stachannularia thuringiaca, indessen sind sie weit zierlicher, schlanker und kleiner als diese, ihre Bracteen kürzer, ihre Axenglieder verhältnissmässig länger. Namentlich aber bestimmt die Stellung der Aehren ihre Einreihung in Calamostachys. Das in Fig. 3 auf Taf. XVI abgebildete Exem- plar von Saarbrücken zeigt nur parallele Stellung von 7 Aehren, was auf eine gemeinsame Axe schliessen lässt; dagegen ist bei dem Exemplar aus Niederschlesien (Fig. 4 ebenda) die Axe selbst er- halten und es geht daraus die rispenähnliche Stellung hervor, welche bei Stachannularien nicht bekannt ist. — Die Aehren- glieder sind Sm -]ang und vauchE2,572 breit: An dem schlesischen Stücke sind die Aehren vielleicht etwas länger als an dem Saarbrücker, die längste über 9°®. — Die Deckblättchen sind meist bis 3 des Internodiums herab-, dann erst flach nach auf- wärts gebogen, so dass, obschon sie von der Umbiegung an noch eine Länge von 6"" besitzen, ihre Spitzen doch meistens nicht die Höhe des nächsten Gliedes erreichen. Nur wenn die Aufwärtsbiegung früher eintritt, gehen auch die Blätter höher hinauf (Fig. 3 No. 6). An einer der Aehren von Fig. 3 ist der Anfang eines säulen- förmigen Fruchthalters (vergr. Fig. 3B) zu sehen, an anderer Stelle deren Närbchen auf den Rippen der Aehrenglieder, beide fast genau in der Mitte des Internodiums.. Sporangien sind mehr- fach zu beobachten, doch meistens rudimentär, 2" im Durchmesser, rund; sie füllen nahezu den von einem Deckblatt gebildeten Bogen aus, so dass es bei dieser Erhaltung ebenso wie bei Stachann. thuringiaca den Schein versucht, als entsprängen sie den innern Blattwinkeln. Diese tiefe Stellung ist indessen, a das Vorhandensein von Fruchtträgersäulchen beweist, nur durch den Druck der herabgekrümmten Blätter bewirkt. An einer Stelle des schlesischen Exemplars erblickt man dagegen ein Sporangium dicht unter der Gliederung. Ausser den vollständigeren seitlich gestellten Sporangien erkennt man auch die Bruchstücke der da- zwischen befindlichen übrigen Sporangien desselben Kreises (siehe Fig. 3A). Vorkommen. In älteren Schichten als Stachannularia thu- ringiaca, nämlich in untern Saarbrücker Schichten der Grube Calamostachys. 49 Sulzbach bei Saarbrücken (Fig. 3, gesammelt und zur Untersuchung mitgetheilt durch Graf zu Solms- Laubach), sowie (nach Beinert’- scher Etiquette) von Eckersdorf bei Neurode in Niederschlesien (Fig. 4). | Ob man hierher auch das von Crepin (I. ce. 1874, Taf. II Fig. 1—3) unter dem Namen Calamocladus equisetiformis darge- stellte Stück von Forchies in Belgien bringen dürfe,- ist wegen anderer Aehrenstellung (einzeln an abwechselnden Gliedern des Stengels) unwahrscheinlich, auch sind letztere lang gestielt. B. Zweite Reihe: Paracalamostachys. So weit die Beobachtungen gegenwärtig reichen, sind die Calamostachys-Aehren der zweiten Reihe, wo sie mit beblätterten Zweigen in Verbindung gefunden wurden, stets so aufgetreten, dass es Asterophyllites-artige Pflanzen waren, an denen sie sich zeigten. Andere traten wenigstens in so auffallender' Vergesell- schaftung mit Asterophylliten auf, dass es allerdings naheliegend und ungezwungen erscheint, sie mit einander zu verbinden. Gleich- wohl lässt sich nicht umgekehrt behaupten, dass zu Asterophyllites- artigen Zweigen stets auch Aehren von der Organisation der Calamostachys gehörten. Beispiele, welche Ausnahmen hierzu be- gründen, lassen sich mehrfach nachweisen und liefern auch diese Beiträge. Natürlich kann man aber überall da, wo man von Asterophylliten die zugehörigen Aehren nicht kennt, die Pflanzen nicht in verschiedene Gattungen vertheilen, sondern wird sie, so ‚Jange sie nur steril bekannt sind, bei Asterophyllites belassen. Daraus ergiebt sich jedoch, dass man die Asterophylliten mit den Paracalamostachys am besten zusammen behandelt, da die Mehrzahl der Fälle sie zusammenbringt. Wir werden daher im Folgenden den Versuch machen, an die hier in Betracht kommenden Calamostachys zugleich diejenigen 4 50 Calamostachys. Asterophylliten anzureihen, von welchen es erwiesen oder sehr wahrscheinlich ist, dass sie zusammen gehören. So weit möglich, ist danach auch die Nomenclatur in Einklang gebracht. In einigen Fällen sind auch nur sterile Reste aufgenommen, wo deren Unter- scheidung wesentlich erschien. Uebrigens sind die Arten hiermit sicher noch nicht erschöpft, nicht einmal alle publicirten Stücke konnten hier besprochen werden. 5. Calamostachys longifolia mit Asterophyllites longifolius Stbg. sp. Taf. X Fig. 1. Rami foliosi (Asterophyllites) graciles; internodia longiora vel abbreviata, sed longitudine latitudinem superantia; Folia nume- rosa tenuissima, usque 1 vel 1!/2”"" lata, pluries longiora quam internodia contigua, erecta vel erecto-patentia. Rami fruetiferi (Calamostachys) spicaeformes paniculati; spicae in articulationibus binae vel fortasse quaternae, laterales breviter pedunculatae, fohiolis angustis cinctae, terminalis singula longius pedunculata. Spicae elongato-cylindratae, usque 4 jongae, angustae, graciles; bracteae creberrimae, tenuissi- mae, primum horizontaliter eapansae tunc erectae, basin brac- tearum proximarum via superantes. Sporangia conspicua, verti- cillis interposita. Unfruchtbare Zweige (Asterophyllites) schlank, mit vielen Blättern; die Internodien länger oder kürzer, aber stets länger als breit; Blätter sehr schmal, bis 1 oder 14”” breit, mehrmal länger als die benachbarten Glieder, aufrecht oder aufrecht abstehend. Fruchttragende Zweige (Calamostachys) ähren- und rispenförmig, die Aehren an den Gliederungen zu 2 oder vielleicht zu 4 seitlich, kurz gestielt, von schmalen Blättchen gestützt, eine einzelne länger gestielte Aehre am Ende. Aehren lang- und schmal-cylindrisch, bis 4” lang, schlank; Deckblättchen zahlreich, sehr schmal, zuerst horizontal Calamostachys. 51 abstehend, dann aufgerichtet, die Basis der nächsten Bracteen kaum überragend. Sporangien deutlich zwischen den Blattwirteln. Die Sammlung der Gewerkschaft zu Eschweiler-Pumpe, von dem verstorbenen Bergmeister Baur angelegt und jetzt im natur- wissenschaftlichen Verein zu Bonn, bewahrte eine grössere Anzahl von Stücken mit beblätterten Zweigen des Asterophylhites longifolius, mit welchen nicht selten Fruchtstände zusammenliegen, die wohl sicher derselben Pflanze angehören, obschon der directe Zusammen- hang, vermuthlich wegen Kleinheit der Handstücke, nicht beobachtet werden konnte. Die Stengel der sterilen Exemplare sind je nach dem Alter schwächer oder stärker, der hier abgebildete, einer der kräftigeren, fein gestreift mit dünner Kohlenhaut. Die Glieder sind kürzer oder länger, doch aber immer länger als breit. Die Gliederungen tragen zahlreiche Blätter, welche fein und zart, durchschnittlich kaum 1”® breit, aber lang, an den kurzgliedrigen Zweigen wohl 6 mal länger als 1 Glied, an den längergliedrisen etwa 3—4 mal länger sind. Sie endigen spitz und werden von einem ‘ deutlichen und scharfen Mittelnerven durchlaufen, der linienförmig (Fig. 1C) erscheint, auch fast die Breite eines Drittels der Blatt- fläche einnehmen kann, aber nicht kielartig vorsteht. Es liegt so- mit der eigentliche A. longifolius, nicht der verwandte rigidus vor. Die fruchttragenden Zweige zeigen an den Knoten einer mittlern fein gestreiften und langgliedrigen Axe (oberstes Glied des abgebildeten Stückes 15”” bei nur 1”® Breite) kätzchen- förmige Aehren befestigt, welche einen einfach -rispenförmigen Fruchtstand bilden. Die Aehren werden an den Gliederungen von etwa 1” langen gebogenen sehr schmalen Deckblättchen gestützt. Sie stehen sichtbar paarweise, mögen indessen, nach den parallel daneben liegenden Aehren zu schliessen, zu vier an den Gliederungen befestigt gewesen sein. Sie sind kurz gestielt, der Stiel etwa 3” lang, das einzeln stehende Endährchen dagegen länger ge- ‚stielt, sein Stiel 9”® lang. Die Aehren sind lang- und schmal- eylindrisch, bis über 40”® lang bei 3,5”® Breite und sind aufrecht gestellt, wenig abstehend. Sie tragen eine grosse Anzahl A® 52 Calamostachys. von Deckblattwirteln und Sporangien, welche mehr oder weniger zusammenfliessen; indessen lässt sich deutlich wahrnehmen, dass die Deckblättchen zuerst schirmförmig ausgebreitet, auch ein wenig nach abwärts gerichtet, dann fast plötzlich aufwärts gebogen, fast geknickt waren und nun parallel der Axe verliefen (s. Fig. 12, vergr.); besonders die Endähre zeigt die schirmförmige Ausbreitung der Deckblättchen in ihrem untern Theile sehr deutlich (s. Fig. 1A). Die Spitzen der Deckblättchen scheinen die Basis der nächst höheren nur sehr wenig zu überragen. — Zwischen den Deckblatt- wirteln bemerkt man sehr häufig knötchenartige Körper und zwar scheinen mir dieselben etwa in der Mitte zwischen 2 benachbarten Quirlen sich zu befinden, sowie durch einen stielartigen Körper mit der Axe in Verbindung zu stehen, ohne dass die einzelnen Theilchen recht deutlich würden. Obschon dies also auf eine Be- festigungsweise wie bei den echten Calamostachys hindeutet, ist doch dieser Punkt nicht endgiltis abgeschlossen. Ettingshausen hat in seinen beiden Floren von Stradonitz (Taf. VI Fig. 5) und Radnitz (Taf. II Fig. 1-3 und III Fig. 7) zarte Aehren unter dem Namen seines Calamites tenuifolius be- kannt gemacht, welche O. Feistmantel (Palaeontogr.23. Bd. S.124) als Aehren zu Asterophyllites longifolius betrachtet. Den Ab- bildungen nach haben dieselben blattwinkelständige Sporangien und sind nur als einzelne Aehren, zum Theil in Berührung (nicht in Verbindung) mit Asterophylliten gefunden worden. Nach alle- dem können sie mit obiger Art nicht identificirt werden. Aehrenförmige Missbildungen des Asterophyllites longifolius. Taf. X Fig. 2 und 3. Mit den Abdrücken des Ast. longifolius von Eschweiler zu- sammen fanden sich zwei in Fig. 2 und 3 dargestellte Bildungen, welche auf den ersten Blick wie die Aehren zu A. longifolius er- scheinen, indessen dies natürlich nicht sein können, wenn die oben beschriebenen Aehren zu dieser Art gehören. Man wird durch nähere Betrachtung dieser Körper darauf geführt, sie als Miss- bildungen des Stengels von A. longifolius zu betrachten, der vielleicht durch Insectenstich, oder durch welche Ursache es sei, eine solche Calamostachys. 53 Umbildung erfahren hat. Ihre Zugehörigkeit wird durch den untern Theil des Abdrucks von Fig. 2 unzweifelhaft, wo noch die langen . charakteristischen Blätter ansitzen, während bei Fig. 3 dieselben nur zum Theil erhalten sind, weil die Spaltung des Schieferthons die Blättchen offenbar schief durchschnitten hat. Beide Exemplare tragen an ihrer Spitze einen spindelförmig verdickten Theil, der sich bei Fig. 2 allmälig, bei Fig. 3 plötzlich aus dem Stengel entwickelt, daher die Form des letztern Stückes mehr die eines Eies. An der breitesten Stelle übertrifft diese Anschwellung die Breite des Stengels bei Fig. 3 fast um das Fünffache, bei Fig. 2 fast um das Vierfache und die Glieder werden dadurch beträchtlich breiter als hoch. Die Gliederung dieser ährenförmigen Körper ist deutlich, die untersten Internodien sind länger als die obern, alle haben Längsstreifung, mehr oder weniger regelmässig, zum Theil wie Furchen, welche an Calamitenfurchung erinnern. An den Gliederungen befinden sich noch unveränderte lange, schmal lineale und feine Blätter wie am normalen Theile des Stengels, auch in gleicher Stellung, an der Spitze schopfartig gedrängt (Fig. 3). Wo die Blätter abgefallen sind, haben sie kleine rundliche Knötchen als Narben hinterlassen, die dicht gedrängt stehen. — Es ist lehrreich, aus diesen Beispielen zu ersehen, wie vorsichtig man in der Be- urtheilung solcher Bildungen sein müsse. Vorkommen. Asterophyllites longifolus mag wohl in manchen Steinkohlengebieten, wo man es mit älteren Schichten der productiven Abtheilung zu thun hat, gefunden werden, ist indessen leicht mit A. rigidus und andern Arten zu verwechseln und insofern öfter nicht unzweifelhaft. Was die Calamostachys anbetrifit, so darf man nun wohl die Exemplare von Aachen als ebenso typisch ansehen wie die sterilen Theile. In befriedigender Uebereinstimmung hiermit sind von andern Fundorten noch keine Fruchtstände bekannt geworden. — Ausser von Eschweiler bei Aachen, von wo sie Sternberg abbildete, kommen gleiche Astero- phylliten in Sachsen, Böhmen, im Saarbrückischen u. a. O. vor. 54 Calamostachys. 6. Calamostachys rigida und Asterophyllites rigidus Stbg. sp. Taf. XII Fig. 4. Rami steriles (Asterophyllites) foliosi, validiores; internodia plus minusve longa; folia numerosa, angusta, lineari-subu- lata, rigidiuscula, pluries longiora quam internodia contıygua, mediocostata, subcarinata, erecta vel erecto-patentia. Rami fructiferi (Calamostachys) inflorescentiam paniculatam pyramidalem pedunculatam formantes; spicae quaternae arti- culationi adfızae,sessiles, patentissimae, amentiformes, cylindratae, obtusae; bracteae tenurssimae, parvulae, arcuwatae, con- fertae, sporangia rotunda minus conspieua. Zweige (Asterophyllites) reich beblättert, ziemlich kräftig; Glieder mehr oder weniger lang; Blätter zahlreich, schmal, lineal bis pfriemenförmig, etwas steif, mehrmals länger als das nächste Glied, mit kielartiger Mittelrippe, aufrecht an- gedrückt bis abstehend. Fruchtstand (Calamostachys) rispenförmig, pyramidenförmig, gestielt, Aehren zu vier an den Gliederungen, sitzend, senk- recht abstehend, kätzchenartig, cylindrisch, stumpf; Bracteen sehr schmal und klein, nach vorn gebogen, dicht gedrängt, mit nicht besonders deutlichen rundlichen Sporangien zwischen sich. Das abgebildete Stück ist ein Fruchtstand, der sich mit Astero- phyllites rigidus zusammen fand und wohl hierauf bezogen werden darf, obschon dies weit weniger sicher ist als bei Asterophjyllites longifolus. Er ist durch einen 24" langen Stiel gestielt und hat 4 Wirtel einfacher sitzender Aehren, welche von unten nach oben an Grösse und an Entfernung abnehmen, so zwar, dass je die längste Aehre im untern Wirtel 12”” misst, die der nächsten 11,5, 8 und 7"®, dagegen die Intervalle 17,5, 11,5”= und 7m, Die Aehrenwirtel weisen keine Stützblätter an ihrem Grunde auf wie Cal. longifolius. Stiel und Axe des Fruchtstandes schlank und schmal (bis 1,5” breit), auf dem Abdruck 2 Kanten sichtbar. Dass die Aehren zu vier an der Spindel stehen, wurde an dem 2ten Quirl Calamostachys. 55 (von unten) nachgewiesen. Es lässt sich nämlich das obere Stück des Gesteins, das in Fig. 4A durch eine Linie abgegrenzt ist, abheben und hierbei kommt die Ansicht von 4B zum Vorschein: A an der betreffenden Stelle mit 3 Aehren, deren mittelste klein und nach vorn gerichtet, B noch mit einer nach hinten gewendeten vierten Aehre. Nach der Stellung der Aehren der beiden untern Wirtel zu urtheilen, alterniren jene nicht, sondern scheinen ge- nau übereinander zu stehen. Die einzelnen Aehren sind wohl noch in jugendlichem Alter, daher im Verhältniss ihrer geringen Grösse etwas dick, die Deckblättchen deutlich, fein und schmal und deren Quirlstellung wahrnehmbar. Rundliche Körper sind zwischen ihnen sichtbar, doch nichts von deren Anheftungsweise. Habitus der Aehren etwas struppig-wollig. Die unfruchtbaren, nur beblätterten Stengel oder Zweige werden denen von Asterophyllites longifolius bekanntlich sehr ähn- lich und unterscheiden sich am besten, wenn man kräftige Exem- plare vor sich hat, deren Blätter breiter und stärker gekielt sınd, falls nicht durch Druck der Kiel undeutlich geworden ist. Ein Exemplar vom Gegenortschacht bei Dudweiler (Saarbrücken) zeigt Glieder, die durchschnittlich 1,5% lang und 7—8""” breit sind, an den Knoten etwas vorspringend aufgetrieben. Blätter zahlreich, schief abstehend, gerade, lineal, 1,5”% breit, bis über 8,5°@ lang. Sie haben feinstreifige Oberfläche, aber von Mittel- nerv ist fast nichts zu sehen, da, sie flach gedrückt und geglättet erscheinen. Vorkommen. Das abgebildete Stück ist vom Verfasser in einem Steinbruch südöstlich Neudorf unweit Saarbrücken gefunden mit beblätterten Zweigen zusammen; letztere trifft man auch an ver- schiedenen andern Punkten des Saargebietes, in untern und mittlern Schichten, ja auch im mittlern Rothliegenden’von Lebach. — Der von Geinitz (Steink. Sachs. S. 9, Taf. XVII Fig. 9) abgebildete Frucht- stand) vom Segen-Gottes-Schacht bei Zwickau (in 458 Ellen Teufe) ist unzweifelhaft nur ein älteres Exemplar derselben Art. — Ein nach Form und Stellung der Aehren ganz dem Saarbrücker entsprechendes Stück besitzt die Sammlung der Bergakademie aus dem Walden- burgischen, nach Beinert angeblich von Eckersdorf. 56 Calamostachys. 7. Calamostachys et Asterophyllites sp. Taf. XI Fig. 1A und 2. Asteroph. et Calamost. rigidae varietas? Rami steriles Asterophylliti longifolio simillimi, minus fohatz, brevius articulati, gracillimi; folia linearia, arcuata, patula. Spicae cylindratae paucae, sessiles, apice acuminatae, bracters erectis. Unfruchtbare Zweige, dem Asterophyllites longifolius sehr ähn- lich, weniger beblättert, kürzer gegliedert, sehr schlank; Blätter lineal, gebogen, abstehend. Aehren cylindrisch, wenig an Zahl, sitzend, am Ende spitz, mit aufrecht angedrückten Deckblättern. Die Aehnlichkeit der hier abgebildeten Reste einerseits mit Asterophyllites longifolius, andererseits mit A. rigidus und deren Aehren kann bei dem ersten Anblick zu der Vermuthung bestimmen, dass nur eine Varietät oder jugendlicher Zustand einer der beiden Arten vorliege, was indessen bei genauerer Betrachtung noch da- hingestellt bleiben mag. Es liegen die Enden von schlanken Zweigen von 1,5" Stärke vor, deren Glieder 7° von der Spitze noch 11,5"m lang sind, aber auf 6 und 4,5" herabgehen. Die Blattquirle werden durch lange zarte Blätter gebildet, welche nur 0,8”” breit und mit feinem, aber scharfem Mittelnerv versehen, an den langgliedrigen Stücken so lang wie 3, an den enggliedrigen wie etwa 6 der nächstfolgenden Glieder sind, zuletzt aber rasch an Länge abnehmen. Am Grunde sind die Blätter nicht breiter als gegen die Mitte hin, eher etwas zusammengezogen. Der Zweig Fig. 1A, welcher 3 Aehren trägt, stimmt mit den andern bis auf kürzere Blätter überein, deren Kürze sich jedoch durch ihre Stellung gegen Ende des Zweiges hin erklärt. Die mittlere Aehre ist endständig, kurz gestielt, etwas grösser als die seiten- ständigen, wohl ungestielten Aehren; alle nach oben und unten verschmälert, ihre Deckblätter aufrecht angedrückt und wohl breiter als bei C. longifolia oder rigida. Die Aehre rechts ist vollständig und misst 18”® Länge und 4" Breite. Sie werden von Blättern ähnlich den Stengelblättern eingehüllt. So ähnlich die Zweige Fig. 1B denen von Ast. longifohus Calamostachys. we! sind, so ergiebt sich doch, dass sie nicht dazu gehören sogleich, wenn man die Aehren Fig. 1A zu ihnen rechnet. Diese nämlich unterscheiden sich durch ihre Form und ihren ganz oder fast fehlenden Stiel von denen auf Taf. X sehr wesentlich und würden insofern eher auf Calam. rigida bezogen werden können (etwa als Jugendzustand einer beiläufig verkümmerten Rispe). Allein dies anzunehmen würden wieder die Zweige Fig. 1B nicht gestatten, so lange wenigstens als man die jugendlichen Zweige von Aster. rigidus nicht sicherer kennt. Indessen ist wohl zu beachten, dass Sternberg’s Brukm. rigida (Vers. I Taf. XIX Fig. 1) von unsern beblätterten Zweigen nur durch so geringen Unterschied in der Grösse abweicht, dass man beide nicht wohl unterscheiden kann. Nur in neuerer Zeit pflegt man kräftige Exemplare mit starkem Mittelnerv allein zu A. rigidus zu rechnen. Vorkommen. Grube Neuer Heinrich bei Hermsdorf west- lich Waldenburg nach Angabe von Beinert (Sammlung der Bergakademie). Ein weit besseres Stück von der Frischaufgrube bei Eckersdorf (geolog. Museum in Göttingen), welches Herr Hof- rath Schenk abbilden wird, glaube ich hierher rechnen zu können. 8. Calamostachys polystachya Stbg. sp. Taf. XVI Fig. 1 und 2. Injlorescentia articulata, pamiculata. Spicae (quaternae?) verticillatae articulationi adfixae, breviter pedunculatae, erecto-patentes, amentiformes, cylindratae, obtusae, basi foholıs spieis subaequilongis vel brevioribus cinctae. Bracteae spicarum numerosae parvulae; sporangia minus conspieua, rotunda. Gegliederter rispenförmiger Fruchtstand. Aehren (zu vier?) kreisförmig an den Gliederungen, kurz gestielt, aufrecht ab- stehend, kätzchenförmig, cylindrisch, stumpf endigend, von Blättern gestützt, die kürzer bis fast so lang als die Aehren sind, unter denen sie stehen. Bracteen gedrängt, klein; Sporangien rund, nicht deutlich. 58 Calamostachys. Schon Sternberg (Versuch, Bd. IS. 43 Taf. LI Fig. 1a und Bd. II S. 52) machte einen sehr deutlichen Fruchtstand von Walden- burg bekannt, den er mit dem Namen Volkmannia polystachya be- legte. Merkwürdiger Weise ist, soviel mir bekannt, später kein ähnlicher wieder beschrieben, noch sind über seine Vereinisung mit einem Asterophylliten Conjecturen aufgestellt worden. Der Kritik der Species wegen, welche hier aufgenommen wurden, ist eine Vergleichung dieser alten Sternberg’schen Art unerlässlich. Dieselbe wird nun durch 2 mir vorliegende Exemplare von Walden- burg ermöglicht, welche ich mit der Sternberg’schen Pflanze identificiren zu müssen glaube, da sie nur in unwesentlichen Punkten abweichen. Die Aehren und deren Stiele nämlich sind bei jener grösser» was sich leicht auf Altersverschiedenheit zurückführen lässt. Ausser- dem fehlen den Aehrchenquirlen bei Sternberg die Stützblätter; aber wo diese bei den Calamostachys vermisst werden, ist wohl anzunehmen, dass sie übersehen oder nur nicht erhalten, vielleicht abgefallen waren. Die beiden Exemplare, in der Grösse etwas verschieden, stellen jedes einen vollkommen Asterophylliten-artigen Stengel vor, vom Ansehen des A. equisetiformis, dessen untere Glieder schmale Blätter tragen, etwas länger als das nächstfolgende Glied, etwas gebogen am einen, steil abstehend am andern. Die Aehren stehen an ziemlich gleichlangen Gliedern, zwar nur zu zwei, mögen aber in dem Sternberg’schen Originale zu vier am Knoten gestanden haben. Die grösste Aehre ist 13”"® lang, ihr Stiel 3"”. Am grösseren Exemplare sind Aehren an 6 Gliederungen vorhanden und eine endständige; bei dem andern fehlen an einer Gliederung zwischen den andern die Aehren. Rundliche Körper, von Sporangien herrührend, sind deutlich wahrnehmbar. Bekanntlich erklärte Sternberg die Tuberkeln der eitirten Figur für einen Fehler des Zeichners. Die Deckblättchen sind nach Sternberg schmal lineal, spitz, eine Linie lang. Vorkommen. Eckersdorf bei Neurode in Niederschlesien ; Beinert’sche Sammlung der Bergakademie. — Vielleicht könnte man hierher den schönen Fruchtstand von Lancashire rechnen, Calamostachys. 59 den Williamson in Philos. transact. London 1874 Taf. V Fig. 32 abbildet, freilich viel grösser, an 7 Gliederungen je 2 gestielte Aehren von entsprechender Form erhalten. 9. Calamostachys paniculata nov. sp. Taf. XIII Fig. 1. Caulis articulatus, subcostatus, striatus, supra articulationes, eicatrieibus ocato-triangularibus instructas; folla asterophyllitiformia, linearia. Rami fructiferi paniculum formantes, laterales, arti- culati, ax substriato. Spicae quaternato-verticillatae, artieulationibus adfixae, folüs brevibus cinctae, breviter pedunculatae, erecto- patentes, anguste cylindratae, gracillimae, parvae, acu- mimatae; spica terminalis minor singula.. Bracteae tenuissi- mae, LD—12 in gquoque verticillo, subulatae, duobus internodiis longitudine aequales, apice spicarum gemmaeformi, erectae vel plus minusve patentes; sporangia minus conspicua. Stengel gegliedert, schwach gerippt, gestreift, über jeder Gliederung "mit dreieckig-eiförmigen Narben geziert. Blätter wie bei Asterophyllites, lineal. Rispen gegliedert, mit etwas gestreifter Axe. Aehren zu vier quirlständig an den Gliederungen, von kurzen Blättern umgeben, kurz gestielt, aufrecht abstehend, schlank und schmal, kurz, am Ende zugespitzt. Endähre einzeln und kleiner. Deckblättchen sehr schmal, 10—12 im Quirl, pfriemenförmig, so lang wie 2 Glieder, an der Spitze der Aehre knospenförmig zusammenneigend, aufrecht bis abstehend; Sporangien undeutlich sichtbar. Der ährenreichste Fruchtstand, welcher von irgendwo vor- gelegen hat, an einem Stämmchen befestigt, wovon 5 Glieder mehr oder weniger erhalten sind. Dieselben sind 25—26”" kung, bis 13” breit, aber im Schieferthon flachgedrückt, z. Th. noch mit Kohlenhaut, etwas unbestimmt längsgefurcht und fein gestreift. Kohlenhaut dünn, Steinkern ganz gleich beschaffen wie die Oberfläche. Von den Gliederungen gehen radial abstehende 60 | Calamostachys. lineale einfache Blätter ab, die bis auf den Grund getrennt sind. | Sie sind fragmentarisch, parallel längsgestreift, doch scheint diese Streifung von der Structur der Oberhaut, zum Theil auch von Aufreissen herzurühren, nicht etwa von parallelen Nerven. Der mittlere Theil des Blattes markirt sich etwas mehr, was. auf einen Mittelnerv schliessen lässt. Von den Blättern rühren wohl runzlige Knötchen am obern Ende jedes Gliedes her; dagegen erscheinen am untern Ende des- selben, also über der Quergliederung, spitz eiförmig - dreieckige Narben, die gegen 3"" hoch werden, dicht gedrängt stehen, nur manchmal etwas Zwischenraum zwischen sich lassen und sowohl auf der äussern Kohlenhaut, als auf dem Steinkern sichtbar sind. Ob dieselben von abgefallenen Aesten herrühren oder welche andere Bedeutung sie haben, ist fraglich. Auf derselben (linken) Seite des Stämmchens befinden sich 3 parallel liegende fruchttragende Zweige, deren beide untere deutlich noch in Verbindung mit dem beblätterten Stengel sind; während der obere zwar wohl ebenfalls noch seine ursprüngliche Lage einnimmt, aber wegen des hier mangelnden Gesteins nicht mehr die Anheftung am Stengel zeigt. Diese fruchttragenden Seitenzweige stellen vollkommene Rispen dar, nicht unähnlich denen mancher Gräser. Die mittlere Rispe (10,8”"= Jang) ist die vollkommenste und trug wahrscheinlich 25 Aehren; man hat daselbst 7 Glieder, davon ist das unterste als Stiel des Fruchtstandes zu betrachten, 9”® lang; die folgen- den 5 Glieder nehmen von 16-bis 13"" an Länge ab, das End- glied trägt auf 13”® langem Axenstück eine einzelne Endähre, die kleiner als die übrigen ist. Die Aehren der mittleren Glieder standen wohl ohne Zweifel zu vier an je einem Knoten, die man auch an einer Stelle noch beisammen sieht. Die unteren Aehren erreichten 42”” Länge einschliesslich des allerdings sehr kurzen Stieles von etwa 4" Länge. Der letztere ist wenig deutlich, weil die Aehrchen selbst sehr schmal und schlank sind und sehr dünn beginnen. Sie bleiben sehr dünn (kaum 3" breit), erscheinen eng gegliedert mit etwa 1,5”® langen Gliedern und endigen spitz knospenförmig. Calamostachya. 6 Ihre Bracteen sind schmal lineal-lanzettlich, spitz, aufrecht ab- stehend bis fast angedrückt, zu 5—6 im Halbquirl; ihre Spitzen erreichen fast das zweite Glied darüber. Die Aehren werden an ihrer Insertionsstelle von Blättern umgeben, die ähnlich denen des Stammes sind, jedoch kleiner (6“"* lang z. Th.) und mehr pfriemen- förmig, bogig abstehend. Spuren von Sporangien geben sich durch. rundliche Knötchen oder Höhlungen zwischen den Deckblättchen zu erkennen. Diese Lage deutet freilich mehr darauf, dass sie in oder nahe dem Blatt- winkel, als in der Mitte des Gliedes befestigt waren. Bemerkenswerth ist, dass die 3 rispenförmigen Fruchtstände an abwechselnden Gliederungen stehen. | Vorkommen. Nach Beinert von der Fuchsgrube bei Weisstein ohnweit Waldenburg; Sammlung der Bergakademie. 10. Asterophyllites capillaceus nov. sp. Taf. XI Fig. 1. Caulis et ramorum articulatorum internodia tam longa vel bis et pluries longiora quam lata, ad articulationes paullum prominentia; folia vertieillata numerosissima, tenuissima (0,5”"”" plerumque lata), capillacea vel filiformia, longissima (4—5°" longa), patentissima vel suberecta, tubercula minutula relinguentia. Die Glieder des Stengels und der Zweige so lang als breit bis (reichlich) 2 mal (auch vielleicht 3 oder mehrmal) länger als breit, an den Gliederungen angeschwollen und kantig vorragend. Die Blätter quirlständig, sehr zahlreich, sehr schmal (0,5 "” oder ‚weniger breit, selten breiter), haar- oder fadenförmig, sehr lang (4—5°“ lang), senkrecht abstehend bis etwas auf- gerichtet, nach dem Abfallen kleine Närbchen zurücklassend. Die hier vorliegenden Saarbrücker Exemplare, zunächst typisch für die Feststellung der Art, zeigen bei mehr als 14° Länge des Stengels oder Zweiges noch keine Verzweigung, seine Glieder nehmen von unten nach oben an Länge ab und zeigen bei 62 Calamostachys. mittleren Stücken 7"= Länge auf 6=m Breite; es liegen aber einerseits auch Glieder von 17”® Länge und 8"® Breite, andrerseits von 5”® Länge und Breite vor; aber auch andere Verhältnisse kommen vor. Bemerkenswerth ist, dass an den Knoten die Stengelglieder stets etwas vorspringend verdickt sind, ähnlich wie man es bei den Sphenophylien kennt, auch die Längsrippung ist der bei Sphenophyllen ähnlich. Die Kohlenhaut ist dünn und deutet auf ebenfalls dünne Rinde. | Die Blätter sind durchaus einfach und ausserordentlich dünn, haarförmig; sie sind meist nicht in ihrer ganzen Länge sichtbar, werden aber bis 4 und 5® lang, was an den betreffen- den Stellen einer Länge von 6—7 Gliedern gleichkommt. Sie werden von einem deutlichen Mittelnerv durchlaufen, der fein ist und nicht halb so breit wie die glatte Randfläche des Blattes (Fig. 14). Sie sind an den Exemplaren bis auf den Grund ge- trennt. Namentlich diese feinen Blätter geben der Pflanze ganz den Habitus einer untergetauchten, fluthenden Wasserpflanze. Einanderer Theil derselben mag sich über das Wasser erhoben haben, wenigstens bin ich sehr geneigt, Abdrücke aus dem Waldenburgischen (Eckersdorf, Beinert’sche Samml. der Bergakademie) zu der gleichen Art zu zählen. Dieselben zeigen genau die gleiche Beschaffenheit der Stengel, namentlich das kantige Vorspringen an den Gliederungen, doch werden die Glieder zum Theil länger, wohl 3 und 4 mal länger als breit. Die Blätter sind, wie es scheint, nicht ganz so zahlreich, kräftiger, ein Minimum breiter und auch wohl kürzer als bei der Pflanze von Heinitz. Am Grunde sind sie inniger als am letzteren Fundort mit dem kantisen Vorsprung der Gliederung verschmolzen und bilden mit ihm zusammen einen schmalen Ring, welcher unwillkürlich an Annularia erinnert, zu der unsere Pflanze dadurch in Beziehung tritt. Wenn ein Wirtel sich löst und von oben gesehen wird, ist dieser Ring besonders deutlich; doch sind auch hier die nach dem Abfallen der einzelnen Blätter hinter- lassenen Närbchen sichtbar, wenn auch weniger als bei denen von Heinitz. — Sollte man vorziehen, dieser Unterschiede wegen die Calamostachys. 63 schlesische von der Saarbrücker Pflanze getrennt zu halten, so würde es doch ausreichen, sie als Varietät oder Form, etwa A. capillaceus silesiacus zu unterscheiden. Es hat die grösste Wahrscheinlichkeit für sich, dass dieselbe Pflanze auch schon von Ettingshausen als ein Theil seines Calamites communis von Radnitz abgebildet wurde. Mindestens halte ich dessen Fig. 5 auf Taf. I seiner Flora von Radnitz, viel- leicht auch die Reste auf Taf. VII daselbst, für ident mit der schlesischen und Saarbrücker Pflanze. Andere Stücke des- selben Werkes, so sein Calamites tenuifolius Taf. Il Fig. 1, kann nicht hierhergezählt werden, weil dasselbe nach Stur kein Astero- phyllit, sondern ein macerirter Calamitenstamm war. Während dieser letztere von den Autoren bisher gewöhnlich zu Asteroph. longifolius gerechnet wurde, sind die erstgenannten Reste nicht auf Bekanntes zurückgeführt worden, eben weil sie eigenthümlich sein dürften. Weniger übereinstimmend ist mit obigen Resten Drukmannia tenuifolia Sternberg (Vers. I fasc.2 S.28, 32 und XXIX, Taf. 19 Fig. 2) von Schatzlar und Radnitz (nicht — Calam. tenuf. Ett.), obgleich einige Aehnlichkeit damit vorhanden. Sternberg’s Diagnose: „foliis subulatis internodio paullulum longioribus“ beweist die Verschiedenheit. : Vorkommen. Grube Heinitz bei Saarbrücken, untere Saar- brücker Schichten; in der Sammlung des Verfassers. Var. silesiacus von Eckersdorf im Waldenburgischen. ö. Macrostachya Schimp. Spicae magnae, elongato-cylindratae, ad apicem ramulorum articulatorum ac foliatorum terminales, singulae. Bracteae verticillatae et alternantes, Jjuveniles marginibus sese attingen- tes vel fortasse sutura connatae, lebetiformes et plerumque adpressae, seniles plus minusve apertae; foliola inferne linearia, superne subito fere attenuwata sive mucronata, subulata, lanceolata, im - bricata, internodüs brevibus bis vel pluries longiora. Sporangio- phora uti Calamostacheos illa ex internodü dimidio orientia, cicatrieulis relictis decidua. Aehren gross, lang-cylindrisch, an beblätterten und ge- gliederten Zweigen endständig, einzeln. Bracteen wirtel- förmig und alternirend, in der Jugend mit den Rändern sich berührend oder vielleicht mit einer Naht zusammengewachsen, kesselförmig gebogen, der obere Theil meistens aufrecht ange- drückt, später mehr oder weniger geöffnet; Blättchen im un- tern Theile lineal, nach oben fast plötzlich verschmä- lert oder mit aufgesetzter Spitze, pfriemenförmig, lanzettförmig, dachziegelförmig, zwei- oder mehrmal länger als die Inter- nodien. Sporangienträger wie bei Calamostachys aus der Mitte des Internodiums hervorgehend, mit Hinterlassung kleiner Närbchen abfallend. Unter den ährenförmigen Organen der Steinkohlenformation kommen grosse walzliche Körper vor von 11 bis 31% QuerJurch- messer mit dicht über einander stehenden Blattquirlen, meist die Maecrostachya. 65 untern mit ihren Spitzen die obern deckend: die grössten Frucht- stände in der Familie der Calamarien und ihrer Grösse wegen den Lepidostroben nicht unähnlich, wenn auch durch die Wirtelstellung ihrer Blättehen sofort leicht unterscheidbar. Solche Reste hat man unter den Namen Equwisetum (Bronn und Brongniart 1828, später Gutbier), Equisetites (Sternberg, später Geinitz), Hutionia (Sternberg 1837, später Germar, Göppert u. A.), auch wohl Volkmannia z. Th., zuletzt als Macrostachya (Schimper 1869) bezeichnet. Nicht Alles aber, was hier genannt wurde, kann in eine Gattung gebracht werden, obschon ihr Habitus ein mehr ge- meinsamer ist, als der zwischen ihnen und anderen Calamarien- gattungen. Zur näheren Festsetzung dessen, was wir unter dem letzteren Namen Macrostachya vereinigen zu müssen glauben, diene das Folgende. Dabei wollen wir von den Stämmen, welche Schimper unter seiner Gattung mitbegreift, vorläufig absehen, so dass es sich jetzt nur um die Fructificationsorgane handelt. Als typisch hierfür müssen zunächst die durch Andrä in Germar’s Werk als Huttonia carinata beschriebenen Aehren von W ettin bezeichnet und hervorgehoben werden, woran sich jedoch bestimmt noch einige weitere nicht weniger typische anreihen, welche in der Litteratur bekannt geworden sind. Die wichtigsten dürften namentlich die auf Taf. 12 Fig. 14 u. 15 in Brongniart’s Histoire d. veg. foss. sein, sowie die Aehren in Gutbier’s Verst. des Zwickauer Schwarzk. -Gebirges Taf. III Fig. 5 u. 6, jene in Geinitz’s Steink. Sachs. Taf. 10 Fig. 6. und endlich die Beschrei- bung, welche Stur in Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1874 S. 257 von seiner Macrostachya gracilis giebt. Fügen wir zu dem aufgeführten Materiale die in unsern Figuren auf Taf. VI Fig. 1—4, Taf. XII Fig. 2, Taf. XVII Fig. 1, 3, 4 dargestellten Vorkommen, so haben wir hiernach’ unsern Gattungs- begriff zu bilden. Auszuschliessen dagegen ist aus diesem Kreise eine kleine Anzahl ähnlicher Fructificationen, welche sich durch wesentliche Verschiedenheit der Reproductionsorgane, nämlich der Sporangio- phoren, unterscheiden, wie weiter unten sich ergeben wird. Na- mentlich gehört dahin die Huttonia spicata Stbg., sowie die Palaeo- 6) 66 Macrostachya. stachya Schimperiana dieses Werkes, welche vom Verfasser früher als Macrostachya aufgefasst wurde. Unter der Voraussetzung, dass die übrigen, oben eitirten Reste zu einer Gattung gehören, ergiebt sich das folgende Bild derselben. i Als besonders erfreulich ist hervorzuheben, dass in mehrern Fällen die Stellung dieser grossen Aehren zu den Zweigen klar vorliegt. Wie Taf. VI Fig. 1, Taf. XVII Fig. 3 und 4 lehren, stehen die Aehren einzeln und endständig an den Spitzen von gegliederten und beblätterten Zweigen, theils keulenförmig in diese allmälıg übergehend (Taf. VI Fig. 1), theils schärfer gesondert von ihnen (Taf. XVII). Nach den bisherigen Beobachtungen ist es schon möglich, dieses Merkmal als ein unterscheidendes gegen ähnliche Aehren wie Huttonia zu benutzen; denn auch Stur be- schreibt bei seiner M. gracilis von Hostokrej einen gegliederten ‚Stiel und O. Feistmantel (Palaeontographica 23. Band Taf. IX) bildet von Radovenz im böhmischen "Theile des Riesengebirges eine Macrostachya mit beblättertem und eng gegliedertem Stiele ab. Diese Stellung der Aehren hat die Gattung Macrostachya mit Sphenophyllum gemein. Bei Huttonia dagegen ist nur ein unbe- blättertes Stielglied vorhanden, ebenso wohl auch bei der noch abzuscheidenden Gattung Pealaeostachya, wie bei den übrigen Calamarien. Die Art der Beblätterung dieser fruchttragenden Zweige ist verschieden, die Form der Blätter am Zweig weicht von jener der Deckblättchen in der Aehre sehr ab, variirt aber in Stellung und Grösse (Taf. VI Fig. 1 und Taf. XVIH Fig. 3 u. 4). Stur giebt bei seiner M. gracilis an den Hauptstengeln gabelig gespaltene Blätter an, an den fruchttragenden Aesten beschreibt er sie nicht ' näher. In allen diesen Fällen aber, wo die Verschiedenheit der Zweigblätter und Achrendeckblätter zu beobachten ist, andrerseits auch die fast ganz gleiche Form der Deekblätter und ihrer Inter- valle, dürfte schon mit grösster Wahrscheinlichkeit sich die echte Aehrennatur aller dieser walzlichen Körper ergeben, auch ohne dass man die innern Fructificationstheile nachweisen könnte. Denn wären solche Reste nur dicht beblätterte ährenförmige Zweige, Macrostachya. 67 unentwickelte junge Triebe, so würde man eine gleich regelmässige Bildung uud Constanz dieser Organe nicht erwarten. Allerdings haben wir auch Fälle kennen gelernt, wo nur ährenförmige Bil- dungen, nicht Aehren vorliegen; ein Blick auf die Figuren 2 u. 3 auf Taf. X beweist dies zur Genüge; allein die Analogie zwischen diesen letztgenannten und den hier vorliegenden Gebilden ist doch nur eine sehr oberflächliche. Die gewöhnliche Art der Erhaltung gestattet freilich eine volle Entscheidung über die Aehrennatur unserer Reste nicht, weil fast stets total comprimirte Körper vorliegen, meist derart, dass die ganze Dicke der platten Aehre kaum 1”"® beträgt. Da sind die Bracteen der beiden entgegengesetzten Seiten aufeinander- selest und in Kohle verwandelt ohne trennende Gesteinsmasse zwischen ihnen, so dass von den eigentlichen Reproductions- organen, welche nur zwischen ihnen sich befunden haben können, bei solcher Erhaltung absolut Nichts zum Vorschein kommen kann. Auch über einige andere Punkte in der .Organisation der Deckblattkreise lässt die gewöhnliche Erhaltungsweise gewisse Zweifel übrig. Es bleibt noch unentschieden, ob die Deckblätter in ihrem horizontalen Theile zu einer Scheide verwachsen oder bis auf den Grund getrennt waren. Man bemerkt. überall zwi- schen den Blättchen eine deutliche trennende Linie, eine Naht, theils als Furche, theils als vollständige oder unvollständige Rinne, theils als Kante. Wo die in Kohle umgewandelte Blattsubstanz erhalten ist, ‚füllt dieselbe auch die Rinnen aus, so dass der ganze Wirtel nur eine continuirliche Scheide gebildet zu haben scheint. Hiermit stimmt dann auch, dass die Blättchen allerdings sehr fest zu- sammenhängen müssen, da sie bisweilen in einzelnen isolirten Quirlen (Taf. VI Fig. 3 u. 4) gefunden werden, ohne sich zu trennen. Auf der andern Seite jedoch bemerkt man, und zwar an denselben Exemplaren, dass die die Bracteen trennenden Linien nicht genau in der Mitte zwischen beiden Blättchen, also gleichweit von deren mittlerem Kiel oder ihrer Medianlinie entfernt verlaufen, sondern oft ein wenig mehr nach einer Seite hingerückt scheinen, so dass die Ränder der Bracteen etwas übereinandergriffen, die Bracteen . selbst dagegen getrennt waren. Nur dass sie so sehr gedrängt 5 * . 68 Macrostachya. standen, bedingte ihr scheinbares Verfliessen in einander. Damit stimmt denn auch, dass jene Nähte deutlich und scharf bis auf den Grund an der Axe verfolgt werden können (Geinitz l. c. Taf. X Fig. 7), sowie dass doch auch manchmal, sei es bei gewisser Er- haltung oder bei gewissem Alter der Aehren sich die Blättchen \ entschieden weiter entfalten, als sie €&s gewöhnlich bei derselben Art thun und den scheinbar fest geschlossenen Kreis öffnen (s. Taf. XVII Fig. 1 Aehre 3 u. Fig. 3). Ich würde geneigt sein an- zunehmen, dass Beides zu gewisser Zeit der Fall gewesen, näm- lich, dass die Macrostachyen anfänglich zu Scheiden ver- wachsene Deckblattquirle besessen haben, die sich dann später längs der vorhandenen Nähte mehr oder weniger voll- ständig lössten und die einzelnen Blättchen frei machten. Dann ist es auch erklärlich, dass dıe Ränder der benachbarten Blättchen von rechts und links her sich öfters übereinander schoben. Wenn aus obigen Bemerkungen noch nicht unwiderleglich hervorgehen sollte, dass wir es in der Gattung Maecrostachya mit Aehren zu thun haben, so wird nun dieser Punkt jedenfalls durch Auffindung der den eigentlichen Reproductionsorganen zugehörigen Theile endgiltig entschieden und man wird auch die, natürlich zahlreicheren Fälle, wo nur die äusseren, nicht auch die inneren Organe beobachtbar vorliegen, die aber im Uebrigen von jenen nicht unterscheidbar sind, als echte Aehren zu betrachten haben und an unentwickelte Triebe nicht mehr denken können. In drei Fällen nun sind wirklich auch in solchen grossen Aehren Theile gefunden worden, welche offenbar nur als die Trä- ger von Sporangien gedeutet werden können. Jeder dieser Fälle ist indessen von den anderen verschieden und es ergeben sich _ sonach drei Gattungen, in welche man die Macrostachya- artigen Pflanzen scheiden muss. — Den ersten Fall hatte ich schon 1870 in meiner foss. Flora d. jüng. Stk. etc. des Saar- Rheingebietes S. 122 Taf. XVII Fig. 31 beschrieben abgebildet (jetzt vollstän- diger auf Taf. V) und glaubte die betreffende Aehre ihrer äussern Aehnlichkeit nach zu Macrostachya stellen zu dürfen. Dies wird indessen durch eine Beobachtung widerlegt, welche in neuester Macrostachya. | 69 Zeit an zwei Stücken gemacht wurde, die von Graf Solms gesam- melt und wovon eins auf Taf. XVIII Fig. 3 abgebildet worden ist. *) Unter den zahlreichen Macrostachya-Aehren von der gewöhn- lichen Erhaltung fanden sich nämlich auch drei von einer solchen, dass die Bracteenkreise geöffnet erscheinen, indem die einzelnen Bracteen sich von einander entfernen. An zweien derselben ist die Axe zu beobachten und hier tritt, wie es auch Fig. 3 u. 3 A auf Taf. X VIII lehrt, deutlich die Narbenspur der Sporangienträger auf, welche in der Mitte des Axengliedes befestigt waren, auch ist an einer Stelle der Anfang des Trägers selbst zu sehen. Dies ent- spricht völlig dem Calamostachystypus und sofern nicht spätere vollständigere Beobachtungen Differenzen ergeben, fällt in soweit die Organisation dieser Aehren mit denen von Üalamostachys zusammen. ‚Man könnte einen Zweifel haben, ob diese Aehren mit den anderen des Stückes zu derselben Pflanze gehören; allein die Be- trachtung des Ganzen, ihre parallele Stellung mit den benachbarten Aehren (nur eine ist quer gelagert), endlich der Umstand, dass auch eine der zusammengedrückten Aehren gewöhnlicher Erhal- tung (Taf. XVIII Fig. 4) ebenfalls unten auf einem beblätterten Zweig erscheint, wie die in Fig. 3, legen es sehr nahe, diese Theile alle auf dasselbe Individuum zu beziehen und lassen ihre Tren- nung unzulässig erscheinen. Sie sind es daher, welche uns den Hauptcharakter der eigentlichen Macrostachyen lehren, während jener früher erwähnte Fall (Taf. V) die Aehre einer besondern Gat- tung, die wir Palaeostachya nennen werden, zuweist. — Endlich ist auch bei Huttonia, nämlich der einzigen Art H. spicata, der Nachweis von Trägern der Sporangien geglückt, ziemlich analog denen von Cingularia, so dass auch diese dritte Gattung als selbstständig bestätigt werden kann. *) Ein Besuch des Herrn Stur aus Wien war die Veranlassung, auch diese auf den ersten Blick wenig versprechenden und deshalb zurückgelegten Stücke wieder hervorzuholen, wobei Herr D. Stur zuerst an einigen Stellen die Narben der Fruchtträger bemerkte. Die Aehre Fig. 3 habe ich dann später aus dem Gestein herauspräparirt und, soweit sie erhalten, blossgelegt. 70 Macrostachya. Begriff und Diagnose der Gattung Macrostachya ist dadurch verändert, namentlich auch gegen beide gehalten, wie sie in Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1873 8. 263 gefasst wurden.”) Aus der erläuterten Verschiedenheit der Organisation der Aehren geht natürlich nicht ihre Zugehörigkeit zu irgend welchen Stammtheilen hervor. In dieser Frage lässt sich noch kein endgiltiges Urtheil abgeben, falls es überhaupt annehmbar sein sollte, dass alle Macrostachyen an wesentlich gleichen Stämmen gestanden haben. Nach der besonders von Geinitz und Schim- per vertretenen Ansicht würden zu den Macrostachyen gewisse Calamiten-ähnliche Stämme gehören, welche sich durch ihre grossen quirlförmigen Astnarben nebst rosenkranzförmigen kleinen Narben- ketten, die von Blättern herrühren, sowie durch unbestimmtere bis fehlende Längsrippung von den gewöhnlichen Calamiten unter- scheiden, zum Theil auch in der Litteratur als Oyelocladia (Lindl., nicht Goldbg.) figuriren. Sehr schön und charakteristisch hierfür sind die Geinitz’schen Abbildungen des sogen. Equisetites infun- dibuliformis. Schimper weicht nur in der Meinung ab, dass der schöne von Geinitz als Aehre abgebildete Rest ein Zweig sei und substituirt dafür die Andrä’sche Huttonia carinata von Wettin als Aehren. Indessen dürfte man besser mit Stur die Geinitz’- sche Aehre nur für eine grössere Art als die Wettiner halten. Eine ganz andere Anschauung der Sache erhält man, wenn man den Bemerkungen von Stur (Verhandl. d. k. k. geol. Reichs- anst. 1874) folgt, welcher eingehendere Mittheilung von der Auf- findung von Macrostachya-Aehren an einem beblätterten, sich ver- zweigenden Stengel machte. Seine Aehren sind 2“ breit und stehen auf gegliederten kleineren Zweigen, die wieder an einem nur 5" breiten Stengel von 46 Länge befestigt sind. Letzterer. trägt Blätter, welche sich einmal gabeln. Stur nennt diese Pflanze von Hostokrej Macrostachya gracilis, indem er die Zweige als ident mit Volkmannia graeilis Stbg. (Vers. II Taf. 15 F ig. 1) betrach- tet. Jene Stämme dagegen, welche Geinitz und Schimper mit den Aehren verbinden, fasst er als echte Calamiten auf. *) Vergl. auch dieselbe Zeitschrift 1876, Bericht der Juli-Sitzung. Macrostachya. a8 Einer solchen Beobachtung gegenüber fühlt man sich wohl zur Aufgabe der: Geinitz-Schimper’schen Ansicht gedrängt, falls nicht diese böhmischen Aehren auf Sphenophyllum bezogen werden können oder eine besondere Gattung bilden. Unsere Saarbrücker Originale freilich lassen entschieden nichts von Gabelung der Blät- ter wahrnehmen; auch möchte der Umstand nicht zufällig sein, dass bisher an den Fundorten, von wo man Macrostachyen kennt, Stengelreste mit solchen gabligen Blättern, wie Stur’s Beschrei- bung fordert, für jetzt nicht beobachtet worden sind. Endlich ist das Vorkommen des auf Taf. XVIII Fig. 1 abgebildeten Stückes, welches weiter unten näher beschrieben werden soll, sehr geeignet, der Vorstellung von Geinitz-Schimper wieder neue Basis zu verschaffen, indem man die Aehren mit dem Stamme dabei als zur nämlichen Pflanze gehörig betrachtet. Wir werden diese Stämme als eine Section der Calamiten unter der Bezeichnung Calamitina (Typus des C. varıans) besprechen und wieder hier- auf zurückkommen. OÖ. Feistmantel unterscheidet Macrosta- chyen und Huttonien nicht, sondern stellt sie unter letzterem Namen zu den Calamiten, glaubt auch die Verbindung mit Cala- miten nachgewiesen zu haben, obschon seine Bilder den Anschein des nur zufälligen Zusammentreffens der Theile nicht verläugnen können. In neuester Zeit (Comptes rendus 1876, No. 17 S. 995) hat Renault nach einem verkieselten Bruchstück von Autun, mit 25 bis 26mm im Durchmesser, das er zu Macrostachya infundibuliformis rechnet, eine ganz abweichende Organisation ange- geben, darin bestehend, dass die Bracteen durch Verwachsung unten eine Scheibe bilden, welche an den Rändern (der Blättchen?) kurze Lamellen tragen, die sich an eine vom obern Wirtel herabhängende Verlängerung anschliessen. Sporangio- phoren hat er nicht beobachtet, sondern die ziemlich grossen Sporangien ruhen der Deckblattscheibe auf und enthalten Sporen, welche ihrer bedeutenden Grösse wegen als Macrosporen betrachtet werden. — Die ausführlichere in Aussicht ste- hende Abhandlung wird uns weitere Aufklärungen bringen. 1. Macrostachya infundibuliformis Brongn. sp. Taf. VI Fig. 1-4; Taf. XVII Fig. 1, 3 u. 4. Spica plerumque ad 16°” longa et ad 2,5” usque lata, breviter articulata; bracteae ut videtur quidem connatae, sed potius sejunctae, os}: Maecrostachya. lebetiformes, linea dorsali plus minwsve conspicue pro minente, negue vero carinatae, superficie laeves vel subrugosae, dentibus subito fere angustatis lanceolato-acuminatis, margine paul- lulum S-formi, internodio longitudine aequalibus vel vix longio- ribus. Sporangiophora ut supra descripsimus. Aehren gewöhnlich bis 16° lang und gegen 2,5°” breit, kurz gegliedert; Bracteen getrennt, nur scheinbar verwachsen, un- ten kesselförmig zusammenbiegend, auf dem Rücken mit mehr oder weniger deutlich vorspringender stumpfer Kante, doch ohne Kiel, mit glatter oder etwas runzliger Oberfläche, fast plötzlich in Zähne von lanzettlich-zugespitzter Form ver- schmälert, mit etwas S-förmigem Rande und einer Länge gleich der des Internodiums bis en Weniges mehr. Frucht- träger schon oben beschrieben. Nachdem Stur (Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1874 S. 257 u. 261) sich zuletzt über Macrostachya und deren Arten ausgesprochen hat, dürften folgende geschichtliche Bemerkungen für die Kennzeichnung unserer Art von Wichtigkeit sein. Equisetum infundibuliforme Brongniart (nicht Bronn), 1828, histoire des veget. foss. S. 119 Taf. 12 Fig. 14, 15 (nicht 16), exaetere Figur aus Desselben classification des veg. foss. 1822, ist allein die für die Art zu Grunde zu legende Pflanze (Aehre gegen 2,5°”® Breite, Saarbrücken). Die Fig. 16 (Copie nach Bronn’s Zqu. infundibulif. in Bischoff, Krypt.- Gewächse Deutschl. 1828 S. 52 Taf. 4 Fig. 4) gehört bestimmt zu einer andern Pflanze; ganz ähnliche Abdrücke, sich namentlich durch trichter- bis tellerförmig ausgebreitete Wirtel von Scheiden- blättern ohne Nähte auszeichnend, kenne ich aus dem Saarbrücker Gebiete und glaube mit Stur, dass sie zu Cingularia gehören möchten. Equisetites infundibuliformis, dieselbe Pflanze bei Sternberg, Vers. II, 1833, S. 44. ' Dies ist nach Stur die eigentliche typische Art, wovon die folgenden zu unterscheiden, die bisher gewöhnlich damit vereinigt wurden. Equisetum infundibuliforme Gutbier (var. ß), Verstein. des Zwickauer Schwarz- kohlengebirges 1835 S.30 Taf. IITd Fig. 5, 6 (Aehre bis über 3°® breit: beson- ders die Vergrösserung Fig. 5a giebt die Organisation sehr klar wieder, während eine Copie hiervon in Germar’s Werk wenig gelungen ist). Dasselbe wie Equisetites infundib. bei Geinitz, Verstein, Steink. Sachs. S. 3 Taf. 10 Fig. 6, 7, grosse Aehre von 3,5°® Breite und bedeutender Länge, Deckblattspitzen abge- rissen. Die übrigen vom Autor hierher gezogenen Reste sind Stammstücke. Ober- hohndorf, Scherbenkohlfllötz, -d, i. obere Etage bei Zwickau; auch bei Lugau , | 2 s Macrostachya. 73 in Sachsen. — Diese sächsischen Vorkommen bezeichnet Stur als Maerostachya Geinitzi nov. sp. Die von mir in Öttweiler Schichten der Rheinpfalz aufge- führten dürften derselben Art angehören. Huttonia carinata Andrä in Germar, Verst. v. Wettin und Löbejün S. 90 Taf. 32 Fig. 1, 2, von. Wettin. Aehren 2—2,3°® breit; die Zeichnungen weit weniger klar als bei Gutbier. Die Achren des Halle’schen Museums, und zwar sowohl der Originale als andrer Exemplare, sind freilich weniger gut erhalten als z. B. auch die von Saarbrücken. — Diese Aehren stehen den echten infundibuliformis von Saarbrücken sehr nahe, erreichen wohl etwas grössere Dimensionen als letztere, unterscheiden sich jedoch, soweit sie sich untersuchen las- sen, wesentlich nur durch den kielartigen, d.h. scharf abgesonderten und linienförmig vorspringenden Mittelnerv ihrer Deckblätter, welcher bis zur Spitze aushält, im untern breiteren Theile jedoch unbestimmter wird. Nur durch Druck kann er.sich verwischen, eine Wölbung der Braeteen wie bei den Saarbrücker Macrostachyen wird nicht bemerkt. Da diese Aehren nicht im gleichen Niveau der Steinkohlenformation auftreten, wie jene, so wird ihre Unterscheidung aller- dings wünschenswerth, obschon dazu wohlerhaltene Stücke erforderlich werden. Vielleicht gehören hierher die Funde von O. Feistmantel von Bras und vom Südfusse des Riesengebirges (Abh. d. k. böhm. Ges. d. Wiss Bd. 5, Taf. I Fig. 1, Taf. II und: "Verst. d. böhm. Kohlengeb. S. 103 Taf. 3 Fig. 3 u. Taf. 9, letzteres Exemplar 1,5% breit). Macrostachya infundibuliformis Sehimper, traite l S. 333 Taf. 23 Fig. 16—18 sind Copieen der vorigen. Während M. Geinitzi neben ihrer bedeutenden Grösse wohl über 15 Bracteen im Halbquirl besitzt, zeigen M. infundibulifor- mis und carinata sowohl in Bezug auf ihre Breite (2—2,5°”) als die Anzahl ihrer Deckblättchen (10 bis 12 im Halbquirl), Ueberein-. stimmung. Der kielförmige Mittelnerv der letzteren wird bei ersterer durch eine etwas vortretende bis fast kielartige Wölbung in der Medianlinie des Rückens vertreten, welche nur auf der äussern kohligen Fläche deutlicher sichtbar wird, dagegen auf der Innenseite fast verschwindet. Die Saarbrücker Reste zeigen auch bei stärkerer Vergrösserung eigenthümliche Runzelung der kohligen Oberfläche, welche Stur als Unterscheidungsmittel- gegen M. carinata mit glatter Oberfläche betrachtet; jedoch ist dies mur als ein bei Saarbrücker Resten öfter wiederkehrender Erhaltungs- zustand der Kohle anzusehen und wurde deshalb in unsern Figu- ren nicht gezeichnet. Eine noch kleinere Form (Taf. XVII) scheint wenigstens als Varietät (Solmsi) ausgeschieden werden zu 74 Macrostachya. müssen, hat im Uebrigen aber die grösste Aehnlichkeit mit infun- dibuliformis. Angaben über die anderen Eigenschaften unserer Art lassen sich besser mit der Einzelbeschreibung der hier in Betracht kom- menden Stücke verbinden. Taf. VI Fig.1. Eine Aehre von Sulzbach bei Saarbrücken, Jordan’sche Sammlung der Universität Berlin. Sie ist auf 15°® Länge erbalten, nur an der Spitze unvollständig, stark zusammengepresst wie gewöhnlich, so dass die Breite zugleich den halben Umfang bezeichnet. Sie entspringt aus einem 6,5" breiten Stiel, dessen Glieder nach oben kürzer werden, (von unten an S,5: 6; 5,5; 5wm Jang) und zugleich mit dem dritten oder vierten Gliede an Breite zu- nehmen und nun allmälig in die etwa 22"M breite Aehre übergehen. Dadurch wird die sonst cylindrische Aehre nach unten spindel- oder kolben- förmig. Wo die eigentliche Aehre beginnt, lässt sich nicht sagen, denn auch die an den Gliederungen stehenden Blättchen, anfänglich schmal lineal-lan- zettlich wie Fig. 12, kaum 1" breit, mm Jang, mit graden Rändern, werden in ihrem untern Theile allmälig breiter und nehmen dann sehr bald die für die Aehren-Deckblätter normale Gestalt wie Fig. 14 von 1,5" Breite und rasch zusammengezogener Spitze mit geschweiften Rändern an. Die Stengelblätter sind, soweit sichtbar, von der Länge des nächst höhern Gliedes, einfach und bis auf den Grund getheilt, aber mit den Rändern theilweise ein wenig übereinandergreifend, mit deutlichem und scharf vorspringendem Mittel- nerv, aufrecht angedrückt oder wenig abstehend. Die Deckblätter, deren 12 auf den Halbquirl kommen, sind dagegen breiter lineal, der untere Theil jedes Quirles wird von den alternirenden Blättchen des vorhergehenden dachziegelförmig bedeckt, der Zwischenraum zwischen dem Punkte, wo die Einschnürung der Blätt- chen eines Wirtels beginnt bis zur gleichen Stelle des nächst höheren Wirtels, ist gleich der Internodiallänge, etwa 6" m; bis dahin oder kaum höher reicht auch die aufgesetzte Spitze des nächst tieferen Deckblättehens. Die Bracteen sind gewölbt, in der Medianlinie etwas mehr, aber durch die Zusammenpressung besonders auf der Innenseite zum Theil wieder stark planirt. Die Blattsubstanz war, nach der Kohl’nrinde zu urtheilen, dünn, ihre Oberfläche zeigt die oben erwähnten Grüb- chen und Runzeln. Die aufrecht angedrückten lanzettlichen Stengelblätter und die Form der Deekblätter erscheinen für diese Aehre als die wichtigeren Merkmale. Ihr Stiel liegt übrigens quer auf einem gegen 22m langen Bruchstück eines Asterophyl- litenstengels mit bogig aufwärts gerichteten, fast angedrückten, schmalen, einfachen Blättern ziemlich von der Länge der Internodien. Ausserdem viele sehr schmal- blättrige Asterophylliten auf dieser Platte. Taf. VI Fig. 2. Ein Stück einer Aehre von derselben Platte wie die vorige, in 1}fach vergrösserter Darstellung. Die Aehre ist gegen 12m lang, hat 24 Glie- ee ee Macrostachya. 75 der, ist aber auf beiden Enden unvollständig, stark zusammengepresst zu kaum 9m Dicke, etwa 19"® breit. Es kommen 10— 11 Blättchen auf diese Breite. Die zusammengezogene Spitze trifft genau in den Einschnitt der nächst höher gestellten Blättchen oder ragt noch ein Minimum darüber hinaus, 5mm lang wie die Internodien. Die Erhaltung der Details ist vortrefflich, so dass man die flache, fast kielartige Wölbung auf der Kohlensubstanz der Bracteen in ihrem breiteren Theile und bis in den Blattzahn verlaufen sieht. Am untern ab- gerissenen Ende ist etwas von der 6,5% M breiten feinstreifigen Axe und zugleich zu sehen, dass die Bracteen glockenförmig gegen die Insertion zusammenneigen; ihre Länge ist hier 13"m, so dass sie etwa das 24fache der Internodiallänge er- reicht. An den Gliederungen der Axe sind die Aehren auch äusserlich quer eingedrückt. Taf. VI Fig. 3 u. 4. Zwei isolirte Blattwirtel, welche die Glockenform der Bracteen zeigen, Fig. 3 der convexe Abdruck, Fig. 4 die hohle Ansicht der Innen- seite, letztere I4fach vergrössert (19% breit, 13 lang, aus 12 Blättchen gebildet). Die Blättehen erscheinen in Fig. 3 durch erhabene Kanten, in Fig. 4 durch schmale Rinnen getrennt, stellenweise sich mit den Rändern deckend. Ihre mittlere kiel- artige Wölbung ist bei Fig. 4 etwa gleich 4 der Breite des untern Blatttheiles, in der Medianlinie stärker vertieft; bei Fig. 3 davon kaum eine Spur zu sehen. Koh- lige Oberfläche glatter als bei Fig. 1 u. 2. Als Var. Solmsi (Breite nur 1,5°®, 9 — 10 Bracteen im Halbquirl) bezeich- nen wir die auf Taf. XVIII Fig. 1, 5, 4 gezeichneten Aehren, ein sehr interessanter Fund, den Graf Solms-Laubach in Strassburg auf den Skalleyschächten bei Dud- weiler machte. Zu dem Hauptstücke Fig. 1 gesellen sich mehrere andere von demselben Block mit Aehren, die denen des ersteren parallel lagen und sehr wahrscheinlich demselben Individuum angehört haben; zwei davon sind in Fig. 3 und 4 gezeichnet. Das Stammstück in Fig. 1, von der Form der Calamitinen (und dort näher zu beschreiben) bildet gleichsam den Mittelpunkt für die sämmtlichen Macrostachya- Aehren dieses Exemplars. Ihre gegenseitige Lage ist nämlich dergestalt, dass die Aehren gegen die als Wulstabdrücke (a) angedeuteten Astnarbenglieder des Stammes convergiren, so dass man kaum umhin kann, beiderlei Reste auf dieselbe Pflanze zu beziehen, obschon die directe Verbindung der Aehren mit dem Stamme fehlt, denn auch die Aehre No. 2 ist nur‘durch einen fremden Körper in schein- barer Verbindung mit der unteren Gliederung a. Noch lebhafter prägte sich dem Entdecker dieser Eindruck der Zusammengehörigkeit am Originale auf, ehe es in die vorliegenden Stücke zerschlagen werden musste. Leider konnten von dem schon in Verwitterung begriffenen Blocke grössere Stücke nicht mehr conser- virt werden; es waren aber nach brieflicher Mittheilung mehr als 20 Aehren in ähnlicher Lage. An dem Exemplare zu Fig. 1 sind nun auf der Vorderseite 3 Aehrenbruch- stücke zu sehen (No. I, 2, 3), dazu kommen aber auf der Rückseite noch 7 andere 716 Macrostachya. Aehren (No. 4— 10, nur in Umrissen in rother Farbe aufgedruckt, um die be- zügliche Lage zu erkennen zu geben) *), welche ebenfalls gegen den Stamm hin bogig convergiren, und noch andere Achren stecken im Gestein. — Die Aehren- bruchstücke sind 10 bis über 15°® lang und 12 — 15%” breit und besitzen also etwas kleinere Dimensionen als die gewöhnlich vorkommenden auf Taf. VI. Ihre Glieder sind 5um Jang, an Deckblättehen zähle ich 9—10 im Halbquirl. Die meisten Aehren sind von der gewöhnlichen Erhaltung, die Kohlensub- stanz auf ihnen oder ihr Abdruck zeigt den Rücken der Deckblättehen, welche im breiten Theile 1,3 WM breit sind, mehr lanzettförmig, ihre Spitzen weniger ein- geschnürt, die Ränder nicht S-förmig. Der comprimirte Rücken bei richtiger Beleuchtung flach kielartig erhaben, auch wohl mit einer nervenartigen Mittellinie; Oberfläche etwas runzelig oder streifig bis glatt Eine Aehre (No. 3) des Stückes Fig. 1 jedoch, sowie 2 andere der übrigen Bruchstücke (wovon eine in Fig. 3 isolirt abgebildet) sind von etwas anderer Erhaltung. Indem sie nämlich einen schiefen Druck, vermuthlich mit Verschiebung verbunden, erlitten haben, sind die Deckblattwirtel aufgeblättert, die Blättchen getrennt, zum Theil die Axe sichtbar. Bei diesen sieht man auch die Blättchen mit ihren Rändern abwechselnd über- einander greifen, jedoch merkwürdiger Weise so, dass die Blättchen der rechten Hälfte des Wirtels mit ihren linken, die der linken Hälfte mit ihren rechten Rän- dern es thun, also nicht alle sich gleich stellen. Offenbar ist dies Folge des Druckes nach Ablagerung der Pilanze. Diese Deckblätter meist nur als Abdruck der Innenseite erhalten, erscheinen noch glatter als die der zusammengepressten anderen Aehren. Wichtig ist nun, dass an 2 Aehren von der letzteren Erhaltungsweise deut- lich die von den Sporangiophoren herrührenden Närbcehen sichtbar sind (Fig. 3 und 3A) wie oben erwähnt. Dieselben stehen in halber Höhe des 7,5 um breiten, 5®m hohen Axengliedes auf letzterem; öfters ist zugleich hier ein quer- laufender Knick gleich einer angedeuteten Quergliederung vorhanden. Ich zähle nur 3— 4 soleher Närbehen, die aber nur etwa die halbe Breite der Axe ausfül- len, so dass es wohl bis 8 im halben Umfang gewesen sein mögen. Einige Aehnlichkeit stellt sich bei diesem Erhaltungszustand mit Stachannu- laria ein, besonders deren Erhaltungsweise wie Taf II Fig. 9— 11. Noch ist dieses Stück von Dudweiler sehr werthvoll dadurch, dass an zwei Aehren bestimmt wahrzunehmen ist, dass dieselben endständig an beblätter- ten Zweigen sich befanden. Die besste hiervon ist von der Erhaltung der zwei- ten Art und in Fig. 3 abgebildet, sie zeigt zugleich Narben der Sporangiophoren; die andere ist in Fig. 4 wiedergegeben und von der gewöhnlichen Erhaltung. Auch auf der Rückseite des Stückes zu Fig. 1 scheint eine gestielte Aechre (No. 4) sich zu befinden, doch ist es hier weniger sicher, ob man nicht den Längsbruch *) Diese Umrisse sollen kein Detail wiedergeben; es sind weit mehr Blattwirtel vorhanden, als der Zeichner angedeutet hat, sie sind sämmtlich etwa wie Fig. 4 erhal- ten, doch nur No. 4 mit Stiel oder stielartigem untern Theile. sich ui u oe Macrostachya. 77 der Aehre statt Stengelglieder vor sich hat. An Aehre Fig. 4 zeigt sich bei v 2 Stengelgliedern in der Mitte eine leichte unvollständige Querfurche, sicher nur durch Zufall; diese Internodien sind 13, 10,5, 8,5 wm lang, die Aehrenglieder etwa 5,4mm, Fig. 3 ist die einzige aller vorliegenden Aehren, welche in abweichender Richtung quer gegen die übrigen sich befindet, dagegen sind alle übrigen regel- mässig zum Stamm gestellt. Ihr Stiel mit 5 Gliedern von 14—6"m abnehmen- der Länge endet unten mit einem etwas verbogenen Stück an emem Knoten, der noch die Basis ansitzender Blätter erkennen lässt. Ein höherer Wirtel ist der vollständigste, obschon er nur 6 seiner Blättchen und Spuren anderer zeigt. Man sieht aber, dass es einfache schmal lanzettliche Blättehen sind mit schwachem Mittelnerv, ganz von der Form wie bei den gewöhnlichsten Asterophylliten, bogig aufwärts strebend, so lang oder etwas länger als das nächste Glied. Ihre Rich- tung und Grösse differirt von der des Stückes auf Taf. VI. Vorkommen. Grube Sulzbach und Skalleyschächte bei Dudweiler, untere Saarbrücker Schichten. 2. Macrostachya caudata nov. sp. Taf. XIII Fig. 2. Spica magna, breviter articulata. Bracteae inferne connatae (?), longissimae, primo patentes, deinde erectae, postremo oblique patentes, lineari- vel elongato-lanceolatae, acuminatae,; internodio certe octies longiores. Aehre gross, eng gegliedert. Deckblätter unten verwach- sen (?), sehr lang, erst senkrecht abstehend, dann aufrecht, end- lich schief abstehend, linien- bis länglich-lanzettförmig, allmälig zugespitzt, wohl achtmal länger als ein Inter- nodium. | Ein über 9°“ langes Bruchstück einer walzlichen dicht beblät- terten Aehre mit etwa 27 Gliedern, dem beide Enden fehlen. Die Aehre zeigt im untern Theile nur breitgedrückte Blattquirle, im obern ist die vordere Hälfte der Blattwirtel weggebrochen und die Axe entblösst. Die letztere (ebenfalls flach gepresst) ist ziem- lich eng gegliedert, ein Glied durchschnittlich 3,4”” lang, 3,7” breit, zeigt dicht über der Gliederung deutlich, weiter oben undeut- lich "Längsrippung und Furchung. Die Knoten tragen im Quirl gestellte Blätter, welche zuerst (etwa 4"”® weit) von der Axe steil abstehen, dann im Bogen sich aufwärts und etwas nach aussen 78 Maerostachya. richten, endlich wieder schief nach aussen abstehen. Ihre grosse Zahl und die Länge der Deckblätter ruft ein zottiges fuchsschwanz- ähnliches Aussehen hervor, bedingt wohl auch einige Aehnlichkeit mit manchen Lepidostrobus; doch ist hier die Quergliederung der 2 Aehre leicht wahrzunehmen. Während die äussersten Spitzen der langen lanzettlichen Deckblätter wohl 42”® von einander abstehen, bildet der untere aufrecht angedrückte Theil derselben einen walzlichen Körper von nur etwa 13 — 14”® Durchmesser. Hier erscheinen die Blätter etwa 2"”" breit, greifen natürlich weit übereinander und bilden, wo sie nur auf die Länge eines Glie- des erhalten sind und die Quergliederung deutlich ist, zellig eingetheilte Felder, ähnlich wie Macrostachya infundibuhformis oder @einitzi im Geinitz’schen Werk. Die Blattstellung ist wohl zwischen den benachbarten Wirteln abwechselnd, doch giebt die Figur sie etwas zu bestimmt an, wenn sie auch nicht zweifelhaft ist. Die Anzahl der Blättchen ist nicht sicher, doch wohl über 8 im Halbquirl. Mittelnerv oder Kiel ist nicht deutlich. Da die Fruchthalter fehlen, so ist natürlich über die Stellung des Restes zur Gattung, der er eingereiht wurde, nichts Sicheres auszumachen. Die Göttinger Sammlung bewahrt ein Stück vom gleichen Fundorte mit mehrern, jedoch etwas kleinern und unvollständigeren Aehren, deren Erhaltung Aehnlichkeit mit Volkmannia arborescens Stbg. hervorruft. Die Bracteen sind in einiger Höhe meist abge- rissen, so dass die stehengebliebenen Reste abgestuzt endigen oder etwa viereckige Felder bilden; auf den Seiten stehen aber die schmalen langen Enden der Blättchen, noch 3 Glieder über- ragend. ; Vorkommen. „Beste Grube“ bei Hermersdorf in Nieder- schlesien, aus der Beinert’schen Sammlung in der Bergakademie; mit Sphenophyllum Schlotheimi zusammen. 4. Huttonia Stbg. Spicae magnae, cylindratae, petiolatae. Bracteae verticillatae, vertieillorum proximorum illae alternantes, internodia abbreviata bis vel ter superantes, suberecto-patentes vel leviter curvatae, e basi an- gustiore oblongo-Llineares, subito fere in apicem lanceolatum vel subu- latum attenuatae, marginibus congruentibus, ecostatae. Sporangio- phora sub bracteis eu azillis eorum externis orta. Aehren gross, cylindrisch, gestielt. Deckblätter wirtelförmig, die der benachbarten Wirtel alternirend, 2—3 Male länger als die kurzen Internodien, fast aufrecht abstehend bis leicht gebogen, aus etwas verschmälerter Basis länglich lineal, fast plötzlich in eine lanzettlich-pfriemenförmige Spitze zusammengezogen, mit den Rändern etwas übereinandergreifend, ohne Nerven. Unter dem Blattkreise aus deren äusserem Winkel brechen scheibenförmige Träger der Sporangien hervor. | Die äussere Aehnlichkeit der als Huttonia zu bezeichnenden Aehren mit Macrostachya ist so gross, dass es bei nicht genügen- der Erhaltung derselben kaum möglich sein wird, beide Gattun- gen in ihrem Vorkommen streng von einander zu scheiden, so verschieden auch die eigentlichen Gattungsmerkmale — die Frucht- träger und deren Stellung — bei ihnen sind. Man wird seine Zuflucht ausserdem zur Beschaffenheit des Aehrenstieles, zur Bil- dung der Deckblätter zu nehmen haben, allein damit ist, abgesehen von der Schwierigkeit der richtigen Erkennung dieses Theiles der Organisation, ein weit weniger wichtiges Moment der Unterschei- 80 Huttonia. dung mit aufgenommen, dessen allgemeine Gültigkeit daher auch fraglich erscheinen kann. Dass die Aehre gestielt war, geht aus dem Abdruck zu Taf: XIV Fig. 2 und 3 unzweifelhaft hervor, ebenso dass dieser Aehrenstiel einfach, ungegliedert, also auch blattlos war und weder kolbig in die Aehre überging wie bei der Macrostachya Taf. VI Fig. 1, noch auch endständig an den Zweigen. Die Aehren sind daher an der Basis abgesetzt und beginnen mit dem ersten Blattquirl; sie standen offenbar seitlich an den Gliederun- gen des Stengels. Die Wirtel der Bracteen sowie diese selbst erscheinen weniger gedrängt und dicht als bei Macrostachya, namentlich mehr abstehend.. als meistens dort; indessen ist dies vielleicht nur bei der einzigen hier vorliegenden Art der Fall. Die Form der Deck- blättchen ist wesentlich dieselbe wie bei Macrostachya, namentlich M. carinata. Man findet hier wie dort eine pfriemenförmig zu- sammengezogene Spitze; Nerven sind nicht zu bemerken, feine Längsstreifung (s. Taf. XIV Fig. 1, 4) rührt von der Structur der Epidermis her, ebenso geschieht es nur in seltnen Fällen (Fig. 2 A), dass das Mittelfeld des Blättchens sich ein wenig erhebt. Wich- tiger ist die Frage, ob die Deckblättchen mit einander scheiden- förmig verwachsen oder getrennt waren, worüber die Ansichten noch getheilt sind. Schimper glaubte am Grunde der sonst freien Deckblättchen eine ringförmige Verwachsung wahrgenommen zu haben und gründete hierauf die Trennung der beiden Gattungen Huttonia und Macrostachya (s. traite, S. 332 Taf. 17 Fig. 11). Da- gegen spricht sich Stur (Verhandl. k. k. geol. Reichsanst. 1874 S. 260) für die scheidenförmige Verwachsung der Bracteen in ihrem ganzen breiteren Theile aus. Und man kann in der That zweifelhaft sein, welcher Ansicht man zustimmen solle, wenn man nicht sehr gute Stücke hat, oder man könnte zu ähnlichem Resul- tate wie bei Macrostachya gelangen, dass die Blättchen anfänglich verwachsen gewesen seien und sich später, aber doch früher als bei jener, getrennt hätten. Indessen bin ich keinen Augenblick über den wirklichen Sachverhalt in Zweifel dank dem ausgezeich- neten Materiale, das mir zur Untersuchung gedient hat. Huttonia. 81 Danach finde ich, dass die Blättchen eines Quirles, welche aus etwas verschmälertem Grunde nach oben breiter wer- den, sich mit ihren Rändern seitlich decken und dadurch Erschei- nungen hervorrufen, wie sie die Fig. 1A bis 1C und Fig. 4A u. B auf Taf. XIV genau nach der Natur wiedergeben. Die unmittel- bar auf einander liegenden Ränder bilden nicht selten Rinnen, welche zwischen den einzelnen Blättchen verlaufen und es scheint dann ein Blättchen direct in das andere sich fortzusetzen, denn man hat überall den gelblichen glatten Abdruck der Blattheile. Wäre wirklich keine Grenze zwischen beiden Nachbarblättern vor- handen, so müsste die Sache sich verhalten, wie es Fig. 5 angiebt, Einschnitte bis zu gewisser Tiefe, von da an scheidenförmige Ver- wachsung. Allen dem ist nicht so, sondern bei sorgfältigem Nachforschen findet sich stets eine trennende Linie zwischen den Blättchen, sei es in der Rinne selbst, oder an deren Rande, trotz- dem die sich deckenden Blättchen oft gar nicht durch Gesteins- masse geschieden sind. Noch häufiger aber und besonders deut- lich, wenn der Rand des einen Blättchens durch Ausbröckeln wie zerfressen erscheint, ist direct das Uebergreifen des einen auf das andere Blatt deutlich zu beobachten, so dass man an ihrer voll- ständigen Trennung keinen Zweifel haben kann, da diese trennen- den Linien bis auf den Grund (so in Fig. 4A auf Taf. XIV, Vergr. zu dem Schimper’schen Originale Fig. 4 Taf. XIII) verfolgt wer- den können. Weniger deutlich ist es nur, wenn die Rinne nach oben, seltner nach unten, aufreisst, wie Fig. 1A— C auf Taf. XIV. Mitunter sind aber die Blättchen durch Gesteinsmasse hinreichend getrennt, um bis .auf grössere Tiefe ihre Theilung sofort wahrzu- nehmen; geht diese Trennung sehr tief, bis in die Nähe des Grun- des und treten die Blättchen erst hier zum Theil übereinander, so entsteht die von Schimper gegebene Ansicht. Sehr merkwürdig ist an dem Originale von Breslau (Taf. XIV Fig. 1), dass wiederholt an mehreren Quirlen noch Reste von in Kohle umgewandelten tellerförmigen Körpern unter dem Blattquirle hefvortreten, die zwar nur rudimentär erhalten sind, aber die Existenz von Reproductionsorganen beweisen, welche hier befestigt waren. Es sind offenbar Träger der Sporangien 6 89 Huttonia. oder Früchte, welche nur leider so mangelhaft erhalten sind, dass über ihre Details sich wenig angeben lässt. Zwei Stellen habe ich so fragmentarisch vergrössert gezeichnet, wie sie sich unter der Lupe darstellen. Danach scheinen diese Träger tellerförmig, steil abstehend oder etwas rückläufig gewesen zu sein, durch eine Kante oder Rinne in concentrischer Richtung getheilt und der äussere Kreis eingeschnitten, ähnlich wie bei Cingularıa. Die Ana- logie mit Cingularia ist unverkennbar. Gleichwohl kann man Huttonia mit Cingularia natürlich nicht vereinigen, denn abgesehen davon, dass diese Fruchthalter viel zu unvollständig bekannt sind, würde in den getrennten Bracteen eines Huttonien- Quirles ein ausreichender Unterschied von Cin- gularia stets gegeben sein. | Es ist wohl überraschend, hier trotz äusserer Aehnlichkeit mit Macrostachya und zum Theil Palaeostachya so bedeutende Unterschiede wie diese von beiden so verschiedene, von Palaeostachya gradezu entgegengesetzte Stellung der Bracteen und Fruchtträger auftreten zu sehen. Wenn es aber sicher ist, dass in beiden Gattungen der sterile und der fertile Blattkreis (wie auch bei Cingularia) aus nahe denselben Punkten hervorkommt, so dürfte man vielleicht in diesem Gegensatze von oben und unten für die Stellung der zweierlei Kreise keinen allzu grossen Unterschied finden, wenn man bedenkt, dass von beiden übereinander stehenden Blattkreisen sich nur in dem einen Falle (Palaeostachya) der obere, im andern Falle (Huttonia, Cingularia) der untere zu einem fertilen zu entwickeln brauchte, um die verschiedenen Fälle zu liefern. Huttonia spicata Stbg. Taf. XIII Fig. 3 u. 4, Taf. XIV Fig. 1—4. Spicae petiolum simplex, apetalum. Bracteae e basi angus- tiore ovato-oblongae vel oblongo-lineares, apicem versus in subu- lam lanceolatam longiusculam attenuatae, margine S-formi, superficie tenuissime striata, vertieilli infimi foliola tenwiora, lanceolata. Sporangiophora disciformia, patentia, usque ad mediam partem incisa. ; Aehren mit einfachem blattlosem Stiel. Deckblätter aus schmaler Basis eilänglich oder lang-lineal, mit fast auf- gesetzter Spitze, welche in einem lanzettlichen ziemlich langen Pfriemenzahn mit S-föormigem Rande verlängert ist, Huttonia. 83 an der Oberfläche fein längs-gestreift; die untersten Quirl- blättehen schmäler, lanzettlich. Sporangienträger scheibenförmig, abstehend, bis zur Hälfte eingeschnitten. Die Aehren besassen nach dem Sternberg’schen Originale (Fig. 2 auf Taf. XIV) einen Stiel, dessen schiefe Richtung auf seitliche Stellung der ersteren deutet, sein unteres Ende ist etwas verdickt. — Die Aehre beginnt mit einem Wirtel von schlankeren Blättehen (Fig. 3), die mehr lanzettförmig sind, deren Spitzen aber bis fast in die Mitte des dritten Quirles darüber reichen, während die übrigen Deckblätter mit normaler Form, wobei der Rand an der Spitze etwas S-förmig wird, kürzer sind und wohl nur die Basis des zweiten höheren Wirtels erreichen. In Form und Grösse variiren die Deckblättchen, wie man aus den Figuren ersieht, beträchtlich, so dass man an die specifische Verschiedenheit solcher Stücke wie Fig. 1 und 2 Taf. XIV denken könnte, welche etwa die grössten und kleinsten Aehren dieser Art repräsentiren, wenn man nicht Zwischenformen, wie Taf. XIII Fig. 4 hätte. Der Rücken des Blattes erhebt sich nur selten, wie an dem Exemplare Fig. 2 mit noch erhaltener Kohlenhaut, zu einer undeutlichen vorspringenden Wölbung. Dann erscheint dieser Theil oder auch die ganze Oberfläche des Blattes von der Struc- tur der Epidermis, nämlich fein längsgestreift. Mit der verschie- denen Grösse der Bracteen scheint auch ihre Anzahl in einem Quirl in Zusammenhang zu stehen, da man bei dem grössten Exemplare mit breiteren Blättchen Fig. 2 Taf. 14 abwechselnd 8 oder 9 Blättchen zählt, in dem mittleren Taf. 13 Fig. 4 ebenso 9—10 und in dem kleinen mit schlankeren Blättchen Taf. 14 Fig. 1 nur 7—8 im Halbquirl. — Da beide Umstände also zu- sammenfallen, so scheinen sie auch nur auf ein Variiren zu deu- ten und keinen genügenden Grund zur Aufstellung einer beson- dern Species abzugeben. Jedoch kann man die kleineren Achren mit schlankeren und weniger Bracteen wie Fig. 1 durch die Be- zeichnung als _ var. gracilior kenntlich machen. ‘ Was die Sporangiophoren oder Fruchtträger anbelangt, so soll das Nähere in der Specialbeschreibung zu Fig. 1 auf Taf. 14 6* 34 Huttonia. auseinandergesetzt werden, an welchem Stücke allein diese Körper beobachtet wurden. Ueber Stamm und Zweige dieser Pflanze haben wir noch keine positive Gewissheit. Stur in seinen Bemerkungen über _ Macrostachya scheidet Huttonia spicata schon deshalb aus, weil er sie identisch mit Volkmannia distachya Stbg. hält und diese für die Aehre von Calamites varians. O. Feistmantel verlangt von ihr die Zugehörigkeit zu Calamites Cisti oder cannaeformis, für welche ihm sonst Fruchtähren fehlen würden. Die Pflanze ist wiederholt Gegenstand der Besprechung und bildlichen Darstellung gewesen, man findet über sie folgende Original- angaben. Huttonia spicata Sternberg, Verhandl. d. Gesellsch. d. vaterländ. Museums in Böhmen, 1837, S. 69 Taf. I Fig. 1 —4. Andrä in Germar’s Verst. von Wettin ete., VII, 1851 $. 91 Taf. 32 Fig. 4 (unvollkommen, nur Spitzen der Blättchen). Ettingshausen, Steinkohlenflora von Radnitz, 1854, S. 29. & Ss Feistmantel, Archiv für naturhist. Durchforsch. von Böhmen, 1869, Scehimper, traite de paleont. veget. I, 1869, S. 332, Taf. 17 Fig. 10. Stur, Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1874, S. 259. O0. Feistmantel, Verst. d. böhmischen Kohlenablager., Palaeontogr. 23. Bd., 1875, 8. 113 Taf. VIII Fig. 3. Das Exemplar misst gegen 16°@ Länge, andere aber sollen bis 263% gehabt haben. Vorkommen. Als Fundorte giebt Ettingshausen Wra- nowitz und Swina bei Radnitz an, Feistmantel noch Bras, Zlejeina und Schatzlar, das Auftreten bei Wettin nach Andrä bedarf wohl der Bestätigung. Dagegen dürfte das auf Taf. XIII Fig. 3 abgebildete Stück von Eckersdorf in Niederschlesien (Bei- nert) nur auf H. spicata zu beziehen sein. Beschreibung einiger wichtiger Stücke. *) Taf. XII Fig. 4 u. Taf. XIV Fig. 4A u. B. Radnitz; nach dem Originale zu Schimper’s Abbildung (l. e.). — Von etwa 8 erhaltenen Wirteln sind 2 bis *) Ich hebe es gern hervor, dass die Untersuchung über Auttonia mir nur durch Zusendung verschiedener wichtiger Originalexemplare ermöglicht worden und dass mir in den abgebildeten Stücken das beste Material gedient hat, was mir bisher zu Gesicht gekommen ist, darunter das Original zu Sehimper’s ie ee Me Huttonia. 85 fast auf den Grund blossgelegt und man kann daher deutlich beobachten, dass die Blättchen frei waren. Man zählt theils 9 theils 10 Blättehen im halben Quirl, wo er ganz sichtbar ist; ihre Länge 12 — 13"m, grösste Breite 2,7 —3mm in gmm Höhe. An dieser Stelle tritt auch das rasche Verschmälern zu pfriemen- förmiger Spitze ein, während gegen die Basis die Breite nur wenig abnimmt. Die Ränder berührten sich und sind im fossilen zusammengedrückten Zustande mehrfach übereinandergeschoben, wodurch sie übergreifen (Taf. XIV Fig. 4A u. B) und auch wohl da, wo sie fest aufeinander lagen, eine Rinne im Abdruck er- zeugten (Taf. XIV Fig. 4A zwischen dem vierten und fünften Blättchen von links). An andern Stellen sind die Blättchen bis fast auf den Grund getrennt, ohne dass die Ränder merklich ausgefressen wären; an noch andern kommen nahe der Basis freie Stellen zwischen ihnen zum Vorschein (Taf. XIV Fig. 4A das erste, zweite, dritte Blättchen von links). Ueberall lässt sich eine trennende eingedrückte Linie zwischen den Blättchen bis zum Grunde erkennen; es findet also auch am Grunde keine Verwachsung statt. — Die Deckblättchen sind über die ganze Oberfläche fein längsgestreift, wie das Breslauer Exemplar. Taf. XIV Fig. 2 u.3. Original zu Sternberg’s Fig. 1 (l. c.), von Wrano- witz bei Radnitz, aus dem Nationalmuseum in Prag durch Prof. Fritsch geliehen. Die Aehre ist gestielt und stand schief ab, ihr Stiel breitgedrückt, De lang, unten 6, oben 4,5”” breit, unten etwas verdickt, längsgestreift, einfach. Von der walzlichen Aehre sind 3 Deckblattwirtel erhalten, welche alterniren, im Abdruck S oder 9 Blätter, also 16 im Kreis. Die Aehre ist ein älteres Exem- plar, daher die Bracteen breit lineal (3,5 —4"”"), nach unten ein wenig schmäler, nach oben sich rasch lanzettlich zuspitzend und in eine grannenförmige Spitze . auslaufend, welche merklich länger ist als ein Internodium; doch liessen sich die äussersten Spitzen nicht blosslegen. Der unterste Blattquirl besitzt etwas schlan- kere, weniger zusammengeschnürte Blättehen (2,3”" grösste Breite), einige Spitzen reichen bis an die Einschnürung der Blättchen des dritten Wirtels. An dem Abdruck zu Fig. 3 mit erhaltener Kohlensubstanz bemerkt man als schwache Ver- diekung der Innenfläche ein erhabenes, einem breiten etwas unbestimmten Mit- telnerven entsprechendes Feld (Fig. 2A), fasrig-längsstreifig, während der übrige Theil glatt ist, von fast 4 der Breite der Blattfläche. Die Trennung der Blätt- chen bis auf den Grund ist an dem untersten Kreise recht deutlich. Fig. 2 zeigt die Aehre vollständig, soweit erhalten, die Bracteen als Abdrücke der Innenseite, nur spurweise mit verkohlter Blattsubstanz als bräunliche Zeich- Figur, welches der stets so bereite Forscher mir zu leihen die Güte hatte, sowie ein ausgezeichnetes Stück aus dem Nationalmuseum in Prag, das mir durch Prof. A. Fritsch zukam, Original zu Sternberg’s Fig. 1, und die höchst wichtige Aehre aus dem mineralogischen Museum der Universität Breslau, auf welche letztere ich durch Herrn Stur erst aufmerksam gemacht worden bin und die Geh. Rath Römer mir anvertraute. Die Einzelbeschreibung der Stücke ist darnach durchaus geboten und wird sich von selbst rechtfertigen. 86 Huttonia. nung auf weissem Grunde. — Fig. 3 ist nur der untere Theil des Gegendrucks vom vorigen. Da noch die ganze Kohlensubstanz der Blättehen vorhanden ist, so hat man von denselben die Ansicht der Innenseite. — Fig. 2A, ein Deckblatt, drei- bis vierfach vergrössert nach Abdruck Fig. 2 restaurirt. — Taf. XIV Fig.1, von Radnitz, aus der Universitätssammlung in Breslau, durch Geh. Rath Römer geliehen. 2 Das Exemplar ist wohl jugendlicher als die vorigen, nur 16—18”"” breit, auf 106” Länge erhalten, unten ein 4”" langes Stielfragment, oben die Spitze abgebrochen. Es sind 17 Glieder mit 18 Wirteln vorhanden, deren unterste zwei sehr genährt sind; durchschnittliche Länge der andern Internodien 5,9""”. Im halben Quirl zählt man gewöhnlich 7 Blättchen, doch waren es wohl S, wie aus dem obersten Halbquirl zu schliessen, der von innen sichtbar ist. Die glocken- förmig ausgebreiteten Deckblättchen sind meist nicht bis auf den Grund bloss- gelegt, sondern ihre scheinbare Basis liegt etwas von der Axe entfernt und ist bis 11”” breit. Von hier an (wo auch der Fruchtteller abzugehen scheint) sind die Blättchen bis zu ihrer Zusammenschnürung 5,5, bis zur Spitze über 12" lang, grösste Breite 2,5””. Sie sind unten lineal, dann lanzettlich, schlanker als meist an andern Exemplaren. Man hat mit Ausnahme des obersten Quirles nur den gelblichen Abdruck der Innenseite vor sich, glatt und fein längsgestreift und zwischen den Streifen noch feinere parallele Liniirung von der Epidermis. Nerven nicht sichtbar. Ebenso am obersten Quirl, bei dem die ganze Kohlensubstanz erhalten ist und sich die Innenseite selbst präsentirt. An diesem Exemplare lässt sich recht deutlich die schon oben bei Bespre- chung der Gattung und bei Macrostachya geschilderte Stellung der Deckblättchen wahrnehmen, welche auf den ersten Blick den Anschein von scheidenförmiger Verwachsung erzeugt, aber auf Uebereinandergreifen der Blattränder zurückzu- ‚führen ist. Die Figuren 1A bis 1C erläutern dies auch für schwierigere Fälle. Günstig ist dabei, dass das weisse Gestein auch von dem blassgelblichen Abdruck leicht unterscheidbar ist und bei entsprechendem Präpariren die Ränder der Blätt- chen leichter sich verfolgen lassen. Besonders gut sieht man auch am obersten Quirl, wie der linke Blattrand seitlich über das links liegende Blättehen greift. An mehreren Stellen bemerkt man unterhalb des Blattquirles, von dessen scheinbarer Basis ausstrahlend die Fragmente eines tellerförmigen Kör- pers (t der Figur), am vollständigsten unter dem zehnten Quirl. Derselbe scheint in einen innern (t der Vergrösserungen) und äussern (£,) Theil zu zerfallen, welche durch eine Art Quergliederung verbunden sind. Der innere Theil (z) ist radial- fasrig gestreift und wohl auch ganz fasriger Beschaffenheit, während der äussere ziemlich glatt, ausserdem mehrfach, freilich etwas unregelmässig eingeschnitten erscheint. Leider ist die Erhaltung und Blosslegung dieser Organe eine sehr un- vollkommene, so dass man über ihre Natur kein vollständiges Bild erhält. Dass der nach innen zu gelegene Theil z einem Fruchthalter entspricht, dürfte unzwei- felhaft sein, wie die Analogie mit den Fruchthaltern bei Cingularia lehrt. Den äusseren Theil t, jedoch finde ich nicht immer in unmittelbarer Verbindung mit Huttonia. 87 dem innern ?, auch etwas steiler gestellt als diesen. Indessen führt die Analogie mit Cingularia dahin, einen ähnlichen Bau des Fruchthalters wie dort zu vermu- then und den äussern Theil für den entsprechenden bei dieser Gattung zu hal- ten. — Die Fruchthalterscheibe sondert sich an der Stelle merklich vom sterilen Blattkreis ab, wo die Blättchen nach oben umbiegen und setzt von hier noch 3mm weit fort. Obschon beide Kreise sich bis soweit berühren, dürften sie doch nicht miteinander verwachsen sein; ihre Trennung ist am obersten Quirl noch wahr- zunehmen. Sollte sich die aus Obigem hervorgehende Aehnlichkeit der Organisation mit Cingularia’ noch weiter bestätigen, so bleibt gleichwohl der Gattungsunterschied übrig, dass bei Cingularia der sterile Kreis eine flach ausgebreitete Scheide bil- det, bei Auttonia einen kesselförmigen Raum von getrennten Blättchen. Fig. 1A. Der neunte und zehnte Quirl (von unten) mit der vom zehnten ausgehenden Fruchtscheibe, z. Th. restaurirt. So weit schattirt, ist die Form der Blättehen erhalten. An drei Stellen des oberen Kreises sind die Rinnen deutlich, das Uebereinandergreifen der Blättehen namentlich am dritten und vierten Blatt dieses Quirles. Fruchtträger ? ungespalten, z, vielfach eingeschnitten-zerspalten. Fig. 1B, dreifach vergr. — Vierter Quirl von unten gezählt. Das Ueberein- andergreifen der Blättchen sehr deutlich; die stark ausgezogene Contour der Blätt- chen ist am Exemplar erhalten, deren Fortsetzung punktirt oder fein linürt. Fruchtträger sehr rudimentär. „ Fig. 1C; fünfter Quirl, nur tbeilweise und etwas idealisirt gezeichnet, um die Stellung der Blättehen anzugeben. Zwischen dem dritten und vierten Blatt von rechts unten ein rissartiger Spalt, durch Wegbrechen hervorgerufen; zwischen dem ersten und zweiten, sowie zwischen dem zweiten und dritten Blatt Rinnen mit Blattabdruck; zwischen dem vierten und fünften fehlt die Rinne. Taf. XIII Fig. 3, von Eckersdorf in Niederschlesien (nach Beinert). Das Stück schliesst sich den vorigen an. Es hat einen Stiel, von welchem I9®m erhal- ten sind, der aber beim Abbilden ganz übersehen wurde. Die 10 Blattquirle ergeben 5,6" Länge der Axenglieder, in jedem Halbquirl zählt man 9— 10 Blättehen; diese unten reichlich 2m breit, lineal, dann etwas S-förmig zu lan- zettlicher Spitze verschmälert, bis fast zum Grunde des zweiten Wirtels darüber reichend, fein längsgestreift; bisweilen das Mittelfeld stärker gewölbt wie ein breiter Mittelnerv, ganz ähnlich Fig. 2A auf Taf. XIV. Rinnenförmige Grenzen der Blättchen ete. wie bei den Radnitzer Stücken; sechseckige Felder entstehen, wo die Bracteenspitze im Gestein steckt, z. B. am zweiten Quirl von unten. 5. Cingularia Weiss. Caulis articulatus, subsulcatus et tenuissime striatus vel laevis. Folia vertieillata simplicia, medio-costata. Fructificationes spicae- Formes laterales, articulationibus adjfixae, singulae.. Spica magna elongata, pedunculata, bractearum verticillis paullo remotis instructa, artculi cujusque apice verticillis duwobus confertis praedita, quorum superius vaginam sterilem patentissimam in multos dentes aequales plus minusve longos ewurrentem, inferius discum fertilem horizontaliter expansum, pluries fissum et praeterea bilobum, truncatum format. Disei fertilis (sporangio- phori) sectores plica transversali supra impressa infra prominula in segmenta duo concentrica, quae depressione circulari seu cicatriculo notata sunt, divisi. Sporangia bina segmento sporangiophori adfixa, magna, orbiculari-subguadrata, compressa, tenwissime et gracillime lineis decorata, decidua. Stamm gegliedert, schwach gefurcht und fein gestreift oder glatt. Blätter quirlständig, einfach, mit Mittelrippe. Fruchtstand ährenförmig, seitlich an den Gliederungen, einzeln. Aehre gross und verlängert, gestielt, mit etwas entfernt und locker ge- stellten Deckblattwirteln, jedes Glied an seiner Spitze dicht übereinander 2 Wirteltragend, deren oberer eine sterile Scheide, der untere eine fertile Scheibe vorstellt. Die Scheide flach ausgebreitet, läuft in viele gleiche mehr oder weniger lange Zähne aus; der fertileKreis(Sporangienträger) horizontal ausgebreitet, dicht darunter, ist durch mehrere | (10—12) Cingularia. Ro, c tiefe Einschnitte in je 2 zweispaltige Ausschnitte getheilt, an der Peripherie breit abgestutzt, ausserdem durch eine auf der Oberseite vertiefte, auf der untern vorspringende Querfalte in 2 concentrische Kreisabschnitte eingetheilt, welche unterhalb 2 concentrische Reihen von runden Narben tragen, von abgefallenen Früchten herrührend. Sporangien zu zwei, gross, rundlich-quadratisch, zusammengedrückt, sehr fein und zier- lich mit bogigen Linien gezeichnet, abfallend. Die Kenntnisse über die Organisation von Cingularia haben sich in den letzten Jahren beträchtlich erweitert, gleichwohl bleibt noch Vieles zu erforschen. Am wenigsten weiss man noch immer von den sterilen Theilen der Pflanze, Stengel, Verzweigung und Blättern. Es sind in dieser Beziehung nur 3 Stücke, welche Einiges erkennen lasssen (Taf. VI Fig. 6, Taf. VII Fig. 1, Taf. IX Fig. 2), aber alle drei so Verschiedenes, dass sie sich auf den ersten Blick zu widersprechen scheinen. Das Stück, welches in Taf. IX Fig. 2 abgebildet ist, ist zu- nächst das besterhaltene und diente schon Schimper zu dessen idealisirter Figur in seinem traite de paleont. vegetale tome III pag. 460 t. 109 fig. 1. Die Liebenswürdigkeit des Autors hat mich in den Stand gesetzt, eine getreue Abbildung davon zu geben. Danach haben wir hier ein Stengelbruchstück von 2 Gliedern, deren Quergliederung, Längsfurchung und feine Längsstreifen ausserdem sehr deutlich sind; an den Knoten sind die Glieder ein- geschnürt. Blätter sind nur am obersten Gliede spurweise zu drei sichtbar in Gestalt lanzettlicher unten breiter, oben spitzer Zähne von c. 9"® Länge ohne erkennbare Mittelrippe, aber feiner Längs- streifung, welche möglicher Weise am Grunde scheidenartig ver- wachsen gewesen sein könnten. An 2 Stellen gehen von benach- barten Gliederungen fruchttragende Zweige ab, welche sich in >-Stellung befinden. Nur ein kleines Fragment zur Seite des Stammes, der untern Aehre gegenüber, welches auf einem erhöhten Theile der Gesteinsfläche liest, könnte die Vermuthung hervorrufen, dass die Aehren gegenständig gewesen seien. Beide Aehren sind auf- recht-abstehend, fast parallel mit dem Mutterzweige. — Parallele Stellung der Aehren findet man in den Abdrücken nicht selten 90 Cingularia. und es liegen mir Fälle vor, wo es bis 9 Aehren sind, welche auf einer Platte fast völlig parallel und auch in nahezu gleichen Abständen von einander liegen. Nur einen schwachen Abdruck bildet das zweite Exemplar, welches auf Taf. VII Fig. 1 wiedergegeben ist”): 3 Stengelglieder mit einem an der Gliederung seitlich abgehenden fruchttragenden Zweige, der schief und grade absteht. Es sind noch die Abdrücke mehrerer Blätter an den Knoten erhalten, welche ganz wie bei Asterophyllites erscheinen und deutlichen Mittelnerv besitzen. Man würde bei der Verschiedenheit dieses Stückes vom vorigen an- nehmen zu müssen glauben, dass hier eine Aehre zufällig in die gezeichnete Stellung gerathen sei; indessen widerspricht dem, dass am Originale deutlich gestreifte Kohlensubstanz (welche der Rinde der Pflanze entstammt) von dem unteren Stengelgliede auf das Stielglied der Aehre fortsetzt, grade wo die Einlenkung beider stattfindet. Endlich zeigt das dritte Stück, Taf. VI Fig. 6, auf einem dünnen Stielgliede 2 Aehren, welche gabelförmig auseinandergehen. Die Stelle bei o, wo die Gabelung stattfindet, ist etwas ange- schwollen und könnte durch Abreissen des zwischen beiden Aehren ursprünglich sich fortsetzenden Stengels dieses Ansehen gewonnen haben; dann hätte man hier gegenständige Aehren. Wie sich nun auch Beblätterung und Verzweigung verhalten möge, so ist der Bau der Aehren selbst, wie ich glaube, durch eine grosse Anzahl von Stücken, welche mir allmälig in die Hände gelangt sind, sichergestellt. Bei der Betrachtung einzelner Stücke kann man zwar leicht anderer Ansicht werden als die hier darzulegende, wie auch schon die Beschreibung von Schimper (l. c. S. 460) zum Theil lehrt; allein bei guter Erhaltung, besserer Auswahl und genauer Unterscheidung der gegenseitigen Lage der einzelnen Theile wird man das folgende Bild der Pflanze erhalten. Die Aehren sind verhältnissmässig kurz gestielt, der nur 10—13”® lange Stiel unterscheidet sich von den nächstfolgenden *) Die Lithographie ist viel zu dunkel gehalten, aber die Form des Ganzen und der einzelnen Theile richtig. Cingularia. 91 Gliedern der Axe nicht wesentlich, ist daher ebenso wie diese mit Längsrippen und Furchen versehen, welche wie bei Annularia über die Gliederung fortlaufen, nicht alterniren, nur meist schwächer als dort bleiben. Ihre Länge findet sich zu etwa 7 — 10", die Breite der flachgedrückten Axe zu 2—-4,5""; daher erscheint auch die Aehre weit lockerer beblättert als bei den übrigen Gattungen. An den Knoten sind, wie die Diagnose angiebt, zwei Blatt- kreise zu unterscheiden, deren oberer steril, der untere fertil ist. Jener ist eine flach ausgebreitete tellerförmige Scheide, dieser eine regelmässig eingeschnittene Scheibe, der Frucht- träger, wie es die ideale Figur 6 auf Taf. IX erläutert. Um sich von der Existenz zweier getrennter Blattkreise zu überzeugen, muss man solche Exemplare untersuchen, bei welchen dieselben nicht aufeinander gepresst sind und deshalb in einander verfliessen, wie es nicht selten vorkommt, sondern wo die zwischen beide ein- sedrungene Gesteinsmasse sie deutlich geschieden hält. Dies ist gewöhnlich an solchen Exemplaren zu beobachten, welche den einen Kreis vollständiger, den andern nur theilweise sichtbar werden lassen. Man findet dann, namentlich bei einer Ansicht von unten her, entweder die tellerförmige Scheide mit etwas darüber und deutlich getrennt aufgelagerten Lappen der Fruchtscheibe (z. B. Taf. VOII Fig. 1), oder umgekehrt unter dem Kreise der Fruchtscheibe die Spitzen der Scheide hervortretend (z. B. Taf. VIII Fig. 1, Taf. VII Fig. 2 etc.), oder bei einer Ansicht von oben treten da, wo die Zähne des obern Blattkreises weggebrochen sind, die Lappen der untern Scheibe hervor (Taf. VIII Fig. 5). Scheidenblatt und Fruchtträger liegen dicht über einander und sind oft nur durch eine dünne Schieferthonschicht im Gestein ge- trennt; an der Basis liegen sie wohl stets unmittelbar auf einander. Es wäre allenfalls möglich, dass die innersten, der Axe nächst- gelegenen Theile beider Kreise (vielleicht bis an die Hauptein- schnitte des fertilen Kreises) mit einander verwachsen wären, denn bis auf den Grund gestatten die Stücke den Einblick nicht; allein das häufige isolirte Auftreten einzelner Wirtel würde eine solche Annahme nahezu widerlegen. Wenn aber beide Kreise dicht auf- 92 Cingularia. einander liegen, so kann es so erscheinen, als sei der obere sterile Kreis nur die Fortsetzung des unteren, und in der That beruht die Beschreibung von Schimper auf dieser Annahme, welcher glaubt, dass die einzige vorhandene Scheibe in der Jugend mit lanzettlichen Spitzen randlich versehen sei, welche dann später abfallen und abgestutzte keilförmige Bracteen zurücklassen. Auch andere befreundete Forscher sind nach privaten Mittheilungen ge- neigt, sich dieser oder ähnlicher Auffassung anzuschliessen, die ich nicht theilen kann. An dem reichlichen mir vorliegenden Materiale kann man die oben auseinandergesetzte Stellung der ın Rede stehenden Theile verfolgen. Sehr oft ist von dem einen Kreise nur ein Stück, selbst nur Fetzen vorhanden, aber stets be- wahren dieselben die ihnen nach obiger Regel zukommende Stellung. Am auffallendsten ist es, und wird zum Theil für das Zu- sammenfallen beider Kreise in Einen geltend gemacht, dass recht häufig sich Exemplare vorfinden, woran man entweder nur sterile oder nur fertile Kreise bemerkt oder zu bemerken glaubt (vergl. - Taf. VI Fig.5 u.6, Taf. VII Fig. 2, Taf. VIII Fig. 4), während der andere zu fehlen scheint. Indessen auch in solchen Fällen findet man in der Regel bei recht genauem Nachsuchen noch Spuren der andern Kreise, die sich der ersten Wahrnehmung entziehen (so bei Taf. 6 Fig. 5 auch kleine, nicht gezeichnete Fetzen der Fruchtträger, bei Taf.7 Fig.2 die Spitzen 5 der verborgenen Scheiden, bei Taf. VIII Fig. 4 unten eine Scheide d, die offenbar zu der- selben Aehre gehört, wie die darüber stehende). So darf hieraus nur auf verschiedene Erhaltungszustände, nicht auf eine Reduction zweier Kreise in einen geschlossen werden. Die beiden Blattkreise unterscheiden sich auch äusserlich recht bedeutend. Der obere, den Bracteen entsprechende Kreis ist in seiner ausgebreiteten Blattfläche schwach wellig gefältelt, durchaus homogen, ungetheilt, ohne eigentliche Nerven. Erst am Rande löst er sich in eine grössere Zahl ganz gleicher lanzettlicher bis lineal-lanzettlicher, mehr oder weniger langer spitzer Zähne auf, welche zwischen sich meist abgerundete Buchten bilden. In dieser Gegend sieht man am deutlichsten in jeden Zahn ein fein- gestreiftes bandförmiges Feld aus der Blattfläche übertreten, das Cingularia. 95 einem breiten wenig markirten Nerven entspricht, doch ist wohl auch die ganze Blattfläche fein radial gestreift, was von der Ober- haut herrührt. Die Anzahl der Zähne lässt sich nicht ausmachen, es dürften meist 20 oder mehr sein. Diese Scheiden haben im Wesentlichen das Ansehen derer von kleinen Eguisetiten‘ (nicht Maerostachya), nur sind sie eben klein und flach ausgebreitet. Wo die fertilen Kreise nicht gleichzeitig zur Erscheinung kommen, würde man solche Reste (wie z. B. Taf. VI Fig. 5 etc.) für Egwi- setites ansehen können. — Es ist daher nicht unwahrscheinlich, wenn auch nicht ohne Ansicht des Originals festzusetzen, dass der von Bronn*) als Equisetum infundibuhiforme 1828 abgebildete, von Saarbrücken stammende Rest, welcher von Brongniart in seiner histoire des veg. foss. Taf. 12 Fig. 16 copirt worden ist, ein solches Bruchstück einer Cingularia wäre, welches die sterilen Wirtel zeigt. Der untere Blattkreis oder die Sporangienscheibe besteht in einer aus mehreren Blättern verwachsenen Fläche, welche zuerst flachschüsselig nach oben gerichtet und gewölbt und bis hierher ungetheilt ist, dann aber reichlich ebenso weit in durch radiale Einschnitte getrennten Lappen fortsetzt, von denen jeder wiederum durch nur halb so lange Einschnitte in 2 kleinere Lappen zerfällt, die endlich an der Peripherie breit abgestutzt sind (Taf. VII Fig. 2-8, Taf. VIII Fig. 5—7 etc.). Die Scheibenabschnitte er- scheinen dadurch gezweit, die Lappen sind öfters mit ihren seit- lichen Ecken nach aussen gespreizt (Taf. VII Fig.5) und gehen dann stärker aus einander, oder sie liegen dicht beisammen und berühren sich mit ihren Rändern fast (Taf. VII Fig. 4). Im letztern Falle bleibt scheinbar nur eine abwärts eingedrückte Naht zwischen ihnen, die auch in der Fortsetzung nach innen fast stets sichtbar ist, ebenso wie zwischen den Hauptabschnitten vom Ende des Einschnittes an. Es gewinnt deshalb öfters wohl das Ansehen, als könne die Theilung tiefer gehen oder auch unregelmässig werden, doch ist bei allen mir vorliegenden zahlreichen Exemplaren, *), s. oben 8.72. Das Original soll mit der Bronn’schen Sammlung nach dem Tode des Besitzers nach Amerika gewandert sein. 94 Cingularia. sobald sie besser erhalten sind, die beschriebene Art der Theilung der Fruchtscheibe deutlich zu erkennen und ist sicher constant. Am besten ist dieser Bau an den ziemlich häufig vorkommenden isolirten fertilen Blattwirteln wahrzunehmen, deren mehrere (Taf. VII und VIIT) dargestellt sind. BR Ausser jener radialen Theilung durch Einschnitte und Nähte werden die Scheiben der Sporangienträger noch durch con- centrische Linien in Felder abgetheilt. Schon wo die schüssel- förmige Vertiefung aufhört und der flache Randtheil beginnt, ist eine nach oben erhabene Kante zu bemerken (Taf. VII Fie. 2), genau wie der innere Rand eines flachen Porzellantellers unserer gebräuchlichen Form. Bis hierher reichen, wie bemerkt, die Haupt- einschnitte. In dem Randtheile jedoch läuft parallel mit der Peripherie eine Linie oder Falte, auf der Oberseite eingesenkt, auf der untern kantig erhaben, und wiederum nur bis zu ihr reichen die kürzeren mit den längeren abwechselnden Einschnitte. Diese Querfalte zerlegt den Rand in 2 Felder von rechteckiger, fast quadratischer Form und in der Mitte eines jeden solchen Feldes zeigt sich auf der Unterseite der Scheibe mehr oder weniger gut erhalten und deutlich eine runde Narbe, die oft mit heller Farbe sich von der umgebenden kohlschwarzen Blattsubstanz abhebt. Im Ganzen werden also 2 Kreise solcher Narben gefunden und, falls sie vollzählig sind, doppelt so viel als die Scheibe Lappen zählt (Taf. VII Fig. 6—8, Taf. VIII Fig. 5—7); doch ist der äussere Kreis der bei weitem leichter uud constanter zu beobachtende. Diese Närbchen, welche manchmal durch aufgelagerte Gesteins- masse wie Tuberkeln erscheinen, entsprechen kleinen Vertiefungen auf der unteren Seite des fertilen Blattes, zeigten auch einige Mal schwache radiale Fältelung (s. Taf. IX Fig. 4) und sind un- zweifelhaft die Ansatzstellen der abgefallenen Früchte oder Sporangien. Auf der Öberseite der Blätter ist keine Narbe zu bemerken, höchstens eine äusserst flache Depression, wie Fig. 3 auf Taf. IX andeutet. Nerven existiren in diesem Theile nicht. Die besprochene Beschaffenheit der Fruchtträger ist durch eine vergrösserte Darstellung je eines Abschnittes in der obern und untern Ansicht (Taf. IX Fig. 3 u. 4) besonders erläutert worden. Cingularia. 95 Die helleren Flecken auf den Blattscheiben (t) sind nicht die Sporangien selbst, sondern nur durch Ausfüllung der von ihnen ' herrührenden Grübchen mit Schieferthon gebildet. Dies geht zwar schon aus der erwähnten Fältelung des Randes der Narben hervor, wird aber durch Auffinden der Sporangien vollständig bewiesen. Ein Exemplar der Berliner Universitätssammlung, durch Dr. Jordan in Saarbrücken schon vor lange hierher gekommen, wurde bei ge- legentlichen Studien in dieser Sammlung von Bergrath Stur aus Wien entdeckt und ist ein höchst wichtiges Stück, von dem ein Theil in Taf. IX Fig. 1 abgebildet wurde. In den Blatttheilen nicht so gut erhalten, dass es leicht zu zeichnen gewesen wäre, weist es aber eine grössere Anzahl wohl erhaltener und nament-. lich noch in ihrer natürlichen Stellung befindlicher Sporangien (s) auf, welche wesentlich zu einem vollständigen Bilde der Pflanze beitragen. Die Sporangien sind gross, 5"® hoch und 3" breit, ab- gerundet viereckig, doch etwas verschoben (s. Vergr. Taf. IX Fig. 5), auf der Oberfläche mit sehr feinen Linien geziert, die wie Fig. 5 zeigt, nach 2 gegenüberliegenden Ecken zusammenlaufen. Eine dieser Stellen, wo die Sculpturlinien sich vereinigen, war offenbar die Insertionsstelle des Ganzen. An den Aehren Fig. 5 befinden sich die Sporangien paarweise, wie es dem paarweisen Auftreten ihrer Narben entspricht. Von anderen Punkten, welche die Organisation dieser Pflanze betreffen, ist nur wenig zu sagen. Die Art, wie die Achre Fig. 1 links auf Taf. IX. bei % endet, deutet auf ein knospenartiges Zu- sammenneigen der Blätter an der Spitze wie bei Annularia. Allerlei Calamarienreste begleiten die Aehren in Bruchstücken, wie Annularia radiata, Calamiten, auch Equisetiten ete., ferner Sphenophyllum, aber hieraus wird man nicht im Stande sein, einen sehr wahrscheinlichen Schluss auf die zugehörigen sterilen Theile zu ziehen. Was die Frage anbelangt, ob in den vorliegenden Resten mehr als eine Art enthalten sei, so ist dieselbe sehr schwer zu entscheiden, obgleich sie sehr wahrscheinlich bejaht werden müsste. Für die Unterscheidung in mindestens zwei Arten sprechen die 96 Cingularia. zu beobachtenden Grössen-, Zahlen- und Form-Verhältnisse der Theile in den fertilen Kreisen sowohl als ın den sterilen. Wo man vollständige Fruchtträgerscheiben beobachten kann, findet sich entweder eine Theilung in 10 oder 12 Haupt- abschnitte und entsprechend 20 oder 24 Lappen, also beiläufig mit je 40 oder 48 Sporangien. Dies scheint allerdings schon 2 verschiedene Arten anzudeuten. Indessen in zahlreichen Fällen liegen keine vollständigen Wirtel vor, so dass die Bestimmung der Blattabschnitte unsicher wird. Zwar sind auch’ die Wirtel mit nur 10 Lappenpaaren gewöhnlich (immer?) die kleineren, diejenigen mit 12 die grösseren, allein dies bietet eben bei der gewöhnlichen Erhaltung keine Sicherheit der Bestimmung. Andererseits zeigt sich zum Theil auch in der Form der Scheidenzähne ein auffallenderer Unterschied. Die meisten sind lanzettlich und kaum länger als der verwachsene Theil der Scheide, diese Stücke nehmen sogar nahezu das Ansehen von etwas flach ausgebreiteten Huttonien- oder Macrostachya-Deckblattwirteln an. Andere Exem- plare dagegen haben sehr verlängerte lineale, fast gleich breite Zähne (Taf. VI Fig. 5), ohne dass man solche Stücke mit den grössern und mehr getheilten Sporangienträgerwirteln zusammen- zubringen in den Stand gesetzt wäre. Aus diesen Gründen wird im Folgenden nur eine einzige Art aufgeführt werden, da auch das geognostische Vorkommen der verschiedenen Formen dasselbe ist, insofern sie sich alle nur in soge- nannten Saarbrücker Schichten fanden. Wenn auch nicht geleugnet werden kann, dass man bei lebenden Pflanzen schärfer trennen würde, so kann doch hier eben nur nebenbei auf verschiedene Formen hingedeutet werden. Geschichtliches. Auf die Möglichkeit, dass unter dem Namen Equisetum infundibuliforme schon 1828 durch Bronn ein zu Cingularia gehöriger Rest (in Bischoff, Krypt. Gew. Deutschl. 5.52 Taf.4 Fig. 4) beschrieben worden sei, ist schon oben auf- merksam gemacht worden. Dadurch dass Brongniart andere Reste des gleichen Fundortes hiermit identifieirte, ist in der ganzen folgenden Litteratur der Name auf eine ganz verschiedene Pflanze Cingularia. 97 übertragen worden, weshalb man den Artnamen für Cingularia anzuwenden wohl keinenfalls gut thun würde. Zuerst 1870 (Flora d. jüng. Stkform. u. d. Rothl. im Saar- Rheingebiete S. 137 mit Taf. IV Fig. 4 u. 4a) habe ich einem Fruchtwirtel der Pflanze den Namen Cingularia typica gegeben und S. 108 eine theoretische Figur geliefert, nur einen Blattkreis annehmend, der auf seiner Oberseite die Sporangien getragen habe. Auch in einer spätern Darstellung (Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1873 S. 263 mit Fig. 5 auf S. 261) ist diese Stellung beibehalten, aber der zweite unfruchtbare Blattwirtel, nur fälschlich unter dem Fruchtwirtel angenommen, hinzugetreten. Es war ein Besuch des Herrn Bergrath Stur aus Wien, welcher fördernd in die Kenntniss dieser Pflanze eingriff, indem wir uns beide überzeugten, dass die gewählte Stellung für die Aehrenbruchstücke falsch sei und um- gekehrt werden müsse. Besonders aber ist die Auffindung an- sitzender Sporangien durch Stur von Wichtigkeit geworden (siehe auch seinen Bericht in Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst. 1874 S. 176). Ebenfalls 1874 vollendete Schimper sein Traite de pal. veg. und lieferte in dessen drittem Bande wie erwähnt eine Be- schreibung und mehrere Zeichnungen der Pflanze, darunter eine restaurirte Figur, über welche bereits gesprochen wurde. Ihm ist auch die erste Kenntniss des Stückes auf unserer Taf. IX Fig. 2 zu verdanken. Sehr erfreulich war es mir, später durch den Herrn Professor Grafen zu Solms-Laubach in Strassburg die Ansicht anderer Stücke mit Sporangien erhalten zu haben, welche alles früher Wahrgenommene bestätigten. Bisher konnte mit Sicherheit das Vorkommen von Cingularia nur aus dem Saargebiete constatirt werden, doch ist es wohl möglich, dass unter den kesten anderer Localitäten sich dieser Typus, weil verkannt, noch verstecken möge. So lässt, was Les- quereux im vierten Bande der Geological survey of Illinois 1870 in Taf. 19 Fig. 2 (mittlere Figur) abbildet, die Vermuthung auf- kommen, dass vielleicht wenigstens in diesem Stück seines Spheno- phyllum cornutum won Colchester ebenfalls eine Cingularia ent- halten sei. Aus neuester Zeit ist zu erwähnen, dass Herr Schmal- hausen aus St. Petersburg in einer Sitzung d. deutsch. geol. U 98 Cingularia. Gesellschaft vom April 1876 einen Wirtel vorgelegt hat, der aller-. dings sehr wahrscheinlich Cingularia angehört und der von der untern Tunguska, einem Nebenflusse des Jenisei, stammt. Unter verwandten Gattungen schien Bowmannites Binney (1871 aufgestellt) genannt werden zu müssen, soll aber einfache Blattkreise mit 5 Sporangien auf jeder Bractee besitzen. Schimper zieht auch eine Aehre, die von Williamson, (on a new form of Calamitean Strobilus, Lancashire, Memoirs of the litter. and philos. Soc. of Manchester 1871, S. 248, Taf. 7 u. 8) publieirt wurde, heran, allein diese hat nach den jetzigen Aufschlüssen über Oingu- laria kaum irgend eine Verwandtschaft. Es ist nicht zu leugnen, dass unter allen Calamarien der Cingularientypus das fremdartigste Ansehen hat, wenn man sich nach Aehnlichem in der heutigen Flora umsieht. Irgend eine Analogie unter den lebenden Pflanzen zu finden, scheint noch Niemand gelungen zu sein und der Verfasser muss gestehen, dass ihm wie auch den Botanikern, welche er zu berathen Gelegenheit hatte, solche Analogieen fehlen. Man kann daher in Zweifel ziehen, ob man es hier noch mit Calamarien im Sinne einer erweiterten Familie der Equisetaceen zu thun habe. Die einzige Vergleichung bietet sich mit anderen Steinkohlenresten dar. Huttonia trägt unter dem Blattwirtel Scheiben wie Cingularia, ist aber unvoll- ständiger bekannt, und Stachannularia mit seinen Dornen-Trägern unter den Bracteen bietet einige, wenn auch geringere Vergleichs- punkte. Doppelte Blattkreise an ein und derselben Gliederung sind endlich auch bei Palaeostachya vorhanden; freilich ist dort der obere Kreis fertil; hier findet das Umgekehrte statt. Dass übrigens scheidenförmig verwachsene Blätter, verbunden mit Quer- gliederung der Axenorgane, nicht genügen, um hieran die Gattung Equisetum, wenigstens bei so alten Organismen, zu erkennen, dürf- ten diese Reste zugleich beweisen. ee ee are Cingularia. 3) 1. Cingularia typica Weiss. Bas VB 5.16; Ras VITA VIE Far IR. Spica magna, lawe foliata. - Verticillum sterile vaginaeforme, planum subundulatum infundibuliforme exhibens, patulum vel patens, ad marginem in dentes numerosos lanceolatos acuminatos acutos dissolutum; vertscillum fertile seu discum sporangiophorum patellae- Jorme decem- vel duodecim-fdum segmentis bilobis cuneatis apicem versus truncatis superioris vaginae plano paullo longius vel subaegwilongum. Aehre gross, locker beblättert. Blattwirtel scheidenförmig, eine etwas wellige trichterförmige flache oder abstehende Fläche bildend, am Rande in zahlreiche lanzettliche zugespitzte und spitze Zähne aufgelöst; Fruchtwirtel der Sporangienträger tellerförmig, 10- oder 12spaltig-eingeschnitten mit 2spaltigen, an der Spitze ab- gestutzten Lappen, etwa gleich lang oder etwas länger als der darüber befindliche Flächentheil der sterilen Scheide. Die Zweige und deren Blätter, soweit dieselben beobachtbar waren, sowie die Stellung der Fructificationen an den Zweigen ist schon oben besprochen worden. Es ist daher hier nur einiges Weitere über die Aehren hinzuzufügen. Die‘ Axe ist bei den meisten Exemplaren ziemlich schmal, daher schlank, bei jungen Exemplaren nur 1,3%" breit bei 6" Länge, bei älteren etwa 2" breit bei 710mm Länge; aber es giebt auch solche (Taf. IX Fig. 2), wo die Glieder fast 5"” breit und doch nur 7”® lang sind. Die Rippen, welche diese Glieder zeigen, sind, wie es scheint, zu 5 — 6 auf einer flachgedrückten Seite vorhanden, doch oft ungleich ausgeprägt, daher ihre Zahl schwer zu bestimmen. An den Gliederungen ist die Axe in der Regel etwas verdickt oder vorstehend. Das längste mir zu Ge- sicht gekommene Aehrenbruchstück überschreitet 14,5°® und hat am untern Ende nur eine 2,5”® breite Axe, die gegen die Spitze hin 1,7=® breit ist. Um z. B. durch verhältnissmässige Zunahme des Axendurchmessers dieses Stückes auf 5", wie in dem Stück Taf. IX zu gelangen, würde es eine Länge von nahe 3 Meter für die Aehre erfordern. Andere Exemplare nehmen freilich rascher im Durchmesser gegen die Spitze hin ab. Aber es braucht überhaupt Fe 100 Cingularia. die grössere Breite eines Axengliedes nicht ausschliesslich von der Altersfolge desselben abzuhängen, d.h. ein allmäliges Verjüngen stattzufinden, sondern die Aehren können ihr Längenwachsthum bereits beendet haben, während sie noch im Durchmesser zunahmen. Auf die Maximallänge der Aehren lässt sich also kein Schluss aus diesen Dimensionen ziehen. Der Blattwirtel, d. h. der den Bracteen entsprechende obere sterile Kreis der Gliederung ist in Grösse und Gestalt etwas ver- änderlich. Die kleinsten sind bis zur Spitze der Zähne nur etwa qem lang, die Zähne kürzer als der untere Theil, die Einschnitte zwischen ihnen ziemlich scharf, die Nähte deutlich und so nähert sich das Aussehen sehr dem von Huttonia, zumal wenn die sicht- bare Hälfte des Wirtels aufwärts gedrückt liest. Erst die grössern (z. B. Taf. VIII Fig. 3, wo die Scheibe etwa 8”® im Radius bis zu den Einschnitten und etwa 7”" die Zähne messen) nehmen die normale, sie leicht von Hattonia unterscheidende Form an. Die Einschnitte werden stumpf und abgerundet, weit mehr als die Figuren es meistens zeigen. Mit Huttonia oder Macrostachya ist die weitere Aehnlichkeit vorhanden, dass nach jedem Zahn hin eine Wölbung läuft und in den Zahn fortsetzt, die sich gleichzeitig durch deutlichere sehr feine Längsstreifung fast nervenartig her- vorhebt; doch verbreitet sich die Streifung auch auf den übrigen Theil des Wirtels. In einem Falle, wie in Fig. 5 auf Taf. VI dargestellt, erreicht der Radius der ungetheilten Scheibe reichlich 7°», derselbe bis zur Spitze der Zähne 25"”, so dass, während meistens die Zähne nicht ganz so lang wie die halbe Scheibe sind, sie bei andern mehr als doppelt so lang werden. Möglich, dass hier eine andere Art vorliegt. Nicht selten hat es den Anschein, dass mehr als 20 Zähne vorhanden sind, vielleicht 24. Der Fruchtwirtel oder der untere Sporangien-tragende Kreis ist derart gestaltet, wie schon bei Besprechung der Gattung erläutert. Ein wie mir scheint wesentlicher Unterschied, welcher sich hier zeigt, ist, dass in den vollständig erhaltenen Wirteln sich theils eine Theilung in 10 Sectoren (oder verwachsene Blätter) mit 20 Lappen, theils auch 12 Sectoren mit 24 Lappen findet. Zu jenen gehören die Figuren 2—8 auf Taf. VO, zu diesen Fig. 5—7 Cingularia. 101 auf Taf. VIII. Man kann hiernach mindestens zwei Varietäten, wohl eigentlich Arten, unterscheiden, die wir als minor (mit 10) und major (mit 12 Haupteinschnitten) bezeichnen werden. Die Grösse der Wirtel ist zwar weniger geeignet zur Unter- scheidung von Abänderungen, doch zeigen jene minor genannten meist kleineren Radius (6,3”"” bei Fig. 6, bis 10” bei Fig. 2 auf Taf. VII), die major einen durchschnittlich grösseren (8,8 bei Fig. 5 bis 13" bei Fig. 7 auf Taf. VII). — Auch die Form der Sectoren und Lappen ist wenig veränderlich, nur Exemplare mit verhältniss- mässig schmaleren Abschnitten und Lappen, wie Fig. 4 u. 7 auf Taf. 8, werden bemerkt und diese scheinen eben zur var. major zu gehören. Dass der fertile Kreis mit seiner Peripherie die Zahneinschnitte ‚der sterilen Scheide wohl regelmässig überragt (Taf. VIII Fie. 3), wurde schon hervorgehoben, ebenso dass nur scheinbare Abwei- chungen des Gesetzes durch ungünstige Zustände der Erhaltung vorkommen. In den übrigen Theilen, den Insertionsnarben der Sporangien, den Sporangien selbst, liegen keine merkbaren Un- terschiede zwischen den einzelnen Exemplaren. Fassen wir also die Abänderungen zusammen, so wird man meistens im Stande sein, folgende zwei zu unterscheiden: a) minor, bleibt im Mittel etwas kleiner, nur 10 Haupt- einschnitte der Trägerscheibe bis etwa zur Mitte gehend, mit 20 Lappen. Taf. VII Fig. 2—8 und wahrscheinlich PMairoNıe.6, Tal. Rıc.9. b) major, im Mittel grösser, 12 Haupteinschnitte und 24 Lappen; diese und die Abschnitte meist verhältnissmässig schmaler. Taf. VIII Fig. 5—7 und wohl sicher Taf. VI Fig. 5, Taf. VIII Fig. 1—4, Taf. IX Fig. 2 (nach daneben liegenden isolirten Wirteln zu schliessen). Vorkommen. Am häufigsten haben sich die Reste im Saar- gebiete in den sogen. untern Saarbrücker Schichten und zwar in mehreren Horizonten gefunden, weniger häufig auch in mittlern Saarbrücker Schichten. Die speciellen Fundstellen, welche bisher bekannt wurden, sind folgende: Grube zu St. Ingbert (nach dem 109 Cingularia. Strassburger Original), zu Dudweiler, Sulzbach, Heinitz, Dechen (hier besonders auf Flötz Aster, aber auch Prinz August, Adalbert), Wellesweiler — diese alle in den untern Saarbrücker Schichten; sodann Steinbachstolln der Grube von der Heydt, Grube Zieh- wald — mittlere Saarbrücker Schichten. | | 6. Palaeostachya. Caulis ramique fohiati asterophyllitiformes. Spicae binae articu- lationibus adhaerentes (vel singulae?), cylindraceae, articulatae. Bracteae sejunctae, arcuatae; sporangia columellae rectae sive sporangiophoro ex awillis bractearum interioribus nascenti adjfıwa, elliptica, verrucosa. Sporangiophora ad apicem peltoidea, 4 sporangüs instructa (secundum Renault). Stengel und blatttragende Zweige wie bei Asterophyllites. Aehren zu zwei an den Gliederungen (oder einzeln?), cylindrisch, gegliedert. Deckblätter getrennt, bogig; Sporangien an einem graden Säulchen oder Fruchtträger befestigt, wel- cher im innern Blattwinkel entspringt, elliptisch, mit war- ziger Oberfläche. Sporangienträger an der Spitze scheibenförmig verbreitert, in der Scheibe 4 Sporangien zum Theil eingesenkt (nach Renault). Die hier aufgestellte Gattung ist auf zwei äusserlich ziemlich verschiedene Arten gegründet, welche aber in der Stellung der Fruchtträger übereinstimmen und von anderen ihnen im Habitus ähnlichen Arten so abweichen, dass sie, ohne das Princip zu ver- lassen, die Befestigung der Sporangien zum Gattungsmerkmal zu erheben, nicht mit den ähnlichen vereinigt werden können. Die eine Art ist die auf Taf. V dargestellte grosse Aehre von Macro- stachyen-Typus, während die andere auf Taf. XV bisher zu der - gegenwärtig dem Verschwinden anheimgegebenen Sammelgattung Volkmannia gezählt worden ist. 104 Palaeostachya. Das erstere Stück von Saarbrücken wurde früher seiner äus- sern Aehnlichkeit wegen vom Verfasser zu Macrostachya gestellt und M. Schimperiana benannt und auf ihm beruht die spätere Angabe über die Organisation der Macrostachyen bezüglich ihrer Fruchtträger, welche auch von Anderen adoptirt wurde Der. merkwürdige Fund einer Macrostachya von Saarbrücken mit Cala- mostachys-artiger Stellung der Träger, welchen Graf Solms machte (Taf. XIX Fig. 1—3), beweist indessen, dass unter äusserlich ähnlichen Körpern unvereinbare Formen sich verbergen, auf deren Trennung man Bedacht zu nehmen gezwungen ist. Der botanische Begriff von Macrostachya ist dadurch ein anderer geworden (s. S. 70) und reiht sie an die Calamostachys an, während wir es in Palaeo- stachya mit einer ganz andern eigenen Gruppe zu thun haben. Freilich ist diese Gruppe noch sehr klein, aber es ist recht wohl möglich, dass unter den s. g. Volkmannien, sofern sie nicht zu Calamostachys gehören, sich eine Schaar befindet, welcher Palaeo- stachya-Träger zukommen, die jedoch wegen Ungunst der Erhal- tung nicht wahrgenommen werden konnten. Sobald dies nach- gewiesen wäre, würde eben der Umfang der Gattung Palaeostachya auf Kosten von Volkmannia gewinnen.”) Bis jetzt scheint es, dass die Gruppe der Palaeostachya sich gegen jene der Oalamostachyen ziemlich getrennt halte. Denn während die Träger der Calamostachys die Neigung zeigen aus ihrer Stellung von der Mitte der Aehrenglieder nach oben hin zu rücken, wie es bei den Stachannularien der Fall ist, welche zu- letzt dicht unter den Bracteen stehende Träger aufweisen, ist ein allmäliges Herunterrücken der letzteren bis in den innern Blatt- winkel nicht beobachtet und die geringen, bei Palaeostachya (z. B. P. elongata Taf. XV Fig. 2) vorkommenden Abweichungen von der genauen axialen Lage sind vielleicht nur scheinbare. Kückt aber wirklich der Trägerkreis ein wenig in die Höhe und von dem Deckblattkreis ab, so mag dies dahin zu deuten sein, dass jener *) Vielleicht gilt dies z. B. von Volkmannia sessilis Göpp. (nicht Presl = V. elongata Presl?) Abh. d. Leop. Car. Akad. d. Nat. 32. Bd. I, Taf. II Fig. 4; diese Art würde nach Williamson’s Abbildung auch in Landashire vorkommen, s. Phil. trans. London, 1874 Taf. V Fig. 32. Palaeostachya. 105. eigentlich dem nächst höheren Gliede angehört als dieser, dass aber die Träger am untern Ende des oberen, die Deckblätter am obern Ende des unteren Axengliedes inserirt seien. Es lässt sich hier andrerseits an jenen von Williamson (Memoirs of the literary and philosoph. society of Manchester, IV. vol., 1871 S. 248 mit Taf. 7—9) angegebenen Fall erinnern, wonach sogar der untere horizontal abstehende Theil der Bracteen ein Trägersäulchen entsendet, welchem die Sporangien angeheftet sind. An diese innige Verbindung des sterilen und fertilen Krei- ses vermag man dann den bei Cingularia und Huttonia eintreten- den Fall anzureihen, wo sich die Stellung beider Kreise umkehrt und die nach aussen gewendeten Träger und Sporangien wieder eine ähnliche Lage wie bei gewissen Stachannularien einnehmen. Sehr interessant und wichtig ist die neueste Mittheilung von Renault (ÖOomptes rendus 1876, No. 17, 24. Apr., S. 995) über eine „Volkmannia“ von Autun (2 verkieselte Bruchstücke, das eine von der Spitze, das andere aus der Mitte einer Aehre), welche offenbar unserer Palaeostachya zuzurechnen sein würde. Danach kommen aus den Deckblattwinkeln in halb so grosser An- zahl als die Bracteen schief aufsteigend Sporangiophoren, welche scheibenförmig enden; die Scheibe trägt etwas einge- senkt 4 Sporangien. Renault glaubt sie als V. gracilis an- sprechen zu dürfen.”) Sie würde sich unserer Gattung Palaeo- stachya einreihen. 1. Palaeostachya Schimperiana Weiss. Taf. V. Macrostachya Schimperiuna Weiss, foss. Flora d. jüng. Stk. ete. im Saar- Rheingebiete, 1870 S. 122 Taf. 18 Fig. 31. Spica magna, 2,9” lata; bracteae lineali-lanceolatae, apicem versus subito fere attenuatae, arcuatae, tertii bractea- rum verticilli basin attingentes, obtuse subcarinatae, creber- *) Natürlich wäre dies aber nicht — Maerostachya gracihs Stur, welche aus der Vergleichung mit Sternberg’s Fig. 1 und 2, Zweigen, hervorgegangen ist, sondern würde sich an Sternberg’s Fig 3 anlehnen, die vielleicht die Aehre einer anderen Pflanze vorstellt. Vergl. übrigens oben S. 70 und 71, 106 Palaeostachya. rimae, densissimae. Sporangiophora recta, pediculo modo ea azxillis bractearum oblique enata. Aehren gross, 2,5°® breit; Deckblättchen lineal-lan- zettlich, nach der Spitze zu schnell verschmälert, glocken- förmig gebogen, bis zum Grunde des dritten höheren Quir- les reichend, schwach kielartig gewölbt, sehr zahlreich und dicht. Sporangiophoren grade, stielartig aus den Winkeln der Deckblätter schief aufwärts gerichtet. Ein Aehrenbruchstück von 12,8 Länge und 2,5°% grösster Breite in grauem thonigem Sandstein, bis 9”" Dicke zusammen- gedrückt, liegt theils im Abdruck und Steinkern vor, der die äussere Ansicht bietet (Fig. 1—3), theils im Längsbruch (Fig. 1 und 4) mit den inneren Theilen. Die Axe ist 7,5%” breit, längsgestreift, nur am untern ab- gebrochenen Ende in ihrer Breite sichtbar (Fig. 2). Man kann etwa 24 Blattquirle zählen, welche dicht über einander liegen und von denen jeder aus zahlreichen Blättchen (wohl 16 im Halb- quirl) gebildet wird. Da die Blättchen sehr gedrängt stehen und mit ihren Rändern wohl ein wenig übereinander greifen, so kann man hier ebenso wie bei den Macrostachyen zweifelhaft darüber sein, ob sie ganz getrennt oder im untern Theile scheidenartig verwachsen waren, indem sie nur eine Naht zwischen sich liessen, die man sowohl auf dem Abdruck der Innenseite als auf der Koh-. lenhaut der Blättchen als Längslinie verlaufen sieht. Diese Linie ist indessen viel wahrscheinlicher als Rand des übergreifenden Blättchens, diese selbst als getrennt zu betrachten. Auch sieht man auf dem Querbruche der die Fig. 3 u. 4 zusammensetzenden einzelnen Stücke diese Linien und die kielartigen Wölbungen der Blätter stark ausgeprägt bis auf die Axe verlaufen. Die Form der Bracteen ist im untern Theile lineal, sie sind hier etwa 2" breit, verschmälern sich jedoch nach der Insertion zu. Ihre Spitzen erreichen mindestens die Basis des dritten Deckblattquiries darüber, was am Längsbruch (Fig. 1) kenntlich wird. Ihre Länge beträgt etwa 17", doch da die Spitzen im Gestein stecken und letz- teres für Präparation der Theile eine ungünstige Beschaffenheit besitzt, so ist die Länge und auch die Form der Blättehen nicht genau Palaeostachya. 107 festzusetzen. Indessen soweit sich die Blattspitzen blosslegen liessen, erscheinen dieselben ziemlich rasch lanzettlich zahnförmig zusam- mengezogen. Eine sehr flache kielartige Wölbung tritt im breiteren Blatttheile hervor. In den benachbarten Wirteln alternirende Stel- lung der Bracteen glaube ich deutlich zu sehen. Wichtig wird das hier abgebildete Stück durch seine Erhal- tung eines Theiles der in der Aehre befindlichen Reproduc- tionsorgane. Im Längsbruch (Fig. 1 und Gegenstück Fig. 4) sieht man zunächst die durch Druck hin und her gebogene Axe, an ihr die Blattquirle (d in Fig. 1) befestigt, welche auf der einen Seite erst stark nach unten gedrückt sind und deshalb stellenweise mit den Blättchen der andern Seite abzuwechseln scheinen. Aus den Blattwinkeln derjenigen Seite, welche weniger verdrückt ist, sieht man nun die in Kohle umgewandelten Reste von Stielchen (A ın Fig. 1) hervorbrechen, welche ziemlich grade und schief nach oben gerichtet sind. Ich finde deren Länge bis 4,5”", sie reichen bis an die Stelle des nächst höheren Deckblättchens, wo dasselbe sich stärker nach oben umbiegt. An einigen Stellen erkennt man auch parallel neben diesen Stielchen noch die Querschnitte von in Kohle verwandelten Körpern, deren Form sich nicht ganz fest- setzen lässt. Es ist wohl ausser Zweifel, dass die stielartigen Theile, welche aus den Blattachseln hervorbrechen, Fruchtträger oder Träger der Sporangien vorstellen und wahrscheinlich, wenn auch nicht sicher, dass die nebenbei beobachtbaren Körper Reste der Sporangien seien. Uebrigens ist möglich, dass die Träger eine gewisse Breite besessen haben, nicht stielrund oder säulenförmig waren, da sie im Bruche trotz bedeutender Unebenheiten sich z. Th. in ihrer ganzen Länge verfolgen lassen; leider lässt sich aber hierüber nichts Näheres feststellen. Noch ist zu bemerken, dass zwar mehrfach deutlich und scharf zu sehen ist, wie diese Träger genau aus dem Blattwinkel hervorgehen, aber mitunter auch ein schon bei Besprechung der Gattung erwähnter geringer Abstand der Träger von dem Blattkreise. Vorkommen. Grube Gerhard bei Saarbrücken, mittlere Saarbrücker Schichten; in der Sammlung des Verfassers. — Aehn- lich, aber viel grösser ist die von Geinitz (Stk. Sachs. Taf. 11 108 Palaeostachya. Fig. 4) zu Calamites approximatus gezogene Aehre; näher könnte auch Volkmannia arborescens bei Sternberg (Vers. II Taf. XIV Fig. I, später wieder abgebildet von OÖ. Feistmantel, böhm. Kohlenablag. Taf. VI Fig. 3 von Swina) der Schimperiana kommen. 2. Palaeostachya elongata Presl sp. Taf. XV. Vollkmannia elongata Presl, Verhandl. der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen 1835 S. 27 Taf. 1. Rami steriles et fertiles oppositi alternantesque; folia patula. Spicae pedunculatae, elongato-cylindratae, brevi- ter articulatae. Bracteae multae (12?) verticillo cwique insertae, anguste lanceolatae, basin apicemque versus acuminatae, acutae, medio-costatae, arcuatae, internodium prowsimum / viwn superantes. Sporangiophora columellaejormia recta ex azillis bractearum (vel paullulum altius?) orientia, striatula, acu- minata, sporangiis binis elliptieis vel ovatis verrucosis lateralı- bus instructa. Zweige und Fructificationen an den Gliederungen gegen- ständig und abwechselnd; Blätter ausgebreitet. Aehren ge- stielt, verlängert walzlich, kurz gegliedert. Viele (12?) Deckblätter in jedem Kreise, schmal lanzettförmig, beider- seits verschmälert, spitz, mit Mittelrippe, gebogen, kaum län- ger als das folgende Glied. Sporangienträger säulenför- mig, grade, aus den Achseln der Deckblättchen (oder auch etwas höher?) entspringend, etwas gestreift, zugespitzt, mit je zwei ellip- tischen oder eiförmigen Sporangien, die seitlich stehen und warzige Oberfläche besitzen. Das schöne auf Taf. XV dargestellte Stück wurde zuerst durch Presl a.a. O. abgebildet und seine Abbildung ist in vieler Bezie- hung recht gut und weit besser als die neueste einer Aehre des Stückes (der auf unserer Taf. XV mit 3a bezeichneten), welche Herr Dr. OÖ. Feistmantel in seinem überhaupt von Sorgfalt sehr entfernten Buche über die Versteinerungen der böhmischen Kohlen- gebirgsablagerungen Taf. XIII Fig. 2 geliefert hat. Dennoch wird Palaeostachya. 109 die Vergleichung lehren, dass unsere erneute Darstellung dieses ausgezeichneten und wichtigen Prachtstückes und das Bestreben, bis ins Einzelne möglichst genau das Original wiederzugeben, nicht ohne Nutzen sein dürfte. Ich verdanke der Güte des Herrn Prof. Fritsch in Prag die Zusendung und damit die Ermöglichung dieser Darstellung der Pflanze, die ich schon als eine Zierde der Sternberg’schen Sammlung des Nationalmuseums zu Prag ken- nen gelernt hatte. Der Stamm ist unten bis 14”® breit, die Glieder 22 — 24" lang, eng längsgestreift und wieder verzweigt. Die Zweige sind schlank und gegenständig, wie es scheint, an den benachbarten Gliederungen abwechselnd (kreuzweis) gestellt, mit längeren Glie- dern als der Stamm; Astnarben ähnlich wie bei Calamites, über der Gliederung. *) — Blätterspuren sind nur an einer Stelle deutlich (am Zweige IIla, wo die Aehre 3a abgeht), doch auch hier nur wie angehaucht, an einer zweiten Stelle, wo Presl sie zeichnete, war nichts zu sehen (Gliederung, wo 5a abgeht). Die Blätter erscheinen radial ausgebreitet, mit Mittelrippe versehen; Länge, Form, Befestigung nicht erkennbar. | Aehren gestielt und zwar die der untern länger (25), die obern kurz (6””®) gestielt, wohl ebenfalls zu zwei gegenständig, lang, z. B. die beiden längsten 97 und 112"® und dabei noch un- vollständig erhalten, bei nur 8— 9"® Querdurchmesser und 1,8” Breite ihrer Axe. Die längste Aehre lässt, soweit erhalten, 27 Blatt- quirle zählen. Form cylindrisch, nach oben nur wenig schmäler. Die Aehren zeigen theils noch Früchte, theils sind letztere ausge- *) Um die Verzweigung ım Bilde deutlicher werden zu lassen, da Höher- und Tieferliegen der Theile nicht dargestellt werden konnte, sind die Zweige, von unten beginnend, mit römischen Nummern I bis V bezeichnet, je nachdem sie an der ersten bis fünften Gliederung standen; Ia u. Id u. s. f. sind die Zweige rechts und links; von II fehlt ein grosses Stück; dieser Zweig fängt erst bei der vierten Gliederung an, liegt aber höher im Gestein als die neben ihm; er verweist auf die Astnarbe der zweiten Gliederung, welche Zwischenstellung hat. In gleichem Sinne zählen die fruchttragenden Aeste weiter mit denjenigen arabischen Nummern 1, 2 u. s. f., welche den Zweigen I, Il u. s. w. entsprechen, die sie trugen. Nur die Aehren 6 u. 7 können auf ihren Ursprung nicht zurückgeführt werden; 6 rührt vielleicht von la’ her, 7 liegt tiefer und gehört nicht zu 6. 110 Palaeostachya. fallen und dann bloss die Bracteen vorhanden, deren auf den Halb- kreis 6 kommen. Die Deckblättchen sind schmal (1”” breit), lineal-lanzettförmig, spitz, mit deutlichem Mittelnerv, bogig auf- wärts gekrümmt und erreichen, wenn vollständig erhalten, die Basis des zweiten höheren Quirles oder greifen ein wenig darüber hinaus. % In dem innern Achselraume der Deckblattquirle finden sich die Früchte (Sporangien). Dieselben sind eiförmig bis ellip- tisch, nach oben spitzlich, unten breiter, flachgedrückt, mit dicht und fein warzig-punktirter Oberfläche. — Sie sind an besondern Stielchen als Fruchtträgern befestigt, welche aus den Blattwinkeln oder ein wenig höher an der Axe entspringen (Insertionsstelle meist nicht ganz deutlich), gestreift sind und gradlinig, spitz auslaufend, an der Basis wenig verbreitert; manchmal erhebt sich das Säul- chen um ein Geringes über die Sporen. Wo die Sporangien das Säulchen bedecken, wird letzteres doch auch öfter durch Ein- drücke angedeutet; sonst erscheint es, als sässen jene ungestielt in den Blattwinkeln. — Die Anheftung ist am deutlichsten an der mit 7 bezeichneten Aehre zu sehen, welche unter jener mit 6 num- merirten liegt und die möglicher Weise beide zu dem Stielchen la gehören. An der Aehre 7, soweit dieselbe entblösst ist, er- kennt man die Säulchen sehr deutlich, welche als Fruchtträger zu betrachten sind (s. Vergr. Fig. 2); an der Aehre 6 dagegen, wie an andern des Stückes sind nur radiale Eindrücke erkennbar, die wohl ebenfalls von den Säulchen herrühren (s. Vergr. Fig. 3). Man könnte vermuthen, dass diese Träger nur Bracteen seien, welche . zwischen den Sporangien zum Vorschein kommen; indessen ist dies aus folgenden Gründen nicht anzunehmen: 1) sind dieselben stets gradlinig, nicht gebogen, 2) fehlen die die Sporangien weit überragenden Spitzen der Blättchen, ihre Länge ist nicht oder nicht merklich grösser als die der Sporangien und auch durch Präpariren lässt sich keine weitere Fortsetzung auffinden; 3) ist auch ihre Form von der der Bracteen verschieden. Die Anzahl der Sporangien lässt sich schwer bestimmen. Nach Fig. 2 scheint jeder Träger 2 Sporangien zu halten, das eine nach aussen, das andere nach innen gestellt, doch mögen sie auch Palaeostachya. 12a zu vier gestanden haben. Presl glaubte ebensoviel Früchte als Deckblättchen annehmen zu müssen. In den Aehren la, 3a, 4a sind die Sporangien ausgefallen bis auf einige an der Basis von 3a. Die hier vorliegende Pflanze auf eine bekannte Art unter den sterilen Pflanzentheilen zurückzuführen, ist wiederum schwer. Der Habitus ist sowohl etwas Calamiten- als Asterophylliten-artigs. Ueber der dritten Gliederung (wo IIla u. db abgehen) liegt ein Steinkern, dessen Rippen denen von Calamites nicht allzu ähnlich sind. Unter den Asterophylliten hat auch A. equisetiformis nicht genügende Aehnlichkeit, 4. grandis noch weniger. Erschien diese Einordnung daher schon früher fraglich (s. foss. Flora u. s. w. im Saar-Rheingebiete S. 125 u. 126), so jetzt nicht minder; indessen würde man zu sagen berechtigt sein, dass Palaeostachya allerdings Asterophylliten-artige Zweige besitze. Vergleicht man diese Palaeostachya elongata mit der von Crepin (fragments paleontol. Bruxel- les 1874. Bullet. de l’Acad. royale de Belgique, 2. ser., t. 38, S. 7 Taf. II Fig. 1— 3) zu Calamocladus (Asterophyllites) equisetiformis gezählten, so wird auch deren Identität nach Crepin’s Darstellung nicht anzunehmen sein, da die bel- gische Pflanze nicht blos einzeln an den Gliederungen befestigte Aehren hat, son- dern diese auch mit viel längeren und feineren Deckblättern versehen sind, wo- durch sie eher an unsere Calamostachys germanica erinnert. — Schimper (traite I, S. 329) rechnete unsere Pflanze zu Annularia, wohin man durch Vergleich mit seinen Figuren 7 —10 auf Taf. 22, die freilich jetzt als Stachannularien nicht mehr gelten können, geführt wird. Vorkommen. Das Exemplar von Presl stammt von Swina bei Radnitz in Böhmen. Reste wie die von Binney als Calamo- dendron commune? von Ardwick zum Theil publicirten, oder Röhl’s Volkmannia elongata (foss. Fl. d. Steink. v. Westphalen S. 19 Taf. VOL Fig. 1) gehören, nach der Stellung ihrer Aehren zu vier am Knoten, zu Calamostachys, nämlich zu der Neben- reihe Paracalamostachys, von welcher man die Befestigungsart der Sporangien noch nicht kennt. Feistmantel (l. c.) bildet noch ein Stück ausser der oben erwähnten Aehre des Presl’schen Origi- nales ab und rechnet es hierzu. 7. Volkmannia Sternbg. Spicae plerumque parvae, eylindratae, bractearum et sporangio- rum verticillis instructae. Sporangia awillis internis foliolorum in- serta, sessihia (2). Aehren meist klein, cylindrisch, mit Wirteln von Deckblät- tern und Sporangien; letztere in den innern Winkeln der Blätt- chen befestigt, sitzend (?). Nachdem bei einer Reihe wohlerhaltener Aehren der Cala- marien nachgewiesen worden ist, dass die Sporangien nicht direct an den Blattkreisen haften, sondern ein besonderer Träger für sie vorhanden ist, wird man in allen den Fällen, wo, wie die Diagnose von Volkmannia angiebt, ein solcher Träger nicht zu sehen ist, sondern die Sporangien in den Blattwinkeln zu sitzen scheinen, entweder eine besondere Gattung erblicken oder Zweifel an der Beobachtung hegen müssen. Es ist schon bei Palaeostachya be- merkt worden, dass zarte Träger zwischen den Sporangien leicht verschwinden und nicht zur Beobachtung gelangen können, wenn man die gewöhnliche Art der Erhaltung dieser Reste hat. Dann steht zu erwarten, dass mit der Zeit mehr und mehr durch gün- stige Funde Aufklärung erreicht werden und vielleicht die Gat- tung Volkmannia zuletzt in andere einschmelzen wird. Oder aber es bestätigt sich unwiderleglich die Existenz sitzender Spo- rangien und dann haben wir eine so weitgehende Verschiedenheit von allen andern Calamarien, dass Volkmannia vielleicht ganz aus diesem Kreise geschieden und mit Sphenophyllum zusammengefasst Volkmannia. 113 werden müsste, einer Gattung, welche bekanntlich nach den neue- . sten Ermittelungen von Renault und Williamson auch bezüg- lich ihrer innern Stammstructur sich gänzlich von den Calamarien verschieden zeigt und nach Strasburger wegen Annäherung an die Structur der Gymnospermen zu den Lycopodiaceen zu rechnen ist, bei denen eine solche Verwandtschaft besteht. Es wäre zu wünschen, dass man echte Volkmannien in einem solchen Erhaltungszustande fände, wie die verkieselten Annularien und Sphenophyllen von Autun, oder die in Kalk umgewandelten Calamostachys von Lancashire.. So lange indessen mehr Aufklä- rung noch nicht erreicht ist, glauben wir die Vereinigung von Volkmannia mit Sphenophyllum oder die gänzliche Au nebine der erstern nicht ausführen zu dürfen. Den Namen Volkmannia kann man, wenn man die Entwicklung unserer Kenntnisse der Calamarienähren betrachtet, gewiss nur noch auf jenen oben charakterisirten Rest von Aehren anwenden, da dies dem ältesten Begriffe dieser Gattung entspricht. Deshalb können wir auch der in England ausgeführten Uebertragung des Namens Volkmannia auf Calamostachys nicht folgen. Man ver- gleiche nur die Organisation der Palaeostachya (Volkmannia) elon- gata mit jener der Calamostachys (Volkmannia) Ludwigi, so wird man die Trennung gerechtfertigt finden. Die Volkmannien in unserem Sinne sind bisher nur einzeln gefunden worden, daher weiss man etwas Bestimmtes über ihre Vereinigung mit beblätterten Zweigen oder über ihren Fruchtstand nicht. Als Beispiel folgt hier nur eine Art, welche mit beschrie- benen nicht so hinreichend übereinstimmt, dass sie mit andern vereinigt werden dürfte. 1. Volkmannia tenera nov. sp. Taf. XI Fig. 1C, Fig. 2. Spicae parvulae, graciles, obtusae; bracteae tenuis- simae, tribus internodiis longitudine aequales, patentissı- mae; sporangia elliptica. Rami foliati, ut videtur, exigui, bre- viter articulati, Asterophyllitiformes, folis arcuato-patentibus line- arıbus, duorum internodiorum longitudinem superantibus. 8 114 Volkmannia. Aehren klein, schlank, stumpf; Deckblätter sehr schmal, so lang wie 3 Glieder, steil abstehend; Sporangien elliptisch. Beblät- terte Zweige, wie es scheint, klein, kurz gegliedert, Asterophyllites ähnlich, mit bogig ausgebreiteten, linealen Blättern, über 2 Glie- der lang. = Auf der Platte Taf. XII Fig. 1 liegen mit langblättrigem Asterophylliten und dazu gehöriger Oalamostachys zusammen (s. oben S. 56) einzelne Achren mit bis gegen 3° Länge und 3,5”” Dicke, welche sich durch ihre anscheinend in den Blattwinkeln sitzenden etwas elliptischen Sporangien und durch verhält- nissmässig lange, abstehende Deckblättchen auszeichnen. Diese stehen an 2,2”” hohen Internodien mit schmaler, nur 1,5 "= breiter Axe. Aehren an der Spitze gerundet, Sporangien sehr deutlich, besonders an der etwas grösseren Achre Fig. 2, elliptisch, 1,7"® hoch und 1,1”” breit; fem punktirte Oberfläche ist, jedoch undeutlich, wahrnehmbar. Diese Sporangien befinden sich im in- nern Blattwinkel, von Trägerstielchen ist nichts zu sehen, ihr Ab- stand vom nächsten Blattkreis darüber ist überall deutlich und etwa 4 der eignen Länge, so dass insofern kein Zweifel über ihre Stellung bleiben kann. Wie gewöhnlich sind von dem Sporan- gienkreis die beiden seitlichen deutlich, die mittleren nicht mehr scharf erkennbar, es mögen aber 4 Sporangien im Halbkreis vor- handen gewesen sein. Die Platte trägt nahe beisammen zwei verschiedene Aehren- bildungen; es wäre demnach möglich, die Volkmannien ebenfalls auf die langblättrigen Asterophyllitenzweige (Fig. 1 B) zu beziehen, ähnlich wie Ettingshausen seinem Calamites (Asteroph.) tenwi- Jolius kleine, feine, kurzblättrige Volkmannien als Aehren zutheilte, oder wie OÖ. Feistmantel seine Volkm. tenwis (die = Calamites tenuifolius Ettingsh. sein soll, aber sicher nicht ist) zu Asteroph. longrfolius rechnet. Aber man würde damit gewiss ebenso fehl- greifen, wie der Letztere es gethan hat. Eher könnte man ein- zelne kleine Zweigreste wie Fig. 3, die sich ausserdem noch auf der Platte befinden, zur obigen Volkmannia zählen, obgleich auch dies der Bestätigung bedarf. Diese sind einigermaassen dem sogenann- ten Asteroph. grandis ähnlich. Volkmannia. 115 Unter den beschriebenen Resten steht wohl Calamostachys paniculata (Taf. XIII Fig. 1) am nächsten, unterscheidet sich aber schon durch die aufrecht angedrückten, auch kürzeren Deckblätter. Volkmannia tenuifolia Ettingsh. sp. hat runde Sporangien, andere Beblätterung, V. tenuis Feistm. scheint schlecht erhalten. Vorkommen. Grube Neuer Heinrich bei Hermsdorf west- ' lieh Waldenburg. Beinert’sche Sammlung der Bergakademie. Si= 8. Calamites und Calamitina. Seit Suckow seine Gattung Calamites aufstellte, Brongniart und andere Autoren eine Reihe von Arten derselben unterschieden, hat sich der Begriff der echten Calamiten an doch im Ganzen wenigen Typen herausgebildet, welche, wie ©. cannaeformis, Suckowi, gigas etc., an ihren Steinkernen eine sehr regelmässige Längs- furchung und Rippung ausser der constanten scharfen Quergliede- rung zeigen. In diesen und ähnlichen Stämmen haben also die Grefässbündel, welche die Furchung hervorrufen, einen sehr regel- mässigen Verlauf. Aber nicht alle Stämme, die man zu den Cala- miten zählt, besitzen den gleichen Grad von Bestimmtheit dieser Eigenschaft. Schon ein Kreis von Formen, welchen man um (C. varians als Typus gruppiren kann, zeigt meistens in den gedräng- ten, rissigen, oft bündelig zu mehrern zusammentretenden Rippen ausser manchen andern Eigenthümlichkeiten Abweichungen. Nicht mehr in den Kreis der Calamiten aber kann man solche Stämme zählen, die in ihren Dimensionen zwar ihnen noch gleichkommen (wie z. B. das Stück Taf. II Fig. 1), aber ganz unregelmässige und unbestimmte Längsstreifen statt Rippen und Furchen besitzen, — so lange man nämlich unter Calamiten nichts Anderes versteht als grössere, durch ihre Furchung charakterisirte Stammstücke. Es ist unvermeidlich, nachdem wir den Gattungsbegriffen unter den Calamarien, und zwar in ihren Fructificationsorganen, nachgegangen sind, dass wir diese Frage auch an die sterilen Pflanzentheile dieser Familie richten, ganz besonders wenigstens Calamites und Calamitina. 117 an den unzweifelhaft umfangreichen Formenkreis der altbekannten Sammelgattung Calamites. Verstehen wir darunter nur die so- eben bezeichneten Pflanzen, so wird die Frage eben die sein, ob man unter ihnen gewisse grössere Gruppen erkennen könne. In der That scheint mit der Beschaffenheit des Steinkernes eine ge- wisse Verschiedenheit auch anderer ‘an den Stämmen wahrzuneh- menden Merkmale zu correspondiren. Dies drückt sich zunächst in verschiedenen in der Litteratur niedergelegten Auffassungen aus. Was Geinitz als Equisetites-, Schimper als Macrostachya-Stämme aufführt, ist hier besonders zu nennen. Diese Reste erfüllen offen- bar eine Hauptbedingung, um zu den Calamiten gezählt zu wer- den: Quergliederung und Längsfurchung des Steinkernes und rei- hen sich, wie man mit Stur einverstanden sein wird, an (. varıans zunächst an, jedoch ohne dass man sie damit zusammenfallen zu lassen brauchte. Ihre eigenthümlichen kettenförmigen Blattnarben- reihen, ihre grossen wirtelständigen Astnarben finden sich wohl ähnlich bei ©. varians, nicht bei den obigen um (. Suckowi oder cannaeformis sich gesellenden Arten. Namentlich die Blattnarben- ketten machten es Geinitz wahrscheinlich, dass hier eine von Calamites verschiedene Gattung vorliege, wie man ja auch die grossen Calamiten-ähnlichen Stämme der Trias ganz oder zum Theil aus dieser Gattung geschieden hat. Indessen hat man jetzt ın der alsbald zu beschreibenden Beblätterung dieser Stämme die Beweise dafür, dass man sie nicht mehr unter der Bezeichnung Equisetites (oder Equisetides nach Schimper) zusammenzufassen gut thut, da sie, nach dem Ü. varians von Wettin zu urtheilen, ebenso wenig scheidenförmig verwachsene Blätter hatten, wie andere Calamiten. Es würde schon genügen, sie als zum Typus des Cal. varıans gehörig zu betrachten, indessen dürfte es vortheilhaft sein, sie zu einem besondern Kreise, einer Section von Calamiten unter der Bezeichnung Calamitina zu vereinigen, wozu dann ausser dem Cal. varıans namentlich jene Bockwaer Stämme bei Geinitz (C. Germariana Göpp.), sowie die bekannten von Rad- nitz (C. Göpperti Ett., vergl. unsere Taf. XVII) u. a. zu rechnen wären. Auch ‚was Lindley (nicht Goldenberg) Cyclocladia nannte, gehört hierher. Die dicht gedrängten Blattnarben, welche die 118 Calamites und Calamitina. Aussenseite der Rinde zieren und oft in einer zusammenhängenden Kette sich an einander reihen, sowie die ebenfalls meist dicht stehenden Astnarben, welche besondere Quirle in periodischen Abständen bilden, sind die wichtigsten Unterschiede dieser Gruppe von den übrigen Calamiten, mit welchen sie im Uebrigen und Wesentlichen übereinstimmen. Wenn es aber möglich ist, die sämmtlichen Calamiten in diese zwei Gruppen zu spalten, so wird die Erwartung, dass ihnen auch ein verschiedener Bau der Fruc- tifieationsorgane entsprechen möge, aufs Neue belebt, selbst wenn es in einzelnen Fällen schwierig sein mag, die Gruppen streng auseinander zu halten. Da unsere Unterscheidung auf der äussern Organisation der Stämme beruht, so haben wir nöthig, eine Vergleichung derselben bei beiden Sectionen anzustellen. Was aber vom Steinkern, d. ı. Berippung, von Oberfläche, Blatt- und Astbildung zu berücksich- tigen ist, sei num nachstehend in kurze Betrachtung gezogen. Dabei ist vorauszuschicken, dass es die Halle’sche Univer- sitätssammlung ist, welche im Besitz einer vorzüglichen Folge von Calamiten - Stammstücken von Wettin dem Verfasser wie auch schon Anderen *) die besten Aufschlüsse in dieser Beziehung er- theilt hat. Meist Calamites varıans Germ., aber auch Vertreter aus. andern Gruppen, erläutern dieselben die äussere und innere Structur der Rinde, die Beblätterung und Astnarbenvertheilung in so ausge- zeichneter Weise, dass es zu bedauern ist, dass so lange diese Stücke der allgemeinen Benutzung insofern entzogen geblieben sind, als sie eine gute bildliche Darstellung nicht erfahren haben. An das bei ihnen Beobachtete lehnt sich das Folgende an. Die Calamitinen zeigen, wo die Rinde erhalten ist, eine fein längsstreifige, übrigens glatte Oberhaut, auf welcher die Längs- rippen des Steinkernes völlig verschwinden oder nur wie durch- gepresst erscheinen und im Allgemeinen noch mehr zurücktreten als bei den echten Calamiten. Wenn (wie Taf. XVIII) der Ab- druck der Oberfläche vorliegt, beobachtet man zwar oft auch Längs- furchen, aber dieselben sind sehr oft unvollständig und durchaus *) s. Stur in Verhandl. d. k. k. geol. Reichsanst., 1874, S. 168, Calamites und Calamitina. 119 unregelmässig, Falten ähnlich und mit der Berippung des Stein- kerns nicht zu verwechseln. Auch die Rippen des Steinker- nes sind, wie schon erwähnt, meist nicht von der Regelmässigkeit der andern Calamiten mit ihren bekannten gleichförmig gestalteten Enden. Indessen ist dieser Unterschied nicht ganz streng zu neh- men, denn es finden sich z. B. unter den echten Wettiner C. varians auch solche Exemplare, die von den übrigen Eigenschaf- ten abgesehen, ganz die Berippung von C. Suckowi oder von un- serm acuticostatus zeigen. Sämmtlichen Calamiten kommt es zu, dass die Steinkerne an dem obern Ende der Rippen Knötchen tragen, in beiden Reihen findet es sich auch, dass selbst die un- tern Enden mit ähnlichen Knötchen geziert sind. Dagegen zeigt die Aussenseite der Rinde in den Blattnarben bei den Oalamı- tinen recht brauchbare Unterschiede. Bei guter Erhaltung bilden dieselben, namentlich bei den sächsischen, böhmischen, Saarbrücker Arten, eine zusammenhängende Reihe von quer verbreiterten kleinen Polstern und rücken wohl seltener aus einander und oft wohl nur scheinbar, indem die Blattnarben nicht vollständig erhalten sind. Nur C. varians hat in dieser Beziehung eine mittlere Stel- lung, da bei ihr die Blattnarben länglich und stets mehr ge- trennt sind. Für die Beblätterung selbst aber ist die oben erwähnte Reihe von Stücken der Halle’schen Sammlung klassisch zu nen- nen. In dieser Beziehung verhält sich ©. varians mit ihren perio- disch die Grösse verändernden Gliedern ganz so wie Calamiten vom Typus des Suckowi oder cannaeformis. Es zeigen sich am ÖOberende der Glieder längliche, mehr oder weniger starke Höcker, von welchen lineale bis lineal-lanzettliche einfache Blätter (vergl. meine foss. Flora d. Saar-Rheingeb. Taf. XIV Fig. 3) von der ungefähren Länge eines Gliedes ausgehen, aufrecht angedrückt, die Blätter bis auf den Grund getrennt und nur durch die Ober- haut des Stammes verbunden. Auch von den schönen Radnitzer Calamitinen ist jetzt Beblätterung bekannt (s. Taf. XVII Fig. 1) und soll noch besprochen werden; wir werden sehen, dass sie sich zwar anders verhält, als Feistmantel, Vater und Sohn, sie be- schrieben und wonach Stur die Radnitzer Art zu Ü. varians 120 Calamites und Calamitina. stellte, dass sie aber im Wesentlichen mit der an den Halle’- schen Stücken übereinstimmt. Auch die Stellung der Astnarben ist ein weiteres wichtiges Moment, wodurch sich unser Calamitinentypus von den anderen abtrennt. Sie sind quirlständig und bilden oft einen dicht ge- drängten Kreis (Taf. XVII, Germar 1. c. Taf. XX) oder auch einen durch Auseinanderrücken und also geringere Anzahl der Aeste unterbrochenen Wirtel (Ettingshausen, Steink. Fl. von Rad- nitz Taf. I Fig. 1, unser Holzschnitt auf S. 121). Häufig wieder- holen sich diese Astnarbenreihen, wenigstens da, wo sie gedrängt an einander stehen, in gewissen mehr oder weniger regelmässigen Abständen, welche durch eine Anzahl von Internodien gebildet werden, wobei gewisse Zahlenverhältnisse vorzuwalten pflegen. Auch in Fällen, wo die Astnarben nicht selbst erhalten sind (wie Taf. XVIII Fig. 1), wird man sicher an dem periodischen Auf- treten der wulstartig sich auszeichnenden Glieder (a) die Lage der Aeste bestimmen können, ähnlich wie das häufige Zusammentreten der Rippen an den Gliederungen des Steinkernes von (©. varıans (cf. Geinitz Taf. XII Fig. 2) auf die Lage der Aeste deutet. Ist das Intervall der Periode für die Astnarbenreihen so abgekürzt, dass sie sich in benachbarten Gliedern wiederholen und gleich- zeitig entfernt von einander stehen, dann hat man den vollstän- digsten Uebergang zu C. eruciatus (cf. Geinitz, Taf. XI Fig. 2 u. 3), den man mit ©. approximatus oder varians wohl nicht vereinigen kann. Es ist noch nicht erwiesen und nicht wahrscheinlich, dass ein und dieselbe Art so verschiedene Verzweigung besessen habe. Die Stellung der Blätter zu den Aesten ist für die ©. varians von Wettin sowohl als C. Göpperti von Radnitz dieselbe: die Blattnarbenreihe läuft unter den Astnarben fort, da, wo beide zusammentreffen. Jene gehört eben dem obern Ende eines Stammgliedes an, diese dem untern; auch dies ist bekannt- lich bei Eqwisetum nicht der Fall. Sehr gut kann man es aber an dem Original zu Taf. XVII Fig. 2 beobachten, wo (deutlicher als in der Lithographie) die Blattnarben unter der obern Astnar- benreihe, nur sehr verdrückt und unvollständig, sich hinziehen. Dies wird auch durch Fig. 1 derselben Tafel bestätigt, wo man isn £ » eng 121° Calamites und Calamitina. Blatt- *) schwache Spuren von Organe. Narben appendiculärer Grube Gerhard bei Saarbrücken. Bei a ch Zeitschr. d, deutsch. geol, Ges. 1876, S. 422. narben, b Astnarben, c grössere Calamitina von *) 5. au 123 Calamites und Calamitina. die Blätter unter den Astnarben @ noch hervorbrechen sieht. Auch das Original zu Germar’s Taf. XX Fig. 1 (oder dessen Gegen- druck) zeigt ebenfalls dasselbe Verhältniss der Blattnarben zu den Astnarben. *) Ausserdem beobachtet man aber hier und da noch andere grössere Narben an solchen Stämmen, wie bei ce in dem Holz- schnitt. Diese stehen einzeln und regelmässig, wie die Astnarben bei ©. cruciatus Brong., sind rund, innen etwas radial struirt, von’ einem Hof umgeben. Man kann wohl annehmen, dass dies die Ansatzstellen von grösseren Aehren seien, vielleicht aber von Wur- zeln (Luftwurzeln). Der Stellung des Bildes gemäss gehen die Astnarben (db) um die grossen (c) auf der obern Seite herum. Zu dieser Annahme wird man geführt (obschon man auf den ersten Blick geneigt ist, das Stück in umgekehrter Lage zu betrachten) durch das vereinzelte Auftreten einiger schwachen runden Ab- drücke (a), welche man für Blattnarben ansprechen wird, die sonst am ganzen übrigen Abdruck sich nicht erhalten haben. Ist dies richtig, so müssen allerdings die fraglichen Luftwurzel-Male ebenso unter den Aesten liegen wie die Blattnarben. Bei der mangel- haften Erhaltung der Blattnarben sowie der Quergliederung lässt sich die Art leider nicht sicher ausmachen; doch stimmt das Stück am meisten mit ©. Germariana Göpp., nur ist das Intervall von 3 Gliedern zwischen den Astnarben, welches derselben zukommt, hier nicht ausreichend sicher. Was nun das Verhältniss der beiden Calamitentypen oder von Calamites und Calamitina zu den Aesten oder beblätterten Zweigen anbelangt, so gilt es bekanntlich Manchem als ausge- macht, dass die Zweige der Calamiten nichts anderes als Astero- phyllites (Calamocladus Schimp.) seien. Diese Frage ist in- —— D *) Dieses Stück ist das vorzüglichste der ganzen Sammlung von Wettiner Calamiten. Der Abdruck des Steinkernes zeigt scharfe Rippen, an der Gliede- rung ähnlich ©. Suckowi, mit Knötchen am obern Ende; Oberfläche glatt und feinstreifig, mit länglich rechteckigen Blattnarben, etwa um die Breite einer Rippe aus einander stehend. Blätter nur im Abdruck des untern Theiles erhalten. Ast- narben so gestellt wie Germar zeichnet, etwas radial strahlig; die Blattnarben der Reihe, welche unter den Astnarben herumzieht, dicht gedrängt, doch nieht, so kettenförmig wie bei denen von Radnitz, le en Calamites und Calamitina. 