war — — Er. 7 —— fe - A Allgemeine Hiſtorie der Reiſen zu Waſſer und zu Lande: Ri oder BUT Sammlung aller Friſcheſchreihungen, welche bis itzo di in verfehiedenen Sprachen von. allen Voͤlkern herausgegeben worden, und einen vollſtaͤndigen ff von der neuern Erdbeſchreibung und te machen; EL Worinnen der wirkliche — alfer Nationen vorgeſtellet, und da Merkwuͤrdigſte, Nuͤtzlichſte und Wahrhaftigſte in Europa, Aſia, Africa und America, in Anſehung ihrer verſchiedenen Reiche und Laͤnder 3 deren Lage,Bröße, Granzen, Eintpeilungen, Himmelsgegenden, Erdreiche, Früchte, Thiere, Stufe, Seen, Gebirge, großen und kleinen Städte, Häfen, Gebäude, u. |. w. mie auch der Sitten und Gebräuche der Einwohner, ihrer Neligion, Regierungart, Kuͤnſte und Wiſſenſchaften, Handlung und Manufacturen, enthalten iſt; Mit noͤthigen Landkarten nach den — und J aſtronomiſchen Wahrnehmungen und mancherley Abbildungen der Staͤdte, Kuͤſten, Ausſichten, Thiere, Gewaͤchſe, Kleidungen, und anderer dergleichen Merkwürdigkeiten, verfehen ; durch eine Gefellfepaft gelehrrer Männer im Englifchen zuſammen getragen, ‚ und "aus demfelben und dem Franzöfifchen ins Deutſche überfeget, Neunzehnter Band. Mit Churfuͤrſtlich Saͤchſi ſcher allergnädigffer Freyheit. Leipzig, bey Arkſtee und Merfug, 1709. et ya 8* ur: SG ; — — = —— | Vorbericht. 1 Indlich einmal haben wir dag Vergnuͤgen, den Liebhabern die: ſes Werfes wiederum einen Band deſſelben fiefern zu koͤnnen. ET Wir erinnern ung ded bey unſerm legten Vande gethanen DBerfpvecheng, mit der Fortſetzung diefer Sammlung wiederum ordent- ‚lich, wie vorher, bis zum nahen Beſchluſſe derſelben, unverruͤckt fortzus fahren, noch gar wohl; und wir haben uns deſſen mit nicht weniger Be⸗ kuͤmmerniß mehr als einmal erinnert‘, da wir fahen, Daß wir durchaus nicht im Stande feyn konnten, ſolches zu erfüllen. Gleichwohl kam fol ches nicht auf ung und auf unſern guten Willen an; fondern die Schuld lag bloß an unſern Vorgängern, denen wir folgen mußten. Als wir das gedachte Berfprechen thaten, fo hatten wir die befken Ausfichten von der Belt, es Halten zu koͤnnen; und daher gaben wir eine fo zuverfichtliche Verſicherung. Wir liegen ung mit großen Koſten ale Bogen, fo wie ſie abgedruckt wurden, auf der Poſt von Baris ſchicken. Allein, man arbeitete daſelbſt fo langſam, oder es fanden ſich auch bey der völligen Yusfertigung fo wichtige Hinderniffe, daß oft ganze Monate verſtri⸗ eher, ehe wie wiederum ein Baar Bogen erhielten. Da nun doch endlich nach fo Tangwieriger Verzögerung diefer Band, mas den Text anbetraf, ganz fertig geworden war, fo fehlete es noch an den Kupfer, - welche dem franzoͤſiſchen Berfeger Durch einen verdruͤßlichen Zufall vor . enthalten wurden. Das Werk war alfo tiber Jahr und Tag fertig und unfere Lieberfegung ebenfalls fo lange ſchon abgedruckt : jedoch konnten beyde noch nicht im die Welt gehen. So bald wir indefen nur ein Erempfar von den Kupfern habhaft werden Fonnten, fo fhume- ten wir feinen Augenblick, folche zu unferer Ausgabe zu Rechte ma—⸗ chen zu laſſen. Dieſes konnte bey aller Sorgfalt, bey aller Aufmun⸗ a 2 terung ** ee terung und allem Fleiße der Kuͤnſtler wenn ihre Arbeit Lob verdienen ſollte, Doch nicht fo beſchleuniget werden, daß es zu der Zeit fertig gewe⸗ ſen wäre, auf welche wir unſere Liebhaber vertroͤſtet Hatten. > Hier haben fie den ganzen Verlauf der Sache, die und unfahig gemacht, unſer gegebenes Wort zu haften, and den wahren Grund tinferer Saumfeligfeit. Ob ung folcher rechtfertigen kann, das wol fen wir nicht beſtimmen: wir hoffen aber von der Menſchenliebe eines jeden billigen Richters, daß er uns das nicht zurechnen ters de, mas wir wider. Willen gezwungener Weiſe haben thun muͤſſen. Wir wollen uns auf das Kuͤnftige zu nichts ferner ſo zuverſichtlich und beſtimmt anheiſchig machen, damit wir, nicht ſowohl ung einen Theil der Sorge und des Kummers, als vielmehr unfern Goͤnnern vielen Unwillen und Verdruß erſparen. Dabey aber verſichern wir, daß, ſo bald wieder ein im Franzoͤſiſchen erſcheinen wird, wir allen Fleiß Anwenden werden, folchen unverzüglich deutſch zu liefern; Wie nun das erſte nicht von ung abhängt, fo wuͤrde es vermeffen ſeyn⸗ wenn wir zu dem andern jego auch nur muthmaßlich eine gewiſſe Zeit angeben wollten. Eine traurige Erfahrung hat uns gelehret, wie wenig man Herr uͤber dasjenige ſey, was nicht auf uns allein ankommt, Jedoch wollen wir, wenn diefes erſt in unſerer Macht iſt, es durch die Zeitungen oder auf andere Weiſe bekannt mache. Bon dem dJuhalte dieſes Bandes wollen wie nichts fagen; weil in dem vorläufigen Berichte des Verfaſſers folches ausführlich gefches hen ift. Jedoch fönnen wir nicht Umgang haben, zu melden, daß, weit vieles darinnen aus deutſchen Büchern vorkoͤmmt, die Ueberſetzer alfezeit Die Driginalfehriften bey der Hand gehabt haben. Dadurch find denn manche Umrichtigfeiten, Schler und Berfehen gehoben wor⸗ den 7 im Franzoͤſiſchen vorkommen, Unſere Furcht bey demſelben wollen wir inzwiſchen nicht anzeigen; weil auch eine kurze Wiederho⸗ fung eines weitlaͤuftigen Vortrages oft viel angenehmer ſeyn kann, als die ausführliche Abhandlung ſelbſt. Uebrigens bitten wir nur un⸗ fere Gönner und Freunde um die anhaltende Fortfegung ihrer ung bisher erwieſenen Huld und Gewogenheit. Geſchrieben zu Leipzig, in der Neujahrsmeſſe, 1700. Vorlaͤu⸗ * Vorlaͤuſiger Bericht zu dem Franzoͤſiſchen. SE ie. Anzeige, welche wir befannt gemacht Haben ‚ hat die Beſchaf⸗ Er fenheit dieſes Werkes uͤberhaupt, der. Arbeit , die wir uͤbernah⸗ men, und die vornehmſten Mittel, welche wir zu deren Aus⸗ — — fuhrung hatten, zw erkennen gegeben. Hier koimmt es Darauf at, daß wir unſern Gegenſtand noch deutlicher vorſtellen, von unſerm Ver⸗ fahren bey — des gegenwaͤrtigen Bandes, den wir an das Licht _felfen , won den Gebrauche der Huufsmittel, die ſich uns dazu angebothen das den, und von dem Entwurfe, dem wir gefolget find, Rechenſchaft geben; end⸗ lich, daß wir dem Andenken unſers geſchickten Vorgängers den gerechten Tri: but abſtatten "welchen wir ihm fehl find, 00 Bun —— Pw" 17 2 20 a el" ep ee en Sollten wir wohl nöthig haben, die Annehmlichkeiten und den Nutzen der allgemeinen Hiſtorie der Neifen noiederum zu Berühren ? Wer ein Werk von dieſer Art, ohne daran Theil zu nehmen, ſehen konnte, der müßte mit der Triebfeber oder der lebhafteſten Empfindung, welche alle Menſchen zu beſeelen ſcheint, mit-derjenigen glücklichen Neugier , welche die Mutter al⸗ few Kenntniſſe iſt, ſehr ſchwach begabet ſeyn. Dan hat, ſchon vor langer Zeit geſaget, die Anreizung der Hiſtorie waͤre ſo beſchaffen „daß man fie nicht es ee . A). SR — Ar Re We: ER Er rin? — — v Bbcrlaͤuſiger Bericht ohne Vergnligen laͤſe, fie moͤchte auch gefchrieben ſeyn, mie fie wollte"). Diefer Gedanken, welcher von dem jüngern Plinius ift, und fich auf gleiche Weiſe ſowohl auf die Art, als auf die Gattung, anwenden laͤßt, geht den Grund noch mehr, als die Forme at; und IN allen Altern des Lebens erfährt man die Wahrpeit davon, Als Sinder verfihlingen wir Durch die Begierde, De: gebenheiten zu erfahren, und über die Oerter und Zeiten, worinnen wir und. eingefehlofien befinden, hinaus zu begeben, alle Maͤhrchen, alle Wunderge- ſchichte, die man ung erzaͤhlet; und die Fabeln, die Feyenerzaͤhlungen oder die ungereimteften Erdichtungen dienen. ung ftatt der Hiftorie, In der Jite gend und in dem Alter der Leidenſchaften, welches fich zumeilen fehr weit er⸗ freket, Tieft man bie Nomanen, welche ſo, wie die Fabeln und Erzählungen, nur eine Nachahmung der Hiſtorie find, Und was fieht man in diefen Ro: monen? Eine erfonnene Welt und nachgemachte Menfchen, das iſt, die mit mehr oder weniger Kunſt, mit mehr oder weniger Wahrheit nach der phyſi⸗ ſchen und fittlichen Melt gemalet find. Wenn man der Erdichtungen über deußig iſt fo HER man ſich endlich am die Hiforie; fie wird von Tage, zu Zuge anpiehender für und, Wenn man mit dem Cefen dev alten Geſchichte fertig iſt, fo will man von der Eigenſchaft, den Sitten und Begebenheiten der neuern Nationen. unterrichtet jeyı. an will unvermerk die ganze Flaͤche der Erdkugel ſehen. Man durchlaͤt rt an aͤnglich ein Land; hernach reiſet man von einem Nachbar zum, audern · iman geht endlich van Norden gen Suͤ⸗ den; man begiebt ſich an die aͤußerſten Enden der Pole; und da man immer Begieriger nach Kenntniffen wid, ſo wie die Kenntniſſe zunehmen, fo würde — 4 ber ehrgeizige Schuͤler des Ariſtoteles wuͤnſchen, daß man noch andere Welten zu erobern haͤtte. Dieſe Eroberung haben die Reiſenden in allen Zeiten, in allen Ländern für und gemacht. Wie viele Cänder ft —* nicht feit-einem oder zweyen Jahrhunderten entdecket, wo es nur an und liegt, ung fo gleich jegt in Deren Befie zu fegen und hhrer auf Dig einzige Axt zu ger hießen , welche nicht in dev Gewalt des Guͤckes fehl. Die allgemeine Hiſtorie der Reifen, welche von den Engländern ‚angefangen und von dem Abte Prevoſt forigefeget worden, erfüllet zum Tpeile dieſen Gegenftand, Wenn 3) Hißoria quoquo modo feripta delectat. zu dem Franzoͤſiſchen. VIE. Wenn dar Fortgang der Schifffahrt aber nicht fehfäferig wird ; wenn hartnaͤckige und verderbliche Kriege und nicht, durch eine gar zu lange Um thaͤtigkeit eben fo viel Schritte wieder zuruͤck gehen laſſen, als man wuͤrde ge⸗ than haben, wenn man die Meere frey und ruhig gelaſſen haͤtte: ſo wird die ganze Welt dereinſt eben ſo vollſtaͤndig bekannt ſeyn, als ſie es nur immer ſeyn kann. Alsdann wird ein jeder mit Landkarten und Buͤchern in dem Winkel, den er einnimmt, und ohne aus feinem Cabinette zu gehen, die ganze Strecke Ser Erde und des Meeres durchſtreichen, die Reichthumer und. verfchiedenen Fruͤ und Guter derſelben aufzeichnen und alle Einwohner der Erdkugel bes trachten konnen / wel e durch ihre Sitten , ihre Gemuͤthsbeſchaffenheit, ihre Neigungen ‚ihre Lebens rt u. ft. noch mehr unterſchieden find , als Durch ihre Geftalt und % a wird in der Gefihichte Der Keifen eine genaue * Berzeichnung der unermeßlichen bevdlkert. äße ER Flache der Erde ausgebrei * wird folglich im Stande feyn, die Ratur beſtaͤndig mit ſich ſelbſt zu vergleichen; ephyſicaliſchen Früchte, die fiertichen € folge und die ganze Beſchaffenheit der fo ungehener mannichfaltie gen Wefen zu verbinden. Wenn man auch feßet, daß es Theile der Erdku⸗ gel giebt , wo die Natur Schranken gefeget hat, welche alle imenfchliche Be: mühungen nicht werden gen € ı) n; was fr Frucht werden wir nicht ſtets von dem Fortgange ziehen, den wir in andern machen werden; und in * ee Gattung Kenntniſſe werden diejenigen nicht einen Einfiuß Haben, Die ie ung v { ' in und Baukunſt nach Nom ilden, welche ihnen Italien eng vorſtellet. Man muß alſo der a Einbifdungskraft: neue Gegenſt aͤnde eſchaffen, fie zu naͤhren. Der Kreis unferer Begriffe erweitert ſich nur da⸗ ir einen andern Himmel; andere Dexter, andere Menſchen Die Reifen des Carteſius waren bloß auf einige Länder in Europa ngefehränfet ; und ame; fie ihn mehr unterrichtet, als Die Buͤcher. Wie viel Einficht, ja ſo gar Thaͤtigkeit und Antrieb kdunen die menfib- iche Vernunft und der menſchliche Fleiß nicht noch durch die Entdeckung einer großen Anzahl natürlicher Hervorbringungen und Weſen, deren Daſeyn wir wicht kennen, gang neuer Menſchen in Anfehung unferer, erwerben, die we⸗ nigſtens vm Vorlaͤufiger Bericht nigſtens der Natur näher find, aus gröbern oder einfachern Elementen beſte⸗ hen, aber mit denen zu ihren Beduͤrfniſſen nöthigen Kräften begabet find, und deren Vollkommenwerdung vielleicht nur einen Straf erwartet, der * der⸗ einft leuchten wird *)? Wer weis, ob man nicht noch, ungeachtet der ungefeuren.Eisfhufe, } die | | man an den Außerften Enden der beyden Pole findet, dahin gelangen wird, daß Man die Länder unter dem Nordpole und Suͤdpole entdecket, vornehm⸗ ich in das große fefte Fand dringt , welches ‚man in Suͤden erblicket; und was u Sn diefe Theile der. en — men nicht vor!“ u DET © te; Das Innere von Africa, welches man nicht viel beſſer Eennet, pten und Adyffinien ausgenommen , ee Menfehen, Tiere, —— und Pflanzen, deren Natur man nicht einmal muthma⸗ Pal * deren Entdeckung unſere Entel i in Pia indem 9 & pe unberrichtet.. Re 5 re ale Könnte man wohl am de eifeln, ı sie as die Kuͤmſte, vermittelſt ie Xeifen, noch erhalten konnen wenn man erwaͤgt, tie viel fie ſchon beygetragen haben, alle ſere Kennfniffe zu — und vollfommener zu machen? "nn en gt der Sternfeherfunft und der Erdbefchr man nicht von einander abſondern muß; was für Ge unbekannt feyn, wie Fe wicht ige Beo bachtungen w Himmels nicht noch fehl n 1 € welche ckene Reiſende geworden ‚ nicht die den Muth a hätten, die Himmelserfiheinungen unter feht —* entfernten Min oe von denjenigen, welche ihnen ihr Land darboth , und unter den Pohhdhen a vr u ſuchen, wo dieſe anderswo unſichtbaren Himmelserſcheir konn— erden werden ). Dieß find die unter. der letzten Re 5 und unter dieſen —— den —— matiker u | und vie genaueſten Da — und viel⸗ | m | leicht £ 2) Die Abficht det Seien, faget Wiontagne, 3) Beobachtungen des —— des sei it, unfer Gehirn an eines andern feinem zu rei⸗ eurius und ber durch d rn ben und iu feilen, * ee Ta | zu dem Franzoͤſiſchen ee. leicht die wahre Geſtalt der Erde , oder doch wenigfteng diejenige gegeben ha— ben, welche mit den Himmelserſcheinungen am beften uͤbereinſtimmet. Das caſpiſche Meer, welches den Alten fo bekannt geweſen, Hat nur erſt ſeit der Zeit angefangen, den neuern Erdbeſchreibern mit einiger Genauig— keit bekannt zu ſeyn, da der ruſſiſche Kaiſer, Peter der Erſte, die Karte da⸗ von machen ließ, und ſie an die koͤnigliche Societaͤt der Wiſſenſchaften ſchickete; und wie viel beſſer haben nicht die engliſchen Reiſebeſchreiber es noch nachdem bekannt gemacht +) Es find nicht Funfzig Jahre da noch ganz Europa die unrichtigſten oder dunkelſten Vorſtellungen vor denen ungeheuren Nordlaͤndern hatte, welche an Rußland graͤnzen. Das ganze Land an dieſer Seite hieß ohne Unterſchied Tatarey; alle Voͤlker wurden fir Tatarn gehalten. Nur unter Petern dem Erſten und feinen Nachfolgern find dieſe Kaͤnder viel beſſer Des kannt geworden, und Hat man die an Sprachen und Sitten ſo verſchiedenen Voͤlker von einander unterſchieden. Die Ruſſen, welche befliſſen waren, ihre Schifffahrt in den Nordmeeren und bis an die aͤußerſten Enden von Aſien zu treiben, haben endlich dem berufenen Durchgang nach AN gefunden, wel⸗ her von fo vielen Schiffen gefuchet worden, Die Gefege der Natur, welche der Gegenfland der atlgemeinen Nas * find, find uͤberall einerley: einige Himmelserſcheinungen aber, die ſich auf dieſe Geſetze beziehen, und von den Reiſenden beobachtet worden, ha⸗ ben neue Eigenſchaften derſelben zu erkennen — welche den Kreis * Wiſſenſchaft noch erweitert haben. Was fuͤr Fortgang hat nicht borehenlich die beſondere oder hyſtema⸗ tiſche Naturlehre ſeit allen denen von den heutigen Argonauten unternom—⸗ menen Schifffahrten und Reifen, durch eine genauere Kenntniß der Himmels? gegenden, der Wlirde und der Lufterſcheinungen von Allen Arten gehabt! Wenn man jemals ſo weit kommt daß man ein wahres, richtiges und vollſtaͤndiges Lehrgebaͤude von der Welt Mach kann / fo ift es vermuthlich alsdann, went man alle Stücke deſſelben recht kennen Bid, und > Ener ale Br beſſelben el wird — kdnnen. ne 2 H Man ſehe Hanways Reifen, & » "Allgem. Reiſebeſcht. NK Band. b x Vorlaͤufiger Bericht Was war die Naturgefchichte in dem Zuftande, worinnen Ariſtote⸗ les und Plinius fie ung gelaffen Hatten, in dem Punkte felbft, auf welchen fie die Schriftfteller aus diefer Claſſe, welche feit den Alten gekommen find, zu Ende des fechzehnten Jahrhunderts haben bringen koͤnnen? Wie fehr da: ben die Keifen fie nicht bereichert! Die Reiſenden, welche aufmerkfam gewe⸗ fen, die Seltenheiten der dreyen Neiche der Natur zu fammeln, haben unſere Cabinette mit dem Raube der ganzen Welt angefuͤllet. Wir haben ihnen die Kenntniß von einer unendlichen Anzahl Dinge, welche die Natur hervor bringt, von See: Waſſer- und Erdgeſchoͤpfen zu danken, welche dem ganzen Alter: thume unbekannt gewefen, Es mögen die meiſten diefer Kenntniſſe, woraus fo viele Einfichten enf- foringen, und die einander gegenfeitig aufklaͤren, immerhin Gegenftände der Neugier feyn. Die Arzeneykunft hat wenigftens durch die langen Meilen, in dreyen fehr mefentlichen Theilen, in der Botanik, der Therapevtif, und der: Anatomie, wichtige Zufüße erlanget, und die meiften find in den Schriften der Reiſenden aufgezeichnet. Man weis anfanglich, daß der vornehmſte Reich⸗ thum der Gärten von Arzenepkräutern, die heutiges Tages unter ung fo ver- mehret find, in ausländifchen Pflanzen Befteht, welche uns von den Keifenden ans Aſia, Africa und America gebracht worden, Wie viel vortreffliche Huͤlfs⸗ mittel Hat man ihnen alfo nicht zu danken, Wie viel Dinge hat die verglie chene Zergliederungsfunt nicht ſowohl wegen des Baues der Koͤrper, als we⸗ gen des Gebrauches der Theile, durch die Zerfihneidung. einer großen Anzahl fremder Thiere, Die ung unbekannt waren, entdecket! Denn fo iſt Die bewun⸗ dernswuͤrdige Einheit der Natur, daß alle ihre Verfchiedenheiten, und das, was wir ihre wunderlichen Einfälle, ihre Grillen nennen, ſich auf gemeinfchaft: fiche Grundſaͤtze beziehen, welche alle Weſen, alles, was in den dreyen Reichen der Natur hervor gebracht wird, verbinden und einander nähern; fo daß ein erfannter Theil ihrer Mittel oder ihres Mechanismus denjenigen erklaͤret, der nicht fo bekannt iſt; daß eine Beobachtung die andere anzeiget; daß die Na⸗ tur allein, wenn fie recht gefehen wird, felbft ihre Auslegerinn ift, kurz, daß es in der guten Naturlehre nur Daranf ankdmmt, Begebenheiten zu ſammeln und ſie zu vergleichen. Die zu dem Franzoͤſiſchen. xt Die Kuͤnſte find bey allen Wölfen zum Theile einheimifch oder unter ihnen geboren, zum Theile von einer fremden Geſchicklichkeit geliehen, Mon muß auch noch die Materie und den Gegenftand der Kuͤnſte unterfcheiden, Die Draterie der meiften und faft alfer derer, die zur Pracht und Ueppigkeit dienen, ift eine Sache des Handeld, Viele diefer Künfte, welche die Reiſen⸗ den mitgebracht haben, find in unfern Handen nur vollkommener geworden; andere haben ihre Erfindung bloß der Kenntniß der Materien zu banken, welche fie Bearbeiten, Mir wollen aber nur dasjenige betrachten, was der Fleiß und die Gefihicklichkeit anderer Wölker , welche die Neifenden und haben Fennen leh⸗ ven ‚zu der unſerigen hinzuſetzen. Wir wollen ung nur bey dem neueſten Bey: fpiele aufhalten, das wir haben, Wir haben fehr Tange Zeit die Kunft der sh RT RT Ant ; Pi: Wenn die Engländer uns nicht zuvor gefommen wären „wenn wir ih⸗ nen nicht Die Gerechtigkeit, ſchuldig wären). zu erkennen ,. daß fie die Samm⸗ Jung der wergnüglichften und nüßlichften Gefchichte entworfen hätten, fo war ven die Franzoſen, wegen, des Geiftes Der Methode, den man ihnen bey der gleichen Werken nicht verfagen Fanın, windig, fie Europen zu geben. Kurz, wenn die Hiftorie ver Reiſen uns fehlete, ſo wuͤrde dieß der Augenblick ſeyn, ſie zu machen. ee Kg He : Indem wir aber die Engländer für die erſten Urheber der allgemeinen Hiſtorie der Reifen erkennen, ſo geſtehen wir ihnen deswegen doch nicht die Erfindung derſelben zu. Es find über funfzig Jahre, Daß ein Franzofe den Anſchlag dazu gemacht hatte, Der Einfall koͤmmt urfprunglich von dem Herrn Duͤperier de Montfraifier, dem Berfaffer einer allgemeinen Ge⸗ fibichte der Reifen zu Waffen, und zu Lande, in der alten und neuen Welt; zur Aufklärung der. alten. und neuen. Erdbefchreibung 9, die zu Davis bey Peter Giffart 1707 Heraus gekommen iſt. Dieſes Werk ift ein Duodezband von 458 Seiten und dem Herzöge von Burgund, dem Vater des Koͤniges, zugefchrieben. Es wird in einigen Blcherverzeichniffen , man Weis nicht ans. was für einem Grunde, dem Abte de Bellegarde zugeſchrie⸗ ben, und es ſcheint Feine Folge gehabt: zu haben. Der Grundriß des Berfaf ſers war einfach, Er wollte eine genaue Aufldſung der. Berithte aller alten und neuern Reiſebeſchreiber nach der Ordnung der Zeit mittheilen und nach und na die verſchiedenen Theile, der, Erde durchlaufen, _ Diefer Verfaſſer batte-fich über dieſes noch vorgeſetzet „eine Bibliographie von allen See: und »Eandgeifen zu geben; das iſt, fie anfänglich. genau bey ihren Titeln anzu „deigen; einen kurzen Begriff von Dem Leben und den Begebenheiten der Rei⸗ „ſenden zu machen, nebſt einem kurzen Berichte von ihren Reifen, und von „dem, was fie beſonders oder am. merkwuͤrdigſten ſowohl für die Naturge: „ſchichte, als für die Erdbeſchreibung die Sitten „bie Gebraͤuche, die Hand⸗ j | OT RERLIR ET Ne). „lung; {N Hiftoire univerfelle. des Voyages faits par veau Monde, pour eclaircir la Geographie an- Mer & par Terre dans Pancien & dans le ndu- cienne & tıoderne, . xIV | Vorlaͤufiger Bericht ’ Aung, die Religion und die Geſchichte des Kandes. Er ſetzete ſich auch noch * „die Werke ſorgfaͤltig zu unterſuchen, wovon er eine Vorſtellung machen „wuͤrde und von dem Charakter ihrer Geſchichte ein billiges Urtheil zu falten, „den Glauben zu beſtimmen, welcher den Berichten der Neifenden gebührer, „Regeln zu geben, die Verfaſſer und Begebenheiten, welche Glauben ver: „dienen, von denjenigen zu unterfcheiden, twelche folchen nicht verdienen. ,, Er gedachte weiter, umftändliche Nachricht von allen merkwuͤrdigen Reifen feit dem Anfange der Welt Bis auf unfere Zeiten zw geben; die Gründe, wel⸗ che diefe Reifen hatten unternehmen laſſen, die Abſicht der Unternehmung , ih⸗ ven Erfolg für die Wiſſenſchaften, die Philofophie, die Arzeneykunſt, die Sterns ſeherkunſt u. f mw, anzuführen; kurz den Nutzen, den man für Die Handlung daraus ziehen konnte, die Fehler, welche man dabey begangen Hatte, und Die Maaßregeln, welche man Beobachten muß, wenn fie gluͤcken folfen , zu zeigen. Er mußte von den Eolonien und. denen durch fo viele verfchiedene Nationen errichteten Niederlaffungen veden, Die Denkzeiten Davon angeben und die Obere herren oder Staaten bekannt machen, welche dieſe Reifen entweder aus bloßen Handlungsabfichten, oder um eine vollkommenere Kenntniß von den Oertern zu erlangen, hatten unternehmen laſſen. Er wuͤrde die Gegenftände nicht hindangeſetzet Haben, welche fich auf die Schifffahrt beziehen, welches fein Werk auch den Schiffen wuͤrde nüßlich gemacht haben. Ob es gleich viele Nach richten von einerley Oertern giebt, fo würde er doch nicht unterlaffen haben, Auszüge davon zur geben, damit man eine vollftändigere Geſchichte eines jeden Landes und eine genaue Erdbefchreibung hatte, „Denn, ſaget er, wie ein „Menſch, , welcher reiſet, nicht alles fehen und anmerfen kann, fo bemerken „diejenigen, welche nach ihm kommen, noch beträchtliche Sachen, welche „feiner Kenntniß entgangen waren. „„. Der erfie Theil feiner Sammlung SE folkte die nach dem nordlichen und füdlichen America, der magellanifchen Stras fe und dem ftilfen Meere gethanen Reifen, nach der Ordnung der Zeit, vom Chriſtoph Columbus und Americas Veſputius an, Bis jego * Er wuͤrde darauf die nach Africa, nach Aeghpten, nach den barbariſchen Kuͤſten, nach denen, die von der Straße Gibraltar an, laͤngſt hin bis nach der Inſel Madagaſcar, laͤngſt den Kuͤſten des rothen Meeres, liegen, und die in dem In⸗ nern der Laͤnder gerhanen Er geliefert haben Bon da wilde er nach Aſien zu dem Franzoͤſiſchen. er m Afien gegangen ſeyn, Sleinafien,; das gelobte Land, Perſien, Indien, bie anliegenden Juſein, die Tatarey, China und Japon durchſtrichen haben. Nach dieſem wuͤrde er Europa beſuchet und die nach einander durch Italien, Frankreich, Spanien, England, Deutſchland und bie andern Laͤnder dieſes Welttheiles gethanen Reiſen geliefert haben. Er verſprach ſich, nichts ges meines oder gar zu bekanntes zu fagen, und nichts oorzuftellen, was nicht der Aufmerkſamkeit vechtfehaffener Leute wuͤrdig wire. Kur, Damit er nichts zu wuͤnſchen ließe, fo wollte, er die. Namen der Schriftſteller anzeigen, welche von allen Arten der Reiſen geſchrieben Haben, eine kurze Kritik derſelben machen, und die unechten von den echten unterſcheiden. Dieß war der Grundriß des Herrn Perriere de Montfraiſier nach ſeinem vorläufigen Berichte, dent wir nur abgekuͤrzet haben. Die Ausführung, deſſelben iſt bey dem einzigen Bande geblieben, den wir angezeiget haben, und welcher die Gefchichte dee Entdeckung der neuen Welt durch Chriſtoph Columbus nebſt den erſten Rei⸗ ſen nach Suͤdamerica enthaͤlt. Unter denen verſchiedenen Geſichtspunkten, welche dieſer Schriftſteller ergriff, haben wir die Fortſetzung dieſer Geſchichte angeſehen. 2. \ Diejenigen, welche von einem Werke nur nach der dabey angewandten Arbeit urtheilen, welche nicht merklich ſeyn muß, mögen dieſe nur nicht ohne Schwierigkeit halten. Sie hat ohne Zweifel deren viele , und wir fehen fie gar zu ſehr in der Nähe, als daß wir fie und Hätten verbergen fünnen, Die vornehmſte iſt diejenige, deren Spuren man am wenigſten ſehen muß. Sie iſt die fo nothwendige Kritik in einem Werke dieſer Ark, und ohne welche man wicht einen Schritt thun kann. Sie beſteht nicht allein ſelbſt in der, Aufſuchung der Quellen, um dasjenige zu entdecken, was man von jedem Theile am meueften und gewiffeften hat, ſondern auch in ber Unterfcheidung diefer Quellen, in der Bergleihung, die man beſtaͤndig unter ben verſchiede⸗ nen Reiſebeſchreibern machen muß, damit man nichts, als etwas genaues liefere , in der Unterfuchung eines jedem in Beziehung auf fein Vaterland, auf ſein Gewerbe, quf das Nationaksoder Privatbeite, welches einen Einfuß it die Berichte haben kann; und endlich in der Vereinigung, die man nothwen⸗ diger Weiſe unter ihnen machen muß, damit man die Widerfprüche vermeide und nur dag vorbringe RS am Wahreſten oder Wahrſcheinlichſten it, | Der x vBobrlauſtger Bericht | Der Herr Marquis von Monknirail; der unferen Bedatäig fo wir⸗ dig ift, Hatte den Entwurf zu einer Bibliotheb aller bekannten Reiſenden, mit einer Kenntniß von dem, was ſie am merkwuͤrdigſten enchieften, und einem Urtheile uͤber die Verdienſte ihrer Werke, den Charakter ihrer Perſonen und den Glauben, den man ihren Erzaͤhlungen bey⸗ legen darf u. ſ. w. gemacht, Wenn dieſer Herr, weicher eben ſo arbeitſam iv fleißig, als unterrichtet war ange genug gelebet haͤtte, dieſen vortreff⸗ lichen Entwurf auszufuͤhren ſo wuͤrde er uns ohne Zweifel viele Unterſu— chungen erſparet haben / und die Welt koͤnnte der Fortſetzung des Abtes Pre— I 7" "u Ta an ma va auu au Wir wollen noch mehr fagen; eine Bibliothek der Reiſen, ſo wie der Herr von Montmirail im Stande war, fie ſowohl durch feine eigene Kennt⸗ iß, als dutch. alfe die Mittel, aus zufuͤhren "die, er fich mit großem Koften oerfihaffet Hatte, indem er die weitläuftigfte Samnilung / die man nur in dieher Art kennet , zuſammen gebracht, wuͤrde vielleicht dieſe Fortſetzung unnuͤtz gemacht haben. Es iſt wenigſtens gewiß, daB ein dergleichen Werk unend⸗ lich nuͤtzlicher ſeyn würde, als die weitlaͤuftigſten Sammlungen von Reiſen oder Berichten und als alle Auszüge, die man davon wird machen konnen, unter was für einer Geſtalt es Auch ſeyn mag. Es waͤre ſehr zu wünfchen, daß ein ſo ſchoͤner Anſchlag nicht ohne Ausführung bliebe, und daß gute Köder pfe den Muth Hätten, ihn zu unternehmen, Dieß wuͤrde in Buͤcherſachen das beſte Geſchenk ſeyn welches man Europen machen koͤnnte. Wenn dieſes Werk recht veranſtaltet und mit der noͤthigen Genauigkeit und Kuͤrze abge faſſet wuͤrde fo würde es gewiß nicht unermeßlich ſeyn. Je weniger Bände man aber machete, deſto mehr Mühe wuͤrde es koſten. Man könnte eine Con⸗ chrdanz der Reiſen beyfuͤgen und wenn fie gut gemacht wäre, fo wiirde ſie zur Anfeitung dienen, Die Reifen mit meht Vertrauen / mehr Sicherheit Nu⸗ gen und Frucht zu leſen. * HR enn Fe ton: - N Ban Bun en ne Wir Haben gefaget ‚Die Engländer Hätten zuerſt die allgemeine Hiſto⸗ rle der Reiſen angegeden, welche von dem Abte Prevoſt im Franzoſiſchen bekannt gemacht worden. Man hatte ſchon viele Sammlungen von Reiſen im Lateiniſchen , Stakienifchen, Englifchen, Spaniſchen, Portugieſiſchen Hole — — Yandle zu dem Sranzöfficher Be laͤndiſchen und Franzoͤſiſchen: diefe Sammlungen aber, welche,alle Theile der Befannten Welt hätten faffen ſollen, waren dafuͤr hoͤchſt eingefhränket und unvollfommen. > Die engländifchen Verfaſſer fegeten ſich, da fie den Anfchlag zu ihrer großen Hiftorie macheten, drey gleich nüßliche Gegenftände dabey vor: exftlich den Berluft einer großen Anzahl Eofibarer Bücher zu verhindern; zwey⸗ tens, feltene und fehr theure Buͤcher gemeiner zu machen; drittens, eine Samm⸗ lung der beſten Schriften zu machen, die man von den verfhiedenen Theilen der Melt hat, Da diefer Entwurf fie gejfotingen hatte, anfänglich an den alten Samt lungen von Reifen zu arbeiten, die ihnen ganz zubereitete Materien darbothen, fo waren fie unumgänglich genöthiget , der chronofogifchen Ordnung bey den Nachrichten zu folgen und nicht nach den Dertern zu gehen; Wofern fie aber nicht die Bände auf eine ungeheure Art vermehren und ein. abfcheuliches Werk machen wollten, ſo konnten fie nicht jeden Verfaſſer einer Reiſe oder einer Beſchreibung ganz mittheilen. Sie ergriffen alſo die Partey, ſein Tagebuch und feine Begebenheiten von feinen Anmerkungen ab⸗ zufondern, das erfte von diefen beyden Theilen ohne Vermifchung einzuruͤcken, Und das zweyte den Anmerkungen anderer Reiſenden nach eben den Laͤn⸗ dern zuſammen einzuverlelben. Die ganze Materie ihrer Arbeit wurde alſo in Auszüge ı und Zufammenziehungen vertheilet, Die Auszüge follten das Tagebuch einer jeden Keife, die Begebenheiten des Keifenden, und Die andern Vorfälle, die er etzoͤhlet nebſt den Beſchreibungen der Oerter enthalten, ſo wie er ſie mittheilet, wenn ſolche nicht durch einen andern Reiſenden fuͤr un⸗ richtig erklaͤret worden, ‚Die Zufammenziehungen follten die Anmerkungen der Keifenden über jedes Eand, über deffen Einwohner, und über das, was es von Natur hervorbringt ——— genommen enthalten, und nur ein ein⸗ ziges Ganzes ausmachen. Die Ausfuͤhrung dieſes Entwurfes aber konnte allererſt in dem vierten Buche des Werkes anfangen , weil die erften Entde⸗ ckungen der Portugiefen. und die alten englaͤndiſchen Nachtichten dazu bi fähig ware Die Hiftorie der Keifen wurde zu London, nach der in England ge⸗ woͤhnlichen Art bey großen Werken lagenweiſe oder in Bogen AHEBROFREN, Allgem. Reifebefehr. XIX Band, e' Der \ xvii Vorlaͤufiger Bericht Der Herr Kanzler d’Agueffeau, welcher den Abt Prevoſt vermocht Hakte, dieſe Geſchichte nur bloß zii uͤberſetzen ließ fie ebenfalls ſo bogenweiſe kommen, und jeder Bogen der Ueberſetzung wurde ſo gleich gedruckt. Der Ruhm die⸗ ſes großen Werkes entflammete die Neugier der Liebhaber. So bald nur eine Unter zeichnimg angekuͤndiget war, fo bemuͤhete man ſich/ daran Theil zu nehmen; und der Abt Brevof, welcher genöthiger war , die Subferibenten auf das eiligſte zu befriedigen, welche jeden Band mit vieler Ungeduld erwars teten , hatte nicht mehr die Zeit, in der Anlage des Werkes die Beränderungen zumachen) welche er darinnen für nöthig hielt. Indeſſen unterließ er nicht, den erſten Band auszuarbeiten welcher unformlich ohne Zuſammenhang und ohne Ordnung war / den man im Franzoſiſchen nicht würde haben leſen Fön: nen. Was die folgenden Bände anberrifft ſo folgete er dem Entwurfe der Engländer, big ans Ende, Ex rührete die Einrichtung des Werkes nicht an, fondern begnuͤgete ſich nur auf der einen Seite, viele Iangweilige Dinge, Wieder⸗ Holungen , Unnüglichfeiten , unanſtaͤndige Ausdruͤckungen u, d, g. wegzulaſſen Und auf der andern Seite, einige Auslafungen zu ergaͤnzen ). "Nach der Bekanntmachung des. fiebenten Bandes der franzöfifchen Mes berfesung des Abtes Prevoſt, hatte die Standhaftigkeit den engländifchen Verfaſſern gefehlet, und, fie hoͤreten mit ihrer Ardeit.ganz auf. er Die fieben Bände ihrer Sammlung "*) enthielten erftlich die erften Hei: fen der Portugiefen nach Ofkindien ; zweytens die erſten Reifen, der Englän- der na Africa und gegen Oſtindien zu; drittens, ihre erſten Neifen nach Indien ſelbſt; viertens, die erſten Reiſen, welche von einer Geſellſchaft eng: ſandiſcher Kaufleute nach eben dieſem Indien unternommen worden. Das fünfte Buch bis auf das vierzehnte mit eingefchloflen , enthielt eine lange Reihe vbon Neifen nach verfehiedenen Theilen von Africa, nach den anliegenden Ins fein und allen Kuͤſten nebft der Befchreidung der Länder und Einwohner, Die Afiatifchen Reifen, deren viele in den erſten Bänden zerſtreuet waren, macheten den fünften , fechften und fiebenten Band aus ‚and enthielten, Die nach China, der Tatarey Tibet, Bucharey u. f w. gethanen alten und neuen Reiſen. * —S dem Abte Drevoft aus allen. dieſer Meynung getvefen „ fie man aus unferer dieferr Vorwaͤrfe gemacht, und folches feiner Me: Vorrede zu dem achten Bande fehen farın. Sei berſetzung als Örhler angerechnet, Wir ſelbſt find doc, da wir dent Engländifhen, fo lange ſolches u - J ua Pe DE Di 2 ie 3 — wäh zu dem Franzoͤſiſchen. Be Dieß iſt der weſentliche Inhalt der englaͤndiſchen Sammlung, ‚welche, unge⸗ Achter der wenigen Ordnung, die man darinnen findet ‚. an fich ſehr betraͤcht⸗ lich ift, weil fie beynahe die Hälfte der. allgemeinen Diner ‚der Br in dem Stande; worinnen fie. wirklich iſt, ausmachet . nr cn Ob nun gleich der Abt Prevoſt von feinen Führern — war, ö wollte er Doch nicht unterwegens Bleiben, und: unternahm, die Sammlung fortzufegen, Mitten in Afien, wo ihn die Engländer gelaffen hatten, Eonnte er ſich keinen neuen Grundriß machen, und fand fich gleichlam gezwungen, dieſen Theil beynahe fo zu vollenden, wie er war angefangen worden. Damit er aber den Vorwurf vermiede, welchen man den Englaͤndern gemacht hatte, daß fie in ihrer Gefchichte der Reifen den andern Nationen gar zu wenig Antheil gäben ‚ und Hauptfächlich nur die englifchen Schifffahr-. ten hervor zoͤgen / fo befliß fich der Abt Prevoſt anfänglich , ohne Unterſchied, Franzoſen Spanier, Holländer und verfchiedene nordifche Nationen, die in den vorhergehenden Bänden waren hindangefeget‘worden, auf den Schaus plag zu führen, Dieſem Geifte der Billigkeit Haben wir dasjenige zu danken, was in dem zehnten Bande das Wichtigſte iſt, das ift die Reiſen nad) In: dien durch Suͤdweſt/ alles’ das, was die Südländer angeht, die ſogenann⸗ ten irrenden Heifenden,; weil wet Fame feſten Segenfiand RE und * Reiſen um die Welt. Er brachte darauf mehr Ordnung, Vabindung und ———— in die Berichte, die er ſammlete, als in allen denen in der engliſchen Sammlung geweſen war. Kurz, er hatte die Aufmerkfamkeit, daß er die unnuͤtzen Wie⸗ derholungen vermied: er machte ſich aber! kein Bedenken, viele Tagebuͤcher von einerley Reiſe vorzulegen ; wenn fie entweder durch die a = oder Durch die Begebenheiten verändert genug waren, | Auf diefe Art gab er den Verfolg der aſiatiſchen Neifen in vier Baͤn⸗ den, Welche nebſt den vorhergehenden dieſe Den — Aſia und —* Ai eilf * — J Eigen: v ſchleunigen Beyſtand. „ben, endlich belagert, und ſo heftig gedrungen, Er verſichert ihn, es „würden bie Schiffe aus Europa; weiche. Truppen - »bringen ſollten, unverzüglich ankommen. Herr „von Buſſi und — kaͤmen — „fie wären ſchon in der Provinz Arkatte. Herr »„Aaw, welcher alfe Augenblicke von den Feinde „näher eingefhloffen wurde, fieht den Verlaſt fei: „nes Heeres unvermeidlich; er verlange, es folle „ein anderer an feine Steffe kommen, und die »Anführung des Heeres. wird, dem Heren d Aus „teuil wieder gegeben. »Pondichery mit einem Detafıhemente, mit Krie: »gesvorratbe und Gelde ab. Er wird von den ” Engländern verfolget, auf feinem Marfche ange: » griffen, genöthiger, ſich mach Valagonde zu zier Diefer lönte Heht von - „daß das aanze Detafchement, Offieier und Ge: „meine, zu SKriegesgefangerien gemacht wird, „Hett Law, der ftets in den Pagoden zu Che: „tingham war, dem es an allem fehlete, der faft „verhungerte, hält ſich bis auf das alleraͤußerſte. „Da er aber von aller Zuflucht entbloͤßet und ob: „ne Hoffnung eines Beyftandes war, fo witd er „ebenfalls gezwungen, fi) auf Gnade und Ungna⸗ „de zu ergeben,» 9) Die öffentlichen Zeitungen haben gemeldet, er fey in Isle de France geftorben, da er wieder nad) Indien gegangen, >>> Vorlaͤuſiger Bericht, Eigennug und die Neugier, ‚nie aufhören wirden, die Menfchen herum zu „reiben, daß ſtets Reiſen geſchehen wuͤrden, daß ‚folglich nach. ihm noch viele Deifebefchreidungen wuͤrden gedruckt werden , und daß die Didot '), ‚oder ihre Nachfolger verbinden ſeyn wuͤrden, von Zeit, zu Zeit einen, zween oder Mehr Baͤnde herauszugeben, welche zum Zuſatze und zur Folge der ſeinigen dieneten. Auf ſolche Art ſah der Abt Prevoſt ſelbſt die Fortſetzuug feiner Arbeit als unvermeidlich an, und hatte es mehr als einmal lange vorher ans getimpiger ehe der XVII Band erſchien ). Sobald Herr Rozet den Verlag von der Siflonie, der Reſen aus der des Herrn Duͤrands bekommen hatte, in die es nach Didots, des Vaters, Tode gekommen war, ſo bemaͤchtigte er ſich dieſer Eröffnung und dachte gleich. Anfangs, dasjenige wirklich zumachen , was der Abt Prevoſt ſich nur in der Ausſicht vorgeſtellet hatte. Ex that ung den Antrag, ſeine Geſchichte fortzuſetzen, und das Unternehmen gefiel uns. Der Anſchlag von dieſer Fortſetzuug wurde bald. unter den Buchhaͤndlern ausgehreitet und die Welt ſchien zu wuͤnſchen, daß er ins Werk gerichtet wuͤrde. Unterdeſſen, daß wir beſchaͤfftiget waren, die Einrichtung und Beſchaf⸗ fenheit des Werkes recht kennen zu deren, „und: ir unſere Anftalten mache: gen, dieſe Arbeit anzufangen, hatte die Vorſtellung, die Geſchichte der Rei⸗ fern. da wieder vorzunchmen, wo der Abt Prepoſt fie gelaſſen Hätte,,in einigen Köpfen gewirfet, und man beſtrebete ſich, uns vorzukommen. Unſere Az zeige war. noch unter der Preſſe, als gegen den Monat Junius 1765 zu Par vis bey Vincent, ein Werk in zweenen Duodezbänden unter. dem Titel: Der veifende Franzos; oder Die Keuntniß der alten und neuen belt 9 zum. Borfeheine kam. Diefer dem Anfehen nad ie era &ikf ſchien BiRes Theiles zum * genſatze der englaͤndiſchen Sammlung ausgedacht zu ſeyn, welche die Welt ſchon beſaß, und andern Theiles kuͤndigte fie nichts weniger an, als eine neue Sammlung von Reiſen, welche alles das, was wir in dieſer Art hatten) ver ſchlingen oder unnüg machen follte; weil fie die beyden Halbkugeln, die Kenne: niß der alten und neuen Welt begriff. Man Mr aber den Verfaffer 105 a Verleger der Sifoie det, Reifen i in Paris, | * Es iſt ſeine Sprache, die man in der Vorrede dieſes XVH — ‚det, | zu dem Sranzöftichen: XXX Hör; man komte vom der Natur und der’ Umfange ſeines Unternehnens nir nache der Wbiſtellung ſeines Entwurfes urtheilen. Die Mitbewerbung harte, da ber Verfaſſer genannt wurde, ohne Zweifel nichts erſchreckendes⸗ und Hernach , ſo war I deſto beſſer für die Welt, wenn fich beſſere Schrift⸗ fteller’jeigeren‘, 63 wir eben den Gegenſtand oder einen jeden andern, zu erfüllen Das bloße Beſte des Buchhaͤndlers, welcher die Hiſtorie der Reifen an ſich gebracht hatte, konnte ung rühren. > Wir waren dabey noch fuͤr nichts anzufehen ?’ es- war aber fihon genug, viel Begierde zu haben, Das Werk unfers Mitwerbers Eennen zu fernen, Wir hoffeten, in der Vorrede Die: ſes Werkes einen entwickelten Entwurf, deutliche Abfichten zu finden; wir laſen eine kleine trockene und magere Nachricht, worinnen der Verfaſſer, nachdem er unbeſtimmt hin bbſes genug von des Abtes Prevoſt Arbeit geſaget hatte, alles das, mas der ſcheinbare Titel feines Werkes verſprach , "auf die Fortſetzung eben diejer Arbeit zu Bringen ſchien. | Das Werk iſt nicht vollendet, faget er. Es mangeln in diefer Samm⸗ „lung noch die Reiſen zu Lande, das iſt, von demjenigen ganzen “Theile der „, alten Welt, wo die merkwuͤrdigſten Begebenheiten vorgefallen ſind. Der „wirkliche Zuſtand dieſer beruͤhmten Oerter, die Veränderungen ; welche fie „erfahren haben, die koſtbaren Ueberbleibſel der Denkmaͤler, welche Die Auf werkſamkeit der Reiſenden an fich "ziehen ;' hätten dieſe weitlaͤuftige Zu: „ſammenſtoppelung vollſtaͤndig gemacht. Dabey fangen auch die Nachrich- „ten des reifenden Franzofen an. Und wenn die beyden erften Bände auch » feinen andern Nutzen hätten, als daß fie zur Ergaͤnzung der allgemei⸗ „nen Geſchichte dev Reiſen dieneten, fo iſt das ein Wortheit, wofür ihnen „die Welt Dank wiſſen Fünnte,,. vn Man Eönnte dem Verfaſſer fo gleich antworten, er hätte Feinen genauen Begriff von dem Werke des Abtes Prevoſt, welches er gleichwohl vecht kennen ſollte weiler es fich fo gut zu Nute machetes da dieſes von den Englaͤndern angefangene Werk niemals einen andern Gegenſtand gehabt hätte, als die See⸗ reifen und bie Entdeckungen der Schiffer, fo waͤre es fo weit vollendet, als es zu der Zeit ſeyn konnte, wo unſer Worgänger aufgehöret Hatte, zu ſchreiben; Die Reifen zu *) Le Voyageur Francois ou la Connoiſſance de Paneien & du nouveau Monde, \ XXXU Vorlaͤufiger Bericht zu Eande könnten diefe Zuſammenſtoppelung, die er ſchon ſo weitlaͤuftig fände; nicht vollſtaͤndig machen, als wenn man ihr noch mehr Bände gäbe ; und es Fäme nicht in. den Grundriß des Abtes Prevofk, diefen Theil nur fo obenhin zu Serühren, ‚welchen er beffer wuͤrde abgehandelt haben, als jemand; der veifende Franzos wäre alſo nichts weniger, als eine Erganzung der all⸗ gemeinen Hiſtorie der Reiſen; fondern ein ganz verfchiedenes und in vieler« ley Aoficht auch ſo gar ein ganz neues Merk, Indeſſen fehöpfete Herr Rozet, welchem die Hifforie der Reifen eine anfehnliche Summe Geldes gekoftet hatte, da er von einem andern Supples mente veden hörete, als demjenigen, welches er herauszugeben unternommen Hatte, einige Unruhe, und glaubete, man wäre ihm zuvor gekommen, "Er brachte feine Klagen daruͤber gerade bey dem Herrn Vincent ſelbſt an, und diefer Buchdrucker verfuhr auf die vechtfchaffenfte Weife gegen feinen Mitbru- der. Er erboth fich als ein wackerer Mann, dasjenige zu ändern, was ihm in der Nachricht feines Verfaſſers anftößig wäre, und ihm in diefem Stücke alte Genugthuung zugeben , die er nur verlangen koͤnnte. Die Unterfuchung der beyden erſten Bände der neuen Zuſammenſtoppelung machete dem Herrn Rozet bald wiederum Muth. In der That Fonnten auch niemals zwey Werke entweder im Grunde, oder in der Geſtalt, einander weniger ähnlich fepn, als die Fortfegung der Hiſtorie der Reifen ‚fo wie wir fie ung vorgeſtellet hatten, und der reifende Franzos, den wir anderswo unterfuchen, Das Feld war alſo ganz frey; da war Feine Fortſetzung des Abtes Prevoſt, Fein Supplement zur Hiſtorie der Reiſen, weiches ung in den Weg kommen Fonnte, welches ung verhinderte, dasjenige auszuführen, was wir uͤbernommen hatten, Linfere Anzeige wurde ausgetheilet; wir Hatten beynahe auch alle Ma: terialien , welche den erften Band unferer Fortfegung ausmachen follten , als einer unter ung, derjenige, Der Die Arbeit anordnete, von einer Krankheit in der Haut angegriffen wurde, deren bloße umſtaͤndliche Befchreibung fehon zureichen wuͤrde, Die lange Verzögerung zu vechtfertigen, welche man die Welt Hat erfahren laſſen. Ein graufames und freffendes Feuer *), welches fich in 1) Ein ſtarker Rothlauf von der bösartigften und widerfpänftigften Art, welche die erfahrenſten Aerzte jemals. gefehen haben. zu dem Franzoͤſiſchen. % XXX in fein Geficht geſetzet Hatte, fieng.am, ihm beynahe den Gebrauch der Augen zu benehmen. Bald darauf kam es ihm in die Hande und Beranbete ihn auf diefe Art der vornehmften Werkzeuge der Arbeit. Die befondere Eigenſchaft der Krankheit, welche der ganzliche Verluſt des Schlafes immer ſchaͤrfer und ſchaͤrfer machete, indem fie die Wirkung der Huͤlfsmittel zernichtete; das Uebel allein, welches feiner Natur nach eines von den unerträglichften und folglich derjenigen Freyheit des Geiſtes am meiften zuwider iſt, ohne welche er ſchwer⸗ Lich wirken kann; der anhaltende Gebrauch der Arzeneymittel, welche die Hartnaͤckigkeit der Krankheit ohne Unterfaß zu vermehren noͤthigte; die Dauer der Krankheit und der Eur, welche über vierzehn Monate gewähret haben; alle diefe Umſtaͤnde fehienen zufammen zu Fommen, unfere Arbeiten zu hinter- treiben, alles zu unterbrechen und zu hemmen, Wir find alſo an der Vers zögerung nicht Schuld, welche Durch einen derjenigen natiwlichen Zufälle ver urſachet worden, welche man nicht vorher fehen noch verhüten Fann, und wel⸗ che gebietherifcher Weile ſowohl die Stärke, als den Widen des Menfchen unter das Zoch bringen, Eine fehr große Anzahl wackerer Leute haben den Kranken in dem Zuftande gefehen, den wir Defehrieben Haben, ohne das ge- ringſte dabey zu vergrößern; und viele Buchhändler unter andern koͤnnten es bezeugen, wenn man wegen einer ſolchen Sache ein anderes Zeugniß brau⸗ chete als der beyden Aerzte von der Facultaͤt, die ihn beſorget haben, des Herrn Lorry und des Herrn Miffe, ER Es wide alfo Fein Wunder ſeyn, da der vornehmſte Beforger eines Werkes, welches voller topographifchen und phyſikaliſchen umftändlichen Nach⸗ richten iſt, ſo fange Zeit krank geweſen und vornehmlich an den Augen an— gegriffen worden, wenn der Band, welchen wir der Melt vorlegen, nach den Zeiten mehr oder weniger davon merken fieße, d.i, daß fich mehr oder Weniger anſehnliche Fehler eingefchlichen hätten, Diejenigen, welche ihn in dem Zuftande geſehen Haben, worinnen wir ihn vorgeſtellet, Fönnten fo gar wohl ziemlich erftannen , daß ſie deren nicht noch mehr fänden. Man wird ung aljo erlauben, zu fagen, es ſcheine uns, daß es nicht ſehr gerecht: ſeyn würde, wenn man ein Werk gar zu ſtrenge beurtheilen wollte, welches in denen Umſtaͤnden verfertiget worden, worinnen diefes geweſen. Es würde noch viel weniger von der gamzen Fortfegung nach diefem erften Bande zu ur— Allgem. Reifebefchr. XIX Hand, e theilen xxxiv * Vorlaͤuſiger Bericht theilen ſeyn, weil derjenige, welcher alles führen ſollte, nicht einmal weder den beſondern Grundriß, noch Das, was er fich dabey zu thun vorgenom« men hatte, hat ausführen koͤnnen; und da er ſtets im einem gewaltfamen Zuftande, ſowohl durch die Nothwendigkeit einer Arbeit, die von Tage zu Tage immer dringender wurde, ald durch eine fehr ungeftüme Krankheit, deren Empfindung beftändig anhielt, gemartert ward, fo war er eigentlich, was den Theil betraf, der ihn angieng, gezwungen, gewiſſer Maßen von einem Tage auf den andern zu Ieben. Allein, wie man fihon vor langer Zeit ge: faget hat: Quam difhicilis excufatio, quæ non apud conſcios! 111. Damit man eigentlich anfienge, den Abt Prevoſt wirklich zu ergän- sen, fo hat man geglaubet, man muͤſſe zuerft die Befchreibung von Jsland mittheilen, wovon man nichts in der allgemeinen Hiſtorie der Reiſen fin: det. Die age diefer Inſel in dem atlantifchen Meere, von da man fich in die Nordmeere von Afien begiebt, fehlen ung diefen Meg anzuzeigen, und die Urfachen davon find in der Einleitung zu Diefem Theile vorgetragen. Von Island find wir, nachdem wir nur Bloß die Inſel Johann Mayen erfannt haben, nad) Neu-Semla geführet worden, Von da hätten wir zu den Sa- mojeden, den Oſtiaken u, ſ. w. gehen follen. Diefe Völker machen einen Theil von Sibirien. aus; fie führeten und gerades Weges in dieſe weitlaͤuf⸗ tige Landſchaft des ruſſiſchen Reiches, die nordlichſte unter allen, welche ſich bis nach Aſien erſtrecket. Da wir aber die Nachricht von den Samojeden, welche in dieſem Bande gebrauchet worden, nicht zeitig genug erhalten konn⸗ ten, weil man fie mußte von Hamburg kommen laſſen ?), fo find wir ver- bunden geweſen, damit wir und nicht, unterwegens aufhielten ; die Neife der Profefforen aus Petersburg anzufangen, welche fie im 1733 Jahre durch Si: Birien gethan haben, fih nach) Kamtſchatka zu begeben, wohin nur ein ein- jiger unter ihnen , nämlich der Herr de Lisle de la Croyere, gekommen iſt. Die abgekuͤrzte Geſchichte von Island ift aus befannten Quellen ge- zogen, welche in der Einleitung angezeiget worden. Man hat fih haupt: fachlich an des Herrn Horrebows Nachricht davon gehalten, weil, wenn es — Herr Rouſſeau von Toulouſe, Verfaſſer des Journal encyelopedique hat fie uns verſchaffet. 4 zu den Sranzöfifihen. XXXV es auch neuere davon giebt, ſie gewiß nicht ſicherer oder beſſer beſtaͤtiget ſeyn koͤnnen. Die Inſel Johann Mayen, die wir nur im Vorbeygehen mitneh⸗ men, heißt fo wenig, daß wir bloß davon reden, um nur ihr Daſeyn zu Der fäfigen; welches Feinem Erdbeſchreiber unbekannt: ift. Seit dem reifenden Holländer Witſen Hat man wenig Entderfungen von Neu Semla gemacht, weil wahrſcheinlicher Weife feine zu. machen find, Es feheint ganz gewiß zu feyn, Daß es unbewohnet ift, und Daß die vorgege⸗ benen Semlaner , wovon einige Naturgefchichtfchreiber reden, durchaus nicht da find. Wir haben davon beynahe alles gefaget, mas man Davon weis. Die Durchreife durch Sibirien nach Kamtſchatka ift eigentlich eine Eandreife und eine von den größten, die jemals gethan worden. Das Tage: buch des Herrn Gmelins, wovon wir einen fehr weitläuftigen Auszug geben, enthält alfo allein eine Neife von einer unermeßlichen Strecke, ob fie gleich auf Sibirien eingefchränfet ift, und Jakutzk das Ziel derfelben geweſen. Nichts ift genauer, umftändficher, und fo gar voller Kleinigkeiten, als diefes Tagebuch. Der Berfaffer beſchreibt mit einer erfiaunlichen Aufmerkſamkeit die Städte, die Dörfer, die noch geringern Stationen, die Ströme, die Flüffe, die Bäche, die Seen, die Berge, die Bergwerke, die Kirchen, die Klöfter, die Völker eines jeden Landes, ihre Sitten, ihre Neligion, ihre Eeremonien, ihre Ge— wohnheiten, ihre befondern Gebräuche und alle Zufälle diefer langen Reife. Ungeachtet diefes einzigen Vorrathes von umſtaͤndlichen Nachrichten, den wir fehr abgefürzet haben, haben wir doch noch aus Herrn Muͤllers Nachrichten einige befondere Umftände genommen, die dem Herrn Ren entwifchet find. Sein Tagebuch, welches im Deutſchen, in der Mutterfprache des. Verfaſſers, gefchrieben ift, machet vier Octapbände aus, welche zu Göttingen _ 1751 und 1752 gedruckt worden. Einem von den Fortfegern, welcher diefe Sprache verficht, war aufgetragen worden, den Auszug daraus zu machen, und er fieng an, ſich damit zu befchäfftigen, als Herr de Life, Dechant der Academie der Wiſſenſchaften, uns dieſe Arbeit erleichtern wollte, und uns groß⸗ muͤthiger Weiſe eine Ueberſetzung im Manuſcripte überließ, welche er zu ſel— nem eigenen Gebrauche hatte verfertigen laſſen. Diefe Ueberſetzung war eine 2 Arbeit XXXVI | Vorlaͤufiger Bericht Arbeit des Herrn Sellius, eines ſehr bekannten Gelehrten, welcher mit der Kenntniß vieler nordiſchen Sprachen auch viele phyſikaliſche Einſichten und vornehmlich viel Wiſſenſchaft von der Naturgefhichte verband), Fuͤr einen geſchickten Mann, welcher nur die Sachen brauchete, beftund das Verdienſt einer folchen Ueberfegung hauptſaͤchlich daringen, daß fie genau und buchſtaͤb⸗ lich war. Diefe hatte, um nichts zu vergrößern, diefed Verdienſt fo vorzüglich, daß fie nicht weniger deutſch, als franzoͤſiſch, war. Die eigene Sprachart und alles Gewirre des deutfihen Originales war von dem deutfihen oder preußifchen Ueberſetzer treulich bepbehalten worden, fo daß wir verbunden waren, ſelbſt eben fo oft Liederfeger , als Abkuͤrzer, zu ſeyn. Man würde: vielleicht befier gethan Haben, wenn man Die Heberfegung fahren laffen und nad) dem Driginale gearbeitet hätte; man glaubete aber, dadurch die Zeit wieder zu gewinnen, welche die Krankheit des vornehmften Beforgers diefes Werkes feit vier bis fuͤnf Monaten hatte verlieren laſſen, und man fchäßete, diejenige nicht, welche man Brauchere, Die Ueberſetzung beſtaͤndig nad) dem Texte zu berichtigen, Der Furze Begriff des Tagebuches des Herrn Gmelins konnte vers fehiedene Geftalten annehmen, und fie haben fich ung alle dargebothen: die Umftände aber Haben und gezwungen, bey der einfachften zu bleiben, Viele Sperfonen, welche von der Wichtigkeit der Reife eingenommen find, wuͤr⸗ den eine Ueberſetzung, fie möchte feyn, wie fie wollte, dem Beften Auszuge vorgezogen haben, damit fie alles bekaͤmen; und fie riethen ung; nur die Schreibart derfelben zu verbefjern Wir Haben den Mittelweg ergriffen, nämlich , daß wir beynahe eben ſo viel, als eine Ueberſetzung geben, das ift, daß wir die Ordnung des Tagebuches genau vorftellen; daß wir nur die Piederholungen, die unnügen Ausfchmweifungen und die meteorologifchen Be: obachtungen daraus wegnehmen, daß wir alle gar zu Fleine umftändliche Nach- richten abgekuͤrzet u.ſ.w. Nun hat diefe Verrichtung allein anſehnliche Auge laffungen hervorgebracht, Uebrigens ift man dem Verfaſſer des Tagebuches faſt Schritt für Schritt gefolget; man verliere ihn nicht einen Augenblick aus dem 14) Gottfried Sellius aus Danzig, Mitglied 1767 geſtorben ift. Niemand Hat vielleicht mehr = ber Ein. Societät zu London und der Faiferf, Acad, aus dem Deutſchen, dem Hollaͤndiſchen und Engli- der Nat urſorſcher, welcher zu Paris den zsften Sun, ſchen uͤberſetzet. Allein, ob er gleich das Franzoͤſiſhe fehr zu dem Sranzöfifchen KXXVIE. dem Gefichte, Man iſt ſtets zu Lande und zu Maffer, auf allen feinen Neben reiſen/ ſo gar auf feinen botanifchen Spagiergangen und an denen Orten bey ihm, wo er fich aufpätt, Der Berfaffer des reifenden Franzoſen behanptet, es komme eben nicht darauf an, die Gefhichte des Meifenden zu wiſſen, fondern des Lanz de8 , worinnen er gereifet iſt. Mir find fehr feine Meynung, wenn von einem erdichteten oder romanhaften Reiſenden die Rede ift , fo wie feier; dennoch mürden wir eine Ausnahme fir den Nobinfon und einige andere machen. Mas aber die wahren Meifenden anbetrifft, fo denfen wir, (und die Erfahrung hat es bewieſen,) daß man dasjenige ſtets mit Theilnehmung lieſt, was ihnen perföntich ift. Man wird auf eine ganz andere Art, wenn man will, daran Theil nehmen, als an demjenigen, mas uns an die Ges fehichte der Eänder verfnüpfer, die fie uns Befannt machen, Dieſe ift ohne Zweifel die nuͤtzlichſte: die beſondere Gefchichte der Neifenden aber iſt mies manden gleichgültig, Dan ift neugierig, zu fehen, wie fie unter Menfchen und Himmelsgegenden, die vom den unferigen ganz unterfehieden find, eben, wie fie ſich aufführen, Man will von ihren Abenthenren unterrichtet ſeyn; man ficht mit Vergnügen, wie fie ſich ans Gefährtichfeiten oder unvermeids lichen Berlegenheiten in Ländern gezogen haben , die von alfen denen Ber uemlichkeiten,, von allem’ Beyſtande, den wir in den unferigen finden, ent» bloßet find; und dieferwegen hat man zum Theile die Neifen die Romane: rechtſchaffener Leute genannt, Was hat es gemacht, daß man vor eini⸗ gen Jahren mit einer fo allgemeinen und fd Iebhaften Begierde die Neife des Admirals Anſons gelefen, als feine eigenen Begebenheiten, und alle Ge faͤhrlichkeiten, die man ihn laufen fieht?: Man folge ihm don feiner Abreife von der Inſel St, Helena bis an feine Zuruͤckkunft nach Spithead, ohne im Geringſten Über alle die Zufälle einer Reiſe verdruͤßlich zu werden, Die beynahe vier Jahre Fang um die Erdfugel herum gethan worden. Woher Tann es Wohl kommen, daß man an diefem Seefahrer fo viel Theil nimmt, als daher, daß man ſich unvermerkt an fein Gluͤck heftet, als daher, daß e Ze unter ſehr gut verſtund, fo oͤberſetzete er doch, ohne ſich die Eigenſchaft feiner Sprache auszudruͤcken, als zu zwingen, mit flücheiger Feder, und mar ſtets ihm gut franzoͤſiſch reden zu laſſen, welches ihn aufmerkſamer, feinen Verfaſſer buchſtaͤblich oder denn oft ſehr Dunkel machete av VWVecrlaͤufiger Bericht: unter was fuͤr Verhaͤltniß man auch. die Menfihlichkeitbetrachtet, alles da⸗ bey ſowohl den ‚wahren Philoſophen, der ſich nicht eines eiteln ſtoiſchen We⸗ ſens befleißiget, als den nur bloß empfindſamen Menſchen, rühret 5)? Die Beſchaffenheit der Reiſen thut hier nichts, Es giebt überall, es mögen nun Seereiſen oder langwierige Reiſen, oder auch Landreiſen ſeyn, Bege— benheiten, Zufaͤlle, Beſchwerlichkeiten, Gefaͤhrlichkeiten angenehme Augen: blicke, gluͤckliche ungefähre Vorfaͤlle u. d. g. Was für. ein Slubenſiher man nun auch immer ſeyn mag, fo will man doch zuweilen gern feinen Herd aus den Augen verlieren und ohne Befchwerlichkeit reifen. Man beluftiget fich mit denjenigen, die ung von unſerer Heimath hinweggehen laffen, und die uns einiger Maßen zu ruhigen Zuſchauern oder Zeugen derer Giuͤckszufaͤlle, denen ſie ausgeſetzet ſind, kurz, alles desjenigen machen, was ihnen Gutes oder Boͤſes begegnet. Die Reiſenden nehmen uns für ihr Schickſal wenige: ſtens eben. fo fehr ein, «als unfere Theaterhelden, und laſſen ung, wie fie, an ihrem Gluͤcke oder Ungluͤcke Theil-nehmen, Es iſt alſo nicht wahr, daß die beſondere Gefchichte der Heifenden Feine Theilnehmung hervorbringt, und in einer Hiſtorie der Reiſen oder der Laͤnder, die fie beſchreiben fuͤr nichts gelten duͤrfe. Dieſer Sah welchen der Ver⸗ faſſer des reiſenden Franzoſen behaupten wül, damit er feine Zerſtuͤckun⸗ gen beliebt mache, find ein wahrer Trugſchluß, deſſen Blendwerk wir anderde 100: noch beſſer zeigen werden. ir fuchen nicht durch dasjenige, was wir vertheidigen, das iſt durch die perfönlichen Begebenheiten, durch die Zufaͤlle und Abentheuer, das Ta- gebuch des Herrn Gmelins ſchaͤtzbar zu machen, Man muß nicht erivarten, daß man hier zubereitete Nachrichten, wie einiger Keijenden, als Tavernier, Paul Lucas und anderer ihre, leſen werde. | Man ftelle ſich aber eine Reiſe zu Lande von beynahe tauſend Meilen vor, die auf Befehl und Koſten des maͤchtigſten Herrn in Norden gerhan wir, eine Keife, die von Sternfehern, Erdbeſchreibern, Naturforſchern, Kräuter: Eundigen, oder gefehiekten Beobachtern in jeder Art unternommen worden; eine Reiſe, deren Zweck war, die auserlefenften Kenntniffe von allen Ge: gen: 15) Homo ſum, humani a me nihil alienum, tauſenderley Gelegenheiten, und vornehmlich, wenn Das faget uns das Herz wider unfern Willen dep wir die Reifen lefen, zu dem Sranzöfifchen. XXXIX ’ genſtaͤnden ihrer Abſendung zu erlangen. Man felle ſich darauf unermeß ⸗ liche Laͤnder vor, welche einerley Herrſchaft unterworfen, aber unter eine große Anzahl Völker vertheilet find , die Durch ihre Sitten, Kleidungen, Lebensart eben ſo verfchieden find, als durch ihren Geift ; Ihre Geſtalt und die Verſchiedenheit der Himmelsgegenden. Man bilde ſich endlich das alte Vaterland der afiatifchen Scythen und Hunnen ein, welches in feiner gan⸗ sen Strecke von unfern Neifenden durchwandert, und mit der größten Um— ftandlichkeit treulich befchrieben ift, in dem Zuftande, worinnen es ſich heute zu Tage befindet, Wenn alles das nicht fähig it, die Philofophen und wahren Neugierigen zu reizen, ſo muß man die Hiltorie der Reifen aufge: ben; man muß fie in den Staub unter die verjähreren Buͤcher, unter die Alten Denfmaale unferer Vorfahren ſtellen, welche feit Tanger Zeit vergeſſen find oder ſelten geöffnet werden. — er Indem wir die Geftalt des Tagebuches des Herrn Gmelins, nach dem es in die Gränzen gebracht worden, worein wir es eingefehränfet haben, beybehalten, fo Haben wir das Meifebuch der Neifenden und ven größten Theil der geographifchen umftändlichen Nachrichten mit hineingebracht, Wenn diefer Theil nicht der ergöglichfte if, fo ift er Doch gewiß einer der nuͤtzlich— fen, und wir haben den Unterricht für eben fo nothwendig, als die Belu⸗ ffigung, in einer allgemeinen Hifforie der Reiſen gehalten, deren Haupt⸗ I Hftand man niemals aus dem Gefichte verfieren muß, | Zu der Zeit, da wir Defchäfftiget waren, diefes Tagebuch nach unfe: Fer Ark einzurichten, war ung nicht unbekannt, daß der Herr von Keralig, Adjutant bey der koͤniglichen Kriegesſchule, vorhatte, einen Auszug daraus befannt zu machen, Als wir ihm unſern Anfchlag von der Fortfegung eröff- arten, bie wir machen wollten, fo fagete er uns von feiner Arbeit über den Gmelin, Weil er aber nicht einerfey Endzweck mit ung hatte, und es unfere Sache war dieſes Tagebuch mit der Hiftorie der Reifen zu verbin— den, welche Mir da wieder vornahmen wo unfere Vorgaͤnger damit waren fiehen geblieben , ſo ließ ung die Kenntniß von feiner Arbeit an unferer nichts Andern, Gmelind Tagebuch) war alſo in dem Stande, wie wir es geben, beynahe gedruckt, als des Herrn von Keralio Werk unter dieſem Titel erſchien: SL * Vorlaͤufiger Bericht erſchien · Voyage em Siherie, contenant la Defeription ‚des mœurs & ufages des peuples ‚de ce pays, ‚les cours des rivieres comfiderables, le ‚Situation des chaines de montagnes, des, grandes forets, des mines avec ‚tous, les, feits ‚d’ Hifoire Maturche, qui font: particuliers & cette con- inte, fait aux frais du Gouvernemenb Rufe, ‚per -M.-6MELIN, ‚Profeffeur de Chymie & de Botanique. | Tradudtion libre de ÜOri- einal Allmand, A Paris, chez Defaint, Libraire, rue du Foin S. Jacques. 1767. Zween Duodezbände, | Te Dieſes Werk ſollte die; Folge oder ein, Theil von der Sammlung der verſchiedenen Stufe aus der bürgerlichen und natuͤrlichen Ges fehichte der Nordländer feyn , die ſchon von dem Herrn von Keralio Heransgegeben und von der Melt fehr gut aufgenommen worden. Es fand fo vielen Beyfall, als es zu finden verdienete; und wir fahen Den guten Erfolg davon mit deſto mehrerm Bergnügen ; weil er einiger Mar Hen für ung ein guter Gewaͤhrmann von. dem Geſchmacke der Welt an dem Gegenftande unſerer Arbeit war. Wir haben es fo. gar als ein Buch ges defen, welches ung neu geweſen feyn wuͤrde, und wenn der Verfaſſer noͤ⸗ thig hätte, unfer Zeugniß den andern beyzufuͤgen, ſo koͤnnten wir gewiß beſſer, als jemand, feine, Genauigkeit bewaͤhren. on In der Nachricht vom dem Werke trägt;der Herr von Keralio mit feiner gewohnten Deutlichfeit die Gründe und den, Entwurf feiner Arbeit wor, Er folget dem Eaufe des Reiſenden von feiner Abreife aus Rußland Bis. nach Jakutzk und zu ſeiner Zuruͤckkunft, jedoch ohne, fich den einzel⸗ nen kleinen Umſtaͤnden und den Zufällen der Reiſe zu unterwerfen, wie auch ohne fie zu verfiellen, — 7 Wir geben hier im Grunde eben das: wir laſſen aber bald den Ver⸗ faſſer des Zagebuches reden, bald werden wir ſelbſt Geſchichtſchreiber, Das mit wir ihn abkuͤrzen. Wir verlaſſen unfere Neifenden faft nicht, oder fol- gen ihnen boch fehr nahe; wir wollen ſtets wiſſen, wo wir find amd bey wem wir ſind. Kurz, um mit zweyen Worten diefen Theil unferer Arbeit zu beſtimmen, fo iſt er die Gefchichte der Reiſe und der Neifenden, mit aller Genauigkeit trenlich vorgeſtellet, die man mit den nnumgaͤnglichen Ab⸗ kuͤrzungen und Weglaſſungen hat vereinigen Können. | | rn = Wir * zu dem Franzoͤſiſchen. Xu Wir Haben von dem Tagebuche zween kurze Berichte von Neifen ab⸗ gefondert, welche von den Ruſſen verfuchet worden, durch den Lena in das Eismeer und durch Nordoft nach Kamtſchatka zu gehen, weil fie darinnen eine gar zu Tange Ausfchweifung macheten, und es weit fehicklicher zu ſeyn fihien, fie Befonders zu Ende des Tagebuches leſen zu laſſen. Die neue Nachricht von den Samojeden, welche unmittelbar Darauf fol- get, iſt aus einem fehr guten Auffage von dieſen Völkern genommen, der zu. Koͤ⸗ nigsberg in Breußen 1762 gedruckt worden, Er iſt das Werk eines wohlverdien⸗ ten Fremden, welcher Lange Zeit in Rußland gebrauchet worden, und von dem wirklichen Zuftande der Samojeden wohl unterrichtet ift, wie man fehen wird, Die befondere Nachricht von den Oftiafen, welche man beygefuͤget hat, it aus allem demjenigen gemacht worden, was man nur gewiffes und genaues aus den beſten Berichten hat ſammeln koͤnnen, die nicht immer in der Vorſtel⸗ lung mit einander uͤbereinſtimmen, welche fie von diefen Völkern geben, Was die von dem Herrn De Lisle im 1740 Jahre, ebenfalls auf Befehl der ruſſiſchen Regierung, unter der er damals fund, nach Sibirien gethanene Reiſe anbetrifft, fo konnte fie nicht beſſer, als nach des Herrn Gmelins Tagebuche geſetzet werden, weil ſie nicht allein die Beobachtung des Durchganges des Mercurius durch die Sonne zum Gegenſtande hatte, fon dern er auch noch viele andere Erfundigungen einziehen und Verrichtungen vornehmen ſollte, „welche die Erdbeſchreibung betrafen. Die Zuſammentreffung der beyden Reiſen, die faſt zu gleicher Zeit gethan worden, die Neuigkeit der letztern ; die Hier zum erſten Male erſcheint, die Eigenfchaft des Neifenden, eines beruͤhmten Mannes, und über diefes einge. Franzoſen, (welches nichts verderbet, wie jemand gefaget hat,) das ift ge: ung, am dieſe letztere Theil nehmen zu laſſen. Man thut ſehr gern mit dem Sternfeher wiederum einen Theil der Neife, welche man ſchon umſtaͤnd⸗ lic) beſchrieben gelefen Hat. Man kommt mit einigem Vergnügen wieder anf dem Wege des Herrn Gmelins Bis nach Bereſow zurück, Das iſt mehr als zehen Tagereiſen über Tobolsk; man haͤlt die Berichte der beyden Profeſſoren oder die Art und Weiſe, wie ſie einerley Sache geſehen haben, gegen einander; und indem man ſie mit einander vergleicht, ſo machet man ſich eine genauere Vorſtellung von den Oertern. Dieß iſt der weſentliche Inhalt dieſes Bandes, Allgem, Reifebefchr. XIX Band. Er Kenn XL Vorlaͤufiger Bericht. Wuenn die Welt den Verfolg davon, nach dem Entwurfe der Anzeige, zu verlangen fcheint, fo fuͤhret die Reife nach Sibirien, deren wahrer Endzweck wor, in die Halbinfel Kamtſchatka zu gehen, nothwendiger Weiſe zu der Ge⸗ ſchichte dieſes letzten Landes, Es ift davon Eürzlich zu Lyon eine aus dem Engliſchen uͤberſetzete Befchreibung nach des Herrn Krafchenninifom Be: richte erfihienen; und der Herr Abt Chappe D’Yuteroche, von der koͤnig⸗ lichen Academie der Wiffenfhaften, fol eine Ueberfegung nach dem ruſſiſchen Driginale zu Petersburg und unter den Augen des Herrn Müllers von dem Herrn von Sainpre herausgeben. Man wird diefe vielleicht vorziehen oder wenigſtens fie beyde mit einander vergleichen müfen. Man wird fich nicht enthalten Fonnen, einen Auszug aus der Nachricht von den Reifen und Entdeckungen dev Rufen auf dein morgenländifchen Meere, die Herr Muͤller geliefert hat“), Hinzu zu thun, umd auch etwas von demjenigen zu fügen, die feitden in eben diefen Meeren gemacht worden 7). Darauf wird - Grönland kommen, wovon man nichts in der allgemeinen Hifforie der Reifen findet, und wovon man die Abſchilderung, ſowohl nach dem Berichte des Predigers Egede, der im 1720 Jahre herausgegeben worden, als nach des Herrn Cranzens feinem, der viel neuer iſt, machen wird, Endlich fo biethen fich, Bloß zur Ergänzung desjenigen in dem Werke des Abtes Prevoſt, (als welches man erſt vollſtaͤndig machen muß, che man an die Landreiſen denfet,) mas an der Gefchichte der Meere und Länder fehlen mag, wovon er geredet hat, eine ziemlich große Anzahl neu herauss gekommener englifcher und deutſcher Reiſen für die Arbeit der Fortfeger dar, Da der Lieberfeger des Herrn Gmelins viele vuffifche oder ſibiriſche Localwoͤrter beybehalten hat, die den Ländern beſonders eigen find, wovon wir den Leſer unterhalten; und da er nicht ſtets Sorge getragen, das Ber: haͤltniß derſelben gegen unfere Gebräuche zu. bemerken , fo wollen wir die Hornehmften davon oder Diejenigen, die am dfterften vorfonmen, erklären, SGeocodeſiſte, (ein aus dem griechifchen yeax Erde und ddbe Weg zufommengefegeted Wort, ) ein Feldmeſſer. Die Ruſſen begreifen auch zus weilen die Exrddefchreiber unter Diefem Namen. \ Wolok, 16) Voyages & Decouvertes faites par les fur l’Ocean oriental, tant vers le Japon que Ruffes le long des cotes de Ja Mer glaciale & vers P Amerique &e. par Mr. Muller. Diefes Werk * e zu dem Franzoͤſiſchen. XL MWolok, ein Gattungsnamen, welcher fo viel als Ueberfurth, Furt bedeutet. | Slobode, ein mit einer hoͤlzernen Einfchliegung befeſtigter Flecken, Oſtrog, eine Feftung, die ducch Werke, welche von Holze gemacht find, vertheidiget wird, und mit Thürmen, Schlagbäumen, ſpaniſchen Rei⸗ tern und dergleichen verfehen iſt. Es giebt wenig andere Feſtungen in Si⸗ birien, weil man Feine andere Feinde, als die Baffiren, Kalmucken und von der Katſchahorda zu fuͤrchten hat. Wie nun alte ihre Feindfeligkeiten nur it Streifereyen beſtehen, die fie ordentlicher Weiſe zu Pferde vornehmen, da fie denn alles, was fie antreffen, mit fich fortführen; und weil auch diemeiften kein anderes Gewehr haben, als Bogen und Pfeile: fo darf man ihnen nur Schlag« Bäume entgegen fegen, daß fie mit ihren Pferden nicht durchkommen Fönnen. Simowies, eine Art von Winterwohnungen, welche an denen Orten in Sibirien, wo die Doͤrfer gar zu weit von einander ſind, deren Stelle erſetzen und den Reiſenden zu Herbergen dienen, Man findet daſelbſt gemeiniglich Fütterung für die Pferde. Diefer Namen Simowies bedeutet auch ein eine ‚sen ſtehendes Haus wenn es gleich zu allen Jahreszeiten bewohnet wird. Jar, ein Ort, der auf einem hohen Ufer liegt, Muis, eine Art von Vorgebirge, welches weit mehr hervor geht, als das Jar, und eben ſo an dem Ufer eines Fluſſes oder des Meeres liegt. „Werſta, ein Meilenmaaß , welches etwan ein Vierthel einer fran⸗ zoͤſiſchen Seemeile machet. Rubel, eine ruſſiſche Silbermuͤnze, die etwan fuͤnf Livres nach fran⸗ zoͤſiſchem Gelde iſt. In Rußland gilt ſie allezeit hundert Copeken. Sopel oder Copeck, eine kieine Münze, die ettvan ı Sol 4 Deniers franzöfifches Geldes gilt, In Rußland machen Hundert alfezeit einen Nudel, Pud, ein ruſſiſches Gewicht, welches etiwan auf vierzig fronzoſiſche Pfund kann gefchäger werden, | — | IV. Es winde Hier vielleicht der Ort ſeyn, den unbeſtimmten Evitifen und ſchlechten Scherzreden zu antworten, welche ſowohl der Verfaſſer des rei⸗ fa fenden 17) Sie find in den Reydener Zeitungen vom fen des Hornungs 1767 angekündiget toorden, Werk ift zu Amſterd. 