123 dessen noch nicht definitiv erledigt. Auch die erwähnte Halle- sche Sammlung ist hierfür als maassgebend angezogen worden, derart, dass aus ihr zu entnehmen sei, dass Asterophyllites equiseti- Formis die Zweige von Üalamites varians seien. Es ist indessen unter der schönen Folge von Stücken beiderlei Versteinerungen kein Exemplar des genannten Calamiten mit wirklicher Verzwei- gung zu beobachten, so wenig als dies von anderswoher bekannt geworden ist und so häufig auch die Astnarben an den Stämmen gesehen werden. Auch besteht noch eine merkliche Lücke zwi- schen den Stücken, welche Calamitenstämme und denen, welche Asterophylliten darstellen, so dass man nirgend in Zweifel ist, welchem von beiden die Stücke zuzuzählen seien. Die Zusammen- gehörigkeit beider Pflanzen kann ich danach noch nicht für bewie- sen halten. Beblätterte Zweige mit Fruchtähren, erstere von der Art der Asterophylliten, haben wir bei Macrostachya (s. S. 75) kennen ge- lernt und es war höchst wahrscheinlich, dass beide zu Calamitinen- Stämmen gehörten. Falls sich dies bestätigt, würde man nicht mehr genöthigt sein, die Reste getrennt zu behandeln, sondern könnte die jetzt als Calamitina abgeschiedene Section von Calamiten wieder mit Macrostachya vereinigen. I. Calamites Suckow. 1. Calamites Suckowi Brongn. Taf. XIX Fig. 1. Die bekannte, durch ihre flachen Rippen, scharfen Furchen, wohlausgebildeten Knötchen, oft etwas abgekürzten Glieder aus- gezeichnete Art liegt hier in einem Exemplare von Eschweiler bei Aachen vor, welches durch seine quirlförmig um die Gliederung gestellten Wurzeln merkwürdig erscheint. Wie die Abbildung *) lehrt, ist es ein typisches Exemplar, wovon der Steinkern (die untern 2 Glieder) und der Hohldruck von 2 weiteren Gliedern, nebst dem Anfang eines dritten vorhan- *) Es ist nicht das ganze Stück gezeichnet worden, sondern von oben ge- zählt nur 4 Glieder, während das Stück 6 enthält. 124 Calamites und Calamitina. den ist. Die Rinde war, nach dem kohligen Reste davon, wie immer dünn, der Abdruck der Aussenseite zeigt daher fast das- selbe wie der Steinkern. Die Knötchen stehen an dem allgemein als oberes betrachteten Ende der Rippen. An dem obersten abgebrochenen Gliede erscheinen nun radial - gestellt breit lineale flach gedrückte Organe (w), die Blättern nicht unähnlich sind, sich jedoch bei näherer Untersuchung als Wur- zeln herausstellen. Sie gehen wie die Blätter von den Gliederun- gen aus und zwar von den durch die Knötchen markirten Stellen dicht unterhalb der Quergliederung. Bei den rechts und links seitlich gelegenen Wurzeln kann man dies deutlich sehen, wäh- rend in der Mitte ihr unterster Theil durch den Stammabdruck verdeckt wird. Es scheinen über 20 auf den halben Umfang zu kommen; sie standen wohl senkrecht vom Stengel ab; die in der Mitte sind jetzt schief gestellt, wohl erst durch mechanischen Druck, da sie quer gegen die Schichtung stehen. Somit bildet der Schirm der Wurzeln eine schief gegen den Stamm gerichtete Fläche. Man erkennt, dass man Wurzeln vor sich hat, am besten so- gleich durch Beobachtung der Körper mit der Lupe und erhält dabei die in Fig. 13 wiedergegebene Structur: mauerförmige Rei- hen von Zellenabdrücken der Oberhaut, theils gradlinig der Länge nach verlaufend, theils neue sich einsetzend oder alte auskeilend. Ausserdem sind auch an der horizontal gerichteten längsten Wur- zel feine Wurzelfasern anhängend zu sehen, wie Fig. 1A in schwa- cher Vergrösserung von einer Stelle nahe am Rande des Gesteins zeigt. An andern, wo die Fasern abgefallen oder nicht erhalten sind, blieben Höcker zurück, wie ebenfalls in Fig. 1A zu sehen. Querfaltung dieser Wurzeln ist häufig. Das längste Wurzelbruch- stück beträgt 6". Ein Theil des Steinkerns, der später herausbrach, legte die vierte Gliederung (von oben gezählt) im Abdruck blos und auch hier sieht man, weil unmittelbar darüber etwas Gestein wegge- sprungen ist, überall, von den Knötchen ausgehend, den Anfang gleicher Wurzeln wie oben. An den übrigen Gliedern ist nichts zu bemerken, doch liegen in der Höhe der Quergliederungen un- deutlichere Reste von Wurzeln, so dass sie an sämmtlichen Stamm- ’ E Calamites und Calamitina. 125 knoten des Exemplares befindlich gewesen sein mögen. In der Abbildung ist dies weggelassen. Man kann sich danach denken, dass der Calamitenstamm sich noch weit unterirdisch in gleicher Beschaffenheit fortgesetzt habe, wie der oberirdische Theil, nur dass derselbe dann horizontal sich verbreitende Wurzeln statt der Blätter besessen habe. Oder man müsste etwa annehmen, dass es ein unterirdischer wagrechter Stamm gewesen sei, welcher die Wurzeln trägt, und dass derselbe in dem vorliegenden Zustande noch ziemlich die ursprüngliche Lage be- halten habe, da er in der Schichtfläche liegt. 2. Calamites acuticostatus nov. sp. Taf. XIX Fig. 2. ‚Caulis internodia diametro breviora; ectypi interni costae subplanae vel subeonvexae, ad extremitates in angulum acu- tum productae, tuberculis punctiformibus praeditae; cortex satıs tenwis, superficie tenwissime striatula, viw sulcata, transverse viw arti- culata. Stammglieder kürzer als der Durchmesser; Rippen des Steinkernes etwas flach bis etwas gewölbt, an den Enden in scharfe Spitzen verlängert, mit punktförmigen Knötchen. Rinde ziemlich dünn, ihre Oberfläche sehr fein längsgestreift, Furchung und Quergliederung daselbst fast verschwindend. Das Stück zeigt einen Calamiten, der durch seine flachen Rippen an C. Suekowi, durch deren scharf und spitz ausgezogene Enden aber an C. gigas erinnert. Von beiden hat er die geringe Höhe der Glieder. Es dürfte kein Zweifel sein, dass er von ihnen durchaus verschieden ist, sowie er sich noch weit mehr von (C. cannaeformis unterscheidet. Auch die kleinen Tuberkeln scheinen ihm eigenthümlich. Unter den Wettiner Cal. varians in Halle befindet sich ein Stück mit gleichen Rippen wie obiges, aber mit Perioden von je 9 nach oben grösser werdenden Gliedern, deren letztes Astnarben trägt. Vorkommen. Dudweiler bei Saarbrücken, untere Saarbrücker Schichten. Sammlung des Verfassers. \ 126 Calamites und Calamitina. il. Calamitina. (Equisetites Aut. partim.) Caulis articulatus calamitoideus; corticis superficies sublaevis vel suleis costisque plerumqgue imperfectis instructa, articulationetrans-. versali ectypi interni distincta neque minus externe cicatrieulis Foliorum catenatis continuis notata. Ramorum cieatrices majores in intervallis quwibusdam vertieillatim plerumque arctius confertae, rotundatae, supra cicatriculas fohorum positae, structura concentrica praeditae; radıius praeterea cicatrices ramorum ıllis ma- jores singulae, sub ramulinis positae. Gegliederter calamitenartiger Stamm; Gliederung am Stein- kern scharf, auf der Oberfläche durch die kettenförmige Blatt- narbenreihe markirt, Oberfläche glatt oder unvollkommen ge- rippt. Astnarben grösser als die Blattnarben, meist dicht stehend, in gewissen Abständen quirlförmig, rundlich mit concentrischen Feldern, über den Blattnarben stehend; selten noch eine dritte noch grössere Art Narben einzeln, unter den Astnarben. Vorstehende Diagnose würde den oben hervorgehobenen Eigen- thümlichkeiten entsprechen, auf welche wir hier verweisen. Was den Umfang der Gruppe anlangt, so ist derselbe noch im Ganzen gering. Ausser der Calamitina varıans und approximata”), welche für Manche gleichbedeutend sind, und die sich schon durch stärkere Einschnürung des Steinkernes an der Gliederung, durch weniger gedrängte, nicht kettenförmige Blattnarben von den übrigen unter- scheiden, indem sie sich den andern Calamiten näher stellen, finden sich zwar eine Reihe von Beispielen in der Litteratur, doch da die Erhaltung oft eine wenig gute und genügende ist, so mag es gestattet sein eine gewisse Auswahl darunter zu treffen und nur auf die folgenden zu verweisen. Man kann die Formen nach An- zahl der zwischen zwei Astnarbenreihen befindlichen Glieder (ihren Intervallen), nach Form und Grösse der Blattnarben unter- *) Unter Calamites approrimatus jeden etwas eng gegliederten Calamiten zu ver- stehen, ist doch sicher falsch, daher ©. Feistmantel’s Fig. 2 auf Taf. VI, Fig. 1 und 2 auf Taf. VII seines Buches über böhmische Steinkohlenpflanzen hier auszu- schliessen und zu C. Suckowi zu stellen + ri u re Sen eh ed Ge nen Te he Calamites und Calamitina. 127 scheiden, doch sind sie hierin einigermaassen veränderlich und oft mag auch das Alter dabei mitspielen. Unter den publieirten Arten möchten besonders zwei wichtig sein: 1. Calamitina Göpperti, bestehend aus Calamites Göpperti Ettingshau- sen, Steinkohlenflora von Radnitz (1855) S. 27, Taf.I Fig. 4. Intervall von $ Gliedern, Blattnarben rund, verhältnissmässig gross. — Vermuthlich verkehrt abgebildet, daher wohl das oberste Glied das längste im Intervall. - ©. Feistmantel, Verstein. d. böhm. Kohlengeb. (1874), Taf. I Fig: „Cyelo- eladia major“, Intervall von mehr als 6 Gliedern, Blattnarben klein, queroval, oberstes Glied am längsten. — Ebenda Fig. 2 (verkehrt) „Equisetites infundibuliformis *, Interv. mehr als 7 Glieder. Unsere Taf. XVII Fig. 2, Intervall 10 Glieder, Blattnarben queroval, oberstes Glied am längsten; desgl. Fig. 1, Intervall 6 Glieder, Blattnarben rund, z. Th. oberstes Glied am längsten. 2. Calamitina Germariana, wohin Zquisetites infundibuhformis Geinitz, Steink. Sachs. Taf. X Fig. 4 und 5, Intervall 2—3 Glieder, Blattnarben klein, queroval, Glieder etwa gleich. —. Hierher O. Feistmantel’s Taf. I Fig.5, wenn nicht die grossen Male in dieser Figur wegen ihrer Stellung als Luftwurzelspuren statt Astnarben zu betrachten sind. Stur, Verhandl. d.k. k. geol. Reichsanst. 1874, S. 261 schlägt für die Stämme mit nur etwa 3 Gliedern im Intervall den Namen tripartitus Gutb. manuser, als Artnamen vor. Indessen scheint es, dass man hiefür den wirklich publieirten Namen Germarianus Göpp. Flora d. Uebergangsgeb. 1852, S. 122 Taf.42 Fig. 1 verwenden muss. Trotz ©. Feistmantels Widerspruch ist gegenwärtig die Wahrscheinlichkeit grösser, dass diese Reste mit 2— 3 Gliedern eime eigne Art bilden. — Die Litteratur besitzt noch manche andere Darstellungen hierher ge- höriger Reste, welche aus den Angaben der Autoren zu ersehen sind. Sie dürften mehr für die Gattung als für die Arten interessantere Vergleichunspunkte bieten (u. A. Williamson’s Calamites verticillatus in Philos. Transact. of the Royal Soc. of London 1874, S.66 Taf. VII Fig. 45, wohl = C. Germariana, Intervall 38 Glieder.). Vielleicht hierher unser Holzschnitt auf S. 121. 1. Calamitina Göpperti Ettingsh. sp. Taf. XV. Um dem Bedürfniss einer kürzeren Bezeichnung zu genügen, kann man den Ettingshausen’schen Namen (s. oben) auf die Stämme von Radnitz mit 6 und mehr (bis 10) Gliedern als Intervall zwischen 2 Astnarbenreihen übertragen, obgleich man wohl auch dafür Calamites Volkmanni Ettingsh. (Flora v. Stra- donitz Taf. VI Fig. 2) verwenden könnte. Aber jenes ist eim 128 Calamites und Calamitina. unzweifelhafter und genügender Rest, dieser nur eine knospen- förmige Spitze. Der Name Calamites Göpperti Römer ist aber von Göppert selbst abgelehnt und daher frei; C. vertieillatus Lindl. endlich ist vielleicht verschieden. Es liegen hier 3 schöne Reste vor, die man als Altersstufen derselben Art betrachten kann, beide von Radnitz, Bau des Grafen Sternberg. 1. Taf. XVII Fig. 2. Abdruck eines Stammbruchstückes von 20°® Länge, 4,2 Breite, mit 15 Gliedern und dem Anfang eines 16ten, mit 2 Querreihen von grossen sich berührenden Astnarben. Das Intervall beginnt über den Astnar- ben mit kurzen Gliedern und endet unter den nächsten Astnarben mit dem läng- sten. Die Periode zeigt folgende Längen: 5, 9, 11, 12, 14, 16, 18, 21, 15— 20, 21—15; dann die folgende 7, 8, 9mm, Es betheiligen sich also 10 Glieder an dem periodischen Gesetze, davon sind die beiden obersten nur in Folge des Auf- tretens der Aeste unregelmässig, ihre gemeinsame Länge ist gleichmässig 35 — 36 um, Die kettenförmigen Blattnarben bringen eine ausgezeichnete Quergliederung zu Stande. Sie sind rundlich bis querelliptisch oder mit seitlichen Spitzen ver- sehen und berühren sich mehr oder weniger, indem sie nur selten etwas aus ein- ander rücken. Ueber den Blattnarben verläuft eine scharf eingesenkte Linie, während sie nach unten weniger scharf von dem Gliede, auf welchem sie stehen, abgetrennt sind und stumpfkantig in die Oberfläche übergehen. Jedes Närbehen ist mit einem centralen Grübchen versehen, dem Austritt der centralen Gefässe in das Blatt. Ueber den Astnarben erscheinen die Blattnarben erst in einiger, zwar ge- ringer Entfernung, unter ihnen dagegen berühren sie dieselben unmittelbar, sind jedoch sehr verdrückt und dem Umriss der grossen Narben folgend, wie schon oben an- gedeutet (in der Zeichnung oben einigermaassen kenntlich). Diese Närbehen stehen auf einer schmalen, 2" m breiten, ringförmigen Fläche, welche schräg nach aussen gerichtet, den Stamm bandartig umgiebt. — Aus der Stellung der Blattnarben zu den Aesten kann man schliessen, dass manche der bisher abgebildeten Stämme verkehrt gezeichnet waren. Astnarben finden sich 4 auf jeder Reihe. Ihr breites äusseres Feld ist zum Theil deutlich fein radial gestreift, während das kleinere innere Feld punktirt er- scheint durch Gesteinskorn, da es der verschwundenen Querscheidewand entspricht. 2. Ein Exemplar mit 7 Gliedern und nur einer Astnarbenreihe, 8°” Breite, also älter, zeigt an Gliederlängen von unten an: über 20, 32, 20mm, Astnarben- reihe an einem 16— 18mm hohen Gliede, darauf 11 — 12, 21", vom Tten Gliede _ nur der Anfang. Die Rippen sind sehr flach, aber sehr regelmässig. Die aus- strahlenden Linien in den Astnarben zeigen, wie vorher, dass sie nicht auf den Abdruck der Basis einer beblätterten Aehre bezogen werden können, sondern dem elementaren Bau angehören. 3. Taf. XVII Fig. 1. So verschieden dies Stück erscheint, so lässt es sich doch wohl als jugendlicherer Zustand betrachten. Die rundlichen und verhältniss- u en KR 1 A u Zu u a a ne el Ze Tl ni u nn > ie ana 5 ne ae u All A En a Fa ae / Calamites und Calamitina. 129 mässig grössern Blattnarben und andre Längenentwicklung der Glieder sind die hauptsächlichsten Unterschiede den anderen gegenüber. Man zählt an dem Stück 18 Glieder von zusammen 14,5°® Länge; am $&ten und l4ten Gliede erscheint eine Astnarbenreihe. Die Gliederlängen sind von unten an: Die untersten 7 Glieder nahe constant 5WM; Astnarbenglied mit 8,5 mm, dann 7,9, 11, 12, 15, 15%; wieder Astnarbenglied von 10, dann 8,5, 5, 5mm, — Man nähert sich hier der Spitze des Stückes, daher wohl die beobachtete Unregel- mässigkeit des Längengesetzes. Die Beblätterung bietet das Hauptinteresse des Stückes. Die Blätter waren zwar am Grunde etwas breiter, sonst aber schmal und bis auf den Grund getrennt, etwa 1% breit, kaum über 16mm Jang. Sie gabeln sich nicht wie bei Archaeocalamites, sind vielmehr einfach, mit feinem Mittelnerv, an der Spitze schon etwas zurückgerollt. Schon Ettingshausen hat von Stradonitz (l. c. Taf. VI Fig. 2) ein schopf- artiges beblättertes Stammende abgebildet; die Blätter sind jedoch einzeln nicht recht kenntlich. K. Feistmantel (Abhandl. der k. böhm. Ges. d. Wissensch. 1868 mit Taf. I) wie auch der Sohn (Palaeontogr. 1874) beschrieben die Ober- fläche und vermeintliche Blätter, indessen irrthümlich. Es lag wohl nahe, die von den Knötchen an den Gliederungen ausgehenden lanzettlich beginnenden, pfriemenförmig fortsetzenden Gebilde (wie bei K. Feistm. 1. e. Fig. B u. GC; letztere Figur von O. Feistm. 1. c. Taf. II Fig. 1 nicht ganz gut copirt) für Blätter anzusehen. Allein dies können sie schon aus dem Grunde nicht sein, weil die Figuren verkehrt gestellt wurden. Risse, vielleicht abgelöste Theile der Ober- haut, dürften diese Erscheinung hervorgerufen haben. Die richtige Stellung der Stämme wurde bereits oben (S. 120) nachgewiesen. 2. Calamitina Solmsi nov. sp. Ta XVlNERTES TE Caulis internodia abbreviata, ut videtur 8, articulis inflatis binis ramorum certe cicatrices ferentibus periodice interposita, quorum media sunt majora,-foliorum cicatriculis catenatis transverse ellip- ticis vel subrectangularibus instructa. Stammglieder kurz, wohl zu 8 periodisch zwischen je 2 aufgetriebene Glieder (offenbar die Astnarben tragenden) ge- stellt, deren mittlere die grössern sind, mit kettenförmigen quer-elliptischen bis rectangulären Blattnarben versehen. Das abgebildete mit Macrostachyen zusammenliegende Stamm- stück, welches schon oben (S. 71) wegen etwaiger Zusammen- 'gehörigkeit mit den Aehren besprochen wurde, nach dem Ent- decker, Prof. der Botanik in Strassburg, Grafen Solms-Lau- 9 130 Calamites und Calamitina. bach, benannt, ist nur im Hohldruck vorhanden, 14°” lang, gegen 5m breit (also wohl gleich alt wie jenes Taf. XVIi Fig. 2). Daran bemerkt man an 3 Stellen Abdrücke von querlaufenden Wülsten (a) parallel der Gliederung, die schon früher als Astnarbenglieder erklärt wurden. Sie werden durch convexe Wülste in senkrechter Stellung verbunden, hervorgerufen durch Aufreissen des Stammes und Eindringen der Gesteinsmasse von aussen. Trotz Beeinträch- tigung des Bildes in dieser Erhaltung, kann man zwischen den dicken Astnarbengliedern (a) 8 von Blattnarbenketten gekrönte Glieder, von denen die mittleren die längeren sind, zählen, und letztere selbst sind gut erhalten. Diese bilden ein 2” breites Band, das oben und unten sich scharf abgrenzt, jede einzelne querovale Blattnarbe ist mit centralem Gefässbündelnärbcehen ver- sehen. Unvollständige Längsfurchen in unregelmässigen Abstän- den wie bei den Gliedern anderer Vorkommen. Wäre es sicher, dass dieser Stamm die begleitenden zahlrei- chen Aehren (s. die Beschreibung unter Macrostachya infundibu- hformis, S. 75) getragen habe, so würde sich die Vereinigung bei- der in eine Art ergeben, und es würden also auch die Aehren, welche nicht ganz mit den echten M. inf. stimmen, wie der Stamm nicht völlig mit Cal. Göpperti, als eigne Art aufzufassen sein. Da aber die Aehren an dünnen Zweigen stehen (Taf. XVII Fig. 3 und 4), nicht direct am Stamme sitzen, so ist auch erst noch der Beweis für beider Zusammengehörigkeit zu erbringen. Die von Stur an- genommene Zugehörigkeit von Huttonia spicata zu C. Göpperti (= (. varians Stur) würde dann aber erfordern, dass Stämme von sehr nahe gleicher Beschaffenheit ganz verschiedenen Gattungen zugezählt werden müssten, da sie ganz verschieden gebaute Aehren besässen. Vorkommen. Skalleyschächte bei Dudweiler, untere Saar- brücker Schichten, im Besitze des Entdeckers. 9. Equisetum und Equisetites. Man hat die Steinkohlencalamarien sehr früh schon mit Schach- telhalmen, Equisetum, verglichen; aber abgesehen von diesen Vergleichen, die man auch bei jeder andern Calamariengattung anstellte, hat man nur selten gradezu den Namen Equisetum verwendet und jenes Fgwisetum infundibuliforme Bronn (nicht Brongn., s. oben S. 72), 1828 aufgestellt, ist eins der ältesten Bei- spiele und noch heute nicht völlig aufgeklärt. Andere, die man vielleicht mit mehr Recht hätte Eguwisetum nennen können, unter- schied man davon als Equisetites; so that es schon Sternberg mit der Bronn’schen Art und reihte manche andere hier ein, darunter 1833 den später eine Zeitlang fast vergessenen Kquisetites mirabilis. Es war wohl ein besonderer Takt Sternberg’s, der ihn hierbei leitete, denn auffallend ist es, dass bis vor Kurzem aus den älteren Schichten noch Nichts bekannt geworden ist, was einer Equisetum-Aehre hinreichend sicher zur Seite hätte gestellt wer- den können, und diese allein könnte die Gegenwart der Gattung Equisetum in der Steinkohlenformation beweisen. Kaum lässt sich hierfür etwas nennen, da Göppert’s viel citirte Aphyllostachys Jugleriana nach Erhaltung und Fundort zweifelhaft und unsicher ist. Zwar glaubte OÖ. Feistmantel einmal in der grossen Achre, 95 139 Equisetum und Equisetites. welche Geinitz (Stk. Taf. 10 Fig. 6) zu Equisetites infundibulh- formis stellte, Stur Macrostachya Geinitzi nennt, eine Equisetum- Aehre zu entdecken, indem er ihre sechsseitigen Felder, deren Entstehen aus übereinandergreifenden Deckblattwirteln Geinitz sehr klar darlest, für die Sporangien tragenden Schilder der Aehre nahm, indessen wird wohl der Autor selbst diese Ansicht kaum noch festhalten. Man pflegte vielmehr seither unter Zquisetites Alles zusam- menzustellen, was an isolirten sterilen Pflanzentheilen mit scheiden- förmig verwachsenen Blättern gefunden wurde und es blieb natur- gemäss die Kenntniss dieser Reste sehr lückenhaft. Eine Folge der scheidenförmigen Verwachsung der Blätter müsste, wie Schim- per hervorhebt, die sein, dass die Aeste oder Astnarben an sol- chen Stücken unterhalb der Schei- den aufträten. Von Calamitina konnte man dies so lange anneh- men, als man die Blattnarbenkette für die Spur einer Blattscheide hielt; wir haben aber gesehen, dass die Astnarben oberhalb der Blätter stehen und dass letztere keine Scheiden bilden. Die einzige Art mit angedrückten Scheiden, welche aus Steinkohlenschichten lange Zeit bekannt war, ist, wie er- wähnt, Equisetites mirabilis Sternb., aber noch hat sich davon kein Exemplar mit Verzweigung oder Zweignarben gefunden. Dagegen hat Williamson (Philos. trans- act. of the Royal Soc. of London 1874 S. 67u.80 Taf. VII Fig. 44) einen solchen Rest als „Asterophyl- = “md - Equisetum von der unteren Tunguska, lites unit Astnarben unter den Blatt Sibirien, nach Schmalhanusen. scheiden - am Knoten kaum 5 Re Figur rechts Vergrösserung des alılaniı Gliedes. breit, kennen gelehrt. eV ee ee Equisetum und Equisetites. 133 Neuerlich hat Herr Schmalhausen aus St. Petersburg (Zeit- schr. d. deutsch. geol. Gesellsch. 1876, Aprilsitzung) von der untern Tunguska, einem Nebenflusse des Jenisej, eine Reihe von Resten kennen gelehrt, welche nach Art der Verzweigung, Beschaffenheit der Stengel und Blattscheiden den heutigen Equiseten sehr nahe stehen und damals für Steinkohlenreste gehalten wurden. Auch eine mitvorkommende Aehre (s. den Holzschnitt auf voriger Seite) ist nahezu Equisetenähre, soweit kenntlich und unterscheidet sich nur durch intermittirendes Auftreten von Blattscheiden zwischen Gruppen von Sporangien tragenden Kreisen. Indessen ist es nach einer Privatmittheilung von Schmalhausen doch zweifelhaft, ob die Schichten, worin jene Reste nebst anderen gefunden wurden, wirklich der Steinkohlenformation angehören und nicht jünger, vielleicht jurassisch seien. Es ist also auch bis heute noch nicht erwiesen, dass die echte Gattung Equisetum oder eine ihr wenig- stens noch näher stehende als alle übrigen Steinkohlengattungen in so alten Schichten bereits auftritt. | Reste mit angedrückten Scheiden sind aber, wie erwähnt, ın der Steinkohlenformation wirklich bekannt und lassen am ehesten der Vermuthung Raum, dass man es hier bereits mit der Gattung Equisetum zu thun haben könnte. Die hier zuletzt zu bespre- chende Sternberg’sche Art ist das beste bekannte Beispiel. Equisetites mirabilis Stbg. Taf. XVIII Fig. 2. Caulis elongato-cylindratus (sed compressus), breviter articulatus, internodia costis convexis et suleis latiusculis undulatis instructa, costae proximorum internodiorum alternantes; vaginae breves, adpressae, dentibus obtuse triangularıbus latıs, quorum apices suleis incumbent, ad dimidium usque fere incisae. Stamm lang-eylindrisch (aber zusammengepresst), kurz geglie- dert; Glieder mit etwas breiten gewölbten und welligen Rip- pen und Rinnen versehen, die Rippen der benachbarten Glie- der abwechselnd gestellt; Scheiden kurz, angedrückt, von 134 Equisetum und Equisetites. stumpf dreieckigen breiten Zähnen, deren Spitzen in die Rinnen fallen, bis nahe zur Hälfte eingeschnitten. Equisetites mirabilis Sternberg, Vers. II. 1833, S. 45 Taf. I Fig. la u. d. . Equisetum Schützeanum OÖ. Feistmantel, N. Jahrb. für Mineral. 1574 5.365 Taf. VI Fig. 1 u. 2, beide verkehrt, ebenso die Beschreibung. Der neue Name trotz Angabe des Sternberg’schen Synonyms nicht unterdrückt! Equiseium sp., Derselbe, Verstein. des böhm. Steinkohlengeb , Palaeont. 23. Bd.., I. Heft S. V Taf. I Fig. 4, von Altwasser in Niederschlesien. Der hier abgebildete Rest, ausser welchem mir noch mehrere andere vorliegen, ist bei fast 3% Breite bis zu 18°” Länge erhal- ten; andere sind gegen 9,5°“ breit, alle aber flachgedrückt wie der obere stärker schattirte Theil der Fig. 2 (Ansicht der vordern Seite) oder nur im Abdruck vorhanden wie der untere Theil un- serer Figur (Abdruck der hinteren Seite). Die Gliedlänge ist wenig verschieden, zwischen 8 — 10”®, grössere Schwankungen giebt Sternberg’s Figur an. Die Gliederung ist scharf und äusserlich durch eine gleichförmige eingedrückte Linie unter den Scheiden markirt. Die Längsrippen wechseln mit fast gleich breiten Rinnen, im obern Theile sind sie stark convex, so dass der Querschnitt ein wellenförmiger wird, im untern, so weit die Scheide reicht, sind sie flach, kaum merklich, oft grade am Grunde etwas vertieft und dagegen die Rinnen etwas erhöht. Es kommen wohl 10 Rippen auf den halben Umfang und deutlich stehen sie an den benachbarten Gliedern abwechselnd. Mit dieser Stellung correspondirt die der Blattscheiden (8), welche gleichmässig um den Stamm verläuft, meist 4”® hoch reicht und so in rundlich-dreieckige Zähne getheilt ist, dass die Spitzen senkrecht über den Rippen des Gliedes unter ihnen stehen, daher den Rinnen des nächsten aufruhen. Die Wölbung des Gliedes erstreckt sich auch auf den nächstgelegenen Theil der Scheide. Im Abdruck erscheint natürlich das Verhältniss grade das entgegengesetzte. Mit dem Rande der Zähne läuft in den Abdrücken eine eingedrückte Linie parallel (s. Fig. 2 unterer Theil und Fig. 2A) und senkt sich dann abwärts, verliert sich aber bald. Da nun auch die Ränder der Zähne sich oft ein wenig über den Einschnitt hinaus als dunklere Linie fortsetzen, so ent- steht etwa eine Zeichnung wie Fig. 24, worin ein besonderer Equisetum und Equisetites. 135 häutiger Randtheil der Zähne auffällt. Dieser häutige Rand mag etwas weiter geschlitzt gewesen sein, als der übrige festere Theil der Scheide, so dass die in dem Einschnitt endenden häutigen Lap- pen über einander griffen; ihre Contouren haben sich durchge- drückt. Senkrecht unter den Einschnitten der Scheide fallen an ihrer Basis Knötchen (%) von ähnlicher Form wie die Scheiden- spitzen auf, auch wohl noch mit einer centralen Marke versehen; dieselben setzen sich unter der Gliederung noch fort, indem sie aus gleicher Breite mit dem Knötchen sich säulenförmig verschmä- lern, rechts und links von einer eingedrückten Linie begrenzt wer- den und sich in einiger Entfernung auf den scheinbaren Rippen (Abdruck der Rinnen) verlieren. Diese Zeichnung ist offenbar durch den Gefässbündelverlauf hervorgerufen und entspricht ganz dem Verlauf der bei ähnlichen Resten anderer Formationen be- kannten Linien (s. z. B. Equisetum arenaceum, Schimper traite Taf. IX Fig. 6, Eqwisetum Münsteri ebenda Taf. VIII Fig. 4). Sie beweist auch, dass die Scheide von dem unter ihr stehenden Stammgliede getragen wird. — Die Rinde muss ausserordentlich zart und dünn gewesen sein, denn es zeigt sich auf den Exem- plaren nur eine äusserst dünne schwarze Kohlenhaut, im Allge- meinen glatt, aber auch die zartfasrig-linirte Oberflächenstructur der Epidermis öfters erkennen lassend. Vorkommen. Bisher nur aus Niederschlesien, nach Schütze und Angaben unserer Sammlung aus dem liegenden Flötzzuge (Friedrich-Wilhelmstolln) von Altwasser bei Waldenburg. Nazehers ge 1. Zu Stachannularia. Es sind zwei Abhandlungen zu erwähnen, welche im Vorangehenden nicht oder kaum Besprechung fanden und sich mehr oder weni- ger eingehend auch mit Stachannularia beschäftigen: Prantl, Bemerk. über die Verwandtschaftsverhältnisse der Gefässkryptogamen und den Ursprung der Phanerogamen. Verhandl. d. phys.-medic. Gesellsch. zu Würzburg, IX. Bd., 1875,76, S. 84. Schenk, über die Fruchtstände fossiler Equisetineen. I. Annularia. Botan. Zeit. 1876 S. 529 (No. 34). — II. Sphenophyllum, ebenda S. 625 (No. 40). Beide Verfasser gelangen zu theilweise verschiedener Auffassung über die Stachannularien, als die in vorliegender Schrift vertreten worden ist (s. auch S. 27 Anmerk.). Um möglichen Missdeutungen vorzubeugen, werden die folgenden kur- zen Auseinandersetzungen ausreichen. Prantl’s Bemerkungen (a a. O. S. 93), die sich auf meine erste Mittheilung von 1873 beziehen, dagegen den schönen Aufsatz von Renault unberührt lassen, sind eigentlich durch die neuern Untersuchungen gegenstandslos geworden, da sie die ältere Auffassung von axillären sitzenden Sporangien adoptiren. Indessen muss ich seiner Vermuthung gegenüber, dass meine Angabe von besondern Hal- tern der Sporangien unter den Blättern auf einer Täuschung beruhen dürfte, „die durch die zuerst hinab- und. dann aufwärtsgebogenen Blätter hervorgerufen wird“, die bestimmte Versicherung entgegenstellen, dass von einer solchen Täuschung weder damals, noch jetzt die Rede sein konnte, und zwar hebe ich dies noch heute hervor, weil auch Schenk denselben Irrthum vermuthen lässt. Auch Prantl wird wohl schwerlich mehr die Existenz von besondern Kreisen mit Trägern der Sporangien bezweifeln. Nicht darum kann es sich handeln, ob ein herabgedrück- tes Blättchen als ein Sporangienträger angesehen wurde, sondern einzig, ob die von-mir beschriebene Rosendornform des Trägers existirt oder in ein freies Säul- chen mit nicht verwachsenem Sporangium sich zerlegt. Die ausführlichere Darstellung von Schenk macht es wünschenswerth auf einige Punkte besonders einzugehen, Nachträge. 137 Aus seiner Uebersicht der verschiedenen Studien an diesen Pflanzentheilen dürfte hervorgehen, dass etwa seit 1372, und mit Ausnahme O. Feistmantel’s, alle Autoren, welche besser erhaltene Aehren zu untersuchen Gelegenheit hatten, wohl darin übereinstimmen, dass die Stachannularien gegliederte Aehren mit quirl- förmig, gestellten doppelten Blattkreisen waren, deren steriler am Ende des Inter- nodiums, der fertile aber weiter unterhalb zwischen je 2 sterilen sich befand. Schenk giebt bei den stärksten Internodien 32 Blättchen des sterilen Kreises, 16 des fertilen an, findet aber im Uebrigen nicht die constante Zahl und Stellung beider wie Renault, was das Obige bestätigt. Er bezweifelt jedoch wie Prantl entschieden die Existenz der oben beschriebenen rosendornförmigen Träger der Sporangien und sucht bei allen Exemplaren den Bau auf das Verhältniss zurück- zuführen, wie es Renault fand und welches wir als Träger von Calamostachys- form bezeichneten (freie Säulchen). Nach dem reichen Materiale, welches mir zur Untersuchung zu Gebote gestanden, kann ich mich mit Vergnügen etwa damit einverstanden erklären, dass nicht, wie ich früher glaubte und wohl voreilig aus- sprach, jene Rosendornform an den Sporangialblättern die häufigere sei, sondern die Calamostachysform oder die freien Säulchen; nicht aber kann ich in den wich- tigeren Punkten die Resultate meiner Untersuchungen abändern. Gleichwohl glaube ich, dass die bestehende Differenz unserer beiderseitigen Untersuchungen nicht so gross ist, als es auf den ersten Blick den Anschein haben kann. Was zunächst das Thatsächliche anbelangt, so kann ich an allen bessern Stücken, die ich gesehen und deren eine gewisse Anzahl auch Schenk vorge- legen, die beiden Erscheinungsweisen der Sporangienträger von einander trennen und wiederfinden. Ohne zu wiederholen, was oben ausführlich besprochen wurde, verweise ich nur auf zweierlei Umstände, welche für die Betrachtung der Träger von Wichtigkeit sind. Die Säulchen sind am Grunde, wie auch Schenk beschreibt, verbreitert und zwar im Falle sie frei sind, nach oben fast gleich stark wie nach unten (s. Taf. III Fig. 13 u. 12 5), dagegen im Falle ihrer rosendornförmigen Ver- wachsung nach oben, ist das Säulchen nach unten ebenso stark wie vorher, nach oben aber fast nicht verbreitert (s. Taf. I Fig. 2A u. B; Taf. III Fig. 5, 6,7 ete.). Dies vermag bei der Betrachtung zu leiten. Sodann bemerkt man, im Falle man wirklich eine rosendornförmige Erweiterung vor sich hat, trotz aller Verschiebungen, welche eintreten können und oft genug eintreten, ein genaues Anschliessen des obern Feldes an das gestreifte Säulchen, welches nun den untern Rand bildet und nicht auf jenes übergreift, so dass hieraus, wie ich glaube, die offenbare Gesetzmässig- keit, nicht Zufälligkeit des Zusammentreffens dieser gegenseitigen Lage der zwei Theile hervorgeht. Selbst die nicht seltene, mehr oder minder starke „ Verschie- bung, Druck und Zerrung“ genügt durchaus nicht zur Erklärung dieses Zusam- mentreffens, denn oft genug beobachtet man, dass der rosendornförmige Körper verschoben ist, ohne doch seine dreieckige Form zu verlieren. Die vorkommenden Verschiebungen sind bei den in Schieferthon erhaltenen Resten namentlich dadurch hervorgerufen, dass die hohlen Aehren sehr bald von selbst zusammenfielen, so dass sie mit plattgedrückter Axe, aber noch rings abstehenden Blättern und Spo- 138 Nachträge. rangien erscheinen. Die beim Aufspalten sichtbar werdenden Theile sind gewöhn- lich die zur Seite gelegenen, an welchen die Verschiebungen wohl grade im Allge- meinen den geringsten Grad erreichen. Auch einige andere Punkte, in denen die Beschreibung von Schenk abweicht, können nicht wohl auf Erhaltungszustände bezogen werden, so namentlich die eigenthümliche, sehr charakteristische, warzig gezeichnete Oberfläche der Sporan- gien, welche nicht selten viel zu deutlich ist, um als blosse Erhaltung der Kohle zu gelten, sich nur auf den Sporangien findet (vielleicht auch hier und da auf den Seiten des rosendornförmigen Trägers, da derselbe ein Theil des Sporangial- blattes ist) und bei andern Gattungen sich ebenso oder ähnlich wiederholt. In einem Falle sah auch Schenk das Vorhandensein des rosendornförmigen Trägers, aber er nennt es ein weniger gut erhaltenes Exemplar. Es ist das 5.25 beschriebene Stück, nach welchem Fig. 5 auf Taf. III gezeichnet wurde. Aller- dings muss ich dies Stück noch immer „besonders betonen“, da es bei seiner guten Erhaltung (wie gewöhnlich die Axe mit Bracteen und Sporangien rechts und links) ganz geeignet ist, ein deutliches Bild des rosendornförmigen Trägers zu geben. Aber ein noch weit besseres Stück mit Gegenstück bewahrt die Jenaer Sammlung in dem S. 23 beschriebenen und Taf. II Fig. 3 abgebildeten Originale. Ich hoffe, dass an diesem Stück das ganze Verhältniss Jedem deutlich und un- zweifelhaft sein werde. Endlich habe ich auch zu bemerken, dass die Möglichkeit des Abfallens der Sporangien wohl nicht ausser Rede zu stellen sein dürfte, wie Schenk glaubt, da z. B. bei dem Stück zu Taf. II Fig. 12 wirklich nur die freien Säulchen vorhan- den sind, aber dies weder in Folge der Trennung des Gesteins oder des Auf- spaltens, noch durch nachträgliches Verlorengehen der Sporangien durch Absprin- gen der Kohle geschehen sein kann, wie aus der Schilderung der Erhaltung des Stückes auf 8.26 schon hervorgehen wird, da hier alle Theilchen besonders geschützt erscheinen. — 'Schildförmige Erweiterung des Trägers an der Spitze des Säulchens, die als Receptaculum weitere Bedeutung haben würde, ist auch heute noch nicht gesehen worden. Wenn diese Thatsachen als festgestellt gelten dürfen, so hat man nach einer Erklärung der zweierlei Trägerformen sich umzusehen. Schenk selbst giebt diese Erklärung bedingungsweise: „Selbst aber auch, wenn nun wirklich das von Weiss behauptete Verhältniss existiren würde, so ist es jedenfalls nicht das häufigste, sondern das seltenere und könnte dann richtiger durch die einseitige Ausbildung des Sporangialblattes erklärt werden.“ Ob- Schon gleich darauf diese Annahme abgelehnt wird, so scheint es mir doch der Mühe werth, zu zeigen, wie wenig die beiden Meinungen dann differiren würden. Denn da ja die Sporangien ein Theil des Sporangialblattes sind, durfte wohl im Obigen gesagt werden, dass es die Verwachsung des Säulehens mit dem obern Sporangium sei, welche den rosendornförmigen Körper erzeugte, während es besser gewesen wäre von Verwachsung oder eigenthümlicher Ausbildung der obern Seite des Sporangialblattes zu sprechen. Hierin wie in der schon oben berührten ver- Nachträge. 139 hältnissmässig grössern Seltenheit der Rosendornform der Träger freue ich mich Schenk vollkommen beipflichten zu können. 2. Zu Calamostachys Ludwigi (S. 38). Zu der oben gegebenen Beschrei- bung lässt sich noch hinzufügen, dass ich an mikroskopischem Querschliffe durch eine Aehre finde, dass die Axe nicht hohl, sondern mit solidem Kern erfüllt war, der freilich nicht immer erkennbar ist. Centrale Fibrovasalbündel desselben, wie Binney sie angiebt, haben die besondere Bedeutung, dass dadurch die Calamostachys zunächst Sphenophyllum kommen und damit den Lycopodiaceen . genähert würde. Da ich hoffe noch bessere Präparate zu erlangen, so muss ich mir Weiteres hierüber vorbehalten. 8. Zu Cingularia (S. 97). So lange es zweifelhaft ist, dass die Reste von der untern Tunguska (vergl. S. 132) Steinkohlenreste seien, kann auch dieser neue Fundort für Cingularia gegenwärtig noch nicht als festgestellt gelten. Rückblick. Wenn ich in kurzen Zügen das Vorstehende zusammenfassen soll, so möchte ich das Folgende als sein Hauptergebniss be- zeichnen. Der Kreis der Calamarien oder Equisetineen ist in der Steinkohlenperiode ein sehr reich entwickelter gewesen, so dass man gegenwärtig an Gattungen wohl mindestens zehn aufführen kann. Unsere Unterscheidungen als richtig vorausgesetzt, sind es die nachstehenden. A. Nach den Fruchtähren: Stachannularia mit quirlförmig gestellten langen Aehren, deren Deckblättchen getrennt sind und deren fertile Blattkreise, zwischen die sterilen gestellt, aus Säulchen als Träger von wahrscheinlich 2 Sporangien bestehen, welche öfters durch Umbildung der obern Hälfte des Sporangialblattes zu rosendornförmigen Trägern mit nur einem freien Sporangium sich entwickeln. Die Aehrenaxe ist hohl. Calamostachys mit rispenförmig gestellten kürzeren Aehren und wohl meist getrennten Bracteen, zwischen ihnen die fertilen Kreise, meist aus 6 säulenförmigen Trägern mit je 4 Sporangien bestehend, letztere einer scheibenförmigen Erweiterung (Schild- chen, receptaculum) des Trägers eingefügt. Aehrenaxe solid. Macrostachya mit endständig an den Zweigen befestigten grossen Aehren, deren Deckblätter glockenförmig zusammen- neigen, scheinbar scheidenförmig in Nähten verwachsen, jedoch in Wirklichkeit (wenigstens bei älteren Exemplaren) getrennt sind; nur säulenförmige Träger, wie bei Calamostachys gestellt, aber in grösserer Zahl nachgewiesen. Rückblick. 141 Huttonia mit seitlich an den Gliederungen des Stengels ste- henden gestielten grossen Aehren, deren Deckblätter ganz wie bei Macrostachya sich verhalten; aber unter denselben je ein scheiben- förmiger Körper als fertiler Blattkreis wie bei Cingularia, nur unvollständiger bekannt. Cingularia mit grossen Aehren, deren Gliederungen je 2 Blatt- kreise tragen, davon der obere eine sterile flach ausgebreitete in viele Zähne auslaufende Scheide, der untere eine fertile ebenso flache zweimal zweispaltig eingeschnittene Scheibe bildend, deren Abschnitte je 2 grosse rundlich viereckige Sporangien auf der Unterseite tragen. Palaeostachya mit Aehren vom Typus der Calamostachys oder Macrostachya, bei denen die Träger mit Sporangien aus den obern Deckblattwinkeln hervorbrechen, manchmal ein Minimum höher gestellt als letztere. Volkmannia mit Aehren vom Typus der Calamostachys, aber die Sporangien ohne Träger, direct in den Blattwinkeln sitzend, jedoch die Insertionsstelle nicht genauer bekannt. Eqguisetum, noch zweifelhaft in der Steinkohlenperiode, viel- leicht triasisch und jünger; Sporangialblätter ohne Deckblätter oder nur einzelne Scheidenblätter mit Quergliederung, die Aehre unter- brechend, vorhanden (s. S. 133). B. Nach sterilen Theilen die bekannten: Annularia, Asterophyllites, Calamites und Calamitina, Equise- tites oder Equisetum. Es sind aber nach den Meldungen der neueren Litteratur (Williamson, Renault) Aussichten vorhanden, dass die Zahl der Gattungen, wenn man nach dem hier befolgten Princip ver- fährt, noch nach ganz anderer Richtung vermehrt werden muss; dagegen fehlt in der obigen Uebersicht die eine früher allgemein zur gleichen Familie gezählte Gattung Sphenophyllum. Nach Renault’s Untersuchungen kann nunmehr, wie schon Stras- burger hervorgehoben hat und wie noch früher Dawson aus- sprach, dieselbe nur bei den Lycopodiaceen Unterkunft finden. Dazu ist es eine nicht ausser Wahrschemlichkeit liegende Ver- 142 Rückblick. muthung, dass Volkmannda sich ebenda anreihen werde, wenn sie nicht überhaupt ganz aufzuheben ist. Unter den übrigen Frucht- gattungen sind nur 2 Analogieen mit Sphenophyllum zu bemerken: die Theilung der Fruchtscheibe bei Cingularia correspondirt mit der dichotomen Theilung der Blätter von Sphenophyllum und die Stellung der Aehren bei Macrostachya mit jener bei Spheno- phyllum. Auf Beides ist natürlich kein Gewicht zu legen, so wenig als die Kreisstellung der Blattorgane und die Quergliede- rung bei Sphenophyllum uns ferner bestimmen dürfen, dieses zu den Calamarien zu rechnen. *) Es mag noch darauf hingewiesen werden, wie sehr man bei der Abschätzung der Anzahl der Gattungen von der so selten wirklich genügenden Erhaltung der Reste abhängig ist, dass man daher für den Calamarienkreis noch viele Aufklärungen zu erwar- ten habe. Aber es wird sich mit Hinblick auf die vorliegenden Thatsachen nicht mehr die Schlussfolge abweisen lassen, dass im Bau der Fructificationen vorzugsweise der eigentliche Gattungscharakter aller dieser Pflanzen enthalten sei. Freilich ist derselbe nicht bei allen Resten zu erkennen, aber man ist doch in den Stand gesetzt, auch bei unvollständiger Erhaltung häufig wenigstens mit Wahrscheinlichkeit die Stellung der Reste bei den obigen Gattungen zu bezeichnen. So haben wir unter den „Para- calamostachys“ ein Beispiel hierfür: Aehren, deren Sporangialblät- ter unbekannt sind, die aber im Uebrigen sich genau an Calamo- stachys anschliessen. Bei der grössern Zahl von Arten, welche *) Noch jüngst hat Schenk (botanische Zeit. Oct. 1376) in einem zweiten Artikel „über Fruchtstände der fossilen Equisetineen“ sehr klar die Gründe dar- gelegt, weshalb Sphenophyllum zu den Lycopodiaceen zu stellen sei, was ich seit Renault’s Publication ebenfalls gethan habe (s. Erläuterungen zu den Sect. der geolog. Karte der Umgebung von Saarbrücken, z. B. Blatt Saarbrücken S. 18). Auch die von Williamson untersuchten Asterophylliten haben einen ähnlichen, an Lycopodiaceen sich anschliessenden Bau („centrales Fibrovasalbündel, umgeben von langen prosenchymatischen Zellen, welche schmale Markstrahlen einschliessen“). Wenn nun auch nicht alle Asterophyllites-ähnliche Pflanzen diese Organisation besessen haben mögen, so würde doch wenigstens ein Theil davon nicht Calamarien sein und um so weniger kann es verwundern, ganz ähnliche Theile dieser provi- sorischen Gattung bei verschiedenen Fruchtgattungen wiederzufinden, wie mehr oder weniger sicher bei Calamostachys, Macrostachya, Cingularia, Palaeostachya. Rückblick. 143 man hier unterscheiden kann, wurde der eben angeführte beson- dere Name als nützlich erachtet. Halten wir uns an die oben aufgeführten, auf Fruchtorgane gegründeten Gattungen, so lassen sich dieselben auch in anderer Weise gruppiren, wie folgt: 1) Die Aehren bestehen aus fertilen Kreisen ohne sterile, oder sind nur von einzelnen Scheiden unterbrochen: Equisetum. 2) Die Aehren durch sterile Deckblattkreise stark quer ge- gliedert, die Deckblätter stets am obern Ende der Internodien, die fertilen Kreise von Zwischenstellung und zwar das Säulchen a) ın der Mitte zwischen je 2 Deckblattwirteln oder doch in grösserm Abstande von beiden benachbarten Wirteln: Calamostachys, Stachannularia, Macrostachya; b) am Grunde des Internodiums oder im obern Deckblatt- winkel: Palaeostachya; c) eine Scheibe am obern Ende des Internodiums unter dem Deckblattwirtel: Cingularia, Huttonia. 3) Endlich (fraglich) die Sporangien im obern Deckblattwinkel sitzend: Volkmannia. Es sind also 5 Typen, welche bezüglich des Baues ihrer Fructificationen den Kreis der gegenwärtig genauer bekannten Calamarien ausmachen, wenn man nur die Lage und Existenz von Sporangial- und Blattkreisen in den Aehren ins Auge fasst. Aus dieser letztern Uebersicht geht am besten das Verwandt- schaftsverhältniss der aufgezählten carbonischen Gattungen zu den heutigen Aquisetaceen hervor. Wollte man dafür verlangen, dass wie bei Equisetum auch bei den Uebrigen Aehren ohne sterile Blattkreise vorhanden sein müssten, so würden deren keine zu den Equisetaceen zählen, denn von Oalamostachys und Stachannularıa an sind die Aehren aller beblättert, zugleich auch stark querge- gliedert. Erst jüngere Reste sind es wohl, welche zu Equisetum gestellt werden könnten, doch darunter auch Zwischenstufen wie der auf S. 133 citirte Rest, so dass derselbe einen neuen willkom- menen Beweis der Zusammengehörigkeit aller genannten Gattun- gen in eine Familie liefert. Mit Equisetum dagegen haben alle die Kreisstellung der Sporangien und Blätter gemein, die der 144 Rückblick. letzteren und ihre Gliederung correspondirt mit der Blattstellung und Quergliederung der unfruchtbaren Stengelblätter von Equi- setum. Aber gleiche Blattstellung findet sich auch bei Lyco- podiaceen, weshalb aus der Kreisstellung allen weder geschlossen werden darf, dass z. B. Sphenophyllum zu den Calamarien, noch auch, dass Volkmannia nicht zu den Lycopodiaceen zu stellen sei. Bei Equisetum sind ferner die Axenglieder hohl, bei unsern Gat- tungen ist es mindestens nicht durchgängig der Fall; denn wenn auch nach Renault die Stachannularien hohle Axe mit Scheide- wänden besitzen, so ist dies schon bei Calamostachys nicht ebenso, sondern hier ist die Axe solid, mit Fibrovasalbündel in der Mitte. Bei den übrigen Resten war bisher der Erhaltungszustand nicht der Art, dass sich das Eine oder Andere angeben liesse. Auch bei den sterilen Axentheilen scheint bekanntlich jeder der beiden Fälle vorzukommen. Können wir also in den bisher angeführten Merkmalen keine solchen Verwandtschaften erblicken, welche die Stellung zu den lebenden Kryptogamenfamilien entscheiden, so ist offenbar weit wichtiger hierfür die Befestigungsart und der Ursprung der Spo- rangien. Bei Zguwisetum sind dieselben eingesenkt in den Rand einer Scheibe, deren Mitte von einem stielförmigen Säulchen ge- tragen wird, die Sporangien selbst gehören der Unterseite des Sporangialblattes an. Wesentlich dasselbe ist zunächst bei Calamostachys (Binneyana, Ludwigi) nachgewiesen mit ihren Säulchen, dem scheibenförmigen Receptaculum darauf und den nach der Axe herabhängenden vier Sporenkapseln. Bei keiner andern fossilen Gattung ist diese Organi- sation gleich vollständig erkannt, vielmehr ist sie bei einigen der nächststehenden unwahrscheinlich, bei anderen unmöglich. Bei den zahlreich in verhältnissmässig guter Erhaltung beobachteten Stachannularien nämlich ist niemals an der Spitze des Träger- säulchens eine Erweiterung gesehen worden, und die, wenigstens unserer Ansicht nach, vorkommende einseitige Erweiterung des Trägers zu einem rosendornförmigen Körper in Folge eigenthüm- licher Ausbildung des Sporangialblattes spricht nicht für einen ähnlichen Bau wie bei Equisetum oder Calamostachys. Das Recep- Sen Rückblick. 145 taculum mag hier äusserst zusammengeschrumpft sein. Auch bei Palaeostachya ist ein Schild am Träger nicht bekannt. Keinen- falls aber ist bei Cingularia eine entsprechende Organisation vor- handen, wenn dieselbe sich auch einigermaassen auf einen Ualama- rientypus zurückführen lästt. Man kann die Trägerscheibe bei dieser Gattung selbst als Receptaculum, mit dem Trägersäulchen und mit den benachbarten Sporangiophoren verwachsen, betrachten. Auch hier sind dann die Sporangien auf die Unterseite gestellt. Hierin liest in der That der Hauptcharakter der eigentlichen Calamarienfructificationen, dass die Sporangien von besonderen, wenngleich verschieden gestalteten Theilen getragen werden und sich auf deren innerer oder unterer Seite befinden. Bei sämmt- lichen hier aufgeführten Gattungen mit Ausnahme der letzten (Volkmannia) bilden die Sporangialkreise besondere, von den steri- len Blattkreisen getrennte Wirtel, von denen wohl angenommen werden darf, dass jeder Sporangialkreis demjenigen Aehrengliede ancehört, welches unter dem Deckblattkreise liegt. Auch bei Palaeostachya scheint dies der Fall zu sein und daher kann der auf S. 105 nach Williamson citirte Fall, wo Säulchen mit Spo- rangien aus den Deckblättern auf deren oberer Seite selbst ent- springen sollen, ernste Bedenken erregen. Auch die Macrostachya Renault’s (s. S. 71) entspricht mindestens nicht dem engeren Kreise der Calamarien. Gegen die Zusammenfassung der Gattungen Stachannularias Calamostachys, Macrostachya, Huttonia, Cingularia, Palaeostachya unter die Calamarien wird kaum etwas einzuwenden sein. Nur Volkmannia erscheint von jenen sehr verschieden und neigt sich zu den I,ycopodiaceen. Von diesen ist es bekannt, dass die Blätt- chen ihrer Aehren im Blattwinkel oberwärts Sporangien oder ein Sporangium tragen, sowohl jene mit Spiralstellung als die mit Kreisstellung der Blattorgane. Daher kann man von diesem Ge- sichtspunkte aus Sphenophyllum ”) nur zu den Lycopodiaceen rech- *) In seiner zuletzt citirten Notiz bespricht Herr Hofrath Schenk diese Stellung der Sporangien in den Aehren von Sphenophyllum und macht auf eine Bemerkung von mir (Flora d. jüng. Stk. ete. im Saar-Rheingebiete, 1870 S. 132) aufmerksam, dass die Aehren zweierlei Art gewesen zu sein schienen, welcher er 10 146 Rückblick. nen. Wäre bei Volkmannia die Insertion der Sporangien nachge- wiesen und die gleiche wie bei Sphenophyllum, so müsste man nothwendig auch sie zu derselben Familie rechnen, während man jetzt noch verschiedene Vermuthungen haben kann. Da es denkbar ist, dass der Träger der Sporangien sehr kurz. werden, vielleicht ganz verschwinden könne, so ist dessen Fehlen allein noch nicht genügend zur Abtrennung der Volkmannien. Sitzen dieselben aber wirklich auf der Oberseite der Blättchen, so erscheint dies mit Calamarientypus in der That unvereinbar; denn zu solcher Stellung gelangte man erst durch Umkehrung der am gleichen Gliede stehenden sterilen und fertilen Kreise und gleich- zeitiges Fortfallen der Säulchen an den Sporangien. Soweit unsere jetzigen als sicher annehmbaren Beobachtungen reichen, fehlt aber hierzu eine Analogie oder ein vermittelnder Fall. Fasst man die Analogieen zusammen, welche die hier bespro- chenen Aehren mit denen von Equisetum und unter sich zeigen, so ist es wohl klar, dass der Umfang der Equiseten-artigen Ge- wächse bei Weitem nicht mehr der im Sinne der heutigen Equise- taceen ist, sondern ein viel weiterer, daher der Name Oalama- rien gerechtfertigter. Wie schon angedeutet, ist ausser den Fructificationen die Anatomie des Stammes und der Axenorgane von grosser Wich- tigkeit für die Erkenntniss der Verwandtschaftsverhältnisse der Pflanzen. Indessen ist darin noch besonders viel zu erforschen übrig, denn ausser Stachannularia, Calamostachys, sodann einigen Asterophylliten, einigen Calamiten und, falls man die Gattung annehmen will, Calamodendron ist noch nichts näher bekannt ge- worden, da die Erhaltung der Reste bekanntlich sehr selten eine nicht zustimmt. Diese letztere Angabe jedoch bezog sich zunächst nur auf Spa. angustifolium, da die von mir gegebene Abbildung (l. e. Taf. 1S Fig. 33a) von jener bei Schimper (traite Taf. 25 Fig. 2 u. 4) mit den sehr locker gestellten, Sporangien tragenden Bracteen ziemlich verschieden ist. Der beregte Unterschied der zweierlei Aehren aber betrifft (wie übrigens a. a. O. erläutert ist) nur Gestalt, Grösse und gedrängte Stellung ihrer Blättehen und Sporangien. Ich freue mich bei dieser Gelegenheit aussprechen zu können, ‚dass ich an Exemplaren des Prof. Schimper mich längst von der Richtigkeit seiner wesentlichen Angaben, ganz wie Schenk, zu überzeugen Gelegenheit gehabt habe, IE E . = f 2 is Rückblick. 147 dass öfters auch wohl Zweifel über die Zugehörigkeit der untersuchten Reste Da Beiträge in dieser Beziehung hier nicht geliefert werden konnten, für diese Untersuchung genügende ist. Dazu kommt, zu einer oder welcher ler genannten Gattungen obwaltet. so ist auch die Besprechung dieser Verhältnisse nicht am Orte. Wenn wir so die allgemeinen Resultate unserer Untersuchun- sen an den Fructificationen der Steinkohlen-Calamarien kurz skizzirt haben, so lässt sich zuletzt dem noch kurz ein geologisches Er- Sebniss anreihen, nämlich über die Vertheilung der Gattungen und Arten in den Schichten der Steinkohlenformation. Man hat in den meisten Gebieten, wo diese Formation entwickelt ist, gewisse verschiedenaltrige Abtheilungen erkannt, in anderen nur die eine Nimmt man die nament- ‚lich einen Reichthum von Sigillarien und Lepidodendreen bergen- den Schichten als eine untere Abtheilung an, wie es in Deutsch- land sich durchweg gezeigt hat, oder die andere derselben wiedergefunden. so lässt sich für die Vertheilung der hier beschriebenen Arten und Formen, mit der Beschränkung auf eben diese Formen und die hier aufgenommenen Gebiete die folgende Uebersicht gewinnen. Abtheilung des productiven Steinkohlengebirges. Stachannularia tuberculata, häu- fig; Ilmenau, Wettin, Sachsen, Böh- men, Vogesen. Stachannularia tuberculata, sel- ten; mittlere Stufe, Saarbrücken. Stachannularıa calathifera, wie vorige, einmal gefunden. Stachannularıa sarana, wie vorige. Eucalamostachys Ludwigi, Hat- tingen a. d. Ruhr, einmal gef. Eucalamostachys germanica, un- tere Stufe, einmal gef., Saarbrücken. Paracalamostachys Aachen, häufig. longifolia, Paracalamostachys rigida, mitt- lere Stufe; Paracalamostachys sp.,Waldenburg. Paracalamostachys polystachya, Waldenburg. Saarbrücken, Schlesien. Stachannularia thuringiaca, Ilme- nau. Eucalamostachys mira, Plauen bei Dresden, einmal gef., untere Stufe. Eucalamostachys superba, wie vorige. 10* 148 Untere Rückblick. Obere Abtheilung des productiven Steinkohlengebirges. Paracalamostachys paniculata, Waldenburg, einmal gefunden. Asterophyllites capillaceus, un- tere Stufe, Saarbrücken, Waldenburg. Macrostachyainfundibuliformis, untere Stufe; Saarbrücken, Böhmen (?). Macrostachya infund. var.Solmsi, Saarbrücken. Walden- Macrostachya caudata, Macrostachya Geinitzi, Zwickau; obere Ottweiler Schichten des Saar- Rheingebietes. Wettin, Macrostachya carinata, Böhmen (.). burg. Huttonia spicata, Böhmen, Walden- burg. Cingularia typica var. major et minor, Saarbrücken, untere Stufe, häufig, mittlere selten. Palaeostachya Schimperiana, mittlere Stufe; Saarbrücken. Palaeostachya elongata, Böhmen. Volkmannia tenera, Waldenburg. Calamites acuticostatus, untere | Calamites sp. complures. Stufe Saarbrückens. Calamitina Göpperti, Böhmen. Calamitina varians, Wettin. Calamitina Germariana, Saar- | Calamitina Germariana, Zwickau. brücken ? Calamitina Solmsi, untere Stufe Saarbrückens. Equisetites mirabilis, Waldenburg. Wir sehen, dass die ältere Abtheilung der Formation durch- aus nicht arm an Calamarienresten und namentlich auch an deren Fructificationen gewesen ist, im Gegentheil findet sich hierin bis jetzt die grössere Anzahl derselben. Theil auf denselben Umstand gegründet, wie das Vorkommen einer reicheren Flora in diesen älteren Schichten überhaupt. Man kennt aus ihnen weit mehr, weil der ausgedehntere Bergbau in diesen kohlenreicheren Schichten mehr Gelegenheit zum Aufsammeln von organischen Resten bietet. Trotzdem scheint es aber auch in der Mehrzahl der Fälle allerdings nicht zufällig, dass in den oberen Dieses Ergebniss ist zum B2 Rückblick. 149 Schichten eine numerisch geringere Flora gefunden wird, denn einige dieser Gebiete (Wettin, Ilmenau etc.) haben schon seit lan- gen Zeiten als Quelle des Sammelns gedient und doch ist ihre Flora seit geraumer Zeit nicht wesentlich vermehrt worden. Daher wird man das aus obigem Verzeichniss hervorgehende Resultat wohl als ein begründetes annehmen dürfen, dass in beiden Abthei- lungen eine Anzahl verschiedener Arten, vielleicht auch einige Gattungen, sich befinden, welche eben nur der einen von ihnen eigenthümlich zukommen, obgleich mehrere Arten allerdings nur auf wenige, selbst nur auf ein Exemplar gegründet sind. Nur selten ist die Aehnlichkeit der in verschiedenen Schichten aufge- fundenen Reste so gross, dass man keine trennenden Unterschiede fände. Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering, dass immer mehr sich herausstellen werde, wie die Schichten verschiedenen Alters auch innerhalb der Steinkohlenformation durch eigenthümliche Formen charakterisirt werden, wenn man sorgfältiger vergleicht und unterscheidet. Und es ist für un- sern Kreis von Formen bemerkenswerth, dass grade die Fructi- ficationen sich besser und mannigfacher von einander unterschei- den, als die sterilen Reste dieser Familie, was wiederum in dem ungemein einfachen Bau der letzteren begründet sein dürfte. A.W.Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. P- Abhandlungen geologischen Specialkarte Preussen und den Thüringischen Staaten. IIININNANANANIIAANANNaNNanNAanNnnnNnDnAnNNNaNNNnNNNND BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1877. Rüdersdorf und Umgegend. Auf geognostischer Grundlage agronomisch bearbeitet von Dr. Albert Orth, Professor an der Friedrich-Wilhelms-Universität und am landwirthschaftlichen Lehrinstitut zu Berlin. Mit einer geognostisch -agronomischen Karte. BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1877. RE aus: Inhaltsverzeichniss. nr rn Seite RE et ae nn ee 5 te VE Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognostisch-agronomischen Karte . . . ..2.... 1 Zweiter Abschnitt. Die natürliche Beschaffenheit des Grund und Bodens der Umgegend von Rüdersdorf. I. Die Oberflächengestalt . II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse . . . . ... 12 bh. Anellmsen: rn Se ee ee a u e ;) Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognostisch-agronomischen Karte . . . 2... 81 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben und zur Landescultur. Beier Nnsiedelimsen. 00 ee U. Das Verhältniss von Wald, Feld und Wiese . . 2. 22... 91 III. Bodenwerth und Bodencultur . . . a A En Meeateriahen tür Industuie und Techuk . . . „..2.2....112 FR | Se E:. ira ER % SE vn . ’ . Einleitung. InnnnnNnnn Den dem Königlichen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten ist bestimmt worden, dass die geologische Un- tersuchung und kartographische Aufnahme des Preussischen Lan- desgebietes auch auf das norddeutsche Flachland ausgedehnt und dass bei der Aufnahme und Kartirung auch der obere Boden speciell berücksichtigt und damit neben dem Bergbau und der Technik zugleich den Interessen der land- und forstwirthschaftlichen Cultur Rechnung getragen werden soll. Um über die hierbei in Betracht kommenden Gesichtspunkte und die entsprechende kartographische Methode zu berathen, tra- ten am 10. April 1873 der Vorstand der geologischen Landes- anstalt, bestehend aus den Herren: Geheimer Bergrath Hauche- corne und Geheimer Bergrath Professor Dr. Beyrich, ferner die Herren Professor Dr. Berendt, Landesgeologe Dr. Lossen, Dr. Meyn- Uetersen und Professor Dr. Orth in Berlin zu einer Conferenz zusammen. Dabei erhielt Professor Dr. Orth von dem Vorstande der geologischen Landesanstalt die Auffor- derung, an den bezüglichen Arbeiten Theil zu nehmen und an einer geologischen Karte aus dem Flachlande, sowie an einer sol- chen aus dem Gebirgslande zu zeigen, dass durch eine in den Hauptgrundzügen vereinbarte Darstellungsweise die agronomischen Gesichtspunkte darauf zur Darstellung gebracht werden können und wie dem entsprechend die Karten zu vervollständigen sein würden. Es wurde zugleich beschlossen, ein besonderes pedolo- vm Einleitung. gisches Laboratorium einzurichten, um darin die für die. Kennt- niss des Grund und Bodens des Landes nothwendigen Unter- suchungen zur Ausführung zu bringen. Für die agronomische Bearbeitung aus dem Flachlande wurde die von Hrn. Eck geo- logisch aufgenommene und mit dem ersten Hefte der Abhand- lungen zur geologischen Specialkarte von Preussen publicirte Karte der Umgegend von Rüdersdorf gewählt, für diejenige aus dem Gebirgslande die Section Nordhausen am südlichen Harzrande. Mit Bezug auf die hier gefassten Beschlüsse wurden bereits im Herbste desselben Jahres die pedologischen Aufnahmen in Rüdersdorf unter Mitwirkung des Hrn. Dr. Gruner aus Proskau und im Winter und im Frühjahr 1874 die analytisch-pedologischen Arbeiten des Laboratorıiums unter Assistenz der HH. Dr. Laufer und Dr. Dulk soweit gefördert, dass in einer andern für diese Zwecke angesetzten Conferenz, bestehend aus den HH.: Öber- berghauptmann Krug von Nidda, Geheimer Oberregierungsrath Dr. von Nathusius als Vertreter des landwirthschaftlichen Ministeriums, Landforstmeister Ulrici als Vertreter des Finanz- ministeriums, Geheimer Bergrath Hauchecorne, Geheimer Berg- rath Professor Dr. Beyrich, Professor Dr. Berendt, Professor Dr. Scholz-Eldena, Dr. Meyn - Uetersen, Dr. med. Focke- Bremen, Dr. Gruner-Proskau, Herren Schütze-Neustadt-Ebers- walde und Professor Dr. Orth am 21. Juli 1574 von Professor Dr. Orth zwei Kartenentwürfe auf nach der Eck’schen Karte pho- tographisch in den Maassstab von 1:25000 verkleinerter Grund- lage vorgelest werden konnten. Die sich daran knüpfende Dis- cussion ergab keine wesentlichen Einwände gegen die angewendete Darstellungsmethode, welche im Allgemeinen sich an die Verein- barungen in der ersten Conferenz anschliesst. Es wurde beschlossen, die agronomischen Eintragungen in der vorgelegten Weise zur Ausführung zu bringen und die danach fertig zu stellende Karte von Rüdersdorf durch den Druck zu vervielfälligen, um sie dem öffentlichen Urtheil zu unterbreiten. en Einleitung. IX Die Karte erscheint in Folge dieses Oonferenzbeschlusses in der darin gutgeheissenen Weise. Der Maassstab derselben ist 1:25000, wie er einheitlich ebenso für das Flachland wie für das Gebirgsland des Preussischen Staates beschlossen worden ist. Die lithographische Herstellung ist nach der erwähnten photographisch verkleinerten Karte bewirkt worden. Da die Umgegend von Küdersdorf vielfach durch Abteufen von Schächten und Bohrlöchern untersucht worden ist und diese Einzelheiten aus der grösseren Karte fast sämmtlich aufgenommen sind, so erhält das Blatt dadurch ein volleres und unruhigeres Aussehen, als es in andern Gegenden der Fall sein würde. Die von Hrn. Eck ausgeführte Bearbeitung der geologischen Verhältnisse ist unverändert beibehalten, nur sind die Unterab- theilungen des unteren und die des oberen Muschelkalks zusam- mengefasst worden. Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognostisch-agronomischen Karte. Einer Specialkarte über unser Flachlandsgebiet, welche neben den geologischen auch die für die Land- und Forstwirthschaft wichtigen agronomischen Verhältnisse zur Anschauung bringen soll, muss die Aufgabe gestellt werden, dass sie nicht nur die Beschaffenheit der in der Oberkrume zu Tage liegenden Bildun- sen, sondern zugleich diejenige des tieferen Untergrundes erkennen zu lassen hat. Die Nothwendigkeit dieser Berücksichtigung des Untergrundes ist schon seit eimiger Zeit anerkannt worden. So hat man bei der von der Naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz veranlassten Bearbeitung der preussischen Oberlausitz neben einer Karte der land- und forstwirthschaftlichen Bodenclassen auch eine besondere geognostische Karte, und zwar in der alten unvollstän- digen Weise und unter fast gänzlicher Vernachlässigung der jün- geren geologischen Ablagerungen veröffentlicht. (Glocker, geo- enostische Beschreibung der preussischen Oberlausitz nebst geo- enostischer Karte und Karte der land- und forstwirthschaftlichen Bodenclassen der preussischen Oberlausitz, Görlitz 1857.) Ebenso hat Delesse sowohl eine carte agronomique des environs de Paris, wie eine besondere carte geologique du departement de la Seine herausgegeben und in der neuesten Zeit ähnliche Bodenkarten be- treffend die Beschaffenheit der Oberkrume hinzugefügt. Von Lud- wie ist eine besondere geologische und eine besondere Bodenkarte vom Grossherzogthum Hessen bearbeitet worden. Es ist offenbar die grosse Schwierigkeit einer zweckmässigen Darstellungsweise der agronomisch wichtigen Verhältnisse, welche 1 2 Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognost.-agronomischen Karte. [1 52] zu diesem Dualismus gesonderter Karten über die Oberkrume und den Untergrund geführt hat. Dieser gestattet es aber nicht, die organische Zusammengehörigkeit der über einander vorkommenden Bildungen zum Ausdruck zu bringen. So werthvoll deshalb diese Arbeiten zum Theil sind, so können sie doch wegen der Zer- stückelung der in ihrem natürlichen Zusammenhange vorkommen- den Bildungen den Anforderungen der Land- und Forstwirthschaft nicht genügen. Grade die gegenseitigen Beziehungen von Öber- krume und Untergrund sind es, welche für die bodenwirthschaft- liche Beurtheilung in erster Linie in Betracht kommen und welche in ihrem Zusammenhange nur dann leicht erkannt werden können, wenn sie in einem und demselben Bilde vereinigt sind. Die geologisch-agronomische Karte muss deshalb eine mög- lichst eingehende Charakteristik des Grund und Bodens bis zu einiger Tiefe geben und es sind grade die Profil-Verhältnisse der oberflächlich auftretenden Bildungen, welche daraus möglichst zu ersehen sein müssen, mit specieller Beziehung auf: 1) ihre Uebereinanderlagerung, 2) die Constitution und den petrographischen Bestand, 3) die Mächtigkeit derselben, wie sie auf die Feuchtigkeits- verhältnisse einen so bedeutenden Einfluss hat. Hiernach ist das Bodenprofil, d. i. der verticale Durch- schnitt durch die verschiedenen oberflächlich auftretenden Bildun- gen, in den Vordergrund der Beurtheilung zu stellen und bildlich so klar und praktisch zum Ausdrucke zu bringen, dass die Karte und das von ihr wiedergegebene Bild leicht verstanden werden kann. Es ist in landwirthschaftlichen Kreisen bei der Bonitirung . und Veranschlagung des Grund und Bodens schon lange üblich, von gewissen, mit Sorgfalt zu ermittelnden „Musterböden“ aus- zugehen und die vorkommenden und zwischen gewissen Grenzen in der Zusammensetzung variirenden Bodenarten damit zu ver- gleichen. Wenn die Musterböden gut ausgewählt und genau un- tersucht worden sind, so ist dies eine Erleichterung für die Boni- tirung der einzelnen Felder und Areale, deren Bodenarten nicht sämmtlich so genau untersucht werden, als die einzelnen Muster- Du te ee a a u > a en, EEE | d -_ [153] Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognost.-agronomischen Karte. 3 böden, welche aber mit den letzteren stets verglichen werden können. Hier ist nicht der Ort, auszuführen, welche Mängel die bisherige Bonitirung hat und welche Verbesserungen und Erwei- terungen auf diesem Gebiete als geboten erscheinen. Es ist aber nöthig, ganz besonders darauf hinzuweisen, dass unter diesen Er- weiterungen eine sachgemässere und consequentere Berücksichti- gung des Untergrundes ın erster Linie genannt werden muss und dass die grössten Fehler in der Werthschätzung des Bodens grade in der mangelnden oder ungenügenden Beachtung der Untergrund- bildungen gesucht werden müssen. Es ist ersichtlich, einen wie hohen Werth die Profildarstel- lung nach dieser Seite hin für praktische Kreise haben muss und wie es nothwendig ist, von bestimmten Normalprofilen, d. i. den am häufigsten vorkommenden Profilen, auszugehen, und diese mög- lichst vollständig mit ihren geologischen Grundlagen auf der Karte zum Ausdruck zu bringen. Die einzelnen für die Gegend oder für die betreffende Section typischen Profile werden eingehend untersucht und zur Darstellung gebracht, mitunter auch noch durch Aufnahme von Einzelprofilen ergänzt werden müssen. Die Profile sind so auszuwählen, dass die Grenzen der durch bestimmte Normalprofile bezeichneten Flächen mit den betreffenden geologischen und coloristisch sich von einander abhebenden Distrieten möglichst übereinstimmen. Bei dem oft raschen Wechsel der Pro- file kann dies jedoch nicht immer ausgeführt werden und es sind denn auch die Einzelprofile an den betreffenden Stellen werthvoll. Es ist unzweifelhaft, dass dadurch, wenn auch der Begriff des Profils etwas weiter gefasst werden muss, doch grade für die praktischen Kreise am meisten gewonnen wird. Das typische Profil muss als die ziemlich constante und wenig veränderliche Grund- lage des Bodenwerthes und als Maassstab für seine Beurtheilung in erster Linie genannt werden, woran eine bessere oder schlechtere - Bewirthschaftung meist nur wenig zu ändern vermag, und so erge- ben sich in dieser Profildarstellung die werthvollsten Anhaltspunkte für die Beurtheilung bestimmt abgegrenzter Flächen, deren Kennt- niss für praktische Zwecke nutzbringend werden muss. 1* 4 Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognost.-agronomischen Karte. [1 54] Für die agronemische Verwerthung geologischer Aufnahmen und Darstellungen ist die angegebene Charakteristik der Erdober- fläche nicht zu entbehren, wenn daraus für das praktische Ver- ständniss und Bedürfniss in land- und forstwirthschaftlichen Krei- sen der entsprechende Gewinn gezogen werden soll. Ohne diese Berücksichtigung der constanten Grundlagen des Bodenwerthes, wie sie sich aus dem Profil ergeben, ist es nicht möglich, den bezüglichen land- und forstwirthschaftlichen Gesichtspunkten ge- recht zu werden und die Wissenschaft hat hier den Gesichtskreis für das praktische Leben in angemessener Weise zu erweitern und bei den vorliegenden neuen und grossen Aufgaben von der rich- tigen Basis auszugehen, ganz abgesehen davon, ob diese Auffas- sung zur Zeit schon Allen geläufig ist oder nicht. Dass für die Ausführung der gestellten Aufgabe eine für die praktische Nutzbarmachung möglichst leicht fassliche Methode zu wählen ist, braucht nicht erst ausgeführt zu werden. Man wird aber, mag auch bei der Gleichgültigkeit und unpraktischen Weise, womit die Bodenfrage vielfach behandelt worden ist, ein volles Verständniss nicht sofort und allgemein gewonnen werden können, dennoch für diese Fragen bei der Kartirung unmöglich von Be- griffen wie Weizenboden, Grerstboden, Haferboden und Roggen- boden ausgehen, ebensowenig von Ausdrücken wie kleefähiger, luzernefähiger Boden oder Kieferboden erster, zweiter und dritter Classe Gebrauch machen und die Flächen nach dem Vorkommen derselben begrenzen können, da diese Bezeichnungen selbst sehr unbestimmter Natur sind. Man wird auch nicht zu einer getrenn- ten Darstellung des geologischen Untergrundes und der Oberkrume auf verschiedenen Blättern übergehen, wenn gleich manche Land- und Forstwirthe sich zunächst vielleicht dafür interessiren würden, besondere Karten zu besitzen, worauf nur der obere Boden nach seiner Natur coloristisch abgegrenzt ist. Dies würde ein völliges Verkennen der grossen Aufgaben sein, welche die geologisch- agronomische Landesuntersuchung auszuführen hat, d. i. die mög- lichst eingehende wissenschaftliche Untersuchung und Aufnahme des Grund und Bodens nach seiner Natur und Beschaffenheit. Die praktische Verwerthung dieser wissenschaftlichen Untersuchungen s = N BR J 2 £ + Bi A N 2 [155] Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognost.-agronomischen Karte, 5 wird sich anschliessend leicht ergeben, wenn sie nur nach den be- zeichneten Gesichtspunkten wirklich sorgfältig durchgeführt und wenn sie bekannt geworden sind. Ist dies geschehen und diese Kennt- niss in das allgemeine Bewusstsein übergegangen, so ist über- haupt die Brücke geschlagen zwischen der Praxis und der Wis- senschaft und die Benutzung der geognostisch-agronomischen Kar- ten für praktische Zwecke und für die grossen Landeseulturfragen ist ohne Schwierigkeiten. Von besonderer Bedeutung war es, die Bezeichnung der Bo- denarten so auszuwählen, wie es sowohl wissenschaftlich zu recht- fertigen ist, als für die praktischen Interessen des Lebens und der Landescultur als entsprechend angenommen werden konnte. Nach beiden Seiten, sowohl nach der wissenschaftlichen, wie nach der praktischen Seite hin und obwohl in der neueren Zeit viele entgegengesetzte Vorschläge gemacht worden sind, habe ich mich nicht entschliessen können, von der im Leben eingebürgerten und praktisch nach vielen Richtungen bewährten Thaer-Schüb- ler’schen Bezeichnungsweise der Bodenarten abzugehen, es muss- ten nur einige Erweiterungen und andere Begrenzungen angenom- men werden. | Dieselben beziehen sich auf schärfere Trennungen und genauere Untersuchungen der verschiedenen Gemengtheile des Bodens. Dasjenige, was von Thaer als „abschlämmbarer Thon * be- zeichnet wurde, ist durchaus nicht sämmtlich eigentlicher Thon, sondern es sind feiner Mineralstaub und andere staubfeine Bei- mengungen, besonders ist Quarzmehl vielfach sehr stark darin ver- treten, wodurch die Eigenschaften des Bodens sehr modificirt werden. Die Oberkrume der in den Thalniederungen auftretenden Sande enthält in der Feinerde vielfach ein Gemenge von Quarz- staub mit etwas Eisen, Humus und Thon, einzeln mit einer tief- rothbraunen, wesentlich durch Eisen bewirkten Farbe und man wird dabei dem Sprachgebrauche nach weder den Begriff: Leh- miger Sand, noch den des humosen Sandes anwenden dürfen. Das Verhältniss des Thons zum genannten Mehl und Staub in den feinerdigen abschlämmbaren Theilen ist von grosser Wichtigkeit und es kann ebensowohl der Thon überwiegend vertreten sein, 6 Erster Abschnitt. Die Aufgaben der geognost.-agronomischen Karte. [156] wie in anderen Fällen dieser Staub den ‘Charakter der Feinerde bestimmt oder die Feinerde fast ganz allein zusammensetzt. In der Bezeichnung hat dies Ausdruck gefunden, indem je nach der Zusammensetzung der mehr Thon oder mehr Staub füh- renden Feinerde dem lehmigen Sand noch der gemengte Sand (staubiger Sand), dem schwach lehmigen Sand der schwach ge- mengte Sand angereiht sind. Als Grenze für die feinerdigen Theile ist ein absolutes Maass in der Grösse von 0.05 (35) Millimeter auf kuglige Quarztheilchen bezogen, resp. in dem diesen Theilen entsprechenden Schlämm- werth angenommen. Ebenso ist auch die Körnung des Staubs nach der Grösse der dahin gehörenden Quarztheilchen (0,05 — 0,01 Millimeter) bezeich- net. Die feinen Theile unter 0,01 (+45) Millimeter D. sind als „Feinste Theile“ davon abgetrennt worden. Alle Körner von grösserem Durchmesser als 0,05 Millimeter werden als Sand (resp. Kies, Geröll u. s. w.) bezeichnet, mit fol- sender Abstufung: Sand: Kornuner 0,05 — 2,0 Millimeter, sehr feinkömig ... 0,05 —0,1 - feinkörug na 2er: 0,1 —0,2 - mittelkörnig ..... 0,2 —0,5 - 'grobkörnig..... ..05 —10 - sehr grobkörnig. .. /|1,0 —2,0 - Kies: (Grand, Geröll) über 2,0 — - TE RE rn u Zweiter Abschnitt. Die natürliche Beschaffenheit des Grund und Bodens der Umgegend von Rüdersdorf. I. Die Oberflächengestalt. Die Höhen- und Tiefenverhältnisse im Grund und Boden der Mark Brandenburg sowie eines grossen Theils der norddeutschen Ebene werden durch eine Reihe von Einsenkungen und Thal- niederungen charakterisirt, zwischen welchen sich die höher gele- genen Terrains in wellenförmisen bis plateauartigen Erhebungen ausbreiten und durch die genannten zum Theil mehr geschlossenen, zum Theil zu ausgedehnten Thälern sich ausweitenden Niederun- gen entwässert werden. Für die letzteren ist im Wesentlichen die S.O. — N.W.-Richtung entsprechend dem Streichen vieler norddeutscher Gebirge bezeichnend und dieselbe macht sich nament- lich in mehreren grossen Linien, welche als langgestreckte Nie- derungen die Mark Brandenburg und die benachbarten Gegenden durchsetzen, bemerklich. Dazu gehört in erster Linie die jetzige Spreethalniederung in ihrem Verlaufe von Fürstenwalde über Berlin nach Spandau. Schon vor längerer Zeit ist sie mit ihrer südöstlichen Fortsetzung über Müllrose zur Oder und mit der nordwestlichen Verlängerung durch das Havelländische Luch und über den Rhin zur Elbe von Fr. Hoffmann und später von Girard als die alte Oderthallinie bezeichnet, welche das Oderwasser bei Berlin vorbei zur Nordsee führte, bevor der nördlich vorliegende pommersche Landrücken von derselben durchbrochen worden war und der gebahnte neue Weg mehr nordwärts zur Entwässerung dienen konnte. 8 Zweiter Abschnitt. Die natürl, Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [158] Ein zweites System von Einsenkungen steht zu diesen Haupt- thallinien fast rechtwinklig, hat also im Wesentlichen die Rich- tung von S.W. nach N.O. und dient dazu, in Form von kleineren Thalrissen, als „Saugdräns“ in Beziehung zu den „Sammeldräns“ und „Hauptdräns“, das Wasser der höheren Gegenden zuerst auf- zunehmen und dasselbe den erwähnten Hauptabflusslinien zuzu- führen. Auch die grossen Hauptthallinien, wie gegenwärtig die vereinigte Spree und Havel abwärts Spandau, bei Potsdam und Brandenburg treten zuweilen auf bestimmte Strecken aus der nord- westlichen in diese südwestliche Richtung ein, um nachfolgend in die Hauptentwässerungslinie wieder überzugehen. Das Gebiet der Karte, gelegen zwischen 31° 25’ und 31° 30’ östlicher Länge, 52° 27’ und 52° 30’ nördlicher Breite in einer Ent- fernung von etwa 4 Meilen östlich von Berlin gehört grössten- . theils zum Plateau des Barnim, welches im Südwesten vom Spree- thal, im Nordosten vom Oderbruch begrenzt und nach letzterer Richtung hin allmählig ansteigend den Haupttheil seiner Gewässer durch eine Reihe von kleinen, zum Theil seeartig erweiterten Fluss- läufen südwestlich zum Spreethal hin, einen kleineren Theil nord- östlich zur Oder abgiebt. Die Spree fliesst etwa 3 Meile südwest- lich von der südlichen Grenze der Karte entfernt in der Gegend von Erkner vorbei und hat hier eine durchschnittliche Niveauhöhe von 105 preussischen Duodezimalfuss über dem Spiegel der Ostsee (32,95 Meter), dieselbe Höhe wie der Dämeritzsee und der Flakensee bei Erkner, in welche die Rüdersdorfer Gewässer direct oder indirect münden und dadurch in die Spree übergeführt werden. Der südöstliche Theil des Kartengebiets senkt sich bis zu der von der Spree und der Löcknitz mit ihren seeartigen Erweiterun- gen gebildeten Niederung, hat daselbst aber noch eine Minimal- höhe von 130 Fuss (40,80 Meter). Der Thalrand steigt von da zum Theil ziemlich steil zum Plateau. Das Terrain der Karte liegt im Wesentlichen zu beiden Seiten des Fliesses, welches vom Blumenthal oberhalb Straussberg aus- gehend, mit dem Stienitzsee in das Gebiet der Karte eintritt und durch das Mühlenfliess zum Stolpsee und Kalksee und von da [159] I. Die Oberflächengestalt. 9 durch die Woltersdorfer Schleuse zum vorhergenannten Flakensee entwässert. Die Richtung dieser Thal- und Seeenlinie ist im Wesentlichen die vorgenannte südwestliche. Ziemlich parallel damit verlaufen ausserhalb des Kartengebiets zur Spree westlich davon das Fredersdorfer Fliess und östlich das Rothe Luch mit dem Möllensee und Peetzersee und die Löcknitz. Der Stienitzsee hatte früher ein höheres Niveau als gegen- wärtig (123 Fuss nach Wolff, nach Berghaus 127 Fuss). Er wurde durch Thaer 1858 um 83 Fuss gesenkt, (cfr. Annalen der Landwirthschaft in den Königlich Preussischen Staaten 1864, Band 44, Seite 175— 200) und hat seit dieser Zeit.ein um soviel niedrigeres Niveau. Dasselbe beträgt nach der Generalstabskarte zur Zeit 114 Fuss (35,78 Meter). Das Wasser senkt sich vom Stienitzsee zum Stolpsee um 2 Fuss, gelangt durch den Stolpgraben in den Kalksee und nimmt in der Nähe durch den Kalkgraben das Wasser des Kesselsees (113 Fuss — 35,46 Meter) auf. Der Kalksee wird durch die Woltersdorfer Schleuse auf 111 Fuss (34,84 Meter) Höhe erhalten und das Wasser fällt daselbst zum Flakensee um 6 Fuss (1,88 Meter). Von den übrigen Einsenkungen im Terrain sind der Bauersee (106 Fuss Meereshöhe) bei Woltersdorf, der durch den Krien- graben in das Mühlenfliess entwässernde Kriensee (113 Fuss), sowie das Paddenluch und der Mastpfuhl in der Nähe des Stie- nitzsee noch besonders zu erwähnen. Die letzteren beiden haben eine Meereshöhe zwischen 130 und 135 Fuss (40,80 und 42,37 Meter), sind also etwa 20 Fuss höher als der Stienitzsee. Sie repräsen- tiren die in Norddeutschland sehr häufig auftretenden Mulden und " Terrainsenkungen, welche ohne sichtbare Entwässerung und des- halb sehr wechselnd im Wasserstand vielfach zur Bildung humoser Böden, yon Moor und Torf Veranlassung gegeben haben. Zu beiden Seiten der genannten Thalniederung, welche im Niveau des Wassers und Bodens zu 111 bis 120 Fuss Meereshöhe, E: wenig über Spreethalniveau, angenommen werden kann, erhebt 10 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [160] sich das Terrain zu dem genannten Plateau des Barnim zum Theil rasch und steil, zum Theil mehr allmählig. Die Niveaustufe von 100 zu 150 Fuss (31,38 —47,08 Meter), deren Vorhandensein in der Südostecke der Karte bereits erwähnt ist, tritt hier in der Nähe der Niederung auf eine kurze Strecke zur Seite auf, so auf einigen inselartigen Erhebungen und beson- ders nach N.W. hin, ferner am Paddenluch, Mastpfuhl und Krien- see. Im Uebrigen gehört der westlich von der Thalniederung gelegene Theil des Plateaus grösstentheils der Terrainstufe 150 bis 200 Fuss (47,08 — 62,77 Meter), der östlich davon befindliche Theil wesentlich der Terrainstufe von 200 — 250 Fuss (62,77 bis 78,46 Meter) Meereshöhe an. Einzelne Erhebungen gehen über diese Grenze noch hinaus, wie das Terrain nordwestlich des Ortes Rüdersdorf und besonders die südlich im Königlichen Rüders- dorfer Forst auftretenden Hügel und Berge, welche wenig über den Rand der Karte hinaus in den Kranichbergen nach der Gene- ralstabskarte sogar bis 309 und 313 Fuss (96,98 resp. 98,23 Meter) ansteigen. Ueberall stürzt hier das Terrain von diesen Anhöhen steil zur Niederung des Löcknitz- und Spreethales hinab und gewährt deshalb vorzüglich schöne Aussichtspunkte. Auch auf der andern Seite, westlich vom Kalksee und in der Nähe von Woltersdorf begegnet man im Eichberg einer gegen das dortige Terrain nicht unbedeutenden Erhebung (236 Fuss — 74,07 Meter). Die Terrainstufe von 150 bis 200 Fuss Höhe dringt südwest- lich, südöstlich und nördlich verhältnissmässig weit in das höher gelegene Plateau in der Nähe des Ortes Rüdersdorf ein und be- zeichnet hier die Richtung der Entwässerung. ; Die südwestliche Einsenkung communicirt direct mit dem Kalksee, die südöstliche mehrfach unterbrochen mit der Niederung der Löcknitz. Die nördlich auftretende Senke, das sogenannte tiefe Thal, hat sein Gefälle nach Norden und direct nach dem Mastpfuhl hin. Auch auf dem Westplateau der Karte treten noch einige kleine Einsenkungen, zum Theil abgeschlossene Pfühle auf. So lässt sich das vom Stolpsee ausgehende und westlich von Colonie . E [1 6 1] I. Die Oberflächengestalt. IN! Schulzenhöhe verlaufende Thal in einer Reihe von solchen kleinen Mulden fortsetzend verfolgen und stellt damit ziemlich eine N.S.- Linie dar. Ein ganz besonderes Interesse hat die halbinselartige Erhe- bung, welche vom Paddenluch aus zwischen den Thälern des Müh- lenfliess und des Kalkgrabens weit nach Südwesten hin vorge- schoben ist und nördlich vom Schulzenberg in östlicher Richtung mit dem Rüdersdorfer Plateau zusammenhängt. Der von 3 Seiten von Wasser umschlossene kleine Höhenzug verflacht sich nach Nordwesten und Südwesten nach dem Thale hin mehr allmählıg, fällt dagegen nach Südosten hin, wo im Arnimberge sich die höchste Erhebung (246 Fuss = 77,21 Meter) befindet, steil in das um 130 Fuss tiefere Thal am Kalkgraben hin ab, wo die Ort- schaften „Alte Grund“ und „Colonie Rüdersdorfer Grund“ am Rande des engen und durch rückstauendes Wasser feucht gehal- tenen Thalbodens angesiedelt sind. Die letztgenannten Orte zeich- nen sich deshalb landschaftlich durch eine vorzüglich schöne Lage aus. Sowie der genannte Rücken im Centrum des Blattes (in der Kreuzung der beiden Diagonalen) liegt, so beansprucht er auch wissenschaftlich und praktisch das grösste Interesse. Es findet sich daselbst eine der ältesten anstehenden Gesteinsmassen Nord- deutschlands, namentlich ein zu Tage tretendes ausgedehntes Kalk- steinlager, mitten in den losen Schwemmlandsmassen der nord- deutschen Ebene, welches bereits seit 6 Jahrhunderten bekannt ıst und benutzt wird und in der neueren Zeit für die nähere und weitere Umgegend, namentlich für die Entwickelung der Stadt Berlin, von einer grossen Bedeutung geworden ist. Sowie hier das älteste geologische Glied der Gegend hervor- tritt, so wird in der nachfolgenden Uebersicht über die geologi- schen Ablagerungen, welche ursächlich für die geschilderten topo- graphisch-hydrographischen Verhältnisse entscheidend gewesen sind, mit demselben begonnen werden müssen. | 10 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [162] Il. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. l. Allgemeines. In’ der Aufeinanderfolge geologischer Ablagerungen gehört der Kalkstein zu Rüdersdorf zum sogenannten Muschelkalk, dem mitt- leren Gliede der aus den drei Abtheilungen Keuper, Muschelkalk und Buntsandstein bestehenden Formation, welche in der Regel als Trias bezeichnet wird. Neben dem Muschelkalk ist auch noch die obere Abtheilung des Buntsandsteins vorhanden. A. Buntsandstein. Das untere Glied der Trias wird durch Thonmergel, bekannt unter dem Namen Röth oder bunter Mergel, vertreten und derselbe ist am Abhange von Dorf Rüdersdorf nach Alte Grund mit seiner charakteristischen rothbraunen Farbe aufgeschlossen, ganz ähnlich wie er in Mitteldeutschland, besonders in der Provinz Hessen auftritt. Der Thonmergel ist ausgezeichnet durch den hohen Gehalt an kohlensaurer Magnesia und durch das Vorkommen von Gyps. Das Verhältniss von kohlensaurem Kalk zu kohlensaurer Magnesia ist ein derartiges, dass man ihn als dolomitischen Mergel bezeich- nen muss. Der kohlensaure Kalk ist stellenweise ın dünnen Kalk- steinlagen concentrirt. Die Mächtigkeit des bunten Mergels ist zufolge der von der preussischen Bergwerksbehörde angestellten Bohrungen eine ausser- ordentlich bedeutende, wie es sich aus den mitzutheilenden Bohr- resultaten ergeben wird. Unterhalb geht er in grösserer Tiefe ın den eigentlichen Buntsandstein über, worin neben Thon auch thoniger Sandstein und Rogenstein auftreten. Die Schichten des bunten Mergels sind nach Eck da, wo er aufgeschlossen ist, etwa 12 Grad geneigt und die Neigungsrichtung (bez. das Streichen) ist dieselbe wie beim benachbarten Muschelkalk. Die vorhandenen offenen Aufschlüsse beziehen sich wesentlich auf die frühere Ausbeutung des Gyps und die noch fortdauernde N 6-7 le Pas » r PB \ [163] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 13 Benutzung des Thonmergels zur Kachelnfabrication, zu welchem Zwecke er abgeschlämmt und in der dadurch erhaltenen Form auch versendet wird. B, Muschelkalk. Der dem bunten Mergel auflagernde Muschelkalk ist in Rüders- dorf in der vollständigen Reihenfolge seiner Schichten entwickelt und wird durch mehr oder weniger reine Kalksteine, zum Theil talkerdehaltig und dolomitisch, zum Theil thonig oder mit dünnen Thonschichten wechselnd vertreten. Die beim Abbau des Kalksteins abfallenden Schuttmassen sind deshalb verhältnissmässig bedeutende. Von unten nach oben sind drei Hauptabtheilungen des Muschel- kalks zu unterscheiden, wovon die untere wegen .der eigenthüm- lich knauerig-wellenförmigen Beschaffenheit, in welcher die tieferen Schichten derselben auftreten, mit dem Namen „Wellenkalk * be- zeichnet wird. a. Der untere Muschelkalk. Die unterste Abtheilung des unteren Muschelkalks, der so- genannte untere Wellenkalk, ist durch sehr harte, aber leicht zer- sprengbare blaugraue Kalksteine mit einer Dicke der Lagen von nur 2—25 Centimeter charakterisirt. Das Gestein ist unter dem Namen des „blauen Kalksteins“ bekannt und hat eine (resammt- mächtigkeit von etwa 77 Meter. Wegen der geringen Schicht- höhe und der schwierigen Verarbeitung hat er als Baustein wenig Werth und ist auch zum Brennen wenig brauchbar, da er viel Feuerungsmaterial erfordert. Der „blaue Kalkstein“ ist deshalb beim Abbau nicht berücksichtigt worden. Am wichtigsten für die praktische Benutzung ist der darüber lagernde „gelbe“ oder „weisse“ Kalkstein, welcher wegen der stärkeren Lagen von 30 bis 150 Centimeter und einer grösse- ren Porosität des Gesteins, ferner wegen grösserer Reinheit (er enthält stellenweise noch nicht 1 Procent in Salzsäure unlösliche Bestandtheile, während die übrigen Gesteine des unteren Muschel- kalks viel mehr Thon u. A. aufweisen) sich für technische Zwecke 14 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [1 64] weit besser eignet. Er ist deshalb, wie durch die Karte ange- deutet wird, bis jetzt fast allein in grossen Massen abgebaut worden. Wegen der genannten porösen bis „schaumigen * Beschaffen- heit ist diese Abtheilung unter dem Namen des Schaumkalks be- kannt. Die Gesammtmächtigkeit des Schaumkalks wechselt auf weite Strecken nur zwischen 72,9 und 73,5 Meter. b. Der mittlere Muschelkalk. Er besteht wesentlich aus dolomitischen Mergeln und dolo- mitischen Kalken. Die Gesammtmächtigkeit beträgt etwa 56,9 Meter. Die mergeligen Kalke aus dieser Abtheilung sind früher zur Cämentfabrication versuchsweise verwendet. c. Der obere Muschelkalk. Neben wesentlich mergeligen Kalken sind einzelne feste, zum Theil körnig krystallinische und versteinerungsreiche Kalksteine sowie grünliche glaukonitische Schichten hervorzuheben. Einzelne Bänke davon haben eine Stärke bis nahezu ein Meter und ent- halten das Material für die grössten Bausteine, welche der Rüders- dorfer Kalksteinbruch zu liefern vermag. Die Mächtigkeit des oberen Muschelkalks ist etwa 46,7 Meter. Er ist besonders in der Nähe des Kriensees aufgeschlossen. Die Farbe des Muschelkalks ist im unverwitterten Zustande meist blaugrau und geht durch die Verwitterung erst in den gelb- braunen Ton über, welcher an den oberen, mehr der Luft aus- gesetzten Lagen in der Regel zu beobachten ist. Zum Theil sind es Schwefeleisen und kohlensaures Eisenoxydul, zum Theil orga- nische Stoffe, welche diese dunkle Farbe veranlassen. Durch Oxydation der Eisenverbindungen geht daraus die gelb-braune Eisenfärbung hervor. (Cf. Analysen.) Die Schichten des Muschelkalks haben, wie die des bunten Mergels, meist ein Einfallen nach N.W., das Streichen (Durch- schnitt der Schichten mit der Horizontalebene) ist N.O.— S.W. Der Neigungswinkel beträgt meist zwischen 12 und 20 Grad. Indem dadurch im Südosten in der Nähe des Kalkgrabens die tiefsten und ältesten Schichten, so auch der unterhalb lagernde [165] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 15 bunte Mergel nahe an die Oberfläche treten und der losere bunte Mergel zum Theil weggespült ist, so erklären sich die schroffen Thalabfälle in der Nähe des Kalkgrabens gegenüber den weniger steilen Böschungen des Abhangs im Nordwesten nach der Seite des Mühlenfliess hin. In Folge einer Verwerfung in unmittelbarer Nähe des von „Alte Grund“ nach Tasdorf führenden Fahrwegs, welche auf der Karte durch zwei rothe Linien angedeutet, ist das Streichen der Schichten östlich von dieser Verwerfung ein westöstliches geworden und dieselben fallen hier (Alvenslebenbruch) nach Norden hin unter die betreffenden Diluvialschichten ein. Diese Aenderung im Verlaufe des Kalkrückens nach Osten hin ist auch auf der Karte deutlich zu erkennen. C Diluvium und Alluvium. Bunter Mergel und Muschelkalk sind beide auch da, wo sie nahe an die Oberfläche treten, meist noch von den genannten jüngeren Bildungen überlagert. Nur an einigen Stellen geht der Muschelkalk nach oben hin direct in seinen Verwitterungs- boden über. Von anderen Formationen, welche in der vollständigen Reihen- folge geologischer Ablagerungen zwischen Muschelkalk und Dilu- vium auftreten, sind in der Umgegend von Rüdersdorf noch Keuper (2) und die Tertiärformation (Septarienthon) vorhanden. Die dafür in Anspruch genommenen Gebilde treten aber nirgends zu Tage, sind vielmehr erst in grösserer Tiefe durch Bohrlöcher nachge- wiesen und werden deshalb nur erwähnt (vergl. das später anzu- führende Tiefprofil von Bohrloch 17 am Wege von Tasdorf nach Vorwerk Grünelinde). Das Diluvium nimmt den grössten Theil der Section Rüders- dorf ein und ist meist bereits ın der Nähe des Muschelkalks mächtig entwickelt. Der Abbau des Gesteins erhält dadurch nach den Seiten hin bald seine Begrenzung. Die Diluvialbildungen bestehen grossentheils aus Sand und Kies, worauf oder wozwischen verschiedene Ablagerungen von 16 Zweiter Abschnitt. Dienatürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [166] Mergel in wechselnder Mächtigkeit und Ausdehnung auftreten, zum Theil in geringer Mächtigkeit oder in bedeutender Tiefe. Die Art dieses Vorkommens ist für die Natur des Cultur- bodens entscheidend. Diluvial-Sand und -Kies. Im Diluvialsand sind wasserhelle bis graulichweisse und hell- gelblichweisse Quarzkörner vorherrschend und zwischen denselben machen sich meist einzelne rothe Feldspathkörnchen und Kalk- bruchstücke bemerklich. Jene bewirken die eigenthümlich rothe Sprenkelung dieses Sandes, welche ihn vom Braunkohlensande leicht unterscheidet, diese, dass er, mit Säure übergossen, auf- braust. Mit dem Gröberwerden des Korns nimmt der Gehalt an krystallinischem Feldspathgestein, besonders Gneiss und Granit, und an Kalk in der Regel zu, derjenige an Quarz ab, so dass ın dem groben Kies und Geröll jene vielfach überwiegend vertreten sind. Mit der Feinheit des Korns steigt entgegengesetzt der Ge- halt an Quarz. Der Kalksand schützt den übrigen Sand vor der Verwitte- rung in hohem Grade, indem für die Kohlensäure und den ober- flächlich durch organische Processe in den Boden gelangenden Humus zunächst der kohlensaure Kalk als Angrifispunkt dient und allmählig in Lösung übergeführt wird. Sowie der Kalk oberhalb in Lösung übergegangen und der Boden kalkfrei geworden, ist der Verwitterungsprocess ein anderer und es treten die durch Lösung und Zersetzung der eisenhaltigen Silikate bewirkten braunen Farben und die mattweisse Farbe des in Zersetzung begriffenen Feldspaths mehr hervor. Der kalkfreie Sand und Kies bekommt dadurch oberhalb ein schmutzig braunes Aussehen, während sich der kalkhaltige Diluvial- sand in grösserer Tiefe meist wunderbar frisch und unverwittert erhält. Die Tiefe, wie weit der an die Oberfläche tretende Diluvial- sand entkalkt und in der angegebenen Weise verändert worden, ist meist erheblich, beim groben Sand, Kies und Geröll, welche mehr kohlensauren Kalk und in einer der Auslaugung weniger [167] Il. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 1 zugänglichen Form enthalten, meist geringer als bei dem mittel- körnigen Sand. Je nach der mehr oder weniger groben Körnung tritt deshalb der kalkführende Sand und Kies verschieden nahe an die Oberfläche und dadurch mehr oder weniger in den Bereich von oben eindringsender Wurzeln. Im kiesreichen Terrain des Rüdersdorfer Forstes ist diese Verschiedenheit leicht zu beob- achten. Die Bemerkungen von Senft in dem kürzlich erschienenen Werke „Fels und Erdboden“ München 1876, dass „in den ge- waltigen Sandanhäufungen des norddeutschen Tieflandes jedes Sandkörnchen mit einer ochergelben Schale von Brauneisenerz umhüllt“ sei (S. 70) und dass bei dem Sande des deutschen Tief- landes die Eisenocherrinde „jedes Sandkorn so umhüllt, dass von aussen her kein Verwitterungsagens zu dem eingeschlossenen Sand- korn gelangen kann“ (S. 309), finden durch das Angegebene ihre Berichtigung. | Die sehr wechselnde Mächtigkeit des Diluvialsandes, wie die der übrigen Diluvialbildungen, ergiebt sich aus den später mitge- theilten Profilen. | Zwischen und auf diesen mächtigen Sand- und Kiesmassen liegen lehmige und thonige Bildungen, welche unverwittert mit dem Diluvialsand in dem constanten Vorkommen von kohlen- saurem Kalk übereinstimmen, sogar meist soviel Kalk enthalten, dass sie in der Regel als Mergel bezeichnet werden. Sie führen zum Theil krystallinisches Gesteinsmaterial von verschiedener Körnung und ähnlicher Beschaffenheit wie der Diluvialsand und -Kies, sind ım Uebrigen durch den Gehalt an Feinerde und Thon davon wesentlich unterschieden. Ein charakteristischer Unterschied zwischen den verschiedenen Diluvialmergeln ist, ob derartiger grober Sand, Kies und Geschiebe beigemenst sind oder nicht, und man sondert danach die stein- freien oder geschiebefreien Mergel von den sogenannten Geschiebemergeln. 18 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [168] Geschiebefreier erzel Er zeichnet sich in der Regel durch einen grösseren Thon- gehalt aus und heisst deshalb auch geschiebefreier Thon. Es ist ausserdem meist Quarzstaub stark vertreten und es finden sich die verschiedensten Uebergänge in feinsandigen Staublehm und Mehlsand, welche auch nicht selten damit wechsellagern. Fein- körniger, zum Theil Glimmer führender Diluvialsand pflegt den geschiebefreien Mergel zu begrenzen. In einzelnen Fällen, wie am Mastpfuhl bei Gut Rüdersdorf, lagert der Geschiebemergel unmittelbar darüber. Das sehr entwickelte Vorkommen von Glindow bei Werder hat zu dem von Herrn Eck auf der Karte angewendeten Namen „Glindower Thon“ Veranlassung gegeben. In Wirklichkeit ist es bei uns meist, wie aus den später mitzutheilenden Analysen her- vorgeht und für die Verwendung wichtig ist, ein Thonmergel. Der geschiebefreie Thonmergel findet sich innerhalb der Diluvial- bildungen fast immer in tieferem Niveau, tiefer als der Geschiebe- mergel und tritt deshalb selten nahe an die Oberfläche. Sowie jedoch einzelne Geschiebe ihm nicht ganz fehlen, so treten sie einzeln auch noch in grösserer Zahl unterhalb desselben auf. Er zeigt in der Regel eine graue bis dunkelgraue Farbe, welche nach oben hin unter dem oxydirenden Einflusse der At- mosphäre stellenweise in eine gelbbraune Farbe übergeht, wie in ausgezeichneter Weise am Mastpfuhl bei Gut Rüdersdorf zu sehen ist. Die dunkle Farbe ist zum Theil von reducirten Eisen- verbindungen (Schwefeleisen und Eisenoxydulsalze) zum Theil “ durch fein vertheilte Braunkohle. bedingt und wechselt je nach dem Vorwiegen der einen oder andern Ursache. Die Natur der Eisenverbindungen ist für die Farbe wesentlich entscheidend. Geschiebemergel. Man pflegt einen unteren und einen oberen Geschiebemergel zu unterscheiden. Herr von Bennigsen-Förder trennte die- selben bereits als Geschiebethonmergel und Geschiebemergel (vergl. dessen Erläuterungen zur geognostischen Karte der Umgegend von Berlin, Berlin 1843), später als steinigen Thonmergel und [169] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 19 Geschiebelehmmergel. Kommen beide vor, so sind sie meist durch zwischengelagerten Sand und Kies von einander getrennt. Es können beide aber auch fehlen oder es tritt nur der eine oder andere auf. Bei dem unteren Geschiebemergel beobachtet man häufig eine scharfeckige, fast prismenartige Absonderung mit zahlreichen Rissen und Sprüngen und einer rostbraunen Verwitterungsrinde unmittel- bar an diesen Ablösungen. Bei dem oberen Geschiebemergel treten diese Erscheinungen vereinzelt ebenfalls auf, fehlen aber in der Regel und dieselben sind deshalb bis zu einem gewissen Grade als Unterscheidungsmerkmale zu verwerthen. Es zeigt sich ferner bei dem unteren Geschiebemergel nicht selten eine dunklere Färbung als bei dem oberen und ist dies zum Theil durch die meist tiefere Lage, zum Theil durch die Natur der Gemenstheile begründet. Fein vertheilte Braunkohle ist darauf oft von Einfluss und da dieselbe nach oben hin meist seltener wird, so hört damit auch der färbende Einfluss auf, soweit er dadurch bedingt wird. Ein scharfes Kennzeichen, wie schwedische Geologen annehmen, kann deshalb bei uns die hellere- oder dunklere Farbe für die Unterscheidung des oberen und unteren Geschiebemergels nicht abgeben. Die dunklere Färbung giebt ihm dem oberen Mergel gegenüber meist ein thonigeres Aussehen. Für die Farbe des oberen Geschiebemergels ist meist von entscheidender Bedeutung, dass er den oxydirenden Einflüssen der Atmosphäre mehr ausgesetzt war als der untere und es erklärt sich dadurch der meist gelbbraune Ton. Von Schichtung ist bei beiden in der Regel nichts zu beob- achten. Besonders ausgezeichnet ist das Vorkommen grosser Geschiebe, meist krystallinische, feldspathreiche Gesteine, Granit, Gneiss, Diorit, ferner Kalkstein, Kreide, Feuerstein u. a. Nicht selten geht sogar der Geschiebemergel in Sand und Geschiebelager über, oder die- selben lagern, wie im Südosten des Muschelkalks in der Nähe des Kalkgrabens, in sehr unregelmässigem Wechsel auf und an dem- selben. Sie sind meist wenig verwittert und von frischen, glän- 9° 30 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [1 7 0] zenden Farben, zum Theil unbestimmt eckig, zum Theil gerollt und geglättet oder einseitig abgeschliffen. Das letztere tritt na- mentlich bei den weniger harten, krystallinischen Kalksteinen oft deutlich hervor (sehr schön zum Beispiel im unteren Geschiebe- mergel an der Südostseite des Kalksees) und dieselben zeigen nicht selten den Parallelismus scharfer und wohlerhaltener Schrammen. Sie beweisen damit die mechanische Zerreibung dieser Gesteine zu Staub und Feinerde. Die Zerkleinerung musste naturgemäss bei der weichen Kreide am grössten sein und diese findet sich deshalb grossentheils in feinzertheilter Form. Härtere Mineralien wie Quarz und Feld- spath sind jedoch ebenfalls in dieser fein vertheilten Form von Staub und Mehl im Mergel vertreten. Vom eigentlichen Sande im Mergel besteht wie beim Diluvial- sande auch hier der grösste Theil aus Quarz und mit dem gröberen Korn steigt in der Regel der Gehalt an Kalk, Feldspath, Granit und Gneiss. Oestlich vom Muschelkalk (am Alvensleben - Bruch) lagern Geschiebemergel, Diluvialsand und Geschiebe (zum Theil entkalkt) in geringer Mächtigkeit über dem Muschelkalk und das nach Nord einfallende Kalkgestein zeigt sich hier unterhalb der Diluvialdecke in ausgezeichneter Weise abgeschliffen und geglättet. Ueber die glatten Flächen der Kalkschichten hinweg sind parallele Ritzen und Schrammen von grosser Schärfe der Zeichnung und in west- östlicher Richtung verlaufend zu beobachten. . Die Schliffe- mit ihren Ritzen sind mit den vorher an den Kalksteinen des Geschiebemergels erwähnten Erscheinungen durch- aus vergleichbar und stimmen ihrer Natur nach überein mit den glatten Flächen und parallelen Streifen, wie sie an den ausge- furchten und ausgeschrammten Gletscherthälern der Schweiz bis zu bedeutender Höhe vorkommen und am oberen Aarthale im Berner Öberlande schon seit längerer Zeit eingehend untersucht worden sind. ° Die schon vor 40 Jahren von dem damaligen Verwalter der _ Rüdersdorfer Kalkberge an Herrn Gustav Rose mitgetheilte Beob- achtung, welche meist unbeachtet geblieben war, wurde von den | | ; Sr A! [17 1] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 21 Herren Torell und Berendt und mir am 3. November 1875 am blossgelesten Muschelkalk östlich vom Alvensleben-Bruch betreff ihrer Richtigkeit erwiesen, und bezieht sich die gegebene Beschrei- bung auf die zur Zeit dort in vorzüglicher Schönheit wahrzu- nehmenden Thatsachen. Das Auftreten dieser sogenannten Diluvial- oder Glacial- Schrammen an dem anstehenden Gestein von Rüdersdorf (unter dünner Diluvialdecke und wegen des Kalkgehalts derselben zum Theil so ausgezeichnet erhalten) steht bis jetzt in der Nord- deutschen Ebene vereinzelt da (die von Naumann beschriebenen Schrammen an den Porphyrfelsen bei Hoburg in Sachsen scheinen mir andere Ursachen zu haben und sind mit den Rüdersdorfer Schrammen nicht zu vergleichen). Die Geschiebe und das grobe Gesteinsmaterial im Diluvium sind der Natur nach mit den nordisch-baltischen Gesteinen, wie sie noch jetzt in den granitischen und Kalkgesteinen von Finn- . land, den russischen Östseeprovinzen und Schweden, dem Jura- kalkstein in der Nähe der Odermündungen in Pommern und der feuersteinreichen Kreide Rügens anstehend gefunden werden, voll- ständig übereinstimmend und nur im Süden und Südosten des Muschelkalks sind der Richtung der mechanisch-genetischen Pro- cesse entsprechend, Bruchstücke von diesem Gestein in das Dilu- vıum verbreitet worden. Wie Herr Eck nachgewiesen, fehlen diese Muschelkalkgeschiebe nach den übrigen Seiten hin fast voll- ständig. Die erwähnten Erscheinungen berechtigen dazu, hier für die _ norddeutsche Ebene auch ähnliche Ursachen anzunehmen, wie sie für die Schweiz und für Nordeuropa und Nordamerika schon seit längerer Zeit anerkannt worden sind, d.i. einen grossartigen Eis- transport, wodurch allein die Geschiebeverbreitung und die ausser- ordentlich grosse Unregelmässigkeit in dem Auftreten der Diluvial- gebilde erklärt werden kann. Die erwähnten Beobachtungen am anstehenden Muschelkalk von Rüdersdorf sind für die daran zu knüpfenden wissenschäaftlichen Schlussfolgerungen sehr wichtig. Weiter auszuführen, wie der Transport des nordischen Ge- steinsmaterials über den Boden Norddeutschlands bewirkt ist, wie 32 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [172] weit die Wasserströmung, schwimmende Eisberge oder Gletscher an Ort und Stelle von Einfluss gewesen sind, unterlasse ich. Beide Erscheinungen des Eistransports schliessen sich nicht aus, müssen vielmehr in Nordeuropa stets neben einander, an vielen Stellen nach einander, vielleicht mehrmals nach einander vorgekommen sein, sowie die Vergletscherung des europäischen Nordens zu- oder abgenommen, resp. der Treibeisdistrikt seiner Ausdehnung nach gewechselt hat. Unzweifelhaft ist, dass die Unregelmässigkeiten in dem Auf- treten des norddeutschen Culturbodens mit diesen Erscheinungen in nahem Zusammenhange stehn und praktisch ist dies eine sehr wichtige 'Thatsache. Es ist nothwendig, hier, wie beim Diluvialsand, sogleich auf einige Aenderungen aufmerksam zu machen, welche der ober- flächlich auftretende Geschiebemergel beim Uebergange der Dilu- vialzeit zur Gegenwart erfahren hat und welche als besonders bemerkenswerth hervorgehoben werden müssen. Den Charakter des dem Geschiebemergel auflagernden Bodens haben sie ganz wesentlich umgestaltet. Dieselben beziehen sich: 1. auf die Auslaugung des kohlensauren Kalks; 2. auf ein bedeutend stärkeres Fortschreiten der Verwit- terung der übrigen Bestandtheile nach dieser Auslaugung;; 3. auf die Fortführung von Thon und Eisen aus der ober- sten Bodenschicht und die Concentration derselben in der darunter unmittelbar über dem Mergel lagernden kalkfreien Bildung, welche unter dem Namen des Ge- schiebelehms bekannt ist. Der dem Geschiebemergel auflagernde obere Boden hat des- halb einen weit höheren Sandgehalt als jener und ist von wesent- lich anderm Aussehn. Er besteht aus lehmigem Sand, zum Theil sandigem Lehm, mit allen Uebergängen in schwach lehmigen Sand und Sand und hat durch den Verlust an Eisen eine gelblich graue | bis graulich weisse Farbe erhalten. Der Lehm darunter enthält entgegengesetzt mehr feinerdige Theile, mehr Thon und nament- [173] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 23 lich weit mehr Eisen und besitzt dadurch eine charakteristische Brauneisenfarbe. Im Lehm wie im lehmigen Sand und Sand oberhalb fehlt aller kohlensaure Kalk und der Verlust desselben ist für die hier vor sich gegangenen Aenderungen von wesentlicher Bedeutung gewesen. An Humus hat der an die Oberfläche tretende Theil des oberen Bodens meist eine kleine Anreicherung erfahren, sie beträgt aber meist unter ein Procent. Aber auch dieser geringe, durch Cultureinflüsse der Gegenwart wechselnd, meist nur wenig vermehrte Gehalt an Humus "ist für die Färbung des zu Tage tretenden Bodens von Bedeutung. Die an die thonige Feinerde geknüpften Verbindungen, wie einzelne Pflanzennährstoffe, sind den Veränderungen des den Ge- schiebemergel bedeckenden Bodens im Wesentlichen gefolgt. Je nach dem Verlust oder der Anreicherung an jener sind dieselben ebenfalls verloren gegangen oder angehäuft worden. Der Sand ist bei diesem Uebergange von der Diluvialzeit zur Gegenwart vielfach nach den tieferen Stellen verschwemmt, zum Theil auch in Form von Dünenkuppen an einzelnen Stellen angehäuft worden. An den Abhängen oder in den flachen Ein- senkungen des Geschiebemergels findet man deshalb in der Regel eine stärkere Sandschicht, in der Nähe der aus Geschiebemergel bestehenden höheren Stellen noch mit lehmigem bis schwach leh- misgem Sand bedeckt. An den steilsten Stellen des Geschiebemer- gels ist dagegen der lehmige Sand zum Theil ganz weggewaschen und der Lehm tritt zu Tage. Wenn. auch dieser fortgeschwemmt ist, so beobachtet man den Mergel an der Oberfläche. Es ist letzteres jedoch ein nicht häufiger - Fall. Die Niveaukarte mit ihren verschiedenen, durch bestimmte Horizontaleurven bezeichneten höheren und tieferen Terrains er- giebt so Uebereinstimmung in den Resultaten naturgesetzlicher Einflüsse, welche in der angegebenen Weise zu erklären sind und welche bis zu gewissem Grade in der Gegenwart noch fortdauern. Das Alluvium als Produkt gegenwärtiger Bildungsthätigkeit ist in dieser Weise seiner Zusammensetzung nach bedingt von den benachbarten Distrikten, welche das Material dazu liefern, 24 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [1 7 4] Es hängt mit diesen Erscheinungen zusammen, dass in den tieferen Terrainstufen, besonders in der Stufe 100 — 150 Fuss, der Sand stark vertreten ist, an den tiefsten Stellen vielfach noch überlagert von Torf und Moor oder von Wiesenkalk oder von beiden übereinander und vereinzelt gefärbt durch fuchsbraunen humushaltigen Eisenocker. Die im Wiesenkalk und Moorkalk vielfach vorkommenden Kalkschalen von Conchylien deuten an, woher dieser Kalk zum Theil stammt, nämlich auf den Einfluss von Organismen, welche den Lösungsprocessen des Wassers gegenüber ständig auf Aus- scheidung des Kalks hin wirken und worunter auch Pflanzen, be- sonders Charen, oft eine wichtige Rolle spielen. Andererseits kann der Kalk, welcher ın den kalkführenden höheren Terrains, in dem Mergel und Diluvialsand, durch Kohlensäure in Lösung geht, in den Niederungen auch durch unorganische Einflüsse, wenn die überschüssige Kohlensäure entweicht, ausgeschieden werden und in ähnlicher Weise ist dies bei den durch Kohlensäure oder durch Humus gelösten Eisenverbindungen in der Tiefe nicht selten der Fall. Der fuchsbraune gemengte Thalsand, welcher in der Nie- derung in der Südost-Ecke der Karte auftritt, hat das ihn fär- bende Eisen auf diese Weise secundär zugeführt erhalten und schreiten derartige Processe periodisch im Untergrunde noch fort. Sowie im Torf die organische Masse von Wasserpflanzen stark angehäuft ist, so ist sie andrerseits an einzelnen Stellen mit Sand vermengt und es entstehen dadurch am Rande der torfigen Niederung humose und torfige Sande. In welcher Weise diese Erscheinungen im Einzelnen auf die Lagerung und den Bestand gewirkt haben, wird aus den hier anzuschliessenden Profilen und aus gen Analysen genauer her- vorgehn. 2. Die Profile der geologischen Ablagerungen und des Bodens. 1. Die tiefen Profile. Wissenschaftliche und praktische Interessen haben dahin zu- sammengewirkt, dass die Umgegend von Rüdersdorf ausgedehnter [175] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 95 und bis zu grösserer Tiefe durch Schachte und Bohrlöcher unter- sucht worden, als es in Norddeutschland sonst meist der Fall ist. Unter den praktischen Interessen war es namentlich die Noth- wendigkeit, die Ausdehnung des wichtigen Kalksteinlagers unter der Diluvialdecke für die Ausbeutung nachzuweisen und die Er- schliessung des geschiebefreien Thonmergels in der Umgebung des Stienitzseees für die Ziegelindustrie, welche zahlreiche dieser Arbeiten veranlasst haben. Unter diesen tieferen Aufschlüssen sind nachstehende beson- ders bemerkenswerth. Sie sind der Eck’schen Arbeit entnommen. Abgesehen von den Bohrungen auf Ziegelthon in der Nähe des Stienitzseees durch Herrn Oppenheim sind sie sämmtlich durch die Bergbehörde ermittelt worden. 1, Profilim Alten Grund unterhalb des Arnimsbergs. Röthvorkommen westlich des Kalkgrabens, durch Schacht und Bohrloch nachgewiesen. 5 Fuss 6 Zoll Sand, 414 - 3 - blauer Thon und Letten mit einzelnen Gypslagen. 2. | ®. Profilam Westabhang des Schulzenbergs. Im Hauptbohrloch I 1826 aufgeschlossen und 79 Fuss über dem Kesselsee angesetzt. 4 Fuss — Zoll Dammerde, 455 - — - blauer Muschelkalk (unterer Wellenkalk) (Fallen 15 Grad), 34 - — - schwache Kalksteinlagen und graue Thonlagen (Mergel?) wechselnd, nach unten überwie- send Thon (Uebergang zum Röth), 55 - 6 - graublauer und blauer Thon, Letten und Schiefer, (Mergel?) oberhalb mit einer festen Kalk- steinlage von 1 Fuss 6 Zoll, unterhalb mit Gyps, Be 9 >. fester Gyps, 205 Fuss 3 Zoll, 26 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [1 7 6] 3. Profil des Hauptbohrlochs LI. 1827 in 106 Lachter Entfernung von Hauptbohrloch I gegen Süden und 83 Fuss über dem Kesselsee in Angriff genommen. 52 Fuss 27, = 30 - 103 - 450 - 957 Fuss — Zoll Diluviallehm (Mergel?) mit einigen Sandstreifen, oben gelb, unten grau, — - blauer Thon mit thonigem Kalkstein (Röth), 6 - fester Gyps (Fallen 12—15 Grad), 4 - blauer und rother Mergel, zum Theil mit Gyps, zum Theil wie blauer, fester Kalkstein, - fester Gyps, - blaues, festes Gestein, - sehr fester Gyps, - blauer Kalkstein? 1 2 11 - blauer Mergel mit Salzspuren, 8 022 Sıyps; 7 - rother, blauer und bunter Thon und Thon- mergel (wahrscheinlich Beginn des eigent- lichen Buntsandsteins), 4 - rother, grauer und blauer Thon und Sandstein, zum Theil thoniger Sandstein, mit einigen Rogensteinlagen, 2 Zoll. 4 Profile auf dem Muschelkalk in der Nähe des — Fuss Glen Bi 21 Fuss — Fuss ne Lo - 22 Fuss Arnimsbergs. a. Schacht 6 der Karte. 6 Zoll Dammerde, — - Sand, — - verwitterter Kalkstein, 6 - Kalkstein, — Zoll. b. Schacht 7 der Karte. 6 Zoll Dammerde, 6 - verwitterter Kalkstein, 6 - Kalkstein, 6 Zoll. [177] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. d: Profile nordwestlich vom Muschelkalk. a. in der Nähe des Wetterschachts, Schacht 15 der Karte. 3 Fuss — Zoll Sand, 19 - — - Thon und blauer Letten mit Kalkstein, 5b - — - Kalkstein, 27 Fuss — Zoll. db. in der Nähe des Wetterschachts, Schacht 16 der Karte. 4 Fuss 6 Zoll Sand, 10 - 6 - Geschiebemergel, 2 - — - Kalkstein, 17 Fuss — Zoll. c. in der Nähe der Tiefbaueisenbahn, Schacht 19 der Karte. 11 Fuss — Zoll Kies, 8 - — - thoniger Letten, 13 - — - Kalkstein, 32 Fuss — Zoll. d. in der Richtung nach Tasdorf zu, Schacht 22 der Karte. 6 Fuss — Zoll Sand, 15 - — - loser Kalkstein, T - — - Kalkstein, 28 Fuss — Zoll. 6. Profil nördlich vom Muschelkalk, nach dem Paddenluch zu. Schacht 34 der Karte. 3 Fuss — Zoll Sand, 17 -.— - verwitterter Kalkstein, 6 - — - Kalkstein, 26 Fuss -— Zoll. 28 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [17 8] 7. Profile nordöstlich vom Muschelkalk, nach Vorwerk Rüdersdorf zu. a. Schacht 37 der Karte. 8 Fuss — Zoll Sand, 15 - — - Geschiebemergel, 6 - — - Kalksteın, 297 Russ — Zoll: db. Schacht 38 der Karte. 3 Fuss — Zoll Sand, 3 - 3 - Geschiebemergel, 4 - 6 - Kalkstein, 10 Fuss 9 Zoll. c. Schacht 40 der Karte. — Fuss 6 Zoll Sand, 45 - 10 -. Greeschiebemergel, incl. einer Sandschicht von 1 Fuss, Kalkstein. 8. Profile nordöstlich vom Muschelkalk, nach dem tiefen Thal zu. a. Schacht 41 der Karte. 2 Fuss — Zoll Sand, 388 - — - Geschiebemergel, unterhalb schwarz, 4 - — - Kies und Sand, 44 Fuss — Zoll. b. Schacht 42 der Karte. 1 Fuss 6 Zoll Sand, 56 - — - Geschiebemergel, zum Theil sandig, unterhalb als schwarze Erde bezeichnet, — - 6 - grauer Sand, — - 6 - Kalkstein, 58 Fuss 6 Zoll. [179] I. 5 Fuss — Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 29 c. Schacht 43 der Karte. Zoll Sand, Geschiebemergel (darin eine Sandeinlagerung von 5 Fuss), unterhalb als schwarze Erde und grauschwarzer Letten bezeichnet. (Ge- schiebefreier Thonmergel?) Kalkstein. d. Schacht 44 der Karte. 1 Fuss 4 Zoll Sand, 4 m .- 8 16 Fuss 4 3 Fuss — 12 ee 2, 28 Fuss — Zoll. Geschiebemergel, Sand mit Kies, Kalkstein, e. Schacht 45 der Karte. Zoll Sand, - Geschiebemergel (incl. 1 Fuss Sand), Zoll. Kalkstein, 9 "Profile östlich vom Alvensleben-Bruch. a. Schacht 47 der Karte. 2 Fuss — Zoll Sand, 4 - 8 5, ee 3: - 4 14 Fuss — Zoll. Geschiebemergel, Sand mit Kies, Kalkstein, db. Schacht 48 der Karte. 2 Fuss 8 Zoll Sand, 24 - — Di, 4 Geschiebemergel, Kalkstein, 32 Fuss — Zoll. 30 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [1 80] c. Schacht 52 der Karte. 1 Fuss 4 Zoll Sand, 25 at Geschiebemergel, zum Theil mit viel Sand, 7 - . —. - verwitterter Kalkstein, 6. -2..72..> ‚Kies, zen 10. Profile an der Südseite des Muschelkalks zwischen Colonie Alte Grund und Colonie Hinterberge. a. Schacht 1 der Karte. 26 Fuss 4 Zoll Geschiebemergel (incl. Lehm), 22 - — - Kies und Sand mit einer 6zölligen Lehmschicht, 48 Fuss 4 Zoll. b. Schacht 3 der Karte. 10 Fuss — Zoll Kies und Sand, 16 - — - Geschiebemergel, 8 - — - Kies und Sand, 34 Fuss — Zoll. 11. Profil am Wege von Tasdorf nach Grünelinde. Bohrloch 17 der Karte. — Fuss 6 Zoll Ackererde, 8 - 6 - Diluvialsand, meist gelb und mit nordischen Geschieben, 3 - . — - unterer Geschiebemergel, braun und grau und mit grossen Geschieben, nebst einer 9 Fuss starken Einlagerung von gelbem, lettigen Sand und Kies, 739 - 6 - Diluvialsand, meist grau, zum Theil mit kohligen Beimengungen und Bernstein, ein kleinerer Theil (8 Fuss) mit Geschieben, 19 -.— - grauer, kalkhaltiger Septarienthon (unterhalb 1 mit Eisenkies und Nucula Chastelii Nyst.), 64 - 10 - rother und grüner Mergel (Keuper?) mit Eisen- kies, Gyps und Kalkspath, 210 Fuss 4 Zoll. [181] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 31 Profil nordwestlich von der Schäferei Tasdorf. Bohrloch nordwestlich vom Stienitzsee, etwas jenseits der Karten- grenze auf Section Alt- Landsberg. — Fuss 6 Zoll Ackererde, 5 - 6 - oberer Geschiebemergel, 14 Fuss 6 Zoll feiner gelber Sand, 2°" 2 — - gröberer gelber Sand, isn, Diluvial- 12 — - Kos en Gra- sand nit, Kohlenstück- chen u. s. w.), 24 - — - unterer Geschiebemergel (grau), 16 Fuss — Zoll feiner grauer Sand, 5 — - grober grauer Sand mit Kies, 34 — - feiner grauer Sand, 6 — - grober, grauer Sand mit Kies, 9 — - feiner, grauer Sand, 4 6 - grober, grauer Sand eh mit Greschieben, BEE. Kilemas 18 6 - feiner, grauer Sand, andhb 3 7 - grauer sandiger Thon, 4 7 - feiner,grauer Sand mit Kohlenstückchen, — 9 - Lignit (Braunkohle), 14 1 - feiner, grauer Sand, 4 — - grober, grauer Sand, 17 — - feiner, grauer Sand mit Granitgeschieben, BD) Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. 1 82] 8 Fuss — Zoll grauer, sandiger Thon u. thoniger Sand, 2 - — - schwarzer Thon mit kohligen Theilen und kleinen Ge- schieben, 6 - — - grauer, fetter Thon mit Eisenkies, 170 Fuss — Zoll Geschiebe- | 9 - — - grauer,sandiger Thon, freier u. thoniger Sand, Mergel 8 =, 9 =Morauer Sand) mal nee weissem Glimmer, dig u. mit | #2 - — - grauer,sandiger’Thon, einzelnen | 8° - 3 - grauer, fetter Thon, kleinen Geschie- feinglimmrig, kalk- Den) haltig, 82 - — - grauer, thoniger Sand, 48 -,56 - grauer /I'hon, 3. - 6 - feiner, grauer, glımm- riger Sand, 7. -u5— - grauer, kalkhaltiger Thon mit Kreide- \ brocken, RE d - — - Kies(Feuersteinu.s.w.), 35h ZUMINEHE & Dame 30 - 6 - grauer, grober, scharfer sand Sand, 105 - 6 - grauer, sandiger Thon und Thon, meist mit Braunkohlenstückchen (wahrscheinlich noch geschiebefreier Mergel), 507 Fuss — Zoll (über 300 Fuss unter dem Spiegel der Ostsee). [183] > Russ 107 362 22 61 167 Fuss Fuss illle Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 33 118, Profil westlich von Rüdersdorf. Bohrloch 18 der Karte. 8 Zoll Ackererde, 18! 5) 6 No) 2 8 - lehmiger Sand mit Geschieben, - feiner, gelblichgrauer Sand mit Geschieben, - grauer, „lettiger Sand“ und „sandiger Letten“, zum Theil mit Kohlenstücken u. Geschieben (Mersgel?) - grober Kies, - - grauer, „lettiger Sand“ mit Geschieben, - meist feiner, grauer Sand, zum Theil grober Sand und Kies, - unterer Geschiebemergel, - meist Kies, oberhalb feiner, grauer Sand, - grauer, fetter, geschiebefreier Thon (Glindower Thon) (Thonmergel?), - grauer Sand, zum Theil etwas lettig, - grauer, plastischer Thon, Zoll. u Profil östlich von Hortwinkel. Bohrloch 19 der Karte. - Zoll feiner, hellgrauer Sand, - röthlichbrauner Sand mit Kohlentheilchen, - Kies, - feiner, bräunlicher Sand und Schwimmsand, - grauer, „lettiger Sand“, - feiner, grauer Triebsand, - grauer, „sandiger Letten“ (unterer Geschiebe- mergel), Zoll. 34 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. ® 84] ; 1:5: Profile östlich von Gut Rüdersdorf am Mastpfuhl. (Durch Herrn Oppenheim.) a. Bohrloch 50 der Karte. 35 Fuss — Zoll gelber Sand, — - — - grauer Thon (Thonmergel). db. Bohrloch 48 der Karte. 12 - — - gelber Sand, 2 - 6 - Lehm (Mergel?) - 6 - gelber Sand, 10 - — - . Lehm und Thon, 12 -.— -. magerer Thon, Th l 45 - — - schwarzbrauner Letten, 1 - — - grauer, kiesiger Sand, 88 Fuss — Zoll. c. Bohrloch 49 der Karte. 7 Fuss — Zoll grauer Sand, — - 6 - gelber Sand, — - 6 - Lehm, 32 - — - Thon (Thonmergel), 40 Fuss — Zoll. 16. Profile südöstlich von Gut Rüdersdorf. . a. Bohrloch 37 der Karte. 12 Fuss — Zoll gelber Sand, = 6 - magerer Lehm, 872.62 gelber Sanak 10 - — - Lehm (Mergel?), 6 =, 62 - Schluff, 88 Fuss 6 Zoll. db. Bohrloch 38 der Karte, im Mastpfuhl. 5 Fuss — Zoll Torf, 39 - — - Schwimmsand. [185] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 35 7% Profil nördlich von Gut Rüdersdorf. Bohrloch 25, im Stienitzsee. 3 Fuss — Zoll aufgefüllte Erde, 2 - — - blaugraue Erde mit Muscheln, 1 - — - Torf, u 77 6° blauer Schlaf, \ Ber - \'gelber Thon, u 222775 Schlut Be Zhlauer Thon, h i R ; et geschiebefreier Thonmergel, 10 - — - grauer Schluf, 15 - 6 - blauer Thon, l - — - grauer Schluff, 22 - 6 - blauer Thon, 2 - 6 - blauer, scharfer Sand, 83 Fuss 6 Zoll. Die angegebenen Profile zeigen den grossen Wechsel im Auf- treten der geologischen Bildungen im Grund und Boden der Rüders- dorfer Umgegend, sie erweisen namentlich auch, wie thonreich die Gebilde sind, welche in früheren Erdperioden auf dem Boden der jetzigen Mark Brandenburg abgelagert wurden. Der Sand- reichthum der Oberfläche und ihres näheren Untergrundes con- trastirt damit in hohem Grade. Es ergiebt sich ferner, dass krystallinische Feldspathgesteine, Kreide, Feuerstein und Braunkohlenstückchen wie nahe der Ober- fläche, so auch bis zu grosser Tiefe auftreten. Die Aufschlüsse östlich vom Alvensleben- Bruch erweisen, dass der Muschelkalk nördlich Rüdersdorf im Untergrunde bis zum tiefen Thal fortsetzt. gr 36 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens En 1 86] 2. Die flachen Proäle Um die näheren Beziehungen des oberen Bodens zu den geolo- gischen Grundlagen klar zu legen und über Gesetzmässigkeit und Unregelmässigkeit in dem Auftreten desselben ein bestimmtes Bild zu gewinnen, ist eine grössere Zahl von Profilen bis zur Tiefe von 1,6 Meter aufgenommen, mehr als es sonst bei geognostisch- agronomischen Kartirungen als nothwendig erscheint. Es sind zu diesem Zwecke namentlich in einem Bezirke nördlich vom Dorfe Rüdersdorf eine grössere Anzahl von Bohrungen in regelmässig- quadratischem Abstande von 20 preussischen Ruthen (75,32 Meter) und an bestimmten, durch Messung festgestellten Punkten aus- geführt worden. In dem übrigen Theile der Karte sind die Bohrungen je nach Bedürfniss, namentlich mit Bezug auf die grössere Ilegelmässigkeit oder Unregelmässigkeit des Vorkommens, zum Theil auch nur mit dem Stockbohrer angestellt. Durch die Untersuchung zahlreicher offener Aufschlusspunkte wurde nachgewiesen, dass der nahe an die Oberfläche tretende Geschiebemergel unter dem oberen Boden fast überall eine dünne sehr unregelmässige Lehmdecke von 0,3 — 0,6 Meter, selten von grösserer Mächtigkeit trägt. Die Bohrungen wurden deshalb da, wo der Geschiebemergel den näheren Untergrund bildete, meist nur bis zur Constatirung dieses leichtkenntlichen Lehms fortgesetzt. Der gewöhnliche Handbohrer giebt in vielen Fällen eine völlig aus- reichende Uebersicht. Nachstehendes sind die Ergebnisse der in dieser Weise ange- stellten Ermittelungen. Das Normalprofil des Geschiebemergels ist LS (dehmiger Sand), L (Lehm), M (Mergel) und ist an offenen Aufschlusspunkten der tiefbraune kalkfreie Lehm mit dem meist weisslich grauen, oberhalb durch Humus gefärbten lehmigen Sande darüber leicht vom Mergel zu unterscheiden. Das Profil tritt in dieser Weise nördlich und südlich von Dorf Rüders- [187] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 37 dorf sowie südwestlich von Tasdorf charakteristisch auf, stellen- weise mit sandigem Lehm statt des lehmigen Sandes. Nachfolgend sind auf dem Geschiebemergel an den bezeich- neten Stellen am häufigsten das Profil: 15 Su (Sand), L (nel 059) M und nach diesem die Profile: S S LS und L Mr IN M Das Einzelne sowie die Mächtigkeit (in Deeimetern) geht aus nachstehender Uebersicht hervor. a. Die Bodendecke des Geschiebemergels und Geschiebelehms nördlich von Rüdersdorf, nahe am Orte. Zahl der erbohrten Profile: Lehm zu Tage . . ee De Profile Lehmiger Sand über ehe DR CRE 32 = Lehmiger Sand über Sand über a resp. lelnmeentsands. Zu 0 un. 2 722 - Sand über Lehm . . . N Eee - Sand über lehmiger Sand ee Ki - 72 Profile. Die durchschnittliche Mächtigkeit für die Bodendecke be- trägt für: e incl. SL 6,7 dem. Z = | ne 3 dem. M Einel. LS M S 9,7 deı zusammen 11,1 dem. m ” [3 b) SE . L M M 38 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [188] b. Die Bodendecke des Geschiebemergels und Ge- schiebelehms östlich vom tiefen Thal an der Berlin- Müncheberger Strasse. Zahl der Profile: - Mergel zu, lage... .®@. us De ao Jüehmazur Masern: SR NEE Lehmiger Sand, zum Theil ED De ne Dr ag, ae Lehmiger Sand über Sand über Lehm resp. leh- miger Sand "an ea un a ee Sand über Lehm . . . I Sand über lehmiger Sand Di Ibaken eh ee SO Mergel (?) über Sand über Lehm ra Zn ee Tiefer Sand (über 16 Decimeter mächtie) . .. . 1 —_ 75 Profile. Die durchschnittliche Mächtigkeit für die Bodendecke beträgt: 2 incl. SL 1,2 dem. Ene. 9,4 dem. Ju PS ne M L inel. LS M S 4,6 Ss 7,6 dem near zus. 9,0 dem. SE "7 M M c. Die Bodendecke des Geschiebemergels und Ge- schiebelehms westlich von Hortwinkel, zwischen Rü- dersdorf und Königliche Rüdersdorfer Forst. Zahl der erbohrten Profile: Lehm zu Tage . . ee Bronil Lehmiger Sand, zum Theil Be Tnetins uhr Lehm 26 - Lehmiger Sand über Sand und Kies über Lehm resp. lehmiger Sand . . . ner Sand über lehmiger Sand über De a u De 36 Profile, [189] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 39 Die durchschnittliche Mächtigkeit für den lehmigen Sand über Lehm beträgt: LS incl. SL 6,5 dem. a M und hat auch hier die Ein- und Ueberlagerung von Sand und Kies die Erhöhung der Mächtigkeit der Bodendecke um einige Decimeter zur Folge gehabt, wie es bei dem Geschiebemergel un- ter a. und b. bereits zahlenmässig nachgewiesen ist. LS > Die Profile = und ee werden also L inel. LS M M gegenüber dem Normalprofil n u und mit Bezug auf die M Horizontalebene von einem Sinken des Lehmuntergrundes begleitet. Berücksichtigt man, dass die erstgenannten Profile gegenüber dem Normalprofil vielfach an etwas tiefer liegenden Stellen auftreten, so ergiebt sich daraus, dass der Lehm- und Mergeluntergrund der- selben rascher fällt, als dem Niveau der Oberfläche entspricht. Ist die thonige Feinerde dem oberen Boden mehr verloren gegangen, so findet man auf dem Lehm des Geschiebemergels statt lehmigen Sand (LS) schwach lehmigen Sand (LS) und ge- mengten Sand (G S) und im Uebrigen ähnliche Profile, wie sie vorher bereits angegeben sind. Namentlich für die flachen Ein- senkungen in der Umgebung des Geschiebemergels resp. bei stär- kerer Bodendecke auf demselben ıst das Profil: IS Kar amel. ns | M | ein häufiges, wobei der Lehm auch stellenweise fehlt. In weiterem Abstand vom Geschiebemergel, bei steileren Ab- fällen auch in geringer Entfernung davon geht daraus das Profil S EZ M 40 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [190] und bei mächtigerer Sanddecke oder bei völligem Verschwinden des Mergels das tiefe Sandprofil: S resp. 4 hervor. Die Gegend westlich von Gut Berghof, westlich und nördlich von Tasdorf und östlich und westlich von Rüdersdorf und Hortwinkel bietet dafür charakteristische Beispiele. In ähn- licher Weise vollziehen sich überhaupt in der Regel die Ueber- gänge in den Profilen von dem höheren Mergelterrain nach den tiefer liegenden und sandreicheren. Distrikten ihrer Umgebung. So besteht zum Beispiel die höchste Erhebung bei Dorf Rü- dersdorf aus Geschiebemergel und das normale Bodenprofil des Mergels tritt daselbst charakteristisch auf. Der Ort Rüdersdorf liegt an dem südöstlichen Abfalle dieser Ablagerung, während sich westlich der Mergel auskeilt und mächtige Kies- und Sandmassen zu Tage treten. Der Geschiebemergel wird schmaler bei seinem weiteren Verlauf nach Südwesten hin und verliert sich mit tiefer- werdendem Niveau unter einer Sandbedeckung, woraus er sich noch in einzelnen Hügeln heraushebt. Diese aus dem Sande her- vortretenden Erhebungen des Diluvialmergels kommen auch an andern Stellen der Karte, zum Beispiel bei Gut Rüdersdorf, einzeln vor. Auf dem Geschiebemergel westlich Hortwinkel mit ebenfalls erhöhter Lage (bis 257 Fuss) ist gleichfalls das Normalmergel- L profil nn typisch vertreten. M Vergleicht man damit die tieferen muldenartigen Einsenkungen, so zeigen sich ganz andere Profile. Der Sand ist daselbst in der Regel erheblich angehäuft, oft in grösserer Mächtigkeit, und nimmt allmählig ab, sowie man sich dem ansteigenden Plateau des Dilu- vialmergels nähert. An den flachen Abfällen dieses Plateaus schiebt sich zunächst eine flache Sandschicht zwischen den oberen leh- migen Sand und den Lehm oder Mergel ein, dieselbe wird mit grösserer Tiefe stärker und stärker, der auflagernde Boden wird 91] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 4] feinerdeärmer und so geht das Lehm- und Mergelprofil allmählie in das Sandprofil über. | Sehr schön ist diese Erscheinung auch bei dem Mergel süd- westlich, sowie nordwestlich und westlich von Tasdorf zu beob- achten. Der jetzige Rüdersdorfer Bahnhof liest auf dem Geschiebe-. mergel südwestlich von Tasdorf, auf einem Terrain, welches durch die Horizontale von 170 Fuss Höhe bezeichnet wird. Nach den sandigen Distrikten im Nordwesten dieses Mergels hin verläuft die Bahn über einen Damm und kommt nördlich der Berliner Strasse, sowie sie den dortigen Geschiebemergel durch- schneidet, wieder in einen Einschnitt. Die kleine Erhebung des Geschiebemergels daselbst liegt ebenfalls in der Horizontalen von 170 Fuss und der Ort Tasdorf befindet sich seitlich ın der flachen Einsenkung zwischen den genannten beiden Mergelerhebungen am Rande des Mühlenfliessthals und des sich früher weiter er- streckenden Stienitzsees, in einer Höhe einige Fuss tiefer als 170 Fuss. Es erklärt sich daraus das Profil in der Nähe der Tasdorfer Kirche, in einer absoluten Höhe von 168 Fuss: L S 4 Decimeter über gs 4 - - Ss 10 - - _M (Geschiebemergel.) In weiterem Abstande westlich geht dies Profil in der Höhe von 165 — 160 Fuss in nachstehende Profile: 1S 6 Decimeter über "SE - - SD - - CHR sowie in die tieferen Sandprofile über. Wo der Sand in Erhebungen und Kuppen ‘ursprünglich dem Lehm und Mergel aufgelagert ist, tritt das letztgenannte Profil auch in hoher Lage äuf. Der aus Sand und Kies bestehende Hügel südlich von Vorwerk Rüdersdorf kann als ein ausgezeich- netes Beispiel dienen. Dasselbe ist der Fall, wenn der Sand in 42 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [1 92] Form von Dünen auf dem Plateau des Geschiebemergels an- gehäuft ist. Vorstehendes mag als ein durch die Profil- und Niveauauf- nahme erläutertes Beispiel für diese in Norddeutschland so ausser- ordentlich häufigen Thatsachen dienen. Besondere Erscheinungen treten auf, wo der Geschiebemergel ursprünglich in geringer Mächtigkeit an der Oberfläche abgelagert ist, wie östlich von Alvensleben-Bruch über Kalk. Indem hier stellenweise die Entkalkung des Geschiebemergels eine vollständige gewesen, so ist daraus das Profil LS Fa Ka hervorgegangen. Schreitet die Entthonung noch weiter nach unten hin fort, so bleibt vom Geschiebemergel nichts wie LS übrig. Bei dem oberen Geschiebemergel am Eisenbahneinschnitt nordwestlich von Tasdorf, wo derselbe in geringer Mächtigkeit dem Diluvialsand auflagert, ist der grösste Theil desselben ober- DANS halb in IE übergegangen und unterhalb nur ein geringer Theil 4 des Mergels über dem kalkhaltigen Diluvialsand übrig geblieben. Wo Dünen in der Nähe des Geschiebemergels vorhanden sind, wird der bessere Boden des letztern noch jetzt mit Flugsand überlagert und es geht ein wesentlich anderes Profil daraus her- vor. Der Boden nordwestlich von Woltersdorf zeigt davon be- merkenswerthe Beispiele. Ueber dem besseren lehmigen Sand und schwach lehmigen Sand des Geschiebemergels lagert hier reiner Sand und um so mehr, je länger dieser Process fortdauert. Eine besondere Beachtung verdienen noch die Bodenarten des Königlich Rüdersdorfer Forsts, vorzugsweise diejenigen östlich vom Kalksee oberhalb des in der Tiefe auftretenden Geschiebe- mergels. Es ist hier im oberen Boden in mannigfaltigem Wechsel Sand und Kies, stellenweise mit lehmigen Einschwemmungen ab- gelagert und an einigen Stellen kommt der lehmige Sand des Ge- schiebemergels zu Tage. Der sich durch hohen Kalkgehalt aus- zeichnende grobe Kies tritt dabei oft nahe an die Oberfläche, [193] II. Die geognostischen und pedologischen Verhältnisse. 43 Die nachstehende Uebersicht über die hier ermittelten Profile, denen die Mächtigkeit der einzelnen Bodenarten in Decimetern beigefügt ist, wird dies näher erläutern. Profile des Königlichen Rüdersdorfer Forsts östlich vom Kalksee. 1. Tiefes Sandprofil. S1l66 — 816 2. Sand und Kies über lehmiger Sand und Kies, zum Theil Mergel. S 12 Ssıl K10 Ss 10 S9 S5 Ts ISK5. E86 - SE5 " TLR3 M 3. Lehmiger Sand und schwach lehmiger Sand über Sand und Kies, zum Theil über Lehm und Mergel. 155 1S4 £gS5 LS4 Sad LS15 mern) 510.) Sı n.SKE Vi 85. eS6 15 3 LS5 SA BER N LS. 180 = IK SKE so M 4. Schwach lehmiger Sand, lehmiger Sand und Lehm. oa 153 10358 1S 14 S7 me osKe6 7 SL5 us. SL2 183 Er 1S6 Ban Io 2 zB El Die Unregelmässigkeit wird noch vergrössert durch die eigen- thümlich kuppig-wellige Beschaffenheit des Terrains, wie es aus den Horizontalcurven der Karte hervorgeht. Es sind hier die höchsten Punkte, welche im Gebiete der Karte vorkommen. Den genannten Profilen mag das in einer Einsenkung mitten zwischen Flugsandkuppen und ebenfalls in höherem Niveau be- findliche Profil vom Eichberg südwestlich Woltersdorf noch an- gereiht werden: 3.8 SEN 44 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodensete. [194] Der Einfluss der gegenwärtigen Bewurzelung, welcher im Bestande des Waldbodens praktisch eine sehr wichtige Rolle spielt, ist hierbei nicht berücksichtigt worden. Die Alluvialprofile der Niederung sind folgende: G S gemengter Sand (zum Theil fuchsbrauner Ockersand) über : S Sand. 9 HS Humoser Sand über rs Sand.- „10 Tu a 7ER Sand. 4 S Sand über To Torf und Moor. Hu M Humusmergel (Moorkalk ) über To Torf und Moor. W Ka Wiesenkalk über To Torf und Moor. Während in der Thalniederung ım Südosten der Karte auf einer kleinen Stelle derselben Thalsand auftritt und die Ober- krume ganz schwache staubige Beimengungen von Eisen, Thon und Humus enthält, so ist im grössten Theile der Thalniederung Torf und Moor über Sand, zum Theil mit Wiesenkalk und Humus- mergel stark vertreten. Will man hier zwischen dem älteren und jüngeren Alluvium unterscheiden, so gehört das zuerst genannte Profil der älteren, die nachfolgend genannten fast sämmtlich der jüngeren Bildung an. Am Stienitzsee zeigt sich auch, wie durch die Bewegung des. Wassers Sand einzeln dem Torf aufgelagert wird, wie es künst- lich am Kalkgraben im Alten Grund zur Erhöhung der torfigen und feuchten Niederung für Zwecke der Gartencultur geschieht. Die Besprechung des letztern entzieht sich aber der geologischen Würdigung der Bodenprofile und gehört in einen andern Abschnitt, [195] IIT. Analysen. 45 Il. Analysen. In der nachstehenden Uebersicht sind die der Eck’schen Arbeit entnommenen Analysen der Triasgesteine vorangestellt. Sie sind meist im Laboratorium der Königlichen Bergakademie unter Leitung des Herrn Professors Finkener ausgeführt. Einige andere Untersuchungen über verschiedene zur Zucker- fabrikation verwendete Kalksteine von Rüdersdorf sind hinzugefügt. Die sich anschliessenden analytischen Untersuchungen über die jüngeren Schwemmlandsgebilde und die dazu gehörigen Boden- arten sind sämmtlich mit Ausnahme der chemischen Analyse des geschiebefreien Thonmergels (Glindower Thon) vom Stienitzsee im neu eingerichteten pedologischen Laboratorium der Königlichen geologischen Landesanstalt angestellt und werden hier zuerst ver- öffentlicht. ! 46 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [196] 1. Die chemischen Analysen der Triasgesteine. (Obere Abtheilung.) A. Buntsandstein. (Analytiker: Rudeloff.) Die Gesteine des Röth oder Bunten Mergels. In kochender Salzsäure löslich Fundort : Name undor Klee Ma Kal säure pÜt. pCt. pCt. 8,81 ent- Grüner nahe der D dolomitischer Giesen- 8,23 6,02 Mergel*) schlucht N 10,49 ent- Rother . > dolomitischer | Giesen | a7 | 5,08 Prsonend nn Dolomit Gelber } 36,00 ent- mergliger Hennig ‚sche 91,42 15,88 sprechen OR Mergelgrube 76,94 Dolomit Se) nn Grüner : 17,32 ent- Dem emhe| u | mmis. Mryshnd a a Dolomit 38,12ent- | 2,73 ent- Mersliger Giesen- sprechend |sprechend 39.99 Kalkstein schlucht 68,07 5,73 » CaCO, |MgCO, *) Grüner dolomitischer Mergel. Analyse des in Salzsäure unlöslichen Rückstandes: Natron Glühverlust Kieselsäure Thonerde 60,78. 24,0% 7 Kalkerde 0,35. Magnesia 3,05. Kalı 3,74. Thon- erde u. Eisen- oxyd pCt. 9,33 11,72 2,26 11,85 3,26 1,10. In kochender = Salzsäure unlösl. re) (®) 54,90 20,57 40,96 20,16 6,70. Glühverlust excl. Kohlensäure © ro) FF — Re) a a 7,28 6,05 2,07 Snake [197] III. Analysen. 47 Die Analyse des in kochender Salzsäure unlöslichen Rück- standes vom grünen dolomitischen Mergel aus der Nähe der Giesen- schlucht ergiebt viel Kalı und lässt auf einen hohen Gehalt an Kalıfeldspath und Kaliglimmer schliessen. Für den zur Zeit in der Giesenschlucht anstehenden rothen Thonmergel ist im pedologischen Laboratorium noch eine Bestim- mung der Kohlensäure und Phosphorsäure gemacht und ergab in genügender Uebereinstimmung mit den früheren Untersuchungen ım Mittel von 2 Bestimmungen (8,15 und 8,48) 8,31 Procent Kohlensäure, ferner an Phosphorsäure 0,097 Procent. 48 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. 1 98] B. Muschel a. Unterer Name Blauer, mergliger Kalkstein Blauer Kern eines Kalksteins (Schaumkalk) Gelbe Verwitte- rungskruste des vorigen Oolithe aus Schaum- kalk Verwitterungsmehl der vorigen Gelber, dichter, mergliser Kalkstein (obere Abtheilung mit Myophoria orbi- Kundor: I ı Oberste Schicht des unteren Wellenkalks | im Alvenslebenbruch Tiefbau, Taube Lage daselbst | Tiefbau und Alvenslebenbruch daselbst Tiefbau In kochender Salz Kalkerde pCt. 45,54 entsprechend‘ 81,32 CaCO, 52,79 entsprechend 94,27 CaCO, 28,54 entsprechend 50,96 CaCO, 94,50 entsprechend‘ 97,32 CaCO, 52,36 entsprechend 93,50 CaCO, 48,46 entsprechend 86,53 CaCO, Magnesia pCt. 2,43 entsprechend 5,10 Mg 00, 1,56 entsprechend 3,27 M5CO, 19,70 entsprechend 32,95 Mg CO, 0,75 entsprechend 1,57 Mg CO, 0,61 entsprechend 1,25 Mg CO, 1,52 entsprechend 3,19 MgC0, ceularis) Aufschliessung mit kohlen Name Fundort Kalkerde | Magnesia pCt. | pCt. 2 2 1,46 Blauer Kalkstein Querschlag im 48,85 2 er | ee entsprechend entsprechend (unterer Wellenkalk) Heinitzbruch 86,30 Ca 00, 3,05 Mg CO, | In Salzsäure unlös- Der Rückstand licher Rückstand pCt. Schwefelsäure Schwefel Blauer Kalkstein (Schaumkalk) 1,75 2,05 3,10 gelbe Verwitterungs- kruste desselben 0,65 1,74 0,36 "s93] IIT. Analysen. 49 kalk. Muschelkalk. säure löslich In kochender | Glühverlust Salzsäure excl. 2 Kohlensäure a unlöslich Kohlensäure Analytiker pCt. pCt. pCt. pCt. 37,43 1.29 10,42 9,39 Rudeloff 42,94 0,03 Thonerde 1,51 1,26 Wiehmann 0,30 Eisenoxydul= 0,483 Carbonat 39,70 0,33 Thonerde 11,92 Wichmann 2,79 Eisenoxyd 43,34 0,27 0,59 Finkener incl. 0,31 Quarz 42,02 0,55 3,93 Finkener 37,02 1,02 8,25 3,67 Rudeloff saurem Natron Kohlensäure | Thonerde und | ve Schwefel- Analytiker und Wasser Eisenoxyd säure pCt. pCt. | pCt. 40,03 3,15 “ 5,82 = 1,64 | Brite enthält in Procenten Analytiker Eisen Kohlenstoff | Wasserstoff | Thon ete. 11,09 1.27 0,49 81,99 Wichmann 6,24 3,05 0,82 87,80 50 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [200] db. Mittlerer In kochender Salz Blauer, mergliger Dolomit Blauer, mergliger Dolomit Name Kunden Kalkerde Magnesia pCt. pPOLSER Blauer Dolomit- Eisenbahn-Ein- mergel | schnitt am Tiefbau zul Lu zelb relı D & Da Sn desgleichen 21,50 15,74 Gelber Dolomit desgleichen 28,89 18,28 ee desgleichen 26,20 17,26 Bar desgleichen 25,32 17,01 Brauner, mergliger desgleichen Dolomit *) Conchylienschicht I 15,92 Gelber, mergli } x Dolomit) desgleichen 26,87 17,71 Knauern eines zelli- ‘ € gen, mergligen Kalk- | Kriensee-Einschnitt ne ea a 2 a steins | 2 ö 2: Se n ; . 38,21 entsprechend | 7,77 entsprechend Cämentstein desgleichen 68.23 Ca CO, 16,31 Me CO, *) In der Salzsäurelösung Schwefelsäure Phosphorsäure 0,910 Spur **) In der Salzsäurelösung Kali Kieselsäure Phosphorsäure 1,10 0,74 Spur Aufschliessung mit kohlen al Huuldeiz) Kalkerde Magnesia pCt. pCt. 25,35 entsprechend | 16,42 entsprechend 46,16 CaCO, 34,47 Mg CO, Eisenbahn-Ein- schnitt am Tiefbau desgleichen 22,46 15,83 [201] III. Analysen. 51 Muschelkalk. säure löslich 2 Glühverlust In kochender Salz- a Kohlensäure ee nad g5 Sunesuno-Jich Kohlensäure | Analytiker isenoxyd pCt. pCt. pCt. pCt. 29,44 entsprechend ‚ | 61,56 Dolomit = 29,27 ag Rudelof 33,80 entsprechend ; 70,68 Dolomit 3,74 22,49 2,92 Finkener 44,35 entsprechend = e 99,74 Dolomit — 5,90 0,46 37,16 entsprechend 77,71 Dolomit le 14,16 3,50 37,2) entsprechend 5 Masse: RN 77,98 Dolomit 3,46 12,04 4,62 Bräuning 32,96 entsprechend Wasser Ce 68,93 Dolomit >23 20,79 2,88 Bräuning 0,57 11,08 nn 36,57 entsprechend ‚/ Thonerde 8,17 Kieselsäure || Wasser Bee 76,47 Dolomit 1,51 2,51 Thonerde \ 4,69 räuning Eisenoxyd 0,40 Magnesia 36,02 1,16 13,53 1,88 Rudeloff 38,46 1,67 09) 1,70 Rudeloff *##) Procentische Zusammensetzung des in Salzsäure unlöslichen Rückstandes Kieselsäure 63,10 Thonerde . Eisenoxyd 22,84 Kalkerde 0,49 Magnesia . 1 Kalı . 5,30 Natron . 1,46 Schwefel 0,37 Glühverlust 2 100,54 saurem Natron a slure uni Kieselsäure Schwefelsäure ae Auelmiles: pCt. pCt. pCt. pCt. 40,01 10,44 1,36 6,70 Bräuning . as 16,32 1,99 8,22 Bräuning As 52 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [2 02] c. Oberer Muschelkalk. (Analytiker: Hey.) In kochender Salzsäure gelöst: | ® E ® E 2#3| Procentische Thon- 2:2 tz Name Fund „son |Mien 5 8)5 2 Zungen ort | Kalkerde | Magnesia | len- |... "2312 nn: u = Eisen- 7 2 |.9,9 unlöslichen säure lass z oxyd Han Rückstandes pCt. pCt. pCt. | pCt. pCt. |pCt. Glaukoni- | Krien-| 44,14 3,99 35,35 | 0,55 |8,03|2,64 |Kieselsäure 57,45 tischer | bruch ent- ent- Thonerde S,14 Kalkstein sprechend [sprechend Eisenoxyd 9.85 (schwach 718,32 8,38 Eisenoxydul 5,74 dolo- CaCO, |MsC0, Kalkerde 0,57 mitisch) Magnesia 2,64 Kalı 3,91 Natron 0,69 Wasser 10,31 99,30 „CharakteristischeFormen des Rüdersdorfer Kalksteins“ (wahrscheimlich Schaumkalk). (Auf Veranlassung des Herrn Oberamtmann Koppe-Kienitz betreffend Darstellung von Kohlensäure zur Zuckerfabrikation untersucht.) (Analytiker: Becker.) a 3% 4. 5 pCt. pCt. pCt. pCt pCt. Kohlensaure Kalkerde.. . 96,36 96,72 89,41 69,66 94,00 - Magnesia.... IL,alz 1,32 al. 0,69 0,84 GPS 0,17 0,15 0,68 0,12 0,03 A N 0,05 0,05 0,07 0,05 0,07 ohlensaures Kali a 0,59% 036 | 05, 08, 03% Phosphorsaures Eisenoxyd . 0,04 0,08 0,04 0,06 0,04 Eisenoxyd und Thonerde . . 0,56 0,41 1,14 0,52 0,55 Sand und Thon ....... 0,88 0,66 6,72 |. 27,90 3,99 | 100,00 | 100,00 | 100,00 | 100,00 | 100,00 (Zeitschrift des Vereins für Rübenzucker-Industrie Jahrgang 1867, Seite 737.) [203] III. Analysen. 53 2. Die analytischen Untersuchungen über das Diluvium und Alluvium. Der grösste Theil der Untersuchungen bezieht sich auf das Diluvium als die räumlich wichtigste Formation der Karte wie der norddeutschen Ebene überhaupt. A. Diluvium. a. Diluvial-Sand und -Kies. Die Verschiedenheit der Körnung und des Gehalts an Fein- erde geht aus nachstehender Uebersicht hervor: Diluvial-Sand und -Kies. Mechanische Analyse. (Laufer.) 100 Theile enthalten: Kiesu. lFeinste Grand Sand Saul: Theile Kö über £ e 2 B unter we en, || | 1-0,5 05-02 0,2-0,10,1-0,05/0,05-0,02 0,02-0,01| "9.01 Kies. x Jagen 187 |68,40 29.08 0,63 0,58 Königlich Rüders- | i E Borst 9,60 2,95 6,74 | 0,37] 312 | 048 | 0.18 Sand mit Kies. Tagen 185 20,90 75,90 2,28 1,19 Königlich Rüders- ee horst 14,22 26,14, 22,60 | 0,46 | 1248 | 2,24 | 0,04 Grober Sand. Ds (1,082 96,30 0,92 0,69 Königlich Rüders- dorfer Forst 3,05 66,86, 20,94 | 110, 5,05 | 0,86 | 0,06 _ Feinkörniger Sand er Ze ap (sehr gleichkörnig) 2 unter oberem Ge- fehlt 98,25 1,9 schiebemergel. | Tasdorf W.N.W. - | — | 349 | 7772| 16,90 i Staubiger, sehr einer Sand. Wol- D) 3.52 tersdorfer Kietz, | fehlt 81,83 11,28 : Königlich Rüders- er: Borst 0,17) 0,39) 1,04 | 23,63. 59,60 54 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [204] Aus den Kiesgruben zwischen Rüdersdorfer Grund und dem Dorfe Rüdersdorf wurden 2 Proben untersucht und ergaben 3 resp. 3,6 Procent Staub und feinste Theile, der grobe Sand oberhalb des unteren Geschiebemergels am Orte Tasdorf 1,53 Procent. Die Gesteins- und Mineral-Gemengtheile des Diluvialkies und -Sand ergeben sich aus nachstehenden petrographischen Be- stimmungen: Kies und grober Sand (unter Geschiebemergel). Kiesgruben zwischen Rüdersdorfer Grund und Dorf Rüdersdorf. Petrographische Bestimmung. (Laufer.) Ueberämm D| 3-]mm D | 1-05 mm D (11,4 Procent (52,4 Procent | (24,5 Procent Körnung des Ganzen) | des Ganzen) | des Ganzen) pCt. pCt. pCt. Granit und Gneiss . Eee 16,7 1,6 Feldspath.. „Seo ee Er 15,8 II Grünstein (?) . i 5 4,4 — Kalkstein 2 SEE 15,4 12,1 Keuerstem. .. 1 2 De 16,5 4,8 Ola 24,1 29,8 61,1. Restun- Unbestimmbar 6,5 24,7 bestimmbar. 99,7 | 98,7 Vom feinen Diluvialsand daselbst wurden dieKörner 1—0,5"® D abgesiebt und von Herrn Laufer darin 15,5 Procent Feldspath und 80,2 Procent Quarz nachgewiesen. Vorstehende Untersuchungen zeigen bereits, wie der Kalk- gehalt mit dem Gröberwerden des Korns zunimmt. Genauer geht dies aus nachstehenden Kohlensäurebestimmungen hervor: Kohlensäure kohlensaurer Kalk EN pCt. pÜt. Grober Diluvial-Sand und Kies aus dem Rüdersdorfer Forst nahe Woltersdorfer Kietz .. 2,97 entsprechend 6,75 Feinkörniger Diluvialsand unter oberem Geschiebemergel Tas- dozsWaN Wer... ..02008 - 1,8. [205] Ill. Analysen. 55 In der Oberkrume ist dagegen auch bei grobem Kies und Geröll von Kalkstein resp. kohlensaurem Kalk nichts mehr wahr- zunehmen, wohl aber findet man noch conchylienhaltige Reste, welche auf früheres Vorhandensein hindeuten. Nachstehende petrographische Bestimmung ergiebt dies deut- lich und sie ist soweit nach den unteren Körnungsprodukten fort- geführt, als dies bei dem hohen Verwitterungsgrade derselben mit entsprechender Sicherheit möglich war. Sie war hier bei den Pro- dukten unter 3"% D nicht mehr ausführbar. Oberkrume vom Kies und groben Sand. Kgl. Rüdersdorfer Forst Jagen 187. Petrographische Bestimmung der Körnungsprodukte, grösser als 3 %M Durchmesser. (Wahnschaffe.) In 100 Theilen des Körnungsprodukts sind enthalten: K Fr G it Quar- Ei 2 Ausge- Unbestimm- N meld-| |. zitund | Feuer- |" | witterter | bar. (Meist und 1 Diorit/Quarz A s Con- | z]kstein | “erwitterte Bas spat San - | stein eretion Ka stein kıyst. stein (kalkfrei) | Gesteine) über 20mm D| 5540| — — — | 4160| — _ — — 020m Di 47,83 — | — = 72248 119,85 5553 4,22 6,07 310mm D| 55,46 | 7,45 | 4,00 | 6,58 | 15,22] 5,70 | 0,73 — 4,86 Von dem Siebrückstande der Oberkrume über 1 Millimeter Durchmesser betrugen die Körnungsprodukte: über 20m D 44,94 Procent 10 20 mE RAT - 3—10"m D 31,44 - und derselbe enthält demnach nach dieser Bestimmung darin zu- ‚sammen: 50,61 Procent Granit und Gneiss 2,34 - Feldspath 122,6 - Diorit 26,72 - Quarzit und Sandstein 2,07 - Quarz 56 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [206] 3,80 Procent Feuerstein 0,61 - ausgewitterter Kalkstein 1,03 - Eisenconeretion 2,41 - unbestimmbare meist verwitterte krystal- linische Gesteine. Da die Körnungsprodukte: 2—3 "m D nur 7,45 Procent und 1—2"" D nur 1,70 - des Siebrückstandes ausmachten, so vertreten die Zahlen nahezu den gesammten petrographischen Bestand. Wegen des hohen Ge- halts an Feldspath im nordischen Gneiss und Granit muss wenig- stens 4+—4 von dem Kies und Grand als aus Feldspath bestehend angenommen werden. Mit der Abnahme des Feldspaths und der Feldspath-Gesteine in den groben bis mittelkörnigen Sanden steigt der Quarz erheb- lich und in den Sanden unter 0,5 Millimeter Körnung beträgt dieser Gemengtheil meist über 80 Procent. Wenn nach den Untersuchungen von Al. Müller und OÖ. Ny- lander der Quarzgehalt des Diluvialsandes von Smaaland in Schweden bei grober und sehr feiner Körnung zwischen 23 und 40 Procent schwankt und auch bei den feinen Sanden ein hoher Silikatgehalt (6 Procent Kalı und Natron, 33—39 Procent ge- bundene Kieselsäure) vorhanden, so ist hier eine gewisse Ueber- einstimmung mit Bezug auf unsere Gegenden nur beim Kies und Grand, dieselbe dagegen beim feinkörnigen Sand nicht vorhanden. (ef. Orth geognostische Durchforschung des schlesischen Schwemm- landes S. 248.) b. Geschiebefreier Thonmergel und feinsandiger Staublehm. (Mehlsand.) Der Gehalt an Sand und Feinerde geht aus nachstehender Tabelle hervor: [207] III. Analysen. 57 Feinsandiger Staublehm und geschiebefreier Thonmergel. (Schlämmanalyse mit dem Schöne’schen Apparate.) (Dulk.) 100 Theile enthalten: 3 Staub Feinste] 2 — Sand (incl. Concretion) |Theile| 2 2 En, „ ömung |"3” ja-111-0,5/0,5-0,210,2-0,1.0,1-0,0510,05-0,02)0,02-0,01| 91 |” Feinsandiger Staublehm (sehr feiner Mehl-I| fehlt 2 12,21 21,30 6,40 |0,55 sand.) Hortwinkel SSW Wegeeinschnitt am Rüdersdorfer | E | m | 0.16 | 7205| 18.72 oro Forst Ä 2 i Geschiebe- freier Thon- mergel fehlt 2,13 14,13 81,6311,37 oxydirt und gelb. Gut Rüdersdorf am Mastpfuhl aus höherem | - | = | 1,17, 096 | 604 | 8,09 Niveau. Geschiebe- freier Thon- mergel |fehlt 0,06 11,80 87,14[1,20 nicht oxydirt und grau aus grösserer Tiefe | | — _— — | — daselbst. 0,06 4,46 7,34 Der graue, nicht oxydirte Thonmergel enthält 0,43 Procent Kohlenstoff in organischer Form, wahrscheinlich als fein vertheilte Braunkohle und entsprechend etwa 0,62 Procent davon. Unter dem Mikroskop zeigt sich, dass in den feinsten Thei- len unter 0,01”® der Gehalt an feinsten Quarztheilen noch ein er- heblicher ist. Technisch ist derselbe hier als Magerungsmittel gegenüber dem plastischen Thon von nicht geringer Bedeutung. Die Kohlensäurebestimmung berechnet sich nach Hrn. Laufer im Mittel von zwei Untersuchungen beim gelben oxydirten Thon- mergel auf 19,45 Procent (19,35 und 19,56), beim grauen nicht 58 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [208] oxydirten Thonmergel auf 19,82 (19,83 und 19,82) Procent koh- lensaurer Kalk. Im Staublehm fehlte derselbe vollständig. Die chemische Zusammensetzung wird durch nachstehende Analyse des grauen Thonmergels vom Stienitzsee charakterisirt. s Grauer Thonmergel (Glindower Thon) vom Stienitzsee bei Gut Rüdersdorf. Chemische Analyse. (Hey.) | Ausgezo- Gehalt Air ns gen durch | Ungelöst im ep 8702 | Schwefel- | gebliebener Ganzen auch durch säure und Rückstand Wasser | Salzsäure E Kalı pCt. pCt. pCt. pCt. pCt. entweichend über BE) = | Schwefelsäure ... | 3,39 EB=E: 2 }entweichend bei | nes =) lol 0,89 17,71 ges [ entweichend beim Eis Glen 3,43 Es Kieselsäure........ 54,32 0,104 Sasz Kohlensäure ...... 2,92 2,920 ee Schwefelsäure ..... 0.63 0,577 0,588 5< Eu Phosphorsäure ...... 0,08 Spur 0,085 = = & Schwefel 0,79 Snz Chlor. 2 0,02 0,016 eh Iihonerdes eh 16,55 0,289 3,545 S-3= Eisenoxydul ...... 1,85 1,850 oe gH Eisenoxyd ....... 5,18 2,288 885 Kalkerdefe ee 2,47 0,173 2,468 8:37 Masnesa 2,80 0,119 2,622 mm eo Natzon are er 1,01 0,039 0,269 | OR ee Bor 0,062 0,323 48,84 | 26,39 |95,57 | 1275 | ızoo2 | A884 | 2630 Bemerkenswerth ist hier der hohe Gehalt an Schwefel (ohne Zweifel als Schwefeleisen) und der gegenüber der Zusammen- setzung des Thonmergels am Mastpfuhl erheblich geringere Ge- halt an kohlensaurem Kalk. Die gefundenen 2,92 Procent Kohlen- säure würden 6,63 Procent kohlensaurem Kalk entsprechen, es ist aber nicht alle Kohlensäure an Kalkerde, sondern ein Theil an Magnesia resp. Eisenoxydul gebunden. [209] III. Analysen. 59 c. Geschiebemergel (unterer und oberer.) Mechanische Analyse. (Der Mergel von Unterförsterei Kalksee ist mit dem Nöbel’schen Apparat mit aufgesetzter Piezometerröhre, die beiden anderen mit dem Schöne’schen Apparat geschlämmt.) 100 Theile enthalten: e Feinste Kies und Sand Staub Theile Analytiker Kömung _|""1-0,510,5-0,20.2-0,1l6,1-0,05[0,05-0,02)0,02-0.01| 91 in Millimetern 0,01 Oberer Be nrete- merge efersterei 69, 10 Kalksee, Kgl. Rüdersdorfer Di 5 2 10 5 23,66 | 14,03 | 15,36 Unterer > + 9,18 20,01! Laufer. mergel. 68, 711 Tasdorf SW am Bahnhof Rüdersdorf |4 348 Geschiebe- 11,01 19,68| Dulk. 9,40 | 1,61 [ 2411| 15,53] 15, Mergeliger Geschiebe- lehm. (Unterer Ge- schiebemergel) üb. geschiebe- 90,23 20,11 28,32| Dulk. freiem Thon- mergel. Gut Rüdersdorf, nahe Mast- pfuhl 0,31 0,65| 10,92| 7,72 30,63 13,16 6,95 Um einen Vergleich zu bekommen mit den Ergebnissen des Nöbel’schen Apparats, welcher von der Mehrzahl der deutschen Agriculturchemiker im Jahre 1864 für die Schlämmanalyse an- senommen und bis in die neueste Zeit von denselben beibehalten ist, wurden beim Beginn der pedologischen Arbeiten auch mit diesem Apparate mehrere mechanische Analysen ausgeführt. Von 60 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [2 10] den Diluvialmergeln ist der untere Geschiebemergel von Bahnhof Rüdersdorf (Tasdorf S W) und der obere Geschiebemergel vom Eisenbahneinschnitt Tasdorf östlich der Berliner Strasse dazu benutzt worden. Geschiebemergel. Mechanische Analyse nach Nöbel. (Laufer.) Sc SCH ENSER.! a u IH | n Summa Trichter 2 |Triehter 3, Triehter 4 Auslauf Unterer | Geschiebemergel Tasdorf SW 76,66 22 4,92 15,67 LT am Bahnhof Rüdersdorf Oberer Geschiebemergel x Tasdorf W N W 77,00 1,45 3,16 17,91 99,52 Eisenbahneinschnitt | Da die üblichen Bezeichnungen „Thon“ und „Sand“ „den chemischen Charakter der einzelnen Schlämmproben nicht wieder- geben“ und dieselben von den Agriculturchemikern deshalb weg- gelassen, die Schlämmprodukte aber mit Nummern bezeichnet wer- den, so ist dies hier beibehalten worden. Eine von Herrn Wahnschaffe mit dem Schöne’schen Schlämmapparat wiederholte mechanische Analyse ergab im unteren Geschiebemergel vom Bahnhof Rüdersdorf 8,34 Procent Staub und 16,71 Procent feinste Theile, ein Resultat, welches durch das Vor- handensein von Concretionen etwas beeinflusst ist. Der Petrographische Bestand der gröberen Gemengtheile des Geschiebemergels erhellt aus nach- stehenden Bestimmungen: f pie [211] III. Analysen. 61 Kies und Sand aus unterem Geschiebemergel. Bahnhof Rüdersdorf. (Laufer.) a, über 3 mm 3 _— | um | 0,5 um [o) pCt. pCt. a ee N Granit und Gneiss . . 32,2 10,2 _ Porphyr. Re 23,6 — — Feldspath 24,9 3,1 Kalkstein 11,7 — Feuerstein . 13, 9 1,8 —_ Quarz 42,1 80,0 emmbar. 99, 6 9,3 BO IR RE RES R E AN R EN 19: SE See az 97,3 100,0 99,5 Antheil am Gesammtboden 0,7 6,3 12,9 Bei einer zweiten Probe enthielt der Kies über 5" D (von 500 Grm. Boden = 14,8 Grm.) Gramt und Gneiss . . . 3,0 pÜt. \eanpolusa nos Ben Blospallınn .. . „0.0.10 - Belkssen 0. 2... %802 - (I Stem — 58,3) Heuersteim 0.0.00. 0..2...0,8 - SLaPZ ORTS Re Er. Umbestimmbar . ..: ...:.L16. - 99,8 pÜt. Die Zahlen ergeben, wie die Zusammensetzung dieser gröberen Gemengtheile gewissen Schwankungen unterworfen ist. 62 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [2 1 2] Vertheilung des Kalks im oberen Geschiebemergel von Tasdorf WNW. (Laufer.) Die einzelnen Abtheilungen enthalten in Procenten derselben: Kies und Sand. 9 mm Körnung über 3 Zu Bestimmung @ d Dit) : — jun Dr E Zweite Bestimmung 1-0,5”"" D 0,5—0,9"” D unter 0,2”” D Feinerde. Nöbel Trichter 3 e = 4 Auslauf Es ist demnach } Kohlensäure entsprechend kohlensaurerKalk pCt. | pCt. 6,18 14,05 _ 11,28 13,36 29,36 Summa 6,18 14,05 \ Kalk im Kies und 6,49 14,75 Sand 5,11 pCt. 1,08 2,45 vom Mergel 0,22 0,50 1,03 2,34 2.03 1.59: Summa 131 9.79 [ Kalk in der Fein- ’ 2 de 2,55 pCt. 5,34 19,14 Wo vom Mergel Gesammtkalkgehalt des Mergels 7,66 pCt. des gesammten Kalkgehalts des Mergels im Kies und Sand (4 im Kies und Sand über 1””, 2 im Sand unter 1") und nur 2 davon ın der Feinerde enthalten. Interessant ist, dass in den mittleren Sanden des Mergels fast derselbe Kalkgehalt ist, wie im Diluvialsand und ähnlich auch im Kies, gegenüber dem Diluvialkies. Der Petrographische Bestand des kalkfreien Kieses und Sandes. (Nach dem Auslaugen des Kalks mit Salzsäure im oberen Geschiebemergel von Tasdorf W N W.) (Laufer.) aber En De 7) pCt. pCt. Granit und Gneiss 34,30 7,61 Porphyr . 