1766 in zween Duodezbänden zedruckt worden, und findet fih zu Paris bey Rozet. 26 XLIV Vorlaͤufiger Bericht fenden Sranzofen, als der Zufammenteäger der dieſem Schriftſteller in vier Big fünf Theilen des Mercurs von Frankreich verfchwenderifch gegebenen Code fprüche wider die Hiftorie der Reifen gemaget hat, Die Fortfeker des Abtes Prevoſt Haben ſchon das Recht, fein Werk zu vertheidigen, Es ift fo gar einiger Maßen eine Werbindlichkeit ihres Amtes, Wir haben aber dieſe Pflicht in einer befonders dazu verfertigten Schrift erfuͤllet; und wir glauben fo gar; die Spötter dahin gebracht zu haben, daß fie fih nur vertheidigen müffen, | Es ift uns alfo nichts weiter uͤbrig, als daß wir den Mann bekannt ma⸗ chen, deſſen Arbeit wir fortfegen, Der Berfaffer der fehönften Sammlung von Reiſen, die man noch jemals gemacht Hat, verdienet gewiß fehr wohl, daß fein Namen und feine Naturgaden darinnen von der Hand feiner Nachfolger auf: gezeichnet werden, Man hat fehon einige Hiftorifche Lobſchriſten von dem Abte Prevoſt *): wir werden aber von niemanden etwas leihen. Der Verfaſſer dieſes Berichtes war von der Eleinen Anzahl Gelehrten, mit welchen diefer hochſchaͤtzbare Schriftfteller Verbindungen unterhalten hatte: er war alfo im Stande, eben fo befonders feine, Perfon, als feine Schriften, zu Eennen, . Anton Franz Prevoſt d'Exiles war zu Hesdin, einer Stadt in Artois, den ıften April 1697 aus einer alten Familie des Landes gebohren. Die Nas _ tur, welche ihm vortheilhafter Weife mit einer von denen glücklichen Geftalten begabet hatte, welche auf eine angenehme Art die Wege in alle Arten von Ges ſellſchaften bereiten, indem fie Ihm einen Teichten und gefchicften Geift zu allem, was er unternehmen wollte, eine fanfte, empfindfame, verbindende Seeleufm, gab, ließ ihm diefe Vortheile Durch eine ſehr unruhige Jugend bezahlen, Mir - wollen nichts von dem guten Fortgange feiner Studien fagen, die er in feiner Provinz angefangen und zu Paris vollendet hat, Sie haben zu allen denen Huͤlfsmitteln, die er in der Zeit feiner größten Zerftreuungen daraus gezogen Hat, fehr gruͤndlich geweſen feyn müffen, Wir wollen eben fo leicht über die Fleinen Veränderungen in feiner Neigung zu dem Kloſterleben hinweg ſchluͤpfen. Er wurde zweymal zum Noviciate bey den Jeſuiten gelaffen, und zweymal wurde er von eben dem Eifer zum Soldatenleden ergriffen, Er machete «8, wie 19) Diefenige, welche man hinter dem Lobſpru. Der Eurze Begriff feines Lebens aber, vor u des Ludwig Racine in dem Werfe Ordre Sammlung, die den Titel führet: Penfees deMr. ehronologique de denils de Cour &e, betitelt, PAbbé Prevoft ift das Richtigſte, was wir haben, auf das Jahr 1765 finder, ift ſehr wohl gemacht. und verdienet erhalten zu werden, zu dem Sranzöflfchen. Be. eine unendliche Anzahl junger Leute; er irrete fich ftet3 in feinem Berufe, und fiel von dem einen ußerften Ende auf das andere), Endlich liefen feine Unentfchfoffenpeiten darauf hinaus, daß er ein Benevdictiner in der Congrega⸗ tion St, Maur wurde; und hier zog er fich wahrſcheinlicher Weiſe die Neigung zur Arbeit zu. Man erfannte darinnen feine Naturgaben gar bald, und eilete, fie anzuwenden. Man tieß ihn anfänglich die fo genannten Humaniora in der Schule zu St, Germer Iehren; Darauf wurde er im Predigen geuͤbet; und einige Privatperfonen zu Evreux, wo er ein ganzes Jahr lang predigte, erinnern ſich noch der Ruͤhrung, der Stärfe, des wahren Pathetifchen, wel⸗ ches er in alle feine Meden brachte, Won da gieng er zu der Arbeit im Tas binette, und wurde nach der Abtey zu St. Germain des Pres berufen, 109 er faſt allein einen Band von der-Gallia chriftiana machete. | Der Abt Brevoft Hatte ſchon gar zu fehr die Weltluft eingefogen ; er war von einer gar zu empfindfamen Leibeöbefchaffenheit und gar zu fehr für die Geſellſchaft gemacht, als daß er ſich lange Zeit zu einer finftern, tros ckenen Arbeit bequemen konnte, die weder feiner Einbildungskraft, noch den. Bedürfniffen feines Herzens ein Genuͤgen zu leiften vermochte, welches von ſich ſelbſt geneigt war, ſich zu ergießen. Er eroͤffnete ſeinen Ekel ſeinen Freunden. Er war durch Geluͤbde gebunden, die ihn ſcharf an ein ernſt—⸗ haftes, frenges Leben hefteten , welches mit feinem Geifte fich gar nicht vertragen konnte. Man vieth ihm, in einen andern Zweig des Benedictiner— ordens zu gehen, wo er Here Über feine Befchäfftigungen waͤre, und ſich eine Arbeit wählen koͤnnte, welche der Wendung feines Geiftes, fo wie auch feiner Neigung, gemäßer wäre, Er erhielt ein Breve zur Berfegung, Gar zu viel Eilfertigkeit aber, der Freyheit genießen zu wollen, die er allein von dem Ablafle der Kirche erwarten follte, Unvorfichtigkeiten fo gar, wenn man will ‚oder une gluͤckliche Umſtaͤnde verdanden ihn, fich nach Holland zu flüchten, . Ss fand fich eine Mt von Abenteuer, welche einige Zeit lang uͤbel gefinneten Leuten Anlaß gab, ihn unter den falſcheſten Farben vorzuſtellen, und wider ihn die Melt einzunehmen, bey welcher alle Arten von Eindruͤ⸗ f3 | cken 19) »Ich laſſe, faget er, einen jeden urteilen, „in dem fünf und dreyßigſten oder ſechs und drey: „tie von dem zwanzigften bis in das fünf und „ßigſten den Cleveland gemacht hat,» Pour & zwanzigſtẽ Jahr das Herz und die Empfindungen contre. Tome IV. meines Menſchen Haben geweſen ſeyn muͤſſen, der XIV Vorlaͤufiger Bericht cken ſich leichter machen, als austdfchen laſſen. Wir wollen ung in Feine | umftändfiche Erzählung wegen diefes Zufalles einlaſſen; man kann in dem Pour & Contre fehen , wie. der Abt Prevoſt die Begebenheit vorftellet, Indeſſen finden wir ihn doch wegen der Vorftellungen von einer freyen Les bensart, die man von ihm hat ausbreiten wollen, durch fein ganzes folgen: des Leben, wovon diejenigen, Die ihn in der Nähe gefehen haben, nur ein ſehr gutes Zeugniß geben koͤnnen, viel beffer gerechtfertiget, als Durch Dass jenige, was ev feldft zu feiner Rechtfertigung gefihrieben hat. Bon Holland gieng der Abt Prevoſt nach England und legete fich Ben feinem Aufenthalte zu Eondon dergeftalt auf die Erlernung der englaͤndi⸗ fehen Sprache , die damald die Modefprache geworden war, daß wenig Fran: zofen es dahin gebracht haben, fich derſelben eben fo Bekannt zu machen. Die Liebe zur Arbeit, die ihn niemals verließ, folgete ihm auf allen feinen Herum⸗ reifen. In Holland verfertigte er die Hiftoire metallique des Pays-Bas, und fieng die Ueberſetzung der thuaniſchen Gefihichte an, wovon er den erften Teil heraus gab, der von dem Abte Desfontaines an Kindes Statt angenom: inen worden, wiewohl er Böfes genug Davon faget. Der Abt Prevoſt aber, der von Natur ſchwermuͤthig und defien Einbildungskraft auf diejenige ange» nehme Zauberkunft gerichtet war, welche aus Nichts, fo zu fagen, das Pathe⸗ tifche und Einnehmende fehaffet, qui pe&tus inaniter angit, überließ ſich bald feiner Neigung zur Berfertigung der Romanen, Die Memoires d’un hom- me de qualice, deren guter Erfolg fo erſtaunlich war; die fo tragifche Gefchich- te des Clevelands, die fo einnehmende Gefihichte des Ritters des Grieur und dee Manon Leſcaut, unterfchteden mit Glanze feinen Anfang in einer Laufbahne, wo ihn feine erften Schritte gleich die Palmen erlangen ließen, Indeſſen warf er doch, von feinem Waterlande entfernet, von Zeit zu Zeit Blicke gegen die Hauptſtadt, wohin ihm fein Trieb und die Be fehaffenheit feiner Gemuͤthsgaben —* Man legete feine Sachen, wer gen der Verfegung bey, deren ihn der Zwiſchenfall, welcher in dem kurzen Begriffe feines Lebens angeführet wird, in Frankreich zu genießen gehindert Hatte; und es mifcheten füh mächtige Befchüger mit in die Sache. Der Prinz von Conti, welcher Die Menſchen in allen Arten unterfcheiden kann, (eine der a Gaben des Geiſtes,) erkannte den ganzen Werth des Abtes zu dem Franzoſiſchen. u ' Albtes Prevoſt. Diefer Prinz ließ es nicht dabey bewenden, DaB er fich für feinen Beſchuͤtzer erflärete, fondern er wollte ihn auch noch als Almofens Pfleger an fich verknüpfen, damit er, unter dem Schatten feines Schutzes, ges ruhig feinem Zuge zu den Wifjenfchaften folgen koͤnnte. Der Abt Prevoft befliß ſich bey feiner Zuruͤckkunft nach Frankreich, und da er geruhiger Befiger einer Freyheit war, ohne welche eine jede natürliche Faͤhigkeit verroftet oder verdirdt, anfänglich auf ſolche Werke, welche der Gat—⸗ fung der fehönen Wiſſenſchaften gemäß war, woran er den Geſchmack behalten hatte. Er verfertigte das Pour & Contre, eine Art Tagebuches von einer neuen Einrichtung , welches durch die anziehende Wermifchung, womit es ges wuͤrzet war, ſich weit angenehmer und vielleicht mit eben ſo vielem Nutzen, als die beruͤhmteſten Tagebücher, leſen ließ. Dieſes Werk iſt Bis auf zwanzig Bände gebracht worden, welche noch geſuchet werden, ungeachtet der fehlech- ten Rapfodie, die ein Zufammenftoppeler davon gemacht hat. Dan fah ihn alſo wechfelsweife von den Romanen zur Eitteratur und don der Literatur zu den Romanen kehren; und diefer Uebergang von einem zum andern, welcher der Geſchmeidigkeit feines Geiftes fehr gemaß mar, koſtete ihm nichts, Der Dechant von Killerine , worinnen fo viele Philofophie ift, die philoſophiſchen Feldzige des Herrn von Montcal, Margaretha von Anjou, die Geſchichte einer neuen Griechinn, Die Nachrichten zur Gefchichte von Maltha, die Gefchichte Wilhelms es Eroberers, die Begebenheiten eines vechtfchaffenen Mannes, alle diefe Werke , welche in fuͤnf oder ſechs Zahıen gleich hinter einander herausfamen , übeten die £eichtigfeit feiner Feder und die Fruchtbarkeit feir ner Einbildungskraft, ohne fie zu ſtuͤmpfen. | | Er Hatte fich der fonderbaren Kenntniß, bie er von der englifchen Sprache beſaß, noch nicht anders, als in dem Pour & Contre bedienet, welches er mit einigen aus den oͤffentlichen Blättern und Eleinen Schriften zu London uͤberſetzeten Stücken bereicherte , und in der Ueberſetzung eines ‚Trauerfpieles, Antons und der Cleopatra Tod betitelt. Er uͤberſehete nach einander die vortreffliche Befchichte Cicerons von Middleton; Robert Ladens Reifen; die Gefchichte der Clariſſe, ein Meifterfiück von Charak⸗ seren, Empfindung und Kenntniß des menfhlichen Herzens; die Geſchichte Carl ui — Vorlaͤufiger Bericht Carl Grandiſons; Humens Geſchichte des Hauſes Stuart; die Ge⸗ ſchichte der Miß Bidulph, Almoran und Hamet, und die Briefe des Mentors am einen jungen Herrn. Daraus wuͤrde man heute zu Tage für fünf oder ſechs Perſonen einen gelehrten Ruhm machen Fünnen, Obgleich feine große Leichtigkeit ihm aus allen Arten von Arbeit nur einen Zeitvertreib machefe, fo ließ er, um fie noch mehr zu verändern, von Zeit zu Zeit nügfiche Werke auf Schriften zum bloßen Zeitvertreide folgen, Auf ſolche Art lieferte er Cicerons Briefe an den Brutus und diejenigen , welche wir die vertrauten nennen, ins Franzöfifche über feget, und gab fein Handlericon Heraus. Dergleichen Arbeiten waren feine Exhofungen von Der Abfchilderung der Leidenfchaften , der gemeine Gegenftand in den Romanen und der Hiſtorie. In einer von diefen oͤf⸗ tern Zuruͤckkehrungen zu der ſchoͤnen Eitteratun , wozu er Durch den Zug feiner erften Studien wieder getrieben wurde, übernahm er das ‚Journal Etranger, wovon er neun Bände verferfiget haf. Das beträchtlichtte Werk des Abtes Prevoſt ift die allgemeine Hi- ſtorie der Reifen. Er kam aus den Niederlanden und Deutfchland zuruͤck, wohin er fich begeben Hatte, wm fih vor einem Eleinen Sturme in Sicher: heit zu fegen, in welchen ev durch die Unvorfichtigkeit eines Zeitungsfchrei- bers und feine eigene Leichtigkeit war vermickelt worden, als er dieſes gro- fie Werk unternahm; und gewiß, es würde allein hinreichend gemefen feyn, ihm einen angefehenen Namen zu machen Ein Dame von dem erften range 2°) fagete eines Tages, bey Gelegenheit diefer Hiftorie, zu ihm: „Sie „„eonnten dieſes Werk wohl beſſer machen : aber niemand konnte es auch „fo gut machen,,, Diefes ſcharfſinnige und wahre Urtheil konnte den froſti⸗ gen Veraͤchtern der allgemeinen Hiſtorie der Reifen zur Antwort die: nen, welche mit feiner Kritik bezahlen koͤnnen und daher ſtatt eines zurei- chenden Grundes ihrer Verachtung fehlechten Hohn und Spott vorbringen. Der Abe Prevoſt Hörete nicht eher auf, zu fehreiben, als da er auf hörete, zu feben; und ohne den Zufall, welcher das Ende feiner Tage bes ſchleunigte, ſchickete er ſich an, noch viele andere Werke herauszugeben, Er Hatte die beyden erſten Theile der fittlichen Welt, eines Romans heraus⸗ gege⸗ 20) Die Frau Herzoginn von Aiguillon. zu dem Franzoͤſiſchen. XLIX Gegeben, den er aus feinem eigenen Vorrathe genommen Hatte, und wo⸗ don der Verfolg nach feinem Tode erſchienen iſt. Der Prinz von Eonde hatte ihn erwaͤhlet, die Geſchichte ſeines Hauſes zu ſchreiben. Dieß war fuͤr ſeine geuͤbte fruchtbare Feder eine große und reiche Materie, bie ev ges wiß nicht wuͤrde erniedriget haben; er verfprach ‚fich auch, ‚alles hinein zu Bringen, was er fich erworben hätte und in der Schreibart nur vermoͤchte alles, was ihm noch an Lebhaftigkeit uͤbrig waͤre. | Man hat verfehiedene Abfehilderungen von Dem Abte Prevoſt ge macht: keine aber iſt ihm ähnlicher und wahrer, als diejenige, die er ſelbſt in dem Pour & Contre herausgegeben hat, wo er ſich in dem fieben bie acht und dreyßigſten Jahre gefchildert hat, „Er it ein Menfch, faget er, „der auf feinem Gefichte und in feiner Gemüthsart die Spuren feiner al „ten Verdruͤßlichkeiten hatz der zumeilen ganze Wochen Hinbringt, ohne „aus feinem Cabinette zu gehen; und welcher darinnen alle Tage fieben bis „acht Stunden auf das Studieren wendet; welcher felten die Gelegenhei- ‚sten füchet, ſich luſtig zu machen, welcher denjenigen fo gar iderfteht, „die ihm angebothen werden; und welcher eine Stunde Gefpräch mit einem 9, vernünftigen Freunde allem demjenigen vorzieht, was man Vergnuͤgun⸗ „gen der Welt und angenehmen Zeitvertreib nennet; ſonſt hoͤfllich durch die „Wirkung einer vortrefflichen Erziehung, aber nicht ſehr galant, von einer »ſanften aber melancholiſchen Gemüthsart, kurz, mäßig und in feiner Auf⸗ » führung ordentlich iſt, u. ſ. w | Der Abt Brevofk Hat ſich nicht gefehmeichelt , fondern ganz gefreut gemalet; man darf nur noch die Züge hinzu thun, welche feine Beſcheiden⸗ heit ihn Hatte unterdrücken laſſen. Er war ein uneigennügiger „ gruͤndlicher, ‚ergebener, empfindſamer Freund und von dem ſicherſten Umgange. Er hatte ein wahres, unverfaͤlſchetes, offenes, willfähriges, bey feiner Freymuͤthigkeit aber ein wenig Teichtgläubiges Herz, viel natürliche Sanftmuth und Gleich heit im Geiſte; alle die gefellfehaftlichen Eigenſchaften nebſt einem großen Borrathe von Philoſophie. Es war ſchwer, ihn zu fehen ohne daß. man ſuchete, ihn kennen zu lernen, ihn zu kennen, ohne daß man ihn liebete, und ihn zu lieben, ohne daß man Urfachen fand, ihn noch Höher zu fihägen. Bey einer folchen Gemüthsart Eonnte es ihm nicht fehlen, in der Welt an Arllgem . Reiſebeſchr. XIX Sand, 9 genehm B Vorlaͤufiger Bericht zu dem Franzoͤſiſchen. genehm zu ſeyn, fuͤr welche er nieht, als jemand/ zu ſeyn ſchien. Indeſſen liebete er ſie nicht; ein angeborener Trieb zur Eingezogenheit zog ihn un: uͤberwindlich fort. Er hatte ſich ein Haus zu Saint⸗Firmin bey Chantilly gekaufet; und daſelbſt hat er die letzten Jahre feines Lebens sugebracht, Gm dieſem Aufenthalte ſtarb er den 23ſten Novembers 1763, ungefaͤhr ſechs und ſechzig Jahre alt, am Schlage oder einem zuruͤck getretenen Podagra. Der Abt Prevoſt muß unter die beſten franzoͤſiſchen Schriftfteller ge⸗ rechnet werden, Hiſtorien, Romanen, Tagebücher, Ueberfegungen, alle diefe ver: ſchiedenen Werke entdecken Kenntniſſe, welche bey wenigen Gelehrten zufammen vorkommen, Er'hatte Die franzöfifche Sprache gut gelernet und fehrieb fie zier⸗ lich und rein. Da er aber, wie man in der Anzeige geſaget hat, mit den ſanf⸗ teſten Sitten begabet war, fo hatte er feine Feder deren Charakter unterworfen und ihr niemals die geringfte Bitterfeit erlaubet, In der großen Anzahl Baͤn— de, die er an das Licht geftellet Hat, ift ihm nichts wider die guten Sitten noch wider die Religion entwiſchet / für die er ſtets die größte Ehrerbiethung hatte, Was feinen beſondern Geift anbetraf, fo ſieht man die Fruchtbarkeit, den Reichthum feiner glücklichen Einbildungskraft in allen feinen Romanen, worinnen er fo viel Empfindung, Theilnehmung, Nachdruck, Mannichfaltigkeit, fo gar vortreffliche Sittenlehre und Kunſt und Witz gezeiget. Die Welt, welche fie ſtets lieſt, Hat fie nicht aus dem Gefichte verloren; und die Beftändigkeit ihres Geſchmackes an den Eleveland, Manon Leſcaut u. f. 10. machet de- ren Eobfpruch beſſer, als alles, was wir davon fagen Eönnten, Wir wollen das Gemälde durch einen einzigen Zug der Ineigennügig- keit endigen welcher die ganze Seele des Anteg Prevoſt fehildern wird, Als er die allgemeine Hiſtorie der Reifen unternahm ſo erboth fich Herr de la BVoiffiere, Generalpachter, gegen ihn, er wollte die Druckkoſten tragen, wodurch denn folglich aller Gewinnſt auf ihn gefallen feyn würde, Dieß war für ihn in feinen Umſtaͤnden ein Gluͤcksfall. Der Abt Prevoſt ſchlug fo großmuͤthige und fo verfuͤhreriſche Anerbiethungen and. Er wollte feinen . Buchhändler, dem er gewogen war, eines anfehnlichen und beträchtlichen Ge: winnſtes nicht berauben; er uͤberließ ihm feine Arbeit unter denen bloßen Be dingungen, die er fordern zu Fönnen glaubete, indem er ihn bereicherte, * Sünts ZZ | Verjeich⸗ | 10 2 ai Berzeiiniß =... E der in dieſem XIX, „Bande, enthaltenen: Bes und Beigrebungn, denmen D - he Seſchehie von Island, Der I Abſchnitt. Islands Lage, Groͤße bieſte Eylandes, deſſen Witterung un d.g. 6 Der I Abſchnitt. Islands Beſchaffenheit, Natur ſeiner Gebirge und ihr Unterſchied 8 Der II Abſchnitt. Die merfwürdigfien Feuer fpeyenden Berge i in‘ Island de) Einleitung 1 Sin. Der IV Abfehnitt, Ebenen und Thaͤler in stand" 33 Der V Abſchnitt. Fluͤſſe, ſaͤße Waͤſſer, Brunnen, beiße — in Island 13 Der VI Abſchnitt. Beſchaffenheit des Bodens in Island, feiner Pflanzen und Früchte 16. Dev VII Abſchnitt. Zuftand des Ackerbaues in Joland 17 Dev VI Abſchnitt Bon dent, was die See hervorbringt, Wäldern, Bäumen und einem _ außerordentlichen Holze, welches man in der Erde bey dem’ ——— findet 18 Der IX Abfchnic, Bon den Thieren und deren Arten ı9 Der X Abfchnitt, Won dem zahmen und wilden Geflügel 21 Der XI Abfchnie, Die isländifchen Sifche 26 Der XII Abſchuut. Is laͤndiſche Gewürme und Friechende zölre Ep. 36 Der KU Abſchnut. Stein: und Erdarten 37 er SE Abſchnitt. Einwohner von Island, ihre Sofa, Kteidun, Wohnungen, tädte 40 URV Adfchnitt. Gegenwaͤrtiger Zuſtand ber Bevoͤlkerung von Island Im 46 Der AVI Abſchnitt. Beſchaffenheit der Islaͤnder; ihre Faͤhigkeit zu ren und wir . fenfchaften; ihre mechanifhen Kuͤnſte ji U XVII Abſchnitt. Won dem Isländifchen Handel_ "9 = : r RVIN Abſchnitt. Won der Entdeckung" rund der alten — * Sir Sf RR er XIX Abſchnitt. Einführung berichrifficheit Melia ion in Stand der XX Abſchnitt. en i jr Heurache en der Islaͤnder; ee Ber Kinder z re rasch 2: N; Krankheiten, denen fie unterworfen Der RAbſchnitt. Bürgerliches — ——— Ehtane weiße der Kong aͤnemart daraus zieht ro Der ———— ———— Ietand;) Vereaung dir“ Saehegtut * 1510 Cr Beſchreibung. der: ar ‚Jean. Mayen, oder der Dei AR dr“: einigkeits⸗ Inſel. an Sage diefer Inſel; ihre Entdeckung; merkwuͤrdige Dinge er Smfißen 64 Ki F Verzeichniß der im dieſem XIX Bande = den ruffifchen Neulande oder Nova Semlja. Verfchiedene Meynungen von dem Zuftande diefes Landes 66 ©. Deffen Strecke und Befihaffendeit 67 Keife nach Kamtſchatka durch Sibirien. | Einleitung f | 71 Auszug aus dem Tagebuche des Herrn Gmelind, Abreife der afademifchen Reifegefellfihafter von Petersburg 80 Befchreibung der Tſchuwaſchen und ihre Abgötterey 90 Ankunft des. Herrn Gmelins und feiner Geſellſchaft zu Cafan 93 Gottesdienfiliche Ceremonien ber Tatarn 08 Beſchreibung der Jakuten 99 Wohnungen, Gebräuche und Sitten der Tatarn 101 Beſchreibung der Wotjacken 103 Beſchreibung der Tſcheremiſchen 104 Ankunft der Akademiſten zu Kungur und daſige Hoͤhle 107 Eintriet der Akademiſten in Sibirien. Beſchreibung von Catharinenburg 109 Anfunfe des Herrn Gmelins zu Tobolsk 1m Tatarifche Hochzeit 113 Schauſpiele in Tobolsk 117 Befchreibung der Stade und ihrer Einwohner ‚120 Ankunft zu Tara und Befchreibung diefer Stadt 126 Berufene Horde der Eofafen Cafatfchja: Horda 127 Saljfeen in Sibirien | . — 128 Charakter der tatariſchen Schiffleute 231 Mücken und Fliegen auf dem Irtiſch und Verwahrungsmittel dawider 133 Große Zeuersbrünfte in den Wüfteneyen und deren Urfache 134 Beſchrelbung der Feſtung Jamuͤſchewa 136 Befchreibung des Thieres Saiga 337 Monumente zu Sempalatı und Befchreibung der Feſtung 138 Koftbarfeiten, die man in den tatarifchen Gräbern findet ; | 142 Weberbieibfel der Gebäude zu Ablaikit 143 Beſchreibung der Feſtung Uft- Kameno · Gorskaja⸗Krepoſt 144 Befchaffenbeit licher Kupfergruben 247 Kleidung der chefeutifchen Tatarn 151 Beſchreibur g eines Dorfes derfelben,, ihrer Religion und ihres Goftesdienftes 153 Wohnung und Kieidung der abnizifchen Tatarn nebft ihrer Art, Das Eifen zu fehmelgen 154 Befchreibung der Stadt Kusnetzk 156 Beſchreibung des Berges Piſanoi⸗ Kamen und der darein gehauenen Figuren 199 Sage.und Beſchreibung der Stadt Tomok nebſt ihrem Handel 160 Jetzige Religion der Tatarn | 165 Urſprung einiger Beynamen in Sibirien 167 Sibiri⸗ enthaltenen Reifen und Beſchreibungen. Sibiriſche Markefchreyer 168 Seite, Strenge Kälte-in Sibirien — 169 Sage und Beſchreibung der Stadt Krasnojarsk — ur Beſchreibung zwoer Höhlen am Jeniſei | 13 Kleidung der Buräten und ihres Schamans oder Zauberer - 179 Sonderbare Art derfelben, das Eifen mit Silber auszulegen 181 Ankunfe ver Profefforen zu Irkutzk 182 Einige Nachricht von der. Religion der Mongolen 487 Kjaͤchta, gemeinfchaftlicher Handelsort der Ruffen und Chinefen 199° Sage und Befchreibung der Troigfaja Krepoft 192 Beſchreibung der Stadt Selenginsf und ihrer Einwohner 194 Beſchreibung der Stadt Nertſchinsk Re 200 Sage und Befchreibung der argunsfifchen Sawoden 205 Nachricht von einer befondern Krankheit Woloffez 212 Sonderbare Arzeneymittel eines Lama 220 Allgemeine Beobachtungen von den Tungufen N 222 Befchreibung und tage der Stade Udinsk une, 224 Reicher Fang einer Art Fifhe, Omuli, und mie fieziehen 225 See Baikal und Aberglauben der Schiffleute in Anfehung deffelben 228 Sage und Befchreibung der Stadt Irkutzk — 230 Waſſerfaͤlle der Angara und Nutzen dieſes Fluſſes für Sibirien 237 Beſchreibung von Ilimsk | 239 Zobelfang und Aberglauben der Jäger dabey 254 Jagd und Eid der Tungufen | 261 Beſchreibung einiger Marienglasgruben 266 Religion der Jakuten und Aberglauben derſelben 271 Beſchreibung von Jakutzk 282 Lbensmittel der Jakuten F 289 Geſchichte des ruffifchen Avantüriers, der die Gegend won Jakutzk entbesfer fat 296 Abreife von Jakutzk 302 Aufenthalt des Herrn Gmelins zu Irkutzk 315 Einweihung eines Pferdes bey den Bratski 318 Ankunft und Aufenthalt zu Jeniſeisk 327 Nachricht von den Mammonrshörnern —— 331 Tatarifche Gräber und Reichthuͤmer darinnen Ban —— Veſchreibung einer Höhle mit Gögenbilvern 357 Abbildung der Tatarn g 359 Hebammenfeft 362 Tatariſche Lieder “ 365 Gmelins Reiſe an den Ufern des Jeniſei 4 369 Beichreibung des Argali > 371 Erſchreckliche Sturmwinde in diefen Gegenden 373 Fruͤhlingsfeſt der Tatarn — —— 93 Beſchrei⸗ Verzeichniß der in diefem XIX — Beſchreibung der Steinbutter 380 "Seite. Biber und deren Jagd = — ae 384 Nachricht von dem Vielfraße sum =. 383 Erdbeben in Sibirien ö 387 Andere tatarifche Siedeer 389 Erftes Bergwerk in Sibirien Wand mine Ankunft des Heren Omelins in Tomsf “ 39. Anmerkungen über einige Gebräuche und Sitten der Einwohner © got Nachricht von verfchiedenen fibirifchen Zauberern und ihren Ceremonien 2 4a Befondere Sandfeuche an den Ufern des Tara, des Irtiſch und da herum au Sehr hochgeachtetes Arzneybuch unter den Tatarn 414 Beobachtung einer beſondern Lufter ſcheinung 47 Anmerfungen über die Einwohner in Tara br come aaa Viele Räuber in dafigen Gegenden nie nor 419 Anmuthige und fruchtbare Gegenden um Jalutorovskoi und Iſetkoĩ 421 Befchreibung der Stadt Tjumen und ihrer Gegend - 422 Tatarifches Seichenbegängniß 425. Beſchreibung des Klofters Dalmatovskoi Upenskoi 428 Beſchreibung der Feſtung Tfehebarklsfajan — N 1 432 Befchreibung eines großen Magnerberges tt 434 Sitten und Gebräuche der Balıhfiren hit 436 Ruͤckkunft des Herrn Gmelins nach Katharinenburg 438 Belchreibung der Bergmwerfe um Katharinenburg 441 Beſchreibung des Asbeftberges 445 Anmerfungen von ber Stadt Turinsk J zo 447 Defchreibung der Stadt Werchoturje | 3 448 Beſondere Lufterſcheinung > 450 Befchreibung. der Stadt Solifamsfaja ._ EL nd 452 Befchreibung der Stadt Uftjug- Welifoi 6 456 : Befchreibung der Stadt Torma 48 Befchreibung der Stadt Wologda 460 Abreife der Afademiften von da nad) Petersburg 461 Kloſter Kirilovskoi Eee: Pr 463 Befchreibung der Stadt Alt» Ladoga J 11 noch Herrn Gmelins Ankunft in Petersburg ' 4 di 472 Reifen, welche von den Ruſſen verſuchet * durch die Lena in das Eismeer und durch Nordoſten nach Kamtſchatka zu gehen. Reiſe und Zufaͤlle des ruſſiſchen Commando unter dem Lieutenante Laſſenius Reiſe und Begebenheiten des andern Commando unter dem Seelieutenante Dronifhifie ſchew 478 = | Neue * enthaltenen Reifen und Befchreibungen. FO Nee Nachricht von Samojedien und den Samejeder. * — Vorrede des Herausgebers 485 Seite. orerinnerungen des Verfaſſers 486 trecke dieſes Landes 488 Ausſchweifung wegen Neu-Semtja 489 Heſtalt der. Samojeden, ihre Kleidung, Sitten u. ſ. w. — 492 Urſprung ihres Namens / — * . 494 Zeit ihrer Unterwerfung unter die Ruſſen | 495 Alte Verordnungen zu ihrem Beften Ihre Religion, Begriffe von der Seele und Einfalt ihrer Sittenlehre 498 Gebrauch, der Rennthiere zum Taufche 599 Ihre fonderbare Unempfindlichfeit 501 Beſondere Nachricht von den Oſtiaken. Sage ihres Sandes, ihr Urfprung, ihre Geſtalt, Kleidung u.fw. 502 Ihr Heurathen 305 Ihre übrigen Sitten-und Gebräuche 506 Religion, derfelben g10 Auszug aus der Beſchreibung einer Reife des Herrn de Lisle, nach Bereſow in Sibirien 1740. Abreiſe des Herrn de Lisle mit dem Herrn Königsfeld von Petersburg 514 Anmerkungen über die Wotaiken > IM ö 516 Anfunfe der Aſtronomen zu Bereſow 524 erkwuͤrdigkeiten zu Bereſow Bram 525 Biber in Sibirien * 526 uͤckkehr des Herrn de Sisfe und Anmerkungen über die Gegenden, die er durchgereifet und deren Einwohner el: 2 Mn — 527 Schwimmende Inſeln auf dem Jrtiſch 534 'tten und Gebräuche der Tatarn um diefen Fluß ein 535 Ankunft zu Tobolsk und ihre dafigen Verrichtungen R Hall, 936 Abreife von Tobolsk —— Pair 542 Ijwerfe zu Solikamskoi ee? Hase; 544 Ankunft der Aſtronomen zu Cafan | int 551 Defthreibung der Tehunafehi, ihrer Sitten; Gebräuche u. kw 552 Des Heren de Siste Aufenchalt zu Nistni — 555 Ankunft in Moſcan und darauf in Petersburg —— 557 Verzeich⸗ 496 | TR, rag nn | REN a nn nn na Sn un nn un 20 nn 2 2 nn 2 2 Berzeihniß der Karten und Kupfer, | nebft einer Anweiſung für den Buchbinder, wo er ſolche hinbringen ſoll. ı Karte von Island 6 Seite, "2 Thiere von Island p 19 3: Karte des Eylandes Johann Mayen 64 4 Rarte von Sibirien N 71 5 Verfolg der Karte von Sibirien : — 6 Verſchiedene Kleidungen der Frauensperſonen in Sibirien 101 7 Andere Kleidungen der Frauensperſonen in Sibirien 104 8 Grundriß der Höhle zu Kungur 107 9 Grumdriß von der Feſtung Tobolst — 10 Ruinen von Sempalat 138 "12 Ruinen von Kalbaffin 140 12 Grundriß von den Gegenden und dem Bezirke des Tempels zu Ablafait R 143 ei des Tempels zu Ablakait; Sußgeftelle, worauf die Goͤtzen geftanden und fonderbares —— 2 Aa, | Ebend. 24 Vorſtellung der Gögen des Tempels zu Ablakait und mongoliſche Schriftzuͤge Ebend 15 Magiſche Trummeln, die den Schwarzkuͤnſtlern dienen, und Goͤtzen, die in den tatariſchen Jurten gefunden worden dus 16 Gefäße, Kleinodien, und Kansgeräthe, die in den Gräbern gefunden worden 172 37 Bildhanerarbeiten und Gögen, die in den Gräbern gefunden worden 174 18 Falle und Selbſtgeſchoß ‚ ra ara 5; — r8 Karte der Gegend Witim und Lufterſcheinung | an 20 Ratte von den Armen des Senifei in den Gegenden von Mangafea 338 21. Ötotte voller, Goͤtzenbilder ; a: rn 358 22 Sibirifche TIhiere t Im 23 Alte Feftung in dem Hole, Karaguai genannt u ‘24 Karte derer" Länder, welche die Samojeden und Oſtiaken bewohnen 488 25 Gewehr der tungutifchen Tatarn und Samojeden LE 3 26 Narten, Schlitten und Pfeile der Oſtiaken a 27. Schlitten, der von Hunden gezogen wird \ Ebend. 28 Ausfiht von Samatoßfoy: Jam an dem Irtiſch zur 29 Ausficht von Bereſow a 30 Ausſicht von Bereſow von der Suͤdſeite n = Ebe 31 Ausſicht der Sternwarte und der Kirche Spaskaia zu Bereſow von der Notdſeite * 32 Aueſicht des Oſtroges des Woywoden zu Bereſow Ebend. 33 Ausficht von SchorskarskoiPogeſt a 2% 34 Bluhme und Frucht einer morgenländifhen Eeder ' —2 35 Kirche mit fünf Kuppeln zu Abalack ' 20 36 Aueſicht der Stadt Oſſa von der Morgenfeite ze Die auf der 450 Seite angezeigete Lufterfheinung findet fih auf der Karte der Gegend Bitim. Num, ı9, a, d. 262 ©, * Ss Allge⸗ Allgemeine Sammlung Reiſebeſchretibungen. = Fortfeßung. air Beſondere Geſchichte von Island. De 0 Einfeifung, Einleitung, Magnus. ebow. J Arngrimus Jonas und Theodor Dorlacius. La Pereyre. Anderſon. Hor (A 08 in dem atlantifchen Oceane freyliegende Island iſt unter dem nordli⸗ chen Polarkreiſe zwiſchen unferm feſten Lande und Groͤnland gelegen, wo⸗ von man glaubet, daß es an America hänge, Man muß alfo norhwen- dig vor Island vorben ‚ wenn man fid) beynabe aus allen Theilen von uropa in die nocdlichen Meere von Aſien begeben will. Diefe Inſel = baküber diefes ſtets under einer europäifchen Macht geftanden , von wel- Geſetze und Religion angenommen bat, Ihre Geſchichte an der Spitze die— Ve alſo den doppelten Bortheil Haben, daß fie in der geographifchen Ord⸗ nung und an ihrem rechten Opfe ſteht. Was die Seraraphifche Ordnung anbetrifft, fo wird man gleich ſehen, wenn man die Augen auf eine Sandfarte wirft, daß, wenn wir von Ysland abreifen, unfer Lauf fich nafürlicher Weile nach Neu Zemble richtet, welches die europäifchen Mordmeere von Aftens nordlichen Meeren abfondere, Nachdem wir nun von dieſer leßren Inſel alles ger fammlet haben, was mir nur irgend als das Richeigfte und Gewiffefte in einigen neuern Reifebefhreibungen „ deren der Abe Prevoft ſich niche bedienet bat, haben ſammlen Fön- Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band, : a nen, Einleitung. » + "2 5, Befondere Gefhichte nen, fo find wir nach der Mündung des Fluſſes Lena gefommen, von da die Nuffen zu ihren Unternehmungen abgegangen find. Diefes feger uns in den Stand, ihnen in Die fem en Theile des nordlichen Afiens zu folgen, welches Kamtſchatka und Siberian ausmachet, | Es folgee daraus Elar, daß die Befchreibung von Island nirgend beffer hingeſehzet werden Fonnte, als an die Spige diefes Werkes; weil wir es dadurch werden uͤberhoben fenn Fönnen, bey Gelegenheit von Dänematf, worunter diefes Eyland ſteht, wieder äurück zu geben; und es eines von denen Stücken ift, welche den englifchen und franzoͤſi⸗ ſiſchen Verfaffern der allgemeinen Hiftorie der Reifen entwiſchet find. Dlaus Ma« gnus. Arngrim Jonas und Theodor Thorlaecius. Pereyre. Joh. Ander⸗ fon. Mach diefer Furzen Worerinnerung wollen wir, nach der Methode unferer Vorgaͤn— ger, anfänglich die Reiſenden, welche Island befucher haben, die Nachrichten, welche fie davon gegeben, und die Schriftſteller, welche von diefer Inſel geredet , anzeigen Wir wollen darauf zeigen, wie viel man auf alle diefe Erzählungen bauen müffe. Wir übergehen die alfen Schriftftelfee mie Stillſchweigen, bey welchen ; wie mat glauber, Islandes unter dem Namen. Thule gedacht wird, welchen einige auf Scan dinavien anwenden 1). Diefes Thule, was es auch feyn mochte, wurde als eines von den äußerften Enden der Welt angefehen, und die Alten haben es niemals anders) ald unter dieſem Gefichtspunfte, betrachtet, ohne es durch feine phyfifalifche Befchaffenbeit, oder durch die Einwohner, die e8 enthielt, genau befannt zu machen. j Olaus Magnus, Erzbifchof zu Upfal, bat eine Furze Befchreibung davon ber ausgegeben 2) , Die aber voller ungereimter Maͤhrchen ift, welche die Zeiten der Un- wiffenheit und Lechtglaͤubigkeit, morinnen dieſer Erzbiſchof fehrieb, genugfam an⸗ kuͤndigen. ne Hart re 2 Arngeimus Jonas und Theodor Thorlacius, ein Paar Ysländer , haben Nachrichten von ihrem Vaterlande herausgegeben: ) Die Werke des erften aber, welch außerdem fehr felten find, lehren wenig, und des leßtern feine find in Frankreich un befannt. La Pereyre, der Verfaſſer des berufenen Buches von den Präadamiten, hat nach den isländifchen und dänifchen Schriftfteflern einige Begriffe von diefer Inſel in eis nem Briefe gegeben, der aus Koppenhagen 1644 an den Heren fa Mothe-le- Bayer ge fehrieben worden. Es findet fid) viel Wichtiges, aber auch viel Falfches oder Verdaͤch⸗ tiges, darinnen. - Die Nachrichten von Island, welche vor zwanzig Fahren von dem Herrn Job Anderfon, Bürgermeifter in Hamburg, herausgegeben wurden , ließen alle die alten Nachrichten vergeffen. Der Ruhm von der Gelehrſamkeit des Verfaffers erwarb feinem Werke die größte Gunft, und es zweifelee niemand , daß diefer Gelehrre nicht die Wahr- beit und die Richtigfeit mit der tiefften Gelehrſamkeit verbunden hätte. Anderfons Nach? richten von Island genoffen alfo der größten Hochachtung,, als im 1750ften Jahre Herk Horrebow, ein gelehrter Däne, von dem Könige in Dänemark nach Island geſchickt © j > wurde / Das Scandinavien der Alten iſt die Halb: Dieß meynet Martiniere, und der Baron vol infel, welche beutiges Tages Schweden, Norwe- Strahlenberg, ein ſchwediſcher Officier , welchet gen und Dänemark im ſich fhließt, Man glaus vortreffliche Nachrichten von dem grogen ud bet, die Alten haben es als eine Inſel angefehen, lande und dem nordlichen Europa in Aſia herand und aus diefer Urſache Ultima Thule genannt, gegeben. Man fehe davon fein nord: und 9 ⸗ von Island. 3 wurde : ; « ER \ rde, daſelbſt genaue und fichere Beobachtungen anzuftellen,, und. die Jerthuͤmer zur Zinleitung. Richtigkeit zu — welche der —— Gelehrte in der Geſchichte diefes Eye —— Landes begangen hatte, Nachdem er fich die Fahre 1750 und 1751 hindurch in Island aufgehalten: fo kam er wieder nach Kopenhagen, und brachte feinem Herrn das Opfer Aner Arbeiten und Beobachtungen unter dem Titel; KT. Horrebows zuverlaͤßige Nachrichten von Island nebſt einer neuen Landkarte und zwepjährigen meteorologiſchen Anmerkungen, . Diefe neue Beſchreibung brachte-die- alten ganz und gar um ihr Anſehen und zerftreuere alles Vorurtheil, welches man für Anderfons ſei⸗ ne gehabt hatte. Indeſſen verminderte fie doch die Erkemtlichkeit nicht, welche ihm wegen der gelehrten Unterfuchungen, und derer Wahrheiten, die ſich darinnen befinden, fo billig gebühret, _ Der dänifche Schriftſteller erweift ihm auch, die Gerechtigkeit, und glaubet, er würde fein Werk niemals herausgegeben haben ; wenn er von der Falfchheit derer Nachrichten überzeuges gewefen wäre, die er gefammlet hatte. Wir wollen aber Herrn Horrebowen felbft , oder wenigftens in den Worten feines Weberfegers reden laf- fen. Der $efer wird dadurch ſchon im Stande feyn, von den Verdienften der Schrift: fteller zu ureheifen , welche Nachrichten von Island herausgegeben haben; weil der daͤni⸗ ſche Verfaſſer fie alle in feiner Vorrede unterfuchet, und ſich mit eben fo vieler Befcheiden« heit, als Unparteylichkeit, ihrentwegen zu erklären ſcheint. Obgleich Island, nächft Großbricannien, welches die zwey Königreiche England „und Schottland in ſich faſſet, die größte Inſel in Europa, und alfo ein großes Sand ift, „das wohl verdienere, daß man davon einige Machricht haͤtte: fo: ift doch Fein Sand, wo— „pon man ſo wenig mie Zuverläßigkeie weis, Die Islaͤnder felbft find fo fleißig, wie je „ein Volk auf der Weit feyn kann, gervefen , alles gar einfältig und aufeichkig aufzuzeich⸗ „nen, nos ihrem Baterlande, von deffen Erfindung an, twiederfahren, die man in das »816 Jahr, die Bebauung des Sandes.aber in das 874 Jahr ſetzet. Es wäre daher fehr > wünfchen, daß man aus ihren Nachrichten vom erfien Anfange an. eine Hiftorie von Island zufammen getragen hätte, da man denn einen netten Begriff bekommen würde, „wie es mie einer aufwachfenden Republik hergeht. „So aufmerffam und fleißig aber die Islaͤnder in Aufzeichnung ihrer Hiftorie ge⸗ „weſen, fo wenig find fie Dingegen darauf bedacht gewefen, der Welt eine rechrfihaffene »Defchreibung ihres Sandes zu geben. Denn die kleinen Tractate, welche von Arngrim Jonaͤ „und Theoder Thorlacio als Difputationen herausgegeben worden, kann man nicht als „was Vollftändiges anfehen , wiewohl fie übrigens fehr gut gefehrieben find. Man „Dat es alfo an Fremde überlaffen, diefe Arbeit über fih zu nehmen, welche fonft die „Eingebornen des Landes am beften thun koͤnnten. Denn für einen Fremden ift es feine „ſo leichte Sache, eine richtige Beſchreibung von einem fo großen Lande zu geben, das „zugleich von wunderbaren Dingen in der Natur fo voll iſt. a folches ift einem Freme „den ganz unmoͤglich, wenn ex ſich nicht eine ziemliche Zeit im Sande aufgehalten, bie Ur „Sprache bes Theil von Europa und Affe, z5 &. Mas ’ )s " traide trage. dieſer letztern Meynung vor derjenigen, welche Is⸗ land zu dem alten Thule machet, viele Vocchen⸗ giebt, iſt, daß Strabo im IV Buche fhreißt, das Thule feiner Zeit fep ein ebenes Land, welches Ge⸗ Man wird fehen, daß diefe Deo fchreibung durchaus nicht auf Island gehen koͤnne, und fich vollfommen auf Scandinavien ſchicket. =) Breviarium hiftorig gentium feptentriona= lium, Lib. II. c. 2. Beſondere Geſchichte „Sprache erlernet, und ſich befliſſen Hat, von allen Dingen richtige Kundſchaft ein⸗ Einleitung. —ñN⸗ „zuziehen. — „Wie ſchwer aber dieſe Sache auch iſt, ſo hat man doch unter Fremden ſolche ge „funden, die gemeynet haben, daß ſie im Stande wären, eine Beſchreibung dieſes Lan⸗ „des zu geben, Ihrer etliche find eine kurze Zeit bey dem Sande gelegen, und fo gleich „mit einer Befchreibung deffelben fertig gervefen. Andere haben das Sand gar nicht „einmal gefehen, fondern von folchen Leuten, die auf Island fahren, allerhand Nach— „richten geſammlet, denen fie Glauben beygemeffen, und alfo ihre Befchreibung dara „gegründet haben. Von der erften Are ift der bekannte Blef kenius geweſen, der eine kurze Zeit auf einem hollaͤndiſchen Schiffe unter Island lag, vielleicht auch wohl ein ‚ „und das andere mal an das Sand gieng, aber dortige Sprache im geringften nicht ver- „fund, und gleichwohl nach feiner Zuruͤckkunft eine Fleine Schrift von Island heraus „gab, die eben fo fehandlos, und der Ehre der Narion verkleinerlich, als auf alle Weile „unrichtig und unwahrhaftig ift ; daher ihm der gelehrte Arngeim Jonaͤ in einem „befondern Trackate unter dem Titel Anatome Blefkeniana geantwortet ‚, und ibn mi „derleget bar. „Von der andern Are ift der gelehrte und berühmte Herr Johann Anderfon, wer „land erfter Bürgermeifter in Hamburg, welcher, wie er felbft in feiner Vorrede fchreibt, „verfchiedene Schiffer und Unterfaufleute , die von stand mit Flockfiſche Thrane „und dergleichen nach Gtückftade gekommen, zu ſich führen laſſen, und bald durch man⸗ „cherley Fragen, bald durch Vorzeigung verfchiedener Naturalien feines Vorrathes fie” „dahin angeleitet, daß fie das, was ihnen von dem natürfichen und politifchen Zuftande die „fer Inſel, ſammt den auf felbiger vorgehenden Gewerbe und Handelfchaften aus eigener‘ „Erfahrung bewußt, ihm vichtig und umftändlich evjäbler haben. Was er nun von den- „felben folcher Geftalt herausgebracht, und was ihm auch fonft von Island auf zuverläßiz „ge Weife befanne geworden, folches hat er aufgezeichnet, hernach in Ordnung gebracht, „und es jedermänniglich in die Nände gegeben. — Er har fich bemuͤhet, anfkatt dar „verftümmelten, veralteten und mit unzähligen groben Fabeln verderbeten Rundſchaften et⸗ „was Neueres, Wichtigers, Vollftändigeres und Gründlicheres in Erfahrung zu brin- „gen. Er bat fich aber deswegen an die unrechten Perfonen gewandt; alfo find die Fa- „bein und veralteten unrichtigen Erzählungen vom Sande nue vermehret, des Berfafferd „töbliche Abficht zu nichte.gemacht, und das Publicum betrogen worden. Herr Horrebow zeiger hierauf, wie die Schiffer, Unterfaufleute und dergleichen Derfonen, wenn fie auch glei) Verſtand genug gehabt, dennoch von diefen Sachen nichts miffen koͤnnen, und dem verftorbenen Bürgermeifter bey feiner beften Gefinnung viel Fal⸗ ſches erzählet Haben, woraus er denn feine Schrife gemacht, „Diefe, fährt er fort, iſt hernach aus dem Deurfchen ins Dänifche uͤberſetzt, und | „in beyden Sprachen von manchem mit großem Vergnügen geleſen, da fie gänzlich) — „beten, daß man darinnen eine vollſtaͤndige und zuverlaͤßige Nachricht von dem Lande antreffen wuͤrde. So unwiderſprechlich es aber iſt, daß dieſe Schrift voller gelehrten „und artigen Anmerkungen iſt, die ihres Verfaſſers würdig find, fo gewiß ift es hin⸗ „wiederum auch, daß die Nachrichten, worauf er fich gegründet hat, faſt alle fatfch und „Da „ohne Grund ſind. — “ 1 von Island. 5 Da alfo die von dem fel. Herrn Bürgermeifter niebergefehriebenen Nachrichten * —— Island fo gar unrichtig geworden, und einen durchaus falſchen Begriff von dem San- „be und allem, was dabin gehöre, geben : fo war es um fo vielmehr nothwen⸗ „dig, daß man die wahre Beſchaffenheit erführe, weil der Namen eines fo gelebt: „een und berühmten Mannes feiner Schrift ein folches Anfehen zu geben fehien, „daß niemand einem andern ‚ als ihm, glauben konnte. — Damit man alfo aus „feinem Irrthume komme, und das Sand gegen die harten und unrichtigen Be: „ſchuldigungen verantwortet werden koͤnne, fo habe ich dieſe Schrift aufgefeget., — „Die Nachrichten, welche ich darinnen von Island gebe, find von ganz anderer Na⸗ „eur, Sie gründen fi auf das, mas ich ſelbſt geſehen und erfahren habe, da „ich mich über zwey Fahre lang dort im Sande aufgehalten habe. Was hiſtoriſch „und vergangen iſt, che ich in das Sand Fam, haben mir wackere und ſtudirte Is⸗ „länder erzaͤhlet, die es felbft gefehen baten , und davon beffern Beſcheid mußten, „als die gemeinen Leute, von welchen etwan jene Schiffer und Unterfaufleute ihre Nach- stichten befommen haben ‚mögen. vr Horrebow fager darauf, daß die afteonomifchen und meteorologifchen Beobach⸗ FEN, {ra in —2 En ——— dafelbft gemacht, ihm gewiſſe Kenntniffe don der Höhe diefer Inſel und von der Wärme und Kälte der isländifchen Luft verſchaf⸗ fet haben; Daß die im Chriſtmonate des 1750 Jahres ſich eraͤugete Mondfinſterniß ihm Slands Länge genau entdecket, und daß er gefunden, es liege faſt vier Grad oſtlicher, als man bisher geglauber Hat. „Ich habe mich bemuͤhet, faget er zuleßt, deffen Sage und Umfang recht zu beftim- „men, und ich glaube, ich könne mir fehmeicheln, daß es mir darinnen gegluͤcket ſey. Wie „un meine Schrift von ganz anderer Befchaffenheit ift, als was bisher von Island ber- „ausgekommen, fo ann ich auch von der bengefügten Sandfarte ein Gleiches fagen, Kei⸗ „Ne ber vorigen, am allerwenigften aber die, welche der fel. Herr Buͤrgermeiſter Ander- „fon feiner Schrift vorgefeget bat, find zuverfäßig. Die meinige ift eine richtige Copie „im Kleinen nach einer großen Driginalfarte , daran Fünigliche ngenieurofficier, die »desfalls nach IJcland gefender teren, einige Jahre lang gearbeitet haben, da endlich »1734 der Capitän Knopf fie vollends zu Ende gebracht hat, Diefe Karte ift auf al- lerhoͤchſten Föniglichen Befehl mir mitgetheilee worden, damit fie meiner Schrift folgen „Rönnte, da fie vorhin nie befanne geworden und eine der allerrichtigften ift,,, a an urtheilet alſo wohl, daß Here Horrebow unſer vornehmſter Führer bey der Befchreibung ya geweſen, welche Bier folgen wird. Man bat aber Sorge getragen, alles dasjenige beyzufügen, was in des Herrn Anderfons Nachrichten nicht ift getadelt worden. Diefe beyden zuſammen gegoffenen Werke geben alfo die genauefte, die vollftändigfte und neuefte Kenntniß von Island, die man bisher gehabt bar, ohne daß man es verabfäumer Bat, alles dasjenige zu fammien, was man ficheres und wichtiges in denen verfhiedenen Schriftſtellern har finden koͤnnen, die man angeführet hat. ) RER Re | — Beſchrei⸗ Befchrei- bung von Island. Islands Lage, Deſſen Um: Fang. 6 Ban nn 2 a a a a en ee u 7 m Beſchreibung von Jsland. Der TE Abfihniek. Islands Lage, Groͤße dieſes Eylandes, deſſen Witterung u. d. g. Islands Lage. Deſſen Umfangs Witterung daſelbſt; Laͤnge der Winternaͤchte; Dauer der Som“ mertage. Nebenfonnen, Orcanen., ‚ Tan liege im atlantifchen Meere 3) unter dem 64 Grade 6 Minuten der Breite un® 25 Grade gegen Welten vondem Londonſchen Meridiane 4), zweyhundert und vierzig “ — — re Seemeilen von den norwegiſchen und hundert von den groͤnlaͤndiſchen Kuͤſten. Cs iſt folglich vier Grad mehr gegen Oſten, als man es glaubete 5). Was die genauen Ausmeſſungen der Inſel betrifft, ſaget Herr Horrebow, ſo iſt es ſehr ſchwer, ſolche zu geben. Dieſe Verrichtung würde viele Reiſen erfordern ; und matt koͤnnte ſich nur erſt nach vielen Arbeiten, wegen einigen gluͤcklichen Erfolges ſchmeicheln. Wenn man indeſſen, die verfchiedenen Anmerkungen, die er. gemacht hat, mit den Zeug- niffen der am beften unterrichteten Islaͤnder vereiniget, fo kann man urtheilen, daß ihr Land von Oſten gegen Welten auf ſechs und neunzig dänifche Meilen hat 6), Was feine Breite von Süden gegen Norden betrifft, fo kann man urtheilen, daß, wenn man die al- fer ſchmaͤlſten Dexter betrachtet, fie nicht mehr als vierzig Meilen haben: es finden fi aber auch andere, bie bis auf fechzig gehen. Wenn man alfo die Stärfe und Schwaͤche gegen einander. vergleicht, Fan man, ohne Irrthum die Breite der Inſel über: nen Grad. „Ganz Island darf, nach Heren Mallets Anzeige in feiner Einleitung zu der Ge⸗ „ſchichte von Dänemark, nicht anders, als ein großes Gebirge angefehen werden, welches mit „tiefen Hoͤhlen befäer ift,und in feinem Schooße viele Mineralien, zu Glafe gewordene „und harzige Materialien verbirgt, und welches fich auf allen Seiten mitten aus der See „erhebt, die es als einen kurzen und abgeftümpften Kegel umfließe. Seine Oberfläche Zeiget dem Auge nichts, als Bergfpisen, die von Schnee und ewigem Eife weiß find; „und noch tiefer unten das Bild der Verwirrung und des Umſturzes. Esiftein ungeheus „rer Steinhaufen von zerbrochenen und fehneidenden Felfen, die zuweilen Lichericht und bald „zu Kalke geworden find, und oftmals durch die Schwärze und die Spuren des Feuers, „welche noch Darinnen eingedruckt find, erſchrecken. Die Spalten und Höhlungen diefer haupt auf fünfzig daͤniſche Meilen fegen, oder auf bundert, zu fünf und zwanzig auf ei: „Felſen find nur miteinem rothen, ſchwarzen und weißen Sande angefüllet: in den Thaͤe „tern aber, welche die Gebirge zwifchen fich machen, findet man weitläuftige und angeneh⸗ „me Ebenen, wo die Natur, welche ftets einige Linderung unter ihre Plagen miſchet, eine „ertraͤg 3) Man giebt diefen Namen oder den Namen 4) Welches auf 27 Gr. 25 Min gegen Weſten des fpanifchen Meeres dem Oceane, welcher die von dem Parifer Meridiane ift. Küften der Barbaren und Europa von einander 5) Ein deutfcher Schrifeiteller behauptet, Hor⸗ trennt, von dem Berge Atlas bis an die Inſeln rebow habe ſich geirrt, und es fey nicht wahr“ Hetland, welche den norwegiſchen Kuͤſten nahe fcheinlih, dag Island oftlicher liege, als mal liegen. glaubete/ — — — — — — — in: —— * ET en Fe + 4» Er n Mi] 7 m [Im __ IT m Im I I Im — 3 ALT m mm mm mm m m m Sn m me m — mm — mr — Be — nd mm em m a — mm m N m [DI ar mo nm m NT nd TUN [ nm _ Ni Welklihe Zuernge — — | — a a RE — — rk u — Pose 8 N, 8 8 > 8 Erklserungen . — IR — — * von JSLAND Wcenfüh up or efchofleche Stardite auf dbefer Ti “ — zur Fortfetzung- deı allgemeinen Hiftorie der = — —— eg — =P: i a Eee - re I , A eilen nach Hrn Horrebows seiner gezeichnet . — — wedhe Infel kommen. * TVäÆXSASAÆM!2S — arelohe das ganze Sg ARhr meet fe und Schnee 4 = Das wor£sysfel, IL weelals —— oder Amt. a - 2 ei den, = I — — — er Panjer- | um a mm m an — um m m m m m m — —— m nm mm mn! 1 1 \ \ ST 2 er} — — ma —ım BE m mm — ml — m IM m eher — DOOF — DE — Do I — m mm m v S F Ss u BAA———— % 213 212 TEXTEFEE — — nen A r. — —— Befchveisung von Island. | 7 »rtraͤgliche Zuflucht denen Menfchen läßt, "welche Feine andere kennen, und dem Viehe ei. Befhreis Re überflifige und fehe zarte Nahrung giebt.,, Salandı „Ran glauber mit ziemlich gutem Grunde, daß der Anblick diefes Eifes, womit bie > Spigen der Gebirge und der größte Theil der Küften faft beftändig bedecket find, ihm den Fee Eisland habe geben Laffen, welches man Island in einer plattern Sprache pricht. Die Himmelsluft dieſer Inſel iſt überhaupt mit der in Schweden und Dänemarf Mitterung einerlen, Die meteorologifchen Beobachtungen des Heren Horrebows zeigen folches daſelbſt. klarlich · Ey erhellet aus ihrer Unterfuchung, daß die vier Jahreszeiten dafeldft ſehr un« Eſchieden find, wider die allgemeine Meynung, die in Island nur zwo Jahreszeiten, Immer und Winter, zuläße : . —5 Der Frühling ift daſelbſt lieblich und angenehm; der Sommer fälle durch die übers mäßige Hitze nicht beſchwerlich; der Herbft ift mit Regenwetter und fehönen Tagen ver- wiſcht; der Winter fängt im Chriftinonat an und bringt zuweilen viel Schnee mit, die groͤßte Kälte aber läßt fi im Hornunge oder Märze fpüren, . Bu der Strengedes Winters gefeller fich noch die Unannehmlichkeit der kurzen Dauer der Tage, Es ift aber nicht der Wahrheit gemäß, daß die Finfternif viele Monate fang binter einander dafelbft herrfche, wie alle Erdbefehreiber vorgeben. Anfänglich muß man wohl Acht darauf haben, daß die Tage in der ganzen Inſel nicht gleich ſeyn koͤnnen ſon⸗ ern daß ſie im Winter viel kuͤrzer und im Sommer viel laͤnger ſind, nachdem die Oerter ebr gegen Norden, oder umgekehrt, liegen. Kerr Horrebow verſichert uns, nach dem Zeugniffe geſchickter und gelehrter Seute, Länge der welche die nordfichen Theile des Eylandes bewohnet haben, daß die Sonne an dem Fürge- Winternaͤchte. * Tage des Winter ungefähr eine Stunde über dem Horizonte erfcheine, und daß der ichte Tag ohne Demmerung daſelbſt faſt vier Stunden herrſche. Es kann auch geſchehen, daß an den aͤußerſten nordlichen Enden, als 5. E an der Ede im Norderſtrande und Iſords⸗Syſſei die Sonne ſich einige Tage lang nicht zeiget: indeſſen bleibt man da⸗ feibft doch nicht im Dunkeln. Vermittelft der Stralenbrechung bat man dafelbft Dem- gen, welche viele Stunden lang hell machen, Sie find um fo viel merfwürdiger, eobachtei der dänifhe Berfaffer, weil die Sonne in Jsland lange Zeit vor ihrem Auf- gange und nach ihrem Untergange dicht unter oder neben dem Horizonte bingeht, das ift, ſchiefere Winkel machet, als in den weiter gegen Süden gelegenen Laͤndern. Man weis, - daß fie bey dem Auf-und Untergehen einer Sinie folget, die einer Perpendiculärlinie ime mer näber koͤmmt, fo wie fie gegen den Aequator zurücket, wo die Linie, welche fie be- ſchreibt iedem Horizonte ganz perpendiculär iſt. Aus diefer Urfache genießt man laͤn⸗ er D emmerungen bey den Polen, wenn unter der Linie und in den daran liegenden ändern die Finfterniß den Augenblick ankoͤmmt, da die Sonne den Horizont ver- ; laffen bat, In geubete. &. D. Ant. Zries. Baſchings meme O Die daniſche Meilet fünftaufend Schritt; Lrdbeſchreibmg Th. a. d. 369 ©. der Aufl, von man brauchet zwölfe zu wi. Grade. Sechs und 1764, Er faget, es liege ungefähr hundert und nennzig dänifche Meilen alfo machen ungefähr zwey⸗ Wanzig Meilen von Drontheim und ſechzig Mei⸗ hundert franzöfifche Seemeilen zu fünf und zivane - en von Grönland, ne zig anf einen Grad, 8 Beſchreibung von Island. Beſchrei⸗ In Anſehung deffen, was ſich den Sommer in Island eraͤuget, fo verguͤtet bie Jam bung von ge der Tage in diefer Jahreszeit die Kürze der Wintertage, Die Sonne bleibt nur zwo Island. His drey Stunden unter dem Horizonte; und von der Miete des Mayes bis in den Herbſt⸗ monat ift Feine Mache mehr, oder fie find wenigftens mie einer fo. großen Klarheit beglets ; —— tet, Daß man ſehr leicht leſen kann. Die Nordlichter und die Nebenſonnen find Lufter⸗ — ſcheinungen, die man in Island ziemlich oft wahrnimmt, ſonderlich die erſten. Sie etz leuchten faft alle Winternächte: ihre: Helle aber ift felten fo-ftarf, daß man große Bor: theile davon ziehen Fönnte. Die Reiſenden allein Fönnen fich diefes Lichtes zu Nutze ma⸗ chen, daß fie nicht irre gehen ; es wuͤrde aber nicht zureichend feyn, etwas baben zu arbeiten. Nebenſon⸗ Die Nebenſonnen find wie Regenbogen gefaͤrbte Ringe, die man um die Sonne herum nen. wahrnimmt. Es giebt wenige Jahre, daß deren nicht in Island erfiheinen, und man fiche fie da, ſo wie an andern Orten, als die Ankündigung des übeln Wetters und der Stürme an, welches gleichwohlniche verhindert, daß das Gegentheil nicht oftmals geſchieht. J Oreane. Die Lage von Island ſetzet es vielfältig der Heftigkeit der Winde aus. Man ent? pfindet dafelbft zuweilen Orcane, welche große Verheerungen allda anrichten: indefle find fie doch nicht fo gemein, als es Anderfon vorgegeben hat; denn Horrebow verſichert, er habe in zweyen Jahren nur zween gefehen. Im Sommer find’ die Winde ein groß? Beyſtand wider die Hitze. So oft es ſchoͤn Wetter ift, fo erhebt ſich gemeiniglich wäh vond der Macht ein Landwind, welcher in der ganzen Inſel herrſchet. Zwiſchen neun und eilf Uhr des Morgens folge ein Fleiner Seewind, welcher bis um fuͤnf Uhr des Abend und zumeilen auch wohl bis zu Unfergange der Sonne dauret. Diefe beyden Winde er⸗ feifchen die Luft fehr lieblich und bringen weder Regen noch böfes Wetter. Der 11 Abſchnitt. — Islands Beſchaffenheit, Natur feiner Gebirge und ihr Unterſchied. Gebirge auf der Inſel. Felſen, welche Jokuls oder Joͤckelen genannt werden. h FEsland ift in feinem ganzen Umfange fehr ungleich und von dem einen äußerften Ende a) His zum andern mit Felfen und unermeßlichen Gebirgen befegee, welche ſowohl von Suͤden gegen Norden, als von Oſten gegen Weſten an einander haͤngen. Indeſſen fin den ſich doch zwifchen diefen Bergen fehr fruchtbare Thäler von einer fehr beträchtlichen Größe. Diefe Befchaffenheit des Landes hat es in achtzehn Kreife eheilen laffen, weicht Harden und Spffel genannt werden, deren jeder funfzehn bis zwanzig Meilen haben kann. Dieſe Harden werden auch durch große Meerbufen oder Fluͤſſe abgeſondert, un es find viele darunter fo weitlaͤuftig, daß man zween Unteramtleute daſelbſt hat beſtell — € ’ mutfen, j Gebirge auf = m Bon allen Bergen, welche in der Mitte der Inſel find, find die meiften unfrucht⸗ der Inſel. har und unbewohnet. Es finden ſich wenige, welche Weide geben. Diejenigen aber welche nahe bey den Kreifen find, Diejenigen, welche fie abfondern oder in ihrem Bezirke fiegen, find insgemein ſehr fruchtbar und geben vortrefflihe Fürterung für das Vieh⸗ Felſen Jokuls Man theilet die unfruchtbaren Berge in zweyerleh Arten. Die einen ſind bloße De eder Jockelen on Feiſen und Sande; die andern find Selfen,welche das ganze Jahr über gänzlich Od genammt nm aufihten Spisen mit Eife und Schnee bededet find und Jokuls, Jsetelen I I and Beſchreibung von Ieland, 9 Hanne werben. Es gehen im Sommer große Bäche Heraus, deren Waſſer truͤbe, ſchwaͤrz⸗ Befhrdi, lich und meiftens von fehr übelem Geruche iſt. Ä —— Das ſonderbarſte ift, daß diefe Joͤckelen, die nicht ſehr hoch find, von vielen andern ZT”, weit hoͤhern Bergen befkrichen werden, auf welchen man indeffen doch im Sommer weder | is noch Schnee fieht. Ohne Zweifel muß man die Urfache davon in der innen Ber ſchaffenheit diefer Felfen und in der Menge Salpeter ſuchen, womit fie angefuͤllet find. Die Natur diefer Joͤckelen, ſaget unfer dänifcher Reifebefchreiber 7), feet eben fü febr in Bewunderung, als die Erfcheinungen, welche dabey bemerfee werden, Sie ger ören aber mehr zu einer phyſikaliſchen Betrachtung, als zu einer Hiftorifchen Beſchrei⸗— bung von Island und Fönnen auch einem Naturforfcher genug zu ehun machen. Doc —* auch die hiſtoriſche Betrachtung derſeiben ſchon Anleitung geben, etwas von ihnen zu elden, Diefe Joͤckelen nehmen zu, nehmen ab und verändern ihre Lage faſt täglich. Wenn man z. E. Spuren im Sande fießt, daß geftern allda jemand gereifet ift, und man als» dann denfelben folget, fo gefchiehe es nicht ſelten, daß man mieten auf dem Joͤckel derge- ftalt ing Eis koͤmmt, daß man nicht Hinüber kommen kann, woraus zu ſchließen ift, daß dieſes Eis geſtern nicht da geweſen. Nimmt man alsdann den Weg unten um den Joͤ⸗ et, oder das Eis, eine Vierthelmeile oder weiter herum, damit man demfelben vorbey nme, fo wird man die Spuren der Neifenden in gleicher Linie mie den Spuren auf der Andern Seite des Eifeg wieder finden, . en fo traͤgt es ſich Gegentheiles auch wohl zu, daß man nach wenigen Tagen, “ einen Weg und eine Bahne antriffe,wo vorher Joͤckel oder Eisgebirge waren. Wenn ſich einige Anvorſichtige Reifende zumeilen gewaget, über das Eis feibft zu reifen, fo ift es wohl geſchehen, daß ſie ihr Pferd in einer Kluft zwiſchen dem Eiſe verloren haben, ohne 8 retten zu koͤnnen. Einige wenige Tage hernach aber hat man, welches zu verwundern anz oben auf dem flachen Eiſe liegen gefunden, daß alſo da, wo zu: ift, eben das Pferp 8 —* ein Loch wohl von etlichen Klaftern tief im Eife gervefen, es nunmehr ganz glatt und at, eben w Es giebt alſo zwar keine gewiſſe Wege bey dieſen Joͤckeln, aber doch allezeit eine Bahne, wobey es ſich wohl zumeilen zutraͤgt daß Reiſende zu Schaden kommen, welches aber: doch ſelten geſchieht. Dergleichen Joͤckelen giebt es nur in Skaftefields-Spfftl im fübtichen Theile des fandes, Die übrigen Joͤckelen, als Hecla, Weſter⸗Jockel, Dranz — * —* andere find von einer andern Beſchaffenheit und verändern ihre Sage nicht ‚mie Diele, - j Der III Abſchnitt. Die merkwuͤrdi i gſten fenerfpeyenden Berge in Island. Seuerfpeyende Berge, Au ; x la. De | Berg Krafle. Feuerfiu Ferordentlicher Ausbruch des Joͤckels Koͤlegau. Der Berg Hecla. | Hie meiften dieſer Joͤckel ſind ſeuerſpeyende Berge, welche von einer Zeit zur andern Feuerſpeyende g Feuer und Flammen von ſich geben, und Erdbeben verurfachen. Man zaͤhlet Berge. | Deren DA d.8.&. nad) der deutſchen Ueberſetzung, welche 1753 zu Kopenhagen herausgekommen. Allgem, Reifebefchr. XIX Band, B ©: : Befondere Gefebichte ee ’ - Beſchrei⸗ deren ungefähr auf zwanzig in der ganzen Inſel. Die Einwohner nahe um den Je bung von ckeln herum haben aus der Erfahrung gelernet, daß wenn diefe Eisberge wachfen, das i Island. ern das Eis und der Schnee fo hoch ſteigen, daß die Kluͤfte verſtopfet werden, woraus vorher Feuer gekommen ift, alsdann mit nächftem ein Erdbeben zu verrmuthen fen, wor auf unfehlbar Ausbrüche von Feuer auf diefen Bergen erfolgen. Aus biefer Urfa befürchten jetzo die Jsländer, wie Horrebow ſaget 8,) daß das Felfengebirge, welches 1728 in Sfaftefields- Spffel brannte , ſich nächfteng wieder entzuͤnden werde, weil fie jenen koͤnnen, daß der Schnee und das Eisdarüber gewachfen find, und vermuthlich deffen suft löcher verftopfen, wodurch die Ausdünftung gehindert wird. Man wird fich von den erſchrycklichen Wirkungen dieſer Joͤckel einen Begriff auf der Erzählung machen fönnen, die wir von der abſcheulichſten Verheerung geben wollen, die man jemals in Island gefehen hat, und welche ſich 1721 eräugere. Der Joͤkul, Koͤtlegau genannt, im weftlichen Theile des Sfaftefields - Syſſels 9* Außerordent⸗ licher As: gen Süden, fünf bis ſechs Meilen vom Meere ab, bey Portlandsbucht gelegen, entzuͤndett buch des 30: fich nach vielen vorbergegangenen Stößen eines Erdbebens und fpie viel Rauch und Feuet ckels Kötles “aus, Diefe Entzündung fehmeljete zugleich einige Eisklumpen von ungeheuerer Größer en woraus heftige Ströme entſtunden, welche die Ueberſchwemmung mit Schreden fehr mei trieben und eine ungeheuere Menge Erde, Sand und Steine nach dee See führeren. Sie macheten das Erdreich, worüber fie hinfuhren, ganz unbrauchbar, weil die ganze obere Erdlage abgeriffen wurde, fo daß nichts als Sand zurüd blieb. Die erfchrecflich großen Eisftücen, welche mit diefer Ueberſchwemmung von dem Gebirge herunter Famen, fuͤh⸗ veten einen fo unbefchreiblichen Haufen Erde und Steine mit fich, daß die See draußen ſ ſtark mie Eife, Erde, Sande, Steinen us d. g. angefüllee wurde, daß eine halbe Meile” vom Sande gleichfam ein Fleiner Berg in der See entftund, der aber doch mir der Zeit wie⸗ der abgenommen, wie wohl er 1750 noch, da Herr Horrebow in Island war, über dad Waſſer hervor ragete. Zween Reiſende, welche nahe bey dem entbranten Joͤckel waren und dieſe Ueber⸗ ſchwemmung von demſelben kommen ſahen, fluͤchteten ſich auf einen kleinen Berg, welcher zwifchen dem Felſengebirge und dem Meere lag. Die Gewaltfamfeie der Ueberſchwem⸗ mung riß eine fo beträchtliche Menge Erde, Sand und Steine von diefem Berge, d die vom Schrecken befallenen Reifenden alle Augenblicke glauberen, fiewürden den ganzen Berg fortgefehleppet ſehen. Nach einer Zeit von anderthalb Tagen, die fie auf der Spihe geblieben waren, reifeten fie gerade über die Gegenden, welche die Ueberſchwemmung gE troffen hatte, Won diefen Leuten, welche die getreueften Augenzeugen diefer abſcheulichen Begebenheit gervefen und man deswegen befragen fonnte, ſcheint der dänifche Berfafle diefe Erzählung zu baben. Er feget hinzu, was für eine große Menge Eis, Stein, Sand und Erde durch Die fe Ueberſchwemmung in das Meer fortgeführet worden, ſolches Fünne man daraus urt len, daß auf den Weftnannsinfeln, die ungefähr zwölf Meilen davon in der See fiegen, Daß Meer mit einer folchen Macht fo ungewöhnlich hoch ftieg, daß die. Fifcher an der Seefle fie alle Mühe harten, ihre Böre zu retten, welche ein wenig eben auf dem Ufer fund und die See zugleich in die am Ufer ſtehenden Fifeherbuden hineinſtuͤrzete. P 8 Am angeführten Orte a. d, 38 ©. ET, von Island. Be. Der Rauch und die Aſche, welche ein jeder Ausbruch des Joͤckels ausftieß, ver- ——— dunkelten die Luft dergeſtale, daß man in der Gegend die Sonne einen ganzen Tag lang — wicht ſah. Die Aſche welche dem Striche des Windes folgere, wurde unglaublic weit N, geworfen, und ein Theil Heu, welches auf dem Felde lag, wie auch das Gras, ja fo gar ein Theil Fifche, welche Bier oder dort zum Trocenen lagen, damit uͤberſtreuet. Zum guten Gluͤcke kam nicht lange darauf ein ftarfer Degen, welcher einen ganzen Tag dauerte, Und einen Theil von der Unordnung wieder herſtellete. Das Feuer aus dem Berge gab nicht ſtets eine ſehr helle Flamme und brannte nicht immer lichterloh; ſondern es kam nur ¶ wellen ſehr heftig Bervor, und eine Zeitlang hernoch entſtund ein flarker Rauch und Dampf. Vermuthlich wurde das Feuer von Zeit zu Zeit, durch die großen Klumpen Eis und Schnee, die in den Schlund hinunter fhürgeren, erfiflger, da denn die Zerfchmeljung derſel⸗ ben mehreren Rauch und Dampf verurſachen müffen. — Dieſe ganze Ueberſchwemmung waͤhrete drey Tage, nach welchen man wieder, wie zuvor, über die Oberfläche der Berge reifen konnte. Was die andern feuerfpeyenden Berge anbetrifft, fo ift der Berg Hecla, den man er Berg flets unter die berühmteften in der Welt wegen feiner entfeglichen Ausbrüche gezaͤhlet har, Hecla. eutiges Tages am menigften fürchterlich in Island. Die Berge Rötlegau, wovon gereder worden, Oeraife, und der Berg Krafle haben in den neuern Zeiten fo viel erheerungen angerichtet, als der Hecla vordem gethan Bat. Man merket an, daß diefer legte nur zehnmal in einer Zeit von achthundert Jah⸗ ven Flammen ausgefpyen: nämlich in den Jahren 1104, 1157, 1222, 1300, 1341, 1362, 1389, 1558, 1636, und das lehrte Mal 1693. Diefer Ausbruch fieng den ız£en des Hotnungs an und dauerte bis auf den folgenden Auguſt fort. Alle andere Entzün- dungen haben ebenfalls immer einige Monate gewähren. Es verdienet dabey angemerket du werden, daß der Hecla, da er in dem vierzehnten Jahrhunderte am haͤufigſten, naͤm⸗ 1% zu viermalen geraſet, er Hingegen in dem nachfolgenden funfzehenten Jahrhunderte ganz ſtill gewefen und hundert und neun und fechzig Jahre hinter einander fein Feuer usgeworfen. Seit diefer Zeit hat er in dem fechzehenten Jahrhunderte nur einmal und in dem ſiebengehnten zweymal Feuer gefpyen, worauf-er nun über fiebenzig Jahre ruhig geweſen 9). . Jetzo wird auf dieſem Berge wirklich weder Feuer, noch Rauch, noch Dampf ge— Nrühret; nur findet man einzig und alfein in etlichen Eleinen Höhlen ſiedend Waſſer, fo wie an vielen andern Orten in der Infel, Im 1750 Jahre reifeten zween islaͤndiſche Studenten von Kopenhagen, die in der Abſicht berumgogen, ſeltſame in der Naturlehre einſchlagende Dinge aufzufuchen, ei⸗ ne ziemliche Zeitlang auf diefem Berge herum: fie fanden aber fonft nichts, als Steine, Sand und Aſche, Bin und wieder Risen und Klüfte, auch einige fiedende Waſſer. Nachdem fie fich alfo ſehr abgematter hatten und bis an die Knie in Aſche und Sande berum gegangen waren, ſo kamen fie endlich unbefchädiget, wiewohl ganz ermüder, von dort zurück, Sie hatten nicht das geringfte Zeichen von Feuer daſelbſt geſehen und auch) nicht bis auf die Spige des Berges kommen koͤnnen, weil der Hecla, welcher einer von | i 2 den H Nach den ansländifhen und franzöfichen Zeitungen Kat det Hecla 1724 Feuer ausgeworfen. Befchreis bung von Island. ae * Der Berg Krafle. Beſondere Geſchichte den groͤßten Bergen in Island iſt, ſeine oberſte Spitze ſtets mit Eiſe und Schnee be⸗ decket hat. 10). Sm 1726 Jahre geſchahen im Norderſyſſel einige Erdbeben, worauf ein großel Berg, Krafle genannt, mit erſchrecklichem Krachen und Saufen anfieng, Kaudı Feuer, Afche und Steine von fich zu werfen. Diefer Felfen brannte zwey bis drey Sabre lang ‚fort, ohne einigen Schaden zu thun, weil alles wieder auf ibn zuruͤck ober um beflen Fuß herum. fiel ı1). J Gleichwohl entzuͤndeten ſich von dem ſtarken Feuerſpeyen 1728 einige da herumlie gende Schwefelgebirge, welche eine Weile fortbrannten, bis von der brennenden Mall vie gleichfam ein Feuerfluß geſammlet wurde, welcher ganz langſam von diefem Berge him unter gegen Süden fortfloß. Einige Einwohner um -den großen See Myvatne, we cher drey Meilen davon liege, fürchteren fch vor den nach und nach herannahenden Feuerfluffe und verließen im Fruͤhlinge 1729 ifre Wohnungen, nahmen auch im Som mer das Hölzwerf von der Kirche und ihren Häufern herunter, welche denn im Herbflt durch dieſen langſam fortgehenden Feuerfluß uͤberſchwemmet wurden. Er umfloß auf die Kirche, befchädigte fie aber nicht, weil fie auf einer Kleinen Höhe ftund. Endlich begab er ſich mit einem gewaltigen Brauſen in die See, welches von dem Streite dieſet beyden widrigen Elemente natuͤrlicher Weiſe entſtehen mußte. Auf dieſe Are floß gr dachter Feuerfluß fort bis 1730, da er von ſelbſt aufhoͤrete, weil die Schwefelgebirg vermuthlich Feine Materie mehr hatten, ihn weiter zu unterhalten. Mach der Zeit war) diefe fließende Materie hart und hinterließ den ganzen Weg hindurch, wo fie gefloffet war, gebrannte Steine, Der See My⸗Vatne wurde ebenfalls damit angefüller, und dadurch da, wo er vorhin ziemlich fief geweſen, fehr feicht gemacht. Die Fiſche, die zuvor häufig dafelbft gefangen wurden, ließen fich in langer Zeit darinnen nicht mehr finde find aber jetzo wieder allda vorhanden. Diefer See bar ungefähr zwanzig Meilen im Umfange, und liege auch zwanzig Meilen von dem Meere entfernet. Die Feuermakt tie, welche fo langfam floß, war wie ein Dicker Brey, oder wie ein flüßiges Metall, und beftund vermurhlich aus gefehmolzenem Schwefel, Steinen, Schutte und dergleichen Auf ihrem ganzen Wege wurde nicht das geringfte Stückchen Erde dadurch entzuͤndet und raan fonnte ficher zu. ihr hinan geben. | Der dänifche Schriftfteller ſaget, er habe vielmals mit einem anfehnlichen ve nünftigen Manne in Island davon gefprochen, der oft bey diefem Feuerfluffe geweſen und ihn verfichere habe, daß er auf der Reife feine Tabackspfeife dabey angezündet; B wenig gefährlich fey es geweſen, fich demſelben zu nähern, und fo ftill und gemächlih fey er fortgefloſſen. +1 Wir wollen von den andern feuerfpeyenden Bergen in Island nicht reden; es if genug, daß wir die anfehnlichften davon bemerket haben, N | | | Dr 20) Am angeführten Otte a. d. 54 &, u) Ebendaf. a. d. 30 u. ff. ©, — e von Island. E) Der IV Abſchnitt. — Ebenen und Thaͤler in Island. Island. Zriſchen den Gebirgen und an den Kuͤſten finder man Thaͤler, welche vortreffliche Wei⸗ de geben. Die Thaͤler mitten im Sande find nicht bewohnet, man treibt aber die Schafe dahin, welche das ganze Jahr auf dem Felde bleiben. Diefe Thäler find von vielen Eleinen Bächen , Slüffen, und auch Seen durchfchnitten, welche vortreffliches füßes Waſſer haben uns eine Menge Forellen und Lachſe ernaͤhren, und die Fruchtbarfeit und Anmuth über die Wiefen ausbreiten, welche fie wäflern. 4 Die andern großen Thaͤler, welche bewohnet werden, find viel niedriger, als die mitten im Sande, Sie erftrecken fich gegen die Küfte und längft am Meere bin. Eini- ge darunter find vier bis fünf Meilen breit; andere‘, welche ſich erſt viele Meilen weit wiſchen den Bergen hindurch fchlängeln ‚verlängern ſich bis an die Ufer des Meeres, Diefe großen Thaͤer machen die Kreife aus und ſchließen noch viele Fleine Thäler in ſich, welche zum Öraswuchfe dienen. Viele Privarperfonen haben dafelbft Häufer, welche fie den Sommer über bewohnen, und worinnen das ganze Jahr hindurch Leute bleiben, wel: _ be für das Vieh forgen, es melken, Butter machen und die Wolle einfammlen, Der VAbſchnitt. Fluͤſſe, füße Waſſer, Brunnen, heiße Quellen in Ssland. Stäfte, deren Beſchaffenheit; heiße Mäffer, deren Ihre Wirkungen. Andere heiße Quellen. Ge: me Drey fonderbare heiße Quellen. brauch der Eochenden Waͤſſer. © die Fluͤſſe und Bäche, twelche von den Gebirgen in das platte Sand ‚herunter kom⸗ Fluͤſſe, deren ve men, find ſehr fifchreich, Das Meer machet auch große Bufen , welche der Fifche: EM fe (be günftig und ſehr gefchicke dazu find, Es giebt noch viele Seen mit füßem Waf- a die auf fechs Meilen im Umfange Haben, und andere Fleinere, die ebenfalls ſehr gute Fifche, als Sachfe, Forellen von vielerley Arten, Yale u, ſ. w. ernähren: fern ner, „Die Fiſche, faget Herr Horrebow 12), werden auch in einigen warmen Wäf- ſeli Sefunden , welche gerade in bie Fluͤſſe fallen, woraus zu ſchließen ift, daß fein ſchwe—⸗ *üchtes oder fcharfes minevalifches ABefen in diefen warmen Wäflern fey. ' an unterfcheidet in Island dreyerfey Arten heißer Wäffer, welche insgemein Heiße Waͤſſer, "dern genannt werden, Einige find nur mäßig heiß, welches davon herkoͤmmt, daß — * Unter⸗ Te Ober inte beißen Grund weglaufen; andere find ſiedend heiß, welche eben folche Bla⸗ ſchied. ——— wie das kochende Waſſer. Noch andere find fo übermäßig ſtark kochend, j& > Waſſer, wie ein Springbrunnen, in die Höhe treiben, Diefe letztern kann ne er in Wweyerley Arten theilen , indem einige ohne gewiſſe Zeit und Ordnung as aſſer ſo ſtark ko en, andere hingegen zu gewiſſer Zeit damit aufhoͤren und in eis ner beftändigen Drdnung das Waſſer von fich hinauf werfen. Zen Dieter Bu ‚are iſt das Heiße Wafler in Huſevigs Diftricte in Norderfpffel, - ei Bee ums "eefwünbigfe im Sande ift, und wegen ihrer reden, Ei⸗ ee amteit der :dienet; daher fie Horrebow kuͤrz— lich befchrieben ‚hat 13). Naturforſcher verdiener; a ſe N BB, - Nabe 12) Ebendaſ. a, d.72 ©, 3) Ebendaſ. a. d. 5 ©, Beſchrei⸗ bung von Island. Drey ſonder⸗ bare heiße Quellen. pre Wir⸗ kungen . "ungeachtet ihrer Schwere, allezeit wieder. herausgeworfen. 14 Beſondere Geſchichte Nahe bey einem Hofe, Beykum genannt 14), liegen drey Hveren, oder heiße . Quellen, die ungefähr dreyfig Klafter von einander entfernet find. Das Waſſer for cher aus denfelben wechſelsweiſe dergeftalt herauf, daß, wenn Die Hvere, welche an dei einen Ende ift, Wafler ausgeworfen hat, fodann die mittelfte, hernach die an dem an dern Ende und darauf wieder die erſte ein gleiches zu thun anfängt. In dieſer Ordnung fahren ſie ſtets fort, hervor zu quellen, jede ungefähr dreymal in einer Vierthelſtunde. Diefe dreh Quellen find nicht auf einem Berge, fondern auf einer Ebene von ziem⸗ fich großem Umfange, neun bis zehn Meilen von dem Berge Krafle. Sie find alle in einem harten Steingeunde. Zwo derfeiben haben keine reine Oeffnung, ſondern treiben das Waffer zwifchen den Steinen nur gar wenig über bie Erde hinauf in die Ho⸗ he, etwan eine Eile hoch. Die dritte aber hat eine ganz runde Deffnung, als wäre je durch die Kunft in einer harten Steinflippe gemacht, die von weitem, wie ein großel Braufeffel ausfieht. Aus felbiger führe das Wafler, wenn die Reise an diefe Hvet oder heiße Quelle koͤmmt, fünf bis ſechs Ellen in die Höhe, worauf es wieder in ſein Behaͤltniß zwo Ellen tief hinunter ſinkt. Man kann alsdann hinzutreten und es nad ſeiner Bequemlichkeit betrachten, auch ſich bey Zeiten wieder zuruͤckziehen, wenn das Waſſer wieder herausbrechen will. Man wird davon durch drey Aufwallungen benach⸗ richtiget. Durch die erſte ſteigt das Waſſer auf die Haͤlfte bis zum Rande; durch die ziveyfe vollends bis an den Rand; und ben ber dritten ſpringt es, wie geſagt, fünf bis fechs Ellen in die Höhe und ſinkt fodann auf einmal wieder zwo Ellen tief in fein Be hältniß hinunter. Unterdeffen daB das Waſſer in diefer heißen Quelle am tiefiten ge⸗ fallen ift, quillt die an dem andern Ende und-hernach die mittelfte hervor, bis die Reihe wieder an die arößte koͤmmt. Die beſtaͤndige und ordentliche Bewegung dieſer drey Quellen iſt nicht das Einzig was man daran bemerket. Ihr Waſſer bringt auch noch ſonderbare Wirkungen hervoty welche eben fo. wunderfam find. Thut man Waſſer aus der größten Hver oder Duelle in eine Bouteille, fo wird man finden, daß es noch zwey-⸗ bis dreymal in eben dem Augen blicke überfäuft, da die Duelle felbft ihr Wafler hervorſchießt. So lange behält dad Waſſer die Gaͤhrung ben fih, nachdem es aus der Duelle herausgenommen iftz darna aber ſtillet es fi und wird kalt. Stopfet man Die Bouteille fogleich zu, wenn mal das Waffer hineingefuͤllet hat, fo kann man völlig verſichert ſeyn, daß. es fie bey Dei erften Aufmwallung der Duelle zerfprenges. Herr Horrebow faget, es fen folches mit vie⸗ len Dutzend Bouteillen verſuchet worden. Wenn man- zu der großen Quelle wieder hinzugeben kann, und etwas hinein wirft/ es ſey von welcher Beſchaffenheit es wolle, auch ſogar Holz, fo zieht fie alles mit ſi zu Geunde: fie wirft folches aber auch, Holz und Steine, wenn fie ihr Waffer wiedet bervorftrudelt, ganz gewiß wieder mit aus, und kann man es alsdann einige Schritt! 7 von ihrem Rande auf der Erde finden. Man bat zumeilen ihre Stärke verfucher und (9 große und ſchwere Steine hinunter geworfen, als ein ſtarker Menfch nur tragen konnte— Sie verurfacheren ein großes Laͤrmen und Braufen in der Hver, gaben aber der Gewal fainkit des Aufwallens bald nach und wurden durch den ſtarken Ausſturz des Waſſers/ Du 14) Diefen Namen Haben fonft noch viele Höfe. im Lande und führen folhen insgefamme 9 = von Island. | 15 Das Waſſer, welches diefe Quelle heraufſtoͤßt, machet einen kleinen Bach, — cher fi in feinem Laufe nach gerade abfühlet und zulegt unweit davon in einen Fluß "eland. fällt, Diefes Waffer ſchmecket wenig oder gar niche mineraliſch und ift gut zu einen, I — wenn es kalt ift. Das ganze Erdreich in der Gegend da herum giebt ftets fehöne Weide, Ausgenommen auf fünf bis ſechs Ellen zunächft an den drey Hveren, fo weit nämlich das Waſſer herumfpriger, wo der Boden lauter Stein ift. Ein Hof, bey welchem das laulichte Waffer diefer Quellen nahe vorbeyfließt, läßt datinnen —— ſein Vieh — — iſt Es bekannt, daß diefe Kühe reichlicher iſch geben, als andere; welches noch eine befondere Wirfung diefes Waflers ift. Ue— brigens Haben die drey befchriebenen Hveren diefe letzte befondere und wunderbare Ei- genſchaft nicht allein eigen, fondern es finden fich noch viele andere, die folche ebenfalls baben, nur daß dabey Feine fosche beftändige und ordentliche Abwechfelung ift. Man findet an mehr als hundert Orten in Zsland andere heiße Waͤſſer. Weil fie Andere beige aber nichts befonders — darbiethen ſo verdienen fie weiter nicht in Betrach- Quellen. tung gezogen zu werden, als wegen derer Wortheile , die fie den Einwohnern verfchaf- fen. Der erfte ift, daß fie vortreffliche Barometer find. Man hat aus ber Erfahrung gelerner, daß der Regen nicht weit fey, wenn diefe Waͤſſer einen dicken Rauch geben: wenn fie hingegen wenig rauchen , fo ift es die Vorbedeutung eines trockenen und heitern etters. Die Urfache davon begreift man leicht. Wenn die Luft feucht iſt ‚jo folget wothwendig, daß ſich die Duͤnſte dieſer Waͤſſer vermehren, wenn die Ausduͤnſtungen ber rächtlicher find. Wenn die duft hingegen trocen ift, fo giebt fie nur ſehr wenig Dün- ſte und die Ausdünftungen find in Kleiner Anzahl. ———— Die Einwohner, melche ihre Wohnung nahe bey diefen heißen Wäffern Haben, und — 9 beſonders bey denen ‚ welche Fochend find, bedienen fich ihrer ſehr nügtich zu verſchiede marc, nem Öebrauche. Sie kochen ihr Effen darinnen, indem fie den Keffel mit kaltem Waſ⸗ —— dem Fleiſche in den Brudel hängen, da denn das Eſſen ohne große Muͤhe gekocht me en Fan, ohne daß die Speifen oder das Waffer einen übeln Geruch davon befom- * Die Reiſenden machen ſich dieſer Quellen ſehr zu Nutze und hängen den Theekeß en hinein, den man auf Reifen gemeiniglich bey fich führer, da denn das Waſſer in we- "iger als einer halben Vierthelſtunde koche: Bey Kryſewig ift eine von diefen ftarfkochenden Quellen ‚ bey welcher der daͤniſche Derfaffer einen Mann figen gefehen, wie er fager 15), welcher befchäfftiget war, aus = TreibHolze Safbänder zu kruͤmmen. Er brauchete fein ander Mittel dazu, als daß d eine Stange in dieſes fiedende Waffer legete, da er fie denn, fo mie er wollte, mehr der Weniger zu geößern oder kleinern Fäffern Frümmen Eontte, ob fie gleich einen gan- den Singer Dick waren. Indeſſen mußte er fich doch, wie Horrebow anmerfet, um ee und manchmal noch eher, fo wie er es nörhig fand, von der Hver entfernen, damit er frifche $ufe fehöpfere. Diefe Vorfichtigfeit wurde deswegen nörbig, weil es daherum voller Schweſei, Afatın, Salperer und alterhand colorirte Erde ift und davon ein erfehrecklicher fehtwefelichter und anderer" übeler Geruch. aus diefer Hver auf- ſteigt. Ich habe felbft, fegee er Hinzu, viele dergleichen Erde dort aufgenommen: ich VE Eonnte, Deren, bey denen fie liegen; denn Keyk heigt anf und Dampfe ſo genannt, der aus den Hveren geſehen Wlandiſch Rauch und daher werden ſie vom Rauche wird, 15) Am angef, Orte a. d. 70 ©, ' ee Brcoeoeeſondere Gefehichte Beſchrei „konnte es aber nicht gar lange aushalten, bey dieſer Hver ſtehen zu bleiben; fü durch⸗ bung von „dringend war der Geſtank dabey, ! JEand, Die Jsländer haben noch einen andern guten Nugen von diefen warmen Waͤſſern Sie bedienen fich derfelben zu Bädern, deren Hiße man mäßiger, wie man will. find durchgängig dergeftalt überredet, daß diefe Bäder beilfam find, und das gebe verlängern, daß diejenigen, die folche in der Nähe haben, fich ihrer zu alten Jahres jeiten fleißig bedienen. Der VI Abſchnitt. | Beſchaffenheit des Bodens in Island, feiner Pflanzen und Früchte, Landbeſchaͤfftigungen der Islaͤnder. In Island, baͤume. Vorfichtigkeit bey Verſetzung devfelen bekannte Pflanzen. Pflanze, die zum Brodte dies in dieſe Inſel. | ‚net. Andere Kräuter. Kuͤchenkraͤuter. Feuchte as Erdreich dieſes Eylandes hat, wie in alfen Laͤndern der Welt, viele Abwechſelung⸗ An vielen Orten finder ſich ein gutes fettes Sand; an andern iſt das Erdreich cho⸗ nicht oder ſandig; anderswo ſieht man ſumpfichtes Land oder Moraͤſte, Myren genannt) welche die allerſchoͤnſte Erde haben, wenn das Waſſer durch Gräben und Randle davon abge leitet worden. Torf iſt allenthalben zu finden, und an vielen Orten ſehr gut 16). Lanbbeihäffe Wie unterfihieden das Erdreich in Island auch feyn mag, und was für Nugen M tigungen der Anſehung des Ackerbaues davon enrftehen koͤnnte: fo Fennen die Einwohner doch gemei⸗ Islander . nigtich Feine andere Sandesbefchäfftigung, als daß fie ihre Wiefen warten, fie dun gen, vor dem Viehe verwahren, und das Gras einfammfen , welches darauf waͤch Dieß macht den Reichthum der Meyerhöfe aus, und ein jeder har feine Wieſen um fi herum, oder nicht weit davon. - Das Gras wächft allda mie folcher Geſchwindigkeit, daß wenn gleich der Schnee an einigen Orten kaum vor Johannis aufdauet, man doch nach vierzehn, ja wohl gar nach zwoͤlf Tagen dafelbft Gras von, unglaublicher Güte ungefaͤht einer Elle hoch hauen kann. \ Bekannte Man Fennet bis jeßo noch Feine andere Pflanzen in Island, als das Loͤffelkraut, Pflanzen in den Sauerampfer, die Angelif, und eine gewiffe Art Mooß, welche auf den kahlen Island. und unfruchtbaren Bergen waͤchſt; und Muſcus catharcticus lslandiæ 17), Fialla⸗Gras Kraut, wel⸗ d. i. Felſengras heißt. Dieſes legte Kraut iſt eine ſehr gemeine Speife, und viele Ein ches ſtatt des wohner bedienen ſich deſſen an ſtatt des Brodtes. Diejenigen, welche nahe an denel Brodtes dies Orten wohnen, mo es waͤchſt, Laffen ſolches in großer Menge fammlen, nicht allein & net. ſelbſt zu verbrauchen, ſondern es auch an andere zu verkaufen, die nicht in der Nabe find, es zu fammlen. „Ich Babe , feget der daͤniſche Schrifefteller hinzu 19), dad „ein ſehr gefundes Effen iſt, oftmals davon gefpeifer, anfänglich aus Neugierde, he „nach auch des guten Geſchmacks und Nutzens wegen. ,; 1 Andere Kräu: . „Außer dieſen vier Pflanzen aber, ſetzet er Hinzu 19), find dort noch viele andet ter. „gefunde und gute Kräuter, fo daß ein Kraͤuterliebhaber ſich dort wohl fo gut, als bi | + ünd „ner 16) Ebendaſ. a. d. 59 ©. dic. et philofoph, Hafnienf. vom 1672 Yapremd ! " 4 16 ©. gegeben, 4 193 Bartholinus hat eine genaue Beſchrei⸗ 18) In feiner Nachricht a. d. 105 Seite nach bung davon in dem erſten Bande feiner Adtor.me- der deutſchen Ueberſetzung. von Island. 17 FE 2 ar ergößen kann, weil er viele Kräuter finden wird, die hier nicht bekannt find. „Befchrei- Diefes aber if es auch alles, was er uns von den wilden Kräutern berichtet, bung von as diejenigen anberrifft, welche man Küchenfräuer nenner, fo erhellet aus fei- Island. ner Erzäßfung, daß man ſolche, wenn man Fleiß anwendet, und im Gartenbaue erfah⸗ ven iſt, in der ganzen Infel erzielen koͤnne, weil man in vielen Gärten Kohl, Seller, Küͤchenkraͤu- Pererfilie, Rüben, Kleine Erbfen, viele andere dergleichen Hülfenfrüchte, und über-"" haupt alle die Pflanzen finder, welche in unfern Küchen gebraucher werden. < h * So verhaͤlt es ſich aber nicht mit den Fruchtbaͤumen, oder Früchte tragenden Stau⸗ Fruchtbaͤume. den. Man ſieht h ier nur Stachelbeerſtraͤuche, deren Fruͤchte ſehr gut reifen, und don gutem Geſchmacke find. „Ich zweilſele daher nicht, ſchreibt unfer Vetrfaſſer 20), Vorſichtigkeit „daß alterhand Fruchtbäune fortfommen und Frucht tragen Fönnen, wenn der Sache beyPeriekung „mie vorficheiger Ueberlegung nachgedacht würde, Die größte Beſchwerlichkeit beſteht derfelden bies „darinnen, wie man die Bäume unbefchädigt berüber befommen folle; denn fie muͤßten her . „zur Unzeit verführen werden, weil die Schiffe nicht eher, als im Maymonate, von „Kopenhagen abgehen, zu welcher Zeit die Bäunze ſchon ausgefchlagen find, und eint- »ge gar in der Bluͤthe ſtehen. Michis deſtoweniger Fönnten fie doch wohl mit geböriger „Vorſichtigkeit und Obhut alfo nach Island kommen, daß fie fich dafelbft erholen und »gedeihen koͤnnten. Der VII Abſchnitt. Zuſtand des Ackerbaues im Jsland. en Ackerbau gewefen. Muth, Es werden Aderleute dahin geſchickt. Wilb tum folcher verlaffen worden. Korn, We Island Gaͤrten enthält, welche allerhand Wurzeln und Huͤlſenfruͤchte hervorbrin⸗ gen: ſo iſt es wahrſcheinlich, daß es auch gleichfalls Getraide bervorbringen wuͤr⸗ °, wenn man den Boden bauere. Allein, die Islaͤnder wiffen durchaus nichts von dem Feldbaue und der Kunft zu fen, Man weis nicht, wovon dieſe Unwiſſenheit her- Vordem ift rühren kann; denn bie mündliche Sage belehret uns, das Sand ſey ehemals gebauet wor Ackerbau da den und es habe befäcte Felder gehabt. Die Wahrheit diefer Sage erfennet man noch Oeweſen. aus den Furchen diefer Felder und aus denen Abtheilungen, die dabey gemacht worden. Diele Meyerhöfe, ganze Ebenen und fogar einige Vorgebirge haben ihren Namen von Are, Ader, als. Akvekor , Akvegierde, welche beyde nahe bey dem koͤniglichen Gute Beffefted liegen, und Akreneß, welches brey Meilen davon liegt. „Leber Die: „ſes, faget Herr Horrebow 21), hat man das alte isländifche Gefeg vor fich, wo in ver- „Ihiedenen Eapiteln vom Saatlande und Aeckern , famt den daher rührenden Streitig- „eeiten, Und wie es damit gehalten werden ſolle, gehandelt wird,,, Ob nun gleich Hieraus bewieſen iſt, daß der Ackerbau auf der Inſel getrieben wor⸗ Muthmaſ den: ſo iſt es Doch ziemlich ſchwer, zu erflären, wie eine fo nuͤtzliche Kunft durchgängig fang, warum 0 fen ſolcher verlaſ⸗ ſen worden. Vordem iſt darinn maßungen, wa 19) Eben dafelbft a. d. 102 ©, ‚ a1) Am.angef, Orte a. d. 112 ©, Allgem. Reifebefchr. XIX Band. — 4 * 20) Eben daſelbſt a. d. 109 S Beſchrei⸗ bung von Island. Wild Korn. Seezucker⸗ gras. 18 Beceſondere Geſchichte ſey verlaſſen worden; wie alle Einwohner auf einmal die Gewohnheit und die Luſt, bat Feld zu bauen und zu fäen haben verlieren fönnen. Man fann indeffen mit ziemliche! Grunde vermuthen, daß das abfeheuliche Sterben, welches gegen die Mitte des vi! zehnten Jahrhundertes eine fo große Menge Menfchen in Europa, und vornehmlich in DA nordifchen Sändern, hinraffete, die. Zsländer fo dünne gemacht, daß es ihnen an geufell feblete, das Feld zu bauen; umd daß unvermerkt, bey der Leichtigkeit der Wiehmweidell die befchwerlichern und vielfältigen Arbeiten des Feldbaues, des Saͤens und des Aern dens feyn verlaffen worden. 4 Seit diefer den Menfchen fo Fläglichen Zeit findet man in den isländifchen Sal büchern nichts, was den Aderbau betrifft. Der dänifche Verfaſſer berichter uns, ® babe fein König viele Bauern aus Dänemark und Norwegen nach Island hinüber geh laffen , welche den Feldbau wieder herſtellen follen. Die Himmelsluft in diefer Zul kann dem guten Erfolge nicht zumider feyn , welchen man ſich davon zu verfpre berechtiget ift; weil man in Lapland, wo der Sommer vie! kuͤrzer ift, fehr ſchoͤncs traide einſammlet. Sechs bis fieben Wochen find genug, es zu fen, reif werden J laffen und einzuärnden 22). Wir haben mehr als eine Sache, welche beweift, daß das Getraide in Stan fehr wohl forefommen wird. Es wächft an gewiffen Orten diefer Inſel, bornehmi in dem Skaftefielder Kreiſe, eine Art von wildem Korne, woraus man ein vortreffl ches Mehl, welches die Landeseingeborenen eben fo hoch ſchaͤtzen, als das, mas mal ihnen aus Dänemark bringt. Dieſes wilde Korn wächft in einem tiefen Sande, fonft feine andere Pflanze waͤchſt. An einigen Orten ift es Elein und dünn gefäeh an andern iſt es überflüßig und fehr dic, Es ſaͤet fich jedes Jahr ſelbſt aus. Sell Stängel, der fich drey Fuß hoch erhebt, giebt einen ſchoͤnen Strohhalm mit einer lat gen Aehre, deren Geftalt unferer Weizenaͤhre gleich ift, Vielleicht ift dieſes Korn A Ueberbleibſel von demjenigen, welches man vor Alters gefäet hat, und weiches dutl) die Zeit oder den Mangel es zu bauen fo ausgeartet ift, als man es jetzt ſieht. Deal fey aber wie ihm wolle, fo hat doch der König in Dänemark gemeffene Befehle gegeben⸗ diefe Pflanze zu unterfuchen und fie überall hinbringen zu laffen ‚ wo es nur zum allge meinen Beften der Einwohner wird angehen Fünnen. Der VIII Abſchnitt. Von dem, was die See hervorbringt , Wäldern, Bäumen, und einem außerordentlichen Holze, welches man in der Erde beym Auf: graben findet. | Die Seepflanzen ſind nach unſerm Schriftſteller in ſehr großer Anzahl: er nenne aber nur das Seezuckergras, Alga marina faccharifere, wovon ein junger islaͤnd⸗ ſcher Arzt, wie er uns berichtet, eine ſchoͤne Abhandlung geliefert hat. Keine von DIE fen Seepflanzen find den Einwohnern unnuͤtz. Die einen dienen, dag Vieh den Sin ü Pr; EL. Wr Be 22) Diefes ift aus einer vortrefflichen Beſchrei⸗ ausgegeben, welches er ſelbſt beſuchet hat. DE bung genommen, welche Herr Zögftröm , ein wird die Ueberfeßung davon unter den Landreil! deutſcher Profeffor, von diefem Lande neulich her mittheilen. ” ‚IHIeru von JSLAND . 2.das Schaf. 3.der Hand, 4.der Badk . —IIIIIIIII sm von Island. x» über zu ernähren, wenn man fonft Feine Fütterung hat. Das Seezuchergras wird viele Beſchrei⸗ Mehr aus uf, als aus Noth, gegeffen. Es macher fogar einen Zweig der Handlung bung ee Anter den Einwohnern der Küften und denjenigen , die weiter im Sande wohnen. Der — Rreis dieſer Pflanze iſt die Hälfte von dem, was die getreugten Fifche gelten, Was die Bäume der Wälder anbetriffe, melche auch noch zu den Gemwächfen gehö- Wälder. Fi + fo find ihrer eine ziemlich Fleine Anzahl in Zsland, Man fieht defelbft nur Bir⸗ en und Weiden , deren Dicke nicht über einen Arm ſtark ift und die böchftens zehn bis ÖLE Fuß hoch wachfen. An vielen Orten ftehen die Bäume fo dicht beyfammen, daß ie bier und da Fleine Gebüfche ausmachen: überhaupt zu reden aber fann man fagen, daß fie in Anſehung des Umfanges von Island ziemlich felten find. Außer diefen Ge- bölgen giebt es Gefträuche und Stauden, welche Schatten genug geben, daß fie eine dder ein Paar Perfonen vor der Sonne fhüsen Fünren. Der Wachholder und andere dergleichen Sträuche find fehr gemein. Wir hun Bier nur von diefen nicht ſehr berrächte lichen Gewächfen deswegen Erwähnung, weil fie den Einwohnern Mittel darbierhen, Kohlen zu machen, die in den Schmieden gebrauchet werden. Die an den Ufern woh⸗ , Nen, haben weit ficherere Mittel dazu an dem fo genannten Treibholze oder denen Bäumen, welche das Meer jährlich in großer Menge an die Küften ihrer Inſel führer. Wenn man bie Erde aufgräbt, fo finder man noch bier und da Ueberbfeidfel von Alten Wurzeln, welche zu erfennen geben, daß vor Zeiten an vielen Orten Wald gewe— N, wo jetzt wirflich Feiner mehr iſt. Zumeilen trifft man eine recht feltfame Art Holz M, die man den ſchwarzen Brand nennet. Diefes Holz ift befonders ſchwer, hart N ſchwarz, wie unfer Ebenholz. Es wird etwas tief in der Erde in breiten, dünnen NO ziemlich Langen Stücken, faft wie ziemliche Tiſchblaͤtter, gefunden und ſieht ganz Möuliger aus, Es liege allezeit zwifchen großen Steinen oder Klippen, fo daß eine n er und die andere darunter iſt. „Da ich es zuerft fah, fehreibe Herr Horrebom, Mir noch mehr, da ich von deffen Sage in der Erde börete, fo zweifelte ich faft daran, R8 Holz wäre, und wollte es mehr zu den verſteinerten Sachen zählen. Allein, da — 8* und glatt hobeln laͤßt, feine Spaͤhne von ſich giebt und ſich durchaus bear⸗ und eine, ſo muß ich glauben, daß es Holz iſt. Inzwiſchen iſt es beſonders ſeltſam Mer genauern Unterſuchung werth. 23). Der IX Abſchnitt. Bee Bon den Thieren und deren Arten. | ten ‚di —8* aus Groͤnland kommen, Fuͤchſe von fe von den unferigen unterfchieden. Handel das de ner Farbe. Hausthiere, Milde Pfers mit und mit deren Wolle. ornvieh. Futter für die Kühe, Scha \ s giebt fein Wildpret in Island; es finden fich Eeine andere wilde Thiere darinnen, $ i U Füchfe. Man ſieht einige Bären dafelbft anlangen, die auf den großen Eis · Bären,die au ollen aus Grönland Fommen. Die Einwohner aber forgen fehr dafür, daß fie nicht — € 2 in . ‚ 23) 3.0.96 S. am angef. Orte. Es hat fehr gruben findet. Bartholin nennet es Ebenum ir Anſcheinen ‚ daß dieſes Holz eine Art von Foſ⸗koſſile. Man fehe die Acta medica et philofo- ſenholze ift, welches man ſehr oft in den Torfs phica Hafnienfia, T. IV, p. 182. a VBaeſondere Geſchichte Bejcgreis in das Sand dringen, oder ſich daſelbſt vermehren, mern fie etwan hinein gekommen find“ bung von So bald fie einen, oder nur feine Fahrten wahrnehmen, fo hören fie nicht auf, ibn 3° Island. ſuchen, und fo lange zu verfolgen, bis er getoͤdtet worden. Ziveen dringende Bewegung“ x gründe treiben fie zu dieſer Jagd. , Der erfte ift, daß fie denen Verbeerungen vorbei gen, welche dieſe ſehr gefräßigen Thiere in den nordlichen Laͤndern unter ihren Heerden machen koͤnnten. Der zweyte iſt, daß fie den für die Haut beſtimmten Preis erhalte welche bey aller Gelegenheit dem Amtmanne muß zugeftellet werden, weil fie dem koͤnigl chen Fiſcus verfallen iſt. Diefe grönländifchen Bärenbäute werden für die. fchönften 9% - halten; man bat davon weiße, graue, braune und gefleckte; 5 Fuͤchſe von Die Züchfe in Island find beynahe von einerley Farbe mit unfern. Die Einwoh⸗ derſchiedenen ner nennen ſolche Morroth. Die ſchwarzen find daſelbſt ſehr ſelten, und man fiche ft Farm. gie Sremdlinge an, welche auf dem Eiſe aus Grönland in die Jufel gekommen find. So verhält es fich nicht mie den weißen Fuͤchſen. Sie find ſehr gemein: man ſieh aber ſehr wenig graublaue. Die weißen find folchesim Sommer wie im Winter, und aͤn dern die Farbe nicht 24). Die von andern Farben behalten fie gleichfalts das gan Jahr durch, außer zur Zeit, wenn fie fich haaren, wo alle Thiere, wie man weis, von e ner gemifchten Farbe zu fenn feheinen. s hs Hausthiere. Die Hausthiere in Island ſind die Pferde, die Ochſen ‚die Kuͤhe, die Schal und Ziegen. Die erften find gemeiniglich Flein , kurz und unterſetzt, aber munter um ſtark. Die Einwohner lieben fie fehr. Sie find fo gemein, daß die Hirten ihre He den zu Pferde hüten, und ein jeder fich befleißiger,, ihrer fo viel zu halten, als er kann welches ihnen um. fo viel leichter iff , weil fie nichts zu ernähren Eoften , und weil mal diejenigen, die man nicht brauchet, nachdem man fie gezeichnet hat, in die Gebirge fuͤh Bilde Pferde. ret, wo man fie laͤngere oder kuͤrzere Zeit läßt. Wenn man fie fangen will, fo fehid® man Leute dahin, welche fie jagen, in einen Haufen zufammen bringen, und fie mil Stricken fangen, weil fie fehr wild geworden. Wenn einige Stuten in diefen Gebirge Füllen bringen, fo bezeichnen die Eigenthuͤmer fiefo, wie die andern, und laffen ft drey Jahre da. Diefe Pferde werden gemeiniglich viel fhöner, viel muthiger, und viel fetter, als alle diejenigen, melche in den Ställen-erjogen worden. 4 Hornvich. Ueberhaupt haben die Ochſen und Kuͤhe nichts in Island, was fie von unſern u terſcheidet: in den mittäglichen Theilen der Inſel aber fieht man viele von diefen Th ren, die feine Hörner haben, Die Islaͤnder ziehen ihre vornehmften Einkünfte von DM Küben durch den Handel mit Butter, die fie machen; und weil-fie aus den Molken welche übrig bleiben, wenn fie ihre Butter gemacht haben, ihr vornehmftes Getränf M verfertigen pflegen. Sie geben diefem Getränke den Namen Syre, So wie sl wird, wird es Flar und ſcharf, fo. daß es an Stärke dem Weineflige gleicht. Weil ® nun nach diefem nicht mehr zu trinken iſt, fo mifchet man viel Waffer darunter, dam! man beffen Schärfe mildere. ee Sutter für bie In den mittäglichen Laͤndern, wo die Weiden, nad, Verhaͤltniſſe ihrer Bevoͤll⸗ Kuͤhe. rung, nicht ſehr gemein find, haben die Islaͤnder einen Gebrauch, den man diell i mit einigem Vortheile in allen Seeländern verfuchen Fönnte, wo die Fütterung felcen if Man fürtere die Kühe mit dem Waſſer, worinnen man hat Fiſche Fochen laſſen, 4 24) Am angef. Otte a, d. 123 u. f. S. von Aland, — 21 e und Graͤten darunter, welche man zu einem Breye Beſchrei · kochet. Die Kuͤhe ſind ſo ſehr dazu gewoͤhnet, daß ſie ſehr begierig nach dieſem Sutter ee find. Es iſt fo gar eine Art von Erfriſchung für fie, nach welcher fie gute Milch geben, ZI, die weder einen übel Geſchmack noch unangenehmen Geruch davon annimmt. im Die Ziegen, die Schafe find eben fo groß, wie die unferigen. Diefe letzteren find Schafe von bon den — nur — 9 fie faſt alte, Schoͤpſe, Schafe, Wid den ei ber, viel größere und ftärkere Hörner haben, als dieſe Thiere bey uns führen. Es fin unter den fich viele darunter, die drey Hörner haben, und einige haben deren fo gar vier, fünf und noch mehrere, Indeſſen darf man doch nicht glauben, Daß diefe befondere Eigen haft dem ganzen Geſchlechte gemein fey, und daß alle Widder daſelbſt mehr als ein Horn haben. In einer Heerde von vier bis fünfhundere Schafen finder man kaum ih⸗ ver drey oder vier, welche vier ober fünf Hörner haben, und wenn fich der Fall eräuger, fo ſchicket man fie als eine Seltenheit nach Kopenhagen. Ein jedes Schaf, welches mehr als zwey Hörner hat, gile in Island, fo wie an andern Orten, viel mehr, als ein Anderes, wegen feiner Settenheit, ‚und dieß ift ein Beweis, daß fie dafelbft nicht ſehr gemein find. ird jährlich ei i en ı i del mit Es wird jährlich ein großer Handel mit Schafen und Wolle getrieben, twelche man Han gefammfer hat, und die nach Dänemark geführet wird. Indeſſen feheine doch dieſe a und Wolle nicht beffer zu feyn, als die von den Schafen dieſes Königreiches, Die Wahl — die Zubereitung, die man ihr zu geben weis, das ſind die ſicherſten Mittel, ie man bey Verfertigung der Zeuge anwenden muß, fie zur Vollkommenheit zu brin— gen; und dadur ch zieht man auch einen fehr vorcheilhaften Nusen von der islandifchen Wolle, welche fo, wie überall, verfihiedene Grade der Eigenfehaft und Güte hat. Der X Abſchnitt. Vom zahmen und wilden Gefluͤgel. Seltenheit des zahmen Geftügels. Ueberfluß der Raubvoͤgel. Falten in Island. Groͤnlaͤndi— Waſſervogel. Seevogel. Waſſervoͤgel. Fluß: ſche Falken. Falkenjagd. Belohnung der Fal⸗ vögel. Enten, Woren die Eiverdunen fommen. kenierer. Art, die Falken zu vorführen. Anz Gefährlichkeit, die Nefter der Waſſervögel aus: dere Vögel. zunehmen. Farbe der Eyer der Waffervögel. De dies Eyland Fein anderes Getraide hat, als-was man aus Dänemark dahin Seltenheit T Drnge, wodurch es allezeit fehr eheuer iſt, fo ziehe man daſelbſt fehr wenig Feder. des zahmen vieh auf, als Hühner, Enten, A u. » g. finden fh An auch nur bey — einigen beguͤterten $euten ‚ die fich befireben, etwas zärtlich zu leben, oder bey Kaufleu- ten, welche Haͤhner aufziehen, mit ihren Eyern zu handeln. “ Der Mangel des zahmen Geflügels wird aber durch den Ueberfluß des wilden Ge- Ueberfiuß der flügels, und vornehmlich ver Waſſervoͤgel, fehr gut erfeßer, Das milde Geflügel be- Waſſervoͤgel. ſteht aus Schneppen von allerhand Art, Wachteln , Brocvsgeln und Rebhuͤhnern von einer befondern Art, die im Winter weiß, den Sommer über grau iff, und die Pfoten fees mit einem fleinen Haare bedecter bat 25), welches gemacher hat, daß die Orny⸗ — tholo⸗ dieſes man miſchet fo gar verfaulte Fiſch 235) Man ſehe in Zinmei Flora Lapponica den dem Art. Lappland in dem XV Bande 222 6. Es iſt vorher ſchon von diefen Vögeln in Werkes a. d, 328 ©, geredet porden. Beſchrei⸗ bung von Island. Seevoͤgel. Flußvoͤgel. haltung daſelbſt anzuſtellen, ſo kann man doch mit etwas weniger Vorſichtigkeit ſie endli 22 Beſondere Geſchichte thologiſten dieſen Vögeln den Namen Lagopodes gegeben, In Deutſchland und i der Schweiz nennet man fie Schneehuͤhner. Unter denen Vögeln, welche auf dem Waſſer leben, und die man dafelbft in X fer Anzahl fiehe, muß man die auf den füßen Wäffern von denen auf dem Meere unfe ſcheiden. Diefe letztern find in unermeßlichen Haufen auf den Fleinen benachbarten J ſeln von Island, und breiten ſich bis auf zwölf oder funfzehn Meilen aus. Man 9 fo gar bey dem Anblicke dieſer Vogel an, zu erkennen, daß man fich diefer Inſel na Unter diefen Seevögeln findet man wieder. verfihicdene Arten Meven, und die mei von denjenigen, deren Befchreibung man in dem XVII Bande diefes Werkes unter 2 Artikel, Martens Reife nach Spitzbergen, antrifft. Unter den Flußvoͤgeln, und denen von andern ſuͤßen Waͤſſern, welche eßbar fh findet man einige von auserlefenem Geſchmacke. Man feßet in diefe Claſſe die Schul ne, die Gänfe, die Enten, die Täucher, die Kriechenten, und andere von der Art. ud Die Schwäne und Enten bringen unter allen diefen Vögeln den Islaͤndern durdl ihre Menge, durch ihre Eyer, die eine gute Speife find, und durch ihre Federn, w man einen ſehr einträglichen Handel treibt, den meiften Gemwinnft, » Die Islaͤnder unterfeheiden zehnerley Are Enten , die fie alle durch befondere pl men bezeichnen. In diefer Anzahl finden fich nur fechferlen Arten, welche gegeffen wett den. Die beiten find von der Größe einer Taube und feheinen eine Arc Röthlinge (Rol ges oder Rougets) zu feyn*. Die allerhochgefchäßtefte, die allernüglichfte Art Enten ab ift die Eyderente, welche im Islaͤndiſchen Aeder Fugl und im $ateinifchen anas pl mis wolhflunis genannt wird 26). Das Männchen ift beynahe von der Größe ein⸗ ordentlichen Gans und bat viele weiße Federn; das Weibchen ift niche viel größer, eine gemeine Ente und ihre Federn unter der Bruſt find braun. Es giebe ihrer eine große Menge in allen Theilen der Inſel: die größte Anzahl aber haͤlt fi) an dor Well ſeite, weil ſich da kleine Inſeln finden, wohin ſich diefe Voͤgel begeben. Da die Ei wohner den Nutzen erkannt haben, den ſie von dieſem Aederfugl ziehen‘, fo Buben viele Eleine Inſeln in einiger Entfernung von den Küften gemacht, diefe Wögel dahin locken. Es finder ſich auch ihrer eine unendliche Menge allda , weil fie ſich ſehr ver mehren. Obgleich dieſe Ente alſo gern Eleine wuͤſte Inſeln wählen mag, feine Hau auch gewöhnen, nabe bey den Wohnungen zu leben. Alsdann aber muß man w Hunde noch Vieh halten. „Es ift felcen, faget Horrebow 27), doc) habe ich es ff „geſehen, daß der Eydervogel auch auf dem feſten Lande gebauet hat: alsbenn aber „ben bie Leute Gelegenheit dazu gegeben , indem fie mit felbigem wohl umgegangen fi „und ihm Friede verfchaffer haben. In folchem Falle koͤnnen die Leute zwifchen i „herum gehen, wenn fie auf den Eyern figen; ja, fie fönnen gar ein= ober zweymal IF „Eyer zur Speife von ihnen nehmen; da denn diefe Vögel gleichwohl bleiben, und is „Neft das drittemal mit Eyern verfehen, auch unge ausbrüten, welche kuͤnftiges Jaht „an demſelben Orte bleiben und ſich ſolcher Geſtalt ſehr vermehren gi * Die Jsländer nennen fie Oerteenten, weil Oerter, das iſt kleine Laͤchſe find. Sorrebow a" ſie ſich gern bey denen Waſſern aufhalten, wo viel 193 ©. °„ } I % von Island. | 2 Die Bruſt dieſes Vogels iſt mit denen weichen und elaſtiſchen Pflaumſedern ver- Befchrei- behen, welche unter dem Namen Eiderdunen bekannt ſind. Die beſten ſind diejenigen, / bang von welche man lebendige Dunen nennet ‚ bie ſich der Vogel ſelbſt ausrupfet, weil fie die — eiſte Kraft Haben und auch em dauerhafteften find. Der Vogel rupfer fie fich aus der | “uff, damit er fein Neftmache, Darauf leget er vier grüne Eyer faft fo groß wie un- ere Gänfeeyer, Diefe nimme man ibm alsdann nebft den Federn weg. Der Vogel rpfet fich von nenem einige Federn aus ‚ mache fein Neſt wieder zu Rechte und leget andere Eyer, ‚die man ihm abermals wegnimmt, Indeſſen läßt er fich nicht abſchrecken. ! macher fein Neſt zum dritten Male und füllee es mit Federn an. Weil aber das Weibchen alsdann fehon aller feiner Dunen beraubet ift, fo koͤmmt ihm nun das Männ- en zu Hilfe und berupfet fich auch. Dieß machet, daß diefe legten Dunen die foft- barſten und weißeſten ſind; denn das Männchen iſt weiß unter der Bruſt, das Weib: en aber iſt braun. Es leget alfo nunmehr zum dritten Male Eyer. Werden ihm aber auch diefe weggenommen, foleget es Feine mehr und verläßt diefen Ort auf immer. Gute Haushalter ſorgen alſo ſehr dafuͤr, daß es dieſen Satz ausbruͤten koͤnne; denn ſie find verſichert, daß es das folgende Jahr mie feinem Männchen und feinen Kindern wie- erkoͤmmt und an ſtatt eines nun zwey oder drey Mefter macher. _ Wenn die Jungen mit den alten Enten dag Meft verlaffen haben, fo nimmer man die : unen zum dritten Male weg; und auf diefe Art befommen die Einwohner zween „ße Eyer und dreymal Dunen aus jedem Neſte. Nun fann man urtbeilen, was (ir Rugen 8 denjenigen bringe , welche viele hundert folche Neſter in ihrem Bezirke a ie Eyer haben einen fehr guten Geſchmack, und geben den Hühnereyern vet —* lle Dunen, welche die Islaͤnder ſammlen, werden aus dem Sande gefüb- * r il fie ſelbſt ſolche wenig brauchen, und lieber Geld dafür nehmen, Dieſe Waa- ets in eincm ziemlich theuren Preife, — Dir die Beſchreibung desjenigen befchließen, was die Waffervögel betrifft, die N Island ſieht, fo iſt es gut, da man anmerfe, mit was für Fleiß und Gefchick- ey Mon Einwohner deren Junge ausnehmen, ungeachtet der Gefahr, womit fie da- Eyer und 6 rohet werden, Ich babe es ſelbſt geſehen, ſaget Horrebow 28), wie fich die * nwohner dabey verhalten, und ich muß bekennen, daß es eine recht gefährliche Rei— ya ’ ee über fi nehmen, damit fie diefer Vögel mit ihren Eyern habhaft wer- ae t fi) auch) wohl ein-oder andermaf zugetragen, daß jemand aus Unvorfich- „tigkeit dabey zu Schaden gekommen iſt. | Man hat bereits gefager, daß die Vögel die unerfteiglichften Derter für Menfchen gefährliche —S Felſen ſuchen, ihre Mefter zu machen. Mar he aber, was man für * se kogeH von *— * damit man dieſe kleinen Wohnungen glücklich angreifen Fönne. Sie gel ansähtieße mit dem einen Balken über die See Binaus und befeftigen folchen beftmöglichft ee der bie Eyer fammten f der Erde. Bon dem andern Ende laſfen fie darauf denjenigen, men bat, als er mit —* mit Stricken von oben hinunter, und wenn er fo viel zuſam⸗ denfelbi * b fübeen kann, hundert bis weyhundert jedesmal, fo ziehen fie elbigen nach gegebenem Zeichen wieder Binauf, Er Hat eine Stange bey ſich, womit er 26) Man fehe deg Wormius Muſæum Dani- cum ad. 30, & 27) Am angef, Orte a. d. 195 ©, , 28) Am angef, Orte a. d. 207 ©, rn Befondere Geſchichte Beſchrei⸗ er ſich von dem Felſen abſtoßen oder hinanziehen kann; und dieſe Reiſe waͤhret ſo laug bung von als Eyer vorhanden find, oder er es aushalten kann. Wenn er folcher Geſtalt die ? Island frer angreift, fo filegen viele tauſend Wögel mit jämmerfichem Gefehreye aus denfell heraus. Wo die Einwohner diefe Gelegenheit haben, welches nicht überall ift, da hen fie überaus- großen Nußen aus diefem Fange. Denn aufer den Eyern bekommen ſie auch eine große Menge junger Voͤgel, deren einige zur Speiſe dienen und die anden eine Menge Federn geben, deren ſie ſich theils ſelbſt bedienen, theils an die daniſche⸗ Kaufleute verhandeln, wie die Eiderdunen. Farbe der Eyer Man bemerket, daß alle dieſe Eyer von gruͤnlicher Farbe mit ſchwarzen oder bra der Waſſervo nen Flecken find, wie die Eyer derer Voͤgel insgemein find, welche die ſuͤßen Wall gel. bewohnen. Die Schale der erſtern ift weit dicker, als bey den Eyern der Landvoͤgel 29! und vermufhlich deswegen , damit fie in diefer Falten Gegend die Wärme, welche fie u dem Brüten bes Weibchens empfangen, während der Zeit defto beffer behalten, da & fie bloß laßt, feine Nahrung zu ſuchen. Die meiften dieſer Eyer find von einem aus Geſchmacke und machen eine fehr gefunde Nahrung. A Raubvögel: Die Raubvögel, welche man in Island findet, find die vier folgenden Arten, lich der Adler, der Falk, der Habicht und der Nabe, Man fiehe Feine andere, drey von biefen Vögeln nichts an fich haben, was fie von denen ihrer Art unterſcheid die man überall kennet: fo wollen wir nur den isländifchen Falken kenntlich machen, „her den Ruhm bat, daß er unter allen europäifhen Falken der tapferfte und geſchi fie zur Jagd fey. F Islaͤndiſche Man kennet hier nur eine einzige Art Falken, unter welchen es weiße, weißgrau Falten. und ganz.graue giebt. Man findet zuweilen in einerfey Neſte Zunge von allen die ‚Farben. Diefe Mannichfaltigkeie der Farben und der Unterfchied der Größe unter d Männchen und Weibchen, da der erfte viel Fleiner und nicht fo hoch iſt, als das andall bat Anlaß geben fönnen, zu fagen, es fänden ſich da vielerley Arten. A Srönländifche Auer denen Falken, welche in Island niften, kommen auch zuweilen im Win Falken. einige aus Grönland dahin, weiche faft ganz weiß find. Diefe nennet man fie Falken, weil fie im Sande nicht brüten. - In jedem Kreife finder ſich ein oder mehr Falkenfänger , die fich fo ſorgfaͤltig be fleißigen, die Falken, welche ſolchen bewohnen, zu beobachten und ihre Bewegung auszukundſchaften, daß ihnen beynahe ein jedes Falkenneſt im Sande bekannt iſt. Falkenfaͤnger haben Briefe dazu von dem Amtmanne, und außer ihnen darf fonft mand Falken fangen. Sie müffen alle Islaͤnder feyn, und biefe Beſchaͤfftigung iſt fl eintraͤglich, wenn man den Verſtand mit dem Gluͤcke vereiniget. Die Art, wie man die Falken erhaſchet, verdienet wegen ihrer Einfalt angeföͤh zu werden, Man ſchlaͤgt zween Pfaͤhle in die Erde nicht weit von einander und bin an den einen eine Taube oder einen andern Vogel mit einem Bindfaden drey bis ! Ellen lang, damit ev etwas in die Höhe flattern koͤnne. An dem andern Fuße des V gels iſt ein anderer Bindfaden wohl achtzig Klafter lang, welcher durch ein Loch des dern Pfahls geht, ſo daß der Falkenfaͤnger damit den Vogel von dem erſten zu dem — 23) Man hat auch angemerket, daß die Eyer der andern Vögel ihre, weil das unge part) der Waffevoögel vielmehr Weißes enthalten, als wegen der Feuchtigkeit und Kälte, womit es M Y fe 4 von Island. | > em Pfahle iſt ein Garn aufgeftellet, wie eine Fiſch - Beſchrei⸗ Be, welches mie einem großen —— 5 einem halben Zirkel von drey Ellen im — Durchfehnietegerade aufftedt, und wenn es niederfälle ‚über den andern Pfahlgeht. Hin | 3 if oben an dem halben Zirkel ein eben fo langer Bindfaden, als der vorige, feſt ge- lache, welcher ducch den erſten Pfahl nach dem Falfenfänger zugeht, und womit er das «en über den Falken ziehen fann, fo wie er mit dem andern den Vogel von dem erſten fühle zu dem andern gezogen. Diefe Anftalten machen die Falfenfänger in der Nähe Sei — oder da, wo fie die neuangefommenen fliegenden Falken fich haben fe- en jeben, Sobald der Falk den Vogel, der zur Lockſpeiſe diener ‚ unten flattern ſieht, fo ſchwingt er ſich einige Male in der Luft über der Stelle herum, und fieht, ob Gefahr da ſeyn möchte, Endlich ſchießt er. mit aller Stärke nieder, und ftöße dergeſtalt auf den gel, Daß deſſen Kopf fo glatt abgeht, als wäre er mit einem Meffer abgefehnieten. rauf fliege er wieder in die Höhe, um fich vorzufehen, damit er feine Beure rubig verzehren Fönne, Indem er alfo auffliege, ziehe der Falkenfaͤnger die Taube zu dem an- dern Pfahle dicht unter das Garn, aber fo geſchwind, daß es der Falk nicht merken Fann. enn er num darauf wieder berunterfömmt, feinen Raub zu verzehren, fo ziehe der Fal⸗ enfänger mie dem andern Bindfaden das Garn über ihn, ſo daß er darunter ſitzt, wie N einem Käfichte. Der Salkenfänger geht, nimmt den Falken fehr vorfichtig heraus, NIE er ihm Eeine Feder ausreiße, und feget ihm mit Hülfe eines feiner Seute eine Kap- pe über die ugen, Während der Zagd Hält fich der Falfenfänger ganz verborgen, oder iegt fünfzig Big achtzig Klafter von dem Garne auf der Erde, Denn der Falf, welcher 5% ‚atur argwoͤhniſch iſt und ein febr fcharfes Geficht bat, würde fi) dem Lockvogel mals nahen, wenn er das geringfte, was ihm verdächtig wäre, und vornehmlich Men: en, entdeckete d Alle Jahre auf Johannis, begiebt ſich ein jeder Falkenfaͤnger nach Beſſeſted, wo fein Königs In Dänemarf Falkenhaus ift, und der Dberammmann wohnet. Er bringt eine Falken dahin: und der koͤnigliche Falkonirer, der auch alle Jahre in die Inſel ME, ſuchet die füchtigen aus, verwirft die- untüchtigen, und laͤßt die erftern in fein Schiff tragen, ſie mit nach Kopenhagen zu nehmen, Auf des koͤniglichen Falkoniers Betätigung empfangen die isländifchen Falken · Velohnung fänger von dem Landvogte zu Beſſeſted für einen weißen Falken fünfzehn Rehl, für einen weiß- der Falkenfaͤn⸗ Frauen zehn und für einen sanz grauen fieben Thaler. Man giebt ipnen auch — — en big vier Thaler Trinkgeld, wenn fi e einen oder mehr von den beyden erftern Farben bringen, weil folhe am feltenften find. ü en das Schiff, welches die Falken wegführen foll, bereit iſt, abzufegeln, fo Art, die at: laͤßt der Fönigfiche Salfonier ſo viel Ochſen ſchlachten, als er braucher, diefe Wögel vier- fen zu verfüße . gehn Tage lang zufuͤttern. Ernimme auch viel lebendige Ochſen und anderes Vieh mit fich, ren. damit es ihm nicht an Lebensmitteln fehle, wenn die Ueberfahrt über drey Worhen oder. einen Monat wäbrete, welches die Zeit iſt, die man gemeiniglich dazu anwendet; und es ſuchet diefes Schiff nirgend ang Sanp zu fahren, wenn es nicht Die dringende Mord er- ; fordert, ben iſt, mehr Zeit brauch et, zu ſeiner Reife zu Eoms ſes n muß, welches feine Nah i ne rn Er —* * größere Menge Wei Ar . MEENIOR SERrung I er Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band, D | dern Pfahle ziehen kann. Ben die + n BE. Befondere Geſchichte | fordert. Man wendet viel Fleiß an, daß die Falken friſch und gefund nach Dänen Beſchrei⸗ bung von kommen 30). Sie ſtehen zwiſchen beyden Verdecken auf Stangen, woran man fit Mi yelanı gemacht, und welche mit ſchmalen Küffen von groben isländifchen Tuche und mit H Andere Voͤgel. Außer allen dieſen Voͤgeln, wovon wir geredet haben, giebt es in Island noch ‘ Biels Fiſche. davon in Anderſons Nachrichten a.d.84 ©. fehen. principis piſcium exquifitifima bonitas fum7 ausgeftopfer beffeidet find. Die Menge Falken, welche Dänemark jährlich aus land ziehe, iſt niche immer einerley: gemeiniglich aber ift die Zahl diefer Raubv hundert oder hundert und zwanzig, und zuweilen wohl mehr, als zweyhundert. aid diefen jungen Falken ſchicket der König in Dänemark jährlich welche an verſchi \ Fürften in Europa. j ’ nige Eleine, wonon Here Horrebow glauber, daß fie in Dänemark unbefanne find HT denen die Islaͤnder befondere Namen geben. Einige find fo groß, wie Lerchen, anf fommen den Sperlingen nahe, und alle find fehr gut zu effen. Doer XI Abſchnitt. Die islaͤndiſchen Fiſche. Viele Fiſche. Der Hering. Wanderung der Heringe. ge. Sardellen. Kabeljau. Mancherley Akt Geſchicklichkeit der Nordeaper, die Heringe zw ihm zuzubereiten. Steinbeißer. Wallfiſch. Bel fangen. Der Heringsfang. Netze dazu. Si ſchiedene Arten der, Seehunde. Ihr Fang. Heringsfanges. Zubereitung deflelben. Picklins \ ger allen Gattungen, welche das TIhierreich in Island unter füh begreift, mach die Fifche die zahlreichſte, mannichfaltigfte und wichtigfte aus. Dieſe Inſel beit! vermöge ihrer Lage, mehr als irgend ein Ort in der Welt, einen unerfchöpflichen HI berfluß an großen und Eleinen Seefifchen, welche noch über diefes den Vorzug haben, & fie von vortrefflichem Geſchmacke ſind. Denn, wie wir im Vorbeygehen bemerken MX Ien, die Erfahrung lehrer, Daß die Fifche in den naͤchſten Gegenden am Nordpole fetter ul! von mehrerer Güte find, und Überhaupt find fie im Winter und fo lange die größte Ri te dauret, beffer, als zuirgend einer andern Jahreszeit. Uebrigens iſt es wahrfcheinli wie Herr Anderſon meynet 31), daß die unter dem Pole gelegenen unergründlichen SF fen die wahre Duelle der Seefifche find, daß fie hier die Nabrung finden, die ihnen zuteäglichften ift, bier zu ihrer Vollkommenheit gelangen, und daß, je weiter fie fich IT von entfernen, defto mehr fie von ihrer Stärfe und ihren Fette verlieren. Gleiche zwingt fie ihre übermäßige Vermehrung, diefen ihren Geburtsort zu verlaffen; fie ml fen fich auf den Küften, welche das Meer gegen Morden umgeben, ausbreiten, und I ſelbſt denen Voͤlkern in die Hände liefern, welche fie bewohnen, und deren Fleiß du die Handlung den Mangel anderer Geſchenke der Natur erfeßt, welche ihrem Clima v ſagt find. | 2 Sonderlich haben es die Islaͤnder ihrer Sage zu danken, daß mir jedem WB die Meerbufen und Fiörden ihrer Inſel mit allen Arten guter Fifche angefüllee werd! Die aus Norden kommen. f 30) Man kann die umfländliche Beihreißung 32) De Harengo exereitatio medica, in 4 32) Natürliche Geſchichte won Island 1Theil, que gloriaaflerta er vindicata, in 4. Lubec- I 99 S. Diejenigen, welche genaue und umftaͤndliche? AM) si FR —— von Island. ne 27 Davon find die vornehmſten und wüglichften , der Hering, der Torſch, die Sage, — der Schelliſch die Buͤtten, und die Schollen. Island. , Der Hering, oder wie ihn die daͤniſchen Fiſcher nennen, der Kronfifch, iſt fo durch —-— gangig bekannt, daß man Feine Befchreibung deffelben nöchig bar, ihn von andern zu gering, anterſcheiden. Dennoch kennet man noch nicht alle Gattungen diefes Fifches genau ger Nug, um fie unter verſchiedene Aheheitungen bringen zu konnen Man glauber gemeinig- Üh, daß die Heringe bloß vom Schlamme im Waſſer leben; und diefer Irrthum fine det bey dan Fiſchern ſtarken Beyfall. Aber die Unterfüchung ihres Mundes, in wel⸗ em man Fleine Zähne finder, beweift umviberfprechlich, Daß ihnen diefe Zähne nicht dazu gegeben find, bloßes Waffer zu ſchlurfen. Und in der That Haben neugierige Leute In dem Magen dieſer Fiſche gröbere Nahrung gefunden. Neukranz, von dem wir ei⸗ ne Schrift über die Heringe haben 32), erzählee, er habe .oft in dem Magen eines He⸗ ings mehr als fechzig Eleine halbverdaure Seekrebſe gefunden : und Leuwenh Sch, der einige von dieſen Fifchen zur Zeit, wenn fie laichen, zergliederte, traf in ihren Eingeweiden eine Menge Eyer an. A Es mag aber mie den verfchiedenen Gattungen des Herings, und der Nahrung, die er zu fich nimmt, befchaffen feyn, mie es will ſo iſt gewiß daß fie alle Jahre, in Wahlbaren Heeren auf den isländifchen Küften ſowohl, als in dem übrigen nordlichen 1, anfangen, wo verfchiedene Nationen ihrer erwarten, von deren Handlung fie ein wichtiges Stück ausmachen. Es ift fein gleichgüleiges Schaufpiel , die Wanderung der Heringe, und die Kriege, welche die andern Fifche mir ihnen führen, zu betrachten. Anderfon Mache darvon nach dem Neukranz eine merfiwürdige Beſchreibung. Bon die- fem Verfaffer, Oder pielmehr von feinem Veberfeger und dem Journal etranger auf den onat May 1757 Haben wir folgende Umftände entlehnet. Nachdem er durch verfchiedene Beweife, die aus den Nachrichten der Neifenden Wanderung genommen find, feſtgeſetzt bat, daß die Heringe, wie viele andere Fleine Arten der Fi⸗ der Heringe. be, als die Makrelen, Plateiße, Sardellen ꝛc. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in den AM weiteſten gegen Porden gelegenen Abgründen des Meeres haben, fährt er folgender Mapen fort, Es ift gewiß, daß die unbegreifliche Menge Eis, welche in dieſen Mee⸗ ‚ren niemals ſchmilze, fondern von Jahr zu Jahr dicker wird, und fich weiter ausbrei⸗ ytet, dieſen Fiſchen eine ſichre Zuflucht gebe, wo ihr Saich ficher liegt, und das Wachs: „thum ihrer Jungen befördert wird, Denn eg iſt augenfcheinlich,, daß fie in dieſen tie⸗ „fen mit Eiſe belegten Schluͤnden von den, Meerſchweinen, Stockfiſchen ze, nichts zu „befürchten baben, denen es Bier zu ſchwer fiel, Luft zu Ihöpfen, als daß fie fic) bie- „ber machen ſollten. Eben das gilt von den Wallfiſchen, deren Lunge beynahe wie bey „den Landthieren geftafcer if, daß fie beftändig eine neue und feifche &ufe, Athem zu ho— „len, noͤthig haben, Folglich genießen Bier dieſe Eleinen Fiſche eine Ruhe, die weder yon „ben groͤßern Fiſchen, noch von den Sichern, die fich ihnen nicht nähern Fönnen, ge- »Älörer wird. ,, Daher Fömme es, daß fie fich erſtaunlich vermehren; ihre Zahl nimmt D 2 endlich richten, von der Lebensart und anatomiſchen Be⸗ 1750. einen Band in 8vo unter dem Titel heraus⸗ Maffenheitdes Herings verlangen, finden fie in vie, gab: Eday towards a Natura) Hiſtory of the er angefuͤhrten Schrift, in dem Werke des Ja— Herring, und in dem Journal Etranger auf den cob Solas Dodd, eines Englaͤnders, welcher Monat May 1757. 28 Befondere Geſchichte Beſchrei⸗ endlich fo zu, daß es ihnen an Nahrung fehlet, und fie Colonien ausſchicken mie, bung von anderwärts zu leben. Vielleicht kehret endlich ein Eleiner Ueberſchuß derfelben, oder Island· nigſtens ihre junge Brut, nach langem Herumſchweifen, wovon wir ſogleich hoͤren m den, wieder nach dem Pole zuruͤck, um aud) feines Ortes zur Erhaltung des Geſchlech etwas beyzutragen. ; Wenn die Heringe das nordifche Eis haufenweiſe verlaffen, fo werden fie fogl von allen großen und Eleinen Arten der Raubfifche angefallen, die vom Hunger gez gen, und durch einen befondern Trieb geleiter, ihnen entgegen gehen, und fie immer ſich her aus dem Eismeere in die atlantiſche See jagen, Die erſchrockenen Heringe chen bald die Küfte, und fliehen in die Buchten , vie feichten Derter am Ufer, und in die Muͤndungen der Flüffe, fowohl um bier eine Zuflucht vor ihren Feinden zu den, als aud) ihre Brut in Sicherheie zu bringen. So bald fie gelaichet haben, fie ihren Weg fort, und eben der natürliche Trieb, welcher machte, dafs fich die auf die Reife begaben, beivege ihre Kinder, ihnen, fo bald fie die Stärke dazu hab⸗ nachzufolgen. Diejenigen, welche den Netzen der Fiſcher entgehen, ziehen wahrſch licher Weiſe in andere Meere; denn fie verſchwinden gaͤnzlich. Doch wir wollen % in Begleitung unfe:s Gefchichtfchreibers auf ihrer Neife nachfolgen. Wir werden! fo viel finden, unfere Bewunderung zu erwecken, als unfere Neugier zu befriedigen. |, Es gefchieht zu Anfange des Jahres, daß die unzähfbare Menge Heringe das MH unter bem Pole verlaffen, Sie zeigen fich Anfangs in der Gegend des Meeres, wo am breiteften ift, und nehmen, einem engländifchen Schriftfteller 33) zu Folge, | Dreite nad) einen Raum ein, der wenigftens fo viel beträgt, als die ganze Laͤnge Großbritannien und Island. Ihr rechter Flügel kehret ſich gegen Abend; er trifft März in Island ein, und bier iſt es vornehmlich, wo ihr Zug erſtaunlich gedrang Wegen der Menge großer Fiſche, Die ihrer erwarten, wegen der Seevögel, welche \ Taufenden auf fie berabfihießen , halten fie fich von allen Seiten fo enge zufammen, ! man fie an der fehwärzlichen Farbe bes Meeres, und an der Bewegung, die fie in | - felben verurfachen, von weitem wahrnimmi; denn fie erheben fich oft auf die Oberfil deffelben, nnd thun wohl gar einen Satz in die Luft, einer dringenden Gefahr zu af ben. Wenn manibnen alsdenn entgegen ſchiffet, und mit einer Kelle, dergleichen MT gebrauchet, die Segel der Schiffe zu befprengen, oder mit einem andern breiten und fen Gefäße aus der See fhöpfet, fo kann man gewiß fern, daß man jedesmal große Anzahl Heringe berausziehen wird. Uebrigens weis man nicht, ob diefe Eolalll ehe fie in Island anlaͤndet, einen Theil von fich nach der Bank von Terre Neuve ſchi und eben ſo wenig iſt bekannt, was aus den uͤbrigen wird, die laͤngſt an der Abe dieſer Inſel hinſtreichen. So viel iſt gewiß, daß ſeine großen und kleinen Buchten Geſchicklich⸗ ler Heringe, und zugleich voller andern großen Fiſche find, welche jene erwarten. feit der Morde ter dieſen Feinden der Heringe nimmt fich befonders der Nordcaper aus 34), der ——— von den gefaͤhrlichſten, und wegen der Liſt merkwuͤrdig iſt, die er anwendet, feinen ı * 4 - gen. 4 der engländifch zu London 1728 herausgefommen „ringen naͤhret, und der die Islaͤnder den iſt, und vom Anderfon a. d .149 ©. angeführet Sildrek gegeben haben. Diefes Wort md Wird. niche mie Herrn Anderfon durch’ den ] 33) In feinem See: und Handlungs» Atlae, 54) Iſt eine Are Wallfiſche, die fich 33 von Island, 29 FU erhafchen. Er Hält fich meiſtens um bie äufßerfte Gegend von Norwegen gegen Beſchrei⸗ Norden auf, — das * heißt, von we er feinen Namen befommen — hat. Dieſe Stellung konnte zu feinen Abſichten nicht zutraͤglicher ſeyn; denn er wird ꝛ augenblicklich den Zug der eringe gewahr, welche von Norden ber, an den norwegi⸗ en Küften hinſtreichen. Wenn alle Heere von Heringen feine gewöhnliche Woh- . nung vorbepgezogen find, fo bringe ihn fein Vortheil in die Nähe von Island. enn ihn hier der Hunger Drücker, fo hat er die Geſchicklichkeit, die zerſtreuten Heringe die Buchten dieſer Infel zu treiben, und ſie vor ſich her auf die Kuͤſten zu jagen. Sieht er nun, daß er ſie in großer Menge zuſammengebracht hat, ſo ſchließt er ſie, ſo enge als er kann, in eine Bay ein, und erreget durch das Schlagen feines Schwanzes einen fehr fehnelfen Wirbel, der fo gar im Stande if, leichte Kaͤhne mit fort zu reißen. iefer Fleine Sturm betäubee die unglücklichen Heringe dergeftalt, daß fie ſich bey Tau⸗ ſenden in ſeinen aufgeſperrten Rachen ſtuͤrzen. - Er ziehe fie auch dadurch an ſich, daß er mit aller Gemwale Luft und Waffer fehöpfer, welches fie gerades weges in feinen Ma- gen, wie in einen riefen Schlund führe. | . “ < Von dem linfen Flügel der Heringe koͤnnen wir, feines Weges halber, mehr Kennt- niß haben. Er geht nach Morgen; und nachdem er eine Colonne abgefchicfe hat, wel- Ge die Morgen- und Abendfeite von Joland beftreicht, fo feßer er feinen Weg aus dem ordmeere fort, ohne daß die Meerfchweine und Stockfiſche ihn zu verfolgen aufhoͤren. „Feiner gewiſſen Hoͤhe trennet er ſich in zwo Abtheilungen. Der Haufe gegen Mor⸗ Sen richtet feinen Lauf nach Norwegen, an deſſen Küften er herabzieht, und fic von neuem theilet. Eine Hälfte folget der Küfte von Norwegen gerade nad) , bis fie durch den Sund in die Oſtſee koͤmmt. Die andere Hälfte hingegen gebt bis an die Spige von Jitland, wo fie ſich aufs neue trennet. Die eine Colonne zieht fich an der juͤtlaͤndiſchen uſte gegen Morgen herunter , und vereiniger ſich durch die Belte mir denen in der Oſt⸗ 6; da unterdeffen die andere die Abendſeite von Juͤtland, und ferner an Schleswig, elften, Bremen, und Friesland herunterzieht, durch den Texel und in die Süderfee koͤmmt, und nachdem fie diefe ducchftrichen hat, in die Nordfee jurückfehret, 4 Die andere von diefen großen Abtheilungen, welche gegen Abend geht, ift heutiges Tages die zahlreichſte. Sie ziehe unter-beftändiger Begleitung der Stockfiſche, Meer⸗ Khiveine und Heyfiſche auf die bieländifchen und orcabifchen Juſeln (os, wo die Fiſcher aus Holland fie zu gefeßter Zeit erwarten. Von da näbeen fie fich Schottland, theilen fich in ötvey Heere, wovon das -eine-an der Morgenfüfte von Schottland herunter, und bey Eng- land vorbenftreicht, auf welchem Zuge fich überall Eleinere Haufen von ihm trennen, welche eufdie Küften von Frießland, Holland, Seeland Braband, Flandern und Frankreich ſtoßen. Das andere Heer wird den Schostländern an der Abendfeite und Irlaͤndern zu Theile, die alsdenn auf allen Seiten mit Heringen umgeben find, Alle dieſe Abeheilungen ftoßen enblich wieder unter England zufammen; und mas davon den Fifchernegen, ven gefräßigen Fi- fen, und den Raubvögeln entgangen iſt, das machet noch eine erftaunliche Menge 35) er D3 un Keringe, fondern Heringsjäger, uͤberſetzen, wel⸗ Ausrechnungen die Zahl der Heringe, die von allen hes Herr Horrebow anmerkek, von dem wir ernen, Fiſchern gefangen werden, fi) zum ganzen Haufen, daß rekeim Islaͤndiſchen jagen, verfolgen, heißt. eiß wenn er aus Norden anlanget, wie Eins zu einer 35) Diefer Berfaffer jeher hinzu, dag nach einiger Million verhalte. 3: -Befondere Geſchichte Beſchrei⸗ bung von Asland. — ꝰ und ſtuͤrzet ſich in das abendlaͤndiſche Meer, wo fie ſich verlieren; wenigſtens wird matt ſie weiter auf keiner europaͤiſchen Kuͤſte gewahr. Die Heringe beſuchen auch die Kuͤſten von dem mitternaͤchtlichen Amerika, wo ſie aber lange nicht ſo haͤufig, als in Europa, angetrofſen werden; und wenn man gegen Süden ſchiffet, fo finder man fie nicht über die Fluͤſſe von Carolina. Man weiß auch nicht, ob das Heer, welches bis nad) Amerika flreicht, eine Abtheilung von dem großen Schwarme aus Norden ift, oder ob fie von denen übrig find, die durch den Canal wie der zurück fehren. „Dem fey wie ihm till, ſaget der englifche Verfafler des See- und, „KHandlungs- Atlas, fo findet fi) doch der Hering, nach dem, was ich durch meine Nachſuchungen entdecket habe, wenigſtens niche haufig in den miffägigen Laͤndern, als „Spanien, Portugal, auf den miträglichen KRüften Frankreichs, weder auf den Kuͤ— „ten des abendländifchen oder des mittefländifchen Meeres, noch auf der Höhe von Afri— „Fa: als wenn es diefem Fiſche verbothen wäre, ſich zu ven gedachten Völkern zu begeben, „damit fie genöchigee würden, ihren Vorrath davon aus England kommen zu laffen. „, Doch fo gern auch dieſer Engländer, aus Siebe für fein Sand, uns überreden moͤch⸗ te, daß feige Nation mit den Heringen einen anfehnlichen Handel treibt: fo find es doch ficherlich die Hollaͤnder, welche diefen Fifch durch ganz Europa verführen; und ihr Han⸗ del mit denfelben erſtrecket fich nicht nur viel weiter, als der engländifche, fondern iſt auch dem Handel aller andern Völker überlegen. i Der einzige Heringsfang ernähret in Holland gewöhnlicher maßen mehr als hundert⸗ taufend Menſchen, die ſich zum Theile dadurch fehr bereichern. Huet laͤßt den jährlichen Betrag diefes Fanges aufdreymal hundert taufend Tonnen fteigen, die er auf fünf und zwanzig Millionen Banco-Thaler rechnet, davon fiebzehn Millionen Gewinnt, und acht Millionen Unkoftenausmachen. Funk behauptet, daß die Holländer jährlich vier zehn tau⸗ ° Der Herings: fang. Netze dazu. ſend achthundert Millionen Heringe fangen. Doot verſichert, daß im Jahre 1688 vier⸗ hundert und funfzig tauſend Menſchen waͤren zum Heringsfange gebraucht worden 36). J Alle Jahre begeben ſich die Holländer um Johannis, wie wir ſchon angemerket ha⸗ ben, in zwölfioder funfzehn *) Buyſen, mie die zu diefem Zange gebräuchlichen Fahrzeu⸗ ge heißen, nach den hitlaͤndiſchen Inſeln, auf die Küften Fayrhill und Bockeneß. Wenn | fie beyſammen find, ftechen fie in die See, den Lauf nach Mord: Nord: Weft gerichtet, und werfen Das erfte Mes bey Fayrhill, ven Abend vor Johannis, gleich nach Mitter⸗ nacht aus. Der Fang gefhieht niemals bey Tage, fo wohl um den Strich der Herings- banf beffer zu erfennen, Die man an ihren glänzenden Augen und Schuppen leichte uns ⸗ gerfcheiden , und darnach die Netze aushängen kann, als auch weil der Schein der Later⸗ nen, welche Die Buyſen führen, den Fiſch herbey locket, und ihn blendet, daß er die Ne ge, die man ihm ftellee, nicht ſieht. i 4 Die Netze, deren man fich zum Heringsfange bedienet, Haben ihre gewiſſe Weite, 7 die durch Verordnungen feſtgeſetzet ſind, und die mannicht überfehreiten darf. Jetzo brauchet man anftatt bes Hanfes, eine grobe perfianifche Seide darzu; denn man hat gefunden; Daß die davon verfertigten Netze aufs wenigfte drey Jahre haften, anftatt daß man von denen aus Hanfe alle Sabre neue brauchet. Man hat die Gemohnbeit, fie bey dem Rau⸗ she von Eichenfpänen braun zu färben. — Diefe Netze find raufend bis zwölfhundere Schritte 36) Man ſehe das Journ, etrang. amangeführten Orte a. d. 99 S. von Island. 