0,76 > Grünstein 0,45 == Feldspath 2,24 22,84 Sandstein 6,39 6,29 Quarzit . sit 7 Feuerstein 52,03 1,32 Quarz . 2,07 49,35 Unbestimmbar . 0,65 12,61 721000085] 100,00 rt nt ae an ee [21 3] III Analysen. 63 Die hohe Gleichartigkeit der petrographischen Zusammen- setzung des früher angeführten Diluvial-Kieses und Sandes mit derjenigen der gröberen Gemengtheile vom Geschiebemergel geht aus den angegebenen Zahlen deutlich hervor. Um die Feinerde, den Staub und die feinsten Theile genauer ‚kennen zu lernen, sind nachstehende chemische Bestimmungen gemacht worden. Es handelte sich dabei wesentlich um die Er- mittelung des sogenannten Thons und wurden die bezüglichen Schlämmprodukte deshalb nach der am meisten üblichen Methode mit siedender Schwefelsäure aufgeschlossen. Von den auflösbaren Bestandtheilen wurden Thonerde, Eisenoxyd, lösliche Kieselsäure (inel. der durch Soda ın Lösung gegangenen) und Kohlensäure bestimmt. Zusammensetzung des Staubes und der feinsten Theile aus dem unteren Geschiebemergel von Bahnhof Rüdersdorf. (in Procenten derselben) (Wahnschaffe.) Staub Feinste Theile pÜt. pCt. Quarz und unaufgeschlossene Silikate . . . 16,95 Ba Summe der aufgeschlossenen Bestandtheile ee elühvenlusb, ale en 23,05 64,28 Darin: HöslichenKaeselsäure . 2.2 2 2 0, 6,72 22,40 Tianarde. ser ee 5,20 14,54 SSL URTON er 2,30 4,97 SINIEIEÄTTE Se Le N 2,09 5,17 entsprechend kohlensaurem Kalk . . 4,75 11,75 Es zeigt sich demnach auch im Staub noch ein bedeutender Gehalt an Thonerde und derselbe mag mit derjenigen im anderen Schlämmprodukt in der Form des wasserfreien Thonerdesilikats (Thon — Al, O, [Sı O,]?) = 11,3: 32,2 Procent verglichen werden, wenn auch eine derartige Vergleichung mit Bezug auf die Auf- schliessung der nicht oder wenig verwitterten Feldspathe gewisse Schwierigkeiten hat. 64 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bcdens etc. [2 14] Die Bestandtheile der vorigen in Procenten des Gesammtbodens. est Feinste Summe Theile beider - Quarz und unaufgeschlossene Silikate . 6,42 9,97 12,59 Aufgeschlossene Best«ndtheile inel Glüh- verlust 712 2 De 1,92 10,74 12,66 Dariu: Lösliehe Kieselsäure . . : . 2... 0,56 3,74 4,30 Tihonerdes- „0 m: 0,43 2,48 2,91 Eisenoxydi@ 2 ke br er 0,19 0,83 1,02 Kohlensäure 2 ro 0,17 0,86 1,03 entsprechend kohlensaurem Kalk . 0,40 1,96 2,36 Die Thonerde entspricht Thonerdesilikat 0,93 5,38 6,31 (wasserfreiem Thon) Von dem Gesammtkalkgehalt des Geschiebemergels vom Bahn- hof Rüdersdorf, welcher 10,12 Procent beträgt, ist im Staub und in den feinsten Theilen demnach noch nicht ein Viertel (2,36 Pro- cent) vorhanden und über # des kohlensauren Kalks (7,76 Procent) ist im Sand und Kies enthalten. Die angestellten chemischen Untersuchungen über die Zusam- mensetzung des feinsten Schlämmprodukts, welches mit dem Schöne’schen Schlämmapparate noch sicher zu ermitteln und welches man in der Ziegelindustrie (mit geringer Abweichung von der Grenze von 0,2 Millimeter Stromgeschwindigkeit pro Sekunde) als Thon zu bezeichnen übereingekommen ist, beweisen, dass das- selbe bei Weitem nicht sämmtlich als „Thon“ angesehen werden kann und noch einen grossen Theil Mineraltheile enthält. Dies führte dazu, die Frage von der Zusammensetzung der feinerdigen Theile und von den Beziehungen zwischen Schlämmanalyse, Thon- gehalt und chemischem Bestand noch durch weitere Untersuchungen klarzustellen. Für die mechanische Analyse wurde dabei das Decantirverfahren in Glascylindern benutzt und 0,1 und 0,02 Milli- meter Fallgeschwindigkeit pro Sekunde als Grenze in Anwendung gebracht. Von den eingehenden Untersuchungen hierüber, welche an anderer Stelle ausführlich zur Darstellung gebracht werden sollen, seien hier nachstehende Bestimmungen erwähnt. - [215] IH. Analysen. 65 Durch Hrn. Dulk wurde aus 2 Proben des unteren Geschiebe- mergels vom Bahnhof küdersdorf durch Decantiren erhalten: Schlämmprodukt unter 0,1 "” Fallgeschwindigk. — 17,56 Procent. - - 0,02”” - — le - Zusammensetzung der Schlämmprodukte. unter 0,17 R. unter 0,02”” F, pCt. pCt. Kohlensaurer Kalk . . . 2... 10,59 IND Durch Schwefelsäure aufgeschlossen 54,21 64,43 (excel. kohlensaurer Kalk.) Darin: wasserfreier Thon . . . . . 42,43 48,09 DISETUES U ee Fe 4,04 5,07 Kalt s este 1,81 2,05 Nialaaıya > We 0,10 0,12 Durch _ Schwefelsäure nicht aufge- Sehlossengpa a ae men, 23,68 13,37 Barn: Kalteldspath. . © - . . .- 6,92 4,62 unit Tells 2 ee N er Li 0,72 (MEIST ee er Ve 17,64 10,16 Der Glühverlust beträgt . . . . . 4,78 6,09 Herr Laufer fand im oberen Geschiebemergel von Tasdorf WNW. bei 0,1» F. — 17,07 Procent Schlämmprodukt, darin nicht aufgeschlossenen Kalifeldspath — 6,56 Procent, bei 0,02== F. — 13,29 Procent Schlämmprodukt, darin nicht aufgeschlossenen Kalifeldspath — 7,66 Procent des Schlämmprodukts. Die Untersuchungen zeigen, dass die Trennung durch diese Methode und die entsprechende Begrenzung eine vollständigere ge- worden ist und dass bei der geringsten Fallgeschwindigkeit ein weit kleinerer Theil des Schlämmprodukts aus nicht aufgeschlos- senen Mineraltheilen besteht. Daneben ist etwa der zehnte Theil dieser feinsten Schlämmprodukte auf Kalk zu rechnen. . 66 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [21 6] d. Die Zusammensetzung des oberen Diluvialbodens nach seinen Profilen und in Beziehung zur geogno- stischen Grundlage. LS Bodenprofil' L Bahnhof Rüdersdorf. M Mechanische Analyse. (Dulk.) (in Procenten) „ee - Staub Feinste E udn (z. Theil Coneretion)| Theile Elan} - = Kör ung über | 9 _ | = E unter u | ung, |"3 | 3-1) 1-0,510,5-0,10,2-0,110,1-0,05[0,05-0,02/0,02-0,01| 9.01 Lehmiger Sand Vi mean 79,13 9,67 10,87 Ackerkrume) 0,8715,48 7,65 | 25,16) 25,54 17,63 | 7,68 | 1,99 61,87 9,63 28,70 0,4 |Geschiebelehm | 0,5613,34 1,18) 17,79 18,97 1343| 713 | 2,50 Geschiebe- mergel 68,71 3 | (Lehmmergel) Tee * bedeutet: nach unten fortsetzend. 1,01 19,68 9,40 1,61 94,11 | 15,53 | 15,86 4,34 8,87 In der petrographischen Zusammensetzung der gröberen Ge- mengtheile zeigten sich nachstehende Unterschiede bei den ver- schiedenen Bodenarten des Profils. So fand Herr Laufer im Körnung: Lehmigen Sand Se a. (unterhalb der Ackerkrume) pCt. pCt. Granit und Gneiss 9,0 Diorit . . AIR 0,9 Feldspath SE 18,8 Fenerstein 2... Vo 9,7 Quarz . 33: 51,0 83,7 3 das Uebrige ist nicht bestimmt. in Unbestimmbar . BE 11,5 E | 100,5 | [217] IIT. Analysen, 67 ım Lehm 3 — [um 1 - 0,50 Granit und Greiss . . 2. 2.2... 13,3 . ah erralla. 3) See 22,1 10,5 N 60,1 87,8 Umbesummbar o . . .. eu. 0.20% 5,0 1,9 | 100,5 | 100,2 Im lehmigen Sand der vom Pfluge bewegten Krume nahm der Quarzgehalt des grobkörnigen Sands bis auf 92,6 Procent zu und es zeigt sich hier der zunehmende Grad der Verwitterume. Procentische Zusammensetzung des Staubs und der feinsten Theile in den Bodenarten des Geschiebe- mergels vom Bahnhof Rüdersdorf. (Wahnschaffe.) Staub (inel. Concretion) Feinste Theile sol= ı-= 5 oa |eel= 12 & wS|S2985 Eee E sl sans v © I = 322% 5 8 eb) "DS 5 aaa ia lesen Ssnla-se2/ a3 5 |5 3|322°3322385 33|3|38 S Voss 9892| 9 Ela | N Besei8i 5 EU Ss o|. oem Z=@o © „JS “oladgrhos:2|@3 © asege| [@) & 35a m a [e) © = Ss“e|», rs un u [o} > Dir (| de} =.2lB2sa2 Saar ereeerle Ze G2|ä°®: |A n A Sala ale | Lehmiger | Sand. ... 91,84 8,16 | 2,83| 2,29] 1,04 fehlt}57,42) 42,58 17,33|11,70) 3,93 fehlt elehm: ... 154,62 45,35 119,57112,71| 4,96 fehlt 125,38] 74,62 |33,1719,63 8,60| fehlt Geschiebe- mergel. ... [76,951 23,05 | 6,72| 5,20) 2,30) 2,09|35,72) 64,28 1|22,40/14,84| 4,97| 5,17 wa 1155 Kalk Kalk —— In vorstehender Tabelle ist die grosse Verschiedenheit in der Zusammensetzung der gleichwerthigen Schlämmprodukte im Lehm und lehmigen Sand gegenüber dem Mergel besonders bemerkenswerth. Dahin gehört: 1) Das vollständige Fehlen des kohlensauren Kalks im L und LS, gegenüber dem M. 2) Der hohe Gehalt an Thonerde und Eisenoxyd im Lehm gegenüber dem M und LS, nicht bloss in den feinsten Theilen, sondern relativ noch mehr im Staub. Die Coneretionsbildung im L ist darauf von besonderem Einfluss. 3) Die ausserordentliche Vermehrung an Quarz und unauf- geschlossenen Silikaten im LS gegenüber dem L und M, nament- lich im Staub des LS, welcher fast vollständig aus Quarz und Dr 68 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [218] unaufgeschlossenen Silikaten besteht: Aber auch in den feinsten Theilen des lehmigen Sandes besteht noch über die Hälfte -aus derartigen Quarz- und Silikat-Massen. Berechnet man die Thonerde der feinsten Theile auf wasser- freien Thon, so ergeben sich folgende Procentzahlen: Feinste Theile des LS 25,38 Procent wasserfreies Thonerdesilikat - . 1.2. Ye BIS es e - - - M 32,19 - - - oder auf Gesammtboden bezogen: LS (unter 0,01 "”— 9,97 pCt.) 2,53 Procent wasserfreier Thon. L( -. "0.2 =2357.750)710:.03 - - - M (= 70,0L.77 = 16.7102 )48398 - - - Durch Dekantiren wurde durch Herrn Dulk bestimmt (in M Beziehung zum Mergel): Schlämmprodukt bei 0,1 mm Fallgeschw. bei 0,02 "m Fallgeschw. Lehmiger Sand . . . . 9,36 Procent 6,26 Procent. Lehm... 7P3BR FE Erle > - 21,03 - MerselW ee Ser E30 - 12,78 - Aus den darüber angestellten chemischen Untersuchungen werden nachstehende Ergebnisse hier übersichtlich mitgetheilt. Zusammensetzung der Schlämmprodukte von (0,1 und 0,02"» F. in Beziehung zum Mergel. (in Procenten derselben) (Dulk.) Schlämmprodukt bei Schlämmprodukt bei 0,1 mm F, 0,02 mm F, LOWER EM DS MIR M Kohlensaurer Kalk... ... fehlt fehlt 10,59 | fehlt ' fehlt Ss) Durch Schwefelsäure auf- geschlossen (excel. kohlen- = Sanıner) Kalk) me 40,54 | 68,78 | 54,21 | 43,34 | 75,75 | 64,48 Darin wasserfreier Thon .. 26,81 50,72 | 42,43 | 37,55 | 61,85 | 48,09 Eisenoxyd. „2.2 3,67 7,26 4,04 4,68 4,69 5,07 Raliy 134, ee 1,25 1,08 1,81 1,30 2,01 2,05 Natrome rer. aan 1,08 0,95 0,10 0,32 0,17 0,12 Durch Schwefelsäure nicht aufgeschlossen... .... 52,76 | 20,85 | 28,68 | 43,73 | 14,24 | 18,87 5 Darin Kalifeldspath ...... . 11,07 ichtbe-| 99 | 1194 | 361) em ; stimmt S R muitakalın ner 1,37 1,12 1,90 0,61 0,73 (Tanz RR 35,15 | desgl. | 17,64 | 28,37 8,53 | 10,16 ee . nicht be- nicht be- y Glühyverlustpe u u et desgl. 4,78 : 8,36 6,09 [2 19] Il. Analysen. 69 Von besonderem Interesse ist hier wiederum die grosse Ver- schiedenheit in der chemischen Zusammensetzung der gleichartigen Schlämmprodukte, die sieh namentlich in dem noch hohen Gehalt an Quarz und unverwittertem Kalifeldspath im lehmigen Sand gegenüber dem thon- und eisenreichen Lehm bemerklich macht. Berechnet man den Kaligehalt des Schlämmprodukts von 0,02 und 0,1" Fallgeschwindigkeit procentisch auf den Gesammtboden, so ergeben sich nachstehende Zahlen: Kaligehalt des Schlämmprodukts von 0,1 und 0,02 "" Fallgeschwindigkeit. (in Procenten des Gesammtbodens) Schlämmprodukt bei | Schlämmprodukt bei 0,1 mm FW, 0,02 mm F, SEE ET EM DS RE M Aufgeschlossen durch Schwefelsäure 0,12 — 0,32 I 0,08 0,12 | 0,26 Nicht aufgeschlossen durch Sch wefel- SEINIRR on = op a 0,17 _ Koran URL 2 0a LE Summa Kali | 0,29 — 0,52 I 0,20 | 0,55 | 0,3 Es verhält sich also: Lösliches Kalı zu unlöslichem Kalı im Schlämmprodukt 0,02”% F. des DEREN RER 1 : 1,50 10 a a Re 1 : 0,31 I a a at 1 : 0,39 im Schlämmprodukt 0,1"® F. des Del ee 1 : 1,42 N — ; — VE BIRD an 3. 000,6 Während demgemäss das letzte Schlämmprodukt des LS der obersten Bodenschicht quantitativ mit Bezug auf den Gesammt- boden weit weniger Kali enthält, als bei L und M, so wird dieser Nachtheil noch erheblich vermehrt durch die sehr geringe Lös- lichkeit. Von dem Gesammtkali des Schlämmprodukts (0,02 "” F.) beträgt der in Säure lösliche Theil 70 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [220] beim LS 40 Procent Sa. ie - The 5 Vertheilung der Phosphorsäure im Geschiebemergel vom Bahnhof Rüdersdorf. (Wahnschaffe.) Die Theilprodukte enthalten: in Procenten in Procenten derselben des Gesammtbodens Sand = Ara: 0,081 0,061 Staub: easnern 2 0.20 0,017 Feinste Thele . . 0,21 0,035 Phosphorsäure zusammen 0,113 Procent des Gesammtbodens. Bestimmung der in kohlensaurem Natron. löslichen Kieselsäureim Geschiebemergel, Lehm u. lehmigen Sand. Bahnhof Rüdersdorf. (Dulk.) Mächtigkeit Kieselsäure in 100 Grm. luft- Meter. trockenen Bodens gefunden 0,3 Beni LS (Ackerkrume) | 0,132 Grm. 0,4 | LS (unterhalb.d. Ackerkr.) 0,036 Grm. 0,4 | L | 0,031 Grm. | M | 0,055 Grm. Zur Vergleichung der Ergebnisse des Nöbel’schen Schlämm- apparats dienen nachstehende Uebersichten: FE FH Era CHEF DT LOMEÄTE TE [221] III. Analysen. il LS Profil L Bahnhof Rüdersdorf. M Mechanische Analyse nach Nöbel. (Laufer.) Mächtig- a iu IL. IL keit N Tr. No.3| Tr. No.4| Auslauf | Summe Meter pCt. pCt pCt. pCt. Lehmiger Sand E + 0,3 -erkrume) 82,53 Bu 3,64 9,87 100,07 0,4 Lehmiger Sand 83,62 3,03 3,44 10,25 100,34 0,4 Geschiebelehm 61,37 4,20 7,64 26,16 99,37 3 Geschiebemergel 76,66 2,32 ‚4,92 15,67 DT T LS 5 L Tasdorf WNW. Profil —— _. ; M Eisenbahneinschnitt. S Mechanische Analyse nach Nöbel (Laufer.) Mäch- un m I. L. a tale tigkeit No Tr. No.3 | Tr. No.4 | Auslauf E eb, Meter pCt. pCt. pCt. pCt. 3 > Lehmiger Sand 2 0,7 (unterhalb Acker- 84,08 2,94 4,29 9,02 [100,33 | 0,31 krume) \ Geschiebelehm 12,86 2,42 4,48 20,11 99,87 | 1,90 0,8 De oe | 3,16 || mar .|.9952 0,85 mergel | Diluvial-Sand Re, on oe 0,35 | 99,46 | 0,13 T Das Profil mit stärkerer Zwischenlagerung von Sand und Kies zwischen LS und M am flachen Abfalle z letzteren wird durch nachstehende Tabelle vertreten; > Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [222] LS S Profil —20-- Tasdorf, am Orte. SK ; M Mechanische Analyse nach Nöhel. (Laufer.) Schlämmrück- 2 en Bezeich- | standinTr.No.2| _ RE E I 8 i m u und | Kies) Tr. No.3 | Tr. No.4| Auslauf | Summe Eu= Meter pCt. pCt. pCt. EI = 0,4 LS | 35,56 | 3,60 | 2,80 = | 100,26 | 0,63 | 0,4 gS | 94,46 | 0,70 | 2,50 2,70 | 100,36 | 0,50 1,0 SsK | 99,12 | 0,50 | 0,45 | 0,58 | 100,65 | — M S2 ei =. an e= en T Die mächtigen Sand- ad Kiesbodenarten werden durch nach- stehende Profile aus dem Königl. Rüdersdorfer Forst charakterisirt: KS \ Kiesprofil IKS K Rüdersdorfer Forst. Jagen 187. E (Laufer.) y ‚En Kies u. Feinste Ep Grand Sal Staub [mr SM Te Ss Kö über unter re] nme RO 0:92 1] 001 0,6 | Kies- und 48,00 46, 9 2,38 2,35 Sandboden, i Oberkrume 11 2 9 58 14,46 | .0,80 RL 1029| 1,75 | 0,63 0,3 | Schwach 50,34] ' 43,05 3,05 3,67 lehmiger Kies = er und Sand 1,69116,88 13,33 | 515 | 2,14 | 0,91 EB 0,7 Kies 68,40 29,08 0,63 0,58 8 : 9,60 9,25 6,74 | 0,37 | 3,12 | 048 | 0,15 1 [223] III. Analysen. 73 SK Kies- und Sand-Profil — — S _ Offenes Profil am zweiten Einschnitt nördlich vom Rüdersdorfer Weg am Woltersdorfer Kietz. | | | (Laufer.) En Kiesu. - Feinste| ‚; . = Grand Sand Staub Theile ce ee 3 NE Fi Körnun über | E - unter =g= Dr ormung 2-1 |1-0,5.0,5-0,2,0,2-0,1/0,1-0,05 0,05-0,02.0,02-0,01| Yo: | 0:5 Sana- u. 137,03 59,75 149 1,21 lo, Kiesboden Oberkrume 0,55 12,92 27,51 18,74| 0,08 | 1,19 | 0,30 1,5 Dt 1,02 96,30 0,92 0,69 10,23 an 4 ® (mächtig) 3,05 66,86 20,24 1,10 | 5,05 | 0,86 | 0,06 Der grosse Wechsel und die Verschiedenheit in den übereinander lagernden Diluvialsand- und Kies- Schichten, wie sie für den Königl. Rüdersdorfer Forst so charakteristisch ist, ergiebt sich deutlich aus _ nachstehenden Bestimmungen: SK KRüdersdorfer Forst Profil —— S nahe Kalksee. Kiesu. Feinste Grand Sand Staub Theile Kö über | unter „Körnung 2-1 11-0,5/0,5-0,2.0,2-0,1/0,1-0,05]0.05-0,0210.02-0.01| 901 Grober Diluvial- 20,90 19,90 2,28 1,19 sand mit Kies 14,22126,14| 22,60| 0,46, 12,48 | 2,24 | 0,04 Sehr feiner stau- | fehlt 84,83 11,28 3,52 ‚ biger Diluvialsand (weiss) 0,17|0,39 | 1,04| 23,63 | 59,60 Eine Uebersicht über die Zusammensetzung des obersten geolo- gischen Gebildes, welches den bodenwirthschaftlichen Zwecken des Menschen in erster Linie zu dienen hat , mag sich an die genannten Profile anschliessen. FCR> Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [22 4] 74 -zomerg | nwgeTgon| 289 80 I I1‘T | 9201 erl) PyJUIA4ı1oH uspoqumgorT dosıpurgı ma seem | gsi 1790 TE jener Ines | San | veropsenngr eworagf. | Tarnaunere Zen[puug mg |fsennuwgorgen| ser Iso | 1 [2sor I296 | ern | mopswopny joyumeg | uopogpueg sosıuger] 2opmer] uno7 gen | oe (aeı | 1 lees |ezır | 2z0os TOIULAyIOH wopogpuwg 1oFtumgerT oe] |päenmmgtaen| 106 [sat | 1 [ers |rsior | 8808 | gar orropssapmy | WOPOgPURg zastuyer] mg (mr mwgorgen| geoı |ser | 1 Joey [reor | 91%s PyuLMoH wopogpueg sadtumerg some (meauisnssagen| 8sor \22.0 | 1 |oe's |or9 | aees | 10 we jopsup | wopogpueg zogtumer] 2omer] purg wen | v6 |ero | 1 |res lese | se2s | MS mopsupny | wopogpueg zosttuger] some] [rem mung gen| z#rs |soor 1 |ror [irrt | es%28 [OJLENALOF a ereuen zopmer] |pSrop nugorrgen| rose 0899 | 1 I21o |2zıı | 9c%ss [ONUFMAIOH a aues yınq „ww won | erer ort | 1 [79% loco | 9888 | MS Kopsopuy | wopogpuvg 1oötumyer] "oA 1oqn “uuyo e : : } ; 9 ueg TooLLUy9 zo aan men on | 6968 ars | 1 Ieu% [es | 088 N ; ? ; ; 3 OYUIMAIOF] 10 uo somerf Suiespstgen: I Dart } |aoe= | TE ter ec | wenn oe ee vopner [sort mpugmgen| ırzr [art | 1 |10%% [se | 0256 | 90a aepopsopug | zosoung ounuog ne sory c A oA LT wor ee MT Pugorpeagosaogeg| 070P° | TOT TI |°86 |88% 676 98.10, 7 AEFIOPS.IEPNM LEE ynq purg zog | e99 los | 1 |ası Ivr% | #266 | MS Kopsiopny Hoq wpogpuvg : . ; 4 OFLOPSIONO MOUBU aopne] Busseoons gi E90 | [aoırs | 17 IE lerne meinen en uopogpurg SO ; lgmagg;| TUE | Od | mod | od JoyıyAeuvy SundodeT] ALUDUES U on, purg gzopuny. uopog SSTUITEUIOA 94suro T Ns pun sory (oumayaoyoy [IayL wnzZ) "osifeuy oyosınedo "JUITTISU9POF-TELANJIT U9ISI9GO TOP FUNZIISUHWLWesnZ [225] III. Analysen. 75 Die grosse Verschiedenheit in der Zusammensetzung der fein- erdigen Theile des Bodens geht aus den angeführten Verhältniss- zahlen hervor. Sowie auf der einen Seite die feinsten Theile über- wiegend vorhanden sind, wird in andern Fällen der Charakter der Feinerde durch den grossen Gehalt an Staub bestimmt. Letzteres tritt namentlich noch deutlich bei dem Boden, welcher auf dem oberen Geschiebemergel westlich Tasdorf lagert, hervor. Bei zwei von Herrn Laufer untersuchten Bodenarten von da betrug der Gehalt an Feinerde (Staub und feinste Theile) 8,68 resp. 8,43 Pro- cent und davon an Staub über 5,99 resp. 6,09 Procent. Bestimmung des Humus im lehmigen Sande. LS Profil Be Oberkrume. Gut Berghof. M Erste Bestimmung (mit Chromsäure) —= 0,56 Procent Kohlenstoff Zweite - RN - - Mittel 0,63 Procent Kohlenstoff entsprechend 1,09 - Humus. Ein verhältnissmässig so geringer Humusgehalt macht sich gegenüber den meisten Diluvialböden, welche weniger Humus ent- halten, bereits deutlich in der Farbe und Beschaffenheit bemerklich. B. Alluvium. a. Torf. Torf vom Stienitzsee. (Lufttrocken. Probe nahe Tasdorf entnommen.) Kohlenstoff —= 33,60 pCt. (Mittel von 2 Bestimmungen 34,79 und 32,42) entsprechend 56 Procent organischer Torfmasse (von 60 Procent Kohlenstoffgehalt); Asche — 13,98 Procent. Der Rest ist auf hygroskopisches und chemisch gebundenes Wasser zu rechnen. Es ist dabei noch zu bemerken, dass nach E. W olff die Kohlenstoffbestimmungen durch Oxydation mit Chrom- säure beim Torf häufig etwas zu niedrig ausfallen. 16 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [226] b. Wiesenkalk. Wiesenkalk vom Mühlenfliess. (Aus der Nähe des Eisenbahn - Dammes.) Kohlensäure — 37,94 pCt. (Mittel von 2 Bestimmungen 38,61 und 37,27) entsprechend 86,24 Procent kohlensaurer Kalk. Humusmergel (Moorkalk) vom Mühlenfliess. (Aus der Nähe des Eisenbahn - Dammes.) Kohlensäure — 3,07 pÜt. (Mittel von 2 Bestimmungen 3,19 und 2,96) entsprechend 7 Procent kohlensaurer Kalk. Vom Torf zum Humusmergel sind alle Uebergänge vertreten. c. Flugsand. Der Flugsand der hier vertretenen binnenländischen Dünen wechselt ın der Körnung meist zwischen 0,5 und 0,1 Millimeter und zeichnet sich durch eine grosse Gleichmässigkeit des Korns aus. d. Thalsand. Zur Untersuchung verwendet ist der eisenbraune gemengte Thalsand (Ockersand), welcher in der Niederung in der südöst- lichen Ecke der Karte (Horizontale = 130 Fuss) zwischen Jagen 180 und 194 des Königlichen Rüdersdorfer Forsts auftritt und in einer Mächtigkeit von 6 Decimeter über hellem Sand lagert. Rothbrauner, gemengter Sand (Ockersand). (Küdersdorfer Forst bei Hortwinkel, Jagen 180—194.) (Schlämmanalyse mit dem Schöne’schen Apparat.) (Dulk.) Kies u. Feinste Gerd Band Staub Theile über | n ; v zum | 2-1 | 105 | 0,5-0,20,2-0,1 0,1-0,05 =10,05-0,02)0,02-0,01mm | 7 rm 0,62 SER Te 7,49 4,67 0,76 | 2,38 | 15,82 5 | | 58.10 en a re [227] III. Analysen. 77 Der feine Sand von 0,2—0,1 Mm. Körnung macht hier bei diesen Thalsanden einen Haupttheil des Bestandes aus. Der rothbraune staubige Sand behält beim Glühen seine eisen- braune Farbe und ergab durch Oxydation mit Chromsäure im Mittel von 2 Bestimmungen (0,41 und 0,37) 0,39 Procent Kohlenstoff, entsprechend 0,67 Procent Humus. Man hat die Farbe wesentlich auf Eisen zurückzuführen. Die Aufschliessung des Gesammtbodens mit saurem schwefel- saurem Kalı ergab: 1,88 Procent Thonerde 1,01 - Eisenoxyd. Der ungelöste Rückstand war — 95,91 Procent. Das hygroskopische Wasser . — 0,38 - “Der Glühverlüsts at ua == 71,28 1 ..- e. Die Oberkrume des Alluviums. Es sind darüber keine besonderen Bestimmungen gemacht, weıl der obere Boden in Beziehung zu den untersuchten geologi- schen Absätzen nur wenig Unterschiede zeigt und in seinem Ver- halten grossentheils von stauendem Grundwasser beherrscht wird. Am Stienitzsee ist lokal ein muschelführender Sand in einer Mächtiskeit von etwa 0,5 Meter über Torf abgelagert Die zer- riebenen Conchylienschaalen bedingen hier einen wechselnden Ge- halt an kohlensaurem Kalk. Am Rande des Diluvialplateaus finden sich Uebergänge von Torf in humosen torfigen Sand. Zusammenstellung der Kalkbestimmungen ım Mergel, Wiesenkalk und Sand auf Sektion Rüdersdorf. Kohlensaurer Kalk. (Procente in abgerundeten Zahlen) Dolomitischer Thonmergel (Röth) Rüdersdorfer Grund 18—36 pCt. (incl. kohlens. Magnesia) Dolomitmergel (mittlerer Muschelkalk) Kalkberge . . 61 pCt. (incl. kohlens. Magnesia) 78 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens etc. [228] Kohlensaurer Kalk. (Procente in abgerundeten Zahlen) Grober Diluvialsand und Kies — Königl. Rüdersdorfer Forst bei Woltersdorfer Kietz. . . en Feinkörniger Diluvialsand — Tasdorf wNWw. 0). = Geschiebefreier Thonmergel (gelb, aus oberem Niveau) Mastpfuhl "bei Gut, Rüdersdorf 2 7 2. Ser Desgleichen (grau, aus grösserer Tiefe) daselbt . . . 20 - Geschiebefreier Thonmergel vom Stienitzsee bei Gut | Ivüdersdortn. nein We Be RER Tee Mergeliger Geschiebelehm elle ch ch ielemerseld) Masıpfuhle 2er Ser Yudke 4 - Geschiebemergel nnerge — Bahnhof Rüdersdorf N (davon 73 pCt. im Kies und Sand, etwa 2! pCt. in der Feinerde) Geschiebemergel — Kiesgruben bei Dorf Rüdersdorf . 7 - - Woltersdorf» ar TIERE - Tasdorf WNW. he „IRSER ne (davon über 5 pCt. im Kies und Sand, 23 pCt. in der Enke Merseliger sandiger Lehm (kalkarmer aa TasdortaNs are DREHEN VE Dan Wiesenkalk — Mühlenfliess bei Tasdorf. a a Pe Humusmergel (Moorkalk) ‚daselbst... . 7.7. 27 se Zusammenstellung der Phosphorsäurebestimmungen. Phosphorsäure. Thonmergel (Röth) — Rüdersdorfer Grund. . . . 0,097 pCt. - Stienitzsee, Gut Rüdersdorf . . . . . 0,08 - Geschiebemergel — Bahnhof Rüdersdorf. . . . . 0,113 - Davon im Sand . ,. . . 0,061 pCt. des Gesammtbodens. - 2,8tamb 2 2.002 20.000 - - ınden feinsten Theilen 0,035 - = = Die Theilprodukte enthalten in Procenten derselben: Phosphorsäure. Sande 7792727003179 Ct. Staub ar. 2820.20, Feinste Theile . 0,21 - [229] IIT. Analysen. 79 Die feinerdigen, an Eisen und Thon reicheren Gemengtheile haben also gegenüber dem Sand im Mergel ganz wesentlich zur Concentration der Phosphorsäure beigetragen. In den feinsten Schlämmprodukten des Geschiebemergels, Lehms und lehmigen Sandes von Bahnhof Rüdersdorf, zum Theil Tasdorf WN W. ist die Phosphorsäure überall nachgewiesen. Gegen- über dem verhältnissmässig hohen Kaligehalt sind in dem wenigen Untersuchungsmateriäl jedoch nur Spuren davon gefunden. Zusammenstellung der Kalibestimmungen. Kali. Procent des Gesammtbodens. Thonmergel (Röth) — Rüdersdorffer Grund . . . . 2,13 pCt. (in dem in Salzsäure unlöslichen Theil) Thonmergel — Stienitzsee, Gut Rüdersdorf . . . . 2,04 - Geschiebemergel — Bahnhof Rüdersdorf. Im Schlämmprodukt unter 0,1 ®® Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,32 pCt. Direkt aufschliessbar = ... . ‘... ..020. - a N Im Schlämmprodukt unter 0,02” Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,26 pCt. Niebt aufschliessbar . . :» -. ... „ 0,10 - Fra W300: Geschiebelehm — Bahnhof Rüdersdorf. Im Schlämmprodukt unter 0,02”® Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,42 pCt. Nicht aufschliessbar . .. . =. . 013 - ee DE > Lehmiger Sand — Bahnhof Rüdersdorf. Im Schlämmprodukt unter 0,1" Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,12 pCt. Diieht aufschliessbar .. ..........2...017 .- 202 si 80 Zweiter Abschnitt. Die natürl. Beschaffenheit d. Grund u. Bodens ete. [230] Kali. Procent des Gesammtbodens. Im Schlämmprodukt unter 0,02" Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,08 pCt. Nicht (aufsehliessbar 2... I. u. u 02 Geschiebemergel — Bahnhof Rüdersdorf. Im Staub und in den feinsten Theilen (unter 0,05%" D) Aufschliessbar durch Schwefelsäure . . . . .. 0,58 - Geschiebemergel — Tasdorf W N W. Eisenbahneinschnitt. Im Schlämmprodukt unter 0,1”® Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,31 pCt. Nicht aufsehliesspar u. 2 0 2 ea = Im Schlämmprodukt unter 0,02”% Fallgeschwindigkeit. Aufschliessbar durch Schwefelsäure . 0,28 pÜt. Nicht .aufschliessbar 1.12 22 a 122 01 : == 7 ss RAEen Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognostisch-agronomischen Karte. Auf Grundlage der geognostischen Karte und der vorstehend nach Beschaffenheit, Lagerung und Zusammensetzung gegebenen Darstellung der Ablagerungen von Rüdersdorf ist die agronomische Bearbeitung des Blattes in nachstehender Weise bewirkt worden. Principiell maassgebend für dieselbe, wie im ersten Abschnitt erwiesen, ist die möglichst eingehend und vollständig durchge- führte Profildarstellung des oberen Grund und Bodens auf geognosti- scher Grundlage und waren coloristische Hilfsmittel mit Bezug auf Flächendarstellung ausgeschlossen. Es ist ferner maassgebend, dass die Karte ein möglichst klares und leicht verständliches charakteristisches Bild des Grund und Bodens gewähre und dass Alles von derselben abgetrennt, resp. in den Text verwiesen werde, was als unwesentlich angesehen werden muss. Diejenige Methode, welche die natürlichen Verhältnisse der Bodengrundlagen am klarsten und naturgemässesten darzustellen ermöglicht, wird hier offenbar den Vorzug haben müssen. Unter den bekannten Methoden zur Charakteristik der Unter- grundschichten ist hier auf diejenige hinzuweisen, wonach der Ver- lauf, die Höhenlage und die Natur derselben durch eine Reihe von farbigen Niveaulinien, ähnlich wie die Oberfläche der Niveau- karten angedeutet wird und wie sie mehrfach, so namentlich auch für den Untergrund von grossen Städten, in Anwendung gebracht ist. Dieselbe macht eine mehrfache Combination zum Verständniss der Profilverhältnisse nothwendig und ist deshalb nicht praktisch, 6 83 Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. [232] ausserdem bei den Bodenbildungen der Oberfläche schwer durch- zuführen. Sie konnte aus diesem Grunde nicht als eine empfeh- lenswerthe angesehn werden. Es hätte bei völliger Freiheit in der Lösung der Aufgabe vielleicht auch in Betracht kommen können, den an der Öber- fläche vorhandenen Boden seiner Natur nach coloristisch zu charak- terisiren und die darunter lagernden Bildungen nach unten hin profilistisch anzudeuten. Eine derartige Ausführung kann für Manchen auf den ersten Blick etwas Bestechendes haben und der dem Auge sich direct der Fläche nach darbietende obere Boden mag Einzelnen so er- scheinen, als ob er eine derartige Berücksichtigung bei der Kar- tirung verdiene. Ist doch die für die Untersuchung des Grund und Bodens in landwirthschaftlichen Kreisen häufigste Methode die, dass man zuerst den oberen Boden und nachfolgend den Un- tergrund bis zu geringer Tiefe, den letzteren aber in Wirklichkeit vielfach überhaupt nicht in’s Auge fasst. Ist doch der oberste Boden die für die Benutzung in der Bodeneultur wichtigste Schicht und würde deshalb eine derartige coloristische Darstellung des oberen Bodens in manchen praktischen Kreisen vielleicht in erster Linie auf Zustimmung rechnen können. Die genannte Bevorzugung der Oberkrume würde jedoch in Wirklichkeit den praktischen Interessen der Bodenwirthschaft und Volkswirthschaft keineswegs entsprechen, da es für dieselben gleich wesentlich ist, auf die Untergrundbildungen mehr aufmerksam zu machen, deren richtiges Verständniss und Beachtung gerade im praktischen Interesse nothwendig ist. Und so ist es klar, dass dieser Weg zur Kenntniss und Dar- stellung der Bodengrundlagen nicht der naturgemässe ist und nicht zu einer wirklichen Kenntniss derselben, vielmehr nur zu einer oberflächlichen Betrachtungsweise führen kann. Ist doch der obere Boden auf seiner geognostischen Grundlage, woraus er hervorge- gangen ist, zu verstehn und sind deshalb die der Entstehung zu Grunde liegenden tieferen Bildungen in den Vordergrund zu stellen, wenn man hier ein naturgemässes Urtheil gewinnen will. 7 [233] Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. 85 Die wissenschaftlichen Aufgaben und die praktischen Inter- essen stimmen hier im Wesentlichen überein und ist eine derartige Behandlung, sowie sie wissenschaftlich unzulässig ist, auch im Sinne der grossen praktischen Aufgaben nicht zu empfehlen. Es ist demgemäss also die entgegengesetzte Profildarstellungs- weise, d. ı. die Profilirung des oberen Bodens auf seiner geologi- schen Grundlage und von unten nach oben hin, welche hier als wissenschaftlich einzig möglich, als praktisch nützlich und noth- wendig für die Ausführung allein empfohlen werden kann. Es entspricht dabei ebenso dem entwickelungsgeschichtlichen Princip der geologischen Karte und ist eine Consequenz desselben, wie es für die bezüglichen praktischen Interessen nicht entbehrt werden kann, dass hierbei neben den geologischen Grundlagen auch der obere Boden besonders berücksichtigt wird. Die im praktischen Interesse erforderlichen Ergänzungen ge- ben deshalb eine wesentliche Vervollständigung des geologischen Bildes der Karte. Die der geognostischen Karte hinzugefügten Eintragungen beziehen sich: 1. auf solche innerhalb der Fläche der Karte, 2. auf solche ausserhalb derselben zur Erläuterung jener und zur Vervollständigung des geognostisch - agronomi- schen Bildes. 1. Geognostisch-agronomische Eintragungen innerhalb der Fläche der Karte. Die Bezeichnung des Bodens innerhalb der Fläche der Karte geschieht in sehr einfacher Weise mit Hilfe der Anfangsbuch- staben der dafür gewählten Begriffe in markirt rother Farbe und es wird, indem man diese Zeichen durch einen Strich getrennt übereinandersetzt, damit auch die Uebereinanderlagerung bis zur geognostischen Grundlage leicht und auf kleinem Raum zum Aus- druck gebracht. 6* 84 Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. [234] So bedeutet also ein in der Karte eingetragenes SE Sand; 1 — Behm, ThM = Thonmergel, To — Torf und so weiter; ae bezeichnet Sand über Thonmergel, . ._ Torf über Sand. Zusammengesetzte Namen werden conform durch die bezüg- lichen Anfangsbuchstaben ausgedrückt, z. B.: LS — lehmiger Sand, HS — humoser Sand u. s. w. Der Gesichtspunkt einer möglichst grossen Kürze und Ein- fachheit ist hierbei stets gewahrt worden und es ist deshalb bei- spielsweise der Begriff: Schwach lehmiger Sand nicht durch SLS, worin S etwas Verschiedenes bezeichnen würde, sondern durch‘ Vorsetzen eines kleinen 1 vor das S also durch 1S ausgedrückt worden. Je nachdem der Boden mehr oder weniger genau charakterisirt werden soll, kann hier auch in der Bezeichnung desselben mehr oder weniger weit gegangen werden. | Neben der so leicht zu ersehenden Natur des Bodens wird die für die Praxis so überaus wichtige Mächtigkeit „der einzelnen Bildungen in der Weise berücksichtigt, dass dieselbe dem bezüg- lichen Boden durch eine einfache Zahl zur Rechten in Decimetern (0,1 Meter) hinzugesetzt wird. Man erhält dadurch also ein Bild über die verschiedenen Bodenarten oberhalb der geognostischen Grundlage nach Beschaffenheit und Mächtigkeit. Unter den in der Karte eingetragenen Profilen ist ein Unter- schied gemacht, indem die einen, mit Angabe der Grenzen der Mächtigkeit, als für eine grössere Stelle der zugehörigen geogno- stischen Ablagerung typisch aufzufassen sind, während andere nur die Lagerungsverhältnisse an dem bezeichneten Punkte angeben. [235] Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. 85 Wo zwei Zahlen durch einen Strich verbunden neben der Bodenbezeichnung vorkommen, bedeutet dies also, dass die Mäch- tigkeit in der Umgebung der betreffenden Stelle zwischen diesen Grenzen schwankt. Wo neben allein stehenden Buchstaben, wie S (Sand) oder To (Torf), gar keine Zahl eingetragen ist, soll dadurch ausge- drückt werden, dass an der betreffenden Stelle Sand resp. Torf in grösserer Mächtigkeit als 16 Decimeter vorkommt, indem bei den bis zu dieser Tiefe geführten Bohrungen kein anderes Gebilde gefunden wurde. Wo typische Durchschnittsprofile nicht angegeben werden konnten, sind Einzelprofile nebst Bezeichnung der bezüglichen Stelle eingetragen worden. Bei den Einzelprofilen ist der praktisch sehr wichtige Unter- schied gemacht, ob sie sich auf erbohrte oder leicht zugängliche offene Aufschlüsse beziehen, indem jene durch das Bohrlochzeichen (rother Kreis mit Punkt darin), diese durch zwei parallele rothe Striche angedeutet sind. In dem Königl. Rüdersdorfer Forst wurde bei dem grossen Wechsel der daselbst vorkommenden Bildungen und einem eigen- thümlich coupirten Terrain eine grosse Zahl von derartigen ein- zelnen Eintragungen nothwendig. Durch geologisch - coloristische Hilfsmittel würde bei diesem Terrain, welches den zuweilen grossen Wechsel diluvialer Ablagerungen in interessanter Weise kenn- zeichnet, ein weit übersichtlicheres Bild gegeben werden können. Die Natur der Bodenarten des Rüdersdorfer Forsts östlich vom Kalksee, welche für den schönen Waldbestand daselbst von grosser Bedeutung ist, zeigt hier anderen Sanddistrieten gegenüber deut- lich, wie nothwendig es ist, hier das geologische Bild der Karte zu vervollständigen. Flugsand, welcher auf der südwestlichen Ecke der Karte in der Nähe von Woltersdorf erheblich vorhanden ist, war auf der Karte von Eck nicht angedeutet und derselbe fehlt daher auch hier. Dasselbe ist zu bemerken bezüglich der Gliederung des jün- geren Alluviums in den Niederungen, welches auf der ursprüng- 86 Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. [236] lichen geologischen Karte nicht gesondert und deshalb auch hier coloristisch in ähnlicher Weise behandelt worden ist. Einzelne Unterscheidungen, wie Wiesenkalk, Humusmergel und Anderes sind durch die Profilzeichen angegeben worden. 2. Geognostisch-agronomische Eintragungen ausser- halb der Fläche der Karte. Die zweite Abtheilung der Eintragungen bezieht sich auf die am Rande zu beiden Seiten der Karte hinzugefügte Uebersicht über die typischen Lagerungsverhältnisse der geognostischen Grund- lagen und des darauf befindlichen Bodens. Es soll darin eine Zusammenstellung der für die Karte typischen Bodenprofile gege- ben werden und es ist dabei also nicht ausgeschlossen, dass nicht ausserdem noch einzelne andre oder bestimmte Modificationen innerhalb der Fläche der Karte in der angegebenen Weise einge- tragen vorkommen. Die Randprofile gewähren dem Auge eine sofortige klare Uebersicht der normalen sowie besonders eigenthümlicher Lage- rungsverhältnisse und dienen sowohl zur Charakteristik der geogno- stischen Grundlage, wie zur Bezeichnung des oberen Bodens. So geben zum Beispiel die ersten beiden Randprofile Andeutungen über die Beschaffenheit des im Untergrunde auftretenden Muschel- kalks wie über die Natur seiner Auflagerungen. Die dünne Decke des oberhalb des Kalksteins abgelagerten Geschiebemergels östlich vom Alvensleben-Bruch ist auf längere Strecken vollständig ent- kalkt, oberhalb auch zum Theil entthont und ist diese Verände- rung in dem zweiten Muschelkalkprofil deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Das vierte Profil zur Linken der Karte ist das Normalprofil des Geschiebemergels und zeigt sowohl die Lehmdecke desselben, wie den auflagernden und an die Oberfläche tretenden lehmigen Sand. Die so häufig vorkommende Sandeinlagerung zwischen dem lehmigen Sand und Lehm ist noch mit angegeben worden. Im fünften, sechsten und siebenten Profile links, sowie im ersten rechts sind anschliessend die Verschiedenheiten in den Auflagerungen des (Geschiebemergels (vom lehmigen Sand zum schwach lehmigen Sand [237] Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. 87 und reinen Sand) sowie der Einfluss einer abnehmenden Mächtig- keit und des nahe an die Oberfläche tretenden Diluvialsandes angedeutet. Bei zunehmender Mächtigkeit des Sandes geht daraus das dritte und vierte Profil rechts der Karte (mit tiefem reinem Sand als Untergrund) hervor, während das zweite Profil zur Rechten die kiesig-sandigen Diluvialbildungen mit einzelnen lehmigen Fin- schwemmungen charakterisirt. Die übrigen Randprofile sind für sich leicht verständlich und braucht darüber nichts Weiteres hinzugefügt zu werden. Die Profilbezeichnungen der Kartenfläche sind den Randpro- filen mit Ausnahme der Zahlen für die Mächtigkeit hinzugefügt und dienen die letzteren so als Schlüssel für das Verständ- niss der Karte. Es mag noch darauf hingewiesen werden, dass es für die richtige Auffassung der Bodenverhältnisse nützlich ist, die Profile _ stets in ihrer Beziehung zum Niveau und zum Wechsel der Höhen- verhältnisse in's Auge zu fassen. Es ist zu diesem Zwecke er- wünscht, dass der Profilkarte stets eine Niveaukarte mit möglichst eingehender Charakteristik der Höhenverhältnisse zu Grunde ge- lest wird. Die fünffüssige Abstufung der Horizontalen, wie sie _ vom Generalstabe für die Herstellung der grösseren Karte in 1:12500 Maassstabe angewendet, ist deshalb beibehalten worden und dieselbe gestattet auch die Andeutung kleiner Bodenanschwel- lungen in dem kuppis-welligen Flachlandsterrain, während bei fünfzehnfüssiger Abstufung naturgemäss viele Erhebungen dem Kartenbilde verloren gehn. Eine möglichst eingehende derartige Darstellung seitens der topographischen Landesaufnahme ist auch für die Beurtheilung der Profilverhältnisse sehr wichtig. Im Anschlusse an das so bestimmt markirte Niveau der Ober- fläche ergiebt sich aus den nebst Mächtigkeitsangaben eingetragenen Profilen der Verlauf der Untergrundschichten leicht und kann daraus einfach und rasch abgeleitet werden. Der grosse Wechsel in dem Auftreten der Bodenarten von Rüdersdorf zeigt, dass man von einer geognostisch-agronomischen Karte nicht das Unmögliche verlangen darf, dass auf derselben 88 Dritter Abschnitt. Die Ausführung der geognost.-agronom. Karte. [238] jede kleine Unregelmässigkeit zum Ausdruck gebracht werde. Man wird vielmehr nur ein Bild über das Typische erwarten dür- fen und die Grenzen im Vorkommen resp. die dafür charakteristi- schen Beispiele entsprechend auszuwählen haben. Es ist ebenso unmöglich, alle diese Unregelmässigkeiten auf Karten von 1: 25000 Maassstab sämmtlich zur Darstellung zu bringen, als es andrer- seits nur bei Probearbeiten, wie die vorliegende, nothwendig ist, so weit gehende Aufschlüsse auf kleinem Raume zu gewinnen und es bei den gewöhnlichen Aufnahmen wegen Kosten, Zeit und Be- schleunigung der Herstellung der Karten nicht zulässig ist, die Specialuntersuchung so weit auszudehnen. Es wird nur über- haupt auf die Unregelmässigkeit dieses Vorkommens gegenüber den Distrieten, wo eine grössere Gleichmässigkeit auftritt, hinge- wiesen werden müssen. Alle übrigen wissenschaftlichen und praktischen Erläuterun- gen sowie die Analysen der einzelnen geologischen Ablagerungen und Bodenarten sind von der Karte fortgelassen, weil sie besser in dem Texte zu derselben ihre Stellung finden. Einzelne der- artige analytische Bestimmungen brauchen nicht grundsätzlich von der Karte ausgeschlossen zu werden, sie würden aber in der Karte nur Aufnahme finden können, wenn sie als besonders charakteri- _ stisch und werthvoll für bestimmte Zwecke anzusehn sind. Die zahlreichen Bemerkungen und Zusätze, wie sie Herr von Ben- nigsen-Förder den kürzlich veröffentlichten „Bodenkarten“ der Umgegend von Halle hinzugefügt hat, würden offenbar auch zweck- mässiger in die Erläuterungsberichte zu den Karten verwiesen sein; die Einfachheit des Kartenbildes leidet dadurch nur gar zu leicht und es ist die wichtigste Aufgabe der Kartographie, dass die Darstellung nicht verwirrend wirkt. Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben und zur Landesecultur. Der Grund und Boden der Umgegend von Rüdersdorf zeigt in deutlicher Weise, dass abgesehen vom Klima die geognostischen Grundlagen in erster Linie entscheidend sind für die sich daran knüpfenden geographischen Eigenthümlichkeiten. Ausser der natürlichen Beschaffenheit des Landes sind es namentlich die Ansiedelungsverhältnisse, die Zahl der bewohnten Orte, die verschiedenen Arten des Erwerbs, die Bevölkerungs- dichtigkeit, die Beziehungen von Feld, Wiese, Wald und der- gleichen, welche davon in erster Linie abhängig sind. I. Die Ansiedelungen. Ursprünglich mag die Bodencultur den ersten Anlass zur Errichtung fester Wohnsitze gegeben haben und dieselbe ist lange _ Zeit das wichtigste und einzige Moment für das Wirthschaftsleben gewesen. Es wird angegeben, dass die Widerstände des Unter- srundgesteins bei der Pflugcultur zuerst (im 13. Jahrhundert) auf das wichtige Kalksteinlager aufmerksam gemacht haben. In der neueren Zeit sind die Bergwerksindustrie (in der Aus- beutung des Kalksteins) und die Ziegeleiindustrie (in der Verar- beitung des geschiebefreien Thonmergels zu gebrannten Steinen und dergleichen) als wichtige Factoren für die Erwerbsthätigkeit hinzugekommen und dieselben haben an den bezüglichen Stellen die Ansiedelung von dem Culturwerth des Bodens unabhängig gemacht. 90 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [240] Wenn die landwirthschaftliche Cultur sich allmählig von den besseren auch über die schlechteren Bodenarten ausgedehnt und die Bedingungen der Kornproduction und der Ernährung erweitert hat, so ıst in diesen technischen Werken wirthschaftlich ein anderes Moment die Haupttriebfeder, d. ı. die Nähe und der Oonsum einer grossen Stadt, welche das für sie nothwendige Material aus grösserer Ferne heranzuziehn gezwungen ist. Und wenn diese grossen Be- völkerungscentren auch auf den landwirthschaftlichen Betrieb von grossem Einflusse sind, so ist dies bei dieser Production technischer Art noch in höherem ‘Grade der Fall und hat auf die Ansiede- lungsverhältnisse bestimmend eingewirkt. Die Ortschaften gehören im Wesentlichen den Höhenlagen und dem Plateau an, der geognostischen Grundlage nach dem Diluvium, während in der wasserreichen und meist moorigen Nie- derung die Ansiedelung mehr Schwierigkeiten gefunden hat. Auch in der Nähe des Muschelkalks sind die dort für die Arbeiter- bevölkerung mehrfach nothwendigen Neubauten mehr auf der der Lage nach gesunderen Höhe und am Abhange, als in der Niede- rung errichtet worden. Was die Natur des Bodens betrifft, so ist es abgesehn von den Kalkbergen meist der Geschiebemergel mit seinen mehr oder weniger mächtigen Auflagerungen, welcher den bewohnten Plätzen zur Grundlage dient, und werden auch die Beziehungen zum Was- ser und zur Bodenfeuchtiskeit von dem Vorhandensein und den Niveauverhältnissen desselben im Untergrund wesentlich bedingt. Die meisten Orte liegen ausserdem auf der Höhe in der Nähe der erwähnten wasserreichen Thalniederung, welche das Plateau von N.O. nach S.W. durchschneidet und als Wasserstrasse für den Verkehr grosse Bedeutung hat, namentlich für den Transport des Kalksteins, des daraus gewonnenen gebrannten Kalks und der gebrannten Thonsteine nach Berlin. Für diese Zwecke ist in der neueren Zeit sogar eine Anschlussbahn zur Ostbahn mit dem End- punkt S.W. Tasdorf und für den Kalktransport bis auf den Kalk- rücken fortsetzend angelegt worden. Der grosse Einfluss des Kalksteinbruchs auf die Bevölkerungs- ee [241] I. Die Ansiedelungen. Sl: zahl geht aus nachstehenden Ergebnissen der Volkszählung vom Jahre 1875 hervor: Becchof,, .. ... TRETEN 37 Einw., Rüdersdorf, ne karsterei et i a Ale - Gemeinde incl. N En Rüders- dorfer Grund . . . Br 82a - Kalkberge incl. Se 20 = Tasdorf inel. Bergbrück und Schulzenhöhe . . . 1384 - eedosianel,; Kietz dns, 1nlad 3 ar Date DD = 6800 Einw. II. Das Verhältniss von Wald, Feld und Wiese. Für die zweckmässigste Grösse dieser einzelnen Culturflächen sind ebensowohl die allgemeinen volkswirthschaftlichen Verhältnisse - mit Bezug auf Bedarf, Preis, Absatz und dergleichen als die Natur und der Wechsel der Profile und des Terrains, die Lagerungs- und Feuchtigkeits-Verhältnisse entscheidend. Im Gebiete der Karte ist die wasserreiche moorige Niederung im Wesentlichen Wiesenboden und bei der in der Regel vorhan- denen Grundnässe hierfür am meisten geeignet. Nur einige kleine Flächen sind bei geeigneter Lage zu Gartenland benutzt worden. Für Ackereultur und besonders den Anbau von Winterhalmfrüch- ten ist eine andre Regulirung des Grundwasserstandes sowie eine veränderte Zusammensetzung des oberen Bodens die wichtigste Bedingung. Das diluviale, muldis-wellige Plateau ist im Wesentlichen der Grund und Boden für Acker- und Waldbau und zwischen beiden theilt sich das Areal in der Weise, dass der Geschiebemergel mit seiner normalen resp. nicht zu weit davon abweichenden Boden- decke dem ersteren, dagegen bei starker Auflagerung von Sand und Kies und bei im Niveau zu sehr wechselndem Terrain, ferner die tiefen Sandprofile dem letzteren zufallen. Da der Wiesenboden durchschnittlich feuchter als der Acker- und Waldboden ist, so sind die Bedingungen für organische Assimi- lation und für die Anhäufung organischer Stoffe im Boden darin 92 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landesecultur. [242] im Allgemeinen günstiger als bei den letzteren. Die vegetative Thätigkeit wird im Wiesenboden durch die extremen Trockniss- perioden nicht so unterbrochen und die Oxydations- und Verwe- sungsprocesse der organischen Substanz sind gegenüber dem stärker durchlüfteten Höhenboden verlangsamt. Der Wald hat mit der Wiese das Uebereinstimmende, dass der Boden in seinem Gefüge in der Regel künstlich nicht geän- dert und auf Zerstörung des demselben verbleibenden Humus nicht hingewirkt wird, wie es beim Ackerboden durch Pflugeultur und Bestellung in so hohem Grade der Fall ist. Zu den in den Wur- zeln verbleibenden Rückständen kommt beim Wald noch der jähr- liche Blattabfall, so dass von der Summe organischer Production hier dem Boden procentisch am meisten zu Gute kommt. Der Wald gewährt ausserdem eine durchschnittlich bessere Beschat- tung, der Boden erwärmt sich relativ weniger und es wird auf eine gleichmässige Vertheilung der Niederschläge hingewirkt. Es liegt in diesen Verhältnissen begründet, dass der Wald im Durchschnitt mehr auf Melioration des Bodens mit Bezug auf Humusanreicherung hinwirkt, als es beim Ackerboden der Fall ist, in welchem die Verhältnisse für Zerstörung der organischen Substanzen weit günstigere sind und künstlich periodisch gestei- gert werden. Die Waldfrage ist deshalb um so bedeutsamer, je geringer die allgemeine Fruchtbarkeit eines Bodens und die Rente von dem zur Benutzung nothwendigen Capital ist, je mehr ferner beständig auf Bindung des in Bewegung befindlichen Bodens resp. Mässigung der ihn bewegenden Einflüsse hingewirkt werden muss. Manche beim Uebergang der Diluvialzeit zur Gegenwart gebildeten Flugsandkuppen sind durch die Waldbedeckung und die im Laufe (der Jahrtausende im oberen Boden angehäuften organischen Rück- stände zum Stillstand gekommen. Es ist hier ein Raub an der Natur, wenn derartiger Boden, wie es bei Woltersdorf geschehen ist, in Ackerland verwandelt und die darin angehäuften Humus- verbindungen dadurch künstlich zerstört, der gelockerte Sand den wechselnden Winden zur Verschlechterung des benachbarten Ter- vains wieder anheimgegeben wird. | [243] I. Das Verhältniss von Wald, Feld und Wiese. 93 So wenig man seitens der öffentlichen Gewalten in die auf die Ausnutzung des Privateigenthums gerichtete Thätigkeit unbe- rechtigt eingreifen soll, so sehr ist der Staat befugt, eine derartige allsemein schädliche und den Nachbar mitgefährdende, niemals wieder gut zu machende Benutzung des Grund und Bodens zu verbieten. Es giebt keinen Fall, in welchem die Privatinteressen und die allgemeinen Staatsinteressen mehr übereinstimmen. Es würde dadurch der im Interesse des Klimas nützliche resp. noth- wendige Waldbestand innerhalb des Staatsgebietes mehr gesichert sein, am meisten allerdings, wenn, wie es nicht dringend genug empfohlen werden kann, der sogenannte absolute Waldboden mög- liehst im Besitze des Staates ist, resp. von demselben ange- kauft wird. Ich unterlasse es, die wünschenswerthe Grösse des Wald- bestandes im Verhältniss zum Gesammtareal mit Bezug auf Klima und die allgemeine Volkswirthschaft hier näher zu erläutern. Es sind das Fragen, welche überhaupt nur im Grossen und auf wei- teren Länderstrecken nach ihren tellurischen und wirthschaftlichen Consequenzen gewürdigt werden können und welche betreff ihrer Begründung eine weitere Ausführung voraussetzen. Die Ueber- zeugung muss sich jedoch dem Beobachter bodenwirthschaftlicher Verhältnisse im Gebiete der Karte unabweislich aufdrängen: ‘dass die normalen Grenzen von Ackerbau und Waldbau durch Beschränkung des letzteren zu Gunsten einer grösseren Ackerfläche, dagegen durchaus nicht ım Interesse ihrer wirthschaft- lichen Ergebnisse weit überschritten sind. Sowie die Privatwirthschaft durch eine derartige zu grosse _ Ausdehnung des gepflügten Bodens leidet und eine nachtheilige Zersplitterung der vorhandenen Arbeitskräfte und des Capitals sowie sehr unsichere und durchschnittlich geringe Erträge die Folge davon sind, so leidet in gleicher Weise auch die Staatswirthschaft und die Bodengrundlagen werden dadurch nicht zu einer ergie- bigeren Quelle des Volkswohlstandes — sondern entgegen- gesetzt der Verarmung. 94 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [244] Es wird dies schlimme Resultat aber nicht durch andre Vor- theile aufgewogen, sondern es wird noch gesteigert dadurch, dass das Ausrauben des oberhalb im Laufe der Zeit etwas angerei- cherten Waldbodens den im Interesse des Ganzen nothwendigen Waldbestand zu sehr verkleinert und zu einer Vergeudung dieses wichtigen und normal zu erhaltenden Capitalobjects Veranlassung giebt. Es ist also auch in diesem Sinne ein Gegenstand — nicht der Bereicherung des Staates, worauf mit allen Mitteln hingestrebt werden sollte, sondern — der Verarmung. Man muss sich diese Consequenzen nur so klar wie möglich machen und die zur Abhülfe wünschenswerthen Einrichtungen be- stimmt ın’s Auge fassen. Die Productionsfactoren sind m der neueren Zeit in den Arbeitskräften entschieden theurer geworden, das gewonnene Korn hat aber unter dem Einflusse einer sehr weiten Concurrenz im Werthe nicht zugenommen. Wohin muss bei derartigen Verhältnissen eine fortdauernde Vergeudung des Bodencapitals führen, wenn nicht eine vernünftigere Art der Bodenbenutzung an die Stelle tritt? Das Vorstehende mag hinreichen, um zu erweisen, wie hier die wichtigsten staatswirthschaftlichen Interessen in Betracht kommen, deren möglichst günstige Regulirung zu den bedeutendsten Fragen der Zeit und des Landes gehört. Die Einzelnheiten betreff eines angemessenen Verhältnisses von Wald, Feld und Wiese werden sich aus den nachfolgenden Erläuterungen weiter ergeben. III. Bodenwerth und Bodencultur. a. Werth und Cultur der Wiesen. Die Höhe und der Wechsel des Grundwasserstandes, die Natur und Menge der dem torfisen Humus im Boden beige- mengten mineralischen Gemengtheile sowie die mit dem Wasser zugeführten Pflanzennährstoffe sind für den Werth wesentlich entscheidend. Der zu hohe Wasserstand ist wegen der Natur der im Boden bei Luftabschluss vor sich gehenden chemischen Processe („Säure- bildung“), für die meisten guten Wiesenpflanzen nachtheilig. Un- [245] III. Bodenwerth und Bodencultur. 95» mittelbar am Wasser, wie am Stienitzsee, ist deshalb (auch wegen schwierigerer Gewinnung) eine geringere Wiesenclasse, wie nach dem Plateaurande zu, wo der Boden etwas ansteigt, günstigere Feuchtigkeitsverhältnisse und damit eine mehr normale Thätigkeit zeigt, in der kegel vom Thalrande her auch mehr unorganische Verbindungen zu der im Ueberschuss vorhandenen Torfmasse zu- geführt erhalten hat. Vielfach ist letzteres durch Beimengung von Wiesenkalk auch im tieferen Wasser der Fall gewesen und der Kalk hat hier überhaupt mit Bezug auf die im Boden vor sich gehenden Processe einen günstigen Einfluss. Am Stienitzsee steigt der Bodenwerth aus diesen Gründen vom See westlich bis zum Thalrand von der 7. bis zur 5. Wie- senclasse und in den übrigen Theilen der Thalniederung in ähn- licher Weise. Hätte der See noch um einige Fuss gesenkt wer- den können, so würden diese Verhältnisse in seiner Nähe noch andre geworden sein, ja es kann durch “eine zu tiefe Senkung des 'Wasserstandes partiell das Gegentheil eintreten, dass der Boden- werth abnimmt, wenn dadurch der obere Boden und damit die Grasvegetation dauernd oder periodisch an Trockniss leidet. An einigen Stellen der Thalniederung tritt bei nach Feuch- tigkeit und Zusammensetzung günstigen Verhältnissen des Bodens auch die vierte Wiesenclasse auf. Aus vorstehenden Auseinandersetzungen ergiebt sich, wie mannigfaltig die Beziehungen sind, welche auf den Bodenwerth Einfluss haben und wie hier geringe Niveaudifferenzen für die Bonität schon von Wichtigkeit sind. Bei einer andern Gelegenheit und einem Maassstabe der Karte von 1:5000 sind von mir zu diesem Zwecke noch Niveau- zwischencurven mit einem Fuss Abstand ın der Niederung einge- tragen worden, bei einem Maassstabe von 1:25000 hat dies aber naturgemäss Schwierigkeiten. Aber auch bei den fünffüssig abstufenden Niveaucurven lässt sich durch Vergleichung aus der Karte Manches entnehmen. Der Stienitzsee hat eine Wasserhöhe von 114 Fuss und an seinem Rande wird der Boden durch die Horizontale 115 Fuss bezeichnet. Bis zum Thalrande steigt derselbe bis 120 Fuss, also 96 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landesecultur. 246] 6 Fuss über den Seewasserstand und steigert damit den für die Bewurzelung und Ernährung oberhalb des Wassers vorhandenen Bodenraum. In vielen andern Fällen sind die Niveaudifferenzen innerhalb der jüngsten Thalbildungen allerdings viel geringer und lassen sich bei dieser Abstufung der Niveaulinien nicht mehr ersehn. Das Genannte mag zugleich als Beispiel dienen, wie wichtig eine genaue Niveaukarte praktisch betreff der Charakteristik der Bodengrundlagen ist, wie bedeutsam andrerseits manche äussere Verhältnisse den Productionswerth eines geognostisch und petro- graphisch in bestimmter Weise zusammengesetzten und nachge- wiesenen Bodens beeinflussen, wie nichtig und werthlos es hier also sein würde, absolut bestimmte Bodenclassen auf der Karte zum Ausdruck zu bringen. Es ist hier das entsprechende Verständniss der Bodengrund- lagen durch die Karte, worauf es allein ankommen kann. Die Natur und der Werth der Wiesennarbe documentirt sich namentlich durch das Auftreten der kalkreichen Kleepflanzen aus der Familie der Leguminosen und ist darauf der Kalkgehalt des Wiesenbodens von einem gewissen Einfluss. Die Menge der blut- bildenden Proteinstoffe im Futter wird durch diese stickstoffrei- chen nährenden Blattpflanzen wesentlich gesteigert. Besonders deutlich ist der Einfluss des Bodens auf den Pflan- zenbestand an der südlichen Seite des Stienitzseces wahrzunehmen, wo local 0,5 Meter muschelführender Sand dem Torf aufgelagert ist. Dieser von unten frisch gehaltene Sand hat physikalisch dem Moor gegenüber die günstige Eigenschaft, dass er bei wechseln- dem Wassergehalt und unter dem Einflusse des Frostes die für die Bewurzelung und Ernährung so überaus nachtheilige Ver- mehrung und Verminderung des Volumens fast gar nicht aufzu- weisen hat und den Pflanzen dadurch einen sicheren und günsti- geren Standort bietet, ganz abgesehn von der Erhöhung des Niveaus gegenüber dem stauenden‘ Grundwasser und von der geringeren capillaren Wasseraufsaugung. Die Bodenthätigkeit ist im kalkhaltigen Sande eine günstigere und erklärt sich dadurch der schöne klee- und kräuterreiche Pflanzenbestand darauf. nn eh En _ menden —_ _ mo Du mn een U mm mm _ 4m ng nn > mr m 1m mn m m [247] III. Bodenwerth und Bodenecultur. 97 Die Natur hat hier auf kleiner Stelle durch die mechanischen Einflüsse des Wassers bewirkt, was an andern Orten auf dem Moor künstlich und mit grossen Kosten zur Ausführung gebracht wird: d. ı. die Bedeckung desselben mit einer Sandschicht. Die auf moorigen Wiesen seit lange übliche Methode ist in der neueren Zeit durch Herrn Rimpau auf Mooren von nicht mehr als 1,5 Meter Mächtigkeit mit Sandunterlage systematisch durch Aufbringung einer dünnen Sandschicht von 1— 14 Decimeter Mächtiskeit aus dem Untergrunde mit grossem praktischem Erfolge ins Werk ge- setzt worden und hat dadurch eine steigend grössere Bedeutung für die Landescultur bekommen, namentlich da, wo sich der Was- serstand entsprechend reguliren lässt. -Es wird durch eine derartige Resulirung unter entsprechender Vermehrung der nothwendigen mineralischen Pflanzennährstoffe aus oft geringwerthigen Wiesen ein vorzüglicher Boden für die Ackercultur gewonnen, wie von Herrn Rimpau auf den Dröm- lingssmooren der Provinz Sachsen auf vielen hunderten von Morgen erwiesen ist. In dem Gebiete der Karte sind die Bedingungen für die Rimpau’sche Melioration des Moorbodens bei dem meist sehr hohen Grundwasserstande und sehr mächtigen Moormassen fast nirgends vorhanden. Auf die in das Plateau eingesenkten moori- sen Pfühle und Lücher würde bei ihren grossentheils geringen Dimensionen das Aufbringen von Sand von den Abhängen zur Seite jedoch keine Schwierigkeiten haben. Um aus dem wasserreichen Moorgrund in der Niederung am Kalkgraben brauchbaren Gartenboden zu erhalten, wird von den Bewohnern von Alte Grund Sand künstlich zu Schiff angefahren und über den weichen Untergrund verbreitet. Der dadurch ge- wonnene frische Sandboden über Moor mit ziemlich gleichmässi- gem Grundwasserstand hat manches Aehnliche mit dem zu wis- senschaftlichen Vegetationsversuchen angewendeten feuchten Sand, worin durch Zusatz der einzelnen unorganischen Pflanzennährstoffe durch Herrn Hellriegel die schönsten Pflanzenculturen erzogen werden konnten. 98 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [248] Der Culturwerth der genannten Moorbrücher innerhalb des Plateaus ist in der Regel durch die von den benachbarten Höhen zugeführten unorganischen und mehr lehmigen oder mehr sandigen Anschwemmungen etwas beeinflusst, während die Zufuhr von Pilanzennährstoffen durch das Flusswasser wegfällt. In der Vege- tation zeichnen sie sich zum Theil, wie die kleinen Lücher west- lich von Tasdorf, durch das Vorkommen von Sphagnum (Torf- moos) aus und lässt dies auf eine ausserordentliche Armuth von Kalkverbindungen schliessen, während in der Flussthalniederung Kalk sehr verbreitet auftritt. Schimper hat diesen Unterschied des kalkreichen oberen Rheinthales gegenüber dem Sphagnum führenden Mooren der benachbarten Höhen früher bereits nach- gewiesen. Die Sphagnum führenden Brücher des Plateau beweisen, wie kalkarm der Boden sogar in diesen Mulden des Geschiebemergels - über verhältnissmässig kalkreichem Untergrunde werden kann und geben damit auch wichtige Andeutungen bezüglich der Bewirth- schaftung des kalkarmen Ackerbodens. ’ Die kleinen Pfühle haben einen sehr wechselnden Wasser- stand und eine im Kleinen sehr unregelmässige Oberfläche, welche der Nutzung besondere Hindernisse entgegensetzt. Sie gehören deshalb zur letzten (achten) Wiesenclasse. Zum Theil sind sie zu klein, als dass die Melioration einen besonderen Werth haben könnte, welche hier durch den benachbarten Sand überall leicht möglich ist. Es geht jedoch in diesen wirthschaftlichen Dingen zum Theil so, wie mit dem Pfennig in der Tasche, dass auch die kleinen. Werthe ihrer Grösse nach beachtet werden müssen, die in der Regel erst durch ein mehrfaches Summiren sich zu bedeutenden Werthen zusammensetzen. Die Moordistricte haben für die Bodencultur im Durchschnitt den grossen Vortheil, dass die Vegetation darauf durch übermässige Dürre nie so geschädigt wird, als bei den tiefen trocknen Sand- profilen der Höhe und dass die Erträge darauf deshalb eine weit grössere Sicherheit darbieten, in vielen Fällen überhaupt weit mehr gesteigert werden können. Sie verdienen deshalb betreff ihrer [249] III. Bodenwerth und Bodeneultur. 99 Cultur weit mehr Sorgfalt und Beachtung, als ihnen bis jetzt meist zu Theil geworden ist. Ihrer Zusammensetzung nach sind sie meist stickstoffreich und an den wichtigsten mineralischen Pflanzennährstoffen, beson- ders an Kalı, arm. Die Beigabe von Kalisalzen hat hier deshalb für die Vegetation durchschnittlich den günstigsten Erfolg gehabt. Betreff ihrer Melioration sind bei grossen Flächen praktisch die Mächtigkeit derselben, die Natur des Untergrundes und die Regulirbarkeit der Feuchtigkeitsverhältnisse besonders beachtens- werth und wird es dadurch bedingt, wie weit überhaupt eine Verbesserung oder Aenderung der Cultur angezeigt ist. Es muss hier, und so überhaupt im Ackerbau, zunächst vielfach das Bestre- ben sein, die physikalischen Verhältnisse des Bodens günstig zu gestalten, wodurch überhaupt erst die in erhöhtem Grade zuge- fügte Pflanzennahrung entsprechend zur Wirkung kommen kann. Wird letztere durch jene nicht entsprechend unterstützt, so ist es eben ein todtes Capital, welches dem Boden anvertraut wird. Das Gesetz des Minimums jedes der nothwendigen Pflanzennährstoffe erstreckt sich in dieser Hinsicht auch auf die Erfüllung der ein- zelnen Bedingungen des Wachsthums in physikalischer Hinsicht. Auf die Werthsverhältnisse kann dadurch nach Vermehrung oder Verminderung künstlich ein erheblicher Einfluss geübt werden, wie die Senkung des Stienitzseees durch Thaer beweist. b. Werth und Cultur des Ackerlandes. Es ist schon ausgeführt, dass dasselbe fast ausschliesslich den höher gelegenen Stellen des Terrains angehört. Nur an wenigen Punkten der Niederung, wie am Stolpgraben und ın der Nähe des Mühlenfliess, ferner an einer kleinen Stelle in der südöstlichen Ecke der Karte (hier auf Thalsand) kommt dasselbe in der Tiefe vor. Wie schon beim Wiesenboden auseinandergesetzt, ist es die Erhebung des Bodens über den Grundwasserstand, wodurch die regelmässige Feldeultur ermöglicht wird und ist das Vorhanden- sein und der Wechsel der Feuchtigkeit im Untergrund ein wich- tiges Moment für die Bonität. Entgegengesetzt leidet bei. sehr tiefem Grundwasserstand der Sand oberhalb an Trockniss und die 7* 100 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [250] flachwurzelnden Pflanzen kommen mit ihrer Entwickelung zum Stillstand. Ein Niederungssand mit wenigen feinerdigen Theilen kann in solchen Fällen auch sehr unfruchtbar sein. Bei günstigen Mischungs- und Feuchtigkeits- Verhältnissen steigt der Bodenwerth in den Niederungsgebieten der Karte bis zur 3. Ackerclasse, im ungünstigen Falle kommt auch die 7. Acker- classe vor. Für das zum Diluvium gehörige Höhenfeld ist, wie früher schon erwähnt, der Geschiebemergel die wichtigste Grundlage und die Natur und die Mächtiskeit der Auflagerungen sind für den Culturwerth desselben wesentlich entscheidend. Es sind die früher besprochenen Processe der Ausspülung, Entkalkung, Entthonung und Verschwemmung, ferner die Mischung und die Anreicherung an Humus, welche hierfür eine besondere Bedeutung gehabt haben. Ob bei dem Uebergange von der Diluvialzeit zur Gegenwart die lehmigen Theile dem oberen Boden mehr oder weniger verloren gegangen, oder reiner Sand und Kies auf oder zwischen gelagert sind, ob ferner die Lagerungsverhältnisse des Untergrundes auf Vermehrung oder auf Verminderung des aus der Atmosphäre niederfallenden Wassers im Boden hinwirken und der obere Boden unter den natürlichen Einflüssen dieser Uebergangszeit eine gewisse Humusbeimengung erhalten hat oder nicht, — Alles dieses ist bei der Beurtheilung der Bonität sehr zu berücksichtigen. Die Humus- anreicherung im oberen Diluvialboden ist im Gebiete der Karte allerdings meist eine sehr geringe. Nachstehende Uebersicht mag als Schlüssel zur Beurthei- lung dieser Verhältnisse dienen. Sie bezieht sich auf die natür- lichen Factoren oder die geologischen Constanten des Bodenwerthes, abgesehen von den Cultureinflüssen des Menschen, welcher darauf immerhin eine nicht unwesentliche Einwirkung zu üben vermag. Es ist aber hier ebensowohl eine künstliche Melioration wie Dete- rioration des natürlichen Bodenwerthes möglich und wird man von der geognostisch-agronomischen Karte nicht verlangen können, dass derartige Verschiedenheiten zum Ausdruck gelangen. Es sind hier vielmehr die constanten oder wenig veränderlichen Fac- toren des Bodenwerthes, welche zum Ausdruck gelangen sollen. 3 | [251] II. Bodenwerth und Bodencultur. 101 Die Beziehungen der Bodenprofile zur Bonität. Das typische Profil ist: - L ind. LS M S Höhensand- profil Thalsand- profil Besondere Eigenthümlichkeiten Entspricht der Ackerclasse Vorkommen Höherer ehelt au leh- migen Theilen. Oberhalb wechselnd eine kleine An- reicherung an Humus und. gute Mischung. Bei schlechterer Mischung, weniger lehmi- gen Theilen resp. Ueber- sang zu schwach lehmi- gem und gemenstem Sand u. bei unregelmässigerem Vorkommen ist die Olassi- fication dienebenstehende. Mächtigkeit, Mischung, Lehm- u. Humus-Gehalt im oberen Boden sowie die Feuchtigkeit im Unter- grund sind für die Classen entscheidend. Eine bereits erhebliche Sandauflagerung und der qualitativ geringe Ober- boden bedingen Wegen Trockenheit, Mangel an Bindung und Nährstoffarmuth am nie- drigsten in der Bonität. Die grössere Frische des Untergrunds u. die stau- | bige, eisen- und humus- haltige Oberkrume bedin- gen gegenüber dem vo- rigen Profil einen höheren Bodenwerth. ES. IV. EV. MeV IV IV. NT NASE „NE NONE VEN DAL Dorf Rüdersdorf, Vor- werk Rüdersdorf und Hort- winkel West. Tasdorf, Woltersdorf, Vogelsdorf (nahe der Nord- westecke der Karte.) Berghof, Tasdorf, Wolters- dorf, Unterförsterei Kalksee und Seebad Rüdersdorf. - Tasdorf, Vorwerk Grüne- linde, Woltersdorf, östlich Rüdersdorfer Grund und östlich Dorf Rüdersdorf. Gut Rüdersdorf in der Nähe des Stienitz- u. Krien- see, zwischen Colonie Hin- terberge und Alte Grund, östlich von Hortwinkel. An kleiner Stelle mn der Südostecke der Kartebei der Unterförsterei Buchholz. Auf die angegebenen Ackerclassen bezieht sich die Mächtig- keit, wie sie an den bezeichneten Stellen aus der Karte ersehn werden kann. Die Tabelle zeigt, in wie hohem Grade die Bodenprofile als Bonitirungsmerkmale benutzt werden können. Die geognostisch- ‚agronomische Karte wird in gewissen Grenzen zu einer Bonitirungskarte 102 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landeseultur. [25 2] und sie giebt um so richtigere und werthvollere Resultate, je mehr die Beschaffenheit der oberen und durch Cultureinflüsse ver- änderlichen Krume neben der Niveau- und Profilkarte berück- sichtigt wird. Diese Uebersicht mit Bezug auf Gerst-, Hafer- und Roggen- Boden neben den angegebenen Ackerclassen noch weiter zu vervoll- ständigen — hat bei der Unbestimmtheit dieser Begriffe kein weiteres Interesse. Die je nach Mächtigkeit und Lagerung auf Vermehrung oder Verminderung der Feuchtigkeit wirkenden Einflüsse sind es nament- lich, welche hier den Bodenwerth so wesentlich bedingen. Der mit S bezeichnete tiefe und trockne Sandboden ist deshalb für Ackercultur so undankbar, weil die atmosphärische Feuchtigkeit zu rasch wieder verloren geht und der durch entsprechenden Wassergehalt begünstigte Theil der Jahresperiode hier ein mini- maler ist. Dies ist naturgemäss da am meisten der Fall, wo, wie zwi- schen Kriensee und Mühlenfliess, die Austrocknung durch das abfallende Terrain noch befördert wird und die trocknen thon- armen Sande daselbst haben deshalb wie die geringste Waldboden- classe, so auch die niedrigste Ackerclasse (achte Olasse). Wäre dieser Sand hinreichend frisch, so würde die unorganische Boden- kraft auch dieses armen Bodens noch für weit grössere Erträge ausreichend sein, als es so der Fall ist und zeigt sich hier an diesen Beispielen, wie auch beim Ackerboden das physikalische Verhalten für die Bonität in erster Linie entscheidend ist und meist mit weit grösseren Schwierigkeiten regulirt werden kann, als es beim Wiesenboden möglich ist. Die für die Pflanzenvegetation nothwendigen Nährstoffe lassen sich auch mit weit geringeren pecuniären Opfern zuführen, als die Regulirung der Feuchtigkeit und Wärme bei so extrem trockenen und „heissen“ Bodenarten erfordern würde. Muss in einem nassen Boden die Feuchtigkeit vermindert werden, um dadurch die entsprechende Thätigkeit zu gewinnen, so ist diese Regulirung durch Dränage weit leichter und für ge- [253] III. Bodenwerth und Bodencultur. 103 ringere Kosten. möglich und sie ist deshalb in ihren Erfolgen oft so ausserordentlich dankbar. Der tiefere Untergrund, wie er durch das Profil angedeutet wird, hat für die leicht austrocknenden Bodenarten der Oberfläche eine so grosse Bedeutung, weil dadurch dem Wasserverlust etwas vorgebeugt wird. Die anhaltenden Schichten des Untergrundes halten dasselbe fest und lassen es je nach der Bewurzelungstiefe der Vegetation mehr oder weniger zu Gute kommen. Das Profil ist deshalb der bedeutendste Factor für die Fruchtbarkeit und es lässt sich leicht nachweisen, wie der Mergeluntergrund bei einer Tiefe von 1,5 bis 2 Meter auch auf die Güte des Ackerlandes stellenweise noch einen wesentlichen Einfluss hat. Von besonderer Wichtigkeit ist die Regelmässigkeit oder der _ Wechsel in dem Auftreten der Profile in benachbarten Terrains und die Ackercultur hat auf diese Verschiedenheiten um so mehr zu achten, als die dabei vorkommenden Arbeiten stets der Natur des Bodens anzupassen sind. Bei grossem Wechsel in den Pro- filen ist dies nicht entsprechend möglich, ebenso wenig wie die Früchte conform ausgewählt werden können. Es hat deshalb ein solcher Wechsel in den Profilen, wie er nicht selten bei ziemlich gleichmässig verlaufender Oberfläche vorkommt und nach der Natur derselben vielfach nicht erkannt werden kann, für den Ackerbau besonders grosse Nachtheile, weit mehr als wenn die einzelnen durch bestimmte Profile charakterisirten Flächen gleichmässig zu- sammenhängend sind. In der Vegetation macht auch der bessere Höhenboden durch eine Reihe von Schrindstellen dieses unregel- mässige Auftreten bemerklich, namentlich in Perioden der Trock- niss, wenn der Sand die Feuchtigkeit mehr verloren hat. Thaer bemerkt in der „Geschichte meiner Wirthschaft zu Möglın“ (Berlin 1815), dass er sich „in dem Flächeninhalt des guten Bodens auf Möglin (im Nordosten von Rüders- dorf etwa 4 Meilen entfernt) beim Kauf geirrt“ habe, indem er „solche schnelle Wechselung des Bodens praktisch nicht kannte.“ „Der Untergrund, wovon (die im guten Acker liegenden Schrindstellen) herrühren, wechselt hier gar zu mannigfaltig.“ 104 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landeseultur. [254] „Wenn man nicht allenthalben die Ackerkrume bis auf den Untergrund durchstechen kann, so ist es zu gewisser Zeit unmöglich sie — zu erkennen.“ In wie hohem Grade diese Beschreibung auch auf den Grund und Boden von Rüdersdorf Anwendung findet, ist in der geolo- gisch-pedologischen Abtheilung des zweiten Abschnitts hinreichend auseinandergesetzt worden und ist dies für die Bonität des mär- kischen Bodens ein wesentlicher Gesichtspunkt. Es ist eine Noth- wendigkeit, dass die geologischen Verhältnisse des Untergrundes für diese wichtigen Fragen in praktischen Kreisen mehr gewürdigt werden. Die gegenwärtigen physikalisch-ökonomischen Acker- classificationen kennen den Mergel der norddeutschen Ebene im Untergrunde meist überhaupt nicht und würdigen die Verschie- denheiten des Untergrundes und des Profils nicht in genügender Weise. Sie geben deshalb kein Bild des vorhandenen Bodens oder bleiben in der Oberfläche desselben sitzen. Die Missgriffe in der Beurtheilung des Bodens werden deshalb dadurch nicht vermindert, sondern vermehrt und jährlich gehen dadurch Tausende verloren, indem der Boden nach seiner Oberkrume auf der einen Seite zu günstig, auf der andern Seite aber auch zu gering beur- theilt wird. Es ist unzweifelhaft, dass dadurch die gegenwärtige Classification und alle diejenigen, welche die Profilverhältnisse nicht berücksichtigen, als culturschädlich aufzufassen sind und wird man sich dieser Thatsache klar und bestimmt bewusst werden müssen, im Interesse der Einzelwirthschaft wie des Staates. Was die Feldcultur des Höhenbodens betrifft, so hat man sich zunächst klar zu machen, welches Areal resp. mit welchen Profilen überhaupt den Ackerbau noch bezahlt oder nicht. Die Einführung wichtiger neuerer Blattgewächse, namentlich der Lupi- nen, hat vielfach den Erfolg gehabt, dass der Feldbau auf Un- kosten des Waldes zu weit ausgedehnt ist, wie es durch den Satz ausgedrückt wird: Zu viel Land unter dem Pflug. Es ist nothwendig, darauf aufmerksam zu machen, dass die tiefen trocknen Sandprofile der Höhe, ferner der Geschiebemergel und Lehm mit bedeutender Auflagerung von reinem Sand und Kies sowie die Flugsanddistricte in der Regel den Ackerbau nicht [255] II. Bodenwerth und Bodencultur. 105 lohnen oder nur so lange, bis das darin oberhalb angehäufte Nähr- material verbraucht und die organischen Rückstände zerstört sind. Die Vernichtung der geringen, aber für den Sand sehr wich- tigen Humusbeimengung im Interesse weniger Ernten führt hier zu einer dauernden Verschlechterung des Bodens und diese An- reicherung ist ohne Anwendung besonderer Hilfsmittel nur“schwie- rig oder gar nicht wiederzugewinnen. Aller derjenige Boden, welcher im Wirthschaftsbetrieb nicht auf annähernd gleicher Höhe der Fruchtbarkeit erhalten werden kann und dessen Erträge abnehmen, ist von der Feldeultur ent- weder auszuschliessen oder der Betrieb so einzurichten, dass ein Gleichbleiben, wenn nicht eine Steigerung der Fruchtbarkeit be- stimmt anzunehmen ist. Man hat deshalb bei der Bewirthschaftung des norddeutschen Höhenbodens die möglichst dauernde Melioration desselben con- sequent im Auge zu behalten. Der in der Niederung vorhandene Torf und Moorkalk sowie die verschiedenen Mergel haben in dieser Hinsicht für die Boden- wirthschaft eine grosse Bedeutung, namentlich die letzteren und _ es wird dadurch die Möglichkeit geboten, dem oberen Boden zum Theil wieder zu ersetzen, was ihm unter den Einwirkungen des Wassers im Laufe der Zeit verloren gegangen ist. Es kann in dieser Hinsicht auf die Bedeutung der vorhan- - denen Thonmergel, namentlich des dolomitischen Röthmergels in Rüdersdorfer Grund nicht eindringlich genug aufmerksam ge- macht werden. In anderen Gegenden, wie in Hessen, ist der Röthmergel eins der wichtigsten Hilfsmittel für den Ackerbau. Es ist charak- teristisch, dass er zur Melioration hier noch nicht einmal versucht worden ist. Gegenüber dem sandreicheren Geschiebemergel lässt sich dadurch der Thongehalt des oberen Bodens durch weit gerin- gere Massen steigern und auch die Kalk- und Magnesia - Zufuhr dadurch ist beachtenswerth. Unter den Aschenbestandtheilen der Getreidekörner ist constant ein höherer Gehalt an Magnesia wie an Kalk. So ist dies Meliorationsmaterial für den Versuch drin- gend zu empfehlen und darauf aufmerksam zu machen, dass es 106 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [256] auch zu Schiff leicht und für wenig Geld nach benachbarten Orten transportirt werden kann. Es ist die physikalische Verbesserung des oberen Bodens. durch diesen Thonmergel, die Steigerung der Absorption, die Regulirung der Umsetzungsverhältnisse, worauf hier ein besonderer Werth gelegt werden muss und es ist deshalb für diese Zwecke weniger wichtig, dass der Gehalt an Phosphorsäure kein hoher, wenn auch immerhin beachtenswerth ist. Der Geschiebemergel ist für derartige Zwecke überall vor- handen. Die Bedeutung desselben für die Wirthschaft wird in der Gegenwart vielfach nicht entsprechend gewürdigt. Dem oberen Boden gehen jährlich gewisse Quantitäten an feinerdigen thonigen Theilen verloren.‘ Der Verlust schreitet, wenn auch in minimalem, kaum merklichem Verhältniss unzweifelhaft noch fort. Es muss dafür ein bestimmter Ersatz geschafft werden und sollte dies ın regelmässig bestimmter Weise periodisch, wie mit der Düngung der Ersatz von Pflanzennährstoffen und humosen Theilen, geschehn, am besten, indem der Mergel nebst Torf und den mergelis-humo- sen Anhäufungen der Niederung fortdauernd dem Dünger beige- mengt wird. Die höhere organische Production der Niederung, welche beständig das von der Höhe abfliessende Wasser nebst gewissen Bestandtheilen derselben zugeführt erhält und wovon ein Theil daselbst zur Ablagerung gelangt, kommt dadurch nebst den verloren gegangenen thonigen Theilen dem ärmeren Höhenboden zu Gute. Es ist hier nothwendig, wiederholt und fortgesetzt an die Mahnung Koppe’s, des bekannten Nestors der märkischen Landwirthschaft zu erinnern: „Je thoniger ein Ackerboden ist, um so höher lässt er sich durch genugsame Düngung in seiner Ertragsfähigkeit heben. Je sandiger aber ein Boden ist, um so beschränkter ist die erreich- bare Ertragsfähigkeit desselben für Getreide. * „Düngung allein bewirkt auf sandigen Bodenarten keinen vor- züglich hohen Getreideertrag.“ „Es giebt für jeden gegebenen Boden ein Maximum des Getreideertrags, der durch Düngung allein nicht zu übersteigen ist.“ [257] II. Bodenwerth und Bodencultur. 107 Möge die Mahnung eines der tüchtigsten Lehrer und Prak- tiker unter den märkischen Landwirthen nicht vergessen werden und fortgesetzt Beachtung finden! Nur durch die fortgesetzte physikalische Verbesserung des geringen märkischen Höhenbodens werden auch die reichlicher zugeführten und unentbehrlichen Pflanzennährstoffe zu lohnenderer Wirkung gelangen. Der kohlensaure Kalk ist in den angeführten Thonmergeln in fein vertheilter und wirksamer Form vorhanden, während in den Geschiebemergeln ein grosser Theil in der Form von Kalk- sand und Kies auftritt. Durch den Thonmergel lässt sich des- halb auch mit Bezug auf den Kalk ein rascherer Erfolg erzielen, als mit dem Geschiebemergel. Wo der Thonmergel in der Nähe fehlt, ist aber auch der Geschiebemergel wohl geeignet, einen regelmässigen Ersatz für den ständig verloren gehenden Kalk des oberen Bodens zu leisten. Und es werden demselben damit zugleich eine grosse Menge von verwitterbaren Mineralgemengtheilen, namentlich kalıreiche Silikate zugeführt. Die mitgetheilten petrographischen Bestimmungen über die Zusammensetzung der gröberen Gemengstheile im Normalboden des Geschiebemergels von Bahnhof Rüdersdorf haben den stärkeren Grad der Verwitterung und die Zunahme des unlöslichen Quarzes in der Ackerkrume deutlich ergeben. Je günstiger die physikalı- schen Verhältnisse des oberen Bodens durch die Vermehrung seiner thonigen und humosen Theile regulirt werden, um so rascher und gleichmässiger schreitet die Verwitterung und Auflösung der Sıili- kate in der oberen Krume fort. Es wird dadurch also in gleichem Sinne auf Vermehrung der Pflanzennährstoffe im Boden und auf gleichmässigere Wachsthumsverhältnisse hingewirkt. Durch eine fortgesetzte Anwendung derartiger Hilfsmittel lässt sich, wie manche Güter gezeigt haben, der obere Boden wesentlich verbessern und wird dadurch zugleich eine grössere Sicherheit der Erträge herbeigeführt. Und wenn man auch dieser Melioration in der neueren Zeit Manches mit Bezug auf die Aus- bildung einzelner Oulturgewächse (Kartoffeln) entgegengestellt hat, 108 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landesecultur. [258] es lassen sich auch dem gegenüber Mittel und Wege finden, um dadurch nicht behindert zu werden. Man soll nur die zu erstrebenden Ziele einer fortdauernden Melioration des Ackerbodens nicht aus dem Auge verlieren und vermag man derartige Nachtheile jedenfalls erheblich zu beschränken. Trotz der theurer gewordenen Arbeitskräfte giebt es genug Zeit im Jahr, wo sich für die Hebung der Bodencultur, für die Verbesserung der heimathlichen Scholle Land, von dessen Erträ- gen das Wohlergehn der zahlreichsten Menschenclasse abhängt, Vieles thun lässt. Der Standpunkt der möglichst ausgedehnten Erschliessung der im Boden liegenden Culturhilfsmittel muss hier sowohl im Interesse der vielfach nothleidenden Privatwirthschaft wie des Staats in den Vordergrund gestellt werden und ist dies nach seiner wissenschaftlichen Seite hin eine der wichtigsten Autf- gaben der geognostisch -agronomischen Untersuchung und karto- graphischen Darstellung des Landes. Es ist die möglichst loh- nende Benutzung dieser im Grund und Boden liegenden und mit verhältnissmässig geringeren Capitalmitteln zu hebenden Hilfsmittel, worauf ferner im praktischen Interesse, im Sinne der grossen Culturfragen des Landes nicht eindringlich genug aufmerksam gemacht werden kann. Die geognostisch -agronomische Aufgabe ist es, darauf hinzuweisen — es ist Sache der Praxis, davon den entsprechenden Nutzen zu ziehen. Es ist hier nicht der Ort, dies nach der landwirthschaftlichen Seite im Einzelnen näher auszuführen, es war aber nothwendig, hier auf den entsprechenden Standpunkt der Bodencultur gegen- über den gegenwärtig so vielfältig befolgten und zur Verarmung führenden Grundsätzen, resp. auf die dazu vorhandenen Meliora- tionsmaterialien aufmerksam zu machen. Die betreff der Bil- dung des vaterländischen Bodens mitgetheilten geologischen Aus- einandersetzungen mögen hier ebenfalls eine Mahnung sein, den darin sichtbaren Erscheinungen der Entthonung und Entkalkung im Betriebe praktisch Rechnung zu tragen. Nach praktischen Erfahrungen sei aber — „als Probe auf das Exempel“ — noch darauf hingewiesen, wie lohnend sich das consequent fortgesetzte Aufbringen von Erdmaterialien auf den Boden in den Erträgen in BEP ao Fee De I | i 1 | [259] III. Bodenwerth und Bodencultur. 109 Tausenden von Fällen, im Sinne des wirthschaftlichen Erfolges, der Nutzung des angewendeten und oft beschränkten Capitals und damit im Sinne des Wohlstandes und Reichthums praktisch erwie- sen hat. | Namentlich ist es der grosse Einfluss derartiger Meliorationen auf die Möglichkeit und die Erträge eines ausgedehnten Futter- baues, worauf im landwirthschaftlichen Interesse ein hoher Werth gelest werden muss und wodurch indirect auch die Kornpro- duction gesteigert wird. Im Uebrigen mögen hier die schönen Worte von Alexander v. Humboldt in seiner Einleitung zur deutschen Ausgabe des englischen Werkes von | „Ingenhoulz über Ernährung der Pflanzen und Frucht- barkeit des Bodens“ vom Jahre 1798 eine Stelle finden: „Die Manufacturen haben bereits mannigfaltisen Nutzen von den Entdeckungen der ..... Chemie gezogen. Herr Ingenhoulz zeigt uns, dass die edelste und wichtigste Beschäftigung der Men- schen, der Pflanzenbau, nicht mindere Vervollkommnung davon zu erwarten habe. Je tiefer wir in das Dunkel der organischen Mächte eindringen, je mehr wir von dem grossen Lebensprocesse errathen, durch den alle vitalen Erscheinungen im Tbier- und Pflanzenreiche bewirkt werden, desto eher dürfen wir hoffen, die Mittel aufzufinden, durch welche die schnellere Entwickelung der Organe und die Veredlung ihrer Säfte befördert wird. Sollte das Resultat dieser Untersuchungen auch sein, dass der Ackerbau nach eben der Methode fortgetrieben werden müsse, welche man durch das Ansehn mehrerer Jahrtausende unerschütterlich fest ge- gründet glaubt; sollten die künftigen Physiker selbst rathen, dass man die Erdarten wie bisher zu mischen, das Feld, wie bisher, zu düngen fortfahre: so würde jene Verbindung der Chemie und Oekonomie jedoch keineswegs so fruchtlos gewesen sein, als der rohe Praktiker uns zu überreden sucht.“ „Führt daher auch unsre erweiterte Naturkenntniss weder auf die Erfindung neuer Heilmittel, noch auf die einer noch nie gebrauchten kräftigeren Dungart — so wird sie doch wohlthätig genug für die Mensch- 110 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [260] heit sein, wenn sie unter entgegengesetzten Methoden wählen, die alltäglichsten, aber noch immer unenträthselten Phänomene erklären und einen causalen Zusammenhang zwischen Wirkungen einsehn lehrt, von deren Einfluss oft der Wohlstand der zahlreichsten und wichtigsten Menschenclasse abhängt. “ Der weitsichtige grosse Geograph und Naturforscher hat hier vor langer Zeit bereits die Ziele angegeben, welche ihrer prakti- schen Realisirung nach noch erstrebt werden müssen, deren Ver- wirklichung zur Zeit wichtiger ist als jede ‘andre der grossen gewerblichen Aufgaben des Volkes. c. Werth und Cultur des Waldbodens. Bei den im Durchschnitt tiefer wurzelnden Waldbäumen hat auch der tiefere Untergrund für die Bonität eine besondere Be- deutung, im Mittel noch mehr als es bei den Pflanzen des Acker- baues der Fall ist. Die weit älter werdenden Holzpflanzen erhal- ten nach der Entwickelung der Tiefwurzeln dauernd einen weit. grösseren Antheil der Untergrundfeuchtigkeit, als die durchschnitt- lich kürzeren Wurzeln der landwirthschaftlichen Culturgewächse sich anzueignen vermögen. Es ist dies überhaupt einer der wich- tigsten Gründe, weshalb auf extrem trocknen Bodenarten der Wald in der Vegetation weniger leidet und höhere Erträge liefert, als es bei den darauf gebauten Oulturpflanzen des Feldes möglich ist. Die entsprechende Würdigung der geognostischen Unter- srundverhältnisse und der Profile hat deshalb für den Forstmann eine besonders grosse Bedeutung. Man hat wohl die Frage aufgeworfen, ob für die Entwicke- lung des Waldes (ähnlich wie beim Ackerbau) mehr das aufnehm- bare Nährstoffmaterial des Bodens in Betracht komme oder die physikalischen Beziehungen zu Feuchtigkeit und Wärme. Beson- ders die durch Liebig angeregten Untersuchungen über die Aschenbestandtheile der Pflanzen in ihrer Nothwendigkeit für die Assimilationsthätigkeit der Zelle und für das Wachsthum haben mit Recht auch auf die Bedeutung des anorganischen Nährmaterials des Bodens, wie es aus den nordischen krystallinischen Feldspath- gesteinen zum Theil reichlich in den norddeutschen Boden über- re Be ER [261] III. Bodenwerth und Bodencultur. JR) gegangen ist, aufmerksam gemacht. Auch der im kiesreichen Untergrunde des Königl. Rüdersdorfer Forsts östlich vom Kalk- see vorhandene hohe Kalkgehalt hat für den dortigen Kiefern- wald eine grosse Bedeutung. Die Angabe von Hundeshagen („Forstliche Productionslehre* 1842, S. 138), dass der Kiefer nur eın kalkfreier Boden zusage, ist nach dieser Seite hin jedenfalls nicht richtig. Andrerseits hat aber die Klärung der Nährstofffrage, wie beim Ackerbau, so auch hier nur noch entschiedener, als man es früher zu übersehn vermochte, auf die hohe Bedeutung der physikali- schen Beziehungen, namentlich der Feuchtigkeit, aufmerksam ge- macht. Der Bodenwerth wird auch hier, wie bei der Pflugcultur, durch das mit dem Profil und der Lagerung in nahem Zusammen- hange stehende physikalische Verhalten in erster Linie bedingt. Es sind vor Allem die künstlichen Pflanzenculturen in wässriger Lösung, welche für die Entscheidung dieser Fragen sehr wichtig gewesen sind. i Der Werth des Waldbodens im Gebiete der Karte schwankt zwischen der 6. und 8. Olasse, die letztere entspricht den tiefen und sehr trocknen Sandprofilen in der Nähe des Mastpfuhls und Stienitzseees, der ökonomischen Ulassification nach einem geringen Kieferboden. Die tieferen, dem Geschiebemergel auflagernden Sande an der Westseite der Section haben meist die 7. Classe. Die lehmig-sandigen und kalkhaltigen, kiesführenden Ablagerungen oberhalb des Geschiebemergels im Königl. Rüdersdorfer Forst sind daselbst die Grundlage für einen vorzüglichen Kiefernbestand und auch die Benarbung des Bodens, das häufige Vorkommen von Wachholder und Farnkraut weist hier gegenüber den tiefen trock- nen Sandprofilen auf einen weit besseren Boden hin. Wo der Lehm- und Mergel-Untergrund näher an die Oberfläche tritt, würde er sogar die Buche und Eiche zu tragen im Stande sein. Der grösste Theil dieses Bodens gehört deshalb zur 6., nur ein kleinerer Theil zur 7. Waldclasse. Für dıe Auswahl der einzelnen Holzarten und für ihren Be- trieb als Niederwald, Mittelwald oder Hochwald hat der Staat nicht allein Rücksichten auf Boden und Klima, sondern auch solche 112 _ Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur Landescultur. [262] allgemein volkswirthschaftlicher Art zu nehmen. Für den Privat- betrieb ist es namentlich die kürzere Umtriebszeit, bei Kiefern etwa von 40 Jahren, welche sowohl Holznutzung als eine mehr- jährige und lohnende Zwischennutzung durch Feldfrüchte in vie- len Fällen gestattet. Die Waldwirthschaft gewährt dadurch noch einen Zuschuss zu der Oultur des Ackerlandes. Muss umgekehrt die Feldeultur durch fortgesetzten Umbruch zur Unterstützung eines Bodens dienen, welcher überhaupt nur als Waldboden be- nutzt werden sollte, so führt das zu der oben mit ihren Misser- folgen geschilderten Zersplitterung des Betriebscapitals, wovor nicht eindringlich genug gewarnt werden kann. Die Aussicht auf wenige lohnende Ernten führt aber auch zu einer dauernden Ver- schlechterung des Bodens, zu der viel zu lange und noch gegen- wärtig fortgesetzten Verminderung des im Walde vorhandenen National- Vermögens, auf dessen Erhaltung im allgemeinen Inter- esse der grösste Werth gelegt werden muss. IV. Materialien für Industrie und Technik. Es mag zum Schluss auch hierüber noch Einiges hinzuge- fügt werden. Vor Allem werthvoll ist das grosse Kalksteinlager wegen sei- nes innerhalb grosser Distriete sehr vereinzelten Auftretens. Das- selbe liefert sowohl Bausteine wie gebrannten Kalk zu Mörtel und zur Düngung des Bodens, zum Theil auch, wie sich aus den im zweiten Abschnitt mitgetheilten Analysen ergiebt, einen vorzüglich reinen Kalk für chemische Zwecke. Der Versuch, den dolomitischen Kalk aus dem mittleren Muschelkalk am Kriensee-Einschnitt zur Cämentfabrication zu be- nutzen, ist früher bereits erwähnt worden. Der Röthmergel und geschiebefreie Thonmergel werden künf- tig wahrscheinlich am wichtigsten werden in ihrer Verwendung für die Melioration des Bodens und wird dies durch die ausge- dehnte Wasserverbindung sehr erleichtert. Dieselben stehen ausser- dem in grosser Menge für die Ziegelei- und Thonwaaren-Industrie zur Verfügung, wie aus den im zweiten Abschnitte angegebenen Tiefprofilen im Einzelnen näher ersehn werden kann. [263] IV. Materialien für Industrie und Technik. 83 Im Königl. Rüdersdorfer Forst, in der Nähe des Kalkgrabens und zwischen Rüdersdorfer Grund und Dorf Rüdersdorf befindet sich eine Menge Kies für Bauzwecke. Früher ist er in grosser Menge aus dem genannten Walddistricte für den Bau der Nieder- schlesisch-Märkischen Eisenbahn gewonnen. worden. Zur Zeit beschränkt sich die Kiesgewinnung mehr auf die nordwestlich von Dorf Rüdersdorf befindlichen Gruben. Trotzdem die Tertiärformation innerhalb des Gebietes der Karte erbohrt worden ist (vergl. Bohrloch 17 der Karte am Wege von Tasdorf nach Grünelinde), so hat man doch Braunkohlenlager nirgends gefunden. Demungeachtet weisen die Profile an manchen Stellen Ein- schwemmungen von Braunkohlen in kleinen Stückchen, weit aus- gedehnter in feiner Zertheilung, zum Theil in höherem Niveau, zum Theil in grösserer Tiefe innerhalb der Diluvialbildungen nach. In praktisch -landwirthschaftlichen Kreisen schliesst man aus diesem Vorkommen im Diluvium vielfach, dass in grösserer Tiefe Braunkohlen zu finden sein müssen, aus deren theilweiser Zer- störung diese Einmengungen zu erklären sein sollen und eine grosse Zahl von Bohrungen sind zum Zwecke dieser Klarstellung bis zu grösserer Tiefe mit erheblichem Capitalaufwand und ohne Erfolg ausgeführt, sie werden auch noch fortgesetzt aus gleichem Interesse unternommen. Die im Gebiete der Karte besonders zahlreich vorhandenen Tiefprofle mögen in dieser Hinsicht eine Mahnung sein, diese Verhältnisse mit Vorsicht zu beurtheilen und den allgemeinen geo- logischen Verhältnissen betrefis der Bildung des Diluviums Rech- nung zu tragen. Zahlreiche Beobachtungen ergeben, dass die Braunkohle des Tertiärgebirges vielfach in ähnlicher Weise, wenn auch in quan- titativ geringer Menge, in einzelnen Diluvialbildungen zertheilt vorkommt, wie dies mit der Kreide in so ausgedehnter Weise der Fall ist und dass deshalb, auch wenn im Geschiebemergel und Diluvialsand oder im geschiebefreien Thonmergel Braunkohlenstücke auftreten, in grösserer Tiefe .in der Regel doch keine Braunkoh- lenlager vorhanden sind. In sehr deutlicher Weise ist dies bei- 8 114 Vierter Abschnitt. Die Beziehungen zum Leben u. zur-Landescultur. [264] spielsweise im Untergrunde von Breslau, wo im Geschiebemergel und ziemlich nahe der Oberfläche viele Braunkohlenstücke vor- kommen, beobachtet worden. Man hat daselbst bis 500 Fuss und tief in die Tertiärformation hinein gebohrt und dennoch keine Braunkohlenlager gefunden. Die Tiefprofle in der Umgegend von Rüdersdorf stimmen mit Bezug auf das Fehlen der Braunkohlenlager damit ebenso überein, wie die von Landwirthen und Anderen vielfach vergeb- lich unternommenen Bohrungen. Es müssen also sicherere An- zeichen, wie das vereinzelte Vorkommen von Braunkohlenstücken im Diluvium oder selbst wie kleine locale, schwach mächtige Ein- lagerungen darin, vorhanden sein, wenn derartige kostspielige Auf- schlussarbeiten innerhalb der norddeutschen Diluvialbezirke mit Aussicht auf Erfolg unternommen werden sollen. Die Torfindustrie wird innerhalb der Thalniederungen viel- fach durch das hohe Niveau des See- und Flusswassers beschränkt. Die Senkung des Stienitzsee hat darauf deshalb einen günstigen Einfluss gehabt. —_____ 96. _ A. W. Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. Typische Bodenprofile. 1 \ Sand (Dikurial) Re | \ Muschelkalk wo ende Sie |ie-20) [Zallen. der Schichten } | Zehmiger Sand N] Zehm (Diberiat ) As HR Territet m PR | Ne |) Muschelkalk WO| Streichen der Schichten 12-R0N Fallen der Schichten. RE Sand S. Tem Immnam I! NM) (Gindorer Zron) MANN ahhlil SCH ar ) Zehmiger Sand N) Zehmilsandiger) LS SL Mergel (sandiger) s“ 48. | Sand (Dilunial) MN Schwach Zeitmiger Sand Jand ı.Kies o x Iel A Zelmmergel GEOCNOSTISCH-ACRONOMISCHE KARTE DER UMGEGEND VON RÜDERSDORF. auf Gr aßronom und der Eekschen geologischen Karte isch bearbeitet von Albert Orth. Cut Rüdersilott r N > EZ Lih Ant N. Leopold Kraatz in Berlin. Böschungs Maafsstab für die Horizontalen bei 5 Ruthen-50 Dec. Fuss Höhen Abstand. Diluwvium 7 FRSIISTTUIIIIIII A G 4 naml BE Ding e. d. rer 207 0 _ : Sand, Ki { Bunte (dolomitische) , _ Unterer Mittlerer Oberer Mitderer Unterer beschiebe- überen Oberer Geschie. Mergel Muschelkalk. Muschelkalk Muschelkalk Dikuialsand mergel Dilwialsand Bemergel Bruchstücke im Diluvium . ler En ee 7 2 = =. - =-2 i On Eure: ie: 1 ee] ee Far BE Ss | en a] EST L | De Wr | L L J - : = aus dem. Roll aus dem, unteren aus dem: oberen, Verwertungsklüft . Schächte mit Schächte ohne Bohrlöcher Bohrlöcher mat Agronomische Einzelprofile Muschelkalk Muschelkalk: . Muschelkalk . Glindower Ihon. Offene Erbohrte . Zeichenerklärung Ss Sand 15 Schwach lehmiger Sand. N. Zeismmengel. hs Schwach, humaser Sand KK. Aies LS Zeimiger Sandı IM Zkonmengel HS Zumoser Sand 85 Seinwach gemengter Sand. SL Sandiger hehm . HuM Zurnzsmergel Tr Zarf Gs Cerungter Jand L. Lehm " WKa Weiesenkalk Ka Kalkstein 1.2.3. Wächtigkeit, in Decimetern, . \ TypischeBode nprofile. Vehmmergel Gemengter Sand Wiesenkalk: Torf‘ = zur von Preussen den Thüringischen Staaten. IAIIINIAAINANNN IST US, BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1877. Die Umgesgend von Berlin. Allgemeine Erläuterungen zur seognostisch-agronomischen Karte derselben. Von Dr. &. Berendt, Landesgeologe und Professor an der Friedrich - Wilhelms - Universität zu Berlin. I. Der Nordwesten Berlins in 9 Blatt (im Maassstab 1 : 25000). Nebst 10 Holzschnitten und 1 Kärtchen in Steindruck. SNNNNANNNNANNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNNND BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1877. Inhalts-Verzeichniss. Seite LET ee N RE RE :< I. Oro-hydrographische Verhältnisse. Unfanesdesatartencomplexs 7 ne ee Aeltester Lauf der Gewässer IhRal@pezBlateausrenzen. 0: nee fu. 4 Il. Geognostische Verhältnisse. Allgemeiner Theil. Die Gliederung der Quartärbildungen: Was@lnteresDiluvyaum en, a ne sh Das Ölens. Bil umnee ma | Das AlfAllnam) rei a ee a Rn leer a Aalen 1 Daseeume-Alluyum, PUR OnIoRE u nr Bi 5510 Zusammenstellung hiesiger Quartärbildungen . . . ........16 Die angewandte geognostische Farbenbezeichnung: Bezeichnung des geognostischen Alters . . . . 2..2.2...77 Bezeichnung des petrographischen Charakters. . . -. ... . 18 Vortheile dieser Bezeichnungsweise . . . . 2 2 2..2.2...18 Bezeichnung der Uebereimanderlagerung. . . . . 2 .2.....19 Die geognostische Lagerung und Vertheilung: NVertheilunsonach-demWNiyeaun 27 0a ee. 0.0.20 Ibageniinondese Alluviumen mn ee 2. 21 ; Waserungs dessDiluyiumg a, uslaren: ve ee se + 22 Ill. Geognostische Verhältnisse. Besonderer Theil oder Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. Zur Beurtheilung der gegebenen Analysen . . . 2 22.2... 24 EVD) ilunyiuum 02 Re NE RN ER RLE N. 2 28 lloemeines EA (ERBEN EIERN... nt u, 28 Inhalts-Verzeichniss. Seite Gemeiner Diluvialmergel oder Geschiebemergl] . . . ......29 Diluvial-Phonmergel) 7 2,% : Sa a. ne ve eT Mergelsand: (Schlepp) 0. 2 un a. en Gemeiner Diluvialsand oder Spathsand . . . 2. ....2...086 Diluwal-Glimmersand re) Dilovial- Grand. #8 8.0, SOSE ee SS Diluvial-Gerölle und Gesehiebe . 2 ee Organische Reste des Diluviums . . . 2 re 25. Das Alluvium: Allsememes.. -.. 00 rd. ee SS Ten Alluvialsande +0... 0. ve vol Eee Wiesenthon und Wiesenthonmergel . a ee AZ Wiesenkalk HS 9E ERSTEN ec) Moormergel. . 2 2. Me ae Moorerde; © u.a Neon... a ee Salzmoorerde”. .. ...... nalen na a 4 Torf .(s: a Seite 135)... le Infusorienerde (s. a. Seite. 139). 0. WE en : Flugbildungen . . . Wo .ın 0 002 0, we Abrutsch- und Abschlemmmassen . u... u. IV. Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. Allgemeiner Theil. Oberkrume bez. Ackerboden und Ackerkrume. . . . 2... 97 Möglichkeit der Abgrenzung und Bezeichnung der Oberkrume . 58 Untergrund und Bezeichnung desselben . . . . 2..2.....5 Ueber Bezeichnung der Ackerkrume . . . ... 2.......6 Angabe der Mächtigkeit der Oberkrume. . ... ...2.....62 Beispiele der gesammten agronomischen Bezeichnungsweise . . 68 Recapitulation ..u..... 12lan au er a R Die agronomischen Bodenprofile auf dem Rande der Karte . . 65 Die unterschiedenen Bodengattungen . . . 2 2.2.2..2..2...66 Die Verbreitung derselben in der Karte zu erkennen . . . . 67 V. Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. Besonderer Theil oder Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. Allgemeines: Rechtfertigung des gewählten Namens . . . 2..22.2..68 Begriff und Umfang der Bodenlehre .. . 2. 2... Stellung derselben zur Geognosie ; : i 9 = BRUT a a Inhalts- Verzeichniss. VII Die Bodenbildung auf dem hiesigen Quartär: . Der Gang der Verwitterung erläutert am Diluvialmergel . . . 70 Verwitterung des Thonmeigels und des Mergelsandes . - . . 74 Verwitterung bei den Sanden und Granden des Diluvium . . 75 Thon -Neubildung bei der Verwitterung der Diluvialgebilde . . 76 Die Verwitterung bei den Alluvialbildungen . . . 2 ..2...78 Bodenarten der auftretenden Quartärbildungen: Allgemeines. Ueber die vorliegenden Bodenanalysen . . . . 80 Ihonboden, . ... ee a eat Lehmboden bez. Da Bodenea, 2... en er Nliysaleralkehmboden zn nee. wu el Miluiyialerslechmbodennae san 2 away... 2,3 Diluysalerlehmiger Boden’. mama) 2. 8 Nlıwyaalertlehmiger Boden in. a. 2 sen „u.02.. 098 Sandboden . . 2. I N ERROR. 9200 Alluvialer Sandboden . . . . RE. 100 Diluvialer Sandboden (bez. Grandboden) . . . ...110 Diluvialer lehmiger Sandbodent nase... > „112 Kalk- und Mergelboden . . . aa Rn. 114 Alluvialer Kalk- bez. Mergelboden . . . . 2... 114 Eiumusbodens wre anne OR RAR ET Mlumslerabumusboedens eu le rn we... 17 Vi. Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. Hauipeauzanwendune ee nn nl Meliorationsmittel . N a er ee ee | DassMercolme. si ee ren Bi re ee 23 MaseModdern.rr:. u. ee wer, BR 126 Verwendung zu technischen Zwecken. . . . ....2......127 Sliegel- undlbOtentaprikation 0. ........8.,198 IMaurersancd en N er ol Gementiäbeikationge a er ll Anderweites Material zu techn. Zwecken (Infusorienerde) . 132 Brennmätentale (or 185 Schrauckmaterial (Bernstem) 2. 27.2 27.2.1483 Verzeichniss der Holzschnitte. Seite Fig. 1. Das Bohrloch in Ferch (Seet. Werder). Unteres Diluvium. . 10 - 2. Grube im Oberen Diluvium SO. Gütergotz (Sect. Grossbeeren) 13 - 3. Grb. i. Unt. Diluviam mit Decksand - Auflagerung SO. Canin (Seet Beet) Er e Va) ee - 4. Durch Thalsand. Alt-Alluvium . . ER NE lat - 5. Querschnitt durch d. Havelthal zw. Velten u. Birken oo - 6. Durchragender Unterer Diluvialsand (Anschwellung d. Sand- facies des Unt. Diluv.) . . .. . a - 7. Abstich der Berlin Lehrter Eisenbahn a Markanıı Oberer Diluvialmergel . . . . a REN ee N) - 8. Grube bei Schmargendorf ir Teltow). Lehmige Infiltrations- bildumssanstscui 78 - 9, Wand einer Grube de 7 a e ee ee: hi # Ackerkrume, Ackerboden, nächster u. tieferer Untergrund . . 89 - 10. Hohlweg bei Dorf Rohrbeck (Section Rohrbeck). Verwitterungs- erscheinungen. u u... wu an er a Steindruck - Tafel. Seite Vereinigung der beiden Hauptthäler im norddeutschen Flachlande, der alten Oder und der alten Weichsel. Zugleich als Uebersichts-Kärtehen der Gegend NW. Berlin 1, MENT ee a Vorwort. Annanannnon Die der folgenden Abhandlung zum Anhalt dienenden 9 nord- westlichen Sectionen der weiteren Umgegend Berlin’s *) sind die ersten, welche seitens der königlichen Geologischen Landesanstalt aus dem weiten Gebiete des norddeutschen Flachlandes erschei- nen. Sie sind zugleich auch die ersten,. welche es versuchen, diese geologischen Spezialkarten dem Land- und Forstwirthe in’s Besondere zugänglich bez. nutzbar zu machen. Die folgende Abhandlung will daher nicht nur eine, das Gemeinsame zusam- menfassende General-Erläuterung für diese 9 Kartenblätter sein; sie will auch in gewissem Grade, nur mit speziellem Anhalte an dieselben, als Einleitung dienen für die in ihrer Eigenschaft als vereinigte geognostisch-agronomische Karte neue Art der Karten- darstellung. Was diegeognostische Darstellungsweise betriftt, so schliesst sich dieselbe allerdings, wie in der Folge (S. 16 fi.) näher ausgeführt ist, an die bisher im mitteldeutschen Gebirgslande befolste auf's Innigste an; nur dass vielleicht auf die petrographische Seite der Unterscheidung ein noch grösseres und ausnahmsloses Gewicht gelegt werden musste. Die hinzutretende agronomische Bezeichnungsweise ist aber eben vollständig neu und wird darüber S. 58 —65 das Nähere gesagt *) Seet.: Linum, Nauen, Markau, Cremmen, Marwitz, Rohrbeck, Oranienburg. Hennigsdorf und Spandow. Re | Vorrede. werden. Wie bei der geognostischen Bezeichnungsweise ein Haupt- gewicht in die Petrographie, in die Beschreibung der Gesteins- zusammensetzung“) fällt, so musste hier das Hauptgewicht auf die pedographischen Unterschiede, auf die Zusammensetzung des aus dem Gestein entstandenen Bodens gelegt werden. In dem innigen Zusammenhange des Gesteins und seiner Verwitterungsrinde, des Bodens, in der Unzertrenn- lichkeit der Petrographie und der Pedographie (s. S. 69) liegt aber eben die bisher zumeist noch bezweifelte Möglichkeit der Herstellung einer vereinigten geognostisch-agro- nomischen Karte. Petrographie und Pedographie, Gesteinskunde und Bodenkunde, sind Zweige ein und derselben Wissenschaft, der Geognosie. Beide haben die gegenwärtig unterscheidbaren festen wie losen, ältesten wie jüngsten Gesteins- oder Erdbildungen zu ihrem Gegenstande. Aber die eine betrachtet sie in ihrer gegenwärtig in gewissem 1 Grade uns constant erscheinenden reinen, um nicht zu sagen, ur- sprünglichen Gestalt, wie sie uns meist erst in künstlichen oder natürlichen Erdaufschlüssen, Fluss-, Bach- und Wege-Einschnitten, Gruben, Steinbrüchen u. dgl. entgegentreten; während sie für die andere erst Bedeutung erlangen in ihrer, je nach dem Gestein 4 selbst, auf sehr verschiedene Tiefe von der Erdoberfläche aus mehr oder weniger, chemisch wie mechanisch veränderten, lockeren oder weichen Gestalt ihrer seit langen Zeiten zu Tage liegenden“ Aussenseite. Beide Zweige der Wissenschaft sind daher von ein- *) Unter „Gestein“ oder wie es der Bergmann in diesem allgemeinen Sinne noch bestimmter bezeichnet „Gebirge“ versteht der Geognost jeden Theil unserer festen Erdkruste, mag er nun hart oder weich, sandig oder erdig sein, und keines- wegs nur das, was im engeren Sinne des Wortes damit verbunden wird, nämlich „festes Gestein“ oder „Fels“, | Vorrede. EXT ander so untrennbar wie die, fast zu einem Worte gewordene Bezeichnung ihres Gegenstandes „Grund und Boden“. Da nun aber die Pedographie unbestritten und desshalb auch indirect die Petrographie gleichzeitig die Grundlage der Agronomie bilden, so liegt hier der Hauptvereinigungspunkt für Geo- gnosieund Agronomie. Gerade dadurch, dass zumeist weder von der einen noch von der anderen Seite dieser unzertrennliche Zusam- menhang vollkommen gewürdigt wurde; gerade dadurch, dass der Geognost dem Land- und Forstwirthe die Bodenkunde williglich überliess, ich möchte sagen, in Erbpacht gab und andererseits der Land- und Forstwirth sich nun nicht als Pächter, sondern als Eigenthümer betrachtete, d. h. die Bodenkunde nicht als einen "Theil der Geognosie, sondern als ein selbstständiges Ganze ansah und in diesem Sinne auch möglichst selbstständig auszubilden suchte; gerade dadurch ist es zu erklären, dass Wissenschaft und Praxis auf dem Gebiete der Bodenkunde einander bisher ziemlich fern geblieben sind, sich so wenig verstanden, ja vielfach missver- standen haben. Die Schuld lag auf beiden Seiten. War es dem Land- oder Forstmanne zu verdenken, wenn er geognostische Karten als ganz ausser seinem Bereiche liegend glaubte, so lange dieselben noch die gesammten, vorwiegend an der Oberfläche liegenden und den meisten nutzbaren Boden auf- weisenden Quartärbildungen als störende, den tieferen Gebirgsbau verhüllende Decke gänzlich fortliessen? Sah er doch, wo jene. Karten eine ganze Reihenfolge älterer Formationsglieder unter- schieden, beispielsweise eine weite gleichmässige Fläche fruchtbaren Lössbodens; oder in anderer Gegend an Stelle derselben Gebires- glieder unfruchtbaren Sand gleichmässig die Oberfläche bilden. Aber auch jetzt, wo nicht nur allen, auch den jüngsten Ablage- rungen der Erdoberfläche auf diesen Karten Rechnung getragen BRETT Vorrede. zu werden pflegt, sondern wo auch bereits begonnen ist, soviel als thunlich, den petrographischen Unterschieden innerhalb der- selben im Einzelnen gerecht zu werden, steht der Landmann nicht selten vor scheinbaren Widersprüchen, die zu lösen, er sich meist nicht die Mühe giebt und die zu erklären der Geognost bisher auch nicht für nöthig gefunden- hat. Diese Widersprüche bestehen eben darin, dass ursprüngliches Gestein und Verwitterungsrinde desselben, Grund und Boden sich in ihrem chemischen Bestande, wie in /hrem physikalischen Verhalten mannigfach schon zu er- heblich von einander entfernt haben. Es kommt noch hinzu, dass durch Bearbeitung des Bodens, durch Bildung der Ackerkrume (s. 8.57) der Mensch seit langen Zeiten feinere, mit dem Wechsel geognostischer Bildungen zusammenhängende Unterschiede mehr und mehr an der Oberfläche verwischt und eine gewisse Gleich- mässigkeit des’ Bodens erzielt hat, welche dem Geögnosten einer- seits die Beschäftigung mit dem Boden, als einem in doppeltem Sinne nicht mehr ursprünglichen, sondern auch künstlich veränder- ten, verleidete, andererseits den Land- und den Forstwirth den engen Zusammenhang mit dem Untergrunde jetzt um so weniger erkennen lässt, ja ihn zu der irrthümlichen, aber weit verbreiteten Ansicht gebracht hat, als ob die Oberkrume eine für sich beste- hende, alles bedeckende jüngste Ablagerung sei. Nach dem bisher Gesagten kann es nicht zweifelhaft sein, wessen Aufgabe es somit ist, die im Interesse der Landescultur von Vertretern derselben stets erstrebten Bodenkarten herzustellen. Vom Standpunkte der Agronomie aus lassen sich nur Karten her- stellen und sind in Folge dessen, wenn auch meist unter dem schlichten Namen „Bodenkarten“ in der Regel nur Karten herge- stellt worden, welche entweder die Nutzungsarten des Bodens, oder den verschiedenen Ertragswerth desselben oder auch die ver- Mon % m mes Den eemmm. 22 > mE Zum dm mn „nn u Ö 02 voon Ü >mSe ZEN © 2 om op mÜ 2 om mE gene nn LU Q | LUm Eee oe ou Q >> gueme To Vorrede. XII schiedenen Arten der Bearbeitung u. dgl. m. zur Darstellung bringen. Die Bodenkunde im engeren Sinne dagegen ist, ich wiederhole es, ein bisher zwar vernachlässigter, aber darum nicht abzutrennender Zweig der Geognosie, kann daher auch nur vom geognostischen Standpunkte aus richtig entwickelt und kartogra- phisch zum Ausdruck gebracht werden. Die Aufgabe der Geologie ist es daher auch, wenn schon im Allgemeinen, so ganz besonders im Flachlande, das unstreitix den meisten culturfähigen Boden aufzuweisen -hat und in welchem Landbau und Forsteultur daher zur regelrechtesten Entwickelung gediehen sind, ihre bisherigen geognostischen Karten weiter zu entwickeln zu geognostischen Bodenkarten d. h. zu Karten, welche neben dem Alter, der Beschaffenheit, Lage- rung und Verbreitung der einzelnen, die feste Erdrinde bildenden Gesteine“), auch die unter den atmosphärischen Einflüssen entstandene äusserste Verwitterungsrinde der- selben, den Boden, voll und ganz berücksichtigen und gleichzeitig zur Anschauung bringen. Es bedarf an dieser Stelle ausdrücklich der Erwähnung, dass der Gedanke einer, Untergrund und 'Oberkrume gleichzeitig be- rücksichtigenden Kartendarstellung, Grund deren ünter Hinzu- nahme der aus der genauen Terrainzeichnung zu erkennenden weiteren physikalischen Verhältnisse der Lage es dem Landwirth schliesslich geradzu möglich werden muss seine Schlageintheilung zu wählen, nicht neu ist. Die in 4 Sectionen in den Jahren 1864—67 von v. Bennigsen-Förder der Hauptsache nach vollendete, erst bald ein Jahrzehnt nach seinem Tode (1876) auf Veranlassung des Königl. Ministeriums für die landwirthschaft- *) s. d. Anmerk. auf Seite X. XIV Vorrede. lichen Angelegenheiten herausgegebene Bodenkarte der Umgegend von Halle zeigt das dem Schreiber dieses durch persönlichen Ver- kehr besonders bekannte, stets auf dieses Ziel gerichtete Streben eines Mannes, dem die Geologie in seiner 1843 erschienenen „Geognostischen Karte der Umgegend von Berlin“ auch den ersten Beweis für die Möglichkeit einer Gliederung des Quartärs und somit einer Kartirung des Flachlandes überhaupt verdankt. Wie aber vielfach der Träger einer neuen Idee nicht im Stande ist, die- selbe zur Geltung zu bringen und solches erst Andern vorbehalten bleibt, welche unbefangen das Gold von den Schlacken zu trennen und in die rechten Formen zu bringen vermögen, so war es auch v. Bennigsen nicht vergönnt, mehr zu thun, als durch persön- liche Anregung und durch einen in genannten 4 Blättern erhalte- nen Versuch mit allen Schwächen und Fehlern eines Autodidakten, der weder Landwirth noch Geognost vom Fach war, der Nach- welt das Ziel vor Augen zu stellen. | Mit vollem Bewusstsein der Schwierigkeit aber auch der grossen Bedeutung dieser Aufgabe übernahm denn auch die geolo- gische Landesanstalt, als bei Gründung derselben im Jahre 1873 seitens des Königl. Ministeriums für Handel, Gewerbe und öffent- liche Arbeiten die Ausdehnung der geologischen Untersuchungs- und Kartirungsarbeiten auf das norddeutsche Flachland ausge- sprochen wurde, zugleich die möglichste Nutzbarmachung dieser Aufnahmen gerade als Bodenkarten. Nach verschiedenen im Schoosse der geologischen Landes- anstalt gepflogenen Verhandlungen wurde in einer am 21. Juli 1874 unter dem Vorsitz Sr. Excellenz des Herrn Ober-Berghaupt- mann Krug von Nidda stattgehabten Conferenz mit einer Anzahl der competentesten Vertreter auf dem Gebiete der Land- wie der Forstwirthschaft die bestmöglichste Lösung und nutzbringendste . U —— 00 u w Vorrede. XV Ausführung dieser schwierigen Aufgabe berathen. Vorgelest wur- den dabei zwei Kartenentwürfe, welche nach den bisherigen Ver- handlungen, einerseits von dem mit der Leitung des chemischen Laboratoriums für Bodenuntersuchung an der geologischen Lan- desanstalt betrauten Professor Dr. Orth, andrerseits von dem in- zwischen mit der Leitung und Inangriffnahme der Kartenaufnahme im Flachlande beauftragten Unterzeichneten bearbeitet waren, Grund deren man sich ohne erhebliche Meinungsverschiedenheiteinigte, nicht nur über das betreffs der Nutzanwendung der Karten für Land- und Forstwirthschaft unbedingt Erforderliche, sondern auch bereits in der Hauptsache über die Art der Darstellungsweise. Dieselbe ist denn auch in dem vor Kurzem erschienenen, auf Grund der Eck’schen geologischen Karte von Professor Orth agronomisch bearbeiteten, den vierten Theil einer Section umfassenden Kärtchen der Umgegend von Rüdersdorf *) und gleichzeitig in den vorliegenden 9 ersten, durch den Unterzeichneten zum Theil unter Mitwirkung der Assistenten Dr. Laufer und Dr. Dulk auf- _ genommenen Flachlands-Sectionen zur Anwendung gekommen, nachdem in einer am 5. Mai 1875 abermals mit hervorragenden Vertretern des Landbaus und der Forstceultur stattgehabten Con- ferenz einstimmig anerkannt worden war, dass die Ausführung der im Manuscript bereits vorgelegten Karten den von praktischer Seite zu stellenden Anforderungen wirklich genüge. Auf Grund dieser Karten, in welchen gleichzeitig durch Far- ben und Zeichen sowohl die ursprüngliche geognostische Gresammt- schicht, wie auch ihre Verwitterungsrinde, also Grund und Boden der Gegend zur Anschauung gebracht ist, wird es dem Praktiker bei ernstem Willen leicht werden den innigen Zusammenhang der *) siehe das unmittelbar voraufgehende Heft 2 dieser Abhandlungen. xXVI Vorrede. jedesmaligen Bodenverschiedenheit mit den geognostischen Lage- rungsverhältnissen verstehen zu lernen. Einmal verstanden wird die Karte aber die geringe Mühe reichlich lohnen und der Land- wirth selbst am besten wissen, sie in der mannigfaltigsten Weise zu nutzen. Dazu werden denn auch die folgenden Zeilen, welche gestüzt auf mechanisch-chemische Analysen diesen zur Darstellung gebrachten unlöslichen Zusammenhang von Grund und Boden des Weiteren nachzuweisen suchen, auch ihrerseits mithelfen können. Möge der Land- und Forstwirth und nicht minder der Bota- niker nun seinerseits erproben, in welchem Zusammenhange künst- licher und natürlicher Pflanzenwuchs mit den gegebenen Boden- unterschieden steht; aber auch des Weiteren, wie weit und in welcher Weise der Boden durch künstliche Bearbeitung in der durch letztere gebildeten Ackerkrume, als wiederum äusserster, durch die Pfluggrenze zumeist streng gekennzeichneter Bodenrinde chemisch und physikalisch durch ihn selbst verändert worden ist und täglich weiter verändert wird. Hier in der Ackerkrume liegt erst recht eigentlich die Grenze zwischen exacter und angewandter Wissenschaft, die Grenze zwischen Geo- snosie und Agronomie. Verfasser verhehlt sich keinen Augenblick, dass die folgenden Zeilen nur ein erster Anlauf sind, das vorgesteckte Ziel einer Wiedereroberung der Bodenkunde, dieses rechten echten Kindes der Geognosie, und einer organischen Entwickelung desselben zu erreichen und bittet darum um Nachsicht und vorurtheilsfreies Ent- gegenkommen von beiden Seiten. Nur gemeinsame Arbeit vermag Grosses zu leisten, aber innerhalb der Gemeinsamkeit darf auch die richtige Theilung der Arbeit nicht fehlen. _ Berlin, im October 1877. G. Berendt. I. Oro-hydrographische Verhältnisse. Die vorliegenden neun Blatt der geognostischen Bodenkarte des Flachlandes machen das nordwestliche Viertel der weiteren Umgegend Berlins aus und umfassen näher bezeichnet die Um- gebung und das Zwischenterrain der Städte Spandow, ÖOranien- burg, Cremmen und Nauen. Genau bezeichnet bilden diese 9 Blatt das Viertel zwischen 30° 31’ und 31° Oestl. Länge und zwischen 92° 30’ und 52° 48’ Nördl. Breite. Die genannte Gegend wird in ihrer ganzen Ausdehnung in WNW licher Richtung durchzogen von einem uralten, jedenfalls schon in der Diluvialzeit durch eine gewisse Einsenkung vorgebildeten breiten Thale, welches Girard das grosse Verdienst hat, als das alte, über Müllrose und Berlin in gerader Richtung nach Havelberg und zur unteren Elbe ver- laufende Oderthal nachgewiesen zu haben. Aber ich sehe mich genöthigt, hier noch von einem zweiten, ebenso alten und bisher als gleichwerthig stets unbeachtet gebliebenen, grossen Thale zu sprechen und somit zunächst den ältesten Lauf der Gewässer überhaupt im nord- deutschen Fiachlande zu erörtern *). Nur in möglichster Kürze und in grossen Umrissen gehe ich hier auf ein so allgemeines Thema ein. *) Zum besseren Verständniss des geognostischen Bildes muss ich schon hier ein Thema berühren, das seit Jahren mich in meinen Mussestunden beschäftigt hat und mir als solches eigentlich schon entgegentrat, als meine Erstlingsarbeit im norddeutschen Flachlande mich in dieselbe Gegend führte, die jetzt ohne meine freie Wahl, lediglich durch den Gang der Messtischpublikation beim Königl. Generalstabe der Ausgangspunkt für die grossartige Aufgabe der geognostischen 1 I) Oro-hydrographische Verhältnisse. [266] Es gab, wie ebenfalls Girard ganz richtig schon an einer Stelle andeutet, eine Zeit, etwa mit Schluss der Diluvialperiode, wo die gesammten Wasser der grossen sarmatischen Oentralsenke zwischen dem uralisch-baltischen und dem uralısch -karpathischen Höhenzuge nach Westen mitten durch das norddeutsche Flach- land und zwar zwischen den beiden äussersten Ausläufern dieser beiden Haupthöhenzüge, also Mecklenburgischer Seenplatte resp. Holsteinischem Landrücken einerseits und Lüneburger Haide an- dererseits, zur Nordsee abflossen.. Das hierbei sich einschneidende und schliesslich zurückgebliebene Flusssystem war ein vollkommen einheitliches, noch heute bei einiger Aufmerksamkeit deutlich er- kennbares. Ich sage bei einiger Aufmerksamkeit, denn die noch vor Beginn der historischen Zeit aus demselben entstandenen drei gesonderten Flusssysteme der Weichsel, Oder und Elbe sind bei ihrer gänzlich abweichenden Richtung in hohem Grade geeignet, das Urbild völlig zu verdecken. Es muss daher als ein namhafter ° Schritt vorwärts zur Erkenntniss der ursprünglichen Verhältnisse betrachtet werden, dass man jetzt ziemlich allgemein die Thatsache anerkennt, dass die ehemalige Stromrichtung in Norddeutschland‘ eine mehr westliche gewesen und die Weichsel durch das untere Oderthal, die Oder durch das untere Elbthal einstmals ihren Lauf genommen. Aber man ist damit noch auf halbem Wege stehen geblieben. In der That waren dies nur Uebergangsmomente zwischen dem ursprünglichen und dem jetzigen Flusslaufe, denen man eine kürzere oder längere Dauer zuschreiben kann. Ursprüng- lich jedoch — ich wiederhole es — bildeten alle drei Ströme ein einziges Flusssystem. Es flossen zu jener Zeit — lange bevor sie den preussisch- pommerschen Höhenzug durchbrachen und in eine SN- Richtung Kartirung des Flachlandes werden sollte und in dem in Rede stehenden Karten- complex gerade vorliegt. Ich behalte mir daher auch vor, durch geeignete Mittheilung der Resultate jahrelangen, auf den verschiedensten Reisen gelegentlich an Ort und Stelle erprobten Studiums der Topographie und Geognosie Norddeutschlands die Begründung des im Obigen nur angedenteten urältesten Wasserlaufes Norddeutschlands an anderer Stelle zu geben. [267] Öro-hydrographische Verhältnisse. 5 verfielen — die sämmtlichen Wasser der heutigen Weichsel und Oder, sowie der Nebenflüsse beider, der Hauptsache nach in zwei regelrecht ausgebildeten breiten Thälern in westlicher resp. west- nordwestlicher Richtung und vereinigten sich, unter Aufnahme der Havel, des Rhin und der Dosse einerseits und der in einem gleich- falls noch heute erkennbaren, westlich verlaufenden Thale zu einem Strome vereinigten Spree-, Nuthe-, Plane-Gewässer andererseits, in den grossen Sand-, Wiesen- und Moor-Niederungen des heutigen Rhin- und Havelluches zu einem einzigen mächtigen Strome zu- sammen, der jetzigen unteren Elbe von Havelberg abwärts bis zur Nordsee. Eine so scheinbar aller heutigen Hydrographie hohnsprechende Behauptung ohne nähere und überzeugende Begründung muss paradox klingen und doch kann es an dieser Stelle nicht meine Aufgabe sein, den gesammten ursprünglichen Wasserlauf Nord- deutschlands in seinen einzig völlıg überzeugenden Details klar zu lesen“). Nur über die beiden Hauptthäler sei mir ein Wort des Weiteren hier gestattet, weil ihre Hauptvereinigung in den Bereich des vorliegenden Kartencomplexes fällt. (S. die Karte.) Das eine jener Thäler, das bereits oben erwähnte alte Oder- thal Girard’s über Müllrose, Berlin, Spandow darf ich als be- kannt voraussetzen, das andere, das Thal der Weichsel, fand, wie ebenfalls Girard schon erwähnt und ich durch geognostische Auf- nahmen in Westpreussen und dem angrenzenden Posenschen seiner Zeit specieller zu beweisen Gelegenheit hatte, seine ursprüngliche Fortsetzung vor Ausbildung des schmalen nördlichen Durchbruches bei Fordon in dem grossen weiten Thale über Bromberg, Nackel, Küstrin bis in’s jetzige Oderbruch, dessen breite Auswaschung der Anprall eben dieser Weichselwasser verursachte. Der Fluss wandte sich aber hier keineswegs, wie Girard noch annimmt, nördlich durch das heutige, zu jener Zeit ebensowenig als solches bestehende Oderthal, sondern floss einen daneben noch vorhan- denen, weniger bedeutenden Abfluss über Buckow und durch das rothe Luch hier ungerechnet in einem ausgeprägten Thale, das #) S. d. Anmerk. auf S.1 und 2. 4 Oro-hydrographische Verhältnisse. [268] der Finow-Canal "naturgemäss benutzt hat, in seiner bisherigen westlichen Richtung weiter über Neustadt-Eberswalde bis in die Gegend von Oranienburg. Hier mündete damals die von N kommende Havel in das grosse alte Weichselthal. Die Fülle und der Anprall ihrer mit starkem Gefälle von der mecklenburgischen Seenplatte herab- kommenden Wasser muss sehr bedeutend gewesen sein, denn nicht nur hat dieser Anprall der vereinigten Wassermasse auf dem süd- westlichen Thalrande bei dem heutigen Quaden-Germendorf deut- liche Spuren hinterlassen (wovon später die Rede sein soll), er vermochte sogar einem Theile der Wasser des Hauptstromes eine mehr südliche Richtung zu geben, so dass, obgleich der letztere an dem jetzigen Cremmen vorbei sich bei Fehrbellin unter spitzem Winkel mit dem alten Oderstrome im grossen Havelluch vereinigt, ein zweiter Arm in mehr südlicher Richtung eine seitliche Ver- einigung mit diesem schon eher herstellt. (Siehe die Karte.) Durch diese Spaltung der alten Weichsel bei Oranienburg entstand mithin eine grosse Insel, das ringsabgerundete Ländchen Glin, das seine spitze und schmale westliche Fortsetzung im Bellin hat. Unterhalb d. h. westlich des Ländchens Bellin aber flossen sämmtliche Wasser in der grossen, aus der Vereinigung beider Thäler entstehenden Ebene des Havelluches völlig zusammen oder bildeten hier vielmehr eine seeartige Erweiterung des Stromes, der von hier ab, noch verstärkt durch die von Süden einmün- denden vereinigten Nuthe und Plane-Wasser das breite Thal der heutigen unteren Elbe auswusch. Die alte untere Elbe, die- ser norddeutsche Urstrom, ist somit, so arg es klingen mag, nichts anderes als die Vereinigung der ehema- ligen Oder und Weichsel. Ehe ich nun auf die mit dieser Thalbildung in engem Zu- sammenhange stehende geognostische Gliederung des an dieser Stelle in Rede stehenden, Anfangs bezeichneten und in den 9 Kar- tenblättern vorliegenden Terrains eingehe, mögen die genaueren Grenzen jener Thäler, soweit sie dem Bereich desselben angehören, näher bezeichnet werden. Der Südrand des alten Öderthales von Osten, vom Kreuz- Ar [269] Oro-hydrographische Verhältnisse. 5 berge bei Berlin herkommend, ist in den Kartenblättern deutlich zu verfolgen über Charlottenburg, Pichelswerder, wo er von der heutigen Havel durchbrochen wird, Amalienhof, Dallgow, Rohr- beck, Zestow, Bredow, Nauen bis Lietzow, wo er unseren Bereich verlässt. Der nördliche vom Prenzlauer und Schönhauser Thore kommende Rand desselben Thales tritt bei Reinickendorf, welches inselartig vor der Einmündung des kleinen Pankethales liegt, in die Karte, wendet sich aber gleich über Tegel in einem Bogen nördlich nach Stolpe und wird hier zum Ostrande des von Norden kommenden Armes des alten Verbindungsthales zwischen Weichsel und Oder, oder des heutigen Havelthales. Er ist von Stolpe aus über die Ziegeleien von Borgsdorf bis in die Gegend von Schmach- tenhagen erkennbar, wo er den Kartenbereich nach Osten wieder verlässt und zugleich durch weitere Umbiegung zum Südrande des alten Weichsel- oder heutigen Finow-Thales wird. Der Nordrand dieses letztgenannten Thales, der zwischen Liebenwalde und dem Dräzsee sich zu dem ca. 1 Meile breiten Havelthale öffnet und über Neuhof, Schleuen und Sommerfeld nach Westen weiterläuft, fällt nicht mehr direkt in den Bereich unseres Kartencomplexes, das hier im Norden ungefähr mit dem in der Mitte jenes Thales sich hinziehenden Rhin und dem Ruppiner Canal abschneidet. Auf den ersten Blick erkennbar tritt aber die Diluvialinsel des Glien mit ihrer Fortsetzung im Bellin hervor, deren nördlicher Rand von Quaden-Germendorf über Cremmen und Linum’ den Südrand des alten Weichselthales bildet, während ihr Südrand von Wansdorf über Perwenitz, Grünefeld, zwischen Tietzow und Flatow hindurchlaufend, ebenso den Nordrand des alten Oderthales bildet, und der Ostrand jener Insel von Quaden- Germendorf über Velten bis Wansdorf von den, wie oben erwähnt, daraufstossenden Weichsel- und Havelwassern besonders steil ab- gespült ist. IL. Geognostische Verhältnisse. Die geocnostische Gliederung des vorliegenden Terrains, so verwickelt und sogar regellos sie auf den ersten Blick auch aus- sehen mag, ist auf Grund dieser alten Hydrographie äusserst ein- ' fach ja systematisch. Bevor ich jedoch näher auf dieselbe eingehe, mögen zunächst einige Worte vorausgeschickt werden, einerseits über die Gliederung der fast allein hier herrschenden Quartärbil- dungen, andrerseits, zum besseren Verständniss der dabei als Beläge dienenden Kartenblätter selbst, über die in denselben angewandte geognostische “) Farbenbezeichnung und mag erst dann die Ver- theilung und Lagerung der betreffenden Bildungen innerhalb des Kartencomplexes folgen. Die Gliederung der Quartärbildungen. Die Quartärbildungen, bestehend aus Diluvium und Alluvium, sind in dem vorliegenden Kartencomplexe einfach gegliedert wor- den in Unteres und Oberes Diluvium, in Alt- und Jung-Alluvium. Das untere Diluvium wird im norddeutschen Flachlande gebildet von einer mehrfach sich wiederholenden Wechsellagerung von Sand, geschiebeführendem und geschiebefreiem Mergel in der Weise, dass in den Gegenden zwischen Elbe und Oder und meist auch zwischen Oder und Weichsel der Diluvialsand (Spathsand, *) Die speeiell agronomischen Bezeichnungen dieser Blätter sind in dem fol- genden, von den agronomischen Verhältnissen handelnden Abschnitte näher er- läutert. [271] Geognostische Verhältnisse. 7 Braunsand, Glimmersand und Mergelsand) gewöhnlich entschieden die Hauptmasse bildet, Unterer Diluvialmergel*) und Diluvial- thonmergel als eingelagerte Bänke bez. Lager in demselben auf- treten, während jenseits der Weichsel in der Regel der gemeine un- tere Diluvialmergel die Hauptmasse ausmacht, in welcher geschiebe- freier Thonmergel und Diluvialsand eingelagerte Bänke bilden. Es soll damit jedoch keineswegs geleugnet sein, ist vielmehr charakteristisch, dass stellenweise auch das umgekehrte Verhält- niss hier wie dort stattfindet. | Dem seiner Zeit bei meiner Untersuchung der „Diluvialabla- gerungen der Mark Brandenburg, speciell der Potsdamer Gegend“ **) in seiner Stellung noch unentschieden gelassenen unteren Dilu- vialmergel kommt somit für das untere Diluvium eine weit wichtigere, als die damals vermuthete Rolle eines Vorläufers des oberen Diluvialmergels zu. Schon bei der Kartirung Östpreussens, wo er ungleich mächtiger und allgemeiner verbreitet auftritt, musste er nicht nur mit Bestimmtheit dem unteren Diluvium zugesprochen werden *""), sondern als ein integrirender Theil, ja als die Haupt- masse desselben beschrieben werden und hat auch bei der jetzigen Kartenaufnahme diese Stellung unzweifelhaft bewahrheitet. *) Früher in „Diluvial- Ablagerungen der Mark Brandenburg“ Berlin 1863 seines meist 70 und 80 pCt. betragenden Sandgehaltes halber von mir Diluvial- Sandmergel genannt, ein Name der wenig Anklang gefunden hat und, weil er zu- dem auch im gewöhnlichen Leben zu Missverständnissen Anlass zu geben schien, schon sehr bald, namentlich in „Geologie des Kurischen Haffes und seiner Um- gebung“ von mir mit dem kürzeren und allgemeineren Namen „Diluvialmer- gel“ vertauscht wurde. Wenn ich daneben den Namen Geschiebemergel in der Folge zuweilen gebrauche, so geschieht es, weil derselbe ein Hauptcharak- teristieum trifft; dennoch aber behauptet der allgemeinere Name Diluvial- mergel auch ihm gegenüber sein Recht. Ebenso nämlich wie es Thonmergel im Diluvium giebt, welcher von dem übrigen durch nichts anders sich unterscheidet, als dass er vereinzelte Geschiebe führt [daher Diluvialthonmergel statt Geschiebe- freier Thon], ebenso giebt es auch grobsandigen Mergel, welcher ganz vereinzelte, stellenweise gar keine Geschiebe führt und doch in seinem Habitus von dem übri- gen nicht zu trennen ist, am wenigsten aber mit dem Geschiebefreien Thone ver- einigt werden könnte [daher Diluvialmergel statt Geschiebemergel]. *#) Berlin 1863 bei E. $. Mittler & Sohn. =) G. Berendt Geologie des Kurischen Haffes. Königsberg in Preussen 186) bei W. Koch, 8 Geognostische Verhältnisse. [272] Zwar bildet er, wie oben gesagt, in hiesiger Gegend nur sel- tener die Hauptmasse, aber, wie aus dem petrographischen Theile noch deutlicher erhellen wird, ist in ihm das gesammte Gesteins- material des unteren Diluviums überhaupt gegeben. Letzteres erscheint geradezu wie ein, bald mittelst eines grossartigen Schlemm- processes vom Wasser in seine Bestandtheile zerlegter, bald als solcher belassener Geschiebemergel. Je mehr der untere Diluvial- mergel als solcher in einem Diluvialprofile zurücktritt bez. sich auf ein oder mehrere dünne Bänke beschränkt oder gar fehlt, desto mächtigere Entwickelung zeigt der Diluvialsand und in ge- wissem Grade auch die ihm eingelagerten oft zu einem Lager ver- einigten Bänke, einerseits von Geröll, andrerseits von geschiebe- freiem Thonmergel und den ihn begleitenden feinen Mergelsanden. Je mehr aber der untere Geschiebemergel noch die Hauptmasse bildet, desto verschwindender ist auch die Mächtigkeit des einge- lagerten Thonmergels einerseits, des Sandes und der Geröllbänk- chen andrerseits, welche wieder untereinander in einem gewissen regelmässigen Verhältnisse zu stehen scheinen. In Uebereinstimmung mit dieser Auffassung bemerkt man denn auch in dem gemeinen unteren Diluvialmergel oder Geschiebe- mergel höchst selten Spuren der Schichtung, seine erhärteten Steil- wände sind mit Recht einer Felswand im alten Massengestein zu vergleichen, während die Folge der aus der Aufbereitung bez. dem Schlemmprocesse der Natur hervorgegangenen Grande, Sande, Mergelsande und Thonmergel in den meisten Fällen eine Regel- mässigkeit und Feinheit der Schichtung zeigt, welche nichts zu wünschen übrig lässt und sich selbst in den gestörtesten Lage- rungsverhältnissen mit ihren Windungen und Verschlingungen, wie sie jedoch meist nur in der Nachbarschaft zu Tage tretender älterer Formationen zu beobachten sind, noch deutlich erkennen lässt. Der Uebergang eines mächtigen Lagers von unterem Diluvial- mergel, wie es z. B. in den grossen Gruben von Velten oder Bir- kenwerder und Hohenneuendorf auf Sect. Oranienburg und Hen- nigsdorf die ganze Höhe der Gehänge des Havelthales einnehmend gebaut wird, in horizontaler Richtung in die mächtige Folge von Sandschichten mit einlagerndem geschiebefreiem Thonmergel z. B. EG re di - Be [273] Geognostische Verhältnisse. 9 im Hahneberg bei Staaken (Sect. Rohrbeck) bez. in der Gegend von Werder, Glindow, Petzow u. s. w. der nach Süden anstossen- den Blätter, wird dann auch leichter verständlich. Ebenso erklärt sich auf diese Weise der Umstand, dass, wo mächtige Thonlager, oder richtiger Thonmergellager des Diluviums beobachtet worden sind, der gemeine geschiebeführende Diluvialmergel fehlt oder doch sehr zurücktritt und ebenso umgekehrt. Es ist dies ein Umstand, der Anfangs wohl geeignet war die Stellunx beider zu einander nicht klar erkennen zu lassen. Wenn aber in Folge der Beobachtung, dass geschiebefreier Thonmergel in der Potsdam-Berliner Gegend und auch sonst viel- fach im norddeutschen Flachlande die tiefste der zu Tage tre- tenden bez. aufgeschlossenen thonigen Schichten des Diluviums bildet, geschiebeführender Mergel unter demselben wenigstens ‚nicht bekannt geworden war, die Annahme allerdings nahe lag, dass die ältesten Schichten des Diluviums als geschiebefrei bez. geschiebearm zu bezeichnen wären, so hat solches sich doch durch die Erfahrung in der Folge weder bei der Kartirung Ostpreussens, noch bei den in den letzten Jahren im norddeutschen Flachlande verschiedentlich angestellten fiskalischen Tiefbohrungen, noch end- lich auch jetzt bei der vorliegenden Kartirung bestätigt; vielmehr haben alle Ergebnisse der hierbei gemachten Beobachtungen die angegebene Wechsellagerung geschiebeführender und ge- schiebefreier Bildungen im unteren Diluvium bewiesen. Abgesehen von den andern, an dieser Stelle nicht zu erörtern- den Aufschlüssen, ist für die Berlin- Potsdamer Gegend, welche mit ihren grossartigen Aufschlüssen von geschiebefreiem Thon- mergel bei Glindow, Petzow und Werder den ersten und Haupt- anhalt für die bezeichnete irrige Ansicht gegeben hat, ein im Jahre 1876 am gegenüber liegenden Ufer des Schwielow - Sees behufs Aufsuchung von Braunkohle gestossenes Bohrloch allein hinreichend den Beweis des Gesagten zu liefern. | Dieses Bohrloch, welches in Gemeinschaft mit anderen Her- ren von dem Director der Cementstein-Fabrik in Ferch, Herrn v. _ Mitzlaff, östlich genannten Ortes (Sect. Werder) auf der Sohle einer 11 Meter tiefen, hier früher im Glindower Thonmergel be- 10 Geognostische Verhältnisse. standenen Thongrube angesetzt wurde, gab folgendes entschei- dende Profil; Fig. 1. Alte N N Thongrube \ EL omlr, 18 23,6 =]Spathsand ds“ de] Grand 46,5 CE Cerölle ce SIE ds —— 48 mtr, Thonlager 47,5 dm@222]6eschiebemergel [27 5] Geognostische Verhältnisse. 11 Das obere Diluvium wird zunächst von dem oberen Dilu- vialmergel gebildet*) (von Bennigsen’s Lehm und Lehm- mergel zusammengenommen), welcher, wenigstens in der Mark Brandenburg, in deckenartiger Lagerung bei Weitem den grössten Theil, sei es der unmittelbaren, sei es der nächsten Oberfläche der, zwischen den schon angedeuteten grossen und auch kleineren Thalrinnen zu unterscheidenden Plateaus bildet. Wo er auf längere Erstreckung unmittelbar vom unteren Diluvialmergel unterlagert wird, kann er bei seiner petrographisch gleichen Zusammensetzung und der, beiden meist mangelnden Schich- tung zwar selten von diesem scharf getrennt werden, im Uebrigen aber konnte schon damals ““) von ihm gesagt werden, überlagert er ausnahmslos die Schichten des unteren Diluvialsandes und des- sen Einlagerungen, die oft in entschiedener Discordanz an der stets scharfen Grenze abstossen, oder doch durch wellige Knickung auf, zum Theil vor seiner Ablagerung stattgefundene Niveauver- änderungen hinweisen. In dieser mehrfach beobachteten Discor- danz und gleichmässig deckenartigen Lagerung ist denn auch die Begründung für eine Trennung in Oberes und Unteres -Diluvium gegeben. Den oberen Diluvialmergel überlagert, oft auf grosse Erstrek- kung oder vertritt ihn noch häufiger ganz: der, seiner ebenfalls deckenartigen und zugleich vollständigen Oberflächenlagerung halber, seiner Zeit von mir Decksand genannte Sand ’””) und Grand des Oberen Diluviums (Forchhammer’s Geschiebesand). Wenn ich auch jetzt noch die seiner Zeit gegebene Beschrei- bung des Decksandes vollkommen aufrecht erhalten muss, so muss + *) s. d. Anmerkg. auf 8.7. =") Diluv.-Ablagerungen d. Mk. Brandenburg S. 37. *"#) Wenn mein Freund Meyn in seiner „Geognost. Beschreibung der Insel Sylt“ (S. 43) beide Benennungen in die gemeinsame „Geschiebedecksand* zusam- menzuziehen vorschlägt, so gebe ich nur zu bedenken, dass der Decksand, so cha- rakteristisch ihm im Allgemeinen eine Beimengung namentlich kleinerer Geschiebe ist, doch in der Mark Brandenburg und nicht minder in Ostpreussen, oft auch auf grössere Erstreckung, als geschiebefrei zu bezeichnen ist und gerade deshalb eben der allgemeinere Name gewählt wurde, ebenso wie ich solches schon betreffs des sonst so treffenden Namens Geschiebemergel bemerkt habe. Anmerk. auf S.7, 12 ; Geognostische Verhältnisse. [276] ich doch vor allem hier eines Irrthums Erwähnung thun, welcher vielleicht Hauptanlass gewesen ist, dass dem Decksand als solchem seine Existenz mannigfach gradezu streitig gemacht worden ist, und er einfach für das durch Auslaugung und Ausschlemmung an Ort und Stelle gebildete Residuum eines Theiles der unter ihm liegenden Diluvialschicht erklärt worden ist. Dieses äusserste Ver- witterungsprodukt, wie es in der Folge namentlich beim oberen Diluvialmergel als ein lehmiger, selbst schwach lehmiger Sand, wirklich beschrieben werden wird, ist allerdings von mir seiner Zeit noch nicht. vom Decksande getrennt erkannt worden und daher die Verbreitung des letzteren noch bedeutender angesehen worden, als in der That schon der Fall. Es galt in jener Zeit aber, überhaupt erst dem Lehm als nächstem Verwitterungsprodukte des Diluvialmergels Anerkennung zu verschaffen und wäre mir selbst ein weiterer Schritt damals viel zu gewagt erschienen. Bei seiner geringen, meist 1 oft nur 0,5 Meter betragenden, 3 Meter hier kaum je erreichenden Mächtigkeit kann er, wie schon damals angeführt, allerdings als selbstständiges Glied des Diluviums leicht übersehen werden. Es kommt noch hinzu die Schwierig- keit seiner Trennung vom Unteren Diluvialsande, wo dieser sein unmittelbares Liegende bildet. Dennoch hat er sich so gut bei einer Bereisung Hollands *) im äussersten Westen, als bei der Aufnahme Ostpreussens im äussersten Osten des norddeutschen Flachlandes nachweisen lassen und hat, wie Forchhammer und ebenso Meyn**) zur Genüge bewiesen haben, eine Hauptentwick- lung im Bereiche der jütischen Halbinsel. Da-er innerhalb der vorliegenden 9 Blatt nirgends in einem instructiven Profile aufgeschlossen war, die dortigen Aufschlüsse wenigstens alle der, weil so leicht verwischbar, doppelt nöthigen Frische entbehrten, so mögen hier ein paar Profile aus den süd- lich bezieh. südöstlich nächst anstossenden Sectionen eine Stelle finden. *) Zeitschr. d. d. geol. Ges., Jahrg. 1874, S. 290 und 291. **) Erst neuerdings in „Geognost. Beschreib. d. Insel Sylt und ihrer Umge- bung“ 8.44 u. a. Bra ] Geognostische Verhältnisse. 13 Grube im Oberen Diluvium SO. Gütergotz (Sect. Grossbeeren). Fig. 2. Der sonst vielfach im Decksande (Oberen Diluvialsande) ver- streut eingemischte gröbere Grand und kleinere Gerölle bilden hier, und zwar nicht nur im Bereich der Grube, sondern durch fast die ganze Section hin mittelst der kleinen Bohrungen nachgewiesen, die Basis desselben unmittelbar auf dem Oberen Diluvialmergel. Ein zweites Profil aus der Gegend von Oanin (Sect. Beelitz) ist zwar nur klein, zeigte aber in seiner gelegentlich ganz frischen Entblössung gerade sehr deutlich den Fall, wo der Decksand nicht nur, wie solches sehr häufig vorkommt, den Oberen Mergel ver- tritt, sondern auch statt seiner die Schichten des Unteren Dilu- viums discordant überlagert. Grube im Oberen Diluvium SO. Caniın (Sect. Beelitz). Fig. 3. dg Oberer Dilavialsand u. Grand (Decksand), dm Unterer Diluvialmergel, ds Unterer Diluvialsand, 14 Geognostische Verhältnisse. [278] Das Alt-Alluvium, wie es gleichmässig ausgebildet in Holland und Belgien einerseits, in Ostpreussen andererseits und nicht minder in der Mitte, in Schleswig und Holstein, als Haidesand nach- gewiesen ist”), findet in der Mark und speciell der vorliegenden Gegend nordwestlich Berlin, seinen Vertreter in dem (s. d. petro- graphischen Theil) äusserst gleichmässigen, völlig horizontal auf meilenlange Erstreckung die alte Sohle jener grossen und breiten, im orographischen Abschnitt angedeuteten, Thalrinnen bildenden Sande, den ich deshalb auch, wie ich glaube nicht unpassend, seit Jahren mit dem Namen Thalsand zu bezeichnen gewohnt bin. Fig. 4. Durch Thalsand. Er ist es so recht eigentlich, der mit seinen graden tiefen Sandwegen in endlos scheinender Perspektive die Mark Branden- burg ihres Sandes oder, wie der Volksmund sagt, ihres märkischen Schnees halber von Alters her so in Verruf gebracht hat; denn meilenlang zieht sich die Landstrasse und selbst in neuester Zeit die Eisenbahn gerade durch diese Thäler hin, wo so gut wie gar keine sonstige Terrainschwierigkeit zu überwinden war “”). *) Zeitschr. d. d: geol. Ges., Jahrg. 1874, S. 309 ff. Berendt, Geologie des Kurischen Haffes und seiner Umgebung. Königs- berg, 1869, S. 39. Meyn, Geognostische Beobachtungen in den Herzogthümern Schleswig und Holstein. Altona, 1848, S. 60. **) Meine ursprüngliche Absicht war es, als Seitenstück zu obigem Formations- bildehen die unabsehbare Perspektive der Grossen Friedrichstrasse in Berlin hin- zuzufügen, wie sie sich von dem, zumal jetzt etwas erhöhten Standpunkte am ehemaligen Halleschen Thore dem Auge bietet. Auch diese Strasse verdankt ihre fast genau 4 Meile lange, vollkommen grade und zugleich horizontale Linie in erster Reihe dem Thalsande, auf welchem sie in der Hauptsache erbaut ist. — U [279] Geognostische Verhältnisse. 15 Das Jung-Alluvium endlich besteht, ausser dem, in ähnlicher Weise wie der Thalsand, nur innerhalb der engeren und kleineren Rinnen der heutigen Wasserläufe und Seen abgesetzten Fluss- sande, vorwiegend aus Torf- und Moorbildungen mit Unter- lagerung oder auch in Wechsellagerung mit Schichten von Wiesen- kalk, zuweilen auch von Infusorienerde. In dasselbe Niveau gehören auch die oft mächtigen Thonmergellager und der hier weniger Bedeutung erlangende Auelehm. Raseneisensteinbildungen, sogenanntes Wiesenerz, welche ebenfalls gleichalterig sind, kom- men in der vorliegenden Gegend nicht in nennenswerthem Maasse vor. Alle diese Bildungen lassen sich zusammenfassen als Süss- wasserbildungen, denen hier dann noch gegenüber stehen die Flug- oder Dünenbildungen. Eine gleiche Sonderung, wie bei den Süsswasserbildungen, in Jung- und Alt- Alluvium zu versuchen, lag auch bei den Flugbildungen nahe und würde sogar ein besonderes, namentlich wissenschaftliches Interesse haben, ist aber kartographisch durchzuführen nicht möglich, da auch die unzweifelhaft ältesten Dünen, deren Anfänge sosar mehrfach wahrscheinlich bis an das Ende der Diluvialperiode zurückgeführt werden müssen, in der Folge stete Umbildungen, selbst bis in die neueste Zeit herein, erlitten haben und vielfach noch heutigen Tages erleiden, so dass ihre ursprüngliche Gestalt, Stellung und Ausdehnung eine ganz von der gegenwärtigen abweichende war und zur Zeit in keiner Weise graphisch reconstruirbar ist. Da sie also mit ihren Anfängen nicht nur in die Alt-Alluvialzeit hin- ‚ einragen, sondern oft in ihrem Hauptkern dieser Zeit angehören und da ferner ihre Bildung bez. Umbildung eine continuirliche war und ist, sie sich somit nicht ın sich trennen lassen, so müs- sen sie bei der Gliederung in Jung- und Alt-Alluvium eine bei- den gemeinsame Nebenstellung einnehmen. Ein Gleiches gilt von den, an jedem Abhange mehr oder weniger sich zeigenden, verschiedenartigen Abrutsch- und Ab- schlemm-Massen, welche nur eine Umlagerung der in den Pla- teaus anstehenden, meist Diluvialbildungen sind. Auch sie sind weder dem Jung- noch dem Alt-Alluvium allein zuzusprechen, da ihre Bildung mit dem Hervortreten des festen Landes begann und noch 16 Geognostische Verhältnisse. [280] heutigen Tages fortgesetzt stattfindet. Soweit sie regelrecht ge- schichtet auftreten, zeigen sie gewöhnlich eine ziemlich starke, der Böschung des Abhanges einigermaassen parallele Neigung. Eine Zusammenstellung der hiesigen Quartärbil- dungen würde sich demnach folgendermaassen machen: Jung- Alluvium Düne In ver- ; Torf u. Moorerde Flusslehm (Auelehm) sand schiedener |) Wiesenerz Flusssand sone Wechsel- ) Wiesenmergel Flussgrand lsantech- lagerung \ Infusorienerde Flussgeröll RUN S- Alt- Alluvium schlemm- Thalsand als Vertreter des Haidesand. Massen. Oberes Diluvium mit Pyramidalgeschieben (Dreikantenern) *). b von a bedeckt oder / a Ob. Diluvialsand (Decksand, Geschie- einander vertretend \ besand) nebst Grand und Gerölllager aber b Ob. gemein. Diluvialmerg. (Lehmmerg., nicht wechsellagernd Ob. Geschiebemergel) mit Lehmdecke. Unteres Diluvium mit Paludina diluviana und häufigen geschrammten Geschieben. / Spathsand (nordischer Sand oder ge- Unterer meiner Diluvialsand) Diluvialsand ) Glimmersand In Braunsand mehrfacher / Unterer gemeiner Diluvialmergel (Schluffmergel, Un- Wechsel- terer Greschiebemergel) lagerung | Diluvial - Thonmergel (Glindower Thon, geschiebe- freier Thonmergel) in Uebergängen bis Mergelsand Diluvial-Grand-, Geröll- und Geschiebelager. Die angewandte geognostische””) Farbenbezeichnung. Gemäss dem bei der geologischen Spezialkarte zu Grunde liegenden Prinzip sind dunklere und überhaupt volle Farben für ”) Siehe im petrogr. Theile unter „Gerölle und Geschiebe“. **) Siehe die Anmerkung auf S. 6. [28 ] ] Geognostische Verhältnisse. 17 die jüngste oder Quartärperiode von vornherein ausgeschlossen worden, mit der Maassgabe jedoch, dass den für die Diluvialbil- dungen und das Alt-Alluvium gewählten Farbenreissungen und sonstigen Farbenzeichen ein verschiedener ganz lichter Grundton untergelegt wurde, während die für die Jung-Alluvialbildungen bestimmten vollkommen weissen Grund zeigen. Es bezeichnet somit: ein weisser Grund: Jung-Alluvium, ein blassgrüner Grundton: Alt-Alluvium, ein blassgelblicher Grundton: Oberes Diluvium, ein grauer Grundton: Unteres Diluvium. Ausnahmen bilden nur und zwar absichtlich zwei Bildungen. Der Dünen- oder Flugsand, welcher zum Theil dem Alt- und Jung-Alluvium gemeinsam ist, zeigt eine gelbe Punkti- rung auf weissem Grunde, jedoch so dicht, dass es den Eindruck macht, als ob ein schwach gelblicher Thon zu Grunde läge. Abrutsch- und Abschlemm-Massen, welche eine gleiche Zwischenstellung einnehmen und zudem petrographisch keinen ganz bestimmten Charakter zeigen, weil sie, je nach den im Abhange anstehenden, meist Diluvialschichten verschieden und häufig ge- radezu gemengt sind, erhielten eine unbestimmte, aus dem gelb- lichen und grauen Grundton des Diluviums zusammengesetzte Farbe. Es ist vielfach die Frage erwogen, ob sie bei Darstellung der Lagerungsverhältnisse in der Karte nicht überhaupt wegzulassen seien, weil dadurch die ursprünglichen Verhältnisse an Klarheit unzweifelhaft gewinnen würden. Abgesehen davon, dass die Karte aber eben ganz den heutigen Zustand der Erdoberfläche darzu- stellen bestimmt ist, macht das Vorhandensein dieser Massen, oft auf weite Strecken hin, es geradezu unmöglich mit Sicherheit an- zugeben, welche Schichten, namentlich im unteren Theile des Berg- abhanges vorhanden sind und wir würden, indem wir uns ge- zwungen sehen, Combinationen an Stelle direkter Beobachtung treten zu lassen, wieder zurückverfallen auf den Standpunkt älterer, oft klar gedachter, aber durch die Wirklichkeit wenig bestätigter, geognostischer Karten. Auf diesem, dem geologischen Alter nach verschiedenen Grunde 2 18 Geognostische Verhältnisse. [282] sind nun durch etwas dunkler-farbige, theils engere, theils weitere Reissung die verschiedenen thonigen, thonig-kalkigen und kal- kigen Bildungen einerseits (letztere durch blaue Farbe noch be- sonders kenntlich), andererseits durch ebenfalls dunklere Punk- tirung die betreffenden sandigen Bildungen unterschieden. Die noch übrig bleibenden, entschieden humosen Bildungen endlich sind durch unterbrochene, als kurze Horizontalstrichelchen erschei- nende Reissung zum Ausdruck gebracht. Es hat dies zunächst den grossen Vortheil, dass auf den ersten Blick die petrographisch gleichen bez. ähnlichen Gebilde der verschiedenen Formationen resp. Formations- Ab- theilungen dem Auge mit Leichtigkeit zusammenfass- bar sind, was namentlich auch die vom land- und forstwirth- schaftlichen Standpunkte erwünschte Unterscheidung von Sand- boden, lehmigem Boden, Humusboden und Kalkboden auch ohne alle weiteren Einschreibungen sofort ermöglicht, so bald man den im folgenden Abschnitte auseinandergesetzten engen Zusammen- hang zwischen Grund und Boden berücksichtigt. Ein Blick, beispielsweise auf die Sect. Cremmen, zeigt daher ohne weitere Kenntniss der Farben, nur durch die Punktirung, dass im ganzen Nordosten des Blattes zwar ganz verschiedene Formationen, aber ausnahmslos Sande und demgemäss, wie in der Folge zu erörtern, auch ausnahmslos Sandboden sich findet. So zeigt andererseits der erste Blick auf Blatt Markau, dass in den ganzen westlichen zwei Dritteln thonige oder thonig-kalkige Schichten und erst im östlichen Drittel neben denselben Sand- und Humusbildungen vorherrschen, was, wie ebenfalls erst in den näch- sten Abschnitten erörtert werden kann, für den ganzen Westen auf einen lehmisen Boden, für das östliche Drittheil gleichzeitig auf Sand- und Humusboden- in denselben Grenzen mit Sicherheit schliessen lässt. Ein fernerer, nicht minder wichtiger Vortheil dieser Bezeich- nung besteht in der Möglichkeit, durch gleichzeitige Anwendung zweier, zuweilen selbst dreier, der genannten rein petrographischen Bezeichnungen sogar die Uebereinanderlagerung zweier oder dreier petrographisch verschiedener Schichten [283] Geognostische Verhältnisse. 19 anzudeuten. So zeigt ein Blick beispielsweise auf Seet. Nauen in dem ganzen westlichen Theile des Blattes, ausser den einfachen oder Doppelstrichelchen humoser Bildungen, durchweg auch die den Sand bezeichnende Punktirung und lässt somit nur zweifelhaft, ob hier Humus resp. Torfbildung über Sand oder umgekehrt Sand über Humus resp. Torfbildung lagert. Aber auch dieser Zweifel wird, ausser durch die Farbenerklärung am Rande des Blattes, in jedem Falle durch die verschiedenen, gleichfalls erst im folgenden Abschnitte zu besprechenden, in Roth eingeschriebenen Bohrprofile gehoben. So zeigt als ferneres Beispiel die äusserste SW-Ecke des schon genannten Blattes Markau durch gleichzeitige Anwen- dung der Doppelstrichelung, der blauen und der grauen Reissung, die Uebereinanderfolge von Torf über Wiesenkalk auf einem mäch- tigen Lager von Wiesenthon (resp. Thonmergel); und an zwei anderen Stellen desselben Blattes, nördlich Wernitz und südlich Dyrotz, deutet die auslaufende Reissung des Diluvialmergels bei gleichzeitiger Strichelung humoser Bildung das direkte Fortsetzen der genannten Diluvialbildung unter dünner Moordecke an. Wo endlich eine solche Uebereinanderlagerung durch die Farbe in der ganzen Fläche nicht mehr gut darstellbar war, während die wenigstens theilweise geringe Mächtigkeit der oberen Schicht eine Darstellung doch wünschenswerth machte, ist “versucht . worden, durch Einzeichnung einzelner Bohrlöcher ın der Farbe der unter- lagernden Schicht diese gewissermaassen durchleuchtend zu machen. Auf diese Weise ist z. B. versucht worden, das regelrechte Fort- setzen: des Oberen Diluvialmergels. unter der grossen Flugsand- Bedeckung des sogen. Krämers auf Sect. Marwitz und anderer- seits derselben Diluvialschicht unter den Jung-Alluvialbildungen des Gr. und Kl. Ziethener Luches auf Sect. Cremmen deutlich zu machen. Die yeognostische Lagerung und Vertheilung. Die geognostische Gliederung des in Rede stehenden Terrains, d. h. die Vertheilung der einzelnen Formations-Abtheilungen inner- halb desselben, wird nach diesen zuvor nöthigen Erläuterungen aus den Kartenblättern leicht ersichtlich und auf Grund der vorhin DE 20 Fig. 5. Profil durch das Havelthal i. d. Linie der Sectionsgrenze v. Bl. Oranienburg u. Hennigsdorf, zw. Velten und Birkenwerder. Maassstab der Länge 1: 50000 der Höhe :2000. 1 S) 135 Havel. Th. Grub, b. Birkenwerder 1667 Geognostische Verhältnisse. [284] d 101 | [44 1207 Thongruben b. Velten % Flugbildungen 8 OberesDiluvium cd Unteres Diluvium ce Alt Alluvium a Jung Alluvium beschriebenen alten Hydrogra- phie leicht verständlich sein. Der Hauptsache nach besteht nämlich sämmtliches Terrain ausserhalb der 8. 3 ff. genannten Thäler, also sowohl nördlich und südlich, als zwischen beiden, oder mit an- deren Worten sämmtlicher Hö- henboden des Land- und Forst- wirthes, aus Diluvialbildungen. Im Gegensatz hierzu wird die ganze Sohle jener Thäler vom Alluvium erfüllt und zwar in der gegenwärtigen Thalsohleder Wie- sen- und Bruchniederungen vom Jung- Alluvium, in dem etwas höher gelegenen Acker- und Waldboden der ehemaligen Thal- sohle vom Alt- Alluvium. Das beigegebene Kärtchen sowie das” nebenstehende Profil lässt das Ge- sagte schon erkennen. Innerhalb der Grenzen des vor- liegenden Kartencomplexes kann man geradezu sagen, dass unge- fähr die Niveaucurve von 120 Fuss”) die Grenze bil- *) Die feinen, schwarzen, unterbro- chenen Linien, welche in mannigfachen Curven auf den Kartenblättern durch die geognostische Farbe hindurch sichtbar werden, sind in regelmässigen Verticalab- ständen und zwar in je 15 zu 15 duodec. Fuss Höhe gezogene Horizontalen in der Erdoberfläche, welche durch die gleich- zeitig vorhandene Bergschraffur in noch deutlicheres Licht gestellt erscheinen, und beim Gebrauch der Karte die Höhe jedes einzelnen Punktes sogleich bis wenigstens auf 15 Fuss bestimmen lassen. So hat | z. B. alles Terrain oberhalb der 120 Fuss Curve bis zur nächst gezogenen Curve zwischen 120 und 135 Fuss Höhe über dem Ostseespiegel, alles Terrain unterhalb derselben aber 105 bis 120 Fuss. [285] Geognostische Verhältnisse. 2] det zwischen Diluvium und Alluvium. Alles höher gele- sene Terrain ist, mit Ausnahme der hernach noch besonders zu besprechenden Flugsand- resp Dünenbildungen, im Grossen und Ganzen als Diluvialbildung anzusprechen; alles unter 120 Fuss Meereshöhe gelegene Terrain hinab bis zu einer, ungefähr die Curve von 105 Fuss haltenden Grenze zeigt ebenso regelrecht den Sand des Alt-Alluviums (den Thalsand), und endlich bestehen die unterhalb 105 Fuss Meereshöhe gelegenen Flächen bis in resp. unter den durchschnittlichen Wasserspiegel von ca. 97 Fuss aus Jung-Alluvialbildungen. Ausnahmen von einigem Belang finden, wie eben erwähnt, nur da statt, wo entweder die auf der Thalsohle gebildeten, meist langgestreckten Dünenzüge sich zu grösseren, die genannte Höhen- curve überschreitenden Hüseln erheben, oder Flugsande aus dem Thale auf die Höhe des Plateaus hinaufgeweht sind. Als Beispiel für ersteren Fall möge die Gegend von Falkenhagen-Seegefeld auf Blatt Rohrbeck dienen und ebenso für den anderen Ausnahmefall die Gegend des unter dem Namen Krämer bekannten grossen Forst- terrains im Südwesten des Glien auf Blatt Marwitz oder die Gegend von Hermsdorf- Schulzendorf der Tegel’schen Forst auf Blatt Hennigsdorf. Geringere Ausnahmen sind überall da zu erwähnen, wo inner- halb kleiner Einsenkungen oder in rinnenartigen Vertiefungen auf der Plateauhöhe’ jüngere Alluvialbildungen eingeschwemmt oder anderweitig ausgebildet sind. Beispiele davon finden sich auf sämmt- lichen Blättern und liegen zu sehr in der Natur der Sache, als dass mehr als ihre Erwähnung nöthig wäre. Was die Lagerung der Alluvialbildungen im Allgemeinen betrifit, so ist sie durchweg eine horizontale. Besonderer Erwähnung verdient jedoch noch ein Unterschied, welcher sich hier zwischen diluvialen und alluvialen Sanden bemerkbar macht. Im Allgemeinen kann man nämlich wohl sagen, dass ein so häufiger Wechsel feinerer und gröberer Korngrösse, wie bei diluvialen Sanden, namentlich dem gemeinen Unteren Diluvialsande, der am ersten eine Ver- _ wechselung zulässt, in Alluvialsanden nicht stattfindet, die Schich- tung als solche hier mithin weit weniger hervortritt. 