3 Schritte fang, und man siehe fie nur einmal des Nachts. Auf einen einzigen Zug be- Befehrei- koͤmmt man bisweilen drey, vier, fünf, zehn, ja bis vierzehn Laſten Heringe; die Saft —— begreift zwoͤff Tonnen, und die Tonne taufend Stück Heringe, - Es ift nicht erlaubt, die Netze vor dem 25 Zunius auszumerfen, weil der Fiſch da noch niche zu feiner Vollkommenheit gelanget ist, und man ihn nicht würde verführen Fönnen, ohne daß er verdürbe, Alle Fahre geben die Generalftaaten aufs neue eine Ber- ordnung deswegen heraus, und laffen Befehle öffentlich anfchlagen, wo den Schiffsherren, Steuer-und Bootsleuten eidlich auferleget wird, den Fang nicht zu zeitig vorzunehmen z und bey ihrer Rückkunft müffen fie wiederum ſchwoͤren, daß weder ihr Schiff noch ein anderes diefer Verordnung, wenigſtens fo viel fie wiffen, zuwider gehandelt habe, Die- ſem doppelten Eide zu Folge, werden jedem Schiffe, welches neue Heringe ausführer, Btglaubigungsfeheine ausgefertiget , um allen Betrug za verhindern, und den Eredie diefes einträglichen Handels aufrecht zu erhalten. Diefer Artikel iſt von ſolcher Wich- tigkeit, daß bey dem im Jahre 1606. zwiſchen Holland und der Stadt Hamburg er⸗ richteten DBergleiche ausdrücklich mit eingerüdt ift, man wolle auf beyden Seiten. über die Verordnungen, welche diefen Fang betreffen, genaue Auffiche alten... In den drey erften Wochen, welche diefer Fang dauert, das ift vom z5ften Jun. bis Zeit des He⸗ zum ısten Julius, thut man alle Heringe, die man bekommen bat, unter einander in: Ton- tingsfnges.. nen, die nach und nach mit geſchwinden Schiffen, die man achten: nennet,. nach Hole land abgeſchickt werden. Die erften, welche in Holland anlangen, heißen deswegen Jachtheriuge. Was diejenigen betrifft, die man nach dem ssten Jul, fängt, fo werden ihnen, ſo— bald man fie an Bord gebracht bat, die Fifchohren abgeſchnitten, und man fheilet fie forgfäftig in drey Arten, die man Fungfernbering, vollen und leeren Hering nennet. Jede Gattung wird eingefaljen und in befondere Tonnen gepacket. Der Juhafernber ring ollandiſch voll Haaring) iſt derjenige, den man zuerft fängf, und der voll Milch; Oder Rogen ift, daß er fich.alfo in: feiner beften Vollkommenheit beſindet. Der leere Hering, (ollaͤndiſch holl oder: Fchooten haaring) iſt derjenige, der ge= laicht hat, und der volle Hering, der auf dem Punkte war zu laichen, Jene Gattung: Wird am wenigften geachtet, und hält ſich nicht fo gut, als der volle Hering, Die bey⸗ den letzten Arten machen die gewoͤhnliche Ladung der Buyſen aus, die nach und nach, wie fie befrachtet werben, oder wenn der Fang zu Ende iſt, abſegeln. Dieſer Fang daurer semeiniglich bis in den November, und felbft die Verorduungen ver Staaten. erfauben, ihn Bis zu Ende des Decembers fortzuſetzen. den * die Heringstennen von allen dreyen Arten in Holland: angelanger find, ſo wer: ußereitung lege hat, Rn weiter gefkhaffee, bis man fie geöffnet, non. neuem: gefalgen: und umge: ds Prringe. ‚, PRAB aus vierzehn Tonnen: vom Schiffe, zwölf amfterdammer Tonnen werben, — — er eine Laſt nennen, oder man: leget: fie in Eleinere Gefäße: Der befte Hering, ben man in Deutſchland und Frankreich bar, koͤmmt aus Holland über Ham⸗ burg, Wenn er in dieſer Stadt anlanger, fo werden die Tonnen: aufs neue von geſchwore— nen Perfonen. geöffner r welche ihn nochmals auf hollaͤndiſche Art einfalzen und umlegen; alsdenn gerichtlich ſchaͤßen, und auf die neuen Tonnen gewiſſe Zeichen. machen, die durch die . Hier fehler. wohl im Originale das: Wort hundert. Beſchrei⸗ bung von Island. ————— Picklinge. 92 - Befondere Geſchichte die Verordnungen beftimme find. Wenn der hofländifche Hering fo wortrefflich, und ' von weit befferm Geſchmacke iſt, als derjenige, der von alfen andern Nationen gefangen wird, fo koͤmmt es daher, daß die hollaͤndiſchen Fifcher ihm fogleich, wie fie ihn fangen die Fiſchohren abfehneiden, und wenn fie ihr forgfältig zugerichtet Haben, niemals erman? geln, das, was eine Macht gefangen worden, vor Ende des Tages einzupacken. DIE Tonnen, in welche man die Heringe leget, find alle von Eichenbolze, und man fehichtet fie darinnen fehr ordentlich auf lagen, von grobem fpanifchen oder portugiefifchen Saljze⸗ Weil aber die übrigen europäifchen Voͤlker weniger Sorgfalt brauchen, fo find ihre HR ringe von fhlechterer Güte, und halten ſich viel weniger, als die hollaͤndiſchen. Es find ungefähr dreyhundert und funfjig Sabre, daß der Gebrauch, die Hering® einzulegen aufgefommen iſt. Ehe man dieſes Mittel, fie zu erhalten, gefunden Haft) wurden fie vermurhlich frifch oder getrocknet gegeffen. Der Zeitpunfe diefer nuͤtzlichen Erfindung wird von einigen Schriftftelleen auf das Jahr 1397 von andern 1416 gefeßt Der Erfinder Hieß Wilhelm Beukels, oder Beukelfen, und war von Biervlier in Flan⸗ dern gebuͤrtig. Man erkannte in Holland den Wortheil fehe bald, den das Einfalzen brächte, ſowohl den Gefchmad des Heringes zu erhalten, als auch ihn überall Binzufchaf® fen. Seit der Zeit ift diefe einfältige Erfindung gleichfam der Grund des bolländifchen Handels ; wie denn auch das Andenken des gedachten Beufels nachher fo werth ijt ger halten worden, daß im Jahre 1536 Kaifer Karl der fünfte und die Röniginn von Hungarn in eigener Perfon fein Grab zu Biervlier befuchten, als hätten fie ihm für eine Entdecfung, die ihren Unterthanen fo nüßlich geworden war, noch jeßo danken wollen. J Ehe man die Heringe in Tonnen leget, werden ſie eingeſalzen, welches auf zweyer⸗ ley Art geſchieht, und daß man entweder weiß oder roth eingeſalzen heißt. Die er⸗ ſte Art wird fo zugerichtet. Sobald der Hering gefangen iſt, wird er aufgefchnitten, die H Gedärme werben von der Milch oder dem Rogen abgefondert und herausgenommen. Als— dann wäfcht man den Fiſch in füßem Warfer, reibt ihn wohl mit Salz ab, und leget ihn in eine Lake, die aus Salze und füßem Waffer beſteht, und fo ftark ift, daß ein Ey ſich darinnen erhält, ohne zu Boden zu fallen. Hier bleiben die Heringe vierzehn bis fünf zehn Stunden, alsdenn werden fie herausgenommen, gut getrocknet und ſehr gedrang in eine Tonne gelegt, die auf dem Boden mit Salze beftreuer wird, und das koͤmmt auch uͤbet die legte Lage, wenn fie ganz voll ift. Hernach fehläge man die Tonne genau zu, damit die Safe nicht herauslaufe, noch die geringfte Luft hinein dringen koͤnne. Ohne diefe Vor⸗ ficht würden die Heringe bald verderben. Wenn man fie hernach in andere Tonnen um⸗ feget, fo muß man eben diefe Sorgfalt anwenden. ‚Ks Mit den Heringen, die roth zugerichtee werden, verfähre man folgender Geftalte Wenn man die Fifhe aus der Safe genommen hat, in der fie wenigſtens vier und zroa? zig Stunden gelegen hatten, fo ſtecket man fie durch den Kopf an einen hölzernen Spiefr und hänge fie in einem dazu erbauten Ofen auf, ber gemeiniglich zroslftaufend enchält Hernach zündet man darunter folches Reißholz an, das vielen Rauch und wenig Flamme giebt. In diefem Zuftande laͤßt man fie, bis fie genug getrocknet und geräuchere ſind⸗ welches in einer Zeit von vier und zwanzig Stunden gefchieht, worauf fie Dermusgenagh ) j 37) Journal Etranger Mai 1757. p. 100. 1 38) Horrebows Beſchreibung von Island a. d. ais S. der deutſchen Ueberſetzung. von Island. 33 men und in Tonnen gelege werben, Ihre Güte beſteht darinnen, daß fie dick, fett, friſch Beſchrei⸗ dark, gut gefalzen, von einer Goldfarbe und nicht zerfleiſcht ſind. Das find die befann- IS 200 tun Franzoͤſich hareng fore oder foret. Jene Art heiße im Fraufreich weiß — — e Heringe 37). ¶Die Heringe, welche man in Frankreich ißt, laſſen ſich nicht alle Jahre auf den islaͤndiſchen Kuͤſten, ſondern nur von Zeit zu Zeit ſehen, daß alſo dieſe Fiſche eigentlich fein Zweig des islaͤndiſchen Handels find. Die Art Heringe aber, welche Fein Jahr ermangele ſich auf diefen Höhen zu zeigen, Sardellen. find die Sardellen, die mit den Stockfifchen anfommen, von welchen fie verfolger wer- ben. Der Wallfifch, der ihrer eben fo wenig ſchonet, verfihlingt oftmals die Sardellen und ihre Verfolger zugleich, Da ein Wallfiſch 38) vor Hise und Begierde einmal auf dem Sande geſtrandet tar, weil er ſich der Küfte zu ſehr genaͤhert hatte, fo wurde er fogleich von allen zufamuen gekommenen Islaͤndern aus diefer Gegend angefallen und getödter, Ein Wallfiſch war für fie ein ſehr angenehmer-und glücklicher Fang: aber er wurde es noch vielmehr, als man in feinem Magen mehr als ſechshundert feifche und lebendige Stockfiſche, eine große Men- ge Sardellen, und fogar einige Vögel fand, : Es ift ein fonderbares und angenehmes Schaufpiel, (fager Herr Horrebow, der es verſchiedene Male mit angefehen bat), wenn die Eardellen in großen Haufen anfommen. Indem die Wellen durch den Lauf diefer Fiſche, die fich in Millionen beyfammen finden, bewege werden, ift der Himmel mit einer unzählbaren Menge Vögel verfinftert, die über diefen ungluͤcklichen Sardellen herum ſchwaͤrmen, und die Luft mie. einem durchdringen- den Geſchreye erfüllen. Jeden Augenblick machen fich einige von dieſen Vögeln los, ſchießen wie ein Pfeil in das Waſſer, in das fie ziemlich tief unterfauchen, und fommen mie ihrem Raube im Schnabel wieder empor. Ein noch viel nüglicherer Fifch für die Fsländer, als die Heringe und Sardellen, find die verfchiedenen Arten Stockfifche ‚ welche fie Torfchen nennen, dazu der Rabeljau, die fange 39), der egrefin 40) gehören und alle die Fiſche, welche wir im. Anfange Die- ſes Abſchnittes gemennet haben. Der Kabeljau 41) ift zu bekannt, als daß man noͤthig hätte, eine Befihreibung Der Raseljau. davon zu geben. Sein Fleiſch ift von einem fo vortrefflichen Geſchmacke, daß er überrail für ein delicates Eſſen gehalten wird, Die Islaͤnder fangen dieſen Fifch mit dem Ha- Sein Fang. men, an dem fie zum Köder etliche Muſcheln, ein Stuͤck Fiſch oder rohes Fleiſch an- binden. Man bemerket, daß er beſonders leicht verdauet. Alle Fiſche, die er verzehret, Seine ge: berbauet er in weniger als vier Stunden. Die Schale der Krabben, die er verſchlingt, wird ſchwinde Ber In feinem Magen fo roth, als wenn fie wäre geforten worden, ——— on dem Kabeljau, den Sangen und Egrelin, bereiten die Einwohner den Flack⸗ fiſch und Haͤngfiſch, zwo Arten aeftodnerer K; i i tſchland über: ne St * n getrockneter Fiſche, Die man in Deutſchland über hr Eine umftändliche Beſchreibung von der Art fie zuzubereiten, wird uns lehren, was Flackſiſche und Haͤngfiſche find, und worinnen der Unterfehied un- - ter beyden beftebt. ehe; R = Um 39) Afellus maior vulgaris. 40) Afellus longusſbey Willougby, Egrefinus’ 41) Afellus tertiusoder eglefinus beym Rondeler. beym Sellonins, undjenglic, hadilock, Allgem. Reifebefchr, XIX Band, € 34 Befondere Geſchichte Befchreis Um Flackſiſch zu machen, fehneider man dem Kabeljau und andern Fifchen von die bung von fer Gattung den Kopf ab und den Bauch die Sänge hinunter auf, roißt ihnen das Ruͤchk Sland. grat aus, und leget fie zufammen, die, inwendige Seite gegeneinander, wenn es fr cken Wetter if. Hernach breitet man fie auf Steine, die mit Fleiße dazu hingeleget find, Manherley (oder auf dem Sande aus, wendet fie verfihiedene Male in einem Tage um, daß mechfelf —— NE weiſe die Seite mit dem Fleiſche oder die mit der Haut an die fuft kommt . "Wenn da Wetter ſchoͤn iſt, und die Laft trocken bleibt, fo find vierzehn Tage hinlaͤnguch, viele Fifche vollfommen zu doͤrren. Gemeiniglich aber brauchet man drey Wochen und daruͤ⸗ ber; denn es ift erwas feltenes, daß in der Jahreszeit, in welcher Dev Fang fgefchiehtr namlich den May und Junius hindurch, die trockene Witterung von feiner forchte.n u terbrochen wird. Wenn der Fifch genug ausgetrocknet ift, fo leger man ihn in Haufen auf, eine zu dem Ende aufgeführte Mauer, fo daß Die Seite mit der Haut allemal auswen⸗ dig bleibt. Alsdenn mag das Wetter feyn, wie es will, der Fiſch leidet weiter Feine Veränderung. 22 Was den Hängfifch anlanget, fo wird er auf eben die Weife zugerichter, nur mil dem Unterfchiede, daß man den Fifch auf dem Rücken fpaltet, und ein Loch Durch den Bauch machet, um einen hölzernen Spieß durchzuſtecken, an welchen man ihn in kleinen Hütten, die zu dem Ende aufgebauer find, aufhaͤngt. Dieſe beißen in dem Lande Hi⸗ Alden, und ihre Wände beftehen bloß aus Latten, die in gewiffer Weite von einander angeſchlagen find, damit Luft und Wind frey durchſtreichen Fönnen, und aus einem Dar ehe, den Regen abzuhalten. Won diefer Zubereitung hat er, wie man fiebt, feinen Namen, Er wird theurer verfaufer und iſt in größerem Werthe, als der Slacfifch, von welchen doch weit mehr verfertiget wird. Diefer iſt eigentlich die isländifche Scheide * und man richtet gemeiniglich hundert Pfund Flackfiſch gegen ein Pfund Hänge zu. * Diefe beyden Arten getrockneter Fiſche Halten ſich ſehr lange, bis auf zehn Fahre Gleichwohl hat man gefehen, daß Eein Salz dazu koͤmmt, fordern er bloß der Luft aus geſetzet wird, In der Befchaffenheit diefes Elements muß man alfo die Urſachen ſuchen, warum cr fich fo lange hält; die Reinigkeit und Trockenheit derſelben find, dem Herrn Horrebow zu Folge, dasjenige, wodurch die Austrocknung zu Stande koͤmmt, wozu man nod) eine mäßige ımd beſtaͤndig gleiche Wärme, die achtzehn bis vier und zwanzig Erunden anhält, ſetzen kann. Die übrigen Fiſche, als Schelffifche, Butten, Plateife, Schollen darf man nuf nennen, ſo find fie Fenntlich genug. Die Islaͤnder haben von ihnen eben ben Nutzen, den fie andern Völkern verfihaffen. Sie effen fie friſch, oder trocknen fie, um den Ue— berxfluß voreäthig aufzuheben, ; Steinbeißer. Eben das thun ſie mit dem Steinbeißer, oder Meerwolfe, oder Meerhechte, mit dem Rochfiſche, und einigen andern Gattungen kleiner Fiſche, an denen nichts beſonders zu merken iſt. Wallßſch. Unter den groͤßern Fiſchen hat der Wallfiſch die erſte Stelle. Man unterſcheidet ihrer in Island verſchledene Arten, Die jede ihren beſondern Namen hat, aber weiter wird uns Cranz beſchreibt fie ausfuͤhrlich in feiner Hi⸗ ſie in Finf Claſſen und jede wieder in etliche Gat⸗ Forie von Grönland a. d. 141- 152 Seite, wo er tungen eintheilet. Und da er hierinnen winehn —— — — ⸗ von Island. 35 uns von ihnen nichts bekannt gemacht *). Wir haben auch von dieſen ungeheuren Thie- Beſchrei⸗ ven, und der Are, fiezu fangen, fchon in dem Artikel von Spigbergen, im fiebenzehn- ans * ten Bande dieſes Werfes gehandelt , daß wir weiter nichts hinzuſetzen wollen. Bir AH, bemerken nur, daß die Fsländer noch vor zwanzig Jahren den Wallfiſch bloß mit einer Har⸗ Pune warfen, welche derjenige, der fie warf, mit einem ihn eigenenZeichen bemerket bat- te. Hernach erwarteten fie, was der Wurf für Wirkung harte, und daß der Fiſch auf ihren Küften ſtranden ſollte. Derjenige, welchem die Harpune gebörete, erfannte dar aus, daß er ihn angefchoffen Hatte, und die Gefege der Inſel fprachen ihm einen gewiſſen Theil davon zu, das übrige gehörete dem Eigenthumsheren, auf deffen Grunde und Bo— den das Thier gefivander war. Da aber der König in Dänemark im Sabre 1748 alles Geraͤthe zum Wallſiſchfange, und einen ſehr geſchickten Harpunierer, nach Island brin- gen laffen: fo verfähre man jest auf diefer Inſel ungefähr auf eben die Are, die wir ans dersmo angezeiger haben, Die Seeochſen, Schwerefifche, Seefälber und. Seehunde find, gleichfalls auf die« fer Küfte ſehr befannte Fiſche, und da man ihre Befchreibung eben da finder, wo wir von den Wallfiſchen gehandelt haben, fo find wir uͤberhoben, bier vieles von dieſen Thic- von zu fagen, außer daß die Jsländer von den Seehunden große Vortheile ziehen. Sie theilen fie in drey Gattungen, die Land, Sele, Seehunde von dem Sande, Verſchiedene Oe⸗Sele, Seehunde von den Inſeln, und Bronlsnd; Sele, grönländifche See⸗ Arten See⸗ Bunde genennet werden. Die erfte Art ift die gemeinfte, aber die kleinſte. Ihr Name hunde. koͤmmt daher, weil fie fich faft beftändig nahe bey dem Lande aufhalten. Cie gehen auch) in bie Fiörden und die Eleinen Arme vom Meere, um die Sachfe und Forellen zu jagen. Die Seehunde von den Inſeln find größer, Sie heißen fo, weil ihr Aufenthalt mei ſtens in den Inſeln ift, welche um das fefte Sand herum geſaͤet find, zumal in den un- bewohnten, two nichts ihre Ruhe ſtoͤret. Der grönländifche Seehund iſt in der Größe, und ſonſten denen auf den Inſeln ſehr ähnlich, und vermuthlich hat man ihm nur darum einen befondern Namen gegeben, weil er ein Fremder if, und alle Jahre im December anlanget. Er hält ſich gemeiniglich an die Nordfüften der Inſel, wo man diefe Thiere bis in den März ſieht, in welchen fie wieder nach Haufe kehren. Da fie in fehr großer Anzahl anfommen, fo kann man fig unter die Reichthuͤmer von Island rechnen. * In den Buchten, wo fie eintreffen, ſtellet man zwanzig bis dreyßig Netze auf, die Seehundse ungefähr zwanzig Faden lang find, und welche durch die Kruͤmmungen und Gänz Sarg. ge, die fie machen, ein Labyrinth bilden, aus welchem fich wenig Fifche heraus- finden koͤnnen. Nach einem oder zween Tagen ziehen die Fifiher Die Netze heraus, und haben fechzig big zwehhundert Sechunde gefangen. Jedes diefer Thiere wird wegen fei- RB Fettes und feiner Haut auf zween Reichsehafer geſchaͤtzt. In gewiffen Gegenden von Island werfen fie die Einwohner, an fett ihnen Rehe zu ftellen, mie der Harpune, wie die Wallfiſche. Sie find fo geſchickt, daß fie eine Harpun, an der ein langes. Seil ift, auf zwanzig und dreyßig Faden weit werfen, und ihren Wurf felten verfehlen, Diefe grönlandifgen Seehunde find zwo, vier, ja fechs deurfche Ellen lang. Die auf den Inſeln fange man bisweilen auch in großer Menge, zumal auf den wüften In— . Er \ fen, lich dem Anderfon zu folgen vorgiebt, ans welchen Heißt, es werde von dem Unterſchiede der Wallfi— unſer Verfaffer auch feine Nachrichten geſchoͤpſet ſheſſonſt nichts angezeiget, als daß fie verfihiedene bat: fo kann ich nicht begreifen, twarum es hier Namen hätten. Der Ueber, Beſchrei⸗ bung von Island. 56 Brceſondere Geſchichte fein. Weil ſich dieſe Thiere bier ſicher glauben, fo begeben ſich die Einwohner haufen⸗ weiſe bin, fie auszufpären, und wenn die Seehunde aus dem Meere aufs Sand kom⸗ men, fich an die Sonne zu legen, fo werden fie angefallen, und mit einer Keule, wer che die Islaͤnder führen, todtgefchlagen. Es teiffe oft zu, daß fie ihrer hundert auf ein⸗ mal toͤdten. Die Seebunde vom Lande fänge man, wie die grönländifchen, mie Netzen, die in ein Labyrinth gelegt find, oder erfchießt fie mit der Flinte, A Die Flußfiſche find in Island nicht in fo großer Anzahl, Man kennet bier nur DIE jenigen, von denen wir fehon geredet haben, nämlich die Sachfe, Forellen und Yale, und die zu bekannt find, als daß wir uns dabey aufhalten follten, = Der XI Abſchnitt. z Iolaͤndiſche Gewuͤrme und Eriechende Thiere, * J Keine giſtige Thiere in Island. Spinnen. Muͤcken. Wuͤrmer. 3 Keine giftigen an ſieht in Island weder Schlangen noch ein giftiges Friechendes Thier. Herr A — ve in Is⸗ derſon ſchreibt dieſes dem ſtrengen Clima zu: allein, wie Herr Horrebow anfuͤhret, die ESpinnen. Muͤcken. Wuͤrmer. Beobachtung des Wetters zeiget, daß die Kaͤlte hier nicht groͤßer iſt, als in Dünemarkı und fölglich die Schlangen da eben fo gut leben Fönnten, Ueberdieß weis man, daß DIE Inſeln Madera und Malta, die alle beyde unter einem Himmtelsftriche liegen, wo der Froſt unbekannt iſt, eben den Vortheil haben, daß fie Fein giftiges Gewuͤrm ernähren Man muß daher die Urſache diefes Vorzuges in einer befondern Beſchaffenheit der Luft, oder des Erdreiches, ſuchen; vielleicht hat auch ein Zufall, als ein Erdbeben, oder eine Ueberſchwemmung, mit daran Theil, welche fo große Veränderung auf diefer Inſel an⸗ gerichtet haben, daß alle dergleichen kriechende Thiere umgekommen find, und ſeitdem bat niemand welche aus andern Laͤndern dahin bringen mögen, um die Art wieder fortzupflanzen. 3 Es giebt nicht viel Sander, melche von Inſecten weniger geplagt würden, als I— land. Die gemeinften find fehr Fleine Spinnen. Man Eenner hier weder die ftechendel Muͤcken, Mosfiten genannt, noch Wefpen und Bremſen. Mach den Spinnen find ge” wiffe große Mücken das einzige Inſect, melche einigen Gegenden befchwerlich fallen, ſon⸗ derlich in LTorderfpffel, der Fälteften Provinz des Landes. Sie halten fich beſonders beyim Waffer und um den See Myvatne auf, deffen Name auch von den vieien Mücken herkoͤmmt, mit welchem feine Ufer faft das ganze Jahr bedecket find. Sie plagen die Menfihen ſowohl, als die Thiere, fo, daß die Reifenden, welche bey dieſem See — ziehen muͤſſen, gemeiniglich einen Flor über den Geſichte haben, um ſich vor dieſem Ge wuͤrme zu verwahren, deſſen Stich ſehr empfindlich iſt. = An denen Orten, wo die Fifcher ihre Fifche ausbreiten, um Flackfifch zu machen, fir den ſich auch zahlreiche Schwärme Schmeißfliegen. Außerdem aber ſieht man in 3 land Eein fliegendes Inſect, oder wie Horrebow faget, man Fenner fie nicht. Wenn nach einer großen Dürre ein ftarfer Regen fälle, fo ſieht man auf dem eb nen Sande, und fonft überall, eine Menge rörhlicher Würmer, die Regenwürmer : ‚ en, I Man fehe hierüber Huygens vortreffliches ſtalle ausführlich gehandelt wird. Leyden 1690, 4 Werk vom Lichte, wo von dem islaͤndiſchen Cry: 5. Cap. 49 Seite. Ingleichen die Fortfegung 9* ö von Island. | SEE fen, aus der Erde hervorkommen, desgleichen andere, die ganz geün find, und, —* lt der Einwohner Meynung, mit dem Regen vom Himmel fallen, Diefe letzten haben —— bald die Größe und Geſtalt der Seidenwuͤrmer, wenn fie etwan halb ausgewachſen find,“ — und richten, wo fie erfheinen, auf den Wiefen erftaunliche Verwuͤſtung an, Der XIII Abſchnitt. Stein: und Erdarten. Silber und andere Metalle. Kupfer: und Cifen: Agath. Schwefel. Art, ihn zu ſammlen. Ge⸗ minen. Islaͤndiſcher Cryſtall. Erdpech. Torf. meines Salz. = Bimsftein. Schwarzer Ambra. Schwarzer as Mineralreich ſcheint in Island fehr vieles hervorzubringen, davon aber noch nicht Silber und D alle Arten wi genug ax er weis Rs viele Einwohner in den Gebirgen rg Me Erz gefunden, und es felbft geſchmolzen haben, da man es denn als guf Silber gefun— dalle. den hat: aber man weis nicht mehr, wo diefe Gruben angetroffen werden. Andere, wenn fie Schluͤſſel Löten wollen, fuchen auf den Bergen eine gewiffe Materie, die fie auf den Schlüffel legen, an welchen der Bart kommen foll. Alsdenn beftreichen fie ihn ganz mit einem Zeige von Thone oder Leimen, werfen ihn ins Feuer, und laffen ihn fo Tange darin- nen, bis fie glauben, daß die Materie gefihmolzen ſey. Darauf nehmen fieden Schluͤß ſel heraus, brechen die irdene Rinde darum ab, und der Bart iſt fo gut an dem Schluͤß fel befeſtiget, als wenn fie Kupfer dazu genommen haͤtten, deffen man fic) fonft in die— fem Falle zu bedienen pflege. Vielleicht finden fich Kupfertheilhen in der Materie, ch —— nehmen, und dieſe iſt allem Anſehen nach ein Erz, es ſey nun was für wel- 8 68 will, - - Alle Fsländer Haben von Alters her fagen hören, daß ihre Inſel reiche Kupfermi- Kupfer: und nen enthält: aber man hat niemals eine gefucht oder da eingefehlagen. Einige machen Eiimminen- fich felber allerhand Hausgeräth von Eifen, wovon fie das Erz an verſchiedenen Orten mit leichter Mühe finden. Der natürliche Schluß aus diefen Umfränden ift alfo der, daß Island nicht allein Kupfer und Eifenerzte bat, fondern auch wohl noch Foftbarere Metalle in feinem Schooße verfchließt, as man nach deu Metallen in der Erde finder, ift Cryſtall, Erdpech, Torf, Bimsftein, Agath oder ſchwarzer Ambra, Schwefel und Salz. Unter den Cryſtallen, welche man in island finder, ift eiae befondere Gattung gslaͤndiſcher deffelben unter dem Namen isländifcher Crpflall bekannt. Er hat die Eigenfchaft, die Cryſtall. r * die man dadurch ſieht, doppelt vorzuſtellen. Wenn man ihn in einem Schmelz- iegel zu Kalke brennt, fo wird er blättericht, und erfanget alsdenn die Kraft, im Finſtern zu leuchten. Herr Horrebow nennet ihn lapis ſpecularis, aber darinnen irret er fi, wie einige andere Berfaffer, welche geglaubet haben, es fer eine Yet von Talktein, weil er ſich blättert. Andere haben ihn für eine Art Sefeniten gebalten. Gleichwohl ſcheint es ausgemacht, daß er eine Spactart ff, und man ihn mie andern Mineralien nicht vers wechſeln darf, denen er an der rautenfoͤrmigen Figur und Durcpfichrigfeit gleicht, aber in andern Eigenfhaften wieder von ihnen abgeht 42). N a Das des Herrn Pott Lithognoſte in den Memoires de T. E p. 286. und in denen vom Jahre ıyıo Academie des feiences vor dem Jahre 1699. a, d. 341 ©. EN Beſondere Geſchichte Beſchrei⸗ Das Erdpech, der Torf, der Bimsſtein find bekannt genug, daß wir nicht noͤthig bung von Haben, von ihnen zu reden. Es iſt genug, «wenn wir bemerfen, daß fie in Islan⸗ Island. , Häufig angetroffen werben. Das iſt aber ſehr natuͤrlich, da es bier, wie wir gefager ha⸗ ben, ſo viel feyerfpeyende Berge giebt. u Vermuthlich entſteht durch Hülfe des Erdpeches derjenige. Stein, melchen malt Agtſtein oder ſchroarzen Ambra nennet, und an verfchiedenen Orten finder. Man un⸗ terſcheidet zwo Arten deffelbigen. Die eine, welche, wenn fie angezuͤndet wird, mie eine, Kerze brennet, iſt nach dem Herrn Horrebow, ein fehr hartes Erdpech, von einer glänzenden Schwaͤrze. Die andere, welche die Islaͤnder Harfn Tinns, ſchwarzen Sfintenftein nennen, brennet nicht, und iſt viel härcer, als dievorige. Die Dänen nam non ihn ſchwarzen Agath, weil er, wie der rechte Agath, Feuer giebt. Diefem koͤmm eigentlich der Name Agath und lapis obfdienus zu. Er ſcheint nichts anders, als ein ſehr reine Schlacfe oder cin Glasfluß zu feyn, der feſt, harzig, und durch die Wirkung. eines heftigen Feuers entflanden iſt 43). Und wirklich, wenn man ein Stuͤck davon zerbricht/ fo ſpringt es wie Glas. Der Berg Krafle licfert eine große Menge ſolcher Steine, unter wel chen man Stücen von der Größe eines Fleinen Tiſchblattes gefimden hat, welche ſechs Lispfunde 44) und daruͤber wogen. Der Stein, welchen die Alten lapis obſidienus nann⸗ ten, wurde nach der Erzählung des Plinius 45) gebraucht, Petſchafte daraus zu made hen, Ein König von Dänemark ließ aus einem großen Stücke von diefem ſchwarzen islaͤndiſchen Steine einen Napp nebſt ſeinem Deckel verfertigen, und man giebt von ſaget Anderſon 46), daß man vier Jahre gearbeitet habe, ihn zu Stande zu bringen⸗ Gemeiniglich verferigee man daraus Mefferhefte, Halsbänder, Ohrringe und alle Kr ten von Schmucke, den das Frauenzimmer in der Trauer traͤget. Der Schwefel finder ſich an zween Orten in Island im Ueberfluſſe, nämlich in DM Gegend Huswich, in der Provinz gegen Morden, und bey Kıyfwig, im mitcäglichel Theile in der Landſchaft Guldbring. Diefe Derter find trocken und hitzig, man fi hier unaufhoͤrlich Duͤnſte aufiteigen, und der Schwefel finder fich faſt immer in der Mid be von einer warmen Quelle. Wenn man ein Erdreich von diefer Beſchaffenheit entdeck bat, fo findet man den Schwefel nicht allein auf den Felfen und Bergen, fondern au in der Ebene, ziemlich weit von dem Fuße der Berge. Ueber dem Schwefel ift affez eine Sage unfruchtbarer Erde, oder beſſer zu fagen, vor Thone oder Sande, Diefe Er de ift von verfchiedenen Karben, weiß, gelb, grün, roth und blau. Unter derſelben Sage von Erde finder man den Schwefel, der mit Spaten und Schaufeln weggenom⸗ men wird. Oft muͤſſen die Arbeiter bis drey Fuß tief in die Erde graben, um gu Schwefel zu ſinden: aber tiefer dürfen fie nicht kommen y weil die Hitze alsdenn zu get und. die Arbeit zu beſchwerlich wäre; welches defto wenigern Wortheil brachte, da m ihn anderer Orten mit leichter Mühe in zulänglicher Menge gewinnen ann. An de ‚Orten, wo häufiger Schwefel ift, kann man in einer Stunde achtzig Pferde damit bel den, vondenen jedes gerade zwoͤlf Lispfund (hundert und zwanzig Pfund) trägt, Die 4J Erdpech, Tarl, Bimsſtein. Schwarzer Ambra, eine Art Erdpech. Schwarzer Agath. Schwefel. Art, den Schwefel zu ſammlen. 43) Dieſer Stein, der eine Art von Jaſpis it, ſcheint chen derjenige zu ſeyn, der bey den Alten unter dem Namen lapis obfidienus Gefannt war, und von einem gewilfen Obſidius, der ihn zuerſt aus Aethlopien brachte, jo genannt wurde. + Hernach gab man ihm den Namen Gagas, 9 thraciſcher Stein, weil er ſich in Lyelen in DIT Fluſſe Gagas, bey der Stadt gleiches Ramens fand Der Herr Graf Caylus, dem die biebe zu don UM ſten und Wiſſenſchaſten einen noch groͤßern 9 a —— — von Island. | 39 Ken Schwefelminen finden fich auf einer Eleinen Erhöhung, welche das Erdreich an deit- Beſchrei. felben Orten — Dieſe iſt in der Mitte Ra und daraus feige ein viel — fiärferer und heißerer Dampf auf, als in der Gegend umher. Diefe Derter ſuchet man Riane vorzüglich auf, um Schwefel zu graben, ' Hat man die oberfte Erde auf fo einer Anhöhe 'weggenommen, fo finder man ben Schwefel dichter, beffer und in größerer Menge, Er gleicht ungefähr dem Canbiszur er. In einer Fleinen Entfernung davon, findet man den Schwefel in einzelnen Stü- seen, und bringe ihn in Schaufeln weg. Hingegen der auf den gedachten Hügeln ges graben wird, ift ein viel haͤrterer Körper, und man bat viel Arbeit, ibn foszumachen und wegzufchaffen. Der Schwefel, welchen man Klumpenweiſe in der Erde finder, ift auch gut, boch lange nicht fo feh, als derfefte Schwefel, der fich an den Tufftein anhaͤngt. &o faͤhrt man fort, die Mine auszuleeren, bis fie erfchöpft if. Alsdann ſuchet man eine andere auf, und findet fie deſto gefehtzinder, da fie an den beyden Oertern, die wir ge: nannt haben, in großer Menge find, an A Wenn es warm ift, fofönnen die Leute des Tages nicht arbeiten. Sie wählen alfo - dazu die Nächte, welche im Sommer äu dergleichen Arbeit hell genug find. Sie brau⸗ chen auch die Vorſicht, um ihre Schube ein Stuͤck Wadmal, grobes Landtuch, oder einen andern wollenen Zeug zu wickeln; fonft wären fie in Gefahr, fich die Füße zu verbrennen. der That, wenn der Schwefel gegraben wird, ift er fo heiß, fo daß man ihn kaum in der Hand halten kann ‚ bis er nach und nach an der Luft Falt wird. Wo man ein Jahr Schwefel gegraben bat, kann man ihn auch das andere, ja wohl das dritte Jahr graben; denn die Schwefelminen find faſt unerfchöpflich. © große Vortheile der Schwefelbandel den Islaͤndern anzubierhen feheint, fo le⸗ gen fie fich doch heute zu Tage wenig darauf; und es find verſchiedene Urſachen zuſammen gekommen, welche gemachet haben, daß dieſer Theil des Handels ganz und gar iſt liegen geblieben. Die erſte ift, daß einsmals ein mit diefer Waare befrachteres Schtif un⸗ glücklicher Weife beym Auslaufen aus dem Haven ſtrandete, und der Schwefel, ber ing Meer gefallen war ,. die Fiſche von dieſer Küfte dergeftalt vertrieb ‚ daß viele Sabre bins gengen, ehe man ihrer wieder fangen Fonnte, Dieſer Zufall zog die Einwohner von diefem Handel ab. Ferner war der Schwefel in den Handelsftädsen der Inſel fo gemein geworden, daß man ihn niche affe verkaufen konnte. Da alfa die, welche ihn zuberei⸗ teten, ihre Mühe und Unkoſten perloren, fogaben ſich die Einwohner nicht mehr damit eb, ihn zu ſammlen. Die dritte Urſache, welche dem Schwefelhandel gar ein Ende mach⸗ — daß derjenige, welcher in Kopenhagen das Privilegium darüber hatte, faft zu Den Der Zeit farb, und ſich Niemand bemühere, an feine Stelfe zu treten, Seitdem iſt dieſer Handei ſtets im Abnehmen geblieben. ec are Anderfon Befanprer, ea gäbe auf diefer Inſel weder Salz noch ſal. Gemeines üige Quellen: ſo ſicht man doch aus der Erzaͤhlung des daͤniſchen Verfaſſers, daß dieſe Orli- Ver⸗ lebt, als feine Geburt, Bat di i : — — — —— jet — 5 — Sehen geren hr ” ar er Lispfund wirgt gehn Dfund ſchweres koniglichen Akademie der Auſſchriften den zogen Sun i — 2760 vorgeleſen bet. 45) Hiftor. natixal. lib. XXVI.e. 26. re ö 46) Anf der 40 Eike, Beſchrei⸗ bung von Island. — Geſtalt der Islaͤnder. Islaͤudiſches Frauenzim⸗ mer. — Bocoeſondere Geſchichte Verſicherung zu gewagt iſt. „Ich Habe zwar 47), ſpricht er, weder Salzquellen, 9 Sceinſalz geſehen, aber ich habe ein Stuͤck gegrabenes Salz beſeſſen, und man hat m verſichert, daß man deſſen an verſchiedenen Orten eine große Menge fände. So iſt es „auch gewiß, daß es auf den Küften und felbft. mitten im Sande Salzquellen geben muß „An vielen Orten habe ich die Felſen, an welche das Meer zur Zeit der Fluch gefchlageN „hatte, mit einer Rinde von Salze überzogen gefeben, das die Sonne getrocknet hattk „Die Einwohner , welche diefen Gegenden nahe find, unterlaffen nicht, dieſes Salz „ihrem Gebrauche zu ſammlen. Alle dieſe Umſtaͤnde ſind hinlaͤnglich, den Schluß zu 9 „chen, daß es Island nicht am Salze mangelt. Uebrigens ſieht man aus alten SH „eungen und Schenfungsbriefen von den Zeiten ber, da die Inſel katholiſch war, d „man in verfchiedenen Gegenden, fonderlich im mitternachtlichen Theile, den Kirchen U „Geiftlichen Salzkoten, und das berrfchaftliche Recht gab, Salz zubereiten zu laſſe „Daraus folget unwiderſprechlich, daß in dieſen entfernten Zeiten Salzgruben auf dieß A — „Inſel waren, und man es aus dem Meerwaſſer zu verfertigen wußte. Denn ſollten fl „wohl die Geiſtlichen mit einem eingebildeten Rechte begnuͤgt haben? Das ift keinesw⸗ „ges wahrſcheinlich zu muthmaßen. — * Ganʒ neuerlich haben zween Syſſelmaͤnner verſuchet, durch Huͤlfe des Me „waſſers Salz zu machen; und einer von ihnen hat mic) verſichert, er habe eine Tom „ranzoͤſiſches Salz in Meerwaſſer zergehen, hernach einige Stunden fieden laffen, 4 darvon eine Tonne und ein Vierthel ſehr weißes und feines Salz bekommen, fo gut AR „das lüneburgifche, Dieſer Verfuch, der nur, rudi Minerva, von $euten angeftelle wol® „den ift, die von der beften Art bierbey zu verfahren nicht unterrichtee waren, und „nen es noch überdiefes an dem nöthigen Gefäße fehlere, macher mich geneigt, zu glaube „daß es in Island möglich und fo gar leicht fey, fih Salz zu verfchaffen.,, , ; Der XIV Abſchnitt. i ’ Einwohner von Island, ihre Geftalt, Kleidung, Wohnungen, r Städte: u ® Geſtalt der Islaͤnder. Islandiſches Frauenjin Vanart. Ihr Hausrath. Das Aeußerliche dee mer. Kleidung der Maͤnner; der Weiber. Putz Hauſes. Staͤdte und Flecken ſind nicht in ge! j der Islaͤnderinnen. Ihr Kopfputz. Kleidung land. Was ein Dorf dafelbft if. Ihre Nahe der Berehlichten ; der reichen Leute. Schuhe rung. Ihr Getraͤnk. Gebrauch des Brodted der Islaͤnder. Käufer der Geländer. Ihre und Handel damit. J De Islaͤnder ſind uͤberhaupt von mittler Groͤße, aber wohl gewachſen, und for in. der Geftalt, als Gefichtsbildung, den Norwegern ziemlich aͤhnlich. Sie Gabel" weiße und gefunde Zähne, daher man ſchließen kann, daß ihre Leibesbeſchaffenheit g ihr Clima geſund und ihre Nahrungsmittel nicht übel find: wie denn auch ihr Tempe ment munter und ftarf ift. ME Die Weibesperfonen find von leidlichem Anfehen, und ungeachtet ihre Natur ih fo ftarf, als bey den Männern ift: fo genießen fie doch eine Gefundbeit, die felcen —9— etwas anders unterbrochen wird, als durch ſolche ſchlimme Zufaͤlle, welche in dieſem ar de ziemlich häufig auf die Niederkunft folgen. J— “a — gt nenn a — 47 62h. ı12 ©. (der franzsfichen, and a. d. 89 S. der deutſchen Ueber). = von Island. a Die Kleidung ber Isländer, oder des gemeinen Volkes ift ber Matroſen ihrer ziein Befchrei- lich gleich. Sie beftehe im Sommer in einer Wefte und Hofen von Leinwande, bie beyde es * im Winter von Wabmal find. Jede Mannsperfon trägt über die noch ein langes Kleid, ee. ſaſt wie ein Ueberrock gemacht, das Hempe beißt, Man bediener ſich deſſen außer dem _ Haufe, wenn man reifet Oder ih die Kirche gebt. | Fe * Die Weiber tragen Roͤcke, Camiföler und Schürzen von Wadmal. Ueber d as? anne . Eamifol ziehen fie ‚gemeiniglich einen weiten Roc, welcher bis an den Hals geht, die — gae Bruſt gut bedecket, und enge Nermel bat, die bis an das Gelenk der Hand reichen. Weiber. Diefer Rock ſchleppet bey den Islaͤnderinnen nicht auf der Erde, fondern es gehen die Kleider darunzer ungefähr ei ne Hand breit vor. Er ift allemal ſchwarz, und fie nennen. ihn Hempe, wie den Oberrock der Männer, Unten ift er mit einem fammeten Bande, oder mit einer Ave Borten befegt, die fie ſelbſt verfertigen, und den Spigen gleichen. Alles zufammen ift ſehr fauber genehet, und diefe Kleidung ſteht ihnen nicht übel, Wohlhabende Leute tragen auf der Hempe vorn herunter nerfchiedene Paar filber- ne Schnallen , die zierlich gearbeiter, und faft allemal vergüldet find. Sie dienen bloß zum Schmucke, und das Kleid Damit zu befegen, Die Schuͤrzen find auch unten mie fanmtenen- oder feidenen Bändern von verfchiedenen Sarben befest, Oben find daran drey große Knöpfe von Silberdrathe, die gemeiniglich vergolder, oder au ich wohl von Ku⸗ pfer find. Sie dienen, die Schürze an einem Gürtel zu befeftigen, dev mit Fleinen Ble⸗ en und Buckeln von Silber oder Kupfer befege iſt, und. verfchiedene Knopflöcher hat, Diefer Gürtel wird vorne durch einen Hafen von eben diefer Arbeit zuſammengehalten. Die Camiföler, welche ſiets von einerley Farbe mit der Hempe find, und knapp an Putz der Is· den Leib paffen, mit engen Nermeln bis hervor an die Hand, find. ebenfalls vorn und länderinnen. an den Seiten auf allen Naͤthen — oder ſeidenen Baͤndern von allerhand Farben und vorn mit einem Stuͤcke feiden 1 Zeuge von gleicher Farbe, wie die Bänder, beſetzt. Jeder Aermel dat am Ende vier oder fünf füberne Knöpfe, damit man ibn zu und aufmachen kann. Diefe Eanriföler haben einen fleifen Kragen, der drey Finger breit iſt und ein wenig abftehe , worunter fich der Ueberrod genau ſchließt. Dieſer Kragen iſt gemeiniglich von einem fchönen feidenen Zeuge oder ſchwarzen Sammere, und-mit ie - wer güldenen oder filbernen Dreffe befegt, URO 2. 1, Da Der Kopfputz der Wlaͤnderinnen iſt ein großes weißes Schnupftuch von grober Ihr Kopfputz Seinwand, und fehr feif. Darüber gebt eine Binde von feinerer Seinwand ‚ bie in Geſtalt einer Pyramide gebrochen üt,fo daß dieſe NBeibesperfonen einen Zuckerhut auf dem Kopfe zu fragen fcheinen, Um die Stine, binden fie ein anderes ſeidenes Schnupftuch, wel⸗ ches ihnen die Stirn und den Kopf drey Finger breit bededfer, Seien dieſer gewoͤhnlichen Kleidung bat das Verlangen zu gefallen und die Ei-Srofer Pus eeifeit noch andere für diejenigen Weiber erfunden ‚. die etwas voraushaben wollen, der Isländer Sie bedienen ſich derfchiedener kleiner Zierrathen dus Silber, die fehe fauber gearbeigeg" ren. find, zumal aus Silberdrathe und vergoldet, z. E, große Knöpfe mit Steinen von ver= Ichiedenen Farben gefaßt, oder kleine Ringe, Drey bis vier folche Kuöpfe werden in Geſtalt einer Aigrette auf den Kopf geſteck ugd das iſt ihr reichſter Kopfputz. Die Kleidung der Braͤute iſt ſonderbar. Am Hochzeittage tragen fie Fein Hempe, Kleidung ber ſondern bloß ihr Camiſol, wie es oben beſchrieben ift, Auf dem Kopfe haben fie eing Vereplichten. Krone. von Silber und vergoldet, die big auf die Stirne geht. Zwo Ketten, die eben. Allgem, Reifebefchr. XIX Band, F falls Beſchrei⸗ bung von Island. Kleidung eis eher Leute, Schuhe ber Islaͤnder. Haͤnſer der Is laͤnder. 42 Beſondere Geſchichte falls von vergoldetem Silber find, kreuzweis über das Camiſol gezogen, ſowohl auf def Bruſt als auf dem Nücen. Den Hals umgiebt eben fo eine Kette, an welcher ein FE nes Balfambüchschen auf die Bruft herunter hänge, das fich auf beyden Seiten öffne und gemeiniglich die Geſtalt eines Herzens oder eines Kreuzes hat. Ich kann ver „bern, faget Here Horrebom, daß der Puß der isländifchen Weiber mit ziemlich 9 „tem Geſchmacke ift, und von der Anordnung, die fie darinnen zu treffen wiffen, etwas a „genehmes befömme:,, Die wohlhabendften Frauenzimmer haben oft an Schmucke auf drey bis vier hundert Keichsthaler, h Was die reichen Islaͤnder anlanget, die obrigfeitlichen Perfonen und andere, die M öffentlichen Bedienungen ftehen, fo Fleiden fie fich auf die in Dänemark gebräuchliche Art, und haben ſehr ſaubere Kleider von gutem Tuche. 5 Die Weiber veiferfigen die Schuhe fr ſich und ihre Männer ſelbſt. Sie find von feiner befondern Arbeit, aus Rinds-oder Schafleder gemacht, wovon die Haare od Wolle abgefchabt if. Man weichet fie in Waffer ein, läßt fie bernach trocken werden, und nehet fie zufammen, daß die Schuhe genau an den Füßen anliegen, und feine Abſaͤhe Baben. Sie werden durch vier ſchmale Riemen von Schafleder befeffiger. Zween davon find hinten am Schuhe angeneher, und werden oben auf dem Fuße zugebunden. | beyden andern find an den Seiten, werden um den Fuß herumgefchlungen, und gleich“ falls auf dem Fußblatte zugezogen. | N Der Gebrauch der Hemden ift bey ihnen wohl nicht unbekannt, aber doch nicht all gemein. Man trägt deren von leichtem Flanelle oder grober $einwand, Wenn die Maͤn⸗ ner auf die Fifcherey gehen, fo jiehen fie über die gewöhnlichen Kleider andere von Kalb oder Schafleder, die fie fleißig mit Fifchleber *) oder Fifchthrane beftreichen, welches ihnen einen ſehr widrigen Geruch giebt. | > N Ihre Wohnungen find zwar nicht prächtig oder zierfich, aber doch bequem, und fl Fönnen fich darinnen nach den Umftänden ihres Vermögens fehr wohl behelfen. MA findet bey dem danifchen Verfaſſer die Befchreibung eines gewöhnlichen Bauerhaufes, m von einige Umftande genug find, zu zeigen, wie weit diefes Wolf von der rohen und ul“ gefchlachteren Sebensart entferner ift, in welcher man fie fich gemeiniglich vorgeſtellet ba Denn unferee Meynung nach, beweiſt nichts fo fehr, daß eine Nation gefitter ift, a ihr Fleiß, ſich mie fo vielem Vortheile, als fie nur Fönnen, Kleider, Wohnung und Ihre Bauart. bensmittel zu verſchaffen. Zuerſt koͤmmt man in einen langen und ſchmalen Gang, ungefähr eine Klaftel breit, der mit einem Dache bedeckt ift, das von Queerbalfen getragen wird. Dari nen find in geroiffer Weite, um das ücht Bineinfallen zu laffen, Deffnungen in ſtalt der Schfenaugen angebracht, und darinnen Eleine viereckichte Fenfter , ever noch Sf ver Faßreifen geſetzt, über welchen ein Pergament ftraff gefpannet iſt. Diefes Perg ment wird von den Islaͤndern felbft verfertiger; fie machen e8 aus der Haut, weiche u den Magen der Ochſen und Kühe liegt, und die fie Sinne nennen, und fehr durchſich tig ift. Wenn es fihneyet, oder ftürmifches Wetter ift, fo werden die Fleinen Fenfter mil einem Senfterladen verwahret. An dem einen Ende diefes langen Ganges ift die Haus thuͤre, an das andere ſtoͤßt ein Zimmer, ungefähr vier und zwanzig bis dreyßig en la . R Die Leber iſt bey den Fiſchen, aus denen der Thran verfertiget wird, uͤberaus fett, z. €. 2 | : Syn = ji 4 von Island, ee 43° —* And zwoͤlf oder fünfzehn in Die Breite, welches dem Eingange quer entgegen ſteht. Beſchrei⸗ ie Islaͤnder nennen es die Badſtube und es iſt der gemeinfehaftliche Ort zum Ar- — von beiten, wo die Weiber neben und ihre häusliche Arbeit verrichten, wo man die Wolle Jeland, äurichter u. d. gl. Darbinter iſt eine Schlaffammer für den Hausherrn und feine Frau; oben darüber liegen gemeiniglich die Rinder und die Mägde, An beyde Seiten dieſer Arbeitsſtube ſtoßen vier Fleine Zimmer, zwo auf jeder Seite des langen Ganges, auf welchen auch die Thuͤren derfelben gehen. Eines davon Diener zur- Küche, das andere zur Speifefammer, das dritte zum Milchbaufe, in dem vierten fhläft das Geſinde. Man laͤßt auch hier die Fremden und Reifenden von derfelben Gattung fehlafen , und die Fsländer nennen fie Skaule. | In diefes Gebäude, weiches zuſammen fechs Abtheilungen hat, koͤmmt man nir- gends anders, als durch den langen Gang, fo, daf wenn die Thuͤre davon verfchloffen iſt, Die Zimmer feinen Ausgang haben. Sn dem Dache eines jeden Zimmers find, wie in dem langen Gange, Deffnungen angebracht, um ihnen durch einige Glasfcheiben, oder durch einige mit Hinne uͤberzogene Rahmen, Licht zu verfchaffen. Aber die gemein« fhaftliche Stube wird gemeiniglich durch ein Paar Glasfenfter erleuchtet, damit der Tag befto mehr bineinfaffe, Sn einigen Gebauden ift außer den fechs Zimmern noch eines an der Seite des Skaule, und dienet, die vornehmen Fremden und Reifenden aufzunehmen. Das ift eigentlich das Gaftzimmer, und zugleich die Pusftube der Islaͤnder, und hat ganz al« lein noch eine befondere Thüre auswärts über diejenige, welche in. den Gang gebt. Gegen über, oder an ber Seite der Sfaule, find andere Behältniffe, die Skiem⸗ mer heißen. Hier heben fie ihre getrockneten Fifche, ihren Vorrath auf den Winter, wie aud) das Pferdezeug, und allen Hausrath auf. - Nahe dabey ift einefleineHürte, die Schmiede genannt ‚two fie ihre Arbeit von Eifen oder Holze machen. Nicht weit davon ftehen Die Ställe oder Schäfereyen, nachdem ein jeder Bauer diefe oder jene Art von Viehe hält. Sie haben allemal einen Stall für Die Kühe, einen für die Pferde, und einen oder etliche für die Schafe, wo die Laͤmmer von ben alten abgefondert find, Das Heu wird nicht in die Häufer gebracht , fondern unter freyem Himmel auf einem Plage, um den ein Graben gezogen iſt, in. kieinen Meulern in gewiffer Weite von einander, und eine Klafter hoch, aufgefeßet. Dieſe Heuhau⸗ fen find mit Raſen belegt, welche fie zugleich niederdrücken, und vor dem Regen ver- wahren. Die Arbeitsftube, die Schlaffammer, des Hausherrn und das Gaſtzi i inigfi z4 zimmer, find Kiften te durchaus getäfele, und über denfelben ift ein Boden geleget,, wo fie ihre 3 ifte — ihren Hausrath aufheben. Gemeiniglich haben eben diefe Kammern klei⸗ ne Fenſter von fünf bis fechs Scheiben. Die andern aber haben feine andere Dede, als das Dach, und feine Fenfter, als die mi x i ıe mie Per effnunaen ,. denen geredet worden iſt. fer, Pergamente überjogenen Deffnungen, ‚von Der Hausrarh ift in die ten, die aus Wadmal verfertiget, und mit Federn geſtopft find, welche die große Men- rath ge von Waſſervoͤgeln weder felten noch theuer macher A Tifche, Stühle, Bänfe, Schränfe, 2 j das Hayfiſch, Canis carcharias, hat eine Leber, die faft Fiſch groß iſt, zwo Tonnen fol anfüllen lanter Thran iſt, und mit der man, nachdem des Man fehe Eranzen, a, d, 138 ©, ae ‚ fen Häufern überhaupt nicht von großem Werthe. Bet Ihr Hans: 44 — Beſondere Geſchichte Beſchrei⸗ das iſt beynahe alles, was man in ihren Haͤuſern finder. Und wenn gleich diefer Haus bung von rath nicht von der feinſten Arbeit iſt, ſo iſt er doch deswegen nicht unbequem; und dl Island. Sorge, welche die Weiber tragen, ihn reinlich zu halten, erſetzet dasjenige, was ihr * an Sierlichkeit abgeht. Uebrigens gilt das alles, was wir geſaget haben, nur von den Haͤuſern der Bauern welche Feldbau treiben, und von andern wohlhabenden Sandleuten. Was Derfonen ve höherem Stande, veichere Seute, anbelanget, fo find ihre Haͤuſer mit fehr gutem Geraͤth verſehen, und es fehlet hier fo wenig, als anderiwärts, an Spiegeln, Commoden, ME . andern Stücen, die theils nuͤtzlich, theifs bloß zum Staate find, H Das Aeußer⸗ Was die Bauart und das außerliche Anfehen der Häufer anbetrifft, fo ficht mal liche des Hau⸗ wohl daß in derſelben nicht viel gekuͤnſtelt iſt. Da alle Materialien dazu aus Kopen ſes. hagen kommen, und folglich in Island ſehr theuer ſind, ſo bauet man mit aller moͤ chen Sparſamkeit. Aus dieſer Urſache haben die Haͤuſer weder einen Grund noch Bab fen. Die Unterlagen, die Ecken derfelben, ruhen auf großen Steinen. Die Mauert find von Steinen, mit Erde oder Raſen darunter, aufgeführer. Sie mögen auf ‚Grunde ungefähr vier Fuß in der Dicke Haben, die allmaͤhlig bis auf zwey Fuß abnimml Die Dächer beftehen aus Brettern, welche wie die Ziegel auf einander geleget find, und "ben den Armen find fie mit Keißige und Eleinem Bufchwerfe, und oben darauf mie Kafl bedecket. Diefe Hänfer find, wie man aus der Befihreibung fieht, im Sommer gt fühl, und im Winter warm genug, daß fie in der Wehnftube nicht noͤthig haben, Feuck anzumachen. Andere haben auch Oefen von thoͤnernen Kacheln, oder von Ziegeln ſammen gefeßer. Und das iſt die Vorſtellung, die man ſich von alfen Bauerhöfen od Käufern der Pächter in Island zu machen hat, 9 Staͤdte und Es giebt eigentlich in Island weder Staͤdte noch Flecken, man finder da bloß DE Tlecken find "fer, deren Käufer noch darzu abgefondert flehen. Dem ungeachtet wird der Namen e ran in Is⸗ ner Stadt, ‚oder eines Handelsplatzes, oft drey oder vier Hänfern, mit eben fo viel de & au gehörigen Küchen oder Vorrarhsgebäuden, gegeben ‚ welche der dänifchen Compagnt ‚gehören, die den Hander auf diefer Inſel ereibe. Um dieſe ſo genannten Staͤdte, 9 gemeiniglich nicht weit von einem Haven erbauet find, fiedt man bier und da einige Haͤn ſer fuͤr Fiſcher, welche ihren Stockfiſch bey den daͤniſchen Kaufleuten umſetzen; wie denn ‚die Küften und Gegenden, mo ſich die Eompagnie niedergelaffen bat, weit mehr bewoh net find, als die Miete des Landes. j . Auf der ganzen Inſel ſteht jedes Vachthaus, oder jeder Meyerhof, einzeln miete auf den Wiefen, die dazu gehören, Darinnen wohnen fo viel Mierhleure, oder Pächter als der Befiger haben kann, der ihnen ein Feld, oder nur ein Haus verpachtet. Bi⸗ . weilen bat ein einziger Beſitzer von Grundftücken fünf bis ſechs Pächter um ſich, meld! ie verzinfen, Man nenner fie Hialeyemänner, das iſt, Pachtinnbaber, und das Hau " weldjes fie bewohnen, beißt Hialeye. Sie unterfheiden fich von andern: Mierhleutl! dadurch, Daß fie ein Stück Wiefe inne haben ‚ Worauf fie eine oder etliche Kühe — koͤnnen⸗ 48) Wenn es wahr iſt, daß Island das Thu⸗ tee Korn ſeyn kann. Ein einziger man BF le der Alten fen foll, fo ließe fich der Urſprung dieſer Muthmaßung im Wege, naͤmlich die NW dieſes wilden Kornes leicht entdecken, welches al richt der daͤniſchen und isländifchen Echriftſtell j lem Anſehen mach nichts anders als ein mmsgearter welche fagen, daß Island, feitdem es ———— von Island. 5 die andern bloß die Käufer mierhen, Daßer ift die ganze Inſel in — Kirchſpiele verthetlet. = Seland. Diefe Meyerhöfe, die abgefondert gebauerfind, und bisweilen weit aus einander JE", Kegen, machen ein Dorf aus; denn es giebt ihrer, die, wenn man die Mierhleute alte Was ein Dorf rechnet, aus zwölf bis fünfzig Gebäuden beftehen. Man darf übrigens diefe Art, mit: in Joland ift- ten auf feinen Feldern ein obgelegenes Haus zu erbauen, nicht als eine Unbequemlichkeit anfeben, Diefes erleichtere die Beforgung der Feldarbeit; man bat nicht fo viel Mühe bey der Aernde, und ift vor Feuersbrünften oder anderm Schaden, der aus Nahläf ſigkeit der Nachbarn entſtehen kann, mehr gefichert, SL dA 5 £, Nach denen Fifchen, die entweder feifch ober getrocknet in Seewaffer gekochet, und Ihre Nah⸗ mit vieler Butter zugerichtet werden, iſt die vornehmfte Nahrung der Islaͤnder Küh- rung · oder Schafmilch. Sie kochen auch Gruͤtze oder Roggenmehi darinnen. Suppe von Grüße, in Fleiſchbruͤhe gefocher , iſt auch eines von ihren liebften Gerichten, Da fie wenig Gewürz haben, fovertriee bey ihnen bie Grüge feine Stelle, und fie nehmen fie faft zu allen Speifen. - Der Braten ift ihnen nicht unbekannt, aber fie. haben in Ge- wohnheit, alles Fleiſch, das fie effen wollen, zu Eochen. Selbft dasjenige, welches ges braten werden foll, welches in einer eifernen Pfanne gefchieht. Uebrigens richtet fich ein jeder mit den Speifen nach feinem Bermögen, und die wohlhabenden Seute führen bier einen fo guten Tiſch, als anderwärts, Sbr Getränk iſt, wie wir fehon gefager Haben, Molken. Die verfertigen. fie aus Geträuf der friſcher Mich , von weicher fie den Rohm abgenommen, und die übergebliebene But- Islaͤnder. termilch darunter gegoffen haben und nennen es alsdann Spre, an giebt in den Geograpbien, und felbft in den befondern Befchreibungen von Island, mit Unrechte vor, daß ihnen der Gebrauch des Brodtes fremd feys Es ift wahr, weil der Ackerbau von ihnen noch wicht getrieben wird, ſo iſt das Korn und alles andere Getraide hier felten , aber die Handlung erfeger diefen Mangel. Alle Jahre wird Gebrand) des Mehl und gebackenes Bode in ihren Haͤven eingeführer, welches durch das ganze fand Brodtes, * verkaufet wird. Es iſt kein Haven in Island, wo nicht jährlich zwiſchen vierhundere Handel de- und tauſend Tonnen Mehl, und noch zwey⸗ bis dreyhundert Tonnen Brodr eingebrache " wurden. Obgleich dieſer Vorrath nicht ſo weit reichet, daß alle Islaͤnder taͤglich Brodt eſſen koͤnnen; ſo iſt es doch genug, daßmannicht ſagen kann fie wuͤßten gar nichts davon. Es iſt gewiß, daß ſelbſi die aͤrmſten Islaͤnber zu Feſttagen, Hochzeiten und andern der— ‚gleichen Zuſammenkuͤnften gemeiniglich Brodt backen, und andere es das ganze Jahr daburch zu ihren Speifen haben. Z . * wilde Korn, wovon im Vorhergehenden ift geredet, worden , giebt auch recht ‚gutes Brodt. Zum Ungluͤcke findet es fi, in geringer Menge: aber man bekoͤmmt dar- don fo fehönes Mehl, aus dem ſich fo vortreflihes Brod baden läßt, daß die Einwoh⸗ ‚ner eine Tonne deffelben Mache für eben fo viel danifches Mehl vertaufchen würden 48). Nur hat das Mehl von Hiefen wilden Korne den Febker, daß es Schwarz iſt, welches. dg- ’ — Er ei ber dm, allemal Korn ans Norwegen Befommen ba: bitu Norwegiae ad agrienlturam, au&tore Claud. be. Es kaͤme noch darauf an, ob dieſes von der Vrfmoz Hafriae 1754. in 32. p. 15, 16, Ericz Ver ſorgung der ganzen Infel zu verſtehen ware. Pontoppiam Epifcopi Bergenfis Ay l Phe Traciatus oesonomico-phyfieusdehe Danicae in ato Tom . P. 744. * koͤnnen, anſtatt daß — — m - Beſondere Geſchichte Befchreie Her ruͤhret, weil es den Islaͤndern an guten Handmuͤhlen ſehlet, und damit fie dieſes 9— bung von. mahlen fönnen, es dergeſtalt am Feuer doͤrren laſſen, daß es ein wenig verbrannt iſt. Island· giebt es ein ſchwarzes Mehl, faſt wie Roggenbrodt; dafür aber hat man an einer Tonm von dieſem Mehle ein Viertheil mehr, als an einer Tonne daͤniſchen Mehles. J Der XV Abſchnitt. J Gegenwaͤrtiger Zuſtand der Bevolkerung von Island. 2 Zahl der Ein: —— gewiß nicht fagen, daß ein Land ſehr bevoͤlkert fen, wenn es kaum den zwan wohner. zigſten Theil der Einwohner in ſich begreift, die es ernähren koͤnnte. Und fo N es mit Island beſchaffen. Die erfte Urfache diefer Fleinen Anzahl von Einwohnern, mid Allgemeine anfangs der fchreflihen Seuche, der ſchwarze Tod genannt, zugefihrieben, meld Verwuͤſtung in den Jahren 1347, 1348 und 1349 ganz Norden vermwüfter hat. Dabey Famen in I durch die Peſt. land fo viel Leute um, daß niemand übrig blieb, der im Stande gewefen wäre, eine DE fhreibung von dieſer grauſamen Sandplage zu machen. Die isländifchen Jahrbuͤchet worinnen alles aufs genauefte verzeichnet ift, was fich nur in dem Sande begeben hal feitdem es zuerft ift bewohnt worden ‚, thun darvon Feine Meldung. Man weis es nu von Hoͤrenfagen, daß bloß eine geringe Anzahl Einwohner , die ſich in die Felſen gefluͤch tet harten, diefer unglücklichen Seuche entgiengen. Und eben diefe mündliche Erzaͤh 1 enthält auch, daß das ganze ebene fand, wo Die Peft aufs hefrigfte wuͤthete, mit einem die Nebel bedeckt geweſen ſey. Da Dänemark zu gleicher Zeit eben fo entvölfere wurdex ' Eonnte man feine Colonien nach Island ſchicken. A Unterdeffen bevölferten die Einwohner, welche diefer allgemeinen Verwuͤſtung ent“ gangen waren, das fand aufsneue, fo gut fie konnten. Aber ihre unglücklichen Nach kommen ſind nachmals durch nicht weniger grauſame Plagen, als die Peſt, aufgern ben worden. [ . Li Sm 1627 Jahre 49) thaten die algierifchen Seeräuber einen Einfall in die nfeh - begiengen unerhörete Graufamfeiten, fehlugen viele feute todt, und führeten mehr a zwey Hundert und zwey und vierzig Menfchen gefangen mic fich weg. E Im 1687 Jahre landere ein rärfifcher Seeräuber ebenfalls in Island, und verli fie nicht eher, bis er allerhand Waaren ımd ein Dugend Menfchen geraubet hatte. e Die Jahre 1697, 1698, 1699 waren für Island noch frauriger. Es ftarben vi $eute Hungers; und es follen auf diefe Weife mehr als hundert und zwanzig Perſonet in einem einzigen Kicchfpiele umgefommen fepn. 3 Im Jahre 1707 riffen die Blastern, wozu nech eine andere anſteckende peftilen, i liſche Seuche kam, mehr als zwanzigtauſend Einwohner hin; und bald darauf brach! die Blattern allein wieder viele Menfchen ums Leben. . i Sego rechnet man bie Zahl der Einwohner von Island auf achtzigfaufend, welch⸗ nicht viel ſagen will, wenn man bedenket, daß dieſe Inſel zweyhundert Meilen in de Laͤnge, und ungefähr hundert in der Breite hat. h Z a Der 49) Buͤſchings Erdbeſchreibung. J TG. 384 ©, ci) Dieſer Schtiftſteller Hat, in feiner Crin⸗ 30) Im andern Theile a, d. 57 und 58 ©. gen kurze Lebensbeſchreibungen verſchiedener Eu . r © 5 a ‚von Island. og Der XVI Abſchnitt. Beſchrei⸗ bung von — e Pr #r + A . J land, Beſchaffenheit der Islaͤnder; ihte Fähigkeit zu Kuͤnſten und Wiſ⸗ ass ſenſchaften; ihre mechanifchen Kiünfte, Herzhaftigteit der Geländer. Ihre innerlichen Krie⸗ Te zu ſpinnen und Zeuge daraus zu machen. Ver: — N —5 — Heimweh ſchiedene Arten zu walken. Art zu waſchen. er Islaͤnder. Quelle deſſelben. & igkei⸗ ine Uhren in Island. Ihre Art, den Tas ten zu den Kuͤnſten. ee NE AD, DR A u gerben, Wol: einzutbeilen. a) bin. oft Zeuge gewefen, ſaget Herr Horrebow 50), daß die Islaͤnder Feine feigen Herdhaftig⸗ Memmen find, wie fie Herr Anderfon beſchuldiget. Man hat fie in dem Dienfte feit der Is der Dänifchen Truppen fich hervorthun gefehen, und einige find bis zur Stufe eines Haupt⸗ laͤnder. Manns gelanger, enn man unter der danifchen Armee wenig Islaͤnder findet, fo rühret es daher, daß die, Islaͤnder wenig auswärts gehen , weil ihr Sand. nicht ſehr bevoͤlkert ift. Und da es übrigens zu feinem Glücke weit von dem Königreiche fiegt, fo koͤmmt Fein erber in die Verſuchung, eine lange und befchwerliche Reife zu unternehmen, um von Dier Recruten zu holen. Die isländifchen Jahrbücher beweiſen fonft noch, daß diefes Wolf nicht fürchtfamer Ihre innerli, und verzagter iſt, als die übrigen Europäer. Sie haben unter fich felbft Kriege gehabe, chen Kriege, in welchen man, wie in allen andern von dieſer Art, eben ſowohl Erempel der Tapferkeit, als der Wuth, gefehen bat. Was den Dienft zur See anlanget, fd kann man leicht ſchließen, daß fie dazu fü gut, als auf dem Sande, müffen zu gebrauchen feyn, da fie beftändig auf dem Meere her- umfabren, und mit diefem Elemente fehr bekannt find, Was die Wiffenfchaften betrifft, ſo haben ſich verſchiedene Islaͤnder darauf mit Gelehrte Se: guͤcklichem Erfolge geleget. Diefe Inſel hat einen Snorron Sturlefon, einen Saͤ⸗ lander. monder, Thormodus Thorlacius, Aynas Magnacus, Arngrim Jonas si), und derfihiedene andere ziemlich berühmte Schriftfteller hervorgebracht, Man fieht auch ge- genwärfig, auf ber Univerficär Kopenhagen Yslander ftudiren, welche andern nichts nach« geben, und fie, überhaupt genonmen, gemeiniglich übertreffen , da e8 unter den islän- diſchen Studenten wenig mıittelmäßige giebt, ! —— ſieht ſerner aus ihren Jahrbuͤchern, was auch einige islaͤndiſche Verfaſſer Ihre Luft u PFaͤtigen, daß wor Alters viele von ihnen ſtart aufer Sandes reiſeten, in der. Abfiche, reiſen. Be. Toreinifg Be bereichen. Einer von ihren Schriftftellern Hat vor einigen Jah⸗ machet , in der * — von den Reifen der alten nordiſchen Volker befannt ge- angelegen feyn Fi eſonders bey ſeinen Sandesleuten aufhaͤlt. Sonderlich läßt ex ſich — — daß fie die Vorwuͤrfe des rohen barbarifchen Lebens nicht diefer V efaffer — * ‚ Obne fie zu kennen, gegen fie fo freygebig iſt. Die Islaͤnder, fager ⸗ zu allen Zeiten gern gereiſet. Diejenigen, welche nie aus ihrer nfel gefommen maren , flunden bey ihren Sandesfeuten in Verachtung, da man hinge⸗ gen der geliefert, die theils durch ihre Geburt, theils Burg, { J ger Ausgabe 1510,4. Des leichen eb durch ihre Wiſſenſchaft ſich hervorgethan haben, SpecimenIslandiac hiflorienneet Hs a, an jehe diefes im 2 Bande aufder 3 ©. der ham: Amſterdam 164,4. ER 48 Beſondere Geſchichte Beſchrei⸗ gen die, welche von weiten Reiſen wieder zuruͤckkamen, liebete und hochſchaͤtzete. Die bung von Beweife für dasjenige, was er behauptet, nimmt er aus verfchiedenen Grundfägen DE Island, Heimweh der Is laͤnder. Islaͤnder, welche in ihren aͤlteſten Schriftſtellern zuſammen getragen find 52). Und mal fieht wirklich) Daraus, wie fehr die Islaͤnder überzeugt waren, daß die Reifen ſehr bequem waͤren, junge Leute zu unterrichten, und Die letzte Hand an ihre Erziehung zu legen. Gleichwohl faget Herr Horrebow, daß er indem Stuͤcke einen Fehler an ihnen per merfet habe, nämlich das Heimweh, ungeachtet es in die Augen falle, daß fie übe all beffer und angenehmer leben koͤnnen, als zu Haufe. Doch man darf ſich daruͤbe niche wundern: fie haben diefe Schwachheit mit allen andern Völkern gemein, ent fie den nordlichen Völkern, infonderheit eigen ift, welche, wie es feheint, ihr am wenig ſten unterworfen feyn follten, weil fie bey der Veränderung, des Clima nothwendig ge Duelle befiel: den. Are Fähig: keit zu den Kuͤnſten. winnen muͤſſen, fo liege es daran, daß ihr Sand von Fremden wenig beſucht wird, um fie felbjt nicht viel reifen. Denn die Gewohnheit, niemanden, als feine Landesleute, u fehen, nebt der wenigen Kenntniß, die fie von andern Völkern haben, bindet fie geile fermaßen an ihr Vaterland, und erregee ſo viel Kranfung bey ihnen, es verlaffen zu bar ben, daß aus der Sehnſucht, es wieder zu fehen, eine töbrliche Abmattung ent 1 wenn ſie nicht geſchwind wieder zuruͤckkehren. Daher kann man ſchließen, daß je wenige ein Sand bewohnt iſt, und je weniger feine Einwohner mie andern Nationen Umgang DW ben, deſtomehr find fie für ihe Sand und Elima eingenommen, und bem Heimmehf ausgefeßet. RT, ; j Was die Fähigfeie der. Islaͤnder zu den Künften anbeteiffe, fo kann man nit feugnen , daß fie fehr groß iſt. Den Beweis davon ſieht man unter ihnen ſelbſt, we es viele gute Handwerker von allerhand Arten giebt, ohne daß fie jemals eine ande Anweifung, als die $uft und das natürliche Gefchick dazu, gehabt hatten. » Verſchieden Islaͤnder arbeiten in Golde, Kupfer, Holze; fie verfertigen alle Schmiedearbeit, alleb⸗ mas zur Erbauung ihrer Fahrzeuge oder ſonſt zu den nothwendigſten Handwerken gebe" vet, Michts zeiget aber mehr Geſchicklichkeit an, als wenn man ſich alles zu dem 9 wöhntichen Gebrauche felbft verfertiger, ohne doch beffere Materialien, oder ſchickliche ve Werkzeuge zu haben, * Man bemerket auch zur Ehre der Islaͤnder, daß nur wenige unter ihnen nicht IM ſen und ſchreiben koͤnnen. Das iſt eine Kenntniß, auf welche ſich die ganze Natie⸗ durchgaͤngig mit gleichem Eifer leget; und ich verſichere, ſaget der daͤniſche Verfaſſ Ihre Art zu gerben. daß man in Island unter dem gemeinen Volke Leute findet, welche beſſer ſchreiben, al in allen andern Sändern, ws Ihre übrigen Beſchaͤfftigungen beſtehen darinnen, daß fie ihr Mich beforgen, und ſich alies, was fie Davon ziehen, zu Nutze zu machen fuchen. Die Häute diefer u gerben fie zwar nicht auf das feinefte, weil fie weder Loh, noch die zur Gerberey n 2 * s2) Stulti ſunt quidomieducanturliberi - - - non fe ab imperitix culpa liberabit, qui nullas præter Islankaım noſtram perluftrat terras, - - - _ Prulenti rationisufu opus eft ei, qui paflim va- gattır, domi contra quidlibet impune licet. Afper- aabili aliorum obturwi fubjieitur qui inaperitus ge J et, ubi urbanis aſſidet. Solus cognofcit, gi late proficifeitur multaque peragravit loca, 34 le ingenium foveat yitorum unusquisgue, J n rationis curatenet., Man kann Giervon meh Ü {m diefer Abhandlung finden, deren Titel ihren halt und die Abſicht des Verfaſſers se i “ | . von Island. 49 ide Verfahren gewinnen fie an der Geſchwindigkeit, Defihreis hr. * —— —— Meſſer ſchaben ſie —— hurtig ab, daß man ſich daruͤber verwundern muß. daß ſie an der Luft trocknen. Nach dieſer erſten Ver⸗ Yichtung weichet man fie hernach in Salzwaſſer oder Molten ‚ und- tritt fie mit den Fuͤ⸗ Ben wohl durch. Sie wiffen auch das Rindsleder ſchwarz zu machen, und verfertigen daraus Sättel und Pferdezeug,, 3 die länger dauern, als in anderen Ländern , ungeach- tet fie niche fo Fünftlich und fauber gearbeitet find, Aber die allgemeinefte Befchäfftigung, gen Werkzeuge haben: aber durch was ihnen an der feinen Arbeit abge die Haare davon auf ihren Knien fo Nierauf fpannen fie Die Haͤute aus, dasjenige, was alle Islaͤnder, den ganzen Ihre Art, die Winter hindurch zu thun haben, ift, daß fie die Wolfe von ihren Schafen zubereiten. Sie Wolle zu ſpin⸗ fpinnen fie, und verfertigen Zeuge daraus, auf Werfftühlen, die fo unbequem als fchlecht — er * gearbeitet ſind. Sie ſind nicht liegend, wie die unſerigen, fondern ſtehen aufrechts, ſo daß die dien. — gezwungene Stellung, die fie beym Weben annehmen müffen, nebſt dem Mangel ſchicklicher Werkzeuge ihnen nicht erlaube, taͤglich mehr als eine halbe Elle von dem groben Tuche zu verfertigen, das fie Wadmal nennen. Das hat auch den König von Dänemark be- wogen, einige gefchickte Weber mie gewöhnlichen Werkſtuͤhlen auf die Inſel zu fehi- en, und man verfpricht ſich davon ſehr vieles, zur Werbefferung der isländifchen Wollarbeit. Da es in diefem Sande feine Walfmühlen giebe, fo ift leicht zu begreifen‘, mit — was für Mühe die Einwohner, ihre wollenen Zeuge walken müffen, oder was fie fonft * BF. Daraus verfertigen, das diefe Arbeit nöfbig bat, z. E. Handfehuhe, Camiſoͤler, Strüm- ken. pfe und dergleichen. Sie menden dabey mehr Arbeit, als Kunſt an. Nachdem fie ib- ven Wadmal oder was es für ein Zeug if, verfchiedene Tage in Urin eingeweichet ba- ben, fo thun fie ihn in ein Faß, das an Feinem Ende einen Boden bat, und auf der eite liegt. Zween Maͤnner, die einander vor dem Faſſe gegen uͤber ſitzen, ſtoßen mit ihren Fuͤßen aus aller Macht wider das Tuch, um es zu walfen, und es wird un- ferdeffen immer wieder mit Urine angefeuchte. Wenn e8 Fleine Stücken find, fo werden fie auf einer Tafel gewalfer, indem man fie mit der Bruſt preſſet. Aber beyde Arten find eben fo mühfam, als langweilig. Die Handfchuhe ziehen diejenigen, welche zut See gehen, an die Hände, fauchen fie von Zeit zu Zeie ins Vafler, und walken fie durchs Rudern. Alſo haben fie dabey Feine andere Mühe, als zu rudern. Da, wo es warme Quellen giebt, walket man fie in dem warnen Waffer. Der Zeug wird dadurch viel geſchwinder zugerichtet, und mehr erroeichet, als durch den Urin geſchieht. Um Handſchuhe und Struͤmpfe zu walken, haben ſie noch den Gebrauch, ſich darauf zu ſetzen, und ſich beſtaͤndig von einer Seite zur andern zu bewegen. Da⸗ her wird Ihnen dieſe Bewegung dergeftalt zur Gewohnheit, daß fie diefelbe im Sigen nicht laffen Fönnen, auch wenn fie nichts zu walfen haben, Da ver Weber, welchen der Koͤ⸗ nig klaͤret: Difquifitio hiflorico-antiquaria, de ve- ti populi mores adſtruuntur et Hiftoricorum Is- terum feptentrienalium imprimis Islandorum landorum au&toritas vetuftiorum manufcripto- beregrinationibus, in qua ex antiquorum Islan- rum fide vindicatur, per Joannem Erici, Is- Orum peregrinandi ftudio eorumque de pere- landum, in communitate regia decanum, Lipf. Stinationum uſu et necefitate fententüis poli- 1755 in g, P- 39, 25,37 etc, # Allgem, Reifebefchr. XIX Band, | G Beſchrei⸗· bung von Island. — — Art, die Waͤ⸗ ſche zu wa⸗ ſchen. Keine Uhren in Island. Ihre Art, den Tag einzu⸗ theilen. Ihre vor⸗ nehmſten Waaren. Andere Waa⸗ ren. 50 Beſondere Geſchichte nig von Daͤnemark nach Island geſchicket hat, auch eine Walkmuͤhle hat dahin fchaffet laffen: fo ift zu glauben, daß die Einwohner nach und nad) ihre alte Art werben ſah ren laſſen. Man bedienet ſich keiner Seife, die Waͤſche zu waſchen, weil ſie hier ſehr theuer und ſelten if. Nur wenige, ausgenommen diejenigen, welche in Daͤnemark geweſen ſin kennen die Eigenfihaft derfelden, und faffen fie zu ihrem Gebrauche fommen. Das meine Volk braucher hierzu nichts, als Urin, und zuweilen Lauge, die aus Afche gemacht! wird, und doch ift das auf dieſe Are gemwafchene Seinenzeug nicht fo fihlecht, als mal glauben follte. | Man weis in Island aus Kupfer, das man mit Urine beneger, Grünfpan zu mi chen, deffen man fich fehr bey nem Färben der Wolle bevienet, aus der man geſtreiſt bunte Zeuge machen will. J Es iſt nicht zu vergeſſen, daß die Islaͤnder von Uhren oder ſonſt einer Eümftlicht Abmeffung der Zeit, nicht die geringfte Kenneniß haben. Sie richten fich einzig und allein nach der Sonne, nach der abwechfelnden Ebbe und Fluch, umd nad) den St nen, wenn die Sonne nicht fichtbar ift. Sie find nicht gewohnt, die Stunden wie m zu zählen; fie Fönnen diefe Art Faum begreifen, fondern fie fheilen die vier und zwanjl Stunden in geroiffe Iheile, welche ihre befondern Namen haben. Sie feßen mc und Mitternacht feſt, und nehmen in der Zeit bis zum Mittage Theile von gleicher Gr Ge an, denen fie in ihrer Sprache eigene Namen geben, die ungefähr mit dem überall fommen, was wir Morgen, Vormittag - + +53) gegen Mittag nennen. Die ande Hälfte wird in Nachmittag, Abend ... Nacht und Mitternacht gerbeiler. Der XVIL Abſchnitt. 