22 Geognostische Verhältnisse. [286] Wo eben nicht die genannten, durch ihre Form jedoch leicht kenntlichen Dünenzüge einerseits, oder jüngere Thalrinnen anderer- seits störend dazwischen treten, kennzeichnet den Thalsand am besten schon seine, dem Auge meist vollkommen horizontal er- scheinende Oberfläche und demgemäss [nur durch angestelltes Ni- vellement ein sanftes Ansteigen nach dem Fusse der Thalgehänge hin nachweisende], horizontale Lagerung überhaupt. Seine Mäch- tigkeit und mit ihm die des Alt-Alluviums der Gegend im All- gemeinen ist für gewöhnlich schwer nachzuweisen, da die, in der Spandower Gegend zwar namentlich sehr zahlreichen Sandgruben ihn nirgends durchsunken haben und Brunnengrabungen hier selten tief zu machen sind, weil in der Regel in wenigen (meist 2—3) Metern der Grundwasserspiegel erreicht wird. ; Um so wichtiger ist deshalb einerseits eine vor Jahren aus- geführte Brunnenbohrung in Schönwalde (Sect. Marwitz), welche in ca. 9 Metern eine undurchdringliche Bank von Diluvialgeröllen als Sohle des Thalsandes erreichte und andererseits die jüngst zum Behufe der Wasserversorgung Berlins am Rande des Tegeler Sees (Sect. Spändow) abgesunkenen 12 Brunnen. Diese letzteren trafen durchweg in einer Tiefe von 12—13 Metern dieselbe, die Basis des Alt-Alluviums und den Beginn der Diluvialschichten bezeich- nende Bank kleiner und grosser Gerölle und Geschiebe. Werfen wir noch einen näheren Blick auf die, wie soeben gesagt, die Plateaus der Hauptsache nach bildenden Diluvial-Ab- lagerungen, so finden wir naturgemäss an der Oberfläche vorwie- gend die Bildungen des Oberen Diluviums, bestehend aus Oberem Geschiebemergel und dem ihn entweder bedeckenden oder anderer- seits ihn auch vertretenden Oberen Sand und Grand, dem soge- nannten Decksand (Geschiebesand der jütischen Halbinsel). Das untere Diluvium dagegen tritt ebenso naturgemäss, nur in be- schränkterer und zwar der Hauptsache nach auf zweierlei ganz verschiedene Weise in den Bereich der Oberfläche. Die eine dieser Arten, das Auftreten von Schichten unteren Diluviums am Rande und in den Gehängen der genannten grossen Thäler oder in ‚kleinen zu denselben hinabführenden Rinnen und Schluchten hat durchaus nichts Auffälliges, indem sie eine einfache mm warrinae [287] Geognostische Verhältnisse. 33 Folge der Auswaschung bei Bildung dieser Thäler und Rinnen ist. Hierher gehören namentlich die Entblössungen vorwiegend Unteren Diluvialmergels an den Steilgehängen des jetzigen Havelthales, wie sie bei Velten und bei Birkenwerder in grossen Gruben zur Ofen- und Ziegelfabrikation ausgenutzt werden und aus dem Profil auf Seite 20 erkannt werden. Die zweite Art des Zutagetretens des Unteren Diluviums ver- dient als eine besondere Eigenthümlichkeit des Flachlandes erwähnt zu werden. Sie findet sich nämlich gerade entgegengesetzt der vorigen an den relativ höchsten Punkten der Gegend, und ist als eine vom oberen Diluvium entweder überhaupt unbedeckt gebliebene, Om Oberer Diluvialmergel ds Unterer Diluvialsandl oder doch später entblösste, lokale, meist sehr mächtige Anschwel- lung der Sandfacies des Unteren Diluviums zu betrachten, wie in vorstehendem Profile angedeutet worden. Eine dritte, nur seltener vorkommende Art schliesst sich an die erstgenannte eng an, indem es bei Auswaschung der Thalrinnen innerhalb derselben und des sie erfüllenden Alluviums, meist nahe dem Rande stehen gebliebene, inselartige Reste Unteren Diluviums sind. Hierher gehören die kleinen Diluvialinseln von Charlotten- burg und von Dalldorf im Bereiche der Section Spandow, wie andererseits die sogenannte Lange Horst inmitten der Torffläche des grossen Rhinluches auf Section Cremmen. "Aeltere als Diluvialbildungen treten nur an einer Stelle und zwar im Bereiche des Blattes Hennigsdorf auf und gehören dem Tertiär an. Von ihnen wird in der Spezialerläuterung des be- treffenden Blattes die Rede sein. Ich gehe daher direkt über zu einigen petrographischen Be- merkungen über die demnächst allein in den 9 Blatt vertretenen Quartärbildungen. - III. Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. Die in diesem und den folgenden Abschnitten gegebenen Analysen basiren sämmtlich auf Untersuchungen, welche in dem chemisch-agronomischen Laboratorium der geologischen Landes- anstalt unter Leitung des Professor Dr. Orth von den Hülfsgeo- logen und Analytikern Dr. Ernst Laufer, Dr. Ludwig Dulk, Dr. Felix Wahnschaffe und Berg-Ingenieur Ernst Schulz ausgeführt und nach den Karten-Sectionen zusammengestellt in den Special- Erläuterungen der einzelnen Blätter mitgetheilt sind. Im praktischen Interesse und um auch dem Laien einen leichteren Ueberblick der Gesammtzusammensetzung zu geben, hielt ich es jedoch für geboten die dort vom Standpunkte des Ohemikers aus streng in mechanische und in chemische Analyse gesonderte Unter- suchung in der seiner Zeit zuerst von v. Bennigsen-Förder angestrebten und auch schon ähnlich von mir *) angewandten Weise zu einer mechanisch-chemischen Gesammtanalyse umzu- rechnen und zu verbinden. Bekanntlich unterscheidet man bei den, wie die in Rede ste- henden Quartärbildungen durchweg, mechanisch gemengten Gebil- den je nach dem Vorwiegen des einen oder anderen der stetigen Hauptgemengtheile thonige, sandige, kalkige und kohlige (bez. humose) Bildungen. Den Gehalt an Thon, Kalk, Sand und Humus zu bestimmen wird somit in erster Reihe Aufgabe der für prakti- *) Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg. Berlin 1863. a mm» —— I une nn nn m ne np 0 Sana | mn nn [uÖ Sun nn ln ee [289] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 25 sche Zwecke bestimmten Analyse sein. Wäre der Sand nun, wie nicht selten in älteren Formationen der Fall, auch bei den Quar- tärbildungen reiner Quarzsand, so wäre eine auf diese Hauptge- mengtheile gerichtete Analyse ziemlich einfach. Da aber fast durch- weg, sowohl im Alluvium wie im Diluvium, der Sand neben den Quarzkörnchen auch Feldspathkörnchen, Glimmerblättchen und andere bei chemischer Zersetzung sowohl Kalkerde als namentlich Thonerde liefernde Silicate beigemengt enthält, wird diese Bestim- mung namhaft schwieriger. Abgesehen davon, dass auch im rein wissenschaftlichen Sinne dem Geologen daran liegt bei einem mechanisch gemengten Gebilde den als Bindemittel dienenden Thon von dem in eingelagerten Sılicaten enthaltenen gesondert zu ken- nen, kann es im praktischen Leben sowohl vom Standpunkte des Land- und Forstwirthes, als des Technikers erst in zweiter und dritter Reihe von Bedeutung sein, wie viel Thonerde an andere Silicate gebunden und daher sowohl für die Pflanzenernährung als zu technischen Zwecken nicht direct verwerthbar in dem Gebilde vorhanden sei. Nun ist es aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, bis jetzt weder auf mechanischem noch auf chemischem Wege praktisch ausführ- bar, diesen plastischen Thon von dem noch an andere Silicate gebun- denen Thone streng, d. h. wissenschaftlich genau zu scheiden. Auch die Combinirung chemischer und mechanischer Zerlegung hat bis jetzt in diesem Punkte zu einem absolut genauen Resultate nicht geführt, wohl aber zu einem Annäherungswerthe für den plastischen Thongehalt, welchen in die Gesammtanalyse einzusetzen ich um so weniger Bedenken getragen habe, als der etwaige Feh- ler sich innerhalb weit engerer Grenzen bewegt, als die auch bei der besten Probeentnahme sich herausstellende Schwankung des Thongehaltes derartig gemengter Gebilde an sich. Für die Praxis ist aus diesem Grunde sogar eine etwa zu erlangende grössere Genauigkeit, falls sie das Verfahren nicht gleichzeitig vereinfacht, geradezu fast bedeutungslos. Dagegen kann mit Recht die Frage aufgeworfen werden, ob nicht der Theil des noch an andere Silicate gebundenen Thonge- haltes, welcher vermöge der Feinheit des ihn enthaltenden Gesteins- 26 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [290] staubes bei fortschreitender Verwitterung demnächst gleichfalls, zwar allmälig aber stetig den Pflanzen zugänglich wird und somit eine reichere oder ärmere Quelle des Nahrungsstoffes für die Pflan- zen bildet, neben dem plastischen Thone ebenfalls bestimmt zu werden verdient. Es hat dies bei den vorliegenden Analysen noch nicht geschehen können, wird aber in der Folge doch im Auge zu behalten sein. - Die mechanische Analyse liefert nämlich je nach der Korn- grösse: Grand (über 2 Millimeter), Sand (in 5 Abstufungen”) von 2 bis zu 0,05 Millimeter), Staub (in 2 Abstufungen **) von 0,05 bis zu 0,01 Millimeter) und endlich feinste Theile (unter 0,01 Mil- limeter). Letztere enthalten, wie genügende Versuche bewiesen haben, stets der Hauptsache nach den gesammten Gehalt des Gebildes an plastischem Thon, daneben aber auch noch die aller- femsten Quarz- und sonstigen Gesteins-Staubtheilchen. Aus die- sem Grunde wird eine Fortsetzung der Scheidung auf chemischem Wege nothwendig. Was nun hierbei aus letzteren noch von nicht freiem Thone mitgelöst wird, darf geradezu als Ausgleich betrach- tet werden für einzelne Partikelchen plastischen Thones, welche in Folge concretionärer Zusammenballung etwa schon bei der Korngrösse von 0,05 bis 0,01 Millimeter als Staub mitgefallen sind und würde auch ohnehin nur einen Fehler verursachen, welcher, wie schon gesagt, weit innerhalb der Grenzen der an sich schwan- kenden Zusammensetzung des Gebildes liest. Wenn somit die aus den feinsten Theilen auf chemischem Wege bestimmte Thon- erde auf wasserhaltigen Thon berechnet, von der Summe der fein- sten Theile in Abzug gebracht wird und die dann übrig bleiben- den Quarz- und sonstigen Staubtheilchen zu dem übrigen bei 0,1 Millimeter Geschwindigkeit gefallenen Staube hinzugerechnet werden, so erhält man eine für praktische Zwecke vollkommen ge- naue Scheidung in Grand, Sand, Staub und Thon. Eine weitere *) Unterschieden wurden Abstufungen des Sandes von 2—1 Millimeter. Hi 08 b ”*) Abstufung des Staubes; 0,5 — 0,2 - 0,05 — 0,02 Millim, 0,2— 0,1 - 0,20—0,01 - 720,0 [291] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. Dan mineralogische Unterscheidung und erforderlichen Falls auch an- nähernde demgemässe Trennung des Grandes, Sandes und Stau- bes ist sodann ebenfalls möglich. Auf diese Weise ergaben sich die einfachsten der in dem Folgenden vorliegenden combinirten Analysen. Enthält das Gebilde, wie bei Diluvialbildungen in unverwit- tertem Zustande stets der Fall ist, auch kohlensauren Kalk (bez. Magnesia), oder wie im Alluvium vielfach auch Humus (bez. Kohle), so tritt am besten die Anwendung der mechanischen Tren- nung erst nach Bestimmung und Entfernung dieser besonderen Gemengtheile auf chemischem Wege ein, und liefert die combinirte Analyse dann Grand, Sand, Staub, Thon, Kalk und Humus. Bei den vorliegenden Analysen, wo diese vorherige Trennung noch nicht stattgefunden hatte, sondern erst nachträglich der Kalk in den einzelnen Schlemmprodukten bestimmt worden ist, habe ich somit, um die combinirte Analyse zu erlangen, des Weiteren diesen Kalkgehalt von den einzelnen Schlemmprodukten in Abzug gebracht. Bei den, Kohle bez. Humus enthaltenden Gebilden, wo bisher nur eine ganz gesonderte Bestimmung des Gesammthumus- gehaltes stattgefunden hatte, liess sich eine gleiche Trennung nach- träglich nicht mehr ausführen und konnte der Humusgehalt für diesmal nur daneben angegeben werden. Die Bestimmung von Nebenbestandtheilen, welche aber in agronomischer oder technischer Beziehung irgendwie ‚von Wich- tigkeit sind, kann sodann sehr wohl neben der Gesammtanalyse hergehen und hat sich bis jetzt in erster Reihe auf die feinen und feinsten bei mechanischer Trennung erhaltenen Theile die soge- nannte Feinerde erstreckt, weil diese ihrer leichteren Aufschliess- barkeit bei fortschreitender Verwitterung halber für Pflanzener- nährung wie für technische Zwecke zunächst nur in Betracht kommt. Eine Bestimmung der wichtigeren Nebenbestandtheile auch im Gesammtboden wird immerhin nicht gänzlich auszu- schliessen sein, allein sehr wohl auf einzelne ganz besonders typi- sche Ausbildungen beschränkt werden können. Bei der, z. B. im Apatit, so leicht aufschliessbaren Phosphorsäure wird solche Ge- sammtbestimmung sogar nothwendig sein. 28 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [292] Das Diluvium. Hauptunterscheidungsmerkmale des märkischen Diluviums in petrographischer Hinsicht gegenüber den nächst älteren und den nächst jüngeren hier auftretenden Bildungen sind einerseits die fast in allen Schichten vorkommenden, bei einem Theile desselben sogar einen wesentlichen Bestandtheil bildenden Geschiebe, welche bekanntlich zum weitaus grössesten Theile nordischer Herkunft sind. Andererseits charakterisirt die sämmtlichen Gebilde desselben, was nicht genug beachtet werden kann, gegenüber den Bildungen der norddeutschen Braunkohlenformation, ja fast des gesammten nord- deutschen auch des marinen Tertiär, ein ausnahmsloser theils grösserer theils geringerer Kalkgehalt. Es ist der letztere dem Diluvium so durchweg eigenthümlich, dass man geradezu mit einer gewissen Sicherheit die Erschliessung einer älteren Formation folgern kann, sobald in irgend einem Profile, beispielsweise bei Bohrungen, der Kalkgehalt in der Tiefe plötzlich aufhört. Der Kalkgehalt fehlt nur da innerhalb des Diluviums, wo derselbe in oberen Teufen durch Einfluss der Atmosphärilien aus- gelaugt worden ist. Bilden thonig-kalkige Schichten desselben die Oberfläche, so überschreitet diese Verwitterung kaum irgendwo eine Tiefe von 2 Meter; liegen dagegen mächtige Sandschichten zu oberst, so wird bei dem an sich stets geringen Kalkgehalte derselben und bei der naturgemäss leichten Durchlässigkeit diese Entlaugung bis in erheblichere, jedoch 10 Meter wohl kaum in irgend einem Falle überschreitende Tiefe gefunden. Die Diluvialbildungen bestehen im Bereiche der vorliegenden 9 Blätter, wie überhaupt in der Berliner Umgegend, aus einer wechselnden Folge sandiger und thonig-kalkiger Schichten, die man auch allgemeiner und sogar richtiger, da der Kalkgehalt auch den Sanden nicht fehlt und andererseits die thonig-kalkigen Schich- ten zum grossen Theile über 50 pCt. Sand enthalten, auch nur - in lockere und festere bez. lose und gebundene Schichten son- dern kann. Beginnt man die Aufzählung der lockeren Schichten mit den zuweilen auf scharf gesonderte Lager und Bänke beschränkten EEE o. IE LE et RUE BEER 28 6 RETLTER en x“ } 2 EHE se be £ ce a en ve 4 ER m rt gran nn 5 [293] Kurze Petrographie der ‚auftretenden Quartärbildungen. 29 Geschieben und Geröllen, welche zum Theil geradezu als das ursprünglichste Material betrachtet werden müssen, so erhält man von diesen durch Spath-Grand und Sand in seinen Abstufun- gen, ferner durch Glimmersand und endlich Mergelsand eine ‚so vollständige Abstufung nach der Korngrösse,: dass man von dem letztgenannten Gebilde, dem Mergelsande, welcher aus dem feinsten Quarz- und sonstigen Gesteinsstaube, auch feinem Kreide- mehle besteht, einen in petrographischer Hinsicht ganz allmäligen Uebersang in die festeren Gebilde hat. Durch Aufnahme weniger, ihn etwas mehr kittender Thontheilchen entsteht nämlich aus dem Mergelsande der sogenannte Fayencemergel, dem sich dann der feinsandige Thonmergel in seinen Abstufungen bis zu fettem und festem Thonmergel anschliesst. Ausserdem aber gehört zu den festen Gebilden ein als specifischer Diluvialmergel oder Geschiebemergel zu bezeichnendes Gemenge sämmtlichen in den genannten Gebilden vertretenen Materials, aus welchem ‚man sich andererseits diese ganze Reihe der Gebilde von den grossen Geschieben hinab bis zum feinsten Thonmergel durch einfaches Abschlemmverfahren ent_ standen denken und jederzeit im Kleinen auf diesem Wege darstellen kann. Mit ihm möge somit die Beschreibung der genannten Haupt- bildungen beginnen: Der gemeine Diluvialmergel oder Geschienemergel ist ein durch regellos eingemengte Geschiebe, Gerölle, Grand und Sand besonders widerstandsfähiges, im feuchten Zustande zähes, im getrockneten hartes thonig-kalkiges Gestein ohne jegliche be- merkbare innere Schichtung. Wir unterscheiden Oberen und Un- teren Geschiebemergel eigentlich nur nach den Lagerungsverhält- nissen resp. seiner geognostischen Stellung, bei im Grossen und Ganzen völlig gleicher Zusammensetzung. Es zeigen sich jedoch feine, nur dem geübten Auge erkennbare Unterschiede namentlich in der Structur und darf innerhalb gewisser Grenzen die gelbliche Farbe dem Oberen, die dunkelgraue und braune *) dem Unteren *) Auf Mengung mit fein vertheilter Braunkohle zurückzuführen und wohl zu unterscheiden von der rostbraunen des Lehms. 30 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [294] % Geschiebemergel geradezu als Kennzeichen zugesprochen werden, mit der Maassgabe jedoch, dass die gelbliche, wenigstens die gelb- lich graue Farbe auch mehrfach bei dem Unteren Geschiebemer- gel vorkommt, während der umgekehrte Wechsel nie beobach- tet wird. | Als ein ferneres innerhalb gewisser Grenzen verwerthbares Unterscheidungsmerkmal muss der, erst bei analytischer Unter- suchung sich ergebende etwas grössere Kalkgehalt des Unteren | Geschiebemergels erwähnt werden. Die folgenden Analysen einiger Geschiebemergel aus dem Bereiche der in Rede stehenden 9 Sec- tionen mögen das Gesagte erläutern und die Zusammensetzung. im Ganzen klarstellen. Oberer und Unterer Geschiebemergel. Gemeiner Diluvialmergel aus der Gegend nordwestlich Berlin. Oberer. Thon- 2] r Quarz mit Feldspath | Kohlensaurer Kaik erde- 2 silicat u und event. mit kohlens. | wasser- & Section | Fundort| andern Silicaten Magnesia u Bemerk. 1 (®) = über | 2- unter | über | 2- | unter | unter 9 mm 0,05"m,0,05mm 9 mm '0, (pr BOSSE No. Grand | Sand Staub in Kalkkörnern Kalk- Pat 80,0 10,5 8,4 | dir. ermitt. Kalkgel 14 | Nauen | Gallin | 439 | 55| 2038| 08 | 3,7| 591. 84 106 75,6 12,7 11,6 | dir. ermitt. » Doro- | ; 1 | ern 05 7|8a| 02| 25|. 96 118 112 83,1 10,3 6,8 dir. ermiil 7 |CremmenlSchwantel 1,4 | 6211196 | 0,8 | 44) 5,1] 6,8 | Kalkgeh.9,8 86,5 9,5 4,0 93 [Hennigs- | Birken- 26 re | dorf werder Im 81,3 10,7 Durch- | schnitt 22 57,9 | 21,2 09 3,5 6 | 20 mn nn er — [295] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 31 Gemeiner Diluvialmergel aus der Gegend nordwestlich Berlin. Unterer. 2 Thon- = Quarz mit Feldspath | Kohlensaurer Kalk erde- S silicat « und event. mit kohlens. | wasser- 3 Section | Fundort| andern Silicaten Magnesia alle Bemerk. ie er über 2- unter | über | 2- | unter | unter 9) mm 0,05 0,05 mm 2) mm \0,05um 0,05mm 0,01 mm No. | Grand Sand | Staub [in Kalkkörnern Kalk Elsusch. mehl | Thon Vehle- 72,8 17,4 9,2 6 |Cremmen| fantz R ; Ziegelei 0,5 | 49,2 | 22,8 0,7 A 10 2 1,1 19,1 9,6 B3 (Hennigs@ | Birken | 9, | 07 | 1933| 06| s2lı03| 98 dorf werder 5 Enlen 77,3 14,7 7,9 ein Kalk- 4 Hennigs- Rn F steinchen dorf dorf 2 5,3 2,6 6,8 79 dahei | Im 73,7 17,1 8,9 Durch- < 5 3 a 1,9012748,3.,.23,4 2,2 5,2 U 5,9 (Grenzausbildung zum Thonmergel hin) A - Velten 56.0 983* 13.8 'steinarm, D Br Zel.Ober- : 192 | ‘ feinsand., 3 | bank 05, 130 | 4825| 05| 35 | 243| 138 |Adir.ermit- telt 27,1 I: desgl. 3 19,0* 16.1 |steinig, fett, Dr Dien- | Tnter- 63,5 u” ” 19) dir. ermit- 8 | bank E33 2337 3213,05 ll | teltl,5 Im 59,8 23,6 15,0 Durch- ea 1.02 223.420354 141 3:92 11856 15,0 - Unterem Das zunächst bei genauerer Betrachtung dieser Analysen Auf- fallende ist der durchweg so äusserst geringe Thongehalt [7,7, 8,9 und 15 pÜt.] des Diluvialmergels, welcher sowohl nach dem Augenschein, als nach dem Ergebniss der zu Grunde liegenden mechanischen Analyse resp. den Durchschnittszahlen derselben: bei Oberem Diluvialmergel 21,2 + 63 + 77 —= 35,2 Feinerde, 234+ 97 + 89 — 42,0 - desgl. fetter Ausbildung 35,4 + 18,6 + 15,0 = 69,0 32 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [296] weit höher zu erwarten war und auch früher, auf Grund mechani- scher Analysen allein, weit höher angenommen wurde”). In dem über die technische Nutzbarkeit der Quartärbildungen handelnden Abschnitte wird des Weiteren davon die Rede sein. Hier sei nur noch bemerkt, dass der relativ höchste Thongehalt des Unteren Mergels aus den Veltener Ziegeleien nicht ganz vereinzelt dasteht und das auch an sich durch mangelnden gröberen Sand und Armuth an Geschieben deutlich unterscheidbare Gebilde als lokal viel- fach vorkommende Grenzausbildung zum Geschiebefreien Thon- mergel oder Glindower Thonmergel hin zu betrachten ist. Dagegen ist der ungewöhnlich hohe Kalkgehalt der Oberbank genannten Veltener Mergels eine ganz besondere Ausnahme für sich, die selbst vom geschiebfreien Thonmergel selten erreicht wird. Im Uebrisen aber wird doch der oben angedeutete einiger- maassen als Unterscheidungsmerkmal dienende höhere Kalkgehalt des Unteren gegenüber dem Oberen Mergel aus der vorstehenden Tabelle ausnahmslos klar. Dennoch füge ich noch einige weitere, ohne Ausführung der Gesammtanalyse gemachte Kalkbestimmun- gen aus dem N.-W. Berlins hinzu. Alle diese Bestimmungen sind berechnet aus der ermittelten Kohlensäure und daher eventuell auch kohlensaure Magnesia und möglicher Weise selbst etwas kohlen- saures Eisenoxydul darin mitbegriffen. Oberer Diluvialmergel. Kohlensaurer Section Fundort Kalk pCt. Hennigsdorf . . . | Pfingstberg bei Hermsdorf 8,8 Markanwer 20: Niederhof bei Nauen . 8,8 Nauen Lietzow aus 4 dm. Tiefe 11,6 = 0) = - 9,9 Im Durchschnitt 9,8 Durchschnitt der vorigen Tabelle 10,7 Gesammtdurchschnitt 10,2 pCt. *) Hieraus erklärt sich auch der von mir seiner Zeit weit höher angegebene Thongehalt derselben Bildungen in der Potsdamer Gegend, s. „Diluvialablag. d. Mark Brandenburg“, Berlin 1863, S. 17 und 15, wo, wie im praktischen Leben noch gegenwärtig geschieht (s. d. Schlussabschnitt dieser Abhandlung), der Staub seiner grossen Feinheit und Abschlemmbarkeit halber mit zum Thon gerechnet wurde, [297] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 33 Was die Vertheilung des kohlensauren Kalkes innerhalb des Diluvialmergels betrifft, so geht auch sie deutlich aus der ersteren Tabelle hervor. Es zeigt sich, dass bei Weitem der meiste (min- destens die Hälfte) Kalkgehalt in Form von Kalkmehl und in in- nigster Mengung mit dem Thon vorhanden ist. Es zeigt sich “ferner, dass der Kalkgehalt in dieser Form. dem Thongehalt nahezu gleichkommt und zwar im Oberen Diluvialmergel um ein Gerin- ges hinter demselben zurückbleibt [6,5 Kalkmehl, 7,7 Thon], im Unteren Diluvialmergel denselben um ein Geringesübertrifit [9,7 Kalk- mehl, 8,9 Thon und in der fetten Ausbildung 18,6 Kalkmehl, 15,0 Thon]. Die den übrigen Theil des Kalkgehaltes liefernden Körner bestehen hauptsächlich aus festem dichtem Kalkstein und nur zum geringen Theil auch aus Kreidebruchstückchen. Gerade in dieser Vertheilung und Verschiedenartigkeit des Kalkgehaltes dürfte denn auch die ganz besondere, selbst anschei- nend weit geeignetere Mergel- oder Kalkbildungen übertreffende Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des Diluvialmergels als Meliora- tionsmittel wenigstens zu einem Theile zu suchen sein, wie gleich dem Folgenden ebenfalls in dem Abschnitte über die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen weiter erörtert werden soll. Zum andern Theile nämlich dürfte der Grund hierfür auch in dem bedeutenden Gehalt [21, 23 und 35 pÜt.] an feinem Ge- steinsstaub liegen. Nur zum Theil besteht dieser aus reinem Quarzstaub. Ein namhafter Theil ist ein zerriebener Feldspath und sonstige Silicate, welche bei ihrer demnächstigen, am leich- testen erfolgenden Verwitterung ebenfalls Thonerde und Alkalien liefern und daher als eine stetige Quelle des Nahrungstoffes für die Pflanzen, wie schon Eingangs (S. 25) angedeutet, in der Folge bei der Untersuchung auch noch chemisch getrennt zu werden verdienen. Bis jetzt sind weitere chemische Analysen hier nur von den feinsten Theilen (unter 0,01 Millimeter) ausgeführt worden und ist hierdurch der für die Pflanzenernährung ohne Weiteres brauch- bare Theil der betreffenden Stoffe bestimmt worden. 34 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [298] Gehalt an agronomisch wichtigen Stoffen in den feinsten Theilen in Procenten des Gesammtbodens. . Koh- Phos- Section Fundort Be a len- Kali phor- Bemerkungen j säure säure im Oberen Diluvialmergel Nauen Callın 3,35 | 1,61 | 3,26 1,99 1,03 0,05 Linum !Dorotheenhof! 4,62 | 2,09 nicht best.| 3,56 |nicht best.|nicht best. Uremmen Schwante 2,50 | 1,22 1,77 1,42 0,61 0,04 Honnigs“ | Birkenwerder] 1,59 | 0,71 | 192 | 100| 048 | 0,06 Im Durchschn.| 3,02 | 1,41 | 2,31 2,09 0,71% 770,05 im Unteren Diluvialmergel Oremmenn |, a ut er 1a | 3a oe SZ Ziegelei 2 2 ö i ; ; Hennigs- | Birkenwerder] 3,80 | 1,40 | 3,66 | 3,24 | 0,92 nicht best. a ee a En Im Durchschn.] 3,54 | 1,59 | 3,48 | 3,83] 0,92 | 0,07 im Unteren (Grenzausbildung zum Thonmergel hin) Oranien- [8 Ober |, 5350,112,.12. 119053. | ion Wa oe sinarm und | bare, = Snake] is) ana | 6,80 15,14 | 1,68: | 0,07 [skeinie aan Im Durchschn.| 5,95 | 2,45 | 801 | 6,51] 1,88 | 0,05 | fett. Der Thonmergel des Diluviums, nach einer Oertlichkeit, von der er zuerst am ausgedehntesten beobachtet worden, in der Literatur bereits unter dem Namen Glindower Thon(mergel) bekannt, ist ein völlig steinfreies kalkiges Thongebilde von gelb- lichgrauer, blaugrauer oder brauner Farbe. Der Kalkgehalt be- trägt circa 15 bis 20 pCt. Im Bereiche der 9 vorliegenden Blät- ter kommt er überhaupt nur an wenigen Punkten vor, an deren einem er nur ganz untergeordnet ausgebildet ist, während an den andern die, z. B. am Hahneberg bei Staaken, früher sogar sehr namhaften Aufschlüsse jetzt nur so unbedeutend sind, dass unver- wittertes Material gar nicht zu erlangen war. Die Analysen zei- sen daher in zwei den letzteren angehörenden Fällen auch gar keinen Kalkgehalt mehr, im ersteren Falle nur 12,2 pCt. und sind daher wenig maassgebend. Erst die Untersuchungen aus dem ne ne - 399] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 35 Südwesten Berlins, wo er lokal von sehr grosser Bedeutung wird, werden hier bessere Auskunft geben: = Dee a ee Sic =) Fundort Section |E3| 5 an se|3 Bemerkungen Zen Der Kalkgehalt ist bereit ittert ee. 37,1 494| 135 — | 100 ea 1 Bieselhaus | Hennigsdorf ben somit weniger untere Probe el; ! Bedeutung für die (blau) 39,9 64,1 „ 100 | ursprüngl. Zusam- sammensetzung als für Beurtheilung der Brauchbarkeit zur Hermsdorf Ziegelei und Thon- a. Chaussee- | Hennigsdorf | 13,4 85,7 —. (9 mern alkon Hause (s.Schlussabschnitt). In seinem reinsten Zustande zeigt er feucht eine grosse Zähig- keit, in mehr trockener Lage eine namhafte Härte und schönen muschligen, ebenen Bruch. Weit häufiger aber zeigt sich der Glindower Thonmergel verunreinigt durch einen bald geringeren bald grösseren Sandgehalt bez. Staub, und lässt dann deutliche Schieferung parallel der Schichtung erkennen. Der beigemengte Sand ist aber stets äusserst feinkörnig, ja besteht in den meisten Fällen vorwiegend aus dem feinsten Quarzstaub und sonstigem Gesteinsmehl, das durch Abschlemmung von den Thontheilchen gar nicht einmal zu sondern ist, eine Eigenschaft, im welcher er den feinsten künstlichen Schlemmprodukten aus dem vorbeschrie- benen Geschiebemergel (s. d. Schlussabschnitt) völlig gleicht. In einer ganz geringen Mengung mit Thon bildet dieses feinste " kalkige Gesteinsmehl, wie schon vorhin erwähnt, unter dem Namen Fayencemergel einen gewissen Uebergang zu den sandigen resp. lockeren Bildungen und speciell zu dem Mergelsand (Schlepp). Als solchen bezeichne ich die oben erwähnten, einen Gemengtheil des sandigen Thonmergels bil- denden, feinkörnigsten Sande, deren Abstufung zu feinstem Quarz- staub sowie kalkigem und sonstigem Gresteinsmehl im feuchten Zustande den Eindruck eines thonigen Bindemittels macht, wäh- 3*F 36 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [300] rend er getrocknet zwar erhärtet, daher auch zuweilen steile Wände bildet, bei dem leisesten Druck zwischen den Fingern aber zu Staubsand zerfällt. Der stets erhebliche 10 bis ‘15 pCt. betragende Kalkgehalt rechtfertigt den Namen Mergelsand. In der Mark trägt er neben dem in seiner Anwendung auf die ver- schiedensten Gebilde geradezu nichtssagenden Namen Schluff viel- fach die insofern höchst charakteristische Benennung Schlepp, als solche von den Thongräbern selbst darauf zurückgeführt wird, dass sich dieses durchweg feine und feinste Sandgebilde stets mit dem Thonmergel „schleppt“ und so als ein steter Begleiter des- selben für die Aufsuchung dieses so brauchbaren Materials leitend ist. Dieser beträchtliche Kalkgehalt bildet denn auch ein gutes Unterscheidungsmerkmal von dem im Uebrigen äusserst ähnlichen tertiären Formsande, während er andererseits ihn dem so ähnlichen, durch seine Landschneckenfauna, wo sie vorhanden, geognostisch scharf getrennten Löss noch mehr nahe rückt. Charakteristische Analysen wird ebenfalls erst die weitere Veröffentlichung der Un- tersuchungen aus dem S.-W. Berlins bieten, wo er im Gegensatz zu der hier in Rede stehenden Gegend von grosser Bedeutung wird. Einige mechanische Analysen giebt die weiter unten fol- gende Tabelle über die Körnung der Diluvialsande. Entsprechen die drei letztgenannten Gebilde, Thonmergel, Fayencemergel und Mergelsand, welche sämmtlich in der Mark Brandenburg nur dem unteren Diluvium eigenthümlich sind, den durch künstliche Abschlemmung erzielten feinsten Schlemmpro- dukten aus dem Geschiebemergel, so sind nicht minder die nun folgenden Sande und Grande sämmtlich nicht nur in ihren Ge- mengtheilen, sondern meist auch in ihrer eigenthümlichen Men- gung in den gröberen Schlemmprodukten und den Rückständen eines durch Abschlemmung zerlegten Geschiebemergels enthalten. Der Spathsand oder gemeine Diluvialsand in seinen verschiedenen Abstufungen vom groben Mauersand bis zum feinen Stuben- und gewöhnlichen Streusand ist als der bei Weitem häu- figste und charakteristische Diluvialsand zu bezeichnen. Für seine petrographische Zusammensetzung dürfte die Analyse eines sehr feinen durch Ueberlagerung mit Diluvialmergel gegen die Verwit- [301] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 37 terung noch völlig geschützt gebliebenen Spathsandes der Gegend von Vehlefantz charakteristisch sein. Derselbe ist fast staubfrei und zeigt mechanisch zerlegt 70,1 pCt. Körner von 0,2—0,1 Mil- limeter Durchmesser, 29,4 pCt. von 0,1—0,05 Millimeter. Die Bestimmung des Quarzgehaltes in der folgenden, von Dr. Wahn - schaffe ausgeführten Analyse geschah nach der bekannten Methode mittelst concentrirter Phosphorsäure. Unterer Diluvialsand (Spathsand) der Gegend von Vehlefantz Sect. Cremmen): (Ausd.Diff. berechnet) Quarz Kohlens. Kalk |Feldspath und etwaige Summe andre Silicate 81,0 2,3 ID“) 100 Wie schon aus dieser Analyse zu ersehen ist und der Name bereits andeuten soll, ist ein Hauptunterscheidungsmerkmal des- selben gegenüber andern, namentlich tertiären Quarzsanden, die Beimengung von rothen Feldspathkörnchen “*). Die des Weiteren neben dem Quarz vorkommenden anderen Gesteinsbrocken ergeben sich am besten aus dem, nur durch die Korngrösse verschiedenen Grande (8. S. 41). Ein zweites, wenn nicht lokal durch Verwit- terung bereits zerstörtes Unterscheidungsmerkmal ist sodann der Kalkgehalt des Spathsandes, welcher jedoch 4 pÜt. nicht leicht ‚übersteigt, meist 2—3 pÜt. beträgt. Speciell Tertiärsanden gegenüber dient dem geübteren Auge auch ein leicht gelblicher Ton selbst der reinsten im gewöhnlichen Leben geradezu als „weisser Sand“ bezeichneten Diluvialsande, auf dessen Ursache zurückzukommen sogleich noch der diluviale Glimmersand (s. S. 40) Gelegenheit bieten wird. | *) Später genauer zu publicirende, von Dr. Laufer ausgeführte chemische Analysen von Spathsanden der Gegend südlich Berlin zeigen Schwankungen die- ‘ ser, vorwiegend aus Feldspath bestehenden Beimengungen von 20,5 bis hinab zu 8,4 pCt. **) Eine von Dr. Laufer mit Hülfe der Loupe sorgfältig ausgeführte mine- ralogische Bestimmung eines Spathsandes der Gegend von Rüdersdorf ergab 80,2 pCt. Quarz, 15,5 pCt. Feldspath, 38 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. nn en Boden- Profil Section No. $) Oranienburg 32 Rohrbeck 31 Rohrbeck 9 Oranienburg 25 - - ( Hennigsdorf 24 | - - 34 Rohrbeck 6 Cremmen IN, Markau Fahrland -7 Fundort Velten, Ziegelei ....... Vi. Wolishere, 20.22.26 Süd d. Galgenberg..... Velten, Ziegelei . NVest-Veltenwee Ziegelei, SO. \ Hohen - Neuendorf Dallgow, Plat-Rand ...... Vehlefantz, Ziegelei... . . Süd-Feldmark Schlabrendorf Stolpe (Jagen 55\56) ..... Stolpe (am Kirchhof) Stolpe (Jagen 55\56) ...... [302] Körnung der Grober Grand Sand über mm 3-]mm Grand des Saal 18,7 23,3 F 18,1 Spathsand des 2,2 4,5 — 16,5 0,1 0,1 Spathsand des 7 | 0,2 Mergelsand des Die Kartenaufnahme unterscheidet hauptsächlich nach der Lagerung, Spathsand des Oberen und solchen des Unteren Dilu- vium. Bei völlig gleicher Zusammensetzung beider lässt sich jedoch in stratigraphischer Hinsicht bemerken, dass der Spathsand des letzteren, stets mehr oder weniger feingeschichtet, innerhalb jeder Schicht entweder durchweg gleiches bez. gleichgemischtes Korn zeigt, - oder durch transversale auch sogenannte falsche Schichtung wieder nach der Korngrösse gesondert erscheint; während dem gegenüber bei dem Spathsande des Oberen Diluvium vielfach diese Schichtung nach [303] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 39 Diluvialsande. Mittlerer Sand Feiner Sand Staub % | 3 Bemerkungen 1-05] 0,5-0,2 | 0,2-0,1 |0,1-0,05 I0,05-0,01| unter 0,01| 2 | Unteren Diluvium 32,1 | 183 2,1 0,3 0,4 0,3 99,3 | ind. Kalkgehalt, 240, 25,9 1,5 0,2 0,4 0,5 99,9 |incl. Kalkgchalt, Unteren Diluvium 1294| 221 49,9 5,2 2,2 1,6 | 100,1 | entkalkt, 55| 50,86 26,8 0,2 0,2 0,2 | 100,0 |inel. Kalkgehalt, 24| 30,9 40,0 24,5 1,5 0,4 99,7 | entkalkt, Va ne 68,3 14,0 3 1,3 100 |} | 0,3 17,0 DE 0,8 0,6 |. 99,9 |) entkalkt, m oı 5,9 59,0 | 340 0,6 0,4 | 100 | 0,2 6,1 644 | 35,1 2,9 1,5 100,2 | entkalkt, Ä logie 700 | 29,4 02 02 | 99,9 |ind. Kalkgehalt, Oberen Diluvium | Baal | 560.|..:48 a 99,9 | aus 3 Deeim. entkalkt, | ausnahmsweise gleich- Unteren Diluvium | en BE. | 156 |. .699-|. -20,8 99,9 | inel. Kalkgehalt, e si 164 | 363 | 106 | 100,8 |exel. 5,8 pCt. Kalk, a NIIT Tr | — 22,4 57,0 | 132 | 100,0 | exel. 7,4 pCt. Kalk. verschiedenen Korngrössen vermisst wird und die Gesammtmasse des Sandes ganz besonders ungleich körnig, vielfach selbst mit Geschieben gemengt erscheint. Bei 0,2 Millimeter überschreitender Feinheit des Kornes las- sen sich die Feldspathkörnchen mit dem blossen Auge nicht mehr erkennen und geht der Spathsand nun entweder durch reichliche Aufnahme von Gesteinsmehl in den vorhin besprochenen Mergel- sand über, oder es resultirt durch Beimengung kleiner weisser Glimmerblättchen daraus; AO Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [304] Der Glimmersand des Diluvium. Als ein sehr feiner Quarzsand mit Glimmerblättchen unterscheidet er sich von dem tertiären Glimmersande nur durch seinen im unverwitterten Zu-' stande resp. auf geschützter Lagerstätte nicht fehlenden zwischen 1 und 3 p©t. schwankenden Kalkgehalt. Ein anderes schon fei- neres aber dem geübten Auge doch vielfach schon durch den Totaleindruck sichtbares Merkmal gegenüber dem Glimmersande der Braunkohlenformation ist die etwas, aber nur ganz leicht, gelbliche Färbung, welche auf die gleiche Farbe wenigstens eines Theils der durchsichtigen Quarzkörnchen zurückzuführen ist und eigentlich erst zur Geltung kommt, wenn man einen solchen Glim- mersand unmittelbar neben dem durch zahlreich beigemengte Milch- quarze blendend weiss erscheinenden tertiären Glimmersand sieht. Nach der entgegengesetzten Seite geht der grobe Spathsand durch Grand, feinen Grus und Geröll geradezu über in kleinere und endlich grössere Geschiebe. Der Grand des Diluvium unterscheidet sich zunächst nur durch die Korngrösse vom Sande, in Folge dessen aber auch des Weiteren wieder dadurch, dass bei dieser Grösse das ursprüng- liche Gestein, aus dessen Verwitterung er entstanden, noch viel- fach zu erkennen ist. So sind häufig die im Sande getrennt er- scheinenden Quarz- und Feldspathbröckchen noch unter sich oder auch gleichzeitig mit Glimmer verbunden und lassen deutlich den ursprünglichen nordischen Granit resp. Gneiss erkennen. So weisen ausgewitterte lose Versteinerungen des silurischen Kalk- steins deutlich auf diese Abstammung und lassen die Feuerstein- bröckchen, Reste von Belemniten und anderen hierher gehörigen fossilen Reste ebenso deutlich auf zerstörtes Kreidegestein schliessen und dasselbe unter den Brocken erkennen. In dieser Hinsicht von Dr. Laufer petrographisch zerlegter Grand des Unteren Diluviums aus der Gegend von Rüdersdorf ergab: 57: [305] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 4] Zusammensetzung von Grand des Unteren Diluvium. Gesteinsart über Jam o—ıjum 1-0,5am Granit und Gneis .... 16,7 1,6 Beldspanhr. I. iz... . . 15,8 I — Ana See a 24,1 29,8 61,1 Grünstein ?)........ 4,4 — — Ralksten .ı........ 15,4 12,1 —_ INeuersten nr, 0: 16,8 4,8 —_ Unbestimmbar ....... 6,9 24,7 38,9 Summa . . 99,7 900 Vom Gesammtboden ... 11,4 pCt. 92,4 pCt. | 24,5 püt. Eine zweite derartige Bestimmung desselben Analytikers er- sab in den ausgesiebten über 3 Millimeter messenden Brocken der, der Verwitterung ausgesetzten Oberkrume eines Diluvialgrandes derselben Gegend: Granit und Gneiss . ..... 50,6 pCt. |. Ausgewitt. Kalkstein ..... 0,6 pCt. Bnepai 23 - Bisenkonkretion....%........... 1,0 - N. re 2 Heuerstems 3 are een 3,8 Quarzit und Sandstein .. . 26,7 - Unbestimmbar (meist verwitt. Bm... 2.08: | U: krystallin. Gesteine) ..... 2,4 - Ist der Grand dureh seine Lagerung noch gegen die Verwit- terung geschützt gewesen, so zeigt er meist noch gegenüber dem Sande einen grösseren, in der Regel in Kalksteinbrocken bestehen- den Kalkgehalt und steht mit diesem etwa in der Mitte zwischen dem Spathsande und dem feinen Mergelsande. So ergaben zwei Grandproben aus dem Bereich des Kartencomplexes einen durch- schnittlichen Kalkgehalt von 8 pCt, v 42 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [306] Vertheilung des kohlensauren Kalkes im Diluvialgrande (berechnet aus der ermittelten Kohlensäure) z = Summa Se Kander über 2- unter Kalkgehalt ı Ymm 0.05um 0,05um A 3 summirt | direct pCt. pCt. pCt. pCt. pCt. Rohrbeck IN. Vw. Wolfsberg 5,8 2,6 Spur 8,4 72 Oranienburg | Velten (Ziegelei) 4,1 3,9 0,4 8,4 8,9 Auch hier unterscheiden wir, in gleicher Weise wie bei den Sanden, Grande: des Oberen und des Unteren Diluviums haupt- sächlich nach der Lagerung, ohne dass es bis jetzt gelungen wäre mit Sicherheit einzelne Gesteine als für den einen Grand leitend oder dem andern fehlend zu bezeichnen. Wohl lässt sich inner- halb gewisser Grenzen behaupten, dass der Obere Grand in der Regel etwas abgerollter, der Untere in der Regel scharfkantiger erscheint, jedoch nicht in dem Grade, dass der erstere etwa als Kies bezeichnet werden könnte, wie solches im gewöhnlichen Leben allerdings unterschiedslos mit beiden zu geschehen pflest. Die einzelnen Brocken sind vielmehr selten mehr als an den Kanten ‚abgerollt. Von den Geröllen und Geschieben des Diluviums lässt sich ganz dasselbe sagen, sowohl wo dieselben zu besonderen Lagern oder Schichten angehäuft sind, als auch wo sie als Ge- mengtheile des Geschiebemergels im oberen oder unteren Diluvium auftreten. Sie sind in der Hauptsache nur an den Kanten abge- rollt, gehören hauptsächlich den oben genannten Sedimentär- und Massengesteinen an und weisen in ihrer Abstammung sämmtlich auf nordische resp. nördlich gelegene, meist skandinavische, oder doch baltische Localitäten. | | “ Von Bedeutung erscheint mir eine Beobachtung, welche zu machen ich erst 1874 bei Beginn dieser Aufnahmen in der Berliner Gegend Gelegenheit hatte und die, wenn sie sich des Weiteren [307] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 43 bestätigt, von grosser Bedeutung für die Entstehungsgeschichte der Quartärbildungen werden dürfte. Schon lange sind polirte und geschrammte Geschiebe, welche nicht undeutlich ihre Abstammung vom Grunde von Gletschern verrathen, als charakteristisches Vor- kommen aus norddeutschen Diluvialbildungen bekannt. Aber es scheint mir nach den letztjährigen Beobachtungen, als ob diese geschrammten Geschiebe, wenn auch keinesweges ausnahmslos, auf das Untere Diluvium und speciell auf den Unteren Geschiebe- mergel beschränkt, ihm wenigstens eigenthümlich wären. Dage- gen finden sich im Oberen Diluvium und zwar namentlich auf Höhen, wo nur die Geschiebe desselben liegen geblieben sind, eigenthümlich beschliffene, meist dreikantige Geschiebe, welche zuweilen ganz den Eindruck von Artefakten machen und auf welche hier vorläufig aufmerksam zu machen ich nicht unterlassen wollte *). In ähnlicher Weise Anhalt für die Unterscheidung Oberen und Unteren Diluviums, wo dieselbe durch die Lagerung an sich nicht klar gestellt erscheint, dürften in der Folge Die organischen Reste des Diluviums abzugeben geeignet erscheinen. Abgesehen von den eingeschwemm- ten Knochen- und Zahnresten fossiler Säugethiere, wie Elephas primigenius, Rhinoceros tychorhinos u. a., von welchen gerade in dem Bereiche der vorliegenden 9 Blatt der Karte bisher Funde nicht zu erwähnen sind, ist schon seit längerer Zeit eine, der heuti- gen entsprechende Süsswasser-Molluskenfauna aus fast sämmtlichen Schichten des märkischen Diluvium bekannt geworden “*). Gerade die Ergebnisse der Beobachtungen bei Aufnahme der vorliegenden Blätter im Jahre 1874 und 75, welche bis jetzt auch durch die noch nicht abgeschlossenen Aufnahmen im Südwesten von Berlin in der Potsdam-Beelitz-Trebbiner Gegend bestätigt werden, schei- *) Eine nähere Beschreibung dieser Dreikantener oder pyramidalen Geschiebe, welche ich seiner Zeit in einer der Sitzungen der deutschen geolog. Gesellschaft vorgelegt habe, soll in der Zeitschrift der letzteren so bald als möglich erfolgen. Die Diluvialablagerungen der Mark Brandenburg, Berlin 1863, S. 34 und 4l. 44 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [308] nen zu dem Schlusse zu führen, dass die zahlreich beobach- teten ‘Schaalreste von Valvata und Bythinia sich zwar durch das ganze Diluvium hindurch finden, die grössere und dickschaaligere, darum aber auch sicher, wo sie vorhanden gewesen, erhaltene Paludina dilwviana (Kunth) sich jedoch bis jetzt auf das Untere Diluvium beschränkt und demgemäss in der Folge vielleicht eine gute Leitform für dasselbe abzugeben geeignet sein wird. An den in den Kartenblättern durch ein besonderes Zeichen gekennzeichneten Fundpunkten fanden sich dementsprechend: Valvata contorta (Müll.) im Oberen Diluvialmergel von Vw. Niederhof bei Nauen (Sect. Markau) und in der glei- chen Schicht von -Amalienhof bei Spandow (Sect. Rohr- beck). Paludina dilweiana (Kunth) in dem Unteren Spathsande von Velten (Sect. Oranienburg) sowie andererseits in dem Unteren Diluvialmergel aus ca. 22 Meter Tiefe eines Brunnens in Westend bei Charlottenburg (Sect. Spandow) und ebenso in dem Unteren Geschiebemergel von Char- lottenburg selbst (Sect. Spandow). Mit Ausnahme der letzten beiden Fundpunkte, von denen ein zahlreiches Vorkommen vorliegt, liefern Hauptfundpunkte und zwar in grosser Zahl erst die nach Süden angrenzenden Sectionen süd- westlich Berlin, deren Erläuterungen seiner Zeit specieller auf die Gesammtfauna einzugehen Gelegenheit bieten werden. Das Alluvium. Im Alluvium müssen zunächst nach ihrer verschiedenen Bil- dungsweise unterschieden werden: Süsswasserbildungen, d. i. im Wasser der Flüsse, Seen oder Teiche oder durch periodische Wasserbedeckung seitens der- selben entstandene Bildungen. Flugbildungen, durch directe Einwirkung des Windes ge- bildete Anhäufungen und .oft weit sich erstreckende Bedeckungen fast ausschliesslich von Sanden. Die ersteren mussten, je nachdem sie der heutigen W asser- vertheilung resp. dem nachweislich höchsten Wasserstande der TS ann = N nn N en m nn oo een [309] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 45 heutigen Gewässer entsprechen oder nicht entsprechen, und nament- lich, weil die Natur selbst, oft durch deutliche Terrainabschnitte, eine recht scharfe Trennung derselben macht, wieder gesondert werden in Alt- und Jung-Alluvium. Süsswasserbildungen. Die Alluvialsande und zwar sowohl der Thalsand des Alt-Alluvium als der Flusssand des Jung-Alluvium unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung meist wenig von den besprochenen Sanden des Diluviums und ganz besonders dem dort vorhandenen Spathsande, da sie ja überhaupt nichts weiter als ein directes Produkt der Umlagerung oder der Auswaschung diluvialer Schichten sind, welche allein hier _ım Bereich der alluvialen Gewässer sich fanden. Es sind somit in der Hauptsache, mehr oder weniger Feld- spath führende Quarzsande, meist mittlerer oder feiner Korngrösse. Kalkgehalt fehlt denselben fast ausnahmslos, was seine Erklärung wohl darin findet, dass in der Hauptsache nur die in der Nähe der Oberfläche schon ausgelaugten Diluvialsande in das Bereich der Umlagerung gerathen sind und gerathen. Dafür aber zeigt sich in den obersten 4—6 Decimetern des Thalsandes, zuweilen auch noch tiefer, ein geringer Humusgehalt als ein, nicht erst durch die heutige Vegetation eingeführter, sondern bereits ursprünglich mit niedergeschlagener Gemengtheil. Dieser Humusgehalt schwankt den vorliegenden Analysen noch zwischen 0,3 und 2,3 pCt. . Ein gewisser Unterschied gegenüber diluvialen Sanden macht sich bei den Alluvialsanden trotz ihrer sonstigen petrographischen Aehnlichkeit doch insofern bemerkbar, als hier weder eine solche Ungleichkörnigkeit, wie beim Oberen Diluvialsande, noch ein so häufiger Wechsel feinerer und gröberer Korngrösse wie beim Un- teren Diluvialsande stattfindet, die Schichtung als solche mithin auch weit weniger als bei letzterem hervortritt. Es zeigen viel- mehr sämmtliche alluviale Sande der vorliegenden 9 Blatt der Karte eine in sich, wie untereinander ziemlich gleichmässige Körnung, wie aus der folgenden Tabelle ersichtlich wird. 46 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [310] E Section Fundort Semmı a über mm 2 un Thalsand des Tinum mes 22, are Flatower Kienhaide ...... 0,1 _ N nl Br Süd. Staffelde . . . 2. 0,1 0,4 Hennigsdorf. . . . . Westi> Velten? 2:77 0,1 0,1 aa La desgl. zweite Probe... _ — Oranienburg .... | Havelhausen ........ _ _ - er desgl. zweite Probe... 0,1 _ - steiß desgl. dritte Probe... = _ - .... | Oranienburger Forst ... — — Nauen ee re: Jägshtz Wiesen. ...... — | — Eee Ban Am gross. Graben . ... _ — Oranienburg .... | Am Lehnitz-See...... _ = Sogenannte Fuchserde, d.h. durch Humus in seiner braun- rothen Gestalt entweder nur gefärbte oder mehr oder’ weniger ver- kittete Sande, wie sie dem Sande des Alt-Alluvium, in andern Gegenden vielfach eigenthümlich und charakteristisch sind, wurde in dem Thalsande der in Rede stehenden Berliner Gegend mit Sicherheit noch nicht nachgewiesen. Ob die, wie anderwärts auch hier in der Regel für sehr eisenschüssig oder von Eisenrost ge- färbt gehaltenen scharf rothen Sande, wie sie sich in circa 2—3 Decimeter Tiefe beim Pflügen oder in Gräben streckenweise hier finden, durchgängig Eisensand (Eisenfuchs) sind, oder auch echte Fuchserde daneben vorkommt, muss bei den wenigen, der man- gelnden Zeit halber bisher ausgeführten Analysen noch dahin ge- stellt bleiben. Wirklicher, durch seine brandrothe Farbe auch unterscheidbarer Eisenfuchs findet sich in der Flatower Kienhaide an der nach Linum führenden Chaussee (Section Linum), sowie mehrfach im jetzigen Havelthale, z. B. südlich Oranienburg bei Havelhausen und Velten. [311] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 47 Mittelsand Feiner Sand Staub e Summe 1-0,5mm 0,5-0,9mm Do orte Alt-Alluvium. 0,4 58,6 14,9 | 235 | 159 100,8 1,8 15,3 77,7 4,2 0,5 100 0,6 5,7 59,6 | 27,7 | 1,6 99,9 0,2 4,1 763 | W165 2,4 100,1 0,1 HU See 39,7 Net 1,6 99,9 0,1 12 A os 2,2 2,2 100,1 = DRS 3358: I u nd4,6 0,8 — 199,8 N Tr ee 97,3 3,1 0,4 100,8 Jung-Alluvium. u nn A = | Ks] EX — 100 a U En ER 2a | 994 0,7 100,1 a — ET re | 388 | 0,5 0,5 39,8 Der Wiesenthon und Wiesenthonmergel, im frischen, d. h. feuchten Zustande sehr zähe, beim Trocknen stark erhärtend gleicht dem diluvialen Thon bez. Thonmergel, wo derselbe hell- blaugraue und gelbliche Farbe, sowie weniger deutliche Schichtung zeigt, in hohem Grade, sowohl in seinem völligen Mangel an Ge- röllen und Geschieben, als auch betreffs der Feinheit des ihm ebenfalls sehr oft reichlich beigemengten Sandes, der hier fast ausnahmslos unter 0,1 Millimeter bleibt. Da ihm meist auch der Kalkgehalt nicht fehlt, so dass er dann ebenfalls als Thonmergel bezeichnet werden muss, dürfte die, namentlich in seinen oberen Lagen, ihm häufig eigene Beimengung deutlicher Pflanzenreste noch das einzige, wenn vorhanden, sichere Unterscheidungsmerk- mal ausser seinen Lagerungsverhältnissen sein. Die folgende Tabelle giebt nicht nur die Analysen einiger derartiger, mit grossem Vortheil zur Ziegelfabrication verwertheter Wiesenmergel [s. d. Schlussabschnitt über Nutzbarkeit], welche am ‚besten mit dem Namen Havelthonmergel oder auch Ketziner Thon- 48 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [312] mergel zu bezeichnen wären; sondern lässt auch in dem aus der Müller-Neumann’schen Grube gegebenen Profil den allmäligen Uebergang in Wiesenkalk deutlich erkennen. Havelthonmergel”). Tiefe 2 Sand unter Torf Fundort — De er und Thon | Bemerkung in Mtr. | Staub 0,2-0,3 | Müller- Neumann | 50,6 45,3 4,1 Ueberg. zum on Enbe 1.0 | 05 | 05 Me ) bei Ketzin 14,6 66,5 18,9 Berend’s Grube 1,9-2 I 252 51,4 23,4 bei Paretz Dieser Uebergang bereitet sich, wie das Profil erkennen lässt, 9 in dem Lager ganz allmälig von unten nach oben zu vor, indem | der Thongehalt beständig ab-, der Kalkgehalt zunimmt “*). Dass diese eigenthümliche Zunahme des Kalkgehaltes nachı oben zu aber nicht eine an jener Stelle nur zufällige ist, vielmehr, wenn auch der verschiedenen Mächtigkeit des Lagers an den verschiedenen Orten gemäss, in verschiedenem Maasse durchgängig in der Ge- gend stattfindet, kann die folgende Zusammenstellung beweisen: Kalk gehalt der Havelthonmergel-Lager von Etzin, Ketzin und Paretz. Müller-Neumann’- Berend'sche Müller’sche Seeger’sche sche Grube Grube Grube Grube Tiefe der | Kohlen- | Tiefe der | Kohlen- | Tiefe der | Kohlen- | Tiefe der | Kohlen- Probe saurer Probe | saurer Probe saurer | Probe saurer unterTorf Kalk unter Torf Kalk junterTorf| Kalk JunterTorf| Kalk Mtr. pCt. Mtr. pCt. Mtr. pCt. Mtr. pCt. 0,2-0,3 50,6 0,4-0,5 50,4 0,5 64,0 — _ 1-12 17,0 1,9-2 25,2 1,4-1,5 24,2 1-1,2 12,2 2 14,6 2,1-2,8 15,6. zn 15,1 1,7 10,4 ”) Sämmtliche Proben sind 1876 von Dr. Dulk entnommen und: untersucht. **) Der Thongehalt beträgt nach obiger Tabelle bei 0,2 —0,3 Meter unter dem Torflager nur 75 des Kalkgehaltes und daher ist der ganze Habitus bereits der * des Wiesenkalkes. [313] Kurze Petrographie der auftretenden (uartärbildungen. 49 Wiesenkalk. Durch Zurücktreten und schliesslich so gut wie völliges Fehlen des Thongehaltes geht der Wiesenmergel also gerade- zu über in Wiesenkalk. Bei hellblaugrauer bis weissgrauer, trocken fast stets mehr oder weniger :rein weisser Farbe entbehrt er, wie bei dem mangelnden Thongehalt nicht anders zu erwarten, in trockenem Zustande ganz der Festigkeit, während er feucht als seifig bez. schmierig bezeichnet werden muss. Er hat einen sehr schwankenden von der Sandbeimengung abhängigen Kalkgehalt bis zu 90 pCt. und darüber, der Rest sind beigemengte meist feine Sande und vielfach auch mehr oder weniger erhaltene Pflanzen- theile. Die ıhm selten fehlenden, selbst aus kohlensaurem Kalk bestehenden Schaalreste, durchweo der heutigen dort lebenden Fauna angehörig, sind geradezu als ein integrirender Theil dieser Bildung zu betrachten und bei der Kalkbestimmung deshalb mit einbegriffen. Die folgenden Analysen mögen den schwankenden Kalkgehalt des Wiesenkalkes zeigen. Wiesenkalke. Section Fundort Kalk Sand | Staub |Bemerkungen Marwitz |Nord. Schönwalde .. Son: 52,4 | 14,7 Oranienburg |Veltener Wiesen ZT Tr (A. d. Schlangenbgn.) 34,5 65,5 Nauen Feuerhorstwiesen ... 53,6 46,4 a - desgl. zweite Probe . 62,8 1,2 concretionen Hennigsdorf |Hermsdorfer Wiesen . 83,9 16,7 u Sanls - desgl. zweite Probe. 86,1 13,9 Als ein selteneres, diesen Gegenden aber ganz besonders eigen- thümliches, dem Wiesenkalk einerseits und dem Moorboden ande- rerseits sich eng anschliessendes Gebilde verdient hier noch Er- wähnung:: Der Moormergel. Mit diesem Namen habe ich in den Kartenblättern ein eigenthümliches Gemenge von Kalk und Humus, 4 50 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [314] eine kalkige Moorerde bezeichnet, die meist nur die obersten 1 bis 2 Decimeter der grossen Wiesenflächen des Havelluch und der Nachbarschaft bildet und zwar auch nicht durchweg, sondern strich- ‚und nesterweise. In seiner reinen und charakteristischen Ausbildung ist der Moormergel von schwarzer bis dunkelkaffee- brauner Farbe, geht aber,‘ wo der Kalkgehalt tiefer als 2 Deeimeter hinabreicht, durch rostrothe Farbe bis in gewöhnlichen weissen Wiesenkalk über. Ein solch charakteristischer Moormergel ist aus der Gegend von Dyrotz untersucht worden, während der in der folgenden Tabelle des Weiteren aufgeführte Moormergel von den Jäglitz- Wiesen die äusserste sandige Ausbildung zeigt. Kohlen- nn vz mit Section Fundort saurer Humus Thon Feldsp ath Bemerkungen - u.anderen 3 Kalk ar e; Siliecaten *) Markau |Dyrotz (Wiesen) 20,1 23,2 8,8 42,9 Nauen |Jäglitz -Wiesen 122 1,8 Spur 86,0 über juum Korngrösse | nur 0,3 pCt. *) Berechnet aus der Differenz. Gleich dem gewöhnlichen Moorboden ist er in feuchtem Zu- stande schmierig, im trocknen vielleicht noch etwas krümlicher zu bezeichnen als ersterer. | & Trotz eines meist grossen Reichthums an Schaalresten, ge- wöhnlich nur kleiner Süsswasserschnecken wie Valvata, Bythinia, Planorbis, welche seinen Kalkgehalt erhöhen aber keineswegs alleın bilden, gleicht dieses Gemenge von Humus und Kalk überhaupt dem kalkfreien Moorboden so vollständig, “dass nur ein directer ; Versuch mit Säure ausreichende Gewähr für die Unterscheidung ; bietet. Moorerde. Unter diesem Namen sind alle Abstufungen einer Humusbildung oder Humusmengung zusammengefasst, welche einerseits nicht geradezu Torf sind und welche nach dem anderen Extrem hin, doch nicht nur als humose Sande bezeichnet werden konnten, auch im gewöhnlichen Leben nicht als solche gelten. [315] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 51 Streng genommen würde eben auch der schon beschriebene Moormergel hierher gehören. Seine besondere Abtrennung soll nur durch die praktische Wichtigkeit dieses Gemenges gerecht- fertigt werden. Es ist eigenthümlich ein wie geringer Humusgehalt bereits ausreicht, um dem fast nur aus Sand bez. Staub bestehenden Boden im feuchten Zustande nicht nur eine intensiv dunkle Färbung zu geben, sondern ihn auch so bündig bez. schmierig erscheinen zu lassen, dass er in der Praxis und so auch hier bereits zum Moor- boden gerechnet wird. Ein Humusgehalt von 2,5 pCt. ist bei einigermaassen feinkörnigem Sande völlig hinreichend hierzu. So ergab z. B. die Analyse eines sandigen Moorbodens der Wiesen nördlich von Nauen: Feinster Sand [Korngrösse nicht über 0,5 Mil- limeter| und Staub 94,4 pÜt., Thon 3,1 pCt., Humus 2,5 pCt. selbst in einem echten Moorboden der Feuerhorstwiesen (bei Grüne- feld, Section Nauen) erwies sich der Humusgehalt nicht grösser als 7,3 pÜt.; in einem anderen (aus den Wiesen nördlich Nauen) nicht höher als 11,7 pÜt. bei einem Thongehalt von 3,6 pÜt. Eine namhafte Mengung der Moorerde mi& Thon resp. Lehm kommt ın der in Rede stehenden Gegend wenig oder gar nicht vor, obwohl sie anderwärts Uebergänge bis zu Auelehm und Auethon bildet, welche gleichfalls in dieser Gegend fehlen, höch- stens etwa in dem kleinen Becken bei Markau (Section Markau) in geringem Maasse vertreten sind. Erwähnenswerth ist hier eine geringe Beimengung von Chlor-Natrium oder Kochsalz, die sich an einigen Stellen im Moorboden findet; so namentlich an ein paar Punkten im Havel- luch, unweit Nauen und Ceestow (Section Markau), wo Professor _ Ascherson“) sogar eine deutliche Salzflora angeben konnte. | So ergaben von Dr. Wahnschaffe ausgeführte Analysen eines derartigen Bodens von zwei Stellen am Dechtower Damm, nahe dem Weinberge, nördlich Nauen in einem Wasserauszuge auf je 100 Theile Gesammtboden die m der folgenden Tabelle zusammengestellten Resultate: *) Zeitschrift d. d. geol. Ges. XI, S. 97 -- 98. 52 | Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [316] E Glühver- ‚Schwe- Salpe- lust beste- 2 ve len Kiesel- ae : ; Cal- |Magne- | Na- Rei; hand m < L 3odenprobe ns el- a Fe alum umus- | Dumme säure | säure säure und Wasser | .. Sandiger | Humusboden | 3 der Wiese | 3,037 0,006, 0,016] — | 0,097 | 0,038 1,854 0,051 | 0,530 5,609 [direct gewo ren | 5,640] Humoser 4 Sandboden | eines Hafer- | E feldes 1,754 0,004 | 0,353 | Spur | 0,361 | 0,033 | 1,01” 0,040. 0,754 4,312 [direet | gewogen 4,413] Auf die betrefftenden anorganischen Salze berechnet ergiebt das: Bodenprobe Sandiger Humusboden der Wiese Humoser Sandboden eines Hafer- feldes Dieser verhältnissmässig hohe Salzgehalt [5,6 und 4,4 pCt.] ist dadurch zu erklären, dass die hier jedenfalls aus grösserer Tiefe ” zu Tage tretende schwach salzhalzhaltige Quelle durch stetige Ver- dunstung an der Luft, namentlich während der Sommermonate den auf diese Weise allmäliıg entstandenen Salzgehalt der Ober- E fläche auch stetig vermehrt. In Uebereinstimmung damit ergaben Chlor- natrium (Na Cl) 2,976 Chlor- kalium (K Cl) 0,095 0,077 Chlor- (Mg Cl,) 0,151 magnesium Calcium- sulphat (Ca SO,) 0,600 Chlor- Calecium-Rest ; (an Humus caleium S Sa säure gebun- (Ca Cl,) den) 5 0,073 0,020 0,088 0,154 [317] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 3 auch Probeentnahmen aus verschiedenen Tiefen des genannten Haferfeldes eine sehr plötzliche und stetige Abnahme nach der Tiefe zu. Es ergab der betreffende Wasserauszug Bodenprofil a Glühverlust | Summe. der No. 19 et lo (Humus und | gelösten (Sect. Nauen) um) Wasser) Substanzen pCt. pCt. | pCt. Humoser Sand bei 0,5 dm. Tiefe... . 3,659 0,754 4,413 Humoser Sand bei 2dm. Tiefe. .... 0,346 0,182 0,528 Sand unter 2dm. Tiefe ......... 0,170 0,038 0,208 Der Torf ist die bekannteste und zugleich reinste pflanzliche Bildung des Alluviums. Er ist ein Aggregat von durcheinander sewebten und verfilzten, mehr oder weniger comprimirten und zer- setzten Pflanzentheilen von schwarzer bis schwarzbrauner Farbe. Er kommt in den vorliegenden Kartenblättern über grosse Flächen hin im Zusammenhange und zum Theil von bester Ausbildung aber verhältnissmässig nicht grosser Mächtigkeit vor. (Analysen siehe im Schlussabschnitte.) Der Moostorf schliesst sich als eine besondere Art hier an und würde in der Berliner Gegend bei seiner hier so geringen und untergeordneten Ausbildung kartographisch kaum besonders unterschieden sein, wenn er nicht eben im Westen und Osten des norddeutschen Flachlandes in den grossen Hochmooren eine so wichtige Rolle spielte. Seine Pflanzentheile bestehen, wie der Name schon besagt, mehr oder weniger nur aus Moos in allen Stadien der Erhaltung. Ja vielfach besteht er ın dem obersten Meter und selbst tiefer aus nur eben abgestorbenem aber noch gar nicht weiter zersetztem Moose. Beispiele hiervon bieten die tiefen und langen Schluchten bei Döberitz (Section Rohrbeck), der sogenannte Ramel und das Burgfenn, deren Grund zum grossen Theil mit solchem Moosbruch ausgefüllt ist. Infusorienerde ist ein in ihrer vollen Reinheit ebenso aus Thierresten noch gegenwärtig entstehendes und gewissermaassen 54 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [318] wachsendes (zoogenes) Gebilde, wie der Torf ein aus Pflanzenresten noch beständig sich erzeugendes (phytogenes) Gebilde. Reine In- fusorienerde ist eine Anhäufung unzähliger Kieselpanzer mikro- skopisch kleiner Thierchen, meist Diatomeen. Im trockenen Zu- stande mehlig erscheinend und durch grosse Leichtigkeit sich so- fort auszeichnend, wird die Infusorienerde in ihrem natürlichen feuchten Zustande ohne Probe gar oft mit Wiesenkalk verwech- selt, mit welchem sie nicht nur ihre Lagerstätte in Wiesen und ehemaligen Flussbetten, sondern auch die aus dem Weiss je nach Gehalt an Eisen oder Humus in’s Gelbe oder Graue übergehende Farbe gemein hat. Vollkommen reine Infusorienerde hat sich in der in Rede stehenden Gegend zwar noch nicht gefunden, wohl aber durch feinen Sand und namentlich feinen Quarzstaub, dem aber gleich allen quartären Bildungen auch anderer Gesteins- beziehentlich Silicatstaub beigemengt ist, mehr oder weniger stark verunreinigte, immerhin schon durch ihre Leichtigkeit sofort auffallende Infuso- rienerde. Sie lagert unter der meist sehr dünnen Moordecke, namentlich von Flusswiesen und so ganz besonders auf Section Spandau längs fast des ganzen in diese Section fallenden Laufes der Spree unterhalb Berlin und der Havel unterhalb Spandau in einem ziemlich zusammenhängenden 0,5 — 1,5 Meter mächtigen Lager. Die durch Auskochen und Aufschluss mit kohlensaurem Natron bewirkte chemische Untersuchung zweier Proben der hiesigen Infuso- rienerde ergab in der einen, reineren 34,4 pCt. lösliche, gänzlich auf Diatomeen-Panzer zu rechnende Kieselsäure, in der anderen sehr unreinen, aber immer noch als Infusorienerde auch dem äusseren Anscheine nach deutlich erkennbaren nur 15,1 pCt. Auch das für die Färbung vorhin als entscheidend angeführte Vorhandensein oder. Ueberwiegen von Eisen oder Humusgehalt ist aus den folgenden, von Dr. Wahnschaffe ausgeführten Analysen deut- lich ersichtlich. [319] Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. 55 Infusorienerde des Spree- und Havelthales. Von den Von den ; Jütel- Wiesen Freiheits- Bsstandlunils bei Wiesen bei Tiefwerder Spandow Kieselsäure meist als Sand resp. Staub vorhanden, theilweise auch als Silicat | 28,97 73,73 . gebunden Lösliche Kieselsäure (Diatomeen-Panzer) | 94,39 15,07 iNhoperde mes nen ger 4,92 3,94 HirTenozyd Rt... ee 14,71 1,54 Se a he Spur 2,87 Glühverlust (Wasser) . . . . .. 13,71 Differenz, bestehend in Spuren von 3.30 | 9,15 “ Kalk, Magnesia und Alkalien = Summe .. | 100 100 Flugbildungen. Die Dünensande der Berliner Gegend unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung kaum von den übrigen Sanden des Allu- viums und somit auch kaum von denen des Diluviums. Ja wo sie, wie vielfach auf den Plateaus oder an Plateaurändern, unmit- telbar aus dem Diluvialsande entstanden sind, gleichen sie letzteren oft noch mehr als alle anderen Alluvialsande. Der einzige sichere Unterschied ist dann nur das absolute, durch die Natur ihrer Bildung ja bedingte Fehlen jeden gröberen Grandes und kleiner Gerölle, welche selten auf weitere Erstreckung hin dem Diluvium so vollständig fehlen. Hat man ausserdem Gelegenheit einen horizontalen Durchschnitt eines, vielfach auch schon durch seine Gestalt erkennbaren, Flugsandhügels oder einer sonstigen Ueber- wehung zu sehen, so wird man in den meisten Fällen auch Gele- genheit haben die Vegetationsrinde der ursprünglichen Oberfläche, oder bei periodischer Bildung der Düne, mehrfache, eine ehemalige 56 Kurze Petrographie der auftretenden Quartärbildungen. [320] Oberfläche bezeichnende Vegetationsschichten, an ihrer durch humose Beimengung bedingten schwärzlichen Färbung zu erken- nen, wodurch der Dünensand als solcher dann am unzweifelhafte- sten gekennzeichnet ist. Einen Einblick in die Körnung der hiesigen Flugsande ge- währt die folgende Tabelle. Flugsande. Grand |Grober| Mittelsand | Feiner Sand Staub ® : £ Sand \ Section Fundort über | 0,2- | 0,1- | 0,05- | unter Ymm 9—- [mm 1-0,5 0,5-0,2 OA 0,05mm 0:01 0,01] mm | Nauen Am Gallın — 0,1 | 13,4| 158 | 486 | 21.2 0,8 Linum | Am Callin | (Süd. Staffel- der Comm.- Haide — 0,3 0,4 Bl 10:3, BEIS9) 6,0 100,1 Linum | Dorotheenhof | — 0,11 0,5. 9,7.769,8.0 Ss | 1,2 | 100,0 v Endlich unterscheidet die Karte noch mit besonderer Farbe Abrutsch- und Abschlemmmassen. Dieselben finden sich ihrer Bildung gemäss nur an mehr oder weniger deutlichen Abhängen oder in Einsenkungen und Rinnen zwischen solchen Gehängen. Naturgemäss werden solche entweder durch plötzliche Abrutschung oder durch allmälige Abschwemmung gewissermaassen nur verschobene Massen je nach der Verschiedenheit der in dem betreffenden Abhange anstehenden Schichten verschieden sein. Sie können daher ebenso gut ganz thoniger, wie ganz sandiger Natur sein, zeigen oft eine mehrfache Wechsellagerung beider und wer- den besonders dadurch charakterisirt, dass sie in Folge der in den oberen Theilen des Gehänges jedesmal mit zerstörten Vegetations- rinde humose Bestandtheile entweder durch die ganze Masse ver- theilt oder in besonderen Schichten, Nestern und Streifen ange- häuft zeigen. Vielfach sind sie auf diese Weise überhaupt nur eine Verschlemmung und Umlagerung der Verwitterungsrinde also der Oberkrume der nächstanstehenden geognostischen Schicht. - 1V. Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. Bei all’ den soeben besprochenen, ihrem geologischen Alter und ihrer petrographischen Zusammensetzung nach durch die Far- ben gekennzeichneten Quartärbildungen ist, so bald sie die Ober- fläche bilden, Dank dem, chemisch durch Zersetzung, mecha- nisch durch Fortschwemmung und sonstige Dislocirung gewis- ser Gemengtheile oder deren Rückstände sich geltend machen- den Einflusse der Atmosphärilien und andererseits durch specielle Einwirkung der Pflanzendecke resp. der Wurzeln derselben, eine mehr oder weniger mächtige Oberkrume zu unterscheiden, welche für den Land- wie Forstwirth von der grössten Bedeutung ist, ja von welcher überhaupt in erster Linie der Nationalwohlstand eines Landes abhängt. Wohl zu unterscheiden ist von dieser Oberkrume als ein Theil derselben, die sogenannte Ackerkrume. Sie ver- tritt nur unter gewissen, im Flachlande höchst selten vorkommen- den Bedingungen, die ganze Oberkrume. Allgemein und in der Regel ist sie eben nichts anderes als wieder ein Theil der Oberkrume, welcher durch künstliche Mengung und Lockerung von Menschenhand mannig- fach verändert ist”). Wo solches, wie in den meisten Fällen, unter Anwendung des Pfluges geschehen ist, grenzt diese Acker- krume in einer Mächtigkeit von 0,2—0,3 Meter ziemlich scharf und gradlinig nach unten zu ab, und macht sich durch eine mehr oder weniger gleichmässige Mengung mit humosen Bestandtheilen schon in der Farbe gegenüber der übrigen Oberkrume geltend. *) Um für die Folge eine Doppelanwendung des Wortes „Oberkrume“, ein- mal im weiteren und eigentlichen Sinne gegenüber dem Untergrunde, andrerseits im engeren Sinne als unterer Theil der Oberkrume gegenüber der Ackerkrume als dem oberen Theile zu vermeiden, dürfte es sich wohl empfehlen, für den unte- ren, unbearbeiteten Theil der Oberkrume den Namen Ackerboden einzuführen. Ackerboden und Ackerkrume bilden zusammen dann also die Oberkrume. 58 Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. [322] Da diese letztere nun nach dieser ganzen Auffassung nichts. anderes ist, als die mehr oder minder mächtige Verwitte- rungsrinde deran der Oberfläche liegenden geognosti- schen Schicht, so finden wesentliche Wechsel in der Zusam- ımensetzung und sonstigen Beschaffenheit der Oberkrume auch nur da Statt, wo eine petrographisch verschiedene Schicht an der Oberfläche liest. Bei den vorliegenden geognostischen Kartenaufnahmen aus dem Flachlande wird nun, abweichend von sonstigen geognosti- schen Aufnahmen, bei denen solches nur ausnahmsweise und für bestimmte meist technisch wichtige Schichten stattfindet, innerhalb jeder ihrem geologischen Alter nach gesonderten Formation oder Formations-Abtheilung durchweg auch die petrographische Zusam- mensetzung der von derselben gerade die Oberfläche bildenden Schicht zum Ausdruck gebracht (s. 5.18). Hierin eben liegt die bisher von den Meisten bezweifelte Möglichkeit, bei diesen Aufnahmen gleichzeitig dem Geognosten und dem Landwirthe, oder mit andern Worten, Wissenschaft und Praxis gerecht zu werden. Die im ersten Augenblicke in einer geognostischen Karte fast unausführbar erscheinende gleichzeitige Abgrenzung wesent- licher Verschiedenheiten der Oberkrume kommt, wie die Aufnahmen der letzten Jahre zur Genüge bewiesen haben, mit den geognostischen resp. den petrographischen Gren- zen in der Hauptsache so vollständig überein, dass letz- tere geradezu als gemeinschaftliche angesproch en werden können und in den vorliegenden Blättern auch als solche gelten sollen. Die Gültigkeit der dem gewöhnlichen Leben entnommenen und nach dem Vorschlage Prof. Orth’s mit ihren Anfangsbuch- staben in die Karten eingetragenen Bezeichnungen *) für die *) Es bedeutet, den Anfangsbuchstaben der verschiedenen Benennungen ent- sprechend, sowohl bei Bezeichnung des Untergrundes wie der Oberkrume: $ — Sand, G= Grand, L—Lehm, T= Thon, M= Mergel, K—= Kalk, H= Humus, und lesen sich darnach die Zusammensetzungen auch leicht. So bedeutet z. B. LS — Lehmiger Sand, SL = Sandiger Lehm, HK —= Humoser Kalk, und des Wei- teren wieder HBS — Humoser lehmiger Sand, SKH — Sandig kalkiger Humus u. s. w. Nur zwei Bezeichnungen, die zufällig auch häufiger vorkommen, könnten dabei [323] Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. 59 Zusammensetzung der Oberkrume geht daher, so weit nicht dazwischen liegende andere Bezeichnungen noch geringe Unterschiede kenntlich machen, bis an die nächste Farbengrenze. Ausgeschlossen ist damit übrigens nicht, dass die wesentlich gleiche Oberkrume [in diesem Falle aber auch die gleiche Bezeichnung derselben] sich _ nicht auch jenseits der Grenze findet; denn ein Spathsand, des Oberen Diluviums unterscheidet sich von dem Spathsande des Unteren Diluviums petrographisch oft wenig oder gar nicht, so dass ein wesentlicher Unterschied seiner Oberkrume ebenso wenig gemacht werden kann wie beispielsweise bei dem Oberen und dem Unteren Geschiebemergel, welcher in seiner Verwitterung den mehr oder weniger gleichen Lehm oder lehmigen Sand bildet. Vom landwirthschaftlichen Standpunkte aus würde daher eher über ein Zuviel als ein Zuwenig der Abgrenzungen geklagt werden können, wenn nicht auch dieser scheinbar nur rein geognostische Unterschied seine praktische Bedeutung hätte. Der Sandboden des Oberen Diluviums unterscheidet sich von dem seiner Zusam- mensetzung nach gleichen oder fast gleichen Sandboden des Un- teren Diluviums, beispielsweise für den in Rede stehenden Boden- werth, sehr wesentlich dadurch, dass ersterer in der Regel in ver- hältnissmässig geringer Mächtigkeit auf dem Lehm des Oberen Diluviums auflagert, während letzterer bei einer gewöhnlich bedeu- tenden Mächtigkeit einen anderen Untergrund gar nicht erreichen resp. nicht zur Wirkung kommen lässt. In gleicher Weise macht sich ein namhafter Unterschied kenntlich zwischen dem, seiner Lage im Thal gemäss, durchweg eine natürliche Frische zeigenden Alluvialsande und dem im Uebrigen ähnlichen, aber mehr an Trockenheit leidenden Sande des Diluviums auf der Höhe des Plateaus. Was nun den Untergrund anbetrifft, unter welchem der Land- und Forstwirth in der Regel nichts anders versteht, als die nach der Tiefe zunächst der Oberkrume folgende, in ihrer Zusam- mensetzung oder ihrem physikalischen Verhalten von dieser unter- unverständlich sein: das doppelte Vorkommen von $ in einer Bezeichnung, SLS — Sandig lehmiger Sand (wenn man will, Schwach lehmig, Sand); SSL Sandig . sandiger Lehm (also richtiger Sehr sandiger Lehm), 60 Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. [324] scheidbare Erd- oder Gesteinsart”), so ist derselbe der Regel nach das von der Verwitterung wenig oder gar nicht ange- griffene gewöhnlich auch den Haupttheil der Gesammtschicht ausmachende Gestein selbst, welches durch die Farbe in der Karte sowohl seiner geologischen Stellung, wie seiner petrographi- schen Zusammensetzung nach gekennzeichnet ist, oder er ist auch der unter dem Einfluss der Verwitterung weit weniger veränderte nächste Theil dieser Gesteinschicht. Die Farbe und ihre Begrenzung in der Karte dient somit in der Regel recht eigentlich auch zur Bezeichnung des Untergrun- des für den Landwirth und würde ein besonderes Zeichen für den jedesmaligen Untergrund unnöthig machen. Da aber Fälle vor- kommen, wo, ebenso wie solches von Ackerkrume und Oberkrume erwähnt werden musste, der Theil das Ganze vertritt, indem bei geringer Mächtigkeit der Gesammtschicht die Verwitterung die letztere gänzlich durchdrungen hat oder auch durch ihre örtliche Lage, beispielsweise im Wasserspiegel, und durch besondere phy- sikalische Eigenschaften eine gleichmässige Einwirkung oder Nicht- einwirkung auf die ganze Schicht hat stattfinden können, wo also die Gesammtschicht die Oberkrume bildet und dann die geognos- tisch darunter folgende Schicht der Untergrund ist, so ist durch- weg auch der jedesmalige Untergrund durch Buchstaben in der Karte bezeichnet und mittelst eines Striches von dem oder den Buchstaben der ÖOberkrume getrennt, die Untereinanderstellung beider gewissermaassen veranschaulichend. Das soeben besprochene seltenere Verhältniss zwischen Ober- krume und Untergrund tritt z. B. überall da recht klar her- vor, wo in der Nähe von Dünenzügen entweder der fruchtbare *) Wenn der Landwirth beispielsweise bei einem auf 1,5 auf 2 oder mehr Meter unveränderten Sande dennoch schon von einem Sanduntergrunde und nicht von einer so mächtigen Oberkrume spricht, so zeigt solches allerdings, dass bewusst oder unbewusst mit dem Begriff Untergrund auch zugleich eine — leider aber durch gar keine Zahl festgestellte — Tiefe verbunden gedacht wird. Für eine wis- senschaftliche Feststellung der Begriffe wird man aber solche Begriffsunsicherheit entschieden vermeiden müssen und solches auch um so mehr können, als man auch in der Praxis dadurch in diesem Falle nirgend in Widersprüche oder Un- bequemlichkeiten gerathen wird. [325] Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. 61 Lehmboden des Oberen Diluvialmergels ”) oder an anderen Stellen der wiesentragende Moorboden oder gar Torflager des Alluviums““) von einer dünnen Lage Flugsand bedeckt sind. Derselbe Fall findet auch Statt, wo, beispielsweise im Süden des Blattes Crem- men ”””), der Sand eines alten Seebeckens (Thalsand) in nicht grosser Mächtigskeit dem Lehm des Oberen Diluvialmergels aufliegt. Zahl- reiche Beispiele liefert auch das jüngere Alluvium, dessen geo- anostische Bezeichnung daher auch von vornherein auf die Aufeinanderfolge verschiedener Schichten berech- net wurde. Hier lagert z. B. fast in sämmtlichen vorliegenden Blättern, namentlich auf Blatt Linum, Nauen und Rohrbeck über grosse Flächen hin, der jüngste schwarze Moorboden in dünner Schicht über reinem Sande und ist ersterer. daher die Oberkrume, letzterer der Untergrund. Von einer besonderen Bezeichnung der Ackerkrume als Theil der OÖberkrume, welche der eine oder andere Leser vielleicht ver- missen könnte, musste nicht nur um einer Ueberfüllung der Karten vorzubeugen Abstand genommen werden, eine solche hat vielmehr auch keine Berechtigung in einer nicht einzig und-allein zum Zwecke der Landwirthschaft dienenden Karte, denn sie ist und bleibt immerhin ein durch Menschenhand, also künstlich, nur zum Zwecke der Landwirthschaft mechanisch und chemisch veränderter Theil der Oberkrume und zwar der oberste Theil derselben. Eine solche besondere Bezeichnung der Ackerkrume hätte - aber endlich auch selbst dann, wenn sie hier berechtigt wäre, einen sehr geringen Werth; denn fast ausnahmslos erhält man das Zei- chen für dieselbe durch einfaches Hinzufügen eines SH (Schwach humoser....) zu dem Zeichen der Oberkrume f). Die in der Ackerkrume stattgefundene Veränderung der Ober- krume besteht nämlich durchweg in einer Hinzufügung eines schwachen Humusgehaltes. Alle anderen Veränderungen sind theils *) s. Blatt Linum Südost-Ecke. ==") Binerseits bei Kl. Ziethen und Wolfslake, andrerseits bei Bärenklau. 7) Bei einer an sich humosen Bildung schwindet auch dieser Unterschied von selbst. 62 Agronomische bez. pedologische Verhältnisse [326] so localer Natur (Mergelung, Gypsung u. dgl.), dass sie sich ge- radezu an die betreffenden Schlaggrenzen des Landwirthes binden und nur in einer Gutskarte in grösserem Maassstabe Berücksich- tigung finden könnten, theils überhaupt so gering, dass die ge- wählte Bezeichnungsweise thonig, sandig, kalkig und dergleichen nicht zur Unterscheidung ausreichen würde. Aber es ist für den praktischen Landwirth und in gleicher Weise für den Forstwirth nicht nur von grosser Bedeutung, Un- tergrund und Oberkrume, Grund und Boden, ihrer Zusammensetzung und den davon abhängigen physikalischen Eigenschaften nach zu kennen, es ist auch in gewissem Grade nothwendig, die Mächtig- keit der Oberkrume, oder mit anderen Worten die Tiefe zu ken- nen, in welcher der Untergrund erreicht wird. Es leuchtet von selbst ein, dass das Verhalten, der Ertrag und demgemäss die Bestellung einer die Oberkrume bildenden Sandschicht, wenn sie, wie vor- hin erwähnt, in ganz geringer Mächtigkeit (vielleicht nur 2 oder 3 Deeimeter stark) den lehmigen Sand und Lehm des Oberen Dilu- vialmergels überdeckt, ganz anders sein wird, als wenn ihre Mäch- tigkeit bei demselben Untergrunde einen oder mehrere Meter be- trägt. So bildet z. B. auf Sectioa Marwitz in der grossen, ‚unter dem Namen Krämer bekannten Forst durchweg der schiere Flug- sand die Oberkrume. Achtet man jedoch einigermaassen auf den Baumwuchs, oder betrachtet man die Forstkarten der betreffenden Revierbeamten, so bemerkt man auf den ersten Blick eine grosse Verschiedenartigkeit des Holzbestandes. Von dem reinen Nadel- holzbestand, kommt man durch verschiedenartig gemischte Bestände bis zum üppigsten Laubholz- und sogar reinem Buchenbestande. Ein Blick auf die geognostische Karte löst sehr bald das Räthsel. Hinter dem die Oberkrume als Sand bezeichnenden roth ein- geschriebenen $, das durch die geognostische Farbe des Weiteren als Flugsand erläutert wird, giebt eine hinzugefügte Zahl die Mäch- tigkeit dieses Sandes in Decimetern an und die unter dem Strich befindlichen Buchstaben SL den in dieser Tiefe getroffenen Unter- grund als sandigen Lehm und zwar, wie die Farbe einiger Bohr- löcher wieder näher charakterisirt, als Lehm des Oberen Geschiebe- mergels. [327] Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. 63 Da zeist es sich denn sehr bald, in wie unmittelbarem Ver- hältniss die verschiedenen Holzbestände mit der Mächtiekeit des den Lehmmergel bedeckenden Flugsandes stehen, und dass über- all, wo reiner und üppiger Laubholzwald sich zeigt, diese Decke kaum 1 Meter stark ist, während da, wo vorwiegend nur Nadell holz zu finden, das einfache $ angiebt, dass bis zu einer Tiefe von 2 Metr. nichts anderes als der gleiche Sand erbohrt wurde. Bei dieser wohl schon aus dem angeführten Beispiele ein- leuchtenden Wichtigkeit einer Kenntniss auch der Mächtigkeit der ihrer petrographischen Zusammensetzung nach, durch die betref- fenden Anfangsbuchstaben gekennzeichneten Oberkrume wurde es in einer am 21. Juli 1874 in der geologischen Landes - Anstalt stattgehabten Conferenz mit Vertretern der Land- und der Forst- wirthschaft zum Beschluss erhoben, auch diese Mächtigkeit, wenn irgend möglich, in den Karten anzugeben. Auf Grund einer grossen, für jedes einzelne Messtischblatt zwischen 500 und 1000 schwankenden Anzahl kleiner Bohrungen bis zu einer Tiefe von 1,5 und 2 Meter sind demgemäss auch überall den obengenannten Bezeichnungen der Ober- krume Zahlen hinzugefügt, welche in Decimetern ent- weder die sich ergebende durchschnittliche oder die ermittelte Minimal- und Maximal- Mächtigkeit derselben, mithin die ver- sehiedene Tiefenlage des Untergrundes angeben. So bedeutet also beispielsweise: LS5—10:. . \ Oberkrume: lehmiger Sand 5— 10 Decimetr. —— ar — soviel als | ., > SL Untergrund: sandiger Lehm, wobei dann die geognostische Farbe der Fläche angiebt, dass beide (Oberkrume wie Untergrund) entweder (z. B. bei grauer Reissung auf weissem Grunde) einer alluvialen Lehmschicht angehören, oder, wie Beispiele auf sämmtlichen Sectionen zeigen, dem Oberen Diluvialmergel,- oder drittens auch dem Unteren Diluvialmergel. In beiden letztgenannten Fällen ist somit zugleich der Schluss be- rechtigt, dass der Mergel selbst in unverwitterter Gestalt in noch orösserer Tiefe (meist 12—20 Deeimeter Gesammttiefe) gleichfalls zu finden sein wird, oder gefunden ist. Dem entsprechend findet sich denn auch zuweilen, wo mittelst 64 Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. [328] Säure die Mächtigkeit des Lehmes bestimmt worden ist, schon das noch vollständigere Profil: SLS 7; ee Oberkrume: schwach lehmiger Sand 7 dm., SL 2 N 5 S- Untergrund: sandiger Lehm 5 dın., SM SS tieferer Untergrund: sandiger Mergel. So bedeutet ferner die Bezeichnung SHS 3-6 ., +, ( Oberkrume: schwach humoser Sand 3 —6 dm. —— —_ —Zsoyiel als S ! Untergrund: Sand, und die geognostische Farbe der Fläche, etwa grüne Punktirung auf blassgrünem Grunde giebt des Weiteren an, dass Oberkrume wie Untergrund dem Thalsande des Alt-Alluvinm angehören. Ist dagegen die Oberkrume von einer geognostisch andern Schicht gebildet als der Untergrund, so ist entweder, wie nament- lich bei sämmtlichen Alluvialbildungen, diese Uebereinanderfolge auch schon aus der ganzen geognostischen Farbenbezeichnung zu erkennen (s. S. 18) oder es ist (s. S. 19) durch Einzeichnung wenigstens einiger der Bohrlöcher in der Farbe des Untergrundes dieser in gewissem Grade durchblickend gemacht. So bedeutet also beispielsweise die auf Section Nauen häufig wiederkehrende Bezeichnung H 10— 15 Oberkrume: Humus*) 10— 15 dm. S “ Untergrund: Sand | und die doppelte Farbenbezeichnung (Doppelstrichelung und Punk- tirung)) lässt sogleich erkennen, dass jedes eine gesonderte Schicht für sich ist. In gleicher Weise zeigen z. B. auf Section Markau bei den Vorwerken Neuhof und Röthehof die den Bodenprofilen S 9—15 S 8—15 S 10 SL SL SL. beigefügten kleinen Bohrlochskreise mit der Farbe des Oberen Diluvialmergel, dass der aus SL bestehende Untergrund bereits dieser Bildung angehört, Oberer Diluvialmergel also [und zunächst die Lehmdecke desselben] unter der, die Oberkrume bildenden Bedeckung von Oberem Diluvialsande sich regelrecht forterstreckt. *) Das Farbenzeichen charakterisirt specieller: Torf. [329] Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. 65 Hinreichlich verständlich dürften auf diese Weise selbst com- plicirte Verhältnisse, wie beispielsweise in dem Gr. und Kl. Zie- thener Luch auf Blatt Cremmen sein, wo die den Bodenprofilen SHS 7 SH 6 SH 4 SH5 = N NS5 LS2 SL SL SL M hinzugefügten Bohrlochskreise mit der Farbe desselben Oberen Diluvialmergels sogleich erkennen lassen, dass der aus SL, in einem Falle sogar direct aus M (Mergel) bestehende tiefere Untergrund und zwar in einer Tiefe von 17, 13, 9 und 7 dm. schon dem Diluvialmergel angehört, während die übrige Farbenbezeichnung (braune Horizontalstrichelung und Punktirung) Oberkrume und näch- sten Untergrund als zwei gesonderte Alluvial-Schichten kennzeichnet. Somit bezeichnen also die vorliegenden Kartenblätter, um das Gesagte noch einmal zusammenzufassen, dem betreffenden Grund- besitzer nicht nur, welcher geologischen Zeitperiode und derselben entsprechenden Formation oder Formationsabtheilung sein Boden angehört, was in vielfacher Hinsicht demselben ziemlich gleichgültig sein dürfte; sie begnügen sich auch nicht damit, ausser- dem ihm den petrographischen Charakter der die Ober- fläche bildenden Gesammtschicht anzudeuter; sie geben viel- mehr unter richtiger Benutzung der Farben, Zeichen, Buchstaben und Zahlen überall noch gleichzeitig an, welcher Art die den Land- und Forstmann speciell interessirende, unter Ein- wirkung der Verwitterung entstandene oder doch von ihr beein- flusste Oberkrume, der sog. „Boden“ des Landwirthes ist, wel- cher Art der nächste, in einzelnen Fällen auch der tiefere Untergrund angehört, ja in welcher Tiefe der letztere durch- schnittlich erreicht wird. Um die auf diese Weise überall in der Karte ablesbaren agronomischen Bodenprofile nun aber auch in ihrer Verschieden- heit und in ihrem Verhältnisse zu einander besser übersehen zu können und auch dem Auge, selbst des Ungeübteren, klar zu ver- anschaulichen, sind endlich randlich auf jeder Section die inner- halb derselben am häufigsten vorkommenden Bodenverhältnisse, geordnet nach Bodengattungen profilarisch dargestellt worden. b) 66 Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. [330] Dem Zusammenhange von Grund und Boden entsprechend sollte man allerdings meinen, dass der Boden ungemein verschie- den sein müsste und die Bodenkunde mithin eine grosse Reihe selbst von Bodengattungen, geschweige denn von Bodenarten zu unterscheiden hätte, eine Anzahl die mindestens der der verschie- denen Gesteine gleichkäme. Da aber glücklicher Weise bei Wei- tem die meisten Gesteine bei ihrer Verwitterung der Hauptsache nach Thon oder Lehm oder Sand bilden, so vereinfacht sich die Reihe derselben wesentlich und unterscheidet man mit Recht für gewöhnlich als Hauptarten oder besser Bodengattungen Thonboden, Lehmboden, Sandboden, zu welcher Reihe noch, bei Vorwiegen des Kalkes in dem ursprüng- lichen Gestein und in Folge dessen auch im Boden noch vorhan- denen unzerstörten Kalke Kalkboden, Mergelboden und endlich durch namhaften Gehalt an Humus, oder Vorwiegen desselben in jüngsten Bildungen Humusboden hinzukommt. Eine weitere Unterscheidung von Unterarten resp. Arten je nach Bedürfniss und in Uebereinstimmung mit den, in den ver- schiedenen Formationen unterscheidbaren Gesteinen ergiebt sich in der Folge leicht und kann hier nicht weiter erörtert werden. Bei Anordnung der genannten Bodenprofile auf dem Rande der Kartenblätter nach diesen, übereinstimmend mit dem allgemei- nen Sprachgebrauche unterschiedenen bez. benannten Bodengat- tungen ist nur statt Lehmboden hier lehmiger Boden gesetzt wor- den, weil Lehmboden im vollen Sinne des Wortes hier so gut wie gar nicht vorkommt und die Praxis mit Recht diese Art des u Lehmbodens nur als lehmigen Boden bezeichnet. Durch die auch hier wieder zu Grunde gelegten geologischen Farben, sowie durch Hinzufügung der in der Karte angewandten geognostischen Buchstabenzeichen einerseits und der agronomischen Buchstaben a "I dm ee > 0 —— Sn N uy 2 SU 2 Sissi Dis ie nee TEE [331] Agronomische bez. pedologische Verhältnisse. 67 andrerseits dürften die Profile im Uebrigen an sich so verständlich sein, dass hier von einer weiteren Erläuterung Abstand genom- men werden kann. Ueberblicken wir nun nach Kenntniss der gesammten Bezeich- nungsweise die Verbreitung dieser verschiedenen Bodengattungen im Bereich des Kartencomplexes, so sind darauf bezügliche An- deutungen bereits Seite 18 gegeben worden und dürften dieselben jetzt leicht anwendbar und die Karten darnach an sich verständ- lich sein. Dort wurde darauf hingewiesen, wie die gewählte Be- zeichnungsweise geognostisch-petrographischer Unterschiede in der Karte eine Zusammenfassung petrographisch gleichar- tiger Bildungen sämmtlicher Formationsglieder ermög- licht und in Folge dessen auf den ersten Blick hier thonige, thonig- kalkige, sandige resp. grandige, kalkige und humose Bildungen zu er- kennen seien. Angedeutet wurde auch schon und wird nach dem in diesem Abschnitte Gesagten noch bestimmter einleuchten, wird aber erst in dem speciellen (pedographischen) Theile dieser Abhandlung seine volle Begründung finden, dass gerade diesen, ich möchte sagen petrographischen Gattungen auch die unterschiedenen Bodengat- tungen entsprechen. So entspricht den Sand-, den Humus- und den entschiedenen Kalkbildungen in der vorliegenden Gegend durchweg auch Sandboden, Humusboden und Kalkboden, während die thonigen und die thonig-kalkıgen Bildungen sämmtlich lehmi- gen Boden, um nicht zu sagen Lehmboden, führen und dieser also durch ihre Verbreitung begrenzt ist. Bestimmte Beispiele finden sich auch bereits an der angezogenen Stelle (s. S. 18), ausführ- licher aber erst in dem gleichfalls schon genannten pedographi- schen Theile. 5* V. Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. Bei Beginn dieses Abschnittes bedarf es vor allen Dingen einer kechtfertisung des gewählten Namens. Pedographie ist, wie der Name besagt, die Beschreibung des Bodens, mithin ein Theil der Pedologie, der Lehre vom Boden. Bei der vielfach irrigen Auffassung von dem Begriffe und Umfange der Bodenlehre ist aber vorab eine Verständisung darüber unabweislich. Die Pedo- logie ist eben nicht, wie gerade neuere Lehrbücher mehrfach, theils bewusst, theils unbewusst annehmen, eine Lehre von den losen bez. weichen oder erdigen Gesteinsbildungen und deren Vorkom- men gegenüber den festen Gesteinen. Die einen, wie die anderen dieser Gesteinsbildungen sind voll und ganz Gegenstand der Geognosie, der Kenntniss der gegenwärtigen Erdkruste, sind dort bereits in der Petrographie so scharf als möglich von einander gesondert, können aber weder der Zeit, noch der Oertlichkeit nach, weder in ihrem Entstehen, noch in ihrem Bestande derartig auseinander gerissen werden, dass sie Gegenstand eines besonderen Zweiges der Wissenschaft werden. Der Begriff der Bodenkunde ist vielmehr nach dem schon S.57 ff. Gesagten durchaus anders zu fassen. Da eben bei allen, ihrem geologischen Alter und ihrer petrographischen Zusammen- setzung nach verschiedenen Bildungen (und hier in der in Rede fe stehenden Gegend insbesondere bei allen Quartärbildungen) sobald sie die Oberfläche bilden, sich eine, in ihrem chemischen Bestande und ın ihrer mechanischen Zusammensetzung unterscheidbare Verwitte- \ | [333] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 69 rungsrinde im Laufe der Zeit gebildet hat und stetig weiter bil- det, welche man im praktischen Leben gewohnt ist als Boden im engeren Sinne, auch wohl als Oberkrume *) zu unterscheiden oder mit anderen Worten, da jede Oberkrume, jeder Boden, mit dem es der Land- oder Forstwirth zu thun hat, nichts weiter ist, als die Verwitterungsrinde irgend einer geognostisch resp. petrographisch unterscheid- baren Schicht, so ist hiernach auch die Bodenkunde nichts anders, als die Lehre von dem Entstehen, dem gesamm- ten Bestande und der Fortbildung einer Verwitterungs- rinde an der mit der Luft in Berührung stehenden ge- senwärtigen Erdoberfläche. Hieraus ergiebt sich die weitere Eintheilung der Pedologie von selbst in Pedogenie und Pedographie, deren erste die Entstehung resp. Weiterbildung, deren andere den gegenwärtigen Bestand der Verwitterungskruste oder des Bodens zu ihrem Gegenstande hat. Beide aber müssen, da nach den Erfahrungen der Geognosie jede Formation, ja jedes petrographisch innerhalb derselben zu unterscheidende Gestein resp. Gebilde auf grössere oder kleinere Erstreckung die Erdoberfläche bilden kann bez. bildet, auch die Zusammensetzung und sonstigen Eigenschaf- ten dieser sämmtlichen Gesteine, mithin die gesammte Petrographie als Ausgangspunkt nehmen bez. als bekannt voraussetzen. Die Petrographie ist mithin eine der Haupthülfswissenschaften der Pedologie. Andrerseits ist letztere aber in Folge dessen auch eine unentbehrliche Vervollständisung, ein wie schon oben erwähnt für das praktische Leben hochwichtiger Theil der Geologie bez. der Geognosie, welcher bisher innerhalb derselben leider nur ganz bei- läufig, ich möchte sagen andeutungsweise, bei der Verwitterungs- lehre einige Berücksichtigung fand. Petrographie und Pedographie, ' Gesteinskunde und Boden- kunde, stehen in gewissem Grade gleichberechtigt innerhalb der =) Der Oberkrume stellt man aber im gewöhnlichen Leben nicht eine Unter- krume entgegen, sondern direct den Untergrund und es folgt daraus, dass diese Bezeichnung Untergrund und Oberkrume nichts anders besagt, als die einfachere „Grund und Boden“, 70 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [334] Geognosie neben einander. Beide sind von einander so un- trennbar, wie die fast zu einem Worte gewordene Be- zeichnung ihres Gegenstandes „Grund und Boden“. Der Grund ist, um Gesagtes in anderer Form zu wiederholen, die in gewissem Grade uns gegenwärtig intact und constant erscheinende Gesteinsbildung *); der Boden der in Berührung mit der Luft an der Erdoberfläche chemisch veränderte, mechanisch gelockerte Theil derselben Gesteinsbildung. Die Bodenbildung auf dem hiesigen Quartär. Der Verwitterungsproces des Diluvialmergels bez. die Bodenbildung auf demselben ist vielleicht am lehrreichsten für den bei den verschiedenen Quartärbildungen mehr oder weniger ähn- lich sich zeigenden Gang der Verwitterung im Allgemeinen. Be- trachtet man eine der zahlreichen Lehm- oder Mergelgruben unserer Gegend, so ist fast jede in gewissem Grade schon geeignet, mit dem blossen Auge das Verwitterungs- bez. Bodenprofil erkennen zu lassen. So zeigt z. B. die folgende Darstellung einen | Abstich der Berlin-Lehrter Eisenbahn, Sect. Markau. DE: RB, WIE c b ZT ntacterMergel ' RR Eneten SEaalun SM SL Verwitterungsrinde Die circa 2 Decimeter mächtige Ackerkrume (a,), d. h. der von Menschenhand umgearbeitete und demgemäss künstlich umge- änderte oberste Theil des die Oberkrume bildenden lehmigen San- des (LS bez. «) grenzt nach unten zu, wie schon S. 57 beschrieben *) In dem weiteren Sinne, wie das Wort „Gestein“ hier stets gebraucht ist, gleichbedeutend mit Gebirge oder Gebirgsbildung, bedeutet dasselbe ebenso gut jede lockere oder auch erdige Gesteinsbildung, als andrerseits festes Gestein. [335] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 71 wurde, in Folge der Anwendung des Pfluges in ziemlich scharfer horizontaler bez. mit der Oberfläche paralleler Linie ab. Die Un- terscheidung wird dem Auge um so leichter, als a, durch die be- wirkte gleichmässige Mengung mit dem Humus verwesender Pflanzen- und Dungreste eine graue, a dagegen eine entschieden weissliche Färbung zeigt. Diese weissliche Färbung des lehmigen Sandes grenzt ebenso scharf, wenn nicht noch schärfer, nach unten zu ab gegen die rostbraune Farbe des Lehmes (5). Aber die Grenze ist nicht horizontal, sondern nur in einer unregelmässig auf- und absteisenden Wellenlinie auf grössere Erstreckung hin mit der Oberfläche conform zu nennen. In geringer, meist 3—6 Decimeter betragenden Tiefe darunter grenzt auch diese rostbraune Färbung scharf und mehr oder weniger stark erkennbar in einer, die vorige gewissermaassen potenzirenden Wellenlinie ab gegen die gelbliche bis gelblichgraue Farbe des Mergels (c) selbst, der weiter hinab _ in grösserer, meist einige Meter betragender Mächtigkeit den Haupt- theil der Grubenwand bildet. Diese untere Lehmgrenze bildet denn auch die untere Grenze der im Ganzen in der vorliegenden Gegend durchnittlich zwischen 1 und 1,5 Meter mächtigen Verwitterungsrinde des Diluvialmer- gels, deren oberer Theil (LS) in diesem Falle nur die Oberkrume abgiebt, während sein unterer Theil (SL) vom Landwirth allgeme'n schon als Untergrund bezeichnet wird. Bis zu dieser Grenze ist nun, wie die Ergebnisse der Analyse sogleich beweisen werden, im Laufe der Jahrhunderte bez. Jahr- tausende zunächst sämmtlicher Gehalt an kohlensaurem Kalke [bez. auch kohlensaurem Talke], welcher den früheren Analysen nach (s. S. 30 u. 31) im Durchschnitt 10 pCt. im Oberen und 17 pCt. im Unteren Diluvialmergel beträgt, dem ursprünglichen Gestein völlig entzogen. Der hierbei stattgefundene Process ist ein äusserst ein- facher, noch stetig sich fortsetzender. ‘Der, wenn auch noch so schwache Kohlensäuregehalt der zwischen und unter den Pflanzen an der Erdoberfläche einsickern- den atmosphärischen Niederschläge ist bekanntlich das Hauptmittel der langsam, aber sicher fortschreitenden Verwitterung aller, auch der festesten Gesteine. Er bewirkt auch hier zunächst diese Fort- 72 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [336] führung des kohlensauren Kalkes. Indem sich nämlich jedes Theil- chen Kohlensäure gemäss seiner Verwandtschaft unaufhaltsam mit dem ersten Theilchen kohlensauren Kalkes, das es trifft, chemisch verbindet, entsteht doppelkohlensaurer Kalk, welcher vermöge sei- ner leichten Löslichkeit in Wasser sofort mitfortgeführt wird. So unmerklich diese Kalkentziehung scheinbar auch ist, so wenig es möglich ist, auch nach Jahren, ohne ganz besondere Vorkehrun- gen, selbst mit den feinsten Instrumenten diese fortschreitende Entkalkung in der Natur zu bemessen, während sie sich experi- mentell im Kleinen, künstlich beschleunigt, mit Leichtigkeit nach- bilden lässt, so ist doch die Wirkung gross genug gewesen, um im Laufe der Jahrtausende eine entkalkte Rinde von der genann- ten Mächtiskeit herzustellen. Dass diese Mächtigkeit, bei vorauszusetzender einigermaassen gleichmässiger Einwirkung, in gewissem Verhältnisse zu dem Kalk- gehalte einerseits und zu dem, das Einsickern überhaupt erschwe- renden Thongehalte andererseits stehen muss, lässt sich von vorne- herein erwarten und in der That hat es sich bei den Untersuchun- gen stets von Neuem bewährt, dass demgemäss die Mächtigkeit der entkalkten Rinde in gewissem Grade im umgekehrten Ver- hältnıss zu dem in der Regel Hand in Hand gehenden höheren oder geringeren Thon- und Kalkgehalte des ursprünglichen Gesteins steht. Dieses regelmässige Verhältniss besteht und kann sehr wohl bestehen neben dem, in der Zickzacklinie der Grenze zum Aus- druck kommenden beständigen Schwanken der Mächtigkeit auf kurze Entfernung betrachtet. Diese scharfen Zapfen nach,oben und unten erklären sich, abgesehen von allerhand kleinen, local das Einsickern begünstigenden oder erschwerenden Umständen, in der Regel höchst einfach durch das noch gegenwärtig sichtbare oder doch frühere Vorhandensein eines grösseren Kalkgeschiebes, welches beständig den Kohlensäuregehalt des Wassers verzehrte, während daneben die Verwitterung im gleichmässigen Mergel immer. weiter fortschreiten konnte. Eine zweite Veränderung, welche sich oberhalb der bezeich- neten Verwitterungsgrenze bemerkbar macht, findet in der den Lehm als solchen charakterisirenden rostbraunen Farbe ihren ‚ ; [337] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 7 sichtbaren Ausdruck. Der in dem ursprünglichen Mergel vor- handene Gehalt vornehmlich von Eisenoxydul und dessen Salzen geht nur zum geringsten Theile als kohlensaures Eisenoxydul in Lösung bez. bleibt in solcher. Bei ihrer grossen Begierde sich höher zu oxydiren ziehen diese Salze vielmehr schon aus der mechanisch stets mitgeführten Luft der Sickerwasser Sauerstoff an und verwandeln sich gemäss des bekannten Rostprocesses in Eisen- oxydhydrat, während die frei gewordene Kohlensäure entweder den Process wiederholt, oder den Lösungsprocess des Kalkes befördert. Aus dieser Entziehung des kohlensauren Kalkgehaltes, der noch dazu, wie die Analysen ebenfalls nachweisen, zum Theil ın der Grösse messbarer Körnchen, ja Steinchen und selbst grösserer Geschiebe in dem ursprünglichen Gestein vorhanden gewesen ist, folst aber andererseits auch eine mechanische Lockerung des Ge- füges, welche nur zum kleinen Theil durch die gleichzeitige Um- wandelung des Eisengehaltes in voluminöseres Eisenoxydhydrat in etwas ausgeglichen wird. Man sieht in Folge dessen auch den Lehm von deutlichen kleinen Hohlräumen durchsetzt, welche zum Theil vom Wasser zu ebenso deutlichen Röhrchen bez. Canälen vereinigt sind und eine merklich grössere Wasserdurchlässigkeit begründen, als im Mergel selbst, wie ich schon bei früheren Un- tersuchungen *) nachgewiesen habe. Die weitere Folge davon ist denn auch ein leichterer Verkehr der eindringenden Tagewasser innerhalb der entkalkten Rinde und zwar ebensowohl in horizontaler, wie in verticaler Richtung; denn die ın letzterer sehr bald durch die grössere Dichtigkeit des in- tacten Mergels aufgehaltenen Wasser werden bei der geringsten Neigung der Schicht, zumal bei entstehender Anstauung, nach der einen oder andern Seite hin im Lehme seitlich abzufliessen suchen. Dass dabei wieder eine, wenn auch quantitativ nicht so bald mess- bare, mechanische Fortführung feinster Theilchen, also namentlich der so leicht suspendirbaren Thontheilchen, unvermeidlich sein wird, liegt auf der Hand. Denken wir uns aber diesen Vorgang ”) Diluvial-Ablagerung d. Mark Brandenburg, S. 43. 74 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [338] bez. seinen Erfolg ebenfalls potenzirt durch die Jahrhunderte bez. Jahrtausende, so kann es nicht mehr Wunder nehmen, dass wir den oberen Theil der durch Entkalkung entstandenen Verwitte- rungsrinde durch eine, wenigstens theilweise Entthonung (s. v. v.) jetzt bereits als lehmige oder gar schwach lehmige Sandrinde (a des Profils) wieder besonders unterscheiden können. Die zuweilen gemachte Beobachtung, dass ein solcher lehmi- ger oder sogar dann meist sehr schwach lehmiger, aber staub- “reicher Sand an der Basis der Verwitterungsrinde, also unter dem Lehm und unmittelbar auf dem Mergel, jedoch nur in einer, nach Centimetern zu bemessenden und 1 Decimeter selten erreichenden Mächtigkeit, sich wiederholt, steht durchaus in keinem Wider- spruche mit dem Gesagten. Es finden sich solche Stellen meist nur in Vertiefungen der beschriebenen welligen Oberfläche des Mergels, wo es von vorneherein nahe liegt, ein verstärktes Fliessen der bis hierher durch den ganzen Lehm eingesickerten und jetzt aufgehaltenen Wasser in einzelnen Rinnen, somit auch eine gleiche Thonentführung, wie im oberen Theile der Verwitterungsrinde anzunehmen. ä Ganz ähnlich und auch, wie hier, schon dem Auge mehr oder weniger sogleich erkennbar, werden wir in der Folge namentlich im Südwesten der Berliner Umgegend, in der Gegend von Pots- dam und Werder, die Verwitterungsrinde auch beim Thonmer- gel und dem ihn begleitenden Schlepp oder Mergelsand’aus- echildet finden, und soll dort später näher darauf eingegangen werden. Schon jetzt sei hier als äusseres Kennzeichen jedoch be- ınerkt, dass hier die, die Grenze bezeichnende Wellenlinie in der Regel weit flachere Auf- und Niederbiegungen zeigt, ja sich oft der graden Linie vollkommen nähert. Erklärlich ist solches schon allein durch den Umstand, dass in diesen geschiebefreien Bildun- gen kein Kalkstein in der vorhin beschriebenen Weise das gleich- mässige Vorrücken der Verwitterung stört. Hierzu kommt ferner die meist stark ausgeprägte Schichtung dieser Bildungen, welche stets die Vertheilung der Sickerwasser den Schichtungsflächen parallel zu regeln sucht. Nicht so deutlich markirt sich dagegen der Verwitterungs- en an lo Cu Ü0 2 SoQ U U u see TEE [339] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 15 process in den Sanden des Diluviums, d.h. namentlich dem Spathsande.: Auch hier beginnt die Verwitterung mit der Auf- lösung des Kalkgehaltes. Da derselbe jedoch an sich nur ein ge- ringer, 3 pCt. selten überschreitender ist und da ferner, gemäss der bekannten physikalischen Eigenschaft von Sanden überhaupt, dieselben eine weit grössere Menge der an der Oberfläche fallen- den atmosphärischen Niederschläge aufnehmen und einsickern las- sen, somit auch eine grössere Menge Kohlensäure hier in den Boden dringt, welche auf den thonigen Bildungen mit den Was- sern zum Theil sogleich oberflächlich abfliesst, so ist naturgemäss die entkalkte Rinde von Diluvialsanden auch weit mächtiger, 8 bis 10°Meter jedoch wohl kaum irgendwo in der Gegend überschrei- tend. Nur aus tieferen Bohrlöchern, oder in besonders tiefen Sand- sruben hat man daher Gelegenheit, den intacten Sand und seine Verwitterung gleichzeitig zu beobachten *).. Ein Unterschied für’s Auge ist aber hier nicht vorhanden, denn gemäss des Man- sels an Thon, dessen höher oxydirter Eisengehalt hauptsächlich die gleichmässige rostbraune Farbe des Lehmes in der Verwitterungs- rinde thonig-kalkiger Diluvialbildungen bewirkt, fehlt diese hier. Nur wo, wie z. B. in den meisten Granden des Diluviums, durch namhafte Zunahme des Kalkgehaltes in Form von Kalk- steinchen (s. d. Analysen S. 42), bei der Zersetzung derselben, je nachdem mehr oder weniger thonige Kalksteinchen darunter waren, ein gewisser Thongehalt in der Verwitterungsrinde bemerk- bar wird, oder auch gleichzeitig durch die gleich zu erörternde theilweise Zersetzung thonerdehaltiger Silicate entsteht, kann sich auch dieser Rostprocess geltend machen. Wir unterscheiden daher auf dem Diluvialgrande und zwar in der Regel je grobkörni- ger er ist, desto deutlicher, eine, den Lehm sogar oft an Intensi- tät der Farbe übertreffende dunkelbraune Verwitterungsrinde, welche dann aber stets auch als lehmig oder doch schwach lehmig zu unterscheiden ist und welche des höheren ursprünglichen Kalkge- *) Intaete Sande findet man ausserdem überall, wo, wie vielfach der Fall, _ der Sand unter der ihn überlagernden Decke Oberen Diluvialmergels aufgeschlos- sen ist. 76 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [540] haltes (7 —10 pCt.) halber auch wieder auf das geringere, dem Lehm entsprechende Maass von 1 bis 2 Meter Mächtigkeit be- schränkt ist, ja welche wegen der Einwirkung besonders grosser Kalksteinchen (s. $. 72) auch wieder dasselbe starke Auf-und-_ Nieder ihrer Grenzlinie zeigt. ! 2 Diese soeben berührte Zersetzung thonerdehaltiger Silicate, also im vorliegenden Falle namentlich der Feldspathe, deren die Untersuchung in dem S. 37 aufgeführten Falle z. B. 16 pCt. ım Sande nachgewiesen hat, ist eben eine weitere Folge des beschrie- benen Beginnes der Verwitterung d. h. der Bildung, einerseits von doppelkohlensaurem Kalke, andrerseits von kohlensaurem Eisen- oxydul. Solche im Wasser in Lösung befindlichen kohlensauren Salze sind gerade des Weiteren die Hauptbeförderer der Zersetzung aller, auch der festesten Gesteine. Nur die Thonerde, welche mit der Kohlensäure überhaupt keine Verbindung eingeht und die als Quarz vorhandene unlösliche Kieselsäure wird schliesslich von ihnen zurückgelassen. Mit Recht sagt Zirkel in einem allgemein verständlichen und hier empfehlenswerthen Schriftchen *): „Die Umwandlung einer ganzen Menge von frischen Felsarten in Thon ist daher das End- ziel solcher Processe.. Ja man kann sagen, dass aller Thon auf Erden aus der Verwesung von oft complicirt zusammengesetzten Thonerdesilicaten hervorgegangen ist, mag er sich noch auf der Stätte seiner Entstehung befinden, oder durch fluthende Gewässer massenhaft nach andern Orten hin zusammen geschwemmt sein.“ Dass eine derartige, Thon als Endziel nehmende Zersetzung der Silicate auch im Spathsande irgendwie bemerkbar sein wird, liegt sehr nahe. Und in der That findet sich der so gebildete Thon zwar nicht an Ort und Stelle seiner Entstehung und so die ganze verwitterte Sandrinde in eine lehmige verwandelnd, wohl aber zusammen mit dem gleichzeitig gebildeten Eisenoxydhydrat in vereinzelten, meist der Schichtung parallelen braunen und gel- ben Lehmstreifehen, von selten mehr als 2 bis 3 Centimeter Stärke *) Die Umwandlungsprocesse im Mineralreiche Samml. wissenschaftlicher Vorträge von R, Virchow und Fr. v. Holzendorff, VI. Serie, Heft 136. [341] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. RT angehäuft. Es sind dies die, im gewöhnlichen Leben allgemein und ohne chemische Analyse auch von mir früher *) nur für An- häufungen von Eisenoxydhydrat gehaltenen und demgemäss als Roststreifen bezeichneten Streifen. Nach zwei unter No. 33 und No. 34 ın der Folge, in dem Abschnitte vom diluvialen Sandboden gegebenen Analysen beträgt der Thongehalt dieser Streifen in dem einen Falle (auf wasserhaltigen Thon berechnet) circa 5 pCt., in dem andern sogar etwa 8 pCt., während ein Vergleich mit Analy- sen des Lehmes lehrt, dass der Eisengehalt ein durchaus nicht ungewöhnlicher ist. Genügende, speciell auf diesen Fall gerichtete Analysen, welche auf Grund des chemischen Gesammtbestandes möglichst gleichartiger Diluvialsande nachzuweisen hätten, dass in dem Sande zwischen resp. über den Lehmstreifen ungefähr gerade so viel der zersetz- baren Bestandtheile fehlen, wie in den Lehmstreifen mehr vorhan- den sind, haben leider noch nicht ausgeführt werden können und betrachte ich die Frage mithin für nichts weniger als abgeschlossen. Eine gleiche Neubildung von Thon bez. dadurch entstehende Vermehrung des Thongehaltes muss naturgemäss ebenso dann auch bei der Lehmbildung des Diluvialmergels stattfinden. Dieselbe direct und unwiderleglich aus den Analysen nachzuweisen wird aber schon schwieriger, weil hier nicht nur ein schon vorhandener, noch dazu kleinen Schwankungen an sich unterworfener Thonge- halt zu berücksichtigen ist, sondern auch hier, wie schon oben (S. 73/74) angedeutet wurde, eine gleichzeitige und zwar seitliche Entführung von Thon den Effekt zu mindern, oder gar in das Gegentheil zu verkehren im Stande ist. Bei der besprochenen Bildung von Lehmstreifen im Diluvial- sande sahen wir Thon-Neubildung und mechanische Thon-Ent- führung gewissermaassen vereinigt, nur dass bei der Durch- lässigkeit des Sandes der entführte Thon nicht gezwungen wird seitlich resp. oberflächlich mit den Wassern zu entweichen, son- dern mit ihnen in die Tiefe sickern und hier sich aufspeichern kann. *) Diluvial-Ablagerung der Mark Brandenburg, S. 27, 7 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [342] Ein Gleiches findet aber auch sofört beim Diluvialmergel statt, sobald seine Mächtigkeit eine so geringe war, dass die Verwitte- rung, sei es nun überall oder nur stellenweise die ganze Schicht durchdrungen hat. In diesem Falle, wo kein intacter Mergel nach der Tiefe zu das Versickern der Tagewasser verhindert, nur der Lehm dasselbe erschwert, wird der mechanisch fortgeführte Thon- gehalt auch in verticaler Richtung, unter dem Lehm im Sande zu suchen sein. Dass er hier wirklich in dem beschriebenen Falle sich findet beweist ein jedes, derartige Lagerung klar legendes Profil. Ein solches lässt [wie z. B. das folgende, einer gegenwärtig offenen Grube am Rande des Grunewaldes entlehnte] unter den Punkten, wo die Lehmbildung die untere Grenze erreicht hat, stets .deut- lich eine durch Infiltration bewirkte Anbäufung des Thon- und Eisengehaltes zu sehr sandigem Lehm (e) erkennen. Die so ent- standenen Streifen von meist 1 bis 5 Ctm. Stärke laufen der Schich- tung parallel, beginnen sich aber sofort auszukeilen, wo der intacte Mergel die directe Zufuhr von oben verhindert. "02 @m-Oberer Diluvialmergel ds - Unterer Diluvialsand Bei den im Allgemeinen sich gleich bleibenden Grundbedin- gungen sind ähnliche Verwitterungsbildungen, wie sie das Diluvium zeigt, allerdings auch im Alluvium zu erwarten. Einmal die im Ganzen tiefe Lage, andrerseits der Mangel eines durchgehenden Kalkgehaltes und endlich das Hinzukommen bez. In-den- Vorder- grundtreten eines Humusgehaltes in diesen Bildungen ändert den- noch die Sachlage hier wesentlich. Die gegenüber dem Wasserspiegel heutiger stehender und fliessender Gewässer tiefe und. dadurch meist gleichmässig nasse a r ey gi PERLE, IE Eee RE EEE NEN FE Eee Tr er ur ; ch: wo“ enter: [343] "Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 79 Lage namentlich der Jung-Alluvialbildungen erhält dieselben in einem Zustande, welcher dem ihres Absatzes bez. ihrer Bildung unter Wasser noch sehr nahe steht und giebt somit weniger An- lass zu Veränderung derselben, ja schützt sie zum Theil gegen eine solche. Dagegen macht sich, zumal wo, wenn auch nur zeitweise, eine völlige Trockenlage mit der Feuchtigkeit wechselt, eine erheblich stärkere Verwitterung namentlich des auch hier fast in sämmtlichen Bildungen vorhandenen Feldspathes und an- derer Silicate geltend, in Folge des weniger in’s Gewicht fallenden, als durch seine feine Vertheilung doppelte Bedeutung erlangenden Humusgehaltes. Es geschieht dies unter Einwirkung sich bilden- der Humussäuren, welche gemeinschaftlich mit der Kohlensäure den Angriff ausführen. Aber diese Einwirkung ist in den meisten Fällen auch eine sich mehr oder weniger auf die Schicht in ihrer sanzen Mächtigkeit zugleich erstreckende. So erscheinen uns dann die Alluvialbildungen im Grossen und Ganzen, entweder ihrem Entstehen bez. den Bedingungen dessel- ben noch so nah, ja wohl gar noch im Entstehen begriffen, dass von einer wesentlichen Veränderung noch gar nicht die Rede sein kann; oder sie sind, gleichmässig von Wasser bez. von Humus durchsetzt, auch in ihrer ganzen Mächtigkeit mehr oder weniger gleichmässig verändert. Die Folge davon ist, dass in beiden Fällen die Schicht in ihrer ganzen Mäch- tigkeit auch die Oberkrume bildet und erst die darunter folgende, in ihrer Zusammensetzung mit der oberen meist ausser allem, wenigstens ursächlichen Zusammenhange stehende den nächsten Untergrund abgiebt. Darum aber ist eine nähere Beschäftigung mit den hier vor sich gehenden Veränderungen zum Zwecke der Kenntniss alluvialer Bodenverhältnisse auch weniger unbedingt erforderlich und kann diese durch die petrographische Charakteristik als bereits einiger- maassen erlangt betrachtet werden. Bei den sandigen Bildungen, namentlich dem Thalsande, sind derartige analytische Untersuchun- gen noch am ehesten erforderlich und auch bereits begonnen, wer- den aber klare Resultate erst in der Folge geben können. Gehen wir nach diesem Ueberblicke des Verwitterungsgan- s0 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [344] ges oder, was in diesem Falle dasselbe bedeutet, der Bodenbil- dung auf dem Quartär über zu den einzelnen Bodenarten der Gegend. Bodenarten der auftretenden Quartärbildungen. Von den im allgemeinen Theile (S. 66) unterschiedenen Bo- dengattungen haben wir es in der vorliegenden Gegend aus- nahmslos mit diluvialen und alluvialen Unterarten zu thun. So viel für den Anfang möglich war, ist die Beschreibung dersel- ben, namentlich auch betreffs ihrer Zugehörigkeit zu dem unzer- setzten oder weniger zersetzten Grunde, durch Analysen unter- stüzt, welche sämmtlich gleichfalls auf Untersuchungen basiren, wie sie von den S. 24 genannten Analytikern im pedologischen Laboratorium der geologischen Landesanstalt ausgeführt und in der dort und auf den folgenden Seiten angegebenen Weise von mir zu einer combinirten mechanisch-chemischen Analyse umgerechnet resp. verbunden worden sind. Bei den zeitraubenden Versuchen zur Feststellung einheitlich bei den Untersuchungen anzuwendender Methoden, sowie bei der Fülle des grade im Anfang sich bietenden Materials überhaupt, konnte die wünschenswerthe Vollständigkeit für jetzt kaum bei den am meisten charakteristischen Bodenprofilen erlangt, ja über- haupt erstrebt werden und ich verhehle mir gar nicht, dass die folgende Pedographie der Gegend noch eine sehr lücken- hafte Skizze ist und vielfach nur erst die Richtung anzu- deuten vermochte, in welcher die Untersuchung hier in der Folge weiterzuführen sein wird. Wirklicher Thonboden kommt in den neun nordwestlichen Sectionen gar nicht vor. Einige in der Karte sichtbare. Lager echter Thonbildungen, wie namentlich der Thonmergel auf Sect. Markau in der Niederung der äussersten südwestlichen Ecke des Blattes bei Etzin, ergeben sich bei genauerer Betrachtung als nicht an der Oberfläche liegend und somit auch nicht bodenbil- dend. Dasselbe gilt von dem diluvialen Thon bez. Thonmergel. Derselbe hat nur in schmalem Streifen am, Fuss des Hahneberg [345] Pedographbie der auftretenden Quartärbildungen. 81 bei Staaken (Sect. Rohrbeck) sein Ausgehendes, welches zumal von den abrutschenden Sandmassen der Höhe immer wieder ver- deckt wird. Lehmboden bez. lehmiger Boden. Der Lehmboden bez. lehmige Boden ist fast ausnahmlos be- schränkt auf die in der orographischen Beschreibung bezeichneten Plateaus, von deren Oberfläche er einen sehr grossen, wenn nicht den grösseren Theil einnimmt. Er findet sich daher auf sämmt- lichen Kartenblättern und schliesst sich hier durchweg an den Oberen-, in einigen Fällen (Sect. Cremmen, Oranienburg, Hen- nigsdorf und Spandau) auch an den Unteren Diluvialmergel an. Nur in wenigen Fällen ist er alluvialer Natur, indem er dem Wie- senthon resp. Wiesenlehm angehört, welcher einmal auf Section Linum, westlich genannten Ortes, das andere Mal auf Section Markau, östlich von Markee, ein hier wie dort innerhalb des Plateaus gelegenes Alluvialbecken ausfüllt, oder auch indem er als Abschlemm- masse einen Theil beispielsweise der von Etzin nördlich sich hinzie- henden Niederung erfüllt. In allen drei Fällen ist er zum Niede- rungsboden des Landwirths zu rechnen, liegt aber zum grössten Theile hoch genug, um, in Folge davon genügend entwässert, zum Ackerbau dienen zu können. Der sämmtliche erstgenannte Lehm- bez. lehmige Boden ist dagegen ausnahmslos sogen. Höhenboden des Landwirthes. Ein ausgesprochener Lehmboden tritt in der in Rede ste- henden Gegend nur ganz vereinzelt und stets in geringer Ausdehnung auf, so dass er unter den für das betreffende Blatt charakteristi- schen Bodenprofilen auf dem Rande desselben nur einmal (auf Blatt Markau SL und en) eine Stelle gefunden hat. Trotz dieser geringen räumlichen Ausdehnung lassen sich mit Entschieden- heit zwei Arten desselben unterscheiden, alluvialer und diluvialer Lehmboden. = Alluvialer Lehmboden. Alluvialer Lehmboden findet sich in dieser Vereinzelung in beiden so eben schon genannten Alluvialbecken einerseits auf Blatt 6 92 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [346] Linum, westlich genannten Ortes und ebenso auf Blatt Markau östlich des Dorfes Markee. In beiden Fällen bildet er die zwischen 3 und 8 Decimeter schwankende Verwitterungsrinde des dortigen Wiesenthones und Wiesenlehmes, aber auch nur an einigen Stellen, welche der Uebersichtlichkeit halber gar nicht besonders durch das ıhn bezeichnende Buchstabenprofil = oder = in der Karte selbst bezeichnet wurden. Andrerseits kenn- x A A. s : zeichnet ihn das Pofil in dem nördlich von Etzin (Sect. Markau) sich hinziehenden Theile einer schmalen Niederung, in welcher Wiesenlehm als directe Abschlemmmasse lagert; oder HSL 11 SL auch das Profil in den Abschlemmmassen bei Lietzow (Section Nauen). Eine besondere Analyse eines alluvialen Lehmbodens ıst bei ’ dieser für die Gegend verhältnissmässigen Seltenheit nicht ausge- führt worden. Diluvialer Lehmboden. Diluvialer Lehmboden, näher bezeichnet durch die Profile oder N findet sich in der Gegend von Markee und SM SM = Markau sowie nördlich Etzin (sämmtlich auf Sect. Markau). In andern Sectionen erscheint er nur so vereinzelt und von so gerin- ger räumlicher Ausdehnung, dass er durch besondere Profilein- schreibung, ohne der Klarheit der Karte Eintrag zu thun, nicht gut angegeben werden konnte. Dennoch ist gerade ein derartiges Profil echten Lehmbodens vom Plateauabhange der Gegend von Velten (Section Oranienburg) zur Analyse gewählt worden, weil dasselbe insofern geeigneter ist zum allgemeineren Beispiel eines echten Lehmbodens zu dienen, als der Lehmboden hier eine directe Folge des grösseren Thongehaltes der ursprünglichen Schicht und nicht, wie in den andern hiesigen Fällen Folge davon ist, dass der oberste Theil der Verwitterungsrinde bereits durch Abschlem- mung fortgeführt worden ist. [347] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 853 Boden-Profil No.9. Lehmboden des Unteren Diluvialmergel der Gegend von Velten (Sect. Oranienburg). BR 10 N Tnonerde| Quarz mit Feldspath Kohlensaurer Kalk silikat Mächtig- | ar und anderen Silikaten event. mit kohlens. Magnesia nt a = haltig keit in E über = 29- unter über 2- unter unter a Metern >, 2 mm | 0,05 mm 0,05 mm 9 mm 0,05 mm 0,05 mm 0,01 mm {=} © . =" D ae \ ın plast. E a Grand Sand | Staub Kalkkörnern Kalkmehli Thon 7) 87,7 118 99,0 0,2-0,3 |SL 377 | | 33,1 x 11,3 75,4 DT et 0,2 L a _ | 28,2 | 47,2 | 57,9 28,3 . 11.9) 98,1 ca. 2,0 |M 05 | 130 | 44,4 0,5 | 3,5 | 94,3 | 119 Aesronomisch wichtige Bestandtheile in den feinsten Theilen (unter 0,01 Millimeter) in Procenten des Gesammtbodens. im ursprüng- in der Verwitterungs- Pendmels lichen Gestein rinde tieferer Untergrund Untergrund Oberkrume Thonerde . 5,90 10,02 Sg Eisenoxyd 2,17 4,26 1,67 Kalkerde . ID 0,57 0,23 Kohlensäure . 7,38 — — Kali 2,12 2,40 1,39 Phosphorsäure . 0,05 0,10 0,05 Glühverlust exel. Kohlensäure . 2,30 3,46 2,49 Kieselsäure und nicht Bestimmtes 23,90 35,20 22,28 Summa der feinsten Theile 53,10 56,00 33,30 6° 84 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [348] In der zweiten der vorstehenden Tabellen sind als der für die Pflanzenernährung zu allernächst in Betracht kommende Theil des Bodens die feinsten abschlemmbaren Theile bis zu der Korn- grösse von 0,01 Millimeter, d. h. sämmtlicher plastische Thon und ein Theil des Staubes (bezw. des Kalkmehles) einer besonderen chemischen Analyse unterworfen worden, welche mit der Gesammt- analyse in innigster Uebereinstimmung stehende Resultate ergab. Ein zweites zur näheren Untersuchung genommenes Profil echten Lehmbodens No. 6 gehört gleichfalls, wie das vorige, dem Unteren Diluvialmergel an, entspricht aber schon mehr den von Section Markau erwähnten Bodenprofilen, indem auch hier der oberste Theil der Verwitterungsrinde durch die Lage am entschie- denen Plateauabhange bereits fortgeschwemmt ist. Boden-Profil No. 6. Lehmboden des Unteren Diluvialmergels der Gegend von Vehlefanz (Sect. Cremmen). >) Mäch- tigkeit in Metern 0,2 1,5 + *) Das Zeichen + hinter einer Zahl bedeutet, dass die Mächtigkeit grösser aber nicht w s Thonerde- Quarz mit Feldspath Kohlensaurer Kalk silikat 80 und anderen Silikaten event. mit kohlens. Magnesıa | W@SSer- Berndt S haltig ZUIEIE Sl über DZ unter über 2= unter unter: | kuncen 3 9 am 0,05 mm 0,05 mm 9mm 0,05 mm 0,05 mm 0,01 mm = S i in plast. a Grand | Sand Staub Kalkkörnern Kalkmehl}| Thon 95,3 4,8 SL a — > 9,4 | 71,0 | 21,9 4,8 L 91,9 RT 7,83 Sa | © 1,8 Probe aus 74,1 17,4 7,9 6 dm. M Tiefe von der Ober- 0,8 | er | a1 | 04 Dass er] rn | a 1m | a. ermittelt ist. = [349] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 85 Agronomisch wichtige Bestandtheile in den feinsten Theilen (unter 0,01 Millimeter) desselben Bodenprofiles. im ursprüng- in der Verwitterungs- $ lichen Gestein rinde ; Bestandtheile Bemerkungen tieferer Untergrund | Untergrund | Oberkrume ihonerdern . =. 8,67 3,61 2,21 Errenowyd . u... 1,42 1.72 0,90 Kalkerder. . . „u... 4,60 0,31 0,25 Kohlensäure . „2. , HE — Zi *) ent- : | sprechend Kal. 02 ea 0,96 0,88 0,56 SR) elle Phosphorsäure . . . . 0,08 | 0,06 0,06 saurem Kalk. Glühverlust excl. Kohlen- Rn (2 sa a 1,37 | 31 2,39 Kieselsäure und nicht Be- Summen 0.0. 11,59 12,91 1,94 Summa der feinsten Theile 27,20 20.8000 14,50 Die Resultate dieser Analysen diluvialen Lehmbodens hän- gen so eng zusammen mit denen des sogleich zu erörternden lehmigen Bodens aus dem Diluvium, dass ein näheres Eingehen auf dieselben, welche hier wie dort geeignet sind, namentlich ‚auch auf den Hauptgang der Verwitterung des Diluvialmergels einiges Licht zu werfen, bis dahin vorbehalten bleibt. (S. 91.) Lehmiger Boden. Auch beim lehmigen Boden unterscheidet man zunächst dilu- vialen und alluvialen lehmigen Boden, je nachdem er Verwitte- rungsrinde einer diluvialen oder alluvialen Schicht ist. Wegen des soeben angedeuteten Zusammenhanges mit dem echten Lehmboden des Diluviums möge ersterer zunächst folgen. Der diluviale lehmige Boden. Den lehmigen Boden des Diluviums bezeichnen die weit häu- figeren, auf allen Sectionen reichlich vorkommenden Profileinschrei- LS3—10 185—11 SL.’ SL u. s. w. oder mit noch leichterer bungen 86 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [350] SLS4—10 SLSI—12 Öberkrume SL SL u. s. w. in einigen Fällen auch in welche durchweg vervollständigt werden können [wie in der Karte durch die den Diluvialmergel als intactes Gestein resp. tieferen Untergrund bezeichnende Farbenreissung hinlänglich ersichtlich ist] in: Is sus SL oder SSL SM SSM. Es ist solche directe Bezeichnung des in der Tiefe gefundenen intacten Mergels durch die Profileinschreibung jedoch nur in ein- zelnen besonderen’ Fällen erfolgt. So findet sich z. B. auf Sect. Markau .nördlich Dyrotz, wo der Mergel besonders flach gefunden wurde, die Einschreibung: LS5 SL 2 SM oder im Gebiete der Reste Oberen Diluvialmergels, wo sein Vor- handensein überhaupt eine Seltenheit ist, auf Sect. Rohrbeck nörd- lich des Höllenfenn, nordwestlich Döberitz die Bezeichnung LS 6 SL5 a und endlich auf demselben Blatte am Hahneberg bei Staaken, wo der auffallende Sandgehalt der Oberkrume wie des nächsten Un- tergrundes die Erhaltung des intacten Mergels ebenfalls fraglich machte, das Profil: SLS 5 SSL 7 SSM. Zur genaueren Untersuchung sind als das bei Weitem häu- figste Vorkommen guten Ackerbodens auf den Plateaus 4 Profile gewählt von der Bezeichnung = Sämmtliche Profile gehören dem Oberen Diluvialmergel an. [351] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 87 Lehmiger Boden des Oberen Diluvialmergels. om Quarz mit Feldspath Kohlensaurer Kalk TEOnen: Mächtig- | und anderen Silikaten event. mit kohlens. Magnesia | Wwasser- B.. = haltie Bemer- keit in | 3 N R: £ “Der 5 5 ‘= über 2 unter uber Da unter unter Keen Metern = 9m 0,05 mm 0,05 mm 9 mm 0,05 mm 0,05 mm 0,01 mm Oo S i ; in plastisch. ee) Grand Sand Staub Kalkkörnern Kalkmehl!| Thon No. 7. Der Gegend von Schwante. Sect. Cremmen. 96,6 3,3 0,2-0,7 | LS an . Oberkrume 9,3 | 78,4 | 15,9 3,3 | $ 5 Nächster 03-0.6 | SL 94,4 3 9,9 | Untergrund a: berechnet 1,5 | 70,9 | 23,0 55 | 9,6 7,6 10+ |sm 83,1 10,3 6,8 Tieferer Untergrund | 1,4 | 62,1 | 19,6 Ve 6,8 97,9 > 0,3-0,8 | LS b ze E 1,4 | 87,1 | 9,4 2,1 03-05 | SL 9,1 m 3) berechnet 89,4 9,4 | 2,9 | 64,2 | 23,0 9,9 | 80,0 8,4 10-+ |sM 102 De ae | 8,4 No. 20. Der Gegend östlich Marwitz. Sect. Marwitz. 96,2 Os 0,5 LS — Oberkrume 2,2 | 31,8 | 12,2 5,7 N ER ER TI ETF 88,9 10,6 Nächster ? SL ID 15% | 70,2 | 17,0 10,6 Untergrund Probe fehlte 88 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [352] Thonerde- Quarz mit Feldspath Kohlensaurer Kalk silikat Mächtig- &0 und anderen Silikaten event. mit kohlens. Magnesia | WASSer- Br B keitin 8 | . i Dr = 3 über - | unter über | - unter unter Metern = zZ DT rn er ee LEE S ; f in plastisch. fi) Grand au Staub Kalkkörnern Kalkmehl| Thon No Der Gegend von Birkenwerder. _Sect. Hennigsdorf. 0 | 97,8 22 | 30 | 843 | 10,5 9,2 )0,6 LS — 5) 98,9 1,8 a > | 10,6 1,8 93,5 5,8 0,3 SL < — 13 un [a 5,8 86,5 9,5 4,0 ca. 1,0 | SM SE Mr LE a 26 4,0 Charakteristisch ist für derartige Profile, ausser der schon S. 70 gegebenen, die nebenstehende bildliche Darstellung von einem kleinen Theile der Wand einer der grossen zum Ziegeleibetriebe _ eröffneten Gruben in Birkenwerder (Section Hennigsdorf). Auf der die Oberkante bildenden Ackerkrume (a,) stand im vergangenen Sommer ein üppiges Roggenfeld. Der übrige Theil der aus lehmigem Sande gebildeten Oberkrume, der Ackerboden, (a) war, was übrigens keine Seltenheit, wie zur Veranschaulichung des, auch für die Pflanzencultur so wichtigen physikalischen Unterschiedes beider Theile bez. Stufen der Verwitterungsrinde, in seiner gan- zen Mächtigkeit bis hart an die Grenze der Lehmrinde von Nestern der Erdschwalben und den unzähligen Zugängen dersel- ben überall durchlöchert und schon aus grosser Entfernung kennt- lich. Der unter dem Lehme folgende intacte Mergel zeigt an dieser Stelle zugleich Spuren von Schichtung, welche aber — wie ebenfalls in der Zeichnung angedeutet ist — vollkommen gradlinig ‚unge verlaufend zuweilen durch die Wellenlinie der Lehmgrenze scharf 2 abgeschnitten erscheinen. Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 89 [353] pIoN 2 *(JOpsstuusrff 9098) AEpIemuoyug [SZ AOP oqnız ur puemjos.TowperAngset Wp | ee, R \ “unayıoyovy !» Jayagjuonjemuas & aqeyasag &, a „ 90 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [354] Die Menge des in diesem Boden und in seinem Untergrunde zu allernächst zugänglichen mineralischen Nahrungsstoffes giebt die in folgender Tabelle zusammengefasste chemische Analyse sämmtlicher bei der Abschlemmung sich ergebenden feinsten Theile. E Agronomisch wichtige Bestandtheile in den feinsten (unter 0,01 Millimeter) Theilen (Thon, Kalkmehl, Quarz- und sonstiger Gesteinsstaub). No.7 No. 14 Schwante Grünefeld (Callin) | e | ursprüng- in der 4 in der Bestandtheile lichen Verwitterungs- Ur- | Verwittterungs- Gestein | de gestein Bde tief tief es Unter- Ober- Unter Unter- Ober- grund grund krume grund grund krume Thonerde ..... 250 | 218 | 1229| 335 | 395 | 084 Eisenoxyd ..... 122 1,54 0,61 1,61 1,83 0,36 Kalkerde. ...0.. 107 Spur Spur 3,26 0,23 0,04 Kohlensäure... . 1,42*) —. — 1,98}) gen ® Kalle. lea ne 0,61 0,67 0,44 1,03 0,97 0,25 Phosphorsäure ..| 0,04 0,07 0,04 0,05 0,06 0,01 Glühverlust excl. Kohlensäure ... 0,94 1,05 1,37 1,52 1,49 0,34 Rest, der Haupt- | sache nach Kiesel- 5 säure (Quarzmehl) 9,30 7,99 7,25 12,20 11,58 4,35 Summe der feinsten heile se 17,80 13,50 | P | entspricht3,24kohlens. Kalk | }) entspricht4,51 kohlens. Kalk. 10,00 | 25,00 | 20,10 20 [355] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. No. 20. No. 23. 93 Oestlich Marwitz in der ä Verwitterungs- Bestandtheile Finde Unter- Ober- grund krume Iihonerde ...... 4,20 1,45 Eisenoxyd...... 1,85 0,69 Ralkerde......« Spur 0,02 Kohlensäure... . En = all er 0,37 0,44 Phosphorsäure. . . 0,06 0,05 Glühverlust excl. Kohlensäure .. 1,71 1,19 Rest, vorwiegend Kieselsäure (Quarz- meh)... 11,51 7,97 Summe der feinsten heller... 20,20 11,50 Birkenwerder im Ur- gestein tieferer Unter- grund 1,59 0,71 1,92 1,40*) 0,48 0,06 0,62 15,00 Unter- grund 2,32 1,08 Spur 0,60 0,05 0,88 8,28 15,20 in der Verwitterungs- rinde Ober- krume 0,72 0,27 Spur 0,21 0,04 0,29 5,40 Acker- krume 0,87 0,30 Spur 6,20 *) entspricht 3,07 kohlens. Kalk Bei einem Blick auf die vorliegenden Gesammtanalysen des diluvialen Lehm- bez. lehmigen Bodens und seines Untergrundes resp. Urgesteins S. 83ff., erhellen zunächst in der Richtung von unten nach oben, d. h. vom ursprünglichen Gestein bis hinauf in die ÖOber- bez. Ackerkrume folgende Veränderungen: Der Sandgehalt nimmt in allen Fällen beständig zu. Der Staubgehalt steigt zunächst namhaft und fällt dann noch bedeutender. Der Thongehalt zeigt in den meisten Fällen ein gleiches Steigen und Fallen und nur in einigen Fällen statt des Steigens entweder ein Stillstehen oder doch geringes, dann aber ein namhaftes Fallen. Der Kalkgehalt verschwindet in allen Fällen völlig und zwar plötzlich, 92 x Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [356] Ganz in Uebereinstimmung damit zeigen auch die chemischen Analysen der feinsten abschlemmbaren Theile (unter 0,01 Milli- meter) bei Thonerde, Kali und Phosphorsäure sowie beim Glühverlust in den meisten Fällen dasselbe Steigen und Fallen; beim Eisenoxyd desgl. sogar in sämmtlichen Fällen ausnahmslos; \ bei der Kieselsäure (bez. Quarzmehl) eine beständige Zunahme; bei der Kohlensäure ein völliges und zwar plötzliches Verschwin- den und bei der Kalkerde zwar nicht das gleiche Verschwinden, aber eine ebenso plötzliche Verminderung bis auf eine Spur. | Dieses Ergebniss der Analysen entspricht vollkommen dem Gange des Verwitterungsprocesses, wie er S. 7Off. in der Haupt- sache schon angedeutet wurde. In Folge der dort als Beginn desselben geschilderten Entkal- kung fehlt der kohlensaure Kalkgehalt in der gesammten Verwit- terungsrinde und zwar ganz ohne allmäligen Uebergang. Der in der chemischen Analyse der feinsten Theile noch nachgewiesene verhältnissmässig äusserst geringe Gehalt an Kalkerde stammt aber, wie der völlige Mangel an Kohlensäure beweist, nicht von kohlen- saurem Kalk, sondern aus der bewirkten Zersetzung der im Ge- steinsstaub enthaltenen verschiedenen Silicate. Aus dieser Entziehung des namhaften kohlensauren Kalkge- haltes folgt aber naturgemäss von selbst eine. entsprechende nicht unbedeutende Erhöhung der Procentzahl sämmtlicher anderer Be- standtheile in dem übrig bleibenden Verwitterungsprodukte — dem Lehm.. Ja man kann diese Erhöhung des Procentgehaltes, dieses veränderte Verhältniss von Sand, Staub und Thon in dem Rück- standsprodukte, da man den verloren gegangenen Kalkgehalt kennt, geradezu berechnen und erhält, wie die folgende Tabelle zeigt, ein in der That mehr, als bei einem so gemengten Gebilde zu erwarten war, der Wahrheit sich näherndes Ergebniss. [357] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 93 Durch Analyse Aus dem Urgestein Lehm 3 Bundeort gefunden berechnet des Sand | Staub | Thon | Sand | Staub | Thon Or Schwanten ir... 25421722,.0 Aula 6932 093.4 7,6 Diluvial- Callın b. Grünefeld | 67,1 | 2a ER IR GAS | 23:8 9,4 Mergel Birkenwerder... | 734 | 20,1| 58| 784 | 216 | 44 Unteren Velten... 2 2... 2 | Aa Dar | Se er er Diluvial- | | Mergel Vehlefanz .....1 62,6 | 29,3 1.3212.6056 | 2923 9,6 Lässt man den Lehm von Velten, dessen am meisten abwei- chende Ergebnisse wahrscheinlich mit der aussergewöhnlichen Höhe des ursprünglichen Kalkgehaltes und dem Missverhältnisse zwischen Thon- und Kalkgehalt in Verbindung stehen, vor der Hand ausser Betracht, so kann man geradezu sagen, dass Sand und Staubge- halt bei Analysen zweier gesondert entnommener Proben ein und desselben Lehmes nicht genauer übereinzustimmen pflegen, als hier Berechnung und thatsächlicher Fund es thun. Die meiste Abweichung zeigt sich noch im Thongehalte, da dieselbe gar nicht im Verhältniss steht zu der relativ geringen Menge des Thongehaltes überhaupt, vielmehr durchschnittlich etwa ebenso viel beträgt als bei dem die Hauptmasse bildenden Sand und Staub zusammen genommen, wie gleichfalls aus einer tabella- rischen Zusammenstellung am deutlichsten erhellen wird. Gefundene Menge Abweichung ee des Tiehmes des der berechneten Zahlen h Sand+ Staub Thon An a, beim Thon Sehwanten 2 nr... 94,4 4,7 — 99 + 2,9 Callin (b Grünefeld) . . 90,1 989) + 1,5 — 0,5 Birkenwerder . . .. 93,5 5,8 + 2,1 — 1,4 Melener ene r, en 75,4 ST, + 5,0 — 5,0 Nehlefanz.. °. 2... 359 7,8 — 21 + 1,8 Im Durchschnitt 89,1 10,0 | 2,6 2,3 94 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [358] Diese verhältnissmässig viel bedeutendere Abweichung des Thongehaltes, wenn sie auch nicht gleichmässig ein Mehr oder ein Weniger erkennen lässt, scheint dennoch nicht zufällig zu sem. Es ist zur Zeit zwar noch nicht möglich gewesen, mit Sicherheit den Grund derselben nachzuweisen und muss solches vorbehalten bleiben bis eine grössere Reihe vorliegender Analysen sicherere Schlüsse erlaubt; äusserst wahrscheinlich wird es jedoch, wenn man die Lehmstreifenbildung im entkalkten Diluvialsande und den Thongehalt der verwitterten Grande betrachtet (S. 75 f£.), dass diese Unregelmässigkeit, in den meisten Fällen sogar geradezu dieses Mehr des Thones in der Wirklichkeit gegenüber der Be- rechnung, in engem Zusammenhange steht mit der stattgefundenen Neuproduction von Thon als Endziel der Verwitterung der thon- erdehaltigen Silicate. Gemäss der S. 73 beschriebenen, gleichfalls aus der Ent- ziehung des kohlensauren Kalkes folgenden mechanischen Locke- rung und demnächst wieder stattfindenden auch mechanischen Fort- führung ungelöster, im Wasser nur leicht suspendirbarer feinster Theilchen, zeigt nun die Analyse der Oberkrume des Weiteren eine sehr merkliche Verminderung nicht nur des Thon- sondern auch des Staubgehaltes und bedingt solches wieder naturgemäss von selbst eine entsprechende merkliche Erhöhung des Sandge- haltes, wıe eben die Zahlen deutlich beweisen. Ausserordentlich lehrreich ist für diese mechanische Fortfüh- rung der Feinerde (des Thones, wıe des Staubes) ein Profil, das durch einen von dem Dorfe Rohrbeck zum Plateau hinaufführen- den Hohlweg blosgelegt ist. Die nebenstehende Zeichnung (Fig. 10) veranschaulicht die dortige Lagerung. 2 Der Weg schneidet hier durch eine circa 2 Meter mächtige Auf- resp. Anlagerung ursprünglich Oberen Diluvialmergels bis in den Spathsand des Unteren Diluviums, welcher sich weiter zum Plateau hin, wie zu ersehen, unter der Mergel- jetzt Lehmdecke heraushebt und die Oberfläche bildet. Die atmosphärischen Niederschläge wirken auf dieses Bruch- stück einer ehemaligen Mergeldecke, wie leicht erhellt, einsickernd nicht nur von oben, sondern auch seitlich resp. von unten durch Bun [359] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 95 die in den Sand (zur Rechten des Beschauers) direct eindringen- den Wasser. Fig. 10. GGG GT, GE GE: TG [ GGG, S SM SL 5 Spathsand. om Reste des Oberen Diluvialmergel. Der ursprüngliche Kalkgehalt oder doch ein Theil desselben findet sich daher auch nur noch in meist linsenartigen Partien etwas über dem unteren Rande, während das Gestein im Uebrigen schon gänzlich in sandigen Lehm umgewandelt ist, welcher, in Folge dieses doppelten Angriffes der Tagewasser, an der Ober- fläche zu einem schwach lehmigen Sande und gleicher Weise von unten zu einem sehr sandigen Lehm ausgewaschen ist, wie die Zeichnung schon erkennen lässt und die folgende Analyse zahlen- mässig beweist. 96 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [360] Boden-Profil No. 30. Lehmiger Boden des Oberen Diluvialmergels (Reste) der Gegend von Rohrbeck (Section Rohrbeck). i Thonerde- Mäch- Quarz mit Feldspath silikat Be- S 1: Kohlen- | wasser- Balken und anderen Sılikaten e - zeich- saurer ‚ haltig Bemerkungen In o| über 2- unter Kalk unter = Metern | 22 9 mm 0,05 mm (u m 0,01 mm E Grand | Sand | Staub Plast.Thon 2 98,9 0,6-1,0 | SLS BAR —_ 1,0 99,9 5 | 856 78 | | 932 An Stellen 0,5-1,5 | SL >= 6,1 findet sich | 99,3 | | zwischen SL | 1,0 | U | { 14,3 und SSL noch erhaltener SM |" 97.0 (sandiger 0,5 | SSL . — 2,9 Mersel) 99,9 Vasen 028 i 100,0 10+| 8 — — 100,0 | = | 996 | 04 Wenn nun auch wirklich, wie bei der unausgesetzten und allseitig wirkenden Verwitterung kaum bezweifelt werden kann, ja aus der völligen Zersetzung der Kalkkörnchen und Kalkstein- chen, welche in der Hauptsache sämmtlich ein ganz Theil kiese- lige oder thonige Beimengung enthalten, angenommen werden muss, dass gleiehzeitig auf Kosten des Sandes der Staub oder der Thon, auch wohl beide, eine gewisse Zunahme erfahren werden und zwar in jedem der unterscheidbaren Verwitterungsprodukte, so scheint dies doch gegenüber der Wirkung der mechanischen Auswaschung zu gering zu sein, als dass auch solches zahlenmässig aus den Analysen sich nachweisen liesse. Es könnten auch über- haupt nur daraus entstehende Ungleichmässigkeiten im günstigsten Falle festgestellt werden, weil ja bedacht werden muss, dass die [361 ] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 97 beim Sande, auf genannte Weise entstehende procentische Verrin- gerung aus dem Grande, beziehentlich bei diesem aus dem immer noch [zwar nicht in der kleinen Probe, aber in Natur] vorhan- _ denen gröberen und gröberen Materiale ebenso gleichzeitig Ersatz findet. Nur im Thone, der mechanisch und chemisch gewisser- maassen als Endprodukt anzusehen ist, könnte die hier sich an- häufende Verwitterungswirkung etwa nachweisbar sein und scheint eben darauf hin schon die oben (S. 93) constatirte auffällige Ab- weichung nur des Thones bei der berechneten und der wirklichen Analyse hinzudeuten *). | Dass eine solche Neuproduction plastischen Thones als Endproduct der Zersetzung verschiedentlicher Thonerdesilicat- Verbindungen aber in erhöhtem Maasse unter Einfluss des den Boden bearbeitenden Menschen in der Ackerkrume stattfindet, dafür scheint die im Bodenprofile No. 23 (S. 88) noch hinzuge- fügte Analyse auch der Ackerkrume einen deutlichen Beweis zu liefern, denn der schon auf 1,8 pCt. gesunkene Thongehalt erhebt sich in der Ackerkrume wieder zu 2,2 pÜt., ein Beweis, dem aber in seiner Vereinzelung natürlich noch kein grosser Werth beige- messen werden kann "”). Ein Gleiches lässt aber auch die weiter unten (S. 103) ge- gebene Analyse des Bodenprofils No. 5, eines echten altalluvialen Sandbodens und ebenso das Profil No. 11 S. 102, eines jung- alluvialen Sandbodens, aus der namhaften Erhöhung des Staub- gehaltes vermuthen. *) Der Thon ist nämlich und konnte, als wirklich ausgeschieden vorhanden, auch überall nur bestimmt werden aus den ihn enthaltenden feinsten Theilen (unter 0,01 Millimeter). Von diesem gefundenen Thongehalte des Mergels ist zu- nächst auch nur die Berechnung des entstehenden Lehmes ausgegangen, während in Wirklichkeit der Lehm auch denjenigen Thongehalt noch ausgeschieden ent- hält, welcher etwa in den zersetzten unreinen Kalksteinchen und Körnchen ent- halten war, worauf in der Folge die Untersuchung jedoch ebenfalls gerichtet wer- den kann. **) Hier beginnt so recht eigentlich das Gebiet der Agrieulturchemie, der es obliegt, in dem bestellten Boden die durch die Pflanze einerseits und durch die helfende Hand des Menschen andererseits erzielte weitere Veränderung des von der Natur gelieferten Bodens festzustellen. 98 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [362] Der alluviale lehmige Boden. Den alluvialen lehmigen Boden bezeichnet zuweilen dasselbe auf diluvialer Lagerstätte so häufige Zeichen = wie beispielsweise SL in dem kleinen Alluvialbecken der Birkhaide auf Sect. Markau LS 4—12 LS 4— 3 TE SEHE oder in der Form von ange ten gleichen Becken bei Linum (Sect. Linum). In bei Weitem den meisten Fällen deutet die Bezeichnung jedoch auf einen schon in dem schon genann- namhaften Humusgehalt. So finden wir z. B. die Bezeichnung HLS 4—8 SL Etzin in Abschlemmmassen und wiederholt sich diese Bezeichnung auf Section Markau südlich des Thyrow-Berges bei mit verschiedener Mächtigkeitszahl mehrfach in den von Ab- schlemmmassen ausgefüllten rinnen- oder beckenartigen Senken z. B. auf Blatt Cremmen. An solchen Stellen finden sich ande- rerseits auch complicirtere Profile wie: HLS 7 HSLS 10 LS2 und HLS8 se SL südlich Lietzow (Section Nauen) und hätten ähnlich in den mei- sten Sectionen wiederholt werden können, wenn die örtliche Aus- dehnung solchen Terrains nicht meist zu gering und die Klarheit der Karte dadurch in Gefahr gerathen wäre. Eine besondere Analyse alluvialen lehmigen Bodens ist aus dem ersteren Grunde denn auch seither nicht ausgeführt worden. Eine solche hat überhaupt innerhalb von Abschlemmmassen an sich nur einen meist ganz localen Werth, da diese Abschlemm- bez. Abrutschmassen in Folge ihrer Entstehung (s. S. 56) als ver- schlemmte und nur in tieferem Niveau geschichtet oder unge- schichtet allmälig zusammengetragene Oberkrume (somit auch Acker- krume) ganz verschiedener Schichten auch sehr verschieden bez. sehr willkürlich in ihrer Zusammensetzung wie Lagerung erschei- nen müssen. Es wird das um so mehr der Fall sein, als einer- seits durch die Mengung verschiedener Oberkrumen, andererseits De "r 7 Pr [363] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 99 durch die Sonderung grade jeder einzelnen in ihre Bestandtheile, wiederum eine neue Reihe ziemlich willkürlicher Bildungen zu Stande kommen muss. Sandboden. Echter Sandboden kommt im Bereiche der neun Sectionen verhältnissmässig recht häufig vor. Er vertheilt sich verschiedentlich, sowohl auf die Plateaus, wie auf die Thalsohlen und ist demgemäss also theils Höhen- theils Niederungsboden des Landwirthes. Im ersteren Falle schliesst er sich entweder an diluviale Sande der Plateaus (an unteren Dilu- vialsand auf Blatt Spandow, Rohrbeck, Markau, Hennigsdorf und Oranienburg; an oberen Diluvialsand auf Blatt Markau, Cremmen ‚und zum Theil auch noch Oranienburg) oder an Flugsande, welche theils auf die Plateaus hinaufgeweht sind, theils innerhalb der Thal- flächen Anhöhen bilden (so auf sämmtlichen Blättern mit alleiniger Ausnahme von Markau). Im anderen Falle aber gehört er haupt- sächlich zum Thalsande, welcher die alte bez. höhere, S. 20 als meist zwischen den Höhencurven von 105 und 120 Fuss liegend bezeichnete Thalsohle bildet (Beispiele finden sich auf sämmtlichen neun Blättern). Nur in wenigen Fällen gehört er zum jungallu- vialen oder Flusssande, jedoch finden sich Beispiele auch hiervon auf fast allen Blättern. Es bezeichnet den Sandboden zunächst in seiner extremsten Form das Profilzeichen $., was so viel bedeutet, als: bis zu einer Tiefe von mindestens 15, meist aber 20 Decimeter, je nachdem ‚gebohrt worden ist, ist kein anderer Untergrund zu finden. An und für sich kann dieses Profil, wie ein Blick auf die den Karten randlich beigefügten Bodenprofile beweist, sowohl einer diluvialen, wie einer alluvialen Schicht angehören, z. B. dem Unteren dilu- vialen Sande ds (Section Rohrbeck und Markau) oder dem Dünen- sande as, oder auch dem Flusssande as (beides auf Section Mar- witz). Ja es kann dies einfache Profil $ sogar in sich zwei ver- schiedene Formationen oder Formationsabtheilungen vereinen, wie z. B. Dünensand «as über Thalsand as (Section Cremmen und Rohrbeck); oder andrerseits Dünensand as über Unterem Diluvial- 7= 100 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [364] sand ds (Section Linum). Eine nähere Charakteristik dieses Sand- bodens und noch mehr der durch humose oder thonige, zuweilen, jedoch selten, auch kalkige Beimengung dem reinen Sandboden sich anschliessenden Sandbodenarten ıst daher wieder nur möglich im Anschluss an die einzelnen Gebilde der verschiedenen Forma- tionen bez. Formationsabtheilungen. Der alluviale Sandboden. Der Jung-Alluvial- oder Flusssand lagert trotz, oder wenn man will grade wegen seines geringen Alters ziemlich selten im Bereiche der Karte derartig an der Oberfläche, dass er unmit- telbar bodenbildend auftritt. Da er der Absatz noch heute fliessen- der oder stehender Gewässer ist, so hat er, soweit er nicht über- haupt noch beständig unter Wasser sich befindet, doch in den. meisten Fällen eine Periode durchgemacht, in welcher er lange Zeit des Jahres vom Wasser wieder bedeckt sich mit einer Sumpf- resp. Torfvegetation überzog und unter mehr oder minder starker Zufuhr neuen Sandes eine mehr oder weniger mächtige, mehr oder weniger reine Decke von Torf oder Moorerde, auch wohl Moor- mergel erhielt, welche demnächst bei künstlich oder natürlich er- folgtem Abschlusse der Wasser die gegenwärtige Oberkrume, mit- hin keinen Sand- sondern entschiedenen Humusboden bildet. Nur wo eine solche Trockenlegung schnell genug erfolgte, giebt er heut zu Tage einen reinen Sandboden ab, dann aber auch in seiner ganzen Mächtigkeit und mehr oder weniger auch Ursprüng- lichkeit, wie solches oben S. 79 schon angedeutet wurde. Sein Un- tergrund ist dann erst die nächste, ın den meisten Fällen aber bei 1,5 oder 2 Meter noch gar nicht erreichte, geognostisch unterschie- dene Schicht und seine Bezeichnung in der Karte das einfache S. oder $15 oder $ 20 und, wenn der Untergrund getroffen S 10 — 20 SL und Staffelde auf Section Linum. Naturgemäss giebt es zwischen dieser Moor- oder Torfbildung über reinem Sande und dem reinen die Oberfläche bildenden Sande ist, beispielsweise wie in der Gegend zwischen Flatow auch Uebergänge, wo ın Folge einer beginnenden und durch neue Sand- [365] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 101 absätze stets wieder gehemmten Sumpfvegetation sich zwar kein entschiedenes Moor- und Torflager bildete, wohl aber ein humoser Sand, welcher demnächst als unterscheidbarer oberer Theil die Oberkrume des reinen Alluvialsandes abgiebt und diesen als Un- tergrund erscheinen lässt. Dass es dabei häufig, bei naturgemäss mangelnder analytischer Feststellung dem Gefühle überlassen bleibt, wo die Grenze zwi- schen sandiger Moorerde und humosem Sande zu ziehen, ändert an der Existenz dieser Grenze und Zugehörigkeit des letzteren zum Sande, der ersteren zur Moorerde, nichts. Ebenso wenig ändert hieran auch der Umstand, dass sobald dieser humose obere Theil des Sandes nicht mächtiger als 2—3 Decimeter ist, mithin Oberkrume und Ackerkrume völlig zusammen- fallen, in dem einzelnen Falle es nicht zu entscheiden möglich sein wird, ob oder wie weit die Humusmengung eine ursprüngliche, bei der Bildung der Sandschicht oder hernach durch die Beacke- rung ”) entstandene ist. Das Hauptergebniss bleibt immer, dass für die alluvialen und besonders jungalluvialen Sandprofile eine merklich humose Beimen- sung der Oberkrume charakteristisch ist. So finden wir Profile wie Fr —_ oder Z—— beispielsweise in der Gegend von Bötzow und im Brieselang auf Section Marwitz und ähnlich mehrfach im nördlichen Theile von Section Oremmen. Daneben auch in der Mächtigkeit von 3—6 schwankend das Zeichen = *) Es kommt hier sogar häufig der Fall vor, dass eine auf reinem Alluvial- sande in der beschriebenen Uebergangsperiode gebildete ganz geringe Moor- resp. Wiesendecke untergeackert gleich bei dem ersten Umreissen diese Mengung des Sandes mit Humus auf Tiefe des Pfluges zuwege gebracht hat. 102 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [366] Eine besondere Analyse eines solchen jungalluvialen Sand- bodens giebt z. B. das folgende Bodenprofil No. 11. Sandboden des Jung-Alluvium der Gegend am Lehnitz-See (Section Oranienburg). Mäch- Ge Bezeichnung jGrand| Sand Staub | Humus Bemerkungen Metern incl. Sand ist durchweg Thon unter 0,Jmm Thon zu 0,2 HS _ DT 33,9 3,0 ca. 1 pCt. zu schätzen Ackerkrume in 2,9 pCt. feinsten — Öberkrume Theilen. Thon nicht bestimmt, 15 + S — 98,8 1,0 — weil Summe der fein- sten Theile nur 0,5. Neben dem soeben als charakteristisch bezeichneten und er- klärten Humusgehalt, weist die Untersuchung auch eine recht nam- hafte Zunahme des Staubgehaltes nach, ja lässt sogar einen geringen Thongehalt in der Oberkrume vermuthen. Immerhin beweist diese Zunahme der mechanischen Zerkleinerung in der Oberkrume eine wahrscheinlich durch die Humussäure so beschleunigte stärkere Verwitterung, wie sie schon in der Ackerkrumebildung lehmigen Bodens von Profil No. 23 auffiel (s. S. 97). ; Dieselbe humose Beimengung, nur in der Regel in geringerer Menge, dafür aber meist auch auf grössere Tiefe hin, zeigt die Oberkrume des, den alluvialen Sandboden am häufigsten in der in Rede stehenden Gegend bildenden Thalsandes oder Alt- Alluvialsandes. Ob diese geringe Beimengung von Humus bis in Tiefen von 6—8 Decimeter, zuweilen selbst darüber, durchweg eine ursprüngliche ist, oder ob es die, durch die Wasser hinab- geführten Ueberbleibsel einer, zur Zeit grösserer anfänglicher Tiefenlage vorhanden gewesenen üppigeren Vegetation bez. einer dünnen Moor- oder Wiesendecke, oder, wie auch schon vermuthet, [367] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 103 einer Haidekrautdecke sind, bleibt noch eine offene F rage. Das Hauptergebniss ist auch hier, dass eine humose Oberkrume be- steht, welche schon ihrer Mächtigkeit halber nicht auf die Beacke- rung zurückgeführt werden kann. Speciell aber ist zu merken, dass eine schwach humose Beimengung der Oberkrume für die alt-alluvialen Sandprofile ebenso charakteristisch ist, wie eine stär- ker humose für die jung-alluvialen. Bei der grösseren Häufigkeit und der nach Analogie andrer alt-alluvialer Sande*) vermutheten humosen Sinterbildung **) in dem unteren Theile der Oberkrume der auch hier vielfach rost- gelb, roth oder braun gefärbt und selbst ein wenig gekittet er- scheinenden Sande, sind mehrere alt-alluviale Sandprofile zur Un- tersuchung gewählt worden und in der folgenden Tabelle zusam- mengestellt. Bodenprofil No. 2, 5, 12 und 26. 3 Sandboden des Alt-Alluvium. Mächtie- Quarz mit etwas a Feldspath keit in | Bezeichnung | und anderen Silikaten ‚Humus Bemerkungen Metern Grand. Sand | Staub No. 5. Aus der Flatower Kienhaide (Sect. ion). 0,2 HS 21 | 84,0 | 11,3 2,8 Ackerkrume 0,2 SHS Die Probe fehlte leider Mittl. Theil d. Oberkrume SHS Unterer Theil d. Oberkrume 0,8 (roth) = 90,0 56 0, (Fuchserde) 1,5 + S O9 1. — Untergrund *) Des in Belgien, Holstein und Ostpreussen ganz gleichmässig sich zeigen- den Haidesandes. **) Leider konnten die Untersuchungen nach dieser Seite hin noch nicht zu Ende geführt werden und bleiben späterer Veröffentlichung vorbehalten. 104 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [368] a Quarz mit etwas Mächtig- Feldspath keit in | Bezeichnung | und anderen Silikaten |Humus Bemerkungen uusjem Grand| Sand | Staub No. 26. Gegend West Velten (Sect. Hennigsdorf). Mittl. Theil d. Oberkrume 0,3 SHS 149 0,5 | Der Sand fast gänzlich unter 0,5 ın allen 3 Proben SHS Unterer Theil a. Oberkrume 0,2 (ockergelb) 0,1 93,7 5,8 0,3 (Fuchserde) 1l-+ S — Il DA: — Untergrund No. 12. Gegend von Havelhausen (Sect. Oranienburg). 0,3 SHS — DT Zil 1,0 | Mittl. Theil d. Oberkrume SHS Unterer Theil d. Oberkrume 0,2 (rostfarbig) En %,6 | 236 0,7 (Fuchserde) 0 S = 990, 08,0 Untergrund No. 2. Gegend Süd Staffelde (Sect. ee Oberkrume unterhalb der 0,4 SHS 0581.935321.536 0,8 Ackerkrume (Ackerboden) nn S 0a 2 99 A 0 _ Untergrund In diesen sämmtlichen Bodenprofilen zeigt sich wieder eine namhafte Zunahme des Staubgehaltes in der Oberkrume gegen- über dem ursprünglichen Sande und in Profil No. 5, wo von der Oberkrume nur die humusreichere Ackerkrume zur Untersuchung mitgenommen worden, sogar eine sehr auffällige Zunahme, so dass der [369] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 105 schon mehr besprochene Einfluss des Humus auf eine lebhaftere Verwitterung abermals nicht undeutlich sich zu erkennen geben dürfte. Dennoch wird man nicht berechtigt sein, weder nach dem äusseren Ansehen des Sandes, noch auf Grund der chemischen Untersuchung das wirkliche Vorhandensein plastischen Thones in der Oberkrume anzunehmen; denn der bei letzterer Untersuchung (s. a. d. folg. Tabelle) sich ergebende Gehalt an Thonerde ist so gering, dass er selbst auf wasserhaltiges Thonerdesilicat berechnet nirgend mehr als im Maximum 1 pÜt. ergiebt und somit wohl mit Recht gänzlich auf die bei der stattgefundenen Behandlung mit Flusssäure zersetzten ursprünglichen Thonerdesilicate (Feldspath) zurückgeführt werden muss. Mit dieser Zunahme des Staubgehaltes (der Feinerde) wächst aber in gleichem Verhältnisse auch der in erster Linie zur allmä- lisen Verwerthung gelangende Vorrath an mineralischem Nahrungs- stoff für die Pflanzen, dessen Betrag in den feinsten 0,01 Milli- meter nicht überschreitenden Theilen für die Oberkrume altallu- vialen Sandbodens die folgende Tabelle giebt. Agronomisch wichtige Bestandtheile in den feinsten (unter 0,01 Millimeter) Theilen der Oberkrume unterhalb der Ackerkrume des altalluvialen Sandbodens. Zu Bodenprofil Bestandtheile No. 12 No. 2 BEhonerde ru er Aue 0,39 0,29 Bisenoxydr More sa 0,34 0,10 Kalkerdes a. 0.8 80 was hen 0,04 0,07 Kohlensäure, u: ne are — —_ KEN Tee Pre 0,07 0,05 Ehosphorsaure, ., 2. 2... 2,2: ,.0:02 0,02 N 1,02 0,64 Kieselsäure und nicht Bestimmtes 1,43 1,04 Summe der feinsten Theile Bl 2,21 106 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [370] Reinen Sandboden liefert im Alluvium endlich der Flug- oder Dünensand (as). Feine Humusstreifchen einer oder meh- rerer ehemaliger, wieder versandeter Oberflächen, welche in sehr verschiedener Tiefe darin vorkommen können, ungerechnet, zeigt er bemerkbaren Humusgehalt nur in seiner äussersten Rinde. Diese, Ackerkrume eigentlich nicht zu nennende Vegetationsrinde ist in Folge des meist dürftigen Pflanzenwuchses auch in der Regel kaum einen Deeimeter stark, sein Bodenprofil fast stets S. bez. $ 15 oder S 20, wie Beispiele auf allen Sectionen mit alleiniger Ausnahme von Markau zeigen. Nur wo lehmiger Sand bez. Lehm des Dilu- viums von ihm überweht ist, bedingt dieser Untergrund, falls er S 10 SL in der Wansdorfer Haide auf Blatt Marwitz, oder erreicht ist, Profile wie in der Nordost-Ecke von Blatt Nauen, S 17 SLS 5—+ endlich ebenda resp. in der Bötzower Haide S8 S 16 HS 4 LS 2 und SLS(@)9 oder auch $ 15 "SEY LS LS (@). Letzteres Profil in der Nordwest-Ecke des Blattes Marwitz soll mit HS weniger einen humusreichen Sand, als die oben erwähnte öftere oder Wiederholung kleiner Humusstreifen bis zu der angegebenen Tiefe bezeichnen. Analysen solchen Flugsandbodens unterscheiden sich, da eben der Flugsand selbst in seiner ganzen Mächtigkeit und Ursprüng- lichkeit die Oberkrume bildet, in nichts von den früher S. 55 ff. bereits beschriebenen Flugsanden selbst. Der aus den dort gege- benen mechanischen Analysen ersichtliche geringe Staubgehalt be- dingt aber, wie die Erfahrung ja auch hinlänglich lehrt, auch einen entsprechend geringen Vorrath an leicht und schnell den Pflanzen zugänglichem Nahrungsstoff. Besondere hierauf gerichtete chemi- sche Analysen sind daher auch vor der Hand nicht gemacht wor- den und möge nur noch die mechanische Analyse eines den an- derswerthigen Untergrund zeigenden Bodenprofiles hier folgen. [371] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 107 Bodenprofil No. 1. Dünensandboden. Gegend von Dorotheenhof (Section Linum.) Mächtigkeit est in Bezeichnung | Grand Sand | Staub NEO [Bemerkungen Metern Theile 1,3 S | — 97,6 1,2 1,2 | 0,2 SLS | de 89,3 6,5 2,9) | incl. Thon SL | nicht untersucht | Zum alluvialen Sandboden gehören ferner Bodenprofile, welche zwar nicht eine gleichmässige Mengung, wohl aber nesterweise Ein- lagerung von Süsswasserkalk (Wiesenkalk) ergeben, beispielsweise SHS 2—3 HS 4 HS 4 SK 1-3 oder SK 2 oder KS 1 S S S. Im jung-alluvialen oder Flusssande findet sich ersteres Profil, z. B. auf Section Nauen in den Brieselanger Luch-Wiesen; letztere beide sowohl ın der Gegend von Schönwalde auf Section Mar- witz, als auch stellenweise in den nördlichen Theilen der Section Cremmen. Im alt-alluvialen oder Thalsande zeigen sich ganz gleiche Bodenprofile auf den Sectionen Oranienburg und Hennigsdorf. 108 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [372] - Als Beispiel für die Zusammensetzung diene das folgende Bodenprofil No. 21. Alluvialer kalkhaltiger Sandboden der Gegend von Schönwalde (Section Marwitz). Kohlen- | Thonerde- Mäch- Quarz mit Feldspath } saurer | silikat “least, 2 | und anderen Silikaten Kalk wasser- an = (Magnesia) | haltig | Humus| Bemerkungen = "3 | über | 2- unter | unter unter Metern.) 2, 1922710052205 1E005 22 0 & |Grand, Sand | Staub |Kalkmehl |Plast.Thon % Feinste Theile 05 IHS | 0,2 88,4 84 | Spur“) Spur 2,7 | unter 0,01 mm — 23,8pÜCt. 299 Feinste Theile 0,1-02|sk | — | 524 | 119 | 33,3 2,4 — | te Do — 40,0 pCt. er 291 8,5 Spur S _—_ | Feinste Theile SEE s 2 ans » Z unter 0,01 am *) 0,03 —= 2,8 pCt. 7) 0,02 Agronomisch wichtige Bestandtheile in den feinsten Theilen (unter 0,01 Millimeter des Bodenprofils No. 21. R a | ö ie in der 5 ieferen | nächsten Grundbestandtheile wre er Ober Bemerkungen grunde | grunde | krume IhonerdeWer 0,40 1,09 0,25 Bisenozydesı a en 0,32 1,00 0,10 Kalkerdess Bee 0,17 0,30 ; | 33,50 Kohlensäure aan 2m 0,10 0,13 Kal Nee 0,10 0,15 0,06 Ehosphorsäute ge 0,02 0,12 0,01 Glühverlust exd. ©. . . .