4 Bon dem islaͤndiſchen Handel, Ihre vornehmſten Waaren. Andere Waaren. Beſtimmter Preis derſelben. Maaß und Ger Eingeſuͤhrte Waaren. Bezahlung mit Fiſchen. wicht. Mer vornehmſte Handel der Islaͤnder wird mit Viehe getrieben, welches fie in d Häven bringen. Hier wird es gefthlachtet, und nachdem der Kopf und das Ein geweide davon genommen werden, der daͤniſchen Handlungẽgeſellſchaft geliefert. J Daͤnen ſalzen es hernach ein, und ſchaffen es in Tonnen fort. Der Preis deſſelben einmal feftgefeget, und fo auch bey den getrockneten Fiſchen, welches den andern, und nach jenem ben wichtigften Zweig des isländifchen Handels ausmacher. Die andern Waaren, welche aus Island geführee werden, find Burter, Fi thran, wollene Arbeit, als Wadmale, ‚grobe Camiföler und andere von mittler Garcuf Handſchuhe und Strümpfe, unverarbeitere Wolle von Schafen und Simmern, Fu bälge von allerhand Farben, Eiderdunen und andere Federn. Chedem zog man a Schwefel aus Island, aber wie wir geſaget haben, fo hat diefer Handel aufgehoͤret. B ne AR ‚59 Es fehlen Bier die Zwifchenabtheilungen, 54) Der Luͤbiſche Schilling iſt ungefähr geht weit fie dev daͤniſche Verfaſſer nicht auszudrücken ges und ein halber Pfennig. wußt bat. 55) Ein Mark danke ift die Hälfte vom ME | tuͤbiſch; eine halbe Krone; welche auch ein — von Island. u Die Waaren , welche man dagegen in Island einführer, find Zimmer-und Schrei- Beſchrei⸗ Merarbeit, rohes und gearbeitetes Eifen, viel Fifchangeln , Hufeifen, Wein, Brannte- bung von wein, Korn, Tabak, Brodf, Me I, Salz, grobe Seinwand , und ecwas feidene Zeu- Fr"? ge Außerdem bringe man ihnen alles ‚ was fie verlangen. Da diefer Handel eine Geſellſchaft verfichert iſt, fo kann man leicht denken, dafs jede andere Nation davon aus- — gefchloffen ſey. Die Waaren, die man aus Jolaud bringt, find in allen Häven des \ Königreichs Dänemark, und der zu diefer Krone gehörigen Ländern, von Abgaben frey. Alles, was die Islaͤnder erhalten, bezahlen fie mie dem, was ihr Sand hervor- Bezahlung dringt, und das übrige mit baarein Gelde ‚ twelches doch nicht fehr gänge und gebe iſt, mit Singen. Das in Jsland gebräuchliche ift DBancogeld, und befteht in dänifchen Kronen. Aller Verkauf gebt nach einer gewiffen Anzahl trockener Fiſche. Die Handelsbücher werden. hier folgender Geftalt geführer. in guter Fiſch von zweyen Pfunden gile zween luͤbiſche Schillinge 54). Alſo machen ache und vierzig folche Fiſche einen Reichsthaler Banco- geld. Eine dänifche Krone 55) berräge nach der Sandtare dreyßig Fiſche, eine halbe Krone fünfzehn; ein halber Thaler vier und zwanzig, ein Ores- oder VBiertheithbalr zwölf Fiſche. Dieſe find die Eleinfte in Ysland gangbare Münze, und alle isländifche Beſtimmter Rechnungen gehen nach der Zahl der Fiſche, die man aber nach den in Däne marf gebräuchli- Preis der Fi⸗ hen Mark und Schillingen, auch wohl nach Bancorbalern berechnet. Was weniger als 9% zwoͤlf Fiſche gilt, Fann in Island nicht mit Gelde bezahlet werden. In dem alle be dienet man ſich der Fiſche felbft, oder des Tabacks, davon eine Elle für einen Fiſch ges rechnet wird, fo, daß man den Tabad und die Fifche für die eigentliche isländifche Schei⸗ demuͤnze anſehen kaun 2 Das Gewicht wird nicht auf dänifche Weife gerechnet, wo man es nach $ispfun- Maas und den anſetzet. D en ai as größte Gewicht dee Islaͤnder beißt Vetten, es ift fo viel, als vier- Gewicht. zig Fiſche gemeiniglich wiegen, achtzig Pfund, oder fünf üspfund. Gleich darauf fole get das Gewicht Fuͤhrung oder Foringen, und haͤlt zehn Pfund. Sie haben auch einpfündige Gewichte, deren zwey einen Fiſch ausmachen. Und obgleich alle die Ge- wichte mit dem dänifchen übereinfommen, fo vechnen fie doch nicht nach Sispfunden, ſon⸗ dern nach Foringen und Betten ‚ deren Größe wir nur jeßo angegeben haben, | Der XVIII Abſchnitt. Von der Entde ckung und der alten Religion dieſer Inſel. Eeſte htdeduns zweyte; dritte, Sinnreiches opfer. Alte islaͤndiſche Geſchichtſchreiber. Is⸗ Solingen Bes in — Urfprung ber laͤndiſche Mythologie. Geſchichte des Odin. 7 a puntt der Bevölkerung von ds: Sprache d I land. Ggendienfe per Ssländer, Menfden, en ’ engeim Jonas, ein islandiſcher Schrift effer,, i inzi elcher dieſe Mate: A rien einiger maße her Schriftſteller, iſt der einzige, welcher bief N ins Sich gefeger hat, dazu ihm, wie er faget, die Jahrbuͤcher feines Baterlandes behüfflich gerefen find, Seine Erzählung ift merkwürdig genug, ſtuͤck genennet wird, iſt zwey Mark daͤniſch, oder me deſſen, was es an zwey oder vier Groſchen⸗ ein Mask luͤbiſch; eine ganze Krone noch einmal ſtuͤcken, oder ſaͤchſiſchem Geide betraͤgt, ſo daß ein fo viel, Zu dem daͤniſchen Gelde thut man unge⸗ Thaler daͤniſch, fat dreyßig gute Groſchen iſt. Buͤ⸗ führ den vierten Theil hinzu, jo hat man die Sum; Ming, IT. 123 ©, ' rn 2 | Befondere Geſchichte Beſchrei⸗ um bier eine Stelle zu finden, Er berichtet uns, daß ein gewiffer LTaddock 50), vs bung von nach der Inſel Faͤrs fchiffen wollen, durch Sturm auf die Morgenfeite von Island u — ‚ verfchlagen worden , und es wegen des tiefen Schnees, den er daſelbſt angerroff Erſte Ente: Schneeland genenner habe. Das war der erfte Seefahrer, der in Island — Fung. aber er hielt fich bier nicht auf. Ein Schwede, Gardar, hoͤrete von dieſer En r — ckung, und machete ſich auf, Island zu ſuchen. Hier brachte er den Winter im Ja Deckung. 864 zu, und gab ihm den Namen Gardarsholm, das ift Gardars Inſel. mM | Ein dritter, Mamens Flocko, ein berühmter Seeräuber in Norwegen, wo N Em Entde⸗ dieſe Inſel auch kennen lernen, von der er hatte reden hoͤren. Man mißt ihm eine gluͤc⸗ Ei liche Erfindung bey, feinen Lauf einzurichten, da es damals an dem Compaffe fehl Sinnreiches weil die Magnetnadel noch unbefänne war. Da er die Infeln der Nordfee ducchftreife! Mittel, den ohne diejenige zu finden, die er fuchte, fo nahm er bey feiner Abreife von Hitland, € — oreadifchen Inſel, drey Raben mit, und ließ einen davon fliegen, als er weit de) re, als er gedacht harte; denn der Nabe nahm feinen Weg wieder nach Hitland, wegen ſchiffete er weiter fort, und ließ bernach den zweyten Naben ausfliegen, de allen Seiten herumftrich, um Sand zu fehen, und wieder auf das Schiff Fam. | dritte Rabe, der auf einer größern Höhe in der See losgelaffen wurde, entdeckte Islab und flog dahin. Flocko gab genau auf den Weg Achtung, den er in feinem Fluge nahill yolgete ihm mie den Augen und mit dem Schiffe nach, und langere glückiich an der Sf feite von Gardarsholm an, wo er den Winter zubrachte. Da er fich im Frübjahre lauter Eife eingefchloffen fah, das aus Grönland koͤmmt, fo gab er diefer Inſel den men Jsland, den fie jederzeit behalten hat, Flocko brachte noch einen Winter in 2 miteäglichen Theile der Inſel zu: aber vermuthlich befand er fich bier nicht gar zu w denn er Fam nach Norwegen zurück, wo man ihn Bafnaflocko, das ift Rabenflocd nannte, zum Andenken der Raben, deren er fich zur Entdeckung des Sandes ben net hatte, j Die isländifchen Jahrbuͤcher merken nicht an, ob diefe drey Seefahrer — auf der See zu ſeyn glaubete. Er ſah aber, daß er noch nicht ſo weit vom Lande = Urſprung der in Island fanden. - Sie führen als den Stifter des Volkes auf diefer Inſel einen Islaͤnder. wiffen Ingolf an, einen daͤniſchen Grafen, der ſich mit feinem Schwager Hiorleif diefe Inſel begab , weil er zween große Herren des Landes erfchlagen hatte, Da es Norwegen die Gewohnheit war, daß die des Landes Verwieſenen die Thüren ihrer SIE fer aushoben und mit fich nahmen: fo harte Ingolf die feinigen nicht vergeffen. warf fie alfo, fo bald er Ysland im Gefichte hatte, ins Meer, mit dem Vorfage, ® gut Gluͤck da anzulanden, wohin fie von den Wellen würden gerieben werden. wohl flieg er an einem andern Orte aus, und fand feine Thüren erft drey Jahre bernd melches ihn nöfbigte, feinen Aufenthale da zu nehmen, wo fie angeſchwommen ale Zeitpunft der Dieſe Ankunft Ingolfs nad) Island wird auf das Jahr 874 geſetzet. Die Jabrbiü es verfichern, er habe diefe Inſel wüfte und ungebauet gefunden, und an etlichen Glo H " Kreuzen u. d. gl. die er an den Küften liegen geſehen, und die auf englifche und irl diſche Art verfertiget geweſen, nur ſo viel abgenommen, daß ehedem Schiffer von m 56) Man fehe feine Crimogea a, d,9 S. und 5 Manfehe die Sammlung vnfsinenee | Speeiimen hiftoricum etc. p. I, de die natůrliche und bürgerliche Hiſtorie ber andet I) i : fi \ j a = von Island. Bu. fen Nationen hier müßten gelander haben. Unterdeffen kann man aus diefer Er- 5 zaͤhlung noch nicht ſchließen, daß Island vor Ingulfs Ankunft ganz und gar nicht ſey ‘sland. bewohnt geweſen; das gilt nur don dem Theile, in welchem ex fich niedergelaffen bat. Eben diefe Jahrbuͤcher geben die Nachricht, daß die alten Islaͤnder die Irlaͤnder Papa, und den gegen Abend gelegenen Theil ihrer Infel Papey nenneten, weil die Fremden daſelbſt, als an dem naͤheſten und bequemſten Orte, ans Land ſtiegen. Alſo muͤſſen die⸗ fe alten Islaͤnder, unter denen ſich Flocko vermuthlich die zwey Jahre aufhielt, die er in Island zubrachte, als die erſten Einwohner diefer Inſel angefeden werden: aber ihr Ur- fprung verliert fich in dem dunfeln Alterthume, und koͤmmt mit dem Urfprunge der Cel⸗ ten zufammen, von denen fie allem Anfehen nad) einen Theil ausmachen 57). | Aus eben diefen Nachrichten erhellet, daß fie in den entfernteften Zeiten unter an: Götgendienft dern Göttern den Thor und Gdin anbetbeten. Thor koͤmmt beynahe mit dem Jupiter der Jsländer. der alten riechen und Römer, und Odin mit dem Mercut überein. Daher heiße noch bey den heutigen Islaͤndern der Donnerstag Thorsdag, und die Mittewoche Odens⸗ dag, welches mit dem Dies Jovis und Mercurii der Sateiner übereinftimmer. Die Die: fen Gottheiten gewidmeten Atäre waren mit Eifen belegt, Es brannte beftändig ein hei⸗ liges Feuer darauf, und man ſtellete auch ein ehernes Gefaͤß dahin, das Blut der Opfer aufzufangen, mit welchem die Umſtehenden befprenget wurden. Meben diefem Gefäße war ein ſilberner Ring, zwanzig Unzen ſchwer; diefer ward mit eben dem Blute beſtri⸗ en, und von denen, die einen feperlichen Eyd ablegen wollten 58), mit der Hand es gefaſſet. Diefe Abgötter opferten ihren Gösen auch Menfchen, die fie entweder auf eis Menſchen⸗ nem großen Stücke Felfen erfchlugen , oder in tiefe Gruben warfen , die beym Eingange opfer. ihrer Tempel ausprücklic) dazu gegraben waren, Diefes Felſenſtuͤck ftund, nach den is- ländifchen Jahrbuͤchern/ mitten in einer Rennbahne: und nachdem diefe barbarifche Ge- wohnheit war abgefhaffer worden, fo behielt es noch viele Jahrhunderte die Farbe von dem darauf vergoffenen Menfchenbfuce. Man ſtellet die alten Islaͤnder als witzige und wißbegierige Leute vor, welche ſich Alteiständi- bemuͤheten, das Andenken nicht nur von allem demjenigen zu erhalten, was in ihrem $an- ge be vorgieng, fondern auch was fich nur in den europäifchen Reiche merkwuͤrdiges zutrug. ſchreiber. eswegen auch ihr Landesmann Arngrim Jonas dasjenige auf ſie anwendet, was He— rodotus und Plato von den Aegyptern geſagt haben: ad totius Europæ res hiltoricas Iyn- cei. Und in der That geftcht Saro Grammaticus, in der Vorrede feiner dänifchen Ge⸗ fhichte, daß er fich der isländifchen Jahrbuͤcher dazu mit gutem Nutzen bedienet babe, * Dereyre 59), faget: Der Doctor Wormius, welcher Abſchriften davon hatte, habe ihm verſchiedene Stellen daraus erklaͤret, und darunter euch folche bemerfen laſſen, die ſich auf die Ge chichte von Daͤnemark, England und den orkadiſchen Inſeln bezoͤgen, der— gleichen die Erzäpfung yon dem Einfalle der Normannen in Frankreich ift, von welchem feine Zeit beſtimmet war, Er redet auch von der Ankunft des Ingolf. Alſo iſt diefer erfte Einfall de ıS achfen, der im Sabre 845 unter Karin dem Kahlen geſchah, ein neuer Beweis, daß Island damals ſchon ſeit langer Zeit bewohnet war, weil es ſchon Ge— ſchichtſchreiber und Dichter hatte; denn ein Theil dieſer Jahrbuͤcher iſt in Verſen ge- 78* G 3 fohrieben, länder betreffend, vom Herrn de Keralio, Ritter 58) Man fehe feine Crimogea lib. J. p- 12, | des Eöniglichen Ludwigordens, und Capitaine Aide- 59) Indem Briefe an Ra Mothe le Bayer) Maior ben der Kriensichule. Beſchreĩ⸗ bung von Island. RN Islan diſche Mythologie. 54 großem Anſehen geſtanden. Beſondere Geſchichte ſchrieben, und die Islaͤnder Haben allezeit bey ihren Nachbarn wegen ihrer Gedichte M 1.1 Die Islaͤnder haben auch eine fehr alte Myrhologie, wovon die Sammlung pie Edda genanne wird. Pereyre macht uns davon in den angeführten Briefe folgen Borftellung. „Nach den Verfaffern dev Edda iſt das ewige Principium ein Rieſe, „ſie Junner nennen. Kleine Menſchen, wie ſie aus dem Chaos hervorkamen, ma Rieſen, und hieben ihn in Stuͤcken. Aus ſeiner Hirnſchale machten „ſich uͤber den „den Himmel; aus dem rechten Auge, die Sonne; chten ſe au aus dem linfen den Mond; „den Schultern die Berge; aus feinen Knochen die Felfen ; aus feiner Blaſe das Nun „pie Fiüffe aus feinem Urine, und fo mie allen übrigen Theilen feines Körpers, So „die Doeten den Himmel die Hienfchale des Junner nennen; die Sonne fein rechtes, den „Mond fein linkes Auge. Die Felſen und Berge, das Meer, die Fluͤſſe haben bey 1 „nen feine'andern Mamen, als die Beine, die Schultern, die Blaſe und ber Urin IT Junner 60). Wormius, fährt Pereyre fort, hat mir eine alte Abfchrift der Edda „isländifchee Sprache und von der Hand eines Islaͤnders ſelbſt gezeiger, und er iſt „auch, der mir die fehönen Sachen erfläret hat, die ich Ihnen jetzo geſchrieben babe.,, [a Ki Es mag nun an dieſer Erzählung des Pereyre und an der Erflärung des Wor min⸗ ſeyn, was da will, ſo hat niemand die islaͤndiſche Fabellehre und beſonders die Edda beſſeres Licht geſetzet, als Here ·Mallet, der Verfaſſer der beſten daͤniſchen Geſchichte Die wir haben. Mad) feiner Einleitung in dieſe Geſchichte folget die Edda, oder ceteifcht Mythologie, uͤberſetzet; und dahin verweifen wir auch diejenigen Leſer, welche "z rig find, das Werf Fennen zu lernen. Eben derfelbe berichtet uns, es gäbe eine doppelte Edda, die erfte und ältefte Saͤmund Sigfuſſon, mit dem Zunamen der Gelehrte, der im Jahre 1057 in % land gebohren war, in Drönung gebracht; die andere ift ungefähr 126 Jahre hernag von Snorro Sturlefon, einem berühmten Islaͤnder geſammlet worden, Er war in Jahre 1179 aus einer der anſehnlichſten Familien in Island gebohren. Man weis, daß die celtiſchen Prieſter, zu welcher Nation die Islaͤnder gerechnet werden müffen, — alten Prieſter bey den Aegyptern, ober wie heutiges Tages Bramanen der Indianer, einen doppelten Vortrag ihrer Lehren hatten. hielten fie als ein unverlesliches Geheimniß für fich, und ift auch mit ihnen untergegandl Die andere war nichts als ein unförmlicher Miſchmaſch von Fabeln und pofisifchen geln, welche muͤndlich von einem Gefchlechte auf das andere forrgepflanzee wurden. DI Verſe giengen uneer den Galliern und Brieten bey der Aenderung ihrer Staatsverfafl! verlohren: aber wahrfheinlicher Weife wurden fie von den Islaͤndern forgfältig auf halten, bis in bie Mitte des eilften Jahrhunderts, zu welcher Zeit Saͤmund fie zu unter dem Namen Edda ineine Sammlung gebracht bat. der nordifchen Mythologie beylege, bat den Worrforfchern viel zufchaffen gemacht; a Wr 60) Ein feiner Spinofift könnte in diefer Fa- del, fo abgeſchmackt fie iſt den Samen zu dem ethiſch-phyfiſchen Syſtem des amferdamer Juden finden. (Eben fo bejchreißt Bernis den Gott des Spineza, in feinen Poeliesdivers. p. 9. Und wenn er nicht von diefer alten Erdichtung einige u Die eine Diefer Namen Edda, don mil Kenntnis gehabt hätte, fo wäre es fehr artig, he er, um dieſes ruchlofe Syſtem poetiſch einzuklei in eine Vorſtellung gewählte hätte, die er in den 7 ten nordischen Dichtern nicht würde geſucht ba Der Ueberſ.) J 61) Dan glaubet daß die Staaten des a a i Rt % J— — 4 41 von Island. 55 bie Herr Mallet bemerket, koͤmmt er von einem alten gothiſchen Worte her, welches Groß⸗ De mucter bedeutet. „Es iſt, faget er, der Denkungsart der alten ceitiſchen Philoſophen „gemaͤß, das Alterthum ihrer Lehre auf diefe Art auszudrücken, , . deutiges Tages ift von der Edda nichts mehr übrig, als. drey volkftändige Ges dichte, und der profaifche Auszug daraus, welchen Snorro Sturlefon zu Anfange des dreyzehnten Jahrhunderts verfertiger Hat. Diefe drey Gedichte find die alteften, die man aus der gothiſchen Sprache übrig hat. Das eine führer den Titel Voloſpa „ oder Wei- Bagungen der Sibylle; das andere Havamaal, enthält die Sittenlehre des Odin, der für den Verfaſſer deffelben gehalten wird; das dritte bat die Ueberfhrife: Runiſches Capitel, und begreift eine umftändliche Erzählung von Wunderwerfen, die deffen Ver- faffer, wie er glaubete, oder andern weiß machen wollte, vermittelt der Magie, und bes fonders der Runen oder runiſchen Schrift, für deren Enfinder man ebenfalls den Odin bäfe, zu verrichten im Stande war, Dieſer Odin war, nach den isländifchen Ehronifen, ein afiatifcher Fuͤrſt, deffen Geſchichte des Laͤnder zwiſchen dem ſchwarzen und caſpiſchen Meere Gr) gelegen waren. Odin. Nachdem er durch die Waffen der Roͤmer, welche Pompejus in dieſen Gegenden an⸗ fuͤhrete, ͤberwunden und unter ihre Bothmaͤßigkeit gerathen war, fo nahm er feinen Weg nach Norden, ließ fih anfangs in Sachfen nieder, und gieng nach und nach durch Schwe- den, Norwegen nach Island, wohin ihm auch die Phrygier, die er mit ſich aus Aſien ge- brachs hatte, nachfolgeten. Man feger diefe Reife ungefähr fiebenzig Jahre nach Chriſti Geburts und mit die- fem Zeitpunkte ändere ſich der Schauplag in den nordlichen Laͤndern auf einmal. Odin brachte den Gebrauch der Buchftaben mit fich; er lehrete die Poefie; ev überredete die- fe Völker, daß er taufend zauberifche Geheimniſſe befäße, daß er durch gewiffe Züge und Worte Streitigkeiten befänftigen, die Traueigfeit vertreiben , alle Krankheiten heilen, die Winde verſchließen, ja, die Wellen erregen und ſtillen koͤnne. Odin, der diefes den Scandinaviern, einem armen und wilden Volke, vorfagte, war mit einer zahlreichen Hofſtatt umgeben, deren Glanz ſie verblendete. Er ſchien ihnen alſo nicht weniger, als ein Gott zu ſeyn. Dieſes Erſtaunen wußte er vortrefflich zu nuͤßen, um eine wunderba⸗ re Geſchichte auszubreiten, die ſeine Dichter verfertiget hatten, und die mit den Begrif fen diefer Völker übereinfam. Die Leichtglaͤubigkeit der Menfchen iſt allemal ihrer Une wiſſenheit gemäß. Die leicht betrogenen Mormänner vergoͤtterten den Menſchen, den ſie D: en Herrn angenommen hatten. Er feßete zwölf Herren von feinem Gefolge ala Be & a die Nation; bald machte man fo viel Gstter Daraus, und ihre Weiber — men an eben der Ehre Theil, Nachdem man diefe menfhliche Gotthei— Gefihäfften p en feben, fü fuhr man immer noch in ihrer Anrufung fort, als wenn ſie den | orſtuͤnden, die fie in ihrem Seben verwaltet hatten, Die Gegend in fish begriffen, welche jetzo Georgi — — Seorgien ſtung bedeutet. tolemaͤns nennet die Cinwoh⸗ beißt. Strabe nenmet 5 Affen, um führer Die mer diefer —— Afoter, Plinius Afzer, va. Zauptſtadt defielben Aſpurgia / unddiefer Namen che Namen Hpin und jeine Gefähsten behiekerr, if vermuchlich von dem gothiaben Worte Nagard da fie nach Nordengiengen. Sammlung des Heven gemacher, welches ſelbſt vor einem griechifhen Mor- Seralio, 85. . We herſtammet, welches ein Schloß ader eine Fer 56 Be Beceſondere Geſchichte Beſchrei⸗ Die runiſche Sprache und Schrift, welche Odin nach Scandinavien gebracht bat bung von ge, find der Urfprung derjenigen, welche noch jetzo in Island gereder wird. Peventt Island, ward vom Wormius verfüchert, das Islaͤndiſche fey das reinfte Runifche, welches ſich m - erhalten haͤtte. Das ift nad) des Herrn D. Buͤſchings Urtheile 62) die alte orwegiſch Sprache der Sprache, zwar nicht mehr ganz unvermiſcht, hat aber doch noch großen Mugen, die &— Islaͤnder. ten nordifchen Sprachen zu erklären. Die Buchftaben der isländifchen Sprache hab! ebenfalls ihren runifchen Urfprung behauptet. Es giebt hieroglyphiſche Züge darunter, wo de ganze Worte bedeuten, | J Der XILX Abſchnitt. Einführung der chriſtlichen Religion in Island. | Sie gefhieht im neunten Jahrhunderte. Ein⸗ Staat von Island, Sitten und Aufführung führung der lutheriſchen Religion. Geiftliher der Geiflichen. , Sie geſchieht Pr Fann nicht in Zweifel ziehen, daß Island das Kiche des Evangelii im neunf im neunten Jahrhunderte erhalten hat, weil es Denkmaale verfichern, die noch aus Diefen Zeil? Jahrhunder- find. Dergleichen find zum Erempel eine Urkunde von Ludwig dem Frommen, 4 ısten May 834, worinnen ſteht, daß Jeſus Chriſtus in Groͤnland und Island fer prediget worden. Diefes Diploma ift dem Ansgerius, einem Franken und beruhm ten Praͤlaten gegeben, den die Nordlaͤnder fuͤr ihren erſten Apoſtel erkennen. Der Kal fer machte ihn zum Erzbifchofe von Hamburg, indem er diefe Gegend für ihn zum CH biſthume erhob, deffen Gerichtsbarkeit fich über alle nordifche Reiche, von der Eibe BF ans Eismeer und über alle Inſeln in demfelben erſtrecken follte. Der Briefdes Kaifel® ward auc) durch eine Bulle Gregorius des vierten im 835 Jahre 63) beftäciger. Ob ml gleich das Evangelium in Island war verfündigee worden, fo nahm es doch anfangs nid? die ganze Inſel an. Arngrim Jonas berichtet uns , daß das Heydenthum auf derſe ben nicht eher, als gegen das Jahr jooo der cheiftlichen Zeitrechnung, fey ausgerdf fee worden, — Be = . =. — FE Einführung Da in der Mitte des ſechzehnten Jahrhunderts Friederich, König in Daͤnemach der lutberi: die lutheriſche Religion in allen feinen Staaten eingeführet hatte, fo wollte er das all —F Relie in Island thun, welches ihm als ein Stuͤck des norwegiſchen Reiches gehörete, das DE mals mit Dänemarf vereiniger war. Allein, die Reformation konnte auf diefer Inſ nicht ohne Unruhe und Blut, ins Werk gerichtet werden. Ein Bifchof von Hohe Range, ber dem römifchen Hofe fehr ergeben war, und von einer mächtigen Partey ul ferftüget wurde, widerfeßete fich der Einführung diefes neuen Glaubens etliche Jahre fall mie vielem Muthe: aber er mußte die Stanohaftigkeit mie feinem Kopfe bezahlen, ® auffeinen Tod folgete die gänzliche Abſchaffung der Farhofifchen Keligion. Seit der 8 ‚von der wir das eigentliche Jahr nicht angegeben finden, ift die lutheriſche Religion 9° einzig⸗ 62) Erdbeſchreibung I Th. 382 Seite, 5 Aufl. liter, divina ordinante gratia, noflris in diebi® - 63) Man fehe die Fortfegung von Pufendorf, aquilonaribus in partibus feilicet in —— T. VIIL p. 520. Pontan fuͤhret dieſes Diploma Danorum, Suecorum, Norwagoruin, ——— von Wort zu Wort an. Von Island lieſt man rum, Helfinglandorum, Jslandorumg er omm folgendes darinnen, ideirco Dei eccleie prefen- feptentrionalium nationum, magnam caleftis$ tibus Leilicet et futuris certum efle voluimus, qua- tia predigationis five acquifitionis —* > 0 u un H von Island. 57 einzige, die man in Island bekennet, jede andere wird darinnen nicht geduldet. Buͤ⸗ ſching faget in feiner Erdbeſchreibung 64), daß die Unruhen, welche durch die Reforma- tion veranlaffet worden mären, von 1539 bis 15517 gedauret hätten, Die geiftlihe Gerichtsbarfeie in Island iſt unter die beyden Bisthuͤmer Skals holt und Hoolum vertheifer. Anker das erfle gehören drey Wierrheile des Sandes, das Oſt Suͤd und Weftertbeil; und das Stift Hoolum beftehe allein aus dem Norbviereheite, In jedem Bischume ift eine lateinifche Schule, welche ein Rector und ein unter ihm fte- hender Lehrer verfehen, aus welcher alle Jahre Studenten fortgehen, die, wenn fie her: nach Beweiſe ihrer Geſchicklichkeit abgeleger haben, zu Pfarrern im Sande beftelle wer- den, ohne daß fie fich der Univerfieäe in Kopenhagen zur Unterſuchung darſtellen dürfen. Dem ungeachtet finden ſich biele Islaͤnder, welche nach Kopenhagen geben, um dafelbft die Theologie oder die Rechtsgelehrſamkeit zu ſtudieren, und dieſe koͤnnen verſichert ſeyn, daß /man fie, bey der Ruͤckkunft in ihr Vaterland allen andern vorzieht, und ihnen die beften Pfarren giebe, en} Diefe werden auch zu Laug⸗ und Spffelmännern,, und zu andern obrigfeitlichen Würden befördrer, Man kann auf die isländifchen Geiftlichen fuͤglich dasjenige anwenden ; was man in der erften Kirche ſagete: Hoͤlzerne Kelche, goldene Bifchöfe, Es find gewiß wenig Sander, mo die Apoftel fo ähnliche Nachfolger haben, Als die Reformation in diefer In⸗ ſel eingefuͤhret ward, ſo blieb von den Guͤtern der katholiſchen Geiſtlichkeit nur wenig mit den Bisthuͤmern vereiniget; das übrige ward zum Beſten des Königes eingezogen, der es auch nöch jego befißt. Die is landiſchen Biſchoͤfe verwalten ihre Stifter ſelbſt, ungefaͤhr zwey tauſend Thaler ziehen. Aber von diefer Summe beſoldet ein jeder den Rec⸗ tor, den andern Lehrer an der Schule, und den Prediger an der Hauptkirche, der zugleich fein Bicarius iſt. Meberbiefes muß er einer geroiffen Zahl Studenten Tifch und Woh⸗ nung geben. Die Unterhaltung der Kirche und aller bifchöflichen Gebäude muß er auch beſtreiten. Nach Abzuge alles deſſen rechnet Herr Horrebow, daß ihm jährlich nicht tau- fend Thaler übrig bleibt. Dieſes geringe Einkommen, hat den König in Dänemark ver- mocht, von der jäbrfihen Schatzung, die jeder Einwohner erlegt, und die in zehen Fifchen für jede Perfon beficht, einen Theil an die Biſchoͤfe abzutreten: aber ſie bedienen ſich dieſes Rechts nur in einigen Kirchſpielen, wo fie es noch dazu nur von wenigen Perfonen for dern, fo daß dadurch ihre Einkünfte nicht fehr wermehret werden. Die Pfarrer, find nach Proportion nicht viel reicher, als ihre Bifchöfe. Ihr Ein- kommen beſteht in liegenden Gruͤnden, die zur Pfarre geſchlagen ſind, in Abgaben, die auf jeden Hof geleger find, und indem, was ihnen für gewiſſe Amtsverrichtungen be- zahle wird. Die beften Stellen tragen Faum dreyhundere Thaler ein. Es giebt fehr magere darunter, Yon welchen die Prediger fo wenig Einkünfte haben, daß fie fich ge- noͤthiget ſehen, zu arbeiten, um ihre Weiber und Kinder zu erhalten. Man ſieht fie mit oftium, Data Idus Maji anno 421 imperii Ro- - flerd. 1531 irchen in, a Ric - h - 97. Manfehe auch Fleury Kirchen⸗ mani Ludovici piiflime Augufti, indiftione XV geſchichte — p. —— Ausgabe von 1704, enno D.N.1.C. 854. Eben diefer Gefehicht. und der Brnedictiner Sammlung galliſcher Ge, ſchreiber führer auch die Bulle Öregoring des vier⸗ fhichtfchreiber Tom, VI Pu22L, . tenan. Rerum Danicarum hiftoria, fol, Am- 64) a. d. 383 Seite. Allgem, Reifebefchr, XIX Band, 9 aus denen fie des Jahres Beſchrei⸗ bung von Island. Br ar, Geiſtlicher Staat von Is⸗ land · Beſchrei⸗ bung ven Island. daß die islaͤndiſchen Kirchen nicht ſehr prächtig ſeyn moͤgen. Eigentlich zu reden ſchoͤnen gehauenen Steinen, die vor mehr als vierhundert Jahren von einem Biſchofe 4 58 Beſondere Geſchichte mit ihren Kirchkindern auf die Fiſcherey gehen, und alſo, wie der daͤniſche Verfaſſ fager, dem Exempel des Heiligen Paulus folgen, der, ob er gleich von feiner Hau Arbeit lebete, deswegen doch weder im geben, noch nach dem Tode, weniger ift ge ret werden. — Al Aus diefer Befchreibung von den Reichthuͤmern der Geiftlichfeie, kann mon ft I es nur die beyden Stiftsfirchen,, denen diefer Namen mie Rechte zukoͤmmt; die orig find nicht vielmehr als kleine Kapellen, und wie die Bauerböfe gebauet. Ein ca eine Kanzel, ein Beichtſtuhl, ein Chor, Taufſtein und Bänke, machen afle ihre Zierrathen aus: doch find einige davon inwendig geräfelt, und fonft ausgezieret, nach de es tas Vermögen des Rivchfpieles erlauben, Die Mtarbefleidvung und der Ornat —* ſter richten ſich auch nach dem Reichthume oder der Armuth der Eingepfarreten. Unter den beyden Stiftskirchen iſt die zu Hoolum, wegen ihrer Größe und BA art, die anfehnlichfte. Diefes Gebäude und die darzu gehörige Wohnung des Bifchot werden im Sande für ein Wunder aebalten, B Di fe Kirche, faget Here Horrebow, ift von Zimmerholze, auf dicken Mauern all geführet, Sie hat ungefähr achtzig Fuß in die Länge, dreyßig in die Breite, und DT zig bis funfzig Fuß Höhe, Sie iſt auf einer Fleinen Anhöhe gebauet, und hat ei nicht gar zu hohen Glockenthurm. Um den Ehor gebe noch eine dicke Mauer 9% aufgeführet worden, welcher Willens gemwefen ift, die ganze Kirche auf diefe Are zu u bauen. Aber fein Tod bat das Vorhaben unterbrochen, und nachher ift es Niemand eingefallen, es wieder vor die Hand zu nehmen. | 2 Die bifchöfliche Wohnung beftehe aus verfehiedenen Käufern, die nach der Sand! art gebauet find, ausgenommen dasjenige, in twelchem fich Der Drälat felbft orbenti aufhält. Diefes ift von Eichenholze, mie einer fteinerhen Mauer und einem bölzem® Dache, ohne einige Bekleidung von Erde, weder auf dem Dache nody an den Seiten Die vornehmften Stücke dazu find in Kopenhagen verfertiger, und hernach bieher 97 bracht und'aufgefeger worden, Der Bifchof Gudbrander brachte diefen Bau im Sabre zu Stande, welche Jahrzahl man nod) in einem Zimmer ausgehauen fiehe, OT zweyhundert Fahren hat fich diefes Gebäude ſehr wohl erhalten, einige Fußftücke aue genommen, am deren Stelle es noͤthig waͤre, neue zu legen. Der daͤniſche Berfaffer tadelt den Herrn Anderfon etwas heftig, daß er den isld Bifchen Priefiern fo viel Böfes unverdienter Weiſe nachgeredet habe, wenn er ihnen AT haupt eine fo grobe Unwiſſenheit Schuld giebt, daß fie kaum Iateinifch leſen Ein Was ihre Sitten anlanget, fo fehreibe Herr Anderfon, die isländifehen Geiſtlichen IT reten einen fihlechten Jebenswandel, und betraͤnken fich beitändig in Brannteweine, FT man. habe bisweilen gar den Hieten mit feiner Heerde fo außer Stande gefehen, 9° Gortesdienft abzuwarten, daß man es damit bis auf einen andern Tage habe müffen M" ſtehen laffen. pr Herr Horrebow widerleget diefe Anklagen ausdruͤcklich, durch fein eignes Zeu Er verſichert, die Unwiſſenheit fey michts weniger, als ein gemeiner Fehler der dafl Geiſtlichkeit; 08 Fönnten zwar allerdings einige unter ihren fepn, die es nicht mei bracht hätten, dergleichen man an allen andern Oxren ebenfalls finder; aber er Babe %- von Island. re Se öfter Predi ger unfer ihnen geſehen, welche den Mamen befefener und. gefchickter Gelehrten — verdienten. Sie wären nicht nur gute Theologen, und in der Kenntniß erbaulicher Dü- — cher wohl erfahren: ſondern haͤtten auch die griechiſchen und lateiniſchen Dichter und en dere alte Schriſtſteller wohl inne. Uebrigens ſtudiren, wie er anmerket, die meiſten islaͤndiſchen Prieſter in Kopenhagen, wo ſie vorher in der Theologie examiniret werden, ehe ſie zu Hauſe Aemter erhalten koͤnnen; daraus man nothwendig den Schluß machen muß, daß die isländifche GeifttichEeie nicht for unwiflend feyn Eann, wie Herr Anderfon uns bereden will, Das ift aber noch nicht alles. Man giebt in Island auf die Prediger und alle Sitten und Kirchendiener fo genau Achtung, daß das Fleinfte Vergeben nicht unbemerfer bleibe; und Auffäbeung. , + £ K - Sa ; der Seiftli- ein Fehler wird an ihnen fehe firenge geſtrafet. Ein Prediger darf nur an einem Senn- chen. oder Sefttage eine fleine Reife vornehmen, fo wird er gewiß vor das Probfigericht ge: fordert, wo er entweder Strafe geben, oder einen derben Verweis annehmen muß. Aus dem nun, was auf ein fo unerhebliches Vergehen folget, kann man leicht fchliefen, wie firenge man wider diejenigen Geiftlihen verfahren würde, die ein ärgerliches Se- ben führefen. er Der KR Abſchnitt. Heurathen der Jsländer; Erziehung ihrer Kinder; ihre Ergoͤtzlich⸗ keiten; Krankheiten, denen fie unterworfen find. — bey dem Heurathen. Ihre Erziehung treib— Luſt zum Schachſpiele. 14 Kinder. Unterricht der Jugend. Deus der Islaͤnder. Keine Arrzw. deren in Island Ergößungen und Zeitver: Hi Heurathen der Islaͤnder gefchehen gemeiniglich ohne viele Weitläuftigfeiten; und Ceremonien der Eigennug dat, wie an allen andern Orten, oft mehr Theil daran, als die rn den Ken: Neigung, Eben fo wenig iſt es hier etwas feltenes , eine gezwungene Heurath zu fehen, MM welche die Aeltern allein abgereder baben , ohne das neue Paar vorher darum zu fragen: fie werden aber doch alle auf einerley Weiſe vollzogen. Es ift gebräuchlich , daß der Prediger des Kirchfpieles ‚An welchem der Bräutigam wohnet, der Braut Heltern, oder denen, die an ihrer. Stelle find, den erſten Antrag thue. Wenn man einig ift, fo werden Braut und Bräutigam von ihren nächften Anverwandten in die Kirche zur Trauung ges fuͤhret. Diefe geſchieht gemeiniglich Sonntags vor dem Altare, nachdem der Gottes: dienft angefangen iſt, und ehe der Prediger auf die Kanzel geht. Mach geendigtem Got— eesdienfte geht dag neue Paar mit den Gäften in ein Haus, wo man ißt und trinkt, um fich luſtig macher, nachdem ihr St Krankheiten and und Vermögen —— Bisweilen giebt man jedem Gaſte, wenn fie aus der Kirche gekommen find, ein las Branntewein: aber Mufif und Tanz haben fie niemals, Ä ; } Nach der Mittagsmahlzeit, die allemal ſehr ſpar⸗ ſam eingerichtet iſt, begiebt ſich jedermann nach Haufe. Alle dieſe Umſtaͤnde, die us dem Horrebow genommen find , beweifen gegen den Herrn Anderfon, daß die Islaͤnder dem Trunke nich fo ergeben find, dafs fie fich fo gar deffen in der Kirche nicht enthaften Fönnten , wo dieſer Schriftfteler ſelbſt bey der Trauung den Prieſter „. die Begleitung und die neuen Eheleute fo lange trinken laͤ als fie nur das Glas halten und auf. Sen Beinen ſtehen konnen. u 92 Eben Ihre Erzie ůͤberall, die Zaͤrtlichkeit der Aeltern, zumal der Mütter. Das einzige kann man dabeh er Beſondere Gefchichte Befchreis Eben diefer Geſchichtſchreiber ift, dem Horrebow zu Folge, von ihrer Kinderzucht bung von nicht beſſer unterrichtet. Alles, was er davon ſaget, iſt falſch, und zum Zeitvertreibe ISland · erſonnen. Man erzieht die Kinder in Island wie an andern Orten; man har hie für fie eben die Sorgfalt, man wartet fie eben fo gut, und die Duelle davon ift, wie hung der Kin: beſonders finden, daß man den Kindern gemeiniglich mie neun oder zehen Wochen Ho⸗ fen und Wammes anzieht. Gleichwohl verfichere Herr Horrebow, daß er unrer den Islaͤndern feinen Menfchen gefunden babe, der einen $eibesgebrechen gehabt hätte, ode wäre übel gersachfen gewefen. Unterricht der Die Sorgfalt, den Verftand und das Herz der Rinder zu bilden, folget unmirtek Jugend. bar auf die Sorge für ihren Körper, Die Erziehung, die man ihnen giebt, richt ſich zwar nad) dem Stande und dem Vermögen der Xeltern: der Anfang ift aber all® mal, daß man fie lefen lehret, und ihnen die erften Wahrheiten der Religion beybringe Der Eatechifmus des berühmten Pontoppidan, Bifchofs zu Bergen in Norwegen, I ins Islaͤndiſche überfeger worden; die Kinder werden darinnen nicht nur zu Haufe, ſon⸗ Druckerey in dern auch in der Kirche, und von den Prieftern felbft unterrichte. In Hoolum ift eW Island. ne Druckerey, welche ſich beſonders mit Buͤchern zur Erbauung beſchaͤfftiget. Man drucket bier auch bisweilen einige juriſtiſche Schriften, und die Befehle des Koͤniges It Dänemarf, alles in tsländifcher Sprache. S Ergoͤtzungen, Die Ergoͤtzungen der Islaͤnder find fo einfaͤltig und ungekuͤnſtelt, als ihre Lebens Zeitvertreib. art. Ihr ganzer Zeitvertreib in müßigen Stunden während des Winters, bey ſtuͤrm ſchem Wetter, an Sonn- und Feſttagen, beſteht darinnen, daß man zu Haufe zuſam⸗ menkoͤmmk, mit einander ſchwatzet, alte Kriegeslieder der Vorſahren fingt, und Schach ſpielet. Sie haben eine große Anzahl folcher Keder, die fie nach ziemlich fchlechten Me⸗ fodien fingen, weil fie weder Sylbenmaaß, noch Muſik, noch einige Art von Juſtrume ten kennen. Das Tanzen ift bey ihnen ganz und gar unbekannt; fie haben auch nicht DIE geringfte Seibesübung, die ihm aͤhnlich ware, worinnen fie fich ganz befonders von allen nordifehen Völkern, und vielleicht von allen Völkern in der Welt, unterfcheiden. ° Luſt der Is⸗ Die Islaͤnder haben eine vorzügliche Neigung zum Schachſpiele, und cs ſcheint, — * mat babe fie zu allen Zeiten für ſehr geſchickt darinnen gehalten, wie fie denn noch in DIE — ſem Rufe ſtehen. Dieſes Spiel iſt alſo bey ihnen ſehr gebräuchlich, und cs iſt nichts K Seltenes, felbft unter dem gemeinen Wolfe Seute zu finden, die es fehr gut fpielen. - Pereyre fager, es ſey Fein Bauer fo fehlecht, in deſſen Haufe man nicht ein Schachſpi ‘ von Fifchgräten finde, das er felbft verfertiger babe. Ihre Steine find von den unfer? gen darinnen unferfchieden, daß ihre Säufer Biſchoͤfe find, weil fie denfen, die Geiftll? chen müßten am nächften um die Perfon der Könige feyn. Ihre Rochen find kleine Hauptleure, mit dem Degen an der Seite und dien Baden, welche ein Horn blaſen das fie mir benden Händen halten. Das Schachfpiel if nicht nur bey ven Islaͤndern fondern auch bey allen nordlichen Voͤlkern, fehr alt und gewöhnlich. Die norwegiſch? Chron 65) Pereyre erzaͤhler ferner, er habe Schach Arbeit. Die Könige und Koͤniginnen haͤtten auf geſpielet auf einem Brette, von ſchwarzem und geb Thronen gefeffen, mit den Eöntglichen Mantel— dem Ambra, mit goldnen emallirten Steinen von der Krone und dem Zepter. Die Biſchofe hät eben der Farbe wie das Brett, und ſehr Eünftlicher ſehr reiche Biſchoſsmuͤtzen aufgehabs, die er 4 von Island. 61 Chronik erzäßfer, der Niefe Drefon, welcher Harald den Haarigen erzogen, habe, auf die Befchrei= Nachricht von den großen Thaten feines Untergebenen, ihm unter andern Eoftbaren Ge- —— ſchenken auch ein ſehr fehönes Schachſpiel geſchickt. Dieſer Harald regierete gegen das TI" 870 Jahr 65). ? Ungeachtet des mäßigen Lebens, welches bie Islaͤnder führen, erreichen fie felten Krankheiten ein hohes Alter. Wenn fieiber funfzig Jahre find, fo werden fie gemeiniglich von der der Zeländer. Schwindſucht und andern Bruſtkrankheiten angegriffen, Die fie, nach einigen fischen Jah— ven, ing Grab legen. Es ift fein Zweifel, faget Herr Horrebow, daß diefes frühzeitige . Abfterben nicht von der übermäßigen Arbeit, die fie zur See ausftehen, und zugleich da- don herruͤhret, daß fie fich nicht im geringften in Ache nehmen, Sie kommen vielmal don der Fiſcherey, wo fie durch und durch naß geworden find, und ziehen doch Feine an- dere Kleider an. Sie geben den meiften Krankheiten, die unter ihnen gewöhnlich find, den allgemeinen Namen Land⸗Farſock, Sandficber. Es berrfchet in Island noch eine Krankheit, die fie Xuffa hennen, ie ift gemeiniglich erblich, aber doch nicht anftecfend. Der Scharbock, alle Arten von Coliken, die hypochondriſchen Kranfbeiten, find bier auch fehr gemein: und Keine Aerzte da es weder Aerzte noch Wundaͤrzte bey ihnen giebt, fo werden fie gemeiniglich das Opfer in Island, der erften Krankheit, bie fie anfällt. Nichts aber verbienet mehr Mitleiden, als wenn ‚ einer einen Arm oder Bein gebrochen, oder ſonſt einen dergleichen Schaden genommen bat. Aus Mangel eines Wundarztes, oder anderer Hülfe, wird er der Natur überlaf- fen, und bleibt entweder Zeit Sehens ein Rruͤppel, oder ffirbe endlich, nachdem er (ange Zeit die größeften Schmerzen ausgeftanden hat. Einige Reifende haben den isländifchen Weibern fälfchlich den Vorzug bengeleger, daß fie fehr leicht niederfommers fich felbft baden, und gleicg nach der Entbindung wieder ‚an ihre Arbeitgehen. ı Es fehler ſo viel daran; faget ber danifche Verfaſſer, daß fie fo viel Stärfe haben follten, daß vielmehr diefes die gefährlichften Krankheiten der Sslän- derinnen find, und wiele über der Geburt ferben, weil fie weder Hebammen noch Manns⸗ perfonen Haben, die in diefer Kunſt erfahren find. Der XXI Abſchnitt. Bürgerliches Regiment in Jsland ; Einkünfte, welche der König 27 in Dänemark daraus zieht, Br — De Haupt der islaͤndiſchen Regierung ift gemeiniglich ein Herr vom erſten Range, Verwaltung er den Titel eines Sti . j At —— folget der Am — — führer, und ſich bey Hofe aufhält. Auf ihn n 'r der in Island, zu Beſſeſted, einem föniglichen Hofe , noh- mentes. nen muß. Hierſelbſi iſt auch das oberſte Gericht, ſobobi in buͤrgerlichen als peinlichen Rechtsfahen, in weichem der Ymemann den Borfis har. Er — nn 53 Er hätten auf wohlgemachten Pferden mit Eoftbarem als wenn fie auf Befehl warteten, Feuer zu geben, euge geſeſſen. Die Rochen wären Elephanten Man fehe die Reiten nach dem Nord, Erſter Theil, Eweſen, welche Thuͤrme getragen hätten, und. die Nachricht von Island, so ©. auern Kleine Schlägen, mit angelegtem Gewehr, FE Befchrei- bung von. Island, Gerichtsbar⸗ keiten. Isllaͤndiſche Geſetze. Peinliches Recht. Ba Bceſondere Geſchichte Er iſt aber nicht der einzige anſehnliche Beamte im Lande. Der König Hält auch einen Generaleinnehmer, unter dem Titel eines Landvoigts, und zween Oberrichter, Laugmaͤnner genannt. Des exrſtern Verrichtungen find, die koͤniglichen Einkünfte zu heben, und der Rentkammer in Kopenhagen darvon Rechnung zu thun. | Dieſe Einkünfte bejtehen in einen gewiffen Kopfgelde, das jeder Einwohner, det — das zwanzigſte Jahr erreichet hat, erlegen muß, und Gieftold heißt; in den Pacht⸗ geldern von gewiſſen öffentlichen Gebäuden; in den Pachtgeldern von den föniglichen a ven, und in dem Gelde, welches die daͤuiſche Compagnie jährlich für die Erlaubniß, ab fein nach Island zu handeln, erlegen muß. Das Kopfgeld wird in der ganzen Inſel durch die Spfjelmänner gehoben, weh ehen der Landesvogt diefe Schagung, in dem Bezirke der Gerichtsbarkeic eines jeden ver⸗ pachtet, daran fie zugleich die Befoldungen für ihre Aemter haben. J Der XXI Abſchnitt. Gerichtsſtaͤtte in Island; Verwaltung der Gerechtigkeit; Le— bensſtrafen. Seritiiarfeiten, Islaͤndiſche Geſetze. Peinliches Recht. Rechtliches Verfahren. Geiſtliche GM richtsbarkeit. m \ —X Obgei der Amtmann die Gerichtsbarkeit uͤber die ganze Inſel bat, fo ift fie doch darneben unter die zween Laugmaͤnner oder Oberrichter getheilet, wovon der ein das Oſt und Südviertheil, der andere das Nord- und Weſtviertheil verwalter. Außer dieſem allgemeinen Bezirke der Laugmaͤnner, giebt es noch achtzehen beſon⸗ dere Abtheilungen, welche Syſſel heißen, und die man mir unfern Aemtern vergleichen kann. Diefe Syſſel haben ihre Syffelmänner oder Unfervichter, die, jeder in feinem Bezirke, alle Rechtsfachen zuerft annehmen, Sie find auch, wie wir gehöret haben / die Pachter und Einnehmer der Einkuͤnfte des Koͤniges. Einige Syſſel von größerem Umfange, wie Mule- und Skaftefields Syſſel, haben zween Syffelmänner, fo daß wenn man den auf den Weſtmanns Inſeln bey Island mit rechner, ihrer in allem ein und zwanzig ſind. Es giebt verſchiedene Gefege, nach welchen in Island die ftreitigen Fälle entſchi den werden. Das eufte ift ein altes isländifches Geſetzbuch, wornach man ſich in de nen Streitigkeiten richtet, welche Erbſchaften, liegende Gründe , mir einem Wort allen Zwift über Mein und Dein betreffen. Was die Berrfchaftlichen Sändereyen und KHirchenguͤter anfanget, fo werden die Sachen nach den norwegifchen Geſetzen, und verfchieb®® nen befonbern Eöniglichen Verordnungen. ausgemacht. ——— In Anſehung bes Verfahrens, welches in peinlichen Fällen erfordert wird, richtel man ſich ebenfalls nach den norwegiſchen Geſetzen. Verſchiedene Gewohnheiten ‚ einige befondere Verordnungen, und was wir bisher angeführet haben, machen das gan Geſetzbuch ber Islaͤnder aus, Friederich der vierte, König in Dänemark 66), trug verfihiebenen Rechtsgelehrten auf, ein neues Gefegbuch für Island zu verfertigen, vor unle 6) Dieſen Fuͤrſten, der ſeineRegierung im 1699 67) Dieſer Monarch iſt den 12ten Jan. 1766 Jahre antvat, und 1730 flach, ſehet die Geſchichte zum größten Leidweſen ſeiner Unterthanen geſtot⸗ unter die beſten Koͤnige. bern, von Island. 03 Unter dom verſtorbenen Könige Friederich den funften 6) zu Stande gekommen iſt, dach — weis man noch nicht, ob es ſchon in Island fey eingeführet werben. land. Ale Rechesfachen werden zuerft bey den Syſſelmaͤnnern, vor dem in jedem Soſſel — — eſtimmten Gerichtsorte angebracht. Denn jeder Syſſelmann hat verſchiedene Gerichts⸗ Rechtliches ste, wozu ein jeder Theil feines Bezirkes gehoͤret, und zu feinem andern. Won dem- Berfahten. felben appelliret man an das Laugger cht, welches jährlich an einem gewiffen Orte feine % Sitztage Hält, die den Seen Julius anfangen, und fo lange dauren, bis ſich Feine Nechts- achen mehr finden, Jeder Laugmann hat acht Venfiser, mir denen er das Urtheil ab-, aſſet, die aber noch nicht voͤllig entſcheidend find, Man kann von da an das Oberge- ticht appelliven, welches zu gleicher Zeit an eben dem Orte unter dem Worfige des Amt: Manns gehalten wird. Er hat den Laugmann zur Seite, welcher nicht das Urtheil, woruͤber man aufs neue klaget, gefprochen har, einige Spffelmänner, und nöthigen Fal⸗ leg einige Befißer aus dem Sauggerichtes Es find allemal zwölf Perſonen, ohne ven Ammann, der Vorſitzer ift, und in feiner Abweſenheit von einem ‚Sandvoigte vertreten wird, Diefes Gericht bat mit dem böchiten Gerichte in Norwegen viel ähnliches, unter andern auch darinnen, daß ein Richter wegen verweigerter richterlichen Hülfe, oder we⸗ gen anderer Fälle fein Amt betreffend , fogleich belanger werden Fann. Won dieſem Ge⸗ richte geht die Sache, wenn ſie von Wichtigkeit und der in den Geſetzen beſtimmten Be⸗ ſchaffenheit iſt, an das hoͤchſte Gericht in Kopenhagen, hr oe Die geiftlichen Sachen werden zuerft vor das Probſtgericht in jedem Stifte ge- —— bracht, welches aus dem Probſte und zweenen Beyſitzern beſteht. Von hier gelangen ſie richtsbarkeit. an das Conſiſtorialgericht, welches von dem Biſchofe, dem Probſte und Predigern unter dem Vorſitze des Amtmannes, oder eines andern von dem Stiftsamtmanne ernennten Beam- ten, gehalten wird, Dieſes Gericht ſteht unmittelbar unter dem höchften Gerichte in openhagen, Syn diefen geiftlichen Verſammlungen werben nicht nur ftreitige Sachen vorgenommen, fondern man unterfüchet auch alles, was die Regierung der Geiſtlichkeit betrifft. Die Geiſtlichen, die ihrer Dienfte Alters halber erlaſſen find, und die Witwen der in demſelben Jahre Verſtorbenen, befommen bier einen Gehalt: In ganz Fsland ift Fein öffentlich beſtellter Advocat. _ Die Richter ernennen fie ſelbſt dazu, wenn man fie nöchig hat, 1, „ Es iftein Irrthum des Heren Anderfons, daß die Spffelmänner, ſowohl die ei⸗, vil, ats peinlichen Strafen voltitrecften, Obgleich das Amt eines Scharfeichters in Is⸗ —* nicht ſchimpflicher iſt, als es ehedem in Griechenland war, wo es eine obrigkeitliche Ude ausmachte 68): fo werden doch Privarperfonen für die Ausübung deſſelben befolder, Brite, 2 Fa andere Sebensftrafen für die Mannsperfonen ‚ als Köpfen mit dem einen Sat SRRRE und ars — die das Leben verwirket haben, werben in Be eo Beſchrei⸗ bad die er mehr wie ein Vater, denn als ein Be⸗658) Arifkotel Politie. 1.6. c. ne JKuml | errſcher vegierte, de Savans de Ber da p. 9 ei 64 | | a a u aan DE En nn Sn Zn I nz Beſchreibung | der Snfel Sean Mayen J oder 5 N der Dreyeinigkeits/ Inſel. | j Die Drey⸗ Lage dieſer Inſel; ihre Entdeckung; merkwůrdige Dinge auf einigkeitse r Infel. Derfelben. — ieſe Inſel, die unter dem 71 Grade der Breite und ungefähr dem zo Grade ber Jän $ ge, von dem Parifer Meridian gegen Abend liege, ift weder durch ihre Groß noch durch dasjenige, was ſie hervorbringt, betraͤchtlich Wir wuͤrben ihrer alſo get nicht gedenfen, wenn fie nicht auf dem Wege läge, der uns aus Island nach Sibirien bey Nova Zembla vorbey führer. Sie hat ihren Namen von dem hollaͤndiſchen Schiffshaupemanne Johann Jacob May, der fie im 1614 Jahre entdeckte, Ihre Laͤnge betraͤgt nicht mehr, als acht bis 5 Meilen, von Südweft nach Nordoft. Die Breite ift in Anfehung ihrer Polhöhe ve” fchieden. An einigen Orten ift fie zwo bis drey Meilen, an andern nur eine Viertheil meile breit, und wird immer ſchmaͤler » je weiter man von Nordoſt nach Si weit koͤmmt. 3 ı Diefe Inſel ift durchgängig mic hohen und niedrigen Felfen bedecket, die aber gaml entbloͤßt und unfruchtbar find. Chemals war fe von den Europäern ftarf befucher, meh che auf diefer Höhe Wallfiſche fiengen. Seitdem aber diefe Thiere ihre Küften gänzlid verlaffen haben, fo landet nur felten ein Schiff da an, wenn es nicht geſchieht, fi) vor d Sturme zu fihern, oder Mittel wider den Scharbock zu ſuchen. Die Oſtſeite dieſer Inſel iſt, nach den Erzaͤhlungen der Seefahrer, das ganze Jeh durch mit Eiſe bedecket, welches ſich auf zehen Stunden weit in die See erſtrecket. dieſer Schwierigkeit, an der Kuͤſte der Infel zu ſchiffen, koͤmmt noch die Gefahr, ſich eh ‚nem erſchrecklichen Winde auszuſetzen, welcher von dem Baͤrenberge hergeht. Sie ſcheint, wie Herr Anderfon ſaget 1), ein vom feſten Sande abgeriffenes Stüd Hy ſeyn. Vielleicht iſt fie auch von unterirdifchem Feuer, oder fonft einem außerordench chen Zufalle hervorgebracht worden. Sie iſt unbewohnet, und kann unmoͤglich bewoh werden. In dem mitternaͤchtlichen Theile iſt der Baͤrenberg, der feinen Namen ME der großen Menge Bären dat, die man zu allen Zeiten bier anteifft, Cr ift fo Doch, ſich fein Gipfel in den Wolfen verliert, und nach der Erzählung einiger glaubwürdigt! bamburgifchen Schiffer, kann man ihn bey hellem Merser in einer Weite yon zivey und Dei Big Meilen entdecken. Es ift ein nackender Felſen, oben ftets mit Schnee und Eife bed" der, und nimme da, wo die größte Breite der Inſel ift, den ganzen Raum zwifd der Morgen und Abendfeite ein. = gis DO Nacätliche Geſchichte var Island, I Theil, 10 ©, der franz. Ueberſ ER Sy or pre i * Spetze fe Cr.22 Men. Nord: ; "Macfsfeadb vor 2 Scemerlen.. \ — 5 IE = 2 — — = ” * * e * — * — * a e 7 - Fe EEE ee i we nn : * x J — Fi 5 = = Fi 5 = * —— * = * r 6 3 f < —— — S “en 2 & J = 1 * Fu = EIER ENT — u x — » N 2 * — * 3 —— — * 1 4 — * — cr x — * R 35 4 FR — — I — —— — — — SE E : v. * R Ben | | Befchreibung der Infel Jean Mayen. 65 | — m 20 # 5 | ier ich weder Gras noch Gefträucher, noch die geringfke Erde ‚ um eine Die Dreys Many — Bloß am Fuße bes Baͤrenberges findet ſich eine dünne Rinde Er von einer erdfarbenen Materie, die nichts anders iſt, als der Mift der Rauboögel , welche A ic) hier in erftaunender Menge aufhalten, um die Seefrabben zu fangen, die in denen atieſen, mit welchen die Inſel umgeben iſt, fehr haufig gefeben werden, Durch einen gluͤcklichen Zufall, bringt dieſer Miſt Loͤffelkraut und andere wider den Seorbut dienli- ePflanzen hervor, welche den Schiffen, die nach Grönland bier vorbey fahren, fehe wohl zu ſtatten fommen, ir Weil diefe Inſel nichts merfwürdiges hervorbringe , fo wollen wir dieſen Artikel MiE der Erzählung eines fonderbaren Brandes beſchließen, ‚der im 1732 Jahre geſe⸗ ic worden. Diefe Erfiheinung wird den Naturkuͤndigern gewiß gefallen, und kann ihnen zugleich eine ſchoͤne Gelegenheit geben, ihren Wis in Muthmaßungen zu üben. Herr Anderfon erzaͤhlet fie in feinernatürlichen Gefchichte von Island folgender Geſtalt. Der Capitain eines hamburgiſchen Schiffes, Namens Johann Jacob Laab, lege. te ſich auf feiner Fahre nach Grönland, wegen twidrigen Windes, drey Meilen von dem ärenberge gegen Süden, vor Anker, Hier ſah er den ı7ten May am Fuße dieſes erges Flammen von erſtaunender Laͤnge auffahren ‚ die ſich auf allen Seiten, wie ſtar⸗ fe Butze mit der größten Geſchwindigkeit verbreiteten , wobey ſich unter der Erde ein ücchterliches Donnern hören ließ. Laab konnte bey dem größten Schrecken einen Dre niche derlaffen, wo ihn der widrige Wind zurück hielt, und fund nicht geringe Furcht aus, was diefe Entzündung auf fein Schiff für Folgen haben Fünnte, Ein dicker Nebel, der ſich weit ausbreitete ſchien endlich dieſem Zufalle ein Ende zu machen, und die Flammen hat⸗ ten nur vier und zwanzig Stunden gedauret. Der Becrg oͤffnete fich nicht, er warf weder Steine noch eine verbrennliche Materie aus; es ſtieg bloß ein ſchwarzer und dicker Rauch don ihm auf, der bis zum zıften diefes Monates anbielt. Da fich jeo der Wind geaͤn· dert hatte, ſo ſtach das Schiff geſchwind in die Ser Kaum hatten ſie ſich funfzehen Mei- n von dieſer Inſel entfernee, als Saab aufs neue von einer ungeheuren Menge Afche er- fürecfet wurde, die der Wind Binter ihm bertrieb, und damit im Kurzen die Segel und - Verdeck feines Schiffes fo anfüllere, daß fie davon ganz ſchwarz waren. Er befürchtete anfangs, die Afche moͤchte einige glühende Kohlen oder Funken, von brennenden Mine- ralien bey ſich führen, die das Schiff hätten Fönnen in Brand ſtecken. Weil fie ſich aber ganz Falt anfühlen ließ, und wenn man fie ans Feuer brachte, nichts verbrennliches zei⸗ gete, fo beruhigte er ſich, und ließ ſie mit Waſſer abſpuͤhlen. Das ganze Schiffsvolk brachte mit dieſer Arbeit uͤber fuͤnf Stunden zu, ehe man mit der Reinigung des Schif⸗ fes völlig zu Stande fommen konnte, weil fie umter dem Winde waren, und von Zeit zu Zeit ein neuer Flug von diefer Afche auf fie fiel, Herr Anderfon, dem man etwas davon brachte, fand fie Hellgrau, und ſehr weich anzufühlen. Durch das Vergrößerungsglas war fie wie Eleine Sandkörner, oder vielmehr wie ein Fleinzermalmter Stein anzuſehen. Ein anderer Schiffshauptmann Alit Payens, des vorigen Landesmann, brachte vierzehen Tage an biefem Drte zu. Weil er von Laabs Begebenheit hatte reden hoͤren, ſo landete er an die Inſel Jean Mayen und Hatte Herz genug, den Ort zu befuchen, wo die Feuersbrunſt zu feyn gefthienen hatte. Er bemerfere, daß der Berg Feine Spalte atte, daß er nur Aſche ausgeworfen, und daß der ganze Boden auf zwo Meilen under einen Fuß hoch damit bedecket war. Allgem. Reifebefchr. XIX Hand. | Don Neu⸗ Semlja. Man hat da⸗ von wenig Nachricht. Verſchiedene Meynungen von dem Zu⸗ ſtande dieſes Landes. Strahlen⸗ bergs Mey⸗ nung. ) Man ſehe das XV Cap. des VI Buches und Beſchreibung von Philipp Johann von eb, - 5 . * 18 de af Ar 04273 65° HURE IE BT, | * er BER SE f Bon dem rußiſchen Neulande / oder Nova Semlja. | 1 Man hat davon wenig Nachricht, Verſchiedene fen: Beſchaffenheit des Landes. Zembla if ! Meynungen von dem Zuftande diefes Landes, unbewohnet. Faliche Nachricht eines reifende Strahlenbergs Meynung. , Berveife, daß Neus Frangofen, Vorgegebene Wahrjagerey eines zembla nicht an dem feften Lande hänge. Geis Lappen. 4 ne Strecke. Es iſt den Alten bekannt gewe⸗ 9 ‚3 iſt fchon im XVII Bande dieſes Werkes, unter dem Artikel der Reiſen gegen Nr weft und Nordoſt von Neu⸗Zembla oder Zensle, wie es faͤlſchlich geſchrieben wil da es vielmehr Nova⸗Semlja oder Novaja⸗Semla beißen folice, geredet wel den. Es iſt aber ziemlich ſchwer, einen richtigen und genauen Begriff von feinem wel ren Zuftande und denen verfchiedenen Dingen zu bekommen „die es enthalt. Unſer gänger fcheine nur im Vorbehgehen davon. geredet zu baben und bloß, weil die Keil den, deren Schifjfahrten gegen Norden ex, erzählen, daſelbſt ans Sand geftigen waren! Damit wir alfo das Wenige, was er davon faget, fo viel, als moͤglich iſt, ergänzen, K haben wir geglaubet, wit müßten bier alle die Beobachtungen ſammlen, die bey © verfchiedenen Neifebefchreibern zerſtreuet find, welche die Küften diejes Landes beſuch haben. Wenn der wenige Beyſtand, den wir bey ihnen finden, uns, nicht erlaubet, ne vollftändige Defchreibung davon zu geben , ſo Finnen wir uns doch wenigfiens (dh cheln, alle die Nachrichten davon beyzubringen,, weiche uns, unfere Nachferfchungen M ben Fönnen entdecken laffen. ” * 4 Die Reiſebeſchreiber und Erdbeſchreiber find wegen des wahren Zuftandes Di Neu-Semla unter fih nicht einig. Einige ſtellen es als eine von unferem feften La durch die Meerenge Weigas abgefonderte Inſel vor, welches auf diefer Seite fiers Hl Eisbergen von einer erſtaunlichen Hoͤhe befeger ift. Die andern geben diefes fand für ne Halbinfel aus, und verfichern, es hänge durch eine Erdenge an der oſtlichen KUF von Sibirien, ſehr nabe an der Mündung des Fluffes Oby. 4 Der Baron Strahlenberg, ein ſchwediſcher Obriſter, welcher zwoͤlf Fahre in fen Laͤndern zugebracht, und welcher fich befliffen hat, fie kennen zu lernen , well chert ausdrücklich, es feheine nach denen Erfundigungen, die er von Neu Zembla ei zogen, gewiß zu ſeyn, daß folches auf der Oſtfeite bey dem Auslaufe des großen # und Jeniſeiſtromes mit Sibirien rheils durch beftändig feſt ſtehende Eisgebirge, th 3 durch eine Erdenge, zuſammen hänge 2). Diefer Schrifiſteller führet darauf umſtaͤ lich viel Zeugniſſe an, die er von verfchiedenen Perfonen geſammlet Hat, welche die d Jeniſei und ziemlich nahe an der See liegende Stadt Turochanski bewohner Gaben ; 2 bediene I Pe — = an —— zwar a. d. 115 u. f. f. und beſonders 172 ©, berg: 4, Stockhelm 1739, a. d.17 ©. Ei 2) Siehe deſſen Nord-und Oftlichen Theil von davon hat Herr Sellius ine Franzoͤſiſche U Te . Europa und Afia, in einer hiſtoriſch geographifchen Get, und unter dem Titel: Defcriptiom de pt Von dem rußiſchen Neuland. BE =; | bedienet ſich derſelben, daraus zu ſchließen, daß Neu ⸗ Zembla an Sibirien hänge." Vor⸗ je neömlich hat ihn ein alter Mann verficherr, es wäre bey feinem Aufenthalte in YTovg Semlja. Tangazeig und Tuvochansti ein tuffifcher Knecht, welcher feinem Herrn entlaufen, * und vermeiden wollen, daß ihm ſolcher nicht nachſetzete, nordwaͤrts zu Fuße dieſer Erden ge gefolger, und dadurch nach Neu- Zembla gekommen, von da er umı dein Meerbuſe aſowskoi, naͤmlich auf deſſen Norderſeite, herum geganigen, und bey der Meerenge Wei⸗ gatſch, wie das Eis noch feſt geſtanden, an der Mündung des Obi wieder heraus: gefommen. i ——* Allein, Diefem Berichte wird durch die Erzählung der von den Ruffen gemachten Beweiſe, daß utdeckungen, welche Here Muͤller herausgegeben bat, förmlich widerfprochen 3). Der Neu Zerubla Sieutenane Murawiew erhielt im 1734 Jahre Befehl, die Fahre von Archangel bis — a an den Obi zu verfuchen. Er Far den erften Sommer nicht weiter‘, als bis an den * BEN Fluß Petſchera, und brachte den Winter zu Puſto⸗Serskoi⸗Oſtrog zu. Den folk i genden Sommer gieng er durch die Straße Weigatſch, wobey er die Infel dieſes Na— mens zu feiner Linken, und das fefte Sand zur Rechten hatte. Die andere Durchfahet zwiſchen dev Inſel Weygatſch und Nova Semlja wurde nicht unterſuchet. Eben dieſer Schiff lieutenant fuhr laͤngſt gedachter Landecke bis auf 72? 300 Breite. Die Keutenante Malygin und Skuratow fegeren die Fahre fort» Sie umfchifferen die Landecke Feb > mel, und kamen 1738 in den Meerbufen des Öbfluffes, oder Oby. In eben diefem Jahre fuhren Owzin und Rofchelew aus dem Ob nicht allein um bie Landecke Matſol, welche dem Meerbuſen des Obfluſſes gegen Oſten liegt, herum, ſondern liefen auch ohne weitere Hinderniß gluͤcklich in den fenifei ein. Dieſe Schiff fahrten zeigen auf eine unſtreitige Art, daß Neu⸗ Semlja eine Inſel if. Es iſt alſo alles, was Strahlenberg angeführer hat, der Wahrheie zuwider, was für. Vertrauen Auch einige euvopäifche Erdbefchreiber auf ihn gefeget haben. Wenn nun übrigens die Meynungen wegen der Frage, ob Neu-Semlja eine In⸗ Seins Stre- ft, oder eine Halbinfel ift, nicht mehr getheilee feyn koͤnnen, fo muß man auc) einmi- de. thig wegen feiner Größe übereinfommen. All⸗ Shrifsfteller und Erdbeſchreiber find davinnen eins, daß fie es von dem SHften Grade der Breite bis unter den 77ften fegen. Seine Länge iſt Be alſo ungefähr zweyhundert Seemelfen ‚ und feine Breite fechzig bis iebenzig. ae Der Namen Nova Semlſa, oder Novaja Semla, beißt, nach Steablenber- Es iſt den Al⸗ iR Rußiſchen Neuland. Eben dieſer Schriftſteller merket an, dieſe Juſel ſey ten bekannt 8 Tazata 9— » welches Plinius in das nordliche oder fenthifche Meer feßet. Es wurde vor geweſen. Ares or dem Fluſſe Taas alſo genannt, welcher siemlich groß, und für große Fadı- erge ſchiſhar if, Diefer Fluß ergießt fich Nova Semla gegen über in eben den Meer- bufen, tie ber Dbp, ehe er in die Straße Weygatſch geht. Die Ruffen nennen den Meer. buſen Guba Taſowokala das iſt, den taſiſchen Meerbuſen. Vermuthlich hatte man Se von Pire Ruflien in zweenen Duodezbaͤnden zu Paris dezbände, Amſterdam 1766, bey Michael Reyet Th. ; 17757 herausgegeben. } 0.2.1558. Sie find aus dem dritten Bande 3) Voyages et decouvertes faites par lesRus- der Samalımng wifirher Gefkichte genemmen, des le long des Cotes de la Mer glaciale et für wo ſich das bier angeführte a, d. 145 u. ff Seite Ocean Oriental par Mr. Muller. zween Dug: befindet, PA Bon dem rußifchen Neulande, | Ren: von dem Taasſtrome die Inſel, welche nahe dabey liege, Taſata, ober die Taasinſeh Semlja. genannt 4). 9 | MT Es erhellet aus den Berichten aller Schiffer, welche in Nova Semla an das gun Veſchaffen⸗ geſtiegen ſind, daß es das elendeſte Land auf der Welt ſey: ein Land voller Berge, 1 aan des an. ſiets mie Schnee bededfer ‚ und daß die einzigen Orte, welche davon befreyet feyn möch i sen, unzugängliche Sümpfe find, worauf ein Mooß waͤchſt, welcher Fleine blaue u | gelbe Bluhmen träge, welches wahrfcheinlicher Weife affes iſt, was diefe Inſel von GR mwächfen hervorbringt. u Das Thierrech iſt niche viel reicher, Es feheine nicht, daß Neu: Semla, außet Fuͤchſen und weißen Bären , die fehr wild find, andere vierfüßige Thiere ernäbre, De, die Vögel anbetrifft, fo findet man da einen Theil von denen Arten, von welchen in Del Artikel Spigbergen geredet if. Sie bringen aber nur acht oder neun Monate daſelb | zu. Das übrige Jahr hindurch, welches die Zeit des Winters ift, wo fih die Somit nur einige Augenblicke zeiget, oder auch gar nicht exrfcheine, ſieht man nur Fuͤchſe. Baͤren felbft bleiben: beftändig in ihren Höhlen. Man finder die Beſchreibung dieſe Thiere, und entſetzliche Beyſpiele von ihrer Staͤrke und ihrer Geſraͤßigkeit, an derſch denen Orten des ſiebenzehnten Bandes dieſes Werkes. Die Beobachtungen des Hauptmannes Wood ‚ eines Engländers, welche inch dem Bande angeführet werden, zeigen, daß die Producte des Mineralreiches in Net Semla noch feltener find, als die aus den beyben andern Reichen. Man fand nur Ei fager dieſer Reiſebeſchreiber, wenn man auch zween Fuß tief in die Erde geub, und DW ſes Eis war fo hart, als Marmor. Er feget Hinzu, an einigen Orten, welche ducch Fluͤſſe entblößee worden, die den Sommer über durch das Zerſchmelzen des Schnees ſtehen, ſieht man auf einigen Gebirgen ſchwarzen Marmor mit weißen. Streiſe⸗ und Schiefer. So ſchwach die Nachrichten auch ſeyn moͤgen, welche wir von Nova Semlja und dem, was da erzeuget wird, haben zuſammen bringen koͤnnen, fo muß man doch geſtehen daß wir noch weit weniger Nachrichten von denen Einwohnern haben, die es möchte en halten koͤnnen. Cs giebt fehr wenig Keifebefchreiber, welche von den Semlanern gut, det haben; und die Abſchilderung, welche fie davon gemacht, iſt von der Wahrfceinli J Semla iſt un, keit fo entfernet, daß ihr Daſehn nur ein Hirngeſpinſt zu feyn ſcheint. Die größte M wohnt. zahl der neuern Schriftfkeller und Reifebefchreiber geben vor, Neu-Semla babe feine ein . bornen Einwohner; und diefe Meynung iff die wahrſcheinlichſte. Mach den un aa Reifebefchreibern 5) und einem Manuferipte aus dem Depot de la Marine XX und AN bezeichnet, find die Menfchen, welche man in diefem Sande finder, Samojeden, welch zu Ende des Winters hinüber gehen und fi nur den Sommer tiber daſelbſt mit der Ja und Fifcheren befchäfftigen: ihre Hütten und ihre Werkzeuge aber blieben Das ganze Zaft über da; und bieß hat ohne Zweifel gemacht, dafi man geglaubt, Nova Semla halt Einwohner, Die Samojeden berichteren den Hollaͤndern, es gäbe Feineandere Einpohnet in Nova Semla, als die von ihrer Nation, welche dahin giengen und den Winter MR daſelb ſt zubrächten, wenn fie nicht wieder zuruͤckkommen koͤnnten. Sie fageren * — fä 4) Strablenberg am angef. Stte a. d. 99 S. 9) Wir haben eine Ueberſet ung aus dem en 3% Voyages au Nord, Tome IV p. 196, 197. fifihen davon, durch Johann Langen, peiche u | Hamburg 1875 in 4 herausgekommen. Von dem rußifchen Neiiland. 609 kaͤmen ihrer viele durch einen Nordwind um, melcher in fehr kurzer Zeit affe natürliche Yen Hitze austöfchete, was für Borfichtigfeit man auch gebrauchet hätte, fich vor den Wir Sewlja. kungen der Kälte zu verwahren, Die machet-denn wahrſcheinlicher Weife dieſe Inſel unwohnbar. Ein in Ungnade gefallener ruſſiſcher Herr, welcher, nach eben dem Manuferipte, dem zuffifchen Hofe berichter hatte, e8 wären Silberbergiverfe in Neu - Semla, wurde dahin geſchickt, folche zu entdecken: er Fam aber fo wieder, wie er dahin gegangen war, r gieng zum andern Male, mit einer großen Menge Arbeitsleute begleiter, wieder da— Bin: es ift aber weder er, noch) einer von den Seinigen jemals wieder zum Vorfiheine ge- Fommen, Man muthmaßet, baß, weil fie gar zu lange am Sande geblieben wären, fie dor dem Winter nicht regen des Eifes würden haben zurückfommen Eönnen, und daß fie alle erfroren feyn würden, Indeſſen faget doch) ein gewiffer la Martiniere, nicht der Erdbefchreiber, fondern ein Schiffschirurgus in einer neuen Reife in die nordlichen Sandfchaften 6), er babe Sem- aner gefehen, und er machet eine Abſchilderung von ihnen 7), welche der Samojeden ihrer fo ähnlich ift, daß, wen man auch annimmt, fie macheten wirklich zwo befondere Na⸗ fionen aus, die Befchreibung der leßteren , welche der Befchreibung von Sibirien folgen wird, nothwendiger Weife auch die Beſchreibung der Semlaner feyn würde, wenn es welche gäbe. Es hat aber fehr das Anftheinen, diefer Keifende habe fich betrogen, weil alle holländifche und englifche Schiffer , welche an Nova Semla angeländer find, ausfa- gen, fie haben niemals einen Sandeseingeborenen gefehen. Man weis fogar in ganz Nor⸗ . den ihren Namen nicht. Man muß fich alfo darüber verwundern, daß die fcharffinnigen Berfaffer ver Naturgefchichte, auf das Work eines einigen und. mit Rechte verdächtigen Zeugen von Semlanern und Borandajanerngerederhaben. Damit wir übrigens die Leſer in den Stand feßen, von dem Grade ber Glaubwürdigkeit zu urtheilen, welche des la Martiniere Bericht verdiener ‚ [o wollen wir ein Benfpiel von feiner Art, die Sachen an- zuſehen und zu erzählen, mittbeilen. Diefe Ausfchweifung wird wenigſtens dienen, einige Abmechfelung in eine Befehreibung zu bringen, welche man weder durch ihren Inhalt, noch durch ihre Geſtalt hat einnehmend machen koͤnnen. Dieſer Wundarzt erzaͤhlet anfaͤnglich ſehr ernſthaft 9), als der Hauptmann feines = Schiffes und er in Erfahrung gebracht ‚ daß unter ben Einwohnern der Kuͤſten des daͤ— niſchen Sapplandes Zauberer wären ‚ welche nach ihrem Willen Winde mittheilen koͤnn⸗ a fie ſich an den vornehmſten Schwarzfünfkler eines Ortes und bathen ihn, fehr — ihnen einen Wind verkauſen, der ſie nach dem Nordcap braͤchte, wovon fie entferner waren. Der Sappe antwortete ihnen, er Eännte ihnen nur bis an eim gewiſſes Sarebne welches er nannte, und welches ziemlich nahe bey demjenigen war, wo fie anlegen wollten, Kind verſchaffen. Sie nahmen ihr alfo mit fich auf dr Schiff, wo fie für ein Pfund Tabak um zehn Silberfronen wegen diefes Windes mit ihm einig wurden, Der bermennte Zauberer machere dafür an einer Ecke des Segels am Vorder mafte ein Stück Leinwand ungefähr, einen Fuß lang und vier Finger breit, worein er drey 3 Austen Sn dem zoſten und 40ſten Enp- derſelben 9) Im IX Cap. feiner Neil, a. "d.0u.6. 