| 0,28 1,08 0,92*)| *) vorwiegend Rest fast nur Kieselsäure . . 1,41 3,26 1,03 Humus Summe der feinsten Theile | 2,80 | 40,00 | 2,80 | ” [37 3] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 109. So nennenswerthe thonige Beimengung, welche zu der Be- zeichnung lehmiger oder auch nur schwach lehmiger Sand berech- tigen würde, kommt im alluvialen Sandboden der Gegend nur an Gehängen, in Abschlemmmassen vor. Ein derartiges ganz local schwankendes Bodenprofil, bei wel- chem, wie überall in den vorliegenden Bildungen, der mechanisch gesonderte Grand, Sand und Staub ein mit Feldspath und andern Silikaten gemengter Quarzsand, Grand und Staub ist, giebt die folgende Tabelle: £ f Bodenprofil No. 25. Alluvialer lehmiger Sandboden, Plateauabhang westlich Velten (Section Hennigsdorf). Mächtie- Quarz mit Feldspath | Thonerde- . | Bezeich- ee. silikat keit in und anderen Silikaten | „sserhalt, |Humus| Bemerkungen h nung Susan Grand | Sand | Staub Thon Jetzige Oberkrume 0,2-0,4 SHLS 1,2 | 87,0 8,8 245 | 0,4 er | Be RE Brullere Oberkrume f Entkalkter 1+ S iR 97,8 1,9 Spur IE | Diluvialsand ”) Der Hauptsache nach, wenn nicht ganz, noch in anderer Silikatform vorhanden. Der Thongehalt der jetzigen Oberkrume stammt von dem lehmigen Boden auf der Höhe des Plateaus selbst, während er ın der früheren Ober- resp. Ackerkrume wohl der Hauptsache nach erst, bei der Analyse zersetztem Silikatstaube entstammt, ebenso wie die Spur desselben im Untergrunde gleichfalls. 110 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [374] Der diluviale Sandboden. (bez. Grandboden). Einen echten Sandboden liefert sowohl der obere, wie der untere Spathsand des Diluviums und ihn bezeichnet hier, wie dort abermals das Profilzeichen $. gleichbedeutend mit $15 + oder S20-+. Ausgenommen sehr grandige und in Folge dessen auch sehr kalkige Ausbildungen des Spathsandes ist der letztere bis zu genannter Tiefe in Folge der Verwitterung stets schon vollstän- dig seines Kalkgehaltes beraubt und der Untergrund ist somit ent- weder der noch intacte kalkhaltige Spathsand oder, wenn die Kalkentziehung bereits die ganze Schicht durchdrungen hat, bil- det ihn die zunächst darunter folgende andere Schicht. Im ersteren Falle unterscheidet sich Oberkrume von Unter- grund in der Hauptsache nur durch Mangel des Kalkgehaltes, im Uebrigen sind. beide ein, Feldspath und andere Sılikate führender Quarzsand. Ob ein Fortschritt in der Zersetzung dieser Sılikate in der Sand-Oberkrume gegenüber dem Sand-Untergrunde direct nach- weisbar, hat leider noch nicht durch betreffende chemische Analy- sen hinreichend festgestellt werden können. Gelbe, mehr oder weniger fest verkittete, der Schichtung meist parallele Streifen und Schmitzchen in solcher Sand-Oberkrume, welche im gewöhnlichen Leben oft als Eisenstreifen bez. Ockersand angesprochen werden, gaben jedoch Anlass zu der Vermuthung, dass eine Concentration solcher lehmigen Verwitterungsprodukte der Oberkrume und Ver- kittung durch dieselben hier vorläge und ihre Bestandtheile also. in gleichem Maasse dem umliegenden Sande fehlen möchten, als sie in diesen Streifen angehäuft sind. Die übrigens noch keines- wegs abgeschlossene Untersuchung beweist nun allerdings (s. d. folg. Tabelle) eine solche Ooncentration und erlaubt diese Streifen geradezu als Lehmstreifen zu bezeichnen, aber nur im zweiten Falle (in Dallgow) deutet sie auch eine scheinbare Abnahme in den dazwischen liegenden Sanden an. Die Frage wird jedenfalls erst endgültig entschieden werden können, wenn eine genügende Zahl chemischer Gesammtanalysen dem Ansehen nach gleichartiger Diluvialsande aus der Oberkrume [375] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 111 und solcher aus dem Untergrunde vorliegt. Dass in Folge dessen auch die Vertheilung agronomisch wichtiger Bestandtheile hier eine sehr verschiedene sein wird, liest auf der Hand. Vertheilung agronomisch wichtiger Stoffe in der Ober- ; krume diluvialen Sandbodens der Gegend von Dallgow (Section Rohrbeck). No. 33. No. 34. Oestlich Dallgow In Dallgow Bestandtheile in den Sn dem im Sande | gekitteten | im Sande | gekitteten Streifen Streifen Tinomernle- N re 1,75 Se 0,56 2,89 Brsermaxaya 2 De 0,51 1,07 0,42 1,61 Kallkanla 2 ee er 0,15 0,21 0,07 0,17 Kell rer a ae 0,98 1,83 0,08 0,29 Bhosphorsäure" . 2... 0,03 0,10 0,03 0,07 tiere ee 0,19 0,51 nicht nicht Fast nur Kieselsäure (Quarz- bestimmt | bestimmt ee... 96,39 92,31 98,85 94,97 Wie weit diese hier in der Oberkrume liegenden Lehmstrei- fen übrigens auch Folgen der Infiltration aus seitlich höher gele- gener oder früher an diesen Stellen darüber vorhanden gewesener Lehmdecke Oberen Diluviums sein können, ist eine Frage, welche noch der weiteren Untersuchung bedarf und meist in jedem be- stimmten Falle besonders entschieden werden muss. Das Profil auf S. 78 zeigt die Möglichkeit auch dieses Falles, sobald man sich die Schicht dm fortgenommen denkt. Von reinem Sandboden mit erreichtem anderswerthigen Un- tergrunde sind als Beispiel zwei Bodenprofile untersucht, welche mit ihrer Oberkrume, das eine dem Oberen, das andere dem Un- teren Diluvialsande angehören, während ihr Untergrund einerseits Oberer andrerseits schon Unterer Diluvialmergel resp. dessen Ver- witterungsrinde ist. 113 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [376] Bodenprofil No. 27. Sandboden des Oberen Diluviums der Gegend südlich Feldmark Schlabrendorf (Section Markau). = Mächtigkeit über 2- unter \ in Bezeichnung | 2mm 0,05mm | 0,05"m | Summe [Bemerkungen Metern Grand Sand Staub inel.thon. Theile 7-15 Ss — 98,5 1,4 99,9 Oberkrume 2-5 SLS — 88,8 1 99,9 | Untergrund SL nicht untersucht Bodenprofil No. 24. Sandboden des Unteren Diluviums der Gegend von Hohen-Neuendorf (Section Hennigsdorf). N | Higkeit „oich-|Grand| Sand |Staub | Thon | Kalk |Humus|- Bemerkungen Metern | "ung 0 2 SHS 0 1 97 g 9 6 R Re nicht nz grauer Farbe, © : 2 , : | Spur bestimmt| (Ackerkrume) E - 0,3 Ss — 98,5 dk nicht — — |v. gelber Farbe E i > R=) 1.0 user 990 bestimmt = — |v. hellerer Farbe © 1-+ | SM 23», Ab 288 7,9 14,7 _ Untergrund Wenn in dem unter No. 27 untersuchten Oberen Diluvial- sande thonige Theile so gut wie gänzlich fehlen, da der Gesammt- gehalt an Feinerde überhaupt schon nur 1,4 pCt. (der gesammten feinsten Theile nur 0,6 pCt.) beträgt, so giebt es andrerseits auch vielfach Sande oder Grande des Oberen Diluviums, welche als lehmig oder doch schwach lehmig zu bezeichnen sind und da sie 4 in der Regel Vertreter, meist sogar Reste zerstörten Oberen Dilu- vialmergels sind, so lagern sie gewöhnlich direct auf dem darun- ter folgenden Unteren Diluvialsande, welcher zwar auch von der Verwitterung meist schon erreicht und seines Kalkgehaltes beraubt ist, im Uebrigen aber durch seinen Mangel nicht nur an ausge- [377] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 113 schiedenem 'Thongehalt, sondern sogar an Feinerde, sogleich als Untergrund abzustechen pflegt. die folgenden 3 Profile: Solche Bodenverhältnisse zeigen Diluvialer lehmiger Sandboden. Mäch- 5 tigkeit Bezeich- in nung Metern No. 31. 0,2 |(SH) LS 0,3 LS 15 + Ss No. 34. 0,2 | (SH) LS 0,2 LS 4,0 + Ss No. 32. 0,6 |(SH)LGS 0,9- G6S 0 G Grand | Sand Gegend südlich des Galgenberges (Sect. Rohrbeck). ok - 4,8 2,2 1,6 83,4 76,8 "94,1 Staub | Thon | Kalk | Humus [Summe|l Bemerkungen 13,6 16,0 3,9 nicht be- stimmt 99,9 99,8 100,1 Gegend von Dallgow (Sect. Rohrbeck). 85,9 89,6 95,8 9,8 1,5 4,4 2,1 2,1 Spur 0,7 100,1 99,2 100,2 Gegend von Vorw. Wolfsberg (Sect. Rohrbeck). 9,5 5,59*) 17,5 89,2 92,7 73,2 4,1 1,9 0,8 0,9 Spur Spur 8,4 0,2 99,9 100,1 99,9 Ackerkrume Oper Ackerboden ae Untergrund Ackerkrume| Ob Ackerboden \ krume Untergrund Ober- krume Ackerboden | nächster ) ee tieferer grund *) In der mechanischen Original- Analyse unter Grand mit aufgenommene 12,4 pCt. (Concretionen genannte) lose zusammengekittete Sande, mussten natur- gemäss nach ihren Bestandtheilen vertheilt werden auf Grund ihrer besonderen chemischen und mechanischen Analyse, wobei sich aber auch nur 0,07 pCt. Thon- erde oder auf wasserhaltigen Thon berechnet 0,15 pCt. als Bindemittel ergaben. 114 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [37 8] Kalk- und Mergelboden *). Da Kalk bez. kohlensaurer Kalk, wie gleich Eingangs dieses Abschnittes erörtert wurde, am meisten der Zersetzung durch die Verwitterung ausgesetzt ist resp. durch sie völlig verschwindet, so ist auch sämmtlicher Diluvialboden, dessen ursprüngliches Gestein an und für sich ja nur höchst selten über 20 pCt. aufzuweisen hatte, stets kalkfrei und wir haben Kalkboden und ebenso Mergel- boden überhaupt nur im Alluvium zu suchen, das, wie bereits er- wähnt, naturgemäss die einzige gegenwärtig in ihrer Ur- sprünglichkeit bodenbildende Formation ist (s. S. 79). Hier aber können wir Kalkboden um so leichter erwarten, als gerade die ununterbrochen fortschreitende Entkalkung der Diluvial- schichten ebenso ununterbrochen Absatz von kohlensaurem Kalke zur Folge hat an all’ den Stellen, wo die mit doppeltkohlensaurem Kalke beladenen Wasser im Bereiche heutiger Wasser- und Wie- senbehälter wieder zu Tage treten und schon allein dadurch der eine nur leicht gebundene Theil der Kohlensäure wieder frei wird bez. der Kalk als einfach kohlensaurer Kalk zu Boden fällt. Da ältere bodenbildende Formationen, welche bei etwa vor- wiegendem ursprünglichen Kalkgehalte und anderen Structurver- hältnissen trotz der Verwitterung zuweilen noch einen Vorrath von kohlensaurem Kalke an ihrer Oberfläche d. h. im Boden enthal- ten, überhaupt in der Gegend fehlen, so beschäftigt uns hier auch nur: Alluvialer Kalk- resp. Mergelboden. Der alluviale Kalk- bez. Mergelboden wird in dem Nord- westen der Berliner Umgegend fast ausschliesslich gebildet von dem hier besonders unterschiedenen und in seiner nesterweisen aber dabei vielfach überwiegenden Verbreitung in den grossen Wiesenflächen [namentlich der Sectionen Linum, Nauen, Marwitz, Hennigsdorf] schon auf S. 49/50 beschriebenen Zwischengebilde *) Kalkboden bedingt nur die Gegenwart von Kalk, Mergelboden dagegen von Kalk und Thon. 679] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 115 zwischen Moorerde und Wiesenkalk, dem sogenannten Moormer- gel. Seine Zusammensetzung bez. die Zusammensetzung des von ihm gebildeten Bodens geben die dort (S. 50) aufgeführten Ana- lysen, deren eine, die von den Dyrotzer Wiesen, die charakteristi- sche, seine Benennung begründende Zusammensetzung zeigt, wäh- rend die andere eine äusserst sandige Ausbildung giebt, deren kaum 2 pCt. erreichender Humusgehalt aber immerhin noch hin- reichend ist, das Gebilde von einem gewöhnlichen sandigen W ie- senkaike schon mit dem Auge deutlich zu unterscheiden. Die erstere Ausbildung würde ihres Thongehaltes halber Mergelboden, die letztere, zumal die darin noch nachgewiesenen 0,4 pCt. Thonerde jedenfalls vorwiegend nur aus der Zersetzung anderer Thonerdesilicate stammen, Kalkboden zu benennen sein. Bei der Betrachtung des Moormergel als Acker- bez. Wiesen- boden ist an dieser Stelle somit eigentlich nur der verschiedene Untergrund desselben zu erörtern. Es bezeichnet den Kalk- bez. Mergelboden vorwiegend das Profil HK KH Sch H oder H oder auch SH S ıS S wobei durch HK und KH nur das Verhältniss zwischen K und H einigermaassen angedeutet werden soll und zwar im ersteren Falle ein Ueberwiegen des Kalkgehaltes, im letzteren des Humusgehaltes. Streng genommen würde an einer solchen Stelle KH bez. HK nun die Oberkrume, H schon der betreffende nächste Untergrund sein. Da aber nicht nur nach der Tiefe zu, sondern gemäss des nesterweisen Vorkommens ebenso in horizontaler Richtung HK bez. KH stets wieder in H übergeht, so dass Profile wie ber. 2 dazwischen treten und endlich KH und H wie schon a. a. O. er- . wähnt wurde kaum dem geübten Auge ohne die übliche Probe mit einer Säure unterscheidbar ist, so liegt sowohl in geognostischer, wie in agronomischer Beziehung die Auffassung nahe, Moormergel und gewöhnliche Moorerde als eine theilweise stark kalkhaltige Schicht resp. Decke aufzufassen, welche also in ihrer Gesammt- heit als Oberkrume zu bezeichnen wäre, während der Sand den g* 116 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [380] gewöhnlichen Untergrund abgiebt. Es ist diesem Verhältniss daher auch Rechnung getragen in .der besonderen Bezeichnung KH(H) — 1. Man sehe z. B. das betrefiende Bodenprofil am Rande von S Section Linum, oder die Einschreibungen KH(H)2—5 S auf Section Nauen, Marwitz und Hennigsdorf. Ein solches Profil und ähnliche ist z. B. das, leider nur theilweise untersuchte: Bodenprofil No. 18. Alluvialer Kalkboden von den Jäglitz-Wiesen (Section Nauen). | f R Kohlen Quarz mit Feldspath Mächtig- | Bezeich- u. anderen Silikaten N saurer | Humus Bemerkungen en N Kalk Staub | Sand | 0,3 SHK 12,2 1,8 6,1 | 139 0.) | ' Oberkrume 0,2 SH nicht bestimmt 1-+ S —_ _ 17 98,3 Untergrund Nur in selteneren Fällen lagert der Moormergel auf wirk- lichem Torf, welcher dann auch als nächster Untergrund unbe- dingt zu trennen ist. Derartige kleine Stellen kommen z. B. vor BEE, KH 2 innerhalb der grossen Torfwiesen der Section Nauen —.,—, oder in H der Section Markau, in dem sogen. Brüchchen bei Dyrotz, von wo das besonders untersuchte, seines Thongehaltes halber als Mer- gelboden zu bezeichnende Bodenprofil No. 29. Alluvialer Mergelboden der Wiesen bei Dyrotz (Section Markau). R [Differenz] Mäch- Be Koh- “> j Quarz- | Chemisch kialkeie ars len- und , |Plastisch. | sand mit | gebun- | Bemer- ; zeich- |Humus Magnesia = in neh saurer | .E | Thon |Feldspath| denes | kungen Metern 5 Kalk | ah u.anderen) Wasser Silikaten 0,2-0,7| SKH | 28,2 | 20,1 — 8,8 42,9 *) incl. 0,43 1+ H 61,9 —_ Bo Spur Do) DI, Schwefel v [381] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. #17 Humushoden. Da der Humus als einem bestimmten, verhältnissmässig jugend- lichen Stadium des Verkohlungsprocesses organischer Bestandtheile angehörig, in älteren als Alluvialbildungen schichtenbildend, oder als wesentlicher Gemengtheil überhaupt nicht vorkommt, hier vielmehr ähnliche organische Bildungen je nach den verschiedenen Stadien als Braunkohle, Steinkohle u. s. w. unterschieden werden, so kön- nen wir eben auch nur im Alluvium Humusboden erwarten *). Der alluviale Humusboden. Alluvialen Humusboden bilden die Moorerde und der Torf. Der alluviale Humusboden wird stets von der ganzen, Humus als wesentlichen Bestandtheil enthaltenden Schicht gebildet, da ein wesentlicher Unterschied in Folge Einwirkung der Atmosphäre innerhalb der Schicht in der Regel nicht zu beobachten ist. Dass aber die neben dem Humus die Schicht bildenden Bestandtheile, also namentlich die verschiedenen, dem in gewissem Grade stets vertre- tenen Quarzsande beigemengten Silicate, durch die ganze Schicht hin einen erheblich höheren Grad der Zersetzung erlangt haben werden, ‚ darauf lässt schon der Umstand schliessen, dass wir stets in der mit Humus nur in ganz geringem Maasse gemengten Ackerkrume der verschiedensten Bildungen einen solchen höheren, mechanisch wie chemisch sich äussernden Verwitterungsgrad bemerken konn- ten (s. S. 97 u. S. 104/5). Es deutet darauf aber im vorliegenden Falle selbst noch ganz besonders die Beobachtung, dass auch noch die unten liegende Schicht, also der Untergrund des Humusbodens stets, wenigstens in seinen oberen Theilen einen durch Farbe und sonstige Eigenschaften sich kenntlich machenden höheren Verwit- terungsgrad erlangt hat. *) Es ist, zwar ebenso gut möglich, dass local eine, Braunkohle oder Stein- kohle als wesentlichen Bestandtheil führende Schicht, z. B. ein diluvialer Braun- sand, ein tertiärer Kohlenletten, ein paläozoischer Kohlenschiefer die Oberfläche bildet; wir werden dann aber den daraus gebildeten Boden zum Unterschiede auch einen Kohlenboden nennen. 118 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [382] So erscheinen beispielsweise die feldspathführenden Alluvial-, wie Diluvialsande, sobald sie unter einer, wenn auch noch. so dünnen Moordecke lagern, namentlich wenn sie zugleich periodisch im Jahre austrocknen und so mit der Luft in gewisse Berührung gerathen, derartig weiss [in Folge Kaolinisirung ihres Feldspathes], dass sie auf den ersten Blick bez. aus der Ferne, den weissen tertiären Sanden oft täuschend ähnlich sehen, ja schon wirkliche Verwechslungen bei Ungeübten veranlasst haben. Bei Weitem der meiste, man könnte sagen aller Humus- boden der Gegend zeigt Sand als Untergrund. Selbst diejenigen Profile, bei welchen unter der Moorerde oder dem Torf W iesen- kalk getroffen ist, lassen letzteren sehr bald als eine nur dünne Zwischenlagerung über dem Sande erscheinen. Einzige Ausnahme bildet das Alluvialbecken in der südwestlichen Ecke der Section Markau, wo unter dem, den Untergrund bildenden Wiesenkalke meist ein Wiesenthonmergel in namhafter Mächtigkeit folst. Die meisten Humusbodenprofile der Gegend lauten daher: H4—8 d H 10— 15 gr ONE en SH 3— 8 ee SSH 3— 5 S S denen sich dann die unter Kalkboden bereits erwähnten Bodenprofile (siehe z. B. Section Nauen) oder (siehe Section Markau nordöstliche Ecke), wu = = oder 0 (siehe gleichfalls Section Markau) anschliessen. Die als seltenere, in der südwestlichen Ecke des Blattes Markau sich findenden Humusbodenprofile lauten dagegen H 8— ll KH(H) 6 K 28 und dem vorigen sich anschliessend auch K2— 6 RM RM. So weit dieser Humusboden von wirklichem Torf gebildet ist, sind besondere Untersuchungen nicht angestellt worden. Von den gewöhnlichen Moorbodenprofilen mögen aber hier zwei Analysen fol- gen, das eine Mal mit unmittelbarem Sanduntergrund, das andere Mal mit dazwischentretendem Wiesenkalke: [383] Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. 119 Bodenprofil No. 16 und No. 17. Alluvialer Humusboden. Mäch- Be Chem. tigkeit | „gich- N Sand Su Thon |Humus eehm: Summe] Bemerkungen Metern| "78 | Wasser No. 16. Aus der Gegend des gross. Graben (Sect. Nauen). 9_02 ac 99 r * 0,2-0,3| SH Sido 022,95 11,3:6 | Der 691 100 Kr Kae 00,7| Hs | - | 72 | 155| 31 | 25.| 0,9%)| 99,2 (03 Korn 994 Sun 100,1 |)... Srüese- No. 17. Aus der Gegend der Feuerhorstwiesen (Sect. Nauen). Mäch- B Koh- Chem. tigkeit| - | len- gebun- eich |. ner Sand | Staub | Thon 'Humus enes pumme| Bemerkungen Metern "U"8 | Kalk Wasser RER TE Sa ET ne Re 03 | ssH | — 8189| 88 | Spur | 7,3 | 23,7 | 100,6 | H Vom Sande 1% nn —_ haben nur 0,4 SK 53,6 46,4 — —_ 100 | 1,2 pCt. über 0,5, um Korn- 1-+ S _ a A — —_ _ 100 grösse. *) Das chemisch gebundene Wasser bez. der Glühverlust ist nur annähernd berechnet nach Analogie der folgenden Untersuchung. **) Grand bedeutet stets die Korngrösse über 2Um, Staub unter 0,05", Die Eingangs erwähnte stark fortgeschrittene mechanische und chemische Zersetzung des Sandes dürfte aus Bodenprofil No. 16 unzweideutig hervorgehen, da nicht nur die die Oberkrume bil- ‘ dende Moorerde, sondern auch der Sand des Untergrundes, so weit er mit Humus gemengt ist, einen erheblichen Staub- und auch Thongehalt zeigt, welcher nicht Folge ursprünglich feinerdigerer Absätze sein dürfte. Das einfachere am häufigsten vorkommende Bodenprofil = ergiebt sich aus genannter No. 16 durch Wegfall des hier als 120 Pedographie der auftretenden Quartärbildungen. [384] nächster Untergrund auftretenden HS sehr einfach, da selbiger, wie schon die Mächtigkeitszahl angiebt, auch in der Gegend der Probeentnahme selbst mehrfach sich sehr verringert oder auch ganz fehlt. Betrefis des sich hier anschliessenden kalkigen Humus- boden bez. des ıhn bildenden Moormergels verweise ich auf das unter Kalk- resp. Mergelboden daselbst bereits gegebene Boden- profil No. 29 und die im petrographischen Theile gegebene Be- schreibung und analytische Bestimmung des Moormergel. Ebenso wie hier ein in der Oberfläche nesterweise hinzutre- tender Kalkgehalt die Unterscheidung eines kalkhaltigen Humus- boden bez. bei der Wichtigkeit oder überwiegenden Menge des Kalkgehaltes die Zurechnung zum Kalkboden erfordert, so sieht - man sich auch genöthist, durch nesterweises Hinzutreten eines mehr oder weniger starken Kochsalzgehaltes einen salzhaltigen Humusboden zu unterscheiden. Die Art und die Menge der hier einfach zu den Bestandtheilen des Moorbodens hinzutretenden Salze giebt die S. 52/53 aufgeführte Analyse des Wasserauszuges eines derartigen Moorboden am Dechtower Damm (Section Nauen), auf welche ich hier verweisen möchte. VI. Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. Sämmtliche Quartärbildungen, so weit sie an der Oberfläche. liegen, liefern einen, wie schon die Zusammensetzung schliessen lässt, mehr oder weniger brauchbaren, kaum in einem Falle wirklich un- fruchtbar zu nennenden Boden für den Pflanzenwuchs und somit ent- weder für Acker-, Wald- oder Wiesenwirthschaft. Von dieser ersten und allgemeinsten Art der Nutzung der Quartärbildungen soll jedoch hier nicht die Rede sein. In wie weit diese drei Culturarten ın der in Rede stehenden Gegend in Anwendung gekommen, zeigt schon die Karte selbst durch die bekannten Cultur-Bezeichnungen der topographischen Grundlage und wird in den Erläuterungen zu den einzelnen Blättern noch näher besprochen werden, namentlich auch mit Rücksicht darauf, dass nicht immer der Boden die natur- gemäss entsprechende Verwendung gefunden hat. Dieser ersten und wichtigsten Nutzung der Quartärbildungen am nächsten, weil sie unterstützend und befördernd, steht der Gebrauch derselben als Meliorations- oder Bodenbesserungsmittel. Meliorationsmittel. Da eben bei Weitem der meiste Boden der Quartärbildungen, wie wir ihn im vorigen Abschnitte kennen gelernt haben, die hauptsächlichsten mineralischen Pflanzennährstoffe in genügender Menge enthält, so handelt es sich hier in der Regel nur um ein 1233 Die‘ Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [386] Zusatzmittel, welches die Lösung und Ueberführung derselben in eine der Pflanze brauchbare resp. zugängliche, ich möchte sagen geniessbare Form zu bringen, sie zu erschliessen im Stande ist. Ein solches gewissermaassen Zuschlagsmittel ist, wie die Er- fahrung gelehrt hat, der Kalk (bez. kohlensaure Kalk) in erster Reihe, demnächst auch’ der Humus. Der erstere, wenigstens in der braucharen Gestalt des kohlensauren Kalkes, fehlt der diluvia- len Oberkrume ausnahmslos, der alluvialen in den meisten Fällen; der letztere ist, entschiedene Humusbildungen des Alluvium aus- genommen, überall selbst in dem obersten Theil der Oberkrume, in der Ackerkrume, nur in geringer Menge enthalten. Daneben handelt es sich nun in vielen Fällen um Zuführung des einen oder andern Bestandtheiles, welcher zwar auch nicht zur directen Ernährung der Pflanze dem Boden fehlt, welcher je- doch erforderlich ist [wie der Sand beim reinen Thon- oder Humus- boden; wie der Thon beim reinen Sandboden] zur Herstellung nothwendiger physikalischer Eigenschaften des Bodens [Locke- rung im ersten Falle, grössere Bindigkeit im letzteren Falle]. Zwar ist der schon lange der Landwirthschaft vorschwebende Be- griff eines Normalbodens noch immer keineswegs festgestellt, innmer- hin hat derselbe, sowohl in Praxis wıe ın Wissenschaft, doch be- reits eine ungefähre bei der Melioration zu erstrebende und zum Theil gerade durch dieselbe wieder erst festzustellende Gestalt gewonnen. Solches Bindemittel und zugleich Zuschlagsmittel bietet die Natur einerseits im Mergel (Thon und Kalk), andrerseits in der Moorerde, namentlich wo solche thonhaltig genug ist, was z. B. bei dem als Modder bezeichneten Teichschlamm (Thon, Humus und feiner Sand“) bez. Staub) der Fall ist. Die Folge dieser praktischen Erfahrung ist das in der Landwirthschaft mehr oder weniger all- gemein in Anwendung stehende entweder Mergeln oder Mod- *) Der feine Sand bez. Staub, welcher auch dem Mergel fast nie fehlt, wirkt in Gemeinschaft mit Thon, Kalk oder Humus ebenfalls geradezu bindend und lie- fert ausserdem in ihrer Feinheit am leichtesten aufschliessbare Silicate, mithin allerhand directe Nährstoffe. [387] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 123 dern der Felder, wobei nach den einzelnen Gegenden und auch je nach der individuellen Ansicht der Bewohner, dem einen oder dem anderen Meliorationsmittel der Vorzug gegeben wird. Und in der Tbat ist ja auch, wie die Natur in ihrer Vielseitigkeit selbst so häufig lehrt, dasselbe auf ganz verschiedene Weise und speciell hier durch die genannten beiden Meliorationsarten zu erlangen, wenn nur in soweit auf den Boden Rücksicht genommen wird, dass einem entschiedenen Humusboden nicht der humusreiche Modder, einem fetten Thonboden nicht ein thonreicher Mergel zugeführt wird. Das Mergeln. Der Thonmergel, wie ihn in der vorliegenden Gegend sowohl das Diluvium, wie das Alluvium [allerdings nicht gerade allgemein an oder in der Nähe der Oberfläche verbreitet] aufweist, wie er jedoch stellenweise in grossen Mengen sich bietet [dr z. B. am Hahneberg bei Staaken (Section Rohrbeck) ah in der Niede- rung bei Etzin (Section Markau) oder bei Kl. Ziethen (Section Cremmen)] wäre hier, wo es sich meist um weniger bindige Bo- denarten handelt, somit ein äusserst passendes Meliorationsmittel. Abgesehen von der, wie schon angedeutet, geringen Ober- flächenverbreitung, welche ihn nur local als Bodenbesserungsmittel Bedeutung erlangen lässt, wird er dennoch schon an sich nach der praktischen Erfahrung übertroffen von dem gewöhnlichen ge- schiebeführenden Diluvialmergel, sowohl Oberem wie Unterem, welche beide und namentlich der erstere, zugleich durch ihre weite Horizontal- bez. Oberflächenverbreitung und demgemäss meist leichte Gewinn- barkeit, von weit grösserer Bedeutung sind. Es ist mir bei mei- nem so häufigen Verkehr mit Landwirthen gelegentlich meiner Aufnahmereisen, auffallend oft — in Gegenden, wo das Mergeln allgemein in Ehren steht, oft wiederholt an einem Tage — die Frage vorgelest worden, woher es doch komme, dass der semeine Diluvialmergel (Lehmmergel) meist besser, mindestens nachhaltiger wirke, als der weit kalkrei- 124 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [388] chere Thonmergel des Diluviums oder der noch reichere Wiesen- mergel des Alluviums oder gar der Wiesenkalk selbst, nament- lich in den Fällen, wo (wie beim reinen Lehmboden) doch nur _ der Kalk fehle. 3 Die Frage hat mich lange beschäftigt, weil sie in gewissem Grade der Theorie Hohn zu sprechen scheint, nach welcher man meinen sollte, man habe doch nur nöthig einem Boden das ihm ganz oder theilweise Fehlende zuzuführen. Mit dem Diluvial- mergel (Lehmmergel) führt man aber eben neben dem, oft kaum 10 pCt. der Masse erreichenden, 15 pCt. selten überschreitenden Kalk, ungefähr ebensoviel Thon, sowie einen, Thon und Kalk an Menge ungefähr gsleichkommenden Vorrath an feinem Gesteins- staub und. was das Schlimmste zu sein scheint, fast stets über 50 pCt. Sand und Grand, dem meist schon sehr sandreichen Boden zu. Der Haupivorzug des Diluvialmergels beim Mergeln des Feldes ist aber offenbar in der Art und Weise der Vertheilung bez. Verbindung seiner Bestandtheile zu suchen. Der Kalkgehalt desselben ist nämlich (s. d. Analysen S. 30) zum grossen Theil als Kalkmehl so fein in ihm vertheilt, dass man nicht im Stande ist, die kleinste Probe zu entnehmen, innerhalb welcher nicht Kalk, Thon und feiner Gesteinsstaub bez. feinster Sand zusammen ent- halten wäre. Es ist das eine Vollkommenheit der Verthei- lung, wie sie auch durch das sorgfältigste Ausstreuen eines rei- neren Kalkgebildes, z. B. Wiesenkalk, nie erlangt werden kann und ihr Vortheil besteht offenbar darin, dass bei den, bei Gele genheit des Verwitterungsprocesses (S. 70 £.) besprochenen chemi- schen Processen, z. B. bei der Umwandlung des kohlensauren Kalkes in doppelt kohlensauren Kalk oder Bildung von kohlen- saurem Eisenoxydul im Augenblicke der Umwandlung (in statu nascente), wo bekanntlich ihre Wirkung eine weit intensivere ist und die Entstehung bez. Lösung andrer Verbindungen durch die- selben am leichtesten geschieht, die auf einander angewie- senen einzelnen Mineralkörper schon in fein vertheil- testem Zustande aufs Innigste miteinander gemen sind. Die Wirkung des Diluvialmergels wird somit mindestens A [389] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 125 eine gleichmässigere sein als beim Wiesenkalk und Wiesenmergel, von welchem zudem ein grosser Theil mechanisch, entweder durch Wind oder durch Regen, fortgeführt wird, ehe er zur Wirkung hat kommen können. Vom Diluvialthonmergel könnte man zwar, der gleichmässigen Mengung von Kalk, Thon und Gesteinsstaub bez. feinstem Sande halber, dieselbe Gleichmässigkeit der Wirkung erwarten; aber auch hier zeigt die Erfahrung, wie solches sehr wesentlich dadurch be- einträchtigt wird, dass der Thonmergel wegen seines Mangels an gröberem Sande oder gar Grand und Steinchen, zusammen mit höherem Thongehalt, weit schwieriger zerfällt und aufgestreut in unzähligen kleinen Schollen liegen bleibt. j Dieser namhafte Gehalt des gewöhnlichen Diluvialmergels (Lehmmergels) an grobem Material bedingt aber ferner eine weit grössere Nachhaltigkeit in der Wirkung, weil, wie die Analysen (S. 30) gezeigt haben, ein Theil des Kalkgehaltes in Form von Kalk- körnchen und Steinchen darin enthalten ıst. Diese bilden, ebenso durch die ganze Masse vertheilt, überall wo er aufgetragen worden, zugleich einen auf Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte ausreichen- den Vorrath an Kalkgehalt, welcher der Natur der Sache nach nur ganz allmälıg zum Verbrauch kommen kann. Er schützt da- durch des Weiteren sogar vor der Gefahr des Ausmergelns eines Bodens, was, selbst sehr stark aufgetragen, bei ihm schon nicht gut möglich ist, weil er die Mineralbestandtheile, welche er ver- möge seines Kalkgehaltes der Pflanze zugänglich machen soll, ge- wissermaassen selbst mitbringt, so dass eigentlich der Boden nur als das Medium erscheint bez. als der Standort der zu ernäh- renden Pflanze. Betrachtet man nämlich die Hauptbestandtheile des gemei- nen Diluvialmergel nach ihren Mengenverhältnissen, wie sie schon oben allgemein angegeben wurden und aus den angezogenen Ana- lysen genauer erhellen, rechnet man hinzu die so günstige Art .der Vertheilung bez. Verbindung untereinander und achtet endlich auf das verschiedene Grössenverhältniss sämmtlicher Bestandtheile, wodurch eben ein mit Hülfe der Verwitterung erst nach und nach, aber beständig zum Verbrauch sich bietender Vorrath sämmitlicher 126 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. ' [390] erforderlichen Mineralbestandtheile bedingt wird, so muss man zu- geben, dass der Diluvialmergel in all’ diesen Punkten dem Ideal eines Normalbodens mindestens sehr nahe kommt. Ja man kann sagen, dass ihm vielleicht nur 3 bis 5 pCt. Humusgehalt fehlt, um als ein solcher Normalboden aufgestellt werden zu können. Das allein dürfte schon seine, als Thatsache fest- stehende vorzügliche Wirkung auf den Pflanzenwuchs erklären, denn [das nöthige Vorhandensein oder die nöthige Zu- fuhr von Humus in dem so zu verbessernden Boden vorausgesetzt] wird der letztere, je näher er schon an sich dem Normalboden stand und, abweichend von anderem Mergel, auch je öfter oder je stär- ker eine Auftragung von Diluvialmergel erfolgt, desto mehr sich dem Gesammtverhältniss des Normalbodens selbst nähern. Das Moddern. Das Moddern bezweckt nicht nur eme Mengung mit Humus, denn in diesem Falle wäre Torf- und Moorboden jeder Art ausreichend und wird ja immerhin, dem Höhenboden zugeführt, von merkbarem Nutzen sein. Beim eigentlichen Moddern handelt es sich aber um mehr als die Zuführung von Humus allein. Modder bezeichnet diejenigen feinsten Abschlemm- massen, welche sich verschiedentlich in Vertiefungen, auf dem Boden noch vorhandener oder unlängst bestandener Teiche meist aus der Ackerkrume der Nachbarschaft verschlemmt allmälig abge- setzt haben. Sie enthalten neben Humus eine grosse Menge fein- sten Sandes und Gesteinsstaubes, sowie meist auch plastischen Thon selbst. In der vorliegenden Gegend bietet ihn die Nachbar- schaft und der Boden der zahlreichen Dümpel der Höhe mannigfach. In der in Rede stehenden Gegend dürfte aber ein Gebilde ganz besonders geeignet sein ihn nicht nur zu vertreten, sondern in seiner Wirkung zu übertreffen. Es ist der Moormergel. Der Moormergel bedeckt nesterweise, aber dennoch vor- wiegend, einen grossen Theil der Wiesen des sogen. Havelluches (Section Limum, Nauen, Marwitz, Hennigsdorf und selbst noch auf 3 Section Oranienburg) und ist deshalb leicht zu gewinnen. Wo [391] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 127 er charakteristisch ausgebildet ist, d. h. wie die Analyse desselben auf S. 50 nachweist, wo er Kalk und Humus zu ziemlich gleichen Theilen enthält und auch ein Thongehalt von 5 bis 10 pCt. in-ihm vorhanden ist, ist er wohl geeignet selbst dem soeben gerühmten gemeinen Diluvialmergel Concurrenz zu machen. Denn wenn er auch an Nachhaltigkeit der Wirkung demselben entschieden nachstehen wird, so wird dies doch dadurch wieder ausgeglichen, dass er, entgegengesetzt allen übrigen Mergeln, welche eine Erhö- hung, jedenfalls kein Nachlassen der Düngung verlangen, einiger - maassen auch den Mangel der Düngung zu ersetzen im Stande ist, ‘worauf einzugehen hier zu weit führen würde. Dass ausser den angeführten Mergeln und Moorbildungen fast jede der vorkommenden Quartärbildungen in gewissem Grade für den einen oder andern Boden ihrer Nachbarschaft unter sonst günstigen Verhältnissen und namentlich, wo obige Mittel zu schwer erreichbar sind, als Besserungsmittel mehr oder weniger empfeh- lenswerth sein wird, ist selbstverständlich. So eignet sich z. B. der reichlich und nahe genug überall vorkommende Sand (Thalsand wie Dünensand und noch besser der kalkreiche Diluvialgrand) für die Moorerde der ausgedehnten Wiesenflächen*) u. dgl. m. Es ist dies jedoch von zu localer Bedeutung und Verschiedenheit, als dass hier näher darauf eingegangen werden kann. Verwendung zu technischen Zwecken. In technischer Hinsicht finden die Quartärbildungen nament- lich mannigfache Verwendung zu baulichen Zwecken. Abgesehen von der Benutzung der, Jahrhunderte lang bereits abgesuchten und doch selbst in der vorliegenden Gegend nur ober- flächlich vertilgten Geschiebe zu massivem Feldsteinbau, zur Pflasterung der städtischen Strassen und der ländlichen Chaussden, ist es namentlich die Ziegel-Industrie, welche hier reichliches Material findet. *) Es dürfte sich sogar fragen, ob hier beider meist sehr geringen (0,5 Meter) Tiefe des Sanduntergrundes sich nicht eine modifieirte Uebertragung der Rim - pau’schen Moorcultur empfehlen würde. 128 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen [392] Ziegel- und Ofenfabrikation. Ziegelerde liefern einerseits die gemeinen Diluvialmergel, je- doch nur in ihrer entkalkten Rinde, dem Lehm, welcher gleich- zeitig zum Ausschmieren der Oefen, zu Lehmwänden, Scheunen- tennen u. dgl. die allgemeinste Anwendung findet. Andrerseits dienen zur Herstellung von Ziegeln, Ofenkacheln u. s. w. die Thonmergel sowohl des Diluviums, wie des Alluviums in ihrer ganzen Mächtigkeit. Daneben besitzen wir in der in Rede stehenden Gegend und zwar innerhalb Sect. Hennigsdorf, Oranien- burg und Theilen von Marwitz aufgeschlossen, eine Grenzbildung zwischen Gemeinem Diluvialmergel und Geschiebefreiem Thonmer- gel (s. S. 31), welche zwar der darin enthaltenen Kalksteinchen und Kreidebruchstücke halber nicht ohne Weiteres, wohl aber ge-. schlemmt in ihrer ganzen Mächtigkeit zum Verbrauch kommt. Bei all’ diesen Bildungen ist es weniger der wirkliche Thon- gehalt, der wie die Analysen a. a. OÖ. beweisen verhältnissmässig ziemlich gering ist, als vielmehr der Gesammtgehalt an Feinerde, welcher sie zur Ziegelfabrikation geeignet macht. Es hat sich bei diesen und den überhaupt in den vergangenen drei Jahren im agronomisch-chemischen Laboratorium der geologischen Lan- desanstalt ausgeführten Untersuchungen durchweg gezeigt, dass bei Weitem der grösste Theil der in Quartärbildungen vorhan- denen Feinerde und selbst ein sehr namhafter Theil (circa 30 bis 70 pCt.) der feinsten bei 0,02 Millimeter Stromgeschwindiskeit in der Secunde abgeschlemmten Theile Quarz- und sonstiger Gesteins- staub ist. Ebenso ist das in der Technik als reiner Thon an- gesprochene feinste im Grossen gewonnene Schlemmprodukt nichts weniger als reiner Thon, enthält vielmehr wohl ausnahmslos auch zugleich das bisher hier als Staub bezeichnete, bei 0,1 Milli- meter Geschwindigkeit gewonnene Produkt. Ja eine von Dr. Laufer ausgeführte Analyse des in den grossen Ziegeleien bei Birkenwerder durch Abschlemmen aus Unterem Diluvialmergel - als reiner Thon hergestellten feinsten Produktes ergab, dass sogar ausser dem Staube noch ein namhafter Theil des feinsten Sandes mitgenommen worden. | [393] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 129 Feinster abgeschlemmter Pseudo-Thon. Ueber | Unter Section Fundort 0,05 um Thon | Kalk Sand | Staub , Summe Hennigsdorf Birkenwerder Ziegelei 3332| losen lel.s 26,1 98,8 Es ist dies auch keineswegs als eine Unvollkommenheit und als ein Vorwurf gegen die Güte des genannten Produktes zu be- trachten. Das allerdings thonreichere, aber im Uebrigen gerade so zusammengesetzte Schlemmprodukt der Ziegeleien und Fabriken des am gegenüber liegenden Thalrande gelegenen Velten geniesst sogar einen weit über die Grenzen des Vaterlandes hinausgehenden Ruf. Nicht nur dass z. B. fast sämmtliche der neueren bekannten Öfenverzierungen in Medaillons, Friesen und dgl. in Berlin aus solchem Material gefertigt sind, dasselbe geht auch zu Wasser nach Stettin und von dort in’s Ausland. Es zeigt das vielmehr, dass gerade der Staub und die feinsten Sande in technischer Hinsicht mit verwerthbar sind. Ja bei näherer Erwägung wird es sogar äusserst wahrscheinlich, dass gerade diese Zusammensetzung der als Thon geltenden Feinerde die Güte der Fabri- kate begründet. Der als grösseres Kalkkörnchen, Kalksteinchen oder Kreide- stückchen für alle Thonwaaren und Ziegelfabrikation so verpönte kohlensaure Kalk dient ın dem feinen Zustande, wie er hier und nicht minder ın Naturprodukten, wie dem Glindower Diluvialthon- mergel, dem Ketziner Alluvial- oder Wiesenthonmergel vorhanden ist, offenbar als ein Zuschlagsmittel, durch welches eine Sinterung der im Quarzstaub und sonstigem Gesteinsmehl vorhandenen Kiesel- säure hervorgebracht und so die Festigkeit des Fabrikates namhaft erhöht, wenn nicht überhaupt begründet wird. Dass dem so ist, dafür spricht schon die ganze Fabrikation des sogenannten Fayence- geschirres aus dem kalkreichen, ganz thonarmen und der Haupt- sache nach nur aus feinem Quarz- und anderem Gesteinsmehl bestehenden Fayencemergel (Seite 35). Ja ich sah seiner Zeit 9 130 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [394] [2 in Ostpreussen auf einem der grösseren Güter, wo der Besitzer die Kosten nicht scheute, die durch die grosse Unhaltbarkeit der lufttrockenen Ziegel entstanden, deren kaum die Hälfte den Ofen erreichte, ein Ziegelfabrikat, das gebrannt nicht nur durch seine lichte, fast weiss zu nennende Farbe, sondern auch durch seinen, die ungemeine Festigkeit bezeugenden Klang Alles ausstach und das nur aus Mergelsand gefertigt war, der plastischen Thon als solchen überhaupt nicht enthält. Der Thonmergel des Diluviums, welcher dem obigen Schlemmprodukt in seiner Zusammensetzung vollkommen gleicht und sich dadurch schon gewissermaassen als Produkt eines gross- artigen Schlemmprocesses der Natur kennzeichnet, wird, wie schon seiner Zeit erwähnt, innerhalb des Berliner Nordwesten nur an wenigen Stellen zur Ziegelfabrikation gewonnen. Der bedeutendste Aufschluss desselben war hier seiner Zeit von einer lange Jahre in Betrieb gewesenen Ziegelei am Fusse des Hahneberg bei Staaken (Sect. Rohrbeck) gemacht, wo noch jetzt der Umfang des wohl nur der ungünstigen Verkehrswege, namentlich der Entfernung des schiffbaren Flusses halber aufgegebenen Betriebes, aus den ver- lassenen Gruben zu erkennen ist. Der Thonmergel des Alluviums, der sich vielfach durch einen noch weit höheren, 50 pCt. sogar in mehreren Fällen errei- chenden Kalkmehlgehalt auszeichnet, wie aus den S. 48, zum Theil schon aus der Nachbarsection, wo er bei Ketzin seine Hauptent- wickelung hat, gegebenen Analysen zu ersehen ist, wird im vor- liegenden Kartenbereiche nur in der Niederung bei Etzin (Sect. Markau) in grossartigem Maassstabe zur Ziegelfabrikation ge- wonnen. Das Schlemmprodukt aus Unterem, seiner Steinarmuth und seines Feinerdereichthums halber dem geschiebefreien Thonmergelsich nähernden Diluvialmergel, verarbeiten die grossen Ziegeleien und Ofenfabriken bei Velten, bei Hohen-Neuen- dorf und Birkenwerder (Sect. Hennigsdorf und Oranienburg), so- wie zum Theil eine Ziegelei bei Cremmen. | Den Lehm des Oberen Diluvialmergel bauen eine ; grosse Zahl je nach Bedürfniss bald hier bald dort entstehender [395] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 113] und vergehender kleiner, vielfach sogar nur Feld-Ziegeleien. Man sticht zu diesem Zwecke eben nur die entkalkte Rinde desselben meist bis kaum 1 Meter Tiefe oberflächlich ab und muss, wenn nicht durch das an der Luft sehr bald erfolgende Sich-Löschen der eingebackenen Kalksteinchen und demgemässes Platzen der Ziegel der Brand ganz oder theilweise missrathen soll, die bekannte Kalk- probe mit einer verdünnten Säure möglichst oft in der Grube wiederholen, um ein Ueberschreiten der Mergelgrenze zu verhüten. Maurersand. Maurersand, d. h. geeigneten Sand als Zusatz zum Mörtel, liefern einerseits die ziemlich gleich- und zugleich scharfkörnigen Spathsandschichten des Unteren Diluviums, andererseits die grö- beren Ausbildungen des ebenfalls durch seine Gleichkörnigkeit ausgezeichneten Thalsandes des Alt-Alluvium. In erstgenannten Schichten zeigen die Plateauabhänge bei Charlottenburg unterhalb Westend zu diesem Zwecke bedeutende, wenn auch gegen die, ihrer Zahl wie ihrer Grösse nach”) sehens- werthen Sand- bez. Grandgruben am Berliner Rollkruge und bei Rixdorf namhaft zurückstehende Sandgruben. Der Thalsand aber wird zu besagtem Zwecke in der in Rede stehenden Gegend in unzähligen, immer wieder neu entstehenden und vergehenden Gruben bei Spandow einerseits und bei Lietzow und Charlotten- burg andererseits ausgebeutet. Cementfabrikation. Die Cementfabrikation ist, soweit mir bekannt, im vorliegenden Kartenbereiche nur in Hermsdorf versucht worden. Wiesenkalk, der hier in ziemlicher Ausdehnung und Rein- heit lagert, und die Nachbarschaft des mächtigen Lagers ter- tiären Septarienthones begründen hier besonders günstige Ver- - *) Das ganze grosse Gartenlokal der Bergbrauerei in der Hasenhaide mit seinen Gebäuden liegt in einer solchen, in den Plateauabhang hineingearbeiteten ehemaligen Sandgrube und eine ganze, desshalb eine Sackgasse bildende Villen- kolonie hat, sich in der alten, am Fusse der jetzigen Tivolibrauerei früher be- standenen Sandgrube aufgebaut. 9* 132 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [396] hältnisse und müssen bei sonst gutem Betriebe und geordneten Verhältnissen den Betrieb auch reichlich lohnen. Wiesenthonmergel in seinen Uebergängen zu Wiesenkalk, wie er aus der Gegend von Etzin und Ketzin bereits angeführt wurde und dort in grosser Mächtigkeit lagert, ist allerdings zur Cementfabrikation, zu welcher es eben hier — Mischung in rich- tigem Verhältnisse vorausgesetzt — eines gesonderten Thonlagers nicht bedürfte, soweit mir bekannt, noch nie zu verwenden ver- sucht worden. Ein Hinweis darauf scheint mir eben darum aber gerade nicht ungeeignet. Anderweites Material zu baulichen und anderen Zwecken. Die Infusorienerde findet in neuerer Zeit mancherlei Ver- wendung — ich nenne als wohl neueste, ihre Benutzung zur Her- stellung des Dynamits — dennoch aber verdient sie mit Fug und Recht mehr als die ihr bisher erwiesene Beachtung. Als ausserordentlich geeignet zur Anfertigung dauerhafter Bausteine zu Wasserbauten führte sieschon v. Bennigsen-Förder an, indem er sie in seinen Erläuterungen zur geognostischen Karte der Umgegend von Berlin 1843 von einigen Punkten des Spree- thales in und unterhalb Berlin beschrieb. Die jetzigen Unter- suchungen haben (s. S. 54) eine Ausdehnung ihrer Lager durch einen grossen Theil des jungalluvialen Theiles des Spreethales zwischen Berlin und Spandau, sowie nicht minder unterhalb Spandau an der Havel ergeben und lassen einen Hinweis auf ihre Ver- wendbarkeit wohl gerechtfertigt erscheinen. Bei ihrer grossen Leichtigkeit“) einerseits und in ihrer Eigenschaft als ausserordentlich schlechter Wärmeleiter andererseits, empfiehlt sich die Infusorienerde nämlich zu allerlei Zwecken, bei denen die eine oder andere dieser Eigenschaften oder womöglich beide zur Geltung kommen. Ich mache beispielsweise nur aufmerksam auf eine Verwendung als billiges und dauerhaftes Füllmaterial für die Wände von Eisschränken, Eis- *) Mit Wachs überzogen schwimmen daraus geformte Steine auf dem Wasser. [397] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 133 . schuppen u. dgl., wozu sie, soviel ich weiss, seither noch nicht benutzt worden ist. Zur Herstellung besonders leichter Bausteine war die Infusorienerde schon im grauen Alterthume bekannt, wenig- stens sind Schilderungen von Plinius, sowie von Vitruv wohl mit Recht auf dieselbe bezogen worden. Auch in neuester Zeit sind bei Entdeckung des grossen Infu- sorien-Lagers in der Baugrube des neuen Museums zu Berlin er- folgreiche Versuche zur Herstellung von Gewölbsteinen aus Infusorienerde seitens des Oberbaurath Stüler gemacht worden. Zwar zeigten sowohl die aus gereinister, wie die aus der unreinen Infusorienerde direct und im gewöhnlichen starken Ziegelofenfeuer hergestellten Steine nicht genügenden Härtegrad, erlangten den- selben aber sowohl durch einen Thonzusatz von 5 bis 10 pÜt., als auch andererseits durch Erhöhung des Hitzgrades bis zu starkem Porzellanfeuer, in welch’ letzterem Falle sie um etwa x geschwun- den waren und eine grössere Härte, als die besten Klinker zeigten. Nach den Untersuchungen des Baumeister Hoffmann über die Schwere eines Kubikfuss Gewölbe aus Infusoriensteinen und aus anderem Material ergab sich dabei Folgendes: Ein Kubikfuss Gewölbe von Pariser Töpfen (10" hoch im Durchmesser) in Gipsmörtel ausgeführt wog . . 53,5 Pfd. „ B) Ein Kubikfuss ebenso hergestellter Gewölbe von den mit 10 pCt. Thonzusatz im Ziegelofen hergestellten, für den Museumsbau bestimmten Steinen wog . . . 60,» Pfd. Bei der Anwendung leichterer, ohne Thonzusatz zu erlangender Steine würde als In zu en sein ein Gewicht von ca. . . Be i Ä te: Ein Kubikfuss ebenso a De von grossen Steinen aus der Fabrik von J. P. Boltze in Flemüunde bei, Halle woo .. .... „2.22... 2.0... 7L1s Pid. Dsgl. von den in Berlin gebräuchlichen Mauersteinen ee a ee ln 5 100-115 Pfd. Merkwürdigser Weise sind Versuche die Infusorienerde bez. die aus ihr gebrannten nicht nur äusserst leichten, sondern auch 134 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [398] feuersicheren Ziegel zu Marine-Zwecken (für Pulverkammern, Küche, Heizungsräume der Dampfkessel u. s. w.) zu verwenden, nachdem zuerst durch den in der zweiten Hälfte vorigen Jahr- hunderts lebenden Italiener Giovanni Fabroni”) die Aufmerk- samkeit auf diesen Gegenstand gelenkt war, bereits zweimal durch politische Ereignisse gestört worden und in Vergessenheit gerathen. Das geringe Wärmeleitungs-Vermögen dieses Materiales soll nämlich soweit gehen, dass man im Stande ist, das eine Ende eines aus Infusorienerde geformten Ziegels in Händen zu halten, wäh- rend das andere rothglühend ist. Die erwähnten auf der hiesigen Königl. Porzellanmanufaktur angestellten Versuche haben ergeben, dass derartige Ziegelsteine nicht nur dem stärksten Porzellanfeuer Widerstand leisten, sondern selbst 6 Stunden der Weissglühhitze ausgesetzt, nicht geschmolzen waren, vielmehr, indem sie um etwa 2,3% und ;, Zoll in Länge, Breite und Dicke geschwunden waren, sich an Härte mit dem Granit messen konnten. Dieser Eigen- schaft halber sind sie denn auch seiner Zeit wieder von dem fran-- zösischen Bergwerks-Direktor zu Pont-Gibaud Herrn Fournet zu Gewölben für Schmelzöfen, wie für sonstige Oefen, in denen bedeutende Hitzgrade erzielt werden, für Brand- und Scheide- mauern und alle gegen Feuer zu sichernden Räumlich- keiten empfohlen worden. Da die gelinder gebrannten Infusorien-Steine sich mit dem Messer schneiden lassen und in jeder Grösse herzustellen ‚sind, würden sich solche aber auch in ganz anderer Weise, nämlich zu Skulpturen verwenden lassen und da sie den Abguss besonders leicht loslassen sollen, auch zu Formen für Metallabgüsse besonders empfehlen. Derselbe Mr. Fournet empfiehlt die Infusorienerde ferner für Glashütten als kostensparenden Ersatz des Sandes und, in ganz anderer Weise, zu grösseren, für die Kühlhaltung von Flüssigkeiten bestimmten Gefässen in heissen Ländern. Ganz besondere Aufmerksamkeit dürfte die Infusorienerde aber ”) Di una singolarissima specie di mattoni. Abhdle., geles. in der Akademie zu Florenz. = [399] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 135 ausserdem noch für den gesammten Ziegeleibetrieb ver- dienen, wenn es sich bewährt, dass ein verhältnissmässiger Zusatz derselben zu fettem Thone, statt des üblichen Sandzusatzes die Steine erstens besser und gleichförmiger austrocknen, sodann im Ofen weniger schwinden und sich weniger verziehen lässt, während sie gleichzeitig leichter und namhaft fester werden. Brennmaterial. Brennmaterial besitzt die Gegend unseres Kartencomplexes in dem Torf des Alluviums in ganz ungewöhnlichem Maasse. Das grosse Rhinluch, dessen Torf unter dem Namen des Linumer Torfes einen derartigen Ruf erlangt hat, dass dieser Name in Berlin geradezu als Aushängeschild für einen guten Torf benutzt wird, liest, zum grossen Theil den Norden der Blätter Linum und Cremmen erfüllend, im genannten Bereiche. Auch das Havelluch zeigt bei Nauen ein, wenn auch nicht tiefes, so doch horizontal recht ausgedehntes Lager. Selbst der Einschnitt der Wublitz (Sect. Markau) ist mit einem recht ansehn- “ lichen Torflager erfüllt und nicht minder ist das ausgedehnte Lager längs der Havel in Section Oranienburg und Hennigsdorf der Be- achtung werth. Alle diese Lager, deren letztere man meist nur an ganz vereinzelten Stellen auszubeuten angefangen hat, und denen sich eine grosse Anzahl kleiner, nur für die nächste Nachbarschaft Be- deutung erlangende anschliessen, bilden noch einen ganz ansehn- lichen allmälıg zu hebenden Schatz der Gegend. Bei den gerade aus dem Havellande in einiger Anzahl bekannt sewordenen Analysen von Torf, namentlich von Linumer Torf, schien trotz der Bedeutsamkeit dieses Brennmateriales für die in Rede ‚stehenden Sectionen, die Ausführung einer Analyse und zwar eines Torfes aus einem der kleineren Nebenbecken innerhalb der Hochfläche ausreichend. Diese von Dr. Wahnschaffe aus- geführte Untersuchung gab das in der folgenden Tabelle zusammen- gestellte Resultat. 136 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [400] Getrockneter Torf von Dyrotz (Sect. Markau). | Prozent | | Bestandtheile \dse del ers Bemerkungen Kalt Saner R | ORDDR Natsone ee 10, Ei Kalkerder. u... 2: 4,93*) ig) a Magnesia ...... 190,18 ya | 10239, | : Thonerde ...... 0,514) ) Asche | 1) Fast nur in Form 2 : von Feldspath vor- Eisenoxyd...... 2,10 handen: Kieselsäure ...... | 1,64 | Phosphorsäure ... . 0,33 | Schweiekan. ame 0,431. | 6 / 9,61 | . Humus Su rat in: Feniar ze, je 61,94 brkanbere *) Aus d. Differenz Chem. geb. Wasser*) 27,67 Theile berechnet. Ueber den Heizwerth und das ganze Verhalten gerade des Li- numer Torfes beim Brande sind Versuche in grossem Maassstabe auf Veranlassung und auf Kosten des Vereins zur Beförderung des Ge- werbefleisses in Preussen mit Unterstützung des Königlichen Mini- steriums für Handel und Gewerbe im Jahre 1847 unter specieller Leitung des Dr. Brix in grosser Anzahl angestellt. Die Resultate mit allen Details sind mit den entsprechenden Untersuchungen über andere Brennmaterialien in dem bekannten Werke „Die Heiz- kraft der wichtigeren Brennstoffe des Preussischen Staates“ von Dr. P. Wilh. Brix, Berlin 1853, niedergelegt. Die folgende auf Grund des dort veröffentlichten Materiales für die hier genügende Uebersicht zusammengestellte Tabelle giebt in den Columnen 3 bis 6 die allgemeine Zusammensetzung der drei damals nach der Oertlichkeit unterschiedenen Sorten des Linumer Torfes auf Grund von 6 kleineren im Tiegel gemachten Proben. Der nutzbare Heiz- effekt, welchen, für rohes und getrocknetes Material berechnet, die beiden folgenden Columnen bieten, wurde jedoch unter An- wendung der in den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gewerbefleisses in Preussen, Jahrgang 1846, S. 141 ff. be- schriebenen Dampfmaschine aus der in der zweiten Columne an- [401] 137 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. gegebenen gesammten Menge des bei jedem der 21 Versuche ver- brannten Materials bestimmt. Die letzten drei Columnen geben sodann [gleichfalls in damaligen preussischen Pfunden] den Mate- rial-Verbrand und die Dampferzeugung während der Periode der stetigen Dampfentbindung. Das Material selbst stammte aus den bald darauf eingegan- genen Königlichen Gräbereien des Rhinluchs und zwar der so- genannte Torf erster Qualität aus dem nördlichen Theile des Re- viers Flatow (Flatow’sche Gemeindewiesen), . Torf zweiter Qualität aus dem nördlichen Theile des Re- viers Linum (westl. vom Rev. Flatow), Torf dritter Qualität aus dem südlichen Theile des Re- viers Linum Nutzbarer Heiz- Periode der stetigen Zusammensetzung Dabei effekt Dampfentbindung Mate- Asche | 1 :1 Pfd. | 1 Pfd. | Material Dampf vial | Brenn- va rohes | trocknes | verbrannt erzeugt 2 : bare | Wasser | Asche |trockenen Mark , ir a Sn rann > : Mater : G : proStunde Theile“) Materials Me ES or = En OF. | va Dampf | Dampf | derRost-| „ | der Rost- Bid pet. pCt. | pCt. Pfd. are fläche a Bitlzechre Linum (Flatow) erste Qualität. 692 — _ — | — | 2,34 er | ea Se za 1100 | 58,67 | 33,70 | 7,63 | 11,50 | 299 5,03 | 9,6 ae 1100 | 58,59 | 34,25 | 7,13 | 10,85 | INS 4,75 | 10,3 26 02.058 1200 | 56,85 | 37,10 | 6,05 9,63 | 2,33 5,24 | 10,5 2:91 2780,6 1072 | 70,45 | 20,90 | 8,65 | 10,93 | 4,08 5,42 | 108) 3,7) 42,0 138 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. Linum zweite Qualität. [402] Nutzbarer Heiz- Periode der stetigen Dabei Am au effekt Dampfentbindung Mate- Asche | — ee 1 Ver- 2 7 1 Pfd. | 1 Pfd. | Material Dampf such ; £ Brenn ne rohes | trocknes |verbrannt erzeugt N bare | Wasser | Asche |trockenen ee ed & rann Er 2 Be aterial liefert: IproStunde _; |pro i Theile*) Materials u.Q-F. E u.Q-E Dampf | Dampf |derRost- , |derR No. | Pfd. | pCt. pCt. | pCt. Pfd. Pfd. fläche 3, | fläche I.| 8555| — = E= | — | 2,51 4,66 — _ 1I.| 946 _ — == | — | 2,74 5,03 4,7 30| at 111. | 1439 — — — | _ | 2,65 | 4,88 = — —_ TV a200. Er | e: | 2,71 4,98 1.2 |30| 197 va 1a10 = — — | — | 2,86 5,23 E= — VI. | 1107 == = — | — | 2,63 4,36 | 4,8 3,2 | 15,4 —_. | 3 VI.| 992 = = — | _ | 2,82 Se | _ | _ | —_ | VI. 1252 _ — | —_ | — | 2,842. 115.20 | — | — | _ IX. | 1197 54,83 | 33,30 | 6,87 | 11,13 3,65 6,49 5,2 3,8 19,7 EN = | _ | — | 2,75 5,05 — | — | = X. 1195,51, 2 = - | En | Zu | 4,99 _ | — | — *) Aus der Differenz berechnet. [403] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. Linum dritte Qualität. 159 utzbarer Heiz- Zusammensetzung Nutzbarer Heiz Periode der stetigen Dabei effekt Dampfentbindung V Mate- y Asche er | 1 eiel, 1 Pfd. | Material Dampf such ze Brenn- | | ea rohes trocknes |verbrannt erzeugt de bare | Wasser | Asche |trockenen ee Zu rann s : ateria rt: IproSt : :0S Theile”) Materials 2 De on = In OF Dampf | Dampf |derRost- | derRost- No. I Bid. |" pCt. pCt. | pCt. Pfd. Pfd. fläche 3 | fläche I. | 1258 _ _ — | _ | HIT 5,81 | _ = en ee = x | = | 2,90 4,35 | a N UM 11. [1346,71 — — — | — | 3,46 3 | 1) Sh0 12.059 IV. [1226,7| — — — | —_ | 3) 5,01 | 6,1 3,2 OT aka nel a er | i V. [1190,7| 66,76 | 27,16 | 6,08 8,34 3,45 5,09 | — _ — *) Aus der Differenz berechnet. Ein Blick auf die vorstehenden Tabellen zeigt sofort, dass jede der drei Versuchsreihen in sich, sowohl betrefis der Zusammen- setzung, wie in Hinsicht auf den Heizeftekt mindestens dieselben Verschiedenheiten ergiebt, wie ein Vergleich untereinander. Ja es zeigt sogar die dritte, also angeblich am wenigsten gute Sorte eisenthümlicher Weise einen durchgehend höheren Heizeffekt, als gerade die erste angeblich beste Sorte. Die damals auf Grund der allgemeinen Erfahrung, dass der Torf des Rhinluches im Grossen und Ganzen von Norden nach Süden zu geringer zu werden scheine, in horizontaler Richtung gemachten, auch beim Verkauf unterschiedenen Sorten, sowie der genannte Erfah- rungssatz selbst, können somit nicht als stichhaltig anerkannt wer- den. Im Allgemeinen wird sich vielmehr auch hier der Erfahrungs- satz bewahrheitet finden, dass der Torf in Folge einfacher Ver- 140 Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [404] dichtung der Masse nach der Tiefe zu eine Üoncentration der brennbaren Theile erkennen lässt bez. an Güte zunimmt. Derartig in vertikaler Richtung unterschiedene Proben von Linumer Torf zeigten nach Poggendorff die aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlichen, das Gesagte einigermaassen be- weisenden Unterschiede. Wenn dennoch die mittlere Schicht, gegenüber der oberen, keine Zunahme, vielmehr eine geringe Ab- nahme der brennbaren Theile zeigt, so dürfte das auch gerade mit der Bildung unserer Grünlandsmoore in engem Zusammenhange stehen. Denn bei derselben ist immer die oberste mit den leben- den Pflanzen noch im engeren Zusammenhange stehende und die meisten unzersetzten Pflanzentheile enthaltende Decke mehr oder weniger schwimmend, wenigstens bei steigendem Wasser sich hebend, zu denken. Die Folge davon ist, dass die darunter nächst- folgende als verrottete Pflanzensubstanz zu Boden gesunkene Torf- lage eigentlich als die oberste, daher lockerste des auf gleiche Weise im Laufe der Zeit gebildeten homogeneren aus der Ver- bindung mit der lebenden Pflanzendecke losgelösten übrigen Haupt- Torflagers aufgefasst werden muss und von hier aus eigentlich auch erst die regelrechte Zunahme des Gehaltes an brennbaren Theilen beginnen kann. Brennbare Aschen- Wasser- Torf von Lnum | Theile gehalt gehalt pCt. pCt. pCt. Obere Schicht... | 72,40 | 7,10 20,40 Mittlere Schicht . . | 70,06 | 8,28 | 20,66 Untere Schicht... . 76,59 | 7,36 | 16,05 Die von dem Königlichen Handels- Ministerium zu den vor- genannten Heizwerths- Versuchen gelieferten von Dr. W. Baer unter Leitung des Prof. Dr. W. Heintz ausgeführten Elementar. [405] Resultate*). Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. des Torfes Resultate der Analyse: 141 Analysen gaben die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Berechnete Zusammmensetzung: S-' Bei der i 5 : i =: „| es, en in 100 Theilen in 100 Theilen 4323 wurde erzeugt mit Einschluss der nach Abzug der 2 stan TEE yasser | Kohlen- Asche Asche e|ö stoff 2 ee 0,555 | 0,210 | 1,025 |-0,062 | 50,36 |ı 4,20 | 34,27, 11,17 | 56,69 | 4,73 | 38,58 0,3695| 0,161 | 0,7275 | 0,036 a 4,84 | 31,73 | 9,74 | 59,48| 5,86 | 35,16 0,415 | 0,173 | 0,857 | 0,037 | 55,01 | 4,63 | 31,44 | 8,92 | 60,40 | 5,05 | 84,52 ” 12:10,527 | 0,222 0,996 .| 0,052] 51,54 | 4,69 | 33,90.| 9,87 | 57,18 | 5,20 | 37,62 2 \0,3502 | 0,146 | 0,555 | 0,028| 50,13 | 5,36 | 35,24 | 9,27 | 55,25 | 5,91 | 38,54 Zum Vergleiche mögen in der folgenden Tabelle noch einige Elementar - Analysen havelländischen Torfes von anderen Analy- tikern folgen und demnächst eine Reihe spezieller Analysen von Torfaschen aus dem vorliegenden Kartenbereiche sich anschliessen. ; B b Theil 1 Getrockneter ae Mann ARTE 5 ee wir i 0 er Torf Kohlen- Wasser- | Sauer- | Stick- Seh ezeichnung | Analytik Er stoff stoff stoff stoff Se des Torfes Linum . 59,47 6,52 al,5l Al | 18,53 schwer. Websky - leicht, locker Havelluch . | 53,51 | 5,90 40,59 1 6,0 [1elenb oeker| Taeckel - Havelluch . | 56,43 | 5,32 38,35 | 9,86 Ischw.dichtbr.! Jaeckel Grunewald. | 49,88 | 6,50 | 42,42 | 1,16 | 3,79 & Wehe, *) S. den Anhang zu Brix, die Heizkraft der wicht. Brennstoffe des Preuss. Staates, $. 378. j Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. [406] 142 "zEsT ayep 'p 'F gypLıogseagep s,ddoy 's “uoskeuy uoyos [oJ99®8Pp Al (e "uIogT "BUOLEULIOF 49 ouorMsodwoo Arm], OT :uoreg1ossig ANSQOM 'L (+ ‘else UOPUND019I UT (g "ISnJIoA PAISNUT (z "U9PUBT.IOA U9SIHTEFOEMUIK UOA ULMIOM um yoruoyosigem urmgprur ‘uopunged KBDJoS Se uIPpuos ‘“uspuriIoa emmgsppNgog spe IJyorm Ist HgfosıoeT "TepAyog (j = =: = == Lea | ste) — GET Teos | 16H FRI rn 90T legt | ° zrola unvıIg Be pyo9ep |e9‘,ı |Fypıpaomnyos| EIT‘S er TI 98a | — 790 Isc’e lar'ıı |sy’s |s8‘9 | 060 | — Ier/e# | — Ics‘o| ' yonpaef SSSALSZzUy Hd 3 < ‘ E73 c [4 ‘ [3 c < ‘ [4 “ . Po98p |a8‘61 Kstowrsoorguoror] EEG 162°9 | 80T | — 1660 IET'T |62'8T 169° | 82'Cz | SET 180° |6z'ee F8°0 \oz‘o | ' yonpaeH UIISBLH, "N PIE I68‘SL en 19°C |00°6 | 890 |8e‘o ITE‘o 120'T jec‘og |6rF |C9’8 | ge‘ F0'8 loo'2e 1980 \ez‘o| " yonıpaefl u92700.44 POLL Ia8°Ig = oMyos| 168 F6IL | 01% STo ISO |EF'T ILe'ST |8°C |8206 | FIT |e9‘T \ag‘eg I8c‘o |te‘o|. ' " Noesırg u92]9041) | | (TOJP9R PL [89° 1 ni “ronmos| 9e'8 1807 | 19T | — |6g'o Iurc \ır ra | 61°C | Eger | 9F'1 ers reise 220 870 | ' ' " unug YOUND01J | AysggmM | — | 99) oayos [(.9g‘1)82‘% | (276% | — FI‘o eg‘o 1z9°TT | 80T | TO'8T | 28°C \F70 9T‘8F 97‘0 |eT‘o| ° ' umurg (PUND0192) („Asp M | — [AWOrTOTIOLLEESI|8'SE IL TT — |80'0 |ez‘o IE |2e‘e |oFIT | 926 \e20 6521 \sc‘0 loz‘o| ; mug 22 P2| 581.08| 09 1m |s0d|«O9| «OS 1.0 0A] 0 :IV OSN| O%9 |O:N| ON {07} oa an ; k 2» Ries: | 92 au a4 SolI 19271) feuv a 5 SOJIO T, syp 3 5 S E a 5 > . 5 ® = = S 3 z 3 I opun dop Sg [Sunuppzag| SH | mn ı mel || Er 3 5 = B ae. 1 sop 5” Br |E.|88 =|5 = 5 Sa ee ogesuy | = OAOURN = ns | ©E = =: nn = © ® @ Sunugorozogt Z {a») M ai = E 5 ® D soyanjuıyy pun -J9A®H SOp U9Y9SEeJ1oT UOA usasAkjeuy [407] Die Nutzbarkeit verschiedener Quartärbildungen. 143 Schmuckmaterial. Mehr der Vollständigkeit als der besonderen Bedeutung halber, möge zum Schluss noch auf die Einmengung von Bernstein in Quartärbildungen hingewiesen werden. In der Sect. Oranienburg bildet er zusammen mit dem ihn stets begleitenden Sprockholz in jüngerem Alluvialsande, vielleicht auch im Thalsande, zuweilen derartige kleine Lager oder besser Nester, dass er doch schon wiederholt hier einige Zeit lang gegraben worden ist. Derartige kleine Gräbereien, welche zuweilen recht lohnend sein können, weiter fortgesetzt aber in der Kegel den Nutzen wieder verzehren, bestanden namentlich in der Nähe des Gutes Friedrichsthal und bei Sachsenhausen, beides auf Sect. Oranienburg. Grössere Stücke sind auch beim Bau der Pinnower Schleuse gefunden und ähnliche kleine Lager wie die vorigen auch am Lehnitzsee bekannt. A.W.Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47. ‚dEh0E kezei| } ia N _ ___ a — In D ZIEGE: 3 A -[osy9Tay ueyfe 19p Iop 1) use ap opuejyseL I USY2SMaPppıou ayomchnoypmaprogy op Sungıuıauay Q, Pan Y NN ZZ A = ER x p e 5 v t W Mn + . \ : . 2 Y > “ . 3 - v , % . ' ’ \ „” > & IINIIIIIBERADN SOHN FT RR I U ES y ann schen Kartenh andlu ng. Abhandlungen zur Preussen den Thüringischen Staaten. BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1873. Die Fauna der ältesten Devon- Ablagerungen des Harzes. Von Dr. Emanuel Kayser, Königl. Landesgeolog und Docent an der Universität zu Berlin. Mit einem Atlas von 36 lithographischen Tafeln. BERLIN. Verlag der Neumann’schen Kartenhandlung. 1878. Da I » g - l 3 Ei 3 2 M ., 2 Z 3 EL “a rt I a: ; = < : \ B “ en x * Einleitung und Historisches. Die kleine Gebirgsinsel des Harzes musste bei ihrer isolirten Lage inmitten des norddeutschen Hügellandes und bei der ausser- ordentlichen Mannigfaltigkeit ihrer Gesteinsbildungen schon früh- zeitig die Aufmerksamkeit der Geologen auf sich ziehen. Und in der That legen die Namen Trebra, Lasius und Freiesleben Zeugniss dafür ab, dass die geologische Durchforschung des Ge- birges schon im vorigen Jahrhundert begann. Dieselbe wurde später durch Zincken, Jasche, Hoffmann, Hausmann, Zimmermann und Andere fortgesetzt. Indess war das Interesse aller dieser Forscher fast ausschliesslich der Beschaffenheit und Vertheilung der verschiedenen Gesteinsarten oder in selteneren Fällen auch dem allgemeinen Bau des Gebirges zugewandt, wäh- rend dessen organische Reste so gut wie unberücksichtigt blieben. Als dann im zweiten Viertel unseres Jahrhunderts ein lebhafteres Interesse für Paläontologie zu erwachen begann, zogen die Fossil- einschlüsse der den Harz umgebenden sogen. Flötzformationen bei ihrer verhältnissmässigen Häufigkeit und guten Erhaltung die Auf- merksamkeit der Forscher begreiflicherweise viel mehr an, als die Versteinerungen der den Kern des Gebirges bildenden Uebergangs- Formationen. Erst als Murchison und Segdwick durch die erfolgreich durchgeführte Gliederung der ältesten Ablagerungen in England und ihre Versuche, die dort unterschiedenen Abtheilungen auch in anderen Ländern nachzuweisen, eine mächtige Anregung gegeben hatten, begann man wie anderweitig so auch im Harz sich mit Eifer dem Studium der ältesten fossilen Faunen hinzugeben. VI Einleitung und Historisches. Im Harz widmete sich Friedrich Adolph Römer dieser Aufgabe. In seiner im Jahre 1843 erschienenen ersten Harz- Arbeit!) gab er die Beschreibung und Abbildung einer grossen Menge von Petrefacten aus den alten Schiefer- und Grauwacken- Bildungen des Gebirges und versuchte auf Grund derselben eine Altersbestimmung jener Gesteinsbildungen. Ausgehend von der bekannten Schichtenüberstürzung am N.W.-Rande des Harzes er- klärte er damals den nordwestlichen Theil desselben mit den Faunen des Iberges, Rammelsberges etc. für devonisch, während er den Harzburg-OÖsteröder Grünsteinzug mit den umgebenden Schichten ebenso wie die Kalkmasse von Elbingerode für obersilurisch, die im Osten des Grünsteinzuges befindlichen Schichten bis etwa an das Sieberthal und Andreasberg heran für untersilurisch, den ganzen noch weiter östlich liegenden Theil des Gebirges endlich als cam- brisch ansprach. Schon damals erwähnte Römer das Vorkommen von Pflanzenresten (bes. Knorrien) in der Grauwacke von Lauter- berg und Strassberg und beschrieb einige Versteinerungen aus einer bei Ilsenburg und einer anderen bei Harzgerode und Mägdesprung vorkommende Kalkfauna, deren erstere er auf Grund eines als Knightii bestimmten Pentamerus und von Cardiola interrupta für obersilurisch, die letzteren aber für noch älter erklärte. Fast um dieselbe Zeit sprachen auch Murchison und Segd- wick auf Grund emiger flüchtiger Durchschnittstouren durch den Harz ihre Ansichten über denselben aus, ohne indess dadurch die Sache irgendwie zu fördern?). Auch sie erklärten damals den ganzen östlichen Theil des Harzes für silurisch und cambrisch. 1844 erschien Ferdinand Römer’s Rheinisches Uebergangs- gebirge. In demselben wurden auch die ältesten Ablagerungen des Harzes besprochen), in denen der Autor bei ihrer übereinstimmen- den nordöstlichen Streichungsrichtung nur die Fortsetzung des rheinischen Gebirges sah. Gleich seinem Bruder und den eng- lischen Gelehrten parallelisirtt auch F. Römer die Schichten des ÖOberharzes den petrographisch ähnlich entwickelten Mitteldevon- !) Versteinerungen des Harzgebirges, Hannover 1843. 2?) Transact. Geol. Soc. 2, s. VI p. 283 ff. (1342). Dep 92, Einleitung und Historisches. vu und Kulmbildungen Westfalens.. Er erklärt sich aber entschieden gegen die Ansicht, als sei die östliche Hälfte des Harzes silurisch oder gar cambrisch. Zwar hält auch er die in diesem Theile des Gebirges auftretenden Schichten für älter als die oberharzer; die- selben seien indess nicht älter als die (unterdevonische) rheinische Grauwacke, die wie am Rhein so auch am Harz das verbreitetste Glied der Devonformation darstellen werde. Die Bestimmung des Pentamerus Knight, auf den hin sein Bruder den Ilsenburger Kalk für obersilurisch angesprochen hatte, greift er als unrichtig an, vergleicht vielmehr diese Versteinerung mit dem bekannten P. rhe- 'nanus von Greiffenstein, der ebenfalls an einer Stelle vorkomme, wo an Silur nicht zu denken sei. In ganz ähnlicher Weise wie F. Römer, sprach sich bald darauf auch Fr. Sandberger in einer kritischen Besprechung!) von A. Römer’s Publication gegen das silurische Alter des Ilsenburger und Mägdesprunger Kalkes aus. Es ist auffallend, wie nahe die damaligen Ansichten der beiden zuletzt genannten Forscher und zumal F. Römer’s unseren heutigen kamen; denn in dem Schlusstheil dieser Arbeit werde ich zu beweisen suchen, dass Ablagerungen von höherem als devonischem Alter im Harz in der That nicht vorkommen. Diese nach den ganzen Verhältnissen schon damals sehr naturgemässe Vermuthung konnte indess zu jener Zeit noch viel zu wenig be- wiesen werden, als dass sie allgemeinere Annahme hätte finden können. Hat doch F. Römer selbst sie später aufgegeben und in der Folge?) nicht nur den Kalk von Ilsenburg, sondern ganz neuerdings?) auch den Quarzit von Greiffenstein lediglich auf Grund von Pent. rhenanus für silurisch angesprochen! Während der zweiten Hälfte der 40er Jahre war die Thätig- keit A. Römer’s fast ausschliesslich der Erforschung des Ober- harzes gewidmet. Es gelang ihm hier nach und nach fast alle Glieder der Devonformation, welche durch die Brüder Sandberger, v. Dechen, Römer und Andere am Rhein nachgewiesen worden waren, auch im Harz wiederzufinden. Nach einer kurzen vor- 1) Neues Jahrbuch 1845, p. 427. 2) Lethaea geognostica, 1, 2. p. 26 (1854). 3) Zeitschr. d. deutsch. geol. @. Bd. 1874, p. 752. VII Einleitung und Historisches. herigen Ankündigung!) im Jahre zuvor theilte Römer diese schönen Entdeckungen 1850 in der ersten Nummer seiner wich- tigen „Beiträge z. geol. Kenntn. d. nordwestl. Harzgebirges“?) aus- führlich mit und beschrieb zu gleicher Zeit eine grosse Menge von Versteinerungen vom Oberharze. In einem Anhange dieser Arbeit bildete er auch 27 von Jasche gesammelte Arten aus dem Kalk des Klosterholzes bei Ilsenburg (hauptsächlich Brachiopoden) ab, die wenn auch nur zum kleineren Theile richtig bestimmt, doch schon eine grosse Uebereinstimmung mit den von Barrande aus dem Kalk von Konjeprus in Böhmen bekannt gemachten Formen hervortreten liessen. Der Nachweis dieser Uebereinstimmung ist eines der wichtigsten Resultate der Römer’schen Publikation, durch welches er übrigens die Richtigkeit seiner von anderen Forschern angegriffenen Ansicht vom silurischen Alter des Ilsenburger Kalkes ausser Frage gestellt glaubte, da der Kalk von Konjeprus nicht nur damals, sondern auch bis auf den heutigen Tag allgemein als silurisch gegolten hat. Mit der zweiten 1852 erschienenen Abtheilung seiner Bei- träge?) wandte A. Römer sich wieder dem Mittel- und Unter- harze zu. Es wurden in dieser Publikation einige 20, durch den Bergmeister Bischof gesammelte Arten aus den Kalklagern der Gegend von Harzgerode und Mägdesprung beschrieben und ab- gebildet. Gleichzeitig wurden die krystallinischen Kalke von Zorge, Wieda und Hasselfelde vornehmlich auf Grund des Vorkommens von Ehynchonella princeps und pseudolivonica als Aequivalente des Ilsenburger und Mägdesprunger Kalkes angesprochen, die im ersten Beitrage noch als silurisch betrachteten schiefrig-sandigen Schichten von Andreasberg aber, in denen sich in der Zwischenzeit Spirifer macropterus und Homalonotus gefunden hatten, für unterdevonisch erklärt und dasselbe oder ein etwas jüngeres Alter auch für die in der östlichen Fortsetzung nach Hasselfelde und Treseburg auf- tretenden Schichten vermuthet. In demselben Beitrage wurde end- lich die pflanzenführende Grauwacke von Lauterberg, Stolberg und !) Neues Jahrbuch 1849, p. 682. ?) Paläontographica III, p. 1—67, pl. 1—10. 3) Ibid., p. 69—111, pl. 11—15. Einleitung und Historisches. IX Mägdesprung — ähnlich wie das schon früher!) durch Fr. Sand- berger geschehen war — dem Kulm zugewiesen und der östlich vom Acker sich ausdehnenden und bis Wieda und Beneckenstein reichenden, sowie auch der angeblich von Neustadt über Günters- berge und Strassberg nach Ballenstedt sich erstreckenden Grau- wacke vermuthungsweise das nämliche Alter zugeschrieben. In dem dritten 1855 publicirten Römer’schen Beitrage?) wurde abermals eine grössere Anzahl von Versteinerungen aus dem Kalk des Scheerenstieges bei Mägdesprung und des Schnecken- berges bei Harzgerode bekannt gemacht. Gleichzeitig wurden die schiefrig-sandigen Bildungen im Drengelthal oberhalb Hasserode auf Grund des Vorkommens von Spirifer macropterus und Chonetes sarcinulata gleich denen von Andreasberg dem Spiriferensandstein parallelisirt, die im Norden der Elbingeroder Kalkmulde auftreten- den Schichten aber wegen eines Fundes von Orthoceras triangulare den Wissenbacher Schiefern, mit welchem Namen Römer gewisse, Cephalopoden-führende, über dem Spiriferensandstein auftretende, mitteldevonische Schiefer des Oberharzes bezeichnete. In das Jahr 1855 fällt die Entdeckung der ersten Graptolithen im Harz. Dieselben wurden durch einen Schüler Römer’s im geraden Lutterthal nördlich Lauterburg aufgefunden. BKömer machte dieselben zum Gegenstande einer kleinen Publikation?) und sah sie natürlich als einen neuen entscheidenden Beweis für die Existenz der Silurformation im Harze an. 1858 publicirte Giebel eine grössere den Harz betreffende paläontologische Arbeit. Angerest durch Murchison, der das Vorhandensein silurischer Bildungen im Harze noch immer in Zweifel zog‘), machte er den Inhalt der reichhaltigen, von Bischof in Mägdesprung im Laufe längerer Jahre zusammengebrachten Sammlung von Fossilien der dortigen Gegend zum Gegenstande einer Monographie’). Er beschrieb nahezu 100 Arten, haupt- !) Neues Jahrbuch 1844, p. 430. 2) Paläontogr. V, p. 1—46, pl. 1—8. 3) Neues Jahrbuch, p. 540. *) Siluria, erste Ausgabe (1854), p. 362 Anm. 5) Die silurische Fauna des Unterharzes, Abhandl. d. Naturw. Ver. f. Sachsen u. Thüringen in Halle, Bd.I, 1858. x Einleitung und Historisches. sächlich Brachiopoden, ausserdem Trilobiten, Gastropoden, Lamelli- branchiaten ete., aber nur ein Orthoceras, wie denn Cephalopoden im Kalk des Schneckenberges und Scheerenstieges — aus dem weitaus die meisten von Giebel beschriebenen Arten stammen —. wie in allen hereynischen Brachiopodenkalken (siehe weiter unten!) fast gänzlich fehlen. Zwar war die Mehrzahl dieser Arten bereits von Römer in der zweiten und dritten Nummer seiner Beiträge beschrieben worden; indess fielen Giebel’s Bestimmungen zum grossen Theil von denen Römer’s sehr verschieden aus. Als Resultat der fraglichen Arbeit ergab sich, dass die Kalklager des östlichen Harzes sammt den sie begleitenden Schiefern unbedenk- lich dem Obersilur angehörten und Aequivalente des englischen Wenlockkalkes, des nordamerikanischen Niagarakalkes und der böhmischen Etagen E und F' Barrande’s darstellten. Als eine Eigenthümlichkeit hob Giebel das Vorkommen einiger ächt devo- nischer Typen (Spirifer speciosus und laevicosta, Rhynchonella pila und Capulus vetustus) hervor, eine Thatsache, die wir später ın viel weiterem Umfange bestätigen werden, die aber seitens des halle’schen Gelehrten ebenso wenig wie die schon von Römer erkannte Analogie mit den obersten Barrande’schen Kalketagen weitere Beachtung fand. Im Jahre 1860 veröffentlichte Römer die vierte Folge seiner Beiträge!). Es wurden in derselben eine Anzahl Cephalopoden, darunter auch mehrere Goniatiten, aus dem Kalk der Umgegend von Wieda beschrieben, die ganz richtig mit Arten aus dem Wissenbacher Schiefer Nassau’s identificırt wurden. Auf Grund dieser Funde erklärte aber Römer jetzt nicht blos die betreffen- den Kalke für Aequivalente der eben genannten, von ihm in’s Mittel- devon versetzten Schiefer, sondern nahm dasselbe Alter, welches er bereits in seinem dritten Beitrage für die Schichten in der Um- gebung der Elbingeroder Kalkmulde vermuthet hatte, in immer weiterer Ausdehnung für einen grossen Theil von ihm bisher für silurisch gehaltener Schiefer und Kalke des mittleren und östlichen Harzes in Anspruch. Näherte er sich damit auch auf der einen 1!) Paläontogr. IX, p. 1—46, pl. 1—12. Einleitung und Historisches. XI Seite der Wahrheit, insofern als die Wiedaer Cephalopoden in der ‘That lauter devonische Arten und die sie einschliessenden Kalke wirklich devonisch sind, so kam er doch andererseits dadurch auf Abwege, dass er die brachiopodenreichen Kalke von Ilsenburg und Mägdesprung, die in Wirklichkeit mit dem Wiedaer Kalk gleich- alterig sind, als obersilurisch zu betrachten fortfuhr. Er gerieth auf diese Weise in eine Sackgasse, aus der er keinen Ausgang mehr zu finden vermochte. Ausser den genannten Cephalopoden von Wieda beschrieb Römer in demselben Beitrage!) noch ein paar Pflanzen aus der Grauwacke von Lauterberg, darunter auch ein als Stigmaria ficordes bestimmtes Fossil. Vornehmlich auf Grund dieses letzteren wurde jetzt nicht nur die genannte Grauwacke, sondern auch diejenige von Mägdesprung und vom Schlossberge bei Wernigerode für jünger als die Clausthaler Kulmgrauwacke erklärt. Auch damit entfernte sich Römer immer weiter von seinen früheren, der Wahr- heit viel näher kommenden Ansichten, da er die betreffenden Grau- wacken mit Rücksicht auf ihr Vorkommen in nächster Nachbar- schaft der versteinerungsführenden Kalke — deren Unterlage sie auch ın der That bilden — ehemals als silurisch classificirt hatte. Im Jahre 1865 äusserte sich Barrande gelegentlich einer eingehenderen Vergleichung seiner obersten böhmischen Kalketagen mit analogen Ablagerungen anderer Gegenden?) auch über die Kalkfauna von Mägdesprung und Harzgerode. Er hob mit scharfem Blicke deren grosse Aehnlichkeit nicht sowohl mit seinen Etagen E und F — wie Giebel gemeint — sondern mit F und @ her- vor, womit er in der That das Richtige traf. Gleichzeitig hob er die merkwürdige Uebereinstimmung hervor, die sich in dem massen- haften Auftreten Capulus-verwandter Formen mit den genannten böhmischen Etagen und der von ıhm mit diesen parallelisirten nordamerikanischen Oberhelderbergformation ausspräche — eine in der That sehr auffällige Uebereinstimmung, auf die wir später ausführlich zurückkommen werden. 1) 1. e. p. 164. ?) Defense d. colonies III, p. 210—13. XI Einleitung und Historisches. Im darauf folgenden Jahre 1866 gab Römer seinen fünften und letzten Beitrag heraus!). Die Ueberzeugung von der grossen Rolle der Wissenbacher Schiefer im Harze hatte mittlerweile bei ihm weitere Fortschritte gemacht. Denn während in dieser Arbeit eine Lingula aus dem Kalk des Klosterholzes noch als silurisch beschrieben wird, werden Reste aus den begleitenden schiefrig- sandigen Schichten als Wissenbacher angesprochen! Ja, die Be- fangenheit Römer’s ging damals schon so weit, dass er dem Wissenbacher Alter eines von Jasche im Tännenthale bei Ilsen- burg entdeckten Kalkes zu Liebe das Vorkommen der von ihm selbst zweimal beschriebenen Cardiola interrupta im Kalke dessel- ben Thales in Zweifel zog. In ähnlicher Weise vermuthete er jetzt auch dem wissenbacher d. h. mitteldevonischen Alter der Wie- daer und Zorger Kalke zu Gefallen in einem von ihm früher als Pentamerus oblongus bestimmten grossen Brachiopoden (der weiter unten zu beschreibenden Meganteris) Terebratula caiqua oder Strin- gocephalus Burtini! Den Wissenbacher Schiefern wurde jetzt die ganze sich-von Zorge über Hasselfelde bis Treseburg erstreckende Schiefer- und Kalkzone zugewiesen, ebenso wie eine andere sich am Nordrande des Gebirges zwischen Ilsenburg und Thale aus- dehnende Zone. Die Lagerung der noch immer für silurisch an- gesprochenen Fauna des Klosterholzes zum umgebenden vermeint- lichen Mitteldevon wusste Römer natürlich nicht zu erklären. Auch wurde die Unwahrscheinlichkeit seiner Aufstellungen noch dadurch vermehrt, dass nicht allein die mit den genannten Kalken und Schiefern zusammen auftretende pflanzenführende Grauwacke von Ilsenburg und Wernigerode gleich der Lauterberger zum Kulm gestellt, sondern auch bald darauf?) gewisse sandige Schichten des Klosterholzes, in denen sich ähnliche Versteinerungen wie im Drengethal und bei Andreasberg gefunden hatten, für Spiriferen- sandsteine erklärt wurden! Es würde kein besonderes Interesse haben, hier auf die Vertheilung der verschiedenen Formationen im Harz, wie Römer sie sich damals vorstellte, noch weiter eingehen 1) Paläontogr. XIII, p. 201—236, pl. 33—35. ?) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. 1367, p. 254. Einleitung und Historisches. XIM zu wollen. Wer sich dafür interessirt, den verweise ich auf die letzte Ausgabe der kleinen, sogen. Prediger’schen geologischen Karte des Harzes, in deren mit jeder neuen Ausgabe wechselndem, aber womöglich immer unbefriedigender werdendem Bilde die Römer’schen Ansichten ihren Ausdruck fanden, sowie auf das 1865 erschienene zweite Blatt (Wernigerode) der grossen Pre- diger’schen Karte im Maassstab von 1: 50,000. Trotz der Unglaublichkeit seiner Constructionen war übrigens Römer selbst von den Resultaten seiner Forschungen keineswegs unbefriedist. Denn er konnte das Vorwort zu dem letzten seiner Beiträge mit dem Ausspruch schliessen: „so würde denn die Geognosie des ganzen Harzes klar gemacht sein und als ein ziem- lich einfaches System erscheinen, Alles Dank den lieben Verstei- nerungen!“ Wir freilich könnten heutzutage fast geneigt sein, diese Worte als Selbstironie aufzufassen. Dass aber schon damals die Unhaltbarkeit der Römer’schen Combinationen für jeden Un- befangenen klar zu Tage lag, zeigen die um jene Zeit herum ge- äusserten Worte Murchison’s!): „/ may say that many years must still elapse, before the demarcation between these deposits (den verschiedenen Gliedern der paläozoischen Schichtenfolge) can be even approwimately defined in a region so replete with disturbances ete.“ Die Geologie des Harzes musste in der That, als Römer bald darauf aus dem Leben schied, trotz der vielen von jenem Forscher gebrachten Aufhellungen fast räthselhafter erscheinen als je zuvor, da es durchaus nicht gelingen wollte, die Resultate der paläonto- logischen Forschung zu einem einigermaassen befriedigenden, den Bau des Gebirges erklärenden Gesammtbilde zu vereinigen. Uns kann dies Ergebniss freilich bei der einseitig paläontologischen, die Stratigraphie kaum berücksichtigenden Richtung der Röm er’schen Arbeiten und bei dem ganz ausserordentlich complicirten geolo- gischen Bau des Harzes heutzutage nicht Wunder nehmen. Nur durch eine bis in’s kleinste Detail gehende, gleichmässig durch das ganze Gebirge durchgeführte, in gleicher Weise die stratigraphischen wie die paläontologischen Verhältnisse berücksichtigende Unter- 1) Siluria, 4te Ausgabe (1867), p. 392. XIV Einleitung und Historisches. suchung und Kartirung konnte es überhaupt gelingen, das geolo- gische Problem der Tektonik des Harzes zu lösen. Freilich war das eine die Kräfte und Mittel eines Einzelnen übersteigende, nur durch die Vereinigung Vieler oder noch besser durch ein grosses wissenschaftliches Institut zu lösende Aufgabe. Um so erfreulicher ist es, dass nicht, wie Murchison befürchtet hatte, Jahre ver- gingen, ehe die Lösung auf dem bezeichneten Wege versucht wurde, sondern dass bereits in der Mitte der 60er Jahre, noch ehe A. Römer die Augen schloss, die preussische geologische Landesanstalt unter der Leitung und persönlichen Theilnahme Bey- rich’s ihre Arbeiten im Harz begann, dessen Geologie dadurch bald in ein ganz neues Stadium gelangen sollte. Die bis in die neueste Zeit fortgesetzten Arbeiten der Anstalt haben gelehrt, dass im S. OÖ. des Bruchberges und Ackers eine sehr ausgedehnte Grauwackenbildung auftritt, die von da gegen Östen als verhältnissmässig schmales Band fortsetzt, welches in schräger Richtung gegen die Längsaxe des Gebirges verläuft und bei Gernrode dessen Nordrand erreicht. Diese Grauwacke, die ausserdem in einer besonderen kleinen Partie bei Ilsenburg und Wernigerode wiedererscheint, hat den Namen „Tanner Grau- wacke“ erhalten und stellt das älteste, sich sattelförmig aus den jüngeren Schichten heraushebende Glied der paläozoischen Bildun- gen des Harzes dar. Das Gestein führt an vielen Punkten Pflan- zenreste und schliesst auch die durch Römer aus der Gegend von Lauterberg, Ilsenburg, Wernigerode und Mägdesprung be- schriebenen Knorrien, Sagenarien, Lepidodendren etc. ein, auf Grund deren jener Forscher dasselbe in’s Kulm versetzte!). Die genannten Pflanzen, zu denen sich später noch Archäocalamiten gesellt haben, können nicht mehr als Beweis für ein so junges !) Nur ein einziges Mal hat sich in der Tanner Grauwacke ausser den pflanz- lichen auch ein thierischer Rest gefunden, und zwar am S.O.-Abhang des Ackers, am Grosskastenhai nördlich Sieber, einige 100 Schritt südlich von der Stelle, wo die nach dem Schneiderhai führende Forstchaussee sich von der nach Lonau gehenden abzweigt. Der fragliche, durch A. Halfar gefundene Rest stellt den Abdruck eines ziemlich grossen, ovalen, nicht näher bestimmbaren Zweischa- lers dar. Einleitung und Historisches. XV Alter der betreffenden Grauwacke angesehen werden, seit man auch anderwärts, in Böhmen, im rheinischen Schiefergebirge und in Ca- nada in Bildungen nahestehenden Alters ganz ähnliche Reste, im Staate Ohio sogar Farren aufgefunden hat!). Ueber der Tanner Grauwacke folgt ein mächtiges, bis an den mitteldevonischen Kalk von Elbingerode hinaufreichendes Schich- tensystem, welches aus mannigfachen Thon-, Kiesel- und Wetz- schiefern, Grauwacken und Quarziten zusammengesetzt ist. Dieses Schichtensystem ist in mehrere Abtheilungen gegliedert worden, so dass sich jetzt das Schema für die gesammte, im Liegenden des Elbingeröder Stringocephalenkalkes befindliche älteste Schich- tenfolge des mittleren und östlichen Harzes von oben nach unten folgendermaassen darstellt: Elbingeröder Grauwacke. Zorger Schiefer. Haupt-Kieselschiefer. Ober Wieder Schiefer. Haupt-Quarzit. Unterer Wieder Schiefer. Tanner Grauwacke. Als ein wichtiger, paläontologisch sicher zu bestimmender Horizont hat sich in dieser Schichtenfolge der Hauptquarzit er- wiesen. Derselbe schliesst nämlich an mehreren Stellen eine dem rheinischen Spiriferensandstein entsprechende Fauna ein. Unter den hierher gehörigen Lokalitäten ist ausser den „drei Jungfern“ bei Andreasberg und dem Drengethal oberhalb Hasserode, welche Fundorte bereits A. Römer bekannt waren, noch zu nennen: die !) In der Deckbildung des böhmischen Silurbeckens Lepidodendron, im bel- gischen Unterdevon, Lepidodendron und Archäocalamites (Annales Soc. Geol. du Nord IV, p. 213 — 1877), in Canada (Geology of Canada p. 394; Billings, Paläoz. Foss. Canada II, p. 1) in den Gaspesandsteinen, deren unterer Theil ungefähr dem Oriskanysandstein und der Oberhelderbergformation äquivalent ist, zahlreiche Ly- copodiaceen und Calamarien, in den Oberhelderbergschichten von Ohio endlich (Quart. Journ. Geol. Soc. XX VII, p. 271 — 1871) Caulopteris, Rachiopteris ete. — Den allgemeinen Charakter der Flora der Tanner Grauwacke bezeichnet Weiss als der Kulmflora nahestehend. XVI Einleitung und Historisches. Anhöhe gleich südlich der Bode bei Elend und das Thal des Krebsbaches unweit Mägdesprung'). Ein ähnliches Alter wie dem Hauptquarzit wird man auch der in seinem Hangenden auftretenden, bis an den Stringoce- phalenkalk hinaufreichenden Schichtenmasse zuzusprechen ha- ben, in welcher sich, abgesehen von spärlichen in der Elbingerö- der Grauwacke vorkommenden Pflanzenresten, bisher noch keine Versteinerungen gefunden haben. Allerdings würde Nichts dem entgegenstehen, das oberste Glied der fraglichen Schichtenfolge, die eben genannte Grauwacke, für etwas jünger zu halten und den Calceolaschiefern des Oberharzes zu vergleichen; indess liegen für eine solche Annahme keinerlei positive Anhaltspunkte vor. Was die unter dem Hauptquarzit liegende, im Mittel- und Unterharze weit verbreitete Abtheilung der unteren Wieder Schiefer betrifft, so haben die Untersuchungen des Landesanstalt gelehrt, dass dieselbe sich naturgemäss in zwei Unterabtheilungen oder Stufen scheidet. Die untere Stufe ist durch das Vorhan- densein zahlreicher untergeordneter Einlagerungen von Kiesel- und Wetzschiefer, Grauwacke, Quarzit und Kalkstein ausgezeichnet, während die obere Stufe keine mächtigeren Einlagerungen sedi- mentärer Bildung, dagegen zahllose Einschaltungen von Diabasen zu enthalten pflegt. Was die Versteinerungsführung der unteren Wieder Schiefer angeht, so ist zunächst das Vorkommen von Pflanzenresten in den Grauwackeneinlagerungen der unteren Zone zu erwähnen. Die- selben kommen bei Stolberg, Wolfsberg, Strassberg und anderen Punkten vor und scheinen mit denen der Tanner Grauwacke über- !) Von Andreasberg hat Römer (Beitr. II, pl. 11 und III, pl. 18) Spirifer macroplerus, Rhynchonella daleidensis, Cryphaeus calliteles? (fälschlich stellifer), Ho- malonotus und Chondrites beschrieben, zu denen noch Phacops latifrons? und Cho- netes sarcinulata? hinzukommen, aus dem Drengethal C'honetes sarcinulata und Spi- rifer aff. curvatus. — Bei Elend haben sich gefunden (Sammlung der geolog. Landesanstalt): Chonetes sarcinulata, Spirifer macropterus, Phacops latifrons, Spirifer hystericus, Spirifer laevicosta, Leptaena Murchisoni, Atrypa reticularis, Orthis stria- tula, Chonetes dilatata (?), Leptaena rugosa, Lingula, Favosites. — Im Krebsbach- thal wurden gesammelt: Cryphaeus laciniatus (ausgezeichnetes gr. Exempl.), Spirifer enf. speciosus, Spirifer macropterus?, Spirifer hystericus, Chonetes dilatata?, Phacops, Streptorhynchus?, Fenestella, Orthoceras. Einleitung und Historisches. XVIl einzustimmen. Viel seltener haben sich in denselben Grauwacken auch thierische Ueberreste gefunden, so am Hühnerkopf, Giepen- bach und der Schaaftrift bei Trautenstein, woher schon A. Römer eine Pterinea, Leptaena rugosa, Spirifer speciosus (?), Favosites und Phacops anführt'). Die weitaus reichste Fauna nicht nur der unteren Wieder Schiefer, sondern des gesammten in Rede stehenden Schichten- complexes überhaupt bergen die vorhin erwähnten Kalksteineinla- serungen. Hierher gehören ausser den längst bekannten, im Obi- gen vielfach genannten Vorkommen von Mägdesprung, Harzgerode, Hasselfelde, Zorge, Wieda und Ilsenburg noch eine grosse Menge anderer durch den ganzen mittleren und östlichen Harz verbrei- teter. Es ist ein wichtiges Ergebniss der Arbeiten der Landes- anstalt, dass all’ diese Kalksteine ein und derselben Zone angehö- ren, dass mithin die Cephalopoden-führenden Kalke von Wieda und Hasselfelde, die von Römer für mitteldevonisch erklärt wor- den sind, wesentlich dasselbe Alter haben, wie die brachiopoden- reichen von Ilsenburg, Mägdesprung ete. Auch die die Kalklager einschliessenden schiefrigen oder sandigen Gesteine enthalten mehr- fach Versteinerungen, so am Schneckenberge, Scheerenstiege und besonders im Klosterholz bei Isenburg. Weiter hat sich auch in der oberen Stufe der unteren Wieder Schiefer ein versteinerungsführender Horizont nachweisen lassen. Derselbe liegt nicht weit von deren oberer Gränze, in nächster Nachbarschaft des Hauptquarzits, und ist durch das Auftreten von Graptolithen ausgezeichnet. Hierher gehört nicht nur die von Römer bei Lauterberg aufgefundene Fundstelle, sondern auch der später von Bischof bei Harzgerode und zahlreiche andere von Heine, Schilling und Lossen im mittleren und östlichen Theile des Gebirges entdeckte Punkte. Meinem zuletztgenannten Collegen gebührt speciell das Verdienst, das Gebundensein der Harzer Graptolithen an den bezeichneten Horizont nachgewiesen zu haben, in welchem er dieselben sowohl im N. als auch im S. der ältesten Sattelzone von Tanner Grauwacke aufgefunden und !) Verstein. Harzgeb. p. XIX. XVII Einleitung und Historisches. namentlich in der Umgebung der s. g. Selkemulde im östlichen Harz auf weite Strecken hin verfolgt hat. Ausser in den angegebenen festen Niveaus findet man endlich auch durch die ganze Schichtenfolge der unteren Wieder Schiefer hindurch Versteinerungen, die zwar in der Regel nur vereinzelt, jedoch zuweilen auch in grösserer Zahl auftreten. Dies letztere gilt namentlich von den Tentaculiten, deren Schälchen in den Schiefern der unteren Stufe, in der Nachbarschaft der Kalke, oft- mals ganze Schichten erfüllen, so im Hangenden des Scheeren- stieger Kalkes, in der Gegend von Zorge und Wieda etc. Ob diese Tentaculitenschichten an ein bestimmtes Niveau gebunden und, wenn dies der Fall, ob es nur ein einziges oder mehrere Tentaculitenlager giebt, hat nicht ermittelt werden können. Nach dem Obigen würde sich Versteinerungsführung der Un- teren Wieder Schiefer folgendermaassen darstellen lassen: Hangendes: Haupt-Quarzit. Graptolithen-Horizont. Schiefer der oberen Stufe. Schiefer der unteren Stufe mit der Kalkfauna Wieder von Mägdesprung, Hasselfelde, Zorge, I- senburg etc. und mit den pflanzenführen- Untere Schiefer den Grauwacken von Strassberg, Stol- berg etc. Liegendes: Tanner Grauwacke. Gegenstand dieser Arbeit soll nun die Beschreibung der Fauna der unter dem Hauptquarzit liegenden Schichten- folge sein. Lediglich der Kürze halber sind diese ältesten Bildun- gen des Harzes im Folgenden vielfach als hercynische Schich- ten, ihre Fauna als hercynische Fauna bezeichnet. Nachdem die Geologie des Harzes im Laufe des letzten De- cenniums allmälıg eine ganz neue Gestalt gewonnen, erschien ge- rade eine eingehende Bearbeitung der ältesten Fauna des Gebirges und eine Darlegung der sich aus den paläontologischen Resulta- | | | Einleitung und Historisches. XIX ten in Verbindung mit unseren jetzigen stratigraphischen Er- fahrungen ergebenden Consequenzen als eine dringende, seitens der geologischen Landesanstalt dem wissenschaftlichen Publikum gegenüber zu erfüllende Pflicht. Zwar ist ein grosser Theil der in Rede stehenden Fauna bereits durch Römer und Giebel bekannt geworden; allein abgesehen davon, dass bei den Un- tersuchungen der Anstalt eine Menge bisher noch unbekannter, die Fauna wesentlich vervollständigender Arten aufgefunden wor- den sind, so leiden auch die Arbeiten jener Autoren an einer Menge von Unrichtigkeiten, welche die wahre Natur der Fauna bisher nicht klar haben zu Tage treten lassen. Es liegt mir fern, mit diesem Urtheil die Verdienste meiner Vorgänger herabsetzen zu wollen. Man müsste geradezu verblendet sein, wenn man die grossen Verdienste Römer’s um die Geologie des Harzes verken- nen wollte. Was indess seine paläontologischen Arbeiten betrifft, so zeichneten dieselben sich schon bei ihrer Entstehung vor 20 bis 25 Jahren — einer Zeit, in der die Paläontologie überhaupt noch nicht zu der heutigen Schärfe der Artenunterscheidung durchge- drungen war — keineswegs durch besondere Sorgfalt in der Be- nutzung der Literatur und in der Ermittlung der für die Arten- bestimmung wichtigen Merkmale aus. Vielmehr besitzen selbst die späteren Arbeiten Römer’s nach beiden Seiten hin unverkenn- bare Mängel, die noch deutlicher zu Tage treten würden, wenn nicht die vollständig schematischen, überdies noch sehr dürftigen, von Römer selbst angefertisten Abbildungen jede ernstliche Kritik so gut wie unmöglich machten. Auch die Arbeit Giebel’s leidet an vielen Flüchtiskeiten und der Mangelhaftigkeit der Abbildungen. Ich selbst war in der glücklichen Lage, bei Abfassung meiner Arbeit alles mir bekannte in deutschen Sammlungen befindliche Material an hercynischen Petrefacten benutzen zu können. Ausser der umfangreichen durch die Herren Beyrich, Lossen, Heine, Stein, Schilling, Halfar und mich selbst zusammengebrach- ten Sammlung der Landesanstalt, in der eine Anzahl Fundorte ganz allein vertreten sind, stellte mir Geheimrath Beyrich mit gütiger Zuvorkommenheit auch das der hiesigen Universität ange- hörige Material, Hofrath Pagenstecher in Heidelberg die im xXX Einleitung und Historisches. Besitze des dortigen Universitätskabinets befindliche Sammlung des verstorbenen Bergrath Bischof zur Disposition, welche die Vorkommnisse des Harzgeröder und Mägdesprunger Kalkes in unerreichter Vollständigkeit besitzt und auch aus dem Grunde werthvoll ist, weil sie die Originalstücke der Giebel’schen Ab- handlung enthält. Ebenso sandte mir Bergrath von Groddeck in Clausthal mit gewohnter Liebenswürdigkeit das der dortigen Bergakademie angehörige Material, welches besonders wegen der zahlreichen in derselben aufbewahrten Originalien A. Kömer’s wichtig ist. Nicht minderen Dank schulde ich weiter der gräflich Stolberg-Wernigeröder Factorei in Ilsenburg für die freundliche Bereitwilligkeit, mit der dieselbe mir die im Laufe langer Jahre durch Jasche zusammengebrachte Sammlung von Petrefacten aus dem Kalk des Klosterholzes und einiger anderer Punkte bei Usen- burg auf meine Bitte zur Bearbeitung überliess, sowie endlich auch Professor von Fritsch in Halle für die Anvertrauung einer mit der Zincken’schen Sammlung in den Besitz der dortigen Uni- versität gelangten Suite von Versteinerungen aus dem östlichen Harze. — Auf diese Weise habe ich nicht allein die Mehrzahl der Römer’schen und Giebel’schen Originalexemplare — leider ist ein Theil der von beiden Autoren beschriebenen Versteinerungen in keiner der genannten Sammlungen mehr aufzufinden gewesen — in Händen gehabt, sondern auch über ein sehr viel reicheres Ma- terial verfügt, als meine Vorgänger. Diese grössere Vollständigkeit meines Arbeitsmaterials ergiebt sich schon daraus, dass, während Giebel in seiner Arbeit nicht ganz 100, Römer in all’ seinen Publikationen zusammen etwa 130 hercynische Arten beschreibt, in der vorliegenden Abhandlung weit über 200 Typen — Arten und hervorstechende Varietäten — abgehandelt sind. Die im Folgenden zu beschreibenden Versteinerungen stam- men zum allergrössten Theil aus den hereynischen Kalken, nur einige wenige, wie die Graptolithen, aus schiefrigen oder aus san- digen Gesteinen. Unter der grossen Zahl von Fundorten sind be- sonders zu nennen im östlichen Harz: der Scheerenstieg und einige andere Punkte der nächsten Umgebung von Mägdesprung, der Schneckenberg, das Schiebecksthal und die Ziegelhütte bei Harz- Einleitung und Historisches. XXI gerode, das Badeholz oberhalb Alexisbad, die Holzmarke zwischen Mägdesprung und Ballenstedt (für die Lage dieser Punkte vergl. die der Giebel’schen Arbeit beigegebene Uebersichtskarte!), die Kalklager bei Hilkenschwenda, Wolfsberg, Bärenrode, Allrode, Güntersberge etc.; im mittleren Harz: im Süden der Sattelzone von Tanner Grauwacke vor Allem der am alten Fahrwege von Hasselfelde nach Trautenstein gelegene Hasselfelder Plattenkalk- bruch, die Trautensteiner Sägemühle und zahlreiche Vorkommen in der Gegend von Zorge und Wieda, unter denen wiederum der grosse und kleine Mittelberg, die Kalke des Andreasberger Thales am Mollenberge und Joachimskopf, der Sprakelsbach, das Rade- beil, der Laddekenberg und das Laddekenthal (vergl. für diese Lokalitäten Section Zorge der von der Landesanstalt herausgege- benen geologischen Specialkarte von Preussen etc.) besonders her- vorzuheben sind, im Norden der genannten Sattelzone dagegen vor Allem die Kalklager des Klosterholzes und des Tännenthales südöstlich Ilsenburg und ausserdem zahlreiche Vorkommen im Müh- lenthal bei Altenbraak, bei Treseburg, Allrode, Thale etc. Hinsichtlich des Vorkommens der Kalke ist zu bemerken, dass dieselben selten mehr als 10 Meter Mächtigkeit erreichen und ım Streichen und Fallen sich stets rasch auskeilende, linsenför- mige Massen darstellen. Im Klosterholz haben sich die Versteine- rungen in einem unreinen, zum Theil sandigen und mit Diabastuff gemengsten Kalkstein gefunden, der wegen seines starken Eisen- gehaltes gegen Ende der 20er Jahre dieses Jahrhunderts zu einem kleinen Grubenbau Veranlassung gegeben hatte!). Indess führt nicht allein der genannte Kalk, sondern auch die begleiten- den schiefrigen und sandigen Schichten Versteinerungen. Schon oben wurde hervorgehoben, dass die hereynischen Kalk- lager sich theils als Cephalopoden-, theils als Brachiopodenkalke darstellen. Beide sind schon im äusseren Ansehn verschieden. Der Cephalopodenkalk ist dicht und flaserig und gleicht dem westfäli- schen Kramenzelkalk und noch mehr dem Kalk der Barrande’- schen Etage @ in Böhmen, der Brachipodenkalk hingegen ist kry- !) Jasche, Gebirgsformat. d. Grafsch. Wernigerode (1858), p. 27. XXI Einleitung und Historisches. stallinisch-körnig. Beide Kalke sind bald bituminös und dunkel, bald hellfarbig. Was die Versteinerungsführung betrifft, so enthalten die Cephalopodenkalke fast Nichts als Cephalopoden und daneben Lamellibranchiaten und sparsame Gastropoden, die Brachiopoden- kalke dagegen überwiegend Brachiopoden und Trilobiten, daneben Gastropoden, Lamellibranchiaten, einige wenige Pteropoden, Ko- rallen, Bryozoen etc. Als typisch entwickelte Cephalopodenkalke verdienen Erwähnung der Kalk des Hasselfelder Plattenbruches, des kl. Laddekenberges, der Harzgeröder Ziegelhütte, des Tännen- thales ete., als ausgezeichnete Brachiopodenkalke dagegen der des Scheerenstieges und Schneckenberges, des Radebeils, des Kloster- holzes etc. Was die Erhaltung der fossilen Reste betrifft, so ist dieselbe im Allgemeinen leider eine ziemlich ungünstige. Ganz vollstän- dise Exemplare finden sich nur selten und die Cephalopoden, La- mellibranchiaten und Gastropoden sind gewöhnlich ohne Schale. Dabei pflegt das einschliessende Gestein gewöhnlich so hart zu sein, dass das Herauspräpariren der Versteinerungen nur selten gelinst. Dass alle diese Umstände die Bearbeitung der Fauna sehr erschweren mussten, liest auf der Hand und erklärt die vielen fraglichen Bestimmungen. In dem die vorliegende Arbeit begleitenden Atlas findet man alle wichtigeren Stücke des von mir untersuchten Materials abge- bildet. Der Leser erhält dadurch einen sehr vollständigen Ueber- blick über die Fauna und wird zugleich in den Stand gesetzt, die Richtigkeit meiner Bestimmungen überall controlliren zu können. Die Abbildungen selbst sind von den Herren Schmidt, Meyn und Ohmann — Letzterer Zeichner an unserer Bergakademie — im Laufe der beiden letzten Winter angefertigt und werden gewiss den Beifall der Fachgenossen finden. Es erübrigt mir noch, dem Herrn Geheimrath Beyrich, mei- nem hochverehrten Lehrer, meinen ergebensten Dank für die Güte auszusprechen, die er mir wie bei meinen früheren, so auch bei dieser Arbeit fortgesetzt bewiesen hat. Derselbe gestattete mir nicht nur die Benutzung der reichen Schätze der hiesigen Uni- versitätssammlung, sondern liess mir auch seinen erfahrenen und Einleitung und Historisches. XXI einsichtsvollen Rath stets bereitwilligst zu Theil werden. Nächst- dem muss ich auch seiner Excellenz, dem Herrn von Dechen in Bonn, sowie meinen verehrten Freunden, den Herren Koch in Wiesbaden und Liebe in Gera für ihre gütigen Zusendungen von rheinischem und thüringischem Vergleichsmaterial danken, welches meiner Arbeit sehr zu Statten gekommen ist. Zum Schluss aber statte ich noch Herrn Geheimrath Hauchecorne, dem Direktor der Bergakademie und geologischen Landesanstalt, meinen aufrich- tigen Dank ab für das überaus gütige Interesse, welches er für diese Publication gezeigt, und die Bereitwilligkeit, mit welcher er die Mittel zu deren Herstellung beschafft hat. Und damit über- gebe ich eine Arbeit, die mich fast drei Winter hindurch beschäf- tigt und mir viel Mühe, aber auch viel Freude verursacht hat, den Fachgenossen. Möge dieselbe eine ebenso freundliche Auf- nahme finden wie meine früheren Publikationen! Vertebrata. Class. Pisces. Fischreste sind zwar im Kalke des Scheerenstieges bei Mägde- sprung, des Schneckenberges bei Harzgerode und namentlich des Klosterholzes bei Ilsenburg nicht selten; dieselben bestehen aber fast immer nur aus kleinen, für eine nähere Bestimmung nicht aus- reichenden Bruchstücken. Die vollständigsten Reste haben sich am Scheerenstieg gefunden und sind bereits von Giebel beschrieben worden. Leider fand ich die seinen Beschreibungen zu Grunde liegenden Originalien nicht in der Heidelberger Sammlung, so dass mir nichts übrig bleibt, als seine Abbildungen und im Wesent- lichen auch seine Beschreibungen wiederzugeben. Genus Gtenacanthus Agassiz. Ctenacanthus abnormis Gieb. Tafel I, Fig. 19 (Copie nach Giebel). Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 4, tb. 1, f. 12. 1858. Das vom Scheerenstiege stammende Fossil stellt das mittlere Stück eines Flossenstachels dar. Es bildet einen verlängerten, schwach gebogenen Knochen von rundem Querschnitt, der auf der 1* 4 Pisces. concaven Seite in einen den Hauptkörper in seiner ganzen Länge begleitenden, nur 4 so breiten, mit scharfer Schneide endigenden Anhang verlängert ist. Der Hauptkörper umschloss ursprünglich — wie man auf dem Querschnitte Fig. 185 erkennt — einen grossen centralen Hohlraum, der aber jetzt mit Gesteinsmasse aus- gefüllt ist, welche sich scharf von der umgebenden faserigen Knochensubstanz abhebt. Der leistenförmige Anhang war nach Giebel am Rande mit kurzen, dicht nebeneinander stehenden Zähnen besetzt. Die ganze Oberfläche des Fossils zeigt eine ver- tikale Streifung und Riefung, sowie zahlreiche schon mit blossem Auge erkennbare Grübchen und Punkte. Wie bereits Barrande!) hervorgehoben, erinnert das Mägde- sprunger Petrefact an die von ihm unter dem specifischen Namen bohemicus beschriebenen, gleichfalls als Theile von Flossenstacheln von Ütenacanthus gedeuteten Reste aus den böhmischen Etagen F und @. Indess besitzen die böhmischen Stücke sowohl auf der Concav- als auf der Convexseite des Hauptkörpers einen leisten- förmigen Fortsatz, während ein solcher bei dem Harzer Fossil nur auf der Concavseite vorhanden ist. Weit ähnlicher als das Schee- renstieger Fossil sind den böhmischen COtenacanthusresten die an der Basis der thüringischen Nereiten- und Tentaculitenschichten sich findenden Flossenstacheln, wie ich dies schon an anderer Stelle?) erwähnt habe. Wie gross die Uebereinstimmung der thü- ringischen Reste mit den böhmischen sei, zeigt die Abbildung eines mir durch Herrn Liebe in Gera mitgetheilten sehr schönen Exemplars, die man auf Tafel 35 Fig. 12 findet. Sehr analoge Reste haben sich auch in dem mitteldevonischen Goslarer Schiefer des Riesenbachthales unweit Schulenburg ım Harz gefunden, wie nicht nur die sehr mangelhafte, aber von Giebel richtig auf Cte- nacanthus bezogene Abbildung A. Römer’s°’), sondern auch ein im Besitze der geologischen Landesanstalt befindliches, von Herrn A. Halfar gefundenes Exemplar beweist. Weiter kommen Reste !) Suppl. Trilob., p. 628. 2) Zeitschr. d. d. g. G. Bd. XXIX, p. 423. 3) Beitr. II, pl. 9, p. 26. Pisces. 5 von ganz übereinstimmender Form auch im unterdevonischen Kalk von Nehou in der Normandie!) und auch im rheinischen Unter- devon vor?). Dass die Gattung Utenacanthus ihre Hauptverbreitung ausserdem im Oldred England’s und Lievland’s, sowie im englischen und nordamerikanischen Kohlenkalk besitzt, ist eine allbekannte Thatsache. In nicht silurischen Ablagerungen dagegen ist sie bis jetzt noch nicht gefunden worden. Ich bin absichtlich etwas näher auf diese Thatsachen einge- gangen, weil sie ein nicht unwichtiges paläontologisches Bindeglied zwischen den genannten böhmischen, thüringer und rheinischen Ablagerungen bilden, welches zusammen mit anderen die Aequi- valenz dieser Schichten beweist. Dendrodus laevis Giebel. Tafel 1, Fig. 13 (Copie nach Giebel). Sıl. F. Unterharz, p. 3, tb. 1, f. 3. 1858. Das aus dem Kalk des Schneckenberges bei Harzgerode stammende Fossil stellt einen kegelförmigen, schwach comprimirten Zahn mit gerundeter Spitze und vollkommen glatter Oberfläche dar. Pulpalhöhle central und kreisrund. Die stumpfspitzige, schwach comprimirte Kegelgestalt dieses Zahns weist auf die in den devonischen Schichten Schottland’s und Russland’s vorkommende Gattung Dendrodus hin. Derselbe gleicht am meisten D. striatus Agass.’), dessen Zähne indess, wie die aller übrigen bekannten Arten der Gattung, gestreift sind. orte) Tafel 1, Fig. 20, 21. Im Kalke des Klosterholzes kommen häufig Zähne von bald breit kegelförmiger Gestalt wie Fig. 21, bald schlankerer Form wie Fig. 20 vor. Auch sie besitzen eine gerundete Spitze und eine glatte Oberfläche und gehören möglicherweise derselben Gattung DBarrande, \ e. 2) Kayser, l.c. 3) Poiss. Oldred, pl. 28a, f. 1. 6 Pisces. an, wie der zuletzt beschriebene Zahn vom Schneckenberge. Ihre Structur ist gleichförmig faserig, Andeutungen von Radialfaltung konnte ich nicht wahrnehmen. Ueber die Form des inneren Kanals kann ich keine Beob- achtungen mittheilen, da alle mir vorliegenden Zähne der Länge nach gespalten waren. Tafel I, Fig. 17 (Copie nach Giebel). Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 5, th. 1, f. 1. Ein 25 Mill. langes, stark comprimirtes, im Querschnitt ovales Stachelfragment mit rauher Oberfläche, ohne Streifen und Falten und mit kleinem, excentrischem, innerem Kanal. — Aus den Schiefern des Schneckenberges. Arthropoda. Class. Crustacea. Phyllopoda. Genus Dithyrocaris Scouler. Dithyrocaris Jaschei A. Römer. Tafel 1, Fig. 13. Dythyrocaris Jaschei A. Röm. Beitr. III, p. 120, tb. 17, f.2 (male). 1855. Das einzige gefundene, schon von A. Römer abgebildete Exemplar stammt aus dem Kalk des Klosterholzes bei Ilsenburg und befindet sich in der Jasche’schen Sammlung. Dasselbe stellt ein stark verletztes Stück der einen Hälfte des zweitheiligen Kopf- schildes dar. Es ist sehr dick, auf der Oberseite ziemlich stark, auf der Unterseite flach gewölbt und trägt auf ersterer einen starken, etwas schräg stehenden Längskiel. Die Oberfläche der schwarzen, kohligen Schale ist, wie man schon mit blossem Auge wahrnimmt, mit zahlreichen feinen aber scharfen Längslinien bedeckt, die zu- weilen in einander verlaufen. Römer glaubte in dem Fossil das ganze Kopfschild vor sich zu haben und sah den erwähnten Kiel für den mittleren, an der Berührungslinie beider Hälften des Kopfschildes liegenden Längs- kiel an. Da aber der Kiel nicht, wie Römer es abbildet, dem 8 Phyllopoda — Ostracoda. Rande parallel, sondern schräg verläuft, so ist jene Deutung un- zulässig. Das Stück stellt vielmehr nur die eine Hälfte des zwei- klappigen Kopfschildes dar und der Kiel gehört einem jener seit- lichen Längs-Kiele an, die in der Nähe des Aussenrandes jeder Valve vorhanden zu sein pflegen. Tafel 1, Fig. 14 (vergröss.). Das 10 Millim. lange Petrefact stellt einen ungefähr 15 Millim. breiten, geraden, im Querschnitt, wie es scheint, dreiseitigen oder polygonal gerundeten, stabförmigen Körper dar, dessen Oberfläche mit nicht ganz regelmässigen, sich zum Theil vereinigenden Längs- reihen kleiner, tuberkelartiger Körner bedeckt ist. Das Fossil könnte ein Stück von einem der drei Stacheln darstellen, mit denen der Hinterleib von Ceratiocaris endigt. Doch könnte es wohl auch als Stachelfragment eines Placoiden angesehen werden. Das fragliche Stück stammt aus dem Kalke des oberen Sprakelsbaches. Ostracoda. Primitia? sp. Tafel 1, Fig. 16 (Copie nach Römer). Cytherina intermedia A. Römer, Beitr. I, p. 61, tb. 9, f. 22. 1850. Römer hat aus dem Kalke des Klosterholzes bei Ilsenburg einen kleinen Entomostraceen abgebildet, der sich nach seiner Be- schreibung und Abbildung durch eine stark gewölbte, in der Mitte zu einem schwachen Längskiel erhobene, dicke, glatte Schale und ovalen Umriss auszeichnet. Leider befindet sich das Original- Exemplar weder in Clausthal noch in der Jasche’schen Samm- lung, so dass es mir nicht möglich ist, etwas Genaueres darüber auszusagen. Auf Römer’s Abbildung glaubt man eine centrale Erhebung wahrzunehmen; allein in seiner Beschreibung findet man weder eine solche, noch auch irgend welche Depression oder Furche oder Charnierlinie erwähnt. Möglicherweise gehört die E Ostracoda — Trilobitae. 9 Form zur Gattung Primitia, die, wie Barrande’s (©. socialis aus Etage F'!) zeigt, mitunter ähnliche Charaktere darbietet. Tafel 1, Fie. 15. Aus dem Kalk des oberen Sprakelsbaches liegt ein Fossil vor, welches seiner Unvollständigkeit wegen nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist. Dasselbe stellt einen ziemlich stark gewölbten Körper von ovalem Umriss und glatter Oberfläche dar. Ich hielt dasselbe zuerst für die Kammerwand eines Cephalopoden; allein die eisenthümliche Form seiner Wölbung, welche in der Mitte am stärksten ist und sich von da nach dem Rande verringert, und be- sonders sein unsymmetrischer Querschnitt (Fig. 15«) sprechen gegen eine derartige Deutung und machen es wahrscheinlicher, dass das Fossil die eine Klappe eines grossen glatten Schaalenkrebses dar- stellt, denen ähnlich, die Barrande unter den generischen Namen Nothozoe?) und Aristozoe?”) aus Böhmen abgebildet hat. Nothozoe ist nach Barrande auf Etage D beschränkt, während Aristozoe ın # und besonders in F' auftritt, also in der böhmischen Stufe, mit der die organischen Reste des Kalks des Sprakelsbachs, des Laddeckenthals etc. die grösste Aehnlichkeit zeigen. Trilobitae. Genus Harpes Goldfuss. Harpes Bischofii A. Itöm. Tafel 5, Fig. 9; 10, 11 Harpes Bischofii A. Röm., Beitr. II, p. 101, tb. 15, f. 17. 1852. — — Giebel, Sil. Faun. Unterharz, p. 5, tb. 2, f. 9, £. 112 1852. — minor A.Röm., Mus. Clausth. Zur Begründung dieser Art haben allein Fragmente des Kopf- schildes gedient. Dasselbe wird von einer breiten, flachen oder I) Trilob. Suppl. pl. 26, f. 11. 2) enf. N. pollens, Trilob. Suppl. pl. 25 u. 27. 3) enf. A, regina, ibid. pl. 23 u. 27. 10 Trilobitae. wohl richtiger schwach concaven Randausbreitung umgeben, die am Rande etwas verdickt und nach hinten in zwei lange Hörner ausgezogen ist. Die sich hoch über die Wangen erhebende Gla- bella hat eine schmal-ovale Gestalt, ist stark gewölbt und in der Mitte etwas kielartig erhoben. Die sie gegen die Wangen be- srenzenden Dorsalfurchen sind in ihrem ganzen Verlaufe scharf ausgebildet, Seitenfurchen dagegen kaum angedeutet. Nackenring und -Furche deutlich entwickelt. Wangen ziemlich stark gewölbt, gegen den Randsaum schnell abfallend. An ihrer inneren, zwischen Dorsal- und Occipitalfurche liegenden Ecke scheidet eine sehr matte schräge Furche einen dreiseitigen Lappen ab. Die (bei allen von mir untersuchten Exemplaren fortgebrochenen) Augen klein, unweit des Vorderendes der Glabella liegend. Eine Augen- leiste nicht wahrnehmbar. Der Randsaum — und weniger deutlich auch die ihm benach- barten Theile der Wangen — sind mit zahlreichen punktförmigen Grübchen bedeckt. Dieselben sind im Allgemeinen unregelmässig vertheilt; nur auf der Innenseite der Randausbreitung sind sie in Reihen geordnet, die durch schmale, von solchen Grüb- chen freie Zwischenräume getrennt werden. Nach aussen hin di- chotomiren diese Zwischenräume, ähnlich wie Barrande es bei H. venulosus und verwandten Arten beschrieben und durch treff- liche Abbildungen erläutert hat (vergl. Trilobiten, pl. 8, f. 11, pl. 8, f. 13 ete.). Die übrigen Theile des Kopfschildes zeigen eine feine Granulation. Kopfschilder unserer Art sind im Kalke des Scheerenstieges bei Mägdesprung nicht selten. Die Heidelberger Sammlung be- wahrt eine Menge derselben auf, unter denen aber kein einziges vollständig ist, so dass unsere Abbildung (Fig. 9 und 9a) aus mehreren Stücken zusammengesetzt werden musste. Möglicher-- weise gehört auch das Fig. 10 abgebildete Rumpfstück eines kleinen Harpes von derselben Lokalität zu unserer Art. Meine Abbildung ist eine Copie nach Giebel’s Figur, da das ursprünglich der Bischof’schen Sammlung angehörige Original selbst mir nicht vorgelegen hat. — Wahrscheinlich kommt H. Bischofi auch in der Gegend von Zorge vor, wie ich aus dem kleinen, Fig. 11 ‚ab- Trilobitae. 11 gebildeten Stücke aus der Olausthaler Sammlung schliessen möchte, welches zwar von A. Römer als FH. minor etiquettirt worden ist, welches aber mit der Mägdesprunger Art übereinzustimmen scheint. Römer’s Abbildung giebt kein richtiges Bild unserer Art; diejenige Giebel’s ist, wenn man von den zu gross dargestellten Augen absieht, correct. H. Bischofii gehört in die Gruppe des H. ungula Sternberg aus dem böhmischen Obersilur und zeigt mit dieser Art sowie mit dem derselben Gruppe angehörigen H.venulosus und Montagnei Corda aus Barrande’s Etagen £ und F und H. Orbignyanus Barr. aus Etage @') viele Analogien, wenn auch die Art mit keiner der ge- nannten vollständig übereinstimmt. So unterscheiden sich ungula und Montagnei durch die nicht in Reihen geordneten Grübchen der Randausbreitung, die kleineren Augen und die deutliche Augen- leiste. Venulosus und Orbignyanus dagegen, bei denen die Grüb- chen ähnlich wie bei Pischofi geordnet sind, weichen durch ihre viel breitere, sich nach vorn zu verschmälernde Glabella aus. Viel mehr Analogie als die genannten böhmischen Formen zeigt mit unserer Art H. radians Richter ?) aus den thüringischen Tentakulitenschiefern, wie schon Richter selbst bemerkt hat. Die Kopfschilder der thüringer Form zeigen, wie ich mich an mir durch Herrn Liebe mitgetheilten Original- Exemplaren überzeugt habe, mit unserer harzer Art eine ganz auffallende Aehnlichkeit. Ich würde geneigt sein, beide für identisch anzusprechen, wenn nicht die mangelhafte Erhaltung der thüringer Stücke zur Vorsicht mahnte. (Die Augen, die Richter überaus klein zeichnet, habe ich überhaupt nicht wahrnehmen können). — Den mitteldevonischen Arten scheint unsere Art ferner zu stehen. Der bekannte H. macrocephalus Goldf. ist durch seine konische, an der Basıs stark gelappte Glabella unterschieden, H. graeilis Sandb. durch grössere Flachheit des Kopfschildes und eine ebenfalls konisch gestaltete, längere Glabella. !) Barrande, Syst. Sil. Boh. vol. I, pl. 8 und 9. ?) Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XV (1863) p. 661, tb. 18, f 1—4. 19 Trilobitae. Genus Proetus Steininger. Die Gattung Proetus ist in den Kalken der Gegend von Mägde- sprung, Zorge, Wieda und Trautenstein ähnlich wie in den äqui- valenten Ablagerungen Böhmens durch zahlreiche kleine Arten vertreten. Leider aber findet man gewöhnlich nur isolirte Schwanz- klappen oder sehr fragmentarische Reste des Kopfschildes; viel seltener sind vollständige Kopfschilder, während ganz vollständige Exemplare mit Kopf, Rumpf und Schwanz bisher Bberbaupl noch nicht aufgefunden worden sind. Proetus unguloides Barr. Tafel 1, Fig. 11 (vergr.) Proetus unguloides Barr. Syst. Sil. Boh. I, p. 443, tb. 15, f.23. 1852. Kopfschild mässig stark gewölbt, von hoch parabolischem Um- riss, mit stark verdicktem, nach der Stirn etwas breiter werdendem, nach innen durch eine breite Furche begränztem Randsaum, der sich an den Hinterecken in etwas abstehende Hörner fortsetzt. Hinterrand eine schwach vorwärts gebogene Linie bildend. Nacken- ring und -Furche deutlich entwickelt. Glabella flach gewölbt, von stark konischer, vorn etwas abgestutzter Form. Zwei Paar sehr matter, schräg stehender Seitenfurchen sind angedeutet. Zwischen dem Vorderrande der Glabella und dem Randsaum liegt ein beträchtlicher Zwischenraum, so dass die Glabella nur etwa # der Gesammtlänge des Kopfes einnimmt. Augen mässig gross, etwa in der Mitte zwischen Seiten- und Hinterrand des Kopfschildes und in der Nähe der Glabella liegend. Von dieser Art liegt nur ein einziges, aber gut erhaltenes, vom grossen Mittelberge bei Zorge stammendes Kopfschild vor. Dasselbe stimmt mit Barrande’s Abbildung gut überein, nament- lich in der für die Art besonders charakteristischen Form und Lage des Auges, welches ungefähr in der Höhe des Centrums der Glabella liest. Doch muss ich bemerken, dass die böhmische Form nach der Stirn mehr spitzbogig zuläuft. Pr. unguloides tritt in Böhmen in Etage F auf. Trilobitae. 13 Proetus complanatus Barr.? Tafel I, Fig. 9; 10 (Cop. nach Giebel). Proetus complanatus Barr. Syst. Sil. Boh. I, p. 463, tb, 17, f. 34. 1852. — Röm. Beitr. III, tb. 16, f. 13. 1858. nichüs Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 6, tb. 2, £.7. 1858. Von dieser Art liegen nur einige Glabellen mit geringen Resten der umgebenden Schale aus dem Kalk des Scheerenstieges und des unteren Laddeckenberges bei Wieda vor. Ein Stück von der erstgenannten Lokalität ist bereits durch Giebel beschrieben, aber nicht ganz naturgetreu abgebildet worden. Die durch ihre ansehnliche Breite ausgezeichnete Glabella verjüngt sich nach vorn zu nur wenig, ist mässig convex und in der Mitte etwas kiel- förmig erhoben. Die sie begränzenden Dorsalfurchen sind ein wenig nach innen ausgebuchtet. Bei gut erhaltener Oberfläche beobachtet man zwei horizontale vordere und ausserdem zuweilen noch eine schräg nach dem Hinterrande verlaufende, dritte, hintere Seitenfurche. Randsaum stark verdickt, an der Stirn etwas spitz- bogig gebrochen und mit feinen Parallelstreifen bedeckt. Zwischen ihm und der Glabelle bleibt immer ein, wenn auch zuweilen nur schmaler, Zwischenraum. Nackenring von ansehnlicher Breite, indess nicht so breit, wie Giebel ihn abbildet. Die Oberfläche der Schale ist granulirt. | Die beschriebenen Reste stimmen, soweit ihre fragmentarische Beschaffenheit eine Vergleichung zulässt, recht gut mit der ange- zogenen Barrande’schen, in der böhmischen Etage F auftretenden Art überein. Charakteristisch sind für dieselbe die grosse Breite der bis nahe an den Stirnsaum reichenden, aber denselben nicht berührenden Glabella, die Form der Seitenfurchen, der vor der Stirn spitzbogig gebrochene Randsaum, die Parallelstreifen auf demselben und die Granulation der übrigen Theile des Kopfes. Unter den Verwandten unserer Art ist auch dormitans Richt.') zu nennen, der indess an der Stirn weniger spitzbogig zuläuft. 1) Zeitschr. der deutsch. geolog. Gesellsch. Bd. XV, tb. 18, f. 5. 14 Trilobitae. Proetus sp. Tafel 3, Fig. 11. Die geologische Landesanstalt besitzt aus dem Kalk von Mägde- sprung eine Glabella, die an diejenige der vorigen Art erinnert, aber durch eine gerundet vierseitige, sich nach vorn nicht merk- lich verschmälernde Gestalt ausgezeichnet ist. Unter den von Barrande aus den gleichaltrigen Ablagerungen Böhmens abge- bildeten Prötusarten habe ich keine ähnliche Form gefunden. Proetus Richteri Kayser. Tafel 1, Fig. 5 (vergr.). Arethusina? sp. Richter, Zeitschr. d. d.g.G. Bd. XV, p. 665, tb. 18, f.11. 1863. Im Besitz der geologischen Landesanstalt befindet sich ein nur ein paar Millim. langes Pygidium, welches aus dem Kalk des grossen Laddeckenthales stammt. Dasselbe ist ziemlich stark ge- wölbt, von halbkreisförmigem Umriss und besitzt eine ziemlich breite, stark convexe, aus 8—9 Segmenten zusammengesetzte Axe. Die letzten Segmente und ebenso die Spitze der Axe sind nicht mehr scharf begränzt. Die durch tiefe Furchen getrennten Seiten- ringe sind nur wenig gebogen und reichen nicht ganz bis an den Rand. Dieser letztere wird von einem glatten, aber nach innen nicht bestimmt begrenzten Saume gebildet. Die hintersten Seiten- ringe werden undeutlich. Sowohl die Axen- als auch die Seiten- ringe tragen verhältnissmässig starke Tuberkel. Die beschriebene kleine Schwanzklappe stimmt so gut mit der Abbildung und Beschreibung überein, welche Richter von einer den thüringer Tentakulitenschichten angehörigen Schwanzklappe gegeben hat!), dass ich keinen Augenblick anstehe, beide zu ver- einigen. Richter stellt die Form fraglich zur Gattung Arethu- sina. Diese Classifikation scheint aber mit Rücksicht auf die grosse Zahl der Segmente des Pygidiums unzulässig, da Arethusina sich !) Zur Vergleichung habe ich Taf. 34 Fig. 16 die Richter’sche Abbildung copiren lassen. Trilobitae. 119 srade im Gegentheil durch die sehr geringe Zahl der Schwanzschild- ringe auszeichnet. Ich benenne die Form zu Ehren des genannten, um die Paläontologie des thüringer Waldes hochverdienten Autors. Proetus eremita Barr. Tafel 1, Fie. 2—4 (verer.) Proetus eremita Barr., Syst. Sil. Boh. vol. I, p. 462, tb. 17, f.9. 1852. Pygid. indef. Giebel, Sil. F. Unterh. p. 9, tb. 2, f.4? 1858. Auch von dieser Art ist im Harz wie ın Böhmen nur das Pygidium bekannt. Dasselbe ist von halbkreisförmigem, stark quer- ausgedehntem Umriss (Verhältniss der Breite zur Länge mindestens —= 5:3), mit mehr oder weniger stark abgestutzten Vorderecken. Die Axe ist hoch gewölbt und tritt stark vor, die Seitenlappen dagegen sind schwach convex und am Rande flach, so dass hier ein horizontaler oder etwas schräg aufwärts gerichteter, indess nicht scharf begränzter glatter Saum entsteht. Die breite Axe ver- schmälert sich nach hinten zu sehr rasch. In ihrer Verlängerung liegt eine schmale, bis ın die Nähe des Randsaumes zu verfol- sende, aber zuletzt undeutlich werdende Leiste. Die Axe besteht aus 5—6 deutlichen Segmenten, die in der Mitte einen kleinen knopfförmigen Tuberkel tragen. Auf den Seiten liegen 4 breite, flache, jenseits ihrer halben Länge etwas knieförmig umgebogene Rippen. Die hinterste, vierte, ist ebenso wie die in der Verlänge- rung der Axe liegende Leiste gewöhnlich nur schwach angedeu- tet. Die Oberfläche der Schale erscheint mehr oder weniger fein ‚granulirt. Die beschriebene Schwanzklappe, von der eine Anzahl von Exemplaren aus den Kalklagern des oberen Sprakelsbaches und des grossen Mittelberges vorliegen, zeigt mit dem von Barrande unter der Bezeichnung Pr. eremita abgebildeten, auf Etage F beschränkten Pygidium grosse Uebereinstimmung. Die Stärke der Abstutzung der Vorderecken variirt bei der harzer Form, wie eine Vergleichung von Fig. 3 und 4 lehrt. Die Art ist mit meh- reren anderen böhmischen Formen, besonders mit Barrande’s 16 Trilobitae. natator aus Etage F'!) nahe verwandt. Derselbe unterscheidet sich von eremita eigentlich bloss durch das Fehlen des Randsaumes und stellt vielleicht nur eine Varietät desselben dar. Nach Exemplaren, die in der Sammlung des naturhistorischen Vereins zu Bonn aufbewahrt werden, scheint Pr. emerita oder eine nahe verwandte Art auch ım Kalk von Greifenstein vorzukommen. Proetus Wiedensis n. Sp. Tafel 1, Fig. 7, S (vergr.); 6? (Copie nach Giebel). In den Kalklagern des Sprakelsbaches und des kleinen Lad- deckenthales bei Zorge kommen häufig kleine Pygidien vor, die sich durch halbkreisförmigen, stark querausgedehnten, fast doppelt so breiten als langen Umriss, stark abgestutzte Vorderecken und eine mässig breite, bis in die Nähe des Randes hinabreichende hochgewölbte, spindelförmige, aus ungefähr 6 Ringen bestehende Axe auszeichnet. Auf den convexen Seitenlappen zählt man 5 starke Rippen ausser der Artikulationsrippe. Ein schwacher glatter kandsaum ist vorhanden. Wahrscheinlich gehört hierher auch ein kleines, von Giebel aus dem Kalk des Scharrenstieges abgebildetes Pygidium (Fig. 6). Ich kenne keine Form, deren Pygidium sich mit dem beschriebe- nen näher vergleichen liesse. Proetus enf. orbitatus Barr. Tafel 3, Fig. 14. Proetus orbitatus Barr., Syst. Sil. Boh. vol. I, p. 444, tb. 15, f. 23—32. 1852. In dem gegenüber der Trautensteiner Sägemühle anstehenden Kalklager kommen Pygidien einer kleinen Proetusart vor, die sich bei halbkreisförmigem Umriss besonders durch die auffallend grosse, diejenige der Seitenlappen übertreffende Breite der stark konisch gestalteten, aus 5 Ringen zusammengesetzten Axe und glatte Seiten 2) Barr! !Tol..pl..16;,£,36- 6 Trilobitae. 17 auszeichnet. Sowohl die Axe als auch die Seitenlappen sind stark gewölbt. Das beschriebene Pygidium erinnert durch seine starke Wöl- bung und die grosse Breite der Axe an Pr. orbitatus Barr. aus der böhmischen Etage F. Zwar sind die Seitenlappen bei diesem letzteren in der Regel deutlich segmentirt; dass dieselben indessen zuweilen auch fast ganz glatt werden können, beweisen Barrande’s Figuren tb. 15, 28 und tb. 27, 22. Ausserdem scheint die harzer Schwanzklappe von der angezogenen böhmischen noch durch etwas geringere Abstutzung der Vorderecken abzuweichen. Zusammen mit obigem Pygidium kommt das Fig. 15 abgebil- dete Wangenstück und die kleine Glabella Fig. 12 vor. Genus Cyphaspis Burmeister. Cyphaspis hydrocephala A. Röm. Tafel 1, Fig. 12; Tafel 3, Fig. 16 18. Calymene hydrocephala A. Röm, Verst. Harzgeb. p. 38, tb. 11, f.7. 1845. Cyphaspis clavifrons Barrande, Note prelim. p. 77. 1846. — Barrandd CGorda, Prodrome p. 81. 1847. — — Barrande, Syst. Sil. Boh. p. 486, tb. 18, f.33—48. 1852. — hydrocephala A. Röm. Beitr. III, p. 119, tb. 16, f. 1 (male). 1855. == -= Giebel, Sil. Faun. Unterharz p.7, tb. 2, f. 12. 1858. Kopfschild von ungefähr halbkreisförmigem Umriss, von einem verdickten Randsaum umgeben, der an den Hinterecken in lange, etwas schräg abstehende Stacheln ausgezogen ist. Glabella von birnförmiger Gestalt, verdickt und blasenförmig aufgetrieben, nach vorn zu stark umgewölbt und über den Stirnrand überhängend, von welchem letzteren sie indess durch eine mehrere Millim. breite Randausbreitung getrennt bleibt. An der Basis der Glabella schei- det sich durch eine schräge Furche jederseits ein kleiner Seiten- lappen ab. Nackenring ziemlich breit. Wangen stark gewölbt. 2 18 Trilobitae. Ihre Mitte ist höckerartig erhoben und trägt zuoberst das kleine (an den untersuchten Stücken nicht erhaltene) Auge. Die ganze Oberfläche des Kopfes ist stark granulirt. Rumpf und Pyeidium nicht erhalten. Diese Art ist in dem Kalk des Scheerenstieges bei Mägde- sprung nicht selten; doch finden sich fast immer nur isolirte Gla- bellen mit geringen anhängenden Wangenresten. Römer beschrieb die Form schon in seiner ersten Harzarbeit. Indess sind sowohl seine damaligen als auch die später in seinen Beiträgen gegebenen Abbildungen nur nach Bruchstücken entworfen und unrichtig er- gänzt. Auch die noch späteren Abbildungen von Giebel sind nicht naturgetreu. Das im Besitz der geologischen Landesanstalt befindliche, bis auf die verletzten Hörner und Augen vollstän- dige Exemplar Fig. 16, so wie ein anderes, der Universität Halle gehöriges Stück (tb. 1, f. 12) beweisen, dass sowohl Rö- mer’s als auch Giebel’s Abbildungen den Stirnsaum viel zu hoch über die Glabella aufsteigen lassen, während in Wirklichkeit die Glabella über den Stirnsaum überhängt. Durch diesen Umstand erhält aber die Mägdesprunger Form die grösste Aehnlichkeit mit Corda’s Cyphaspis Barrandei aus den böhmischen Etagen Fund @. Ihre Uebereinstimmung mit Barrande’s Abbildungen der böh- mischen Art ist in der That so gross, dass ich an der Identität beider Formen kein Bedenken trage. Dabei muss ich freilich bemerken, dass ich selbst die Stachelfortsätze der Hinterecken an keinem Stücke beobachtet habe; da dieselben aber sowohl von Giebel als auch von Römer abgebildet werden, so habe ich keinen Grund, ihre Existenz zu bezweifeln. Der Name Römer’s hat vor dem Corda’s die Priorität und muss auch auf die böh- mische Form übertragen werden. Die Brüder Sandberger haben!) unter den Synonymen der mitteldevonischen Oyphaspis ceratophthalma Gdf. auch Römer’s hydrocephala aufgeführt. Beide Arten sind einander — wie auch Barrande ]. c. p. 488 hervorhebt — in der That ähnlich; allein die verhältnissmässig viel breitere, weiter nach der Stirn reichende, !) Rhein. Schichtens. Nass. p. 23. MB. x 2 Trilobitae. 19 aufgedunsene Glabella der hereynischen Art und andere von Bar- rande geltend gemachte Difterenzen lassen ihre Vereinigung mit der rheinischen Form nicht zu‘). Dass ©. Aydrocephala indess auch am Rhein vorkommt, und zwar im unterdevonischen Kalk von Bicken, habe ich schon bei einer anderen Gelegenheit mit- getheilt ?). Genus Phacops Emmerich. Phacops fecundus Barr. var. Tafel 3, Fig. 1-11. Phacops latifrons Ar komer, Beise1. p- 6lsstbr 9, 1724. 1850. — Bronni? A. Römer, ibid. tb. 9, f. 25. — fecunduss DBarrande, Syst. Sil. Boh. I, p. 514, tb. 21, 22. 1852. — Suppl. p. 24, tb. 13. 1872. — granulatus A. Römer, Beitr. V, p. 8, tb. 2, f.7. 1866. Kopfschild etwa 3mal so hoch als breit, ziemlich stark ge- wölbt. Die scharf begränzte Glabella von gerundet-fünfseitigem Umriss, nur wenig bis mässig stark über den Stirnrand erhoben. Dieser letztere bildet eine stets stark vortretende, durch eine flache Länssrinne ausgehöhlte Leiste. Glabella von hinten nach vorn rasch an Breite zunehmend, mit 3 Furchenpaaren, die indess schon bei leichter Abreibung der Schale zu verschwinden pflegen. Nacken- und Zwischenring deutlich ausgebildet, der letztere an jedem Ende !) Noch viel weniger als mit Aydrocephala darf Cyphasp. ceratophthalma — die übrigens, wie in der Berliner Universitätssammlung befindliche Stücke zei- sen, auch in unterdevonischen Schichten bei Braubach vorkommt — mit Bar- rande’s böhmischer Cyph. Burmeisteri (Tril. tb. 18, f. 61—71) vereinigt werden, wie dies unlängst durch F. Römer (Leth. geogn. Atlas, tb. 31, f. 6. — 1876) ge- schehn ist. Die fragliche rheinische Art unterscheidet sich, wie Goldfuss’ Abbil- dungen und Eifler Exemplare beweisen, von der letztgenannten böhmischen sofort durch ihre schmälere Randausbreitung, die nicht, wie bei Cyph. Burmeisteri, in der Ebene des Körpers liegt, sondern nach der Stirn zu senkrecht abfällt. ?) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXIV, p. 408. 9* 20 Trilobitae. mit einem Knoten versehen. Bei einer bei Isenburg vorkommen- den Varietät (f. 7, 8) trägt der Nackenring ausserdem auch auf der Mitte zwei kleine Knoten. Augen sehr gross und vorragend, aber sich nicht bis zum Niveau der Glabella erhebend. Sie reichen - von der Vorderecke der Wangen bis in die Nähe der Oecceipital- furche, die sie indess nie berühren. Jedes Auge ist aus etwa 18 verticalen Reihen zusammengesetzt, von denen wieder eine jede aus 5—6 (zuweilen 7?) Linsen besteht. Palpebralhöcker gewöhnlich stark ausgebildet, schon in der Jugend vortretend. Rumpf aus 11 Segmenten bestehend, Axe etwas schmäler als die Seiten. Pygidium halbkreisförmig; die am Ende meist etwas abge- stutzte Axe aus 8 oder etwas mehr Ringen bestehend. Die Rip- pen der Seitenlappen bilden markirte, oben abgeflachte und mit einer Längsrinne versehene Leisten. Die Rinnen sind indess nur bei guter Erhaltung der Schale zu beobachten und auf dem Stein- kern nicht mehr sichtbar. Die ganze Oberfläche der Schale ist mehr oder weniger stark granulirt und die Granulation zuweilen noch auf dem Steinkern beobachtbar. A. Römer hat unsere Art in seinem ersten Beitrage aus dem Klosterholz bei Isenburg abgebildet, und zwar ein Kopfschild als Ph. latifrons Bronn., ein Schwanzschild als Ph. Bronnü Barr. In seinem letzten Beitrage dagegen hat er dieselbe als Ph. gra- nulatus Münst. aus der Gegend von Zorge beschrieben. Seine Abbildungen sind sämmtlich sehr mangelhaft, seine Originalstücke aber haben sich sämmtlich als zu unserer Art gehörig erwiesen. Ph. fecundus ist weitaus der häufigste unter allen Trilobiten der hereynischen Schichtenreihe und ist bisher im Klosterholz, in der Gegend von Wieda, Zorge (Laddeckenberg, Joachimskopf, Ki- lianskopf), bei Trautenstein (Sägemühle) und Mägdesprung (vierter Hammer) gefunden worden. Die Form der Glabella ist kleinen Schwankungen unterworfen. Ihr Umriss ist bald mehr, bald we- niger deutlich fünfseitig, ihre Erhebung über den Stirnrand bald grösser, bald geringer, und auch die Stärke der Breitenzunahme von hinten nach vorn ist etwas verschieden. Trilobitae, 21 Mit dem böhmischen fecundus stimmt die harzer Form im Allgemeinen recht gut überein, wie eine Vergleichung der zahl- reichen in den hiesigen Sammlungen aufbewahrten böhmischen Stücke gezeigt hat. Indess erhebt sich die Glabella bei dem har- zer fecundus etwas stärker über den Stirnrand als bei der grossen Mehrzahl der böhmischen Exemplare. Ausserdem hat die Glabella des harzer Trilobiten einen mehr fünfseitigen Umriss, und endlich ist sein Stirnsaum stets deutlich entwickelt, während derselbe bei der böhmischen Form nur bei varietas degener ähnlich deutlich ausgebildet ist, bei den übrigen Abänderungen aber im mittleren Theile rudimentär wird. Ich halte indess die angeführten Unter- schiede zu einer specifischen Trennung beider Formen nicht für ausreichend, umsomehr als im Harze Formen mit wenig vorragen- der, stark gerundeter Glabella, wie Fig. 2 und 3, die mit typischen böhmischen Exemplaren sehr gut übereinstimmen, und andere, die sich von letzteren weiter entfernen, wie Fig. 1 und 6, durch all- mälige Uebergänge auf’s Engste verknüpft sind. Es ıst durchaus nicht leicht, die verschiedenen von Barrande unterschiedenen böhmischen Phacopsarten auseinanderzuhalten. Von all’ seinen Arten aber ist es allein fecundus mit seinen grossen, weit nach hinten, aber doch nie bis an die Nackenfurche reichen- den Augen, seiner besonders bei grossen Individuen oft sehr stark werdenden Granulation (Fig. 8) und den leistenförmigen, durch eine Furche getheilten Rippen -des Pygidiums, mit dem unsere harzer Form vereinigt werden kann. Denn bei den meisten übri- gen böhmischen Arten reichen die Augen lange nicht so tief herab, während Ph. Boeckt Cord. und dreviceps Barr., deren Augen ebenso nach hinten reichen, schon durch die ungefurchten Rippen des Pygidiums, die letztgenannte Art ausserdem auch durch ihre sich kaum über den Stirnrand erhebende Glabella unterschieden ist. Phacops fecundus tritt ın Böhmen nach Barrande bereits im Obersilur (Etage #) auf und geht bis in Etage F hinauf. Im rheinischen Schiefergebirge kennt man ihn schon von mehreren Lokalitäten, so in den Dachschiefern von Wissenbach und aus dem Rupbachthale und im Kalk von Bicken und Greiffenstein '). 1) Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XXIX, p. 408, 410. 22 Trilobitae. Von Phacops latifrons unterscheidet sich fecundus 1) durch seine das Niveau der Glabella niemals erreichenden Augen (bei latifrons erheben dieselben sich stets über das Niveau der Gla- bella!); 2) durch den immer verhandenen, wenn auch oft nur geringen Zwischenraum zwischen Occipitalfurche und Augen; 3) durch die bei guter Erhaltung der Schale stets deutlich erkenn- baren, zuweilen sogar auf dem Steinkerne wahrnehmbaren 3 Fur- chenpaare der Glabella, die man bei latifrons nur äusserst selten beobachtet; endlich 4) durch die Furchung der Rippen auf den Seitenlappen des Pygidiums. Der ächte Phacops latifrons ist mir aus den ältesten Ablagerungen des Harzes unbekannt. Phacops (fecundus var.?) Zinkeni A. Röm. Tafel 2, Fig. 12? 13, 14. Asaphus Zinkeni A. Römer, Verst. Harzgeb. p. 39, tb. 9, f.7. 1843. Phacops angusticeps Giebel, Sil. Faun. Unterh. p. 8, tb. 2, f.1. 1858. A. Römer beschrieb 1843 ein Kopfschild eines Phacops aus dem dunklen Kalk des Scheerenstieges als Asaphus Zinkeni und gab davon eine sehr mangelhafte Abbildung. 1852 (Beitr. II, p. 110) führte er in seinem Verzeichniss der harzer Versteinerungen das- selbe Stück als Phacops latifrons an. 1858 beschrieb endlich Giebel dieselben Köpfe unter dem Namen Phacops angusticeps. Die jetzt in der Heidelberger Universitätssammlung aufbewahr- ten Originalexemplare Giebel’s sind sämmtlich Steiikerne, die durch Verdrückung mehr oder weniger stark gelitten haben. Sie weichen von dem oben beschriebenen Ph. fecundus durch eine an der Basis verhältnissmässig breitere, nach vorn zu langsamer an Breite zunehmende, ausserdem auch stärker gewölbte Glabella und durch nach hinten mehr herabfallende, stark gerundete Hinter- ecken der. Seitenschilder ab. Nach Giebel sollen ähnlich gestaltete Köpfe auch in den Schiefern im Hangenden des Scheerenstieger Kalkes vorkommen. Trotz der angeführten Unterschiede wäre es möglich, dass Trilobitae. 23 die in Rede stehende Form zu fecundus gehörte und die genann- ten Differenzen nur eine Folge von Verdrückung wären. Giebel bezieht auf seinen angusticeps auch das Fig. 12 ab- gebildete aus den Schichten im Hangenden des Schneckenberger Kalklagers stammende Rumpfstück. Da dasselbe nur Steinkern ist, so bleibt seine Zugehörigkeit zweifelhaft. — Giebel bildet (l. c.) noch ein unvollständiges Pygidium aus dem Kalke des Scheerenstieges ab und beschreibt dasselbe fraglich als Ph. Sternbergi Barr. Das jetzt der Heidelberger Sammlung angehörige Stück ist jedoch für eine nähere Bestimmung viel zu ungenügend erhalten. Phacops Sp. Tafel 3, Fig. 13. Aus dem der Trautensteiner Sägemühle gegenüber anstehenden Kalklager liest ein Pygidium vor, das wohl nicht zu Ph. fecundus gestellt werden darf. Dasselbe ist stärker gewölbt und am Hinter- ende abgestutzt. Die Axe ist kürzer und breiter, ihre Ringe sind, ebenso wie die Rippen der Seitenlappen, stark gewölbt und durch schmale, aber tiefe Furchen getrennt und waren, wie man unter der Loupe erkennt, mit starken Tuberkeln besetzt. Diese Uharaktere erinnern etwas an Barrande’s Ph. intermedius aus der böhmischen Etage F}). Phacops Zorgensis n. sp. Tafel’ 3, Fig. 35, 62 Nur das Kopfschild dieser Art ist bis jetzt bekannt. Dasselbe ist stark gewölbt, die hochparabolische, am vorderen Ende etwas abgestutzte Glabella erhebt sich hoch über den Stirnrand, zu dem sie mit steiler Fläche abfällt. Ihre Oberfläche ist fein gekörnt und mit 3 Furchenpaaren versehen. Nacken- und Zwischenring sind DETzilob. pl. 22. 24 Trilobitae.- stark entwickelt, der letztere an jedem Ende mit einem Knoten verziert. Seiten stark abfallend. Auf ihrer Mitte erheben sich stark vorragende Augen von mässiger Grösse, deren hinteres Ende ziemlich weit von der Nackenfurche entfernt bleibt. Jedes Auge scheint aus etwa 14 vertikalen Reihen von je 5—6 (?) runden Linsen zu bestehen. Stirnrand stark verdickt, durch eine flache Längsfurche ausgehöhlt. Die kleine Art hat sich bis jetzt mit Sicherheit nur in den Kalklinsen und -Nieren des Sprakelsbachs unweit Zorge gefunden. Vielleicht gehört indess auch das Fig. 6 abgebildete Stück aus den weichen Schiefern im Hangenden des Scheerenstieger Kalklagers hierher. Ph. Zorgensis ist Corda’s Ph. cephalotes aus Etage @') nächst verwandt. Die Unterschiede von der böhmischen Art liegen in der noch höher emporsteigenden, in der Vorderansicht und im Profil eckiger contourirten, etwas aufgedunsenen Glabella, dem stark entwickelten Randsaum — bei cephalotes wird derselbe in der Mitte rudimentär! — und den stets erheblich geringeren Dimensionen. Exemplare wie das Fig. 3 abgebildete zählen schon zu den grössten überhaupt vorkommenden, während die meisten nicht grösser werden, wie Fig. 4 und 5. Von böhmischen Formen lässt sich ausser der genannten nur noch Ph. Boecki Corda?) ver- gleichen, der eine ähnlich hohe, aber viel stärker gerundete Gla- bella und viel weiter nach hinten hinabreichende Augen besitzt. Von sonstigen verwandten Arten wären zu nennen: Ph. strabo Richter‘), eine kleine Form aus den thüringer Nereitenschichten mit ebenfalls sehr hoher, schnautzenförmiger Glabella, die aber — wie ich mich an mir durch Herrn Liebe in Gera freundlichst über- sandten Exemplaren überzeugt habe — schmäler ist und von vorn gesehen einen gerundeten Umriss zeigt, ähnlich wie cephalotes, von dem sich die thüringer Art vielleicht nur durch ihre viel kleineren Dimensionen unterscheidet*). Sodann ist die kleine, von F. Römer !) Syst. Sil. Boh. I, p. 509, tb. 20. 2)aBarımal.caapl. 20: 3) Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XV, p. 665, tb. 18, f. 12. MICH. 29th 22 le u ee > a Se Bi GER ER Trilobitae. 35 in seiner Geologie von Oberschlesien als Phac. latifrons abgebil- dete!) Form aus oberdevonischen (?) Schichten von Bennisch in Oesterreich-Schlesien vergleichbar. Dieselbe zeigt eine grosse Achn- lichkeit mit der thüringer Form und ist jedenfalls von latifrons verschieden. Phacops fugitivus Barr. Tafel 3, Fig. 1, 2 () Phacops fugitivus Barr., Syst. Sil. Boh. I Suppl. p. 25, tb. 9, f. 2. 1872. — KRömeri Geinitz? Grauwackenf. Sachs. II, tb. 19, f. 23. 1853. —_ — (ex parte?) Riehter, Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XV, tb. 19, f. 1-3. 1862. Diese Art ist, wie eine Anzahl im Besitze der Landesanstalt befindlicher Bruchstücke beweisen, in dem hellfarbigen Kalk des Laddeckenthales bei Zorge nicht selten. Aus den einander ergän- zenden Stücken hat sich die Gestalt des Kopfes vollständig re- construiren lassen. Das mässig convexe Kopfschild hat einen halbkreisförmigen, querverlängerten Umriss (Verhältniss der Breite zur Länge mehr als 3:2) mit geradlinigem Hinterrande und gerundeten Hinter- ecken. Es wird von einem schwach wulstförmigen, auf der Innen- seite durch eine seichte Furche abgegrenzten Randsaum umgeben, der an den Hinterecken am breitesten ist und sich von da nach ‘der Stirn zu allmälig verschmälert. Die mässig stark gewölbte Glabella ist trapezförmig gestaltet, nimmt nach vorn rasch an Breite zu und greift über den Randsaum über. Ihre Mitte ist etwas kielförmig erhoben und trägt am Hinterende einen kleinen knoten- förmigen Tuberkel. Der Nackenring ist deutlich entwickelt und dem Randsaume ähnlich gestaltet. Der breite Zwischenring ist in der Mitte vollständig unterbrochen und in der Jugend auf zwei an der Basis der Glabella liegende, knotenförmige Tuberkel be- schränkt, welche sich mit zunehmendem Alter zu verhältnissmässig grösseren, gerundeten Lappen umgestalten. Die mässig grossen, !) Zur besseren Vergleichung habe ich Tafel 35, Fig. S ein Exemplar der thüringer Form abbilden lassen. 26 Trilobitae. aus zahlreichen Linsen zusammengesetzten Augen liegen in den Vorderecken der Wangen und sind hart an die Glabella und den Randsaum angepresst. Die Identität unserer Stücke mit der böhmischen, der Bar- rande’schen Etage @ angehörigen Art erscheint mir zweifellos. Die Vergleichung mit den von Barrande gegebenen Abbildungen zeigt eine so genaue Uebereinstimmung, als man es bei so weit getrennten Fundorten nur erwarten kann. Wenn ich die matten Seitenfurchen, welche die Glabella der böhmischen Form zeigt, an den harzer Stücken nicht beobachten konnte, so liegt dies un- zweifelhaft an deren mangelhafter Erhaltung. Wahrscheinlich gehört auch das Fig. 2 abgebildete, ebenfalls aus dem kl. Laddeckenthale stammende Stück hierher. Es stimmt im Allgemeinen mit Fig. 1 überein, nur dass Nacken- und Zwischen- ring in einander zu verfliessen scheinen. Die Art gehört zur Gruppe der klein- und eckäugigen Pha- copsarten, für welche M’Coy die Untergattung Trimerocephalus errichtet hat. Der älteste Typus dieser Gruppe ist meines Wissens P’h. Vol- bortii Barr. aus dem böhmischen Obersilur!). In den über dem letzteren folgenden Etagen F, @ und H erscheinen m Böhmen zwei Vertreter der Gruppe, nämlich miser Barr. m F?) und der beschriebene fugitivus. Weiter gehören hierher verschiedene Formen aus den Nereiten- und Tentaculiten - Schichten Thüringens: P’h. Römeri Gein.?) und plagiophthalmus Richt.*). Es ist sehr mög- lich, dass ein Theil oder sämmtliche als Römer: beschriebene Formen mit fugitivus ident sind. Denn ein mir durch die Güte meines Freundes, Herrn Liebe in Gera, zugestelltes Kopfschild von Schmirchau, welches ich der Vergleichung wegen auf Taf. 35 Fig. 9 habe abbilden lassen, scheint mir nach dem breiten Rand- saum, der schwach gekielten, hinten mit einem Knoten endigenden ») Trilob. pl. 28. Sala ca p1R233 3) Grauwackenform. II, tb. 19, f. 27. — Richter, Zeitschr. d. d. g. G. Bd. XV, tb. 19, f. 1—3. ler Ba SVIEtbe Den Trilobitae. 27 Glabella und den beiden Lappen an deren Basıs entschieden zu Fugitivus zu gehören. Auch im rheinischen Unterdevon kommt eine hierher gehörige Form vor, wie denn einer gütigen Mit- theilung meines Collegen Koch zufolge die Angabe der Brü- der Sandberger vom Vorkommen des Ph. eryptophthalmus in den Wissenbacher Schiefern!) sich auf eine dem Ph. fugitivus oder miser verwandte oder idente Form bezieht. Aus den älteren De- vonschichten des Harzes gehört unserer Gruppe an: micromma A. Röm.?); aus mittel- und oberdevonischen Schichten endlich ist zu nennen Ph. eryptophthalmus Emmr.?), laevis Münst.*), incisivus A. Röm.°), granulatus Münst.°), macrocephalus und mastophthal- mus Bicht.’) und kopygus Richt.°) — Die Gruppe reicht mithin aus dem Obersilur bis in’s Oberdevon und ist ın der Devonfor- mation so stark vertreten, dass sie für deren Trilobitenfauna geradezu als charakteristisch gelten darf. Genus Dalmanites Emmrich. Dalmanites tuberculatus A. Röm. Tafel u Fig. 1-6; Tafel 3, Fig. 7 (2) Phacops tubereulatus A. Röm., Beitr. II, p. 102, tb. 15, f. 18. 1852. _ — A.Röm., Beitr. II, p. 119, tb. 16, f. 12. 1853. Dalmania — Giebel, Sil. F. Unterharz 10, tb. 1, f. 5, 8, 11, tb. 5, f. 16. 1858. Kopfschild erheblich breiter als lang, von parabolischem Um- riss, von einem glatten, an der Stirn wahrscheinlich etwas erwei- !) Rhein. Schicht. Nass. p. 482. 2) Beitr. II, tb. 12, f. 25. 3) Sandb., Rhein. Sch. Nass. tb. 1, f. 6, 2) Salter, Monogr. Brit. Trilob. p. 16, tb. 1, f. 5—7. DeBeitr.V, tb.3,.6.4. 6) Richt., Paläontol. Thür. Wald, tb. 1, f. 1—5. Deleckthb en 12. 8) Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XV, tb. 19, f. 4, 28 Trilobitae. tertem Randsaum umgeben, an den Hinterecken in lange, der Axe des Körpers ungefähr parallel laufende Hörner ausgezogen. Nacken- ring sehr stark, auf der Mitte einen Höcker tragend. Glabella durch 3 Paar tiefe, breite Furchen zerlappt. Die beiden hintersten, vor der Nackenfurche gelegenen Seitenlappen vereinigen sich und bilden einen ungetheilten, dem Nackenringe ähnlichen Ring. Augen sehr gross und vorragend, aus einer nicht näher zu bestimmenden, aber sehr grossen Zahl von Linsen zusammengesetzt, welche in vertikale Reihen geordnet sind. Rumpf unbekannt Pygidium stark quergewölbt, von ungefähr halbkreisförmigem Umriss, aus mindestens 18 Segmenten bestehend, von einem flachen, glatten Randsaum umgeben, am hinteren Ende in einen gerun- deten Stachel auslaufend. Axe und Seitenlappen mit leistenförmigen Rippen versehen, welche durch ungefähr ebenso breite, glatte Fur- chen getrennt werden und sich, je weiter nach hinten, desto stärker rückwärts biegen. Das ganze Kopfschild ist stark granulirt, Randsaum und Wan- gen schwächer und gleichmässiger, die Glabella, die der Occipital- furche benachbarten Partien und die Hörner stärker und ungleich- mässiger. Auch das Pygidium ist granulirt und ausserdem noch mit stärkeren Tuberkeln versehen, die auf den Seiten-Rippen in etwas unregelmässige Reihen geordnet zu sein pflegen. Ausserdem sind die Axenringe des Pygidiums öfters mit einigen langen, horn- förmig rückwärts gebogenen, drehrunden Stacheln versehen. Die- selben brechen begreiflicher Weise sehr leicht ab und lassen an ihrer Ansatzstelle nur eine Narbe zurück. Von einem Exemplare lagen mir jedoch noch Stücke der Stacheln selbst vor, welche die Fig. 4a dargestellte Construction ermöglichten. Bei einem Indi- viduum (Fig. 6) zeigte sich von vorn nach hinten gezählt der Ste und 18te, bei einem andern (Fig. 4) der öte, 10te und l5te Ring mit einem Dorn versehen. Dieser interessante Zierrath ist indess keineswegs bei allen Exemplaren vorhanden. So fehlt er z. B. Fig. 5 vollständig. Vielleicht lässt er sich als ein nur den männ- lichen Individuen zukommender Schmuck deuten. i Von dieser wichtigen Art besitzt die Heidelberger Universitäts- Sammlung eine grössere Zahl von Fragmenten, von denen auf > Trilobitae. 29 unserer Tafel die besterhaltenen abgebildet sind. Die Art konnte sehr beträchtliche Dimensionen erreichen, wie denn ein paar Heidel- berger Stücke auf Individuen von wenigstens 25 Centimeter Länge schliessen lassen — Dimensionen, die denen der grössten bis jetzt bekannt gewordenen Trilobiten gleichkommen. Dalm. tuberculatus ist im dunklen Kalke des Scheerenstieges nicht selten. Sie wurde daher zuerst von A. Römer, freilich nur in sehr ungenügender Weise, beschrieben und abgebildet. Die spätere Abbildung Giebel’s ist besser. Ausser den auf Tafel 4 abgebildeten Stücken von Mägdesprung gehört vielleicht auch das Tafel 3, Fig. 7 abgebildete Pygidium vom Sprakelsbach unweit Zorge unserer Art an. D. tuberculatus gehört der in den Barrande’schen Etagen F-H, und zwar besonders in @, sehr verbreiteten und wichtigen Formengruppe des Dalm. Hausmanni Brongn. an, zu der ausser der genannten Art in Böhmen noch D. Reussüi Barr., eristatus Cord., rugosus Cord., aurieulatus Dalm., Fletscheri Barr., spinifer Barr. und M’Coyi Barr. gehören. Für die Arten dieser Formen- reihe ist ausser anderen minder wichtigen Charakteren, wie die starke Zerlappung der Glabella, die sehr grossen Augen, die starke Granulation resp. Tuberkulation ete., vor Allem die grosse Zahl (mindestens 16) der Axenringe des Pyeidiums charakteristisch. Auch in Nordamerika spielen Formen der Hausmannigruppe in den Ablagerungen der Unter- und Oberhelderbergformation eine wich- tige Rolle. Aus der ersteren gehören hierher die von Hall im dritten Bande seiner Paläontologie von New-York beschriebenen pleuropty&e Green (früher auf Hausmanni selbst bezogen), mierurus Green, tridens Hall, nasutus Conr. und tridentiferus Schu- mard!), Arten die man wegen mehrerer gemeinsamer Eigenthüm- lichkeiten, unter denen besonders die stachelförmigen Fortsätze an der Stirn und am Schwanzende zu nennen sind, wohl zu einer besonderen Gruppe des D. pleuroptyx zusammenfassen könnte. Von den Dalmaniten des Oberen Helderberg gehören mit Bestimmtheit zur Hausmannigruppe D. myrmecophorus Green, Helena Hall, ') Geol. Surv. Missouri 1855, part II, 199, tb. B. 30 Trilobitae. 17 Calypso H.,. wahrscheinlich auch erina H., acanthopleurus Conr. Yr ’ J p > denticulatus Conr. und emarginatus H.'). Von allen aufgeführten Arten steht unsere Mägdesprunger dem böhmischen spinifer aus der Barrande’schen Etage @ am nächsten. Leider fehlt bei allen von mir untersuchten Exem- plaren der an der Stirn liegende Theil des Randsaums, so dass es ungewiss bleibt, ob derselbe spitzbogig gestaltet war, wie ihn Römer, oder rundbogig, wie ihn Giebel abbildet. Sollte Er- steres der Fall sein, so könnte man sich fast versucht fühlen, die harzer mit der genannten böhmischen Form zu vereinigen. Denn der Umstand, dass die 3 symmetrisch angeordneten glatten Grüb- chen, die man auf der Glabella von spinifer, Hausmanni und Ver- wandten beobachtet, bei tuberculatus nicht wahrzunehmen sind, hängt vielleicht nur mit der ungenügenden Erhaltung der harzer Stücke zusammen; und was die auf der Axe des Schwanzschildes der harzer Form auftretenden Dornfortsätze betrifft, so ist an die Worte Barrande’s bei der Beschreibung des böhmischen spinifer zu erinnern?): le volume des grains augment dans läge avance jus- qua ofrir un diametre plus d’un millimetre. Alors ls se developpent en forme d’epines droites, comme dans Sao hirsuta. Darnach würde die Entwickelung längerer Stacheln, zumal falls sie nur als ge- schlechtliche Ornamente auftreten sollten, für sich allein die Be- gründung einer besonderen Art kaum rechtfertigen. Indess, falls auch in Zukunft an vollständigeren Exemplaren noch weitere Dif- ferenzen der harzer von der böhmischen Form nachgewiesen wer- den sollten, immer wird man beide als nächstverwandte und stell- vertretende Arten anzusehen haben. Dalmanites sp- Tafel 3, Fig. S. Die Sammlung der hiesigen Universität besitzt aus älterer Zeit (v. Buch’sche Sammlung) ein Bruchstück eines grossen Pygidiunis '!) Hall, Geol. Surv. N.-York, Illustrations of Devonian fossils, 1876. w 2) Syst. Sil. Boh. p. 542. h} Trilobitae, 31 eines Dalmaniten, welches nach der Etiquette aus der Gegend von Zorge stammt. Soweit die fragmentarische Natur des Stückes und die schlechte Erhaltung der Oberfläche ein Urtheil erlauben, schliesst dasselbe sich dem oben beschriebenen D. tuberculatus nahe an. Ich würde es auf diese Art beziehen, wenn nicht zwei kleine, wie es scheint in regelmässiger Weise auf der Mitte der Axenringe auf- tretende Tuberkel einen Unterschied bedingten, dem indess viel- leicht keine specifische Bedeutung beizulegen ist. Dalmanites Beyrichi n. sp. Tafel 1, Fig. 1. Ausser den beschriebenen Stücken von Mägdesprung und Zorge liest auch aus dem Kalk des Klosterholzes ein Fragment eines Dalmanites vor. Das höchst interessante, im Besitze der Landesanstalt befindliche Kopfschild ist leider — wie die Ansicht Fig. 1 zeigt — durch Verdrückung stark verzerrt, so dass es nur mittelst Construction (unsere Figur la) möglich war, ein besse- res Bild von seiner ursprünglichen Form zu erhalten. Der Kopf hat einen breit parabolischen Umriss. An den beiden Hinter- ecken ist er in lange Hörner ausgezogen, an der Stirn endigt er mit einem langen (?) Stachelfortsatz. Der Rand wird von einem ununterbrochenen, glatten Saume umgeben. Die Glabella ist, wie bei allen Formen der Hausmannigruppe, der auch die Ilsenburger Form angehört, durch drei Furchenpaare stark zer- lappt, und die unmittelbar vor dem starken Nackenring gelege- nen Lappen zu einem in der Mitte nicht unterbrochenen, dem Nackringe ähnlichen Ring vereinigt. Augen sehr gross. Die ganze Oberfläche gekörnt, am stärksten der ballonförmig gestaltete Stirn- Lappen der Glabella. Die hervorstechende Eigenthümlichkeit des beschriebenen Kopfes beruht auf seinem stachelförmigen Stirnfortsatz. Durch diesen tritt unsere Art in nahe Beziehung zu denjenigen amerika- nischen Arten der Formengruppe des D. Hausmanni, welche man 32 Trilobitae. — wie bereits bei der Beschreibung des D. tuberculatus bemerkt wurde — zu einer engeren Gruppe des D. pleuroptyz vereinigen könnte. Die Aehnlichkeit der Ilsenburger Art mit Formen der amerikanischen Gruppe ist in der That so gross, dass man sie ohne Bedenken in dieselbe einreihen darf. Genus Cryphaeus Green. Cryphaeus calliteles Green? Tafel 3, Fig. 10. Phacops pectinatus A. Röm. Beitr. I, p. 62, tb. 9, f. 27. 1850. Cryphaeus ealliteles Verneuil, Bull. Soc. G£ol. 2. s. vol. VII, p. 165, tb. 1, f.3. 1850. Dalmanites calliteles Hall, Illustrat. Devonian Fossils, Palaeont. N.