6. Seite. nf, Yen: Semlja. — — 70 | Bon dem eufifchen Neulande. Knoten knupfte und ſagete: das würde es thun· Darauf eraten dieſe Leute in ihr OA! und. fuhren wieder ans Land. 2 „Sie waren nicht fo bald aus unferem Schiffe, faͤhrt la Martiniere fort, ſo {of ’ „unfer Schiffer den erften Knoten in dem Tuche auf, und wir befamen den fehönften PT. ſuͤdweſtwind von der Welt, welcher uns und unfer Compagniefchiff dreyßig Meilen hl „Maelſtrom 9) brachfe, ‚che wir den andern Knoten auflöfen durften, — Als mn „Wind fich wendete und gegen Norden lief, fo öffnete unfer Schiffer den andern Knolt „und bekam wieder eben fo guten Wind bis an das Gebirge Rouxilla. Kaum wa „ir um die Spitze hinum, fo veränderte fih unfer Compaß, und die Nadel wandte” „fechs Punfte zurüc, woraus wir muthmaßeten, in dieſem Gebirge müßten Magnet „fen. Waͤre unfer Steuermann nun nicht wohl erfahren geweſen, fo würden noir #7 „verirvet haben: es war ihm diefe Gegend aber fehon bekannt, und: er fuchere nur MT „feinen Seekarten fortzufegeln. Indeſſen brachten wir doch zween ganzer Tage und NA „in dieſem verworvenen Zuftande zu. Als wir nun endlich eine gute Weite von dem © „birge weggegangen waren, fo Febrete die Compaßnadel wieder, nicht weit von dem „nach ihrem Mittelpunfte zurück, „Der Wind fing an, nachzulaffen, weswegen der Schiffer den dritten und ET Knoten auflöfere. Als folcher aufgelöfer war, fo entftund kurz hernach ein fo grauſam „und gewaltiger Nordnordweſtwind, daß wir menneren, der ganze Himmel würde Ü —9— den Kopf herabfallen und Gott aus gerechter Rache uns wegen der begangenen SM „de, da wir diefen Zauberern Gehör gegeben, ganz und gar vertilgen. Weil wir N „unfere Segel nscht gebrauchen konnten, fo mußten wir uns der Gnade der Wellen ib „taffen, welche uns fo heftig erſchuͤtterten, daß wir nicht anders gedachten, als mir wi „den in Trümmern gehen, und alle erſaufen. Machdem wir drey Tage in dieſem ge „famen Zuftande zugebracht, fo eneftund ein fo gräulicher und plöglicher Sturm, M „er ung unter die Steinklippen vier Meilen vom Strande trieb, und an eine derſe j „hart anftieß. „und mir meyneten alle, dieſes würde Der letzte Tag unferes Lebens ſeyn. Aus font „barer Schickung Gottes aber machete ums die Größe und Gewalt der Wellen los, „trieb uns einen Piſtolenſchuß weiter von dem Felfen, ohne merklichen größern Sch“ „des Schiffes, als daß es ein wenig Wafler zog. _ K; 9) Der Maelſtrom ift ein Wirbel bey der In⸗ er alfes, was in feiner Nachbarſchaft iſt, die fel Moskoͤe an der norwegiſchen Küfte, wovon er fiſche, das Waller und afles, was nur DE auch Moſkoͤeſtrom heißt. Ex wurde vordem von ſchwimmt; darauf giebt er in eben fo viele! den Schiffern ſehr gefürchtet, und man vermied aules wieder von fich, mas er verſchlucket hat N ihn mie vieler Sorgfalt. Hübner verfichert in Eine beftere Beſchreibung deffelben finder ME feiner Geographie, er habe vier und ziwanzig Mei- I TH. der büſchingiſchen Erdbeſchrelbung, a." len im Umfange. Sechs Stunden lang verfhlinge u. ff. ©. der Ausgabe von 1784. vn va { ? ‘ * Man hat 5 ———— > 7 2. de — ber Rs, melins 369 bezeuchnet, die Nömer vieler Kleınen Verter aber, no er derchoegangen JE, und alter kleınern Layje Berche, woron er redet, recht bemer, —— ze A ee ” s . — ⸗ —* I K x & SR RT Ta ar nt Bin ernten rer I rer nr ner nr Immun N "N FREE elamja 12 C.Ledenoi x. ——— DV A ” rin aggehrache: | A Var kann son uhrer Lage aus der benachbarten vornehmfben Derter Ülrer urtheden . | = Gl) KARTE VON SIBIRIEN und den benachbarten Lzsendern Zur ebgemeinen Hifforse der Resfen 3 —* r er. HR Beıunr. > id eo z 72 FE RR 22 ., rn m ng een — 8 — a gr Be 1% I RE Rn BE RR RER We un u0n 230 2 Sun Sn 222 SE nn 2 225 Fortſetzung der allgemeinen Hiſtorie der Reiſen. Reiſe nad Kamtſchatka durch Sibirien. Tagebuch des Herrn Gmelins. rn Einleitung, Eleituns 7 ie Halbinſel Kamtſchatka welche gegen Nordoſt von Aſien, an dem aͤußerſten En- de des ruffifchen Reiches und unfers feften Landes liege, ift bis an dag Ende des . letzten Jahrhunderts eben fo wenig befannt gewefen , als Oſt- und Weftindien dor dem ſechzehnten Jahrhunderte befannt waren, Herr Müller fager in feinen Nachrichten von Seereifen und zur See gemachten Entdeckungen die von Rußland aus, laͤngſt den Kuͤſten des Eismeeres, Und auf dem oftlichen Weltmeere gegen Japon und America gefchehen find r), man habe das Sand amtſchatka fehen feit dem 1690 Jahre, zu Jakutzk in Sibirien, jedoch nur aus ei- nem bloßen Gerüchte, gefannt, Isbrand des, welcher 1693, auf feiner Gefand- fhaft nach Ehina , durch Sibirien gieng, hatte nur bloß davon reden hören, und das noch dazu von fehr ſchlecht unterrichteten Leuten; daher ift es gefcheben, daß in ber Karte, welche er der Nachricht von feiner Reiſe beygefüger bat, dieſe Halbinfel, als ei- ne Stade, oder ein fehr weit gegen Norden liegendes Dorf bezeichnet worden, wohin die Ruſſen auf den Fifchfang giengen. f _ Eben dieſer Schrifefteller, Her G. F. Muͤller, feßet die erſte Kenntniß, die Kr. un Kamtſchatka eingezogen, in das 1696 Jahr. Sechzehn jafurzfifche Cofa- wo even Anführer Bucas Semonow Sin Morosko hieß, thaten den erſten Zug dahin, auf welchem fie doch nicht ganz bis an den Fluß Kamtſchatka kamen, fondern ſich begnügeten, von einem Famtfchedalifchen Dftröge Tribut zu empfangen. Wolodimer 3 Atlaffow, 2) Sie befinden fih in dem erſten, ztenund zten angezeiget worden, ins Franzöfifche überfeket, weh Stuͤcke des dritten Bandes der Sammlung ruffi- her Ueberſetzung man hier gefolger: Wir aber ſcher Geſchichte, und find aus demſelben unter dem verweiſen unfere Lefer auf das deutſche Driginal, itef Voyages et decouvertes faites par les Rus wo fie dieſe Anzeige aufder 72 S. finden werden, ſes, wie fehon oben in der Anmerfung 3) «8.678. x . / £ 7 Reife nach Kamtſchatka £inleitung. Atlaſſoro, dem insgemein die Entdeckung von Kamtſchatka zugefchrieben wird, war da- — mals Befehlshaber zu Anadirskoi Oftrog, und harte den Morosfo an die Korjaͤcken an dem Fluſſe Opucka abgeſchickt, diefelben auf Tribut zu fegen. Das übrige chat Mo: rosfo aus eigenem Triebe. Das Jahr darauf, nämlich 1697, und nicht r7or, wie dee Kerr von Voltaire in feiner Gefchichte Peters des Großen , wahrfcheinlicher Weile nach dem Barone von Strahlenberg 2), bemerfet hat, gieng Atlaſſow mit einer ſtaͤrkern Macht dahin, und nahm an dem Fluſſe Kamtſchatka, da, wo der Fluß Kanutſch in denfelben fälle, durch Aufrichtung eines Kreuzes von dem Sande, im Namen des ruffifchen Kaiſers, Beſitz. Mac) der Zeit ſind noch andere Befehlshaber nad) und nach von Jakutks dahin abge- ſchicket worden, dieſe Entdeckung vollkommen zu machen, und fie Famen in drey ober vier Sabren fo weit, daß fich die Rufen im 1706 Jahre, von dem mittäglichften Theile des Landeß Meifter gemacht, und einen Theil der Furilifchen Inſeln erkannt hatten. Sie hatten aber ſolche nur von der äußerften Landfpige in Augenfchein genommen, ‚ohne daß fie das fefte Sand verlaffen Hatten. Der Fuͤrſt Waſilei Iwanowitſch Bagarin, Starthalter and Generalpachter von Sibirien , ließ von 1710 bis 1716 oder 1717 noch einige Reifen zu Lande und zur See nach Kamtſchatka thun, und man verlor diefe Halbe infel faft nicht mehr aus dem Gefichte 3)... Ein mächtiger Monarch, welcher, damit er herrſchen lernete, feine wirffame Neu- gierde auf alles gerichtet hatte, welcher felbft lange Zeit herumgereifet war, Fonnte nicht anders, als die Reifen aufmuntern, wovon er fehon fo vielen Mugen gezogen hatte, Peter der Große, welcher ſich unter dem frengen nordifchen Himmel, kaum auf den Thron feiner Vorfahren geſetzet, Hatte fich ein neues Reich, ein neues Volk erfchafz fen, In dem Lande der Scythen und Hunnen, hatte er nebſt den Sitten des unter⸗ iefenen und gefitteten Europa, die Künfte und Wiſſenſchaften eingeführer. Diefe er- worbenen Güter fah er, als feine Foftbaren Eroberungen an, und war ohne Unterlaß nur mie der Sorge befchäfftiger, fie immer noch weiter auszubreiten. Er befliß fich vor allen Dingen, alle Theile feiner weicläuftigen Herrſchaften genau Fennen zu lernen, fein Seeweſen zur Vollkommenheit zu bringen, ſich durch die Schifffahrt und durch die Rei⸗ fen dasjenige zu Wege zu bringen, was ihm noch an denen Kenntniffen abgieng, die er feldft in derfchiedenen Sändern von Europa geſuchet, wo er den unumfchtänften Beberr- fcher verhehlet und nur den Beobachter gegeiget hatte, Diefer Here ſchickete mie dem Anfange des 1719 Jahres, zween Beodefiften, oder wie man fie auch damals nannte, KTavigators, Swan Jevreinow und ges dor Aufchin, nach Kamtſchatka mie einem eigenbändigen Auflage, morinnen er ihnen ihre Berrichtungen vorfihrieb, Was es für welche gewefen, Fann Here Müller niche fagen, weil er den Aufſatz felbft niemals geſehen. Wenn man aber ihre Beftimmung nach dem Erfolge beurtheilen darf, fo feine es, daß ſolche, auf die kuriliſchen Inſeln abge: 2) Es hat das Anſcheluen, daf fie die Denk: ler zeiget, twie wenig die Nachricht von Atlaſſows geit biefev,Eutdecfung mit der Zeit der Ausſage ver- Reife, die man beym Strahlenberg findet, wenu menger, welche der coſackiſche Officier zu Moſkau fie gleich von ihm herruͤhret, mic ſolcher Auflage‘ in der ſibiriſchen Prikaſe gerhan , und Herr Müls uͤbereinkoͤmmt. | durch Sibirien. | 73 abgefehen geweſen; und dieſe Verſchickung bloß auf die Entſcheidung der Frage abgezielet Einleitung. abe, ob Afien mit America zufammenhänge oder nicht 4). rn Indeſſen wurde diefe Frage Feinesweges in Vergeffenheit geftelfer. Der Kaifer er- Innerfe fich derjelben vollkommen, als er die Anweifung, nach welcher folche gefchehen Ollte, eigenhändig entwarf, und dem General: Admirale Grafen Fedor Wistfeewirfch praxin die Beforgung der Yusführung auftrug. Mach dem Inhalte diefes Faiferlichen efehles follten in Kamtſchatka oder an einem andern bequemen Orte ein Paar verdeckte . Boͤthe erbauet werden, womit man bie nordlichen Küften uncerfuchen und fehen follte, ob fie mit Amerifa jufammenbiengen. Wenn diefes gefchehen, fo follte man fuchen, ob Niche irgend ein Haven den Europäern zugehoͤre, oder ein zuropälfches Schiff anzutreffen ſey. So follte man auch zu Erfundigung des Sandes einige Mannfchaft ausfegen, und don dem Namen und der Sage der entdeckten Kuͤſten einige Nachricht einziehen laffen. Zu diefer berufenen Reife, welche man als die erfte fogenannte kamtſchatkiſche Ex⸗ Pedition anfiehe, wurde der Hauptmann Vitus Beering, ein geſchickter Seemann, und ein Dane von Geburt erwähler. Peter der Große farb vor feiner Abreife: die Kai- ferinn Catharina aber, welche ihm gefolget war, ließ diefes Unternehmen gar nicht fah— ven, fondern drang vielmehr jtarf auf deffen Ausführung. Man gab Beeringen zween Sieutenante zu, Martin Spangenberg oder Spungberg, der ebenfalls ein Däne, und Merei Tſchirikow, derein rusifcher Officer war; und fie veifeten den Sten des Hornungs 1725 von Petersburg ab, Diefe Reife daurete fünf Jahre, und der Hauptmann Bee— ring Fam mit feinen beyden Sieutenanten im März 1730 nach Petersburg zurück. , Die Kaiferinn Catharina, und Peter II, ihr Nachfolger, waren todt. Die Her« Hginn von Eurland, Anna Ivanovna, hatte Furz zuvor den Thron beftiegen. Diefe rinzeßinn, deren Geſchicklichkeit diejenigen in Berwunderung fegete, die fie vielleicht oß in der Hoffnung, unter ihrem Namen zuregieren, zur Regierung berufen hatten, fchit- !e ſich ohne Mühe in die Abjichten Peters des Großen. Als der Seehauptmann eering fich felbft erboth, "eine zweyte Reife nach Kamtſchatka zu thun, fo ward defr en Anerbierhen fer wohl aufgenommen. Ein Faiferlicher Befehl, der im Aprilı732 an den höchften Senat ergieng , fegte fogleich alles zu diefer neuen Erpedition in Bewegung. er Senat forderte von der Afademie der Wiſſenſchaſten eine ausführliche Nachricht von Allen Kenntniſſen, die manzur Zeit von diefen Gegenden und den daran ftoßenden Meeren hatte. Die Akademie übertrug diefe Arbeit dem Herrn de Lisle, erften Profeffor der ftronomie, einem ihrer vornehmften Mitglieder. Diefer Gelehrte entwarf eine Sand- karte, die er felbft der Kaiferinn überreichte, nebft einem fehriftlichen Auffage, worin nen er brey unterfchiedene Wege angab, die man zur See nehmen müßte, wenn die noch unbefanneen Sftfichen Gegenden von Kamefchatfa entdecke werden follten, Dem zu Folge machte man alle benoͤthigte Anſtalten, ſich dieſe Expedition aufs beſte zu Nutze zu machen. Die Akademie befam Befehl, einen Profeffor aus ihrem Mittel zu erwaͤhlen, welcher ven Hauptmann Beering begleiten foßre, in der Abficht, durch —— eob⸗ 3) Man wird von allen dieſen kleinen Unter⸗ + Samml. ruſſiſch. Geſch. ZIL Band a, d. 109 nehmungen in der Geſchichte des Landes ſelbſt u. ff. S. umſtaͤndliche Nachricht geben. Algen, Beiſebeſchr. AR Band. $ u Reiſe nach Kamtſchatka xinleitumg. Beobachtungen, die Lage derer neuen Laͤnder, die etwa entdecket werden moͤchten, zu be⸗ — ⸗⸗ ſtimmen, und die Naturhiſtorie mit allem, was man vielleicht an Thieren, Pflanzen, Mineralien ıc. Merkwuͤrdiges oder Seltenes finden würde, zu bereichern. Zwey Mite, glieder der Akademie , Herr Gmelin, ein deutſcher Arzt und Profeffor der Kraͤuterkun⸗ de, und Herr de Lisle de In Croyere, zweyter Profeffor der Aſtronomie, erbothen fich frey- willig zu diefer Reife, und wurden vom Senate dazu angenommen. Einige Zeit her— nach erboth ſich Herr Möller, Mitglied dev Akademie, der ſich auf die Naturhiſtorie ges leget hatte, und ein gufer Beobachter war, diefelben zu begleiten, und die Hiſtorie der $änder, Durch die man reifen würde, auch Die Keife ſelbſt, zu befchreiben ; und auch die fer ward angenommen. Die afademifihe Kjarwane volltändig zu machen, vermehrete man felbige noch mit fechs Studenten , einem Dolmerfcher, fünf Feldinsffern , und einem Inſtrumenten— macher, insgefammt Ruſſen, nebſt einem Mater und einem Zeichenmeifter, welche Deut⸗ fihe waren. Als bemeldete Studenten am Geburtstage der Kaiferiun (3 Febr: 1733) das auf der Newa angeſtellete Feuerwerk anzufehen, mit einander ausgegangen waren, wurde einer von ihnen durch einen herabfallenden Rachetenſtock getoͤdtet. Am folgenden 27ſten April, dem Tage vor dem Krönungsfefte der Kaiferinn, war der Inſtrumenten⸗ macher Abends in einem Wirthshauſe, wo er fih mit Singen erfuftigee. Ein Soldat, der dort im Quartiere lag, putzete feine Flinte auf den felgenden Tag, und das. Singen. diefes Mannes wurde ihm befchwerlich. Er beftagere fich darüber gegen ibn; und alsı diefer nicht aufhören wollte, fo bedrohete er ihn etliche Male, ihn zu erſchießen. Jenerz weil er ſich nicht vorſtellen Fonnte, daß der Soldat es thun würde, fang immer fork- Der Soldat. wurde ungeduldig, lud feine Flinte, und ſchoß ihn auf dem Plage todt⸗ Die Stelle dieſes Kuͤnſtlers wurde durch einen Lehrburſchen derſelben Kunſt erſetzet. End⸗ lich, nicht lange hernach, ſtarb einer von den fuͤnf Feldmeſſern, und der geſchickteſte un⸗ ter ihnen, an einer hitzigen Krankheit. Die Reiſegeſellſchaft beſtund alſo nur noch aus dreyen Mitgliedern der Akademie, aus fuͤnf Studenten, naͤmlich dem Herrn Steph · Rrafcheninnitow, der nach der Zeit Profeffor bey der Afademie wurde, und. dem Herren Feodor Popow,. Aleris Borlanow, Lucas Iwanow, Aleris Trets jaEow;, ferner dem Heren Ilia Jachout ow, Dolmetſcher ʒ den vier Feldmeſſern naͤmlich den Herren Andr. Kraffilnikow, Moſes Uſchakow, Nikifor Tſchakin und Alex ander Iwanow, dem jungen Inſtrumentenmacher, Steph. Owsſannikow dem Dialer, Herrn Joh. Chriſtian Berkhan, und dem Zeichenmeiſter, Herrn Jobr pilh. Luͤrſenius. Endlich wurden den akademiſchen Mitgliedern. auch zwoͤlf Solda⸗ ten, nebſt einem Corporale und einem Trommelſchlaͤger, mitgegeben. Man hatte bey dieſer wichtigen Reiſe mehr als einen Endzweck: nicht allein nach Kamtſchatka zu reiſen, die noͤthigen Beobachtungen allda anzuſtellen, und von dort aus uͤberall hin zu gehen, wo vielerley genauer. erkannt und unterſuchet werden: ſollte fondern auch faſt ganz Sibirien zu durchreifen, die Topographie Diefes Landes, deffen Eigenfehaften,, mancherley Voͤlker 2, wichtig zu Fennen, Daher wurde die Expedition— unter die Seeofficirer. und. die drey- Afademiften vertheilet. Spangenberg war fihon: ün. Februar. 1733; vorausgegangen.s ber Seehauptmann Beeringg ,, der: zum oberften: Befehls 5). Mau hat: von-diefem:; gelehrten Profeſſor vortreffliche Schriften, die er noch vor ſeiner Reife nach Si⸗ Kirien.anfgefeßset. hatte, und welthe ſich unter den. Schriften. ber: Akademie von Metersburg befinden. durch Sibirien. A* Befehlshaber ernennet worden war, gieng, nebſt etlichen unter ihm ſtehenden Officieren, Einleitung. am ıgren März ab, und die Afademiften traten im Auguſt die Reiſe zu Sande an. EEE Diefe Reife der drey Afademiften in Sibirien ift es, von der wir bier das Tage: buch beybringen, fo wie es von dem Herrn Gmelin, bey feiner Wiederfimft in fein Vaterland, in Deutfehland bekannt geniacht worden ift, Ob nun wohl folche Beſchrei⸗ dung eigentlich zu den Reifen zu Sande gehörer, die hier noch nicht unfer Werk find, im— maßen ein einziger von den Akademiften bis in das Sand, welches das Ziel ihrer Erpedi- tion war, gekommen ift: fo dünfere es ung doch, daß die Erzählung ihrer Reifen bis nach Jakutks, am aͤußerſten Ende Sibiriens, von ber Hiftorie von Kamtſchatka unzertrennlich waͤre, und vor dieſer vorhergehen muͤßte. 5 „Man wird felten (ſpricht Herr Muͤller) ein Beyfpiel von einer fo beſchwerlichen „und langen Reife finden , welche von allen, die dabey waren, mit mebrerem Muthe „und Zufriedenheit unterno mmen worden wäre. Es fprach einer dem andern einen Muth zuz man vernachläßigee nichts von allem, fondern man nahm alles forgfättigft in Acht, „Was nur irgend ein wenig zum anbefohlenen Endzwecke benzutragen fehien.,, „Here Gmelin giebt in der Vorrede zu feiner Flora Sibirica feinen Reiſegefaͤhrten vaffelbe Zeug⸗ ni Wir muͤſſen demnach zuvoͤrderſt diejenigen Perſonen mehr bekannt machen, die fo vernünftig, und einer fo ſeltenen Eintracht fähig waren, wiewohl dieſelbe zum guren Erfolge ſolcher Unternehmungen allerdings hoͤchſt noͤthig iſt. Joh. Georg Gmelin, geboren zu Tübingen im Jahre 1709, war Doctor der Arzneykunſt , und trieb ſelbige in feinem Vaterlande, als er im Jahre 1727 nad) Peters burg berufen, und ihm eine Stelle in der Afademie gegeben wurde. Im „Jahre 1730 Ward er Profeſſor der Chymie und der Naturgeſchichte. Nachdem er aus Sibirien zu: ruckgekommen, umd wieder wier Jahre zu Perersburg geleber hatte, fo gefiel es ibn, in fein Vaterland zurück zu fehren; er begab ſich 1747 nach Tübingen, und ftarb allda 1755, als Profeffor der Kräuterfimde, und der Chymie. „Sein Tod, (fpriche Herr » Müller, mir welchem er in genauer Freundſchaft lebete), war ein wahrer Verluſt für die Wiffenfchaften: denn er hatte noch lange nicht feine fo zahlreichen als fonderbaren Ber - obachtungen, die er in Sibirien angefteller hatte, ins Reine gebracht 5)- » { » Berbard Friedrich Wüller, ein Preuße von Geburt, war ebenfalls Profeffor der tuffifch-Eaiferlichen Akademie. Er hatte vor feiner Reife nach Sibirien etliche deut ſche Driginalfchriften , die Gefchichte Rußlands, Sibiriens und der Tartarey bes treffend, herausgegeben. Bey diefer Unternehmung befam er den hiftorifchen Theil, nämlich die Unterfuchungen des Urfprunges, der Stiftung und der Öefchichte derer Städte, die uns in dem Tagebuche befannt gemacht werden. So viel man weis, hat er fih in fein Vaterland zuruͤck begeben *), Louis de Lisle de Is Croyere,ein jüngerer Bruder des berühmten’ Erdbefchrei- bers, Wilhelm de Liste, war der zweyte Profeflor der Aſtronomie bey der ruſſ ifch = Eaifer« lichen Afademie. Er wor beftallter Abjunetus feines andern Bruders, Herrn Nic. de Liste, erſten Aſtronomi des Reiches, der jego Dechant der Eöniglich-franzöfifchen Afas demie der Wiffenfhaften, und erfter Aftronomus bey dem Seeweſen iſt · Man findet weiter unten, in der Hiſtorie von Kamtſchatka, die umftändliche Befchreibung feiner 82 befon- *) Man irret ſichz er lebet noch jetzo als ruſſiſch⸗ Eniferlicher Geſchichtsſchreiber, Profeſſor und Se— eretaͤr der Eniferlichen Akademie der Wiſſenſchaften, zu St. Petersburg. ——— Reiſe nach Kamtſchatka Zinleitung. beſondern Reifen, und zugleich die traurige Begebenheit, die denfelben, und feinem geben — — zugleich, ein Ende gemachet haben. Jetzt benannte drey Akademiſten Famen ‚gegen das Ende des Jahres 1733 in Si⸗ pirien an. Sie trafen im Jaͤnner 1734 den Seehauptmann Beering zu Lobolf k an. Mac) vielem Hin- und Herreiſen in dieſem Sande, „zum großen Nusen der Erbber „ſchreibung und der Naturhiftorie, „„ wie Herr Muͤller faget, verließ Here de Is Croye⸗ Te in demfelben 1734 Jahre feine beyden Kollegen, und begleitete den, Seehauptmann Tſchirikow bis an die Mündung des Fluſſes Ilim. Auda fonderte er fi) von ihm ab, gieng nad) Irkutzk, und von dar durch den See Baikal nad) Selinginsf, nach Nerſtſchinsk, und auf den Fluß Argun. Die Heron Gmelin und Möller begaben fich auf dem Fluſſe Irtiſch zu Schiffe, und giengen hinauf bis nach Uſt⸗ Kamenogorskaja⸗Krepoſt. Sie durchzogen die Gegenden an dieſem Fluſſe, fonts derlich, die am weiteften gegen Often liegen, bis nach dem Öbi, und an die Graͤnzen der Ralmucken, und famen bis nach Irkutzk. Von Irkutzk begaben fie ſich in die Gegenden an der andern Seitedes Sees Baikal, und brachten den ganzen Sommer des 1735 Jahres mit Durchwanderung derfelben zu. Im Fruͤhjahre 1736 Famen die drey Akademiften in der Nachbarfchaft des obern Lena wieder zufammen. Herr de la Croye⸗ ve ſchiffete dieſen Fluß, ohne ſich aufzuhalten, bis nach Jakutzk hinab. Die Her— ren Bmelin und Wuͤller thaten ein gleiches, aber langſamer, damit ſie ihre Beob⸗ achtungen im Sande anftellen Fönnten, In der Zeit ihres Aufenthaltes zu Jakutzk, wo fie gegen das Ende des 1736 Jahres anfamen, entftund eine Feuersbrunft, bey wel— cher. Here Gmelin die ganze Sammlung feiner auf der Reife gemachten Anmerfungen einbüßete 6). Diefer widrige Zufall bewog ihn, nochmals den Lena hinauf zu fehiffen. - Diefes that er im Sommer, des Jahres 17375 da unterdeffen Herr de Is Croyere auf demfelben Fluſſe hinab fuhr. Die fehlechten Gefundheirsumftände des Herrn Müllers bewogen ihn, nicht von dem Herrn Ömelin abzugeben, damit er Benftand von ihm haben möchte. Er gieng auch nicht nach Jakutzk zuruͤck. Nach einem erhaltenen Befehle von dem Senate durfee er auch nicht bis nach Kamtſchatka reifen, fondern er mußte die Gegenden in St- birien durchziehen, wo er damals noch nicht geweſen, oder Doch nur eilfertig durchge reiſet warz damit nichts an der Befchreibung des fandes ermangeln. möchte. Herr Gmelin fuchte bald bernach auch um feine Zuruͤckberufung an, und erhielt fie ebenfalls. Weil fie nun beyde nicht weiter, als bis Jakutzk, gefommen waren, fo durchreiferen fie sur Sibirien, und diefes faft in feiner ganzen Erſtreckung. Damit die beyden Profefforen den Zweck ihrer Sendung erfülleten , welcher nun. mehr nur das Innere von Sibirien war, fo beſucheten fie im 1738 Jahre, die Land— fehaften an den Flüffen Angers und Tunguska. Sie vollbrachten das ganze folgen de, auch das 1740 Jahr, mit Reiſen an den Ufern des Tfenifei oder Jeniſea, damit fie zuerft das Sand, wodurch er vom Sıften bis söften Grade der Breite fleußt, fodann aber die Ländereyen zwifihen bemeldetem Fluffe und dem Oby Fennen lernen möchten: Nachdem fie bis an den Jeniſea gekommen waren, fo bemerkte Herr Gmelin, wie er | ’ faget, © „Am meiften, fpricht Herr Möller, waren „gehenden Sommer (1736) und auf dem Fluſſe „die jenigen zu bedauren , welche ex in dem vorher: „Xena gemachet hatte, deilen verfcjiedeng Gegen ns „don durch Sipirien. GE ſaget, daß er fich in Afien befand. Bis dorrbin hatte er noch Feine Thiere, Pflanzen, Einleitung. noch Überhaupt Naturgeſchoͤpfe, die von den europäifchen fehr unterfchieden gewefen nd "v9 een, angetroffen: aber nunmehr fihien es ihm nicht anders, als befäme die ganze Na: tur eine andere Geftalt. Im Jahre 1741 begaben ſich die befagten Akademiſten, in die weiten: Fluren der Barabintzki und des Iſchim. Sie fahen im Jahre 1742 einen großen Theil der Gegenden am fer, bis an den Jaik, im Diſtriete von Aſtracau, und alle Erzgebirge 7) allda. Im Yusgange des 1742 Jahres, verließen fie Sis birien, wo fie neun Jahre lang gewefen waren, und Famen in der Mitte des Hornungs 1743 nach Petersburg zuruͤck. - Herr Gmelin giebt uns in der Vorrede zu feiner Flora Sibirica einen Begriff vorm der Art, wie fie reiferen. Sie vernachläßigten feinen Theil der Naturgeſchichte: fie ver ließen fich nur mit der größten Behutſamkeit auf anderer Seute Erzählungen, und woll- ten faſt alles mit eigenen Augen fehen. Sic) die Arbeit auf diefer befihwerlichen und langen Reife zu erleichtern, hatten fie fehr eifrige Boraniften; einen im Bergweſen fehr erfahrenen Mann ; imgleichen Jäger, welche ihnen die Thiere auffuchen balfen. Ueber: dieß ſtellte der Maler, Herr Berkhan, welcher viel natürliches Gefchic zur Hiſtorie der Matur befaß, auch für feine Perfon Unterfuchungen an, und machte fehr richtige Der fhreibungen. Ex befaß einen unermüdeten Fleiß, und dabey ein fehr fanftes Wefen ; daher er auch, bald nach ihrer Rückkunft, zum Mitgliede der Akademie aufgenommen wurde. Diefer Mann und fein Gebülfe, (Herr Luͤrſenius,) ungeachtet alfer Reife- firapazen , die fie täglich hatten, brachten alles, was ihnen aufgetragen wurde, gefchwind zu Stande; und oft, wenn fie mit der Zeichnung einer Pflanze befchäfftiget waren, ar beiteren fie fpäc in die Nacht daran, und ließen nicht ab, bis fie damit fertig waren, aus Beſorgniß, fie möchte des Morgens nicht mehr frifch genug ſeyn, ober auch, wo⸗ een fie etwa hernach eine andere Pflanze abzeichnen müßten, mit welcher es wieder eben fü eilfertig feyn Eönnee. Herr Gmelin hatte auch reitende Bothen, die überall alles aus- Eundfchafteten, und ihm alles, was fie aus den dreyen Maturreichen fonderbares finden Fonnten, überbrachten. Die Faiferliche Akademie hatte ihm im Jahre 1738 einen vOr« treffl ichen Mitarbeiter zugefandt, nämlich den Herrn Georg Wilhelm Seeller, Ad« junctus dieſer geleheten Gefellfchaft; einen Mann, der, wie Herr Gmelin ſaget, zur Naturhiſtorie recht wie gebohren war, und welcher am Ende deſſelben Jahres, zu Je⸗ niſca zu dieſen beyden Akademiſten Fam. Im Jahre 1740 bekamen fie ned den Herrn Alexander Wilhelm Martinius, welcher ihre Beobachtungen abſchreiben mußte. Dieſer neue Geſellſchafter, ebenfalls eine ſehr verſtaͤndige Perſon, war dem Heren Gmeiin in feinen botaniſchen Unterſuchungen ungemein fehr behuͤlflich. Sie hatten feiteiniger Zeit den Herrn Kraſcheninnikow nicht.bey fich. Als Die drey Pro- feſſoren, weiche ſich im Jahre 1737 zu Jakutzk beyſammen befanden, vermerkten, theils was für Hinderniſſe ihnen für dießmal nicht erlaubeten, nad) Kamtſchatka zu gehen, rheils auch, wie es nöchig war, die in Sibirien ‚angefangenen Unterfuchungen forezufeßen : fo entſchloſſen fe ſich mit Genehmbaltung der Kaiferinn, dieſen geſchickten Studenten dahin zu ſchicken. Es wurde dem Heren Kraſcheninnikow aufgetragen, RK 3 allda „den er bis zum 62 Grade befchrieben hatte. Won 7) Omnem traum metallieum, Praf, Flo- »der andern haste ſchon Abichriften nah Pe: ra Sibir. tersburg gefchicket., Kinilei 78 Reife nach Kamtſchatka tung. ‚allda eine bequeme Wohnung für die Keifegefeltfchafter, auch einen Gewaͤchskeller für die — Pflanzen des Landes, anlegen zu laſſen, die meteorologiſchen Beobachtungen, inſonder⸗ heit über die Ebbe und Fluth anzufangen; fcharkalen erfahren Eiunte, genau aufzuſchreiben, es moͤchte ihm folches aus öffentlichen und alles, was er von der Nation der Kamt⸗ Monumenten, oder auch nur durch die Erzählung der Einwohner befannt werben 8)- Alles diefes wurde mie der größten Klugheit ausgerichtet. So bald die Herren Müller une Gmelin nicht mehr nörbig hatten, nach Kamt⸗ ſchatka zu gehen, fo Tießen fie es ihre einzige Befehäfftigung ſeyn, auf ihren Zügen durch Sibirien ſich alle mögliche Kenntniſſe zu erwerben, Weil Herr Gmelin bie nie dern Gegenden des Oby, den Difteict Verchoturien, und die benachbarten Gebirge nicht Hatte beſuchen Fönnen, fo that Herr Müller ſolches. Dieſe zween Profefforen maren bis zum Sabre 1740 faft ſtets beyſammen geweſen 9). Aber jetzo, da fie erwogen/ wie viele Gegenden Sibiriens fie noch zu durchwandern hätten, auch, wie lange Zeit Dazu erfordert wuͤrde, verabredeten fie fich: jeglicher feine Reife befonders anzuftellen, da⸗ mit faft Feine einzige Stelle bliebe, die nicht wenigftens einer von ihnen befehen harte Sie waren dermaßen gute Freunde, ſpricht Herr Bmelin in feiner angeführten Vorrede, daß fie ſich wie um die Werte beſtrebeten, einander Erleichterung zu verfihaffen, und ein jeder, außer feiner eigenen Arbeit, des andern feine mit Vergnügen über fich nahm. Diefem Enefchluffe zu Folge, begab fich Here Muͤller in die Gegenden des Niever-Dby, der Iſet, in die Landſchaft Verchoterie und ins Gebirge, wo er alles, was er an Pflan⸗ zen, Minerälien, vierfüßigen Thieren, Vögeln und feltenen oder befondern Fifchen auf greiben fonnte, zufammenbrachte. Als er wieder zu dem Herrn Gmelin Fam, fo übergab er ihm alles, nebft den Abzeichnungen davon, gab ihm auch genaue Nachrichten von denen Hertern, ja felbft von denen Tagen, an welchen ein jeglichesgefunden worden war. Her Steller, welcher ſowohl um feiner perfönlichen Borzüge willen, als wegen derer Beobachtungen, die man ihm zu danken hat, ebenfalls werth if, Hier befannter gemacht zu werden, war aus Winsheim in Franken gebürtig, und Mitglied der kaiſer⸗ lichen Akademie. Herr Gmelin machet ung eine ſehr fehöne Abfhilderung von ihm Es war ein Mann von guter Leibesconſtitution, fehr arbeitfam, und welcher fähig war, allen Verdruß und alle Strapazen der befchwerlichften Reifen auszuftehen. Er nahm alles über ſich, ſchlug nichts ab, begehrte fogar nur die ſchwerſten Werrichtungen, und achtere alle Lüfte und Bequemlichkeiren des Lebens fir nichts 10), Er war gelind und. geduldig, wie es ein Naturforfcher feyn muß, welcher lernen will, und bierzu allerien Arten von Menfchen noͤthig hat, auch ftärfer, und zu allen Strapajen abgehärteter, als irgend ein Matrofe feyn kann, und überdieh ſehr munter und gefimd. Er erberh ſich freywillig, die Reiſe nach Kamtſchatka zu thun; und in der That ſchickete ſich kein Menſch beſſer zu einer ſolchen Reiſe. Man ſchickte ihn im Jahre 1739 dahin ab; und ſchon in demfelben Jahre beſtaͤtigte er die Hoffnung, die man ſich von ihm gemachet Hatte, durch die vielen Beobachtungen, welche er in der Gegend von Irkutzk anſtel⸗ Sett, v9) Er gab in wuffifcher Sprache eine Beſchrei⸗ I) Ju eben biefem 1749 Jahre begab ſich Hat bang von Ramtfchatka heraus, welche ins Eng: de Lisle, erfter Profeffor der Faiferlichen Akade⸗ liſche aͤberſetzet worden ift. Man findet fie unten, mie, nach Sibirien, ben Durchgang des Mer nad) dem Tagebuche des Herrn Gmelin. curius durd) die Sonne alda zu beobachten. I ee durch Sibirien. — ste, mo er cine eben ſo reiche Aernde, als am See Baikal und am Hufe Bargußn Einleitung. zu halten fand, Im Jahre 1740 kain er in Kamtſchatka an. Die zwey folgenden: Jahre brachte er beftändig mit den Seeleuten allda zu, Als er von Irkutzk nach amtſchacka reiſete, fo beobachtere er die Pflanzen an den: Ufern des Lena , und bie- jenigen, welche Herr Gmelin allda gefammler hatte, nebft vielen. andern, die er zwi— ſchen kunt und dem Haven zu Ohkota ſammlete. Er bereicherte auch. die Natur⸗ hiſtorle von Kamtſchatka mit einer großen Menge Beſchreibungen, ſowohl der 6er wächfe, als Fiſche und Thiere im Meere, als auch der Seltenheiten, welche die Ramt⸗ ſchatkalen und America betrafen. Auf feiner Kückreife durch Sibirien ſtellete er noch biele wichtige Beobachtungen über diejenigen an, welche die Profefforen alldagemachetbatten.. Er gab fich kaum die Zeit, Athem zu holen, fprieht Herr Bmelin, und war ein Muſter eines guten Becbachters. Er kam nicht wieder nach Petersburg, ſondern ſtarb ungluͤcklicher Weiſe Unteriwegens. Herr Muͤller ergahlet folgende Umſtaͤnde von feiner Ruͤckreiſe 11). „Vey ſei⸗ „ner Zuruͤckkunft aus Kamtſchatka mifchere er ſich unbedachtſamer Weiſe und ohne Noth, „obgleich aus der beſten Meynung, in Sachen, die nicht für ihn gehoͤreten. Diefes zug ihm »Berdrüßlichkeiten bey der Regierungskanzelley in Irkutzk zu, welche darüber an den diri⸗ „girenden Senat zu Petersburg Bericht erftattete. Inʒwiſchen rechtfertigte er ſich „darüber zur Irkutzk fo gut, daß der Statthalter ihn feine Reife ſortſetzen hieß. Weil „aber die Nachricht von feiner Reiſe nach Tobolsk in Petersburg eher ankam, als der Bericht, daß er ſich zu. Irkutzk gerechtfertiget hatte, fo befahl der Senat durch eis „nen dahin abgefertigten Eurier, daß er nad) Irkutʒk zuruͤckgebracht werden follte. Als aber bald hernach die Briefe der Kanzelley von Irkutzk in Petersburg.anfa-- „men, fü fertigte der Senat einen zweyten Eurier ab, durch welchen der erfte Befehl wis „derrufen wurde Der erfte: Curier traf den Herrn Steller zu Solitamst an, und „noͤthigte ihn, nach Tura zurück zu reifen. Bald hernach Fam der zweyte Eurier- „an. Herr Steller trat ohne Warzug den Weg nad) Petersburg durd) Tobolst an: „allein, er Fam nicht weiter , als nach Tumen, wo er in ein hitziges Fieber verfiel, an: welchem er am zehnten Tage, den ızten Mov. 1756, in. einem Alter von fieben und „vierzig Fahren und ſieben Monaten ſtarb, immaßen er am ıoten März 1709 gebob: „ten war 12). Siberien oder Sibirien, wie die Herren Gmelin und Muͤller diefes Sand, i nad) der Bedeutung des Wortes nennen, hat feinen Nomen von Sibir , einem Fluſſe, der unterhalb der Statt Tobolsk, fich in den Strom Irtis der Irtiſch ergeußt 13)) Diefer große Theil des ruſſiſchen Reiches erftrecfer ſich von Weſten nach) Dften, und‘ zwar von den Gebirge des Diftrietes Verchoture oder Verchoturie an, bis an das Meer von Kamtſchatka, und mehält, der Breite nach, alle Länder dießeits des Eis⸗ meeres, bis an die Graͤnzen der Tatarn oder tatariſchen und monguliſchen Ral⸗ mucken, und bis nach China, Es wird dieſes Sand in zween Theile eingetheilet. Das: weftliche Sibirien, dieffeirs des Oby, Liege in Europa, und. Tobolsk, iſt die — ade 0) Commodorum et deliciarum. hujus vite. habitudo ipfi\ erat' = natura data, illam- ipſam Sontemptor ſtrenuus. ultimam- Jaureamn mereri- voluiffet ,, feßet: Here: 11) Reifen und: Entdeckungen der Rufen, ITh: Gmelin: hinzu. \ ©. 335, = 39). Sibir bedentet; wie andere ſagen, milters: 2) Quaſi ardore & fiti,., quibus perferendis: naͤchtiges Land. 83 Reife nach Kamtſchatka Einleitung, ſtadt Sarinnen. Der öftfiche Theil, der fich jenfeits des Oby am weiteſten erſtrecket, ge nn Bmelins Reife, 173 3 —ꝰ⸗ꝰ; Abreiſe von Petersburg. hoͤret zu Aſien. Sibirien und die Tatarey, waren bey den Alten unter dem weit— fehmeifigen und allgemeinen Namen Alia extra Taurum bekannt. Es war das Vater⸗ fand derjenigen Scythen, die, wie Juſtinus 14) fpriche, vielleicht älter, als ſelbſt die Aegypter waren; und vermuthlich ift Kamtſchatka eben daffelbe Sand, welches das unbekannte Scythien ı5) hieß. Es famen auch aus Sibirien die Aunnen, und die meiften barbarifchen Völker, die, nad) dem Untergange des roͤmiſchen Reiches, welches von der Vorſehung, gleich einem unermeßlihen Damme, ben übrigen Wölfern entgegen gefeßet gewefen war, das ganze Europa wie ein ausgetretener veißender Strom uͤberſchwemmeten und ihm ein ganz anders Anfehen gaben. Sibirien wurde im Jahre 1563 entdecket, und 1595 von den Ruffen unter ſich gebracht. Diefe Furzen Begriffe müffen binlänglich feyn, den Leſer in den Stand zu fegen, mie dem Heren Gmelin zu reifen. Wir wenden ung alfo zu feinem Tagebuche. Auszug - aus dem Tagebuche über die in Sibirien vom Jahre 1733 Bis 1743 angeftellete Reife. er Sy zten Julius 1733 hatten die afademifchen Neifegefellfchafter die Ehre, bey Ihrer Majeftät der Keiferinn, indem fie ihre Abfchiedsaudienz befamen, zum Handkuſſe gelaffen zumwerden; und Tages hernach haften fie diefelbe bey der Faiferlichen Familie. } Sie mußten etliche Tage warten, ehe die ihnen verfprochenen Pferde ankamen. Sie hatten geberhen, daß man fie möchte zu Lande abreifen laffen, und der Senat hatte ihnen alle mögliche Verſicherungen deswegen gegeben , aber die gemachten Anftalten wur⸗ den geändert. Sie befamen ein Fahrzeug, welches fie bis nach Bronnitz führen fell: te. Diefes Fahrzeug. fihien ihnen wider Wind und Wetter fehr fehlecht verwahret zu feyn: fie thaten daher neue Vorftellungen. Weil der Hof: nicht mehr gegenwärtig mar, fo befamen nur die drey Profefforen Erlaubniß, zu Sande zu reifen, und einen Feldmeſ⸗ fer, den- Maler, den Dolmerfcher, nebft vier Soldaten mit fih zu nehmen. br übriges Gefolg mußte zu Waffer abgehen, und das Fahrzeug gieng am zten Auguft, Nachmittags um ı Uhr ab. Sie mußten die Neva hinauf fahren, in den Canal von Ladoga, und dann in die Wolchow, bis nach Novogrod geben. Der Befehl über diefen Trupp ward dem Zeichenmeifter Herrn Lürfenius aufgetragen, weil man ipn für den Geſchickteſten dazu hielt, Die Abreife der Afademiften verzog fich bis zum gten Auguft 1733. Sie fuhren Abends um 5 Uhr aus Petersburg, und Famen, unter einem ftarfen und unaufhoͤrli⸗ chen Regen, nach Mitternacht, um halb ein Uhr zu Iſchora, an der YTiva an. All⸗ da 14). Sm II Bud ı Cap. ſchneidende Werkzeuge von Kupfer, aber Eein ein 15) Die fibirifehen Alterthuͤmer muͤſſen die ziges eifernes befand. Diefes beweift, daß dort, Geſchichte der alten Scythen einigermaßen auf: gleichwie in Griechenland und amderwäres, das klaͤren. An dem Urſprunge des Jenifei hat man Kupfer eher, als das Eijen, und lange Zeir al ſehr alte Gräber gefunden, worinnen fich allerley Statt diejes Tester Zebrauchet worden iR, durch Sibirien. J— da mußten fie die Thuͤre eines Wirthshauſes durch ihre Soldaten aufſchlagen laſſen, und — " Juetie. Anden darinnen, anftaft aller $ebensmitrel, nichts als Waffer, Am 'gten fußren fie aus diefer elenden Herberge früb um fechs Uhr ab, und langeten zu Mittage, unter einem eben ſo heftigen Regen, wie des vorigen Tages, in dem Flecken Sablini, in ver Nacht um ır Uhr aber indem Flecken Tosna an. Am roten begaben fie fich früh um g Uhr wieder auf die Reife. Unterweges woll- fe man fie bereden, es wäre eine Bande Straßenraͤuber in derfelben Nachbarſchaft. Sie machten alle Anftalten zur Gegenwehre; aber es tiefen fich Feine Räuber fehen, un® fie kamen glücklich bis in das Dorf Lubani, von dar fie früh um vier Uhr wieder. abgiengen, | Am en erreicheren fie den Flecken Tſchudowa, fuhren vollends bis zu dem Dorfe gleiches Namens, und fegten auf foldhem Wege zweymal über den Fluß Keres. ey diefer Ausfpannung mußten fie des Nachts in ihrem Wagen fehlafen, weil in der Herberge eine ſchreckliche Menge Wanzen und Tarakanen 16) waren. Am folgenden Tage, frühe um fünf Uhr, reiferen fie, bey üben Himmel, wieder fort, und mußten in einer Weite von ungefähr einer und einer halben Werft, wieder dreymal über den Fluß Keres fegen. Sie kamen am felbigen Morgen zu Nowaja Priftan an. Ihre aftronomifchen Inſtrumente litten, wegen des heftigen und fleten Ruͤttelns der Wagen in böfen Wegen, fehr viel. Herr Gmelin machte fich die Lang— famfeie der Reife dadurch zu Nutze, daß er Kräuter auſſuchete. 1.733» — — ‚Zu Nowaja Priſtan machten fie ſogleich Anſtalt, auf der Wolchow nach Novo⸗ Einſchiffung grod zu gehen. Sie erfieferen eines der beſten Fahrzeuge mit plattem Boden, weil auf die Wol⸗ auf diefem Fluſſe viele Untiefen giebt. Die Akademiften ließen ihre Wagen und In— Mumente darauf bringen, und führen Nachmittags um zwey Uhr, bey fehönem Wetter, aber mie widrigem Winde, ab. Weil fie den Strom hinauf fahren mußten, und das ahrzeug langſam gezogen wurde, ſo kamen ſie erſt am dritten Tage, gegen Mittag, in das Kloſter St, Anton, ein wenig unterhalb LTovogrod, gegenüber. 08. „ Weil die Afademiften diefes Klofter gern befehen wollten, fo ließen fie ſich hinuͤber Kloſter St. feßen. Man führere fie zuerftin die Kirche, und zeigete ihnen unter andern den Mühl: Anton. fein, auf dem der heilige Antonius von Rom nach Novogrod gereifer feyn follte; wie auch das Grab diefes Heiligen. Sie verlangeren den Leichnam zu fehen: aber man gab Übnen zur Antwort, daß ihn niemand, als der Erzbifchof und der Archimandrit, aufde- cken dürfte, Der erfte war in Petersburg; und der andere ließ fagen, daß er niemand vor fich ließe, | Nachdem fie bemeldetes Kloſter verfaffen hatten, fo nahmen fie den Weg nach der Weliki Nor Stadt, und kamen in Zeit von zwoen Stunden zu LVelikisYTovogrod.an, wo fiefür vogrod. gut befanden, ſich aufzuhalten, damit fie von ihrem Gefolge, weldes zu Wafler nach- kam, Nachricht erhalten möchten, ſi hrem Gefolge, welch Am 16) Eine Art Kaͤfer, welche griſch (im V Th. Sinnen zu den Ruſſen gekommen. Es zieht ſich von den Inſecten N. 3, die große Stubenfcha- wirklich immer weiter gegen Morgen; woraus ſich be, und den fhwarzen Mehlkaͤfer ngennet; mel: muthmaßen läßt, daß der Namen Taraken, wos Gen aber Linnaͤus den Namenlatta in ſeinem Sy, mit man es in Nußland- beleget, aus der Finni— at. laͤßt. Vermuthlich ift diefes Inſect, von den fehen Sprache herkomme ˖ Allgem. Reifebefehr, XIX Band, $ Gmelins Reife, 173 3+ — — Kloſter St. Georg. Der See Ilmen. Muͤndung des Mſta. 82 E Reife nach Kamtſchatka Am folgenden Tage, Nachmittags, ließen fie fi in das Klofter St, Geörg, das am Ufer diefes Fluffes liege, führen. Der Superior nahm fie freundlich auf, fegete ihnen Aepfel, abgezogen Woffer, Bier und Meth vor, Die Zellen der dafigen Mit che find fehr erige, Oben auf dem Kiofter ift ein Speifefaal, wo ftets eine gedeckte Tas _ fel bereitet ſteht. Ein jeder ie fo oft, und fo viel, als er will. Die Speifen beftehen in Gurfen, Rüben, Kohle zc.; aber.es ift feinen einzigen Tag im Fahre erlaube, Fleiſch noch Milchwerk zu effen. Der bemeldete Speifefaal, ift ziemlich groß, aber dunfelz es wird auch Meffe darinnen gelefen, In einer Stube darneben befanden fich etwa zwan—⸗ zig Raben, deren Arbeit ift, die Mönchszellen und das Eß- und Trinkgeſchirr reine zu halten: diefe eſſen, was die Mönche übrig laffen. ‚Den ı6ten Aug. brachte Hear Gmelin mit Kräurerfüchen zu; immaßen die Wäl- der und Fluren um Novogrod einem Kräuterfundigen genug zu thun geben, Am ızten befahen die Afademiften die Hauptkirche. Unter andern Merkwuͤrdigkei⸗ ten wies man ihnen eine aus einem befondern gelben Metalle gearbeitete Kirchthuͤre mit ziveenen Flügeln, welche vor alten Zeiten aus Corſun dahin gebracht worden war, Denfelben Tag, Abends, befam die Keifegefellfchaft Nachricht, daß das Fahr: zeug mit ihren Inſtrumenten und ihrem Gefolge bis nad) FTovsja Priften gefommen war, Weil man zu Bronnitzʒ einige Beobachtungen anftellen wollte, fo entfchloß man ſich, eiligft dahin abzufahren, damit man fogleich, nach der Ankunft des Fahrzeuges, die Sandreife forefegen koͤnnte. Die Geſellſchaft gieng alfo am igten, Abends um ſechs Uhr, zu Waffer von Novogrod ab; Fonnte aber felbigen Tages nicht weiter, als bis zum Klofter St. Georg, kommen. Man ließ den Maler, Herin Berkhan, zu No— vogrod, damit er den Örundriß Diefer Stadt zu Stande brächte, Am ı9ten giengen unfere Reifenden über den Fluß Ilmen, famen in kurzer Zeit bey der Mündung der Mſta an, und liefen hinein. Sie fegelten diefen Fluß Hinauf, weil ihnen der Wind günftig war: aber das Segel war fo fihlecht beſchaffen, daß fie das Fahrzeug zugleich ziehen laffen mußten. Des Nachmittags kamen fie zu Bronnitz an, und fraten in dem Gaſthauſe ein, wo der Faiferliche Hof, auf feinen Reiſen, fich ger wöhnficher Weife aufhält, weswegen man ihm den Namen Dworerz bevgeleget bat Sie ließen fogleich den Auffeher über das Fuhrweſen, (Janiskoi Uprawitel), zu ſich kommen, zeigeten ihm die Befehle , weiche fie bey fich haften, und verfangeten Arbeits⸗ leute von ihm, Weil aber diefer Beamte nicht Folge leiften wollte, fa ſahen fie fich ge noͤthiget, neue Befehle, um die fie.bey ber Kanzelley zu Novogrod hierzu angehalten hatten, zu erwarten, Endlich Fam das Fahrzeug mit ihrem Gefolge noch felbigen Tas ges Vormittags an, und der Maler Berkhan, welcher darauf gewefen war, brachte den Befehl von Novogrod mit, worinnen dem befagten Auffeher des Fuhrweſens, oder in deſſen Abweſenheit, dem Aelteſten des Fleckens 17), auferleger wurde, Daß er der afademifchen Geſellſchaft fo viele Leute, als fie ihrer nörhig hätten, geben ſollte. Der erfte von die fer, Beamten war zu Novogrod, und es hielt hart, che der Aufſeher des Fuhrweſens fich u dazu 17) Dieſes Amt fuͤhret, fo wie in Deutſchland, die Bauern, in Abweſenheit des oberſten Befehls, mancherley Beuennungen. Es iſt ein Mann, der habers ohne Ausnahme gehorchen muͤſſen. Man von ber Gemeine der Bauern erwaͤhlet, und von nennet ihr an einigen Orten Staroſt oder den einem hoͤheren Tribunale beſtaͤtiget wird, dem Aelteſten, weil man gemeiniglich keinen jungen chuck ee Mann . durch Sibirien. | 83 dazu bequemete: endlich aber brachte er, gegen zwey Uhr Nachmittags, die erforderli- Smelins chen Leute. * Reife, Die Afademiften giengen mit ihrer Bedeckung ab, damit fie einen Berg, zwo 1733 Werfte öftlich vom Flecken gelegen, befichtigen möchten. Es war diefes ber erfte Berg, den fie aufibrer Reife zu fehen befamen; das übrige Sand, fo weit man fich alle Erſter Ber, da umfehen Eonnte, war eine bloße Ebene. Diefer Berg ift beynabe rund; die Mſta welchen fie fleuße niche weit davon, und das Sand wird vom Ufer diefes Fluffes an, bis zum Ber— aufider Br - ge, immer höher. Hundert Schritte weit von deffen oberften Spige befinder fi eine Den ei B ” ; welche wegen der Menge Steine, bie darinnen liegen, nur eine Klaftr lef iſt. Die Akademiſten wollten die Gräber, welche allda befindlich find, unterſu— hen, Sie ſahen ihrer zwey, die ſich vor den andern ausnahmen, gegen Nordoſt des Berges. Sie liefen in dem einen ziemlich tief graben, und fanden einen Leichnam, von welchem die Arbeiter verficherten , daß es der Körper eines Raͤubers wäre, der vor- nicht langer Zeit aflda eingeſcharret worden wäre. In der Tiefe einer Klafter fanden fie Kohlen. Weilaber die Nacht eingebrochen war, fo ließ man Die Arbeiter bis auf den fol- genden Tag gehen, Des Morgens erwartete man fie vergebens: denn ber Auffeder bat- te fie aus einander gehen laffen: und ungeachtet der ausdrüclichen Befehle der Kanzelley, Eonnten die Akademiſten ihre Unterfuchungen nicht weiter treiben. ? Sie mußten alfo ihre Reife fortſetzen. Hierzu forderren fie Pferde, aber es wußte Abreije zu der bemeldere Aufieher ihr Begehren durch. eine Menge Ausflüchte aufzuhalten, und ver- Sande. urfachere ihnen durch folche Weigerung viele Unkoſten. Endlich reifeten fie am 27ten Abends um fechs Uhr von Bronnitz ab. > Am zıften Abends kamen unfere Neifenden nach Krefienskoy - Jam 18). Nicht Weit von dieſem Orte fahen fie auf jeder Seite des Weges zwey Gräber auf Höhen: das zur rechten Hand war anfehnlicher, als Das andere; und unten an felbigem war eine Ver⸗ tiefung, worinnen ein Bettler wohnete. — Die Gefeltfchaft Hatte den Entſchluß gefaſſet gehabt, am iſten September mit fruͤ— eftem Morgen abzureifen: der murriſche Sinn des Commandanten zu Bronnis aber machete ihnen neuen Verdruß. Er hatte dem Staroften und dem Wuborn feinen Sinn zu verftehen gegeben, und fie macheren ihnen entſetzliche Unkoſten, indem fie geben big zwölf Pferde. mehr nehmen, und fie unglaublich heuer bezahlen mußten, Alle diefe Schwierigkeiten waren Urſache, daß fie ihren Weg erſt am afen September gegen Abend forefegen konnten. Moc in derſelben Macht trafen ſie zu, Rogwins ein. Des folgenden Tages fuhren fie durch Iſchelbiza, am Fluſſe Po lamet; und in der Nacht des 4ten Sept. langeten fie in dem Flecken Waldey an Das gefammte Sand zwifchen Dronmirz und dieſem Flecken ift bergicht. Den erften Berg ſieht man bey dem Dorfe Saitza, und der viele Koth allda machet die Wege ſchrecklich ſchwer. Die uͤbrigen Berge ſind kleiner, und die Wege beſſer. ta m fi Mann dazu erkieſet. Hier nennet man ihn Wu⸗ aus dem Orte gebürtig, und vom Bauernſtande born oder Erwaͤhlten. In manchen Dorfern ſeyn. hat maneinen Staroſt, und einen xouborn, wel: 18) Jam bedeutet einen Doftwechfel, Bier ift er unter dem erſten ſteht. Veyde müffen er ordentlicher Weiſe in einem Flecken. 84 — : Reife nach Kamtſchatka Gmelins Reife: 1733 —s — Einſchiffung nach Tiper, Am folgenden Morgen kamen ſie nach Simagow⸗Jam, welches nur drey Wer⸗ ſte von Waldey abliegt. Der Befehlshaber des Ortes wollte es, wie der zu Bron⸗ nitz machen: man bedrohete ihn aber, daß man ſich bey Hofe beſchweren wollte, Sie giengen noch felbigen Abend von bemeldetem Orte wieder ab, und kamen bis ‚nach Hidrowa. Am 6ten reifeten fie duch Kuſchankina, und langeten noch Vor— mittags zu Chotielowskoi⸗ Jam an. Es werden wenig Derter zu finden feyn, wo es fo viele Bettler, wie hier, ‘gäbe, namlich nach Beſchaffenheit der Größe des: Ortes. Die Afademiften wurden von vierzig Kindern auf einmal angefallen. Die Stimme bie fer ar war eine Arc vom Gefange, und ihre Ausfprache glich des Volkes zu Novo» grod ihrer, u Sie verliehen Chotielowskoi ſchon felbigen Tages, und famen nach Mitternacht um ein Uhr zu Rolomna an, welcher Flecken von der letztern Poft zwölf Werfte liegt Sie fanden allda eine fehr ſchlechte Herberge; und nachdem fie fich fogleich folgenden Tas ges, den 7ten, mit fruͤheſtem Morgen wieder aufgemacht hatten, fo Famen fie Abends um fechs Uhr zu Wuͤſchney⸗ Wolotſchok an. Ihre erfte Sorge allda war, wie fie ein Fahrzeug bekommen möchten, um zu Waſſer nach Twer zu fommen, damit die ſchrecklichen Unkoſten, die ihnen das Fort ſchaffen ihrer Geräthfchaften und Inſtrumente macheren, erſparet würden, Sie fanden verfchiedene von der Are, die man Barken in unſern Laͤndern nenner , und ermäßleren fich; eine davon. Mittlerweile, da fiezu Nechte gemachet wurde, harten fie Zeit, den Fler cken zu befehen, welcher groß, ziemlich fchön, auch wegen der Schifffahre fehr lebhaft iſt. Die Lebensmittel find allda ſehr wohlfeil zu haben: aber die Fifche find felten, weil in dem Fluſſe Twerza faſt gar keine ſind. Dieſer Fluß und die EEE find bier ducch einen: - Canal vereiniget, vermittelt deffer die Fahrzeuge von Aſtrakan, Caſan und Twer in die Neva gehen, immaßen-, wie ſchon gefager worden, die Mſta ſich in den See nen ergießt. Die Wolchow entſpringt aus eben diefem See; und diefer Fluß öffnee die Fahrt in die Neva durch die See, ober jeßo, den Canal von Ladoga. Die Akademiſten liefen am gten des Abends ihre Sachen einfihiffen: aber fie fan⸗ den: in dem Fahrzeuge weder Steuer nod; Ruder, Die Arbeiter beſchaͤfftigten ſich mit Verfertigung derſelben. Eigentliche Steuer haben folche Fahrzeuge gar nicht, Mar beſeſtiget nur zween fehr lange Balken daran „ welche aus dem Gröbften ins Gevierte ger zinmere find, dem einen vorn, den andern hinten. Sie reichen mis einem Ende in® Waſſer, das andere gehe bis in die Mitte des Fahrzeuges: und nad) dem das Schiff ſich auf diefe oder jene Seite wenden ſoll, fo drehet man bald den: einer, bald: dem an⸗ . dern: Balfen, Are folgenden Tage waren befagte Balken und Ruder ferrigz und fierei- Torſſock. ſeten denſelben Tag, den roten Sept., früh um acht Uhr ab. Der Wind, wenn er gleich; gut gewwefen wäre, Hätte ihnen doch; wenig helfen Fönnen x denn außer dem, daß fie Feine Segel hatten; tt auch dev Fluß ſo klein, und ſtecket fo tief in den: Wäldern; daß der Wind ihn wenig treffen kaun. Sie fihiffeten Tag and Nacht, ohne anzulegeny und kamen am zzfen frühe nach Torſchock. Es ift diefe Stade ziemlich groß, und mif einem Walle befeftiger, Ehemals war fie mit einer Mauer umgeben, weiche auf Bez fehl Deters des Großen, nachdem fie fehr eingegangen war, niedergeriffen: murder Alle Lebensmittel find dort ſehr wohffeilz es war unferm Reiſenden aber niche möglich“ Fiſche zu bekommen, ab fie gleich vieles Geld dafür zu: zahlen: verſprachen. Noch am 2 | felbigen durch Sibirien. — Felbigen Abende giengen fie wieder zu Schiffe, fuhren funßehn Werte meit, mußten Sntelins Aber alsdann anlegen, damit fie nicht an den Wafferfällen , die fie ſchon vor fich fahen, Keiſe . Haben nähmen. Denn in der vorhergehenden Nacht war ein folches Fahrzeug darauf 1733" geftoßen, wodurch fie ſehr erfchrecfer worden waren. Zu allem Glücde war das ihrige färfer , als jenes, welches durchbohret worden war da hingegen das ihrige Feinen: Schaden litt. Auf ihrer Fahrt durch fo viele Wälder fageten die Schiffleute den Akademiſten im- Liefhis, wilde Mer vieles yon den Lieſchis vor, mit welchen, wie fie vorgaben, diefe Wälder ange Menſchen. füllet wären. Sie beſchrieben diefe Liefchis als Wilde, ganz. rauch von Haaren, und deren Seibesgeöße fich nach der Größe aller derer Objeete, bey weichen fie wären, richtete. In den Wäldern z. E. würden fie fo hoch, als die Baume; im Korne niche böher, als das Korn; im Grafe wirden fie fo flein, mie diefes. Sie thäten niemanden: Schaden, fondern lacheten die Leute nur ins Geſicht aus und Fügelten fie; und wenn fie einen fänden , der fehr empfindlich dabey wäre, fo kuͤtzelten fie ihn zu Tode. Gie vere fiherten auch, daß es männfiche und weibliche Liefchis gäbe. Man verfprach demje- higen eine Belohnung, welcher der Gefellfchaft ein fo feltenes Paar Menſchen zuführen könnte, und einer von den Arbeitern verfprach, daß er ein Paar durch feine Künfte berbey bringen wollte Sein ganzes Geheimniß beftund, allem Anfeben nad}, darin— wen, daß er beftändig ſchrie und heulete: denn er that die ganze Nacht hindurch nichts ante ders, Am folgenden Morgen bedrohete man ihn, daß man ihre felbft in ein Lieſchi verwandeln wollte, wenn er am felbigen Tage feinen Fonimen laſſen wuͤrde: ex Fonnte aber nichts ausrichten, und bath zulegs um Vergebung. an. begab fich mit Anbruche des Tages wieder aufdas Fahrzeug, und die Rei- fegefeltfehafe fangete Vormittagsgegen zehn Uhr im Flecken Miedna an. Allda bemerfeter fie eine fonderBare Husfprache,, immaßen bey den daſigen Einwohnern: tſch wie 3 lau= tere. Sie Hielten ſich ungefaͤhr zwo Stunden allda auf, feßeren ihre Reife die ganze Nacht fort, und landeten am: 4ten des Morgens gegen: ſechs Uhr ander Stade Twer * Sie harten auf dieſer kurzen Fahre viel Sorge, wegen der großen: Menge der Wat: hg ei ir erfä le und kleinen Klippen, welche ſich im der Cwerza befinden... Weil die Sommerzeit fehon: fehr verftrichen war, fü hielten. die Akademiſtem es für: noͤthig, fich mit ihrer Reife nach Caſan zu fordern. Sie fanden: zu Umer ein Schiif, mit einem Steuermanne, einen Boorsmanne und drepen Macrofer „ weiche der Schiffs— hauptmann Beering für fie daſelbſt gelaffen harte, Man richtete dieſes Schiff, fü: zu, daß es fü bequem als möglich wirder: man ließ. etliche Kajliten darauf bauen, auch ei⸗ nen Camin, Damit die Schiffleute fich warmen: koͤnnten, imgleichen: zween Feuerheerde Wer ze zum Kochen. Manverforgere ſich auch mit etlichen Ankern Stangen und Tauem. Mitt⸗ Veſchreitung lerweile da das S Schiff zu Rechte gemacht wurde, ſahen die Afademiften ſich in der Stadt der Stadt. um, welche nichts merfwürdiges enthält. Sie liege aberHalk der Mindung der Troer- Tr za, zu: beyden Seiten der Wolga, und dieſe beyden Theile haben durch eine. Bruͤcke Gemeinfchaft miteinander. Anı rechten Ufer der Wolga hat fie eine Feſtung, mie einen Erdmwalle umgeben: worauf ehemals eine Mauer. ſtund, von welchewaber nur nach) ein Thuͤrmchen, oberhalb des; Thores an der Hftfeite, übrig; iſt. Die Stadt iff groß qe=- nug, aber die Häufer find ſchlecht gebauet. Die Schensmittel, find: nicht theuer, ausge⸗ nommen die Fiſche, welche ſchrecklich theuer find: = — — 86 Reife nah Kamtſch atka Bmelins Reiſe. Am „often des Morgens ſetzeten fie die Keife weiter fort, und fuhren bey ben Fler Ken Conftantinowskoi, Bolſchaja⸗Peremiero, Wisffiewo , Jamnik, Sem 1733* nowsko, Jurgewsko nnd Igumenka vorbey. Aukunft in der Stadt AUglitz. Bey Iguůmenks hielten fie ſich auf, weil der Steuermann ſich nicht getrauete, in der Nacht über den Waſſerfall (Barau⸗Porog) zu fahren, und ſelbiger doch unver? meidlich war. Zwiſchen dem Dorfe Pifchefchulina und dem Flecken Igumenka, etliche Werſte von Twer, zur Rechten der Wolga, fieht man am Ufer diefes Stromes unge⸗ im dreyßig Eleine Hügel, einen neben dem andern, welche ziemlich wie alte Gräber _ ausfeben. Arm arften fehr früh, ſchiffete man weiter „und bey Fenewo⸗Sielzo, GBorodens Sielo, Tſcheliſchterwa⸗Sioboda, und, vor den Flecken Jedimonowo, Borki/ Nowoje, Sucharino, Sutfehdt, und Troitzkoſe vorbey. Das Schiff fuhr die⸗ fe ganze Nacht, und uͤberſegelte Die Flecken Chartſchewo, Krewa, Lritolstojg Duͤbanskoſe, Uſtie, Iwanowskoje, und befanden ſich Fruͤhmorgens bey Kymrag · Am felbigen Tage fah. man die Flecken Abramovo, Bieloie, BiekBoyodoch, Puchlino, Medwedizkoi und Romanzowo. In der Nacht legete ſich vos Schiff vor Anker; gieng aber mit früheftem Morgen wieder ab, Man fuhr bey den Flecken Sknietin, Nikititzkoi, Kaſchintzk⸗Uſtie Nicolskaſa⸗ Sloboda, Sluſchia⸗ Sloboda, Gorodiſchtſche, Jergoosto, Wafifins, Spaſnakukſe, Spirowa/ und Priluki vorbey, und kam am 29ſten Abends vor der Stade Uglitz an, Diele Stadt liege am rechten Ufer der Wolga, nabe daran; hat in der Mitte eine vierecfichte Feſtung von Holzwerke, welche inwendig, und in ihren Ecken mit Thuͤrmchen befeſtiget iſt. Herr Muͤller, und hernach auch Luͤrſenius, Kraſilnikow und der Steuer⸗ mann, welchen ihnen der Schiffshauptmann Beering zurücgelaffen hatte, befamen $uft, die Stade zu befehen. Als Abends das Signal gegeben wurde, Fam Herr Müller wieder aufs Schiff; die andern blieben länger, und kamen erft fpat in der Nacht wie der zur Gefellfihaft. Man war von Twer bis nach lUglitz ohne Segel, bloß mit Rudern, gekommen, theils wegen des niedrigen Waflers, fheils auch wegen der Menge Klippen, vomit das Ufer beſetzet iſt. Was man bier einen Waſſerfall nennet, ift nichts anders, als eine Stelle, wo viele Klippen find, und wo das Waffe: ein Geräufch machet: denn bey den Wafferfällen Daran, Loß, Kur, Tfchernestoi und Nikitzkoi, über die man ſchon weg war, hatte man felten bemerfet, daß das Wafler einen Abſchuß bätte: viel⸗ mehr fhien es zumeilen, als flöffe es langfamer, als fonft. Nicht weit vondem Waſſer⸗ falle Tfcherniskoi, mitten im Fluſſe, ein wenig mehr zur Rechten, , ift eine Fleine ne fef, weiche unfere Neifenden hätten follen zur rechten Hand liegen laflen: allein, der heftige ind nörhigte fie, zur linken zu fahren, Das Waſſer war nicht über drey Fuß tiofz und das Schiff, welches mehr als drey Fuß hohes Waſſer erforderre, geriech auf den Strand. Es kam aber bald wieder los; und nachdem man mit vieler Muͤhe die ande dere Seite der Inſel erreichet hatte, fo feßete man die Fahre weiter fort. oo: Nachdem fie von Uglitz abgegangen waren, ſo fuhren fie des Nachts bey der Slobo⸗ ve Ribatzkaja, den Flecken Solotorutſchka, Woskreſenskoje, Rabanowo / Wyfhtina, Kriwetz, Jeremeitzowa, Gorodock, Gliebowo und Koprino vor⸗ bey. Gegen Mittag, als fie den Flecken Schumarowo vorbey gefahren waren, fa ben fie die Stobode Mologa. Der Wind war damals ſchwach, und ihnen nicht febt : : günftigs durch Sibirien. — günftig: Abends aber wurde er ftärfer, fo daß das Schiff anlegen mußte, nachdem fie gr die Flecken Wieska, Mikulska und Kammenik hinter fich geleget hatten. Am folgenden Tage, nachdem man ben Flecken Balobanowna hatte liegen fehen, kam man gegen Mittagszeit bey der Siobode Aibna *) an. Ada hielt man innen, damie man fich mit Lebensmitteln verforgen möchte: aber Fifche waren nicht zu befome Men. Die Gefellfehafe reifete den ganzen folgenden Tag, und überfegelte vie Flecken Schachonstofeltftie, Waſiljewskoje, Semenowska, Spastoje, lunskoje, awinska, Bogoslowskoje, die Feine Stadt Romanow, bie Slobode Boriſſo⸗ Gliebskaſa, die Flecken Petrai⸗, Pawla, Idskoje⸗Uſtie, Wosdwyſchenie, die Slobode Narskaſa und den Flecken Iwanowskoje; und am 2ten October kam ſie iu Jaroslaw an. eife 1733: - u Jaroslaw ift eine große und fhöne Stadt: die Sebensmirtel find allda fehr wohl- Jaroslaw. feil; die Gewölber und Süden, im großen Kaufmannsmagazine find überaus wohl an⸗ geleget, und ſowohl mie fehönen aus- als inländifchen Waaren verfehen, Die Akade⸗ miften giengen Nachmittags in das Klofter Spaskoi. Man zeigete ihnen in einer Ca⸗ Pelle Knochen, von welchen man vorgab, daß es Kiefengebeine wären, die an dem Or⸗ te, wo die Eapelle fteht, in der Erde gefunden worden wären, als man den Erzbifchof von Roftow, Tryphon, hätte beerdigen wollen: allein Her Gmelin hält dafür, es ſeyn Elephantenfnochen. | Sie verließen Jaroslaw mit einbrechender Nacht, und giengen mit einem ſtar⸗ fen Winde unter Segel. Weil aber der Strich des Windes nicht mit dem Saufe des Fluſſes übereinfam ‚ fo fonnte man nur vier Werfte weit kommen, in welcher Zeit man y der Slobode Korowniki, die eine Werft weit von Der Stadt liege, vorbey fuhr, Am zter Detober fuhr man, obgfeich mit vieler Mühe, noch fechs Werfte weiter, bis zum Flecken Orlonsa; und der heftige Wind nöthigte das Schiff, wieder anzulegen, fo wie 68 im der vorigen Nacht hatte geſchehen muͤſſen. Als der Wind ſich Abends legete, ſo verſuchete man noch weiter zu kommen. Allein, fobald man über das Dorf Tunoſchna gekommen war, ſo mußte man ſtille liegen. Gegen neun Uhr gerieth das Schiff auf den Sand; und nachdem es nicht ohne viele Muͤhe wieder flott geworden war, ſo getrauete man ſich nicht, weiter zu fahren, Fruͤh um zwey Uhr wurde der Wind völlig gut, und man fegelte bis über die Stecken Borodifchtfche, Meleda, und die Slobode Seliſcht⸗ ſche. Am zten gegen Mittag kam man bis zur Stadt Coſtroma. Sie hat einen mittelmäßigen Umfang, einen Wall vor Erde; und der Stadt gegenuͤber, am rechten Ufer, fieht man die Slobode Borodifchrfebe. Oberhalb Eoftroma ließen unfere Nei- fenden zu ihrer $infen Ipats ko Monaftir liegen, und konnten ſich nicht enthalten, deſſen praͤchtiges Anfehen von weitem zu beimundern. Dides Kloſter iſt mir ſtarken Mauern und gemauerten Türmen umgeben x es ift ein Muſter eines wohlbefeſtigten Heiligthums. Weil der Wind widrig geworden war, ſo mußten ſie bis zum folgenden Tage vor Coſtroma liegen bleiben. So bald aber der Wind gegen vier Uhr des Morgens ſich än- derte, fegte das Schiff feine Fahrt wieder fort, Eie fuhren bey den Stecken IAunsko, Krasniſa⸗Poſchni, Mikolsko, Siderowokoſe uud Sungurowo vorben, und kat men Sloboda, Slohode, iſt ein nach dortiger Landesart befeſtigter Tlecken, das heißt, mit einer hoͤl⸗ —* ir ü Knen Vermachung umgeben. Coſtrom· Bmelins Reife. 173% er uw 9.9, sı Kt. EINEN Reiſe nach Kamtſchatka men gegen Mittag im Diſtricte der Slobode Plioſſa an. Noch am ſelbigen Tage ſah man auch die Flecken Nowlensko, Wosdwiſchensko, wanowsto, Polus jechtowo und Nawalki liegen: aber die Nacht durch lagen fie fill, Am zten ruder⸗ te man, noch über das Segeln, um gefhwinder fort. zu Eommen; man fuhr bey den Flecken Solpuga, Merinowo and Kriwetz vorbey; und gegen Mittagszeit fah mar die Stadt Kineſchma liegen, welche nicht von Wichtigkeit ift. Diefen Tag und die folgende Nacht kam man vor den Flecken Nicola, Miera, Plunskoje, der Slobode Rieſchma und bey Jolnat vorbey; und des folgenden Tages, früh um fieben Uhr, vor JurjewsPowolski-Borod, Der widrige Wind verftattere nicht, weiter zu fahe zen, wiewohl aud) die Fleine Stadt, vor der man lag, nichts merfwürdiges verfprach. Diefe Stadt mag vor Zeiten wichtiger geweſen feyn, als fie es jego ift, denn das fer unterhalb und zur Rechten derſelben, ift über die Maaße hoch. Man fieht auch nabe Dabey die Weberbleibfel einer ziemlich großen Feſtung, deren Mauern von Ziegel⸗ ſteinen geweſen find, Hier wurde mehr der Bauch unferer Reiſenden, als ihre Neube⸗ gier befriedigetz denn fie bekamen um einen fehr wohlfeilen Preis eine Gattung kleiner Störe, (Sterleder) die fie am erften Tage mit großer Begierde aßen, die ihnen aber am. dritten faſt zum Ekel wurden. Dieſer Fifch ift dem befannten Störe überaus ähnlichz er hat, an fart der Gräten, nur Knorpel; aber er ift niemals fo groß, als der rechte: Stör, und fein Kopf ift pißiger. Sein Fett machet das Fleiſch ungemein ſchmackhaft: eben das viele Fett aber machet, daß es bald Ekel erwecket. Nachmittags verſuchete man, die Reiſe fort zu ſetzen. Allein man Fonnte nicht wei- ter als vier Werfte Fommen, weil der Wind, bey veränderten Striche des Fluffes, wi⸗ drig und dabey ſehr ſtark war. Man mußte daher einige Stunden ftil liegen, Abends, als der Wind fich fegete, feßete man die Fahrt weiter fort, und ließ das Schiff durch eis. ne vierruderige Schaluppe fortziehen. Die Reifenden mußten bey diefer Gelegenheit, gleichwie bey vielen andern, von der Faulheit ihrer Führer vieles ausſtehen. Bey der mindeſten Schwierigkeit wollten fie fogleich Anker werfen; und wenn es auf fie angekom⸗ men wäre, fo wären oft fünf bis fechs Tage für uns verlohren geweſen, da fie. doch oft, nur eine halbe Stunde zu arbeiten hatten, um einen andern Strich des Fluſſes und, gu⸗ ten Wind zu bekommen. Wir ſahen dieſes Uebel ein, und gaben dem Bootsmanne Befehl, ohne unſern Willen nicht mehr den Anker zu werfen, und er unferwarf jich end⸗ lich · Man bekam in der That bald beffern Wind, und in der Nacht ruͤckete man ein: großes Stüd fort, Am gten wurden die Neifenden von einem ſchrecklichen Getöfe aus: dem Schlafe erwecket, weil die Wellen mir großer Heftigkeit an das Schiff fließen, und weil Diefes überafl entfeglich Frachere. Man war auf einer Sandbanf zu figen gekommen; und weil es eine fehr finftere Mache war , fo war nichts anders zu thun, als zu warten, ı bis es Tag wuͤrde. Man kam auch in der That bald wiederlos, fobald der Tag anbrach· Weil aber widriger Wind war, fo mußte man fogleich den Anker werfen. Man befand fi Damals nur ungefähr drey Werfte von dem Flecken Putſcheſcht „ welchen man in der Entfernung liegen fah, und das Schiff blieb bis zum folgenden Morgen vor An⸗ fer liegen. , J Nachdem man be den Flecken Kreſti, Katunka und Waſilewa vorbeygefah— ven war, ſo noͤthigte der heftige Wind die Reiſenden, am letztbemeldeten Orte wieder fill zu liegen. Ihr Schiff war durch die Gewalt der Wellen, die es unweit Putſcheſchk auf y den durch Sibirin. 