-York, Crustacea, tb. 16, 2 1.0.20,.9. „1376: Die Jasche’sche Sammlung besitzt zwei recht gut erhaltene, aus dem Klosterholz bei Ilsenburg stammende Schwanzklappen, die von A. Römer mit dem Namen pectinatus belegt worden sind. Dieselben sind von spitzbogig-halbkreisförmigem Umriss, mit stark vortretender, in der Mitte schwach kielförmig erhobener, schmaler, spitz endigender Axe. Seitenrippen schmal, leistenförmig, durch eine schwache Mittelfurche getheilt. Der Rand mit 11 gedrängt stehenden, mässig breiten und langen Spitzenanhängen versehen. Die Mittelspitze ist gerade und etwas breiter als die seitlichen. Diese letzteren krümmen sich an ihrem Ende etwas einwärts. Die ganze Schale ist fein granulirt, am deutlichsten die Spitzenanhänge. Die Abbildung Römer’s ist nicht ganz correct: Der Umriss des Schwanzes ist zu schmal, die Axe etwas zu breit dargestellt. Die beschriebenen Pygidien zeigen soviel Aehnlichkeit mit den im rheinischen, spanischen und französischen Unterdevon nicht selten vorkommenden Schwänzen, die man nach Verneuil’s Vor- gang mit Green’s aus den amerikanischen Hamiltonschichten Trilobitae. 33 stammendem Cr. calliteles zu vereinigen pflegt, dass ich sie mit dieser Art vereinigen möchte !). Auch das von A. Römer mit pectinatus zusammen auf der- selben Tafel (l. c. Fig. 28) als Cr. stelifer Burm. abgebildete, aus dem Niveau des Hauptquarzits der Wiedaer Schiefer stammende, bei den „3 Annen“ unweit Andreasberg gefundene Pygidium zeigt in der Form seiner Spitzenanhänge mit calliteles grosse Analogie (während es sich von stellifer durch die grössere Breite und Länge der Spitzen unterscheidet) ?). '") Die Hall’schen Abbildungen des Cr. Boothi oder calliteles zeigen, dass die Form der Spitzenanhänge nicht unbeträchtlich variirt. Es fragt sich indessen, ob all’ seine mit diesem Namen belegten Figuren wirklich zu dieser Art gehören. So tragen die auch durch ihre bedeutendere Grösse ausgezeichneten Pygidien 1. c. Fig. S und 12 und Fig. 11 breitlappige, verhältnissmässig kurze Spitzenanhänge und erinnern dadurch an Römer’s Cr. laciniatus, während die Pygidien Fig. 10, 13 und 14 umgekehrt lange, schmale Spitzen besitzen und dadurch Burmeister’s stellifer ähnlich werden. 2) Die Nomenclatur der Cryphaeus- Arten ist in Literatur und in Samm- lungen meist so unsicher und willkürlich, dass ein Versuch, dieselben nach der Form ihres Pygidiums zu ordnen, hier am Platz sein möchte. I. Arten ohne deutliche Mittelspitze: Or. punctatus Steining., arachnoides Höning. Burm. — F.Röm. Lethäa 1876, Tf. 31. — Schwanzende gerundet, Spitzenanhänge sehr lang und schmal, die zwei innersten am kürzesten. — Mitteldevon der Eifel, Westfalens, Englands; Cyprid. Schfr. Thüringens? Cr. sublaciniatus Vern. — Bull. Soc. G£ol. 2. s. XII, tb. 18, f. 2. — Schwanz- ende breit, flachbogig; Spitzen kurz und ziemlich schmal (Kopf ohne Hörner?). — Almaden. I. Arten mit deutlicher Mittelspitze: Cr. stellifere Burm. — Burm. Org. Tril. tb.4, f.2; Verneuil Bull. 2. s. XII, tb. 18, f.3; Sandb. Rhein. Sch. Nass. tb. 1, f. 5e. — Pyeid. kurz, breit; Spitzen schmal, kurz, alle nahezu gleich lang (Kopf nach Burm. mit Hörnern). — Im Eifeler Kalk und Unterdevon des rheinischen Gebirges (Daleyden ete.), Almaden, Türkei (nach Verneuil), N. Amerika? (Hall, Illustrat. Devon. Foss., Pal. N.-York 1876, Crustacea, tb. 16, f. 10.) Cr. Grote A. Röm. — Verst. Harzgeb. tb. 11, f. 11; Verneuil Bull. 2. s. XII, tb. 18, f. 1. — Mittelspitze kurz und breitlappig, die äusseren kurz und schmal. — Harz, Almaden. Cr. pleione Hall. — Illustrat. Dev. Foss. 1876, Crustacea tb. 16, f. 17. — Spitzen lang und schmal. — Nordamerik. Oberhelderberg; Rhein. Unterdevon? (Daun). 34 Trilobitae. Zu der beschriebenen Art (möglicherweise auch zu Cheirurus?) ist vielleicht auch das Taf. 5, Fig. 8 abgebildete, im Besitze der Landesanstalt befindliche Fragment zu stellen,. welches ebenfalls aus dem Klosterholz stammt und ein Stück des Aussenrandes eines. kleinen Pygidiums darstellt. Or. laeiniatus F. Röm. — Lethäa, Atl. 1876, tb. 25, f. 10, non Rhein. Ueberg.- Geb. (aus nicht zusammengehörigen Theilen construirt), non Sandberg. nec Vern. Bull. 2. s. XII, tb. 18, f. 1. — Breit lanzettförmige, ziemlich kurze Spitzen (Kopfsch. mit Hörnern). — Rhein. und harzer Unterdevon: Nordamerika? (Hall, ]. e. f. 8, 11, 14. Hamiltonschichten.) Cr. calliteles (Boothi) Green. — Verneuil, Bull. Soc. Geol. 2. s. VII, tb. 1, f. 3; A. Römer, Beitr. Harzgeb. I, tb. ), f. 27, 28 (pectinatus und stellifer); Halll. e. f.1, 3, 6, 9. — Spitzen mässig lang und breit; die mittlere, gerade, an Länge und Breite etwas schwankend und von den seitlichen meist etwas verschieden; Seitenspitzen sich nach innen umkrümmend (Kopf mit Hörnern). — Rhein. Unterdevon (Daleiden), Harz, Frank- reich (Depart. d. ]. Sarthe), Spanien (Sabero), Türkei, Nordamerika (Hamiltonsch.). Or. asiaticus Verneuil. — Paleont. Asie mineure, p. 3. — Unvollständig bekannt. Calliteles ähnlich, aber die Spitzen viel breiter und an der Basis einander fast berührend. — Bosporus. Cr. rotundifrons Emmr. Mus. Berol. (Original). — Spitzen mässig lang und breit, die seitlichen wie bei calliteles, die mittelste sehr breitlappig (Kopf ohne Hörner). — Rhein. Unterdevon (Westerwald). Cr. Abdullahi Verneuil. — Paleontol. Asie mineure, p. 453, tb. 20, f. 3. — Pygid. halbkreisförmig, mit gleich langen, kurzen, zackenförmigen Spitzen. — Türkei, Nehon (n. Vern.). Hall’s Dalmanites myrmecophorus (Ilustrat. Devon. Foss. 1876, Crustacea, pl. 13, f. 15, 16) aus dem nordamerikanischen Corniferouskalk darf trotz seiner Spitzenanhänge wegen der grossen Zahl der das Pygidium zusammensetzenden Segmente nicht zu Cryphaeus gezählt werden (vgl. Barrande, Defense colon. III, p. 251 und Verneuil, Asie min. Pal. p. 4). Er gehört vielmehr zu den ächten Dalmaniten und zwar — wie die groben über die ganze Schale vertheilten Tu- berkel vermuthen lassen — wahrscheinlich zu der in dem genannten Horizonte so reich vertretenen Hausmanni-Gruppe. Das Gleiche wie für myrmecophorus gilt auch für den ihn begleitenden Dalm. Helena Hall (l. e. f. 11— 14). Trilobitae. 35 Cryphaeus enf. stellifer Burm. Tafel 3, Fig. 9. Phacops stellifer Burmeister, Organ. Buile p. 115,16. 4, 1,8, 1843. Cheirurus Jaschei A. Röm., Beitr. I, p. 61, tb. 9, f. 26. 1850. Unter der Bezeichnung Cheir. Jaschei hat Römer den Kopf eines kleinen aus dem Klosterholz bei Ilsenburg stammenden Phaco- piden abgebildet, von welchem in der Jasche’schen Sammlung zwei Stücke aufbewahrt werden. Die isolirten Kopfschilder zeigen eine subquadratische Gla- bella, einen schmalen, wenig verdickten, an der Stirn mit schwa- cher, gleichmässiger Rundung verlaufenden Randsaum, 3 Paar deutliche Seitenfurchen, einen deutlich abgesetzten Nackenring und grosse (an den beiden untersuchten Stücken weggebrochene) Augen. Die Schale ist stark granulirt. Wenn auch von beiden Köpfen nur wenig mehr als die Gla- bella erhalten ist, so kann doch über ihre Zugehörigkeit zu Dal- manites oder Uryphaeus kein Zweifel bestehen. Die beiden Gat- tungen lassen sich — wie bekannt — nach den Köpfen allein nicht unterscheiden; da aber Dalmaniten mit ähnlicher, subqua- dratischer Glabella nicht über das ächte Ober-Silur hinausgehen, so müssen die fraglichen Kopfschilder der Gattung Cryphaeus an- gehören, deren Vorhandensein bei Isenburg durch die oben beschrie- benen Schwanzreste ausser Zweifel gestellt ist. Es wäre ja möglich und ist vermuthungsweise bereits von A. Römer ausgesprochen worden, dass unsere Köpfe derselben Art angehörten, wie die vorhin unter dem Namen calliteles beschrie- benen Schwänze. Diese Annahme erscheint im ersten Augenblick um so wahrscheinlicher, als bisher bei Ilsenburg keine anderen Köpfe und Schwänze als die in Rede stehenden gefunden worden sind. Bei weiterer Prüfung fällt aber zunächst die im Verhält- niss zu den Schwänzen nur sehr geringe Grösse der beiden Köpfe auf, der zufolge dieselben, wenn sie in der That derselben Spe- cies angehörten, nur von ganz jugendlichen Individuen herrüh- ren könnten. Ausserdem aber zeigt eine nähere Vergleichung g* 36 Trilobitae. unserer Köpfe, dass sie sich von dem von Ör. calliteles — der Art, auf die wir die Schwänze beziehen mussten — durch ihren an der Stirn nicht spitzbogig vorspringenden, sondern gleichmässig gerundeten Randsaum wesentlich unterscheiden und vielmehr dem Kopfe von Burmeister’s stellifer entsprechen, wie ihn Verneuil!) aus dem Unterdevon von Asturien abbildet, und wie er ganz übereinstimmend auch im rheinischen Spiriferensandstein (z. B. bei Stadtfeld in der Eifel) vorkommt. Die Zusammengehörigkeit der beschriebenen Ilsenburger Schwänze und Köpfe scheint demnach sehr fraglich. Ich halte es für das Richtigste, beiderlei Theile auf verschiedene Arten zu beziehen und die Köpfe fraglich zu stellifer zu stellen. Genus Lichas Dalman. Lichas sexlobata A. Röm. Tafel 6, Fig. 6 (dreif. vergr.). Lichas sexlobatus A. Röm., Beitr. III, p. 119, tb. 16, f. 10. 1855. — — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 12, tb. 1, f. 7. 1858. Von dieser Art bewahrt das Heidelberger Universitätskabinet ein kleines, aus dem Kalk des Scheerenstieges stammendes Pygidium, das Originalexemplar Römer’s und Giebel’s, auf. Die schwach vortretende, verhältnissmässig breite Axe besteht aus 3 Segmenten, von denen das hinterste etwa 5mal so breit ıst als die anderen und mit einer sich plötzlich ausbildenden, dolchförmigen Spitze endigt. Die Seitentheile des Schwanzschildes sind entsprechend der Axe aus 3 Segmenten zusammengesetzt. Dieselben haben die Gestalt langer, spitz auslaufender, stark nach hinten umgebogener Lappen und tragen in ihrer Mitte eine kurze, von der Axe aus- strahlende, seichte Furche. Die Oberfläche ist fein granulirt. Mir ist keine Art bekannt, deren Pygidium mit dem beschrie- benen verglichen werden könnte. 1)B0e) Geol. 98° wol. AI; tbA1s TS: & e E m a F Trilobitae. at Genus Acidaspis Murchison. Acidaspis Selcana A. Röm. Tafel 5, Fig. 2. Acidaspis Seleana A. Röm., Beitr. III, p. 119, tb. 16, f. 9; non Beitr. II, p. 102, tpaloas 2122 er85 — Hercyniae Giebel, Sil. Faun. Unterharz. p. 12, tb. 2, f. 15. 1858. Von dieser Art hat mir nur ein einziges, noch dazu unvoll- ständiges Kopfschild aus dem dunkeln Kalk des Scheerenstieges bei Mägdesprung vorgelegen, welches in der Heidelberger Univer- sitätssammlung aufbewahrt wird. Die mässig stark gewölbte Gla- bella wird von den Seiten durch schwach ausgebildete Dorsalfur- chen getrennt. Viel stärker als die letzteren sind die Längsfur- chen, welche den mittleren ungefurchten Theil der Glabella von den gelappten Seitentheilen scheiden. Dagegen sind die beiden, die Zerlappung dieser letzteren bewirkenden Seitenfurchen nicht stärker ausgeprägt als die Dorsalfurchen. Der Occipitalring ist breit und dick und trägt zwei lange, nach hinten divergirende Sta- cheln. Die (an dem untersuchten Exemplare weggebrochenen) Augen liegen etwa in der Mitte zwischen Vorder- und Hinterrand des Kopfschildes.. Von denselben laufen zwei schmale Augenlei- sten in schräger Richtung nach dem Vorderende der Glabella hin. Die Schalenoberfläche erhält durch eine Anzahl starker, ziemlich regelmässig vertheilter Tuberkel ein blasiges Aussehen. Ausser diesen gröberen Tuberkeln zeigt dieselbe noch eine feinere Gra- nulation. Römer’s und Giebel’s Abbildung liest dasselbe Exemplar zu Grunde, wie der meinigen. Doch ist diese letztere durch die von mir blosgelegten Augenleisten vollständiger als jene. Das in Rede stehende Kopfschild schliesst sich durch seinen ganzen Habitus, die weit nach vorn liegenden Augen und die bei- den Stacheln des Oeccipitalringes an die böhmische Ac. Verneuilı Barr., Prevosti und Dufrenoyi Barr., vesiculosa Beyr. und ver- wandte an. Von diesen Arten gehören die erstgenannten Bar- 38 Trilobitae. rande’s Etage E, vesiculosa aber Etage F an; und gerade mit dieser Species zeigt unsere Art — soweit ihre Unvollständigkeit eine bestimmtere Vergleichung erlaubt —- die meiste Aehnlichkeit. Dennoch lassen einige kleine Differenzen, wie besonders die annä- hernd gleiche Grösse der beiden durch die Seitenfurchen der Gla- bella gebildeten Lappen bei unserer Mägdesprunger Form, eine Identificirung mit der böhmischen nicht zu. Ausser dem beschriebenen Kopfschilde hat A. Römer unter der Bezeichnung Selcana noch andere Kopfreste zusammengefasst, auf deren specifische Verschiedenheit von unserer Art bereits Giebel hingewiesen hat. Acidaspis glabrata A. Röm. Tafel 2, Fig. 1; 4, 5.0). Bronteus glabratus A. Röm. Verst. Harzgeb. p. 37, tb. 11, f.6. 1843. Acidaspis Selcana A. Röm. Beitr. II, p. 102, tb. 15, f. 21, 22 (pessime!). 1852. — Hercyniae Giebel, Sil. Faun Unterharz, p. 13, tb. 2, f. 6, S. 1858. Ausser der beschriebenen Art finden sich im Scheerenstieger Kalke nicht selten Reste von Kopfschildern einer anderen Acidas- pisart. Sowohl die Heidelberger wie auch die Sammlung der Lan- desanstalt besitzen solche Fragmente. Von Ac. Selcana unterschei- den sich dieselben schon durch ihre geringere Grösse und glatte Oberfläche (vielleicht nur eine Folge von Abreibung?) und ausser- dem durch den verhältnissmässig breiteren Mittel- und die schmä- leren Seitentheile der Glabella. Auch die beiden Stacheln auf dem Oecipitalringe fehlen. Die Augenleisten sind bei dieser Art deut- lich ausgebildet, der Stirnrand geradlinig, der breite Occipitalring mit einem mittleren Knöpfchen verziert. Nach Römer und Giebel sollen Pygidien, die sich mitunter zusammen mit den beschriebenen Köpfen finden, derselben Art angehören. Diese Pygidien (f. 5) haben eine flache Gestalt, einen geraden Vorderrand und eine stark gewölbte, aus 3 Ringen be- stehende Axe. Vom Mittelringe aus läuft eine leistenförmige Rippe über die Seiten. Der Aussenrand des Schwanzes ist mit 8 unge- fähr gleich langen Spitzenanhängen verziert. Mean sine. Trilobitae. 39 Nach Giebel wäre der Fig. 4 abgebildete Rest, ein Stück des mit Spitzen besetzten Aussenrandes eines Kopfschildes, eben- falls zu Römer’s glabrata zu rechnen. Gehören die fraglichen Reste in der That zusammen, so würde unsere Art A. Geinitziana Corda aus Barrande’s Etage E'), ruderalis Corda aus Etage @?) und verwandten Arten nahe stehen. Römer hat ein Kopfstück unserer Art bereits in seiner ersten Harzarbeit abgebildet, deutete aber damals den geraden Stirnrand als Hinterrand und nannte die Form Bronteus glabratus. Ohne auf diesen Namen Rücksicht zu nehmen, bildete er später (1852) ein Pygidium und ein unvollständiges Kopfschild unseres Trilobi- ten — letzteres wiederum ın verkehrter Stellung — unter dem Namen Acid. Selcana ab, übertrug denselben indess wenige Jahre später auch auf die vorhin beschriebene. grössere, durch zwei Sta- cheln auf dem Oceipitalring ausgezeichnete Art (unsere Ac. Sel- cana). Diese Verworrenheit der Nomenklatur war für Giebel Veranlassung, unsere Art einige Jahre später (1858) unter der neuen Bezeichnung Acid. Hercyniae zu beschreiben. Da indess die Bedeutung des alten Römer’schen Dr. glabratus feststeht, so muss nach den für die Nomenklatur gebräuchlichen Regeln der Name glabrata für dieselbe restituirt werden, und zwar um somehr, als der spätere Römer’sche Name Selcana von Giebel auf die auch von mir unter dieser Bezeichnung beschriebene Form beschränkt worden ist. Acidaspis Sp. Tafel 6, Fig. 3. Acidaspis horrida A. Röm. Beitr. V, p. 7, tb. 2, f.1. 1866. Das einzige, nach Römer ziemlich gut erhaltene Exemplar stammt aus dem Klosterholz bei Ilsenburg. Da ich dasselbe weder 1) Trilob. I, tb. 39, f. 4549. A) Ik ©. U, Sl, I. 82, a AO. Trilobitae. in der Jasche’schen noch in der Clausthaler Sammlung habe auf- finden können, so blieb mir Nichts übrig, als die Römer’sche Abbildung zu reproduciren. Dieser Abbildung zufolge ist das Kopfschild unserer Art am Rande mit kurzen, schrägen Dornen besetzt, an der Stirn etwas abgestutzt, an den Hinterecken zu Stachelfortsätzen verlän- gert. Augen in der Nähe des Hinterrandes stehend, Augenleisten erkennbar. Mitteltheil der Glabella breiter als die in 3 (?) Lappen zertheilten Seitentheile.. Die Pleuren des Rumpfes endigen mit langen, stark nach hinten herabfallenden Stachelfortsätzen und auch das Pygidium ist mit ähnlichen Anhängen versehen. Römer hat das in Rede stehende Exemplar mit den von ihm aus den Wissenbacher Schiefern der Festenburg unter dem Namen Acid. horrida beschriebenen!) Fragmenten vereinigt. Die Verglei- chung mit der Abbildung der letzteren lässt jedoch, namentlich was das Pygidium betrifft, nicht unerhebliche Differenzen erken- nen. Die vermeimtliche Identität erscheint daher keineswegs zwei- fellos. Die Art gehört in die Verwandtschaft der böhmischen Acid. Leonhardi Barr. aus Etage E?), derelicta Barr. aus Etage @°) und anderer mehr. Eine weitere Vergleichung würde bei der augenscheinlichen Mangelhaftigkeit der Römer’schen Abbildung und der Unmöglichkeit, das Originalexemplar zu untersuchen, kei- nen Werth haben. I) Beitt. IL p-Sl, in. 12, 192. 2)SInlob.e1; ib4ane S)l.e. Suppl. 1b29. Trilobitae. 41 Genus Cheirurus Beyrich. Cheirurus Sternbergi Boeck (?) var. interrupta Kays. Tafel 5, Fig. 7. Trilobites Sternbergi Boeck, Not. til Lauen. Mag. f. Naturv. I, 1. 1827. Cheirurus — Beyrich, Unters. Tril. St. I. 1845. — - Barrande, Syst. Sil. Boh. p. 795, tb. 49, f. 29-39. 1852. Von dieser Art liegt nur eine einzige, vom Sprakelsbach bei Zorge stammende Glabella vor. Dieselbe hat einen keulenförmi- gen Umriss, ist stark gewölbt und durch starke Seitenfurchen zer- lappt. Von diesen letzteren sind die vorderen und mittleren mit einander vereinigt und bilden zwei parallele, schwach rückwärts gekrümmte Rinnen, die durch eine starke mittlere Längsfurche mit einander verbunden sind. Die hintersten Furchen münden unter einem Winkel von etwa 45° in die Oceipitalfurche ein und bilden mit derselben ein paar sich kreuzende Diagonalen, wodurch die Hinterlappen eine dreieckige Gestalt erhalten. Der Stirnlappen nimmt etwas mehr als ein Drittel der Gesammtlänge der Glabella ein und ist nach der Stirn zu etwas niedergedrückt. In der Sei- tenansicht zeigt die Glabella eine mässig stark und ziemlich gleich- förmig gekrümmte Profillinie.e Die Schalenoberfläche ist gekörnt. Die beschriebene Glabella erinnert sehr an diejenige von Ch. Sternbergi, wie die Vergleichung mit böhmischen Stücken und Barrande’s Abbildungen zeigt. Zwar ist bei Ch. Sternbergi eine die beiden vordersten Seitenfurchen der Glabella verbindende Längsfurche noch nicht beobachtet worden; da indess Barrande eine ähnliche Furche auch an einem Exemplare von Ch. gübbus Beyr. beobachtet hat!), ohne darin Veranlassung für eine speci- fische Trennung der betreffenden Form zu finden — er nennt die- selbe variet. interrupta —, so dürfte auch im vorliegenden Falle das Vorhandensein der Furche kein genügender Grund zur Tren- nung unseres Kopfes von Ch. Sternbergi sein. 1) Trilob. tb. 41, £. 27. 42 Trilobitae. Die Boeck’sche Art erscheint in Böhmen zuerst sparsam in Barrande’s obersilurischer Etage EZ, und tritt dann in viel grös- serer Häufigkeit in den Etagen F, G@ und H auf. Zu Cheirurus Sternbergi gehört wahrscheinlich auch die von den Brüdern Sand- ; berger an den nassauischen Stringocephalenschichten abgebil- dete!), von ihnen irriger Weise zu Ch. gibbus gezogene Schwanz- klappe?). Die Art würde in diesem Falle eine vom Obersilur bis in’s Mitteldevon reichende Lebensdauer besessen haben. Uebrigens kommt auch dem nahe verwandten Ch. gibbus Beyr., der sich von Sternbergi durch die viel stärkere Wölbung der Glabella von hinten nach vorn und den nicht niedergedrückten, sondern sehr convexen Stirnlappen unterscheidet, eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so lange Lebensdauer zu, da diese Art ausser in den böh- mischen Etagen F und @ auch im Mitteldevon verbreitet ist, wie die Auffindung von Glabellen im Stringocephaleneisenstein von El- bingerode ?), Weilburg*) und Brilon und in gleichem Niveau bei Torquay in England’) gezeigt hat. Genus Bronteus Goldfuss. Sowohl von Mägdesprung als auch von Zorge und aus dem Klosterholz bei Ilsenburg liegen Reste dieser Gattung vor. Leider bestehen diese Reste ausnahmslos aus isolirten Schwanzklappen; dieselben lassen indess untereinander kleine Verschiedenheiten er- kennen, die beweisen, dass die Gattung in den fraglichen Kalken durch zahlreiche Arten vertreten war. 1) Rhein. Sch. Nass. tb. 2, f. 22, ?) Barrande, Syst. Sil. Boh. vol. I, p. 757. 3) myops A. Röm. Beitr. I, tb. 10, f. 8. 4) Sandb. Rhein. Sch. Nass. tb. 2, f. 2. 5) Calymene Sternbergü Mst. bei Phillips, Paläoz. foss. Fig. 247, Trilobitae. 43 Bronteus Bischofi A. Röm. Tafel 5, Fig. 12. Bronteus Bischofi A. Röm. manuser. in collect. Bischof. _ — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 14, tb. 2, £.2. 1858. Das flache Pygidium ist von halbelliptischem Umriss, breiter als lang (etwa wie 4:3), mit geradem Vorderrande und stark ab- gestutzten Vorderecken. Die ziemlich stark gewölbte Axe ist fast doppelt so breit als lang, ıhr Mittelstück tritt hoch hervor. Die flach gewölbten Rippen sind durch ungefähr halb so breite, flache Zwischenräume getrennt. Die Mittelrippe spaltet sich etwa in der Mitte ihrer Länge, von den 7 Seitenrippen sind die 6 äusseren ein wenig nach aussen umgebogen. Die Schale ist mit feinen, aber scharfen, rissigen Querstreifen bedeckt. Das beschriebene Schwanzschild, von dem die Heidelberger Universitätssammlung ein paar recht gut erhaltene Exemplare aus dem Kalk des Scheerenstieges besitzt, zeigt zwar mit einer ganzen Reihe von Bronteuspygidien aus den gleichaltrigen Schichten Böh- mens Aehnlichkeit, stimmt aber, wie es scheint, mit keinem voll- ständig überein. Beyrich’s Dr. palifer aus Barrande’s Etage F’') ist durch die schwächer abgestutzten Vorderecken und die viel schwächer ausgebildete Streifung der Schale unterschieden, formo- sus und caelebs Barrande aus derselben Etage?) stimmen in ihrer Schalensculptur überein, unterscheiden sich aber durch ihre über- wiegende Längsausdehnung, der erstere ausserdem noch durch näherstehende, der letztere durch weiter von einander entfernte Rippen. Kutorgai und oblongus Barr. aus derselben Etage?), ob- wohl von analoger Gestalt und übereinstimmender Sculptur, wei- chen durch die stark überwiegende Längsausdehnung, der letz- tere ausserdem noch durch die erst später eintretende Spaltung der Mittelrippe ab. Dennoch könnte Kutorgai möglicherweise mit unserer Art ident sein. Br. magus Barr. aus Etage @ end- !) Trilob. pl. 46. DU 1. e., pl.A7. Dee cc. pL.A7. 44 Trilobitae. lich!) unterscheidet sich bei im Allgemeinen übereinstimmender Gestalt ebenfalls durch überwiegende Längsausdehnung und aus- serdem durch sehr viel feinere Schalenstreifung. Von den Pygidien der rheinischen Bronteusformen scheint keines dem unserigen näher vergleichbar zu sein. Die meisten unterscheiden sich schon durch die gekörnte Schalensculptur. Br. signatus Goldf.?), dessen Schale ebenfalls gestreift ist, ist durch stark überwiegende Längsausdehnung und schmälere Zwischen- räume der Rippen ausgezeichnet. Bronteus sp. Tafel 5, Fig. 16. Das in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte, ebenfalls aus dem Kalk des Scheerenstieges stammende Fragment einer Schwanz- klappe zeigt eine mässig stark gewölbte, verhältnissmässig schmale Axe (Verh. d. Länge z. Breite ungefähr 5:6) mit stark vortre- tendem Mittelstück. Die Rippen, von denen nur der obere Theil erhalten ist, sind stark gewölbt und durch schmale, tiefe Furchen getrennt. Die mittlere ist, soweit sie erhalten, ungespalten, die seitlichen etwas nach aussen umgebogen. Bronteus Roemeri Kayser. Tafel 5, Fig. 13. Bronteus minor A. Röm., Beitr. V, p. 9, tb. 2, f.8. 1866. non Bront. minor Beitr atbra, 192: Das flach gewölbte Pygidium ist von halbelliptischem Umriss, etwas breiter als lang (ca. 6:5), mit geradem, an den Ecken stark abgestutztem Vorderrande. Die schwach gewölbte Axe ist von 3seitiger Gestalt, vorn doppelt so breit als lang, ihr Mittelstück tritt wenig hervor. Die ziemlich stark gewölbten Rippen werden !) Trilob. Suppl. pl. 12. 2) Neues Jahrb. 1843, pl. 6. Trilobitae. 45 durch flache, mindestens ebenso breite Zwischenräume getrennt. Die mittlere, etwas erhöht liegende, spaltet sich in ungefähr zwei Drittel ihrer Länge, die seitlichen biegen sich in der zweiten Hälfte schwach nach aussen um. Schale gestreift, Duplikatur breit, mit wellisen, concentrischen Querfalten bedeckt. Diese Form ist im Kalk des Joachimskopfes bei Zorge nicht selten. Im Besitze der Landesanstalt befindliche Bruchstücke zei- gen, dass die Schwanzklappe noch etwas grössere Dimensionen erlangen konnte, als das abgebildete, der Olausthaler Akademie angehörige Originalexemplar Römer’s. Römer hielt dasselbe — offenbar in Folge seiner Annahme, dass der Kalk vom Joachims- kopf ein. Aequivalent seiner oberharzer Wissenbacher Schiefer sei — für identisch mit dem in seinem ersten Beitrage aus den Schiefern des Ziegenberger Teiches unter dem Namen Br. minor beschriebenen Schwanzschilde und belegte es mit demselben Namen. Allein die Vergleichung der Abbildungen beider Schwänze lässt fofort ihre Verschiedenheit erkennen, da der Ziegenberger Schwanz an den Vorderecken nicht zugestutzt und die Axe im Verhältniss zur Breite noch kürzer ist, als bei der Zorger Form. Diese letztere muss daher einen neuen Namen bekommen. Ich schlage als solchen, um das Andenken des um die Geologie des Harzes so hochverdienten Mannes zu ehren, die Bezeichnung Pron- teus Roemeri vor. Wie die Schwanzklappe von Bischoji, so zeigt auch die soeben beschriebene mit mehreren Arten der äquivalenten böhmischen Schichten Analogien. Die grösste Uebereinstimmung in der äusse- ren Form zeigt das Pygidium von Br. Billingsi Barr. aus Etage @'), das indess eine gekörnte Schale besitzt. Barrande’s furcifer aus Etage F?) stimmt in der Schalensculptur überein, weicht aber durch die stärkere Abstutzung der Vorderecken und grösste Breite ungefähr in der Mitte ab. Das Pygidium von Barrande’s elon- gatus endlich aus Etage F?) hat ebenfalls eine ähnliche Gestalt, aber die Schale ist punktirt. 1) Trilob. Suppl. pl. 11. ?) Trilob. pl. 48 und Suppl. pl. 11. 3) Trilob. pl. 44. . 46 Trilobitae. Bronteus enf. elongatus Barr. Tafel 5, Fig. 15. Bronteus elongatus Barrande, Syst. Sil. Boh. vol. I, p. 841, tb. 44, f. 30. 1852. Eine der Jasche’schen Sammlung angehörige, aus dem Klo- sterholz bei Ilsenburg stammende Schwanzklappe. Dieselbe ist sehr flach gewölbt, von halbelliptischem Umriss, etwas breiter als lang (ca. 6:5), der gerade Vorderrand an den Ecken etwas ab- gestutzt und zugerundet. Axe nur wenig breiter als lang. Die flachen Rippen sind durch ungefähr ebenso breite Zwischenräume getrennt. Die Mittelrippe spaltet sich unterhalb ihrer halben Länge, die seitlichen sind ein wenig nach aussen umgebogen. Schale glatt. Breite, mit rissigen Querstreifen bedeckte Duplikatur. Das beschriebene Pygidium zeigt in der äusseren Gestalt viel Aehnlichkeit mit demjenigen von Br. Roemeri; doch erlaubt die abweichende Schalensculptur keine Vereinigung. Die angezogene, aus Etage F stammende Barrande’sche Form besitzt eine glatte Schale, wie unsere Ilsenburger Art, und zeigt auch in den äusseren Charakteren viel Analogie, nur dass sie nach Barrande’s Abbildung einen sich nach hinten zu etwas mehr verschmälernden Umriss und etwas stärker gebogene Seiten- rippen hat. Die Duplikatur ist bei der böhmischen Art ebenso breit, wie bei unserem Fossil. Bronteus enf. Billingsi Barr. Tafel 5, Fig. 14. Bronteus Billingsi Barr. Trilob. Suppl. p. 122, tb. 11, f. 1. 1872. — minor A. Röm. manuser. in coll. Jaschei. Eine kleine, der Jasche’schen Sammlung angehörige, vom Thonmühlenkopf unweit Ilsenburg stammende Schwanzklappe be- sitzt einen halbkreisförmigen, überwiegend querausgedehnten Um- riss (Verhältniss der Breite zur Länge etwa 3:2) und etwas ab- gestutzte Vorderecken. Die Axe ist ziemlich stark convex und Trilobitae. 47 etwas breiter als lang, ihr Mittelstück deutlich begränzt. Der der Axe zunächst liegende Theil des Pygidiums ist ziemlich stark convex, der randliche dagegen etwas concav. Die Rippen sind schwach gewölbt und werden durch ungefähr ebenso breite, glatte Zwischenräume getrennt. Die mittlere gabelt sich erst unweit des Randes, die etwas schmäleren 7 Seitenrippen sind kaum merklich nach aussen umgebogen. Die ganze Oberfläche der Schale ist deutlich gekörnt. In der äusseren Gestalt und in der Schalensculptur ist das Pygidium von Billingsi Barr. aus Etage @ sehr ähnlich, während das von elongatus Barr. aus Etage F'!) zwar in der Form nahe steht, aber durch seine glatte Schale abweicht. Von den rheini- schen Formen zeigt nur das Schwanzschild von Br. scaber Goldf.?), ebenfalls mit gekörnter Schale, einige Aehnlichkeit. Dasselbe ist indess im Unterschiede von unserer Form länger als breit. 1) Tril. pl. 44. 2) Neues Jahrb. 1843, tb. 6. Vermes. Class. Annelida. Genus Trachyderma Phillips. Trachyderma sp. Tafel 34, Fig. 13. Serpulites depressus Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 15, tb. 6, f. 10. 1858. Hierher möchte ich gewisse in den hangenden Schichten des Schneckenberges vorkommende kalkige Röhren rechnen, die mehrere Zoll Länge, aber nur wenige Millimeter Breite erreichen und mit zahlreichen unregelmässigen, runzeligen Querstreifen und Falten bedeckt sind. Giebel beschreibt die fraglichen Röhren als im Querschnitt gerundet dreiseitig mit flacher Unterseite; diese Ge- stalt kann indess nur eine Folge von Abplattung sein, da ich auch nahezu cylindrische Röhren beobachtet habe. Bei Murchison’s Serpulites kann das in Rede stehende Fossil nicht untergebracht werden, da diese Gattung sich durch flache Öber- und Unterseite und verdickte Seitenränder auszeichnet, welche letztere der harzer Form vollständig fehlen. Dasselbe dürfte vielmehr wahrscheinlich zu Trachyderma gehören; und zwar scheint es Salter’s Tr. serrata aus den geschiebeführenden Schichten x EEE NS = SE a Annelida. 49 von Budleigh Salterton !) nahe zu stehen, während Phillips’ Tr. squamosa aus den Ludlowbildungen ?) sich durch erheblich grössere Dicke der Röhre und desselben Tr. coriacea aus den gleichen Schichten ?) sich durch sehr viel gedrängtere Querfalten unterscheidet. Genus Nemertites Macleay. Nemertites sp. Tafel 34, Fig. 12. Im Schiefer des Schieferthales nördlich Wieda haben sich Eindrücke eines dünnen, wurmförmigen, offenbar quergegliederten Thieres gefunden, die sehr an die ähnlichen, von verschiedenen Autoren unter der generischen Bezeichnung Nemertites beschriebenen, meist als Kriechspuren von Ringelwürmern gedeuteten Fossile er- innern. Es ist bekannt, dass man derartige Fährten in sehr ver- schiedenen Niveaus antrifft. So beschrieb Murchison dieselben *) aus dem Untersilur, F. Römer’) aus dem Culm. Noch ist zu erwähnen, dass an anderen Punkten des Harzes in den hercy- nischen Schiefern auch Nereiten-artige Abdrücke beobachtet sein sollen. So beschreibt sie Jasche®) vom Schlossberge bei Wer- nigerode. Auch derartige Eindrücke sind bekanntlich nicht an en bestimmtes Niveau gebunden, vielmehr bereits in den verschieden- sten Horizonten paläozoischer Ablagerungen, vom Cambrium an bis in die Kulmschichten °), gefunden worden. !) Quart. Journ. Geol. Soc. vol. XX, p. 290, tb. 15, f. 9. 2) Mem. Geol. Surv. vol. II, tb. 4, £f. 3, 4. Selb. 2.11,12. #) Sılur. Syst. p. 701. 5) Geol. Öberschles. tb. 6, f. 7. 6) Gebirgsformationen der Grafsch. Wernigerode (1855) p. 35. 7) Aus der Gegend von Clausthal besitzt die hiesige Universitäts- Sammlung eine Schieferplatte, auf der eine derartige Fährte mit einer Posidonie zusammenliegt. Molluseca. Class. Cephalopoda. Genus Goniatites de Haan. Goniatiten gehören zu den wichtigsten Elementen der Fauna der hercynischen Cephalopoden-Kalke. Sie kommen am häufigsten in der Gegend von Zorge und im Kalkbruch von Hasselfelde vor. Auch aus der Gegend von Ilsenburg (vom Thonmühlenkopf bei Oehrenfeld) besitzt die Jasche’sche Sammlung ein grosses, aber wegen mangelhafter Erhaltung nicht näher bestimmbares Fras- ment; im östlichen Harz dagegen haben sich Goniatiten bisher noch nicht gefunden. Goniatites lateseptatus Beyr. Tafel 6. Ammonites — Beyrich, Beitr. z. Kenntn. rhein. Schiefergeb. p. 25, tb. 1, f. 1—4. 1837. Goniatites — Sandberger, Rh. Sch. Nass. p. 117, tb. 11, £.7. 1850 —56. — — A.Römer, Beitr. IV, p. 157, tb. 24, f.2. 1860. — plebejus Barrande, S. S. Boh. vol. II, p. 37, tb. 5—7. 1867. Gehäuse dick, gedunsen, aus zahlreichen Windungen bestehend, die häufig (Fig. 6) eine elliptische Gestalt annehmen. Wohnkammer - ınehr als einen Umgang einnehmend. Windungen langsam an Br Cephalopoda. 51 Höhe zunehmend, die früheren zur Hälfte oder etwas mehr um- fassend. Ihr Querschnitt im der Jugend breiter wie hoch und niedrig halbmondförmig, mit fortschreitendem Weachsthum aber immer höher werdend, zuletzt hoch hufeisenförmig (vgl. Querschnitt Fig. 5). Nabel von beträchtlicher Tiefe und Weite, sich treppen- förmig einsenkend. Dies letztere, sehr charakteristische Merkmal wird durch die Form der inneren Windungen bedingt, die auf der Aussenseite stark abgeflacht- sind, auf der Bauchseite aber plötz- lich senkrecht zum Nabel abfallen. Es entsteht dadurch auf der Gränze zwischen Aussen- und Bauchseite eine markirte Kante (vgl. Fig. 2 u. 4), die indess mit zunehmendem Alter immer mehr an Schärfe verliert. Abstand der Kammern veränderlich, im All- gemeinen gering. Die Suturlinie zeigt einen kurzen, trichter- förmigen Dorsallobus, der mit sanft gerundeten Schenkeln in einen breiten, meist sehr flach bleibenden Laterallobus übergeht. Dieser letztere pflegt in der Jugend ausserordentlich seicht zu sein (Fig. 7), während er sich in späterem Alter zwar etwas ausbuchtet, aber auch bei alten Individuen nur ausnahmsweise eine etwas grössere Tiefe erlangt !). Kleine, an einigen wenigen Exemplaren beobachtete Reste der Kalkschale zeigen, dass dieselbe mit feinen, aber markirten, etwas ungleich starken Querstreifen bedeckt war, die — wie das bei den nautilinen Goniatiten Regel ist — auf den Seiten einen sichel- förmigen, zuerst etwas schräg rückwärts, dann mit flachem Bogen vorwärts, zuletzt gegen den Rücken hin wieder rückwärts gerich- teten Verlauf besassen. Steinkern ganz glatt, ohne eine Spur von Abplattung oder Kiel auf dem Rücken ?). !) Auch aus Böhmen bildet Barrande (l. ce. pl. 5, f. 24) Exemplare mit ziemlich stark gebogenem Laterallobus ab; ihre Zugehörigkeit zu lateseptatus er- scheint indess bei der treppenförmigen Gestalt des Nabels unzweifelhaft. 2) Ich hebe diese negativen Charaktere absichtlich hervor, weil die Brüder Sandberger in ihrer Diagnose des Wissenbacher lateseptatus sowohl eine — nach ihnen allerdings nur in der Jugend vorhandene — breite matte Rückenbinde, als auch einen in allen Alterszuständen beobachtbaren, schmalen Rückenkiel angeben. Was zuvörderst die Binde betrifft, so ist es mir weder an harzer noch an rhei- nischen Exemplaren je gelungen, dieselben zu beobachten. Ich muss daher die Existenz einer solchen Binde bei dem ächten lateseptutus bestreiten und freue 4* 53 Cephalopoda. Diese Art ist bereits von A. Römer aus dem Kalk des Laddeken- berges bei Wieda recht gut abgebildet und ganz richtig mit Bey- rich’s lateseptatus identifieirt worden. Vom Laddekenberge stammt auch das Fig. 5 abgebildete Exemplar. Sowohl dort wie auch am Joachimskopfe (Fig. 3) kommt eine verhältnissmässig flache Abänderung vor, die, wie es scheint, näher stehende Kammern besitzt als die dickere Form. Diese letztere ıst in dem Hassel- felder Kalkbruch häufig. Die Art erreicht im Harz recht ansehn- liche Dimensionen und steht in dieser Hinsicht wie auch in ihrer ganzen Erhaltungsweise dem böhmischen, ın den Etagen Fu. @ auftretenden @. plebejus Barrande’s näher als dem erheblich kleiner bleibenden lateseptatus von Wissenbach. Dass der böhmische plebejus von lateseptatus nicht zu trennen sei, hat Koch bereits auf der allgemeinen Versammlung der deut- schen geologischen Gesellschaft zu München (1875) hervorgehoben. Ich schliesse mich der Ansicht meines Oollegen vollständig an. Schon Barrande selbst hat bei Aufstellung seiner Art deren grosse Aehnlichkeit mit lateseptatus hervorgehoben. Indess soll sich nach ihm die rheinische Form durch einen in allen Alterszuständen be- obachtbaren Rückenkiel auf dem Steinkern, durch weniger zahlrei- che Windungen, durch längere Wohnkammer (13 Umgänge statt 3 bei plebejus), flacheren Dorsallobus und feinere Schalenstreifung unterscheiden. Dass der angebliche Rückenkiel bei lateseptatus nicht existirt, habe ich bereits oben bemerkt, und die übrigen von Bar- mich, dass mein College Koch in Wiesbaden mir darin durchaus beistimmt. Was zweitens den schmalen Längskiel betrifft, so muss ich auch dessen Vorhanden- sein läugnen. Die beiden ausgezeichneten, im Berliner Universitäts-Museum auf- bewahrten Originalexemplare Beyrich’s, die fast die doppelte Grösse des grössten von den Brüdern Sandberger abgebildeten Exemplars besitzen, zeigen auch nicht die leiseste Andeutung eines solchen Kieles, ebenso wenig wie die zahlreichen Exemplare, die ich in Koch’s Sammlung gesehen habe. Wenn das in dem Wies- badener Museum deponirte Hauptstück der beiden nassauischen Autoren eine scheinbare kielförmige Erhebung auf dem Rücken zeigt — was ich nur bestätigen kann — so wird dieselbe lediglich durch die an dieser Stelle liegende Siphonal- dute veranlasst. Die Nichtexistenz des angeblichen Kieles muss deshalb be- sonders hervorgehoben werden, weil derselbe das einzige Merkmal sein würde, auf das eine Trennung des rheinischen lateseptatus vom Barrande’schen plebejus gestützt werden könnte. Cephalopoda. 53 rande geltend gemachten Unterschiede würden, auch wenn sie existirten, für sich allein die Trennung beider Formen kaum recht- fertigen können. Dass aber auch sie — vielleicht mit alleiniger Ausnahme der längeren Wohnkammer — in Wirklichkeit nicht vorhanden sind, davon habe ich mich durch eine sorgfältige Ver- gleichung zahlreicher rheinischer Exemplare mit den der böh- mischen Form in jeder Hinsicht gleichenden harzer Stücken auf’s Bestimmteste überzeugt !). Gon. lateseptatus ist eine in devonischen Ablagerungen sehr verbreitete Art. Aus dem Rheinischen Unterdevon kennt man sie ausser von Wissenbach nur in den Dachschiefern des Rupbach- thales und im Kalk von Bicken, hier in sehr grossen verkalkten Exemplaren. In mitteldevonischen Bildungen tritt sie im Oberharz auf (Wissenbacher Schiefer Römer’s oder Goslarer Schiefer der Geologen der preuss. Landesanstalt) und endlich scheint sie lokal bis in das Oberdevon hinaufzusteigen, so besonders im Ober- harz ?) und vielleicht auch in der Eifel ®) und in Oberschlesien ®). Aus diesen Anführungen ergiebt sich der eminent devonische Cha- rakter unserer Art. Um so wichtiger ist aber ihr häufiges Vor- kommen in den ältesten Schichten des Harzes und den gleich- stehenden Bildungen Böhmens, wenn es sich um die Altersbestim- mung dieser Ablagerungen handelt. Goniatites neglectus Barrande. Tafel S, Fig. S. — — Barrande, S$. S. Boh. vol. II, p- 35, pl. 3. 1867. Diese Art steht der vorigen nahe, unterscheidet sich aber durch flach scheibenförmige Gestalt des Gehäuses, etwas stärkere !) Wie bei der böhmischen, so variirt auch bei der Wissenbacher und Rup- bacher Form die Stärke und Entfernung der Querstreifung sehr beträchtlich. :) Vergl. v. Groddeck, Abriss d. Geogn. d. Harzes, p. 84. ®) Kayser, Zeit. d. d. geol. G. Bd. XXVII, p. 255. +) F. Römer, Geol. Oberschlesien, tb. 2, f. 2. Das oberdevonische Alter der betreffenden Schichten von Bennisch erscheint freilich nach den sich darin sonst noch findenden Versteinerungen (G. lateseptatus, Phacops affin. fecundus, Ph. conf. cephalotes, Acidaspis, Cyphaspis) sehr fraglich. 94 Cephalopoda. Involubilität der Windungen, den Mangel der scharfen Kante zwi- schen Aussen- und Bauchseite und tieferen, stärker gerundeten Laterallobus. Durch dies letztere Merkmal nähert sie sich @on. subnautilinus Schl., der ihr im Uebrigen durch dickeres Gehäuse, stärker abgeflachten Rücken, schnellere Breitenzunahme der Win- dungen, grössere Involubilität und in Folge dessen breiteren Na- bel ferner steht als lateseptatus. Der Querschnitt der Windungen ist hoch convex mit abgeflachten Seiten und kaum merklich ab- geflachtem Rücken, der Nabel breit und offen, die Kammern niedrig. Das abgebildete Stück stammt aus dem Hasselfelder Kalk- bruch. Es stimmt sehr gut mit den Abbildungen überein, die Barrande von der auf Etage @ beschränkten böhmischen Form gegeben hat. Ich halte dieselbe für eine gute Art, für deren Selbst- ständigkeit auch ihr Wiederauftauchen in ganz derselben Aus- bildung im Harz ins Gewicht fällt. Goniatites subnautilinus Schl. var. (?) Tafel 7. — _ Sandberger, Rh. Sch. Nass. p. 114, tb. 9, f. 1u.2. 1850 —56. — bicanalieulatus, A. Römer, Beitr. IV, p. 158, tb. 24, f. 1 (non subnautilinus ibid. f. 3). 1860. — ‚fidelis, Barrande, S. Sil. Boh. vol. II, p. 35, tb. 3 u. 9. 1867. Das mitunter etwas elliptisch werdende Gehäuse hat mässige Dicke, flach gewölbte Seiten und einen etwas abgeplatteten Rücken (vgl. Fig. 28), der mit gerundeter Kante gegen die Seiten gränzt. Windungen ziemlich rasch an Höhe, langsam an Breite zunehmend, 3 bis $ der vorhergehenden umfassend. Ihr Querschnitt ist hoch hufeisenförmig, immer sehr viel höher als breit. Ueber dem Nabel steigen sie zunächst mit nahezu senkrechter Fläche auf, die mit etwas gerundeter Kante gegen die Seiten gränzt. Nabel ziemlich breit und tief. Kammern von ziemlich geringer, doch nicht immer gleichbleibender Höhe (vgl. Fig. 2 u. 3c). Die Sutur zeigt einen sehr breiten, ziemlich flachen Laterallobus, dessen äusserer Schenkel stark gegen den Dorsallobus aufsteigt Schale nicht erhalten. IE We er Cephalopoda. 55 A. Römer beschrieb diese Form aus dem Kalk des Laddeken- fels unter dem Namen bicanaliceulatus Sand.!) Ausserdem kommt dieselbe recht häufig im Hasselfelder Kalkbruch vor. Von dort stammen alle auf Tafel 7 abgebildeten Exemplare. Die beschriebene Form steht durch die rasche Höhenzunahme, die starke Involubilität und den hochbogigen Querschnitt der Win- dungen und durch die Abflachung des Rückens und der Seiten Schlotheim’s @. subnautilinus nahe und stellt wahrscheinlich nur eine extrem dicke Varietät desselben dar. Wie die Vergleichung mit der von den Brüdern Sandberger°) abgebildeten typischen Form von Wissenbach zeigt, liegt die Hauptdifferenz unserer Form von der rheinischen in der etwas rascheren Höhenzunahme der Um- gänge und dem höher aufsteigenden Dorsalsattel. Durch diese Eigenthümlichkeiten nähert sich unser Goniatit Barrande’s jidelis von der böhmischen Etage F‘, dessen Dorsalsattel indess noch etwas höher aufsteist und dessen Nabel viel enger ist. Dennoch aber halte ich es für wahrscheinlich, dass auch @. jidelis nur eine ex- treme, engnablige Varietät von subnautilinus darstellt. Als nächst- verwandt habe ich beide Formen schon lange angesehen; ihre Iden- tität aber ist mir wahrscheinlich geworden, seit ich im Frühjahr 1876 im Rupbachthale bei Laurenburg ausgezeichnet erhaltene Exemplare von subnautilinus erhalten habe, welche die Unterschiede, die bisher zwischen beiden Formen zu bestehen schienen, so gut wie gänzlich ausgleichen. Diese Unterschiede sollen begründet sein: 1) in der grösseren Involubilität und dem engeren Nabel von /idelis, 2) in der rascheren Höhenzunahme seiner Windun- gen, 3) in der stärkeren Abplattung von Rücken und Seiten, 4) in der stärkeren Erhebung des Dorsalsattels, 5) in dem Fehlen der sichelförmigen, nach Sandberger auf der Wohnkammer von 1) Das von Römer an demselben Orte als subnautilinus abgebildete, ebenfalls am Laddeckenberge gefundene Exemplar mit sehr breitem und niedrigem Quer- schnitt gehört keinenfalls zu unserer Art. Man würde es zu lateseptatus stellen können, wenn der Laterallobus weniger tief wäre. Es ist mir indess sehr zweifel- haft, ob Römer’s Abbildung correct ist. Das Originalexemplar befindet sich nicht in der Clausthaler Samınlung. al ertb ,t 12, 56 Cephalopoda. subnautilinus auftretenden Rippen, statt deren jidelis nur eine feine Querstreifung besitzen soll, und endlich 6) im den grösseren Di- mensionen der böhmischen Art. Nun aber zeichnen sich die erwähnten Rupbacher Exemplare, die wohl um die Hälfte grösser werden, als das grösste auf der Sandberger’schen Tafel abgebil- dete Individuum, mithin jidelis an Grösse kaum nachstehen, durch raschere Höhenzunahme der Windungen, einen engen Nabel — wie ihn übrigens auch eine bei Wissenbach vorkommende Ab- änderung von subnautilinus (convoluta Sandb.) zeigt — und ziem- lich stark abgeflachten Rücken ') aus. Sowohl in diesen Merk- malen, wie auch in der Beschaffenheit und Sculptur der Schale stimmt die Rupbacher Form mit jidelis überem. Die Schale ist nämlich aus mehreren Blätterlagen zusammengesetzt, auf deren oberster man sehr feine, auf den Seiten stark vorwärts, auf dem Rücken zurückgebogene Querstreifen beobachtet, während eine tiefere Schalenlage zahlreiche, punktförmige Grübchen zeigt, die den von Barrande bei dem jidelis ?) abgebildeten ähnlich sind. Bringen alle diese Charaktere die Rupbacher Form dem böhmischen Goniatiten nahe, so bedingen auf der anderen Seite Andeutungen von Rippen, die man auf dem gekammerten und ungekammerten Theil des Gehäuses wahrnimmt und die den von den Brüdern Sandberger bei subnautilinus abgebildeten völlig entsprechen, in Verbindung mit einem im Vergleich zu jidelis flachen Dorsalsattel eine entschiedene Annäherung an die rheinische Form. Es lässt sich daher behaupten, dass der Rupbacher Goniatit eine Ueber- gangsform zwischen jidelis und subnautilinus darstellt, welche zu gleicher Zeit durch die verhältnissmässig grosse Dicke ihrer frü- heren Windungen — die späteren werden allmälig flacher — auch zu der Hasselfelder Form hinüberspielt. Hält man dies fest und erinnert sich, dass auch in Böhmen verhältnissmässig dicke Formen mit stärker gewölbtem Rücken und Seiten vorkommen (vgl. Barr. !) Derselbe gränzt mit stumpfer Kante gegen die Seiten. Auf diesen letzteren beobachtet man unter der Rückenkante zwei schmale, durch einen matten Kiel getrennte Längsrinnen, von denen die äussere sehr schwach ausgeprägt und nur bei sehr guter Erhaltung wahrnehmbar ist. Serestbrs,.t Lo und 0: > u a Cephalopoda. 97 tb. 9, Fig. 9 u. 10), so wird man mir vielleicht beipflichten, wenn ich die harzer, wissenbacher, rupbacher und böhmische Form nur als Abänderungen einer Hauptart ansehe. Goniotites subnautilinus ist eine in devonischen Ablagerungen weit verbreitete Art Ausser aus den wissenbacher !) und rup- bacher Dachschiefern kennt man sie schon aus dem Kalke von Bicken, aus dem Unterdevon der Bretagne ?), aus den mitteldevo- nischen Goslarer Schiefern des Harzes (Wissenbacher Schiefer Römer’s), aus dem Kalk der Eifel und der gleichaltrigen Grau- wacke der Gegend von Laasphe (Sammlung der Bergakademie) und nach v. Groddeck°) käme sie auf dem Oberharze sogar in Begleitung von crenaten Goniatiten, also in oberdevonischen Ab- lagerungen vor. Die Art muss somit ähnlich wie /ateseptatus als eminent devonische Form gelten. Goniatites tabuloides Barr. Tafels, Bier 2, 3. — — Barrande, Syst. Sil. Boh. vol. II, p 41, tb. 4. 1867. Gehäuse von flach scheibenförmiger Gestalt, mit abgeflachtem Rücken und flachen Seiten. Zwischen beiden liest eine gerundete Kante. Windungen schwach involut und rasch an Höhe, aber nur langsam an Breite zunehmend. Kammern niedrig. Sutur durch einen die ganze Breite der Seiten einnehmenden tiefen La- terallobus ausgezeichnet, dessen äusserer Schenkel sich hoch er- hebt und sich mit starker Umbiegung an den kleinen trichterför- migen Dorsallobus anschliesst. Die Schale mit markirten Quer- streifen bedeckt, die auf dem Rücken eine sich stark zurückbie- gende Bucht bilden. Von dieser Art liegen nur einige wenige, schlecht erhaltene Exemplare aus dem Hasselfelder Kalkbruch vor. Dieselben stim- 1) Sandberger’s s. 8. subnautilinus variet. vittiger steht lateseptatus viel näher als subnautilinus und bildet eine gute Species, die Barrande’s Gon. erispus (|. c. pl. 9, £. 29—31) zum mindesten sehr nahe steht und vielleicht sogar identisch ist. ?) Barrois, Soc. G£ol. du Nord, IV, p. S5. 3) Abriss d. Geogn. d. Harzes, p. 84. 58 Cephalopoda. men indess so gut mit Barrande’s @. tabuloides aus den böhmi- schen Etagen F und @ überein, dass ich an ihrer Identität mit demselben keinen Zweifel hege. Die Art ist durch ihre scheibenförmige Gestalt in Verbindung mit der geringen Involubilität und dem breiten tiefen Laterallobus von allen übrigen rheinischen und böhmischen Goniatiten leicht zu unterscheiden !). Dass @. tabuloides sich auch ın dem Kalk von Bicken wie- derfindet, der sich überhaupt durch eine grössere Anzahl mit dem Harz und Böhmen gemeinsamer Arten auszeichnet, habe ich schon an einer anderen Stelle?) mitgetheilt. Goniatites evexus v. Buch. Tafel 8, Fig. 4—7. Goniatites — v. Buch, Ueb. Ammoniten u. Goniatiten, p. 33, tb. 1, f. 3—5. 1832. Ammonites Dannenbergi Beyrich, Beitr. etc. p. 26, tb. 1, f.5. 1837. Goniatites costulatus Arch. Vern. Trans. Geol. Soc. 2 s. VI, p. 341, tb. 26, f.3. 1840. ; — transitorius Phillips, Pal. foss. p. 140, tb. 60, f. 227. 1841. = bicanaliculatus Sandberger, Rhein. Sch. Nass. p. 112, tb. 9, f.5 u. 6. ° 1550 —56. — transitorius A. Röm. Beitr. II, p. 19,:tb. 3, f£. 29.2.1850. — expansus Vanuxem, Geol. N.-York, pt. IH, p. 146, f.1. 1842. — mithrax Hall, 13. rep. State Cab. Nat. Hist. p. 98, f. 7. 1860. — _ Zorgensis A. Römer, Beitr. V, p. 9, tb. 2, f. 9. 1866. — verna Barrande, Syst. Sil. Boh. vol.II, p. 41, tb. 9. 1867. — _ fecundus Barzande ee „ ‚vol. 1.p.192, tb.225 10727 17 (ex parte). 1867. — evexus Kayser, Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXIV, p. 668, tb229,,1 1251872: — verna-rhenanus Maurer, N. Jahrb. 1876, p. 821, tb. 14, f. 1. 1876. Gehäuse mässig dick, aus 4 (oder mehr?) rasch an Höhe, aber nur langsam an Breite zunehmenden, ziemlich stark involu- !) Der ebenfalls aus Etage @ stammende Gon. amoenus Barr. (pl. 4), .der sich bei sonst vollständiger Uebereinstimmung lediglich durch grössere Feinheit der Querstreifen und das auszeichnet, was Barrande direkte Imbrikation nennt, kann wohl nur als Varietät von tabuloides angesehen werden. *) Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XXIX, p. 408. Cephalopoda. 59 ten Windungen bestehend, mit namentlich im Alter stark abge- flachtem Rücken und schwach convexen Seiten. Der Querschnitt der Windungen hoch hufeisenförmig, auf der Innenseite etwas nach innen eingebuchtet. Auf der Gränze zwischen Rücken und Seiten liegt ein schwacher Kiel, der jederseits von einer schmalen, seich- ten Furche begleitet wird, die indess — und zwar besonders die innere — mit zunehmendem Alter immer undeutlicher werden und sich schliesslich gänzlich verlieren können. Nabel mässig gross und ziemlich tief. Die Schale ıst auf den Seiten mit ziemlich starken, leistenförmigen, sichelartis nach vorn geschwungenen Rip- pen versehen, die auf dem Steinkern fast noch deutlicher vor- treten, als auf der Schale selbst. Dieselben sind namentlich in der Jugend deutlich, während sie mit zunehmendem Alter immer mehr zurückzutreten pflegen (Fig. 4 u. 6). Zuweilen sind sie in- dess auch bei älteren Exemplaren noch deutlich erkennbar (Fig. 5). Ausserdem ist die Schale noch mit feinen, aber scharfen Querstrei- fen verziert. Dieselben verlaufen auf den Seiten der Rippen pa- rallel, biegen in der Nähe des Rückens plötzlich um und beschrei- ben auf diesem letzteren einen stark zurückgehenden Bogen. Bei älteren Exemplaren tritt diese Bucht etwas schuppig heraus. Kam- mern ziemlich nahe stehend, Sutur aus einem kleinen trichterför- misen Dorsallobus, einem flachen Dorsalsattel und einem breiten, mässig tiefen Laterallobus zusammengesetzt. Römer beschrieb diese Form unter dem Namen @. Zorgensis aus dem Kalke des Joachimskopfes. Sie ist daselbst ziemlich häufig und durchschnittlich etwa 60 Millim. hoch, kann indessen, wie das Fig. 5 abgebildete Bruchstück zeigt, mitunter auch grös- sere Dimensionen erreichen. Auch im Kalk des Sprakelbachs kommt die Art vor. Der beschriebene Zorger Goniatit stimmt in jeder Beziehung mit der von mir vor mehreren Jahren beschriebenen Form aus dem Briloner Eisenstein überein, wo er ebenso wie in der Eifel und in Devonshire in mitteldevonischen Ablagerungen auftritt. Weiter ist er auch @. bicanaliculatus Sandb. aus dem Schiefer des Rupbachthales und von Wissenbach in hohem Grade ähnlich. Die von dorther stammenden Exemplare zeigen sich in der Schnel- 60 Cephalopoda. ligkeit der Höhenzunahme und namentlich im Grade der Involu- bilität der Windungen etwas veränderlich. Ja, wenn man den von den Brüdern Sandberger als bicanaliculatus var. gracilis be- zeichneten Goniatiten in der That mit everus verbinden darf, so würde in den genannten Schiefern neben der typischen, 3 bis 3 in- voluten, sogar eine vollständig evolute Abänderung auftreten. Auch in den Schalenornamenten zeigen die wissenbacher und rupbacher Exemplare je nach Individuum, Alter und Erhaltung kleine Un- terschiede, die indess in meinen Augen keinerlei specifische Bedeu- tung besitzen. So sehe ich in der von Maurer unlängst mit dem Namen verna-rhenanus belegten Form aus dem Rupbachthale eine vom typischen canaliculatus Sandb.!) nur unwesentlich differirende Varietät?). Aber auch Barrande’s @. verna aus den Etagen Fund @°) kann ich nicht von evexus trennen. Schon Barrande selbst hat dessen grosse Aehnlichkeit mit Sandberger’s bicanaliculatus wahr- 1) Rhein. Sch. Nass. tb. 11, f. 5. °) Herr Maurer hat mich durch gütige Uebersendung der Original- Exem- plare seiner Art in den Stand gesetzt, dieselbe mit dem typischen Wissenbacher, sowie mit dem Briloner everus direkt vergleichen zu können. Ich kann in der- selben ebensowenig wie in der mir gleichzeitig unter der Bezeichnung „obsolete vittatus Koch“ übersandten rupbacher Form eine besondere Art, ja kaum eine gute Varietät sehen. Die als verna-rhencmus beschriebenen Kerne weichen ledig- lich durch die etwas grössere Flachheit und schnellere Höhenzunahme der Win- dungen, sowie durch die verhältnissmässig schwach ausgebildeten, die Querstreifen an Breite kaum übertreffenden Rippen ab. Die obsolete vittatus genannten Exem- plare dagegen stellen nur ältere Exemplare dar, deren Rücken, wie das bei everus ganz gewöhnlich der Fall ist, stärker abgeflacht ist und bei denen gleichzeitig die innere Längsfurche ganz verschwindet, die äussere, unter der Rückenkante liegende aber sehr flach und undeutlich wird. Was Maurer’s gleichzeitig mit vernau-rhenanus aufgestellten Gon. annulatus (l e. p. 826, tb. 14, f. 4) aus dem Rupbachthale betrifft, so schliesst auch dieser sich eng an everus an. Er weicht von der typischen Form durch etwas grössere Evolubilität (nicht ganz halbinvolut) und langsamere Höhenzunahme der Windun- gen, etwas schwächere Abflachung des Rückens und starke Rippenbildung ab. Der Verlauf der Rippen, das Auftreten von Streifen neben denselben und deren Beschaffenheit auf dem Rücken, sowie endlich auch der von zwei Furchen beglei- tete Kiel auf der Gränze zwischen Rücken und Seiten stimmt ganz mit everus überein. Ich halte annulatus für eine gute Localvarietät, aber nicht für eine be- sondere Art. 3) Syst. Sil. Boh. vol. II, pl. 9. Cephalopoda. 61 genommen, aber zugleich hervorgehoben, dass die böhmische Form sich durch bedeutendere Grösse und Dicke, flacheren Laterallobus, breiteren, flacheren Rücken sowie durch den Umstand unterscheide, dass die von 2 Furchen eingefasste kielförmige Seitenkante des Rückens bei bicanaliculatus auch auf dem Steinkern, bei verna da- gegen nur auf der Schale sichtbar sei. Diese letzte Differenz hängt gewiss nur mit der verschiedenen Petrifieirung zusammen — die ausgezeichneten Wissenbacher Kieskerne geben eben die Schalencharaktere schärfer wieder, als die dürftig erhaltenen böh- mischen Kalkkerne —, die übrigen Unterschiede aber erscheinen bei Vergleichung mit einer grösseren Anzahl rheinischer Exem- plare nicht hinlänglich constant, um darauf eine besondere Art zu gründen. Indess könnte der Name verna passend für solche Ab- änderungen von evexus festgehalten werden, welche sleich den von Barrande unter dieser Bezeichnung abgebildeten, keine eigentli- chen Rippen, sondern nur Streifen zeigen). Ausser verna möchte ich weiter noch eine andere Barrande'- sche Art, nämlich dessen Gon. fecundus aus den böhmischen Eta- gen @ und H, mit evexus vereinigen. Diese Form gleicht in ihrem ganzen Habitus und namentlich in dem gleichzeitigen Vorhanden- sein von Rippen und Streifen in manchen Exemplaren auffallend dem Zorger und Briloner evexus. Nach Barrande’s Beschreibung sollte man allerdings annehmen, die böhmische Art sei hinlänglich verschieden durch die evolute Gestalt ihrer Windungen (les tours ne presentent aucun recowvrement) und den Mangel der bei evexus vorhandenen, die kielförmige Kante auf beiden Seiten des Rückens einfassenden Längsrinnen — Barrande erwähnt das Vorhanden- sein solcher Rinnen in seiner Beschreibung der Art überhaupt nicht —; aber wie seine Abbildungen beweisen, kommen wenig- stens bei manchen Exemplaren derartige Rinnen vor (vergl. das jugendliche Individuum tb. 10, f. 15 und das ältere tb. 7, f. 10), !) Dass der Mangel der Rippen nicht als specifischer Unterschied angesehn werden darf, zeigt der Umstand, dass sie mit zunehmendem Alter überhaupt, und zwar bald früher, bald später, zurücktreten, sowie dass sie bei Abänderungen wie verna rhenanus schon in der Jugend kaum mehr etwas anderes als etwas stärker vortretende Streifen darstellen. 62 Cephalopoda. und dass die Form mitunter auch recht stark involut werden kann, zeigt seine Figur 7, tb. 10. Es scheint somit, dass die unter dem Namen ‚fecundus zusammengefassten Formen nur Abänderungen von evexus darstellen, die sich durch gewöhnlich nur schwach in- volute oder evolute Windungen, durch schnelles Verschwinden der erwähnten Längsrinnen und, wie man hinzufügen könnte, durch eine sich bis in’s höhere Alter erhaltende, starke Rippenbildung auszeichnen '). Schon obige Erörterungen machen es wahrscheinlich, dass evexus eine sowohl vertikal, wie auch horizontal sehr verbreitete Art darstellt. Ich glaube aber, dass ausser den genannten auch noch andere unter besonderen Namen beschriebene Formen mit derselben zu vereinigen sind, wodurch die Art zu einer eminent leitenden Unter- und Mitteldevonform werden würde. Zu diesen Formen gehört einmal der grosse @. expansus Vanuxem’s aus den nordamerikanischen Hamiltonschichten ?), den ich von ausgewach- senen Briloner Exemplaren nicht zu unterscheiden vermag, und ausserdem Hall’s @. mithrax?) aus den Oberhelderbergschichten, eine Form, die ın der Stärke der Involubilität und Höhenzunahme der Windungen, in der unter der Seitenkante des Rückens liegen- den Längsrinne und der Rippenbildung gewissen Abänderungen von evexus — besonders dem von Barrande tb. 7, f. 10 abgebil- deten fecundus — sehr nahe kommt. ') Dass die Rinnen bei erexus mit fortschreitendem Wachsthum zurücktreten, ist oben angegeben worden, und dass dies Verschwinden oft schon frühzeitig ein- treten kann, beweist das auf der Sandberger’schen Tafel Fig. 57 und 59 abge- bildete Stück. Ebenso sind im Obigen die starken Schwankungen hervorgehoben worden, welche der Wissenbacher bicanalieulatus in der Stärke der Involubilität zeigt. Barrande rechnet zu seinem fecundus auch eine durch vollständige Evolu- bilität, mehr oder weniger elliptische Gestalt der Windungen, grosse Anfangsblase und Bündelrippen ausgezeichnete Form (tb. 11, f. 4 ete.). Dieselbe zeigt eine frap- pante Analogie mit einer von den Brüdern Sandberger als Varietas gracilis zu ihrem Dicanalieulatus gezogenen Wissenbacher Form (Rhein. Sch. Nass. tb. 11, £. 6). Ich würde die Uebereinstimmung dieser beiden Formen als einen weiteren Beweis für die Zusammengehörigkeit von bicanaliculatus oder everus und fecundus anführen, wenn ich sicher wäre, dass dieselben in der That nur eine Varietät von everus und nicht vielmehr — wie ich fast glauben möchte — eine besondere Art darstellen. ?2) Hall, Pal. N.-York, 1876, Illustr. Devon. foss. tb. 644 — 68. 3) |, e. tb. 69. D a An „dr ah Cephalopoda. 63 Goniatites evexus v. Buch var. bohemieca Barr. Tafel 8, Fig. 1. — bohemicus Barrande, Syst. Sil. Boh. p. 29, tb. 1, 2, 3 ete. 1867. Die Olausthaler Sammlung besitzt aus dem Kalk des Joachims- kopfes bei Zorge ein grosses, übrigens recht gut erhaltenes Bruch- stück eines Goniatiten, welches in jeder Hinsicht mit dem von Barrande aus der böhmischen Etage @ beschriebenen @on. bohemicus übereinstimmt. Die Form schliesst sich in der äusseren Gestalt, namentlich in der deutlichen Ausbildung der die Seiten- kanten des Rückens begleitenden Längsrippen, die indess mit zunehmendem Alter immer undeutlicher werden und zuletzt gänz- lich verschwinden, eng an Gon. evexus an. Schon Barrande selbst hat die grosse Aehnlichkeit seiner Art mit bicanaliculatus Sandb. hervorgehoben; dieselbe unterscheidet sich indess nach ihm von der rheinischen Form wie auch von fecundus 1) durch bedeuten- dere Grösse, 2) durck stärkere Involubilität, 3) durch die Sculptur, die aus einfachen, gleich starken, ziemlich weit getrennten, sich nicht bündelnden oder zu Rippen erhebenden Streifen besteht, und endlich 4) durch eine längere Sıphonaldute. Ich glaube nun oben gezeigt zu haben, dass die unter 1) und 2) aufgeführten Merk- male keinen specifischen Werth haben. Grösseres Gewicht ist auf die Unterschiede in der Schalensculptur zu legen, falls dieselben, wie Barrande behauptet, schon im Jugendalter ausgeprägt sind. Ob aber diese und die unter 4) aufgeführte Differenz zu einer specifischen Trennung unserer Form von bohemicus genügen, ist um so zweifelhafter, als auch der auf alle Fälle sehr nahe ver- wandte Gon. verna nach Barrande’s Abbildungen niemals Rippen- bildung zeigt. Ich bemerke schliesslich, dass ich eine Barrande’s bohemicus mindestens sehr nahe kommende grosse Form als Abdruck auf einer von Wissenbach stammenden Schiefertafel in der Sammlung meines Collegen Koch in Wiesbaden gesehen habe. 64 Cephalopoda. Ich halte es für sehr wohl möglich, dass es an der Hand eines reichen, von möglichst vielen Fundpunkten stammenden Ver- gleichungsmaterials in Zukunft einmal gelingen werde, für eine Anzahl der von mir oben mit evexus vereinigten Formen constante, wenn auch nur geringfügige Unterschiede festzustellen, die, beson- ders wenn erst das geognostische Niveau der betreffenden Fund- orte genau ermittelt sein wird, zu einer Unterscheidung von ver- schiedenen Lokalarten oder auch von Mutationen des lang- lebigen und weit verbreiteten @. evexus führen werden. So könnte es sich vielleicht als geboten erweisen, ausser für @on. bohemicus auch für kleine Formen ohne Rippenbildung, wie verza, für solche mit starken, bis ins späte Alter sich erhaltenden Rippen und bald verschwindenden Längsrinnen, wie mithrax und annulatus, für einen Theil der als ‚fecundus beschriebenen Formen und andere mehr besondere Namen einzuführen. Bis jetzt aber liegen die zu sol- chen Trennungen erforderlichen subtilen und langwierigen Beobach- tungen noch nicht vor, und unter diesen Umständen scheint es mir richtiger, die Grenzen einer Art vielleicht zu weit zu ziehen, als an den bisherigen wie ich glaube wenig naturgemässen Aufstellungen .festzuhalten. Genus Orthoceras Breyn. Orthoceren sind in den Cephalopodenkalken der Gegend von Zorge, Wieda und Hasselfelde sehr verbreitet. Sie erreichen oft bedeutende Dimensionen, wie denn der Verfasser im Hasselfelder Kalkbruch einmal ein fast 60 Centim. langes, am oberen Ende im Durchmesser fast 15 Centim. messendes Bruchstück beobachtet hat. Leider ist die Erhaltung meist sehr wenig befriedigend. Stücke mit noch vorhandener Schale gehören im Allgemeinen zu den Seltenheiten, in der Regel findet man nur Steinkerne, an denen sich oftmals kaum mehr eine Spur von Kammern oder Sipho beob- achten lässt. Cephalopoda. 65 Formen aus der Gruppe des 0. triangulare. Arten dieser Gruppe spielen durch ihre Zahl und Häufig- keit in den eben genannten Kalken eine hervorragende Rolle und fehlen auch bei Ilsenburg und Mägdesprung nicht ganz. Alle hierher gehörigen Formen sind durch mehr oder weniger drei- seitigen Querschnitt, ungemein niedrige, zahlreiche Kammern, dicken, blättrig-strahligen Sipho und bedeutende Dimensionen aus- gezeichnet und leicht zu erkennen. Dass verwandte Formen auch in den gleichaltrigen Ablagerungen Böhmens vorhanden sind, beweisen die von Barrande unter dem Namen Orth. Archiaci und vector !) aus Etage G@ beschriebenen Arten. Ungleich wich- tiger als in Böhmen sind Orthoceren unserer Gruppe in den älteren Devonschichten des rhemischen Gebirges, so besonders in den Dachschiefern von Wissenbach und im Rupbachthale, in den Kalken von Bicken and Greifenstein ete. Ausser dem typischen triangu- lare gehören hierhe, Jovellani Vern.?), der zuerst aus spanischem Devon beschrieben wurde, Buchi de Vern.?) und mehrere noch unbeschriebene Arten. Auch in den älteren Devonbildungen des Harzes finden sich verwandte Formen *). Wie sich aus diesen Anführungen ergiebt, ist die Gruppe des triangulare, abgesehen von den obersten böhmischen Kalketagen und den äquivalenten Schichten des Harzes, ganz auf unzweifelhaft devonische Ablage- rungen beschränkt, was für die Altersstellung der ne Fauna nicht ohne Wechieki ist. Ob die iriangulare-Gruppe mit Recht bei Orthoceras klassificirt wird, erscheint zweifelhaft. Der dicke, zwischen je zwei Kammer- wänden stark anschwellende °), radial-strahlige Sipho und die !) Cephalopod. pl. 251, 480, 353. 2) Bull. Soc. Geol. 2. s. II, p. 461, tb. 13. — Barrande, S.S. Boh. vol. II, pl. 254; damit wahrscheinlich ident Rupbachi Maurer N. Jahrb. 1376, p. S3l, Taf. 14. 3) Ibid. VII, p. 778, aus dem Unterdevon des Departement de la Sarthe. 2) A. Römer, -Beitr. V, tb. 1, f 2. 5) Der Sipho erhält dadurch — wie man schon lange weiss — auf dem Längsschliff eine rosenkranzförmige Gestalt. Noch nicht ausdrücklich ist dagegen meines Wissens das plötzliche Herabsinken der Kammerwände in der unmittel- - {9} 66 Cephalopoda. ungewöhnlich gedrängt stehenden Scheidewände erinnern lebhaft an die, ganz ähnliche Charaktere zeigenden, grossen Oyrtoceren der Eifel und der böhmischen Etagen E und G, zumal an solche mit analogem, gerundet-dreiseitigem Querschnitt, wie lineatum Gdf., laetificans und desolatum B.!) ete. Zwar sind alle tnangulare-ver- wandten ÖOrthoceren, die ich bisher in rheinischen Sammlungen gesehen, und ebenso die hierher gehörigen harzer, wesentlich gerade ?); allein so lange nicht durch Beobachtung festgestellt ist, dass auch die Anfangstheile des Gehäuses, die ja möglicherweise gekrümmt gewesen sein könnten, gestreckt waren, bleibt die gene- rische Stellung der fraglichen Formen noch unsicher. Orthoceras triangulare Arch. Vern. Tafel 9, Fig. 2, 3? Tafel 11, Fig. 2 (var. Bickensis Kays.). — — d’Archiaec et de Verneuil, Geol. Transact. 2. s. VI, p. 347, tb. 27, rallsal: — — Sandberger, Rhein. Sch. Nass. p. 155, tb. 16. 1850. Die bisher mit Sicherheit nur im Hasselfelder Kalkbruch auf- gefundene Form stimmt mit der typischen rheinischen in allen wesentlichen Charakteren gut überein. Das Gehäuse ist sehr schlank und verdickt sich nach oben zu sehr langsam. Der Querschnitt hat die Form eines nahezu gleichseitigen, an den Ecken stark baren Berührung mit dem Sipho hervorgehoben worden. Durch dieses aus Fig. 4 deutlich ersichtbare Verhalten entsteht oft der Anschein, als ob die Kammerwände nicht wie bei den cochleaten Orthoceren und den Cyrtoceren auf die schmalsten, am stärksten eingeschnürten, sondern vielmehr auf die dieksten Stellen des Sipho träfen. Zu einer solchen Auffassung könnte der von Verneuil (Bull. Soc. Geol. 2. s. Il, pl. 13, f. 2) abgebildete Längsschliff veranlassen. Unsere Figur zeigt indess, dass dieselbe ganz irrig sein würde und dass die scheinbare Anomalie ihre ein- fache Erklärung in dem besprochenen Verhalten findet. !) Cephal. pl. 468, 513. ?2) Nur ein paar in der Koch’schen Sammlung in Wiesbaden befindliche, grosse Exemplare von Wissenbach und Cramberg liessen eine leichte Krümmung des Gehäuses erkennen. Cephalopoda. 67 abgerundeten Dreiecks. Die Siphonalseite ist abgeflacht, die beiden anderen stärker gewölbt. Der dicke, runde Sipho liegt hart am Rande. Die Sutur bildet auf der Siphonalseite eine sehr flache, rückwärts gewandte (Fig. 2), in der Nachbarschaft der unpaarigen Kante dagegen eine vorwärts gewandte Bucht (Fig. 2). Nur an einem einzigen, noch jungen Exemplare (tb. 11, f. 2) sind Reste der Schale erhalten geblieben, und zwar auf der dem Sipho gegen- über liegenden, kielförmigen Kante. Man nimmt hier in weiteren Abständen starke, wulstige, in schräger Richtung gegen jene Kante herablaufende und hier knieförmig umbiegende Querringe oder Rippen wahr, die um so stärker vortreten, je mehr sie sich der Kante nähern. Der weitere Verlauf der Wülste ist an unserem Stücke nicht mehr erkennbar. Es ist indess nach meinen eigenen Beobachtungen an rheinischen Stücken und nach den Abbildungen von Verneuil und Sandberger unzweifelhaft, dass die Ringe, nachdem sie von der Mittelkante aus zunächst steil emporgestiegen, sich nach den paarigen Kanten zu wieder mit flachem Bogen ab- wärts senkten, um endlich auf der Siphonalseite nahezu horizontal oder mit schwach rückwärts gehender Biegung zu verlaufen. Eine der beschriebenen ganz analoge Sculptur habe ich an Exemplaren aus dem Kalk von Bicken beobachtet, von denen ich eines auf Taf. 36, Fig. 2 habe abbilden lassen. Diese Sculptur stimmt mit der bei triangulare gewöhnlich zu beobachtenden, nur aus drei höckerförmigen Erhebungen auf den Kanten des Gehäuses bestehenden, wesentlich überein, lehrt uns aber erst diese recht zu verstehen, indem sie zeigt, dass jene mit zunehmendem Alter bekanntlich immer undeutlicher werdenden Höcker nur als die am stärksten erhobenen Theile von Querwülsten von dem oben beschrie- benen Verlaufe anzusehen sind, die indess nur ausnahmsweise deutlich als solche hervortreten. Ich möchte die bei Bicken und Hasselfelde vorkommende Abänderung, bei der dies letztere der Fall ist, mit dem Namen var. Bickensis belegen. O. triangulare ıst eine im rheinischen Schiefergebirge weit verbreitete Form, die bei Wissenbach, im Rupbachthale etc. im Schiefer, bei Lahnstein nach den Brüdern Sandberger ın der Grauwacke, bei Bicken endlich auch im Kalk vorkommt. Ihr Auf- 5* 68 Cephalopoda. treten im Hasselfelder Kalk ist sehr interessant, und darf als ein wichtiges, diesen Kalk mit den genannten rheinischen Ablagerun- gen und speciell mit dem Kalk von Bicken verknüpfendes paläon- tologisches Bindeglied angesehen werden. Orthoceras Losseni n. Sp. Tafel 9, Fig. 1. Diese im Hasselfelder Kalk nicht seltene grosse Art unter- scheidet sich von triangulare leicht durch ihre viel schnellere Brei- tenzunahme, den stärker gerundeten Querschnitt und den nicht runden, sondern ovalen Sipho. Vielleicht gehört hierher auch der von A. Römer aus dem Thonschiefer (Wieder Schiefer?) des Büchenberges abgebildete Steinkern mit analog gestaltetem Sipho!). Orthoceras Jovellani Vern.? Tafel 9, Fig. 5. 0 Verneuil, Bull. Soc. Ge&ol. 2. s. II, p. 464, tb. 13. 1845. _— Barrande, S. S. Boh. Suppl. Cephal. p. 69, pl. 254. 1868. (#) — Rupbachi Maurer, N. Jahrb. p. 531, Tf. 14. 1876. Die Art ist von der typischen durch ihren nicht auf der ab- geflachten, sondern auf der convexen Seite des Gehäuses liegen- den Sipho leicht zu unterscheiden. Die Breitenzunahme erfolgt rascher als bei triangulare, der Querschnitt ist stark gerundet, die Kammern ausserordentlich niedrig. Zu dieser von Verneuil aus dem Unterdevon von Asturien beschriebenen Form, die wahrscheinlich auch bei Wissenbach und im Rupbachthale vorkommt, möchte ich ein leider stark verletztes, in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrtes Stück aus dem Klo- sterholz bei Ilsenburg rechnen. Allerdings weicht dasselbe von der typischen spanischen und der rupbacher Form darin ab, dass 1) Beitr. I, tb. 10, £. 6. Cephalopoda. 69 der Sipho nicht kreisrund, sondern oval ist und nicht blos in der Nähe des Randes, sondern hart an demselben liegt. In- dess ist dies Letztere vermuthlich nur eine Folge der starken Ab- tragung des Stückes auf der Siphonalseite; auf die erstgenannte Differenz für sich allein aber möchte ich eine neue Species nicht gründen. Orthoceras Kochi n. sp. Tafel 9, Fig. 3. Diese Form, zu der mehrere im Hasselfelder Kalkbruch ge- fundene Stücke gehören, stimmt mit iriangulare in der ausser- ordentlich schlanken, sich nur sehr langsam verdickenden Gestalt überein, unterscheidet sich aber von demselben durch den regel- mässig ovalen Querschnitt des Gehäuses, dessen grösste Breite in der Mitte liegt. Sipho rund und randlich. Auch von dieser Art glaube ich in der Sammlung meines Freundes Koch Exemplare von Wissenbach und aus dem Rup- bachthale gesehen zu haben. Wenn ich dieselbe mit seinem Na- men belege, so möchte ich damit dem Danke, den ich ihm für so manche mir während dieser Arbeit gemachte belehrende Mitthei- lung schulde, Ausdruck geben. Orthoceras commutatum Giebel. Tafel 10, Fig. 4 und S; Tafel 11, Fig. 4, 7. — regulare var. Arch. u. Vern. Geol. Trans. p. 344, tb. 27, f.2. 1840. — gracilis F. Römer, Rhein. Ueberggb. p. 81. 1844. = — A. Römer, Beitr. I, p. 16, tb. 3, f. 19. 1850. £ — requlare Sandberg. Rhein. Sch. Nass p. 173, tb. 20, f. 1. 1850. — commutatum Giebel, Fauna d. Vorw., Cephalop. p. 233. 1852. — regulare A. Römer, Beitr. IV, p. 158. 1869. Gehäuse schlank, langsam an Breite zunehmend, mit kreis- rundem Querschnitt. Sipho dünn, central, Siphonaldute gewöhn- 70 Cephalopoda. lich noch über die Kammerwand vorragend. Kammerwände stark convex, Kammern von wechselnder Höhe, meist höher als breit, im Maximum l4mal so hoch als breit. Die dicke Schale mit mat- ten, sich sehr leicht verwischenden Querstreifen versehn (Taf. 11, Fig. 4), und daher in der Regel glatt erscheinend. Die ziemlich beträchtliche Dimensionen erreichende Form gehört zu den häufig- sten Arten der hereynischen Cephalopodenkalke. Die besterhalte- nen Exemplare finden sich am Laddeckenberge (Taf. 10, Fig. 1—3), woher die Form schon durch Römer beschrieben worden ist. Ein Stück mit selten gut erhaltenen Schalenresten (Taf. 11, Fig. 4) be- sitzt die Landesanstalt aus dem dunkelen Kalk bei der Harzgerö- der Ziegelhütte und in schlechter Erhaltung kommt unsere Art auch bei Hasselfelde vor (Taf. 11, Fig. 8) '). Wie die Vergleichung mit den von den Brüdern Sandberger gegebenen Abbildungen und mit Originalexemplaren der hiesigen Museen gezeigt hat, stimmt die beschriebene harzer Form in jeder Beziehung mit dem von den genannten Autoren unter dem Na- men regulare aus den Schiefern von Wissenbach und Oramberg beschriebenen Orthoceras überein. Auch in den wissenbacher Schie- fern Römer’s (d. h. in mitteldevonischen Cephalopoden-führenden Schichten) der clausthaler Gegend findet sie sich wieder. Wie die oben mitgetheilte Synonymie zeigt, ist die Art unter sehr verschiedenen Namen beschrieben worden. Vor dem Erscheinen des berühmten Werkes von Murchison und Sedgwick über die paläozoischen Sedimente des nördlichen Deutschlands und Belgiens hatte man sich gewöhnt, diesen häufigsten unter den wissenbacher Örthoceren mit dem älteren Blumenbach’schen Namen 0. gra- cilis zu bezeichnen, obwohl Blumenbach selbst unter diesem Namen eine ganz andere, äusserst schlanke Form mit lateralem Sipho aus dem oberharzer Devon beschrieben hatte. In dem Werke der genannten englischen Autoren dagegen wurde die wissen- bacher Form durch d’Archiac und de Verneuil als Varietät von Schlotheim’s untersilurischem O. regulare beschrieben, der !) Die von A. Römer (Beitr. V, p. 1) aus dem Tännenthal bei Ilsenburg als regulare aufgeführte Form gehört, wie ich mich an seinen in der Jasche’schen Sammlung befindlichen Originalstücken überzeugt habe, nicht hierher. Cephalopoda. 71 Name gracilis aber auf eine andere wissenbacher Form übertragen, die mit dem Blumenbach’schen gracilis zwar in der lateralen Lage des Sipho übereinstimmt, sich aber durch schnellere Breite- zunahme von ihm unterscheidet. Diese letztere Form nannte später F. Römer in seinem „rheinischen Uebergangsgebirge* cre- briseptatum, während er für unsere wissenbacher Art wiederum den Namen gracilis gebrauchte, trotzdem dass Blumenbach in seiner Beschreibung der harzer Form die laterale Lage des Sipho ausdrücklich hervorhebt. Giebel war daher durchaus im Recht, als er in seiner Fauna der Vorwelt gegen Römer’s Nomenklatur Einspruch erhob und die durch ihren centralen Sipho ausgezeich- nete häufigste wissenbacher Form mit der neuen Bezeichnung commutatum belegte. Die Brüder Sandberger haben, dem Vorgange Verneuil’s folgend, unsere Art zum silurischen O. regulare gezogen und mit demselben auch das durch elliptischen Querschnitt ausgezeichnete oberdevonische ©. ellipticum Münst. vereinigt. Diese letztere Zu- sammenziehung ist ganz unzulässig; dass aber auch die genannte silurische Art von unserer harzer und der wissenbacher Form ver- schieden sei, haben Barrande und Schmidt durch den Nach- weis von 3 symmetrischen vertieften Eindrücken auf dem Stein- kern der Wohnkammer und einer unteren quergestreiften Schalen- lage bei der Schlotheim’chen Art nachgewiesen '). Orthoceras enf. migrans Barr. Tafel 10, Fig. 6. — — Barr., S. S. Boh. vol. II, Texte 3, p. 643, pl. 348 ete. 1868. Eine grosse, dicke, schr langsam an Breite zunehmende Form mit kreisrundem Querschnitt. Kammerwände stark convex, Kammern fast noch einmal so breit als hoch, Sipho sehr excentrisch. Schale unbekannt. — Aus dem hasselfelder Kalkbruch. !) Barr., S. S. Boh. Cephalop. 4. ser. (Distribution) p. 213. 72 Cephalopoda. Die citirte Barrande’sche Art stammt aus den böhmischen Etagen E und @ und zeigt ähnliche Charaktere. Auch noch mehrere andere von Barrande beschriebene Formen bieten Ver- gleichungspunkte dar, so orca (pl. 352) aus Etage G, temperans (pl. 382) aus E etc. Doch ist keine andere so ähnlich wie migrans. Orthoceras hereynicum n. Sp. Tafel 10, Fig. 7, 8, 11; Tafel 11, Fig. 3? Gehäuse langkonisch mit stark elliptischem Querschnitt. Kam- merwände mässig convex, Kammern ungefähr $mal so hoch als breit; Sipho stark excentrisch, zwischen Mitte und Rand liegend. Schale unbekannt. — Hasselfelder Kalkbruch und Scheerenstieg bei Mägdesprung (?). Einige Aehnlichkeit mit dieser Form zeigt eine in der Koch- schen Sammlung in Wiesbaden aufbewahrte, von Wissenbach stammende Art. Unter den böhmischen Orthoceren habe ich keine näher vergleichbare Form gefunden. Orthoceras Sp. Tafel 11, Fig. 1. Ist der vorigen Art ähnlich, aber durch schnellere Breiten- zunahme des Gehäuses, etwas näher stehende Kammerwände und — wie es scheint Kalkbruch. centralen Sipho ausgezeichnet. — Hasselfelder ÖOrthoceras Sp. Tafel 10, Fig. 9 und 10. Gehäuse sich sehr langsam verdickend, fast eylindrisch, mit kreisrundem Querschnitt. Kammerwände mässig convex, Kammern kaum 5 mal so hoch als breit, Lage und Form des Sipho nicht beobachtbar. — Laddeckenberg bei Zorge. Cephalopoda. 73 Von böhmischen Formen liessen sich vergleichen: O. cunctator Barr. aus Etage G@ (pl. 358), ferner nudum B. aus F (pl. 364) und resolutum B. aus @ (pl. 399), die indess etwas schneller an Breite zunehmen. Baylei B. aus E endlich (pl. 379) hat höhere Kammern. Unter den rheinischen Formen bieten O0. crassum A. Röm. und Danenbergi Arch. Vern. (= undatolineatum Sandb.) einige Analogie; doch haben beide eine stärker konische Gestalt. Orthoceras sp. Tafel 11, Fig. 5. Ein Bruchstück aus den Schichten im Hangenden des Bra- chiopoden-Kalkes vom Scheerenstieg. Dasselbe ist bei langsamer Breitenzunahme durch ausserordentlich gedrängt stehende, ziemlich stark convexe Kammerwände und einen — wie es scheint — ganz unsymmetrisch in der Nähe des Randes liegenden Sipho aus- gezeichnet. Orthoceras constrietum n. Sp. Tafel 12, Fig. 1. Gehäuse von langkonischer Gestalt und stark elliptischem Querschnitt, mit breiten, flachen Einschnürungen an den Suturen, wodurch seine Profillinie eine flachwellige Form erhält. Kammer- wände schwach convex und weit von einander abstehend, so dass die Kammern erheblich höher als breit sind. Sipho dünn, central. Schale unbekannt. Die beschriebene, aus dem hasselfelder Kalkbruch stammende Art unterscheidet sich von allen mir bekannten devonischen Formen durch die Aushöhlung des Gehäuses an den Suturen. Dagegen zeigt sie durch eben dieses Merkmal eine entschiedene Verwandt- schaft mit Barrande’s O. zonhtum und polygaster aus der böh- mischen Etage E (Cephal. pl. 346), welche sich indess durch niedrigere Kammern und kreisrunden Querschnitt unterscheiden. 74 Cephalopoda. Orthoceras lineare Mst. Tafel 12, Fig. 8. — — Münster, Beitr. II, p. 99, tb. 19, Fig. 1. 1840. — — Sandberger, Rh. Sch. Nass. p. 164, tb. 18, Fig. 7. 1850 —56. Ein der Jasche’schen Sammlung angehöriges, aus dem Kloster- holz stammendes, in röthlichem eisenschüssigem Kalkstein sitzendes kleines Orthoceras zeigt bei nahezu cylindrischer Form sowohl auf der Schale als auch auf dem Steinkern eine feine, nicht ganz gleich- mässige, etwas schräg stehende Querstreifung. Dieselbe ist auf dem Steinkern so fein, dass sie nur mittelst der Loupe zu erken- nen ist. Obwohl nun weder die Kammerwände noch der Sipho zu beobachten sind, so lässt doch die eigenthümliche Sculptur in Verbindung mit der cylindrischen Gestalt keinen Zweifel an der Zugehörigkeit der Ilsenburger Form zu Münster’s in deutschen Mittel- und Oberdevonschichten ziemlich verbreitetem O. lineare. Das Auftreten einer so eminent devonischen Art im Ilsen- burger Kalk ist sehr interessant und wichtig. Indess kommen auch in den äquivalenten Schichten Böhmens ähnliche Formen vor, wie O. Agassizi, progrediens und commemorans Barr. (pl. 280 und 360) in Etage F, und auch im ächten Sılur sind bereits verwandte Formen vorhanden, wie Eichwald’s bacillus!) und andere beweisen. Orthoceras enf. rigescens Barr. Tafel 12, Fig. 3, 4. — — Barrande, $.S. Boh. vol.Il, 3, p. 342, tb. 287, 337 ee, 1374 Im schwarzen Kalk der Harzgeröder Ziegelhütte kommen nicht selten Bruchstücke einer Art vor, die sich durch ein meist langkonisches, langsam an Breite zunehmendes Gehäuse von mehr oder weniger stark ovalem Querschnitt auszeichnet. Die in ihrer Höhe etwas wechselnden Kammern sind niedrig, die Kammerwände !) Murch. Vern. Keys. Russ. II, pl. 24, f. 8. Cephalopoda. 75 scheinen ziemlich stark gewölbt und der Sipho central oder sub- central zu sein. Das auszeichnendste Merkmal bietet die Schale, die mit dünnen, fadenförmigen, aber scharfen Querringen geziert ist, welche mehr oder weniger deutlich paarig angeordnet zu sein und dadurch Doppelbinden zu bilden ptlegen. Das in den Etagen %, F und @ auftretende Barrande’sche Orthoceras, mit dem ich unsere Form vergleichen möchte, stimmt in der allgemeinen Form, in der Lage des Sipho, Convexität und Entfernung der Septa und der Schalensculptur (vergl. bes. Bar- rande’s Fig. 1) recht gut überein, so dass die böhmische und harzer Form recht wohl identisch sein könnten. Die einzigen Un- terschiede scheinen in der etwas langsameren Dickenzunahme und der im Profil nicht so ausgesprochenen dachziegelförmigen (vergl. Barrande’s Fig. 9 und 17) Gestalt der Querringe bei der harzer Form zu liegen. Indess mag in dieser Hinsicht der verschiedene Erhaltungszustand eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Orthoceras Sp. Tafel 12, Fig. 2. Zusammen mit der eben beschriebenen Art findet sich im Kalk der Harzgeröder Ziegelhütte noch eine andere Form, von der indess nur unvollständige Exemplare vorliegen. Die Gestalt des Gehäuses und der Querschnitt stimmen mit der vorigen Art (0. rigescens) überein; die Schalensculptur aber ist sehr verschie- den. Sie besteht nämlich aus mässig weit abstehenden, feinen aber scharfen Querringen, die auf den breiten Seiten des ovalen Ge- häuses schräg aufsteigen, auf der einen Schmalseite flache, mit ihrer Convexität aufwärts gerichtete Bögen beschreiben, auf der an- deren Schmalseite endlich horizontal zu verlaufen scheinen. Kam- mern und Sipho sind an den mir vorliegenden Stücken nicht beobachtbar (das abgebildete Exemplar scheint ein Stück der Wohn- kammer darzustellen). Unter den Arten des rheinischen Devon und der obersten Barrande’schen Kalketagen kenne ich keine 76 Cephalopoda. verwandte Form. Dagegen bietet Barrande’s OÖ. pleurotomum. aus der Etage D und Z (vol. IL, 3, p. 412, pl. 296) sowohl in der äusseren Gestalt wie auch in den Ornamenten der Schale (vergl. bes. Fig. 3) Vergleichungspunkte. Der Sıpho dieser Art ist excentrisch, die Kammern von ziemlich beträchtlicher, aber ver- änderlicher Höhe. — Unter den Orthoceren von Wissenbach zeigt eine als O. Ludwigi bezeichnete Form der Koch’schen Samm- lung einige Aehnlichkeit. Orthoceras raphanistrum A. Römer. Tafel 12, Fig. 6. _— — A. Römer, Beitr. V, p. 10, tb. 2, f. 11. 1866. — clepsydra Barrande, S. S.Boh. vol. I, 3, p. 181, pl. 319. 1874, Gehäuse mässig rasch an Dicke zunehmend, von kurzellip- tischem bis kreisrundem (?) Querschnitt, zwischen je zwei Kam- merwänden bauchig anschwellend, so dass jede Sutur mit einer flachen Einschnürung zusammenfällt. Die Kammern sind mehr als limal so breit als hoch. Kammerwände und Sipho unbekannt. Die Schale ist mit zahlreichen feinen aber scharfen, leistenförmi- gen Längsstreifen verziert, die von ähnlichen, aber noch feineren und viel näher stehenden Querstreifen durchkreuzt werden. Römer beschrieb diese Art aus dem Kalk des Laddecken- berges bei Zorge. Sein Exemplar wird in der Olausthaler Samm- lung aufbewahrt und liegt auch meiner Abbildung zu Grunde. Barrande’s O. clepsydra stammt aus der böhmischen Etage F und stimmt in der äusseren Gestalt und der Sculptur mit der Römer’schen Art so vollständig überein, dass mir die Identität beider Formen unzweifelhaft erscheint. Auch bei der böhmischen Form ist die Gestalt der Kammerwände und des Sipho bisher unbekannt. Einige Aehnlichkeit zeigen auch Barrande’s OÖ. pulchrum und patronus aus Etage Fund @ (pl. 276 und 275), die sich indess schon durch ihre viel näher stehenden Kammerwände unterscheiden. EEE EEE ET Cephalopoda. 77 Orthoceras Schillingi n. sp. Tafel 12, Fig. 5. Ausser der eben beschriebenen Form liegt mir aus dem Kalk des Laddeckenberges noch ein anderes, ebenfalls mit Einschnürun- gen versehenes und dadurch dem vorigen ähnliches Orthoceras vor. Allein die viel langsamere Dickenzunahme dieser Form, ihr voll- ständig kreisrunder Querschnitt und die abweichenden Sculpturen, die aus überaus feinen und gedrängten Längsstreifen ohne wahr- nehmbare Querstreifen bestehen, lassen eine Vereinigung mit O. raphanistrum nicht zu. 0. tenuilineatum Sandb. !) aus Wissen- bach hat eine ähnliche Gestalt und ist an den Suturen ebenfalls etwas eingeschnürt, unterscheidet sich indess leicht durch die niedrigeren, in der Mitte zu einem ringförmigen Wulste anschwel- lenden Kammern. Ich benenne die harzer Art, die auch am Sprakelsbach vorzukommen scheint, zum Andenken an den ver- storbenen Dr. Schilling, dem die Harzgeognosie die Auffindung und Ausbeutung mehrerer wichtiger Versteinerungsfundpunkte in der Zorger Gegend und bei Elend verdankt. Orthoceras Sp. Tafel 12, Fig. 7. Aus dem dunklen Kalkstein der Harzgeroder Ziegelhütte liegt ein kleines Orthoceras vor, welches ein langsam an Dicke zuneh- mendes, im Querschnitt kreisförmiges Gehäuse, ziemlich weit von einander abstehende, convexe Kammerwände und einen excentri- schen Sipho besitz. Die etwas abgeriebene Schale ist mit un- gleich starken, fein-leistenförmigen Längsrippchen bedeckt, die von ebenso feinen, gedrängten, etwas schräg stehenden, welligen Quer- streifen durchschnitten werden. Diese Sculptur zeigt einige Ana- logie mit derjenigen von Barrande’s O. Neptunicum (pl. 273 etc.) und einer Reihe verwandter Formen, welche Arten indess alle durch viel niedrigere Kammern unterschieden sind. 1) Rh. Sch. Nass. pl. 19, £. 7. 78 Cephalopoda. Orthoceras dulce Barr. (?). Tafel 20, Fig. 17. — — Barrande, S. S. Boh. vol. I, 3, p. 321, pl. 294, 295 ete. 1874. Hierher gehört vielleicht ein aus dem Kalk der Ziegelhütte bei Harzgerode stammendes kleines Orthoceras. Das Gehäuse hat einen kreisrunden Querschnitt und so geringe Breitenzunahme, dass es fast cylindrisch erscheint. Die Kammern sind mehr als doppelt so breit als lang, die Scheidewände mässig stark convex. In der Mitte zwischen je zwei Kammerwänden bildet sich ein, wie es scheint, etwas schräg stehender, flach wulstförmiger Ring aus, während die Suturen in breiten, flachen Hohlkehlen zwischen jenen Anschwellungen liegen. Die Schale ist mit zarten, etwas ungleich- mässig starken, gedrängten, wellig-Jamellösen Querstreifen bedeckt, die von matten, sich etwas hin- und herbiesenden Längsstreifen durchsetzt zu werden scheinen. Diese Längsstreifen sind indess nur scheinbar vorhanden und werden durch eine gewisse Regel- mässigkeit in der Anordnung der Wellenerhebung der horizontalen Streifen bedingt. Ich glaubte zuerst, dass die Harzgeroder Form in die nächste Verwandtschaft des O. annulatum Sow. oder calamiteum Mst. ge- höre, bis ich die wirkliche Natur der scheinbaren Längsstreifung und damit die Uebereinstimmung der Form mit Barrande’s dulce erkannte. Diese, auf die böhmische Etage E beschränkte, Art stimmt bis auf die etwas näher stehenden Ringwülste recht gut mit der harzer Form überein. Der Sipho des böhmischen dulce ist central. Örthoceras? lamelliferum n. sp. Tafel 11, Fig. 6. Aus dem Kalk des kleinen Laddeckenthales bei Zorge liegt ein Bruchstück einer sehr merkwürdigen Orthoceras-Art vor. Statt der Querringe, wie die Arten aus der Verwandtschaft des O0. an- nulatum sie zeigen, trägt die Schale der fraglichen, im Durchmesser Cephalopoda. 79 eirca 15 Millim. dicken Form horizontale Lamellen von mehreren Millim. Breite. Dieselben stehen 8 bis 10 Millim. von einander entfernt und sind da, wo sie der Schale aufsitzen, etwa 1 Millim. dick, am Aussenrande aber von schneidiger Schärfe, wodurch sie im Querbruch ein stachel- oder dornförmiges Ansehen erhalten. Leider liegt mir von der interessanten Art nur ein kleines Stück des Gehäuses vor, welches mit der äusseren Seite im Gestein liegt, so dass nur dessen Innenseite freiliegt. Man glaubt auf dieser eine etwas unregelmässige Querstreifung zu beobachten. Die noch vorhandenen Reste der Kammerwände zeigen, dass die Kammern etwa 2mal so breit als hoch waren. Ueber die Gestalt der Septa, über Form und Querschnitt des Gehäuses und Lage des Sipho lässt sich Nichts aussagen. Ich kenne nur eine einzige Form, die sich mit der beschrie- benen vergleichen lässt. Es ist die von Hall früher als Ortho- ceras foliatum beschriebene '), neuerdings aber CUyrtoceras eugenium genannte Form aus der oberen Helderberg-Formation. Dieselbe besitzt ganz ähnliche, aber noch länger werdende Querlamellen ?); bei der amerikanischen Form fallen dieselben aber stets mit den Suturen der Kammerwände zusammen, während bei der harzer Form die Lage der Lamellen von derjenigen der Septa auffällıger Weise ganz unabhängig ist. Auch das harzer Fossil könnte möglicher Weise zu Cyrtoce- ras gehören, da dasselbe ebenfalls eine leichte Krümmung zu zeigen scheint. ÖOrthoceras Sp. Tafel 10, Fig. 4. Das einzige in den hercynischen Cephalopoden-Kalken gefun- dene Stück, welches zur Abtheilung der kurzkegligen, durch sehr !) Paläont. N.-York, Illustrations devon foss. 1877, pl. 36. 2) Man darf nicht vergessen, dass die Lamellen an unserem leicht angeschlif- fenen Stücke Fig. 6 etwas länger erscheinen als sie in Wirklichkeit sind, weil die Längsaxe des Gehäuses nicht in der Ebene des Schliffes liegt, mithin die Lamellen nicht in genau radialer Richtung geschnitten werden. s0 Cephalopoda. rasche Breitenzunahme des Gehäuses ausgezeichneten Orthoceras- Arten gehört. Dasselbe stammt aus dem Hasselfelder Kalkbruch. In der Schnelligkeit der Dickenzunahme und der Entfernung der Kammerwände lässt es sich mit OÖ. rapiforme Sandb. von Wis- senbach und Lerbach im Harz vergleichen. ; Orthoceras Beyrichi n. sp. Tafel 10, Fig. 5. Aus dem Kalk des Joachimskopfes bei Zorge liegt ein Bruch- stück einer grossen Orthoceras-Art vor, welche sich durch lang- konische Gestalt, kreisrunden Querschnitt und einen ungewöhnlich dicken centralen Sipho ausgezeichnet. Ein behufs genauerer Ermit- telung der Form des Sipho durch dessen Centrum gelegter Längs- schliff zeigte, dass derselbe eine ausgezeichnet perlschnur- oder rosenkranzartige Beschaffenheit hat und aus eiförmig gestalteten Elementen zusammengesetzt ist. Sämmtliche Elemente werden durch einen dünnen centralen Strang verbunden. Die Kammer- wände sind stark gewölbt, die Breite der Kammern beträgt etwa das Doppelte ihrer Höhe. Nach dem Bau des Sipho gehört die Zorger Form in die Gruppe derjenigen Orthoceren, welche mit dem Namen Cochleati oder Num- mularii bezeichnet werden, eine Gruppe, die bekanntlich schon im Untersilur auftritt und bis in den Kohlenkalk hinaufreicht. Aus den obersten böhmischen Kalketagen hat Barrande nur eine einzige Form mit analogem Sıpho abgebildet, nämlich O. evisceratum !) aus Etage @, deren Siphonal- Elemente indess keine eiförmige, sondern eine nahezu kugelige Form besitzen. Aus dem central-europäischen Devon kenne ich keine ver- gleichbare Form. Wohl aber hat Verneuil eine Art aus dem Unterdevon des Bosporus beschrieben ?), die nicht nur zu der- selben Gruppe gehört, sondern auch unserer harzer Form recht !) Cephalop. vol. Il, 3, p. 128, tb. 355, 467. ?) Tehihatcheff, Asie mineure Paleont., p. 456, tb. 20, f.4. Cephalopoda. 81 ähnlich ist. Sie hat mit derselben besonders die hoch eiförmige Gestalt der Siphonal-Elemente gemein, durch die sich beide For- men von allen übrigen bekannten Arten der Gruppe unterscheiden. Auch die Maasse, die Verneuil vom türkischen Orthoceras ge- geben, stimmen — wie die folgende Zusammenstellung zeigt — fast genau mit denen der harzer Form überein: türkische Form: harzer Form: Durchmesser des Gehäuses . . 0,40 Mm. . . . ca. 0,45 Mm. - deseSıphon 2 2.0.18. >- 5 ir MSN = Abstand der Kammerwände . . 0,2 - ee) - Ich würde daher beide Formen vereinigen, wenn nicht der Sipho der türkischen excentrisch läge und der seine Elemente verbindende Strang, statt, wie bei der harzer Art, in der Mitte, nach Verneuil’s Darstellung erheblich zur Seite gerückt wäre. Ich widme die Zorger Art meinem verehrten Lehrer, dem Herrn Beyrich. Orthoceras obliqueseptatum Sandb.? Tafel 20, Fig. 18. — — Sandberger, Rhein. Sch. Nass. p. 160, tb. 18, f. 2. 1850 -56. Zu dieser von den Brüdern Sandberger aus dem Wissen- bacher Dachschiefer beschriebenen Art, welche sich bei lang konischer Gestalt und ovalem Querschnitt durch zahlreiche niedrige Kammern mit beträchtlich geneigt stehenden Scheidewänden und lateralem Sipho auszeichnet, könnte sehr wohl ein kleines, im Be- sitze der Landesanstalt befindliches Orthoceras aus dem schwarzen Kalk der Harzgeröder Ziegelhütte gehören. Orthoceras enf. polygonum Sandb. Tafel 20, Fig. 19 (Copie nach Römer). = _ Sandberger, Rh. Sch. Nass. p. 162, tb. 20, f.1. 1850 — 56. — de Strombecki A. Römer, Beitr. V, p. 10, tb. 2, f. 12. 1866. Zu dieser Wissenbacher Art könnte ein von Römer aus dem Kalk des Laddekenberges beiZorge abgebildetes Orthoceras gehören. 6 82 Cephalopoda. Römer beschreibt diese Form, die er mit der von ihm früher!) aus dem schwarzen Kalk des Tännenthales bei Isenburg als O. vir- gatum Sow. aufgeführten für identisch hält, als seinem O. rapha- nistrum vom Laddekenberge in der Form der Längsrippen und Querstreifen sehr ähnlich, indess durch niedrige, aussen nicht gewölbte (d.h. an den Nähten nicht eingeschnürte) Kammern und flache Scheidewände von demselben unterschieden. Leider ist das Originalstüick Römer’s weder in der Clausthaler noch in der J asche’schen Sammlung aufzufinden gewesen. Seine Abbildung aber zeigt, dass die fragliche Form von dem erwähnten O. rapha- nistrum wesentlich verschieden ist und sich viel eher mit der angezogenen nassauischen Art vergleichen lässt. Orthoceras planicanaliculatum Sandb.? Tafel 20, Fig. 16. _ — Sandberger, Rh. Sch. Nass. p. 161, tb. 18, f.4. 1850—56. — virgatum A. Römer, Verst. Harzgeb. p. 37, tb. 12, f. 37. 1843. In der Jasche’schen Sammlung befindet sich ein Stück schwarzen Kalksteins vom Tännenberge bei Oehrenfeld unweit Ilsenburg, welches ausser Cardiola interrupta mehrere keine nähere Bestimmung zulassenden Orthoceren einschliesst. Nur eines von diesen letzteren dürfte eine solche erlauben. Es ist das Original der von Römer ursprünglich als virgatum Sow. beschriebenen, von ihm später mit seinem Strombecki identificirten Form (siehe die Beschreibung der vorigen Art). Dieselbe zeichnet sich durch spitz kegelige Gestalt, mässig convexe, ziemlich nahe stehende Kammerwände und eine mit schmalen, leistenförmigen, nicht immer gleich weit von einander abstehenden Längsrippen verzierte Schale aus. Da man keine Spur von Querstreifung beobachtet, so ist die Identificirung der Form mit 0. Strombecki (= polygonum Sandb.?) unzulässig. Dagegen passen die angeführten Charaktere gut auf Dr Harzeeb.tb.212, 1.87: Öephalopoda. 83 das von den Brüdern Sandberger.aus Wissenbach beschriebene O. planicanaliculatum '). Unter den von Barrande beschriebenen böhmischen Orthocerenformen zeigen mehrere eine analoge Sculptur, so O. Bacchus aus Etage E (pl. 270). Genus Cyrtoceras Goldf. Cyrtoceras sp. Tafel 13, Fig. 4. — Wiedanum A. Röm., Beitr. V, p. 9, tb. 2, f. 10. 1866. Das hier wieder abgebildete Originalstück A. Römer’s stammt aus dem Kalk des kleinen Laddekenthales und befindet sich im Besitz der Clausthaler Sammlung. Das Gehäuse ist mässig stark gekrümmt, im Querschnitt kreisrund, die Kammern niedrig, mehr als dreimal so breit als hoch. Form der Kammerwand, Sipho und Schale unbekannt. Die generische Stellung dieser wie der folgenden Art ıst, da die Mündung der Wohnkammer nicht erhalten ist, unsicher. Cyrtoceras sp. Tafel 13, Fig. 3. Aus dem hasselfelder Kalkbruch liest ein ziemlich wohl erhal- tener Steinkern eines Cyrtoceras vor, das sich von dem eben beschriebenen durch schwächere Krümmung und quer-elliptischen Querschnitt unterscheidet. Die Höhe der Kammern ist derjenigen der vorigen Art ungefähr gleich, der dünne Sipho excentrisch und der Convexseite des Gehäuses genähert. 1) Es scheint unzulässig, mit den Brüdern Sandberger anzunehmen, dass die Längsrippen nur die Wohnkammer bedeckt hätten, die vorhergehenden Kammern aber glatt gewesen wären. 6* 84 Cephalopoda. Cyrtoceras? sp. Tafel 13, Fig. 2. Ausser der oben besprochenen Form hat sich im hasselfelder Kalkbruch auch das abgebildete Stück gefunden, welches den untersten Theil eines Cyrtoceras oder Gomphoceras darstellt. Das Fossil zeichnet sich durch rasche Breitenzunahme, querverlängerten, schwach elliptischen Querschnitt, sehr niedrige Kammern mit flach convexen Scheidewänden und einen dicken, blättrigstrahligen, hart an der Ooncavseite gelegenen Sipho aus. Die Erhaltung des Stückes ist zu mangelhaft, als dass eine nähere Vergleichung möglich wäre. Genus Gyroceras v. Meyer. Gyroceras? sp. Tafel 13, Fig. 1. Der aus dem hasselfelder Kalkbruch stammende, leider stark abgewitterte Steinkern gehört derjenigen Gruppe von Gyroceren an, zu welcher auch tetragonum Arch. Vern. und binodosum Sandb. gehören. Es sind das devonische Formen, die sich durch einen subquadratischen Querschnitt mit schmälerer Convex- und breiterer Concavseite, mit Höckern besetzte Rückenkanten, einen der Convex- seite nahe liegenden Sipho und winkelig-buchtig verlaufende Sutur auszeichnen. Die generische Stellung dieser Gruppe ist noch zweifelhaft '). Die Erhaltung unseres Fossils ist zu ungenügend, als dass eine nähere Vergleichung mit verwandten Formen möglich wäre. Es sei nur hervorgehoben, dass die aus starken, welligen Quer- 1) Archiac und Verneuil und ebenso F. Römer rechnen die genannten Formen zu Cyrtoceras, die Brüder Sandberger zu Gyroceras, Barrande endlich zu Nautilus. Cephalopoda. 85 lamellen bestehende Sculptur, die man auf einem kleinen, auf der Concavseite des Fossils erhaltenen Reste der Schale beobachtet, derjenigen vieler anderer devonischer @yroceras-Arten, z. B. Con- rad’s Gyroceras spinosum ') entspricht. Gyroceras proximum Barr. Tafel 13, Fig. 7. — — Barrande, S. S. Boh. vol. II, p. 166, pl. 103. 1867. Mit dieser von Barrande aus der böhmischen Etage @ beschriebenen Art stimmt ein im hasselfelder Kalkbruch gefundenes Gyroceras vollständig überein. Wie Barrande bei der böhmischen Form beobachtet hat, so scheinen sich auch bei der harzer die beiden ersten Windungen zu berühren, dann aber die Umgänge frei zu werden. Der Querschnitt des Fossils zeigt einen stark quer ausgedehnten, elliptisch vierseitigen Umriss. Der ausser- ordentlich breite Rücken ist stark gewölbt, die flach gewölbten Seiten stehen sehr schräg, die Unterseite endlich ist etwas nach innen eingezogen. Die zwischen Rücken und Seiten liegende, hoch vortretende Kante ist stark gerundet und mit höckerförmigen, auch auf dem Steinkern angedeuteten, mit zunehmendem Wachsthum undeutlich werdenden Anschwellungen versehen, deren etwa 10 auf einen Umgang kommen. Der bei der böhmischen Form auf der Rückenseite liegende Sıpho und die Kammern sind an dem hasselfelder Stück nicht erhalten. Dagegen ist bei diesem letzteren noch ein kleiner Rest der von Barrande nicht beobachteten Schale vorhanden. Dieselbe war mit feinen, gedrängten Querstreifen bedeckt, die auf den Seitenflächen etwas schräg rückwärts verliefen, auf dem Rücken aber, wie es scheint, flach nach hinten gewandte Bogen beschrieben. In der ganzen Gestalt, der Knotenbildung, der Lage des Sipho, dem Verlauf der Sutur und der Schalensculptur zeigt Gyr. pro- zimum eine unverkennbare Aehnlichkeit mit Sandberger’s Nau- ı) Hall, Pal. N.-York, Illustr. Devon. Foss. tb. 50—52. 86 Cephalopoda. tilus subtuberculatus und Barrande’s Hercoceras mirum. Nur die grössere Convexität des Rückens und die dadurch bedingte Form des Querschnitts, dessen grösste Breite in der Mitte liegt, unter- scheidet unsere Art von den genannten, ihr zum Mindesten sehr _ nahe stehenden, wenn nicht vielleicht identischen Formen. Genus Hercoceras Barrande. Hercoceras (?) subtuberculatum Sandb. Tafel 13, Fig. 5 (Copie n. Römer), 6. Nautilus subtubereulatus Sandb., Rh. Sch. Nass. p. 333, tb. 12, f. 3. 1850—56. — _ A. Rom,, Beitr..IV, p> 158, 1b. 247, 1.5.2.1860! (2) Hercoceras mirum Barrande, S S. Boh. p. 153, tb. 42, 43, 102. 1867. Ein ziemlich grosses aber unvollständiges Exemplar dieser Art ist schon von A. Römer aus dem Kalk des Laddekenberges abgebildet worden. Da ich Römer’s Originalstück ın der Claus- thaler Sammlung nicht mehr habe auffinden können, so blieb mir nichts übrig, als seine Abbildung kopiren zu lassen. Die Samm- lung der Landesanstalt besitzt von unserer Art nur ein kleines Bruchstück vom Sprakelsbach, dessen Schale indess sehr gut erhalten ist. Das aus 4—5 ganz evoluten Umgängen bestehende Gehäuse ist sehr dick, hat einen vierseitigen, trapezoidischen Querschnitt, einen breiten, schwach gewölbten Rücken, der mit gerundeter Kante gegen die ebenfalls flach convexen Seiten gränzt. Kammern nie- drig. Die Sutur zeigt sowohl auf dem Rücken als auf den Seiten eine flache Rückbiegung. Den dorsalen Sipho hat Römer nicht beobachten können. Auf der zwischen Rücken und Seiten liegenden Kante treten höckerförmige Knoten auf, deren etwa 16--20 auf eine Windung kommen. Die Schale ist mit feinen, welligen Quer- streifen versehen, die auf den Seiten flach, auf dem Rücken aber etwas stärker rückwärts gebogen sind. Cephalopoda. 87 In allen genannten Merkmalen schliesst unser Fossil sich aufs Engste an den Sandberger’schen N. subtuberculatus aus dem Dachschiefer von Wissenbach an, mit dem dasselbe denn auch bereits von A. Römer identificirt worden ist. Höchst wahrscheinlich ist mit der rheinischen und harzer Form auch Barrande’s Hercoceras mirum aus der böhmischen Etage G identisch, da es mit jenen in Gestalt und Querschnitt der ganz evoluten Windungen, in der Lage des Sipho, der Schalen-Sculp- tur und Knotenverzierung vollständig übereinstimmt. Die genannte Form wurde von ihrem Autor ursprünglich unter dem Namen Gyroceras beschrieben, später indess auf Grund ihrer eigenthümlich gestalteten, auf der Convexseite der Wohnkammer liegenden Mün- dung zu der besonderen Gattung Hercoceras erhoben. Die Oeffnung der Wohnkammer ist bei dem rheinischen und harzer subtubercu- latum bisher noch nicht beobachtet worden. Da diese Formen aber in allen sonstigen beobachtbaren Charakteren der böhmischen durchaus entsprechen, so ist anzunehmen, dass auch ihre Mündung derjenigen der letzteren analog gewesen sein wird. Auf die Analogie von Gyroceras proximum mit Hercoceras subtuberculatum ist bereits bei Beschreibung jener Art hingewiesen worden. Von sonstigen ähnlichen Formen wäre noch das inter- essante G'yroceras (Hercoceras?) paucinodum Hall aus der ameri- kanischen Oberhelderbergsformation ') zu nennen, das freie Windun- gen und einen breiten, an den Seitenkanten mit Höckern verzierten Rücken hat, allein durch den dreiseitigen Querschnitt hinlänglich unterschieden ist. !) Palaeont. N.-York, Illustrat. Devon. Fossils, 1876, pl. 55. Class. Gastropoda. Genus Capulus Montfort. Capulusartige Formen treten in den hereynischen Kalken in solcher Zahl und Mannigfaltigkeit auf, dass sie eine der charak- teristischesten Eigenthünlichkeiten der Fauna ausmachen; und zwar gewinnt diese Eigenthümlichkeit um so grössere Bedeutung, als Capuliden, die den harzer Gestalten zum Theil zum Verwechseln ähnlich sind, auch in den gleichaltrigen Schichten Böhmens und Nord- amerika’s eine nicht minder hervorragende Rolle spielen. Besonders reich an Capulus- Arten sind die Kalklager des Scheerenstieges bei Mägdesprung und des Schneckenberges bei Harzgerode, welcher letztere jedenfalls seinen Namen nach den- selben erhalten hat. Hier herrschen die fraglichen Schnecken fast bis zum völligen Ausschluss aller übrigen Gastropoden-Formen vor. Ausser an den genannten Lokalitäten kommen Capuliden- Formen auch in den Kalklagern der Gegend von Zorge und Wieda vor, indess bei Weitem seltener als im östlichen Harz. In der Gegend von Ilsenburg sind sie bisher noch nicht aufge- funden worden. Wie in Böhmen und Nord- Amerika, so varliren auch die harzer Capuliden ganz ausserordentlich, so dass die Species- abgränzung nicht leicht irgendwo schwieriger sein kann und je nach der Individualität des Bearbeiters sehr abweichende Resultate liefern muss. Gastropoda. 89 Die im Folgenden zu beschreibenden Formen werden von 'meh- reren Forschern, wie von Hall und de Koninck, unter dem den Conrad aufgestellten, mit Phillips’ Acroculia synonymen Gattungsnamen Platyceras aufgeführt. Nachdem es aber Meek und Worthen gelungen ist, selbst bei den völlig gestreckten, sich von den lebenden am weitesten entfernenden Gestalten einen den letzteren ganz analogen, hufeisenförmigen Muskeleindruck nachzuweisen !), scheint kein triftiger Grund für eine generische Trennung der paläozoischen von den jüngeren Capuliden übrig zu bleiben. Capulus hereynicus Kays. Tafel 14 und 15, Fig. 10 und 11. Acroculia Bischofi Ne oms Beten ii palltssstb.- 108 1653: — acuta — in - - a. lee Capulus acutus und Bischofi Giebel, Sil F. Unterharz, p. 18, 19, tb. 3, f. 14,1, 3, 13. 185S. — acutissimus — SıSRR Unterkarz, pr 19) tb2a, 129. — Selcanus — - _ p. 20,,tb13, 1.8. Diese Bezeichnung möchte ich für die variabelste aller harzer Capulus-Arten vorschlagen. Ihre mannigfachen Abänderungen sind von Römer und Giebel mit verschiedenem Namen belest worden. Und in der That kann es auf den ersten Blick bedenk- lich erscheinen, so abweichende Formen wie die schlank- und spitzkegeligen Tafel 14, Fig. 5— 14 und die breit- und stumpf- kegeligen Tafel 14, Fig. 3 und 4 und Tafel 15, Fig. 10, nahezu glatte, wie Tafel 14, Fig. 1 und 2, und stark gefaltete, wie Fig. 5, 9 und 11, rechtsgewundene, wie Fig. 11, und linksgewundene, wie Fig. 5 und 13, zu einer einzigen Art zu vereinigen. Indess hat das sorgfältige Studium der in der Heidelberger und Halle’schen Universitäts- Sammlung aufbewahrten sowie der im Besitz der hiesigen Landesanstalt befindlichen zahlreichen hierhergehöri- gen Exemplare mir gezeigt, dass selbst die am meisten von ein- ander abweichenden Formen durch allmälige Zwischenglieder ver- 1) Platye. subplicatum Geol. Surv. Illin. vol. III, p. 457. 90 Gastropoda. bunden sind, so dass ich mich gezwungen sehe, die von meinen Vorgängern als selbständige Arten aufgefassten Formen nur als Abänderungen einer einzigen, sehr veränderlichen Hauptart zu be- schreiben. Die Art ist am häufigsten in der Gegend von Mägdesprung, kommt aber auch bei Zorge (besonders am Joachimskopfe) vor. Sie ist ausgezeichnet durch ein ziemlich grosses, kegelförmiges Gehäuse, das bald niedrig und breit und von glockenförmiger, bald hoch und schlank und von hornförmiger Gestalt ist. Der Kegel ist in Folge einer schwachen Umbiegung des Wirbels nach hinten meist ein wenig schief, doch kommen auch nahezu gerade Formen vor, wie Fig. 1 und 2 auf Tafel 14 zeigen. Der Scheitel ist bei den schlankeren Formen spitzer, bei den breitkegeligen dagegen stumpfer. Gewöhnlich zeigt das Gehäuse eine schwache seitliche Drehung, die ebenso gut nach links als nach rechts statt- finden kann. Dieselbe spricht sich deutlich in der Richtung der in allen Fällen wenigstens angedeuteten, in der Regel aber deut- lich vortretenden, vom Scheitel nach der Mündung verlaufenden Längsfalten aus. Die dicke, kohlige Schale ist immer mit dicht gedrängten, welligen Anwachsstreifen bedeckt. (Tafel 14, Fig. 2, Tafel 15, Fig. 10.) — Ich unterscheide folgende Varietäten: Selcana (Tafel 14, Fig. 1, 2; Tafel 15, Fig. 11 (?)) (C. Selca- nus Gieb.). Ziemlich breitkegelig, mit schneller, jedoch nach der Mündung zu sich gewöhnlich verlangsamenden Breitezunahme, sehr wenig schief, der Scheitel somit nahezu central; Längsfalten sehr flach und erst in der Nähe des Mündungsrandes vortretend, seitliche Drehung äusserst gering. — Mägdesprung. Sehr ähnliche Formen besitzt das Berliner Universitätscabinet aus dem weissen Kalk von Konjeprus.. Auch die von Hall!) unter der Bezeichnung Palatyceras pyramidatum aus der nord- amerikanischen Öberhelderberg-Formation beschriebene Form ist nahe verwandt. Bischofi (Tafel 14, Fig. 3, 4; Tafel 15, Fig. 10) (Acer. Bischof, Röm.). Breitglockige Gestalt, oft mit etwas erweiterter Mündung. !) Paläont. N.-York, Bd. IH, tb. 64; vergl. auch Geol. Surv. Illinois vol. III, 7, AN. Gastropoda. 91 Spiraldrehung mehr oder weniger stark, Längsfalten deutlich aus- gebildet, Scheitel stumpf, etwas excentrisch. — Mägdesprung. Von amerikanischen Formen ist Hall’s Pl. platyostomum !) aus dem unteren Helderberg mit ähnlich breiter und niedriger Gestalt, etwas excentrischem Scheitel, starken Spiralfalten und übereinstimmender Sculptur nächstverwandt. Acuta (Tafel 14, Fig. 5—13) (Aer. acuta Röm.). Mehr oder weniger schlanke, schiefkegelige Form mit etwas umgebogenem, spitzen Scheitel. Querschnitt des Gehäuses in Folge von Com- pression von zwei Seiten meist gerundet rechteckig. Drehung um die Axe mehr oder weniger stark, Längsfalten stark entwickelt, schon am Scheitel vortretend. — Mägdesprung und Zorge. Die Berliner Universitäts-Sammlung besitzt diesen Typus auch aus dem Kalk von Konjeprus (Etage f Barrande’s). Im Unterhelderberg wird derselbe durch Hall’s Pl. elongatum und plicatum ?) vertreten, schlank kegelise Formen mit etwas excen- trischem Scheitel, starken, kaum spiral gedrehten Längsfalten, die aber hauptsächlich nur auf einer Seite ausgebildet sind, und analo- ger Schalenseculptur. Acutissima (Tafel 14, Fig. 14) (C. acutissimus Gieb.). Eine überaus schlanke, glatte Form mit etwas eingebogenem Scheitel, von der Giebel einen offenbar sehr mangelhaft erhaltenen Stein- kern aus dem Kalk des Schneckenberges abgebildet hat. Ich halte es für wahrscheinlich, dass auch diese Form nur eine extreme Abänderung meines C. hercynicus darstellt. In die Verwandtschaft unserer Art scheinen Eichwald’s ©. irregularis?) und pileolus*) aus dem norduralischen, angeblich obersilurischen Pentamerus-Kalk zu gehören. Vielleicht kommt €. hercynicus auch im rheinischen Devon vor. In der Sammlung meines Collegen Koch in Wiesbaden sah ich eine kleine Form von Wissenbach, die acutus nahe zu stehen scheint, im Berliner Universitätscabinet ein paar sehr kleine Schnecken von Vilmar, die zwischen Selcana und acutus stehen. DE e. pl. 6l. lc. p1,64: S)r leth. ross. I, p. 1101, tb.’51, f 15. ibid. pl. 50, FD. 92 Gastropoda. Capulus uncinatus A. Röm. Tafel 15, Fig. 1—3, 4 (), 9. Acroculia uncinata Röm., Beitr. III, p. 101, tb. 15, f. 15. 1852. Capulus — Giebel, Sil. Unterharz, p. 20, tb. 3, f. 19, 20. 1858. _ vetustus —_ - - p. 22, tb. 3, f. 16 (male). Eine kleine, im Scheerenstieger Kalk nicht seltene Art. Sie zeichnet sich besonders durch gerundet dreiseitisen Querschnitt, mässig stark nach hinten und gewöhnlich auch etwas nach links umgekrümmten kleinen Schnabel und mehr oder weniger stark ab- geplattete Hinterseite aus. Auf der stark convexen Vorderseite bildet sich mitunter eine sehr breite flache (Fig. 9), auf der Kante zwischen Seiten- und Hinterfläche eine stärkere Falte aus. Nach Römer und Giebel zeigt der Mündungsrand an der Hinterseite einen tiefen, nach Römer bis in die Mitte des Gehäuses hinauf- reichenden Ausschnitt. Ich habe einen solchen nicht beobachten können. Die Schale ist mit einer schwachen, quer verlaufenden Anwachsstreifung versehen. Die beschriebene Form, von der die Heidelberger Sammlung eine grössere Anzahl von Exemplaren besitzt, ist ziemlich variabel, namentlich in der Stärke der Krümmung, der Depression der Hin- terseite und der Faltenbildung. Die von Giebel zu Sowerby’s Pileopsis vetusta gerechnete Form stellt — wie ich mich an dem in der Heidelberger Sammlung befindlichen Original überzeugt habe — nur eine besonders stark gekrümmte, umgefaltete Abän- derung dar. Die auf Giebel’s Abbildung angegebene Längs- streifung habe ich nicht beobachten können. Die Art besitzt in verschiedenen devonischen und carbonischen Formen Analoga, die, wie es scheint, schwer auseinander zu halten sind. Vor allen scheint ihr der eben erwähnte carbonische €. vetustus Sow., wie ihn de Koninck !) und Goldfuss ?) abbilden, ähn- lich zu sein. Nahe verwandt ist auch Eichwald’s (C. proavus ?) !) Anim. carb. Belg., p. 332, tb. 235, Fig. 2. 2) Pil. triloba, Petref. German., vol. III, p. 11, tb. 168, £. 6. 3) Pal. N.-York 1576, Illustr. Devon. foss., pl. 3, f. 17— 25. Gastropoda. 93 aus dem Pentamerus-Kalkstein von Bogoslowsk im Ural. Von nordamerikanischen Formen wäre besonders Hall’s Platyceras symmetricum ') aus den oberen Helderberg-Bildungen zu verglei- chen. Wie weit alle diese Formen mit der beschriebenen harzer Art übereinstimmen, kann ich aus Mangel an Vergleichungs- material nicht entscheiden. Capulus Zinkeni A. Röm. Tafel 15, Fig. 5 — 7. Acrocuha Zinkeni Röm., Verstein. Harzgeb., p. 27, tb. 7, f.4 (male). 1843. Eine grössere Form als die vorige, die sich bei analoger mützenförmiger Gestalt durch seitliche Zusammendrückung und ein dadurch bedingtes stark kielförmiges Vortreten der Vorder- seite sowie durch etwas stärkere Umkrümmung nach hinten und nach der Seite auszeichnet. Auf der Gränze zwischen Seiten- und Hinterfläche bilden sich öfters ähnliche kielförmige Falten aus, wie auf der Mitte der Vorderseite (Fig. 5). Der Querschnitt des Gehäuses ist dreiseitig, mit vortretenden Ecken und zuweilen etwas eingebuchteten Seiten. Concentrische Anwachsstreifen sind auch auf dem Steinkern beobachtbar. Sowohl die Heidelberger wie auch die Sammlung der Lan- desanstalt besitzen gute Exemplare dieser Art aus dem Kalk des Scheerenstieges und Schneckenberges. Von rheinischen Formen kann zur Vergleichung herangezogen werden Pileopsis compressa Goldf.?) aus dem Eifler Kalk mit ähnlich dreiseitigem Querschnitt und stark vortretendem Vorder- kiel aber viel stärker eingerolltem Wirbel. Von amerikanischen steht Hall’s Pl. carinatum aus dem oberen Helderberg *) mit analoger Gestalt aber stärker umgekrümmtem Wirbel und abwei- chender Faltenbildung nahe. t) Leth. ross. I, p. 1102, pl. 51, f. 14. 2) Petr. Germ. vol. III, tb. 167, f. 18. 3) Illustr. Devon. foss. pl. 2, $. 12 — 29. 94 Gastropoda. Capulus priscus Goldf. (2). Tafel 16, Fie. 5; Tafel 20, Fig. 11, 14, 15. Pileopsis prisca Goldf., Petref. Germ. vol. III, p. 9, tb. 168, f. 1. 1844. Acroculia contorta A. Röm., Verstein. Harzgeb. p. 26, tb. 7, f. 1, 2. 1843. Capulus —z. Giebel, Sil: R) Unterharz, p.24, tb, 21521858 Gehäuse aus zwei oder etwas mehr spiral eingerollten, schwach anliegenden Umgängen bestehend. Die oben und unten nur schwach, auf der Rückseite aber stark gewölbten Windungen nehmen rasch an Höhe und besonders an Breite zu. Ihr Querschnitt ist mehr oder weniger oval. Die ersten, jugendlichen Umgänge erheben sich nur wenig oder kaum über den freien Mündungstheil. Auf der Mittellinie des Rückens bildet sich öfters eine seichte, rin- nenförmige Längsdepression aus; darüber und darunter (?) sind mitunter noch andere, viel schwächere Parallelrinnen angedeutet. Auf dem Steinkerne sind mehr oder weniger deutliche Spuren einer gedrängten, stark welligen Anwachsstreifung zu erkennen. Die Heidelberger, die Hallesche und die Sammlung der Lan- desanstalt besitzen zahlreiche Exemplare dieser in den hercynischen Kalken häufigen, sowohl in der Mägdesprunger als auch in der Zorger Gegend vorkommenden Art. Ganz analoge, wahrscheinlich sogar identische Steinkerne be- sitzt die Landesanstalt von Dvoretz ın Böhmen, und ebenso kann ich auch die im rheinischen Spiriferensandstein so verbreiteten, von Goldfuss wohl mit Recht auf seine P. prisca aus dem Eifler Kalk bezogenen Steinkerne von unserer Form nicht trennen. Zum Beweise dafür, wie ähnlich die rheinischen Kerne den hercyni- schen werden, habe ich Tafel 36, Fig. 3 ein grosses Exemplar aus dem Unterdevon des Condethales bei Coblenz abbilden lassen, welches der Sammlung des naturhistorischen Vereins zu Bonn ge- hört. Im Eifler Kalk ist die Art gewöhnlich durch mehr oder weniger zahlreiche Dornen oder Stacheln ausgezeichnet; doch kom- men auch hier völlig glatte Formen von demselben Habitus wie im Unterdevon vor. In Sandberger’s Capulus gracilis von Vil- mar glaube ich ebenfalls nur eine Abänderung mit ungewöhn- lich starker Depression und ovalem Querschnitt zu sehn, ähnlich meiner Fig. 5 auf Tafel 16. | | | 4 j h Gastropoda. 95 Capulus priscus Goldf. var. virginis Giebel. Tafel 20, Fig. 12. — virginis Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 25. 1858. Ein in der Sammlung der Landesanstalt befindliches Exemplar aus dem Kalke des Scheerenstieges schliesst sich der beschriebenen Art wesentlich an, zeichnet sich aber durch starke Abplattung der Oberseite und schnellere Höhenzunahme aus, welche letztere nament- lich in der Nähe der Mündung ungewöhnlich gross ist. Verstehe ich Giebel’s Beschreibung seines (. virginis von dem oben angegebenen Fundpunkte recht, so bezieht sie sich auf die vorliegende Form. Ich kann dieselbe nur als Abänderung von C. priscus deuten. Es ist interessant, dass sie sich auch im Eifler Kalk wiederfinde. Ein von dorther stammendes, der Landesan- stalt angehörendes Exemplar habe ich der Vergleichung halber auf Taf. 36, Fig. 4 abbilden lassen. Capulus disjunctus Giebel. Tafel 16, Fig. 6. — — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 25, tb. 3, f.4. 1858. Diese Art steht Goldfuss’ C. priscus nahe, unterscheidet sich aber durch ein aus etwas zahlreicheren (bis 3) Umgängen beste- hendes Gehäuse, langsamere Breitenzunahme der Windungen und auf den letzteren eingesenkte seichte, durch breite, flache Falten getrennte Längs-Kanäle. Der stärkste dieser Kanäle liegt auf der Unterseite, ein zweiter etwas über der Mitte des Rückens, ein dritter viel schwächerer endlich auf der Oberseite. Auf dem Stein- kern nımmt man Andeutungen von unregelmässigen, sich wellig hin und her biegenden Anwachsstreifen wahr. Von dieser im Kalke des Scheerenstieges vorkommenden Form besitzt die Heidelberger Sammlung eine Reihe schöner Steinkerne, von denen unsere Abbildung den besterhaltenen darstellt. 96 Gastropoda. Ich bin nicht sicher, ob nicht auch diese Form nur eine Ab- änderung von C. priscus darstellt. Denn, wie oben bemerkt, bilden sich auch bei diesem eine und zuweilen noch ein paar weitere Längsrinnen aus. Da dieselben indess — so weit ich nach dem mir vorliegenden Material urtheilen kann — immer viel schwächer bleiben, so habe ich disjunctus als selbstständige Species beschrieben. Capulus Halfari n. sp. Tafel 15, Fig. 8. Vom Joachimskopfe bei Zorge liegen mir mehrere Exemplare einer Capulus-Art von mittlerer Grösse vor. Dieselbe zeichnet sich bei lang kegelförmiger, sich ziemlich schnell verdickender Gestalt durch stark herabhängenden, sich gleichzeitig spiral nach links drehenden Wirbel, gerundet vierseitigen Querschnitt und eine starke, von zwei flachen Furchen eingefasste, gerundete Falte auf der Ober- und Rückenseite aus. Ich benenne diese schöne Art nach Herrn Halfar, Mitglied der geologischen Landesanstalt und Theilnehmer an der Kartirung des Harzes. Eine ähnliche, möglicherweise identische Form kommt, wie ein in der hiesigen Universitätssammlung befindliches Exemplar beweist, auch in den obersten Barrande’schen Kalketagen in Böhmen vor. — Von nordamerikanischen Formen liesse sich Hall’s Platyceras retrorsum aus dem unteren Helderberg !) vergleichen, bei dem indess die Lage der Falten — von denen zwei auf der Oberseite liegen — eine andere ist, wie bei der harzer Art. Auch anguiformas ?) ist vergleichbar, steht aber durch zahlreichere Falten und weniger stark gekrümmten Wirbel unserer Art ferner. ') Pal. N.-York, II, pl. 58. Syrlbid.2thr 39: Gastropoda. 97 Capulus multiplicatus Giebel. Tafel 16, Fig. 7—9. Acroculia haliotis A.Röm., Beitr. III, p. 118, tb. 17, f. 8 (pessime). 1855. Capulus _ Giebiel,, Sıl. #7 Unterh., p. 22, tb2 3, 1.5. 1858: — multiplicatus — —_ — P=23.sthr 9,126, Ik Das Gehäuse dieser sehr varıabelen mittelgrossen Form stellt eine breite, schiefe, polygonale Pyramide mit stark convexer Vorder- seite und gerader oder schräg abgestutzter oder auch eingedrückter Hinterseite dar. Der Wirbel ist stark nach hinten eingerollt und zugleich etwas nach der Seite umgebogen. Die Schale ist mit einer Anzahl starker, gerundeter, am Wirbel entspringender Falten bedeckt. Dieselben spalten sich gewöhnlich schon in der Nähe ihres Ursprungs (C. multiplicatus Gieb.), in seltenen Fällen erst in der Nähe des Mündungsrandes ‘oder gar nicht (C. haliotis Röm. und Giebel). Die Zahl, die Breite und der Abstand der Falten wechseln. Die stärksten liegen auf der Mitte der Vorderseite, die seitlichen sind immer schwächer. Anwachsstreifen vorhanden, aber wenig vortretend. Von dieser schönen Art besitzt die Heidelberger Sammlung eine grössere Anzahl trefflich erhaltener Exemplare aus dem Kalk des Scheerenstieges, von denen ich drei der besten habe abbil- den lassen. Römer besass von derselben nur ein sehr unvoll- ständiges Fragment der Abänderung mit ungetheilten Falten. Er bezog dasselbe auf Sowerby’s obersilurischen Capulus (Nerita) haliotis, von dem unsere Schnecke indess vollständig verschieden ist. Giebel hat in seiner Monographie den Namen haliotis für die Abänderung mit einfachen Falten beibehalten, während er die häufi- gere dichotomfaltige als ©. multiplicatus beschrieben hat. Die Durchsicht der Heidelberger Exemplare hat mir indess gezeigt, dass beiderlei Formen nur Varietäten einer einzigen Art darstellen. Wie meine Abbildungen deutlich zeigen, ist nämlich die Zahl der Rippen durchaus nicht so constant als Giebel sie angiebt (nach ihm besässe haliotis 5, multiplicatus 3 dichotome Falten) und auch die Theilung der Rippen kann nicht als trennendes Merkmal ver- 7 98 Gastropoda. werthet werden, da ich ın fast allen Fällen eine randliche Dicho- tomie wenigstens einer oder der anderen Falte beobachtet habe (vgl. die Ansicht Fig. 8a, wo die dem Wirbel zunächst liegende Falte eine solche Spaltung zeigt). Capulus ornatus A. Röm. Tafel 20, Fig. 13. Acroculia — A. Röm. Verstein. Harzgeb. p. 27, tb. 7, f.3. 1843. Ein kleines Bruchstück aus dem Kalk des Scheerenstieges, welches mit der Zincken’schen Sammlung in den Besitz der Universität Halle gelangt ist. Dasselbe hat gerundete, sich ziem- lich rasch verdickende Windungen, die auf der äusseren Seite mit 6 Längsfurchen versehen sind, welche durch flache Falten von ver- schiedener Breite getrennt werden. Je zwei bis drei dieser Falten tragen eine Reihe halbbogiger, mit ihrer Convexität rückwärts gerichteter Anwachsstreifen. Capulus? sp. Tafel 17, Fig. 1. Aus dem Kalk des Scheerenstieges besitzt die Landesanstalt den Steinkern einer sehr flachkegeligen Muschel mit unsymmetri- scher, runder Mündung und excentrischem, abgestumpftem Scheitel. In halber Höhe des Kegels liegt auf der einen Seite ein dem Rande paralleler, flacher, hufeisenförmiger Eindruck und unter dem- selben eine ähnliche, schwielenartige Erhebung. Schwiele und Ein- druck werden durch eine vom Scheitel ausstrahlende, nach dem Rande hin sehr breit werdende, flache Einsenkung in zwei gleiche Hälften getheilt. Auf jeder Seite der Depression erhebt sich der Steinkern dicht unter dem Scheitel zu einem flachen Höcker. Ich bin nicht sicher, ob die fragliche Versteinerung wirklich zu Capulus gehört. Ist dies der Fall, so würde die beschriebene Gastropoda. 99 hufeisenförmige Erhebung auf dem Steinkerne als dem Muskel- eindruck der Schale entsprechend anzusehen sein. Aber es wäre auch möglich, dass unser Fossil den Steinkern einer Orania mit undeutlich ausgeprägten Muskeleindrücken darstellt. Verschiedene in den benutzten Sammlungen befindliche Stücke zeigen, dass mit den im Obigen beschriebenen Arten der Reich- thum des Scheerenstieger und Schneckenberger Kalkes an Capulus- Arten noch keineswegs erschöpft ist; doch ist die Beschaffenheit jener Stücke zu ungenügend, als dass sie eine Beschreibung ver- dienten. Genus Platyostoma Hall. Im Anschluss an J. Hall führe ich unter dieser generischen Bezeichnung zwei Capulus-artige Formen auf, die sich durch ein aus mehreren sich berührenden Umgängen bestehendes, bauchiges, Natica-ähnliches Gehäuse mit sich nur wenig erhebendem Gewinde und niedriger Spindel auszeichnen. Beide Arten stammen aus dem Kalk des Schneckenberges und Scheerenstieges. Platyostoma Giebeli n. sp. Tafel 16, Fig. 1—3. Eine grosse, stark bauchige Form, die aus etwa zwei rasch an Breite und Dicke zunehmenden Windungen besteht, deren An- fangstheile sich nur wenig über den Mündungstheil des Gehäuses erheben. Die Schale war mit gedrängten concentrischen Anwachs- streifen bedeckt, die unter der Mitte des Rückens eine nach hinten gewandte, einem Ausschnitte des Mündungsrandes entsprechende Bucht bildeten (Fig. 2). 78 100 Gastropoda. Ich benenne diese Art nach dem Bearbeiter der Mägdesprun- ger Fauna, Herrn Professor Giebel in Halle. Unser Fossil zeigt mit vielen der von Hall theils als Platy- ceras, besonders aber als Platyostoma beschriebenen Formen der unteren und oberen Helderbergformation Aehnlichkeit. Am näch- sten scheint ihm unter diesen, von dem amerikanischen Autor in zu viele Arten zerspaltenen Formen Platye. Billingsi Hall!) aus dem Shaly limestone zu stehen. Der einzige wesentliche Unterschied der amerikanischen Art liegt in der nicht unter, sondern oberhalb der Mitte des Rückens befindlichen Bucht der Anwachsstreifen. Von den meisten übrigen äusserlich ähnlichen Formen, unter denen ich Hall’s Platyostoma niagarensis?) aus dem Niagarakalk und Pl. lineata Conr.?”) nenne, unterscheidet sich Pl. Giebei durch den deutlichen Sinus der Wachsthunisstreifen. Derselbe Unterschied trennt unsere Art auch von Münster’s oberdevonischer Prleopsis substriata Goldf.*), mit der nach de Koninck’°) Phillips car- bonische Nerita amplata ident ist. Platyostoma naticoides A. Röm. Tafel 16, Fig. 4. Acrocuha — Röm., Beitr. II, p. 101, tb. 15, £. 16. 1852. Capıus — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 26, tb. 3, f 7. 1858. Natica gregaria Barr. manuser. (?) Eine viel kleinere, weniger bauchige, aus etwa 2} Umgängen zusammengesetzte Form. Die Windungen nehmen sehr rasch an Breite, aber verhältnissmässig langsam an Höhe zu. Die Schale ist mit gedrängten, wellig gebogenen Anwachsstreifen bedeckt. Die Landesanstalt besitzt aus dem Kalk von Konjeprus ein paar Exemplare einer als Natica gregaria Barr. bezeichneten !) Pal. N.-York, vol. III, pl. 57. 2) ie. vol. Hieıb60: ®) Pal. N.-York, Illustr. Devon. Foss. 1376. pl. 9. *) Petr. Germ. III, tb. 168, f. 4. °) Anim. foss. carb. Belg. 485. Gastropoda. 101 Schnecke, die in Grösse, Gestalt und Sculptur vollständig mit der harzer Form übereinstimmt. — Von nordamerikanischen Formen liesse sich Platyceras Gebhardi Conr.!) aus der unteren Helder- bergformation und dem Oriskanysandstein vergleichen. Das Ge- winde dieser Art erhebt sich indess noch weniger (daher ihre Classification als Platyceras!) als bei naticoides und die Umgänge werden zuweilen frei. Genus Hercynella Kays. (— Pilidium Barrande (non Forbes) manuser.). Unter dieser von Forbes für kleine radialgestreifte Patellen- formen vorgeschlagenen Bezeichnung hat Barrande zwei eigen- thümliche, aus der Etage F stammende böhmische Schnecken ver- sandt. Die eine derselben (P. bohemicum) hat gleich vielen Ca- pulusarten ein flachkegeliges Gehäuse mit stumpfem, etwas excen- trischem Scheitel; die andere (P. nobile) dagegen eine sehr flache, umgekehrt tellerförmige Gestalt mit nicht heraustretendem Scheitel, dessen Lage man aber trotzdem aus dem Verlaufe der zahlrei- chen, starken, concentrischen Anwachsringe erkennt, deren innerste unweit des an dieser Stelle fast geradlinigen Randes liegen. Die hauptsächlichste Eigenthümlichkeit beider Formen besteht in einem buchtförmigen Ausschnitt und einem sich daran anschliessenden flügelförmigen Vorsprung des Mündungsrandes. Der Flügelfortsatz wird durch eine vom Scheitel einseitig radial ausstrahlende Falte bedingt, die bei P. nobile sehr flach ist, bei bohemicum dagegen einen fast schneidigen Kiel bildet. Vor dieser Falte liegt bei no- bile eine dem Ausschnitt entsprechende, flache, breite, radiale De- pression. Wie Herr Barrande mir zu zeigen die Güte hatte, DENE ZBalr N.=York, vol. II, pl. 56, 17. 102 Gastropoda. liegen Flügel und Ausschnitt bald rechts, bald links vom Wirbel, ohne dass damit irgend welche sonstigen Unterschiede verbunden wären. Es kommen also sowohl rechts- wie linksgedrehte Indivi- duen vor. Ausser den beschriebenen Merkmalen bildet auch die mehr oder weniger stark ausgebildete, feine Radialstreifung der Schale, die auf dem Steinkern stets eine (an die von Orthis er- innernde) randliche Zähnelung hervorbringt, eine auszeichnende Eigenthümlichkeit der fraglichen Formen, da eine solche Strei- fung bei den übrigen paläozoischen Capuliden nicht vorkommt. Ich halte es nicht für zulässig, die in Rede stehenden böhmi- schen Formen mit Barrande zur lebenden Gattung Pilidium zu rechnen, und zwar weil diese symmetrisch, unsere Gattung aber unsymmetrisch ist. In andere Patellidengattungen, wie Gadinia oder Siphonaria, würden die böhmischen Schnecken sich schon eher einordnen lassen, da diese durch das stärkere Vortreten einer ihrer Radialfalten resp. einen kleinen Vorsprung und einen Ausschnitt der Schale nicht nur eine Unsymmetrie, sondern auch gewisse Vergleichungspunkte zeigen; allein die Gestalt der Schale ist bei denselben Patellen-artig und ihr Wirbel nicht seitlich ge- dreht, so dass auch sie nicht mit den fraglichen böhmischen For- men verglichen werden können. Ich schlage daher für diese letzteren den Namen Hercynella vor. Das Vorhandensein einer einseitigen Radialfalte, einer vor dieser liegenden Einbuchtung des Mündungsrandes und einer radialen Schalenstreifung bei im Uebri- gen mehr oder weniger Capulus-ähnlicher Gestalt bildet die aus- zeichnenden Charaktere der neuen Gattung. Es ist sehr interessant, dass sich auch im Harz zwei dieser Gattung angehörige Formen wiedergefunden haben, von denen die eine Barrande’s P. bohemicum, die andere dagegen P. nobile nahe steht. Beide Arten stammen aus dem schwarzen Kalk unweit der Harzgeröder Ziegelhütte, wo sie zusammen mit zahlreichen Ortho- ceren und Cardiolaceen auftreten, wie es scheint in einer ganz ähnlichen Vergesellschaftung, wie die, in der die beiden böhmi- schen Arten (bei Buttowitz) vorkommen. A ah Gastropoda. 105 Hercynella Beyrichi n. sp. Tafel 17, Fig. 10. Diese Art, von der mir leider nur ein einziger Steinkern vorliegt, steht durch ihre sehr flache Gestalt und den stark excentrischen, sich nicht über die Umgebung erhebenden Scheitel Barrande’s “ P. nobile nahe. Sie unterscheidet sich aber von der böhmischen Form durch ihre bedeutenderen Dimensionen, grössere Dicke, viel stärker excentrischen, fast am Rande gelegenen Scheitel und die von diesem ausstrahlenden ınatten, unregelmässigen Rippen. Das Gehäuse, welches durch seine Flachheit an gewisse Umbrella- arten erinnert, hat nahezu kreisförmigen Umriss und eine schiefe, umgekehrt napfförmige, oben schräg abgeplattete Gestalt. Auf der dem Scheitel entsprechenden Hinterseite fällt dasselbe sehr steil, auf der Vorderseite allmäliger nach dem Mündungsrande ab. Der letztere ist auf der vorderen und linken Seite gleichmässig gerun- det, auf der Hinterseite nahezu geradlinig. Die grösste Höhe des Gehäuses liegt auf der Vorderseite, da wo dasselbe sich nach dem Rande hin absenkt. Die linke Seite des Fossils, auf welcher der flügelförmige Vorsprung lag, ist leider nicht erhalten; indess ist die flache Einsenkung, die vom Scheitel nach der vor jenem Vor- sprunge gelegenen randlichen Einbuchtung hinführte, in ihrem oberen Theile erhalten. Andeutungen von weit abstehenden Ra- dialfalten, eine randliche Zähnelung und in ungleichen Entfernun- gen stehende Anwachsringe sind vorhanden. Ich benenne die merkwürdige Schnecke, die ich, bevor ich ihre wahre Natur erkannte, für ein verdrücktes Exemplar eines grossen Streptorhynchus ansah, zu Ehren des Herrn E. Beyrich. Hercynella Hauchecorni n. Sp. Tafel 17, Fig. 9. Diese Art steht Barrande’s Pihdium bohemicum nahe. Sie hat wie diese eine ziemlich hohe kegelförmige Gestalt mit stum- pfem Scheitel, von dem auf einer Seite eine starke kielförmige 104 Gastropoda. Kante nach dem Rande hin ausstrahlt. Doch ist die böhmische Form nach den mir vorliegenden, im Besitz der Landesanstalt be- findlichen Exemplaren viel kleiner und etwas schlanker und am Scheitel etwas umgebogen und zugleich deutlich spiral gedreht. Die mir nur in einem, nicht vollständigen Stück vorliegende harzer Form scheint dagegen ganz gerade gewesen zu sein. Kleine noch vorhandene Reste der Schale zeigen, dass dieselbe mit feinen ha- dialstreifen bedeckt war. Die randliche Zähnelung des Steinkerns ist sehr deutlich. Ich erlaube mir für diese schöne Art den Namen meines hochverehrten Chefs, des Direktors der preussischen geologischen Landesanstalt und der Berliner Bergakademie vorzuschlagen. Genus Euomphalus Sowerby. Euomphalus sp. Tafel 17, Fig. 6 (Copie nach A. Römer). — retrorsus ArR.öm,, Bent. VW, p. 5 tb.22 20 aha: (non Eu. retrorsus — =.) Lipils,tb23, BASraR1350) Aus den schiefrigen, das Kalklager des Klosterholzes beglei- tenden Schichten beschreibt Römer eine kleine Kuomphalus-Art, deren Original leider nirgends mehr aufzufinden gewesen ist. Das Gehäuse besteht nach dem genannten Autor aus 4—5 fast cylin- drischen, sich sehr langsam verdickenden Windungen uud ist auf der Oberseite ganz flach, auf der unteren etwas concav. Die kreis- runde Mündung ist nur an der-Unterseite etwas zusammengedrückt. Die Schale trägt starke, etwas nach vorn gebogene Querrippen, deren 20—22 auf einen Umgang kommen. Römer bezog diese Form auf seinen in den mitteldevonischen (Wissenbacher) Schiefern des Oberharzes (Ziegenberger Teich) auf- retenden, sich nach den Brüdern Sandberger!) auch im Dach- !) Rhein. Schicht. Nass. p. 213, tb. 25, f. 8. Gastropoda. 105 schiefer von Wissenbach wiederfindenden Zuomphalus retrorsus. Indess zeigen die Abbildungen, welche Römer und die nassaui- schen Autoren von Euomph. retrorsus geben, nur wenig Aehnlich- keit mit Römer’s Abbildung der Ilsenburger Schnecke. So bemerke ich nur, dass man bei der Ziegenberger Form auf einen Umgang über 50 Rippen zählt, also mehr als noch einmal so viel wie bei der Ilsenburger. Diese letztere darf daher mit jener nicht ver- einigt werden. Mehr Aehnlichkeit als retrorsus zeigt mit der hercynischen Form Hall’s Euomphalus planodiscus'). Derselbe ist in der äusseren Gestalt sehr analog, aber hat ebenfalls zahlreichere Rippen (ca. 40 auf einen Umgang). Euomphalus sp. Tafel 17, Fig. 5. In der Jasche’schen Sammlung befindet sich aus dem Kalke des Klosterholzes noch eine andere Kuomphalus-Art, die zwar mit der oben beschriebenen in der Grösse und Flachheit des Gehäuses und in der gerundeten Gestalt und langsamen Verdickung der 4—-5 sich nur schwach berührenden Umgänge nahe übereinstimmt, deren Steinkerne und Abdrücke indess keine Spur von Rippen erkennen lassen, so dass die Schale höchst wahrscheinlich voll- ständig glatt war. — Das ähnliche Gehäuse von Zu. annulatus Phill.?) besteht aus zahlreicheren, einander stärker berührenden Umgängen, während dieselben bei Zu. laevis Arch. Vern. °) stärker aufsteigen. Bei Zu. serpwula de Kon. endlich *) sind die Win- dungen ganz frei. 1) INlustr. Devon. Foss. 1876, pl. 16, f. 1—4. 2) Pal: Foss. p. 60, f. 172. DE Geol. Trans. 2, s ML, pl. 33, & 8. *) Sandb. Rhein. Sch. Nass. pl. 25. 9. 106 Gastropoda. Genus Murchisonia. Murchisonia? sp. Tafel 17, Fig. 2. Zu dieser Gattung oder zu Loxwonema könnte der Steinkern einer konisch gethürmten Schnecke mit stark gewölbten Umgängen gehören, welche die Jasche’sche Sammlung aus dem Kalk des Klosterholzes besitzt. Genus Pleurotomaria Defrance. Pleurotomaria subcarinata A. Röm. Tafel 17, Fig. 7 (Copie nach Röm.). — — A.Röm,, Beitr. V, p. 79, tb. 12, f. 16 (Riesbach). 1852. —_— — _- — V,p.7, tb. 2, f. 2 (Isenburg). 1866. — — Sandberger, Rhein. Sch. Nass. p. 191, tb. 22, f. 15. 1850—56. Auch diese Schnecke wurde von Römer aus den das Kalk- lager des Klosterholzes begleitenden Schiefern beschrieben und abgebildet. Leider ist ihr Original weder in der Jasche’schen noch in der Clausthaler Sammlung aufzufinden gewesen. Die Art zeichnet sich durch ein niedrig-kegeliges, aus 3—4 Umgängen bestehendes Gehäuse mit ziemlich stumpfem Gewinde aus. Die convexen Windungen tragen etwas unter der Mitte des Rückens ein schmales, von zwei Kielen begränztes Schlitzband. Die gedrängten Anwachsstreifen laufen oberhalb des Schlitzbandes etwas nach hinten, beschreiben auf diesem eine rückwärts gehende Bucht und sind unter demselben wieder etwas nach vorwärts gerichtet. = Gastropoda. 107 Römer hat die Ilsenburger Form mit einer von ihm aus den mitteldevonischen (Wissenbacher) Schiefern des Riesbachs bei Schulenburg im Oberharz beschriebenen Art identifieirt. Nach seiner Abbildung weicht die Ilsenburger Schnecke zwar von der Oberharzer durch spitzere Gestalt ab; allein da nach den Brüdern Sandberger auch bei Wissenbach, wo die Art ebenfalls vorkommt, spitzere Abänderungen neben stumpferen und fast kugligen vor- handen sind, so darf die Ilsenburger Form trotz der erwähnten Differenz mit subcarinata vereinigt werden. Das Vorkommen einer unzweifelhaft devonischen Schnecke im Kalke des Klosterholzes ist für die Altersstellung desselben nicht unwichtig. Pleurotomaria depressa n. sp. Tafel 17, Fig. 8. Vom Joachimskopfe bei Zorge besitzt die Sammlung der Landes- anstalt eine kleine Pleurotomaria mit sehr niedrigem, treppenförmig aufsteigendem, aus etwas mehr als 3 Umgängen bestehendem Ge- häuse. Die Windungen nehmen mässig schnell an Breite und langsam an Dicke zu. Sie sind auf der Oberseite stark abgeplattet und fast eben. Auf der convexen Rückenseite tragen sie ein breites, senkrecht stehendes Band, auf der Unterseite sind sie gleichmässig gewölbt, wodurch sie eine im Durchschnitt polygonale Gestalt erhalten. Die Anwachsstreifen sind wegen gelinder Abreibung der Schale nicht sicher beobachtbar. Die niedrige Gestalt in Verbindung mit der stärkeren Ab- flachung der Oberseite der Windungen unterscheidet unsere Art von allen mir bekannten devonischen Pleurotomarien. 108 Gastropoda. Genus Loxonema Phillips. Loxonema Roemeri Kays. Tafel 17, Fig. 3 (Copie nach A. Römer). Holopella !) subulata Röm., Beitr. V, p. S, tb. 2, f.4. 1866. (non Loxonema — — Verst. Harzgeb. p. 31, tb. 8, £. 12.) Eine zierliche, kleine Schnecke, welche Römer aus den Schie- fern des Klosterholzes beschrieben und abgebildet hat?). Das schlanke Gehäuse besteht aus etwa 12 flach gewölbten Umgängen. Die Naht steigt ziemlich steil an. Auf dem letzten Umgange zählt man bis 23 feine, sich nur schwach zurückbiegende, nahezu senk- recht stehende Längsstreifen. Römer bestimmte die fragliche Form als subulata, unter wel- chem Namen er in seiner ersten Harzarbeit (tb. 8, f. 12) eine Art aus dem mitteldevonischen Eisenstein von Lerbach beschrieben hatte, welche wahrscheinlich mit Münster’s Turitella trochleata?) von Elbersreuth *) und wohl auch mit Goldfuss’ Turbonilla absoluta °) aus der Eifel (und nach Sandberger auch von Oberscheld) iden- tisch ist. Die mitteldevonische Art weicht indess durch viel höhere und stärker convexe Umgänge ab und ist nach Römer’s Ab- bildung nur äusserst fein gestreift, nach Sandberger und Mün- ster sogar glatt. Sie lässt sich daher nicht mit unserer Ilsen- burger Form vereinigen; und da ich diese letztere mit keiner der mir bekannten devonischen Arten zu identificiren vermag, so sehe ich mich trotz meiner Abneigung, die grosse Zahl der beschrie- ') Ich halte die Merkmale, die M’Coy und Sandberger zur Aufstellung der Gattung Holopella veranlasst haben, nicht für ausreichend und sehe mit de Ko- ninck in den unter diesem Namen beschriebenen Formen Zoxonema-Arten. ?) Die Originale dieser und ebenso der folgenden Art konnte ich in den mir zur Verfügung gestellten Sammlungen nicht auffinden. ?) Aber wohl nicht, wie de Koninck (Foss. Pal&oz. Nouv. Galle 18706, p. 125) meint, mit Münster’s antiqua (l. e. f. 17), die sich durch niedrigere und con- vexere Umgänge unterscheidet. *) Beitr. III, pl. 15, f. 18. 5) Petref. Germ. III, pl. 197, £. 13. a di Gastropoda. 109 benen devonischen Loxonemenspecies (die sich übrigens bei genü- sendem Vergleichungsmaterial gewiss erheblich verringern lassen wird) um eine neue zu vermehren, genöthigt, statt des bisherigen den Namen Roemeri vorzuschlagen. Loxonema moniliforme A. Röm. Tafel 17, Fig. 4 (Copie nach Röm.). Holopella — Röm., Beitr. V, p. S, tb. 2, f.5. 1866. Auch diese kleine Form hat Römer aus den schiefrigen Schichten des Klosterholzes beschrieben. Sie zeichnet sich nach ihm durch ein ebenfalls aus etwa 12 Umgängen bestehendes, schlan- kes Gehäuse aus. Die Windungen sind stark convex und daher längs der steil ansteigenden Naht stark eingezogen. Auf eine Win- dung kommen etwa 16 Längsstreifen, die sich in der Mitte mässig stark rückwärts, in ihrem unteren Theile aber etwas vorwärts biegen. Am nächsten scheint unserer harzer Art das von den Brüdern Sandberger beschriebene ZL. obliquiarcuatum') aus dem rhei- nischen Spiriferensandstein zu stehen. Diese Form unterscheidet sich indess durch geringere Schlankheit und niedrigere Umgänge, auf welche zahlreichere, stärker zurückgebogene Streifen kommen. Die übrigen von Sandberger, Goldfuss, Münster, Phillips und A. Römer beschriebenen Arten entfernen sich weiter. Die Loxonemen der unteren und oberen Helderbergformation zeigen mit keiner unserer beiden herceynischen Arten eine nähere Analogie. D)IRh. Sch. Nass. p. 231, tb. 24, £. 12. Class. Pteropoda. Genus Conularia Mill. Conularia aliena Barr.? Tafel 31, Fig. 8. — — Barr., $. Sil. Boh. Pterop. p. 32, tb. 5, f. 9—12. 1867. Die Jasche’sche Sammlung besitzt aus den das Kalklager des Klosterholzes begleitenden sandig-schiefrigen Schichten ein leider sehr fragmentarisches Fossil, welches ich auf Barrande’s Con. aliena aus der böhmischen Etage @ beziehen möchte. Die böh- mische Form hat bei hochpyramidaler Gestalt einen kurz-rhom- bischen Querschnitt und ist an den Kanten durch breite Längs- rinnen abgestumpft. Bei dem Ilsenburger Exemplar ist nur ein Stück der einen der vier Seitenflächen des Gehäuses erhalten; und zwar einer linken Seitenfläche, wenn man sich das Gehäuse mit der Mündung nach oben und mit der stumpfen Pyramiden- kante nach vorn gerichtet denkt. | Auf der Schale erheben sich leistenförmige, durch tiefe Fur- chen getrennte Querrippen, welche flach-bogige, mit ihrer Oon- vexität der Mündung zugekehrte und nur in der Nähe der stumpfen Pyramidenkante (rechte Seite der Figur) wieder etwas rückwärts gewandte Curven beschreiben. Diese Rippen lösen sich unter einer starken Loupe in Reihen von gedrängten, stäbchenförmigen _ Tuberkeln auf. Pteropoda. ala Unsere Art gehört der Formengruppe an, zu der die ober- silurische ©. Sowerbyi Defr. (— quadrisulcata Sow.), subtihs Salt. und proteica Barrande, sowie von jüngeren Arten Ü. simplex und Jragilis Barr. (Etage F') aus Böhmen, Gervillei und Brongniarti Arch. Vern. von Nehou, subparallela Sandb. aus rheinischem Spiriferensandstein, Gerolsteinensis Arch. Vern. aus dem Eifler Kalk, undulata Conr. aus amerikanischen Hamiltonschichten und andere mehr zu rechnen sind. Alle diese Formen zeichnen sich durch sehr ähnliche Sculpturen (Reihen bogig geordneter, bald mehr stab-, bald mehr knopfförmiger Tuberkel) aus. Diese Sculpturen können nach Alter und Erhaltungszustand der betreffenden Exem- plare sehr verschieden aussehen (vergl. die Abbildungen der ge- nannten Arten von Archiac und Verneuil)!) und besonders diejenigen von Ü. proteica Barr.?). Ich halte es daher für wahr- scheinlich, dass mehrere der genannten Formen sich an der Hand eines reichen Vergleichungsmaterials als identisch erweisen werden; ich selbst gebiete indess nicht über ein derartiges Material und muss mich darauf beschränken, auf die Möglichkeit einer Arten- reduction hingewiesen zu haben. Genus Hyolithes Eichwald. Hyolithes hereyniceus A. Röm. Tafel 31, Fig. 9. Theca — Röm., Beitr. V, p. 8, tb. 2, f.6. 1866. Römer’s Original stammt aus den sandig-schiefrigen, das Kalk- lager des Klosterholzes begleitenden Schichten und wird in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrt. Das dreiseitig pyramidal gestaltete Fossil sitzt mit der breiteren hinteren Seitenfläche im Gestein, nur die beiden schmäleren Vorderseiten liegen frei. Die- selben stossen in einer scharfen Kante zusammen. Das Gehäuse 1) Geol. Transact. 2. s. VI, pl. 29 und 31. Dale pl >rund 6. 112 Pteropoda. nımmt nach oben rasch an Breite zu und ist an der Spitze etwas nach der Seite gebogen. Am oberen Ende ist noch ein kleiner Rest der Schale vorhanden. Dieselbe ist mit feinen aber mar- kirten Längsstreifen (Römer zählte deren auf jeder Seite etwa 30) und noch feineren Querstreifen versehen, wodurch eine Art Gitter- sculptur entsteht. Die Gattung Hyolithes oder Theca besitzt bekanntlich eine durch die ganze paläozoische Zeit hindurchgehende, von den s. g. primordialen bis in die Zechsteinbildungen reichende Verbreitung. In den unseren ältesten Harzablagerungen äquivalenten Schichten Böhmen’s ist sie durch eine ganze Reihe von Arten vertreten. Unter denselben lassen sich Barrande’s obvius und nobilis aus den Etagen E und @!) mit ganz analoger Gestalt und überein- stimmender Schalensculptur mit der Ilsenburger Form vergleichen. Indess fehlt beiden die scharfe Kante, welche die Vorderseiten jener letzteren mit einander bilden. Aus dem rheinischen Devon beschreiben die Brüder Sandberger?) mehrere Arten als Pungi- unculus, Ludwig?) als Cleodora. Von denselben stimmen die Sandberger’sche Figur tb. 21, 7 (nicht benannt) und Ludwig’s Cl. ventricosa (tb. 50, f. 26) im Vorhandensein eines vorderen Kiels mit der Ilsenburger Art überein; allein beide übrigens nur in Stein- kernen bekannte Arten sınd kleiner. Genus Tentaculites Schloth. Tentaculites acuarius Richter. Tafel 31, Fig. 1—23. — — Richter, Z. d. d. geol. G. Bd. VI, p. 285, tb.3, %3-92155% — elegans Barrande, S. Sil. Boh. Pterop. p. 131, pl. 14, f. 20. - 27. 1867. Das anfangs sehr rasch, später langsamer an Breite zuneh- mende, spitzkegelige Gehäuse hat eine Länge von 3 bis in seltenen !) Pterop. pl. 12 und 13. 2) Rhein. Sch. Nass. 3) Paläontogr. Bd. XI. BEN ns Pteropoda. 113 Fällen 6 Millim. und am oberen Ende eine Breite von ca. 0,5 Millim. Die dünne glänzende Schale ist mit starken stumpfkantigen Quer- ringen verziert, die durch etwas ungleiche, jedoch in der Regel erheblich breitere concave Zwischenräume von einander getrennt werden. Ausserdem ist die Schale mit etwa 24 feinen aber schar- fen Längsrippchen versehen. In den kalkigen Schichten im Han- genden des Scheerenstieger Kalklagers ganze Schichten erfüllend. Ausserdem wahrscheinlich auch in der Gegend von Wieda (Stei- gerthal etc.). Die Art stimmt mit der Beschreibung und Abbildung, die Barrande von seinem in der böhmischen Etage @ auftretenden Tent. elegans gegeben hat, gut überein. Auch an Exemplaren, die ich selbst in der Gegend von Prag gesammelt, konnte ich keine wesentlichen Unterschiede wahrnehmen. Denn in der grösse- ren Länge der böhmischen Form (7— 8 Millim.) und der etwas ge- ringeren Entfernung der Querringe (dieselben haben gleiche Breite wie die sie trennenden Zwischenräume) kann ich keine wesent- lichen Differenzen erblicken, halte vielmehr die harzer Form mit Barrande’s elegans für identisch. Ich glaube aber, dass auch Richter’s Tent. acuarius aus den gleichaltrigen Schichten des Thüringer- und Frankenwaldes, den sog. Tentaculiten- und Ne- reitenschichten, mit der harzer und böhmischen Form zusammen- fällt, wie das der Autor der fraglichen Species !) bereits selbst vermuthet hat. Aus Richter’s Beschreibung und Abbildung ist diese Identität freilich nicht ohne Weiteres zu ersehen, da die thüringer Form nach ıhm mit glatten und durch etwa doppelt so breite Zwischenräume getrennten Querringen versehen sein soll. Allein an guten Stücken von acwarius, die ich der Zuvorkommen- heit meines Freundes Liebe in Gera verdanke, habe ich mich überzeugen können, dass die Entfernung der Querringe bei dem thüringer Tentaculiten zwar in der That etwas grösser zu sein pflegt, als bei dem harzer, dass dieselbe aber ebensowenig wie bei diesem letzteren bei allen Exemplaren constant ist. Vielmehr kommen sowohl bei der thüringer wie bei der harzer Form so- !) Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XVII (1865), p. 374. 114 Pteropoda. gar an ein und demselben Individuum so erhebliche Schwankun- gen im Abstande der Ringe vor (vergl. unsere Tafel 31, f. 3), dass ich der meist weiter geringelten thüringer höchstens den Werth einer Varietät zugestehen kann. Was aber die angebliche Glätte der Querringe bei der letzteren betrifft, so zweifle ich nicht, dass es sich damit ähnlich verhalte, wie bei dem Mägde- sprunger Tentaculiten, bei dem man die Längsstreifen in der Regel ebenfalls nur in den Zwischenräumen der Querringe erkennt, wo man sich aber an gut erhaltenen Exemplaren bald überzeugen kann, dass dieselben auch über die Ringe fortsetzen. Ich glaube daher, dass es bei dieser wie auch bei der folgenden Art (@er- nitzianus) nur eine Folge von Abreibung ist, wenn man die Streifung auf der Oberfläche der Ringe in der Regel nicht beobachten kann. Dass dies Richter bei seinem acwarius nicht möglich gewesen, kann bei der im Allgemeinen überhaupt sehr schlechten Erhaltung der thüringer Tentaculiten keineswegs Wun- der nehmen. Ich glaube demnach berechtigt zu sein, den Mägde- sprunger Tentaculiten und Barrande’s elegans mit Richter’s acuarius zu vereinigen. Wir würden damit eine für die gleich- altrigen Schichten des Harzes, Thüringens und Böhmens sehr bezeichnende Art erhalten, für die der Richter’sche Name die Priorität hätte. Wenn man wollte, könnte man die Bezeichnung elegans als Varietätnamen für die enger geringelte harzer und böhmische Form festhalten und im Gegensatz dazu die weiter geringelte thüringische etwa als var. thuringiaca bezeichnen. Tent. acuarius unterscheidet sich von dem im Folgenden zu be- schreibenden @einitzianus nur durch die schnellere Breitenzunahme des Gehäuses. Von anderen ähnlichen Formen wäre Barrande’s longulus aus Etage F') zu nennen. Derselbe stimmt in der Form ganz überein, soll aber nach Barrande keine Längsstreifen haben ?). !) Le. pl. 14, f. 30 — 32. 2) Es ist mir nicht verständlich, wie Barrande die Fig. 32 abgebildete Form mit Längsstreifen nichtsdestoweniger zu longulus rechnen kann. Pteropoda. 115 Tentaculites Gemitzianus Richter. Tafel 31, Fig. 4, 5. — tenuis Geinitz (non Sow.), Grauwf. Sachs. II, p. 73, tb. 19, £. 14. 1852. — Geimitzianus Richt., Z.d.d. geol. G. Bd. VI, p. 286, tb. 3, f. 17—19. 1854. — minimus NckhömersBeitz. Vp. LE tb.2, 1.142 1866: Gehäuse 3 bis höchstens 5 Millim. lang und an der Mündung etwa 0,5 Millim. breit, von sehr schlanker, kaum merklich an Breite zunehmender Gestalt. Mit breiten, stumpfkantigen, auch auf dem Steinkern deutlich vortretenden Querringen, die durch etwa noch einmal so breite concave Zwischenräume getrennt werden. Ausser- dem ist die Schale mit 12—14 Längsstreifen versehen. Diese Art ist im Kalk des Mittelberges, Laddekenberges etc. bei Zorge und bei Trautenstein (Bruch gegenüber der Sägemühle) ziemlich häufig. Römer beschrieb sie als „die kleinste aller ıhm bekannten Arten“, vom Joachimskopfe. Wie ich mich an von Richter selbst etikettirten Exemplaren aus den thüringer Tentaeulitenschichten überzeugt habe, ist sein Geinitzianus mit unserer harzer Form identisch. Richter beschreibt zwar die Ringe der thüringer Form als glatt; allein es verhält sich damit ähnlich wie mit der vorigen Art: an den besterhaltenen harzer Exemplaren kann man deutlich ein Fortsetzen der Längsrippchen über die Ringe beobachten, während diese schon bei leichter Ab- reibung der Oberfläche glatt erscheinen. Die Form unterscheidet sich von acuarius nur durch ihre viel grössere Schlankheit und die weniger zahlreichen Längsstreifen. Es wäre daher nicht unmöglich, dass sie nur eine Varietät jener Art darstellt, und zwar um somehr als die Schnelligkeit der Brei- tenzunahme bei acuarius merkliche Schwankungen zeigt. 116 Pteropoda. Genus Styliola Lesueur. Styliola laevis Richter. Tafel 31, Fig. 6, 7? Tentaculites laevis Richter, Z.d.d.g. G. Bd. VI, p. 284, tb. 3, f. 12. 1554. — —I AeRomer, Beitrs1il, pA6Atby2He DES: — — Giebel, Sil. F. Unterh., p. 26. 1858. Styliola — „Richter, 2. d..d24sG. Bd..xX VII 2p. 370, tb. 11, 212781865. — clawulus Barr., S. Sil. Boh. Pterop-, p. 136, tb. 14, f. 28, 29. 1867. Eine kleine glattschalige Form mit mehr oder weniger rasch an Breite zunehmendem spitzkegelisem Gehäuse, welches eine Länge von 4—10 Millim. und eine Mündungsbreite von 1,5 —3 Millim. erreicht. Häufig in den Schiefern im Hangenden des Kalklagers am Scheerenstieg; auch in der Gegend von Wieda und Hassel- felde, besonders in den Wohnkammern grosser Cephalopoden. Ich habe die Art als Styliola bezeichnet, ein Name, der durch Lud- wig, Richter, Barrande und F. Römer für Tentaculiten- Formen in Aufnahme gekommen ist, ‘denen gleich der unsrigen Ringwülste mangeln. Aehnliche glatte Tentaculiten-Formen kommen auch ander- weitig in analogem oder etwas höherem Horizonte vor. So ist Barrande’s St. clavulus aus den böhmischen Etagen G und H von der Mägdesprunger Form kaum zu unterscheiden. Auch Lud- wig's St. bicanaliculata ') aus den unter- (nicht ober-) devonischen Schiefern des Schaderthals bei Saalfeld und von Manderbach im Dillenburg’schen könnte ident sein; und dasselbe gilt vielleicht von A. Römer’s Tent. laevigatus ”) aus den mitteldevonischen (sog. Wissenbacher) Schiefern des Oberharzes. !) Die beiden einander gegenüberliegenden Längsfurchen, die nach Ludwig diese Form charakterisiren sollen, sind bei allen Tentaculiten eine ganz gewöhn- liche Erscheinung und unzweifelhaft nur durch Zerdrückung des Gehäuses ent- standen. (Paläontogr. XI, p. 320, tb. 50, f. 19.) AeBeite. 1, pr21, ba. 3a Pteropoda. 7 Die Gattung Styliola ist bisher ausser in den hereynischen Ablagerungen des Harzes und Böhmens nur im Devon gefunden worden, bis in dessen oberste Glieder sie hinauf geht; und insofern ist ıhr Auftreten in den ältesten Schichten des Harzes und den gleichaltrigen böhmischen Bildungen nicht ohne Interesse. Genus Cornulites Schloth. Cornulites sp. Tafel 31, Fig. 10. Cornulites serpularius A. Römer, Beitr. II, p. 101, tb. 15, f. 14. 1852. Tentaculites sp. Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 26. 1858. Die Heidelberger Sammlung besitzt aus dem Kalk des Schneckenberges zwei schlecht erhaltene Exemplare einer Tenta- euliten-ähnlichen Form, die von Römer auf Schlotheim’s silurischen Cornulites serpularius bezogen worden ist. Das schlanke Gehäuse hat etwa 20 Millim. Länge und am oberen Ende 3 Millim. Breite. Die dicke Schale ist mit breiten, aber bei dem einen Exemplare sehr ungleichen Ringwülsten versehen. Dieselben er- weitern sich nach dem Unterrande zu etwas und nehmen dadurch die kegelförmige Gestalt an, welche Cornulites auszeichnet. Die von Barrande als Cornulites beschriebenen böhmischen Formen !) unterscheiden sich von dem harzer Fossil durch viel niedrigere Ringwülste. !) Pterop. pl. 16. Class. Lamellibranehiata. Genus Allorisma King. Allorisma? Ungeri A. Röm.? Tafel 20, Fig. 7. Sanguinolaria Ungeri A. Röm. Verst. Harzgeb. p. 26, tb. 6, f. 26. 1843. Zu dieser Gattung gehört vielleicht eine kleine in der Ja- sche’schen Sammlung aufbewahrte, aus dem Klosterholz stam- mende Muschel von mässig starker Wölbung, querverlängertem, hinten spitz endigenden Umriss und etwas welligen, gedrängten, concentrischen Anwachsstreifen. Römer hat die Art auf seine Sanguinolaria Ungeri aus dem Unterdevon des Rammelsberges bezogen. Und in der That hat sie mit dieser wie auch mit zwei grösseren Arten aus dem rheini- schen Spiriferensandstein, Sanguin. gibbosa und soleniformis Sow. bei Goldfuss!), von denen die erste nach King zu Allorisma gehört, eine unverkennbare Aehnlichkeit. 1) Petref. Germ. tb. 159, f. 10 u. 7. Lamellibranchiata. 119 Genus Pleurophorus King. Pleurophorus modiolaris A. Röm. Tafel 20, Fig. 10. Pullastra modiolaris A kvomesBertr. 1529260, 10.9 2.212 21850: Pleurophorus lamellosus Sandb. Rhein. Sch. Nass. p. 267, tb. 28, f.4. 1850—56. Von dieser Art liegt ein etwas beschädigtes, aus dem Kloster- holz stammendes, der Jasche’schen Sammlung angehöriges Exem- plar vor. Die Muschel ist gleichklappig, wenig convex und von querovaler Gestalt und wird durch ein schmales Kielchen, welches vom Buckel diagonal nach der Ecke des Unter- und Hinterrandes verläuft und sich besonders auf dem Steinkern markirt, in zwei nahezu gleiche Theile getheilt. Die Buckel sind klein und liegen am Vorderende.e Der Unterrand ist in der Mitte etwas einge- buchtet. Die Schale ist um die Buckel herum stark verdickt und mit zahlreichen etwas lamellösen Anwachsstreifen bedeckt. Auf dem Steinkern glaubt man unter dem Buckel einen Muskelein- druck zu erkennen, hinter demselben sieht man einen von einer schrägen Leiste herrührenden langen Einschnitt. Die harzer Muschel stimmt so gut mit der von den Brüdern Sandberger aus dem Spiriferensandstein von Niederlahnstein be- schriebenen Art überein, dass ich die Identität beider für sehr wahrscheinlich halte. | Genus Conocardium Bronn. Von dieser Gattung liegen Reste einer Art aus dem Kalkstein der Gegend von Trautenstein vor. _Dieselben sind zu fragmenta- risch, um eine nähere Beschreibung zu erlauben, genügen aber, um die Gattung mit Sicherheit zu erkennen. 120 Lamellibranchiata. Genus Cardiola Broderip. Muscheln von Cardium-artigem Habitus spielen unter den La-- mellibranchiaten der hercynischen Kalke eine grosse Rolle. Sie kommen besonders in den Cephalopoden-führenden Kalklagern der Gegend von Wieda, Hasselfelde und Harzgerode (schwarzer Kalk bei der dortigen Ziegelhütte) in grosser Häufigkeit vor. Leider lässt ıhr Erhaltungszustand gewöhnlich viel zu wünschen übrig und in Folge dessen ist nicht nur ihre specifische, sondern auch ihre generische Bestimmung mit Schwierigkeiten verknüpft. Nach langem Schwanken habe ich mich entschlossen, die im Folgenden zu beschreibenden 10 Arten unter dem Namen Cardiola aufzufüh- ren, obwohl vielleicht mehrere besser bei anderen Gattungen, wie Cardiopsis, Lunulicardium ete., Platz gefunden haben würden. Cardiola interrupta Sow. Tafel 19, Fig. 10, 9 (). — — Sowerby, Sil. Syst. 617, t. 8, f.5. 1839. Cardium cornu copiae Goldf. Köm. Beitr. I, p. 60, tb. 9, f. 19. 1850. Zu dieser bekannten und weit verbreiteten obersilurischen Art möchte ich mit A. Römer eine im schwarzen Kalke des Tännen- berges bei Oehrenfeld unweit Ilsenburg vorkommende Muschel stellen. Das abgebildete Exemplar gehört der Jasche’schen Samm- lung an und stellt ein jugendliches Individuum dar, während das von Römer (]. c.) abgebildete Bruchstück einem ausgewachsenen Exemplar angehört zu haben scheint. Möglicherweise ist auch das Fig. 4 abgebildete Stück zu unserer Art zu rechnen. Es stammt aus dem Kalk des Schneckenberges bei Harzgerode; und in die- sem Falle hätte die Art in den hercynischen Kalken eine grössere Verbreitung. Die harzer Muschel stimmt in der schiefen Gestalt des Ge- häuses, der Form des Buckels und den Sculpturen — einfache, Lamellibranchiata, 1231 dicht neben einander liegende, gerundete Rippen und dieselben durchschneidende, glatte, concentrische Furchen — so gut mit typi- schen englischen und böhmischen Exemplaren von C. interrupta überein, dass ich nicht umhin kann, sie zu dieser Art zu stellen, obwohl dieselbe als ausgezeichnete obersilurische Leitform gilt und das Vorkommen einer solchen in einer Fauna von entschieden post- silurischem Charakter eine auffällige Thatsache bildet. Ich muss indess an dieser Stelle bemerken, dass ich schon vor mehreren Jahren durch Herrn Rolle in Frankfurt Bruchstücke einer Car- diola aus dem bituminösen, dem älteren Oberdevon angehörigen Kalkstein von Kleinlinden bei Giessen erhalten habe, die mir eben- falls zu ©. interrupta zu gehören scheinen. Ist diese Vermuthung richtig, so würde die fragliche Art eine sehr grosse, vom Obersilur bis in’s Oberdevon hinaufgehende vertikale Verbreitung haben, — eine Verbreitung, die derjenigen der bekannten Cardiola retrostriata einigermassen vergleichbar wäre. Denn diese ausgezeichnete Leit- form des älteren Oberdevon ist von Barrande schon vor vielen Jahren in den obersten Kalketagen des paläozoischen Beckens von Böhmen und in neuerer Zeit auch im Unterdevon des rheinischen Gebirges aufgefunden worden. Cardiola Zorgensis A. Röm. Tafel 18, Fig. 6 u. 7. Cardium Zorgense Röm. Beitr. V, p. 10, tb. 35, f. 2. 1866. Gehäuse mässig stark gewölbt, von nahezu kreisrundem Um- riss, nahezu gleichseitig, mit nur wenig aus der Mitte nach vorn herausgerücktem, schwach gekrümmtem Buckel. Von demselben strahlen zahlreiche (80—90) einfache, geradlinige, durch nicht ganz so breite Furchen getrennte Längsrippen aus. Anwachsstreifen ziemlich zahlreich aber nicht sehr markirt. Römer beschrieb diese Art aus dem Kalk des Joachimskopfes bei Zorge und bildete sie recht gut ab. Sie ist in demselben ziemlich häufig. Ich kenne keine Form, die ich zur näheren Ver- gleichung herbeiziehen könnte. 122 Lamellibranchiata. Cardiola enf. costulata Mst. Tafel 18, Fig. 8. Cardium costulatum Mst. bei Goldf. Petref. Germ. I, p. 217, tb. 143, f.4. 1844. ? Cardiola striata Sow. bei Richter, Zeit. d. d. geol. G. Bd. XVII, p. 411, tb. 5, f.4. 1866. Das Gehäuse dieser Art ist mässig stark gewölbt, von schief ovalem, quer verlängertem Umriss, der Wirbel aus der Mitte her- ausgerückt und nach vorn gebogen und von stumpfspitziger Ge- - stalt. Von demselben strahlen zahlreiche (ca. 60) scharfe aber ge- rundete, einfache, geradlinige Rippen aus, die durch breitere, indess nicht immer gleiche Zwischenräume getrennt werden. An- wachsstreifen schwach vortretend. — Im Kalk der Harzgeröder Ziegelhütte. Ich glaube, dass die beschriebene Art mit der Form zusam- menfällt, die Goldfuss als C. costulatum aus den paläozoischen Schichten von Elbersreuth und Prag beschrieben hat. Dasselbe möchte ich von der Muschel vermuthen, die Richter aus den thüringer Tentaculiten- und Nereitenschichten bekannt gemacht hat. Dieselbe weicht nach Richter’s Abbildung nur durch etwas we- niger zahlreiche Rippen ab (ich zähle deren etwa 50). Richter bestimmte dieselbe als striata« Sow. Diese obersilurische Art ist aber grösser und noch viel feiner gerippt als selbst die harzer Form. Auch emige andere bei Elbersreuth und Schübelhammer vorkommende Formen zeigen einige Analogie, so Mytilus cuspida- tus v. Buch!) mit stumpferem Schnabel; Münster’s Abbildun- gen sind indess zu mangelhaft, um einen näheren Vergleich zu erlauben. Cardiola rigida A. Röm. Tafel 18, Fig. 2, 3. Cardium — Röm., Beitr. V, p. 10, tb. 35, f. 1. 1866. Das Gehäuse dieser grossen bauchigen Muschel hat einen breitovalen, sehr stark querverlängerten Umriss. Der dicke, stumpfe Dr MünstBeitr IP schalret 19: Ei ze Lamellibranchiata. 123 Wirbel liegt hart am Vorderrande, ist kaum merklich einwärts ge- krümmt und nur wenig über den Schlossrand erhoben. Der Vor- derrand springt nach unten zu mehr oder weniger schwach flügel- förmig vor, der Unterrand verläuft mit gleichmässiger Curve, der Hinterrand endlich ist stärker gerundet und geht nach oben ganz allmälıg in den geraden Schlossrand über. Vom Buckel laufen 50—80 starke, gerundete, durch nicht ganz so breite Zwischen- räume getrennte Längsrippen aus. Dieselben sind ein wenig nach vorn zu gebogen, und zwar um so stärker, je näher sie dem Vor- derrande liegen. Anwachsringe wenig markirt. Römer beschrieb die Art aus dem Kalk der Wiedaer Gegend (Joachimskopf etc.). Sie ist dort häufig und wird zuweilen noch etwas grösser als Fig. 2. Eine unserer harzer Art mindestens nahe verwandte, vielleicht sogar identische grosse Form sah ich in den Wiener und Prager Sammlungen aus den obersten böhmischen Kalketagen Barrande’s. Von sonstigen vergleichbaren Formen wäre A. Römer’s Lucina? semistriata aus den mitteldevonischen Schiefern von Lerbach!) zu nennen, die indess weniger stark in die Quere verlängert und viel feinrippiger ist. Cardiola gigantea n. Sp. Tafel 18, Fig. 1. Der vorigen Art nahestehend aber fast die doppelten Dimen- sionen erreichend — das abgebildete unvollständige Stück ist von mittlerer Grösse — und mit weniger zahlreichen Rippen versehen, welche letztere deshalb durch viel breitere glatte Zwischenräume getrennt sind. Auch ist das Gehäuse etwas weniger stark ge- wölbt und der Buckel etwas stärker gekrümmt. Im Kalkbruch von Hasselfelde. Diese Art kommt in ganz übereinstimmender Ausbildung auch im hereynischen Kalk von Bicken bei Herborn vor. Die Landes- 1) Beitr. II, p. 15, tb. 2, £. 14. 124 Lamellibranchiata. anstalt besitzt von dorther ein sehr grosses Exemplar, welches ich der Vergleichung halber auf Tafel 36, Fig. 1 habe abbil- den lassen !). Cardiola minuta n. sp. Tafel 19, Fig. 11, 12. Eine ganz die Gestalt von rigida und giganteas besitzende Art, die sich aber von diesen beiden durch ihre stets ungleich kleineren Dimensionen unterscheidet. Ich kann sie daher nicht blos für eine Jugendform von einer der beiden vorigen halten. Die Zahl der Rippen beträgt ca. 25. Diese niedliche Form kommt im Kalk der Harzgeröder Zie- gelhütte recht häufig vor. Cardiola quadricostata A. Röm. Tafel 18, Fig. 10. Cardium — Röm. Beitr. V, p. 10, tb. 34, f. 13. 1866. Das Gehäuse dieser schönen Muschel ist schwach gewölbt und von ungleichseitigem, schief ovalem Umriss. Der Wirbel hat eine stumpfspitzige Gestalt, ist beträchtlich nach vorn gerückt und ziemlich stark umgekrümmt. Unter demselben liegt ein langes, nie- driges, glattes, dreiseitiges Schlossfeld, vor den Wirbeln eine kleine, Lunula-artige Depression. Auf der Hinterseite ist die Muschel zu einem, wie es scheint ziemlich langen, flachen, nach oben gerad- jinig begränzten Flügel verlängert gewesen. Vom Wirbel strahlen etwa 10 einfache, starke, kielförmige Rippen aus, zwischen denen 2—4 viel schwächere Rippen liegen. Die äusseren Rippen sind !) Das bei dem rheinischen Stücke vollständig freigelegte Schlossfeld zeigt, dass unsere Art auf Tafel 18, f. 1 eine unrichtige Stellung erhalten hat, da der Schlossrand in dieser Stellung eine um ca. 30° gegen die Horizontale nach links geneigte Lage haben würde. Etwas Aehnliches gilt auch für die Abbildungen von C. rigida, minuta und quadricostata. Fir Lamellibranchiata. 125 etwas nach aussen umgebogen, die inneren geradlinig. Die Zwi- schenräume der Rippen sind flach und glatt. Anwachsstreifen nicht deutlich. Römer beschrieb die Art aus dem Kalk des kleinen Laddeken- berges bei Wieda. Das von mir abgebildete Exemplar liegt auch seiner Abbildung zu Grunde. Ausserdem kommt die Art auch im schwarzen Kalk der Harzgeröder Ziegelhütte vor, woher die Sammlung der Landesanstalt ein kleines Exemplar besitzt. C. quadri- costata scheint auch in den gleichaltrigen Kalkbildungen Böhmens vorzukommen. Wenigstens sah ich in der Sammlung des National- museums zu Prag Exemplare einer als Avicula pollens bezeichneten Form aus den Barrande’schen Etagen Ff? und @g!, die mich lebhaft an die Wiedaer Muschel erinnerten. Ich kann nicht umhin, schliesslich noch auf die auffällige Ana- logie hinzuweisen, welche unsere Art mit manchen Kreide-Pecti- niten, besonders mit Sowerby’s bekannter Janira qwinquecostata zeigt. Aehnliche Pectenformen kommen indess auch schon in viel älteren Bildungen vor, wie P. segregatus M’Coy') im irischen Kohlenkalk. Cardiola? megaptera n. sp. Tafel 15, Fig. 4. Das Gehäuse dieser grossen Muschel ist sehr flach und hat einen nahezu kreisförmigen aber etwas schiefen und sehr unsym- metrischen Umriss. Der stumpfspitzige Wirbel ist ein wenig aus der Mitte heraus nach vorn gerückt und erhebt sich nur schwach über den Schlossrand. Vor den Wirbeln liest über dem Schloss- rande eine kleine Lunula-artige Einsenkung. Die Hinterseite der Muschel verlängert sich in einen breiten, fiach abgerundeten Flügel. Vom Wirbel strahlen etwa 40 einfache geradlinige Längsrippen aus, die durch etwas breitere flache Zwischenräume getrennt werden. Anwachsringe nicht deutlich. 1) Carb. Foss. Ireland, p. 99, tb. 17, f. 3. 126 Lamellibranchiata. Die beschriebene Art kommt zusammen mit (. rigida im hasselfelder Kalkbruch vor. Durch ihre flache, nicht querverlän- gerte Gestalt, den spitzeren, nicht weit aus der Mitte heraus- gerückten Wirbel und die vollständig geradlinigen Rippen ist sie von den genannten Arten leicht zu unterscheiden. Ich kenne nur eine Muschel, die ich mit der unsrigen näher vergleichen möchte, nämlich Cardiopsis crassicostata Hall u. Worthen aus den Scho- hariegrits und den Oberhelderbergkalken von Louisville in Ken- tucky '). Diese Art hat ähnliche Gestalt, Grösse und Sculpturen, ist aber etwas schiefer, hinten weniger stark flügelförmig aus- gebreitet und hat einen breiteren Wirbel. Nach Hall?) wäre auch Cardiopsis robusta Hall aus den Portageschichten (nach Miller, American palaeoz. Foss. 1877, p. 156, auch in den Schohariegrits) eine nahe verwandte Art. Man ersieht daraus auf jeden Fall, dass der auffällige Typus unserer hasselfelder Art auch in Nordamerika in der den hercynischen Bildungen im Alter nahestehenden Ober- helderbergformation vertreten ist, ausserdem aber auch in höhere Devonborizonte hinaufgeht. Cardiola? Groddecki n. Sp. Tafel 13, Fig..5. Eine der vorigen verwandte, ebenfalls durch ihre grosse Flach- heit und die breit- und flachflüglige Ausdehnung der Hinterseite®) ausgezeichnete Art, die sich aber von jener durch ihre Kleinheit, die viel zahlreicheren (mindestens 70) scharf leistenförmigen Rippen und die breiteren, nicht ganz gleichmässigen Zwischenräume zwi- schen den letzteren unterscheidet. — Im schwarzen Kalk gegen- über der Harzgeröder Ziegelhütte. Ich benenne diese Art nach meinem verehrten Freunde, dem Direktor der Clausthaler Bergakademie, Herrn von Groddeck. 1!) Hall, 27. Rep. tb. 12, £. 9. 2) 24. Report p. 88. 3) Um diese letztere besser vortreten zu lassen, hätte die Figur etwas mehr nach links gedreht werden müssen, so dass der Schlossrand, ähnlich wie bei Fig. 4, eine nahezu horizontale Lage erhalten hätte. ya Lamellibranchiata. 127 Cardiola? sp. Tafel 18, Fig. 9. Aus dem Kalk des Andreasberger Thals bei Zorge besitzt die Landesanstalt eine kleine vielleicht zu Cardiola gehörige Muschel, die sich von allen beschriebenen Arten durch starke Wölbung, einen stumpfspitzigen, etwas nach vorn gerückten, wenig über den Schlossrand erhobenen Wirbel, starke schräge Abstutzung des oberen Vorderrandes des Gehäuses und kurzflüglige Verlängerung der Hinterseite auszeichnet. Hinter den Wirbeln liegt eine kleine, Lunula-artige Einsenkung. Die Oberfläche ist mit mässig starken, gerundeten, durch schmälere Furchen getrennten Rippen bedeckt. Cardiola?? hereynica n. Sp. Tafel 19, Fig. 13—16. Schwach bis mässig stark und gleichmässig convex, wenig ungleichseitig, von kreisförmigem bis querovalem Umriss. Buckel ungefähr in der Mitte liegend, schwach einwärts gekrümmt, ausser- ordentlich klein und sehr spitz, oft fast dolchförmig. Dicht vor demselben ist das Gehäuse gewöhnlich etwas niedergedrückt und abgeflacht. Die Oberfläche der Schale ist mit zahlreichen feinen Radialrippchen bedeckt. Ausserdem pflegen zahlreiche markirte Anwachsstreifen vorhanden zu sein. Diese Art ist im schwarzen Kalk der Harzgeröder Ziegelhütte nicht selten. Analoge Formen kommen auch in Böhmen vor. Ich sah sie in der Sammlung des Herrn Barrande, in der sie — wenn ich mich recht erinnere — mit dem neuen generischen Na- men Dalila bezeichnet waren. 128 Lamellibranchiata. Genus Cypricardinia J. Hall. Cypricardinia lamellosa Hall (?). Tafel 20, Fig. 3. — — Hall, Pal. N.-York, vol. II, p. 266, tb. 49 A. 1861. ? Cypricardda — Sandb. Rh. Sch. Nass. p. 262, tb. 27, f. 13. 1850 —56. Eine kleine Muschel aus den sandigen Schichten des Kloster- holzes. Sie ist mässig stark gewölbt, von vierseitig- querverlän- gerter Gestalt. Von dem am äussersten Vorderrande gelegenen Buckel läuft ein flach gerundeter Kiel schräg nach hinten herab. Der Unterrand ist schwach eingebuchtet. Die Schalenoberfläche ist mit concentrischen, dachziegelförmig übereinander liegenden, lamellösen Anwachsringen bedeckt. Von dieser Art besitzt die Jasche’sche Sammlung ein ein- ziges, am Buckel leider beschädigtes, auf der beiliegenden Etikette als Pterinea concentrica bezeichnetes Exemplar. Trotz dieser Un- vollständigkeit glaube ich die Muschel mit Hall’s ©. lamellosa aus den nordamerikanischen Unterhelderbergschichten identifieiren zu dürfen. Dieselbe stimmt in der Gestalt vollständig überein, und auch die Sculptur weicht nur durch etwas weiter abstehende An- wachsringe ab. Aber auch bei der im centraleuropäischen Mittel- devon verbreiteten ©. lamellosa Sandb. (= squamifera Phill. bei A. Röm.)!) finde ich keine wesentlichen Unterschiede. Auch C. planulata Conr. aus dem Unterhelderberg gehört in die nächste Verwandtschaft unserer Art. Doch scheint sie nach Hall’s Ab- bildung?) sehr ungleichklappig zu sein, ein bei der nassauischen lamellosa nicht beobachteter Charakter (vergl. Sandb. 1. c. f. 13°). Endlich sei bemerkt, dass nahestehende Arten auch im Kohlen- gebirge vorhanden sind (z. B. C. trapezoidalis de Kon.)?). 2) Beitr. D,opl. 5, 1.4. 2) 23. Report pl. 14, f. 3—6. 3) An. foss. Carbon. Beleg. tb. 6, f. 8. fe Lamellibranchiata. 129 Cypricardinia crenicostata A. Röm. Tafel 20, Fig. 2. Cypricardia crenicostata Röm. Beitr. I, p. 60, tb. 9, f. 19. Eine ebenfalls aus dem Klosterholz stammende Art, von der die Jasche’sche Sammlung ein unvollständiges Exemplar aufbe- wahrt. In der äusseren Gestalt gleicht die Muschel der vorigen Art, nur dass statt der blossen Einbuchtung des Unterrandes eine flache, vom Buckel herablaufende Längsdepression vorhanden ist. Auch die Anwachsringe sind von analoger Beschaffenheit, tragen aber kurze, sich nur wenig erhebende, papillenförmige Längs- leistehen (f. 2«). Die nächst verwandte Art scheint C. erenistria Sandb.!) aus dem rheinischen Spiriferensandstein zu sein. Die- selbe hat eine ähnliche, vom Buckel schräg nach dem Rande ver- laufende Depression; aber die Anwachslamellen stehen weiter von einander ab und die Längsleistchen auf denselben sind länger als bei der harzer Form. Genus Goniophora Phillips. Goniophora sp. Tafel 20, Fig. 8. Zu dieser Gattung möchte ich den Abdruck einer Muschel aus den das Kalklager des Klosterholzes begleitenden sandigen Schichten stellen. Dieselbe war mit starken concentrischen An- wachsstreifen bedeckt, welche auf der vom Buckel diagonal nach hinten herablaufenden Kante spitzwinkelig umbogen. Vergleichen lässt sich Gonioph. rugosa Conr. aus den nordamerikanischen Ha- miltonschichten ?). !) Rhein. Sch. Nass. p. 264, tb. 28, f. 5. DrHall; 23. Report, tb: 14, 1. 17. I 130 Lamellibranchiata. Genus Megalodon Sowerby. Megalodon sp. Tafel 20, Fig. 9. Zu dieser Gattung möchte ich eine unvollständige Klappe eines Zweischalers aus dem Kalk der Gegend von Zorge, stellen. Durch die starke Zurückbiegung des am unteren Vorderrande liegenden kleinen Wirbels erinnert die Muschel sehr an die von Hall!) unter der generischen Bezeichnung Megalomus beschriebene Form. Genus Pseudaxinus Salter. Pseudaxinus viraginis n. Sp. Tafel 20, Fig. 1. Das Gehäuse dieser Muschel ist gleichklappig, sehr schwach convex, von querverlängertem, stark nach hinten ausgedehntem und dort schräg abgestutztem Umriss. Der kleine Buckel liest am Vorderrande des geraden Schlossrandes und erhebt sich nur wenig über denselben. Vom Buckel läuft eine starke kielförmige Kante diagonal nach hinten herab und trennt dadurch ein hinteres flaches oder etwas concaves (Anal-) Feld ab. Der Vorderrand ist halbkreisförmig, der Unterrand schwach gerundet, der Hinterrand bildet eine schräg herablaufende, etwas concave Linie, die mit dem Vorderrande in einer mehr oder weniger stark vorspringenden, dem Ende des diagonalen Kiels entsprechenden Ecke zusammen- stösst. Die Oberfläche der ziemlich dicken Schale ist mit zahl- reichen sich schwach leistenförmig erhebenden, concentrischen An- wachsringen bedeckt. !) Pal. N.-York, vol. II, pl. SO. Fe Lamellibranchiata. 131 Das Schloss scheint zahnlos gewesen zu sein, da man auf dem Steinkern keine deutlichen von Zähnen herrührende Einschnitte wahrnimmt. Dagegen weist eine gerade, auf der Mitte des Buckels liegende, seichte Furche auf dem Steinkerne, sowie eine andere, vom Buckel nach der Hinterseite des vorderen Muskeleindrucks verlau- _fende, auf eine entsprechende leistenförmige Erhebung auf der Innen- seite der Schale hin. Die beiden Muskeleindrücke stehen in nahezu gleicher, beträchtlicher Höhe, sind von ansehnlicher Grösse und auf dem Steinkerne stets deutlich beobachtbar. Der Manteleindruck ist ohne Ausschnitt. Diese interessante Art ist in einer breccienförmigen Kalkschicht im Hangenden des eigentlichen Scheerenstieger Kalklagers bei Mägdesprung nicht selten und kommt theils in guten Steinkernen, theils mit noch erhaltener Kalkschale vor, deren concertrische An- wachsstreifen man häufig in Abdrücken im Gestein findet. Durch ihre ganze Gestalt und ihre Sculptur gleicht die Muschel in auf- fälliger Weise gewissen analog ornamentirten Myophorien, wie M. elegans und simplex. Diese Aehnlichkeit wird noch erhöht durch das Vorhandensein einer wenn auch nur angedeuteten Muskelleiste. Bekanntlich pflegt man diesem Merkmal viel Gewicht beizulegen und dasselbe zur Trennung von Myophoria und Schizodus (oder Aai- nus) zu benutzen, welcher letzteren Gattung die genannte Leiste fehlen soll; die minimale Entwicklung des Schlossapparates unserer Muschel erlaubt indess trotz ihrer frappanten Aehnlichkeit mit ge- wissen Myophoria-Arten nicht, sie zu dieser Gattung oder zu Schr- zodus zu stellen'). Sie ist vielmehr in Salter’s für schlosslose Myophorien-artige Muscheln errichtete Gattung Pseudaxinus zu ver- weisen, als deren Typus Salter M’Coy’s Anodontopsis securi- formis aus dem oberen Ludlow?) betrachtet. Diese Art ist in der äusseren Gestalt sehr ähnlich, aber, wie es scheint, völlig glatt. Auch in devonischen Schichten kommen mehrfach Muscheln von 1) Auch die nahestehende, von Salter für einige Arten des englischen Ober- devon errichtete Gattung Curtonotus (Quart. Journ. 1863, p. 494) hat einen ziem- lich stark entwickelten Schlossapparat. 2) Synops. Brit. pal. Foss. f. 272, tb. 1Z, f. 9. 9* 132 Lamellibranchiata. analoger Gestalt und Sculptur vor, wie z. B. Cardinia prisca A. Röm.!) und Crassatella Bartlingii Id.?) im Spiriferensandstein des Harzes und Megalodon oblongus Goldf.?) im Mitteldevon von _ Bensberg; allein die beiden erstgenannten Arten scheinen ächte Schizodus-Formen zu sein und die letztgenannte hat Keferstein in seine Gattung Mecynodon verwiesen *). Genus Nucula. Nucula? sp. Tafel 20, Fig. 6 (Copie nach Giebel). Lima Neptuni Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 28, tb. 4, f.6. 1858. Unter diesem Namen hat Giebel einen Steinkern eines aus dem Kalk des Schneckenberges stammenden Zweischalers beschrie- ben. Das in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte Original- stück zeigte eine isolirte Klappe von mässig starker Wölbung und unregelmässig dreiseitigem, etwas nach hinten verlängertem Um- riss. Der stumpfspitzige Wirbel ist schwach gekrümmt und etwas aus der Mitte heraus nach vorn gerückt. Unter demselben war die Schale, wie es scheint, etwas eingesenkt. Ein vorderer Muskel- eindruck und ein einfacher Manteleindruck sind angedeutet. Giebel hat die Art zu Lima gestellt; doch spricht schon der vollständige Mangel von Ohren mit Bestimmtheit gegen diese Classı- fication. Der Gestalt nach liesse sich die Muschel eher bei Nucula unterbringen; allein das Fehlen von Zähnen macht auch diese Be- stimmung ganz unsicher. 1) Beitr. II, tb. 18, f. 14. 2) Harzgeb. tb. 6, f. 17. 3) Petref. Germ. pl. 133, f. 4. #) Zeitschr. d. d. g. G. Bd. IX, p. 158. (be Lamellibranchiata. 133 Nucula? sp. Tafel 20, Fig. 4 (Copie nach Giebel). Nucula silens Giebel, Sil. F. Unterharz, 7.28, 1622) 1.10. 21858 Eine kleine Muschel aus den hangenden Schichten des Schneckenberger Kalklagers. Das in Heidelberg aufbewahrte Original-Exemplar ist stark gewölbt und hat eine querverlängerte, gerundet dreiseitige Gestalt mit hart am Vorderrande gelegenem, wenig vorragendem, mässig stark umgebogenem Wirbel. Schale glatt, mit concentrischen Anwachsstreifen. Giebel hat diese Art lediglich nach ihrer äusseren Gestalt zu Nucula gestellt. Denn von einer Zähnelung ist keine Andeu- tung zu beobachten. Genus Pterinea Goldfuss. Pterinea sp. Tafel 19, Fig. 1. Pterinea? sp. Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 27. 1858. Unter der Bezeichnung „Pterinea Hercyniae“ befinden sich in der Heidelberger Sammlung zwei Bruchstücke einer grossen, flachen, Pterinea-artigen Muschel aus den kalkigen Schichten des Schnecken- berses, von denen ich das besterhaltene habe abbilden lassen. Das- selbe stellt den hinteren, flügelförmig verlängerten Theil einer rechten Klappe dar. Vom Buckel strahlen gerade, sich nach dem Rande hin durch Spaltung und durch Einsetzung (?) vermehrende, durch nicht ganz gleichmässige, breitere, flache Zwischenräume getrennte Rippen aus. Dieselben werden von sehr zahlreichen, feinen aber markirten Querstreifen durchkreuzt. Die beiden vorliegenden Fragmente sind zu unvollständig, um eine Bestimmung zu erlauben. Es lässt sich nur so viel sagen, dass die Art der Gruppe der durch stärkere Längsrippen und 134 Lamellibranchiata. feine concentrische Anwachsstreifen ausgezeichneten flachen Pteri- neenformen angehört. Zu dieser Gruppe gehören ausser der be- kannten obersilurischen Pt. reticulata Hıs., der unterdevonischen Pt. lineata Gf. und mehreren von M’Coy') aus den oberen Ludlow- schichten sowie von J. Hall aus dem Unterhelderberg ?) abgebil- deten Arten Pter. (Avicula) Neptuni und papyracea Gf£.°) aus Oberdevon- und Carbonschichten, Avic. Wurmü A. Röm. *) aus dem Kalk des Iberges und andere mehr. Am ähnlichsten scheint unserer Form von allen diesen Avic. textilis Hall’) aus dem Unterhelderberg und Oriskanysandstein zu sein. Pterinea sp. Tafel 19, Fig. 3. Die Landesanstalt besitzt eine kleine Muschel aus dem Brachio- podenkalk des Radebeil, welche an Goldfuss’ bekannte Pterinea Fasciculata ®) erinnert. Dieselbe ist sehr ungleichseitig und schief, stark gewölbt, ein vorderes Oehrchen ist angedeutet, das hintere nicht beobachtbar. Vom Wirbel strahlen ca. 10 nicht ganz gleich weit von einander entfernte, an Stärke etwas verschiedene Längs- rıppen aus. Ihre Zwischenräume sind breit und mit concentri- schen Anwachsstreifen erfüllt. Ich würde die Zorger Pterinea zur genannten Goldfuss’- schen Art stellen, wenn nicht der — vielleicht nur mit der unge- nügenden Erhaltung zusammenhängende — Mangel von Längs- streifen zwischen den Rippen, wie solche bei fasciculata vorhan- den sind, zur Vorsicht nöthigte. Pt. fasciculata und die ıhr nahestehenden oder identische Arten, subfasciculata und Paillettei V ern., flabella Conr., costulata A. Röm. und spinosa Phill.) sind in den unteren und mittleren Devonschichten Europa’s und Nordamerika’s weit verbreitet. 2) Brit. Pal. Koss. II, pl. 1, J. ?) Paläont. N.-York III, pl. 51 — 53. 3) Petr. Germ. pl. 116, f.4 und 5. 2) 2er p155221nd2103: 5) Verst. Harzgeb. tb. 6, f. 7. 6) Petref. Germ. I, tb. 70, f. 4 und 5. a 5 SZ 2377 EN Lamellibranchiata. 135 Pterinea (?) sp. Tafel 19, Fig. 5. Ein schlecht erhaltenes Fragment aus den kalkigen Schichten des Laddekenberges bei Wieda. Die Muschel ist sehr ungleich- seitig, schief und stark gewölbt. Das vordere Ohr ist nicht er- halten, das hintere, flügelförmig verlängerte, vom schmalen Mittel- theil des Gehäuses nicht scharf abgegränzt. Die Schale ist mit feinen gedrängten Längsrippchen bedeckt. Anwachsstreifen angedeutet. Das einzige vorhandene Exemplar ist zu fragmentarisch, um eine sichere Bestimmung zu erlauben. Doch liessen sich nament- lich Verneuil’s Avicula suberinita ") aus spanischem Devon so- wie A. Römer’s A. crinita ?) aus dem Kalk des Iberges ver- gleichen, die indess beide kleiner, flacher und feinrippiger sind. Auch Phillips’ Avicula rudis ?) von Pilton scheint ähnlich zu sein, ist aber sehr ungenügend abgebildet. Pterinea (?) sp. Tafel 19, Fig. 4. — striatocostata Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 27, tb. 5, f. 15, 18. 1858. Von dieser sich im Kalk des Schneckenberges findenden Form besitzt die Heidelberger Sammlung vier sehr unvollständige, die Landesanstalt ein etwas vollständigeres Exemplar. Die Muschel ist schwach gewölbt, etwas abgeflacht, vorn in einen kurzlappigen, hinten in einen längeren flügelförmigen Fortsatz ausgezogen, welche beide wenig scharf gegen den mittleren Theil abgegrenzt sind. Die Schale ist mit zahlreichen, durch scharfe Furchen getrennten, sich durch Spaltung vermehrenden Längsrippchen bedeckt. Die- selben werden von einer Anzahl concentrischer Anwachsstreifen durchsetzt. Die Art steht in ihrer Sculptur der vorigen nahe, weicht aber von ihr durch den breiteren, viel weniger convexen Mitteltheil bei- der Klappen ab. Eine sichere specifische Bestimmung erlaubt diese Muschel ebensowenig wie die vorige. 1) Bull. Soc. G£eol. France 2. s. XII, tb. 29, f.5. 2) Verst. Harzgeb. p. 21, tb. 6, f. S. 3) Pal. Foss. f. S5. 136 Lamellibranchiata. Pterinea ? sp. Tafel 19, Fig. 7. Megalodon elongatus Röm. in collect. Jaschei. Ein fragmentarischer Steinkern nebst Abdruck aus den kalki- gen Schichten des Klosterholzes. Die grosse Muschel ist stark ungleichseitig und schief, mässig gewölbt, das vordere Ohr fehlt, das hintere ist wenig scharf abgesetzt und flügelförmig verlängert. Vom Wirbel strahlen flache, durch etwa ebenso breite Zwischen- räume getrennte Rippen aus, deren man auf dem gewölbten mitt- leren Theil des Gehäuses etwa 14 zählt. Dieselben werden von einer Anzahl markirter Anwachsringe durchschnitten. Ein grosser vorderer und ein etwas höher liegender hinterer Muskeleindruck _ treten deutlich hervor. Auch das beschriebene Fossil lässt wegen zu schlechter Er- haltung keine Bestimmung zu. In der Gestalt und den Ornamen- ten wäre vergleichbar Pterinew Danbyi M’Coy ') und antigua G£.?), die indess beide weniger schief sind. Pterinea ? Seckendorfii A. Röm. Tafel 19, Fig. 2. (Cop. n. Röm.) — — Röm., Verst. Harzgeb., p. 22, tb. 12, f. 28. 18453. Diese Art wurde von Römer aus feinkörniger Grauwacke des Hühnerkopfes bei Trautenstein beschrieben. Die Muschel ist ungleichseitig, mit stark nach vorn gebogenem Buckel, wenig schief, von breit ovalem Umriss und mässig starker Wölbung. Vorderohr kaum verlängert, hinteres ebenfalls kurz, einen gerun- deten Lappen bildend. Am spitzen Buckel entspringen ca. 10 Rip- pen, welche mit schwacher Umbiegung nach vorn gegen den Rand verlaufen. Die vordersten sind am stärksten und von hoch leisten- förmiger Gestalt, während die hinteren allmälig schwächer werden. Die Zwischenräume der Rippen sind breiter als diese letzteren, 2) Brit. Pal. Koss. II, pl. 4,20, so 214. ?) Petr. Germ.II, pl. 160, 9. Lamellibranchiata. 137 concav und mit ein paar Längsstreifen versehen. Concentrische Anwachsstreifen sind vorhanden. Die Römer’sche Art weicht von sämmtlichen mir bekannten Pterineen durch ihre starken, weit abstehenden Rippen und die geringe Entwickelung der Ohren ab. Pterinea ? sp. Tafel 19, Fig. 6. Ein Fragment einer grossen Art aus dem Kalk des Kloster- holzes, welches in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrt wird. Dasselbe besteht aus Steinkern und Abdruck des hinteren Theils einer Art aus der Verwandtschaft der Pf. laevis Goldf. Vor der Stelle, wo sich der hintere Flügel abscheidet, liegt ein grosser, ovaler, längsgestreifter Muskeleindruck. Die Schale war mit star- ken, gedrängten, schuppigen Anwachsringen bedeckt. Der genannten Goldfuss’schen verwandte Formen kommen auch in der unteren Helderberg-Formation und dem Oriskany- sandstein in Nord-Amerika vor !). Uebrigens treten ganz analoge Formen bereits im Obersilur auf, wie z. B. Pt. retroflexa His. von Gotland und andere. Genus Ambonychia Hall. Ambonychia ? sp. Tafel 19, Fig. 8. Ein nicht näher bestimmbares, im Besitz der Landesanstalt befindliches Bruchstück aus dem Kalk des Joachimskopfes bei Zorge. Die schief verlängerte Muschel ist stark gewölbt, besonders m der Gegend des stumpfspitzigen, schwach nach vorn gedrehten Buckels. Von demselben strahlen mässig starke, durch etwa ebenso breite Zwischenräume getrennte Radial-Rippen aus. Anwachsstreifen nur schwach angedeutet. !) J. Hall, Paläont. N.-York II, pl. 5l und 109, 138 Lamellibranchiata. Tafel 20, Fig. 5. (Copie nach Giebel.) Venus ingrata Giebel, Sıl. F. Unterharz, p. 28, tb. 1, f.6. 1858. Giebel bildet aus den hangendsten Schichten des Schnecken- berges einen kleinen Lamellibranchiaten ab, dessen Original ich in der Heidelberger Sammlung nicht auffinden konnte. Die Muschel ist nach Beschreibung des halleschen Autors ziemlich flach und querverlängert, mit etwas vor der Mitte gelegenem, gekrümmtem Wirbel. Die Oberfläche ist bis auf einige sehr schwache Anwachs- linien glatt. Es ist ohne Untersuchung des Original-Exemplars nicht mög- lich, die Stellung der fraglichen Muschel zu bestimmen. Für die Classification bei Venus fehlt jeder Grund. Molluscoidea. Ulass. Bryozoa. Genus Fenestella Lonsd. Fenestella sp. Tafel 20, Fig. 20, 21 (). Fenestella Bischofi Röm. Beitr. III, p. 114, tb. 1, f.1. 1855. Retepora —erehhells Ssila kr nlinterharz, p255, 1026, 1132 1858: Diese Bryozoe kommt im Kalk des Scheerenstieges und Schneckenberges in kleinen, flach ausgebreiteten Fragmenten vor, aus denen sich die Form des ganzes Stockes nicht ermitteln lässt. Das Cönöcium besteht aus parallelen, sich durch Dichotomie ver- mehrenden Längsstäbchen, die durch nahezu ebenso breite Quer- stäbchen mit einander verbunden sind. Zwischen beiden liegen ovale, seltner kreisrunde oder unregelmässig gestaltete, die Breite der Längsstäbchen übertreffende, in ziemlich regelmässige Reihen geordnete Maschen. Auf der porentragenden Seite erkennt man mittelst einer starken Lupe kleine, auf dem Gipfel durchbohrte Tu- berkel, die Ausmündungen von Zellen. Ihre Anordnung lässt sich bei der mangelhaften Erhaltung der mir vorliegenden Stücke nicht bestimmen. Die porenfreie Seite scheint glatt gewesen zu sein. Römer beschrieb unsere Bryozoe als Fenestella, Giebel be- stimmte sie als Retepora, weil er die von Jenem angegebenen Zel- 140 Bryozoa. lenporen nicht beobachten konnte. Dies ist aber nur durch die Annahme erklärlich, dass Giebel zufälliger Weise allein die zel- lenlose Seite des Fossils gesehen hat. Denn auch an einem im Besitze der Landesanstalt befindlichen Exemplare sind die Poren bestimmt zu beobachten. ; Die Form ist zu schlecht erhalten, um eine genauere Verglei- chung mit anderen Arten, wie etwa Fenest. antigua Goldf., zu er- möglichen. Selbst die Richtigkeit der generischen Bestimmung ist nicht ganz zweifellos, da die Zahl der Porenreihen nicht bestimmt werden konnte und auch der bei den meisten Fenestellen vorhan- dene mittlere Längskiel der Stäbe auf der porenlosen Seite nicht zu beobachten war. Fenestella sp. Tafel 34, Fig. 6. Im Kalk des Radebeil bei Zorge hat sich noch eine andere Fenestella gefunden, die sich durch weit von einander abstehende Querstäbchen auszeichnet. Sie erinnert dadurch an die von Sand- berger!) unter dem Namen F'. aculeata beschriebene Art aus dem Stringocephalenkalk von Vilmar. Eine nähere Bestimmung lässt der schlechte Erhaltungszustand des nur als Steinkern vorliegen- den Fossils nicht zu. A. Römer beschreibt (Harzgeb. p. 7, tb. 3, f.5) noch eine Retepora Braunü aus dem Kalk des Scheerenstieges. Seine Be- schreibung und Abbildung sind indess zu ungenügend, als dass sich entscheiden liesse, ob diese Form mit der oben beschriebenen Mägdesprunger Art zusammenfällt oder nicht. !) Rhein. Sch. Nass. p. 376, tb. 36, £. 1. Class. Brachiopoda. Genus Meganteris Süss. Meganteris (?) sp. Tafel 28, Fig. 1—3. Pentamerus oblongus A. Röm. Beitr. II, p. 100, tb. 15, f. 13. 1855. Meganteris sp. Lossen, Zeitschr. d. deutsch. geol. G. XXII, p. 187. 1870. Im Kalke des Scheerenstieges und Schneckenberges bei Mägde- sprung und in der Gegend von Wieda kommen nicht selten iso- lirte Schalen eines sehr grossen glatten Brachiopoden von lang eiförmiger Gestalt und mässig starker Wölhbung vor. A. Römer bezog dieselben auf Sowerby’s silurischen Pent. oblongus. Sie ge- hören indess — wie schon Lossen an Exemplaren vom Schnecken- berge erkannt hat — wahrscheinlich der von Süss errichteten durch das Vorhandensein einer langen Waldheimien-artigen Schleife im Innern der Dorsalklappe ausgezeichneten Terebratuliden - Gat- tung Meganteris an. Ich kenne mit Sicherheit nur die Ventral- klappe des Fossils, die mitunter eine Länge von nahezu 120 und eine Breite von etwa 80 Millim. erreicht. Soweit nach dieser allein ein Urtheil möglich ist, schliesst sich unsere Muschel der typi- schen Art der Gattung, Verneuil’s M. (Terebratula) Archiaci ') aus rheinischen, französischen und spanischen Unterdevonschichten Bull" Soc. Geol. 2. =. VII, p: 175, tb.A, f.2. 1850. 142 Brachiopoda. und der nur etwas stärker in die Länge ausgedehnten, gleichaltri- gen M. Deshayesi Caillaud') nahe an, scheint indess durch grös- sere Convexität des Gehäuses ausgezeichnet. Allein schon das blosse Vorkommen der Gattung ist für die Altersstellung der her- eynischen Kalke wichtig, da dieselbe — wie ächte Terebratuliden überhaupt — in Bildungen von höherem als devonischem Alter bisher noch niemals aufgefunden worden sind. Es ist interessant, dass auch in den amerikanischen Oberhel- derbergkalken eine analoge Form, nämlich Hall’s Rensselaeria? Johanni?) vorkommt. Genus Rhynchonella Fischer. Rhynchonella nympha Barrande. Tafel 25, Fig. 1,2, 6—11; Tafel 26, Fig. 15—18. Terebratula nympha Barrande, böhm. Brach. p. 66, tb. 20, f.6. 1847. — — v. Grünewaldt, Mem. Sav. Etrang. Acad. St. Petersb. VII, Pr 98th — —_ A. Rom. Beitr. I, p. 39, tb. 3,8 ta. 1850: = — Id. Beitr. II, pP. 5, th. 2,1.8.7 1853. 2 Pomelii? Id. ibid. p- 4, tb. 2, f. 7 (male). Rhynchonella nympha Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 43, tb. 4, f. 7. — cuneata Id. ibid. p- 38, tb. 2, f. 18 (non 12). Atrypa socialis Id. ibid. p- 36, tb. 4, f. 4. Diese schöne starkgerippte Rhynchonella steht bekanntlich der devonischen Rh. livonica oder Daleidensis sehr nahe, unterscheidet sich aber von derselben durch das Vorhandensein sehr deutlich entwickelter Ohren, d. h. glatter Aushöhlungen an den Schloss- kanten zu beiden Seiten des Schnabels (vergl. Tafel 25, Fig. 7), !) Bull. Soc. Geol. 2. s. XVII, p. 333. 1861. ?) Paläont. N.-York IV, pl. 55a. Amphigenia elongata Vanux. aus denselben Schichten (]. ce. pl. 59) und Amph. curta Meek und Worthen (Geol. Illinois III, p. 402, tb. S, f. 1) aus dem Oriskanysandstein sind unserer harzer Form äusser- lich noch ähnlicher, gehören aber nach ihrem inneren Bau in die Verwandtschaft von Pentamerus. h j ci Brachiopoda. 143 ein Charakter, welcher der Rh. livonica abgeht!) und ihre Bezeich- nung als inaurita Seitens der Brüder Sandberger rechtfertigt. Rh. nympha ist zuerst von Barrande aus Böhmen beschrie- ben worden, woselbst: sie in der Etage F des genannten Autors eine grosse Verbreitung besitzt. Später lehrte von Grünewaldt sie in ganz übereinstimmender Ausbildung auch aus dem — be- kanntlich durch das Vorkommen einer ganzen Reihe anderer böh- mischer Arten ausgezeichneten — rothen Kalkstein von Bogoslowsk an der Ostseite des südlichen Ural kennen. Noch später wurde sie von Caillaud “) auch im unterdevonischen Kalkstein des De- partement Loire-inferieure zusammen mit einer Anzahl anderer böhmischer Brachiopodenformen und solcher des rheinischen und spanischen Unterdevon aufgefunden. Ebenso fand Richter sie?) in den thüringer Tentakulitenschichten. Weiter gehört wahrschein- lich auch die von Verneuil unter dem Namen Pareti aus den älteren Devonbildungen Frankreichs, Spaniens und des türkischen Bosporus beschriebene *), der Rhynch. livonica täuschend ähnliche, aber mit ausgezeichneten Ohren versehene Form zu »ympha. Im Harz ist die Art in den Kalklagern der Gegend von Mägdesprung, Harzgerode, Zorge, Wieda, Ilsenburg etc. und zuweilen auch in den die Kalke begleitenden Schiefern (besonders am Schnecken- berg und Scheerenstieg) sehr häufig, kommt aber ausser bei Ilsen- burg fast immer nur in isolirten Klappen vor. Es ist das Ver- dienst A. Römer’s, sie im Harz zuerst erkannt und beschrieben zu haben, nachdem er sie schon in seiner ersten Harzarbeit °) ab- 1) Zwar kommen auch bei Ah. Daleidensis F. Röm. aus der unterdevoni- schen Grauwacke von Daleiden mitunter Ohren vor, wie schon Schnur beob- achtet und ich selbst (Zeitschr. d. d. geol. G. XXII, p. 518) bestätigen kann; die- selben sind indess stets ungleich schwächer ausgebildet als bei nympha. Unter diesen Umständen halte ich es für geboten, nympha und Äivonica trotz ihrer im Uebrigen so grossen Uebereinstimmung zu trennen, zumal auch der Jugendzustand der Barrande’schen Art einen eigenthümlichen, von demjenigen der Zrh. livonieca abweichenden Habitus zeigt. ?) Bull. Soc. Geol. 2.s. XVII (1861) p. 332. 3) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. 1866 p. 616, tb. 6, f. 3, 4. 4) Bull. Soc. G£ol. 2. s. VII, p. 177, tb. 3, f. 11. 1850; Tschihatscheff, Asie mineure, Paleont. p. 11. 1866—69. 5) Verst. Harzgeb. p. 17, tb. 5, f. 3. 144 Brachiopoda. gebildet, damals aber noch gänzlich verkannt hatte (,„Terebratula erinnernd an lacunosa*). Später hat Giebel sie in seiner Ab- handlung über die Ostharzer Silurfauna noch einmal beschrieben, gleichzeitig aber — wie seine in Heidelberg befindlichen Original- stücke zeigen — plattgedrückte Steinkerne und Abdrücke aus den Schiefern im Hangenden des Schneckenberger Kalklagers als Atrypa socialis abgebildet. Wie ın Böhmen, so varıırt unsere Art auch im Harz sehr erheblich, besonders in der Stärke der Ausbildung von Sinus und Sattel und — was damit zusammenhängt — in der Höhe des Gehäuses sowie der Zahl der im Sinus liegenden Falten. In der Regel zählt man deren im Sinus 3 und auf dem Sattel 4. Wie schon von Grünewaldt bei Beschreibung der uralischen nympha hervorgehoben hat, pflegt der Schlosskantenwinkel mit fortschreitendem Wachsthum immer grösser zu werden. Bei jun- gen flachen Individuen ist er verhältnissmässig sehr klein, so dass solche der bekannten obersilurischen RA. cuneata ähnlich werden (vergl. tb. 25, f. 8-11). Und in der That hat Giebel derartige spitzschnäblige Jugendformen mit cuneata verwechselt!), während A. Römer — wie seine Abbildung und ein im Besitze der Lan- desanstalt befindliches, aus der früheren Bischof’schen Sammlung stammendes, von ihm selbst etikettirtes Exemplar vom Scheeren- stiege darthun — sie als T. Pomelii Davids. bestimmt hat?). Die ächte Rh. cuneata Dalm. kenne ich im Harz nicht. Die ıhr auf den ersten Blick ähnlichen Formen vom Schneckenberge, Iade- beil etc. haben sich bei genauerer Untersuchung immer als Ju- sendformen von nympha erwiesen. Mitunter erreicht die Art im Harz sehr beträchtliche Dimen- sionen, wie die von mir Tafel 25, Fig. 1 und von Giebel Tafel 4, Fig. 7 abgebildeten Individuen beweisen. ') Die in der Heidelberger Sammlung aufbewahrten Originalexemplare Gie- bel’s lassen über diese Verwechselung keinen Zweifel. Uebrigens stellt von den beiden vom genannten Autor als cuneata abgebildeten Formen tb. 2, f. 12 eine Jugenform einer der Rhynchonella princeps verwandten Form dar, wie das eben- falls in Heidelberg befindliche Original und Giebel’s eigene Abbildung zeigen. ?) Die ursprünglich von Davidson unter diesem Namen beschriebene Form wird von dem genannten Autor jetzt (Brit. Silur. Brach. p. 181) zu der bekann- ten silurischen Rh. nucula Sow. gezogen. f ww Er a Brachiopoda. 145 Rhynchonella eucharis Barr.? Tafel 25, Fig. 4, 5. Terebratula — Barrande, böhm. Brach. p. 68, tb. 17, f. 12. 1847. Diese grosse, zusammen mit nympha in Barrande’s Etage F auftretende Form steht dieser Art nahe, unterscheidet sich aber von ihr durch einen 90° kaum übersteigenden Schlosskanten- winkel, einen flachen aber fast die ganze Breite der Ventralklappe einnehmenden, beiderseits von etwas erhobenen Schalenrändern ein- gefassten Sinus und breite, ziemlich stumpfe Falten. Da zwei isolirte Ventralschalen vom Radebeil und vom Klosterholz all’ die genannten Merkmale zeigen, so glaube ich dieselben der böhmischen Art zurechnen zu dürfen. Ich muss indess bemerken, dass die Falten der harzer Muschel sich weiter am Schnabel hinauf er- strecken, als das nach Barrande’s Abbildungen bei der höh- mischen Form der Fall ist. Rhynchonella sp. Tafel 25, Fig. 3. Aus dem Kalk des Klosterholzes liegt ein etwas beschädigtes, der Jasche’schen Sammlung angehöriges Exemplar einer Rhyn- chonella vor. Ihr Umriss ist gerundet dreiseitig, nur wenig breiter als lang, ihre Gestalt flach, beide Klappen von ungefähr gleicher Wölbung, die langen Schlosskanten bilden einen Winkel von noch nicht 100°. Der Schnabel ragt wenig vor, Sinus und Sattel sind nicht vorhanden, daher der Stirnrand geradlinig. Auf jeder Klappe zählt man etwa zwanzig einfache, gerade, etwas stumpfe Falten. Ich bin ungewiss, wohin die fragliche Muschel zu stellen ist. Es wäre möglich, dass sie nur eine ganz flache Abänderung von Rh. nympha darstellt. Rh. Guwerangeri Vern. aus französischem und türkischem Unterdevon !) weicht durch etwas zahlreichere Falten und eine flachere Dorsalklappe ab. !) Tschihatscheff, Asie mineure, Paleontol. p. 10, tb. 21, f. 4. 10 146 Brachiopoda. Rhynchonella borealis Schloth. var. diodonta Dalm. Tafel 25, f. 13—16. Terebratula bidentata A. Röm., Beitr. II, p. 100, tb. 15, f. 10. 1852. Rhynchonella borealis Davids., Brit. Sil. Brach. p. 174, tb. 21. 1866—71. Eine bekannte, weitverbreitete obersilurische Art, die von an- deren verwandten Gestalten durch ihre Kleinheit, den dreiseitigen Umriss, die Schärfe der Rippen und den bis in die Spitze des Schnabels zu verfolgenden Sinus ausgezeichnet ist. Ihr Vorkom- men in den hercynischen Schichten des Harzes ist sehr merk- würdig. Sie ist von A. Römer in dem bei der ehemaligen Fried- rich-Victorshütte im Selkethale anstehenden Kalklager aufgefunden, richtig bestimmt und gut abgebildet worden'). Meinen eigenen Abbildungen liegen dieselben Exemplare zu Grunde, wie den Rö- mer’schen. Die Originalstücke werden in Clausthal aufbewahrt. Die harzer Muschel stimmt, wie ich mich an englischen und schwedischen Original-Exemplaren überzeugt habe, sehr gut mit der typischen borealis überein, und zwar schliesst sie sich durch das Vorhandensein nur einer Falte im Sinus und zweier auf dem Sattel der unter dem Namen diodonta oder bidentata bekannten Abänderung an. Rhynchonella sp. Tafel 25, Fig. 12. Die geologische Landesanstalt besitzt aus dem Kalk des Kloster- holzes bei Ilsenburg eine leider nur in einem einzigen, noch dazu unvollständigen Exemplare vorhandene Rhynchonella. Dieselbe hat einen quer ausgedehnten, gerundet fünfseitigen Umriss und ziemlich 1) Giebel hat die in Rede stehende Form und eine andere, nach Römer’s Abbildung (Beitr. II, tb. 15, f. 11) nicht näher bestimmbare Rhynchonella irrthüm- licher Weise unter die Synonyme seiner cuneata gestellt. Dass das von Gie- bel unter dem letzteren Namen beschriebene Fossil nur eine Jugendform von R. nympha darstellt, ist schon bei der Beschreibung dieser Art bemerkt worden. | | 4 Brachiopoda. 147 lange, schwach gebogene, unter ca. 120° zusammenstossende Schloss- kanten. Der Schnabel ist klein und stumpf. Beide Klappen sind mit einer sich im zweiten Drittel derselben einsenkenden, sinus- artigen Depression versehen, welche auf der kleineren Klappe flacher, auf der grossen etwas tiefer ist. Die Oberfläche der Schale ist mit etwas ungleichmässig breiten und starken, mehrfach dicho- tomirenden, flachen Falten bedeckt. Die beschriebene Form ist von allen mir bekannten Rhyn- chonellen durch das Vorhandensein eines Sinus auf beiden Klappen unterschieden. Rhynchonella princeps Barr. Tafel 26, Fig. 3, 4; 5, 6 (verdrückt). Terebratula — Barrande, böhm. Brach., p. 439, tb. 18, .1—3. 1847. Rhynchonella obligqua Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 40, tb. 5, f. 1, 11. 1858. Eine grosse, kugelige, an der Stirn senkrecht abgestutzte Form. Beide Klappen stark gewölbt, die kleine in der Regel bis an die Stirn ununterbrochen emporsteigend, so dass die Muschel erst unweit dieser ihre grösste Höhe erreicht. An der Stirn greift die grosse Klappe mit hoher, subquadratischer Zunge in die kleine ein. Schnabel nur schwach gekrümmt, bei einer Abän- derung sogar fast ganz gerade und dolchartig vorragend. Sinus und Sattel meistens nur schwach entwickelt, mitunter so gut wie fehlend. Schlosskantenwinkel veränderlich, am kleinsten bei den langschnäbligen Abänderungen, bei welchen die Schlosskanten gleichzeitig etwas concav zu sein pflegen. Die zahlreichen, mit- unter dichotomirenden Rippen sind bald etwas gröber, bald feiner. Die beschriebene Species ist in den hercynischen Kalklagern des Harzes ziemlich verbreitet, wenn sie auch nirgends in grösserer Häufigkeit auftritt. Ich kenne sie aus der Gegend von Trauten- stein (Fig. 4), von Zorge (Radebeil), Wieda (Käsberg), Ilsen- burg (Thonmühlenkopf) und von Harzgerode (Schneckenberg) 10* 148 Brachiopoda. (Fig. 3, 5, 6)Y). A. Römer bezeichnete sie — wie in der ehemals Bischof’schen Sammlung befindliche, von seiner Hand herrüh- rende Etiketten zeigen — als Terebratula crinita ?). Giebel be- schrieb ein paar verzerrte Exemplare vom Schneckenberge (Fig. 5,6) unter dem neuen Namen Rh. obligua. Dass dieselben nichts weiter als durch Verdrückung verunstaltete Individuen von princeps dar- stellen, beweist sowohl die untereinander sehr verschiedene Ge- stalt der beiden von jenem Autor abgebildeten Stücke, als auch das Vorkommen von Individuen mit ganz normaler Gestalt an dem nämlichen Fundorte. Rhynchonella princeps wurde zuerst von Barrande aus Böh- men beschrieben. Sie ist dort in der Etage F' sehr verbreitet. Wie Barrande’s Abbildungen zeigen, varüirt die Muschel ziem- lich beträchtlich. Ausser der Hauptform, welche sich durch kuge- lige Gestalt, fast ganz fehlenden Sinus und Sattel und durch gekrümmten Schnabel auszeichnet und der sich auch die harzer princeps anschliesst, tritt besonders noch eine zweite Form hervor, die von Barrande auf tb. 18, f. 2 abgebildet ist. Sie zeichnet sich durch lang vorragenden Schnabel, deutlich ausgebildeten Sinus, vortretende Seitenränder der grossen Klappe und feinere Falten aus. Diese Form führt offenbar von der typischen princeps zu Rh. Henrici hinüber und verdiente wohl einen besonderen Namen. Weiter aber könnte auch die von Barrande tb. 18, f. 4 abge- bildete Ter. Welsoni, eine kleine, verhältnissmässig flache, stark querausgedehnte Form mit deutlichem Sinus und Sattel, die zu- !) Von der letztgenannten Localität stammt auch das kleine Fig 2 abge- bildete Exemplar mit dickem, spitzem Schnabel, deutlichem Sinus und verhältniss- mässig starken Falten. Es stellt die Jugenform einer Art aus der Wilsoni-Gruppe, wahrscheinlich von princeps selbst dar. In der Heidelberger Sammlung ist das Stück als parallelepipeda bezeichnet, wahrscheinlich nach einer Bestimmung A. Römer’s, der in diesem Falle wie gewöhnlich der Wahrheit ziemlich nahe ge- kommen war. Jedenfalls hat seine Bestimmung das Ziel lange nicht so weit ver- fehlt, wie die spätere von Giebel, der das Stück auf seiner Tafel 2, Fig. 12 als euneata Dalm. abgebildet hat! ?) Die von Römer (Beitr. I, tb. 9, f. 13) als princeps abgebildete Form aus dem Klosterholz bei Ilsenburg ist — wie das in der Jache’schen Sammlung auf- bewahrte ÖOriginalstück zeigt — ein schlecht erhaltenes Exemplar von Ah. Hen- rici Barr. ; 1 1 | Brachiopoda. 149 sammen mit princeps auftritt, zu dieser Art gehören. Jedenfalls darf sie nicht mit der ächten obersilurischen Wilsoni vereinigt wer- den, die stets eine viel höhere, kugelige Gestalt ohne deutlichen Sinus hat. In mit der typischen böhmischen ganz übereinstimmender Ausbildung kommt Rh. princeps auch im Kalk der Gegend von Bogoslowsk im südlichen Ural vor, woher sie durch v. Grüne- waldt beschrieben worden ist!). Aber auch im rheinischen und französischen Unterdevon fehlt unsere Art nicht. Sie tritt hier in den kalkisen Bildungen der Departements de la Sarthe und Loire-inferieure, in der Bretagne und Normandie auf, woher sie bereits vor längerer Zeit durch Verneuil und in neuerer durch Barrois angegeben worden ist?). Auch in den etwas kalkigen Schichten von Daleiden und Waxweiler in der Eifel kommt eine kugelige Rhynchonella mit dolchförmig abstehendem Schnabel vor °), die meiner Meinung nach zu princeps gehört und sich an die- jenige böhmische Abänderung dieser Art anschliesst, die ich oben als zu Henricı hinüberführend bezeichnet habe. Die nächste Verwandte von princeps ist die obersilurische Wilsoni Sow. Beide Formen stehen sich sehr nahe. Doch ist die obersilurische Art durch noch höhere Gestalt, den völligen Mangel von Sinus und Sattel, grösste Höhe in der Mitte (und nicht an der Stirn) und grösseren Schlosskantenwinkel von der devoni- schen Form unterschieden. Auch ist der Schnabel bei Welsoni stets an die kleine Klappe angepresst, nie frei vorragend, wie bei gewissen Abänderungen von princeps. Schwieriger als von Wilsoni ist die Trennung der Rh. princeps von subwiüsoni d’Orb. ') = pila [non Schnur] Sandberger aus rheinischem und türkischem Unterdevon ’). Diese ebenfalls durch kugelige Gestalt und den Mangel von Sinus und Sattel ausgezeichnete Art soll sich zwar 1) Mem. Acad. St. Petersb. vol. VII, p. 585, tb. 1, f.1. 1854. 2) Soc. Geol. du Nord, vol. IV, p. 80. 1877. 3) Vergl. Quenstedt, Brachiopoden, tb. 42, f. 34, 35. 4) Verneuil in Tschihatscheff, Asie min. Paleont., p. 9. 5) Rhein. Sch. Nass, tb. 33, f. 13. 150 Brachiopoda. von Wilsoni durch grösste Höhe an der Stirn und abweichende Muskeleindrücke und von princeps durch feinere Falten und stumpf- winkligeren Schnabel unterscheiden; da aber gerade in den beiden letztgenannten Merkmalen bei princeps Schwankungen vorkommen, so zweifle ich, dass die specifische Selbständigkeit von subwülsoni sich aufrecht erhalten lassen wird, zumal beide in Rede stehende Muscheln wesentlich dasselbe Alter besitzen. Rhynchonella Henrici Barrande. Tafel 26, Fig. 1, 8. Terebratula — Barr., böhm. Brach., p. 440, tb. 18, f.5. 1847. — princeps et Henrici A. Röm., Beitr. I, p. 58, tb. 9, f. 15. 1850. —_ Henriei _ Beitr. III, p.4, tb. 1, f.5 (male). 1855. Ihynchonella Selcana Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 42, tb. 5,4 (male). 1858. 2 —_ bellula — Sil. F. Unterharz, p. 43, tb. 2, f. 13, ibgsa tz Eine höchst ausgezeichnete grosse Form, die zuerst von Bar- rande aus dessen böhmischer Etage F beschrieben wurde. Cha- rakteristisch ist für dieselbe der lange, dolchförmig vorragende Schnabel, die Concavität der Bauchschale, deren Seitenränder sich schneidig scharf erheben, das überaus starke Aufsteigen der Dor- salschale am Buckel und deren plötzliches, steiles Abfallen an der Stirn (Fig. 8) und endlich das Vorhandensein ausgezeichneter Ohren zu beiden Seiten des Schnabels (Fig. 1) längs der Naht. Mit all’ diesen Merkmalen findet sich die Form, allerdings nicht gerade häufig, in den hercynischen Kalken von Mägdesprung (Scheerenstieg) und Ilsenburg (Klosterholz) wieder, so dass über ihre Identität mit der Barrande’schen Species nicht der geringste Zweifel bestehen kann. Sie ist denn auch schon von A. Römer richtig erkannt worden. Trotzdem aber hat Giebel diese Bestim- mung angegriffen und unsere Art, da sie mit Barrande’s Henrici weiter Nichts gemein habe als die aufgerichteten scharfen Seiten- ränder der Ventralklappe, mit dem neuen Namen Selcana belegt, welcher nach Giebel’s Angabe schon von A. Römer auf einer Tann Brachiopoda. 151 Etikette der Bischof’schen Sammlung für ein Mägdesprunger Exemplar unserer Muschel vorgeschlagen worden wäre. Wie dem auch sei, das von mir Fig. 1 abgebildete grosse Stück vom Schee- renstieg spricht so bestimmt für die Identität der Muschel mit der böhmischen Henriei, dass ich mir die Mühe einer weiteren Widerlegung der eben angeführten Behauptung Giebel’s sparen kann. Auch von Giebel’s RA. bellula von demselben Fundorte vermuthe ich, dass sie nur ein abgeriebenes Exemplar von Henrici darstellen möchte (von Fig. 13, tb. 2 erscheint mir das ziemlich gewiss, da diese Form in der Gestalt völlig mit meiner Fig. 1 über- einstimmt); da ich indess Giebel’s Originalstück in der Heidelber- ger Sammlung nicht habe auffinden können, so muss die Richtig- keit meiner Vermuthung dahingestellt bleiben. Rhynchonella bifida A. Röm. Tafel 26, Fig. 12, 7. Tafel 34, Fig. 4. Terebratula Bischofü A. Röm., Beitr. IL, p. 100, tb. 5, f. 12 (male). 1852. Rehynchonela — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 39, tb. 15, f. 12. 1858. — idee ea rom, Bein NV. ap hl, tb3, 282 1866 Eine nur mässig gross werdende Art von gerundet fünfseitigem Umriss, mit schwach gewölbter Ventral- und stark gewölbter Dor- salklappe. Die grösste Höhe der Muschel liest an der Stirn. Diese sowie auch die scharf begränzte, vom Buckel aus längs der Naht nach der Stirn verlaufende, allmälıg an Breite gewinnende Ab- stutzungsfläche haben eine senkrechte Lage. Schnabel klein, an die Dorsalschale angepresst. Sattel mässig breit, in der Nähe des Buckels entspringend, aber niedrig bleibend. Sinus ziemlich breit, aber flach und erst in der zweiten Hälfte der Schale deutlich vortretend. Auf seiner Mitte gewahrt man mitunter eine matte Längsfalte, die indess auf dem Steinkern ungleich schärfer her- vortritt. Die Seitenränder der grossen Klappe treten zu beiden Seiten des Sinus schwach höckerförmig vor. Die Zunge, mit der die grosse Klappe an der Stirn in die kleine eingreift, hat eine hohe, vierseitige Gestalt. Jede Klappe ist mit ca. 30 feinen, nach 152 Brachiopoda. dem Rande zu meist dichotomirenden Falten bedeckt, so dass man deren dort etwa 60 zählt. Rh. bifida ist in den Kalken der Ge- gend von Zorge und Wieda sehr verbreitet und kommt nament- lich am Joachimskopf in grosser Menge vor. Aber auch im öst- lichen Harz fehlt sie nicht, wie im Besitze der Landesanstalt be- findliche, am Scheerenstiege und Schneckenberge gesammelte Exem- plare (Fig. 7) zeigen. Stücke von der letztgenannten Lokalität sind es, die A. Römer und nach ihm Giebel als Rh. Bischofii beschrieben haben. Dieselben stimmen, wie die in der Heidel- berger Sammlung befindlichen Original- Exemplare zeigen, abge- sehn von einer an einigen Individuen vortretenden etwas gerin- geren Breitenausdehnung, vollständig mit der Form vom Joachims- kopf überein !). Giebel meint, die Aehnlichkeit unserer Art mit der Rh. cu- boides sei „überraschend gross“. Diese Aehnlichkeit ist indess eine ziemlich entfernte und nur durch die hohe, senkrechte Stirn bedingt. Schon die starke seitliche Abstutzung der Muschel längs der Naht und noch mehr die sich im Sinus ausbildende flache Falte entfernen unsere Muschel weit von genannter oberdevonischen Form und bringen sie in nächste Beziehung zu Schnur’s pxla. Rh. birida lässt sich in der That als eine hohe, stark abgestutzte pia mit sehr schwach ausgebildeter Falte im Sinus charakterisiren. Nächst pila ist die bekannte mitteldevonische parallelepipeda als Verwandte der harzer Art zu nennen. Diese jüngere Form ist indess viel niedriger, stärker in die Quere ausgedehnt und hat keine Falte im Sinus. !) Von Giebel’s Abbildungen ]. c. Fig. 6, stellt die oberste den Schnabel viel zu gerade und spitz dar, ich konnte denselben an keinem seiner Originalstücke in dieser Form beobachten. Uebrigens würde ein derartiger Schnabel auch gar nicht mit dem der darunter stehenden Figur — einer Ansicht desselben Stückes in veränderter Stellung — in Einklang zu bringen sein, Brachiopoda. 153 Rhynchonella pila Schnur var. Tafel 26, Fig. 13. Terebratula — Schnur, Brach. Eifel, p. 156, tb. 5, f. I. 1853. Eine stark quer ausgedehnte Forın mit abgestutzter Stirn und Seiten und mässig stark ausgebildetem Sinus und Sattel, für die in erster Linie eine Falte in der Mitte des Sinus charakteristisch ist. Die Art theilt das letztgenannte Merkmal mit der nahestehenden devonischen Rh. Orbignyana Vern., bei der indess die fragliche Falte noch viel stärker ausgebildet und die ausserdem durch eine tiefe Furche auf der Mitte des Sattels ausgezeichnet ist. Rh. pila ist bekanntlich eine ausgezeichnete Leitform des rheinischen Spiriferen-Sandsteins). Aus den älteren Schichten des Harzes liegt mir nur ein einziges Exemplar vor, welches der Jasche’schen Sammlung angehört und sich im Klosterholz bei Ilsenburg gefunden hat. Dasselbe stimmt recht gut mit der rhei- nischen Muschel überein und unterscheidet sich von ihr nur durch das überaus steile Ansteigen der Dorsalklappe nach der Stirn zu. Auch Giebel führt in seiner Arbeit (p. 40) Rhynch. pia an, und zwar vom Schneckenberge. Das dieser Bestimmung zu Grunde liegende, in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte fragmentarische Originalexemplar (Fig. 11 unserer Tafel) stellt eine stark queraus- gedehnte Rhynchonella mit schwach ausgebildetem Sattel und star- ker, senkrechter Abstutzung der Stirn dar. Dies Stück zu pila zu rechnen liegt kein triftiger Grund vor; ich möchte es vielmehr mit den an derselben Lokalität gefundenen, Fig. 9 und 10 abge- bildeten Stücken (Rh. hercynica) verbinden. 1) Auffallender Weise wird pila zuweilen mit der unterdevonischen subwilsoni d’Orb. verwechselt, so von Sandberger (Rh. Sch. Nass., tb. 33, f. 13). Die ausgesprochene kugelige Gestalt und der fast gänzliche Mangel von Sinus und Sattel entfernen indess subwilsoni weit von pila und bringen sie vielmehr Wilson: und namentlich Barrande’s princeps nahe. 154 Brachiopoda. Rhynchonella Hereynica n. Sp. Tafel 26, Fig. I— 11. Bei Rhynchonella Bischof Giebel liest in der Heidelberger Sammlung ein Exemplar einer Rhynchonella vom Schneckenberge, die A. Römer auf der begleitenden Etikette als cubordes bestimmt hatte. Das Fig. 9 abgebildete Stück zeigt zwei mässig stark ge- wölbte Klappen, grösste Höhe unweit der Stirn, einen kleinen, ge- krümmten Schnabel, lange, unter ziemlich kleinem Winkel zusam- menstossende Schlosskanten, einen sehr flachen Sattel und einen weiten aber ebenfalls flachen Sinus, der an der Stirn mit flach- bogiger Zunge endigt, und eine geringe, senkrechte Abstutzung der Vorderseite über der Naht. Mit dieser von cubordes schon durch den Mangel einer hohen senkrechten Stirn unterschiedenen Form möchte ich das schon bei der Beschreibung von Rh. pla erwähnte, von Giebel zu dieser gerechnete Bruchstück vom Schneckenberge (Fig. 11) und noch eine andere, von derselben Lokalität stam- mende Dorsalklappe (Fig. 10) vereinigen. Der Schosskantenwin- kel von Fig. 10 ist allerdings um ungefähr 25° grösser als bei Fig. 9, indess zeigen alle drei Stücke die oben erwähnte, schmale aber auffallend scharf begrenzte Abstutzung über der Stirnnaht, einen sich nur wenig erhebenden Sattel und verhältnissmässig starke Falten. Die Art steht der rheinischen parallelepipeda nicht ferne, un- terscheidet sich indess von derselben durch einen weniger deut- lich abgegrenzten, breiteren, flacheren Sinus und den Mangel der Höcker, mit welchen die den Sinus begränzenden Kanten bei der typischen parallelepipeda endigen. Ausser der eigenthümlichen vorderen Abstutzung bietet die Form wenig Eigenthümliches. Wenn ich sie mit einem besonderen Namen belege, so geschieht das mehr aus dem Grunde, weil ich sie mit keiner anderen mir bekannten Art der Wilsoni-Gruppe zu vereinigen wage, als weil ich sie wirklich für eine selbständige Species hielte. a ee Brachiopoda. 155 Rhynchonella subeuboides Giebel. Tafel 26, Fig. 14. — —., Giebel, Sil. F. Unterh., p. 40, tb. 5, f. 7. 1858. Im Kalk des Scheerenstieges und Schneckenberges findet sich eine Rhynchonella, von der die Heidelberger Sammlung einige wenige Exemplare besitz. Die Ventralklappe ist schwach, die Dorsalklappe stark gewölbt, die grösste Höhe liegt unweit der Stirn. Schnabel klein, wenig gekrümmt, spitz. Sinus und Sattel treten erst in der zweiten Hälfte der Schale hervor. Der letztere mässig hoch und breit, der erstere nicht sehr tief aber sehr breit werdend und an der Stirn mit einer bis an deren obere Kante hinaufreichenden, schräg stehenden Zunge endigend. Die diese Zunge oben und auf den Seiten begränzenden Kanten sind sehr scharf. Falten ziemlich breit, einfach und erst in einiger Entfer- nung von den Buckeln deutlich werdend. Giebel belegte diese Form wegen ihrer Aehnlichkeit mit der bekannten Rh. cuboides mit dem Namen subcuboides. Diese Achn- lichkeit wird besonders durch die breite und hohe, bis an die obere Stirnkante hinaufreichende Zunge bedingt. Im Unterschiede von der jüngeren Devonart steht indess die Zunge bei subcubordes nicht senkrecht, sondern schräg. Dies Merkmal im Verein mit dem spitzen Schnabel und den stärkeren, erst im zweiten Drittheil der Klappen deutlich hervortretenden Falten lassen eine Verwechs- lung unserer Art nit cwuboides nicht zu. Giebel führt Römer’s Terebratula Pomeli von Schnecken- berge!) als Synonym seiner Rh. subcuboides auf; aber mit Un- recht, da im Besitze der Landesanstalt befindliche, aus der ehemals Bischof’schen Sammlung stammende, von Römer selbst etiket- tirte Exemplare zeigen, dass die von ihm als Ter. Pomeli bezeich- nete Muschel nur eine Abänderung von Rh. nympha darstellt. DEBeitr. 10 p. 4, tb. 2, 1.7. 156 Brachiopoda. „A. Römer bildet!) noch eine Rhynchonella aus dem Kalk der ehemaligen Friedrich-Victorshütte bei Mägdesprung ab, ohne die- selbe indess zu benennen. Weiter beschreibt Giebel?) noch eine Rhynchonella als Wilson‘. Da ich die Originalstücke der beiden Formen nirgends ausfindig machen konnte und die betreffenden Abbildungen sehr mangelhaft sind, so wage ich die Muscheln nicht näher zu bestimmen. Nur soviel scheint mir aus Giebel’s Be- schreibung und Abbildung hervorzugehen, dass seine Wilsoni mit der obersilurischen Art dieses Namens nichts gemein hat, da diese letztere eine hohe, kugelige Muschel ohne deutlichen Sinus und Sattel, die Giebel’sche Form dagegen eine viel niedrigere, stark quer ausgedehnte Gestalt mit wohl ausgebildetem Sinus und Sattel ist. . Genus Pentamerus Sowerby. Pentamerus costatus Giebel. Tafel 1—3; 4 (2) (Copie nach Römer und Giebel). Terebratula Knightii A. Röm., Verst. Harzgeb. p. 19, tb. 5, f. 16. 1843. Pentamerus — ld. Beitr. I, p: 58,)tb.;9, f. 10. 71850. — = Id. Beitr. IN, p.>x:b2 1,106. 1853 — costatus Giebel, Sil. F. Unterh. p. 44, tb. 4, f.5. 1858. -— Roemeri Quenst., Brach. p. 229, tb. 43, f. 40. 1871. Beide Klappen dieser ziemlich grossen, sehr schönen Art sind beträchtlich und gleich stark gewölbt, der Schnabel von mässiger Länge, Dicke und Krümmung. Die Schlosskanten bilden einen Winkel von fast 130°. Sinus und Sattel sind nur sehr schwach ausgebildet und in Folge dessen die Abwärtsbiegung des Stirn- randes nur gering. Jede Klappe ‘ist mit 20—30 starken, mehr oder weniger scharf dachförmigen Falten bedeckt, die an der Naht in einer scharfen Ziekzacklinie zusammenstossen. Das unter dem DeBeiteleatb. 5, 21.2118 2) Sıl. F. Unterharz, p. 41, tb. 5, 2.9. Brachiopoda. 157 Schnabel liegende Schlossfeld ist glatt. Das Medianseptum der Ventralklappe erreicht etwas über ein Drittel der gesammten Scha- lenlänge. A. Römer beschrieb diese Art schon in seiner ersten Harz- arbeit aus den kalkigen Schichten des Klosterholzes bei Ilsenburg, woselbst sie seiner Zeit in ziemlicher Menge vorgekommen zu sein scheint. Er bezog sie damals auf den bekannten obersilurischen P. Knightü, liess aber diese Bestimmung später auf den Einspruch Beyrich’s und seines Bruders Ferdinand!) zweifelhaft. Und in der That weicht die genannte englische Form durch bedeuten- dere Grösse, stärkere Längsausdehnung, viel längeren und ge- krümmten Schnabel und besonders durch sehr viel zahlreichere, stumpfe Falten beträchtlich von der harzer Art ab?). Giebel war daher in vollem Recht, als er in seiner Harz- arbeit ein kleineres, offenbar durch Verdrückung verunstaltetes °) Exemplar aus dem Scheerenstieger Kalk (unsere Abbildung Fig. 4), welches Römer schon vor ihm abgebildet und gleich der Ilsen- burger Form fraglich als Knightii bestimmt hatte, mit dem neuen Namen Pent. costatus belegte. In den den ältesten Ablagerungen des Harzes äquivalenten Schichten Böhmens ist bisher keine unserem P. costatus näher ver- gleichbare Art gefunden worden *). Dagegen scheint unter den !) vergl. Lethäa, 2. Aufl. p. 350. 2) Viel näher als die harzer Art steht dem englischen Änighti der früher nur in Steinkernen und Abdrücken aus dem Quarzit von Greiffenstein bekannt gewe- sene, neuerdings aber auch im Rupbachthale und bei Wissenbach mit zum Theil noch erhaltener Schale aufgefundene P. Rhenanus F. Röm. (Lethäa, 2. Aufl. p. 349). Durch seine Grösse und seine zahlreichen, schmalen, stumpfen Längsfalten steht er der englischen Silurart und vielleicht noch mehr Verneuil’s P. Vogulicus und Basehkiricus (Geol. Russia II, pl. 7 und v. Grünewaldt, |. infra ce. tb. 4, f. 14 und 16) aus dem Ural nahe, unterscheidet sich aber von ihnen besonders durch das ungleich kürzere und niedrigere Medianseptum im Innern der Ventralschale. 3) Die Thatsache, dass auch viele andere im Scheerenstieger Kalk vorkom- mende Petrefacten durch Druck mehr oder weniger gelitten haben und die ganz abnorme Gestalt des in Rede stehenden Stückes sprechen bestimmt für seine Ver- drückung, obwohl dieselbe von Giebel bestritten wird. 4) Die von Barrande (Naturw. Abh. I, p. 463, tb. 21, f.3) aus seiner Etage F beschriebenen Fragmente gehören einer durch ihre flachen breiten Falten sowohl von harzer costatus als auch vom silurischen Änightii verschiedenen Art an. 158 Brachiopoda. von Grünewaldt'!) aus dem rothen Kalk von Bogoslowsk be- schriebenen Pentamerus-Formen eine von ihm nur in isolirten Ven- tralklappen aufgefundene Art durch ihre ebenfalls scharf dach- förmigen Falten unserem P. costatus zum Mindesten sehr nahe zu stehen. - Pentamerus Sieberi v. Buch. Tafel 27, Fig. 5—9, 13. — E Barrande, Naturw. Abh.], p. 465, tb. 21, f. 1, 2. 1847. — Knightü Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 46. 15858. ? Spirifer Selcanus Id. ibid. p. 35, tb. 4, f. 12. Eine der vorigen an Grösse nachstehende, dicke, stark quer ausgedehnte Art, die sich ausserdem durch einen kurzen, dicken, an den Dorsalbuckel angepressten Schnabel, einen mässig hohen, erst im zweiten Drittel der Schale deutlich werdenden Sattel, einen breiten, flachen Sinus und an den Buckeln entspringende, starke, scharfe, etwas ungleichmässige Falten auszeichnet. Bei den harzer 5) etwas stärkere, auf den Seiten je 4—6 etwas schwächere zu zählen. Die Art ist in Böhmen auf Barrande’s Etage F beschränkt, in welcher sie sehr verbreitet ist. Aus französischem Unterdevon, Exemplaren pflegt man deren auf dem Sattel und Sinus 4 und zwar von Erbray im Departement Loire inferieure, hat Cail- laud?) sie fraglich angegeben. Sie soll daselbst in mächtigen Kalksteinlagern zusammen mit einer Reihe anderer böhmischer Brachiopoden sowie solchen des rheinischen Spiriferensandsteins vorkommen Im Harz tritt sie sowohl im schwarzen Kalk des Scheerenstieges als auch besonders im hellfarbigen des Joachims- kopfes bei Zorge auf. Von ersterer Lokalität besitzt die Heidel- berger Sammlung mehrere isolirte Ventralklappen, die von Giebel 1) Mem. Sav. Etrang. Acad. St. Petersb. VII, p. 32, tb. 5, f. 19. ?) Bull Soc. Geol. 2. s. XVIII (1861) p. 332. ee I an u en zuc seen Yan Me ee ee ee Brachiopoda. 159 irrthümlicher Weise als P, Knightü beschrieben, aber nicht abge- bildet worden sind, und auch in der von demselben Forscher von der gleichen Lokalität als Spirifer Selcanus beschriebenen isolirten Ventralschale möchte ich — obwohl ich das Original in der Hei- delberger Sammlung vermisst habe — nach der Abbildung und be- sonders nach der Beschreibung fast mit Bestimmtheit eine etwas verdrückte Bauchklappe unserer Art vermuthen. Am Joachimskopf kommt ausser der typischen Form auch eine Abänderung ohne deutlichen Sinus und daher mit geradlinigem Stirnrande (Fig. 13) vor. Sie entspricht Barrande’s böhmischer Variet. rectifrons. Pentamerus galeatus Dalm. Tafel 27, Fig. 10, 11 (Copie nach Giebel), 12. — — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 45, tb. 4, ?. 10. Diese wohlbekannte, über die ganze Erde verbreitete, vom oberen Silur bis in’s mittlere Devon hinaufgehende Art fehlt auch in den ältesten Ablagerungen des Harzes nicht, wenn sie auch nirgends in grösserer Häufigkeit auftritt. Zwei der abgebildeten Exemplare stammen aus dem Kalk des Scheerenstieges. Sie sind durch starke Rippenbildung ausgezeichnet. Im Gegensatz dazu ist das dritte Exemplar (Fig. 10), welches vom Joachimskopf stammt, völlig glatt. Giebel führt aus dem Scheerenstieger Kalk noch P. integer Barr.!) auf (Sil. F. Unterh., p. 45). Das dieser Bestimmung zu Grunde liegende Fragment ist indess — wie auch Giebel selbst hervorhebt — so unvollkommen, dass dieselbe ganz ungewiss er- scheint. !) Naturw. Abh. I, p. 464, tb. 22, £. 7. 160 Brachiopoda. Genus Spirifer Sow. Formen aus der Gruppe des Spirifer plicatellus Linn. Das Vorkommen dieser durch eine faltenlose oder flachgefal- tete Schale und das Vorhandensein feiner Längsstreifen ausge- zeichneten Formengruppe in den ältesten Ablagerungen des Harzes ist von grossem Interesse. Dasselbe gehört mit zu denjenigen Eigenthümlichkeiten der Fauna, die als Nachhall der silurischen Formation erscheinen. Denn bekanntlich hat die fragliche Gruppe ihre Hauptverbreitung in der oberen Abtheilung der genannten Formation. Dass indess einige wenige Formen auch über das Sılur hinaus in das Unterdevon hinaufgehen, beweist ihr Auftreten in Ablagerungen dieses Alters am Rhein, in Frankreich und anderen Gegenden. Auch in den den ältesten Schichten des Harzes äqui- valenten Kalkbildungen Böhmens und des Ural spielen Arten der Plicatellus-Gruppe eine Rolle. In den nordamerikanischen Ober- helderbergschichten sind sie, wie es scheint, nicht mehr vorhanden, wohl aber tritt eine ausgezeichnete Art, Sp. macropleurus Conr.!), im Unterhelderberg auf. Spirifer togatus Barrande. Tafel 21, Fig. 3. — — Barr. Naturw. Abh. IT, p: 139, tb. 15, 102 (exe. 27) 23221513 (2?) — Davousti Verneuil Bull. Soc. G£ol. 2. s. VII, p. 78. 1850. _ — — in Tschihatscheff, Asie mineure, Paleont.p. 19, tb. 21, f.2. 1866—69. (?) — Verneuili Schnur, Brach. Eifel, p. 37, tb. 14, f.4. 1853. Diese Art ist ausgezeichnet durch stark quer ausgedehnten, ovalen Umriss, ziemlich beträchtliche, bei beiden Klappen unge- ') Hall, Paläont. N.-York III, pl. 27. ®) Von Barrande’s Abbildungen kann Fig. 29 nur durch ein Verschen zu togatus gezogen worden sein, da sie deutliche Seitenfalten zeigt, während solche der genannten Art nach Barrande’s Charakteristik vollständig abgehen sollen. Brachiopoda. 161 fähr gleich starke Convexität, einen stark vorragenden, gekrümm- ten Schnabel, einen an der äussersten Spitze des letzteren begin- nenden, scharf begränzten, nicht sehr breiten Sinus und einen ihm an Breite entsprechenden, mässig hohen, gerundeten Sattel. Die Oberfläche der Schale ist mit dicht gedrängten Längsstreifen be- deckt, die sich indess durch Abreibung leicht verwischen. Spünfer togatus tritt nach Barrande in Böhmen sowohl in Etage #& wie in F auf und gehört in dieser letzteren zu den ver- breitetsten Brachiopoden. Die Art steht Salter’s Var. ylobosa des Sp. plicatellus sehr nahe, unterscheidet sich aber von demselben durch den gerundeten, nicht, wie bei plicatellus, abgeplatteten Sattel. Eine weitere Eigenthümlichkeit der böhmischen Art liegt nach Barrande in der Vermehrung der Schalenstreifen nicht durch Dichotomie, wie bei der Linn@’schen Species, sondern durch Neu- einsetzung, und im Mangel der bei dieser letzteren oft sehr deut- lich vortretenden, feinen Querstreifung (vergl. Davidson’s schöne Abbildung Sıl. Brach. tb. 9). Im Harz hat Spirifer togatus sich bis jetzt nur in dem Kalk des Joachimskopfes bei Zorge gefunden. Die Sammlung der geo- logischen Landesanstalt besitzt von dort ein paar vollständige Dor- salklappen und Fragmente der Ventralklappe. Dieselben stimmen in jeder Hinsicht mit der typischen böhmischen Form überein und kommen in ihren Dimensionen deren allergrössten Individuen, wie sie sich nur in Etage F’ finden, vollständig gleich. Sehr wahrscheinlich kommt unsere Art als Seltenheit auch in unterdevonischen Ablagerungen vor. Verneuil’s in kalkigen Un- terdevonbildungen des westlichen Frankreich und der europäischen Türkei auftretender Spirifer Davousti soll sich nach der Bemer- kung des berühmten französischen Paläontologen von Sp. togatus nur durch den Mangel einer lamellenförmigen randlichen Erweite- rung der Schale — ähnlich wie sie bei Atrypa retieularis, Athyris Roissyi und manchen anderen Brachiopoden vorkommt — unter- scheiden. Da aber diese Erweiterung, wie bei den letztgenannten Arten so auch bei togatus, keineswegs bei allen Exemplaren zu beobachten ist und da von Davousti überhaupt nur einige wenige Exemplare bekannt sind, so kann die fragliche Eigenthümlichkeit a 162 Brachiopoda. nach meiner Meinung nicht als genügender Grund zu einer speci- fischen Trennung beider Formen angesehen werden. Ausser Davousti dürfte auch Schnur’s Sp. Verneuilki aus der kalkigen Grauwacke von Daleiden zu togatus zu rechnen sein. Wenigstens vermag ich aus Schnur’s Abbildung keine wesent- lichen Differenzen mit der böhmischen Art herauszufinden. Die Unterschiede unserer Art von dem nahestehenden, gleich- altrigen böhmischen secans hat Barrande angegeben. Der eben- falls gleichaltrige Sp. superbus Eichw.') von Petropawlowsk im südlichen Ural unterscheidet sich durch viel geringere Queraus- dehnung und den Mangel eines deutlichen Sinus und Sattels. Spirifer togatus var. subsinuata A. Röm. Tafel 21, Fig. 1, 2, 7. — subsinuatus A. Römer, Beitr. III, p. 3, tb. 2, f.5. 1853. — — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 31, tb. 4, f. 11. 1858. Eine die vorige an Grösse noch übertreffende Form aus dem Kalke des Schneckenberges und Badeholzes bei Mägdesprung, in der ich nur eine Abänderung von togatus, aber nicht eine selb- ständige Art zu erblicken vermag. Sie unterscheidet sich von der Hauptform durch mehr vierseitigen Umriss, geringere Dicke des Gehäuses und einen zwar an der Spitze des Schnabels entsprin- genden, aber sehr flach bleibenden, breiten Sinus, dem auf der Dorsalklappe ein niedriger, abgeflachter Sattel entspricht. Der Schnabel ist nach Römer’s Abbildung zu urtheilen kürzer und schwächer gekrümmt und die Schalenstreifung markirter als bei der typischen Form. Die Landesanstalt und die Heidelberger Sammlung besitzen eine grössere Anzahl von Stücken dieses Spirifer, freilich nur lauter isolirte Klappen mit meist stark abgeriebener Oberfläche. Römer und Giebel kannten nur die grosse Klappe. Die von !) v. Grünewaldt, Mem. Sav. Etrang. Acad. St. Petersb. VII, p. 603, tb. 7, £. 24. Brachiopoda. 163 beiden Autoren angegebene Furche auf der Mitte des Sinus habe ich nicht beobachten können. Auf Römer’s Abbildung ist der Sinus zu scharf abgegränzt, auf derjenigen Giebel’s dagegen tritt er viel zu schwach hervor. Unser Spirifer steht zwar der Stammform der Gruppe, Sp. plicatellus, durch den abgeplatteten Sattel näher als der typische togatus, entfernt sich indess auf der anderen Seite von derselben durch den flachen, schwach abgegränzten Sinus und den niedri- gen Sattel. Durch die gröbere Schalenstreifung erinnert unsere Muschel an Barrande’s secans. Diese Art unterscheidet sich in- dess durch ihren sehr ausgesprochen querovalen Umriss und das Vorhandensein von Querfalten. Spirifer Sp. Tafel 25, Fig. 17. Eine stark beschädigte, isolirte Ventralklappe aus dem Kalk des Scheerenstieges, die in der Heidelberger Sammlung aufbewahrt wird, zeichnet sich durch beträchtliche Grösse, kaum merklichen Sinus, zahlreiche flache Radialfalten und Reste einer — in unserer Abbildung etwas zu grob ausgefallenen — Radialstreifung aus und gehört wohl einer besonderen Art an. Spirifer sericeus A. Röm. Tafel 21, Fig. 4, 5, 8, 9. — — A. Röm. Beitr. III, p. 4, tb. 2, f.6 (male). 1875. — — Giebel, $il. F. Unterharz, p. 31, tb. 4, f. 15—17. 1858. Eine ziemlich erhebliche Dimensionen erreichende, mässig stark gewölbte Art von stark querovalem Umriss, mit nur wenig unter dem Schlossrande liegender grösster Breitenausdehnung. Der Schna- bel ist verhältnissmässig kurz, Sinus und Sattel sind flach und I 164 Brachiopoda. schmal und treten nur ausnahmsweise schon ın der Nähe der Buckel, meistens erst im der zweiten Hälfte der Schale oder in der Nähe des Randes deutlich hervor. Die Oberfläche der letzte- ren ist mit zahlreichen markirten Anwachsringen bedeckt, welche feine, aber schon mit blossem Auge erkennbare, senkrecht stehende Papillen tragen. Spirifer sericeus wurde von A. Römer aus dem Kalk des Schneckenberges beschrieben, aber unrichtig abgebildet (R. lässt den Sinus fälschlich schon an der Schnabelspitze beginnen!). Aus- serdem kommt die Art auch am Joachimskopf vor. An beiden Lokalitäten haben sich bisher immer nur isolirte Klappen ge- funden. Durch ihre Gestalt und Seulptur schliesst sich unsere Art dem bekannten carbonischen Sp. lineatus und verwandten Arten an, mit denen man sie wohl mit vollem Recht zu einer Gruppe vereinigen kann. Unter den Spiriferen der gleichaltrigen böhmi- schen Kalkbildungen ist mir keiner bekannt, der eine ähnliche Sculptur besässe; wohl aber kommt eine solche bei gewissen cur- vatus-ähnlichen Formen des rheinischen Spiriferensandsteins und bei Sp. jimbriatus Conr. aus dem nordamerikanischen Oriskany- sandstein!) vor. Spirifer Sp. Tafel 21, Fig. 6; Tafel 25, Fig. 18, 19. Die geologische Landesanstalt besitzt sowohl vom Schnecken- berge wie auch aus der Gegend von Wieda Dorsalklappen eines kleinen Spirifer, der durch das Vorhandensein einiger flachen Sei- tenfalten auf beiden Seiten des flachgerundeten Sattels ausgezeich- net ist. Es ist sehr möglich, dass die Form nur eine Abänderung der vorigen Art darstellt; ich wage indess nicht, dies mit Be- stimmtheit zu behaupten, da ich an keinem Stücke eine Spur der für Sp. sericeus charakteristischen Papillensculptur beobach- ten konnte. !) Hall, Paläont. N.-York IV, pl. 33. Brachiopoda. 165 Spirifer Decheni Kays. Tafel 22, Fie. 1, 2, — cultrijugatus? A. Röm., Beitr. II, p. 99, tb. 15, f. 7. 1852. Eine sehr grosse Art aus dem Brachiopodenkalk des Joachins- kopfes bei Wieda, woselbst sie sich zwar nur in wenigen, aber gut erhaltenen Exemplaren — isolirte Ventral- und Dorsalschalen — gefunden hat. Beide Klappen sind stark gewölbt, der Schnabel verhältnissmässig wenig über die Schlosslinie erhoben. In seiner äussersten Spitze beginnt ein tiefer, breiter Sinus, dem auf der kleineren Klappe ein hoher, schneidig scharfer Sattel entspricht. Auf jeder Seite des Sinus und Sattels liegen 8—10 starke, stumpf- ' kantige, durch etwa ebenso breite Furchen getrennte Falten. Bei guter Oberflächen - Erhaltung gewahrt man zarte, gedrängte An- wachsstreifen, die in der Mitte von Sinus und Sattel winkelig ge- brochene, mit ihrer Spitze nach vorn gerichtete Bögen beschreiben. Ich erlaube mir, diese schöne grosse Art zu Ehren des all- verehrten Nestors der deutschen Geologen, des Herrn v. Dechen in Bonn, zu benennen. A. Römer hat unsere Form bereits recht gut abgebildet und dieselbe fraglich zum wohlbekannten rheinischen Sp. cultrjugatus gestellt. Und in der That lässt sich eine nahe Verwandtschaft beider Formen nicht in Abrede stellen. Indess ist die rheinische Art und ebenso der davon kaum zu trennende nord- amerikanische Sp. acuminatus Conr. aus der Oberhelderberg- und Hamilton-Gruppe!) von unserer harzer Form durch die viel zahl- reicheren (12—20 auf jeder Seite), gerundeten und zum Theil di- chotomirenden Falten und den schmäleren Sinus hinlänglich unter- schieden. Näher als culirıjugatus steht unserem Spirifer eine an- dere rheinische Art, nämlich die von Steininger in seiner Be- schreibung der Eifel?) mit dem Namen Sp. primaevus belegte, später von Krantz°) als socialis beschriebene Form‘). 1) Hall, Paläont. N.-York IV, pl. 29. 2) ED, 10 a lo li ne 3) Verhandl. naturw. Ver. Rheinl.-Westf. XIV (1857) p. 151, tb. 8, f. 3a, dc, dd. 4) Steininger’s primaevus ist eine im rheinischen Unterdevon sehr ver- breitete Form, die gewöhnlich in quarzitischen Gesteinen auftritt und, wie es scheint, 166 Brachiopoda. Aber auch diese sehr grosse Art ist von der harzer unter- schieden, und zwar durch ihre weniger zahlreichen (6—8 auf jeder Seite) und daher breiteren, scharfkantigeren Falten. Noch weiter als die genannten Formen entfernt sich endlich von unserer Art der derselben Formen-Gruppe angehörige Sp. macro- thyris Hall aus dem Oberhelderberg-Kalke von Ohio!) durch seine stark querverlängerte, fast geflügelte Gestalt und seine sehr flachen, breiten Falten. Römer hat irrthümlicher Weise auch gewisse flachsattelige Spiriferen aus den Mägdesprunger Kalken zu seinem cultrijugatus, unserem Sp. Decheni gerechnet, und dies ist der Grund, warum Giebel, der diese Formen später?) mit dem Namen allaw belegt hat, Römer’s cultrjugatus vom Joachimskopf als Synonym seines fallax aufführt. Beide Formen sind indess durchaus verschieden, da die Widaer einen hohen, scharfkantigen, fallax aber einen ziem- lich niedrigen, flachen Sattel besitzt. überall ein tieferes, von dem des eigentlichen Spiriferensandsteins (oder der Co- blenzer Grauwacke) verschiedenes Niveau charakterisirt. Da sie — wohl in Folge der Mangelhaftigkeit der bisherigen Abbildungen — in allen Sammlungen, in denen ich sie gesehen, verkannt worden ist (sie wird theils mit Sp. cultrijugatus, theils mit macropterus verwechselt), so habe ich auf unserer Tafel 35, f. 1-3 einige Exemplare aus dem Schiefer des Menzenberges bei Bonn und dem Quarzit des Soonwaldes abbilden lassen. Die Art ist mir ausserdem noch von mehreren Orten im Siegen’schen bekannt — woher das von Steininger abgebildete Exemplar (quarzige Grauwacke von Herdorf) stammt —, von Uelmen in der Eifel, Aben- theuer im Hundsrück, von mehreren Punkten im Taunus (überall im Quarzit) und nach Steininger soll sie auch bei Stadtfeld in der Eifel vorkommen. Um den Schnabel herum war die Schale ähnlich wie bei eultrijugatus von ausserordent- licher Dicke, in Folge dessen der Muskelzapfen am Steinkern der Ventralklappe von ungewöhnlicher Stärke ist. Ein derartiger Kern der Bauchschale eines mittel- grossen Individuums ist es, den Quenstedt auf Tafel 52 seiner Brachiopoden Fig. 42a abbildet, während die übrigen Kerne derselben Abbildung theils von Bauch-, theils von Rückenschalen jüngerer Individuen herrühren. Es ist sehr interessant, dass Sp. primaevus sich auch im spanischen und westfranzösischen Unterdevon (in Frankreich im Kalk) wiedergefunden haben soll [vergl. Caillaud, Bull. Soc. Geol. France, 2. s. XVII, p. 333]. Bedarf auch diese Angabe noch der Bestätigung, so scheint es andrerseits in hohem Grade wahrscheinlich , dass auch der von Davidson fraglich als cultrijugatus bestimmte grosse Spirifer aus der altdevonischen Grauwacke von Looe in Cornwall (Devonian Brachiop. p. 25, tb. 8, f£. 1—3) der Steininger’schen Art angehöre. !) Hall, Pal. N.-York IV, pl. 30, f. 16—20. 2) Sil. F. Unterharz, p. 32. Brachiopoda. 167 Spirifer fallax Giebel. Tafel 34, Fig. 2 (Copie nach Giebel). — — Giebel, Sıl. F. Unterharz, p. 32, tb. 4, f.1. 1858. Giebel bildet aus dem Kalk des Scheerenstieges die isolirte Dorsalklappe eines Spirifer ab, der durch seine ansehnlichen Dimensionen und acht starke, stumpfkantige, auf jeder Seite des breiten Sattels liegende Falten an die vorige Art erinnert. Nach Giebel’s Beschreibung und Abbildung ist jedoch der Sattel niedrig und auf seiner Oberseite stark abgeplattet, und dieses Merkmal würde unsere Form von Sp. Decheni, primaevus und den ver- wandten Arten sehr bestimmt unterscheiden. Der Umriss der Form ist halbkreisförmig, ihre grösste Breite liest in der Schlosslinie. Giebel hat auch unseren Sp. Decheni vom Joachimskopf zu seinem jallax gezogen. Dass dies unzulässig sei, liegt bei der völlig verschiedenen Gestalt des Sattels beider auf der Hand. Ich habe Giebel’s Original in der Heidelberger Sammlung leider nicht auffinden können. Es blieb mir daher nichts übrig, als die von ihm gegebene Abbildung copiren zu lassen. Spirifer Ilsae n. sp. Tafel 22, Fig. 3, 4. Die Jasche’sche und die hiesige Universitäts-Sammlung be- sitzen je eine isolirte Rückenschale eines eigenthümlichen Spirifer aus den kalkigen Schichten des Klosterholzes. Derselbe zeichnet sich durch einen dreiseitigen, geflügelten Umriss, einen schon am Buckel beginnenden, hohen, stark vorspringenden, gekielten Sattel und 5—6 breite, gerundete Falten auf jeder Seite aus. Unter den gleichaltrigen Spiriferen Europa’s kenne ich keine der beschriebenen näher vergleichbare Art. Denn der mit analogen Falten versehene bekannte eifeler Spirifer speciosus unterscheidet sich sehr bestimmt durch seinen niedrigen, flach gerundeten Sattel, Barrande’s Spirifer pollens aber von der Basis der böhmischen 168 Brachiopoda. Etage F durch den sehr viel breiteren, stark abgeplatteten Sattel. Viel näher als die beiden genannten steht der Ilsenburger Art Hall’s Spir. arrectus aus dem nordamerikanischen Oriskanysand- stein 1). Derselbe unterscheidet sich von Spir. Ilsae nur durch seinen etwas mehr gerundeten Sattel. Ausserdem ist seine Ober- fläche mit zarten, welligen Quer- sowie mit feinen Längsstreifen versehen. Bei unserer Art ist die Schale zu stark abgerieben, als dass ihre Sculptur zu beobachten wäre. Spirifer Hercyniae Giebel. Tafel 23, Fig. 7—13; Tafel 34, Fig. 3. — pollens A. Röm., Beitr. I, p. 58, tb. 9, f. 10. 1850. — Hercyniae Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 30, tb. 4, f. 14. 1858. Eine schöne, langgeflügelte Art aus der Verwandtschaft des Spirifer paradozus (oder macropterus). Beide Klappen sind mässig stark gewölbt, der Schnabel verhältnissmässig kurz, die lange Area sehr niedrig. Der Sinus beginnt in der äussersten Schnabelspitze und erreicht beträchtliche Tiefe, aber geringe Breite. Sein Grund ist flach concav. Der Sattel erhebt sich zu mässiger Höhe und hat eine stumpf-kielförmige Gestalt. Auf jeder Seite des Sinus und Sattels liegen 12—16 starke, gerundete, durch ungefähr eben so breite, hohlkehlenförmige Zwischenräume getrennte Falten. Die Art wurde von Giebel von Mägdesprung beschrieben und ist in den hercynischen Kalken sehr verbreitet. Sie erreicht namentlich in der Gegend von Zorge, Wieda und Ilsenburg, wo sie am häufigsten vorkommt, recht beträchtliche Dimensionen. Römer verwechselte sie mit Barrande’s Sp. pollens, der durch seinen abgeplatteten Sattel und flache, breite Seitenfalten sehr erheblich abweicht. Giebel erkannte diese Verschiedenheit und belegte die Form mit dem passenden Namen Sp. Hercyniae. Als nächster Verwandter unserer Art muss der rheinische Sp. paradoxus angesehen werden. Derselbe unterscheidet sich in- !) Hall, Paläont. N.-York III, pl. 97. Brachiopoda. 169 dess erstens durch das Vorhandensein einer kleinen leistenförmigen Falte in der Mitte des Sinus ') und zweitens durch die fast immer zu beobachtende Ausschweifung der Contourlinie der Seiten zwi- schen Stirn und Schlossecken. — Auch der langgeflügelte Spirv- ‚fer perextensus Meek und Worthen ?) aus den nordamerikanischen Oberhelderberg-Kalken steht unserer Art nahe, weicht aber durch seinen abgeplatteten Sattel ab. Spirifer sp. Tafel 22, Fig. 5, 6? Aus den Schichten des Klosterholzes bei Isenburg liegen mir einige isolirte Bauchklappen eines kleinen Spürfer vor, welche sich bei kurzflügliger, an den Ecken ausgeschweifter Gestalt durch einen niedrigen Buckel, einen glatten, tief eingesenkten, flach- grundigen Sinus und 6—8 starke, gerundete, durch schmale Fur- chen getrennte Falten auf jeder Seite desselben auszeichnen. Die fraglichen Klappen zeigen grosse Aehnlichkeit mit einer von den Brüdern Sandberger°) und von Schnur‘) — von dem Letz- teren als Sp. arduennensis — abgebildeten, kurzflügligen Abände- rung des bekannten Sp. paradoxus oder macropterus aus der rhei- !) Diese Falte ist — wie de Koninck neuerdings (Ann. d. ]. Soe. Belg. III (1876) p. 43) hervorgehoben und ich selbst nach Beobachtungen an Exemplaren von Daleiden mit noch erhaltener Kalkschale bestätigen kann — nur auf der Aussen- und nicht auf der Innenseite der Schale bemerkbar und daher auf dem Steinkern nicht zu beobachten. Verneuil, der diese Falte zuerst an Exemplaren von paradoxus aus den kalkigen Unterdevonschichten Asturiens beobachtete, sah dieselbe als eine Eigenthümlichkeit der spanischen Form an, auf Grund deren er sie von paradozus trennte und mit dem Namen Pellico belegte. (Bull. Soc. Geol. France 2. s. II, 1845, p. 474, tb. 15, f.1.) Auch der türkische paradozus zeigt die fragliche Falte und ist daher von Verneuil ebenfalls als Pellico be- schrieben worden. (Tschihatscheff, Asie mineure, Paleont. 1866 — 69, p. 19.) 2) Geol. Illinois, III, p. 414, tb. 10, £. 1. 3) Rhein. Sch. Nass. tb. 32, f. 3a. *) Brach. d. Eifel tb. 10, f. 3a und 3b 170 Brachiopoda. nischen Grauwacke. Indess lässt der gänzliche Mangel einer Falte im Sinus eine Verbindung mit der genannten Schlotheim’schen Art nicht zu. Auch im Brachiopoden-Kalk des Radebeil kommen ähnliche, aber leider gewöhnlich in sehr fragmentarischem Zustande befind- liche Spiriferen vor. Spirifer enf. laevicosta Valenc. Tafel 22, Fig. 10. ? Spirifer luevicosta? Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 30. In der Gegend von Mägdesprung, Harzgerode, Trautenstein, Benneckenstein und Zorge finden sich nicht selten isolirte Klappen von Spiriferen mit ziemlich breitem, flachgerundetem Sattel und entsprechend gestaltetem Sinus und S—12 in ihrer Stärke etwas wechselnden, gerundeten Falten. Dieselben erinnern am meisten an den bekannten Sp. laevicosta oder ostiolatus, dem wahrschein- lich auch ein grosser Theil der gewöhnlich als Sp. hystericus und micropterus bezeichneten Steinkerne der älteren rheinischen Grau- wacke angehören. Für eine genauere Bestimmung bieten jene ge- wöhnlich sehr schlecht erhaltenen Reste keine Anhaltsp unkte. Spirifer Nerei Barrande var. Taiel 23, Bio. 1 9: Varel 25 Bias 2222 — — Barrande, Naturw. Abh. II, p. 197, tb. 15, f.A4. 1848. —r —2 A Römer, Beitrl, p.58, 10. 9,:12192 (male)e1350! Im Kalk des Klosterholzes bei Ilsenburg und des Mittelber- ges und anderer Punkte bei Zorge kommen häufig Reste eines Spirifer vor, der auf den ersten Blick an laevicosta erinnert, der sich indess bei näherer Prüfung von jener Art als verschieden erweist. Derselbe ist in der Regel nicht viel breiter als lang und erhält nur ausnahmsweise (Tf. 23, f. 1) durch stärkere Quer- ir Da Brachiopoda. 171 ausdehnung ein geflügeltes, paradoxus-artiges Aussehen. Beide Klappen sind mässig und ungefähr gleich stark gewölbt, der Schnabel von mässiger Länge. Auf jeder Seite des glatten Sinus und Sattels liegen bis 14 starke, gerundete, durch schmälere Zwischenräume getrennte Falten. Die bezeichnendste Eigenthüm- lichkeit der Art beruht auf der Beschaffenheit des Sinus und Sat- tels, von denen der erstere von ziemlicher Breite und dabei nicht, wie gewöhnlich, gleich mässig concav, sondern in der Mitte flach- winkelig gebrochen, der letztere aber von stumpf kielförmiger Gestalt ist. Römer identificirte die beschriebene Form mit Barrande’s Sp. Nerei aus der böhmischen Etage F. Und in der That schei- nen die erwähnten Eigenthümlichkeiten auf diese Art hinzuweisen, wenn auch der Habitus der harzer Muschel von dem der böhmi- schen etwas abweicht, namentlich so stark querverlängerte Formen in Böhmen zu fehlen scheinen. Ob die Art auch im östlichen Harz vorkommt, scheint nicht ganz sicher. Zwar finden sich auch in den dortigen Kalken ziem- lich häufig Ventralschalen mit analog geformtem Sinus; dieselben scheinen indess nicht Nerei, sondern der folgenden Art anzuge- hören, da die mit ihnen zusammen vorkommenden Dorsalschalen einen stark abgeplatteten, meist sogar etwas ausgehöhlten Sattel besitzen. Spüriferi Nerei ist auch im Unterdevon von Vire im nord- westlichen Frankreich aufgefunden worden!) und kommt wahr- scheinlich auch in den thüringischen Tentaculitenschichten vor. R. Richter hat ihn aus demselben schon vor längerer Zeit be- schrieben, und nach den mir von dem genannten Autor gütigst übersandten Originalstücken scheint mir sein Vorkommen in Thü- ringen ziemlich wahrscheinlich. Ich halte es endlich für sehr möglich, dass auch Clarke’s Sp. Yassensis aus australischen Devonbildungen ?) mit analoger Ge- stalt und analog beschaffenem Sinus und Sattel und etwa 9 Falten auf jeder Seite mit unserer Art identisch sei. ') Barrande, Trilob. p. 9. 2) deKoninck, foss. pal&oz. Nouvelle Galles du Sud, 1876, p. 104, tb. 5, 8. 6. 172 Brachiopoda. Spirifer excavatus n. Sp. Tafel 22, Fig. ”—9, 11; Tafel 23, Fig. 6; Tafel 25, Fig. 22, 25, 26. Spirifer laevicosta®? Giebel, Sıl. F. Unterharz, p. 30, tb. 4, f. 18. 1858. In den Kalklagern der Gegend von Mägdesprung und Wieda (hier besonders am Radebeil) finden sich häufig Einzelklappen einer anderen, auf den ersten Blick an Sp. laevicosta erinnernden Form. Dieselbe ist indess sowohl von dieser als auch von der vorigen Art durch ihren stark abgeplatteten und auf der Oberfläche mehr oder weniger vertieften Sattel ausgezeichnet. Ausserdem sind auch — wie das die typischen Tf. 22, f. 9 u. 11 und Tf. 25, f. 22 dar- gestellten Exemplare zeigen — die 8— 14 auf jeder Seite liegen- den Falten gewöhnlich schärfer und durch grössere Zwischenräume getrennt, als bei der von mir zu Nerei gerechneten Form. Der Sinus ist, wie bei dieser letzteren, im Grunde winkelig geknickt (RP 29.006, 0129071272298 Das kleine Tf. 23, f. 6 dargestellte Exemplar vom Kloster- holz möchte ich als Jugendform unserer Art betrachten. Ist diese Ansicht gerechtfertigt, so würde Sp. excavatus auch in den gleich- altrigen böhmischen Kalkbildungen vorkommen, da die Landes- anstalt aus diesen — wie unsere Abbildung Tafel 34, f. 18 lehrt — eine vollständig übereinstimmende Form besitzt. Sp. ewcavatus ist vor Allem durch die oft sehr stark werdende Aushöhlung des abgeplatteten Sattels ausgezeichnet. Er theilt diese Eigenthümlichkeit mit dem bekannten obersilurischen Sp. elevatus Dalm., bei dem dieselbe indess schwächer ausgebildet ist. Spirifer Bischofi A. Röm. Tafel 24, Fig. A—9; Tafel 25, Fig. 23, 24. — — Giebel, Sil. F. Unterh., p. 29, tb. 4, f.3. 1858. Unter dem Römer’schen Namen Bischofi hat Giebel die Ventralschale einer Art aus dem Kalk von Mägdesprung beschrie- Brachiopoda. 173 ben, die sich von allen übrigen mit ihr zusammen vorkommenden durch das Vorhandensein von Falten nicht nur auf den Seiten, sondern auch im Sinus unterscheidet. Es ist mir gelungen, in den Sammlungen der geologischen Landesanstalt und des Heidelberger Universitätscabinets auch die Dorsalklappe dieser interessanten Form aufzufinden und zugleich auch ihr Vorkommen am Radebeil bei Wieda nachzuweisen. Die Art hat sich bisher immer nur in isolirten Schalen gefun- den. Sie hat einen gerundeten, querausgedehnten Umriss und einen sich ziemlich stark erhebenden Schnabel. Beide Klappen sind ziemlich stark gewölbt. Der Sinus der grossen beginnt an der Spitze des Schnabels und erreicht eine ansehnliche Breite, aber nur eine geringe Tiefe. Ihm entspricht auf der kleineren Klappe ein nur mässıg hoch werdender, gerundeter Sattel. Zuwei- len schon in der Nähe des Buckels, gewöhnlich aber erst später, bilden sich auf der Oberfläche des Sattels in ganz unregelimässiger Weise eine Anzahl bald stärkerer, bald schwächerer Furchen aus, wodurch der Sattel gegen den Rand hin mehr oder weniger stark faltıg wird. In ganz ähnlicher, unbestimmter Weise stellen sich auch im Sinus einige Falten von wechselnder Stärke ein, hier aber schon in geringer Entfernung vom Buckel. Auf den Seiten zählt man je 8$— 14 gerundete Falten von etwas ungleichmässiger Stärke, die sich in seltenen Fällen (wie Tf. 24, f. 4) nach dem Rande zu spalten. Diese Art ist nicht nur durch das Vorhandensein von Falten im Sinus und Sattel, sondern auch durch die unbestimmte Zahl und Ungleichmässigkeit der Seitenfalten ausgezeichnet. Sp. Bischofi muss als Vorläufer des bekannten mitteldevoni- schen canaliferus Val. s. aperturatus Schl. angesehen werden, mit dem er das Vorhandensein von Mittelfalten und die theilweise Dichotomie der Seitenfalten gemein hat. Allein bei der jüngeren Form treten die mittleren Falten schon an den Buckeln hervor und sind, ebenso wie die seitlichen, untereinander sehr viel gleich- mässiger, als bei der harzer Art. Viel näher als canaliferus steht der letzteren eine andere im rheinischen Spiriferensandstein auftretende 174 Brachiopoda. Form '), Steininger’s Sp. Daleidensis?). Derselbe zeigt die nämliche Unregelmässigkeit der auf Sinus und Sattel auftretenden und eine ähnliche Spaltung der seitlichen Falten. Man könnte - sich geneigt fühlen, ihn mit Sp. Bischofi zu vereinigen, wenn nicht das Vorhandensein einer ausgezeichneten, durch concentrische Papillenreihen bedingten Schalensculptur, von welcher ich an den allerdings stark abgeriebenen Exemplaren der harzer Muschel keine Andeutung beobachten konnte, zur Vorsicht nöthigte. Auch in den nordamerikanischen Oberhelderbergkalken kommt eine unserer Art sehr ähnliche, durch unregelmässige Faltenbil- dung auf Sinus und Sattel ausgezeichnete Form vor, Hall’s Sp. Grieri?). Obwohl ihre Seitenfalten nach Hall’s Beschreibung immer einfach sind, könnte sie vielleicht dennoch mit unserem Bischofi identisch sein. !) Geogn. Beschr. d. Eifel, p. 71. ?) Damit identisch ist Wirtgen’s Sp. dichotomus, wie seine in der Samm- lung des naturhistor. Vereins zu Bonn aufbewahrten Original- Exemplare zeigen. Auch der von Schnur (Brach. Eifel, tb. 14, f. 5e) abgebildete Sp. aperturatus von Daleiden gehört hierher. Ich kenne die Art ausser von der eben genannten Lokalität und dem benachbarten Waxweiler noch vom Menzenberge unweit Bonn und aus dem Condethal bei Coblenz. Die oben beschriebene Papillensceulptur, welche von der bei Sp. canaliferus vorkommenden (vergl. Quenst. Brach. tb. 43, f. 43) sehr verschieden ist, konnte ich an einem Exemplar von Waxweiler und einem anderen vom Menzenberge beobachten. Da die interessante Art noch so gut wie unbekannt ist, habe ich auf Tafel 35, Fig. 4—7 mehrere Exemplare davon abbilden lassen. Man ersielit schon aus diesen Abbildungen, dass an derselben Lokalität nebeneinander Formen mit ganz schwach gefaltetem Sattel und ein- fachen Seitenfalten (Fig. 5) und solche mit zahlreicheren Mittelfalten und mehrfach dichotomirenden Seitenfalten vorkommen. — Vermuthlich gehört auch der von Phillips beschriebene Sp. aperturatus aus der altdevonischen Grauwacke von Linton in Devonshire (vergl. Davids. Brit. Devon. Brach. p. 26, tb. 6, f. 9) zu Daleidensis. 3) Paläont. N.-York IV, tb. 27, 28. Ne m ı i Brachiopoda. 175 Spirifer affın. erispus His. Tafel 25, Fig. 21 (vergr.). Giebel giebt!) diese bekannte OÖbersilurart aus dem Kalk des Schneckenberges an. Sein in der Heidelberger Sammlung be- findliches Originalexemplar — eine unvollständige Einzelklappe — lässt sich indess nicht auf jene Form zurückführen. Dagegen be- sitzt die Clausthaler Sammlung eine kleine Ventralklappe aus dem Mägdesprunger Kalk, die A. Römer als crispus bestimmte und die auch ich dieser Art oder der von ihr äusserlich kaum verschie- denen devonischen und carbonischen Spirifera insculpta Phill.?) zurechnen möchte. Auf jeder Seite des tief eingesenkten, bis in die äusserste Schnabelspitze zu verfolgenden: Sinus liegen zwei stärkere und eine dritte schwächere Falte, von denen die den Sinus begränzenden die Gestalt starker, gerundeter Kiele haben. Die charakteristischen welligen, concentrischen Anwachsstreifen sind wenigstens angedeutet. Spirifer Sp. Tafel 24, Fig. 13. Unter der Bezeichnung Sp. erispus bewahrt die Heidelberger Sammlung eine nicht ganz vollständig erhaltene Einzelklappe eines Spirifer von Mägdesprung auf, welcher sich durch 8 vom Buckel ausstrahlende, stark vorragende, durch breite, glatte Zwischen- räume getrennte Rippen auszeichnet. Dies Fragment erinnert an Barrande’s Sp. exsul aus dem böhmischen Obersilur ?). Ich wage indess nicht, dasselbe mit einiger Sicherheit auf diese Art zu be- ziehen. 1) Sil. F. Unterharz p. 33. 2) vergl. Davidson, Brit. Silur. Brach. tb. 10, f. 14, 15. — Devon. Br. tb. 6, f. 16, 17. — Carbon. Br. tb. 7. 3) Naturw. Abh. II, tb. 15, £. 5. 176 Brachiopoda. Spirifer Jaschei A. Röm. Tafel 23, Fig. 15; Tafel 24, Fig. 1, 2. — — A. Röm. Beitr. I, p. 58, tb. 9, f. 11. 1850. Eine in den kalkigen Schichten des Klosterholzes nicht seltene Art. Sie besitzt einen querverlängerten, trapezförmigen Umriss mit gerundeten Ecken und grösster Breite etwas unter der Schloss- linie. Die kleinere Klappe ist mässig convex, die grosse ist meist etwas stärker gewölbt und von pyramidaler Gestalt, mit hoher, senkrecht zur Längsausdehnung des Gehäuses stehender Area. Sinus und Sattel sind wohl ausgebildet, der erstere jederseits durch eine starke, gerundet-kielförmige Kante begränzt, der letztere in der Jugend nur schwach, im Alter stärker abgeplattet. Auf jeder Seite liegen zwei breite, flache, mit zunehmendem Alter immer stärker werdende Falten. Die Oberfläche der Schale ist, von eini- gen schwachen Anwachsstreifen abgesehen, glatt. Im Innern der Ventralklappe ist ausser den beiden gewöhnlichen, seitlichen, noch eine dritte, mittlere Scheidewand vorhanden, welche fast bis zur Mitte der Klappe hinabreicht. Unter den europäischen Spiriferen ähnlichen Alters ist mir keine unserer Art näher vergleichbare Form bekannt. Dagegen zeist Conrad’s Delthyris raricosta aus dem nordamerikanischen Öberhelderbergkalke!) einen sehr analogen Habitus. Indess ist der Schnabel dieser Art im Unterschiede von Spür. Jaschei immer stärker gekrümmt und die Area weniger hoch und schräg, die Schalenoberfläche mit welligen, lamellösen Querstreifen bedeckt, und endlich fehlt ihr auch das Medianseptum im Innern der Ven- tralschale. Hall’s Spirifer perlamellosus aus den Unterhelderberg- schichten?), der nach dem amerikanischen Autor nicht immer leicht von raricosta zu unterscheiden ist, hat zwar ein solches Septum, entfernt sich aber durch gerundeten Sattel und zahlrei- chere, stärkere Falten weiter von unserer Art. '!) vergl. Hall, Paläont. N.-York, p. 192, tb. 30. 2) 1.2e, 11, pl. 26. Brachiopoda. 177 Giebel giebt!) aus dem Kalke des Schneckenberges noch Barrande's Sp. spurius?) an. Dieser Bestimmung liegt nur eine einzige, sehr ungenügend erhaltene, jetzt in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte Ventralklappe zu Grunde, deren Deutung als spurius ganz unsicher ist. Weiter beschreibt Römer?) aus den Schichten des Kloster- holzes Spirifer robustus Barr.; die in der Jasche’schen Samm- lung befindlichen Originalexemplare zeigen aber, dass die unter diesem Namen beschriebene Form (Fig. 10—-12 meiner Tafel 24) überhaupt nicht zu Spirifer, sondern zu Athyris (undata) gehört. Genus Cyrtina Davids. Cyrtina heteroclita Defr. (?) Tafel 23, Fig. 14. —_.— Davids. Brit. Devon. Brach. p. 48, tb. 9, f. 1-14. Spirifer sp. A. Römer, Beitr. II, p. 100, tb. 15, f. 8, 9 (2). 1852. Die Sammlung der geologischen Landesanstalt besitzt ein klei- nes, nicht ganz vollständiges Exemplar einer Muschel aus dem Kalke des Scheerenstieges, welche ich, ebenso wie den Spirifer, den Römer aus dem Kalklager abgebildet hat (l. supra c.), wel- ches bei der ehemaligen Friedrich-Victorshütte ansteht, der be- kannten, in devonischen Ablagerungen weit verbreiteten C. hetero- clita zurechnen möchte. Dass die Gattungsbestimmung richtig sei, beweist die lange Medianleiste im Innern der hochpyramidalen Ventralschale. Man zählt auf jeder Seite des Sinus nur 3 Falten. Die Muschel gehört somit zu den adımas gefalteten Abänderun- gen der Art. Die Art scheint auch in der Gegend von Wieda vorzukom- men, wie ich aus einem ebenfalls im Besitze der Landesanstalt DElzep.34 2) Naturw. Abh. II, p. 174, tb. 18, £. 17. 3) Beitr. I, p. 60. 12 178 Brachiopoda. befindlichen Fragmente schliesse. Auch aus den gleichaltrigen Ab- lagerungen Böhmens (Etage #) haben Barrande und Richter!) eine gleich der harzer Form schwach gefaltete Abänderung be- schrieben. Endlich kommen Formen, die von heterochta specifisch nur schwer zu trennen sein dürften, auch in den Unterhelder- bergschichten (©. Dalmani Hall)?), im Oriskanysandstein (C. ro- strata Hall, eine gleich der devonischen heterochta var. multipli- cata Davids. stark gefaltete Form) ?) und im Oberhelderbergkalke (C. crassa Hall) *) vor. Cyrtina sp. Tafel 24, Fig. 3. Ausser der beschriebenen Art liest mir noch eine andere Cyrtina vom Joachimskopf unweit Zorge vor. Die ungewöhnlich grossen Dimensionen derselben und die starken gerundeten Falten lassen mich bezweifeln, dass die Form mit der vorigen Art vereinigt werden könne. Genus Retzia King. Retzia melonica Barr. Tafel 24, Fig. 17. Terebratula melonica Barrande, Naturw. Abh. I, p. 412, tb. 14, f.6. 1847. — — ‚A. Röm, Beitr. I, p.:59,.1629,22.17.4 18550. Die von Barrande aus den weissen Kalken von Konjeprus und Mnienian (Etage F') beschriebene Art ist schon von Römer !) Naturw. Abh. II, tb. 17, f. 3. — Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. Bd. XVII, tb. 5, £. 10, 11. 2) Paläont. N.-York III, tb. 24. DuleestbI6, len IV.2tb227.010.01212, u U Brachiopoda. 179 aus dem Klosterholz bei Ilsenburg beschrieben worden. Ein wohl- erhaltenes, in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrtes Exem- plar von dorther stimmt in jeder Hinsicht, auch in der deutlichen Perforation der Schale, mit böhmischen Stücken überein, nur dass die harzer Form etwas mehr in die Breite ausgedehnt ist. Aus dem östlichen Harze ist mir R. melonica nicht bekannt geworden (vergl. Giebel, Silurische Fauna des Unterharzes, p. 37). Retzia? sp. Tafel 24, Fig. 16. Aus den kalkigen Schichten des Klosterholzes liegt eine auf Gestein aufsitzende Einzelklappe eines zierlichen kleinen Brachio- poden vor. Dieselbe ist ziemlich stark gewölbt und hat einen serundet-fünfseitigen Umriss mit sehr stumpfem Schlosskanten- winkel. Vom Buckel strahlen 7 leistenförmige, stark vortretende Falten aus, von denen die mittelste etwas tiefer liegt als die übri- gen und die seitlichen sich ein wenig nach aussen umbiegen. Eine Perforation der Schale konnte ich nicht beobachten. Wahrscheinlich stellt das beschriebene Fossil die Dorsalklappe einer Retzia aus der Verwandtschaft der bekannten mitteldevoni- schen ferita v. Buch dar, die nach Verneuil!) auch in den kalkig-mergeligen Unterdevonschichten des türkischen Bosporus vorkommt, während sie in den gleichaltrigen, ähnlich beschaffenen Schichten Spaniens durch eine sehr nahestehende Art, Verneuil’s subferita?), vertreten wird. Aus den gleichaltrigen Ablagerungen Böhmens bildet Bar- rande keine vergleichbare Form ab. 1) in Tschihatscheff, Asie mineure, Pal&ontol. p. 466. 2) Bull. Soc. G£ol. 2. s. VII, p. 174, tb. 4, 2.1. 12* 180 Brachiopoda. Retzia? lepida Goldf. (?) Tafel 25, Fig. 20. (vergröss.). — — Kayser, Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXIII, p. 559. 1871. Zu dieser Art gehören wahrscheinlich zwei im Kalklager am vierten Hammer unterhalb Mägdesprung gefundene, auf einem Ge- steinsstück aufsitzende Ventralschalen eines kleinen Brachiopoden, welche sich im Besitz der geologischen Landesanstalt befinden. Dieselben haben einen lang-ovalen, nach dem Buckel zu sich verschmälernden Umriss und sind ziemlich stark gewölbt. Vom Buckel strahlen 6 gerundet-kielförmige, durch breite Zwischen- räume getrennte Falten aus, von denen die beiden stärksten mittel- sten einander sehr nahe liegen. Die Schalenoberfläche ist mit zarten, lamellösen, wellig verlaufenden Querlinien bedeckt. Diese zierliche, mit Davıdson’s Retzia? Barrandei aus dem englischen Wenlockkalke verwandte kleine Art besitzt in den europäischen Devonbildungen eine weite Verbreitung. Goldfuss beschrieb sie aus der Eifel, wo sie wie im Harz und in England ım Mitteldevon auftritt, während sie im nordwestlichen Frankreich (Vire, Grahard etc.) und am türkischen Bosporus auch in kalkigen Schichten unterdevonischen Alters vorkommt. Im rheinischen Spiriferensandstein wird sie durch Schnur’s Terebr. formosa !), im russischen Devon durch die sehr nahestehende sublepida V ern.?) vertreten. Auch die kleine Leptocoelia imbricata Hall?) aus den unteren, sowie L. acutiplicata Conr.*) aus den oberen Helderbergschichten Nordamerika’s gehören derselben Formengruppe an. DuBrachzdeRireletbr3 nf: ?2) Murch. Vern. Keyserl. Geol. Russia, II, tb. 10, f. 14. ®) Pal N.-York III, tb. 38, f. S—-12. *) Ibid. IV, tb. 57, f. 30—39. Brachiopoda. 181 Genus Athyris M’Ooy. Athyris undata Defr. var. Tafel 24, Fig. 10-12. Spirifer robustus A. Röm., Beitr. I, p. 60, tb. 9, f. 18 (pessime). 1850. Spirigera undata Sandberger, Sitzungsber. Wien. Acad. XVII, p. 106, tb. 1, el 21550: Eine der Gruppe der devonischen A. concentrica angehörige Form, für die ausser dem fünfseitigen Umriss lange, schwach ge- bogene, unter verhältnissmässig kleinem Winkel zusammenstossende Schlosskanten und besonders ein in der äussersten Spitze des Schnabels beginnender, durch zwei kielförmige Falten eingefasster Sinus und ein ähnlich scharf. begränzter, flach gerundeter Sattel auszeichnend sind. Der Stirnrand ist, je nach der Tiefe des Sinus, mehr oder weniger stark erhoben. Die beschriebene Art hat sich bisher nur in den kalkigen Schichten des Klosterholzes gefunden, woselbst sie ziemlich häufig ist. A. Römer hat sie unter vollständiger Verkennung ihrer wah- ren Natur auf Barrande’s Spirifer robustus‘) bezogen. Seine in der Jasche’schen und Clausthaler Sammlung aufbewahrten Original- Exemplare lassen darüber keinen Zweifel, während dies allerdings aus seinen ganz ideellen und unrichtigen Abbildungen nicht zu ersehen ist. A. undata ist eine in europäischen Unterdevonschichten weit verbreitete Art, da sie nicht nur am Rhein und in Frankreich, sondern auch in der Türkei vorkommt’). Die harzer Muschel stimmt in den oben angeführten charak- teristischen Merkmalen mit typischen französischen Exemplaren gut überein, unterscheidet sich aber von denselben durch geringere Dicke und das Vorhandensein einer seichten Längsdepression auf der Mitte des Sattels.. Durch diese Eigenthümlichkeit, sowie auch 1!) Naturw. Abh. II, tb. 15, £. 1. 2) vgl. Verneuil in Tschihatscheff, Asie mineure, Paleontol. p. 46). 182 Brachiopoda. durch ihre im Vergleich zur französischen Form entschiedener fünf- seitige Gestalt nähert sich unsere Muschel Verneuil’s Terebr. Ferronensis') aus dem asturischen Unterdevon, die sich von undata durch das Vorhandensein einer breiten, den Sattel theilenden, mitt- leren Depression auszeichnet. Auch Buch’s A. Helmerseniü?) aus devonischen Schichten vom Ilmensee und Woronjesch ist der Ilsen- burger Muschel sehr nahe verwandt, unterscheidet sich aber durch viel stärker werdende Querausdehnung und deutlichere Ausbildung der Sattelfurche. Genus Merista Süss. Merista laeviuscula Sow. Tafel 24, Fig. 18. Meristella — Davids., Brit. Silur. Brach. p. 114, tb. 10, f. 23—32. 1866—71. Terebratula nucella A. Röm., Beitr. III, p. 5, tb. 1, f.4. 1855. Athyris — Giebel, Sil. Faun. Unterharz, p. 34, tb. 2, f. 14. 1858. Schon Römer und Giebel haben aus dem Hangenden des Schneckenberger Kalklagers eine kleine Muschel abgebildet, die durch ihre ziemlich dicke Gestalt, langovalen Umriss, grösste Höhe in der Mitte und kaum merkliche Aufbiegung des Stirnrandes sehr gut mit Hall’s Meristella nitida aus dem nordamerikanischen Niagarakalk übereinstimmt. Auch die Abbildungen, die Davidson von Sowerby’s Terebr. laeviuscula aus dem englischen Wenlock- kalke giebt, — einer Form, die nach dem berühmten Brachiopoden- forscher mit Hall’s nitida zu vereinigen ist — stimmen mit der Mägdesprunger Muschel vollständig überein. 1) Bull. Soc. Geol. 2. s. II, tb. 14, f. 4. 2) Murch. Vern. Keys. Russia, II, p. 58, tb. 9, f. 3. SV Brachiopoda. 183 Merista harpyia Barr.? Tafel 24, Fig. 14. Terebratula — Barr., Naturw. Abh. I, p. 400, tb. 16, f. 8. 1847. Eine kleine, glatte, im Besitze der Landesanstalt befindliche Form aus dem Kalk des Joachimskopfes. Sie ist von verlängertem, serundet-dreiseitigem Umriss, mit langen, unter etwa 60° zusam- mentreffenden Seitenkanten. Die grosse Klappe ist nur in der ersten Hälfte convex, gegen den Rand hin aber etwas concav, die kleine stark convex und an der Stirn aufgeworfen. Der Sinus senkt sich erst in der. letzten Hälfte der Ventralklappe ein, erlangt eine ansehnliche Breite und endigt an der Stirn mit rundbogiger, schrägstehender Zunge. Sattel schwach entwickelt, an der Stirn durch eine flache, mittlere Depression getheilt. Die kleine Muschel gehört offenbar der Gruppe der bekann- ten, ım englischen und skandinavischen Obersilur verbreiteten M. tumida Dalm. an. Das Auftreten dieses Typus in den her- cynischen Kalken des Harzes ist eine bemerkenswerthe Thatsache. Die harzer Form lässt sich indess bei der concaven Beschaffenheit des randlichen Theils der Ventralklappe nicht mit der typischen Art der Gruppe vereinigen. Sie steht vielmehr den von Barrande unter den Namen Terebratula Harpyia und megaera beschriebenen Formen aus der böhmischen Etage #') nahe und lässt sich viel- leicht mit der erstgenannten specifisch vereinigen. Da ich indess nicht über böhmische Originalexemplare verfüge und die aus einer älteren Zeit stammenden Abbildungen Barrande’s viel zu wün- schen übrig lassen, so möchte ich die Richtigkeit der Bestimmung nicht unbedingt vertreten. 1) Naturw. Abh. I, tb. 16, f.S und 9. 184 Brachiopoda. Merista? sp. "Tafel 34, Fig. 5 (Copie nach Giebe!). Athyris prisca Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 35, tb. 5, f.9. 1858. Der unter diesem Namen von Giebel aus dem Kalk von Mägdesprung beschriebenen Art liegt nur eine einzige, jetzt in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte, im Gestein sitzende Einzel- klappe eines Brachiopoden zu Grunde, die wahrscheinlich als Ven- tralschale einer Merista aus der Verwandtschaft von tumida anzu- sehen ist. Giebel beschreibt (1. ce. p. 34, tb. 1, f. 9) aus den Schiefern im Hangenden des Schneckenberger Kalklagers noch eine Athyris rotundata. Die Beschreibung gründet sich — wie ich mich an dem in Heidelberg befindlichen Original überzeugt habe — auf ein verdrücktes, völlig unbestimmbares Stück. Genus Atrypa Dalman. Atrypa reticularis Linn. Tafel 28, Fig. 5, 6. — — Giebel, Sil. F. Unterh. p. 35, tb. 4, f.9. 1858. Wie fast in allen Ablagerungen obersilurischen und devoni- schen Alters, so ist diese Art auch in den ältesten Schichten des Harzes verbreitet. Man hat sie fast an allen Lokalitäten ange- troffen, wo überhaupt brachiopodenführende Kalklager vorhanden sind. Dennoch aber tritt sie in den alten harzer Kalken — viel- leicht mit alleiniger Ausnahme von demjenigen am Joachims- kopf — nirgends in grösserer Menge auf. Auch bleibt sie — wie die abgebildeten Exemplare aus dem Klosterholze zeigen — ver- hältnissmässig klein. Brachiopoda. 185 Atrypa reticularis, var. aspera Schloth. Tafel 28, Fig. 4. Auch diese wohlbekannte, durch ihre groben Falten und lamellös-schuppigen Anwachsringe ausgezeichnete Abänderung hat sich in Begleitung der Hauptform in den Kalken von Mägde- sprung, Zorge und Ilsenburg gefunden. Atrypa?? sp. Tafel 24, Fig. 15. — marginiplicata Giebel, Sil. F. Unterh. p. 36, tb. 5, f. i2 (male). 1858. Diesem Namen liegt eine in der Heidelberger Sammlung auf- bewahrte, mässig stark gewölbte Einzelklappe aus den hangenden Schichten des Schneckenberger Kalklagers zu Grunde. Giebel’s Abbildung stellt den Buckel zu lang und die Falten zu stark dar; auch treten dieselben erst in der Nähe des Randes deutlich her- vor und verschwinden nach den Seiten zu. Wie schon Giebel hervorgehoben, zeigt das in Rede ste- hende Fossil eine gewisse Aehnlichkeit mit Barrande’s Pentame- rus problematicus!) aus der böhmischen Etage F und noch mehr mit Sowerby’s Pentamerus? (Atrypa) rotundus aus dem engli- schen Wenlockkalke?). Eine einigermaassen sichere Bestimmung scheint das Stück nicht zu erlauben. i Giebel beschreibt (l. c p. 36) vom Schneckenberge bei Harz- gerode noch eine Atrypa socialis. Dass die Aufstellung dieses Namens durch nichts weiter als durch flachgedrückte Kerne von Rhynchonella nynıpha veranlasst worden ist, habe ich bereits oben bei Beschreibung der genannten Art bemerkt. !) Naturw. Abh. I, p. 470, tb. 17, £. 15. 2) Davidson, Brit. Silur. Brach. tb. 15, f. 9-11, 186 Brachiopoda. Genus Orthis Dalman. Orthis ocelusa Barr. Tafel 28, Fig. 7, 8. _— Barrande, Naturw. Abh. II, p. 192, tb. 19, f. 2. 1848. — elegantula A. Röm. Beitr. I, p. 56, tb. 9, f.3. 1850. Gehäuse von gerundet-vierseitigem, querverlängertem Umriss. Beide Klappen gleich und mässig stark gewölbt. Schnabel wenig vorragend. Grosse Klappe in der Mitte etwas kielförmig erhoben, und zwar in der Jugend stärker, später schwächer. Kleine Klappe mit einem am Buckel entspringenden, flachen, nicht sehr breit werdenden Sinus. Stirnrand etwas nach unten abgelenkt. Ober- fläche mit feinen, etwas ungleichmässigen, nach dem Rande zu dichotomirenden Streifen bedeckt. Die Art kommt in der böhmischen Etage F' vor. Im Harz hat sie sich bisher nur in den kalkigen Schichten des Kloster- holzes gefunden, wo sie in ganz derselben Ausbildung wie in Böhmen auftritt. Römer verwechselte sie mit der obersilurischen elegantula Dalm., die sich durch den stärker gerundeten und mehr in die Länge ausgedehnten Umriss, die namentlich am Buckel stärker gewölbte Ventralschale und die flachere, nur am Buckel etwas convexe Dorsalklappe leicht von occlusa unterschei- den lässt. Nahe verwandt ist mit unserer Art O. perelegans Hall!) aus den nordamerikanischen Unterhelderbergkalken. Sie weicht von occlusa nur durch eine etwas weniger convexe Dorsalklappe ab. Auch die mitteldevonische O. tetragona F. Römer?) gehört in die Verwandtschaft unserer Muschel. Sie ist indess durch ge- ringere Dimensionen, geringere Dicke und gleichmässigere Rip- pung unterschieden. 1) Pal. N.-York III, tb. 12. ?) Kayser, Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXII, p. 604. Brachiopoda. 187 Orthis palliata Barr.? Tafel 28, Fig.'14, 15. — — Barr. Naturw. Abh. I, p. 198, tb. 19, £.6. 1848. Eine der ©. occlusa sehr ähnliche, mit ihr zusammen in der böhmischen Etage F vorkommende Form, die sich indess durch deutliche doppelte Area, längeren Schnabel, flacheren, breiteren Sinus und regelmässige Streifung der Schale unterscheidet. Ich glaube ein paar Einzelklappen aus dem Kalke des Joachimskopfes und Schneckenberges auf diese Form beziehen zu können, deren specifische Selbständigkeit mir indess keineswegs ganz zweifellos erscheint. Orthis orbieularis Vern. Varel 28,0K10.11° 13; Tatell 34, Kıe. 7. enwewil, Bull. Soc. Geol. 2,8. II, p. SI, tb. 15, f. 9. 1845. — — _ in Tschihatscheff, Asie mineure, Pal&ont. p. 29, tb.4S0. 1869. Von querovalem Umriss, mit mässig langem, geradem Schloss- rand und wenig vorragendem Schnabel. Grosse Klappe ziemlich stark convex, in der Mitte schwach kielförmig erhoben; kleine Klappe sehr flach, mit einer seichten mittleren Einsenkung, die den Stirnrand ein wenig nach unten ablenkt. Die Oberfläche ist mit feinen, aber scharfen, etwas ungleichmässigen, zum Theil zu Bündeln vereinigten Rippchen bedeckt. Die inneren Rippen sind geradlinig, während die äusseren sich etwas nach aussen umbiegen. Die Art hat sich im Harz sowohl im Kalk des Joachims- kopfes und des Radebeil bei Zorge als auch im Klosterholz bei llsenburg gefunden. Ausserhalb desselben kennt man sie aus den kalkigen Unterdevonschichten des nordwestlichen Frankreich (Vire, Nehou ete.), Spaniens (Asturien und Leon) und der Türkei. Ver- neuil identificirte sie ursprünglich mit Sowerby’s OÖ. orbieularıs, einer Form aus den englischen Ludlowbildungen. Später erkannte 188 Brachiopoda. er die Selbständigkeit der devonischen Form, behielt aber für die- selbe den Namen orbicularis bei, da inzwischen die silurische Mu- schel als Varietät von O. elegantula erkannt und damit der Name orbicularis gegenstandslos geworden war. 2 Sehr nahe steht unserer Art O. opercularis Vern. aus rheini- schem), französischem, spanischem und türkischem Unterdevon ?) und dem Mitteldevon der Eifel, Nassau’s etc.°). Sie unterscheidet sich durch ihre schwächer gewölbte Ventralklappe, beinahe voll- ständig fehlenden Sinus der Dorsalklappe und feinere, gleichmässi- gere, zwar dichotomirende, aber nie gebündelte Streifen. Auch Hall’s O. planoconvexa aus dem nordamerikanischen Unterhelderbergkalk und dem Oriskanysandstein*) und die davon wohl kaum verschiedene O0. Lucia Billings’) aus dem obersten Gaspe-Kalke Canada’s scheint unserer Art sehr nahe zu stehen und sich von derselben lediglich durch etwas geringere Convexität und etwas stärkere Kielung der Ventralklappe zu unterscheiden. Orthis striatula Schloth. Tafel 28, Fig. 9, 10. — pectoralis A. Röm., Beitr. I, p. 56, tb. 9, f. 4 (male). 1850. Eine sehr ausgezeichnete, in devonischen Ablagerungen über die ganze Erde verbreitete Art, deren Vorkommen in den ältesten Ablagerungen des Harzes von Wichtigkeit it. Sie hat sich bis- her nur ım Kalk des Klosterholzes gefunden, woher sowohl die !) Im rheinischen Unterdevon ist diese Art unter dem Namen O. circularis Sow. (Geol. Transact. 2. s. VI, p. 409, tb. 38, f. 12. 1840; Schnur, Brach. Eifel, p- 218, tb. 38, f. 5; tb. 39, f. 1. 1853) bekannt. An Kautschukausgüssen ausge- zeichneter Hohldrücke von circularis habe ich mich überzeugt, dass dieselbe mit 0. opercularis von Nehou — die das hiesige Universitätsmuseum in Originalexem- plaren besitzt — vollständig übereinstimmt. Ich glaubte früher (Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXII, p. 603), dass auch Verneuil’s orbicularis mit opercularis iden- tisch sei; allein es scheinen doch — wie oben ausgeführt — genügende Diffe- renzen zur Unterscheidung beider Arten vorhanden zu sein. ?) Verneuil, Asie mineure, p. 484. >) vergl. Kayser, Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXI, p. 601. *) Pal. N.-York II, pl. 12. 5) Paläoz. Foss. Canada II, tb. 3, f. 4. F £ : Brachiopoda. 189 hiesige geologische Landesanstalt als auch das Universitätscabinet einige recht gute Exemplare besitzt. Wahrscheimlich gehört auch Barrande’s O. resupinata aus der böhmischen Kalketage F zu unserer Art!). Von amerikani- schen Formen analogen Alters scheint ©. multistriata aus den unteren Helderbergschichten nur unerheblich abzuweichen ?). Genus Strophomena Raphinesque. Strophomena rhomboidalis Wahlenb. Tafel 29, Fig. 16— 18. Orthis rugosa A.Röm., Verstein. Harzgeb., p. 10, tb. 12, f. 14. 1543. Strophomena depressa Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 48, tb. 5, f.3. 185S. Diese wohlbekannte Art hat sich in typischer Ausbildung bei Mägdesprung, Zorge und Ilsenburg gefunden. Nach A. Römer?) wäre sie auch in der Grauwacke der unteren Wieder Schiefer aın Hühnerkopf bei Trautenstein vorgekommen. Strophomena rhomboidalis var. Zinkeni A. Röm. Tafel 29, Fig. 19, 20. Orthis — Röm., Verst. Harzgeb., p. 10, tb. 4, f.8. 1843. Leptaena _ — Beten prgethlar 173221552. Strophomna — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 48, tb. 5, f. 2. 1858. Eine sich im Kalk des Scheerenstieges findende Abänderung der vorigen Art. Sie unterscheidet sich von der Hauptform durch halbkreisförmigen, querverlängerten Umriss, grosse Regelmässigkeit der concentrischen Runzeln und schwache Ausbildung der Radıal- streifen. Ich halte die kleine Form für eine gute Lokalvarietät, aber nicht für eine besondere Art. !) Naturw. Abh. II, p. 39, tb. 19, f. 3. 2) Paläont. New-York III, tb. 15. >) Verstein. Harzgeb. p. 10. 190 Brachiopoda. Strophomena neutra Barrande? Tafel 30, Fig. 2, 3? Leptaena neutra Barrande, Naturw. Abh. II, p. 231, tb. 21, f£.7, 8. 1848. Aus dem Kalke des Schneckenberges liegen mir ein paar unvollständige Ventralklappen einer Art vor, die sich durch halb- kreisförmigen, querverlängerten Umriss, mässig starke Wölbung und sehr zahlreiche, sich stark erhebende, fadenförmige, durch ebenso breite Furchen getrennte Längsstreifen auszeichnet. Ich bin geneigt, dieselbe auf Barrande’s ZL. neutra aus der böhmi- schen Etage F zu beziehen. Auch aus dem Kalke des Radebeil liegt eine isolirte Ventral- klappe mit gleicher Schalensculptur vor (Fig. 3). Dieselbe weicht aber von der Mägdesprunger Muschel durch einen stark querver- längerten Umriss und flügelförmig vorspringende Ecken ab. Ich bin ungewiss, ob auch diese Form mit der Barrande’schen Art vereinigt werden darf. Strophomena Murchisoni Arch. Vern.? Tafel 29, Fig. 7. Orthis _ Arch. Vern., Geol. Transact. 2. s. VI, tb. 36, f. 2. 1810. — Murehisoni — —_ — — — fl. Leptaena —— Verneuil, Bull. Soc. Geol. 2. s. II, pl. 15, f. 7. 1845. Die geologische Landesanstalt besitzt aus dem Kalk des Klo- sterholzes eine etwas lädirte Ventralklappe einer Strophomena, die sich bei mässig starker Wölbung- und querausgedehnter Gestalt besonders durch knieförmige Umbiegung des Randes und etwas ungleich breite und starke, aus der Vereinigung von Längsrippen hervorgegangene Falten auszeichnet. Soweit die einzige vorliegende Klappe ein Urtheil erlaubt, scheint unsere Muschel mit der in den tieferen Schichten des rheinischen, belgisch-französischen und spanischen Unterdevon ver- breiteten L. Murchisoni, von der ich L. Sedgwieki für nicht wesent- Brachiopoda. 1531 lich verschieden halte, gut übereinzustimmen. Denn auch diese Form ist durch querausgedehnte Gestalt, starke Umbiegung des Randes und gebündelte, zu mehr oder weniger starken Falten ver- einigte Rippen ausgezeichnet. Strophomena corrugatella Davidson. Tafel 29, Fie. 12. — corrugata Barr., Naturw. Abh. II, p. 227, tb. 21, f. 16. 1848. — corrugatella Davids., Brit. Silur. Brach. p. 301, tb. 41, f. 8— 14. 1866 — 71. Orthis pecten A. Röm., Beitr. I, p. 56, tb. 9, f. 1 (male). 1850. Eine kleine Muschel von halbkreisförmigem, querausgedehn- tem Umriss. mit etwas flügelförmig verlängerten Schlossecken. Ventralklappe mässig convex, mit sehr niedrigem, sich kaum über die Schlosslinie erhebendem Buckel. Dorsalklappe schwach concav. Von den Buckeln strahlen eine Anzahl scharfer, fadenförmiger Längsrippchen aus, zwischen denen sich nach dem Rande zu neue, schwächere Rippen einsetzen. In den Zwischenräumen treten andere, noch schwächere Längsstreifen und ausserdem zarte, con- centrische Querrunzeln auf, die zwischen je zwei Rippen mehr oder weniger flache, mit ihrer convexen Seite den Buckeln zuge- wandte Bogen bilden. Im Kalke des Scheerenstieges. — Ausser- halb des Harzes kommt die Art nicht nur in den gleichaltrigen Schichten Böhmens (Etage F Barr.) und Thüringens !), sondern auch in den englischen Llandeilo- und Caradocbildungen vor. Ja, nach Davidson ?) wäre sie vielleicht auch im englischen Mittel- devon vorhanden, da M’Coy’s Leptaena nobilis ?) möglicherweise nur eine Varietät von corrugatella darstellt. Wahrscheinlich dürften noch mehrere andere, unter beson- deren Namen beschriebene Strophomenen mit unserer Art zu ver- einigen sein. Ich nenne unter denselben besonders Str. Patersoni 1) Richter, Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XVII, p. 419, tb. 6, f. 24—28. 2) Davids., Brit. Devon. Brach. p. S6, tb. 18, f. 19 — 21. Sl. ce. p. 302. 192 Brachiopoda. Hall') aus den amerikanischen Schohariegrits und Oberhelderberg- Kalken, die in Gestalt und Sculptur sehr ähnlich ist, nur dass die Ventralklappe in Folge einer knieförmigen mittleren Erhebung stärker gewölbt erscheint. Auch Conrad’s Str. varistriata ?) aus den Unterhelderbergschichten ist eine mindestens nahe verwandte Form; und dasselbe möchte von L. Wagranensis Grünewaldt °) (? equestris Eichw.) *) aus wahrscheinlich unterdevonischen Kalk- bildungen des süd-östlichen Ural gelten, obwohl der Autor in sei- ner Beschreibung eine Vermehrung der Rippen durch Neuein- setzung nicht angiebt. Strophomena Jaschei A. Röm. Tafel 30, Fig. 1. Leptana — A. Röm., Beitr. I, p. 57, tb. 9, f.5. 1850. Eine höchst ausgezeichnete Form aus dem Kalke des Kloster- holzes, von welcher die Jasche’sche Sammlung ein recht gut erhaltenes Exemplar besitzt. Das dünne Gehäuse hat einen halb- kreisförmigen, querausgedehnten, an den Schlossecken etwas flügel- förmig verlängerten Umriss. Die Ventralklappe ist überaus stark convex und von halbkugeliser Gestalt, die Dorsalklappe entspre- chend concav. Der Buckel der Ventralschale ragt nur wenig über den Schlossrand vor, die Area ıst nicht beobachtbar. Ueber die Mitte der Ventralschale läuft ein nach dem Rande zu stärker werdender, stumpfer Längskiel, dem auf der Dorsalklappe eine ähnliche Furche zu entsprechen scheint. Die Oberfläche der Schale ist mit zahlreichen starken, durch etwas breitere Zwischenräume getrennten, fadenförmigen Längsstreifen bedeckt, deren Zahl sich schon im zweiten Drittel beider Klappen durch eine ziemlich regel- mässig erfolgende Einsetzung neuer, feinerer Streifen zwischen den 1) Pal. N.-York IV, pl. 13. ?) Billings, Pal. Foss. Canada II, tb. 2, f.3. 1874. 3) Mem. Sav. Etrang. Acad. St. Petersb. VII, p 607, tb. 6, f. 21 — 1854. *) Lethaea rossica, p. 852, tb. 36, f. 11. arm Mini. Brachiopoda. 193 älteren vermehrt. Ausserdem beobachtet man noch eine sehr zarte, concentrische Querstreifung. Durch die überaus starke, gleichmässige Convexität des Gehäu- ses schliesst sich unsere Muschel an Str. imbrex Pand. var. globosa Davids.!) aus dem englischen Obersilur an. Sie unterscheidet sich aber von derselben schon durch überwiegende Querausdehnung und das Vorhandensein des beschriebenen Kiels auf der Mitte der Ventralschale. Ausser jener Art wüsste ich nur noch Str. hemi- sphaerica Hall aus den nordamerikanischen Schohariegrits und Oberhelderberg-Kalken ?) zu vergleichen. Durch ihren querver- längerten, geflügelten Umriss im Verein mit halbkugeliger Gestalt steht dieselbe der harzer Muschel noch näher als Str. imbrex; doch fehlt auch ihr der Kiel auf der Ventralklappe und auch die Oberflächen-Sculptur scheint abzuweichen. Strophomena interstrialis Phill. Tafel 29, Fig. 8, 9. Leptaena — Davidson, Brit. Devon. Brachiop. p. 85, tb. 18, f. 15— 18. 1865. — transversalis® A. Röm., Beitr. II, p. 99, tb. 15, f. 4, 5. 1852. _ — Giebel, Sil. F. Unterh. p. 49, tb. 5, f.8. 1858. — acutostriata —_ ibid. Pr30tb29, 2210: In der Heidelberger Sammlung aufbewahrte Reste einer von Römer und Giebel auf die obersilurische Str. transversalis be- zogenen Muschel aus dem Kalk des Scheerenstieges schliessen sich, soweit ihr fragmentarischer Zustand ein bestimmtes Urtheil erlaubt, der bekannten devonischen Lept. interstrialis oder der von dersel- ben kaum zu trennenden Leptaena Phillips Barr. an. Ich glaube nichts Besseres thun zu können, als die Mägdesprunger Form vorläufig zu interstrialis zu stellen. Sie schliesst sich der typischen Mitteldevon-Form nahe an, nur dass sie noch mehr in die Quere ausgedehnt und an den Seitenecken stärker flügel- 1) Brit. Silur. Brach. tb. 41, f. 1—4. 2) Pal. N.-York IV, p. 89, tb. 13. 13 194 Brachiopoda. förmig verlängert ist, als dies bei der von Davidson !) abgebil- deten englischen Muschel der Fall ist. Römer’s und Giebel’s Abbildungen sind mangelhaft. Diejenige des Letzteren ist durch den Lithographen gänzlich verdorben, während die des Ersteren- die Anwachsstreifen viel zu stark darstellt. Man zählt am Rande beider Klappen etwa 20 fadenförmige (Primär- und Secundär-) Rippen, deren Zwischenräume wie gewöhnlich durch eine Anzahl noch sehr viel feinerer Längsstreifen ausgefüllt werden. Giebel’s L. acutostriata erscheint mir nur auf Schalenabdrücke unserer Art gegründet zu sein, die der Autor mit der Schale selbst verwechselt hat. Str. interstrialis ist eine in Devon-Ablagerungen jeden Alters weit verbreitete Art. Ich glaube, dass auch Barrande’s L. Phü- lipsi aus der böhmischen Etage F und Sandberger’s taeniolata aus dem rheinischen Spiriferen-Sandstein mit derselben zu vereini- gen sind. Strophomena (interstrialis var.?) hereynica Kays. Tafel 29, Fig. 10, 11. Orthis pecten ? A. Römer, Beitr. I, p. 56, tb. 9, f.1. 1850. — cenf. peeten Richter, Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XVIH, p. 417, tb. 6, f. 14, 16. 1866. Sowohl vom Scheerenstiege als auch aus dem Klosterholze liegen mir Exemplare einer kleinen Muschel vor, die sich bei mässig stark convexer Ventral- und entsprechend concaver Dor- salklappe durch halbkreisförmigen Umriss und durch zahlreiche markirte Längsrippchen auszeichnet, zwischen denen sich in der Nähe des Randes in ziemlich regelmässiger Weise feinere Zwischen- rippchen einsetzen. In den Zwischenräumen der Rippen beob- achtet man in der oberen Hälfte beider Schalen eine zarte Quer- streifung, die aus Reihen halbmondförmiger, mit ihrer convexen Seite den Buckeln zugewendeten Bögen besteht. 1) 1. c. Fig. 18. du HE u m en a u re Et en En | | Brachiopoda. | 195 Die Muschel gleicht in Gestalt und Sceulptur der von David- son in seiner Monographie der englischen Devon- Brachiopoden tb. 18, f. 17 abgebildeten, zu interstrialis gestellten mitteldevonischen Form. Ob dieselbe in der That mit der Phillips’schen Art ver- einigt werden darf, muss dahin gestellt bleiben, da ausser David- son kein anderer Autor das Vorhandensein einer derartigen Sculp- tur und überhaupt einer Querstreifung erwähnt. Sehr wahrscheinlich ist die von Richter fraglich als O. pecten bestimmte Form aus den thüringer Tentaculiten-Schichten mit der harzer Art zu vereinigen. Strophomena nebulosa Barr. Tafel 29, Fig. 13— 15. Leptana — Barrande, Naturw. Abh. II, p. 221, tb. 22, f. 11. 1848. Orthis umbraculum? A. Röm., Beitr. I, p. 56, tb. 9, f.2. 1850. Im Kalk des Klosterholzes finden sich nicht selten Einzel- klappen einer ziemlich grossen, sehr flachen Strophomena, die Römer — wie mehrere in der Jasche’schen Sammlung auf- bewahrte Exemplare zeigen — irriger Weise zu Sireptorh. um- braculum gerechnet hat. Die sehr geringe Convexität der Ven- tralklappe, die meistens überwiegende Längs- Ausdehnung der Muschel, die dünnen, aber scharfen Längsrippen, die sich durch ziemlich regelmässige Einschaltung vermehren und von denen sich die seitlichen etwas nach aussen umbiegen, sowie endlich ein aus- gezeichnetes Gewebe zarter, concentrischer Anwachsstreifen in den Zwischenräumen der Rippen verbieten die Zurechnung der Muschel zu Schlotheim’s umbraculum. Ich kann dieselbe vielmehr nur auf Barrande’s 2. nebulosa aus Etage F beziehen. Wie die böhmische, so ist auch die harzer Form an den Seitenecken ge- wöhnlich etwas ausgeschweift, erreicht aber nichtsdestoweniger ihre grösste Breite erst in der Mitte des Gehäuses. 65 196 Brachiopoda. Strophomena Verneuili Barr. (?) Tafel 29, Fig. 5, 6. LDeptaena — "Barr., Naturw. Abh’ II, p.219, tb, 21, 0 10,15: 1848. — Bischafi A. Röm., Beitr. III, p. 115, tb. 17, f.4. 1855. _ — Giebel, Si. .E, Unterharz, p. 31,’ tb: 4, 1.54,.1858. Römer und Giebel beschreiben aus dem Kalk des Schnecken- berges eine grosse Strophomena, die sich durch mässige Convexität, nahezu kreisförmigen Umriss, kurzen, geraden Schlossrand, sich kaum über den letzteren erhebenden Buckel und sehr gedrängte, starke, aber ungleichmässige Rippen auszeichnen soll, welche letztere sich durch wiederholte, namentlich am Rande stattfindende Dicho- tomie vermehren. Die in der Heidelberger Sammlung aufbewahr- ten Originalexemplare beider Autoren und ein paar im Besitze der Landesanstalt befindliche Stücke scheinen recht gut mit Bar- rande’s Str. Vernewii aus Etage F übereinzustimmen, nur dass die harzer Muschel nahezu die doppelten Dimensionen der böhmi- schen erreicht. Nach im Besitze der hiesigen Universität befindlichen Exem- plaren scheint Stroph. Verneuili auch in den thüringer Tentaculiten- Schichten vorzukommen !). Römer beschreibt?) noch eine Leptaena spathulata aus dem Kalk von Wolfsberg. Dieselbe stellt eine grosse, flachgewölbte, längliche Form mit grösster Breite im Schlossrande und zahlrei- chen fadenförmigen, auf den Seiten etwas nach aussen umgebo- genen, hin und wieder dichotomirenden Längsstreifen dar. Da ich das Original des offenbar sehr unvollständigen Fossils nicht kenne, so kann ich darüber nichts Genaueres aussagen. Dagegen hat sich das in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrte Original von !) Die Form, die Richter (Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. 1866, tb. 6, f. 31) unter diesem Namen abbildet, ist offenbar nicht richtig bestimmt. ?) Harzgeb. p. 11 und Beitr. II, p. 98, tb. 15, f. 2. Brachiopoda. 197 Römer’s Leptaena subulata aus dem Klosterholz !) als ein völlig unbestimmbares Schalenfragment, Römer’s Abbildung aber als vollständig ideell erwiesen. Die genannte Species ist daher zu cassiren. Giebel führt in seiner Harzarbeit?) aus dem Kalk des Schee- renstieges fraglich Leptaena Sowerbyi Barr. an. Das in der Hei- delberger Sammlung befindliche Originalexemplar stellt indess ein stark abgeriebenes, nicht einmal generisch mit Sicherheit zu be- stimmendes Brachiopodenfragment dar. Genus Streptorhynchus King. Streptorhynchus umbraculum Schloth. (?) Tafel 29, Fig. 1, 2; Tafel 34, Fig. 1. — — Davidson, Brit. Devon. Brach. p. 76, tb. 16, f. 18. 1865. ? Orthis vetusta A. Röm. Verst. Harzgeb. p. Il. 1843. Leptaena — — Betrs1lp.293, tp2190:r.1221852. Zee eiebel, Sıl E. Unterh. p. 50, tb: 4, 122. 1858. Orthisina sp. in collectione Jaschei. Eine sehr bekannte, in europäischen Devonbildungen weit ver- breitete Art. Ihre Gestalt ist etwas veränderlich. Meist ist die Muschel breiter als lang und von halbkreisföormigem Umriss, mit srösster Breite in der Schlosslinie; es kommen aber auch For- men mit überwiegender Längsausdehnung und ovalem Umriss und solche mit verhältnissmässig kurzem oder umgekehrt mit stark verlängertem Schlossrande und flügelförmig vortretenden Ecken vor. Alle diese Formenschwankungen lassen jedoch das haupt- sächlichste Merkmal der Art unberührt. Dieses liegt in dem Um- stande, dass die Ventralklappe des ausgewachsenen Gehäuses nur um den Buckel herum convex ist, während sie nach dem Rande SaBene. 1, p.57,.tb. 9, 1.5. IP Dl. 198 Brachiopoda. zu concav wird. Die Dorsalklappe ist vollständig und zwar mässig stark convex. Der Buckel der grossen oder Ventralklappe ragt nur wenig über den Schlossrand hervor. Die Oberfläche ist mit zahlreichen ziemlich starken, durch weitere Zwischenräume getrenn- ten Rippen bedeckt, die sich nach dem Rande zu durch vielfache Einschaltung neuer Rippen, aber nie durch Dichotomie vermehren. In typischer Ausbildung findet sich Str. umbraculum im Kalk und besonders in den begleitenden schiefrig-sandigen Schichten ım Klosterholz, und zwar erreicht sie daselbst, wıe das Tafel 29, Fig. 1 abgebildete Bruchstück zeigt, recht beträchtliche Dimensio- nen. Man nimmt an den Ilsenburger Stücken keine Spur jener Kerbung oder Krenelirung der Rippen wahr, welche die Eifeler umbraculum auszeichnet. Dieser Mangel spricht jedoch keineswegs gegen ihre Zugehörigkeit zu dieser Art, da auch die englische umbraculum nach Davidson keine Krenelirung zeigt. Vielleicht war diese Sculptur von vornherein nicht immer vorhanden, oder aber — was das Wahrscheinlichere ist — sie blieb nur bei so ausgezeichneter Erhaltung, wie im Eifler Kalk, unversehrt. Die von A. Römer!) unter dem Namen O. umbraculum? ab- gebildete Form aus dem Klosterholz gehört nicht hierher, sondern zu Barrande’s Leptaena nebulosa. Dagegen ist die von dem- selben Gelehrten und später von Giebel unter der Bezeichnung Leptaena vetusta aus dem Kalk von Mägdesprung und Hilken- schwenda beschriebene Form sehr wahrscheinlich mit umbraculum zu vereinigen. Das erscheint wenigstens für das von Römer abge- bildete grosse Exemplar — eine mit der Zincken’schen Sammlung in den Besitz der Universität Halle übergegangene grosse Ven- tralklappe mit deutlicher Concavität nach dem Rande zu (unsere Fig. 1, Tafel 34) — kaum zweifelhaft. Aber auch unter den von Giebel als vetusta bestimmten, in der Heidelberger Sammlung aufbewahrten, sehr ungenügend erhaltenen Stücken fand ich keines, welches sich nicht auf umbdraculum hätte beziehen lassen. Unter allen Umständen ist vetusta eine höchst zweifelhafte, auf ganz un- zureichendes Material gegründete Art. Bern alub39, a: : Brachiopoda, 199 Streptorhynchus devonicus d’Orb. Tafel 29, Fig, 3, 4. Orthis — Verneuil, Tschihatscheff, Asie mineure, Pal&ont. p. 34. 1869. Eine der vorigen Art verwandte Form, die sich durch un- regelmässige Drehung des Schnabels und dadurch veranlasste mehr oder minder starke Unsymmetrie des Gehäuses auszeichnet. Die Area pflegt ziemlich hoch zu sein und sehr schräge oder nahezu senkrecht zur Längsausdehnung der Muschel zu stehen. Die Rip- pen vermehren sich ähnlich wie bei wmdraculum durch Einschal- tung und sind nach den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen nicht krenelirt. Str. devonicus hat sich im Harz in Begleitung von umbracu- lum ım Kalk des Klosterholzes gefunden. Eine daher stammende isolirte Ventralklappe zeigt, abgesehen von dem langen, schiefen Schnabel, vollständig die für umdraculum charakteristische, nur am Buckel convexe, im Uebrigen aber concave Gestalt. Nach Verneuil ist Strept. devonicus in unterdevonischen Ab- lagerungen weit verbreitet. Die Art findet sich nämlich sowohl im westlichen Frankreich und in Spanien, als auch in der Türkei. Recht nahe steht unserer Art Barrande’s Orthis distorta aus der böhmischen Etage F'!) und den thüringer Tentakulitenschich- ten?) und die damit, wie es scheint, identische O. deformis Hall aus dem unteren Helderbergkalke Nordamerika’s°). Beide Formen haben indess eine convexe Ventralschale. 0) Naturw. Abh. III, p. 205, tb. 19, £. 2. 2) Richter, Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XVII, p. 416, tb. 6, f. S—-10. 3) Paläont. N.-York III, pl. 15, £. 3. 200 Brachiopoda. Genus Chonetes Fischer. Chonetes sareinulata Schloth. Tafel 30, Fig. 15, 14 (?); Tafel 34, Fig. 9. — semieircularis A.Röm., Beitr.1, p. 57, tb. 9, f. 7 (male). 1350. — semiradiata et sarcinulata —_ in colleetione Jaschei. Diese kleine, wohlbekannte Leitmuschel des rheinischen Spiri- ferensandsteins, die in unterdevonischen Ablagerungen weit über die Grenzen Europa’s hinaus verbreitet ist, kommt auch in den ältesten Kalkbildungen des Harzes vor. Sie hat sich daselbst in ziemlicher Häufigkeit und in typischer Ausbildung im Klosterholz gefunden und zwar sowohl im Kalk, als auch besonders in den begleitenden Schiefern und Grauwacken. Ihr Umriss ist mehr oder weniger halbkreisförmig, mit grösster Breite im Schlossrande, die Ventralschale mässig stark convex, die Dorsalschale entspre- chend concav. Im Durchschnitt zählt man auf der Mitte der Muschel 22—28 Rippen. Dieselben vermehren sich durch Dicho- tomie, die zum Theil schon vor der Mitte des Gehäuses, haupt- sächlich aber erst unweit des Randes eintritt. Bei vielen Indivi- duen (Fig. 13) erfolgt die Spaltung in sehr regelmässiger Weise etwas jenseits der Mitte. Dieselben entsprechen genau der Form, die de Koninck !) als typische sarcinulata ansieht und die Schnur °) als Chonetes plebeja beschrieben hat. Chonetes sp. Tafel 30, Fig. 11, 12. Aus dem Kalk des Radebeil liegen zwei Ventralklappen einer Uhonetes-Art vor, die sich durch ziemlich beträchtliche Wölbung, stark in die Quere ausgedehnten Umriss, grösste Breite in der !) Monogr. Product. Chonet. tb. 20, f. 15. 2) Brach. Eifel tb. 21, f. 6. Brachiopoda. 201 Schlosslinie, einen sich kaum über diese letztere erhebenden Buckel und gegen 50 ziemlich starke, durch viel schmälere, scharfe Furchen getrennte Rippchen auszeichnet. Diese letzteren vermehren sich sowohl durch Neueinsetzung als auch durch Dichotomie, welche in verschiedener Entfernung vom Rande, besonders aber in der Nähe desselben stattfindet. Die für die Gattung charakteristischen Röhrchen am Schlossrande sind an einem der beiden Exemplare deutlich zu beobachten. Es ist mir nicht gelungen, die beschriebene Form sicher zu bestimmen. In Gestalt und Rippenbildung erinnert sie an die obersilurische Chon. striatella; diese letztere hat ıindess 80 — 100 viel feinere Rippchen. Es wäre möglich, dass unsere Muschel nur eine feinrippige Abänderung von Chon. sarcinulata darstellt; indess habe ich bei dieser Art noch keine Vermehrung der Rippen durch Neueinsetzung (sondern immer nur durch Theilung) beobachten können, obwohl dieselbe nach Schnur!) vorkommen soll. Die sonstigen mir bekannten Chonetes-Arten bieten keine näheren Ver- gleichungspunkte. Chonetes polytricha A. Röm. Tafel 30, Fig. 15, 16; Tafel 34, Fig. 10. Leptaena polytricha Röm., Beitr. II, p. 3, tb. 2, f.3. 1853. In Begleitung der vorigen Art kommt im Kalk des Kloster- holzes noch eine andere nahe verwandte Form vor, die schon durch A. Römer gut beschrieben und abgebildet worden ist. Sie ist grösser als sarcinulata und von gerundet vierseitigem, stark quer- ausgedehntem Umriss (fast doppelt so breit wie lang). Der Schloss- rand kommt der grössten Breite der Muschel fast gleich, der Buckel erhebt sich nicht über die Schlosslinie. Die Ventralklappe ist in der oberen Hälfte nur sehr schwach und erst gegen den Rand hin etwas stärker convex. Sie trägt in der Mitte eine seichte, breite, sinusartige Einsenkung, welcher auf der flach concaven ') Brachiop. Eifel p. 57. 202 Brachiopoda. Dorsalklappe eine schwache sattelartige Erhebung entspricht. Die Oberfläche beider Klappen ist mit sehr zahlreichen (nach Römer etwa 170) feinen, sich etwas hin- und herbiegenden Rippchen be- deckt, die sich in verschiedener Entfernung zwischen Buckel und Rand wiederholt spalten. Ausser diesen Längsrippchen beobach- tet man noch zarte concentrische Anwachsringe. Wo dieselben die Rippen kreuzen, schwellen die letzteren vielfach etwas knoten- förmig an. Obwohl ich die für die Chonetes charakteristischen Röhrchen am Schlossrande bei unserer Art nicht beobachtet habe, so ist ihre Zugehörigkeit zu dieser Gattung bei ihrer Aehnlichkeit mit Chonetes sarcinulata dennoch unzweifelhaft. Sie steht unter allen mir bekannten Ohoneten der genannten Art entschieden am näch- sten. Ihre bedeutenderen Dimensionen, die vierseitige, stark quer- ausgedehnte Gestalt und die Beschaffenheit der Rippchen genügen indess, um sie mit Sicherheit von jener Art zu unterscheiden. Chonetes sericea n. Sp. Tafel 30, Fig. 17; Tafel 34, Fig. 8. Ausser den beschriebenen kommt im Klosterholz noch eine weitere Uhonetes- Art vor. Sie ist kleiner als sarcinulata, von ge- rundet vierseitigem, etwas querverlängertem Umriss und grösster Breite zwischen Schlossrand und Mitte. Die grosse Klappe ist mässig stark gewölbt, die kleine flach. Die seidig glänzende Schale ist mit feinen, gedrängten, etwas welligen Anwachsstreifen bedeckt. Ausserdem ist eine sehr zarte Radialstreifung vorhanden, welche indess gegen die concentrische sehr zurücktritt. Die beschriebene Form kommt mit sarcinulata und polytricha zusammen, oft auf demselben Gesteinsstück vor, lässt sich aber schon durch den eigenthümlichen Seidenglanz der auf den ersten Blick glatt erscheinenden Schale leicht von den genannten Arten unterscheiden. Ich kenne keine Species, mit der unsere Muschel verwechselt werden könnte, N 2 a zn Zoe Brachiopoda. 203 Chonetes embryo Barr. Tafel 30, Fig. 7—9. _ — Barrande, Naturw. Abh. II, p. 248, tb. 23, f. 19. 1548. Leptuena minima? A. Röm., Beitr. II, p. 99, tb. 15, f.6. 1852. Eine kleine Muschel von beinahe halbkreisförmigem, quer- verlängertem Umriss und grösster Breite in der Schlosslinie. Die Ventralklappe ist ziemlich stark convex und in der Mitte etwas kielförmig erhoben. Man zählt auf derselben etwa 24 einfache, verhältnissmässig breite, gleich starke Rippchen. Barrande hat diese Art aus seiner böhmischen Etage F’ be- schrieben. Im Harz hat sie sich im Kalk unweit der ehemaligen Friedrich - Victorshütte ım Selkethal gefunden. Die Ulausthaler Sammlung besitzt von dort drei Exemplare, die durch Römer fraglich als Leptaena minima Sow. bestimmt worden sind. Die harzer Form kann indess nicht mit der genannten obersilurischen Art vereinigt werden, da diese ausser 10—20 Hauptrippen noch andere schwächere, zwischen jenen auftretende Secundärrippen besitzt !). In der Grösse und Gestalt erinnert unsere Art an Goldfuss’ Chon. minuta aus dem Kalk der Eifel. Diese Art ist indess schon durch die theilweise Dichotomie der Rippen von embryo verschieden. Chonetes (?) gracilis Giebel. Tafel 30, Fig. 4—6. = _ Giebel, Sil. F. Unterh., p. 46, tb. 5, f. 13 (male). 1858. ? Chonetes striatella Id. ibid. j06 0. los On ie el Eine kleine, stark in die Quere ausgedehnte und geflügelte Form mit stark gewölbter Ventralschale und einigen 30 mässig !) Die von Barrande (I. ce. tb. 21, f.9) abgebildete Zeptaena minima gehört — wie übrigens schon Davidson (Brit. Silur. Brach. p. 335) bemerkt hat — nicht zu der Sowerby’schen Art, da sie sehr viel zahlreichere und feinere, sich nach dem Rande zu durch Einschaltung vermehrende Rippchen besitzt. 204 Brachiopoda. starken, sich öfters spaltenden Rippchen. Im Kalk des Scheeren- stieges. Sowohl die Heidelberger Universität wie auch die hiesige Landesanstalt besitzen Exemplare dieser Art. Obwohl ich an keinem die für die Gattung Chonetes charakteristischen Röhrchen beobachtet habe, so macht doch der Habitus der Muschel ihre Zu- gehörigkeit zu derselben sehr wahrscheinlich. Die Art hat einige Aehnlichkeit mit Barrande’s embryo; doch hat dieser letztere nach Barrande stets einfache Rippen, während dieselben bei unserer Form zum Theil dichotomiren. Auch sind die von dem genannten Autor abgebildeten Exemplare von embryo weniger stark geflügelt und mit weniger zahlreichen (nur 20) Rippen versehen. Wahrscheinlich gehört auch Giebel’s Ch. striatella hierher. Das schlecht erhaltene, in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte Originalstück stimmt wenig mit Giebel’s Abbildung überein, welche namentlich die Rippen viel zu zahlreich und fein darstellt. Chonetes gibbosa n. sp. Tafel 30, Fig. 10. Eine ziemlich grosse Form von halbkreisförmigem, etwas quer- verlängertem Umriss und grösster Breite in der Schlosslinie. Die allein vorliegende Ventralklappe ist sehr stark gewölbt, namentlich in der Buckelgegend, die aufgedunsen und über den Schlossrand übergewölbt ist. Nach dem Rande zu nimmt die Stärke der Wöl- bung erheblich ab. Zu beiden Seiten des Buckels ist die Schale etwas vertieft, wodurch sog. Ohren entstehen. Die Oberfläche ist mit sehr zahlreichen, feinen, gleichmässigen, sich durch wieder- holte Spaltung vermehrenden Rippchen bedeckt. Ausserdem nimmt man Andeutungen einer feinen Querstreifung wahr. Die für die Gattung charakteristischen Röhren am Schlossrande habe ich nicht wahrnehmen können, wohl aber deren Ansatzstellen. Von dieser Art liegt nur ein einziges, im Besitze der Landes- anstalt befindliches Exemplar aus dem Kalk des Klosterholzes vor. Die Muschel steht der bekannten unterdevonischen Chon. dilatata Brachiopoda. 205 F. Röm.!) sehr nahe und unterscheidet sich von ihr nur durch die aufgeblähte, den Schlossrand überragende Buckelgegend und die, wenigstens bei vorliegendem Stücke, nicht — wie gewöhnlich bei dilatata — flügelförmig verlängerten Schlossecken. Trotz dieser Unterschiede scheint indess die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Usenburger Form, wenn sie in mehreren Exemplaren vor- läge, sich als blosse Varietät von dilatata erwiese. Genus Discina Lamarck. Diseina Bischofi A. Röm. Tafel 30, Fig. 18. Orbieula — komer, Beitr. III, p. 5, tb. 1, f.7. 1855. Discna — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 53. 1858. Das in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte, aus dem Kalk des Scheerenstieges stammende Originalexemplar stellt eine ovale Ventralklappe von ziemlich hoher, etwas schiefer Kegelgestalt dar. Die Schale ist dunkel, von horniger Beschaffenheit und nur mit einigen schwachen Anwachsringen versehen. Diseina enf. Forbesii Davids. Tafel 30, Fig. 19, 20. Discina — Davidson, Mon. Silur. Brach. tb. 7, f. 14—17. 1871. Orbicula Forbesii A. Röm., Beitr. III, p. 5, tb. 2, f.9. 1855. Die im Kalk des Klosterholzes gefundene, isolirte Ventral- klappe wird in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrt. Sie stellt einen ziemlich grossen, länglichen, sehr flachen Kegel mit ge- drängten, starken, concentrischen Anwachsringen dar. Unter dem Scheitel liegt ein länglicher, nicht bis an den Rand reichender Schlitz. Schale hornig, glänzend. !) Schnur, Brach. Eifel tb. 22, £. 1. 206 Brachiopoda. Römer bezog das Fossil auf Davıdson’s obersilurische Or- bieuloidea Forbesü; und ın der That ist eine gewisse Aehnlichkeit mit dieser Form vorhanden. Indess sind die Anwachsringe bei der englischen Art schwächer und der Schlitz schmäler. _ Sehr wahrscheinlich gehört auch die von Richter!) aus den thüringer Tentakulitenschichten als D. Forbesü beschriebene Form hierher, von welcher Herr Liebe mir Exemplare aus der Knollen- kalkschicht vom Quingenberge bei Zeulenrode gesandt hat. Discina sp. Tafel 30, Fig. 21. — rugata Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 52, tb. 2, f. 66. 