89 den Sand geſchmiſſen hatten, beſchaͤdiget worden; zog Waſſer, und in weniger als Bmelins ſechs Minuten ſiund es einen Fuß hoch darinnen. Man war ſehr bekuͤmmert, das Loch Reife. zu finden, to es eindrang: Die Arbeiter wollten es nicht ſuchen, oder Ehaten es doch nur 173 3+ mie Widerwillen. Endlich entdecketen es die Matroſen, welche der Schiffshauptmann Beering unſern Reiſenden gelaſſen hatte; worauf dem Uebel geſchwind aͤbgeholfen wur⸗ de. Bald hernach legete das Schiff ein großes Stück Weges zurüct; gegen Mittag, am bemeldeten Tage, gieng es bey der Slobode Gorodez, und Abends bey Balachna vorbey, und es half ein fonderbarer Zufall nicht wenig, daß es fo geſchwind gieng. Man. hoͤrete, bey gar ſchwachein Winde, ploͤtzlich, von Gorodez ber, ein Geraͤuſch und ftar- kes Pfeifen uͤber dem Schiffe. Es war eine Wolke mit Schnee, welchen der Wind beftig wider das Schiff trieb, fo daß es faft augenblicfüch damit bedecket war, da une cerdeffen der Wind gerade von hintenher das Segel aufblies, und es ſchnell fort trieb, Diefer Windftoß daurete nur eine halbe Stunde :. aber Abends gegen fünf Uhr gefchab eben dergleichen wieder. Die Stadt Balachna machet Fein fehönes Anfehen: fie ift aber fehr lang, und Baladına, wegen ihres Salzwerkes berühmt, » Es ift dermaßen ergiebig, daß beftändig mehr, als Dafiges fünfzig Roten, unterhalten werben. Die Ufer des Fluffes bey der Stadt find überan Salzwerk. voll Holzes zum Gebrauche des Salzſiedens, und es geht deffen erſtaunlich viel auf Die Arbeiter unferer afademifchen Reiſegeſeliſchaſt verforgeten ſich damit. Es wurde viel Holz auf dem Schiffe verthan: aber man fand das meifte, deffen man benörhiget "war, an den Ufern der Fluͤſſe, gehackt und gefpalten, und zum Brennen bereit, „Wir ‚trugen anfangs Bedenken, fager Herr Gmelin, Holz unbezahle wegzunehmen. Weil ir aber in den Dörfern ‚wo wir welches faufen wollten, allemal zur Antwort beka- „Men, daß die Bauern Fein Holz verfaufeten, fo muften wir es aus Roth ftehlen, „, Bon Balachna bis nad Niſchnei⸗ Novogrod find nur fünf und zwanzig Werſte, und unfere Reifenden waren Willens, die ganze Nacht durch zu fahren, Der ootsmann fragete, ob er zu Niſchnei vor Anfer legen, oder weiter gehen ſollte. Man verboth ihm den Anker zu werfen, und wollte licher des Vergnuͤgens entbehren, eine gar ſchoͤne Stadt nicht zu beſehen, als bey fo weit verftrichener Jahreszeit die Reife verzögern. Die Afademiften mußten bey diefer Gelegenheit von den Leuten ihres Gefok ges vielen Widerfpruch ausftehen: einige wollten ihre Verwandten in Niſchnei beſu— en, andere wollten Sebensmittel darinnen kauſen. Aber jene blieben ftandhaft dabey; fie unterfageten dem Bootsmanne, fich irgendwo aufzuhalten, und befahlen den Solda- en, Eeinen Menfchen vom Schiffe abgeben zu laffen. Des Nachts fuhren fie bey den Flecken Sauffolie, Bolſchoi, Kofino, Bopoſſowo vorben, imgleichen bey der Mündung des Fluſſes Linda, Vald bernach gerierh das Schiff am Ufer auf den Strand, und der Bootsmann behauptere, es wäre unmöglich, weiter zu fahren, ſo lange ihnen der Wind zuwider wäre. Nunmehr hielten die Akademiſten nicht für dien- lich, bie Bewegungen, welche ihr Befehl ſchon unter den Leuten von ihrem Gefolge ver- anlaffer Harte, aufs neue rege zu machen. Am folgenden Morgen, nachdem fie den Flecken Hordiewska und die Mündung der Oka vorbengefaßren waren, Tangeten fie dor Niſchnei⸗/ Novogrod an. Die Akademiſten wınden nunmehr gewahr, daß ſich ihre Leute mit dem Bootsmeiſter dahin verſtanden hatten, daß fiebey Tage an dieſe Stadt kaͤmen. Sie ſtelleten ſich, als wuͤßten fie es nicht, und gaben nochmals Befehl, kei Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band. M nen Gmelins Reiſe. 1733. ne 90 Reiſe nach Kamtſchatka 41 nen Menſchen ohne Noth vom Schiffe abgehen zu laſſen, noch ſich irgendwo, es muͤßte denn aus dringender Nothwendigkeit geſchehen, aufzuhalten, Man fuhr in den Mor- genftunden vor etlichen fetten Auen verbey, in welchen das Erdreich zum Koblbaue dermaßen gut ift, daß man zu hundert Schiffen mit einander belaͤdt, und ben Kohl an andere Oerter führe. Die Infel Duban, zwanzig Werfte von Coſtroma, ift ſon⸗ derlich wegen diefer Fruchtbarkeit ſehr berühmt. Niſchnei⸗ Novogrod ift eine große Stadt, melche ein fehönes Anfehen von außen machet. Es gieng niemand hinein, als Here Muͤller, der es um deswillen für nöthig fand, damit er einige Hiftorifche Nachrichten einziehen möchte. Die Kaufläden find ungemein wohl angeleget, und. es finden ſich darinnen erftaunfich viele, ſowohl frem⸗ de, als infändifche Waaren, Alle Lebensmittel find hier wohlfeil, und fonderlich ift das Mehl viermal wohlfeiler , als zu Petersburg. Herr Muͤller behielt das Boot ben ſich, unddie Neifegefellfchaft fuhr bey bemeldeter Stadt, bey der Slobode Podnowia, und den Flecken Stolbifcha, Rtowa, Welikie-Wrak und Beswodna vorbey. An diefem letz⸗ tern Orte fam Herr Muͤller wieder aufs Schiff. Man fuhr die ganze Nacht, legete die Flecken Asdnist, Rabotki, Takines und Jurdina hinter fi, und langere am 13ten früh um fehs Uhr bey Makariew⸗ Monaftir an. Man Fam felbiges Tages bey den Flecken Proffet, Maſa, Kremonki, Barmino, Sonowka, Tokino/ vorbey, und in der Demmerung befand man ſich bey Waſili⸗Gorod: es war aber ſchon fo dunfel, daß man nichts, als die Glockenthuͤrme, davon fehen konnte. In dies fer Nache fehiffere man noch bey dem Flecken Sumka vorbey; und den ıgten, mif ans brechendem Tage, vor der Stadt KRuſma⸗Demianskoi. Won hier fam man noch Vormittags bis fünf Werfte oberhalb Iliinskaja⸗ Puſtinka, wo fie widrigen Windes halber fich aufhalten mußten. w Unſere Afademiften erfuhren, daß in diefen Gegenden viele Tſchuwaſchen woh⸗ neten; und weil ſie, des ſtarken Windes halber, nicht hoffen konnten, ſo bald wieder abgehen zu koͤnnen, fo entſchloſſen ſich die Herren Gmelin und Muͤller, in dem Boote bis zur Stade Tſchebaxar voraus zu fahren. Sie nahmen ihren Dolmerfcher, zween Bedienten und vier Soldaten mit fich. Vorher nahmen fie die Abrede, daß das Schiff ſelbſt, fo bald als möglich, nachkommen follte; auch daß fie im Worbenfahren vor Tſche⸗ baxar ihnen mit etlichen Flintenſchuͤſſen ein Zeichen geben follten, tworauf fie in der Stadf antworten, und fogleich wieder an Bord fommen wollten, Nunmehr wollen wir ben Herrn Gmelin felbit reden laffen. # Wir giengen, fpricht er, Nachmittags um drey Uhr von unferm Schiffe ab. Wir waren Faum fünf Werfte weit gefahren, fo fahen wir in der Gegend von Puſtinka auf einem Berge ein angezündetes Feuer, Zween von unfern Soldaten, welche felber ge taufere Tſchuwaſchen waren, fagefen uns, daß einige abgöteifche Tſchuwaſchen eine gottesdienftliche Ceremonie anſtelleten. Wir Elerterten, fo gut, als wir konn⸗ ten, ben Berg hinauf, und kamen endlich zu diefem Feuer. Hier fanden wir zween Tſchuwaſchen, und erliche Schritte weit von ihnen ein Pferd, an einen Baum gebun⸗ Abgötterey den, auf dem fie gefommen waren. Die Tſchuwaſchen hatten einen Schöps ger der Allgem, Reifebefehr. XIX Dand, N Arche 98 Reife nach Kamtſchatka Gmelins Archimandrit ließ fie, in unferer Gegenwart, einige Verſe in ruffifcher Sprache, ber Reife, nach auch in ihren eigenen Sprachen herfagen. Sie thaten folches mit einer guten Fers 1733. gigkeit. Es waren ihrer ein Paar darunter, deren Munrerfeit große Hoffnung zu mas chen fehlen. Weil die Macht einbrach, fo kehreten wir nach der Stade zurüd, In den folgenden Tagen famen wir wenig oder nicht aus dem Haufe: wir mußten warfen, bis uns die Regierungsfanzelley einen Dolmerfcher ſendete, damit wir im Stande wären, mit denen in der Stadt befindlichen Fremden Umgang zu haben. In⸗ deffen wandten wir diefe Zeit an, unfere Beobachtungen in Ordnung zu bringen. 1 Tatariſche Am gten November verfuͤgeten wir uns Nachmittags um ein Uhr, nach einer ta— Kirche. tariſchen Metſched oder Kirche. Es find deren vier in der fatarifchen Sloboda, wel che ein wenig von der Stadt ab, und nahe am Sce Bulack liegt. . Die Merfched, die «wie befahen,, und woran die Bauart mit der dort gewöhnlichen ziemlich übereinfömmt, war ein vierecfichtes hoͤlzernes Gebäude, auf welchem ein Thurm mit einer Gallerie auf- geführee ift, aber ohne Glocken und ohne Kreuze. Sie ſteht mit den andern Gebäuden in einer Reihe, doch ift auf beyden Seiten ein Eleiner Zwiſchenraum gelaffen. Man feige von der Seite der Straße eine Fleine Treppe von vier bis fünf Stufen hinauf, und koͤmmt fogleich durch eine Eleine Thüre in ein Zimmer, das einen Vorſaal vorſtellet. Hier legen die Tatarn ihre Schube ab, und gehen durch eine andere Thüre, welche der jeßt gedachten gegenüber, und von gleicher Größe ift, in die Metſched hinein. Nach- dent wir die Menge der Schuhe, und die GefchicklichFeie, fie wieder aus einander zu le- fen, manchmal auch wohl anftatt fhlechter gute zu befummen , bewundert hatten, fo giengen wir ohne weitere Cevemonien Dinein, Es war ein vierecfichtes Zimmer, welches viele Fenſter und genugfames Licht hatte. Zur rechten Seite der Thüre war ein Ofen, von bem das Zimmer eine gelinde Wärme befam ‚und es war mit vier Pfeilern unter: ſtuͤtzet. Ueber der Thüre war. eine Fleine Emporfirche, wo die Sänger ftunden. Der Thüre gegenüber, und alfo in der Mitte der gegenüber ftehenden Wand, war ein Ort, soo der tatarifche Abi, d. i. Priefter, fund, melcher das Geficht gegen die Gemeine wandte. Ihm zur Sinfen,, dem Dfen gegenüber, war ein. erhabener Stand mit etlis chen Stufen; darauf ftund ein Pult, auf welchen die Kirchenbücher lagen, Ueber die— ſem Plage war in der Wand ein Zenfter, welches ein ſtarkes Licht auf das Pult warf. Teremonin Zwifchen den Säufen war der Fußboden mit Taperen belegt; fo weit nämlich halten fie der Tararn den Dre für heilig, und wir durften mit unſern Schuhen, die wir anbehielten, nicht er dahin gehen. Die Metſched war fehon voller Leute, und die Tatarn waren fehr or⸗ ä dentlich in Reiben geſtellet. Sie faßen mit übereinander gefchlagenen Füßen, nach tür- fifcher Art, und hatten insgefammt die Mügen auf dem Kopfe. Go bald ein Tarar bineinfam , gieng er zu der nächften Reihe, die noch nicht voll war, fiel-auf die Knie nieder, und fegere fid) ſodann. Wir famen hinein, indem der Abiß etwas ſingend ver— las, und ftelleten uns nahe bey der Thuͤre, mit bedecktem Haupre. Unter währendeng $efen waren die Tatarn ganz ſtill, und Hielten die Hände ſtets gefalten. Bald. bernach fingen die Sänger an, zu fingen, welches nicht lange dauerte und nicht übel klang. Hier— auf ftieg der Abiß, welcher mit priefterlichen Kleidern angethan war, auf den jur Sin Een für ihm errichteten Platz, und las aus einem arabifchen fehön gefehriebenen Buche et⸗ was ab. ch weiß nicht, ob es ein Fehler dieſer Sprache iſt, oder ob dieſer Priefter einen Mangel an der Zunge hatte: dann er zwang bie Wörter dermaßen aus dem Mun- de, 1 durch Sibirien. | 99 de, daß es mie Verdruſſe anzuhören war. Unter waͤhrendem Selen flieg er bafd eine Gmelins Stufe höher, bald wieder niedriger. Er hoͤrete endlich auf zu lefen, und begab ſich an-Reife. feine vorige Stelle. Sogleich fiengen die Sänger wieder an, und die Mufif währere 7733. ziemlich (ange, Endlich ſchien die Hauptandacht ihren Anfang zu nehmen. Der Abif — murmelte einige Woͤrter her: und bey Vernehmung derſelben machten die Tatarn eine ſo ſchnelle einförmige Bewegung, als kaum die exercirteſten Soldaten zu thun fähig find. In einem Augenblice ftunden fie fo gerade wie die Kerzen da: aber hernach machten fie ihre Bewegungen nicht mehr fo gleichförmig.e Man bemerfere deutlich, daß fie im Gebethe begriffen waren; denn ein jeder hiele eine Art von Roſenkranz, und men höre- te ein gelindes Murmeln. ° Bald verftopfeten fie die Ohren mit den Fingern, bald fuh— ren fie mit der Hand über das Geficht, und fonderlich über ben Mund: diefes thaten fie am meiften, wenn die Wörter Lailoha illalahu Mahammeden raſululja ges fungen wurden. Zumeilen ſchien es, als wollten fie etwas von ber Erde aufheben; denn fie bückten fich mit dem halben Leibe, richteten ſich aber geſchwind wieder auf. Zu verfchiedenen Malen fielen fie gänzlich nieder, blieben eine Weile in folcher Stellung, richteten fich halb wieder auf, und fielen nochmals nieder. Sobald einer mit feinem Ge- berhe fertig war, gieng er fogleich fort, fo daß die Kirche in einer Vierthelſtunde faſt ganz leer war, bis auf etliche Andaͤchtige, welche fih nach und nad rings um den Abif fetzeten. Es wurde bereits fehr dunfel, und wie waren zu weit davon, als daß wir hätten unterfheiden Fönnen, was vorgieng; wir böreten nur ein Klappern der Corals len, welche fich fehnell bewegeten. Wir wurben es endlich überdrüßig und giengen fort. Wir ließen uns Durch die ganze fatarifche Sloboda führen; und von dar durch eine ruſſiſche Sloboda, welche an die erftere ſtoßt, und nur durch Ragatten 21) von ihr ab⸗ geſondert iſt. Wir wären gern big zum Ende des Sees Bulak gefahren, wenn die Wer ge dazu gefchickt gemefen wären. Wir begaben uns alfo gerade nach der Stadt zurüd, Unterweges fahen wir noch, wieman nach fatarifcher und türfifcher Art die Leute zum Gottes- dienfte zufammenberuft. Es ftund ein Mann oben aufden Thurme der Metſched, der in der fatarifchen Sprahe Maaſin, und nach der türfifchen Minaret heiße, und fehrie, oder fang vielmehr mit vollem Halfe. Er hatte nicht lange geſchrien, fo tiefen die mufelma- nifchen Gläubigen Häufig nach der. Wierfched. Mir erfuhren bey diefer Gelegenheit, daß die Tatarn fünfmal des Tages Gottesdienft halten: das erfte Mal, wenn es Tag wird; fodann gegen zehn Uhr; bernach zu Mittage; ferner um vier Uhr Nachmittags, und zum legten Male um fechs Uhr Abends. ? Am ı4ten befamen wir Gelegenheit, Jakuten zu fehen. Es waren ihrer zween; Beſchreibung ein Maͤgdlein von vierzehn, und ein Knabe von eilf Jahren. Sie waren, auf Befehl der Jakuten. des Hofes, aus ihrem Vaͤterlande geholet worden; fie reifeten ſchon gegen drey Jahre fang, und follten ziween Tage bernach nad) Petersburg abgehen. An ihren Kleidern wirde man fie für Feine Ausländer angefehen haben; denn fie hatten fich ſchon zwey Jah⸗ re lang in Tobolsk aufgehalten, wo ſie mit guten und in daſigem Lande gebraͤuchlichen Kleidern verſehen worden waren. In der Geſtalt des Geſichtes glichen ſie den Kalmucken. Sie hatten naͤmlich eine platte Naſe, kleine Augen, — faſt rundes Geſicht, und — 2 aare, 21) Es find Schlagbaͤume oder Walken, die mis hölzernen Spigen verfehen find, womit mau die Strafen zu ſperren pflege. Emelins Keife, 1733. Kae Anwerbung der Tatarn und der Wot⸗ jacken. Beſchreibung der Stadt Caſan. 5 Reife nach Kamtſchatka Haare. Ihr Geſicht war mit mancheriey Figuren bemalet , welches fonft unter den Jakuten nicht gewöhnlich iſt: aber es war an biefen um deßwegen verrichtet worden, weil man feine Tunguſen, bey welchen diefes Bemalen gebräuchlich ift, hatte befom« men Finnen, und weil gleichwohl der Hof folhe bemalte Gefichter zu fehen verlanget hatte. Die Figuren in ihren Gefichtern waren ziemlich regelmäßig, und von Farbe blauficht. Herr de In Croyere zeigete uns bey dieſer Gelegenheit an verfchiedenen Stel» len feines Leibes folche Figuren von gleicher Farbe, welche ihm die americanifihen Wil- den, vermittelft dreyer fehr feiner und feft zufammengepreßter Nadeln, deren Enden fie mit Schießpulver gefärbet, in die Haut bis auf das Fleiſch eingeriget hatten. Die Fir guven diefer Jakuten bingegen waren, wie man uns verficherte, mit Zwirne genehet. In dem Gefolge diefer Jakuten befanden ſich auch einige fremde Thiere, welche ihren ordentlichen Aufenthalt in den Gegenden von Jamyſchewi haben. Wir Fonnten fie, wegen der Dunkelheit der Macht, nicht deutlich genug erfennen, und böreten nur, daß fie auf Ruffifch Marali genennet wurden. Am rzten ließen. wir diefe Thiere in unfere Herberge bringen. Es waren in allem fieben Stücke, fechs männliche, und ein weiblie ches. Sie fahen gelblich aus: in ihrer Geftalt und dem Gebörne Famen fie mit den Hir⸗ fchen überein; fie waren auch) in der That nichts anders, Am sten December ließ uns der Herr Major de la Mothe, von dem mir waͤh⸗ rend unfers Aufenthaltes in Cafan viele Höflichfeiten genoffen, einladen, daß wir Die neu angeworbenen Tatarn und Wotjacken ihren Eid ſchwoͤren fehen möchten. Es wurde den Tatarn der. Eid in ruffifchee Sprache von einem Schreiber vorgeleſen, wel» - cher Eid ihnen hernach von ihrem Abiß, der diefer Handlung beymwohnete, erfläret wur⸗ de. Unter währendem Leſen lagen fie aufden Knien, und nach gefchebener Erflärung kuͤſſeten fie den Koran, welcher ihnen von dem Abiß aufgefchlagen vorgehalten wurde, Den Wotjacken las man den Eid ebenfalls auf Nuffifch vorz und ihr Sotnik 22), der auch zugegen war, erElärete ihnen den Inhalt in ihrer Sprache: denn fie verftehen faft fein Wort Ruſſiſch, oder wollen vielmehr, aus Hartnäcigfeit, es nicht verftehen. Hierauf biele man ihnen zween bloße Degen freuzweis vor. Es näherte ſich einer nach dem andern benfelben, und man reichete einem jeden ein Stuͤckchen vierecfig gefchnittes nes Brodt, in Salz eingetunfee, über die Degen weg, welches fie halb Eniend empfien- gen, und verfchludeten. Die Bedeutung diefer Ceremonie ift, daß fie an diefem Biſ— fen Brodte fterben wollen , wofern fie dem Eide nicht treulich nachfommen würden, Am gten December wurden wir von dem Heren Starthalter zu Gafte geberhen. Wir fanden bey ihm eine zahlreiche Gefellfchaft, worunter auch viele Geiftliche waren, gegen welche er große Hochachtung zu hegen fhien. Die Tafel war mit lauter Faften- fpeifen beſetzet. Es wurden zwar viele Gefundheiten ausgebracht, aber doch niemand zum Teinfen genoͤthiget. Mach der Mahlzeit trank man Punſch, von ſchlechtem Brann⸗ teweine gemacht; und wir begaben ung zeitig weg. Caſan, die Hauptftade in dem Gouvernement gleiches Namens, liege am Linfen Ufer.der Caſanka, fieben Werfte von ihrer Mündung , wo fie in die Wolga fließt. Sie har eine ſchoͤne aus Steinen erbauete Feftung , welche auf einem erhabenen Orte liegt» 22) Ein ruſſiſches Wort, deſſen Bedeutung mit dem lateinifchen Centurio faſt übereinfommt. Ein Sotnik Hat den Befehl über hundert Bauern. * S S S RS a 3 B & 2 Sl TH Il VV— (aim * sr ji urch Sibirien. We. liegt. In diefer Feftung wohnen der Statthalter und der Commandaht. Diefer leg: Gmelins tere iſt ein eiferiger Lutheraner, ob er gleich Feine andere, als die ruffifche Sprache, ver Keiſe. flehe: denn er ffammee nur von deutſchen Aeltern ab, welche ihm aber jung verftorben 173 3°, find. In der Feftung iſt auch die Hauptkirche, (Sobor oder Sobornaja Zertomw), x wie es in allen Feſtungen des ruffifchen Keiches befunden wird. Bey dem Eingange, zur linken Hand, ift ein Klofter mir feiner Kirche, welche beyde der Ezaar, Ivan Waſe⸗ lowitz, geſtiſtet hat. Man findet auch in der Feſtung ein gemauertes Zeughaus. Es iſt jedermann erlaubt, in die Feftung zu gehen, auch felbft ven Tatarn: ja fie müffer äumeilen wider ihren Willen hinein, weil die Negierungsfangelley darinnen iſt, vor wel cher fie fich oft zu ftellen haben. Es wußte Feiner von denen, die wir darüber befrage- ten, daß der Eingang in die Feftung den Tatarın jemals verbothen gemwefen wäre, wie Olearius vorgiebt. In ven böchften Theilen der Stadt befinder fich ein fehönes Kaufhaus, von Stei⸗ nen aufgeführer, und mit räumlichen Rramläden verfehen, wo man ſowohl einheimifche, els ausländifche Waaren, in ziemlicher Menge finder. Die ausländifchen Waaren find beynahe in eben dem Preife, wie zu Petersburg. Die Tatarn haben in dem Kaufhauſe & ihre befondern Läden, worinnen fie perfifhe Waaren, meiftens feidene Zeuge, verfau« fen. Nicht weit von den Kramladen ift ein Marktplatz, wo Aepfel, Nüffe ꝛc. wie auch) Topferarbeit, zu haben find; und weiter bin ift ein anderer, wo Schlitten, Wägen ıc, - berfaufer werden, Am andern Ende der Stadt, wo faft Fein Menſch wohner, ift der Fleiſchmarkt. Der Heumarke ift nicht weit von der tatarifchen Stobode. An einem andern Ende der Stadt ift eine Tuchfabrife, welche von einem Ruffen, Namens warn Afanaſewitz Wiekleew,. auf faiferliche Unkoſten iſt angeleget worden. Diefer Mann hatte durch ſelbige Fabrife fomohl, als durch mancherlen andern Handel, einen fo gro⸗ Ben Reichthum erworben, daß er eine Hauptfirche, Petri und Pauli, und fieben Pfarrkirchen, alle von Steine, auf feine Koſten aufgeführee hatte. Zum Gebraudye diefer Tuchfabrike müffen, auf faiferlichen Befehl, alle Ebelleute, die im Cafanifchen Güter haben , eine gewiſſe Menge Wolle liefern. Alles darinnen gearbeitere Tuch wird, für einen gefeßten Preis, der Krone verfaufer, welche es zur Kleidung der Soldaten an: Wender. Der jegige Befiger diefer Fabrike, Afanaffi Feodorowitz Mekleew, ift ein Vetter des vorigen. Beynahe mitten in dev Stadt ift ein von Helze erbaueres Hofpital für die Befas Sung in Caſan, welche aus dreyen Negimentern beſteht. acer Hinter der tatarifchen Stobode ift der Kaban⸗Oſero, von welchem der Fuß Bulak durch die Miete der untern Stadt fließt. Man zieht deſſen Waffer dem aus der Caſanka weit vor; und einige behaupten ſo gar, daß dieſes letztere Waſſer ſehr ſchaͤd⸗ lich fey: zum wenigſten iſt es zum Thee nichts nuͤtze. Am 12ten Dec, Abends um nem Uhr verließen wir Cafan, und kamen in der Nacht um ein Uhr zu Wuͤſchnaja⸗ Bora an. Bon dafubren wie bis Tſchiptſchugi, Wo wir des Morgens um fieben Uhr aulangeren. Durch Katſchliena famen wir des bends um vier Uhr; von dar nach Kuſrſa; den andern Morgen um fünf Uhr nach Schicktſchi; Nachmittags um zwey Uhr nach Ulga, und Abends um halb neun Uhr nach Sereon Schuͤn. Ratſchliena und die folgenden Dörfer find alle von Tatain —— bewohnet. Wir bekamen bey dieſem Volke Gelegenheit, vieles, was neu für uns war, Fänge RS zu der Tatarıı. 1 Gmelins Reife, 1733 ey 1 Reiſe nach Kamtſchatka zu ſehen. Sie find ber muhammedaniſchen Nefigion zugerhan ‚and. haben folglich, et | jeder, fo viele Weiber, als fie ernähren koͤnnen. Ihre Tracht koͤmmt mit der ruffie ſchen überein: bie Männer aber haben geſchorene Köpfe, und viele unter ihnen Spitz⸗ baͤrte. Unſer Wirth hatte vier Weiber; und weil er damals in Moſcau war, fo hielt 68 nicht ſchwer für ung, diefelben zu fehen zu befommen. Sie famen, eine nad) der an⸗ dern, zu uns, und erjeigeten ſich überaus freundlich. Sie hätten ſich gern in ein Ge⸗ ſpraͤch mit ums eingelaffen + aber wir hatten nicht ſtets unfern Dolmetſcher bey der Hand’ Sie nahmen aus ihren Schubſaͤcken Nüffe, worunter auch viele Zwiebeln waren, welches beydes ein Leckerbißchen für fie zu feyn ſchien. Sie macheten uns ein Gefchenf damit- Wir trunken eben Thee, und macheten einer jeden ein Gegengeſchenk mit Zucker, welchen fit mit großer Begierde afen.ı ‚Eine derfelben war. in ihrem großen Schmucke, welcher in einer mit alten Copeken und Korallen befesten Haube, die ihr faft den ganzen Kopf ver: hüllete, und in einem an beim rechten Nafenläppehen hängenden Ringe beftund: die uͤbri⸗ ge Tracht war ruſſiſch· In der Gefellfchaft diefer Weiber befand ſich eine Dirne, wel⸗ che die Haare nach ruſſiſcher Mode trug. Sie waren hinten in einen Zopf zuſammen ges flochten, an welchem ein Band bieng, welches fic) in einer Quafte mit zween Zipfeln endigte, die in die Schärpe um den Leib eingeftecker waren, und vorn herunter hiengen. Ueberdieß hatte fie in beyden Ohren Ringe, welche durch die zwey Enden einer gelben mit Eopefen durchjogenen Kette, die vorn weit herab bieng, mit einander verknuͤpfet wären. . Noch war in dieſer Geſellſchaft des Hauswirthes Tochter, welche zu feinen Weis bern zu Bafte gefommen war. Sie erzählete uns , daß ihr Mann ad)tzehn Rubel Kaltın2z) für fie bezahlet, ihr Vater aber diefes Geld zurückgegeben hatte, Die Tas tarn haben feine Stuben mit Defen, fondern in jeder Stube find zween Camine neben ' einander, in deren eittem eingebeiget, und im andern gekochet wird. Diefe Stuben fer hen gar reinlich aus; "Es find ſehr breite niedrige Bänfe darinnen, worauf man allezeit einen nad) dem Vermoͤgen des Hauswirthes eingerichteten Teppich, und entweder ein Bette, oder wenigſtens ein Kuͤſſen finder, damit die Fremden ſich bequemlicher darauf fegen oder legen koͤnen. Anſtatt der Fenſterſcheiben bedienen fie fi) der Außerften Haut der Kaͤlbermaͤgen, welche fie über Rahmen ausſpannen, wodurd) es in ihren Stuben ziemlich Helle wird. . | Wir haben die Tatarın überhaupt.als gute und leutfelige Seute befunden, und bet uns ehemals fürchterliche Namen sr Tatarn Fam uns nunmehr ganz anders vor Ueberall, wohin wir famen, fanden wir auf dem Tifche Gefchenfe für uns, welche ge meiisiglieh in einer gerupften Gans und in einem Brodte, oder einer Art von Kuchen be ftunden, Sn Ulga fanden wir noch überbieß, bey einem wohlbemitfelten Sotnik, ei⸗ nen zinnernen Teller voll Honig, mit dreyen darein geſteckten hoͤlzernen Spateln, und einen andern Teller voll Hafelnüffe, q | Die Tatarn haben Ein mufikalifches Inſtrument, das bey den Ruſſen Busli heißt, und einer Harfe ähnlich ift. Es ift mie achtzehen Darmfaiten bezogen, welche über eu nen niedrigen Greg geben, und zunächft dabinter ſeſt gemacher find. Sie find in 2 ann gend 23) Es ift biefes eine Gabe, somit der Brise niſchen Nationen in Sibirien, nur mit dem un⸗ huge tigam, oder deſſen Aeltern, die Braut beſchenken terjchiede , daB fie bey diefen nicht im Gelbe, ſon wauͤſſen. Dieſer Gebrauch iſt auch bey allen Heyd dern in Pferden, Schafen, Riudviehe, Renithn a x D durch Sibirien, 103 gender Ordnung beftimmet: "Die erffe und die zweyte Saite find um eine Quinte von Gmalins einander; die dritte iſt um einen halben Ton höher, als die zweyte; die vierte macht mit Reife. der zweyten eine Terzie, gleichtwie auch die fünfte mit der vierten. Die fechfte ift wieder 17 33°, einen halben Ton höher, als die fünfte; und die übrigen, bis zur achtzehenten, find ins« £ gefamme um einen Ton von einander unterfehieden. Wenn der Mufifant fpielen will, * er ſich und gebrauchet beyde Haͤnde, die rechte zum Baſſe, und die linke zum iſcante. — Wir verließen die Tatarn mit vieler Zufriedenheit, und kamen am ısten des Mor⸗ sens um fieben Uhr, nach Bolſchoi Saramak, und denfelben Nachmittag um ein Uhr, nah Makan, Pilge, des Nachts um ein Uhr aber nach Kaxiaͤ. Am folgen: den Tage, den ı6ten, Vormittags gegen neun Uhr, erreicheten wir Siriſes. Dieſe dier Dörfer find von Wotjacken bewohnet. Bey den Einwohnern derfelben befamen wir nieder mancherley Neuigkeiten: zu fehen. | Faft alle, fowohl Männer als Weiber, haben rorhes Haar. Die Kleidung der Befhreisung Männer ift ruſſiſch, und fie haben kurz verfchnittene Haare. : Die Weibesperfonen ha- derWotjachen. ben, nach den dreyen verfihiedenen Hauptaltern,, auch verfchiedene Trachten. Die al sen Weiber find ruſſiſch gefleider; die jungen haben zwar ein ruffifches Kleid, aber die Aermel find, nach. polnifiher Art, gegen die Hälfte zu, aufgefthnitten, wodurch fie die Hände ſtecken; den herabhaͤngenden Theil diefer Aermel aber ftecfen fie in die Schärpe, Oder den Gürtel, der um ben feib geht. Auf dem Kopfe haben fie eine enge Haube von Birkenrinde; und zu benden Eeiten derfelben, oben, ift eine ungefähr zween Finger breite, und zach hinten zu abbangende Schindel feft gemachet, welche zu beyden Seiten mit ausgehacktem Zeuge,’ oder auch mit fehlechten Franſen befeget ift, Diefer Kopfputz bat eine große Aehnlichkeie mie den Fontangen, dergleichen das europaͤiſche Frauenzim⸗ MER vor Zeiten getragen hats Die Weibesperfonen unter den Wotjacken, tragen auf dem Kopfe ein Räppchen, das unten herum mit ſechs Reihen Bändern befeget ift; und diefe Bänder find mit Eorallen gezieret, wo zwifchen filberne und zinnerne Copefen einge reihet ſind. Oben läuft diefes Käppchen fpißig zu, und iſt der Jänge nach mit acht Bändern reihenweis herum befeget. Ihre Haare find nach ruffifcher Art eingeflechten, und endigen fich in zwoen Schnüren, woran Duaften hängen. Die Weiber ſowohl, als die Dirnen, find fehr ſchuͤchtern, und wir mußten uns gar fehr ernfthaft anftelfen, damit fie ſich von uns betrachten ließen. Die Wotjacken haben faft gar feine Neligion. Sie glauben zwar einen Gott, welchen fie Jumar nennen, und deffen Wohnung, nach ibe tem Borgeben, in der Sonne if; aber fie dienen ihm beynahe durch nichts, Wenn fie eine Noth haben, fo wenden fie fich an einen Mann , welchen fie Dons.nennen, und der ungefähr fo viel, als der Ttſchuwaſchen Juͤmaſſe ift: demfelben Elagen fie ihr Anlies gen, und erholen fich Karhs bey ihm «Wir ließen einen folchen Dona zu uns kommen, und befrageten ihn über unterfchicdfiches, was ung zuerſt einfiel-. Seine Künfte beſtun⸗ den in nichts anderm;, als daß er etwas Rauchtaback, bald trocken in der Hand, hald mit Brannteweine in einer Schaale herumruͤhrte; bernach brachte er feine — x r} \ N Xen, Pelzwerken ıc. beftcht. Diefe Gabe iſt bald _ Aber eg find die Tatarn in der That die hoͤflich⸗ “ Sößer, Bald Eleiner, nach dem, die Braut Vorzii- ſten unter denen fibiriichen Völkern, und die mye SE, oder ihre Aeltern Bermogen haben. Vom hammedaniſchen wieder mehr, als die hey dniſchen. uruͤckgeben diefer Geſchenke hoͤret man ſelten. E Gmelins Reiſe. 1733. 104 | Reife nach Kamtſchatka ſo gut, als er ſie wußte und konnte, vor. Die Wotjacken haben keine Feſttage, und als ich deßwegen nachfragete, ſo antworteten fie mir freymuͤthig, es waͤre bey ihnen al⸗ legeit Fefttag, fo oft als ſis Bier und Branntewein hätten. Inzwiſchen wiſſen fie doch etwas vom Weihnachtsfeſte, welches bey ihnen Roſchdowy heißt; diefes einzige ſeyern fie ‚' zween oder drey Tage lang, bald früher, bald fpäter, fobald nämlich das Dier, wel⸗ ches ſie hierzu brauen, bald eher oder ſpaͤter fertig wird. Uebrigens mangelt es ihnen nicht an gefunden Verſtande. Ich wies ihnen eine Taſchenuhr, und ſagete ihnen, daß fie beftändig zeigete, in welcher Stunde des Tages man waͤre. Es muß alfo, fageten fie, ei⸗ ne Solnzuſchka, d. i. eine kleine Sonne feyn. Sie leben in großer Armuth, welches wir fonderlich daran bemerfeten, weil man uns nirgendwo, als zu Makanpilga, das fonft gewöhnliche Gefchenf mit einer Gans machen konnte. Ihre meiſte Befchäftigung beſteht im Jagen. So bald ein wenig Froſt koͤmmt, laufen ſie in die Waͤlder, und ſchießen Bären, Fuͤchſe, Woͤlfe, Haſen, Eichhoͤrner, einige mit Bogen und Pfeilen, andere, wiewohl wenige, mit Flinten und Büchfen. Sibirien ſtellet oft einen fehr veränderten Schauplag vor. Wir reiferen noch ſel⸗ bigen Tages von Sirijes ab, und famen Abends um vier Uhr zu Werchnoi-Pobju, Beſchreibung einem tſcheremiſſiſchen Dorfe, an, mo wir alle Leute, ſowohl Manns: als Weibsperfonen, der Tſchere Befoffen antrafen. Es war an diefem Tage eine Hochzeit im Dorfe, und wir befamen miſchen. alſo Gelegenheit, die Kleidungen beyder Geſchlechte zu betrachten. Die Mannsleute ſind faſt glle ruſſiſch gekleidet: aber die Weibsperſonen richten ſich ebenfalls wie die Wotſa⸗ ken, nach den verſchiedenen Altern. Die jungen kleiden ſich auf zweyerley Art, jedoch beſteht der Unterſchied unter ſich ſowohl, als unter den alten Weibern nur im Kopfe zeuge. Einige tragen zween Ringe, deren einer den Kopf von vorn bis hinten, und der andere von oben bis unten umgiebt. Der erſte Ring iſt viel breiter, als der andere, und mit einer Neihe Copefen gezieret, welche fich jroifchen zwoen fpigig zuſammenlau⸗ fenden Reihen Korallen befindet. (Die umftändliche Befchreibung diefer Kopfzeuge waͤ⸗ ge dermaßen weitlaͤuftig, daß wir den Leſer nicht damit verdrießlich machen wollen). Ue⸗ ber: die befehriebenen zween Ringe tragen fie eine gerade in die Höhe ftehende Muͤtze, faft in Geftalt unferer_Grenadiermügen. Die Haare gehen vorn über die Müge hervor, und hinten find fie rund zufammengedrehet. ine andere junge Frau hatte ein ſchmales vun. bes Käppchen auf dem Kopfe, das ebenfalls mit Copefen und Korallen befeget war: Diefes Kaͤppchen endigte ſich in einem Schweife, der aus einem einen Zoll breiten Bande beftund. Ein Mägdchen von ungefähr funfzehen Jahren, Hatte nichts anders auf dem Kopfe, als ein Tuch, das hinten, nad) Art der perfifchen Tapeten, gefticfet war, und in ein Dreyeck ausgieng. Dieſe Dirne ſah ziemlich wohl aus, und war eben deſſelben Tages von ihrem Vater zum Verheurathen ausgebothen worden: aber es wollte keiner zum Raltın mehe für ſie geben, als fünf Rubel, und ihr Vater verlangete doch zehen ubel: daher er fie lieber bis zueiner beſſern Gelegenheit bey fich behielt. Sonft nahmen wir noch verſchiedene Seltenheiten in der Tracht der Tfcheremifchen wahr, unter andern, daß einige Weibesperfonen an den Füßen Fleine Scheilen hatten. Wir waren fehr begi® zig, den Zauberer des Dorfes, welchen fie Woroſchei nennen ‚zu fehen: aber es wurde ung gemeldet, er wäre verveifet; vielleicht wollte er auch nicht zu Haufe feyn. Des Abends um acht Uhr verließen wir WOerchnoi-Pobiu, und Eamen am 174 December frůh um acht Uhr zu Boͤtſcho Pilga, einem wotjackiſchen Dorfe an. — ANDERE KLEIDUNGEN DER RAUENSPERSONEN IN SIBIRIEN . —— I |’ u — —IJLCIIIIIIIIIIIIIIIII 7* Kor m IE LE TEN 1] Pe 4 RS durch Sibirien. ee ſe Wotjſacken kamen uns:ganz anders in ihrem Umgange, als bie vorhin befehriebenen, Gmeling - vor. Ich weis fie mit niemanden beffer, als mit den finnifchen Bauern, zu vergleichen. Reife. Auf hundert Fragen antworteten fie uns Faum ein Wort, und alle ftelfeten fich, als ob fie 173 3+ nicht Ruffifch verkünden, da bingegen die vorigen. allemögliche Mühe antwandten, ſich gegen uns zu erfläven; vielleicht weil fie von den mit ihnen benachbarten Tatarn mehr gefelliges Wefen gelernet hatten.” Die Tatarn find, wie ich bereits gefager babe, fehr gefprächi- ge Leute; und die, welche über dreyßig Jahre alt find, fprechen meiftentheils ziemlich gut Ruffifch und Tſcheremiſſiſch. Die Tfcheremifchen und die Worjacken reden hinwiederum Tatarifch und Ruſſiſch; aber die legteren verftehen, wie fie ung ſageten, fein Wort vom Tfiheremiffifchen, weil ſie mit diefem Wolfe fehr wenig ilimganghaben. Unter dieſen Voͤlkern find die Tatarn, und nächft diefen die Tſcheremiſſen, die reinlichſten; die Wotjacken hingegen fehr unreinlich. Doch haben alle diefe Voͤlker Fei- ne Defen, weder zum Heizen noch zum Kochen, und ihre Wohnungen gleichen den oben befihriebenen tatarifchen. Dem ungeachtet find ihre Stuben, eben fo wie bey den ges „Meineften Ruffen, voller Rauch: denn fie brennen Feine Lichter, fondern Pergel (Lutz ſchinki 24), Zum Kochen und Braten bedienen fie fich des Fleiſches von Pferden, Rüben, _ Bären und Eichhörnern. Die Wotjacken und die Tſcheremiſſen effen auch Schwein« fleifch, haften aber nur felten Schweine: den mudammedifhen Tatarn ift es nach. ihre Gefegen verborhen. \ - Bon Boͤtſcho⸗Pilga aus hatten wir zween Wege vor uns, den einen durch lau« ter Dörfer, bis nah Oſſa; den andern durch Sarapul. Diefer legte ift ein Ummeg bon zehen Werften: nichts defto weniger erwähleren wir ibn, in der Hoffnung, daß wir don der Erbauung diefer Stadt und den umliegenden Dertern fichere Nachrichten einziee ben würden. Wir fuhren Mittages um zwölf Uhr von Boͤtſcho⸗Pilga ab, ımd wie⸗ wohl wir bis Sarapul in einem fortzufahren enefchloffen waren, fo. fahen wir ung den- hoch, wegen eines Schlittens, der ung unterweges zerbrach, genoͤthiget, uns in dem Dorfe Bůgruͤſch Jeſaſchnoi aufzuhalten. Der Beyname Jeſaſchnoi bedeutet, daß diefes Dorf nicht zu den Kammergütern gehoͤret, wie es doch mit den meiften Dörfern in diefen Gegenden ift. Eine Werft davon liegt Buttruͤſch Tjagloi, welches ein Kam mergut iſt. Etliche Werfte, che wir nach Bugruͤſch kamen, fahen wir zween Kere⸗ Mets, einen wotjschifchen und einen tfeheremiflifchen, auf freyem Felde. Dieſe eremets find aeheiligte Derter, wo befagete Nationen ihre Neligionsübungen freiben. Sie waren eben fo befchaffen, twie derjenige, welchen wir bey den Tſuwaſchen gefehen hatten; nur haben die Keremets darinnen etwas befonders, daß Diefe auf freyem Felde find; der andern benannten Wölker ihre hingegen befinden fich in den Wäldern. Man mußte uns feine andere Urfache von diefem Unterfehiede anzugeben, als daß es der Wot⸗ jschen Dona, und der Ticheremiffen Muſchon oder Muſchangetſch fo verordnet hätte, Die Tſcheremi en haben, außer ihrem Muſchon, noch einen vornehmern Mann unter fih, welchen fie Juͤgtuͤſch nennen. Sein Amt ift, die. Anftalten zu den Opfern zu machen, die Ordnung, in welcher fie gefeheben ſollen, zu beftimmen, bey Hochzeiten gewiſſe Gebether für den Segen des Hauſes zu verrichten, und den Gäften Bier und Meth zu reichen, bis es ihm genug zu feyn deucht. Nach 24) &s find fange dünne Späne son Fichtenhofge. Allgem. Reifebefchr. XIX Band. 9 Ba Smelins Reife, 1733+ — Zahmer Bi⸗ ber. 106 | Reife nach Kamtſchatka Nachdem wir unſern zerbrochenen Schlitten gegen einen andern vertauſchet Hatten, Famen wir den igten früh um drey Uhr in Sarapul Sioboda an. Nabe bay diefet Slobode ift eine kleine Stade, oder vielmehr eine Fleine Feftung, welche ziemlic) hoch liegt, und mit einer dicken hölzernen Wand umgeben if. Wir trafen daſelbſt dreh Uprawitels, eine Art von Stadtbeamten, an, von welchen jedoch zween ihr Amt niebergeleget hatten. ° Weil ung fogleich bey diefem Titel das viele Boͤſe, welches und der Uprawitel zu Bronnitz angerhan hatte, in den Sinn kam, fo beforgeren wir, daß ihrer dreye uns noch viel mehr, als ein einziger, plagen wuͤrden: aber wir hatten uns, zu unſerm Vergnügen, hierinnen geirret; denn fie bemuͤheten ſich, wie um die Wette, uns aufs beſte zu empfangen. Sie zeigeten ung, indem fie uns in der Feſtung herumfuͤhre⸗ ten, vier Canonen, womit einft die Baſchkiren, Die diefer Feftung zu nahe: gekommen waren, abgetrieben worden wären 25), Bey dem wirklich im Amte ftehenden Uprawi⸗ tel ſahen wir einen zahm gemachten jungen Biber, der in der Stube herumlief und alles mie ſich machen ließ Der Uprawitel erzaͤhlete uns, daß dieſes Thier zuweilen wohl dreyßig Werſte weit herumſtriche; daR es andern Bibern ihre Weiber entfuͤhrete, die es mie ſich nach Haufe braͤchte, und fie wieder laufen ließe, wenn es feine Begierden ge ſͤttiget hätte. B Unfere Uprawitels unterhielten uns fo wohl, daß wir Sarapul erft Nachmittags um drey Uhr verließen. Durch den Flecken Noͤtſchking, mo wir über Die Rama ſetz⸗ ten, Famen wir des Morgens um fünf Uhr im Dorfe Saigatki an; und Abends um vier Uhr bis zum Flecken Dubrowa. Es waruns zu Sarepul gerathen worden, durch das Sand der Baſchkiren nah) Kuagar zu geben, und wir waren auch dazu enefchlof fen, weil wir wieder Neuigkeiten zu feben hoffeten: allein, die Einwohner zu Dubrows mwiderrierhen e8 uns, unter bem Vorwande, daß die Wege fehr fehlecht, und an vielen Stellen gar Feine Wege wären, fo daß wir würden zuruͤckkehren muͤſſen. Wir ließen uns hierdurch abhalten, erfuhren aber hernach, daß es fügen gewefen waren, Wir reis ſeten alfo uͤber Cſchaſtie Sloboda, nad Oſſa Sloboda und erreicheten beyde Oer— ter des andern Tages, nämlich den zwanzigſten December, den erſten Vormittags um neun Uhr, den andern Abends um fieben Uhr. Won Lafan aus, bis nach Dubro⸗ wa, hatten wir faft nichts, als Eichen, in den Wäldern gefehen: binter diefem legeer# Drte aber fanden wir Feine Eichen mehr; wovon auch der Namen diefen Flecken gegeben it, immaßen Dubrowoi⸗Ljes einen mit Birfen und Fichten vermengten Ort bebeir- tet. Auf dem Wege nach Oſſa, fünf Werſte weit davon, kamen wir zu einer Sawoda, d. i. Rupferbütte, deren Befiger Nitika⸗Nitikitz-Demidow hieß. Wir fliegen ab, diefe Kupferhliete zu beſehen, erfuhren aber, daß fie erft.neulich war angelegee wor den, und weder Leute vorhanden, noch die Defen in fertigem Stande waͤren. Von Tſchipſchugi Slobode an, Batman eine befondere Weife, die Weiten ber Oerter vol einander: zu berechnen. Die Tatarn rechnen nad Aletſchack, die Wotjacken nad) Tſchumkas und die Tſcheremiſſen nah Koſchnias; aber die Ruſſen haben das wol jadifche Wort Tſchumkas behalten. Fl | Dieſes Er, Es war ſolches vor achtzehen, oder wie andere ſageten, vor ſechs und zwanzig Jahren, HM heu. — Eırklaerung, wg u die Ze Höhle. IB. 2. Blestze.in welchen viele krumme/ Gangefind welcheicht in’ Zas un:\\ terirdische Gewölbe ‚falle a lasjen. | CO -Stücken Stein:, die von dem Er® — —— D. Bei € Zyps nel zu Örennen.- B. Natur liche Helje lerR - — — des 4. Meolas. auf einen — * else durch E77 werksleutzi — werde G.Kleiner Sandberg: H.Xlener runderleich,war'z aus einFluß komt,der „ich av der Örde — Iı. Fuß der soneinemXellen und einenfchzumen) (chende: Strom — 7— | K.2fller oder Stützerv. LNatürdche Gewölber un) in — Ver GRUNDRISS DER HOHLE ZU KUNGUR — —— ind no nnnd — ————— — 38 1 1. « — durch Sibirien. | 107 Dieſes Maaf beträgt eine gute deutſche Meile: indeffen ift es fo eingefuͤhret, daß Eimelins man nicht mehr, als fuͤnf Werſte, darauf rechnet. Ich habe bey allen Deren, wo wir Reile- friſche Pferde bekamen, die Weite nach der gemeinen Art, naͤmlich fünf Werſte auf ei- 1733. ne Tſchumkas, gerechnet, da man doch billig acht Werſte darauf rechnen ſollte. Dies fer legteren Rechnung zu Folge, find von Caſan bis nach Oſſa, fieben hundert und ſieben zehen Werſte. Wir Hatten oft Stationen von fieben Tſchumkas, wofür man bey- nahe fechzig Werfte rechnen kann; dennoch) bezahleten wir nur für fünf und dreyßig Were fie. Wir fahen bey folcher Gelegenheit mie großer Verwunderung, daß die Pferde zu- weilen vierzehen bis funfzehen Stunden nad) einander, ohne gefüttert zu werden, aus⸗ biefeen, und ohne daß man eben hätte fagen fönnen, fie wären allzu fehr abgematter gewefens Bey Oſſa Sloboda liege auch Oſſa Gorod, ein ſehr Fleiner Ort. Wir wolle ten fogleich wieder fort: aber beyde, der Uprawitel und der Staroſt, waren fehr betrun⸗ Een, und nicht im Stande, uns fo geſchwind fort zu fhaffen. Weil wir nun zu Kum⸗ gur einige Beobachtungen zu machen, und ein paar Tage dafelbft zu bleiben gedachten, Tr fand. Here Müller nebſt mir fuͤr rathſam, mie dem Maler Berkhan und erlichen Soldaten voraus zu gehen, damit wir, wenn die ganze Gefelffehaft in Kungur anfa- me, mit unfern Beobachtungen fertig ſeyn, und fogleich wieder abreifen koͤnnten. Wir überteugen alfo die Aufficht über die Geraͤthſchaft und die Soldaten dem Zeichenmeifter Luͤrſenius, giengen des Morgens um fieben Uhr voraus, und Famen mit unabgewech- feiten Pferden bis Burma, einem tatariſchen Dorfe, wo wir Abends um neun Uhr anlangeten. Wir reifeten Durch einen Wald, welcher vier und funfzig Werſte lang war. Die Tatarn, die diefes Dorf bewohnen, find von den Eungurifchen Tatarn, und haben, wie uns der Dolmetſcher berichtete, einen andern Dialect, als die cafanifchen; - esgehen auch ihre Weibesleute etwas anders gekleidet. Eine junge Frau, für welche ihe Mann fünfzig Rubel Kaluͤn gezahlet hatte, trug ein langes blechernes Futteral an der Schärpe; in demfelben befand fih ein Faden und eine Nehnadel, Es war an fel« biges Futteral auch) ein Amulet gebunden, nämlich ein Knochen aus dem Knie eines Bibers: diefes tragen fie, wenn fie Schmerzen an den Füßen haben, - ' I Am aaften December gegen Mittag Famen wir in der Stadt Kungur an, und Ankunft der recht zur glücklichen Stunde, weil wir uns mit dem Heren de Is Croyere noch befpre- Akademiſten hen konnten, welcher im Begriffe war, aus Bungur abzureifen. Er gieng eine hal- 1 Kangur. be Stunde hernach ab, und wir bezogen deſſen Herberge; womit aber der Hauswirth, welcher der erfie Bürgermeifter allda war, nicht wohl zufrieden war, weil er befürchte: ge, wir möchten im Weihnachtsfeite bey ibm bleiben, fo daß er nicht Raum genug ha⸗ ben würde, feine guten Freunde zu bewirthen. Den Tag nad) unferer Ankunft ließen wie uns zu derjenigen Hoͤhle führen, welche Hoͤhle beh Strahlenberg beſchreibt, und alle Reiſende zu beſehen pflegen. Wir hatten niemanden, Kungur— der ung darinnen herumfuͤhren konnte, als einen von unſern Fuhrleuten, welcher ſchon mehr als einmal darinnen geweſen war. Wir begaben ung Vormittags um halb zehn Uhr hinein, und verirreten uns oft, ja zuweilen Erschen wir auf allen vieren herum. Als wir vor Müdigkeit nicht weiter kommen Fonnten, fd lagerten wir uns bey einem von den Einwohnern feldiger Gegend in der Höhle aufgerichteten hölzernen Kreuze, weiches der mertwurdigſte Hut darinuen iſt. Man erzaͤhlete uns, daß dieſe Hoͤhle ehemals von 2 Rufen Gmelins Reife, 1733+ ——— heraus, erfuhren aber, daß der Fuhrmann noch nicht heraus wäre, Reife nach Kamtſchatka⸗ Ruſſen bewohnet geweſen, welche bey einem Einfalle der Baſchkiren dahin geflüchter ; wären. Wir befohfen dem Fuhrmanne, uns einen bequemen Ruͤckweg zu fuchen, und uns alsdann abzuholen. Er blieb uns aber allzu lange aus, und wir giengen durch ei- 308 nen fürzern und bequemern Weg, den wir ungefähr fanden, Nachmittags um zwey Uhr . Wir viefen ihm zu: weil er uns aber nicht hoͤrete, fo ließen wir ihn, wo er war, . Den folgenden Tag Abends fam er in unfere Herberge, und erzäblete uns, daß er eben jetzo erſt aus der‘ Höhle kaͤme, weil ihm die Sichter verlöfcher wären, und cr fich nicht. hätte herausfinden koͤnnen. Er war im Gefichte fehr beſchaͤdiget. Er fagere, er hätte die ganze Macht lang ein großes Laͤrmen in der Höhle gehöret, welches, nad) feinem Vorgeben, von eis nem. Gefpenfte berrührete, und andere Leute hätten eben dergleichen ſchon oft gehoͤret. Diefe nafürliche Höhle befteht aus Kalffteinen; fie enthält aber bey weiten nicht fo viele Merkwuͤrdigkeiten, als die berufene Baumannshoͤhle auf dem Harze, oder auch, als das Nebelloch im Herzogthume Würtemberg 26). wi Am z4ften Dec. Abends um fünf Uhr verliehen wir Kungur, und fuhren des Nachts durch zween Fleine Flecken. Sodann nahmen wir einen Umweg von zehn Wer- ſten, die irginifchen Sawoden, d. i. Schmelsbütten, zu befehen. Wir famen bes Mittages dafelbft an, fahen aber viel weniger, als wir gehoffer hatten. Sie waren erft neu angeleget, und noch mit fchlechten Arbeitern befeget. Für die Eifenerzte ift ein hoher Ofen, und ein Garofen; für die Kupfererzte aber find zween Schmeljöfen, ein Garheerd, und noch ein Ofen, wo das Kupfer in Stangen gegoffen wird, - Das Eifen- erzt bricht zwanzig Werfte weit davon, und es giebt ein Zentner nur zwanzig Pfund + das Kupfererze aber wird von Burma dahin gebracht. Auch ift allda ein Kramladen, wo allerley fehlechte moſcowitiſche Waaren, und am Orte felbft gearbeicere Fupferne, in⸗ —— verzinnte Gefaͤße, verkaufet werden. Dieſe Kupferarbeit iſt nur ſchlecht beſchaffen. Am folgenden Morgen um fünf Uhr kamen wir nah Jaluͤm, einem tatariſchen Dorfe, das nur aus etlichen Haufen beſteht. Die Tracht der Weiber hatte hier vor der, bie wir bey andern Tatarn gefehen hatten, etwas Befonderes. Der $eib war zwar nach euffifcher Are, mie einem Kleide, das vorne Knopfloöcher hat, bedecket: aber das Kopf⸗ zeug ſah ganz anders aus. Won beyden Seiten hängt ein zween Finger breites Band herab, welches mit Copeken und Korallen befeger iſt; und beyde Bänder ſchließen ſich unter dem Kinne zuſammen. Der Kopf war mit einem Kaͤppchen bedecket, das oben in der Mitte rund ausgeſchnitten war; und alles war auch mit filbernen Eopefen und Koralfen beſetzet. Es ender ſich Hinten mit einem Schweife — iſt, als das Weib, welches ihn traͤgt. 26) Stenhlenberg, in einer hiſtoriſchen und geographifchen Beſchreibung des ruſſiſchen Reiches, im-ızten Eap. a. d. 371 S. ſaget von dleſer Höble bey Kungur folgendes: „Zwo Ber: „ſte vor diefer Stadt, an den fetten Ufern des Fluſ— „ts, Syliva genannt, welche Ufer aus einer »Battung weichen Alabaffers beftchen, woraus die „Rufen Gips breunen, Befindet ſich sine Hoh— welcher beynahe fo ſchwer „te, die, wie es. ſcheint, ein Werk der Natur „iſt, wo man aber Kammern in folcher Menge „ausgeasbeiter hat, daß wohl hundert Familien „darinnen Raum hätten; weraus zu vermuthen „ſteht, daß dieie Höhle vor Zeiten bewohnet gem „te if. Sie ift ſechs Werfte, 8: f eine deweihe „Meile lang, und uugefaͤhr halb ſo dreit. Die „Woͤlbnug beſteht aus Gipsſteine, weicher mit = * J Von | durch Sibirien. | 109 . Bon Jaluͤm an, bis nad) Podglinoi⸗Gori, mo ein Zollhaus if, damif fein Smelins Unterſchleif beym Zolle geſchehe, fuhren wir, fünf Werfte weit, beftändig bergab: und Reife. dieſes ift das uralifche Gebirge, welches, nach dem Herrn von Strahlenberg, Eur 1733. vopg von Afis, und Bußland von Sibirien ſcheidet. In Werchoturien find Hoch zwey andere ſolche Zollhäufer, wo die aus Europa Fommenden fremden Waaren nur verſiegelt werden. Dieſes Siegel wird in den Städten erbrochen, die Waare be- ſichtiget, und der Zoll davon enfrichter. X Unſere Reiſe gieng in dieſem Diſtriete ſehr langſam zu, weil wie nur felten friſche Pferde bekommen konnten. Es find dort ſehr wenige Doͤrſer; und dieſe beſtehen gemei— niglich nur aus einem oder zwehen Haͤuſern, wo eine Soldatenwacht iſt. Zur Noth befa- men wir in einer jeden Station ſechs bis acht Pferde, ſo daß wir nur diejenigen, welche am allermuͤdeſten waren, abwechſeln konnten. Am ogften Dee. fruͤh erreicheten wir die Schmelzhuͤtten (Sawoden) zu Sche⸗ lesnje. Hier ſahen wir zween hohe Oefen, und einen Garoſen. Das Exrzt, welches man darinnen ſchmelzet, wird zwanzig Werſte weit von dem Bache Schiſchim ber ge— bracht. Endlich langeten wir am zoften Dec. fruͤh in Catharinenburg an. Dieſe Stadt iſt im Sabre 1723 von Peter I angeleget, und 1726 unter der Kai- ferinn Catharina vollendet worden, von welcher fie den Namen befonmen bat, Sie gehoͤret zu der tobolskiſchen Provinz, hat aber ihre befondere Gerichtsbarkeit, und ſteht nicht unter der fibirifchen Regierungskanzelley. Sie fann als der Mittelpunft aller fibieifchen Huͤtten⸗ und Schmeljwerfe angefehen werden: denn allda bat das fibirifche Oberbergamt feinen Sitz, und führer die Aufficht über alle andere Bergwerke. Alle darinnen befindliche Häufer find auf Faiferliche Koſten erbauet, und werden daher auch insgefamme von Faiferlichen Beamten, oder auch von Meiftern und Arbetrern, im Berg- und Huͤttenweſen bewohnet. Dieſe Stadt ift regelmäßig, und nach deutfcher Are er- bauer. Sie ift, wegen der gefährfichen Machbarfchaft der Baſchkiren, mit Feftungs- werken verfehen, und mitten durch fleuße der Iſet⸗ Strom, melcher durch Kunft fo aufgeſchwellet ift, daß die vielen daſelbſt befindlichen Schmelz- und Hammerwerfe ei- nen hinlaͤnglichen Vorrath an Waffer Haben Die Kirhe in Catharinenburg if don Holze erbauet: aber es ift fihon der Grund zu einer fleinernen geleget. Der dama- lige Commandant war der Generallieutenant, Herr von Hennin, welcher auch zur Er— bauung des Ortes das meifte bengerragen hat. Er war Präfident des Oberberganttes; und unter ihm ftund ein Benfiger aus dem Commerciencoflegio. Es ift auch in der Stadt ein Kaufhaus mit hölzernen Kramläden angeleget, worinnen aber, außer ein- heimiſchen Waaren, wenig Vorrath iſt. Sonſt iſt noch ein Zollhaus, das unter Der Regierung zu Tobolsk ſteht, und wo, zur Zeit des irwitiſchen — * Sy rch⸗ Eintritt der Akademiſten in Sibirien. Eatharimene burg» de bedecket iſt; und ober find verſchiedene Deff- »Uungen, und gleihfom Luftloͤcher, wodurch das „Licht einfällt, In derfelden fiehe man einen ne- tuͤrlich gewachſenen Felſen; eine Geſtalt des hei. igen Nicolaus, welche vor ruſſiſchen Arbeitern »darein geſetzet worden, und ein Krenzz ferner einen kleinen runden Teich, woraus ehr Büchlein sfleuße, welches füh im die Erde verliert; eine Waſſer quelle, die aus einem Felſen herabſtuͤrzet, „und ſchaͤumend mit einem: Geraͤuſche dahin fleußt 5 „einen großen Raum, wo Gras und Blumen Wwachſen; eine Are vom ſtehendem See, der län: „ger als: breit iſt, auch viel Eleine Vertiefungem, „vie Bilderblinden, welche füh vom Natur im dem Felſen ausgehoͤlet baden „. 18, 2 EN Brrelins Reife, 1733 — — 1734 Bergwerke zu Polewa. — — Reiſe nach Kamtſchatka durchgehenden Waaren beſichtiget werden. Es iſt dieſe Zeit die einzige, wo es ben Kaufleuten erlaubet iſt, durch Catharinenburg zu gehen; und man würde auch dieſe Erlaubniß gern aufheben, weil man ber Paͤſſe nicht allezeit genugſam verſichert iſt, und leichtlich Nebenwege genommen werden koͤnnen, wodurch dee Zoll hintergangen wird. Allein, weil viele Kaufleute einen allzu großen Umweg wuͤrden nehmen muͤſſen, mer: fie dieſen Weg nicht reiſen dürften; fo ziehe man bierbey das gemeine Befte vor, un? giebt fo genau Achtung, als es fich thun läßt. Wenn man auf einmof einen Grund im Berg: Hammer: und Hüttenwefen legen will, fo darf man nur Catharinenburg befeben: Die dafigen Werke find alle indem beften Stande, und. die Arbeiter ſehr geſchickt und fleißig. - Man hält allda die Arbei⸗ ger, ohne Imangsmittel, auf folgende Weife vom Saufen. ab. Es darf zu Feiner Zeit, ausgenommen Sonntags, und nur Nachmittags, Dranntewein verfaufee werben. Dası mit acer auch diefer Tag nicht enfheiligek werde, fo ift nur ein gewiſſes Maaß zu geben erlaubta und hierüber wird ſcharfe Obficht gehalten. Die Pefoldungen werden richtig alfe vier Monate ausgezahlet, und die Lebensmittel find überaus wohlfeil, Wenn je- mand krank wird, ſo hat er, in dem dazu angelegten Hoſpitale, worüber ein Stabs- wundarzt gefeger ift, feine gute Verpflegung. ; In Diefes Haus werden auch die Krans ken aus denen in der Naͤhe befindlichen Werfen gebracht. In der Macht des zuſten Dec, hatten wir Gelegenheit, eine Gaukeley, die uns aber gar nicht luſtig vorfam, in unferer Herberge anzufehen. Es war unfere Stube, ebe wir es ung-verfaben ‚ voll vermummeter Jeute, und einer führete die Bande an, Er war ganz weiß gefleidet, und hatte eine Sichel in der Hand, welche er oft wetzete. Die⸗ fer bedeutete den Tod; und ein anderer flellete ven Teufel vor. Der Tod fagere zu uns: Chriſtus wolle Haben , daß wir nicht länger leben follten; und der Teufel wollte, wie es fhien, fein Antheil auch gen an uns haben. Wir gaben ihnen ein Trinkgeld, womit fie vergnüget waren, z Im dten Jaͤnner 1734 giengen Herr Muͤller und ich, im Gefolge des Herrn Ges neralfieutenants von Hennin, nad) den polewaiſchen Kupferwerken, welche zwey und fünfzig Werſte von Catharinenburg entfernet find. , Wir fuhren in dasjenige Berg» were ein, welches im Bezirke der wider die Einfälle der Baſchkiren angelegten Werke iſt; aber nicht durch den ordentlichen Schacht ſondern wir giengen auf einer guten Trep⸗ pe hinab, fo daß wir bey weitem nicht fo viele Beſchwerlichkeiten, wie in den deutfchen Borgiverken, -auszuftchen hatten. Das Gebirge ift nicht fehr feſt; jedoch kann es ohne Schoͤſſe nicht wohl gewonnen werden. Das Erzt bricht nicht in Gängen, fondern nur in Neſtern, und giebt, eins ins andere gerechnet, drey Pfund Kupfer vom Zentner. Es beicht in einer [hwärzlichen, etwas alaunhaften Erde, Weil die Erzte nicht fehr rief‘ fallen, fo hat man felten noͤthig, die Werke über hundert Faden tief zu bauen. So hak man auch Eeine große Beſchwerung vom Wetter; und die Waſſer werden durch Pum— pen, welche die Polewa treibt, ausgezogen. "Bon dom Bergwerke giengen wir in die Hütten, wo man alle diejenigen Oefen finder, welche Rohſtein, und aus ſelbigem Kupfer zu machen, erfordert werden. Eben Hafeldft find auch zwar Puchwerke. Alles dieſes wird von gedachtem Fluſſe Polewa⸗ welcher durch einen Damm aufgeftauet iſt, getrieben. Nachdem wir alles beſehen hat⸗ ten, fo reiſeten wir wieder nach Catharinenburg zuruͤck. pr e A R / L durch Sibirien. Sur) Herr de la Cropere wollte feine Abreife nah Tobolsk beſchleunigen, in der Ab- Gmelins ſicht, aftrönenifehe Beobachtungen, zu Beſtimmug ber wahren Lage, in Anſchung Bette, der Sänge und Breite diefes Ortes, allda anzuftellen, Er verließ ung daher, nebit den vier Feldmeſſern und zween Studenten von der Gcfellfehaft, und reifere am Hten Jenner von Catharinenburg ab. Herr Müller, und ich, mußten, theils megen genanerer Nachrichten, die wir noch vonden fibirifhen Huͤtten⸗ und Hammermerfen einzuziehen bat- ten, theils auch megen verfchiedener Inſtrumente, Deren wir zur dan meteoralogifchen Beob⸗ achtungen nörbig haften, noch einige Tage länger in Catharinenburg bleiben. Ueber⸗ dieß waren wir Willens, im Gefolge des Herrn General Keutenants von Hennin, noch andere fibirifche Bergwerfe, wie auch den Jahrmarkt zu Irbit, zu befichen, Am dierzehenten befam Herr Muͤller einen Brief von dem Seehanpfmanne, Herrn Ber ring, mworinnen dieſer ihm feine bevorftchende Abreife aus Tobolsk berichtere. Und weil wir noch mancheriey, wegen unferer fernern Reife, mit ihm abzureden hatten, fo reiſete Herr Muͤller, nebft dem Maler, den Zeichenmeifter, dem Dofmetfeher und zween Studenten, noch felbigen Tages fort: ich aber blieb mie einem Studenten und zween Eoldaten zuruͤck. 1734. — — Sch reiſete endlich auch, am roten Jenner, mit meinem kleinen Gefolge ab, und be- Abreife von gfeitete den Herrn General Keutenant von Hennin nach) den übrigen Werfen, die ih) SERIE urg · noch nicht geſehen hatte. Bey meiner Durchreiſe durch Phomino erzaͤhlete man mir, daß zwo Tagereifen davon eine große Wuͤſteney wäre, in welcher ſich etliche Seen, ei: nige falzige, andere aber fo bittere befanden, daß felbit das Vieh nicht daraus trinfen möchte; es gäbe auch darinnen wilde Pferde. Zu Pockrowskoje⸗Sield, drey und fiebenzig Werfte, geraden Weges weit, von Catharinenburg, fab ich eine befonde- dere Art milder Kirſchen, welche fänerfich von Gefhmacke find, und einen laͤnglichen Kern haben. / _ Selbigen Tages, Abends, erreichete ich die Eifenfchmefzbürte zu Ramenstie, am Fluſſe Kamenka, welche nie einer hoͤlzernen Wand und mit ſpaniſchen Reitern umgeben iſt. Die bier befindliche Hürte ift eine der äfteften , und das allda bereitere Eifen das befte aus ganz Sibirien, immaßen es ſehr fafericht und weich iſt, und ſich zum Stuͤck⸗ gießen am beſten ſchicket. Am z2ften kam ich in der Sloboda Kamuͤſchlowska an. Hier ſcheiden fich die Wege nach Irbit und nach Tobolse, Der Weg zer ünken führer nad) Irbit, und diefen ermählete ich. Irbit, wo ich am 2zſten Jenner ankam, liegt zwey hundert Werfte weit von Jahrmarkt zu choturien, und zwey hundert und acht und zwanzig Werſte von Catharinen⸗ Jrbit. burg. Im Hineinfahren ſahen wir ſogleich was für ein großer Zulauf zu der Meile war, Man konnte kaum durch die Straßen fahren; fehr war alles mit Menſchen, Pferden und Schlitten angefülker. Es iſt faſt feine einzige Stade in Rußland und den ruſſiſchen Provinzen, woraus nicht ein oder mehr Kaufleute nach Irbit Fänen. Box fremden Nationen waren Grie- ben, allerley Tatarn, und Bucharen aus des kalmuckiſchen Fürften, Galdan Zivan, Gebiethe, vorhanden, Alle viefe Meßkaufleute brachten Waaren aus ihren Landern Und Fabrifen dahin. Die Griechen Batten meiftens auslaͤndiſche Waaren von Ars changel, 5 €, Weine, Franzbrannteweine dc, Die vornehmften Waaren Her Bucha⸗ von * " Gmelins Reife. 1734 — ꝰ Tjumen. 112 Reiſe nach Kamtſchatka ven beſtunden in gediegenem Golde und Silber, das fie nach dem Pud (Gewicht von vierzig Pfunden) verfaufeten, ‚Einige Ruffen hatten auch Silber, das in Gräbern ge— funden worden war, zu verfaufen, Die Kaufleute find fihuldig, alle Waaren in dem Zollamte anzugeben, und müffen von allem, ausgenommen vom Golde und Silber, Zoll entrichten, Diefer beträgt den zehenten Theil aller Waaren, der wirklich (in natura) abgegeben wird. Außer dieſem wird noch das Hebrige der Waaren gefihäßet, und ze⸗ ben vom Hunderte bezahle, Wenn alles verzollet ift, fo koͤmmt es auf den Woywo⸗ den von Verchoturien an, welcher fih zur Zeit des Jahrmarktes mit etlichen Perfo- nen von feiner Kanzelley zu Irbit aufhält, wenn er den Jahrmarkt eröffnen will. Den Kaufleuten ift Daran gelegen, daß es geſchwind geſchehe. Wenn nun der Woywode gern . Geſchenke nimmt, fo fejiebt er den Termin fo lange auf, bis er genug geſchenkt befom- men bat, Die ordentliche Zeit war ehemals das Feſt der heiligen drey Könige: aber Damals wurde der Jahrmarkt bis zum fieben und zwanzigſten Jenner aufgefihoben. Am aoften wurden zwar alle Buben eröffnet; aber auf Befehl bald wieder zugeſchloſſen; nad) etlichen Stunden wurden fie wieder geöffnet, und fogleich hernach nochmals zugefchloffen, his endlich) am zyften die völlige Eröffnung vor ſich gieng. Es wurde ein Zolleinnehmer unter das Thor der Slobode gefeger , welcher von allen eingehenden Eßwaaren, fo lange der Markt währete, den Zoll einnahm. Wie es fhien, Fam diefer Zol fediglich auf die Willkuͤhe des Einnehmers an: denn ich hoͤrete einen Bauer Flagen, daß er von einem Paare Spanferkel ſechs Copeken hätte bezahlen müffen, und doch nicht mehr als vier Co» pefen Daraus gelöfet hatte. - So bald vie Kramläden eröffnet waren, wimmelte alles von allerley Bolfe, Eine Bude war mit folchen Waaren angefüllet, die man im. Zollhaufe weggenommen. hatte, und in Geld zu feßen firchere, Syn einer andern waren Kupfergefihirre aus Catharinen- burg. - Sonft wurden auch allerley Leckereyen und ungewöhnliche Getränke verkaufet. Man buch Eleine Kuchen und Torten auf öffentlicher Straße. _ Endlich waren auch bier und da ganze Haufen Bettler, die in einem Kreife um ein Feuer berumfaßen, und geift- liche Sieder fangen. j EN Des Abends gieng ich aus Irbit wieder ab, und zween Tage hernach Fam ich. in Ljumen an. F Diefe Stadt ift von mittelmaͤßiger Größe, und hat groͤßtentheils hoͤlzerne Haͤu fer; wie denn auch ihre Ningmaner nur aus hoͤlzernen Wänden beſteht. Es jind darin. nen neun Kirchen und zwey Klöfter, deren eines ein Nonnenklofter ift. Das Mönche kloſter und die Haupffirche find ſteinerne Gebaͤude. Erſteres liegt an dem füblichen Ufer der Tura, außerhalb der Stadt, und es muß allda im Sommer überaus angenehm zu jeben feyn. Es wurde eben Damals Hinter dem Kloſter eine neue. Kirche von Steinenund eine Mayer erbauet. Die Stadt felbft liegt ebenfalls am ſuͤdlichen hohen Ufer der Tur⸗ aber fie erftredet fich landwaͤrts ein. Durch die Stadt fleußt ein Slüßchen, Tamentki⸗ Kluiſchi oder Betſchki genannt, welches ſich in die Tura ergeußt. Nicht weit von dem erwaͤhnten Moͤnchskloſter liegt auch die Jamskaja Sloboda, und an der Nord⸗ ſeite des Fluſſes, dieſer Slobode gegenuͤber, eine tatariſche Slobode. Es iſt ſonſt gewoͤhnlich, daß man von Tjumen aus, bis Tobolsk, mit unabge⸗ mwerhfelten Dferden reife. Diefes wußte ich nicht; und indem ich alfo meine Reiſe fördern wollte, verzögerte Ich fie mehr, weil ich oft viele Stunden auf friſche Pferde warten muß⸗ te· durch Sibirien. ; Be te. Am zoften Jenner, des Morgens, Fam ich zu Mirim oder Mirimovi⸗Jurti an. Gmelins Hier wollte ich wieder die Pferde wechſeln: aber die fatarifchen Einwohner, welche von Reife. den Bucharen abflammen, fihüßeten ihre alten Privilegien vor, die ihnen von ben eher "7 34 maligen Czaaren waren gegeben worden, kraft deren fie von allen Auflagen , folglich * auch von der Beſchwerung, WVorſpannung zu thun, frey zu ſeyn vorgaben. Ich ver— langete zwar ihren Befreyungsbrief zu ſehen: allein, ſie lehneten es unter dem Vorwande ab, daß derſelbe in einem andern Dorfe verwahret würde. Ich bemerkete bey dieſer Ge— legenheit eine große Feindſeligkeit zwiſchen den mirimoviſchen und den turbiniſchen Tatarn. Die erſtern riethen mir, ich möchte die letztern zwingen, daß fie bey ihnen Pferde mie— theten; die letztern hingegen gaben vor, ich follte jener ihre Pferde mie Gewalt wegnehmen, und, wenn ſich die Leute widerfegeren, fie ausprügeln laffen. Ich gab den furbinifchen Tatarn gute Worte, mich weiter zu führen, und erhielt folches von ihnen. Hieruͤber Fam es zwiſchen beyden Mationen beynahe zum Handgemenge, Denn als die mirimovi- ſchen Tatarn faden, daß die turbinifchen mich meiter führeren, fo lacheten fie diefe von .. dem hoben Ufer des Fluffes Tobol, wo fie wohnen, hoͤhniſch aus; und diefe fiengen an, zu fihelten. jene kamen ſchon herunter, den Angriff wider diefe zu thun: aber ich maches te dem Streite ein Ende, indem ich meinen Fuhrleuten befahl, hurtig fort zu fahren. Noch am felbigen Vormittage, gegen zehen Uhr, Fam ich glücklich in Tobolsk an, wo icch meine Collegen und. übrige Gefellfchaft bey gutem Wohlſeyn antraf. Diefe Gefellfhaft war in meiner Abweſenheit mit einer Perfon vermehret worden, Ankunft des | weil ihr, auf Befehl des dirigivenden Genates, von dem commandirenden Seehaupt- Bern Gme⸗ Manne Heren Beering, ein Unterchirurgus, Mamens Peter Thomas Brauner, In u To: War zugegeben worden . ’ / bolet. Bis zum xyten Februar fiel zu Tobolsk nichts merkwuͤrdiges vor: die Butter⸗ Aufenthalt woche aber, die an. dem bemeldeten Tage, anfieng, machte alles in der Stadt lebhaft, der Atademi— Die Bornehmften in der Stadt befucheren einander ſehr oft; und der Poͤbel begieng un: ale Tor zaͤhlige Thorheiten. Tag und Nacht war ein beftändiges Lärmen von Fahren, Schreyen, Schagereyen: man fuhr mit größter Beſchwerlichkeit, wegen des großen Gedränges von Volke und Schlitten durch die Straßen. Ich fuhr einmal des Nachts bey einem Wirthshauſe vorbey : allda hatte man einen ungeheueren Schneehaufen aufgeworfen, auf welchem eine Menge feute faßen, und mit Vergnügen fangen und tranken. Wenn nichts mehr zu trinfen da war, fo ließ mar im Wirthshauſe mehr holen. Sie luden alle Worbengehenden zum Trinfen ein, und es ſchien, als fühleten fie vom Frofte nichts. Die Weibesperfonen erluftigten fh mit Schlittenfahren, und es faßen ihrer zuweilen ach⸗ te auf einem Schlitten, worunter nicht felten eine oder die andere befoffen war. Es vergieng Fein Morgen, da man nicht von einem in der Nacht vorgefallenen Ungluͤcke bär- te veden hören. Unter andern wurde eine Weibesperfon von einem Unterofficier des Gee- wefens auf der Strafe bald nackend ausgezogen, und mit der Rasse 27) fo ſchrecklich zerſchlagen, daß fie eflihe Tage hernach ſtarb. “ ; m a7) Ein Buͤſchel Stricke, womit die Matroſen zur Strafe auf den bloßen Ruͤcken geſchlagen werden. Allgem. Beiſebeſchr. XIX Band. p | Gmelins Reife, Andaͤchtige Ceremonien zu Tobolsk. Tatarifche Hochzeit. 