1858. In der Heidelberger Sammlung werden zwei schlecht erhaltene Stücke aus den Schiefern im Hangenden des Scheerenstieger Kalk- lagers aufbewahrt, die bei ungefähr kreisförmigem Umriss, stumpf- kegeliger Gestalt und mässig starker, concentrischer Anwachs- streifung allerdings an Sowerby’s obersilurische rwgata ?) erinnert; indess ist die Erhaltung der beiden Stücke zu mangelhaft, um darauf eine sichere Bestimmung gründen zu können. Auch die Jasche’sche Sammlung besitzt ein kleines Exemplar einer ähnlichen, möglicherweise identischen Discina aus dem Kalk des Klosterholzes. Genus Crania Ietzius. Crania sp. Tafel 30, Fig. 24. Diseina reversa Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 53, tb. 2, f. 5. Ein paar kleine, in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte Stücke aus dem Scheerenstieger Kalk. Dieselben stellen flach- 1) Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. 1866, p. 420, tb. 6, f. 32. ?2) Davids. Brit. Silur. Brach. tb. 5, f. 9—18. t n Brachiopoda. 207 kegelige Formen mit etwas excentrischem Scheitel und — abge- sehen von einigen weit auseinander stehenden Anwachsstreifen — glatter Oberfläche dar. Giebel bezog unsere Muschel auf Ver- neuil’s Orbicula reversa!) aus den russischen Obolussandsteinen. Diese Bestimmung wird indess schon dadurch hinfällig, dass die Schale unseres Fossils nicht hornig, sondern kalkig ist, so dass dasselbe überhaupt nicht zu Discina, sondern zu Crania gehört. Crania sp. Tafel 30, Fig. 25. Eine grössere Form aus dem Kalk des Klosterholzes, von der die geologische Landesanstalt zwei Exemplare besitzt. Eine nähere Bestimmung ist nicht ausführbar. Genus Lingula Bruguiere. Lingula Ilsae A. köm. Tafel 30, Fig. 22, 23. — minima Römer, Verst. Harzgeb. p. 20, tb. 12, f. 32. 1843. — Ilsae Id. Bei, pr dstb. 601. 21866. ? — Lewisi Barrande, Naturw. Abh. II, p. 253, tb. 23, f.9. 1848. Eine langgestreckte Form von gerundet-vierseitigem Umriss. Beide Klappen ungefähr gleich und mässig stark gewölbt. Der Schnabel der grossen ziemlich stark vorragend, die Schlosskanten unter etwa 90° zusammenstossend. Die hornige Schale ist mit zahlreichen concentrischen Anwachsstreifen bedeckt. — Im Kalk des Klosterholzes. 1) Geol. Russia II, tb. 19, £. 2. 208 Brachiopoda. Römer beschrieb ein jugendliches Exemplar dieser Form schon in seiner ersten Harzarbeit als L. minima Sow.'!). Später bildete er ein sehr gut erhaltenes ausgewachsenes Individuum unter dem Namen ZL. Ilsae ab. Es sind bereits mehrere der harzer Form ähnliche Zingula-Arten beschrieben worden. Ich nenne unter den- selben Z. ovata M’Coy?) aus den Caradocschichten und besonders L. Lewisi Sow.’) aus dem Aymestrykalk und den oberen Lud- lowschichten, deren schlanke Abänderung (Davidson’s f. 4) der harzer Muschel sehr nahe kommt, nur dass der Schnabel der eng- lischen Form etwas kürzer und schlanker ist. Recht ähnlich ist unserer Art die von Barrande unter dem Namen Lewisii aus der böhmischen Etage F' beschriebene Lingula. Sie könnte vielleicht mit L. /Isae zu vereinigen sein. !) Davidson, Brit. Sıl. Brach. tb. 2. f. 36—44. 2) Ibid. tb. 2, f. 19—23. 3) Tbid. tb. 3, f. 1—6. Eehinodermata. Class. Crinoidea. Reste von Crinoideen sind in den ältesten Kalklagern des Harzes verhältnissmässig selten. Häufiger findet man dieselben in den, die Kalke begleitenden, mehr oder weniger kalkigen Schie- fern, zumal im östlichen Harz, in der Gegend von Mägdesprung, Harzgerode etc. Indess bestehen diese Reste in der Regel nur aus vereinzelten Stielgliedern oder grösseren Säulenstücken, die keine nähere Bestimmung erlauben, und nur höchst selten trifft man ausser ihnen auch Reste von Kelchtheilen an. Tafel 34, Fig. 11 (nach einem Kautschukabdruck). Die abgebildeten Kronentheile haben sich in den Schiefern gefunden, welche das Liegende der am Schiebeckswege unterhalb der Harzgeröder Ziegelhütte anstehenden, mit Resten von Ortho- ceren, Cardiola- (minuta, Grodecki, quadricostata und hereynica) und Hercynella - Arten erfüllten Kalksteinlinsen bilden. Man erkennt einen hohen, aus sehr zahlreichen Täfelchen zusammengesetzten Kelch, von welchem einzeilige, vielfach gegabelte, mit Pinnulae besetzte Arme ausgehen. Leider ist der untere Theil des Kelches vollständig zerstört, so dass eine Bestimmung nicht möglich ist. Die auf demselben Gesteinsstücke liegenden Säulenstücke sind eylindrisch und aus niedrigen Gliedern mit rundem (?) Nahrungs- kanal und radialgestreiften Gelenkflächen zusammengesetzt. 14 Coelenterata. Glass. Hydrozoa. Graptolithidae. Das Vorkommen von Graptolithen bildet eine der interessan- testen Eigenthümlichkeiten der ältesten Harzfauna. Denn da jene merkwürdigen Versteinerungen bisher stets als charakteristisch und leitend für die Silurformation gegolten haben, so scheint in ihrem Auftreten ein Widerspruch mit dem übrigen, ausgesprochen devo- nischen Charakter unserer Fauna zu liegen. Man darf indess nicht vergessen, dass die Gattung Dietyonema oder — wie man sie in neuerer Zeit nennt — Dictyograptus, deren Graptolithennatur nach den schönen Beobachtungen von Dames!) nicht mehr zu be- zweifeln ist, nach Hall?) und Billings°) in Nordamerika nicht nur in den Oberhelderbergschichten vorkommt, sondern sogar bis in die mitteldevonischen Hamiltonschichten hinaufgeht. Das Vor- kommen von Graptolithen kann daher an und für sich noch nicht als Beweis für das silurische Alter einer Fauna angesehen werden. Ist deren Gesammtcharakter, wie in unserem Falle, ein entschieden !) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXV, p. 383; Bd. XXVIH, p. 776. ?) Canadian organ. rem. dec. II, p. 58. >) Paläoz. Foss. Canada II, p. 12. Graptolithidae. 211 devonischer, so vermögen Graptolithen denselben nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Die harzer Graptolithen verdienen auch aus dem Grunde beson- deres Interesse, weil sie mit zu den jüngsten bisher bekannt gewor- denen Formen ihrer Art gehören. In England und Schweden gehen die Graptolithen nicht über die oberen Wenlockbildungen hinaus'!). In Böhmen?) und im thüringisch-fichtelgebirger Gebiete°) sind dieselben zwar in neuerer Zeit in einem erheblich höheren, von mir als unterdevonisch angesehenen Niveau aufgefunden worden, nämlich in Böhmen an der Basis der Barrande’schen Etage F, in Thüringen in den oberen oder jüngeren Alaunschiefern, welche die Unterlage der sogenannten Tentaculiten- und Nereiten-Schichten bilden. Allein weder in Thüringen noch in Böhmen sind bis jetzt unzweifelhafte Graptolithen *) in einem höheren als dem genannten Horizonte nachgewiesen worden, während dieselben im Harz noch über der Fauna von Mägdesprung etc., also im hangenden Theile des — wie im Schlusstheil dieser Arbeit näher ausgeführt werden soll — den obersten Barrande’schen Kalketagen und den thü- ringer Tentaculitenschichten entsprechenden Schichtencomplexes auftreten. Die ersten harzer Graptolithen wurden im Jahre 1854 durch Bergmeister Jüngst, einen Schüler A. Römer’s, unweit Lauter- berg aufgefunden. Bald darauf wurden sie durch Bischof auch bei Harzgerode nachgewiesen, und die Untersuchungen der geolo- gischen Landesanstalt haben sie noch an einer Menge anderer Punkte, namentlich im östlichen Theile des Gebirges, kennen ge- lehrt. Es ist das specielle Verdienst von Lossen, an der Hand einer Menge von Fundpunkten ihr Gebundensein an ein ganz be- 1) Salter, Catal. cambr. silur. foss. museum univers. Cambridge, p. 177. 1873 2) Barrande, Syst. Sil. Boh. Pterop. p. 119. 3) Beyrich, Zeitschr. d. deutsch. geol. @. Bd. XXI, p. 782. — Richter, ibid. Bd. XXVII, p. 261. 4) Die von Richter sowohl früher als auch in neuerer Zeit (Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XXIII, p. 231) beschriebenen Graptolithen aus den über dem Alaun- schiefer liegenden Tentaculitenschichten kann ich nach Prüfung der mir von dem Autor mit gewohnter Liebenswürdigkeit mitgetheilten Originalexemplare ebenso wenig als solche anerkennen, wie Herr Gümbel (Neues Jahrbuch 1872, p. 77). 14* 912 Graptolithidae. stimmtes, an der obersten Gränze der unteren Wieder Schiefer, unmittelbar unter dem Hauptquarzit liegendes Niveau nachgewiesen zu haben. Bis jetzt sind im Harz Graptolithen an folgenden Stellen ge- funden worden: in der westlichen Hälfte des Gebirges bei Lauter- berg und Zorge, in der östlichen Hälfte im Süden der Sattelzone von Tanner Grauwacke an zahlreichen Punkten zwischen Günters- berge, Harzgerode, Mägdesprung, Schielo, Pansfelde und Wiese- rode, im Norden der Sattelzone endlich bei Thale. Ueberall treten. sie im Schiefer auf, der in diesem Niveau gern etwas kalkhaltig wird. Leider ist ihr Erhaltungszustand meistens sehr ungenü- gend. Die relativ besterhaltenen Exemplare haben sich bei Lauter- berg und am Claus- und Panzerberge östlich Mägdesprung gefunden. Trotz der vielen Zeit, die ich auf das Studium der harzer Graptolithen verwandt habe, ıst es mir nicht gelungen, mit einiger Sicherheit mehr als 8 Arten zu bestimmen. Ich zweifle aber nicht, dass diese Zahl bei günstigerer Erhaltung erheblich höher ausgefallen sein würde. Für die Bestimmung habe ich hauptsächlich die treff- liche neueste Arbeit von Lapworth über die schottischen Mono- graptiden!) benutzt. Als eine beachtenswerthe Eigenthümlichkeit der harzer Grapto- lithenfauna muss das vollständige Fehlen der im Obersilur (Basis der Barrande’schen Etage E, ältere Graptolithensch iefer Thü- ringens, Coniston-mudstones Nordenglands und obere Moffat-shales Südschottlands etc.) noch vorhandenen zweizeiligen Gattungen, wie Diplograptus und Climacograptus, hervorgehoben werden. Ebenso fehlen auch verzweigte Formen und Retiolites- Arten vollständig und stark gekrümmte treten gegen gerade oder nur schwach gebogene zurück. Es zeigt sich darin eine Analogie mit der ob>ren Graptolithenfauna Thüringens und des Fichtelgebirses, welcher zweizeilige Formen ebenfalls völlig abzugehen scheinen ?). !) Geolog. Magaz. 1876. ?) Vergl Gümbel, Neues Jahrb. 1878, p. 293. Ich selbst habe in einer mir von meinem Freunde Liebe übersandten Süite von Graptolithen aus den oberen Alaunschiefern Thüringens nur einfache, gerade oder wenig gekrümmte, einz eilige Formen gefunden. Graptolithidae 213 Indess kommen in dieser letzteren im Unterschiede von der harzer Fauna nach Gümbel auch verzweigte Formen wie Pleurograptus, Cyrtograptus und Retiolites- Arten und nach Richter auch Ra- striten vor). Genus Monograptus Geinitz. Monograptus Halli Barr. Tafel 31, Fig. 15, 16 (). Graptolithusr — DBarr., Grapt. Boh. p. 48, tb. 2, f. 12, 13, 1850. Monograptus — Lapworth, |. c. p. 354, tb. 13, f. 1e. 1876. Diese Art ist ausgezeichnet durch einen geraden oder nur schwach dorsal gebogenen Stamm und kurze, breite Zellen, die unter 50 bis 60° gegen den letzteren geneigt sind, einander unge- fähr um ihre halbe Länge überragen, sich nach der Mündung zu etwas verengen und mit horizontalem Stachel verziert sind. Der Mündungsrand ist flach convex. Hierher gehört sehr wahrscheinlich ein recht gut erhaltenes, im Besitze der Landesanstalt befindliches Stück vom Panzerberge unweit Mägdesprung. Die Zellen stehen etwas gedrängter als bei der typischen böhmischen Form. Dennoch ist die Uebereinstim- mung mit dieser und der englischen Form, wie sie Lapworth abgebildet hat, sehr gross. Der lange Endstachel ist deutlich zu beobachten. Die Art ist bis jetzt aus dem sächsisch-thüringischen Schiefer- gebirge, England und Böhmen bekannt geworden und tritt in den genannten Gegenden im unteren Obersilur auf. 1) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXVII, p. 266 ff. — Neben vielen ein- fachen, einzeiligen Formen beschreibt Richter hier auch eine zweiarmige, d’e er zu der bisher nur untersilurisch gekannten Hall’schen Gattung Dieranograptus rechnet. Das Vorhandensein der von Richter angegebenen ächten Rastriten wird von Gümbel in Zweifel gezogen. 214 Graptolithidae, Monograptus priodon Bronn. Tafel 31, Fig. 14. Graptolithus — DBarrande, Grapt. Boh. pl. 1, f. 1—14. 1850. Monograpsuss — Geinitz, Grapt. tb. 3, f. 20—27, 29. 18352. _ — A. Römer, N. Jahrb. p. 541, tb. 7, f.1. 1855. Diese bekannte, weitverbreitete, in England bis in die oberen Ludlowbildungen hinaufgehende, im thüringisch-fichtelgebirgischen Gebiete nicht nur in den unteren, sondern auch in den oberen Graptolithen-Schiefern vorhandene Art findet sich in typischer Aus- bildung auch im Harz. Sie ist schon durch Römer von Lau- terberg beschrieben worden, woselbst sie ziemlich häufig vor- kommt. Auch ım östlichen Harz scheint sie vorhanden zu sein. Monograptus colonus Barr. Tafel 31, Fie. 17, 18. Graptolithus — DBarrande, Grapt. Boh. tb. 2, f. 1-3. 1850. Monograptus — Lapworth, l. ce. p. 505, tb. 20, f.9. 1876. — latus A. Römer, N. Jahrb. p. 541, tb. 7, f.2 (male!). 1855. Eine gerade, selten mehr als 40 Millim. Länge erreichende Art. Sie zeichnet sich durch ansehnliche Breite und unter circa 30° gegen die Axe geneigte, lange, schmale, sich nach der Mün- dung zu etwas verengende Zellen aus. Die Seitenränder der Zel- len bilden gerade oder schwach und zwar doppelt gebogene Linien. Der schräg stehende Mündungsrand ist concav und endigt mit einem schwachen Dornfortsatz. Die Art hat sich in typischer, mit Lapworth’s Abbildungen vollständig übereinstimmender Ausbildung bei Lauterberg und Harzgerode (Clausberg u. s. w.) gefunden. Von der erstgenannten Lokalität wurde sie bereits durch Römer beschrieben, freilich unter der irrthümlichen Bestimmung latus M’Coy. M. colonus geht in England nach Lapworth '!) bis in die Ludlowbildungen, in Thüringen und im Fichtelgebirge bis in die oberen Graptolithen-Schiefer hinauf. 1) Tabelle I. ce. p. 549. Graptolithidae. 215 Monograptus dubius Süss. Tafel 31, Fig. 19 — 22. Graptolithus dubius Süss, Böhm. Grapt. tb. 9, f.5 (male). 1851. Monograptus colonus var. dubius Lapworth, l. c. p. 506, tb. 20, f. 10. 1876. Monograpsus Jüngsti et polyodonta A. Röm., Neues Jahrb. p. 542, tb. 7, f.3u.4 (pessime). 1855. — oblique-truncatus A. Röm, — — 19: Ze subdentatus ex parte = = — 1.6 Steht der vorigen Art nahe, unterscheidet sich aber durch viel kürzere und breitere, sich nach der Mündung zu nicht ver- engende Zellen. Der Mündungsrand ist wie bei colonus concav und trägt einen kleinen Dornfortsatz. Diese von Barrande noch zu colonus gerechnete, von Süss aber zu einer besonderen Species erhobene Form hat sich ausser in Böhmen auch in England gefunden, wo sie in Begleitung der vorigen Art im Obersilur auftritt. Im Harz kommt sie als häufigste Graptolithen-Form bei Lau- terberg vor, woher sie schon durch Römer unter den oben an- geführten Bezeichnungen beschrieben worden ist. Römer’s oblique- truncatus stimmt — wie die Prüfung der in Clausthal aufbewahr- ten Originalien gelehrt hat — vollständig mit dubius überein; sein Jüngsti und polyodonta sind gleichfalls nur auf schlecht erhaltene, hierher gehörige Exemplare gegründet, und dasselbe gilt auch vom grössten Theil der von ihm zu subdentatus gerechneten Formen. Hervorzuheben ist endlich noch, dass man an der harzer Form vielfach eine geringe dorsale Biegung beobachtet, die namentlich an dem unteren (proximalen) Ende des Stammes vortritt. 216 Graptolithidae. Monograptus sagittarius His. ') Tafel 31, Fig. 23, 24. Monograpsus — Geinitz, Graptol. tb. 2, f. 2—4. 1852. Monograptus — A. Röm., Neues Jahrb. p. 542, tb. 7, f.7. 1855. —_ Hisinger Lapworth, ]. c. p. 350, tb. 12, f.1. 1876. Eine der bekanntesten und verbreitetsten, sowohl im Mittel- als auch im Obersilur auftretende, nach Richter ?) auch im oberen Graptolithen-Schiefer Thüringens vorkommende Art. Sie ist gerade oder nur leicht ventral gebogen. Die Zellen sind kurz und breit, von ungefähr rechteckigem Umriss. Sie überragen einander etwa um ihre halbe Länge und sind etwa 45° gegen die Axe des Stockes geneigt. Ihre Aussenseite ist zu unterst etwas concav, nach oben etwas convex, der ungefähr rechtwinklig zur Längsausdehnung der Zellen stehende Mündungsrand schwach concav. Aussen- und Mündungsrand bilden mit einander ein dreieckiges Zähnchen. M. sagittarius ist im Harz recht häufig und hat sich sowohl bei Lauterberg gefunden, wo ihn bereits Römer richtig erkannt hatte ?), als auch bei Harzgerode und an der unteren Selke. Der von Giebel*) unter dem Namen sagittarius beschriebene Graptolith aus dem Schieferbruch am rothen Kopf im Schiebecks- thal bei Harzgerode ist — wie unsere Abbildung Taf. 31, Fig. 11 zeigt — zu stark gekrümmt und die Zellen von zu spitz zahn- förmiger Gestalt, als dass die Zugehörigkeit zu unserer Art wahr- scheinlich wäre °). !) Man führte früher ganz allgemein Linn& als Begründer der Species an. Dies darf indess nicht mehr geschehen, seit Carruthers (Geol. Magaz. V, p. 21) nachgewiesen hat, dass der Name sagittarius von Linne für ein Fragment von Lepidodendron aufgestellt wurde. Dieser Nachweis berechtigt freilich noclı nicht, einen neuen Namen an die Stelle des alten zu setzen, wie das Carruthers und nach seinem Vorgange auch Lapworth thut. Vielmehr muss jetzt Hisinger, der unsere Art zuerst unter dem Namen sagittarius beschrieben und abgebildet hat, als deren Autor genannt werden. ?) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXVII, p. 267. ?) Allerdings hat Römer eine Anzahl hierher gehöriger Exemplare auch zu seinem M. Jüngsti gerechnet, so das in Fig. 23 meiner Tafel dargestellte, der Clausthaler Sammlung angehörige Stück. *) Sılur. Fauna Unterharz, p. 62, tb. 6, f. 11. 5) Carruthers bringt den fraglichen Graptolithen (Geolog. Magaz. V, p. 127) bei convolutus His. unter, was bei seiner doch immerhin nur schwachen Krümmung, die im Gegensatz zu der der genannten Art ventral ist, geradezu unverständlich ist. Graptolithidae. 217 Monograptus (sagittarius var.?) jaculum Lapw. (?) Tafel 31, Fig. 25. a — —_ Dapworth, I. e. p. 351, tb. 12, f.2. 1876. Monograpsus sagittarius ex parte A. Röm. in collect. Clausth. Eine der vorigen verwandte Form, die sich aber durch viel längere und schmälere, unter 30 — 35° geneigte, an der Mündung etwas erweiterte Zellen auszeichnet. Auch steht der Mündungs- vand nicht wie bei der vorigen schräge, sondern senkrecht zur Axe des Stockes. Diese letztere lässt gewöhnlich eine schwach dorsale Krümmung erkennen. Dieser Graptolith tritt nach Lapworth in Schottland an der Basis des Obersilur auf. Im Harz findet er sich bei Lauterbereg. Monograptus Nilssoni Barr. Tafel 31, Fig. 12. Graptolthus_ — DBarrande, Grapt. Boh. p. 5l, tb. 2, f. 16. 1850. Monogsaptus — Lapworth, le. p.315, tb. 10, f. 7. 1876. Diese Art ist ausgezeichnet durch die grosse Schmalheit des leicht dorsal gekrümmten Stockes und die schwach geneigten, an die Axe angedrückten, schmalen Zellen. Der Aussen- und Mün- dungsrand derselben sind geradlinig, der letztere steht rechtwinklig zur Axe des Stockes. Die Art wurde durch Barrande von der Basis des böhmi- schen Obersilur beschrieben und tritt auch in England, Sachsen und Thüringen in demselben Niveau auf. Nach Richter !) ist sie auch im oberen Graptolithen-Schiefer Thüringens vorhanden. Im Harz ist sie bisher nur in einem einzigen, aber deutlichen Exemplare am Panzerberge an der Selke unterhalb Mägdesprung gefunden worden. 1) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXVII, p. 268. 218 Graptolithidae. Monograptus convolutus Hising. Tafel 31, Fig. 13. _ — DLapworth, 1. c. p. 358, tb. 13, f.4. 1876. — proteus® A. Röm. Neues Jahrb. p. 542, tb. 7, f.8. 1855. Eine mehr oder weniger stark gekrümmte Form, mit schlan- ken, auf der Convexseite stehenden und einen grossen Winkel mit der Axe bildenden, einander nur berührenden, aber nicht bedecken- den Zellen. Ihre Gestalt ist dreieckig und mehr oder weniger spitz zahnförmig, der Aussenrand bei der typischen Form schwach concav, der Mündungsrand etwas convex. Ein Dornfortsatz nicht vorhanden. Eine besonders an der Basis des Obersilur sehr verbreitete, ausser in England und in Schweden auch in Thüringen, Sachsen und Böhmen vorkommende, sich nach Richter auch in den oberen thüringischen Alaunschiefern wiederfindende, sehr variable Art. Lapworth unterscheidet vier (von anderen Forschern als eigene Arten beschriebene) Abänderungen. Von diesen stimmt seine var. communis (Fig. 4a) am besten mit dem einzigen, bei Lauterberg gefundenen Stücke überein. Römer hat dies Stück fraglich zu Barrande’s Gr. proteus gestellt, einer von Lapworth mit convo- lutus vereinigten Form. ae cn | | Class. Anthozoa seu Polypi. Korallen finden sich in den hercynischen Schichten nur spar- sam. In den Oephalopoden-führenden Kalken von Hasselfelde etc. fehlen sie so gut wie gänzlich. Im Brachiopodenkalk der Mägde- sprunger und Zorger Gegend sind sie zwar vorhanden, treten aber nur ausnahmsweise in grösserer Menge und niemals, wie in der Eifel und anderen Gegenden, schichtenbildend, als Korallen- bänke auf. Zoantharia tubulosa. Genus Aulopora Goldfuss. Aulopora striata Giebel. Tafel 33, Fig. 14 (Copie nach Giebel). — — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 56, tb. 6, f.6. 1858. Korallenstock angeheftet, kriechend, aus langgestreckten, sich tutenförmig erweiternden Zellen zusammengesetzt. An der Mün- dung der älteren Zellen sprossen je zwei, sich unter spitzem Win- kel von einander entfernende, neue Zellen hervor, wodurch der Stock eine gablig-ästige Gestalt erhält. Die Oberfläche der Zellen zeigt unter der Loupe feine, unregelmässige Quer- und noch fei- 220 Polypi. nere Längsstreifen. Im Inneren der Zellen konnte Giebel eine deutliche Längsstreifung — eine Andeutung von Septallamellen — wahrnehmen. — Im Kalk des Scheerenstieges. Die Gestalt der Zellen, ihre Streifung und die regelmässig- gablige Theilung des Stockes unterscheiden diese Koralle von den übrigen devonischen und obersilurischen Auloporaarten. Zoantharia tabulata. Genus Alveolites Lamarck. Alveolites sp.? — repens Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 59, tb. 6, f. 15 (male). 1858. Das ın der Heidelberger Sammlung aufbewahrte, aus dem Kalk des Schneckenberges stammende Originalstück Giebel’ stellt einen aus feinen, langröhrigen Zellen zusammengesetzten Polypen- stock dar, dessen Erhaltung indess so ungenügend ist, dass nicht einmal eine sichere generische Bestimmung — das Stück könnte vielleicht auch zu Favosites gehören —, geschweige denn eine spe- cifische möglich erscheint. Giebel’s Abbildung ist stark idealisirt. Genus Chaetetes Fischer. Chaetetes undulatus Giebel. Tafel 32, Fig. 2, 3. Calamopora fibrosa (non Goldf.) A. Röm. Verstein. Harzgeb. p. 6, tb. 3, f.4. 1843. Ohaetetes undulatus Giebel, Sil. F. Unterh. p. 60, tb. 6, f.5. 1858. — tabulatus Hail, Pal. N.- York, Illustr. Devon. Foss., Corals, tb. 37). 1876. Der Korallenstock bildet bis faustgrosse, knollige Massen, die aus lang- und feinröhrigen, 4—4 Millim. breiten, schwach diver- Polypi. 221 girend von einer gemeinschaftlichen Basis ausstrahlenden Zellen zu- sammengesetzt sind. Die Zellen sind alle von nahezu gleichem Durchmesser und von polygonaler und zwar zumeist hexagonaler Gestalt. Ihre Wandungen sind der Quere nach schwach gefaltet, wodurch die Prismenkanten einen auffällig welligen Verlauf erhal- ten. Zwischen den älteren schieben sich nach aussen zu vielfach neue Zellen ein. Die Wandungen der Zellen sind nicht durch- bohrt; Querböden wenig zahlreich und schwach. — Im Kalk des Scheerenstieges und wahrscheinlich auch des Klosterholzes bei Ilsenburg. Diese durch den welligen Verlauf der Zellenkanten ausgezeich- nete Art wurde von Römer schon in seiner ältesten Harzmono- graphie kenntlich abgebildet. Er bestimmte sie damals als Cal. Jibrosa Goldf. Dass diese Bestimmung irrig ist, ergiebt sich schon aus der mangelnden Durchbohrung der Zellenwandungen. Giebel erkannte die Selbständigkeit unserer Art und gab ihr den pas- senden Namen undulatus. Eine ganz auffällige Uebereinstimmung zeigt Hall’s Ch. tabulatus (l. c.) aus den oberen Helderbergschich- ten. Ich glaube, dass diese Form mit der hercynischen vereinigt werden darf. Von sonstigen Chactetesarten steht Trigeri M. Edw. & H.!) aus dem Unterdevon von Brulon nahe, deren Zellenwände eine ähnliche, aber viel schwächere, feine, runzlig-wellige Quer- faltung zeigen. Die Zellenröhren dieser Art sind indess im Unter- schiede von der hereynischen 1—13 Millim. breit. Bei ein paar in der Jasche’schen Sammlung aufbewahrten Stücken aus dem Klosterholz (Fig. 2) ist die wellige Biegung der Zellenkanten schwächer als bei den Mägdesprunger Exemplaren (Fig. 3). Es wäre möglich, dass dieselben von Giebel’s undulatus specifisch verschieden sind. 2) Bolyp. paleoz.op. 269, tb. 17, £ 6. 222 Polypi. Chaetetes Roemeri Kays. Tafel 32, Fig. 4—7. — fibrosus Gold? AS Rom, Ber. tb, 2, E85: — Bowerbanki (non M. Edw. & Haime) Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 60, tb. 6, Im Diese Art bildet kleine, knollige, sich schwach verzweigende Stöcke, die aus sehr dünnröhrigen, feinfaserigen, gegen die Längsaxe der Knollen divergirenden und stark gebogenen Zellen bestehen. Dieselben sind von etwas ungleicher, hinter derjenigen der vorigen Art noch zurückbleibender, nur 4 Millim. betragender Weite und von polygonaler Gestalt und vermehren sich nach aussen zu durch vielfache Einschiebung neuer Zellen zwischen den alten. Poren nicht vorhanden, Querböden im Gegensatz zur vorigen Art sehr zahlreich und dicht gedrängt aber äusserst zart, so dass sie nur mit Hülfe einer starken Loupe wahrzunehmen sind. — Im Kalk des Schneckenberges, des Badeholzes bei der Mägdesprunger Silberhütte, bei Königerode etc. Römer rechnete auch diese Form zu Cal. jibrosa Goldf., wäh- rend Giebel sie mit dem obersilurischen Ch. Bowerbanki M. Edw. & Haime!) identificirte. Diese Bestimmung erscheint jedoch schon mit Rücksicht auf die ungleich grössere, 1—13 Millim. betragende Ziellenweite der silurischen Art unrichtig. Näher steht in dieser Hinsicht der eifler Ch. Goldfussi M. Edw. & H.?), der indess durch stark verzweigte, dünnästige Gestalt des Stockes abweicht. Man könnte unsere Koralle, wenn sie eine eigene Species dar- stellt, mit dem Namen Roemeri belegen. !) Polyp. foss. paleoz. p. 272. 2) 1. c. p. 269. u Polypi. 223 Genus Dania M. Edwards & Haime. Dania multiseptosa A. Röm. Tafel 32, Fıg. 8. Thecia — Röm., Beitr. II, p. 2, tb. 2, f. 1. 1855. Dania — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 59, tb. 6, f.3 u. 4. 1858. Diese Koralle bildet massige, bis handgrosse Stöcke, die aus schwach divergirenden bis senkrechten, röhrenförmigen, eng mit einander verwachsenen Zellen bestehen. Dieselben haben eine etwas ungleiche, im Maximum nicht ganz 1 Millim. erreichende Weite und eine unregelmässig polygonale bis nahezu kreisrunde Gestalt. Sie werden von dicht über einander liegenden Querböden durchsetzt, die in allen Zellen in nahezu gleicher Höhe stehen, so dass sie den ganzen Stock als ununterbrochen zusammenhängende Lamellen zu durchsetzen scheinen. Jede Andeutung von Septen und von Durchbohrungen der Zellenwandungen fehlt. — Aus dem Kalk des Schneckenberges. A. Römer stellte diese Art fraglich zur Gattung Thecia. Diese Classification ist indess schon wegen des völligen Mangels von Septen unzulässig. Die von Römer angegebenen Durchboh- rungen der Zellenwände beruhen, wie schon Giebel hervor- gehoben, auf einem Irrthume. Auf Grund der alle Zellen in ungefähr derselben Höhe durchsetzenden Böden hat der hallesche Paläontolog die Mägdesprunger Koralle mit Recht in die Chaeteten- gattung Dania gestellt, von der M. Edwards und Haime nur eine einzige Art, D. huronica!), aus dem amerikanischen Silur, anführen. Diese letztere unterscheidet sich indess von dem harzer Fossil durch die zahlreicheren, gedrängter stehenden Böden und die erheblich dünneren Zellenwandungen. Srlgerp. 212. 224 Polypi. Genus Beaumontia M. Edwards & Haime. Beaumontia Guerangeri M. Edw. & H. (?) Tafel 32, Fig. 9. Beaumontia Guerangeri M. Edw. & Haime, Polyp. paleoz. p. 277, tb. 17, f.1. 1851. Columnaria antiqua A. Röm., Verstein. Harzgeb. p. 7. 1843. Beaumontia venelorum (non M. Edw. & H.) A. Röm., Beitr. III, p. 2, tb. 1, f. 2. 1855. — antiqua Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 61, tb. 6, f. 1. 1858. Der Korallenstock bildet über faustgross werdende, kugelig- knollige Massen und besteht aus prismatischen, von der Basis divergent nach aussen ausstrahlenden Zellen. Dieselben sind von unregelmässig polygonaler Gestalt und von sehr verschiedener, im Maximum etwa 4 Millim. erreichender, nach der Mündung nur langsam zunehmender Weite. Nach aussen zu vermehren sich die- selben durch häufige Einschiebung neuer Zellen. Die dünnen Zel- lenwandungen zeigen eine etwas unebene, schwach quergestreifte Oberfläche. Querböden im Durchschnitt etwas mehr als 1 Millim. von einander entfernt, zum Theil eben und die ganze Breite der Zellen einnehmend, zum Theil unregelmässig gebogen, schief stehend und sich auf einander stützend. Von Septen ist ebensowenig eine Andeutung wahrzunehmen, als von Längsstreifung, welche letztere Römer beobachtet zu haben glaubte. — Häufig im Kalk des Schneckenberges und Scheerenstieges und anderer Punkte in der Gegend von Mägdesprung; ausserdem auch in den Kalken von Wieda und Zorge, z.B. am Sprakelsbach. Diese Art wurde schon von Römer auf Grund ihrer, wenn auch nicht blasigen, so doch sehr unregelmässig gestalteten Zellen- böden mit Recht zu der Chaetetiden -Gattung Beaumontia gestellt. M. Edwards und Haime kannten von derselben seiner Zeit nur zwei Arten aus dem englischen Kohlenkalk und zwei andere aus dem französischen Unterdevon (Nehou, Brulon u. s. w..,. Römer vereinigte die harzer Koralle mit der einen der beiden letzteren, Polypi. 225 B. venelorum '). Indess steht schon die viel grössere, bis 6 Millim. betragende Zellenweite dieser Art, die stärkere Querfaltung ihrer Epithek und die auf das Vorhandensein von Septen hinweisende Längsstreifung der Zellenwände ihrer Identificirung mit der harzer Form entgegen. Giebel restituirte daher für die letztere den ihr ursprünglich von Römer gegebenen Namen antigqua. Aber auch dieser muss einem anderen Platz machen, da die Beschreibung, die M. Edwards und Haime von der zweiten von ihnen be- schriebenen devonischen Species, B. Guerangeri gegeben haben, auch auf die harzer Koralle zu passen scheint. Wie diese letztere so hat auch die französische Form unregelmässig-polygonale, in ihrer Breite zwischen 2—4 Millim. schwankende Zellen und ganz analog gestaltete Böden, die weniger unregelmässig sind, als bei den übrigen Deaumontia-Arten. Ich würde daher das harzer Fossil ohne jedes Bedenken zu D. Gwerangeri stellen, wenn nicht der Umstand, dass ihre Autoren Nichts von einer Querstreifung der Zellenaussenwände erwähnen, zur Vorsicht mahnte. Wie dem aber auch sei, schon das blosse Auftreten einer bisher nur aus devonischen und carbonischen Schichten bekannten Korallengattung in den ältesten Ablagerungen des Harzes darf als eines der Merk- male gelten, die für das postsilurische Alter dieser letzteren be- weisend sind. Genus Emmonsia M. Edwards & Haime. Emmonsia? enf. hemisphaerica M. Edw. &H. Tafel 32, Fig. 1. — _— M. Edwards & Haime, Brit. Devon. Corals, p. 218, tb. 48, f.4. 1853. Die Landesanstalt besitzt aus dem Kalk des Radebeil unweit Wieda eine Koralle, deren mangelhafte Erhaltung zwar keine DR ep2216, tb. 16,51..6: 226 Polypi. sichere Bestimmung erlaubt, die aber trotzdem mit einiger Wahr- scheinlichkeit zu der oben genannten Art gestellt werden darf. Das Fossil bildet kuglis-knollige Massen und besteht aus nahezu senkrecht stehenden, sich nach aussen zu durch Einsetzung viel-- fach vermehrenden, dünnröhrigen (5 —1 Millim. weiten), polygo- nalen, mit ihren Wandungen innig verwachsenen Zellen. Auf dem Längsschliff zeigen sich dieselben ganz erfüllt mit dichtge- drängten, zum grossen Theil unvollständigen und unregelmässig gestalteten Querböden, die erheblich dünner sind, als die Zellen- wandungen. Auch Spuren von Sternlamellen glaubt man zu er- kennen, Durchbohrungen der höhrenwandungen aber habe ich nicht beobachten können. Die von M. Edwards und Haime als Emmonsia hemisphaerica beschriebene Koralle stimmt nach der Abbildung und Beschreibung der genannten Autoren recht gut mit unserem Fossil überein, nur dass ich mich vergebens bemüht habe, bei dem letzteren die Poren nachzuweisen, welche bei jener die Wandungen in ziemlich regelmässiger Anordnung durchbohren. E. hemisphaerica tritt nach den genannten Autoren sowohl im Ober- silur Nord-Amerikas als im Devon Englands, Spaniens und Nord- Amerikas auf. Zwar wäre nach Hall!) die Form des nordameri- kanischen Devon (Oberhelderberg-Formation) von der englischen verschieden; dafür steht aber die Koralle, die der amerikanische Autor ?) als Favosites Emmonsi abbildet, unserer Art mindestens sehr nahe und gehört jedenfalls der durch die Beschaffenheit ihrer Zellenböden ein Bindeglied zwischen Favosites und Michelinia bil- denden Gattung Emmonsia an. Die übrigen von M. Edwards und Haime ?) beschriebenen Emmonsien, alternans aus dem bel- gischen Kohlenkalk und cylindrica aus nordamerikanischem Öber- silur und Devon, unterscheiden sich von unserer harzer Art schon durch die grössere Weite ihrer Zellen. ı) Hall, Paläont. N.-York, Illustrat. Devon. Foss., Corals tb. 2. Al Betbel2. 3) Polyp. paleoz. p. 248. Polypi. IX N Er Genus Pleurodietyum Goldf. Pleurodietyum Selcanum Giebel. Tafel 33, Fiz. 8, 11?, 12. Pleurodietyum Selcanum Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 56, tb. 6, f. 2 (male). 1858. Palaeocychus porpita = = p- 97, tb. 6, f. 16 (Abdruck der Epithek). Ptychoblastocyathus profundus Ludwig, Paläontogr. Bd. XIV, p. 224, tb. 64, £. 3. 1866. } Der aufgewachsene Korallenstock bildet kleine, wohl kaum über 50 Millim. breite und 15 —20 Millim. hohe, runde Scheiben mit gewölbter Ober- und flacher Unterseite und besteht aus kurz- prismatischen, mehr oder weniger regelmässig polygonalen (bis 12seitigen) Zellen, die von der Unterseite radial nach aussen aus- strahlen undsich durch mehrfache Einschiebung neuer Zellen zwischen den älteren vermehren. Die Wandungen der Zellen werden durch je eine Reihe ziemlich grosser, in regelmässigen Abständen stehender Verbindungsporen durchbohrt. Ausserdem tragen sie zwischen jenen Poren — und zwar in der Regel unmittelbar unter densel- ben — keihen von kleinen, in’s Innere der Zellen hineinragenden Dörnchen. Die Verbindungsporen erscheinen in der Steinkern- erhaltung als Querbälkchen, die Dörnchen dagegen als Grübchen. Ausserdem nımmt man auf dem Steinkern eine je nach dem Er- haltungszustande mehr oder weniger deutliche Längsstreifung wahr, die auf das Vorhandensein schwach entwickelter Septa im Inneren der Kelche hinweist. Von Querböden oder Blasengewebe zeigt sich keine Andeutung. Die die Unterseite des Stockes bildende Epithek zeigt ziemlich starke, concentrische Anwachsrunzeln, aber keine Radialstreifung (Fig. 12) '). Die Art kommt in den kalkigen Schiefern im Hangenden des !) Ein sehr guter Abdruck der Epithek unserer Form ist es, den Giebel — wie das in Heidelberg aufbewahrte Originalstück zeigt — in seiner Arbeit als Palaeocyclus porpita Linn. beschrieben hat. 15* 225 Polypi. Schneckenberger Kalklagers nicht selten vor. Das dorther stam- mende, in der Heidelberger Sammlung aufbewahrte Originalstück Giebel’s ist sehr schlecht erhalten. Die geologische Landesanstalt besitzt auch aus dem Schiebecksthal zwei nicht besonders erhal- tene, aber wahrscheinlich hierher gehörige Exemplare (Fig. 11). Besser erhalten sind Stücke aus der Zorger Gegend (Fig. 8), wo unsere Koralle in Kalkknollen in den Schiefern des Sprakelsbaches ziemlich häufig ist. Hier, wie bei Mägdesprung, ist sie immer nur in Steinkernen gefunden worden. Die Art ist schon von Giebel leidlich beschrieben, aber nur sehr ungenügend abgebildet worden. Sie unterscheidet sich von dem rheinischen Pl. proble- maticum sehr bestimmt durch die weniger zahlreichen, viel brei- teren und in regelmässige Reihen geordneten Verbindungsporen und Dörnchen (Querbälkchen und Grübchen des Steinkernes). Ausserdem sind die Zellen der hercynischen Art viel regelmässiger polygonal, die Epithek zeigt keine Andeutung der Radialstreifung, die man auf der Epithek der rheinischen Form wahrzunehmen pflegt!) und endlich erreicht diese letztere auch bedeutendere Dimen- sionen. Die specifische Verschiedenheit beider Formen kann also kaum einem Zweifel unterliegen. Auch das oben citirte, von Ludwig aus den thüringischen Tentaculiten- und Nereiten-Schichten beschriebene Pleurodietyum ist, wie ich mich an einem mir durch Herrn Richter in Saalfeld gütigst mitgetheilten Exemplar überzeugt habe und schon Ludwig’s Abbildungen erkennen lassen, mit Selcanum identisch. Ludwig’s Figuren zeigen dieselbe Anordnung der Verbindungsporen in regel- mässige Reihen, wie unsere harzer Form, und ebenso eine im Ver- gleich mit problematicum viel regelmässiger polygonale Gestalt der Zellen ?) (vergl. unsere Taf. 34, Fig. 14 — Cop. n. Ludw.). !) Vergl. Goldfuss Peterf. Germ. tb. 160, f. 19a, 195. F. Röm., Lethaea, 3. Ausgabe, Bd.TI, p. 178. ?) Auch Ludwig’s Pt. fissus (1. ce. p. 225, tb. 64, f.4) aus denselben Schich- ten scheint mir hierher zu gehören. Die von Ludwig geltend gemachten Un- terschiede von profundus — fissus soll nicht polygonale, sondern gerundete Zellen besitzen — scheinen mir mehr auf schlechter Erhaltung, als auf wirklicher Ver- schiedenheit zu beruhen. Beau Polypi. 09 15) Ne) Pleurodietyum Zorgense n. sp. Tafel 33, Fig. 9, 10. . Ausser der beschriebenen Form kommt in den kalkigen Schichten des Sprakelsbaches bei Zorge noch eine andere, sowohl von jener als vom rheinischen problematicum verschiedene Art vor. Im Gegensatz zu Selcanum und übereinstimmend mit problema- ticum besitzt dieselbe unregelmässig polygonale Zellen und ganz regellos vertheilte Verbindungsporen und Dörnchen (Querstäbchen und Grübchen auf dem Steinkern). Im Unterschiede von proble- maticum aber erweitern sich die Zellen nach oben zu sehr rasch und erhalten dadurch eine tutenförmige Gestalt und ihre Wan- dungen sind sehr uneben mit unbestimmten, vielfach hin und her gebogenen Kanten. Auch habe ich trotz der vortrefllichen Stein- kernerhaltung unserer Koralle keine Spur der bei problematicum fast immer vorhandenen, wenn auch oft nur schwach angedeute- ten, von Septen herrührenden Längsstreifung wahrnehmen können. Ich halte daher das Zorger Fossil sowohl von problematicum und Selcanum, als auch von den übrigen mir bekannten Pleurodietyun- Arten für specifisch verschieden !). 1) Es mag an dieser Stelle eine kurze Uebersicht der bisher beschriebenen ächten Pleurodictyen am Platze sein: Pl. problematicum Goldf. — Ludwig hat in neuerer Zeit (Paläontogr. Bd. XIV, p. 232, 233, tb. 69, f. 3, 4) diese wohlbekannte Form in zwei Arten zu zerlegen versucht. Die eine (Tüeniochartocyelus planus) soll sich durch flachere Gestalt, breitere Zellen, das Vorhandensein von Dörnchen, aber fehlende Septen auszeichnen; die andere (Piychochartocyelus stig- mosus) dagegen durch convexere Gestalt, längere schmälere Zellen, das Vorhandensein von Septen, aber fehlende Dörnchen. Trotzdem ich eine grosse Zahl rheinischer Pleurodietyen durchmustert habe, so ist es mir doch nicht gelungen, mich von dem Vorhandensein derartiger Differenzen zu überzeugen. Namentlich habe ich mehrfach Formen mit gleichzeitig vorhandenen Grübchen und Längsstreifen (Dörnchen und Septen) beobachten zu können geglaubt. Ich zweifle daher an der Exi- stenz der beiden Ludwig’schen Species. 230 Polypi. Die Gattung Pleurodietyum ist bisher stets nur in postsiluri- schen Ablagerungen gefunden worden. Ihr Auftreten in den älte- sten Schichten des Harzes fällt daher für die Entscheidung über deren Altersstellung sehr in’s Gewicht. Pl. Selcanum Giebel, oben charakterisirt. Pl. Zorgense Kayser, gleichfalls. Pl. Constantinopolitanum F. Röm. (N. Jahrb. 1863, p. 519 — Verneuil in Tschi- hatscheff, Asie mineure, Paleontol. p. 68, tb. 20, f. 8) — Unterdevon vom Bosporus. — Von problematicum durch grössere Dimensionen, brei- tere Zellen, stärkere Septen und durch eine Art Columella auf dem Grunde der Kelche unterschieden. Pl. Petri Maurer (N. Jahrb. 1874, p. 4, tb. 7, f. 1—3) — Rhein. Spiriferensand- stein. — Von problematicum. durch ungleich breitere Zellen unterschie(den, von denen eine im Centrum, die S—12 übrigen um jene herum grup- pirt sind. Epithek ohne Radialstreifung (bei problem. gestreift!). Pl. Lonsdalei Richter (Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. VII, p. 561, f. 1). Ten- taculiten- und Nereitenschichten Thüringens. — Ausgezeichnet durch sehr zahlreiche, lange, dünne, wie es scheint cylindrische Zellen mit sehr dicken, vielfach durchbohrten, aber nicht mit Dörnchen versehenen Wandungen. [Die von Richter ]. c. p. 562, f.5 abgebildete Form mit breiteren, becherförmigen Zellen gehört wohl keinenfalls zu Zonsdalei, er- innert vielmehr an problematieum.] Eine weitere Art soll nach F. Römer (Lethaea 3te Ausg. p. 179) in den mitteldevonischen Lenneschiefern der rechten Rheinseite auftreten, eine andere endlich nach von Dechen (Verh. Naturh. Ver. Rheinl. Westf. 1850, p. 201) in den Culmschichten Westfalens gefunden worden sein. J. Hall hat unter den aus dem Devon des Staates New-York (Geol. Surv. N.-York, Ilustr. Devonian foss., Corals, pl. 15—18) abgebildeten Korallen mehrere Formen, die in ihrer Gestalt zum Theil sehr an Pleurodietyum erinnern, als „Mi- chelina (Pleurodietyum)“ aufgeführt. Aber alle diese Fossilien haben, wie man auf den Querschliffen erkennt, mehr oder weniger zahlreiche, zum Theil stark blasig werdende Querböden und können daher nicht zu Pleurodietyum gerechnet werden. Dies gilt auch von Michelina (Pleurodietyum) stylopora Eaton (l. c. pl. 18), mit welcher F. Römer’s Pl. americanum (Lethaea 1876, tb. 23, f. 2) offenbar iden- tisch ist. Diese Art gleicht im Steinkern täuschend einem Pleurodietyum (vergl. Hall’s pl. 18, f. 4); allein die zahlreichen blasigen Querböden (f. 4 u. 7) erlauben nicht, sie zu dieser Gattung zu stellen. Polypi. 231 Zoantharia rugosa. Genus Cyathophyllum Goldf. Cyathophyllum sp. Zu dieser Gattung gehören wahrscheinlich einige in der Hei- delberger Sammlung aufbewahrte, nicht näher bestimmbare Stein- kerne aus den Schiefern im Hangenden des Schneckenberger Kalk- lagers. Giebel rechnete diese äusserlich an €. ceratites Goldf. erinnernden Einzelkelche zu der sogleich zu beschreibenden Petraja undulata. Da aber die Septen fast bis in die Mitte der Kelch- mündungen reichen, so ist die Vereinigung der fraglichen Kerne mit Petraja unzulässig. — Auch die Steinkerne einer anderen kleinen Koralle, die Herr Giebel !) abbildet und mit den Formen der Gruppe des Cyath. binum Lonsd. vergleicht, erlauben — wie die in Heidelberg aufbewahrten Original-Exemplare gezeigt haben — keine genauere Bestimmung. Genus Petraja Münst. Petraja undulata A. Röm. Batel 33, Rio, 1 —7. Strephodes undulatum Röm., Beitr. II, p. 2, tb. 1, ch SR Cyathophyllum — Giebel, Sil. F. Unterharz, p. 57, tb. 6, 1+1%0.0,1858: Die Koralle bildet Einzelkelche von etwas gekrümmter, ent- weder längerer und schmälerer, hornförmiger, oder kürzerer und breiterer, becherförmiger Gestalt. Die dünne Epithek ist mit ge- 1). c. tb.6, 8.9. 232 Polypi. drängten, fein - welligen Anwachsstreifen bedeckt, welche von zahlreichen flachen, breiten Längsrippen durchkreuzt werden, Diese letzteren entsprechen den Radiallamellen des Kelches. Ihre Zahl nimmt von der Spitze nach der Mündung erheblich zu und beträgt bei ausgewachsenen Exemplaren zwischen 60— 80. Wie ich mich an Steinkernen und Querschliffen überzeugt habe, ragen die Septen am unteren Ende des Kelches am weitesten in dessen Innenraum hinein, während sie nach oben zu immer kürzer werden _ und sich am Mündungsrande kaum merklich mehr erheben. Quer- schliffe in der Nähe der Kelchspitze lassen eine quadrantenweise Anordnung der Septen und damit den bilateral-symmetrischen Bau der Koralle gut erkennen. Derselbe macht sich auch in der dem Hauptseptum entsprechenden Längsnaht geltend, welche man auf der Mitte der convexen Seite des Hornes beobachtet und von welcher die Septen beiderseits unter sehr spitzem Winkel fieder- förmig ausstrahlen (Fig. 1)'). Aehnlich wie Kunth?) es bei P. radiata Mst. beobachtet hat, treten auf der Innenwandung des Kelches zwischen den Septen kurze, sich nur sehr wenig erhebende Querlamellen auf, die auf gut erhaltenen Steinkernen eine Art Kerbung des Interseptums bedingen (vergl. Fig. 3). Wie ich aus Querschliffen schliesse, die im Inneren des kreisförmigen oder etwas ovalen Kelchdurchschnittes einen ähnlichen kleineren Kreis er- kennen lassen (Fig. 7), spriesst vielfach aus dem Kelche eines älteren Individuums ein neues hervor. Die Art ist im Kalk des Scheerenstieges ziemlich häufig. Ausserdem kommt sie auch in der Gegend von Zorge, namentlich am Sprakelsbach, in Menge vor. Römer stellte sie fraglich zu der M’Coy’schen Gattung Strephodes, die nach M. Edwards und Haime mit Cyathophyllum zusammenfällt. Giebel bestimmte sie als Uyathophyllum; allein die ausserordentlich geringe Entwicklung der Septen, die überhaupt nur im innersten Grunde des Kelches deutlich vortreten, sowie alle übrigen Oharaktere weisen mit Bestimmtheit auf die Gattung Petraja. Unsere Art zeigt, dass ') Gleich dem Hauptseptum markirt sich auch die Lage der etwa 90° von demselben abstehenden Seitensepten an guten Steinkernen sehr deutlich (Fig. 1e). ?) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXI, p. 663. Polypi. 933 diese Gattung ausser der regelmässigen Kreisel- und Trichtergestalt, die Kunth (l. c.) in seiner Gattungsdiaenose allein anführt, auch eine mehr oder weniger stark sekrümmte Hornform haben kann. Ist dies aber wirklich der Fall, so ist kein Grund vorhanden, die im rheinischen Unterdevon so verbreiteten Steinkerne einzelliger hornförmiger Rugosen, die in der geringen Entwicklung ihrer Septa ganz mit Petraja übereinstimmen und die Kunth nur wegen ihrer gekrümmten Gestalt mit jener Gattung zu vereinigen zögerte, von derselben zu trennen. Von verwandten Arten ist unsere Koralle durch ihre Grösse und starke Krümmung unterschieden. Wahrscheinlich ist sie auch ausserhalb des Harzes in gleichaltrigen Ablagerungen verbreitet. So sah ich in der Sammlung der geologischen Reichsanstalt in Wien eine böhmische Koralle (von Lochkow, aus Etage G@y°), deren äussere Oharaktere mit denen der harzer Form über- einzustimmen schienen. Und ebenso möchte ich vermuthen, dass eine kleine Koralle, die mir Herr Liebe aus dem Kalke der thü- ringer Tentaculitenschichten (vom Quingenberge) schickte, unserer Art wenigstens nahe steht. Endlich gehört hierher vielleicht auch eine Form aus den Dachschiefern des Rupbachthales und von Wissenbach, von der ich in verschiedenen Sammlungen Stein- kerne gesehen habe. Genus Amplexus Sowerby. Amplexus sp. Tafel 33, Fig. 13. Von dieser Gattung liegt nur ein kleines, aus dem Kalk des Sprakelsbaches stammendes, im Besitze der Landesanstalt befind- liches Bruchstück vor. Seine Zugehörigkeit zu Amplevus kann indess bei der ebenen Gestalt seiner vollkommenen Böden, an deren Rand die Septa nur in Form von kurzen, schwachen Fältchen vor- 234 Polypi. treten, keinem Zweifel unterliegen. Auf der Aussenseite war die im Querschnitt cylindrische Koralle mit einer fein gerunzelten Epithek bekleidet. Wenn das fragliche Bruchstück auch keine specifische Be- h stimmung erlaubt, so ist doch schon das Vorkommen der Gattung an und für sich für die Altersbestimmung der hereynischen Kalke von grosser Wichtigkeit, da Amplexus bisher nur in devonischen und besonders in carbonischen Ablagerungen, aber noch nie ın silurischen Schichten angetroffen worden ist !). !) Ich bemerke an dieser Stelle, dass nach Richter (Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XXI, p. 367) auch in den thüringer Nereiten- und Tentakulitenschichten zweı Amplexus-Arten vorkommen sollen. Verzeichniss der beschriebenen Arten nebst Angabe der hauptsächlichsten Fundorte. Ctenacanthus abnormis Gieb. — Scheerenstieg bei Mägdesprung Dendrodus laevis Gieb. — Schneckenberg bei Harzgerode Fischrest. — Klosterholz bei Ilsenburg . Fischrest. — Schneckenberg . Dithyrocaris Jaschei A. Röm. — Klosterholz . Rest von Ceratiocaris? — Sprakelsbach . Primitia? sp. — Klosterholz . Östracodenrest? — Sprakelsbach Harpes Bischofi A. Röm. — Scheerenstieg; Zorge? . Proetus unguloides Barr. — Mittelberg bei Zorge I. — complanatus Barr.? — Scheerenstieg; Unter Laddekenberg bei Wieda . — sp. — Mägdesprung . N — Richteri Kays. — Gr. ee \ Ä — eremita Barr. — Ober. Sprakelsbach, Gr. Milelkere — Wiedensis Kays. — Sprakelsbach, Kl. Laddekenberg, Schee- renstieg (?) . Si mt: — __cenf. orbitatus Barr. — Trautensteiner Sägemühle Cyphaspis hydrocephala A. Röm. — Scheerenstieg SD SE SUZOSZIS 936 Verzeichniss Phacops fecundus Barr. var. — Klosterholz, Laddekenberg, Joachims- kopf bei Zorge etc., Trautenstein, Mägde- sprung ; — (fecundus var.?) Zinkeni A. be — ee — sp. — Trautensteiner Sägemühle 3 — Zorgensis Kays. — Sprakelsbach; ee — fügitivus Barr. — Laddekenthal ER Dalmanites tuberculatus A. Röm. — Scheerenstieg, Schneckenberg, Sprakelsbach? . — 9% — Konge Bl — Beyrichi Kays. — Klosterholz Uryphaeus calliteles Green? — Klosterholz — .enf. stellifer Burm. — Klosterholz . Lichas sexlobata A. Röm. — Scheerenstieg Acidaspis Selcana A. Röm. — Scheerenstieg . — glabrata A. Röm. — Scheerenstieg . — sp. — Klosterholz . Re Cheirurus Sternbergi Böck (?) var. — Sprakelsbach Bronteus Bischofi A. Röm. — Scheerenstieg — sp. — Scheerenstieg; — Roemeri Kays. — Joschiinskopf — cenf. elongatus Barr. — Klosterholz . s — enf. Billingsi Barr. — Thonmühlenkopf bei ee Trachyderma sp. — Schneckenberg Nemertites sp. — Schieferthal bei Wieda Groniatites lateseptatus Beyr. — Laddekenberg, Joachimskopf, Has- selfelder Kalkbruch . _ neglectus Barr. — Hasselfelder Kelle i — subnautilinus Schl. var.? — Laddekenthal, Hasselfelder Kalkbruch . — tabuloides Barr. — as eirclac en. _ evexus Buch. — Joachimskopf, Sprakelsbach — evexus var. bohemica Barr. Orthoceras triangulare Arch. Vern. — Hasselfelder Kalkbruch . — Losseni Kays. — Hasselfelder Kalkbruch — Jovellani Vern.? — KRlosterholz Pas. 63 66 der beschriebenen Arten. Orthoceras Kochi Kays. —- Hasselfelder Kalkbruch . — commutatum Gieb. — Laddekenberg. Hasselfelder Kalk- bruch, Harzgeröder Ziegelhütte und viele andere Orte == enf. migrans Barr. — Hassalteller Kalk n— hercynicum Kays. — Hasselfelder Kalkbruch, Se renstieg ? — sp. — Hasselfelder Kalk — sp. — Laddekenberg = sp. — Scheerenstieg . — constrictum Kays. — Hasselfelder Kalkbruch — lineare Münst. — Klosterholz — enf. rigescens Barr. — Harzgeröder Ziegelhütte = sp. — Harzgeröder Ziegelhütte = raphanistrum A. Röm. — Laddekenberg — Schillingi Kays. — Laddekenberg, Sprakelsbach oO — sp. — Harzgeröder Ziegelhütte er — dulce Barr. (?) — Harzgeröder Ziegelhütte . — ? lamelliferum Kays. — Kl. Laddekenthal = sp. — Hasselfelder Kalkbruch — Beyrichi Kays. — Joachimskopf en: Cm obliqueseptatum Sandb.? — Harzgeröder Ziegelhütte — enf. polygonum Sandb. — Laddekenthal LE — planicanaliculatum Sandb.? — Tännenberg bei Ilsenburg Cyrtoceras sp. — Kl. Laddekenthal — sp. — Hasselfelder Kalkbruch — ? sp. — Hasselfelder Kalkbruch Gyroceras? sp. — Hasselfelder Kalkbruch —_ proximum Barr. — Hasselfelder ech { Hercoceras (?) subtubereulatum Sandb. — Laddekenberg, Spra- kelsbach . var. Selcana Gieb. { - Bischofi A. Röm. | Mägdesprung, Capulus hercynicus Kays. | ER RR | Ze - acutissima Gieb. — uneinatus A. Röm. — Scheerenstieg RENTE — Zinkeni A. Röm. — Scheerenstieg, Schneckenberg SI <ı -] > DD DD er $ u Q IQ St EN a a a ar en al a I (by | 00 Co HS» s1 s2 ob) 4 s4 16%) s6 238 Verzeichniss Capulus priscus Goldf. (?) — Mägdesprung, Zorge — priscus var. virginis Gieb. — Scheerenstieg — disjunetus Gieb. — Scheerenstieg . — Halfari Kays. — Joachimskopf — multiplicatus Gieb. — Scheerenstieg — ornatus A. Röm. — Scheerenstieg . 2.892. Scheerenstten en ee Platyostoma Giebeli Kays. — Schneckenberg, Scheerenstieg . — naticoides A. Röm. — Schneckenberg, Scheerenstieg . Hercynella Beyrichi Kays. — Harzgeröder Ziegelhütte En Hauchecorni Kays. — Harzgeröder Ziegelhütte Euomphalus sp. — Klosterholz . — sp. — Klosterholz Murchisonia? sp. — Klosterholz IST Pleurotomaria subcarinata A. Röm. — Klosterholz . — depressa Kays. — Joachimskopf Loxonema Roemeri Kays. — Klosterholz — moniliforme A. Röm. — Klosterholz Conularia aliena Barr.? — Klosterholz . Hyolithes hereynieus A. Röm. — Klosterholz . Tentaculites acuarius Richt. — Scheerenstieg, Wieda : — Geinitzianus Richt. — Mittelberg, Laddekenberg, Trau- tenstein . a : Styliola laevis Richt. — Scheerenstieg, Wieda, Hasselfelde . Cornulites sp. — Schneckenberg Allorisma? Ungeri A. Röm.? — Klosterholz Pleurophorus modiolaris A. Röm. — Klosterholz . Conocardium sp. — Trautenstein a ; RE. Cardiola interrupta Sow. — Tännenberg bei Ilsenburg, Schnecken- berg (?).. — Zorgensis A. Röm. — Joachimskopf — __cenf. costulata Mst. — Harzgeröder Ziegelhütte . — rigida A. Röm. — Joachimskopf, Mittelberg . — gigantea Kays. — Hasselfelder Kalkbruch — minuta Kays. — Harzgeröder Ziegelhütte . = quadricostata A. Röm. — Laddekenberg, Harzgeröder Ziegelhütte . pag. 94 Io 95 90 97 95 95 99 100 105 103 104 105 106 106 107 108 109 110 111 112 115 116 7 113 199 119 120 121 122 122 125 124 124 der beschriebenen Arten, Cardiola? megaptera Kays. — Hasselfelder Kalkbruch . — 2? Groddecki Kays. — Harzseröder Ziegelhütte — ?sp. — Andreasberger 'T'hal bei Zorge — 2? hercynica. Kays. — Harzgeröder Ziegelhütte Cypricardinia lamellosa Hall (?). — Klosterholz . — crenicostata A. Röm. — Klosterholz Goniophora sp. — Klosterholz Megalodon sp. — Zorge 5 Pseudazxinus viraginis Kays. — Scheerenstieg . Nucula? sp. — Schneckenberg — ? sp. — Schneckenberg Pterinea sp. — Schneckenberg . — sp. — Radebeil bei Wieda — sp. — Laddekenberg bei Wieda — ?sp. — Schneckenberg 2592 Klosterhelz — ? Seckendorfi A. Röm. — Trautenstein — !Im Klosterholz Ambonychia? sp. — Joachimskopf . Unbestimmter ZLamellibr. — Schneckenberg Fenestella sp. — Scheerenstieg, Schneckenberg — sp. — Radebeil. Meganteris? sp. — Scheerenstieg, Schneckenberg, Wieda . Rhynchonella nympha Barr. — Mägdesprung, Harzgerode, Zorge, Wieda, Ilsenburg . : 3 — eucharis Barr.? — Radebeil, Klosterholz . = sp. — Klosterholz ET ER Re == borealis Schloth. var. diodonta Dalm. — Mägdesprung — 8p. — Klosterholz . Tl SS 7 princeps Barr. — Trautenstein, Zorge, Wieda, Ilsen- burg, Harzgerode i Fri Henrici Barr. — Scheerenstieg, Klosterholz —- bifida A. Röm. — Zorge, Wieda, Harzgerode — pila Schnur var. — Klosterholz == hercynica Kays. — Schneckenberg . => subeuboides Gieb. — Scheerenstieg, Schneckenberg 940 Verzeichniss Pentamerus costatus Gieb. — Klosterholz, Scheerenstieg — Sieberi Barr. — Joachimskopf, Scheerenstieg . — galeatus Dalm. — Scheerenstieg, Joachimskopf Spirifer togatus Barr. — Joachimskopf . DIURE ; — togatus var. subsinuata A. Röm. — Schneckenberg, Bade- holz bei Mägdesprung — ı sp. — Schneckenberg zn ARE ER A — sericeus A. Röm. — Schneckenberg, Joachimskopf — sp. — Schneckenberg, Joachimskopf — Decheni Kays. — Joachimskopf — fallax Gieb. — Scheerenstieg — JIlisae Kays. — Klosterholz A ers. — Hercyniae gieb. — Zorge, Wieda, Ilsenburg. Mägdesprung — sp. — Klosterholz, Radebeil? 2 a: — cenf. laevicosta Valenc. — Mägdesprung, Harzgerode, Trau- tenstein, Zorge 5 : — Fe Neren Bam vor. _ »Kilosterholz, Mitfelbetg etc. bei ee — ecxcavatus Kays. — Mägdesprung, Wieda, Zorge . — DBischoi A. Röm. — Mägdesprung, Radebeil — af. erispus His. — Schneckenberg . — sp. — Mägdesprung . . — Jaschei A. Röm. — Klosterholz N Cyrtina heteroclita Defr. (?) — Mägdesprung, Wieda — sp. — Joachimskopf . Retzia melonica Barr. — Klosterholz — 29. — Klosterholz \ — ?lepida Gf. 0) — Magdesbmuhe Athyris undata Defr. var. — Klosterholz Merista laeviuscula Sow. — Schneckenberg — harpyia Barr.? — Joachimskopf — ? sp. — Mägdesprung oa ; Ara Sare Atrypa reticularis Linn. — Ilsenburg, Zorge, Wieda, hhtenstein Harzgerode, Mägdesprung . Pi — reticularis var. aspera Schl. — Ilsenburg, Zorge, ine — 2? sp. — Schneckenberg Orthis occlusa Barr. — Klosterholz — palliata Barr.? — Joachimskopf, Sohheckenbere — orbieularis Vern. — Joachimskopf, Radebeil, Klosterholz pag. 156 158 159 160° 162 163 163 164 165 167 167 168 169 170 170 172 7 175 175 176 177 178 178 179 180 181 182 183 184 184 155 155 156 187 157 der beschriebenen Arten. Orthis striatula Schl. — Klosterholz . RE RAN Strophomena rhomboidalis Wahl. — Mägdesprung, Zorge, Ilsenburg = rhomboidalis var. Zinkeni A. Röm. — Scheerenstieg — neutra Barr.? — Schneckenberg . h 5 — Murchisoni Arch. Vern. () — Kl sterhalk i = corrugatella Davids. — Scheerenstieg — Jaschei A. Röm. — Klosterholz . - interstrialis Phill. — Scheerenstieg . . . . 1 — (interstrialis var.?) hercynica Kays. — Scheerenstieg, Klosterholz -- nebulosa Barr. — Klosterholz — Verneuli Barr. (?) — Schneckenberg UDRIDA Streptorhynchus umbraculum Schl. (?) — Klosterholz, Mägdesprung, Hilkenschwenda (?) _ devonieus d’Orb. — Klosterholz . Chonetes sarcinulata Schl. — Klosterholz —5p2 — Radebeil —pohrtriche, A Rom. — loser — sericeea Kays. — Klosterholz EN ERPEENE CNch: — embryo Barr. — Friedrich-Vietorshütte bei Mägdesprung ee gmaeilis Gieb. — Scheerensties — gibbosa Kays. — Klosterholz Discina Bischofi A. Röm. — Scheerenstieg . — enf. Forbesü Davids. — Klosterholz . 0 EScheerenzniest. Crania sp. — Scheerenstieg . — sp. — Klosterholz Lingula Ilsae A. Röm. — leiten ‚Crinoiden-Reste. — Harzgerode, Mägdesprung . Monograptus Halli Barr. — Panzerberg bei Harzgerode . — priodon Bronn. — Lauterberg, Ostharz — colonus Barr. — Lauterberg, Harzgerode I dubius Süss. — Lauterberg 3 = sagittarius His. — Lauterberg, Harzgerode, Untere Selke = (sagittarius var.?) jaculum a % — ee ; 16 942 Verzeichniss der beschriebenen Arten. Monograptus Nilssoni Barr. — Panzerberg = convolutus His. — Lauterberg Aulopora striata Gieb. — Scheerenstieg Alveolites? sp. — Schneckenberg 2 ee Sehr: Chaetetes undulatus Gieb. — Scheerenstieg, Klosterholz — Roemeri Kays. — Harzgerode, Mägdesprung . Dania multiseptosa A. Röm. — Schneckenberg 2 Beaumontia Guerangeri M. Edw. Haime (?). — Mägdesprung, Zorge, Wieda . a Emmonsia? enf. hemisphaerica M. Edw. Eee 2 Radebeil Pleurodictyum Selcanum Gieb. — Harzgerode, Sprakelsbach — Zorgense Kays. — Sprakelsbach Cyathophyllum sp. — Schneckenberg Petraja undulata A. Röm. — Scheerenstieg, en Amplexus sp. — Sprakelsbach Zusammenfassung und Folgerungen. | r : o * © r sarine gen er nu) Betrachtung der hauptsächlichsten Elemente der beschriebenen Fauna. Bevor ich auf eine nähere Besprechung der vorstehend be- schriebenen Fauna eingehe, ist zunächst die Frage zu beantworten, in wie weit die verschiedenen, durch den ganzen östlichen und mittleren Harz zerstreuten, unsere Fauna einschliessenden Kalk- vorkommen zusammengehören, und ob dieselben nicht blos einer und derselben Schichtenfolge, sondern innerhalb derselben auch einem und demselben Niveau angehören. Schon in der Einleitung ist bemerkt worden, dass unsere Kalke sich sehr bestimmt in Cephalopoden- und Lamellibranchiaten-füh- rende Flaserkalke und in Brachiopoden- und Trilobiten -reiche krystallinische Kalke zu scheiden scheinen. Bei der grossen Ver- schiedenheit beider Bildungen sowohl in der Gesteinsbeschaffenheit als auch in der Versteinerungsführung liegt die Annahme, dass dieselben verschiedenen Alters seien, sehr nahe, und zwar umso- mehr, als petrographisch und paläontologisch überaus ähnliche Kalkbildungen, die man in Böhmen wiederfindet, dort in der That verschiedene Niveaus einnehmen. Es sind das der von Barrande zu seiner Etage f' gerechnete krystallinische Brachiopoden - Kalk von Konjeprus und die vom genannten Forscher als @g° bezeich- neten Oephalopoden-reichen Knollenkalk- Ablagerungen der Um- gegend von Prag‘). Allein es scheint einmal, als ob beide Faunen 1) Weitergehend könnte man vielleicht noch den Scheerenstieger und Schnecken- berger Kalk mit seinen zahlreichen Capuliden, Dalmaniten und Korallen und ebenso die am Sprakelsbach vorkommenden, an Phacops Zorgensis und Petraja undulata reichen Kalklinsen als Vertreter der tiefsten Schichten von Barrande’s Etage G, dessen Gg!, ansehen, 246 Zusammenfassung und Folgerungen. sich im Harz hier und da mischen, wie z. B. am Joachimskopf; und da weiter die Etagen F und @ auch in Böhmen faunistisch auf’s Engste verknüpft sind (ich führe in dieser Hinsicht nur an, dass sämmtliche 18 in F auftretende Trilobiten sich ohne Ausnahme auch in @ wiederfinden), so möchte ich es für wahrscheinlich halten, dass unsere beiden harzer Kalkbildungen, wenn auch nicht im strengsten, so doch in etwas weiterem Sinne demselben Nivcau angehören und dass ihre Faunenunterschiede mehr durch Facies- als durch Niveau-Verschiedenheiten bedingt sind. Man könnte sie ın dieser Hinsicht mit dem oberdevonischen brachiopoden- reichen Cuboideskalk von Stolberg und Couvin und dem gleich- altrigen Oephalopodenkalk von Bicken, Adorf, Oberscheld etc. vergleichen. Auch diese beiden Kalkbildungen zeigen in Folge von Facies-Verschiedenheiten ganz ähnliche Faunen-Differenzen, welche indess mitunter sehr zurücktreten können, wie am Iberge bei Grund, wo die sonst getrennten Cephalopoden und Brachiopoden neben einander auftreten. Von diesen Faciesunterschieden abgesehen, erweist sich unsere harzer Fauna auch an den entferntesten Punkten als durchaus zu- sammengehörig. Allerdings hat ein jeder der drei Hauptdistrikte, die man unterscheiden kann, nämlich der östliche Harz (Mägde- sprung, Harzgerode etc.), die Gegend von Hasselfelde, Zorge und Wieda und die Umgebung von Ilsenburg gewisse Eigenthümlich- keiten aufzuweisen. So stammen die Goniatiten fast ausschliesslich aus der Gegend von Hasselfelde und Wieda und haben sich im östlichen Harz noch gar nicht gefunden. So ist weiter für den Kalk von Mägdesprung und Harzgerode die Menge von Capuliden und eine verhältnissmässig grosse Zahl silurischer Gestalten (Rhynch. borealis, Merista laeviuscula, Cardiola interrupta, Spiriferen aus der plicatellus-Gruppe) auszeichnend, für den Ilsenburger Kalk dagegen ein besonders starkes Vortreten ächt devonischer, den anderen Distrikten fehlender Typen (Cryphaeus, Orthoc. Jovellani und lineare, Chonet. sarcinulata, Streptorh. devonicus, Strophom. Murchisoni, Orthis striatula und orbicularis, Rhynch. pila ete.). Nichtsdestoweniger aber und trotzdem dass von allen beschriebenen Arten nur 8 allen drei Distrikten gemeinsam sind (nämlich Atr. reticularis, Strophom. eh 3 1 ab nn Darin a in ala en en dl een a m Zar nn 22 ud Gun. ana ee - 7 a ee en Zusammenfassung und Folgerungen. 247 rhomboidalıs, Spürif. Hercyniae, Rhynch. nympha und princeps, Orthoe. commutatum und Phacops fecundus), so ist doch ein jeder Distrikt mit den beiden anderen durch so zahlreiche identische und analoge Formen (namentlich Brachiopoden und Trilobiten, aber daneben auch Gastropoden, Korallen etc.) verbunden, dass die Zu- sammenhörigkeit aller Kalkvorkommen und der sie begleitenden Gesteine auch vom paläontologischen Gesichtspunkte nicht dem geringsten Zweifel unterliegen kann. Was nun weiter die Zusammensetzung unserer Fauna betrifft, die im Folgenden der Kürze halber als hereynische Fauna be- zeichnet werden soll, so spielen in derselben Brachiopoden weitaus die erste Rolle, da sie nicht nur für sich allein fast ein Drittel der Gesammtzahl der Arten ausmachen, sondern auch die verbreitetsten und häufigsten Formen einschliessen. Nächst ihnen treten Cepha- lopoden und unter diesen wiederum Orthoceren besonders hervor, während Trilobiten, Gastropoden und Lamellibranchiaten schon sehr zurücktreten und nicht-trilobitische Orustaceen, Pteropoden, Ko- rallen etc. eine noch untergeordnetere Bedeutung haben. Fischreste endlich kommen zwar überall vor, sind indess nirgends besonders häufig. Betrachtet man nun die verschiedenen Thier-Abtheilungen im Einzelnen und beginnt mit den Brachiopoden, so fällt unter diesen zunächst das starke Vortreten der Spiriferen auf. Wir treffen unter denselben langflügelige Formen aus der Verwandtschaft des rheinischen Sp. paradoxus oder macropterus (Hercyniae etc.) sowie grobfaltige aus der Gruppe des Sp. primaevus (Decheni und fallax), Typen, die für Ablagerungen devonischen und jüngeren Alters ebenso bezeichnend, als für solche praedevonischen Alters ungewöhnlich sind. Ebenso weist das Vorkommen einer grossen Cyrtina und eines Spirifer mit stark entwickelter Mittelscheide- wand im Inneren der Ventralklappe (Jaschei) auf ein postsilurisches Alter hin. Es ist interessant, dass zusammen mit diesen Gestalten noch ein paar Spiriferen mit fein-radialgestreifter Schale auftreten. Es ist das nämlich eine Gruppe von Formen, deren Hauptent- 248 Zusammenfassung und Folgerungen. wickelung in die obere Abtheilung der Silurformation fällt; da man indess in neuerer Zeit eine Art dieser Gruppe auch in unzweifelhaft unterdevonischen Bildungen aufgefunden hat!), so sprechen die fraglichen Spiriferen durchaus nicht gegen das devo- nische, sondern nur für ein altdevonisches Alter unserer Fauna. Die übrigen Spiriferiden bieten nichts besonders Bemerkenswerthes. Dagegen darf das Vorkommen einer grossen Meganteris sowohl bei Zorge als auch bei Harzgerode grosses Interesse beanspruchen, weil diese Vorläuferin der späteren Waldheimien, wie alle ächten Terebratuliden überhaupt, in vordevonischen Bildungen bisher noch niemals angetroffen worden sind. Weiter muss ein grosser starkgerippter Pentamerus (costatus) aus der Gruppe des Anightii hervorgehoben werden. Gleich den radialstreifigen Spiriferen ver- leiht auch diese Form unserer Brachiopodenfauna einen silurischen Anstrich. Allein man darf nicht vergessen, dass eine ähnliche, noch grössere, sehr fein gerippte Pentamerus-Form (rhenanus) auch in den Rupbachthaler und Wissenbacher Dachschiefern vorkommt, die man vielleicht als tiefdevonisch, aber keinenfalls als silurisch ansehen darf. Die Gattungen Orthis, Strophomena, Chonetes etc. bieten für die Stellung der Fauna nichts besonders Bemerkens- werthes. Ueberhaupt wäre, was die Brachiopoden betrifft, nur noch auf das Auftreten einer grossen Zahl ächt devonischer Typen auf der einen und einiger obersilurischer auf der anderen Seite hinzuweisen. Unter den devonischen Typen sind zu nennen: Rhynchonella pila, Retzia lepida, Athyris undata var., Uyrtina heteroclta, Orthis stria- tula und orbicularis, Strophomena interstrialis und Murchisoni, Streptorhynchus umbraculum und devonicus, Chonetes sarcinulata, Spirifer enf. laevicosta, Spir. Bischofi (vielleicht ident daleidensis), Spirifer sericeus aus der Gruppe des lineatus und Chonetes gibbosa (nahe verwandt dilatata); unter den silurischen dagegen Rhynchonella borealis, Merista laeviuscula und harpyia und Discina enf. Forbesü. So führt schon die Betrachtung der Brachiopoden zu dem Ergebniss, dass unsere Fauna zwar mehrfache silurische Anklänge, indess im Ganzen einen deutlich devonischen Charakter besitzt. !) vergl. oben p. 161 (Spirifer Davousti Vern.). Zusammenfassung und Folgerungen. 249 Dasselbe Resultat erhalten wir nun auch bei Prüfung der übrigen Thier-Gruppen. Die Trilobiten treten in grosser Mannigfaltigkeit, nämlich mit zehn Gattungen auf. Unter denselben finden wir fast sämmt- liche in devonischen Bildungen überhaupt vorkommende Genera mit Einschluss des eminent devonischen Cryphaeus und ausserdem noch die Gattung Dalmanites, aber keinen einzigen exclusiv silu- rischen Typus, wie Ampyx, Sphaerexochus oder Staurocephalus. Dalmanites kann nämlich nicht mehr als ausschliesslich für die Silurformation charakteristisch angesehen werden, nachdem man nicht nur in den devonischen Quarziten der Bretagne eine Art aufgefunden !), sondern in der ganz unzweifelhaft devonischen Öberhelderbergformation Nordamerika’s sogar über ein Dutzend verschiedene Species nachgewiesen hat. Trotzdem wirft das Vor- kommen der Gattung bei Mägdesprung, Zorge und Ilsenburg wenig- stens einen alterthümlichen Schein auf unsere Fauna. Was speciell die Trilobitenarten betrifft, so scheinen die beiden Cryphaeus-Formen mit solchen des rheinischen Spiriferensandsteins übereinzustimmen und Phacops fecundus und vielleicht auch Ph. Fugitivus sowie Cyphaspis hydrocephala kommen auch im Schiefer von Wissenbach vor. Von grosser Wichtigkeit sind für die Beurtheilung der Fauna die Cephalopoden. Unter den Orthoceren finden wir auf der einen Seite eine Reihe devonischer Typen — so Arten aus der im Unter- devon weit verbreiteten Gruppe des O. triangulare, O. commutatum, lineare, obliqueseptatum, planicanaliculatum und polygonum? —, auf der anderen dagegen ein paar in Böhmen nur im Obersilur bekannte Formen — wie O. dulce und constrietum (ähnlich zonatum und polygaster) —. Unter den sonstigen Nautileen ist ein sich auch bei Wissenbach wiederfindendes Hercoceras (subtuberculatum) sowie besonders ein Gyroceras aus der Gruppe des mitteldevonischen tetragonum zu nennen. Von entscheidender Bedeutung aber ist das Auftreten einer grösseren Zahl von Goniatiten, da solche bis- her noch niemals in Bildungen höheren als devonischen Alters ') vergl. weiter unten p. 269, 250 Zusammenfassung und Folgerungen. angetroffen worden sind. Dazu kommt noch, dass die hereynischen Goniatiten fast ausnahmslos solchen Arten angehören, die man bereits längst aus dem rheinischen Unter- und Mitteldevon kennt, dessen obere Gränze ein paar von diesen Arten sogar zu über- schreiten scheinen. Unter den Gastropoden ist als eine hervorstechende Eigen- thümlichkeit der Reichthum an Capulus-verwandten Gestalten her- vorzuheben, die im östlichen Harz fast bis zum völligen Ausschluss aller übrigen Gastropodenformen vorwalten. Ein paar darunter (C. priscus und priscus virginis) scheinen sich von Arten des Eifler Kalks nicht unterscheiden zu lassen, während einige andere auf- fällige Analogien mit Formen aus der Unter- und Oberhelderberg- formation Nordamerika’s erkennen lassen. Ausser den Capuliden ist nur noch eine Pleurotomaria von Usenburg (subcarinata) her- vorzuheben, die man auch von Wissenbach und aus dem Mittel- devon des Oberharzes kennt. Unter den Lamellibranchiaten trifft man ausser mehreren Pterineen, die zum Theil lebhaft an Formen des rheinischen Spiri- ferensandsteins erinnern, noch einige andere, wie es scheint mit rheinischen und harzer Devonformen identische Arten, so Allorisma Ungeri, Pleurophorus lamellosus und zwei Oypricardinien. Ausser- dem ist noch eine Anzahl zum Theil sehr gross werdender Car- diola-Arten zu erwähnen. Unter denselben zeigt eine (C. megaptera) eine unverkennbare Aehnlichkeit mit einer nordamerikanischen Unter- devonform, während eine andere, die bekannte Ü. interrupta So w., einen starken Anklang an das Silur bedingt. Die Korallenfauna hat wieder einen entschieden devonischen Anstrich, wie sich das nicht nur im Auftreten zweier Pleurodietyum- Arten und eines Amplerus, sondern auch im Vorkommen einer Beaumontia- (Guerangeri) und einer Chaetetes-Art (undulata) offen- bart, welche mit Formen des französischen Unterdevon und des nordamerikanischen Oberhelderbergkalkes identisch sein dürften. Mit dem sich aus dem Vorstehenden wie ich glaube deutlich ergebenden devonischen Charakter unserer Fauna scheint nun aber das Vorkommen einer Anzahl einzeiliger Graptolithen, die — wie im einleitenden Theile dieser Arbeit ausgeführt wurde — Zusammenfassung und Folgerungen. DS noch über der hereynischen Kalkfauna liegen, in einem auffälligen Widerspruche zu stehen. Und in der That bildet das Auftreten jener merkwürdigen Fossilien einen der interessantesten Züge unserer Fauna. Wenn man sich indess erinnert, dass die Gattung Dictyonema oder Dietyograptus, deren Zugehörigkeit zu den Grapto- lithen nicht zu bezweifeln ist, in Nordamerika sogar bis in die mitteldevonischen Hamiltonschichten hinaufgeht, so verliert jene Thatsache viel von ihrer Auffälliskeit. Auf keinen Fall können die spärlichen Graptolithen dem unbedingt devonischen Gesammt- charakter unserer Fauna, wie derselbe sich in den Goniatiten, Brachiopoden, Korallen und Zweischalern so deutlich ausspricht, erheblichen Abbruch thun; wohl aber verleihen sie derselben einen alterthümlichen Anstrich, der uns bestimmen wird, ıhr ein tiefes Niveau innerhalb der Devonformation anzuweisen; und inso- fern steht das Erscheinen der Graptolithen in vollständigem Ein- klang mit dem Ergebniss, zu denen uns unsere obige Musterung fast. bei jeder Thierabtheilung geführt hat, dass nämlich allenthalben zusammen mit überwiegenden Devontypen noch vereinzelte Nach- zügler der Silurformation auftreten. Aequivalente und analoge Faunen in anderen Gegenden. Sehen wir uns jetzt nach Faunen anderer Gegenden um, die wir mit unserer harzer vergleichen können, so haben wir unsere Blicke zunächst auf das böhmische Uebergangsbecken zu richten. Es ist ein Verdienst A. Römer’s, zuerst die Uebereinstimmung einer Anzahl hereynischer Brachiopodentypen mit solchen von Konjeprus erkannt zu haben. Diese Uebereinstimmung ist später durch Giebel bestätigt worden und meine eigenen Untersuchungen haben dieselbe in noch viel weiterem Umfange bewahrheitet. Aus denselben hat sich ergeben, dass die Kalkfauna von Mägdesprung, Isenburg, Zorge etc. eine sehr grosse Zahl von Arten mit den- 252 Zusammenfassung und Folgerungen. jenigen Stufen der paläozoischen Schichtenfolge Böhmens gemein hat, die Barrande mit den Buchstaben f, @ und H bezeichnet hat. Von der Position und Beschaffenheit dieser Ablagerungen mag uns folgendes kleines Schema ein Bild geben: Hangendes: Unbekannt. H°+ H? — Versteinerungsfreie Schiefer mit Quarzit- = Einlageruncen. Stufe 4 7 = H! — Schiefer mit Tentaculiten und einer armen Fauna (bes. Cephalopoden). ' @ — Konotenkalk, sehr reich an Cephalopoden. ee — Thonschiefer mit Kalknieren, bes. mit Cephalop. @' — Knotenkalk, sehr reich an Cephalopoden und Trilobiten. ‚ F? — Compacter heller oder röthl. krystallinischer Kalkstein mit sehr reicher Fauna, bes. Brachio- Stufe Fi poden, Trilobiten,Cephalopoden, Gastropoden etc. F'! — Dunkler Kalkstein von ähnlicher Beschaffenheit mit zahlreichen Oephalopoden, Trilobiten etc. Liegendes: Kalkstein der Stufe £, typisches Obersilur. Die der ältesten Schichtenfolge des Harzes und den genannten böhmischen Ablagerungen erwiesenermaassen gemeinsamen Formen sind folgende: Otenacanthus — Etage @. Proetus unguloides? — F'. — complanatus? — F\, @. Auunrerenune — WR: — enf. orbitatus — F. Uyphaspis hydrocephala — F', @. Phacops fecundus — E—H. — fugitivus — @. Cheirurus Sternbergi (2) — E—@. Bronteus enf. elongatus — F'. — cenf. Billingsi — @. ; z Zusammenfassung und Folgerungen. 253 Goniatites lateseptatus — F, @. = negleetus — G. —: tabuloides — @. _ evezus — F, @. _ — var. bohemica — @. Orthoceras enf. migrans — E—@. — enf. rigescens — E—@. = raphanıstrum — F. — dulce (2) — E—4@. Gyroceras proximum — @. Hercoceras subtuberculatum (?) — @. Capulus hereynicus var. acuta (?) — F? — priscus? — IF? Halfari? — F? Platyostoma naticoides (?2) — F'? Conularia aliena? — @. Tentaculites acuarius — F—H. Styliola laevis? — G@—H. Cardiola quadricostata (2) — @. — interrupta — E. Rhynchonella nympha — F. —_ eucharis®? — F‘. — princeps — E—G@. — Henrici — F‘. Pentamerus Sieberi — F'. _ galeatus — F. Spirifer togatus — E—F. —ı \;.Nerei — F. — ezcavatus — F. Oyrtina heteroclita — F. Atrypa reticularis — E—G. Retzia melonica — F. Merista harpyia? — E. Orthis occlusa — F. — ypalliata? — F. — striatula (2) — F" 254 Zusammenfassung und Folgerungen. Strophomena neutra — F. — corrugatella — F. — nebulosa — F. — rhomboidalis — E, F. — Verneuli? — F. Chonetes embryo — F. Petraja undulata (2) — @? Zu diesen identischen Arten kommt noch eine Menge analoger, stellvertretender Formen. Unter diesen seien nur die folgenden ausgezeichneten Typen genannt: Hercynella Beyrichi analog nobilis — F, G? — Hauchecorni — bohemica — F\, @. Cardvola heroymca — "2. en. ,G Phacops Zorgensis analog cephalotes — @. Dalmanites tuberculatus — spinifer — @. Streptorhynchus devonicus — distortus — F. Man ersieht aus obiger Zusammenstellung, dass von einigen 200 aus den hercynischen Schichten des Harzes beschriebenen Arten über 50, also mehr als der vierte Theil, mit solchen der obersten Barrande’schen Kalketagen identisch oder nächstver- wandt sind — ein Resultat, welches die Aequivalenz beider Faunen über allen Zweifel erhebt. Aber auch abgesehen von diesen Identitäten und Analogien stimmt der ganze Charakter der böhmischen Fauna mit dem der harzer überein. Bei dem grossen Interesse, welches die böhmische Fauna schon wegen ihres sehr viel grösseren Reichthums bean- spruchen muss, wird es lehrreich sein, an dieser Stelle etwas näher auf ihren Inhalt einzugehen. Was zuvörderst die Trilobiten betrifft, so finden wir hier mit alleiniger Ausnahme des fehlenden Cryphäus ganz dieselben Gattungen wie im Harz wieder, ausserdem aber noch die Gattung Calymene, die in F und @ mit zwei Arten — darunter die be- kannte obersilurische Calymene Blumenbachdh — auftritt. Diese Thatsache scheint auf den ersten Blick gegen das Ergebniss zu E F A k u 3 - . Zusammenfassung und Folgerungen. 355 sprechen, zu dem uns die Untersuchung der harzer Fauna geführt hat; allein man darf nicht vergessen, dass auch in dem unzweifelhaft devonischen Oberhelderbergkalke Nordamerika’s eine grosse Calymene vorkommt, welche der Blumenbachi so ähnlich ist, dass Verneuil sie als Blumenbachi var. major bezeichnete. Ausserdem wäre weiter das Vorkommen einer Menge grosser Dalmaniten aus der Gruppe des Hausmanni hervorzuheben. Es ist das eine Thatsache, die mit den Verhältnissen des Harzes und — wie wir später sehen werden — auch der unteren und besonders der oberen Helderbergschichten vollständig harmonirt. Ferner verdient auch das Vorkommen von Bronteus-Formen mit Spitzenanhängen (thysanopeltis Barr. aus F und clementinus B. aus @) Beachtung, insofern dieselben einer kleinen Formengruppe angehören, die man sonst nur aus devo- nischen Bildungen kennt!). Zu erwähnen ist endlich noch, dass nach Barrande 8 Trilobiten, darunter Cheirurus Sternbergi, Phacops Jecundus und Bronnü, Acidaspis radiata und Harpes venulosus bereits in Etage E vorhanden sind; dem steht aber entgegen, dass Phacops fecundus und Cyphaspis hydrocephala auch in den Schiefern von Wissenbach und Bronteus Brongniarti (und Harpes venulosus?) im französischen Unterdevon vorkommen, während Acıdaspıs radıata und vielleicht auch Cheirurus Sternbergi und gibbus sogar bis in das Mitteldevon hinaufzugehen scheinen. Von grosser Wichtigkeit sind wie für die harzer, so-auch für die böhmische Fauna die Cephalopoden. Auch hier fehlt die Gruppe des Orthoceras triangulare nicht, wenn sie auch verhältnissmässig nur schwach vertreten ist (O. vietor und Archiaei in @). Weiter verdient das Auftreten von 6 Trochoceren hervor- 1) Zu dieser Gruppe gehören: acanthopeltis Schnur aus dem Eifler Kalk, der durch eine perforirte Schale ausgezeichnete Barrandei Hebert aus dem Unter- devon der Ardennen und eine Form aus dem Mitteldevon des Harzes. Nach Caillaud wäre der böhmische thysanopeltis auch im Unterdevon des westlichen Frankreich aufgefunden und auch am Rhein scheint diese Art vorzukommen (siehe weiter unten). Die in Rede stehende Gruppe scheint demnach eine ganz ähnliche geologische Rolle zu spielen, wie die ebenfalls durch Spitzenanhänge des Pygidiums ausgezeichnete Unterabtheilung von Dalmanites, die zur besonderen Gattung Cry- phaeus erhoben worden ist. 256 Zusammenfassung und Folgerungen. gehoben zu werden, weil diese Gattung ihre Hauptverbreitung im Obersilur hat (aus der böhmischen Etage E beschreibt Barrande nicht weniger als 39 Arten!). Es liegt darin wieder ein Anklang an das Silur, allein noch kein Beweis gegen das devonische Alter der Fauna, da die genannte Gattung nicht nur in den Schiefern von Wissenbach (Tr. serpens Sandb.), sondern auch in den kal- kigen Unterdevonbildungen Frankreichs (Lorrieri Barr.) und der Türkei (Barrandei V ern.) aufgefunden worden ist und nach Bar- rande’s Muthmassung vielleicht sogar bis in das Mitteldevon hinaufreicht !). Bei den Oyrtoceren macht Barrande darauf aufmerksam’), dass die Mehrzahl sich von den Devonformen der Eifel durch fehlende Ornamente auszeichne und darin den silurischen Formen analog sei. Diese Thatsache ist richtig, besitzt indess in meinen Augen, da sie eben nur für die Mehrzahl gilt, keine besondere Bedeutung. Mindestens ebenso viel möchte umgekehrt für die nahe Beziehung der böhmischen Fauna zur Devonformation die grosse Aehnlichkeit einer Reihe von Arten mit mitteldevonischen Formen beweisen, wie Barrande’s ©. devonicans (pl. 240) mit Phillips’ tredecimale?) und C. Palinurus, lumbosum, turnus (Suppl. Cephal.) etc. mit dem eifler depressum und ventricosum, Gestalten, die einer und derselben, durch bedeutende Grösse und eine dünne, fast glatte Schale ausgezeichneten Formengruppe angehören könnten. Bei den Phragmoceren hebt der berühmte Prager Gelehrte hervor, dass dieselben ausnahmslos gleich den silurischen Arten eine doppelt zusammengezogene (etwa einem Schlüsselloch ver- gleichbare) Mündungsöffnung besässen, während eine solche bei ächt devonischen Phragmoceren noch nicht beobachtet sei und wahrscheinlich auch nicht vorkomme *). Indess wäre doch erst zu beweisen, dass dem so sei, ehe man diesem Umstande Gewicht beilest. Ich für mein Theil bezweifle aber, dass dieser Beweis I) Oyrtoceras cancellatum und multistriatum F. Röm., Gyroceras quadratocla- thratum und tenuisguamatum Sandb. 2) Defense des colonies III, p. 280. 3) Paläoz. Foss. Fig. 215. 4) Defense des colonies III, p. 283 ff. Zusammenfassung und Folgerungen. 957 gelingen werde, halte es vielmehr bei der unverkennbaren Aehn- lichkeit, die emige Phragmoceren der obersten böhmischen Kalk- bildungen in allen beobachtbaren Merkmalen mit gewissen Formen ‚der Eifel zeigen (so Phr. devonicans [pl. 107] und gutturosum [pl. 244] Barr. mit Oyrt.2 lineatum Gf. und mit nautiloides Stei- ning.), für wahrscheinlich, dass auch die bisher noch nicht beob- achtete Mündung der rheinischen Formen derjenigen der böhmischen entsprochen haben wird'). Die beiden Gattungen Hercoceras und Nothoceras sind in Böhmen ganz auf Etage @ beschränkt, und Barrande’s Here. mirum ist von Sandberger’s Nautilus subtuberculatus von W issen- bach und Hasselfelde specifisch kaum zu trennen. Von Wichtigkeit ist weiter das Erscheinen der Gattung @y- roceras, wie in den äquivalenten Schichten des Harzes, so auch in den obersten böhmischen Kalken, weil dieselbe bisher noch niemals in ächten Sılurablagerungen angetroffen worden ist. Das Haupt- interesse unter den Oephalopoden ziehen aber hier wie im Harz die Goniatiten auf sich. Barrande hat deren nicht weniger als 19 Arten beschrieben, von denen keine einzige unter die Basis von F hinabgeht. Was für die harzer Goniatiten, das gilt auch für die böhmischen: eine nicht unbeträchtliche Zahl derselben ist identisch mit devonischen Arten, die in der Schichtenfolge dieser Formation zum Theil hoch hinaufgehen. Bei der Wichtigkeit dieses Umstandes lasse ich hier eine Zusammenstellung derjenigen Formen folgen, die Böhmen nach meiner Meinung mit dem rhei- nischen Gebirge gemein hat. Goniatites lateseptatus?). — occultus Barr.°) — vittiger (subnautilinus var. vittig. Sandb.)? 1) Nur die überaus schlechte Erhaltung der bisher aufgefundenen devo- nischen Phragmoceren möchte wohl daran Schuld sein, dass man bei denselben noch keine den silurischen Arten analog gestaltete Mündung beobachtet hat. Mir selbst ist überhaupt noch kein devonisches Phragmoceras mit vollständig erhaltener Mündung durch die Hände gegangen, und ebenso wenig konnten die Herren Beyrich und F. Römer sich entsinnen, ein solches gesehen zu haben. 2) Für die Begründung dieser Namen ist der die Goniatiten behandelnde Abschnitt der Artenbeschreibung zu vergleichen. 3) Rupbachthal. 17 258 Zusammenfassung und Folgerungen. Goniatites evexus. — evexus var. bohemica. _ gracilis (bicanaliculatus var. gracilis San db.) — tabuloides. -— Jugleri A. Röm. (= emaciatus Barr.)'). Alle diese Arten, mit alleiniger Ausnahme von Jugleri, haben eine Kammerwand von überaus einfachem Bau und gehören der Beyrich’schen Gruppe der Nautilini an. In neuester Zeit aber soll sich in den böhmischen Kalken auch ein Goniatit aus der Ver- wandtschaft des oberdevonischen @. Münsteri mit tiefem, glocken- förmigem Laterallobus gefunden haben, @. praematurus Barr.?)! Der schwer wiegenden Bedeutung gegenüber, welche die Ueber- einstimmung der böhmischen Goniatitenfauna mit derjenigen des rheinischen Unterdevon besitzt, kann die von Barrande hervor- gehobene Thatsache, dass von den zahlreichen Orthoceren der Etage @ einige 20 Arten schon in £ vorhanden sind und dass dasselbe von ein paar Phragmoceras- und Cyrtoceras-Arten gilt, kaum noch in’s Gewicht fallen. Wie ım Harz, so machen auch in Böhmen Brachiopoden einen Hauptbestandtheil der Fauna aus. Auch hier treffen wir langgeflügelte Spiriferen (Nerei und pollens — letzterer von der Gränze zwischen E und F'), wenn auch nicht in so ausgezeich- neter Ausbildung wie im Harz. Grobfaltige Formen, wie der harzer Decheni, fehlen in Böhmen, während solche aus der Ver- wandtschaft des obersilurischen plcatellus-radiatus durch 2 Arten (togatus und secans) vertreten werden. Von Spiriferen mit grosser mittlerer Scheidewand im Inneren der Ventralklappe ist Sp. robustus zu nennen, der Schnur’s Sp. macrorhynchus aus dem Eifler Kalk nahe steht. Auch das Auftreten mehrerer grosser Retzia - Arten (melonica, Haidingeri, Eurydice und wohl noch andere) giebt der Fauna einen devonischen Anstrich. Terebratuliden sind in den fraglichen Ablagerungen bisher nicht aufgefunden worden, wohl aber in allerneuester Zeit ein !) Wissenbach u. Rupbachthal, mitteldevon. (Goslarer) Schiefer des Oberharzes. ?) Suppl. Cephalop. pl. 522. 1877. Zusammenfassung und Folgerungen. 259 grosser glatter, in der äusseren Gestalt einem Stringocephalus ähn- licher Brachiopod, jedenfalls eine sehr bemerkenswerthe Gestalt"). Ein besonderes Interesse verdienen weiter die Pentamerus- Arten. Wir treffen unter denselben eine grosse, vielrippige Form (Knight Barr.), die dem bekannten rheinischen P. rhenanus und noch mehr gewissen von Verneuil und Keyserling aus dem Ural beschriebenen Arten (Vogulicus, Baschkiricus), von denen weiter unten die Rede sein wird, nächstverwandt ist. Weiter verdient auch das Auftreten einer Anzahl silurischer, theils in England, theils in der böhmischen Stufe X vorkommender Arten Beachtung. Es sind das nach Barrande ?) folgende Formen: Meristella eirce Barr. — Wenlock, F. Athyris obovata Sow. — Wenlock, E, F. Rhynchonella berenice Barr. — E, F. Pentamerus lingwifer Sow. — Llandovery, Wenlock, E—@. Orthis elegantula Dalm. — Llandeilo-Ludlow, E, F. Strophomena emarginata Barr. — E—@. Chonetes tardus Barr. — E—@. Discina depressa Barr. — E—-G. Lingula cornea Sow. — Passage-beds, @G, H?°). !) Herr Barrande hatte die Güte, mir diese noch unbeschriebene, von ihm in der That zur genannten Gattung gerechnete Form bei meinem Besuche in Prag im Herbst 1877 zu zeigen. Das Stück stammt aus der berühmten Sammlung des Herrn Schary, dem ich an dieser Stelle für die liebenswürdige Zuvorkommenheit, mit der er mir seine Sammlungen öffnete, meinen ergebensten Dank ausspreche. 2) Syst. Sil. Boh. I, p. 76; def. colon. III, p. 45 und a. a. O. 3) Rhynchonella princeps, Spirifer togatus und Leptaena bohemica treten zwar ausser in F schon in Etage E auf, haben indess in obigem Verzeichniss keinen Platz gefunden, weil sie sehr wahrscheinlich auch im ächten Unterdevon vor- kommen und desshalb nicht als silurische Typen angesehen werden dürfen. Die von Barrande auf die englische obersilurische Rhynch. Wilsoni bezogene Form aus Etage F halte ich nach meinen früheren Bemerkungen hierüber (siehe die Beschreibung von RA. princeps) nicht für richtig bestimmt. Auch Strophom. cor- rugatella habe ich wegen des Vorkommens mindestens sehr ähnlicher Arten bis in’s Mitteldevon hinauf nicht in obige Liste aufgenommen. Ebenso ist die von Barrande als reversa bestimmte Orbicula fortgelassen worden, weil das Vorkommen dieser Form des russischen Obolussandsteins in den Etagen E und F mehr als Its 260 Zusammenfassung und Folgerungen. Auch Merista herculea, vultur und andere offenbar der Gruppe der obersilurischen M. tumida angehörige Arten könnten hier noch genannt werden. Es ist nicht zu läugnen, dass diese Formen, die übrigens _ hauptsächlich in der unteren, das Obersilur unmittelbar bedecken- den Etage F auftreten, ganz besonders dazu beitragen, der in Rede stehenden böhmischen Fauna eine silurische Färbung zu ver- leihen. Indess halten ihnen eine grosse Zahl anderer Arten, die man im Laufe der Zeit ausser in den böhmischen Kalken auch ın ächten Devonschichten aufgefunden hat, nicht nur das Gleich- gewicht, sondern bewirken auch ein entschiedenes Uebergewicht zu Gunsten der devonischen Stellung der Fauna. Zu diesen Arten gehören'): Pentamerus optatus Barr. — Eifler Kalk, Etage F\, @. _ acutolobatus Sandb. — Eifler Kalk, F. — Siebert v. Buch — frz. Unterdevon, F. Rhynchonella eucharis Barr. — - - la — nympha Barr. — - - Yale — princeps Barr. — - - E—G6. Spirifer Nerei Barr. — - - I. — Najadum Barr. — - - A), Cyrtina heterochta Defr. — Unter— Oberdevon, F' ? Athyris ceres Barr. — frz. Unterdevon, F‘ Retzia Haidingeri Barr. — - - F. Orthis Gervillei Barr. — - - F. — striatula Schloth. — Unter — Öberdevon, F". Strophomena Phillipsi Barr. — frz. Unterdevon, F, @. == Bouei Barr. — - - F\ — bohemica Barr. — - - E—F. unwahrscheinlich ist; und was endlich die von Barrande im Jahre 1852 (Trilob. p. 76) aus den oberen böhmischen Kalkbildungen angegebene Athyris obovata und Orthis hybrida Sow. betrifft, so führt der Prager Forscher dieselben in neuerer Zeit (defense colon. IV, p. 133) aus den genannten Ablagerungen nicht mehr an. !) vergl. Barrande, defense colon. III, 297; Verneuil, Bull, Soc. Geol. 2.s. VIL; Caillaud, ibid. XVII. Zusammenfassung und Folgerungen. 261 Erwägt man, dass ausserdem noch eine Reihe anderer Formen devonischen Arten wenigstens sehr nahe steht (wie Rhynch. livo- nica Barr. der daleidensis, latesinuata Barr. der apyeta Schnur, Spürif. robustus B. dem macrorhynchus Schn., Streptorh. distortus dem devonicus etc.), so wird man zugeben müssen, dass auch die Brachiopodenfauna der Barrande’schen Etagen F und @ einen überwiegend devonischen Charakter hat und dass die noch vor- handenen silurischen Typen nur als vereinzelte Nachzügler der älteren Formation erscheinen. Was die übrige Fauna betrifft, so hat Barrande darüber noch zu wenig veröffentlicht, als dass eine ähnlich eingehende Be- sprechung wie bei den Trilobiten, Cephalopoden und Brachiopoden möglich wäre. Indess treten die noch übrigen Klassen und Ord- nungen auch sehr gegen die genannten zurück. Nach dem, was Barrande in der dritten Nummer seiner Ver- theidigung der Colonien über den Inhalt der Etagen @ und H mit- getheilt, und nach den in Sammlungen verbreiteten böhmischen Fossilien macht sich unter den Gastropoden ein ähnliches Vor- treten Capulus-verwandter Gestalten geltend, wie im Harz. Ausser- dem verdient auch das Auftreten der Gattung Scoliostoma in F' Interesse, weil dieselbe bisher nur aus nassauischem Stringocephalen- Kalk bekannt war, aus dem die Brüder Sandberger 5 Arten beschrieben haben. Unter den Pteropoden fällt die massenhafte Entwickelung von Tentaculiten auf, die mit der Basis von F beginnt und zu- sammen mit der Gattung Styliola dazu beiträgt, unserer Fauna einen devonischen Anstrich zu geben. -- Unter den Lamellibranchiaten verdient in gleicher Weise das Auftreten der im Öberdevon weit verbreiteten, indess lokal wie es scheint schon im Unterdevon (Rupbachthal und nordwest- liches Frankreich nach Maurer und Barrois) vorhandenen Car- diola retrostriata v. Buch Beachtung. Diese Thatsache verliert durch den von Barrande geltend gemachten Umstand, dass diese Form, freilich nur in einem einzigen, noch dazu unvollständigen Exemplare, auch im oberen Theile der Etage E aufgefunden worden 262 Zusammenfassung und Folgerungen. seil), wenig an Bedeutung, da die kleine Muschel, auch wenn ihr erstes Erscheinen bis in das Obersilur zurückreichen sollte, nichts- destoweniger ein ausgezeichnet devonischer Typus bleibt. Sowohl unter den Gastropoden wie auch unter den Lamelli- branchiaten soll nach Barrande eine Anzahl von Arten vorhanden sein, welche schon in der unterliegenden Etage # vorkommen. Dem steht aber entgegen, dass einige andere Arten, besonders von Capuliden, im Unterdevon des westlichen Frankreich und ım rhei- nischen Mitteldevon durch wenn nicht identische, so doch sehr ähnliche Formen vertreten werden. Die Korallen scheinen keine besonders bemerkenswerthen Züge zu bieten. Pleurodietyum, Amplexus und ähnliche im Harz bereits vorhandene devonische Gattungen kennt man bis jetzt aus den äquivalenten Schichten Böhmens noch nicht. Ausser dem Auftreten der ersten Fische (darunter auch Ctenacanthus) in F' wäre endlich nur noch auf die in neuerer Zeit auch in Böhmen im unteren Theile der Etage F' entdeckten Graptolithen hinzuweisen, über die freilich noch nichts Näheres bekannt ist. Indem wir künftigen Veröffentlichungen Barrande’s über diesen interessanten Fund mit Spannung entgegensehen, müssen wir hinsichtlich der Bedeutung desselben auf das bei Be- sprechung der harzer Graptolithen Bemerkte verweisen. Im Allgemeinen hätte uns somit unsere Musterung der Fauna der Stufen F—H zu dem Ergebniss geführt, dass dieselbe trotz mannigfacher noch an’s Silur mahnender Eigenthümlichkeiten im Ganzen ein ausgesprochen devonisches Gepräge zeigt. Das- selbe wird besonders durch die Goniatitenfauna, die zahlreichen devonischen Brachiopodentypen und das Fehlen aller exclusiv sılu- rischen Cephalopoden- und Trilobitengattungen bedingt, die silü- rischen Anklänge dagegen in erster Linie durch einige obersilurische Brachiopodenformen, Calymene und die Graptolithen, in zweiter Linie durch die zahlreichen Dalmaniten und Trochoceren. Im Vergleich zu der harzer Fauna mit ihren vielen und aus- gezeichneten devonischen Brachiopoden und Corallen zeigt die 1) def. d. colon. III, p. 299. a E3 a — Zusammenfassung und Folgerungen. 263 böhmische viel zahlreichere an’s Silur erinnernde Züge. Bei der ausserordentlichen Uebereinstimmung beider Faunen kommt indess der entschiedener hervortretende devonische Charakter der harzer Fauna auch der böhmischen zu Statten, indem derselbe, wenn die Betrachtung der böhmischen Fauna für sich allein noch Zweifel über deren Alter übrig lassen könnte, den Ausschlag zu Gunsten ihrer Zugehörigkeit zum Devon geben würde. Sehen wir uns nach weiteren Aequivalenten der harzer und böhmischen Fauna um, so finden wir dieselben zunächst in dem zwischen Harz und Böhmen liegenden thüringiseh - fränkisch- fichtelgebirger Gebiete. Ein Theil der paläozoischen Schichten- folge dieser Gegend setzt sich nach den neueren Untersuchungen von Gümbel, Liebe und Richter von oben nach unten fol- gendermaassen zusammen: Planschwitzer Tuft. Nereiten- und Tentaculiten-Schichten. Tentaeuliten-Knollenkalk. Oberer Graptolithenschiefer. Interrupta-Kalk. Unterer Graptolithenschiefer. Griffelschiefer. Phykodenschiefer. Von diesen Gliedern sind die Phykodenschiefer wahrscheinlich cambrisch, die Griffelschiefer untersilurisch, der Interrupta-Kalk sammt dem ihn unterlagernden Graptolithenschiefer obersilurisch (der böhmischen Etage E mit ihrer Graptolithenbasis genau ent- sprechend). Die Planschwitzer Tuffe ferner sind unzweifelhaft mitteldevonisch. Was aber die zwischenliegenden Schichten betrifft, so hat R. Richter aus den Tentaculiten- und Nereiten-Schichten im Laufe längerer Jahre in einer Reihe von Veröffentlichungen in der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft eine grosse Zahl von Versteinerungen beschrieben, die zum überwiegenden 264 Zusammenfassung und Folgerungen. Theil mit Arten des englischen Obersilur, zum Theil aber auch mit solchen der böhmischen Stufen #& und F' identisch sein sollen. Auf Grund dieser Bestimmungen und mit besonderer Rücksicht auf gewisse von ihm als Graptolithen gedeutete Reste!) hat der genannte Autor die fraglichen Schichten für obersilurisch an- gesprochen. Im Gegensatz zu Richter’s Ansicht hat Gümbel die Ne- reiten-führenden Schichten schon in seiner Arbeit über die fichtel- gebirger Clymenien ?) auf Grund ihrer Lagerung und des Vorkom- mens von Pleurodietyum (welches durch Richter schon in den 50er Jahren entdeckt wurde), von Spirifer macropterus und anderen auf devonische Arten bezogenen Resten als unterdevonisch ange- sprochen und hält diese Ansicht bis auf den heutigen Tag aufrecht, indem er zugleich die Wirklichkeit der von Richter als Grapto- lithen gedeuteten Fossilien entschieden bestreitet. Durch gütige Zusendungen der Herren Richter und Liebe — welcher Letzterer mir Alles, was die fürstlich Reuss’sche Samm- lung in Gera, seine eigene und noch ein paar andere Privatsamm- lungen an Versteinerungen aus den Tentaculiten- und Nereiten- Schichten enthalten, zur Verfügung gestellt hat — bin ich in den Stand gesetzt worden, zur Lösung der Frage nach dem Alter der ge- nannten Ablagerungen beizutragen, und es gereicht mir zu grosser Freude, dass das Ergebniss meiner Untersuchungen mit den An- sichten des Herrn Gümbel in vollster Uebereinstimmung steht. Was zunächst die vermeintlichen Graptolithen betrifit, so kann auch ich dieselben (obwohl ihr Vorkommen nach den Erfahrungen im Harz gar nichts Ueberraschendes haben würde) als solche nicht anerkennen und auch von der richtigen Bestimmung der von Richter beschriebenen obersilurischen Arten (Orthis callactis, O. pecten, Strophomena imbrex, Pentamerus oblongus ete.) habe ich mich nicht überzeugen können. Wohl aber glaube ich die Rich- tigkeit der folgenden Bestimmungen des verehrten thüringer For- schers bestätigen zu können: !) vergl. oben, p. 211, Anm. ?). ?) Paläontographica Bd. XI, 1866. : Zusammenfassung und Folgerungen. 265 Rhynchonella nympha Barr. Spirifer Nerei Barr. Oyrtina heteroclita Defr. Retzia Haidingeri Barr. Streptorhynchus (Orthis) distortus Barr. Strophomena corrugatella Davids. Discina Forbesü Davids. Ausserdem habe ich unter den mir durch Herrn Liebe ge- schickten Fossilien und in der Sammlung des hiesigen Univer- sitätskabinets noch folgende Formen bestimmen können: Ütenacanthus bohemicus Barr.') Harpes radians Richt. viell. ident. Bischofi A. Röm.?!) Phacops fugitivus Barr. (= Römeri Gein. ex parte?) !) Phacops fecundus Barr.? Dalmanites sp.?) Orthoceras sp. Tentaculites acuarius Richt. = Geinitzianus Richt. Styliola laevis Richt. Strophomena interstriahs Phill. — Vernewli Barr. Favosites reticulata Blainv. — dubia Blainv.? Pleurodietyum Selcanum Giebel!) — sp. Petraja enf. undulata A. Röm. Ausserdem ist: Arethusina sp. bei Kicht. — Proetus Richteri Kays.') Cardiola striata Sow. bei Richt. — costulata Münst.?') Phacops strabo Richt. nahe verwandt Zorgensis Kays. und cepha- lotes Barr.'). 1) Für Ctenacanthus bohemieus, Harpes radians und Phac. strabo ist die Be- schreibung von ten. abnormis, H. Bischofii und Ph. Zorgensis zu vergleichen; für Phac. fugitivus, Proet. Richteri, Card. costulata und Pleurod. Selcanum diejenige dieser Arten. 2) Reste dieser aus Thüringen bisher noch unbekannten Gattung findet man auf Taf. 34, f. 15 und Taf. 35, f. 10 und 11 des begleitenden Atlas abgebildet. 266 Zusammenfassung und Folgerungen. Es ist zu bemerken, dass obige Formen, die fast sämmtlich durch ihre förmlich krüppelhafte Kleinheit auffallen, zwar zum Theil durch die ganze in Rede stehende Schichtenfolge hindurchgehen, indess vorzugsweise in der Knollenkalk-Zone an der Basis der Ten- taculiten-Schichten auftreten (so Otenacanthus, Dalmanites, Phacops strabo und fecundus (2), verschiedene Orthoceren und Cardiola-Arten, Spirifer Nerei (2), Strophomena interstrialis, Petraja und mehrere andere Corallen etc.)')., Sämmtliche oben genannte Arten finden sich auch in den hercynischen Schichten Böhmens und des Harzes und damit dürfte die Gleichaltrigkeit der fraglichen thüringer und der genannten Ablagerungen wohl erwiesen sein. Für das devonische Alter der thüringer Bildungen fällt auch das Vor- kommen langflügeliger Spiriferen und zweier von Richter ange- gebener Amplexus-Arten in's Gewicht ?). Weiter finden wir auch im rheinischen Schiefergebirge eine der hercynischen äquivalente Fauna wieder. Hier sind es namentlich die erst in neuerer Zeit aufgefundenen versteinerungsreichen Kalke von Greifenstein und Bicken, die zwar nur eine kleine, aber nichts- destoweniger ganz unzweifelhaft mit der böhmischen und harzer übereinstimmende Fauna einschliessen ?), Ich habe aus diesen beiden Kalken bis jetzt folgende Arten bestimmen können: Uyphaspis hydrocephala A. Röm. — Bicken, Harz, Böhm. Acidaspis Roemeri Barr. — Bick., Etage E. Bronteus thysanopeltis Barr. (?) — Bick., Greifenst., Böhm., franz. Spiriferensandst., harzer Mitteldevon ? Proetus bohemicus Barr. — Greif., Böhm. ') Eine Hauptlokalität für Versteinerungen dieser Zone ist der Quingenberg bei Zeulenrode. ?) Für die oberen Graptolithenschiefer scheint sich aus Obigem eine Aequi- valenz mit dem Graptolithenhorizont an der Basis der böhmischen Stufe 7 um- somehr zu ergeben, als Richter neuerdings (Zeitschr. d. d. geol. @. Bd. XXVII, p. 265 — 1875) aus denselben die nämlichen Tentaculitenarten beschrieben hat, die sich auch in den darüber liegenden Tentaculitenschichten finden. 3) Vergl. darüber von Dechen, Zeitschr. d. d. geol. G. Bd. XX VII, p. 762 — 1875 — und Kayser, ibid. Bd. XXIX, p. 407 — 1877. Zusammenfassung und Folgerungen. 267 Proetus complanatus Barr. -- Greif., Harz, Böhm. — eremita Barr. — Greif., Harz, Böhm. Phacops fecundus Barr. — Bick., Greif., Harz, Böhm. Goniatites tabuloides Barr. — Bick., Harz, Böhm. — lateseptatus Beyr. — Bick., Harz, Böhm. E= Jugleri A. Röm. — Bick., Böhm., harzer Mitteldevon. En subnautilinus Schl.? — Bick., Harz (?), Böhm.? Trochoceras sp. — Bick. Gomphoceras sp., Uyrtoceras sp. — Bick. Orthoceras triangulare Arch. Vern. var. Bickensis Kays.!) — Bick., Harz. Cardiola gigantea Kays.!) — Bick., Harz. Spirifer falco Barr. (?) — Greif., Böhm. Merista herculea Barr. (?) — Greif., Böhm. Die Existenz der hercynischen Fauna am Rhein kann nach diesen Funden nicht mehr in Frage gestellt werden. Ja, auch darin scheint sich eine auffällige Uebereinstimmung mit den böh- mischen und harzer Verhältnissen auszusprechen, dass der weisse oder röthliche krystallinische Kalk von Greifenstein besonders Trilobiten und Brachiopoden, der graue Flaserkalk von Bicken dagegen besonders Oephalopoden und daneben Uardiolaarten und Trilobiten enthält, also der eine paläontologisch und petrographisch den Brachiopoden-, der andere den Cephalopoden-Kalken des Harzes und Böhmens entspricht ?). Sehr interessant ist ferner, dass auch die bekannten W issen- bacher und Rupbachthaler Schiefer neben einer Anzahl gewöhn- licher Formen des Spiriferensandsteins °) auch eine beträchtliche Reihe hercynischer Arten einschliessen und zwar: 1) Diese beiden Bickener Formen sind auf unserer Tafel 36 abgebildet. 2) Beobachtungen wie die angeführten sind deshalb interessant, weil sie darauf hinzuweisen scheinen, dass die heut zu Tage nicht mehr zusammenhängenden unterdevonischen Bildungen des rheinischen Gebirges, des Harzes und Böhmens Absätze eines einzigen Ablagerungsbeckens darstellen. 3) Cryphaeus laciniatus, Pleurodietyum problematicum ete. — vergl. Sandb. Rh. Sch. Nass. p. 482. 268 Zusammenfassung und Folgerungen. Goniatites Jugleri A. Röm. — subnautilinus Schl. en evewxus v. Buch. — evexus var. bohemica Barr. — lateseptatus Beyr. _— vittiger Sandb. (non subnautilinus var.) — gracilis Sdb. (non everus seu bicanaliculatus var.) — occultus Barr. Nautilus vetustus Barr. Hercoceras (?) subtuberculatum Sandb. Gyroceras proximum Barr.!) Trochoceras sp. Orthoceras triangulare Arch. Vern. — Jovellani V ern. (?) — Kochi Kays.? — commutatum Giebel — obliqueseptatum Sandb.? — polygonum Sandb.? — planicanaliculatum Sandb.? Phacops fecundus Barr. — fugitivus Barr.? Cyphaspis hydrocephala A. Röm. Capulus hercynicus Kays.?? Pleurotomaria subcarinata A. Röm. Pentamerus rhenanus F. Röm.°) Auch in der westlichen Fortsetzung des rheinischen Schiefer- gebirges, im nordwestlichen, westlichen und südlichen Frankreich finden sich in unterdevonischen Ablagerungen vielfach hercynische Be ia ae dl u duo or Typen zusammen mit Arten des Spiriferensandsteins, und zwar immer an solchen Stellen, wo jene Ablagerungen kalkig werden oder sich gar reinere, mehr oder minder mächtige, in der Regel ') Nach einer Mittheilung Koch’s bei Wissenbach vorkommend. ?) In der Koch’schen Sammlung auch von Wissenbach. Zusammenfassung und Folgerungen. 269 linsenförmige Kalklager entwickeln. In der Bretagne, wo dies der Fall ist, setzt sich ein Theil der paläozoischen Schichtenfolge nach den neuesten Arbeiten von Barrois!) von oben nach unten fol- gendermaassen zusammen: Ober- und mitteldevonischer Kalk der Loire in- ferieure. Schiefer von Le Fret mit Pleurodietyum etc. Darin Kalk- linsen mit Pentamerus rhenanus (?). Schiefer von Porsguen mit Cryphaeus stellifer und laci- niatus, Orthoceras commutatum, Goniatites evexus, sub- nautilinus und circumjlexifer, Bactrites, Cardiola retro- striata, Spirifer concentrieus, curvatus und elegans?, Cyr- tina multiplicata, Merista plebeja, Produetus subaculeatus, Mierocyelus, Chonophyllum_ etc. ‚Schiefer mit Kalklinsen; darin Chonetes sarcinulata, Meganteris Archiaci, Spirifer eul- trjjugatus (?), Orthis striatula und orbieularis ete. Grauwacke und Rhynchonella princeps, eucharis und an- dere hereynische Typen. von Grauwacke und Grauwackenschiefer mit Le Faou Pleurodietyum problematicum, Rhynchonella livo- nica, Strophomena Murchisoni, Spirfer ma- cropterus, Chonetes sarcinulata und dilatata, Meloerinus typus etc. Quarzitsandstein von Landevennec mit Grammysia hamiltonensis, Dalmanites incerta Salt. (= Rouaulti Tromel.) Homalonotus, Pleurodietyum problematicum. Tieferer Quarzit von Plougastel und Graptolithen- schiefer. Typisches Obersilur mit Calymene Tristanı. Die Position der Kalklinsen in der Grauwacke von Le Faou soll nach Barrois?) mit derjenigen der bekannten Kalke von Nehou, Vire, Brulon ete. und Erbray übereinstimmen. 1) Soc. Geol. du Nord IV, p. 59 ff. 1877. 2) Ibid. p. 82. 270 Zusammenfassung und Folgerungen. Von den zuerstgenannten Localitäten hat Verneuil schon vor langer Zeit folgende, zum Theil von Barrande selbst geprüfte hercynische Arten angegeben !): Utenacanthus bohemicus Barr. (nach Barr.) (?) Bronteus Brongniarti Barr. (F, @ ın Böhm.) — d@ervilei Barr. verw. Gervilleicans Barr. (G) Orthoceras verw. triangulare Arch. Vern. Trochoceras Lorrieri Barr. Capulus robustus Barr. — verw. robustus Barr. Rhynchonella princeps Barr. — eucharis Barr. Retzia Haidingeri Barr. Spirifer Nerei Barr. (nach Barr.) — Davousti Vern. nahe verw. togatus Barr. Oyrtina heteroclita Defr. Orthis Gervillei Barr. _ Trigeri Vern. verw. occlusa Barr. Leptaena bohemica Barr. -- Phillipsi Barr. — Davousti Vern. verw. convoluta Barr. — Bouei Barr. Chonetes Bobleyei verw. embryo Barr. Beaumontia Guerangeri M. Edw. & Hai. Was den Kalkstein von Erbray im Departement Loire-infe- rieure betrifft, so hatte Caillaud?), Director des Museums von Nantes, aus demselben zum Theil dieselben Arten, die sich auch im Kalk von Nehou finden, zum Theil aber auch noch andere böhmische Formen angegeben (so Calymene Blumenbachi, Harpes venulosus Barr., einen Bronteus mit Schwanzanhängen, Spirifer Najadum Barr. etc.); und zwar sollten dieselben in Gesellschaft 1) Bull. Soc. Geol. France 2. s. VII. 1850. (Reun. extr. au Mans). 2) Ibid. XVII, p. 330. 1861. Zusammenfassung und Folgerungen. 271 von Leitformen des rheinischen und spanischen Spiriferensand- steins (Spirifer primaevus Steining., Athyris Ferronensis V ern., verschiedene Uryphaeus-Arten, Pleurodictyum problematicum etc.) auftreten. Nach den im Harz gemachten Erfahrungen hätte eine solche Vergesellschaftung nichts Ueberraschendes; allein in einer vor Kurzem erschienenen Arbeit von Tromelin und Lebesconte!') wird die angebliche Mengung böhmischer und rheinischer Arten in Abrede gestellt und behauptet, dass Calymene Blumenbachi, Pha- cops fecundus sowie zahlreiche Brachiopoden und einige Gastro- poden (besonders Oapuliden), die mit Formen aus den obersten böhmischen Kalkbildungen übereinstimmen, auf den unteren Theil des Kalkes von Erbray beschränkt seien, während die von Uaillaud angegeben typischen Devonarten erst in dessen hangendem Theile, da wo das Gestein eine dunkle Färbung annimmt, auftreten. Man darf weiteren Veröffentlichungen über diese jedenfalls sehr wichtige Localität, deren stratigraphische Verhältnisse leider sehr ver- wickelt sein sollen, mit Spannung entgegensehen; soviel aber steht schon jetzt ausser Zweifel, dass die hercynische Fauna in den ungewöhnlich mächtigen kalkigen Bildungen jener Gegend in ausgezeichneter Weise vertreten ist. Auch im Süden von Frankreich, in Languedoc, muss unsere Fauna nach einer vorläufigen Mittheilung von Tromelin und Grasset?) vorhanden sein. Ein Theil der Uebergangsbildungen zeigt daselbst von oben nach unten folgende Zusammensetzung: Marbre griotte (oberdevon.? Goniatiten-Kalk ). Mächtige Kalkstein- und Dolomit-Lager. Typisches Obersilur. Die das Obersilur überlagernden kalkigen Gesteine sollen nach den genannten Autoren eine Fauna einschliessen, die ebenso viele Anklänge an das Silur, wie an das Devon zeigt und zahlreiche 1) Bull. Soc. G£ol. 3. s. IV, p. 583. 1876. — Diese interessante, sorgfältige Arbeit enthält vielerlei wichtige Angaben über die Verbreitung der hereynischen Typen im westlichen Frankreich. Leider gelangte dieselbe erst nach Vollendung des grössten: Theils der vorliegenden Arbeit in die Hände des Verfassers. 2) Congres associat. frang. avanc, scienc., 6. sess. au Havre 1577. 2372 Zusammenfassung und Folgerungen. Arten enthält, welche solchen aus den böhmischen Etagen F— H analog sind. Hauptsächlich mit Rücksicht auf die stratigraphischen Verhältnisse ziehen die Verfasser die fraglichen Bildungen zum Devon. Auch im nördlichen Spanien treten nach Verneuil!) im Unterdevon kalkige Gesteine auf, in denen sich eine Anzahl hercynischer, auch im westlichen Frankreich vorkommender Arten findet (Orthoceras Jovellani V ern., Orthis Gervillei Barr. etc.). Weiter kommen hercynische Typen nach demselben Autor ?) unter ganz ähnlichen Verhältnissen auch ın den unterdevonischen Schichten des türkischen Bosporus vor. Ausser zahlreichen Arten der Öoblenzer Grauwacke hat der französische Gelehrte von dorther beschrieben: Trochoceras Barrandei Vern. Orthoceras Stambul Vern. nahe verw. Beyrichi Kays.°) Spirifer Davousti Vern. nahe verw. togatus Barr. Orthis Gervilei Barr. — Trigeri Vern. verw. ocelusa Barr. Strophomena Bouei Barr. Chonetes Boblayei Vern. verw. embryo Barr. Nach einer freundlichen Mittheilung des Herrn von Fritsch käme dazu noch Phacops af. cephalotes Barr. Aus allen diesen Mittheilungen ersieht man, dass hercynische Formen in Europa eine ansehnliche Verbreitung besitzen und an vielen Stellen, ähnlich wie im Harz, in Begleitung von Leitformen des rheinischen Spiriferensandsteins auftreten. Wie im Harz und in Böhmen erscheinen zusammen mit den hercynischen Brachiopoden Trochoceren, Orthoceren aus der Verwandtschaft des triangulare, Capuliden und Bronteusformen mit Spitzenanhängen. ') Bull. Soe. Geol. 2.s. II, 1845 und XII, 1855. °) Verneuil m Tschihatscheff, Asie mineure, Paleontologie. 1366—69. ») Vergl. die Beschreibung dieser Form p. 80. Zusammenfassung und Folgerungen. 273 Aber auch ausserhalb Europa’s sind äquivalente Faunen vor- handen. Aus dem mittleren Ural (Gegend von Bogoslowsk) und dem Altai (bes. Gruben von Gerikoff) haben nämlich v. Grüne- waldt!) und Eichwald?) Kalksteine beschrieben, die eine beträcht- liche Anzahl von Brachiopoden der obersten böhmischen Kalklager und zugleich ein paar obersilurische nnd einige devonische Formen einschliessen und demnach den ältesten Ablagerungen des Harzes ım Alter nahe stehen müssen. Ich nenne unter den hercynischen Arten des Ural und Altai nur die folgenden: Rhynchonella nympha Barr. — princeps Barr. — eucharis Barr. (nach Eich w.) Pentamerus Vogulicus Vern. Keyserl. } verw. Knight bei Barr. — Baschkiricus V ern. Keyserl. \ und rhenanus F. Röm. — Sieberi Buch? Spirifer superbus Eichw. verw. togatus Barr. Atrypa arimaspus Vern. Keyserl. = comata Barr. (Etage F') Strophomena Stephani Barr. Chonetes Vernewli Barr. Verschiedene Capulus- Arten’). Von silurischen Arten sollen vorkommen: Calymene Blumenbachü Brongn. Phragmoceras pyriforme Sow. | Orthis elegantula Dalm. Merista prunum Dalm. Rhynchonella plicatella Dalm. Von devonischen Formen endlich: Goniatites altaicus Eich w.*) Orthoceras lineare Münst. (nach Eichw.) — calamiteum Mst. 1) Acad. St. Petersb., M&m. sav. etrang. VII, p. 613 (1854); VII, p. 195 (1857). 2) Lethaea rossica. 3) Eichwald, 1. ce. p. 1102. 4) Eichwald, 1. c. p. 756, Pentamerus- Kalk von Gerikoff. 18 274 Zusammenfassung und Folgerungen. Bronteus flabellhifer Gt. Phacops latifrons Bronn. (nach Eich w.) Orthis striatula Schloth. Chonetes sarcinulata. Schloth. Heliolites porosa Gf. Favosites polymorpha Bl. Cupressocrinus sp."). In ganz ausgezeichneter Entwickelung finden wir endlich analoge Faunen auch auf dem nordamerikanischen Continente wieder. Bekanntlich existirt in Nordamerika eine ununterbrochene, vom Silur zum Devon herüberführende Schichtenreihe. Die über- aus einfachen Lagerungsverhältnisse der paläozoischen Gebilde in einem Theile der vereinigten Staaten (wie in New-York) haben es möglich gemacht, die Aufeinanderfolge der verschiedenen Glieder jener Bildungen mit vollster Sicherheit zu ermitteln; und da dieselben zum grossen Theile reiche und gut studirte Faunen ein- schliessen, so leuchtet ein, dass eine Vergleichung der europäischen Hercyn-Fauna mit den den Uebergang vom Sılur zum Devon ver- mittelnden Faunen Nordamerikas für unsere Untersuchungen von Wichtigkeit sein wird. Nach den Forschungen von J. Hall, Billings und anderen neueren Geologen gliedert sich ein Theil der Uebergangsbildungen der vereinigten Staaten und Canada’s folgendermaassen : Hamilton-Gruppe, ungef. äquival. d. europ. Mitteldevon. Corniferous- oder Corniferous- Kalk. OÖber-Helderberg- | Schoharie Grits. Gruppe. Cauda-gallı Grits. Oriskany-Sandstein. !) v. Grünew. ]. c. VIE, p. 188. Zusammenfassung und Folgerungen. 275 Oberer Pentamerus-Kalk. | Delthyris- Kalk. Unter-Helderberg- ) Unterer Pentamerus-Kalk. Gruppe. Stromatopora -Kalk. Tentaeuliten - Kalk. Hydraulischer Kalk (Waterlime). Salina- oder Onondaga-Salzgruppe. Niagara-Kalkstein — typisches Obersilur. Vom Niagarakalk ist längst bekannt, dass er ein Aequivalent des Gotländer Kalkes und der böhmischen Stufe E darstellt. Die darüber folgende, an 1000’ mächtige Salz- und Gyps- führende Gruppe ist eine rein locale, in paläontologischer Hinsicht bedeutungslose Bildung. | Die über der Salzgruppe liegenden hydraulischen Kalke ent- halten Pierygotus und andere grosse Crustaceen und sind desshalb von Murchison für Aequivalente der T%lestones, der Deckbildung der englischen Silurformation, angesehen worden, die neben Lingula dieselben grossen Kruster einschliessen !). Was die nun folgenden, mächtigen, im Staate New-York in die oben angegebenen Glieder zerfallenden Kalke der Unter-Helder- berg-Gruppe betrifft, so treffen wir hier von Trilobiten die Gat- tungen: Lichas, Phacops, Homalonotus, Cheirurus, Calymene, Aci- daspis, Proetus, Phillipsia, Enerinurus und Dalmanites. Es sind das mit Ausnahme von Enerinurus alles Gattungen, die wir auch in der böhmischen und harzer Hercyn-Fauna kennen gelernt haben, und was die Dalmaniten betrifft, so gehören dieselben der Gruppe des D. pleuroptya an, einer Form, die dem im europäischen Hercyn so wichtigen D. Hausmanni nächstverwandt ist?). Aecht silurische Typen, wie Ampy&, Illaenus, Asaphus etc. fehlen bereits °). Die 1) Quart. Journ. Geol. Soc. 1855, p. 24. 2) Dass die amerikanische Gruppe auch in Europa nicht ganz fehlt, zeigt unser D. Beyricht. 3) Dana nennt zwar in seiner Uebersicht der Fauna der Unter-Helderberg- formation (Geology, p. 240, 1875) auch die Gattung Asaphus; dieselbe wird aber weder von Hall noch von Miller (Amerie. paläoz. foss., 1877) aufgeführt. Das- selbe gilt von Halysites, deren Vorkommen oberhalb des Niagarakalkes von Hall geläugnet wird (27. Report, p. 125, 1875). 18* 2716 Zusammenfassung und Folgerungen. Cephalopoden bieten keine besonders bemerkenswerthen Züge. Die im Niagarakalk noch vorhandene Gattung Ascoceras ist bereits erloschen. Unter den Brachiopoden finden wir zwar noch mancherlei Anklänge an den Niagarakalk, aber keine ächten Silur- typen mehr. Dagegen treten hier ausser den ersten Terebratuliden (der im Oriskanysandstein zu starker Entwickelung gelangenden Rensselaeria) auch geflügelte Spiriferen (perlamellosus, cyclopterus, concinnus) auf. Eine sehr bemerkenswerthe Thatsache ist weiter unter den Gastropoden das massenhafte Erscheinen der im Niagarakalk noch sehr sparsamen Capuliden (Platyostoma, Platy- ceras, Strophostylus ete.), weıl das Vorwalten von Capuliden unter den Gastropoden auch eine Haupt-Eigenthümlichkeit der euro- päischen Hercyn-Fauna bildet; und zwar fällt dieser überein- stimmende Charakterzug um so mehr in’s Gewicht, als wir unter den amerikanischen Capuliden eine Reihe von Formen finden, die mit solchen des Harzes eine ganz überraschende Aehnlichkeit zeigen. Auch das Auftreten zahlreicher Pterinea-artiger Avicu- laceen und ganze Schichten erfüllender Tentaculiten sind Eigen- thümlichkeiten, die gewiss mehr auf Devon als auf Silur hinweisen. Dasselbe gilt unter den Corallen von der Gattung Michelinia '), unter den Bryozoen von Polypora, während andererseits verhält- nissmässig zahlreiche Cystideen noch an’s Silur mahnen. Es ist endlich noch hervorzuheben, dass sowohl unter den Brachiopoden als auch unter den Gastropoden eine grössere Anzahl von Arten in die darüberliegenden Formationen, besonders in den Oriskanysand- stein, hinaufgehen, während andere in dem letzteren durch analoge Formen vertreten werden. Für die nähere Vergleichung des harzer und böhmischen Hercyn mit der Unter-Helderberggruppe sind folgende Analogien wichtig: Dalmanites Beyrichi Kays., Form aus der Gruppe des pleuroptye. Capulus hereynieus Kays. mit seinen Varietäten, mehreren amerika- nischen Formen überaus ähnlich (vergl. die Arten-Beschreibung). Capulus Halfari Kays. an mehrere amerik. Formen erinnernd. !) Hall, 26. Report p. 113. Zusammenfassung und Folgerungen. 277 Platyostoma naticoides A. Röm. anal. Platyceras Gebhardi Conr. (auch im Oriskanysandstein). — Giebeli Kays. anal. Platyostoma Billingsi Hall. Oypricardinia lamellosa Hall? (im Obigen aus d. Harz beschrieben). Pterinea sp. (unsere Taf. 19, Fig. 1) anal. tewtilis Hall (auch im Oriskanysandstein). Retzia lepida Gf. sehr anal. Leptocoelia imbricata Hall. Orthis occlusa Barr. anal. perelegans Hall und anderen Arten. = orbicularis Vern. anal. planoconvexa Hall u. anderen. — striatula Schl. anal. multistriata Hall. Strophomena corrugatella Dav. s. ähnl. varistriata Conr. Streptorhynchus (2) distortus Barr. s. ähnl. deformis Hall. Lässt schon die Fauna der unteren Helderberg-Gruppe nahe Beziehungen zu unserer hercynischen erkennen, so gilt dies in noch höherem Grade von den darüber liegenden Bildungen. Die zunächst folgenden, mächtigen, sandigen Ablagerungen des Oriskanysandstein, der Cauda Galli und der (in Canada nicht mehr vorhandenen) Schoharie Grits lassen zwar — wie bei ihrer petrographisch ganz abweichenden Beschaffenheit von vorn herein nicht anders zu erwarten ist — die Achnlichkeit mit dem Hercyn nicht so deutlich hervortreten, als die hangenden kalkigen Bil- dungen. Indess ist dieselbe immerhin nicht zu verkennen, und der devonische Charakter springt hier noch deutlicher hervor, als in der Unter-Helderberg-Gruppe. Im Oriskanysandstein treten nämlich ausser den ersten Fischen grosse grobfaltige und geflügelte Spiriferen von ächt devonischem Habitus sowie ganz- und dichotomfaltige aus der Verwandtschaft des bekannten Spirifer aperturatus und Verneuili ') (arenosus Conr.), eine grössere Anzahl von Rensselärien und eine andere Terebra- tulidengattung, Centronella ?), ferner zahlreiche grosse Pierinea- artige Formen und Orthis? hipparionya auf, also lauter Formen, 1) Es sei hier daran erinnert, dass ähnliche Formen als Seltenheit auch im rheinischen Unterdevon vorkommen (Sp. Trigeri Vern.). 2) Billings, Geol. of Canada, p. 360. — Billings giebt an dieser Stelle auch Heliophyllum an, 2378 Zusammenfassung und Folgerungen. die auf eine Devonfauna vom Habitus unserer rheinischen Spiriferen- sandstein-Fauna hinweisen. Einen hereynischen Anstrich aber erhält die Fauna des Oriskanysandstein durch das gleichzeitige Vorhandensein von Dalmaniten aus der pleuroptys-Gruppe, Caly- mene Blumenbachü‘) und eine Anzahl Capuliden. Im Schohariesandstein tritt zu den genannten Formen auf der einen Seite die devonische Gattung Gyroceras, auf der anderen ein Trochoceras. | Was endlich die Ober-Helderberg-6ruppe betrifit, so finden wir hier eine ebenso unzweifelhaft devonische, als unserer her- cynischen verwandte l'auna. Der devonische Charakter wird be- dingt durch das Auftreten der Gattung Cryphaeus, durch Gyro- ceren und ornamentirte Oyrtoceren, durch den ersten Repräsen- tanten der Goniatiten (mithrax Hall aus der Gruppe der Simplices), durch die Brachiopodenfauna, in der wir ausser den schon im Oriskanysandstein vorhandenen devonischen Spiriferen zahlreiche Terebratulidengattungen (Rensselaeria, Terebratula, Centronella, Uryptonella), eine Camaraphoria und mehrere Productus-Arten an- treffen, durch die Korallenfauna mit Calceola, Michelinia, Pleuro- dietyum (2), Heliophyllum, Phillipsastraea ete.), sowie endlich durch eine Menge mit Formen aus den hangenden Hamiltonschichten ge- meinsamer oder denselben analoger Arten. Die Verwandtschaft mit dem Hercyn dagegen wird bedingt durch etwa ein Dutzend grosser Dalmaniten, die wieder überwiegend der pleuropty&-Gruppe ange- hören, durch eine grosse, der Blumenbachii nahestehende Calymene, ein halbes Dutzend T’rrochoceras-Species, ein Hercoceras (2), mehrere an Formen aus der böhmischen Etage E erinnernde grosse Nau- tilus- Arten, Dictyograptus (splendens Billings) und eine Schaar von Capuliden, die wiederum mannigfache Anklänge an harzer und böhmische Gestalten zeigen. Aber auch die anderen Thier- klassen lassen mehrfache derartige Anklänge erkennen, wie die folgende Zusammenstellung beweist, die sich ausser auf den Ober- Helderberg-Kalk auch auf den Oriskanysandstein bezieht: ') Billings, Geol. of Canada, p. 360, Zusammenfassung und Folgerungen. 279 Orthoceras? lamelhferum Kays. ähnl. Cyrtoceras eugenium Hall (Ob.-Held.). Platyostoma naticoides A. Wöm. anal. Platyceras Gebhardi Conr. (Orisk.-S.). Cardiola? megaptera Kays. anal. crassicostata« Hall et Worth. (Schohar. u. Ob.-Held.). Spürifer Decheni Kays. erinnernd an macrothyris Hall (Ob.-H.). — JIsae Kays. anal. arrectus Hall (Orisk.-S.). — Jaschei A. Röm. anal. raricosta Conr. (Ob.-H.). Retzia lepida Gf. verw. Leptocoelia acutiplicata Conr. (Ob.-H.). Strophomena corrugatella Dav. s. anal. Patersoni Hall (Schoh. u. Ob.-H.). — Jaschei A. Röm. anal. hemisphaerica Hall (Schoh. u. Ob.-H.). Chaetetes undulatus Gieb. s. ähnl. tabulatus Hall (Ob.-H.). Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, dass sowohl die untere als auch die obere Helderberggruppe und bis zu einem gewissen Grade auch die beide Gruppen trennende, sandige Zwischenbildung Faunen einschliessen, die denjenigen der ältesten Ablagerungen des Harzes und der äquivalenten Schichtenfolge Böhmens nahe ver- wandt sind. Auch die fraglichen amerikanischen Faunen erweisen sich in allen Hauptzügen als devonisch, und zwar um so mehr, je höher wir aufwärts steigen, obwohl sie im Einzelnen gleich der europäischen Hereynfauna noch mancherlei an das Silur erinnernde Eigenthümlichkeiten erkennen lassen. Der bequemeren Vergleichung wegen lasse ich an dieser Stelle eine tabellarische Zusammenstellung der wichtigsten Elemente der im Obigen besprochenen Faunen folgen; und zwar sind in dieser Tabelle die devonischen Typen durch gesperrte, die silurischen durch Cursiv-Schrift, die der Fauna eigenthümlichen Typen endlich durch ein beigefüstes Sternchen ausgezeichnet. Zusammenfassung und Folgerungen. Fischreste. Dalmanites * Formen a. d. Gruppen d. D. Hausm. u.pleuroptyx Cryphaeus. "Bronteus aff. Ant nopeltis. Calymene . devonische Trilobi- tenarten. ne silurische Trilobitenarten . Trochoceras * Hercoceras . Gyroceras. Goniatiten . „, *Orth.aff. ranelars devonische Orth. etc. silurische Örthoceren etc. . Zahlr. Tentaeuliten . " Capuliden sir)e devonische Gastro- podentypen stlurische Gastropodentypen devonische Lamelli- branchiaten stlurische Lamellibranchiat viele grossePterineen Terebratuliden. Camarophoria . Pentamerus aff. Knightü . Spiriferen von devo- nischem Charakter Spirifer aff. plicatellus . Produetus. 6 devonische Brrhne podenarten 5 stlurischeBrachiopodenarten devon. Corallenfauna Graptolithen . 0 Flora mit Cala rien etc... — | Harz — u. ee. 0 0e “u {e, m) Vayıe DO ro we heleo (u 6 Böhmen ee... Scoliostoma Ar GC. retro- striata —- | Thüringen ei Rhein. Gebirge, Frankreich —, Hr + Ural, Altai + Hi Zi Nordamerika EEE 4 SEE uszmmmn s | BI: 938 EE | H N Tr i Hi DE MM ar i i A il EEE T BR RENNEN TE 7 EEETESE RERr T na T Hi Hi Hi eg Hose een T EN RENE T ni i i Hi ER RER ü # i T SE A RER ar Anal.O.Held. Art. * Anal. Niag. Arten Michelinia 1T ER T EN: T | | j i E Zusammenfassung und Folgerungen. 281 Bestimmung des geologischen Horizontes der Fauna. Nachdem wir die Zusammensetzung der hercynischen Fauna im Harz und in anderen Gegenden kennen gelernt haben, tritt an uns die weitere Aufgabe heran, zu untersuchen, welchem geo- logischen Horizonte unsere Fauna zuzuweisen sei. Was zunächst die Frage betrifft, ob die Fauna der silurischen oder der devonischen Formation zuzurechnen sei, so halte ich die- selbe zwar durch die Erörterungen im vorigen Abschnitte eigentlich schon für beantwortet; da indess die hercynischen Bildungen Europa’s bisher ganz allgemein zum Silur gestellt worden sind, so wird es sich trotzdem empfehlen, hier noch einmal in Kürze auf jene Frage zurückzukommen. Bekanntlich hat Barrande seine böhmischen Etagen F, G und // zusammen mit der tieferen Etage E als obersilurisch classi- ficirt. Die Unterschiede der Fauna der Etagen F—H von der- jenigen des typischen Obersilur, wie dasselbe in England, Skandi- navien, Russland, Nordamerika etc. entwickelt ist, sind indess sehr beträchtlich. Von 57 Arten, die Barrande’s dritte Fauna (£—H) mit dem englischen Silur gemein hat, kommen 5l, also 12 der Gesammtzahl, auf Etage E und nur ;; auf die höheren Stufen. Zu einem ganz ähnlichen Resultate würde auch die Vergleichung des In- haltes der böhmischen Ablagerungen mit dem des baltischen Silur und der Insel Gotland führen; und da ferner fast alle mit den genannten Gegenden gemeinsamen Arten aus den obersten Silurschichten, dem Gotländer Kalk und den englischen Wenlock- und Ludlow- bildungen stammen, so folgt daraus zwar, dass die Stufe £ als Aequivalent des typischen Obersilur anzusehen ist, zugleich aber auch, dass die darüber liegenden Stufen einem höheren Horizonte angehören, welcher in den klassischen Gegenden der Silurformation bis jetzt, wenigstens in dieser Ausbildung, unbekannt ist. Diese klar zu Tage liegende Thatsache konnte dem berühmten Erforscher des böhmischen Uebergangs-Beckens natürlich nicht 282 Zusammenfassung und Folgerungen. entgehen. Sie ist vielmehr von ihm selbst in volles Licht gesetzt worden ') und hat ihn bestimmt, die drei Etagen F, @ und H einer besonderen, zweiten Phase seiner dritten oder ober- silurischen Fauna zuzuweisen. Allein ich bin überzeugt, dass man dabei nicht stehen bleiben darf, sondern dass jene zweite Phase vom Silur getrennt und zum Devon gezogen werden muss. Bleiben wir zunächst bei Böhmen stehen, so sehen wir, dass von typisch silurischen Gattungen unter den Cephalopoden Asco- ceras und Lituites, unter den Trilobiten Ampyz, /llaenus, Sphaer- ewochus, Staurocephalus und andere, dass weiter die charakteristische Kettenkoralle (Halysites) die obere Gränze von # nicht überschreiten. Weisen schon diese negativen Thatsachen auf einen grossen Wende- punkt hin, so gilt dies in noch viel höherem Grade von den posi- tiven: In Fund @ treffen wir die ersten Goniatiten, jene Vorläufer der späteren Ammoniten. Der eminent devonische Charakter dieser Goniatiten sowie auch die mannigfachen devonischen Charakter- Züge der übrigen Fauna sind oben nachdrücklich betont worden. Die sparsamen an der Basis von F' noch vorhandenen Grapto- lithen und die mit £ gemeinsamen Brachiopoden-, Trilobiten- und Cephalopoden-Typen von F' und @ fallen dagegen kaum in’s Ge- wicht. Sie erscheinen vielmehr nur als die letzten Nachzügler der vorangegangenen Obersilurperiode, Nachzügler deren Vorhandensein bei der übereinstimmend kalkigen Beschaffenheit der Etagen E, F' und @ nicht auffallen kann. Man könnte sich im Gegentheil darüber wundern, dass die Fauna der Stufen F und @ trotz ihrer geringen petrographischen Abweichung von E dennoch bereits einen wesentlich devonischen Charakter offenbart ?). Noch klarer tritt das devonische Gepräge der Fauna im Harz hervor. Hier gesellen sich zu den ersten Ammoneen die ersten !) Defense des colonies III (1865) p. 176 ff. ?) Barrande hat die grosse Verschiedenheit der Fauna von F und G und von E durch Grünsteinausbrüche erklären zu können geglaubt, welche den Boden des böhmischen Ablagerungsbecken bedeckt und dessen Schöpfung vernichtet hätten (Parallele entre 1. depots silur. Boheme Skandinavie, p. 54). Da aber die grossen Grünsteinlager Böhmens im obersten Theil des Untersilur und im unteren Theil des Obersilur (D® und Z!) liegen, während die Aenderung der Fauna erst Zusammenfassung und Folgerungen. 283 Terebratuliden, langflüglige und grobfaltige Spiriferen von durchaus devonischem Habitus, eine rein devonische Corallenfauna, Cryphäus und eine beträchtliche Anzahl wohlbekannter Arten des rheinischen Unterdevon, um keinen Zweifel darüber aufkommen zu lassen, dass wir die Schwelle der Devonformation bereits überschritten haben. Zwar mahnen Cardiola interrupta und vereinzelte Graptolithen auch hier noch an die Nähe der Silurformation, ohne indess dem ent- schieden devonischen Gesammtcharakter der Fauna Abbruch thun zu können. Wenn wir weiter sehen, dass ähnlich wie im Harz auch bei Wissenbach und an vielen anderen Lokalitäten des rheinischen, französischen, spanischen und türkischen Unterdevon, in Thüringen und am Ural eine mehr oder weniger grosse Zahl hereynischer Formen in Begleitung von wohlbekannten Leitformen des Spiri- ferensandsteins auftreten, so wird gewiss jeder Unbefangene darin eine weitere Bestätigung für das devonische Alter der betreffenden Hercyntypen erblicken. Könnte nach diesen Erfahrungen die Zugehörigkeit unserer Fauna zum Devon noch einem Zweifel unterliegen, so müsste der- selbe durch die Verhältnisse, die uns Nordamerika bietet, für immer beseitigt werden. Die verschiedenen amerikanischen und europäischen Forscher, die sich mit der Abgränzung der Silur- und der Devonformation in Nordamerika beschäftigt haben, sind zu etwas abweichenden kResultaten gelangt. Während Verneuil nach Ablagerung des Obersilur (nach Bildung von X?) eintrat, so kann ich nicht verstehen, wie diese Aenderung mit den fraglichen Eruptionen in Zusammenhang gebracht werden kann. — Wenn man in neuerer Zeit in Böhmen einen Stringocephalus und einen Goniatiten aus der Verwandtschaft des oberdevonischen G. Münsteri gefunden hat, so sind dies so überraschende Thatsachen, dass man fast auf die Vermuthung kommen könnte, dass jene angeblich in den obersten Kalklagern gefundene Fossilien in Wirklichkeit nicht aus diesen, sondern aus vielleicht nur ganz lokal erhaltenen, bisher verkannten, höheren Horizonten stammen möchten. Es ist, zumal wenn sich die obersten Kalketagen Barrande’s als Unterdevon erweisen» an und für sich gar nicht einzusehen, weshalb nicht, ebenso gut wie in Thüringen und im Harz, auch in Böhmen noch jüngere Devonbildungen zur Ab- lagerung gelangt sein sollten, 284 Zusammenfassung und Folgerungen. bis an sein Lebensende!) den Oriskanysandstein als Basis der Devonformation angesehen hat, hat Barrande bei Gelegenheit einer eingehenden Vergleichung seiner obersten Etagen mit analogen Ablagerungen anderer Länder ?) seine Stufe F' dem Oriskanysand- stein, @ und H aber den Oberhelderbergschichten parallelisirt und alle diese Bildungen gleich den genannten böhmischen Etagen für silurisch erklärt. Von den amerikanischen Geologen zieht Hall nicht nur die Unterhelderberggruppe, sondern auch den Oriskanysand- stein zum Silur und lässt das Devon erst mit den Schoharie Grits beginnen. Auch Dana folgt dem Beispiele Hall’s, während die canadischen Geologen, Billings und Dawson, und ebenso Salter sich dem Vorgange Verneuil’s anschliessen und den Oriskany- sandstein als unterstes Glied der Devonformation betrachten. Man sieht daraus, dass zwar mehrere der genannten Forscher die zwischen den beiden Helderberggruppen liegende sandige Schichtenfolge zur Devonformation ziehen, dass aber Keiner von ihnen dieselbe Stellung auch für die Unterhelderberggruppe in Anspruch ge- nommen hat. Was zunächst die Oberhelderbergbildungen und die sie unter- lagernden sandigen Ablagerungen betrifft, so kann deren Zugehörig- keit zur Devonformation nach dem, was im vorigen Abschnitt darüber bemerkt wurde, nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Ich glaube aber auch von der Unterhelderberggruppe gezeigt zu haben, dass ihre Fauna zwar mannigfache devonische Züge, aber kein einziges Merkmal aufzuweisen hat, das uns zwingen könnte, diese Schichtenfolge als silurisch anzusehen. Aehnlich wie in Böhmen alle eminent silurischen Typen mit der Stufe Z aufhören, so erlöschen sie auch in Nordamerika mit dem Niagarakalk. Dies gilt für Ascoceras, für Lituites, für Halisytes, unter den Trilobiten für Asaphus, Illaenus, Ampys etc. In Anbetracht dieser negativen wie auch der früher besprochenen positiven Merkmale halte ich es für geboten, auch die Unterhelderberggruppe als Aequivalent der . !) Tschihatscheff, Asie mineure, Paleontol. p 487, bei Orthis hipparionyx (1866— 1869). ?) Defense des colonies III. Zusammenfassung und Folgerungen. 285 europäischen Hercynbildungen und damit als devonisch anzu- sprechen. Man würde damit auf die alte Ansicht Murchi- son’s zurückkommen, der — wie schon oben bemerkt — die nordamerikanischen Silurbildungen mit dem Waterlime abschliessen lassen wollte. Als Resultat der vorstehenden Untersuchungen glaube ich behaupten zu dürfen, dass die besprochenen Ablagerungen des Harzes, Böhmens und Nordamerika’s nur in die devonische Formation eingereiht werden können. Wenn man die böhmischen Verhältnisse allein im Betracht zieht, so könnte das Alter der Etagen F—IH vielleicht zweifelhaft bleiben. Wenn man aber die Verhältnisse des Harzes und Nordamerika’s mit- berücksichtigt, so ist ein Zweifel nach meiner Ueberzeugung nicht mehr möglich. Das Verhältniss der hereynischen Fauna zum Devon einer- seits und zum Silur andererseits darf nicht etwa mit der Stellung des Tithon zwischen Jura und Kreide oder der räthischen Ablagerungen zwischen Trias und Jura verglichen werden. Diese Bildungen sind durch fast eben so zahlreiche Fäden mit der darunter- als mit der darüberliegenden Formation verbunden, so dass es schliesslich mehr Geschmacksache bleibt, ob man sie mit der älteren oder der jüngeren Periode vereinigen will. Es sind eben Zwischen- oder Uebergangsgruppen zwischen den genannten For- mationen. Ganz anders verhält es sich mit der hercynischen Fauna, deren Charakter nur eine Classification beim Devon erlaubt. Es ist jetzt weiter die Frage nach dem Niveau zu beantworten, welches unsere Fauna innerhalb der Devonperiode einnimmt. Dass dieselbe ein tiefes Glied der Devonformation darstellt, dass sie mit anderen Worten deren unterer Abtheilung angehört, scheint keines Beweises zu bedürfen. Wir dürfen uns indess mit dieser Antwort noch nicht begnügen, sondern müssen weiter fragen, wie sich unsere Fauna im Alter zu der bekannten, im westlichen Europa weit verbreiteten Fauna des Spiriferensandsteins oder der Coblenz- Schichten verhält, welche man vor Allem als typisches Unterdevon 286 Zusammenfassung und Folgerungen. anzusehen gewohnt ist. Es scheinen hier zwei verschiedene An- sichten möglich. Entweder ist nämlich die hercynische Fauna älter als die Fauna des Spiriferensandsteins, oder sie stellt eine Parallelbildung dieser Fauna dar. Ich selbst habe mich früher, ausgehend von der erwiesenen Ueberlagerung der Mägde- sprunger und Usenburger Kalkfauna durch eine Spiriferensand- steinfauna und mit Rücksicht auf die mannigfachen silurischen Anklänge der herceynischen Fauna, der ersteren Ansicht zugeneigt und die hercynischen Bildungen als ein tieferes, den Spiriferen- sandstein aber als ein höheres Niveau des Unterdevon angesehen. Noch ungefähr vor Jahresfrist habe ich dieser Ansicht bei Gelegen- heit einer Mittheilung über die Auffindung hercynischer Typen im rheinischen Gebirge Ausdruck gegeben!). Weitere Ueberlegung aber und vor Allem die Berücksichtigung der Verhältnisse, unter welchen die herceynische Fauna ausserhalb des Harzes auftritt, haben mich seitdem veranlasst, jene erste Ansicht aufzugeben und dafür die zweite anzunehmen, dass die herceynischen Gebilde nur eine eigenthümliche Facies des Unterdevon darstellen. Der dieser An- schauung zu Grunde liegende Gedanke rührt von Beyrich her, der bereits vor längerer Zeit bei Gelegenheit einer Mittheilung über das Alter der Kalke von Wieda und Zorge darauf hingewiesen hat, dass die böhmischen Stufen #— H sehr wohl als eine ver- steinerungsreiche unterdevonische Kalkstein- Formation betrachtet werden könnten, welche sich zu den mächtigen, versteinerungs- armen unterdevonischen Schiefer- und Grauwackengebilden anderer Gebirge ebenso verhielten, wie der versteinerungsreiche Kohlen- Kalkstein zu den versteinerungsarmen Culm-Aequivalenten anderer Distrikte ?). Ich selbst habe diese Anschauung in ganz ähnlicher Form auf der Versammlung der deutschen Geologen zu Wien im September 1877 ausgesprochen und seit jener Zeit weitere, in meinen Augen entscheidende Beweise für ihre Richtigkeit gewonnen. Einen derartigen Beweis sehe ich in dem Umstande, dass die hereynischen Typen überall, wo sie in grösserer Zahl erscheinen, 1!) Zeitschr. d. deutsch. geol. G. Bd. XXIX, p. 407. 2) Ibid. XIX, p. 249. ut en nu u Pe eV Zusammenfassung und Folgerungen. 287 an kalkige Sedimente gebunden sind. So ist es in Böhmen, wo die mächtigen Kalkablagerungen der Etagen F und @ der Haupt- sitz der hereynischen Fauna sind, so weiter auch im Harz und in Thüringen, wo unsere Fauna wesentlich auf eine (verhältniss- mässig unmächtige) kalkführende Zone beschränkt ist. Bei Bicken und Greifenstein im rheinischen Gebirge und bei Erhray im west- lichen Frankreich sind es wiederum Kalksteinlager, die eine typische Hercynfauna einschliessen, und auch an zahlreichen anderen Lokalitäten im westlichen und südlichen Frankreich, in Spanien und der Türkei, wo hercynische Formen in Gesellschaft von solchen des Spiriferensandsteins vorkommen, sind die einschliessenden Ge- steine mehr oder weniger kalkig'). Auch die Hercynfauna des Ural und Altai ist an Kalkstein-Ablagerungen geknüpft. Besonders lehrreich aber sind die Verhältnisse in Nordamerika, wo Faunen von ausgesprochen hercynischem Gepräge nur in den Kalkbildungen der unteren und oberen Helderbersgruppe auftreten, während die zwischen beiden Gruppen liegende sandige Schichtenfolge an her- cynischen Typen verhältnissmässig arm ist, vielmehr eine Fauna ein- schliesst, die an diejenige des westeuropäischen Spiriferensandsteins erinnert. Aber auch im Harz spricht sich die Abhängigkeit der hereynischen Formen von kalkigen Sedimenten im Kleinen in auf- fälliger Weise aus. Während nämlich der Kalk des Klosterholzes Dalmanites, Orthoceras Jovellani, böhmische Brachiopoden, Penta- merus costatus ete. enthält, so vermisst man hercynische Typen in den das Kalklager begleitenden Schiefern und Grauwacken voll- ständig und trifft statt derselben nur bekannte Formen des rhei- nischen Spiriferensandsteins (Chon. sarcinulata, Streptorh. umbra- culum, Spirifer macropterus?), die stellenweise ganze Schichten erfüllen. Redet schon dieses Gebundensein unserer Fauna an eine bestimmte Beschaffenheit des Sedimentes der Ansicht, dass dieselbe nur eine eigenthümliche Facies des Unterdevon repräsentire, das 1) Dies gilt bis zu einem gewissen Grade auch von den Wissenbacher und Rupbachthaler Schiefern, deren Kalkgehalt sich in der Ausscheidung von Kalk- coneretionen und im Vorkommen von Petrefacten ausspricht, deren Inneres mit Kalkspath ausgefüllt ist. 288 Zusammenfassung und Folgerungen. Wort, so gilt dies in noch höherem Grade von den Lagerungs- verhältnissen, unter denen dieselbe in den verschiedenen Distrikten auftritt. Ist die Fauna nämlich wirklich nur als eine besondere Facies des Unterdevon anzusehen, so muss man von vorn herein erwarten, sie da, wo sie in Verbindung mit Spiriferensandstein auftritt, bald unter, bald über dem letzteren, oder auch in mehrmaliger Wechsel- lagerung mit demselben anzutreffen. Und so verhält es sich denn auch in der That. Im Harz liegt die Mägdesprunger Fauna unter dem Hauptquarzit mit seiner Spiriferensandsteinfauna; bei Nehou und an anderen Orten treten an hercynischen Typen reiche Kalk- lager über dem typischen Spiriferensandstein auf, und in Amerika endlich finden wir zwei Faunen von hercynischem Charakter, getrennt durch eine Fauna von Spiriferensandstein-Charakter }). Ich glaube, dass diese Thatsachen in überzeugender Weise dafür sprechen, dass die kalkigen hereynischen Gebilde des Harzes, Böhmens und anderer Gegenden in der That nur eine Parallel- bildung des rheinischen Spiriferensandsteins darstellen. Die mäch- tigen unterdevonischen Schiefer- und Grauwacken-Gebilde des rhemisch -französisch-spanischen Gebietes stellen trotz ihrer an- sehnlichen Verbreitung im westlichen Europa doch nur eine Lokal-Bildung, ähnlich wie die deutschen Triasbildungen, dar; und zwar weisen sowohl ihre petrographischen Charaktere als auch ihre arme, einförmige, fast ganz Cephalopoden -freie Fauna darauf hin, dass sie als Flachmeerbildung anzusehen sind. Es war immer zu erwarten, dass es mit der Zeit ge- lingen würde, irgendwo auch die in tieferem Meere abge- lagerten Aequivalente jener Seichtwasserabsätze nach- zuweisen. Und als solche müssen nach meiner Ueberzeugung die hercynischen Bildungen des Harzes und Böhmens gedeutet werden. Sowohl ihre kalkige Beschaffenheit, als auch ihre man- nigfaltige, cephalopodenreiche Fauna dokumentiren sie als in tieferer, offenerer See abgesetzte Gebilde. Der, wenn ich so sagen !) Im Lichte dieser Anschauungen wäre gegen eine Classification der Wissen- bacher Schiefer als oberes Unterdevon, falls stratigraphische Thatsachen auf die- selbe hinführen sollten, Nichts mehr einzuwenden. Zusammenfassung und Folgerungen. 289 darf, conservative Charakter der tieferen Marin-Fauna im Ver- gleich zu derjenigen der flacheren, der Küste benachbarten Meeres- theile ist eine durch die neuesten Tiefseeforschungen erwiesene Thatsache und erklärt das Vorkommen mannigfacher dem Spiri- ferensandstein fehlender Nachzügler der silurischen Formation in devonischen Sedimenten mit herceynischer Facies. Das Auftreten von Nachzüglern des Silur in einer devonischen Formengesell- schaft erregt überhaupt nur deshalb unser Befremden, weil wir uns gewöhnt haben, die unterdevonische Fauna allein nach einer paläontologisch wenig bezeichnenden Seichtwasser - Facies, dem Spiriferensandstein, zu beurtheilen, während doch nur Ablagerungen aus grösserer Tiefe, wie sie in den hercynischen Kalkbildungen vorliegen, uns ein vollständigeres und maassgeblicheres Bild der Unterdevon-Fauna geben können. Der Vergleich der beiden fraglichen Faciesbildungen mit den bekannten beiden Parallelbildungen der älteren Kohlenformation, des Culm- und des Kohlenkalks, liegt sehr nahe. Während der erstere mit seinen thonig-sandigen Absätzen und seiner armen, einförmigen Fauna dem rheinischen Unterdevon in seiner gewöhn- lichen Beschaffenheit entspricht, erinnert der Kohlenkalk mit seiner reichhaltigen Lebewelt an die hercynischen Kalklager. Mit der Entstehung beider in tieferem Meere hängt auch die namentlich beim Kohlenkalk in so überraschender Weise hervortretende Con- stanz des paläontologischen Charakters über ungeheure Flächen- räume zusammen, während im Gegentheil Culm und Spiriferen- sandstein nur lokale Erscheinungen sind. Wie bei den Faciesgebilden der älteren Carbonperiode, so erweist sich auch bei denen des Unterdevon die paläontologische Gleichwerthigkeit durch zahlreiche gemeinsame Arten, und zwar spielen für die Vergleichung hier wie dort Goniatiten die Hauptrolle. Ich zweifle nicht, dass es mit der Zeit gelingen wird, die Tiefwasserfacies des Unterdevon, die man mit vollem Recht als dessen normale Entwicklungsform bezeichnen könnte, noch in vielen anderen Gegenden nachzuweisen, wo sie sich bis jetzt noch unter für silurisch angesehenen Kalklagern versteckt. Ebenso wenig ist zu bezweifeln, dass es in der Folge gelingen werde, ähnlich wie 19 290 Zusammenfassung und Folgerungen. bei den sandig-thonigen Unterdevonabsätzen, auch bei den her- cynischen Faciesgebilden verschiedene untergeordnetere Niveaus zu unterscheiden, die je nach ihrer Altersverschiedenheit auch bestimmte Faunenunterschiede zeigen werden. Schon jetzt lassen sich derartige Differenzen nicht verkennen. Die böhmischen Hercynkalke, welche die denkbar tiefste Position, unmittelbar über dem Obersilur einnehmen, haben in Folge dessen auch noch die stärkste silurische Färbung; die hereynischen Bildungen des Harzes, welche über einer mächtigen Unterlage sandiger Sedimente (der Tanner Grauwacke) auftreten, zeigen schon ein viel entschiedener devonisches Gepräge, und die OÖberhelderbergschichten endlich, welche an der Decke des nordamerikanischen Unterdevon liegen, haben diesem hohen Horizonte entsprechend auch einen ganz aus- gesprochen devonischen Charakter. Es sei mir schliesslich gestattet, hier noch eine andere Con- sequenz der vorliegenden Arbeit zur Sprache zu bringen. Bekannt- lich zieht sich wie ein rother Faden durch alle Schriften Bar- rande’s die Anschauung, dass zwischen der Ausbildung der Silur- formation Böhmens und sämmtlicher übrigen Länder ein ausge- sprochener Gegensatz bestehe. Dieser Gegensatz soll so gross sein, dass selbst die Silurentwickelung des fernen nordamerikanischen Continentes der englisch - russisch - skandinavischen Entwickelung viel näher stände, als diese letztere der böhmischen. Barrande betrachtet das böhmische Uebergangsbecken wie eine kleine Welt für sich, welche er zusammen mit den Silurdistrikten des süd- westlichen Europa zu einer besonderen Silurprovinz verbindet und einer grossen nordischen Provinz, die sich vom europäischen Russland über ungeheure Flächenräume bis nach Nordamerika erstrecken soll, entgegensetzt. Nun beruht aber die behauptete Eigenthümlichkeit der böhmischen Silurentwickelung in erster Linie auf der eigenthümlichen, sich, wie wir gesehen haben, in England, Skandinavien etc. in dieser Form nicht wiederfindenden sogen. | | | | Zusammenfassung und Folgerungen. 291 zweiten Phase der dritten Fauna Barrande’s, d. h. der her- eynischen Bildungen !). Sobald man aber diese Ablagerungen vom Silur trennt und in’s Devon verweist, kommt die hauptsächlichste vermeintliche Eigenthümlichkeit der böhmischen Entwickelungsform in Wegfall. Denn die unter dem Hercyn liegenden Ablagerungen des böhmischen Beckens stimmen mit den gleichaltrigen Sedimenten anderer Gebiete im Ganzen sehr gut überein. Was nämlich einmal das böhmische Obersilur, Barrande’s Etage E betrifft, so ist dessen Uebereinstimmung mit dem Got- länder Kalk eine längst bekannte Thatsache (man kennt jetzt schon einige 60 sich auf die verschiedensten Thierordnungen vertheilende, dem böhmischen und dem nordeuropäischen Gebiete gemeinsame obersilurische Species!). Was ferner die tieferen Ablagerungen an- belangt, so wissen wir jetzt, dass auch die an der Basis der paläo- zoischen Schichtenfolge Böhmens ruhenden sogen. Primordialbil- dungen oder Barrande’s Etage C den gleichaltrigen Ablagerungen anderer Länder und besonders Skandinaviens überaus ähnlich sind. Denn wenn man die in Schweden entwickelten Olenusschiefer in Böhmen vermisst, so ist dieser Unterschied nicht auf eine ab- weichende Ausbildungsform der betreffenden Ablagerungen, sondern — wie Linnarson gezeigt hat?) — nur darauf zurückzuführen, dass in Böhmen nur die untere, durch Paradozides charakterisirte Phase der Primordialbildungen zur Entwickelung gelangt ist, während die jüngere Ölenusphase Skandinaviens und Englands dort fehlt. Was endlich das böhmische Untersilur, Barrande’s Stufe D betrifft, so könnte man hier auf den ersten Blick allerdings eine wesentliche Entwickelungsverschiedenheit von dem nordeuro- päisch-amerikanischen Gebiete zu finden glauben. Denn die für Russland und Skandinavien so charakteristischen Vaginatenkalke mit ihrer eigenthümlichen Orthocerenfauna fehlen in Böhmen. Allein diese Differenz hängt offenbar nur mit der grossen Facies- 1) Das Vorhandensein derselben Gebilde im Ural veranlasste F. Römer (Sil. Faun. Tenessee, p. 95, 1860) in consequenter Verfolgung der Barrande- schen Ideen die böhmische Provinz in östlicher Richtung bis in die genannte Gegend auszudehnen. 2) Zeitschr, d, deutsch. geol. G. Bd. XXV, p. 682, 1873. 192 292 Zusammenfassung und Folgerungen. differenz zusammen, die zwischen den kalkigen Untersilurbildungen Russlands und der ausschliesslich sandigen, besonders aus quar- zitischen Gesteinen zusammengesetzten Schichtenfolge der böh- mischen Etage D besteht. Auch in anderen Ländern, wo Sedi- mente desselben Alters eine überwiegend sandige Beschaffenheit haben, fehlen vaginate Orthoceren, so z. B. im grössten Theile England’s, wo dieselben sich bis jetzt nur in den tiefsilurischen Kalken Schottland’s gefunden haben '). Mit der erwähnten theil- weisen Analogie der englischen und böhmischen Untersilurbildungen in ihrer Gesteins- und Faciesbeschaffenheit hängt es dagegen offenbar zusammen, dass — wie Murchison gezeigt hat?) — die tiefsten Schichten der Barrande’schen Stufe D eine ganz ähnliche Fauna beherbergen, wie die englischen Stiperstones (Aeglina prisca Barr. s. analog binodosa Salt., Orthoc. anal. Avellinü Salt., Ribeiria, Redonia etc.) Aber auch da, wo in Skandinavien während der untersilurischen Periode vorübergehend ähnliche Gesteine abge- lagert wurden, wie in Böhmen, nämlich in den die Orthoceras- und Chasmops-Kalke überlagernden Trinueleus-Schiefern, stellt sich eine Fauna ein, die nach Linnarson°) der gleichzeitigen Fauna Dd?® Barrande’s merkwürdig ähnlich ist (3 identische und eine Reihe mindestens sehr nahe verwandter Trilobiten, ähn- liche Mollusken etc.). Man ersieht daraus, dass auch die Eigen- thümlichkeiten der böhmischen Untersilurfauna lediglich durch zeitweilige physikalische Differenzen des böhmischen und der be- nachbarten Meere, aber nicht durch eine schon in jener Epoche ausgebildete Differenzirung der Thierwelt in geographische Pro- vinzen bedingt worden sind. Aus vorstehenden Ausführungen ergiebt sich, wie ich glaube, wenigstens so viel, dass man kein Recht hat, von einer beson- deren böhmischen Silurentwickelung im Gegensatz zu der aller übrigen Länder zu reden. Ich muss gestehen, dass dieses sich in erster Linie aus der neugewonnenen Ansicht über die Stellung der obersten Barrande’schen Kalketagen ergebende Resultat für mich !) Murchison, Siluria, edition 1872, p. 155. ibidepr st: ?) Zeitschr. d. dentsch. geol. G. Bd. XXV, p- 684. Zusammenfassung und Folgerungen. 293 etwas Befriedigendes hat, da es mir schon lange widerstrebt hat, annehmen zu sollen, dass ein einziges ganz beschränktes Gebiet während der Silurperiode eine eigenthümliche Thierwelt besessen habe, während im Gegentheil alle übrigen, noch so weit getrennten Distrikte sich überall, wo annähernd gleiche physikalische Ver- hältnisse geherrscht haben, durch eine wunderbare Uebereinstim- mung ihrer Fauna auszeichnen und eine ganz ähnliche Ueberein- stimmung auch für die nachfolgenden paläozoischen Perioden nach- gewiesen ist. Wollte man die Resultate der vorliegenden Arbeit in einer Anzahl kurzer Sätze zusammenfassen, so könnte dies etwa in fol- sender Weise geschehen: 1) 2) 3) 4) 5) 6) Die Fauna der unter dem Haupt-Quarzit der Widaer Schiefer liegenden ältesten Schichtenfolge des Harzes ist den durch Barrande mit den Buchstaben F, @ und H bezeichneten Stufen des böhmischen Uebergangsbeckens äquivalent. Ganz ähnliche Faunen finden sich auch in vielen anderen Gegenden des westlichen und südlichen Europa, in Asien und in Nordamerika, auf dem letztgenannten Continente in den sog. Helderbergbildungen. An vielen Punkten ist, ähnlich wie ım Harz, eine mehr oder weniger starke Mengung der eigenthümlichen Typen unserer Fauna mit Leitformen des rheinischen Spiriferen- sandsteins zu beobachten. Eine Anzahl dieser Typen gehen im Harz, in der Eifel und anderwärts selbst bis in’s Mittel- devon hinauf. Trotz mannigfacher silurischer Anklänge ist der Gesammt- charakter unserer Fauna doch ein entschieden devonischer. Dieselbe gehört nach den stratigraphischen Verhältnissen, unter denen sie auftritt, der unteren Abtheilung der Devon- formation an und ist als Parallelbildung der im rheinischen Gebirge so weit verbreiteten älteren Schiefer- und Grau- wackengebilde (Spiriferensandstein etc.) anzusehen. Die Gleichaltrigkeit beider Bildungen erweist sich auch palä- ontologisch durch eine grosse Zahl identischer und analoger Arten, unter denen die Goniatiten am wichtigsten sind. 7) 8) 9) 10) Zusammenfassung und Folgerungen. 295 Im Gegensatz zu den in flachem Meere gebildeten sandig- thonigen Schichten des rheinischen Unterdevon stellen die kalkigen „Hercyn“- Ablagerungen Absätze aus verhältniss- mässig tiefem Meere dar. Sie stehen also zu jenen ersteren in einem ganz ähnlichen Verhältnisse, wie der Kohlenkalk zu den Oulmbildungen oder die Gesammtheit der alpinen zur deutschen Trias. Die Faciesunterschiede beider Bildungen erklären den Reich- thum und die Mannigfaltigkeit der hercynischen und die Armuth und Einförmigkeit der Spiriferensandstein - Fauna. Sie erklären aber gleichzeitig auch den alterthümlichen Charakter der hereynischen Fauna im Vergleich zu dem- jenigen der unterdevonischen Seichtwasserabsätze. Mit der Bildung der „hercynischen“ Ablagerungen in tieferem, offnerem Meere hängt ihre im Gegensatz zum Spiriferensandstein ausserordentlich weite Verbreitung und ihr sich überall sehr ähnlich bleibender paläontologischer Charakter zusammen. Mit Rücksicht darauf wären nicht die rheinischen Spiriferensandsteinschichten, sondern die hereynischen Bildungen als typisches oder normales Unter- devon zu bezeichnen. | Werden die böhmischen Etagen F, @ und H vom Silur getrennt und zum Devon gezogen, so fällt damit die haupt- sächlichste Differenz, die bisher zwischen der Silurent- wickelung Böhmens und anderer Länder zu bestehen schien, fort. Die böhmische Ausbildungsform des Silur erscheint dann vielmehr der allgemeinen so ähnlich, dass man keinen Grund hat, sie der letzteren als eigenthümlich gegenüber zu stellen. Errata. Der Leser wird ersucht, folgende störende Fehler verbessern zu wollen: Pag. 11 und 265. Der in die Verwandtschaft des Mägdesprunger Harpes Bischofi A. Röm. gestellte thüringer Harpes radians Richter ist vielleicht mit Harpes superstes Barr. aus der böhmischen Etage 7 (Barrande, Tri- lobites, Suppl.) identisch. .24 und 25. Das Citat pag. 24 *) gehört zu pag. 25'), die Anmerkung pag. 25!) zu pag. 24 ®). 8.33, Anm. ?) (Uebersicht der Cryphaeusarten)-und g.270 (Liste der hereynischen Arten der Wissenbacher und Bisher Schiefer). Der kleine Phacops brevicauda Sandb. von Wissenbach (Rhein. Sch. Nass. p. 14, tb. 2, f. 1) ist in der Uebersicht der Cryphaeusarten nicht aufgeführt, weil ich ungewiss bin, ob diese Form, die ich nicht aus eigener Anschauung kenne, einen Cryphaeus mit minimalen Schwanz- anhängen darstellt — wie es nach den Sandberger’schen Abbildun- gen Fig. 1b. und 1d. fast scheinen könnte —, oder ob sie zur Gattung Dalmania gehört. Ist Letzteres der Fall, so würde das ein weiteres, wichtiges, die Wissenbacher Schiefer und die Hereynkalke des Harzes und Böhmens verknüpfendes Bindeglied sein. g. 36, Zeile 15 von oben (bei Lichas serlobata) statt Tafel 6, Fig. 6 muss es heissen: Tafel 5, Fig. 6. . 38, Zeile 13 von oben (bei Acidaspis glabrata) statt Tafel 2, Fig. 1; 4, 5 (): Tafel 5, Fig. 1 ete. . 39, Zeile 4 von unten (bei Acidaspis sp.) statt Tafel 6, Fig. 3: Tafel 5, Fig. 3. g. 66, Zeile 13 von oben (bei Orthoc. triangulare) statt Tafel 9, Fig. 2, 2?: Tafel 9, Fig. 2, 4? . 69, Zeile 9 von unten (bei Orthoc. commutatum) statt Tafel 10, Fig. 4 und S; Tafel 11, Fig. 4, 7: Tafel 10, Fig. 1—3; Tafel 11, Fig. 8. . 80, zu Orthoceras Beyrichi. Die der harzer Art verwandte türkische Form ist von Verneuil mit dem Namen Orthoceras Stambul belegt worden. . 156, Zeile 15 von oben (zu Pentamerus costatus) statt Tafel 1—3, 4): Tafel 27, Fig. 1—3; 4 (). . 179, Anm. !), pag. 137, Zeile 15 von oben u. a. a. O. statt Tehihacheff muss es heissen: Tsehihatscheff. A. W. Schade’s Buchdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. Ai. Ai y Date Due AUL27 8. NOV 29 150 unum