14 5 Neifenach Kamtſchattka Am 2gften Februar befam ich Briefe aus Catharinenburg, worinnen man mir von einer gefährlichen Krankheit des Herrn Generallieutenants von Hennin Nachricht gab, und 1734 Mn mich bath, zu ihm zu kommen, ch begab mich alfo am ıften März auf den Weg, und reiſete über alle oben genannte Oerter. Zu Pechter gieng ich in ein tatavifches Haus: Hier bemerkete ich, daß die tobolskiſchen Tatarn mie den cafanifchen, was die Höflich- Feit und Reinlichkeit anlanger, nicht in Vergleichung zu fteffen find. Die cafanifchen haben gemeiniglich eine befondere Stube für ihre Weiber: aber die tobolskiſchen Icben mit ihrem Rindviebe und ihren Schafen beyſammen. Die Urfache deffen liege vermuthlich in ihrer Armuth; und eben deswegen haben fie ſelten mehr, als ein Weib, trinken auch nichts, als Waſſer. Nichts defto weniger fand ich dieſe UnveinlichFeit auch bey den mir rimomifihen Tatarn, welche doch, weil fie faft von allen Auflagen frey find, wohlbemit⸗ telte Leute feyn müffen. Ihre Stuben find, wie die bey den cafanifchen Tataruͤ, ange: leget. In Pechter fah ich ein tatariſches Kind, welches drey Amulette am Halfe Hat: te: alle dreye waren in Leder eingenehet. Auf denfelben ftehen Sprüche aus dem Koran gefehrieben, und man Faufer fie von dem Abiß. Sie werden zur Wohlfahrt des Kin- des für fehr erfprießlich gehalten, und ein jedes Kind hat wenigftens eines art fich. Am aten März, Nachmittagesum ein Uhr, langete ich zu Catharinenburg an. Der Herr General Lieutenant lag am Griefe krank. Es waren ſchon ein Paar Fleir ne Steine von ihm abgegangen, und ich trieb ihm noch vielen Gries ab. Ich blieb fo lange bey ihm, als ich ihm etwas zu nüßen hoffete: und als er- ziemlich hergeſtellet war, reiſete ich wieder ab, und Fam den ızten März wieder in Tobolsk an. So unruhig alles in der Butterwoche zugieng, fo ruhig war nunmehr die gan- je Stadt, Man berhete und faftere überall; und die Andacht des Volkes zeigere fich fonderlich bey einer Ceremonie, welche am zten März in der Garhedraffirche von dem Erzbifchofe angeftellee wurde. Es wurden alfe ehemals verftorbenen heiligen Czaaren und Perfonen von der cezaarifchen Familie, die fugendhafteften Patriarchen, auch viele andere Privatleute, unter welchen auch der Jermack, welcher Sibirien erobert hat, be- griffen war, felig geprieſen. Hernach wurde wider alle Ungläubige und Ketzer, nämlich die Muhammedaner, die Lutheraner, Ealviniften und Roͤmiſchkatholiſchen, als welche eine Trennung in der Kirche geſtiftet, der große Kirchenbann aufs feyerlichfte ausgefpre- chen. In der ganzen Faſtenzeit hoͤrete man Feine Muſik, oder irgend einige Ergößlich- feir, von Feiner Trauung, Verloͤbniß u. d. Wenn Feine Takarn bier gewefen wären, fo hatte unfere Neugierigkeit nicht das mindeſte zu thun gefunden. Am ısteen März war im Dorfe Sabanaka eine tatarifche Hochzeit, und wir bes gaben ung dahin , felbige anzufehen. Man rechnet von Tobolsk bis Sabanaka fir ben alte Werfte, welche ungefähr zwölfnene Werfteberragen. Wir fuhren gevades Weges nach dem Hochzeichauft. Man brachte uns, und etfiche andere Fremde, die auch aus Neugierigkeit dahin gefommen waren, in ein befonderes Zimmer, in welchem Srühle für ung gefeger waren. Die niedrigen breiten Bänfe, welche wir in allen Entarifchen Stuben bisher gefehen Baften, waren auch hier, und mie Teppichen bedecket. Auf dem Tifche lag ebenfalls cin Teppich, und auf demfelben ftunden Kuchen, große Roſinen und Eedernäffe. Bey unferm Eintritte in die Stube wurden wir. mit Branntemeine, na ruffifcher Are, bedienet. Mittlerweile erzaͤhlete man uns, daß man eine Anzahl Pferde In Tobolst zufammen gebracht, welche bis Hieher um dig Werte laufen würden, ei —— naͤmli ’ durch Sibirien > u5 Nämlich ein alter Gebrauch bey allen tatarifchen Hochzeiten, dergleichen Pferderennen, Gmeling ehe die Hochzeit angeht, als ein Schaufpiel anzuftellen. Und damit man allezeit Leute Reife. und auch Pferde dazu finden moͤge, fo werden von Seiten des Bräutigams ſowohl, als 1734- der Braut, verfchiedene Preife ausgefeget, wovon derjenige, welcher zuerft das Ziel er« reicher, den beften bekoͤmmt. Hier gab der Bräutigam ein Stuͤck rothen Kamfa, einen Fuchsbalg, ein Stuͤck gruͤnen Cham, ein Stuͤck weißen Tſchandar, welche zwey letzten Zeuge von Baumwolle find, und aus der Ralmucdey fommen, und endlich eine rothe Pferdehaut. Die Braut gab ein Stück violfarbigen Kamka, ein Stück rorh und weiß geftreiferes halb feidenes und halb baummollenes bucharifches Zeug, Davei genannt, ein Fifchotterfell, ein Stuͤck rothen Kitaika, und aud) eine rothe Pferdehaut, Es wa— ven alfo überhaupt zehen Preife, welche denen gegeben werden follten, die im Wettren⸗ — erſten ſeyn würden: und man ſteckete fie auf langen Stangen vor dem Hochzeit« aufe aus. Gegen eitf Uhr Famen drey Reiter, Eleine ruffifche Knaben, mit fehr weiten Bein- kleidern. Dieſe trugen die erften Preife davon. Eine lange Weile darnach kamen etli— che andere, und faft insgeſammt Knaben von vuffifcher und Laterifcher Nation. Die Preife wurden den zehen erften gegeben; jedoch erfuhren wir, daß fie zuweilen ein wenig parteyifch ausgetheilet würden; melches aud) fonderlich dießmal gefchehen wäre. Nicht weir von den aufgehängten Dreifen flunden zween Tifche, und auf jeglichem ein tatarifihes mufie Falifches Inſtrument, nämlich ein alter Topf, worüber ein Leder feharf ausgefpannee war, Diefe Muſik war nicht die vortrefflichfte für uns: aber die Tatarn drängeren ſich dermaßen hinzu, fie zu hören, daß es erſtaunlich war. Nachdem die Preife ausgerheilee waren, giengen wir in bes Braͤutigams Stube, welche in dem Hofe des Haufes war, wo die Brauf wohnete, Sie war voller Leute, die ſich mit Trinken luſtig macheten. Zween tatarifihe Spielleute unterhielten die Luſt. er eine hatte ein bioßes Rohr das mit etlichen Löchern verfehen war, wodurch er ' Mancherfey Töne zu erzwingen wußte, Das Ende, worein er blies, nahm er ganz in den dund. Der andere fpielete eine gemeine Geige. Sie fpieleten uns einige Stuͤckchen vor, die eben nicht übel klangen. Huf eines ſonderlich ermahneten fie uns, wohl Ach— fung zu geben, welches ein Lied, oder eine Art von Romanze war, und fagefen uns, es wäre zur Zeit, als Jermak Sibirien erobert hatte, gemachet worden, wodurch ihre Voraͤltern unter die vuffifche Bothmaͤßigkeit gefommen waren. Bon bier giengen wir wieder in die erſte Stube, und fahen, daß der Bräutigam, in Begleitung feiner Anwerber und Verwandten, dreymal im Hofe vings herum gieng« Als er zum erſten Male vor der Brautftube vorbengieng, wurden aus ben Fenftern ber Braut viele Eleine Stuͤckchen Zeug geworfen, welche das Wolf begierig auflas. Der Bräutigam hatte einen rothen tatarifihen langen Rock an, woran die Knopfloͤcher mit Golde ausgenchet waren. Seine Müge war rund, nad) fatarifcher Art, und von gleicher Farbe, Er gieng aus dem Hofe gerade die Treppe hinauf, in eine Stube, we der Achun, cin Priefter, welcher einem Biſchofe an Würde gleicht, und ein Paar Abuͤß oder Abiß, nebſt zweenen Männern, welche die Stellen der Vaͤter des Bräuti- gams und der Braut vertraten, auf einer Banke ſaßen. Hierbey befand ſich eine große Menge Volkes, welche die Ceremonie anfehen wollten, Ehe der Bräutigam eintrat, fa- men feine bepden Anwerber binein, und erfundigien ſich bey dem Achun, ob die Cere— a . ä 72 monie \ Gmelins - Reife. 1734. — 116 eeiſe nach Kamtſchatka mohteangehen ſollte. Als dieſer mit Ja antwortete, Fam der Bräutigam felbft: def fen Anmwerber frageren den Achun, ob er N. N. zur Ehefrau befommen koͤnnte? Hier— auf fchicfete der Abiß zur Braut, und ließ fie darum befragen. As ihr Jawort ge bracht worden war, auch die Aeltern ihre Einmilligung gegeben hatten , fagete ber Abiß dem Bräutigame die Gefege des Eheftandes vor, worunter das Vornehmſte war, daß er, ohne den Willen feiner ihm jego gegebenen Ehefrau, Feine andere nehmen wollte. Der Bräutigam fagete zu allem dieſem fein Wort: aber feine Anwerber gelobeten an feiner Statt, dem allen nachzukommen. Hierauf gab der Achun feinen Segen, und befchloß die Ceremonie mit lautem Sachen; welches auch etliche der Umſtehenden thaten. Unter währender Eeremonie brachten die Verwandten und Freunde Zuckerhüte zum Hoch⸗ zeitgefchenfe; und nachdem der Segen ercheilet war, wurden diefe Zucerhüte in viele Stuͤcken zerfchlagen. Die geößern Stüce wurden von den Eleinen abgefondert, und jegliche befonders auf Teller geleget. Die erfteren wurden: unter die Geifilichfeie, die übrigen aber unter die Anweſenden ausgetheilet, und wir befamen ein jeder ungefähr vier Joch Zucker. Gie verließen hierauf diefe Stube, und giengen zur Mahlzeit; ung aber wurde in der Stube, wohin man ung zuerft geführer hatte, Effen vorgefeger: die—⸗ fes beftund in Neiße, Erbfen, Rind- und Hanmelfleifhe, Nachmittags um ein Uhr veiferen wir wieder nach Tobolsk, wo wir die folgenden Tage erfuhren, daß diefe Hoch: zeit mit Effen und Trinken drey Tage lang war gefeyrer worden. Alle jego befchriebene Eeremonien bey den tatarifchen Hochzeiten darf jedermann mit anſehen: aber es giebe noch andere, welche den Tag vor der Trauung bey der Braut vorgehen, wozu felten jemand, als die nächften Verwandten und vertrauten Freunde, jur gelaffen werden. Herr Müller harte diefes Glück, etliche Jahre hernach (am gren Dec. 1740) in der Gegend von Tobolst; und weil es fich hier am beften anbringen täßt, fo ruͤcke ich es mit ein. Abends vor der"Tranung waren im Haufe der Braut eine Menge Frauen und Jungfern, die, wie es ſchien, die Jungfesfchaft beweinen wollten ; wie dergleichen auch bey den Ruſſen gebräuchlich if. Die Stube war dermaßen voll, daß wenig oder gar Fein Pla übrig blieb. Zuerft fpeiferen fie; bald hernach hoͤrete man eine fatarifche Geige und dergleichen Schallmey, wobey etliche Knaben fanzeten und Lie— der fangen. Bey ihnen ftund ein Mann, dem die Gäfte, einer nach dem andern, etlir che Eopefen für die Spielfeute gaben, wofür er ihre Freygebigkeit mir häufigen Lobſpruͤ⸗ chen erhob. In mährender Zeit ſaß die Braut Binter einem Vorhange, und war mit vielen Jungfern umgeben. in Geſchenk von etlichen Pfunden Rofinen verfchaffere ihm den Zutritt hinter den Vorhang. Hier faß die Braut auf einem für fie ausgebreiteren Teppiche, und neben ihrein junges Mägdchen von ihren Gefpielinnen: beyde waren mit ei⸗ nem großen weißen leinenen Tuche bedecket. Es kam eine Frau und eine Jungfer nach der andern, kuͤſſeten ſich mit der Braut, und nahmen Abfchied, Endlich erfchienen zween Männer von des Bräutigams Seite: fie fraten mitten in die Stube, und ſtimmeten das Brautlied an, welches aus einem ziemlich Fläglichen Tone gieng , ungefähr folgen den Inhaltes. Die Braut fey bisher in ihrer Aeltern Gewalt gewefen: aber jego habe der Bräutigam (wiewohl er fi) den ganzen Abend nicht fehen ließ) fich fie zur Ehefrau gefaufer, und müffe fie zu fich nehmen, Die Weiber und die Jungfern weineten unter deſſen, und man hoͤrete die Braut fhluchzen. Als der Gefang geender war, ſprangen die beyden Sänger, und nod) etliche Mannsperfonen, die. mir ihnen gekommen mare, hinter ES durch Sibirien. u hinter den Vorhang, hoben die Braut, und ihre Gefpielinn zugleich, mit dem Teppiche Gmelins bedecft, an deffen vier Zipfeln auf, und trugen fie in ein anderes Haus, aber nicht in Reife. des Bräutigams feines. Voraus wurden Sichter getragen, und die Muftfanten fpiele- ! 734 ten aufs In jenem andern Haufe feßete man fie wieder hinter einem Vorhange aufben- felben Teppich. Es war dort anderes Frauenvolf von des Bräntigams Seite, welche die Braut mie Küffen und Liebkoſungen empfiengen. Allda blieb die Braut biefe Nacht, und den folgenden Tag, fo lange die Ceremonien währeten, bis der Bräutigam fie in fein Haus führere. “Bis zum 14ten April harten wir in Tobolsk nichts Merkwuͤrdiges gefehen : aber andem befagten Tage endetefich die Faften. Die bey demruffifchen Pöbel üblichen Ofter- ceremonien wurden bier ebenfalls angeftellet. Am ısten fahen wir faft eben daſſelbe Schaufpiel, das wir zu Charlottenburg gefehen hatten , ausgenommen, daß es hier am Schanfpiele beflen Tage geſchah. Es war die Vorftellung eines‘ geiftiichen Poffenfpieles, nach Art in Tobolst. der alten Myſterien, welches in drey Aufzüge abgetheilee war. Der erfte fing fich mie Singen an. Hierauf fam ein Knabe, welcher zum Dfterfefte Glück wuͤnſchete. Mach ihm fam ein anderer, in der Geftale des Teufels, ganz ſchwarz, und wie er ger malet wird. Er trieb vor fih einen alten graubärtigen Mann, welcher heftig Feichete, und hiermit die gewöhnlichen Schwächlichfeiten des Alters vorftellete, Diefer follte den alten Adam bedeuten. Der Teufel machete um ihn herum allerhand Sprünge und Gau: felpoffen, und legete ihm ein Ebenbild einer ausgeftopfeten Schlange, die einen Apfel im Munde hielt, um den Hals; wovon der alte Adam zur Erbe fiel, als ob er todt wäre, Bald hernach trat der Tod mit feiner Senfe auf, und wollte den Körper abholen; mor- wider fich der Teufel fegete, Endlich Fam Chriftus, in der Geſtalt eines_häßlichen Juͤnglinges, ein Kreuz in der einen, und in der andern Hand eine goldene Krone hal⸗ tend, Bein Anblick fegete den Teufel in fo großes Schrecken, daß er fich nicht zu ber— gen wußte, bis er endlich aus dem Zimmer entwifihete. Die Gegenwart und Kraft ie des Kreuzes gaben dem alten Adam das Seben wieder; Chriftus hieß ihn aufjtehen, und befrönete ihn mit der-goldenen Krone, Der alte Adam wußte vor Freude nicht, was er thun follte; und Chriftus nahm ihn mit ſich, Ihn gen Himmel zu führen. Der zwehte Aufzug fteflete die Gebung der zehen Gebothe vor. Mir Fam hierbey nichts merf- mwürdiger vor, als eine alte jerfegte Paruͤcke, die der Patriarch Abraham aufhatte,, in welcher er ein phitofophifches Geſchwaͤtz von der ganzen Welt herplauderte, Im dritten Aufzuge wurde das Sacrament der Taufe auf folgende Weife vorgefteller, Es trat ein Menſch in einem zerlumpten Pelze auf, über welchen ein Meg ausgebreitet war. An der Seite hatte er einen Säbel, und einen Röcher mit Pfeilen auf dem Ruͤcken. Die fer ftellete einen oftiafifchen Fürften vor. Nachdem er von feiner Tapferfeit viel Ruͤh⸗ mens gemachet hatte, giengen zween halb nadete Kerle auf ihn los, faßten ihn an, und zogen ihn halb nacket am Unterfeibe aus; ließen einen Zober voll Wafler bringen, fege- ten ihn darein, und begoffen’ihn mit zwey oder drey Wiedros 28) voll Waſſer: fo- dann mußte er feinem Pelze und allem, was er hatte, abfagen. Nachdem fie ihn fo wider feinen Willen gefaufer hatten, giengen fie ab, Endlich ward die Komoͤdie befchlof- fen, wie fie fic angefangen hatte, Der Teufel, ® alte Adam, der Tod und * 3 erſchie⸗ 28) Wiedro iſt ein Maaß, das ungefähr ſechs und zwanzig Pfund Waſſer haͤlt. Bmelins Reife, 1734 —— ng. Keife nach Kamtſchatka erfchienen wieder; ein Knabe hielt wieder eine Nede, und die Sänger liegen fih hören. Alles war in Verſen; und das einzige, was wir dabey bewunderten, war, daß die. Kna- ben ihre Sachen mit einem vednerifchen Vortrage herfageten. Die Urfache deffen moch- te wohl ſeyn, weil diefe Knaben von den Geiftlichen, welchen fie untergeben find, von ihrer zarten Kindheit an dazu abgerichtee werden *), An eben demfelben Tage war zu Tobolsf noch eine andere feyerliche Handlung zu fehen, welche Here Müller von ungefähr mit angefehen bat. Er Fam, eine Werft weit von der Stadt, an ein auf einer Anhöhe ſtehendes Haus, das aus einer einzigen Kama. mer zu befteben ſchien. In daffelbe gieng er auf etlichen niedrigen Stufen hinunter, Er ſah darinnen viele Särge mit todeen Körpern, bie man ohne Mühe eröffnen konnte. Es find lauter Leute, die entweder eines plöslichen gewaltſamen Todes, oder auch ohne die legten Sacramente, verftorben find, und deßwegen neben anderen Todren, welche die Sa: vramente empfangen haben, oder eines natürlichen Todes geftorben find, nicht begraben werden Fönnen. Bey biefen Saͤrgen war eine Menge Volkes, rheils Anverwandte der Verſtorbenen, theils auch unbefannte Perfonen, weiche von den Todten Abſchied nah— men. „Denn, fagen fie, ob wir gleic) Feine Befreundte find, fo Finnen doch diefe Tod« „ten einmal ein gutes Wort für uns einlegen, ie halten nämlich nicht etwa dafür, daß diefe Todten, welche nicht regelmäßig aus der Welt gegangen find, niche felig wer den koͤnnten: denn fie bleiben nicht über ein Jahr in diefem Zuftande, und einige haben fogar nicht nöthig, dieſe Zeit auszumarten. Was in einem Jahre zwiſchen zween Don- nierstagen, bie zunaͤchſt vor dem Pfingftfefte find, auf folche Weife ſtirbt, das bleibe bis auf den nächften Donnerstag vor befagtem Fefte in diefer Gruft unbegraben liegen. Geſchieht es, daß einer an dieſem letztern Donnerſtage ſtirbt, fo muß er ein ganzes Jahr auf fein Begräbniß warten; wenn er hingegen nur einen Tag vorher Todes verfähre , ſo wird er ſchon den naͤchſtfolgenden Tag begraben. Dieſer Donnerſtag wird auf ruffifch Tulpa, von den meiflen aber Sednick genannt, weil von dem grünen Donnerstage an, bis auf Diefen, fieben Wochen find. An diefem Tage hält der Erzbiſchof mic der Geiſtlichkeit eine feyerliche Proceffion nach diefem Todtenhaufe ; und nachdem er gewiß fe Gebether verrichtet bat, fprichter fie von denen Sünden los, woran fie entweder aus Nachlaͤßigkeit Schuld gehabt, ober die fie, wegen ihres plöglichen Abfterbens, nicht har ben büßen Fönnen. Die Oſterwoche wurde mit Befuchen und Gegenbefuchen fröhlich zugebracht, Der Poͤbel machte ſich nad) feiner Art luſtig; jedoch kamen deffen Ausfchweifungen denjenigen bey weiten nicht bey, welche in der Butterwoche begangen wurden, Das meifte, wo⸗ von man hötefe ‚waren Unordnungen mit lüderlichen Weibsperſonen, wiewohl folche in’ diefer Stadt zu Feiner Zeit etwas ungewöhnliches find. Ich babe noch an feinem Orte in der Welt, fo viele Leute ohne Nafen gefehen, als zu Tobolst, Die Kälte Fann hieran nicht Urfache ſeyn; denn es ift Gier faft wärmer , wenigſtens niche Fälter, als zu » Dererss *) Hier fehen wir die ordentliche Confrerie an alle Menſchen einerfcy Einbildungskrafe und de la Paſſion, vor Zeiten in Frankreich. Es iſt et: Geſchmack gehabt haben. Die Veraͤnderlichkeiten was ſonderbares, daß wir ſo weit von uns, im tiefen Norden, und bey Bölfernz” die wir als hal⸗ be Wilde anfchen, unfere erfien Schauſpiele ans treffen. Der Grund defien iſt, daß vom Anfange oder die Unterſchiede, welche die Natur unter ihr nen gemachet Bar, iſt nichts, in Vergleichuag mit denen, welche die Anlage un) dag Machsthuns ber Geſellſchaſten unter ihnen hervorgedrache de ben: durch Sibirien. 119. Hetersburg, wo ſich dergleichen Zufälte zwar auch eräugen, aber doch feltener, als hier. Gmelins Es iſt alfo ſehr wahrſcheinlich, daß die Wenusfeuche daran Schuld ift, die bier Fehr ge- Reife. mein iſt; weiches auch um fo viel leichter gefchehen kann, da fich nur ein einziger Feld- 1734 fiheerer bey der Befagung befinder, und diefer ift nicht ſchuldig, die Leute in der Stadt — umfonft zu euriren: aber die Armen find nicht im Stande, ihn zu bezahlen. Das ge meine Mittel, womit fie den Teipper vertreiben, ift Vitriol. Die Hauptſeuche ift bis: ber, wie ich erfuhr, mit Arſenik und Sublimat vertrieben worden. Es befand ſich damals zu Tobolsk ein altes Weib, das in dem Rufe fund, alle, die ſich in ihre Eur begeben hätten, innerhalb dreyen Wochen gebeilet zu haben. Ich habe die Salbe geſehen, womit fiedie Kranken fehmierete: fie beftund aus Schweinferte und Queckſilber. Am ꝛten May wurde die allda erbauete Doppelſchaluppe, die durch den Obi und das Eismeer nach der Mündung des Jeniſei gehen follte, ins Waffer gelaffen. Es war ein befonderer Schlitten dazu gebauer: fie lief aber nicht auf einmal ab ‚fo daß fie flott gervorden wäre, weil das Waller das vordere Ende des Schlittens etwas gehoben hatte, und es mußte befagtes Vordertheil abgekappet werden. Weberdieß bediente man ſich dabey noch) eines Anfers, den man in einiger Entfernung von dent Fahrzeuge ausgeworfen hatte; und durch das Aufwinden des Ankertaues ward das Fahrzeug fortgejogen, daß es alfo durch diefe beyden Mittel flott wurde. Der Geftale nach glich. es einer Schaluppe, aber es war viel größer und bededfet, und führete acht Tanonen, Sobald es abgelaffen war, wurden aus der Feftung drey Canonenfchüffe gethan, und die Schaluppe antwortete mie allen ihren Canonen, Der Statthalter und der Unterftatthalter, die unter wäh: rendem Ablaffen am Ufer geftanden hatten, begaben fich an Bord derfelben. Fuͤr fie und ihre Gefellfchaft war ein Mahl zugerichter; und die Feyerlichfeit endete fich fpär in der Nacht, nachdem unter beftändiger Abfeuerung des Gefchüges und dem Schalle der Trompeten, viele Gefundheiten getrunfen worden waren. Der Befehlshaber darauf, War ein Seelieutenannt, Namens Owzin. Sie führere den Namen Tobol, wel ben ihr der Statthalter beylegere, Diefe Schaluppe gieng am ısten May unter Segel, und die benannten Perfonen befanden ſich wiederum am Borde derfelben, Als fie die Feftung vorbey fuhe , löfere fie Alle ihre Canonen, und die Feftung antwortete ihr mit dreh Schüffen; wobey abermals bis in die Nacht Geſundheiten getrunken und die Canonen gelöfer wurden. Die Schas luppe wurde von vier Doſchtſchenniken, einer dort gebräuchlichen Art von Fahrzeugen, begleitet, auf welchen Proviant geladen war, Sie führete funfjig Mann Soldaten, groeen Matrofen, und vier und zwanzig Arbeitsleute. Schon am folgenden Tage verlohr fie zween von den Iessern, welche beym Aufnehmen der Segel ertrunfen. Diefer Zufall veranlaffere in Tobolsk viel Rebens „ und man legese ihn als eine böfe Vorbedeu⸗ fung aus, Un ben: denn diefe machen fie feiner, aber unnatuͤr— licher, fo wie das Pfropfen die Gattungen der Bäume, die es beſſert, verändert: Vielleicht Hat 88 auch mit gewiſſen Gebraͤuchen, welche Völkern, die jetzo ſchrecklich weit von einander getrennet find, bemals gemeinſchaftlich waren, eben dieſelbe Be: wandtniß, wie mit denen Idiotiſmen, woraus die Wortforfeher den ehemaligen Urſprung and die Ver⸗ wandtſchaft der Nationen herleiten. Aber noch erfiaunlicher koͤmmt mir diefes vor, daß es noch xtzo im einigen Provinzen fokhe Schaufpiele giebt, von denen man glauben ſollte, daß fie nach ©i: birien verwiefen waͤren⸗ Gmelins Reife. 1734 Beſchreibung der Stadt Tobolsk. 120 Reiſe nach Kamtſchatka Am ısten begab ich mich mit Herrn Muͤller an den Ort, wo, der alten Sage nach), die Stadt Sibir geftanden hat, welche der Sig der ehemaligen Beherrfcher St biriens gewefen feyn ſoll. Diefer Orc ift an dem rechten Ufer der Irtiſch, achtzehen Werſte weit von Tobolsk, und bey einem Fluͤßchen, Sibirka genannt, welches ſich in die Irtiſch ergeußt. Wir bemerfeten allda einige Spuren von einem Walle, an— ders nichts. Am sgten gieng Herr de la Croyere mit demjenigen Seecommando ab, welches ber Seehauptmann Beering bier zurückgelaffen hatte. Die ganze kleine Eſcadre beftund aus zwölf Dofchtfchenniken, oder Proviantfahrzeugen, Tobolst, die Hauptſtadt in Sibirien, liege am Fluſſe Irtiſch, unter der Breite von 5g Graben 12 Minuten, Sie befteht aus der obern und der unfern Stadt. Die obere liege am öftfichen hoben Ufer des Irtiſch, und die untere auf dem Raume zwiſchen dem hohen Ufer und benannten Fluſſe. Beyde Städte zufammen machen einen anfehnlichen Bezirk, aber die Häufer find alle von Holze, In der obern Stadt, welche eigentlich die Stadt beißt, ift Die Feſtung, ein faft vollkommenes Viereck, und von dem ehemaligen Statthalter Gagarin fleinern erbauet worden. in diefer ift ein Kaufe haus, welches ſowohl als die Regierungsfanzelley und der erzbiſchoͤfliche Palaft, eben: falls von Steinen aufgeführer if. Nahe bey der Feftung ift des Statthalters Haus. Außer dem bemeldeten Kaufhauſe ift in der obern Stadt ein Marktplatz zu Eßwaaren. Um diefe ganze obere Stadt ließ damals der Statthalter, an der Sandfeite, einen Erde wall aufführen, welcher in Eurzer Zeit zu Stande kommen fellte, Die untere Stade har ihren eigenen Marktplatz, und überdieß einige Kramläben, wo allerley Kleinigkeiten zu Faufen find, Wenn man aber, ſowohi bier, als im Kauf: haufe der obern Stadt, etwas Faufen will, fo muß man früb, oder auch Nachmittags zeitig, zu gewiſſen Stunden kommen; fonft findet man nichts mehr. Weil nun faft alle Leute zugleich fommen, fo iſt das Gedränge dermaßen groß, daß man faum durch die Straßen kommen Fann, fonderlich im Sommer, da man den Weg aus der untern Stadt in die obere, über diefen Marft nimmt. - In der obern Stadt find fünf Kirchen, wovon zwo feinerne in der Feftung, und drey hölzerne außerhalb derfelben ſtehen; überdieß noch ein Kiofter, Rofchdeftwensz kot⸗Monaſtir genannt, Die untere Stadt hat fieben Kirchſpiele und ein fleinernes Kloſter, mit Namen Snamenskot. Die obere Stadt hat diefen Vortheil vor der untern, daß fie Feinen Ueberſchwem— mungen unterworfen iſt; ‚Dingegen ift Diefes eine große Unbequemlichkeit für fie, daß ab les benöthigte Waller den Berg binauf geholer werden muß. Nur der Erzbifchef hat mit großen Koften.einen dreyßig Klafter tiefen Brunnen graben laffen, deffen Waffer er aber niemanden, außerhalb feinem Pallafte, zukommen läßt, Die untere Stade hat zwar den Vortheil, daß fie ihr Waffer in der Nähe hat: aber fie ift den Ueberſchwem⸗ mungen ſehr unterworfen. Es wurde uns zu Tobolsk verſichert, daß alle zehen Jahre eine fo ſtarke Leber: ſchwemmung geſchehe, welche alles unter Waſſer feßre. Im vordergehenden Jahre 1733 war wirklich nicht allein die Stade, fondern auch die ganze niedrige Gegend um den Tobolfluß, bis an den Tjumen uͤberſchwemmet worden. >: — ie — GRUNDRISS VON DER FESTUNG ToOBoLSK. A. Fe Burg. B.»e — cde, — Auk, Bafkey — le. Domkirche . we,r2. 2hor- der- — 0.Maus des ——— pP Jeder. gns,C. Ikurme, welche Sie umgeber u.2hor ar der Bergfee. | zZ Meg der nach. der Stadt 2.GloekerthurmderDomkir 2 Magazine — 3:Capedle . 4Krschkere. SStrede. 6. Steinerne Hauer J 7. Gerter, 8.0r£ wo man cdıe Stücke hunfbellet . 9ZRhor nach der S. eute.. 20.Erdfe Ze. TRENNUNG ——— es —— En m. m — —— ee Be m ee === Et F—— a m zn nee Be En = == == — mn. == Be a == en m —E See —— m —— —— Sm Era m Br m === —— m er —— msn u. ma Ber man Ber re m we == == E4 == == — Be Fr m —— Fe — — mean a —— u ee —— Ben man m nn em m Br me m —— Be == — Fr —— —— Be Ei Sa Fa — == FI kJ = Bet —— == ==: —— =" RI m —— == == = = Sn = mE == u: Bee z— Pas a = I er um = Be —— —— —— —— m == = == —— == == ——— == —— a ST ——— —— N ? win oe: — — * AN durch Sibirien. 21 Die beyden Städte haben durch drey verſchiedene Wege Gemeinſchaft mit einander: Gmelins der erſte, gegen den Fluß, iſt der ſteileſte; er fuͤhret gerade nad) der Feſtung, und iſt Reife. von dem ehemaligen Statthalter Gagarin angeleget worden. Man bedienet ſich deffelben 173 4- ‚gemeiniglich im Sommer, weil er gepflaſtert iſt; er laͤuft von einem Ende der untern Stadt an, bis.an das Klofter Snamensfoi, und oben, bis an das andere Ende. der Stadt, wo der gedachte Erdwall if. Es ift eine große Beſchwerlichkeit in Tobolsk, anders: wo, als an diefem gepflafterten Wege zu wohnen; denn weil das Erdreich durchaus Tei- micht ift, ſo entſteht daher im Fruͤhjahre ein fo fiefer Roth, daß man Faum durchkom— men kann. Der andere und mitelere Weg wird meder im Sommer noch im Winter oft ‚gebrauchet, weil er fehr fteil und nicht gepflaftere iſt. “Der dritte, welcher zur Winters: zeit am meiften gebrauchet wird, ift nur wenig abſchuͤßig, fo daß er am beſten zu befah- von iſt. - j Ich habe noch Eeinen Ort gefehen , mo mehr Kühe in den Straßen laufen, als zu Tobolst, Man fiebt ihrer, wo man ‚gebt und ſteht, allerwegen, jedoch am meiſten im Fruͤhlinge und im Sommer. nt Ne Der Hauptfluß bey Tobolsk ift der Irtiſch. Er entfpringe weit hinten inider Kalmukey. „Nachdem ser eine große Strecke. Landes durchgefloffen, ‚gebt er noch in der Kalmukey durch einen auf kalmukiſch Murr⸗Saiſſan genannten See; fodann, bis Tobolst, durch ein Stuͤck Landes von ungefähr zweytauſend Werfte, wo gr verfchiebene große und Keine Fluͤſſe, worunter der Iſchim und der Tobol die vornehmften find, zu fich nimme, und endlich, vier hundert Werſte unterhalb Tobolst, bey Samarows⸗ tor Jam, in die Obi faͤllt. Der Fluß Tobol hat ſeine Mündung, wie fchon ‚gemel- dee worden , vein wenig oberhalb der Stadt, an dem weftlichen ‚Afer, . Das. Wafler in dem Irtiſch iſt jederzeit trüb und, leimicht. Die Reifebefchreiber melden, :es.fey das Waffer im Fluſſe Tobol viel Elärer und reiner, und es koͤnne faſt eine Meile weit, uns terhalb feiner Mündung, von dem Waller der Irtiſch unterfchieden werden. . Diefes ſtimmet mit meinen Wahrnehmungen nicht überein. Eine größere Gewißheit hiervon zu erlangen, ließ ich mir Waſſer aus dem Tobol holen: es war beynahe eben fo trüb, als das Waffer aus dem Fluffe Irtiſch, hatte auch eben dieſelbe Schwere, Auch dars innen irren ſich Die Neifebefchreiber , daß fie dem Irtiſch ‚einen. fehr fehnellen Lauf zu⸗ ſchreiben. Zu gefchweige des Eifes, Das. bey den Aufgehen dieſes Fluſſes ſehr langſam treibt, haben wir durch Verſuche befunden, daß er in Zeit einer Stunde nicht mehr, als eine Werft, läuft. Außer diefen Zlüffen, geben noch Durch) die untere Stadt einige Flei- ne Bäche, als Rurdjamks, Monaſtirka, Katſchalowka, Piligrimka und So⸗ lijanka in den Irtiſch. Die Stade Tobolsk ift überaus volkreich, und beynahe ber vierte Theil der Ein- wohner beſteht in Tatarn: die übrigen find Ruſſen, und groͤßtentheils folche, Die ent« weder dahin vertiefen worden, oder die von folchen Verwiefenen abflammen. Da bier alles dermaßen wohlfeil ift, daß ein gemeiner Mann des Jahres mit jeden Rubeln aus- kommen kann 29), ſo herrſchet hier das Laſter der Faulheit im hoͤchſten Grade. Ob — es 29) Man erwaͤge hierbey, daß dieſe Reiſe ſchon welcher Zeit die Sachen ſich ſehr geaͤndert haben vor einer guten Auzahl Jahren geſchehen if, in koͤnnen. Allgem, Reifebefehr, XIX Band, a tin Reife nach Kamtſchatka Gmelins es gleich allerley Arten Handwerksleute giebt, ſo haͤlt es doch ſchwer etwas gearbeitet Reiſe. zu bekoinmen: man muß es faſt allezeit mit gerichtlicher Huͤlfe erlangen, oder fo, daB 2734. fie unter einer Wache arbeiten muͤſſen. So bald fie etwas verdienet haben, ſo hoͤren fe nicht eher auf, als bis fie aus Geldmaͤngel wieder einwenig arbeiten muͤffen. Der fehr wohlfeile Preis des Brodtes verurfachee zum Theile diefes Unheil, und daß die Hand⸗ werksleute nichts zu erfpahren firchen: denn in zwoen Stunden koͤnnen fie fo viel verdie- sen, als fie in einer ganzen Woche verzehren. Unter dem Statthalter zu Tobolsk ſteht der Unterftarchalter zu Irkutzk nebft allen. Woywoden in Sibirien: jedoch) kann derfelbe Feinen einfegen, auch nicht abfegen, fondern er muß fie annehmen, wie fie ihm von der fibirifchen Kanzelley Pritss, wel che ihren Siß in Moſcau Bat, gegeben werden. Er befömme, fo wie auch der Unter ſtatthalter und die Ranzelleybedienten , feine Befoldung von Ihrer Faiferfichen Majetät- Es find zween Secretarien bey der Regierungskanzelley, welche ihre Bedienung befiän- dig behalten, obgleich die Statthalter abgemwechfelt werden. Diefe ftehen in folcher Hoch» achtung, daß Große und Kleine ihren. Schuß fuchen, und fie führen beynahe ein unum⸗ fchränfres Regiment, = Ä Der Statthalter begeht alle Galatage des Hofes: er läßt an felbigen alle in Faifer- lichen Dienften ftehende Perfonen, auch die ſaͤmmtlichen Kaufleute in der Stade zu ſich "einladen, Alles, was zu der nach Kamtſchatka reifenden Gefellfchaft gehoͤrete, ward ebenfalls dazu.gebethen, Wir wurden alfezeit mit dem Erzbifchofe, den xchimandriten und einigen andern niedrigern Geiſtlichen, auch den Öfficiren von der Beſatzung an ele ne Tafel gezogen. » Die Speifen beym Mittagsmahle waren nach ruſſiſcher Are zugeridhe ‘tet, und man trank dabey viel Rhein⸗ und Mufcarellerwein. Nach dem Effen, ausge nommen in ber Faftenzeik, wurde jedesmal getanzet, welches gemeiniglicy bis um fieben oder acht Uhr des Abends waͤhrete. Andere raucheren Taback oder fpieleten im Brertex+ Solcher Gaftgebothe waren In ber Zeie unfers Aufenthalts zu Tobolsk ſehr viele: denn es blieb nicht bey den Hofgalaragen, fondern es wurden auch) alle Geburths ind Namens⸗ tage der ſehr zahlreichen Familie des Statthalters begangen: Dieſe Gaftmable, ob ihrer gleich viele vorfallen, machen dem Statthalter dennoch Feine geoße Unfoften: denn es. geht Fein Kaufmann fort, ohne feinen halben oder ganzen Rubel zurück zu laſſen, und einer ſuchet es dem andern bierinnen zuvor zu hun. Nun iſt die dafige Kaufmannſchaft ſehr zahlreich; und weil fie die größte Anzahl der Gäfte ausmachen, fo Fönnen fie die Koſten leichtlich erfegen, infonderheit wenn Feine kamtſchat⸗ Fifche Reifegefellfchaft in Tobolsk iſt, welche innerhalb zween Monaten mehr Wein zu trinken pfleget, als hundert tobolskiſche Kaufleute in zweyen Fahren kaum thun wuͤr⸗ den. Denn, wen diefe im Trinken zu viel chim wollen, fo befonmen fie nur Me für Weinz und fie muͤſſen ſich an der Ehre, im einem vornehmen Haufe zu fpeifen, be ggnuͤgen laſſen. Die zu Tobolsk wohnenden Tatarn ſtammen theils von den, vor der Eroberung Sibiriens ‚ Eingeſeſſenen, theils von buchariſchen Tatarn her, welche nach und nach, mit Erlaubniß der damaligen Großfuͤrſten, nicht ohne befondere Frehheiten, fi niedorgelaſſen haben: Sie halten ſich uͤberhaupt fehe ruhig, und leben von der Handel ſchaft. Handwerksleute giebe es unter ihnen nicht. Die Wöllerep wird bey ihnen Ur ein fihändliches Laſter gehalten. Derjenige ift unter feiner Nation fehr übel La f £ & * V ts . r w “ v E5 durch Sibirien. 123 welcher Branntewein trinkt. Ich batte Feine Gelegenheit, von ihren” gottesdienſtlichen Smelins eremonien etwas zu ſehen. Sie find insgeſammt Muhammedaner, und koͤnnen folglich Reiſe. ſo viel Weiber nehmen, als fie wollen. Weil fie aber unter Chriſten wohnen, fo ned: 1734 men fie felten mehr, als eine Fran. Herr Muͤller bat etlichen Befchneidungen unter ih⸗ nen beygewohnet, und einmal fünf Knaben zugleich befchneiden fehen: fie koͤnnen auch von unterſchiedlichem Alter , als von ſechs bis vierzehen Jahren, fen. Der Anfang wird mie einer Mahlzeit gemachet, wobey der Achun, oder in deſſen Abweſenheit, ein geringerer Prieſter den vornehmften Das bat. Nach ibm figen die übrigen Tatarn auf Dreiten Bänfen, und der Hof im Haufe pfleget gemeiniglich ganz voll Leute zu ſeyn. Nach dem Effen wird Thee getrunken. Hernach werden die Knaben, welche befchnitten werden follen, von eben fo vielen Männern in die Stube, mo die Geſellſchaft ift, auf den Armen gebracht, Der Abdal (Befchneider) fragt die Knaben den Umſtehenden vor, und bietet ben Achun, um feinen Segen zur anzuftellenden Befchneidung. Die: ſes geſchieht ſogleich, unter einem allgemeinen Teifen Geberhe der Verſammlung. Hiera auf werden die Knaben in die Stube, aus der fie gefommen, zurück getragen, auf eine Breite Bank geleget, und mit einer leichten Decke zugedecket. Gemeiniglich Bleibe die ganze Gefellfchaft, auch fogar der Achun, in dem Zimmer, wo man gefpeifer bat. Außer den Müttern der Kinder, wird felten eine Weibesperfon zur Befchneldung zugelaf fen. Wenn ſie aber, aus Armuth, nur eine Stube haben, ſo iſt fie zuweilen mit Manns⸗ Und Weibesperſonen angefuͤllet. Nach ertheiltem Segen nimmt ber Abdal die Beſchnei⸗ dung alfobald vor. Diefer bat eine hölzerne Schüffel in der Hand, worinnen ein klei. ner hoͤlzerner Stift, eine elaftifche hölzerne Kneipzange, ein altes Scheermeffer, und ein wenig gebrannte Baummolle, liegen. Mit dieſer Schüffel ſtellet fich der Befchneider zu den Füßen-des Knabens auf die Kniee, entbloͤßet ihm die Füße, und hält fie zwifchen feinen Rrieen feft, und andere Seute halten dem Knaben die Hände. Gerr Bmelin giebt von diefer ganzen Ceremonie eine ausführliche Befchreibung, die man, wenn man will, im deuffchen Originale nachfehen Fann. -MWir glauben genug geſaget zu haben, den Gebrauch des Scheermeffers und der Rneipzange zu begreifen. Die gebrannte Baumwolle wird auf die Wunde geleget; und dienet, das Blut zu ftillen). ‚ Mnter währender Ceremonie machen die Umftehenden ein Freudengeſchrey, zum eichen,, daß der Knabe anfängt, ein rechter Mufulmann zu merden. Man rührer auch eine Eleine Trommel, entweder die Rnaben zur Luft aufzumuntern, oder auch zumeilen, damit man ihr Schreyen nicht höre. Einige find bey dem Schnitte ſehr gelaffen und äucen kaum: ‚andere aber bewegen fich heftig, widerfegen fih fogar, und man würde nicht mic ihnen zu Rechte kommen, wenn man ihnen nicht Gebackenes in ben Mimd ſto— pfete, Damit fie nicht fehreyen Finnen, Bey diefer Ceremonie, melche bey den Tatarn gar nicht als ein heiliges Werk, ſondern als eine gemeine Sache ımd ein Spiel verrich- ‚tee wird, pflegen unter bemittelten $euten. auch wohl diejenigen $uftbarfeiten angeftellee zu werden, die bey den eatarifchen Hochzeiten mie Pferderennen im Gebrauche find. Effen und Trinken währer bey allen erliche Tage nach einander: daher denn bie Tatarn, (weiche diefe Ceremonte auf Ruffifch befchreiben wollen), fich des Wortes Swadba bedienen, welches in Der ruffifchen Sprache Hochzeit bebeutet. Einige Zeit nach die: ſem Fefte nehmen die Tatarn noch eine andere Ceremonie vor, wenn fie fih den- Kopf ſcheeren laſſen. Weil diefe wieder Anlaß zu Luſtbarkeiten giebt, welche den Hochzeiten 22 | gleichen; 124 | Reife nach Kamtſchatka Smelins gleichen, ſo fagen fie, daß bey ihnen und einem jeder, der ein rechter Muſelmann wer⸗ Reife. #73 4. den will, zwo Hochzeiten vor der rechten vorhergehen muͤffen. Ihr Ehrengetraͤnk, wo⸗ mit ſie einander bey dergleichen Feyerlichkeiten bewirthen, beſteht in Thee. Der koͤſtlichſte Trank iſt, nach ihrer Meynung, Kirpitſchnoitſchai 30), oder The⸗boe, welchen fie in einem großen Keffel über dem Feuer kochen, und Milch und Butter darunter mi- ſchen: diefen erinfen: fie mis geoßer Begierde. Fuͤllenfleiſch ift auch bey: ihnen. eine ſehr leckerhafte Speiſe. Ben dem Auf⸗ und Untergange der Sonne, imgleichen wenn fie eſſen, verrichten fie allezeit ihr Gebeth. Ich fragete einsmals einen Toter, der nach den Eſſen bethete, warum: er jedesmal, beym Ende des. Geberhes, mir der Hand über den Mund führe; und er antwortete mir geſchwind mit einer andern Frage, nämlich, warum. ich bey; dent Gebethe die Hände faltete. Die Tatarn verändern nicht Teichtlich ihre Religion, Es find zwar einige getau⸗ fee worden, aber fie werden: von ihrer Nation ſehr verachtet. Es wird: ihnen von diefen ſogenannten Bechtglaͤubigen vorgeriicket, daß fie es. entweder aus‘ Luft zum Saufen, oder, ſich von der Knechtſchaft los zu machen, thaͤten. Diefe letztere Urſache mag wohl die vornehmfte ſeyn. Die Tatarn haben fie fchon im Ausgange des vorigen Jahrhun— dertes eingeſehen, und ſich darüber: hoͤchſtens beſchweret. Der damals regierende Czaar hatte hierauf zwar verordnet, daß man in Zukunſt nur diejenigen Tatarn, die, nach geſchehener ſcharfer Pruͤfung, von der Wahrheit der chriſtlichen Religion wirklich übers Jeuget wären, frey geben: füllte: aber es: wird, wie die Tatarn vorgeben, nicht ſehr darüber gehalten. * j£ Anſtalten zu · Die Zeit zu unſerer Abreiſe rückere heran. Wir hatten zwey Doſchtſchenniken Abreiſe Tobolsk von * 30) Er ruſſtches Wort, welches Backſtein · Ther bedeutet, weil der Tier in Geſtalt ve Baht mit allen erforderlichen Bequemlichkeiten für uns zubereiten laſſen. Ein Doſchtſchen⸗ nik iſt ein Fahrzeug, in Geſtalt einer Barke, und kann eine bedeckre Barke genennet werden. Es ift ein. Steuerruder daran, wie an andern Schiffen, wenn es dem Strom ar gehen foll: diejenigen aber‘, die mic dem Strome fahren, haben: anſtatt deffen, v wie die Fahrzeuge auf der Wolga, hinten und vorn einen langen Balken. Auf ie ichem dieſer Fahrzeuge waren zwey und zwanzig Arbeiter, insgefammt Tatarn, und herdieß zwo Canonen mie einem: Canonier, Wir beyde, Herr Muͤller und ich, mar ten. in Dem erffenz; und in: dem andern befanden ſich die Maler, ver Dolmerfcher, ver Wundarzt, die Studenten, der Felömeffer, der Bergbauer und der Schmid. Wir waren. demnach: ganz reifefertig;, fo daß wir am zaten May Abends abzugeben gedachten Mein, gegen zwey Uhr Nachmittags befamen wir die Nachricht, daß unfer zweytes Fahr zeug viel Waſſer zoͤge. Man pumpete fo ſtark, als man. Fonnter es half aber alles nihes, das Waſſer nahm augenfcheintich zu, und: man: fah fich endlich genöthiger,, es gänzlich auszuladen. Bey der Hierdurch veranlaffeten Verwirrung gieng vieles: verloren! das: meifte ward; vom Waffe verderber; und odgleich das Fahrzeug nabe am Ufer ftundy fo gieng es. doch. vor unfern Augen zu Grunde. Dieſes hielt unfere Abreife auf. Det Statthalter ließ uns fogleich verſichern, daß er fihleunig Rath ſchaffen wollte, Wir mußten ein. anderes Dofchtfchennik haben, Er ließ ein: tuͤchtiges für ung ———— — und Feine zuſammengepreſſet iſt. durch Sibirien. 175 und am andern Morgen ſehr früh wurde uns eines zugefuͤhret, welches einem Kaufman- Gmelins ne in der Stade gehoͤrete · Es wurde gefchäger, und uns überliefert, auch fogleich; die Reife. noͤthigen Kajuͤten und alles Benoͤthigta darauf zu Nechte gemacher, fo daß wir am2gten 1734 abgehen Fonnten;; welche Befchleunigung wir der unermüdeten Sorgfalt des Statthalters Allein: zuzufchreiben hatten. Dieſes Fahrzeug mar viel räumlicher, ‚als das erfie, und wir konnten gemaͤchlicher damit: fortfommen. Wir giengen alſo bemeldeten Tages gegen Abend ab, Der Anfang; unſerer Reiſe Abreiſe aus tar ſehr langſam, weil die Fahrzeuge gezogen werben mußten. Am 26ften früh kamen Tobolsk. Wir zu der Slobode Abalak, welche nur zwanzig Werſte von Tobolsk liege. Wir führen zwar Tag und Nacht, aber die geoßen Kruͤmmungen ließen uns nicht weit. kom— Mer. Ehe wir zu dieſer Stobode kamen, gieng: ich längft dem hohen Ufer bis nach. dem Dorfe Solennoſe, und traf unterweges viele tafarifche Begraͤbniſſe an. Es find Eleis he Plaͤtze, die rheils eine viereckichte, theils eine fechsefichte, auch andere Figuren ha— ben: fie find umzaͤunet, und enthalten zuiveilen eins „ zuweilen: auch mehr Gräber; Inwendig find fie meiftens mit Birken Befeget. Bor eirigen find: lange Stangen, wie Mafibäume, aufgerichtee, woran oben ein Bogengeſchuͤtz haͤngt: denn diejenigen, wel⸗ che unter dem ruffifchen Kriegesheere gedienet haben „ find: berechtiget, fich diefes Ehren⸗ zeichens zu bedienen. Das Marienbild zu Abalak iſt fehr berühmt, und es geſchehen in allen Jahreszei⸗ fer eine Menge Wallfahrten: dahin. Es find an diefem Orte zwo Kirchen, eine hölgere ne, die. aber Alters wegen verfallen. iſt, die andere aber „ worinnen gedachtes Marien⸗ bild ſteht, iſt von Steinen aufgefuͤhret. Noeoch am ſelbigen Abende erreicheten wir Kotſelan, oder Jepantſchinskie⸗Jurki. il wir einen gewaltigen. Sturm mit Donner und Regen bekamen, ſo mußten wir dieſe ganze Nacht und den folgenden Tag daſelbſt liegen bleiben. Abends giengen wir mit aufge⸗ ſpannetem Segel ab. Am: agften Nachmittags: fuhten wir bey der Stebode Boegi⸗ ſchewskoi vorbey, welche eine angenehme Sage auf einem: Berge am Ufer hat: Am often Abends gieng ich in das Dorf Schafchina oder Ogriſchkowoſainka, weldes kurz zuvor erſt war angeleger worden, und nur aus zweh oder drey Haͤuſern beſteht. Sie gehören Kaufleuten, die nach der Kalmuckey handeln. » Die Gegend iſt überaus an⸗ muthig: das Gerraide koͤmmt allda fehr wohl fort, und die Viehweide iſt vortrefflich Am sten Jun. Abends: kamen wir zu: dem: tatariſchen großen Dorfe Utrus-Aul. Es beſteht eigentlich aus dreyen Dörfer,. nämlich zweyen Sommerdörfern und einem: Winterdorfe. Es iff nämlich unter den dortigen Einwohnern eine allgemeine Gewohn⸗ beit, daß fie ein anderes: Dorf’ für den Sommer, ein anderes: für den Winter haben, Die Urfache ihres Umziehens if, wie es ſcheint, weil von Tobolsk nad; Tara im Winter ein anderer Weg, alsim Sommer, genommen: wird,; daher denn die Win- ferbörfer an dem Winterwege, und die andern an dem Sommerwege angeleger find: Die laͤngſt dem Irtiſch liegenden tatariſchen und: ruffifchen Dörfer werden durch die Wörter Aul und Derewna unferfchieden. Aul beveuter auf Tatariſch, und Derevona auf Ruſſiſch, ein Dorf. Die Ruffen nennen auch uͤberhaupt alle tatarifche Dörfer Jurti, welches Wort aber auf Tatariſch eigentlich mur ein Haus: bedeutet. Am Sten des Morgens kamen mir an einen Ort, wo wir Tages zuvor geweſen wa⸗ ren Henn. der Fluß machet allda eine ſo große — daß er wieder an ſeine vorige 3 Stelle Gmelins Reiſe. 17344. “Ankunft der Akademiſten zu Tara Beſchrelbung der Stadt Tara. — — — | Reife nach Kamtſchatka Stelle zurück koͤnmt. Die gerade Linie zwiſchen diefer Kruͤmmung betraͤgt fieben gemeſ⸗ ſene Klaſtern, und der Umweg zu Waſſer faſt funfzehn Werſte. Die Tatarn hatten hier einen Canal zu graben angefangen, die Schifffahrt zu verkuͤrzen, welcher bald fer- tig werden ſollte. | Am roten langeten wir zu Murſina Derevons an. Diefes war das erſte ruffi- fche Dorf, das, wir wieder jenfeie Schaſchina Derevong antrafen. Die ruffifchen Dörfer liegen nahe bey den Städten, die tatarifchen hingegen an entlegenen Oertern. Am dten Abends erreicheten wir Tſcheredowa oder Snaminskoi⸗ Pogoſt · Dieſes Dorf liegt eine Werſt (andwärts.ein, auf einem Hügel, an einem kleinen See, in einer ſehr angenehmen Gegend, und iſt gerades Weges fechs und vierzig Werſte von Tara entferne, Sch habe Bauerhäufer darinnen gefehen, Die manchen Käufern in Städten nichts nachgaben. Am ızten Jun. Abends Famen mir vor die Stade Tara. Wir fuhren in dem Agarka hinauf, welcher Fluß, ganz nahe bey der. Stadt, ‚auf der linken oder weftlichen Seite, in den Irtiſch fällt, und langeren bald darauf in der Stadt an. Ich hatte mich ſchon längft nach der Ankunft in Tara geſehnet, weil ich mich feit acht Tagen nicht wohl befand , keinen Appetit zum Eſſen hatte, auch vor den Muͤcken nicht hatte fchlafen koͤn⸗ nen, Meine Unpäßlichkeit ſchlug endlich in ein hißiges Fieber aus, das ſich aber in acht Tagen endete, und keine andere übelen Folgen nach fich ließ, als daß mir alle Haare auf dem Kopfe ausfielen, wiewohl fie fich Almahlig wieder einfanden, Bon meinem Aufe enthalte in diefer Stadt habe ich wegen meiner Krankheit nicht viel Mugen ziehen koͤn⸗ nen, daher ich keine beſondere Merkwuͤrdigkeiten von ihr anfuͤhre. | Man Fann Tara In die obere und in die untere Stadt eintheiten. Die erftere liege auf einer Höhe, und ift mit einem Oſtrog, und mit fpanifchen Reitern, auch an der yordern Seite mit einem Erdwalle umgeben. Sie ift der Sis des Woywoden, wie auch der Kanzelley. Rings herum ſtehen dreyßig metallene Canonen. In der untern Stadt iſt eine tatariſche Slobode, welche mit der Stade zuſammen hänge; imgleichen eine Metſched oder Capelle. Die Stadt ift klein, und die Einwohner find arm. Man fießt allda fein einziges fteinernes Haus, weder von oͤffentlichen, nod) Privatgebaͤuden. Außer den nothwendigſten $ehensmitteln iſt nichts zu haben. Sie iſt auch ſehr arm an Wolke, welches zum Theile daher ruͤhret, daß fiehen hundert Einwohner, als fie auf Be⸗ fehl Peters des Großen im Sabre 1722 den vorgängigen Huldigungseid wegen der Reichsfolge thun folleen, und ſich deſſen weigerten, auch in ihrer Widerſpaͤuſtigkeit be⸗ harreten, das Jahr darauf meiſtentheils hingerichtet wurden, Die noch übrigen Eine wohner find dem Müfiggange fehr ergeben: denn Die ganze Woche, als unfere Fahrzeu⸗ ge dorf lagen, ſtunden taͤglich eine große Menge Leute, alte und junge, am Ufer, wel⸗ he fie anſahen. Zu allem Gluͤcke wurden wir hier nicht won den Tarafanen gequaͤlet, weil es alla , auch am Irtiſch weiter hinauf, Feine giebt. Am zoften verließen wir Tara um Mittageszeit, nachdem man uns eine Bede⸗ ckung von zwanzig Mann Sluſchiwie 31), welche mit Gewehre und Pulver zur Gnie ge +30) Slufebiwie bedeutet irregulaͤre Kriegeslen⸗32) Knjaſez iſt das Kminutivum von Knjas/ 16, welche zu Fuße dienen, fo wie Coſaken, der⸗ Fuͤrſt. — er. gleichen Kriegesfeute zu Pferde find, 93) Tatarn, welhe Jeſack, d. i. Tribut alt in i die Krone zahlen. “ durch Sibirien. Be ge verfehen waren, zugegeben bafte, wodurch die Bedeckung, die wir ſchon bey ung bat- Gmelins . ten, um ein großes verſtaͤrket wurde. Weil in unferm Fahrzeuge nicht Raum für, fie elle. tar, fo wurden fie in ein befonderes Fahrzeug gefeget, das mit dem unferigen bis Gmsk 1734. gehen füllte. Am folgenden Morgen um acht Uhr fuhren wie bey der Mündung des Tr Y ra vorbey, wo er, gegen Oſtnordoſt am finfen Ufer in den Irtiſch fälle. Das Waſ⸗ fer des Tara ift, in Bergleichung des Irtiſch ſeinem, ſehr bel, Diefe Mündung iſt, nach gerader Kinie zu rechnen, zwey und dreyfig Werfte von Lara entfernet, welche Stadt, nach ſibiriſchem Gebrauche, ihren Namen von ihm bat, Micht weit von der Mündung des Tara liege ein tatarifches Dorf, bey den Ruſſen Uſt⸗Taͤra, und bey den Tatarn Lars tamak genannt. Allda wohnet ein Knjaſez 32), welche uͤber die Jeſaſchnie⸗Ta⸗ tet 33) der daſigen Gegend die Aufſicht hat. Damit wir ihn Fennen lernen möchten, ließen wir ihn auf unfer Fahrzeug einladen, Er Fam in einem ziemlich großen Kahne Beſuch eines mie vier Rudern zu uns an Bord, Seine Leute ſchienen ihm große Ehrerbierhung zu bes vornehmen jengen, Sein Alter, feine Sreundlichfeit und gute Kleidung gaben ihm. ein ehrwuͤrdiges Tatars. Anſehen, und dabey war er ungemein geſpraͤchig. Wir konnten aus feinen Reden ab⸗ nehmen, daß er ein: febr verfiändiger Mann war: Er fah von ungefähr unfern Eompaß, und zeigete, daß er ihn wohl verſtuͤnde, erzäbfere auch, daß er es von einem vornehme durchrelſenden Matroſen 34) gelernet haͤtte. Er ſagete, die Magnetnadel bewegete fh ſtets gegen die große eiferne Stange, die an einem Ende der Welt wäre, und bis an einen gewiffen Kleinen Stern reichete: (ſo befihrieb er nämlich den Polarſtern). Er that allerley Fragen wegen bes Opium an uns, und wies uns etwas davon, welches. aber mif einem afidern Extracte verfaͤlſchet war. Wenn man von dieſem, ſagete er, des Abends etwas aͤße, ſo waͤre man ben folgenden Tag Pochmieli 35). Er ſchenkete uns zum Ab⸗ ſchiede einen Hammel, und wir waren mit feinem Befuche fehr wohl zufrieden. \ - Am 24ffen von ein Uhr Nachmittages bis um drey Uhr, hatten wir zwey ſtarke Uns geriet, wobey ein heftiger Platzregen fiel. Das Waffer drang in unfere Kajüten, und wir hatten die größte Mühe, unfere Bücher und Schriften in Sicherheit zu bringen. Diefer Zufalt begab fich noch öfter: aber wir: waren. hernach beffer dazu vorbereitet. Es war eine Warnung für ung, daß wir unfere Fahrzeuge bernach beffer Ealfatern ließen.- In der Gegend des Irtiſch, wo wir waren, hatten wir an deſſen öftlichem Ufer die barabinifche Wöftenep,; und an dem weſtlichen Ufer: die coſakiſche. Wir lief: fen daher gute Wache halten. Von den barabinifchen Tatarn, als einem dem ruſſiſchen Reiche unterthaͤnigen Volke, hatten wir eben nichts zu befürchten: aber die coſakiſche Berufene Zorda pfleget dieſe Wäfteney zuweilen zu befuchen, Zu allem Gluͤcke verhindert fie ber Garde Fr Co Fluß, welcher dazwifchen iſt, folches im Sommer zu thun. Hingegen ijt bie Wuͤſte⸗ — Tas ney, welche an ihrer Seite fiege, deſto gefäßrlicher: denn man Fann von dem. Ufer des a Irtiſch in dreyen Tagen nach der cofafifchen Horde, oder Caſatſchja Horda, Wie es gIhre Einfälle auf ruffifch beißt, kommen. Dieſes Volk ſtreifet in dieſer Wuͤſteney herum, und hat und Grau⸗ ſich ſehr furchtbar gemachet. Was ſie von Mannsperſonen antreffen, das ſchlagen ſie ſamkeiten. iodt, und die Weibesbilder ſchleppen fie mit ſich · Mit deu Catarn geben fie ein wenig 2} gelinder 34) So nennen die Tatarn alle Seeleute, hohe: deutet nach dem Hopfen, ‚Eigentlich druͤcket es und niedrige. diejenige- Empfindung aus, die man hat, wenn 35) Pochmiel ift ein rußiſches Wort, und ber man des Tages vorher zur viel getrunken hat. «Bmelins Reife, 173% 128 Weiſe nach Kamtſchatka gelinder um, als mit den Buſſen: fie führen fie eine Weile mit ſich, pruͤgeln fie derb aus, und laffen fie wieder laufen. . Ehemals führeten fie die Ruſſen mie fid) in die Sclaverey : ich babe ihrer etliche ‚gefehen, die daraus losgefommen waren, und fie fonns sen von den erlietenen Grauſamkeiten nicht genug erzählen. Wie fürchterlich nun dieſe Vorftellungen waren, fo wenig machten fie doch Ein⸗ druck bey uns, weil mir ung darauf verließen, Daß der Fluß Leine Krümmungen mehr tief ins Land machete, auch der Wind dermaßen gut war, Daß wir fehr fchneil ſegelten. Am arten des Abends, nachdem wir mehr ‚als einmal auf dem Sande fisen geblieben waren , erreichten wir die Mündung des Fluſſes Om, Wir fuhren in ihm hinauf, bis ‚an eine darüber geſchlagene Brücke, und legeten bey Omskaſa⸗Krepoſt an. Der m läuft von der rechten Seite, füdweftwärts, in den Irtiſch, und fein Waſſer fieht, gegen des letztern feines, ſchwarz aus, weßwegen er von einigen Tſchorna⸗Reka ſchwarzer Fluß, ‚genennet wird, Man kann diefe Farbe; den Terifch weit hinab, unterfcheiden, und beyde Waſſer vermengen fich erſt eine Werft weit unterhalb der Mündung, Auf der linfen Seite liege die ‚neuere Arepoft, wo der Hauptmann der Beſatzung wohnet: fie befteht aus Häufern, welche mit einem Oſtrog, einem: Eleinen Graben und ſpaniſchen Reitern umgeben find. In dem Oſtrog (Schanze) befinden fich erliche wenige Tanonen, Der Irtiſch hat feinen auf an der weftlichen Seite der Seftung. Unterhalb derfelben ftehen noch werfehiedene Häufer, faſt bis an die Mündung des Om; und über diefe Mündung hinaus tft ‚eine Slobode. Hier wurden unfere tatarifchen Sluſchiewie durch andere abgelöfer, Weil aber fein Fahrzeug, wiein Tara, Für fie vorhanden war, To nahmen wir ihrer zehen auf un- fere beyde, und die übrigen. zehen bekamen Pferde, damit fie ftets an dem öftlichen Ufer neben den Doſchtſchenniken ber reiten Fönnten. Wir giengen am 28ſten Nachmittags um vier Uhr ab, Weil von bier aus, bis Scheleſinskaſja⸗Krepoſt £ein einziges Dorf liege, fo verforgeten wir ung mit einem Ochfen und erlichen Hühnern. Wir hatten die ſchon erwähnte Wüfteney noch immer auf beyden Seiten, immaßen fie ſich bis nad) Sempalarni erſtrecket. Von bier aus find feine Dörfer mehr, wornach man den Weg angeben Fönnte, fondern man rechner nach Pliöffen. Eine Pliöf beißt ein Strich, welchen der Fluß in einerley Richtung fortgeht: ſo bald diefer fich kruͤmmet, ſo geht eine neue Plioß an. Wenn ich alfo fragere , wie weit es nach Schelefinsta wär re, fo antwortete man, fo oder fo viele Plisffen. — Am ꝛoſten des Morgens fuhren wir bey dem Fluſſe Solonowska⸗Retſchka vor⸗ bey, welcher aus einem in der Wuͤſteney befindlichen Salzſee entſpringt. Es find vie le dergleichen Salzfeen-auf beyden Eeiten der Wuͤſteney, fonderlich auf der Seite der Cofaten. Nicht weit won dem Irtiſch, fechs und ſechzig Werfte oberhalb Omst find ihrer viele beyfammen, Wir waren Willens, dahin zu gehen und fie zu beſehen. Allein, da wir am zoſten des Morgens aufftunden, fo erfuhren wir,daß wir ſchon vorbey gefahren waren. Das Waffer in Diefen Seen fell fehr bitter feyn, fo daß fie einer wei⸗ tern Unterfuchung werth wären. Ich befam viele Fahre hernach von einem Bergbeam⸗ ten, welcher fich in den Gegenden der Bergwerke zu Kolywa aufgehalten hatre, ein ‚ges Salz aus diefen Seen , welches er durch Auflöfen und Erpftallificen gereiniger hatt’ es koͤmmt dem glauberiſchen Wunderſalze in allem gleich, und die Bergleure gebrau⸗ hen es, wie das englifche Purgierfalz, mir gutem Erfolge. of # durch Sibirien. 29 Am zöften, als wir zu Mittage fpeifeten, wurden wir in ein plögliches Schreden gefeger. Unſer Fahrzeug ward led, und das Waſſer nahm alle Augenblicke darinnen zu. Weil uns nun der tobolsfifche Zufall noch in friſchem Andenken ſchwebete, fo ließen wir das Waſſer mit aller Macht auspumpen und fehöpfen, _ Ws es aber dennoch nicht ab- nehmen wollte, fo fießen wir unfere Sachen in größter Geſchwindigkeit auf das Verdeck des Fahrzeuges bringen, und es ans Sand ruͤcken. Wir waren kaum ausgeftiegen, ſo minderte fich das Waſſer, und man ſagete uns, daß man das Loch gefunden hätte. ie zogen fogleich wieder in unfere Kajuͤten ein : aber unfere Freude waͤhrete nicht lane ge; denn man meldete ung bald hernach, es ließe ſich das Loch nicht anders verftopfen, als wenn das Fahrzeug aufs Trockene gebracht und gänzlich ausgeladen würde. Wir mußten es uns alfo gefallen laffen: es vergiengen aber ein Paar Stunden, ehe man ei- nen bequemen Ort dazu fand, Indeſſen war es noch ein Gtüc für uns, daß nur etwas weniges von unfern $ebensmitteln verdorben war. Weil wir auch fehr gutes Wetter hat- ten, fo war das Fahrzeug Abends gegen fieben Uhr völlig ausgebeflert. Wir fubren al- fo wieder ab, und am 4ten des Zulit Famen wir glüdlih in Scheleſinskaja⸗Brepoſt an. Wir hatten, zween Tage vorher, Leute dahin gefchicket, damit wir, bey unferer Ankunft, alles bereit finden möchten: daher wir uns denn nicht länger allda aufbielten, als es noͤthig war, von der Befchaffenheit des Ortes etwas in Erfahrung zu bringen. Die Feftung ift fo, wie alle andere ‚ die wir bisher gefehen hatten, gebauet, und. zient lich weitlaͤuftig: fie liege am oͤſtlichen Ufer des Irtiſch, welches allda gar hoch iſt. Es find bey diefer Feftung Eafernen angeleget, Der Commandant war ein Lieutenant, ein Hwede von Geburt, welcher in Tobolsk ven ruffifchen Glauben angenommen hatte. ie Befagung beſtund aus fiebenzig Mann, und die Feſtung war mit vier Canonen ber ſetzet. Außer dieſen Soldaten, und noch hundert Sluſchiwie, find allda Feine Eine wohner; es wird auch Fein Ackerbau getrieben, fondern alles aus Omsk, Tara und Tobolst dahin gebracht. Es hielt ſehr ſchwer, che wie nur einen Hammel befamen, und man führete zur Uvfache deffen an, daß kurz vorher mehr als hundert Schafe fich in der Wuͤſteney verlaufen haͤtten. Diefer Unfall geſchieht dort oft, weil die Schafe von dem Wilde leichtlich verfiheucher werden, fo daf fie fich zerfireuen und oft gänzlich ver- lieren. Ihre meifte Nahrung beſteht dader in Wilde, und fie trocknen es, zum- Fünf tigen Gebrauche, an der Sonne, Die Häufer in diefer Feftung find oben alle mit Ei > uͤberſchuͤttet, und haben fein Dach, damit das Feuer fie nicht fo leichtlich angreis en möge. \ rw Bon diefem Orte an zäbler inan, wenn man zu Waffer reifet, nicht nach Werften, fondern nad) Ruͤſchken, welches Wort ein hohes fleiles Lifer bedeutet. Weil num der Fluß, an der öftlichen Seite nicht überall dergleichen Ufer Dat, fondern Diefe Höhe, wer gen der Kruͤmmungen deffelben, oft weit ins Sand hinein von dem Fluſſe abſteht, fo fängt man ‚von einem boden Ufer bis zum andern an, zu zählen, und das beißt bie erz fie Ruͤſchka u. ſ. w. Ich werde mich aber, obgleich Herr Muͤller fie alle genau meſſen ließ, nicht darnach richten, fondern die fänge des Weges, nach der Entfernung der Fluͤſſe, die in den Irtiſch fallen „berechnen. Am sten Wormittags, giengen wir bey Scheleſinska⸗Retſchka vorbey, welches an einem Bache liegt, der, wie uns geſaget wurde, überaus fifchreich iſt, weßwegen wir etliche Leute an deſſen Muͤndung ſchicketen, und das Netz auswerfen ließen. Sie Aligem. Reiſebeſchr· XIx Band. R thaten Ginelins - eiſe. 1734 nd Bmelins Reife, 3% ws Reife nach Kamtſchatka thaten folches ziweymal, und wir befamen einen ganzen Kahn voll Hechte, Bärfche und Kaulbärfche. Es waren einige Hechte anderthald ruſſiſche Elfen lang. Wir theifeten fie alle unter unfere tatarifchen Stufchiwie und Soldaten aus, Da ihrer fo fehr viele wa- ven, fo wollten fie ein Theil derfelben an der Luft trodnen, damit fie etwas im Vorra⸗ be behielten. Weil aber das Wetter fehr heiß war, fo gaben diefe Fifche einen fo uner- ‚ träglichen Geruch von ſich, daß wir den Leuten befehlen mußten, fie entweder alle ins Waffer zu werfen, oder fie noch an felbigem Tage zu verzehren. Zu allen Gluͤcke wa: ron ihre Mägen fo gut, daß am andern Morgen Fein einziger Fiſch übrig war, Am öten des Abends, kamen wir an das Ende der achten und legten Ruͤſchka, wo ein Fleiner Bach, der aus dem See Kriwoje⸗Oſero koͤmmt, und in den Irtiſch fällt Bon Schelefinst bis zu diefem Bache ift es ein und funfzig Worfte weit. Hier hoͤret die Rechnung nach Ruͤſchken auf, weil die Befchaffenheit des Ufers weiter bin nicht mehr bequem dazu iſt. Man bebilft fich mie gewiffen befondern Merkmaalen, welche dort Urotſchiſchtſche heißen, d. i. Oerter, die etwas kenntliches an ſich haben, z. E- ein Kreuz, das am Ufer ſteht, u, d. m. | As wir am 7ten von dem Geſtanke der Fiſche befrener waren, fo bathen ung unfere Seute des Abends um Erlaubniß, daß fie fifchen dürften. Sie hatten fich einen See, nicht weit vom Irtiſch, Gluchojer®fero genannt, dazu auserfehen. Es gieng uns ſchwer ein, es ihnen zu erlauben, damit wir nicht wieher den Verdruß, wie am sten ausſtehen dürften. Wir verflarteren es ihnen endlich, jedoch mie dem Bedinge, Feine große Menge Fifche zu fangen. Sie kamen bald, volfer Freuden, mit einem Kahne voll Karauſchen wieder, unter welchen manche eine halbe ruffifche Elle lang waren. Als ‚wir fie frageten, warum fie wieder unfern Befehl gehandelt bärten? fo fageten fie, fie hätten fich ja dem Willen Gottes nicht widerſehen Fönnen, der ihren Fiſchzug ſo gefeg- net hätte. Damit num dieſer göttliche Segen Feine uͤbelen Fofgen für ums nich fich zie⸗ hen möchte, fo erfauberen wir ihnen, diefe ganze Mache ftille zu liegen, damit fie ſchmau⸗ fen koͤnnten. Unfer Zweck wurde völlig erreichet: fie gedachten an Fein Schlafen, for dern fraßen die ganze Macht durch, bis Fein einziger Fiſch mehr zu ſehen war. : Wir giengen am gten mie vieler Mühe und fehe langſam fort, wie ſolches ſchon ſeit einiger Zeit geſchehen war: denn es waren die Ufer überall mir großen Weyden und Pap- xelbaͤumen bewachfen, auch mit vielem alten Holze, das die Ueberſchwemmungen im Fruͤhjahre dahin führen, bedecket. Won Schelefinskran, harten wir feinen Wind ge Fade; die Seute waren alfo von dem langen Ziehen wider den Strom müde: aber jetzo mußten ſie nicht allein ziehen, ſondern ſich auch mit der groͤßten Beſchwerlichkeit uͤberall durch das Holz durcharbeiten. Wir trafen am felbigen Tage, an dem weftlichen fer, etliche Fiſcherwohnungen an. In der letzten, weiche wir Abends erreicheten, wohne te eine Gefellfchaft von fimf bis fechs Leuten ‚ welche ſich zufammen begeben hatten, Fi ſche zu fangen, Wild zu jagen, und den Gewinn davon unter fich zu theilen. Derglek chen Seute heißen dort Prompfchlenig, Die, welche wir antrafen, waren aus Tarär und hatten fich zu diefer Nahrung um deßwillen entſchloſſen, weil fie, nach ihrem Bor geben, die Kopfgelder, welche die Krone jährlich von ihnen fordert, auf Feine andere Arc bezahlen konnten. Die Stoͤre, Hechte, Schleyen, Jaſſi 36), welche von ihnen - un Ind gefangen 36 Es gehoͤret diefer Fiſch zum Geſchlechte Bes Cyprini Artedi, und koͤmmt demjenigen am —J — durch Sibirien, | 131 gefangen werden, trocknen fie an der Sonne: bie Barfche und Kataufchen aber , weil Gmelins fie nicht zum Trockenen taugen, werfen fie wieder in den Fluß. Das Wild, welches Reife. fie fällen, trocknen fie ebenfalls; und es ift allda eftvas febr gewoͤhnliches, dergleichen 173 4 Feiſch zu effen. Im Herbite geben fie mit ihrem Vorrathe nach Tara und verkaufen —— ihn. Im Winter kehren ſie entweder nach ihrer alten Isbuska, d. i. eine kleine Hütte, Die aus einen einzigen Stube beſteht, oder fie beziehen eine andere an der öftlichen Seite des Fluffes, und fielen dem Wilde nad). Die große Menge der im Fluſſe liegenden Bäume, machet die Sabre zwifchen Scelefinse und FamüfchewasKrepoft hochſt beſchweruͤch und gefährlich, ſonder⸗ lich wenn man Tag und Nacht fehiffer,, wie wir bisher gerhan hatten. Es giebt in die- fer Gegend fehr viele wilde Schweine, fo groß, als man fie irgendwo finder, und den— noch find allda Feine Eichen; man fiebt nichts als fchwarze und weiße Pappelbäume und eyben, welche den Säuen Feine Nahrung geben. Wie man uns fagete, fo freſſen ſie nichts als Gras und Wurzeln. Des Winters wuͤhlen fie unter dem Schnee ein ge⸗ wiſſes Gras hervor, welches in der Sprache des Sandes Runduruch heiße; und von diefem erhalten fie fich. 3 Weil unfere Reife bisher fehr Iangfam gegangen war, auch unfere Leute uns foge ten, daß, wenn der widrige Wind anbielte, oder auch gar feiner wäre, wir Jamuͤ⸗ ſchewa in acht Tagen noch nicht erreichen wuͤrden: fo zogen wir unſere auf dieſen Som: mer befchloffene Reife und die anzuftellenden Wahrnehmungen in Erwägung, und fehice: een daher etliche von unferen Sluſchiwie am raten nach Jamuͤſchewa, und erfuche: een den dafigen Commandanten, daß er uns erliche Pferde fenden möchte, um dahin voraus zu gehen, und in Erwartung, daß das Fahrzeug anfäme, dasjenige in Augen: ein zu nebinen, was. ung merkwuͤrdig zu ſeyn duͤnken würde. Die Pferde kamen am ı3ten Abends bey uns an, als wir noch fechs und fechzig Werfte von Jainuſchewa ent- ferner waren. Wir ließen alſo unſer Fahrzeug flill halten, und paceten dasjenige, was wir mitzunehmen nötbig hatten, auf Karren. Herr Müller und ich, der Maler Berk⸗— han, der Unterwundarzt und der Dolmetſcher, verließen das Fahrzeug des Nachts um bald ein Uhr, und fegeten uns zu Pferde. Bisher war unfere Schifffahrt auf dem Irtiſch, die Langſamkeit der Fahrt und die erwaͤhnten Zufälle ausgenommen, recht glücklich gewefen, Wir konnten mit unfern Character der chiffleuten, die wir zu Tobolsk bekommen hatten, überaus wohl zufrieden ſeyn. Cs tatarifhen waren ftille, dienftfertige und willige Leute. Wir fahen oft mit Erbarmung an, wie fie Schiffleute. ſchwitzeten und arbeiteten, und weder Tag noch Macht Ruhe batten; und dennoch babe ich fie niemals murren gehöre, Der erwähnte Zufall an unfern Schiffe gab uns den be: fen Beweis won dem guten Willen diefer Tatarn. Wir hatten viel geräuchertes Schwei- nefleiſch bey UNS; und ſelbiges anzuruͤhren, iſt bekannter maßen den muhammedaniſchen Tatarn ein Graͤuel. Weil nun die Noch da war, und das Fahrzeug geſchwind ausge: laden werden mußte, fo trugen ſie Fein Bedenken, obgleich mit zieternden Händen, felbi- ges Fleiſch aus dem Fahrzeuge zu tragen. Ja, als uns eines Malesein Spanferfel aus dem ahrzeuge in das Waſſer fiel, fprang ein Trage geſchwind binein, und brachte es ung wie⸗ der. Ihre Menſchenliebe gegen einander haben wir auch oft deutlich erfannt, Zwiſchen R2 Schele⸗ ſten, welchen Geſner in ſeinem Fiſchbuche, Zürich 1575 Rottelen, Votte x, und lateiniſch Ru- tilus oder Kubellus nennet. 132 | Reife nach Kamtſchatka / Gmelins Scheleſinskaja⸗Krepoſt und Jamuͤſchewa mußten fehr oft drey bis vier Tatarn Reife. entweder ſchwimmend, oder im Waſſer gehend, die Tiefe des Fluſſes unterſuchen, da 1734, mie unfere Fahrzeuge nicht fo oft auf dem Sande ſitzen blieben. Eines Males gerierh einer von ihnen, der, wider Die Gewohnheit dieſer Leute, niche gut ſchwimmen konnte, an ei: nen tiefen Ort, wo er beynahe erfoffen wäre. So bald die Tatarn auf dem Fahrzeuge. es fahen, fprangen ihrer etliche zugleich ins Waſſer, und rerteren ihn, Wir baben nie mals einigen Diebſtahl an ihnen bemerfer: fie werden auch überhaupt als treue feufe geruͤhmet. Ihre Redlichkeit ift fü befannt, daß man feinen Eid von ihnen begehret, von dem fie auch unter fich nichts wiffen , fondern es gile bey ihnen ein Handſchlag mehr, ‚ als viele Schwüre bey den meiften Ehriften. Uebrigens find fie, nach ihrer Art, un gemein gottesfürchtig. Ich babe fie niemals effen feben, da fie nicht ihre Gebether vor und nad) dem Eſſen verrichter hätten. Sie zogen niemals die Segel auf, ohne dabey - Segenswünfche für eine glückliche Reife zu rhun. Große Eßbe⸗ Diefe Tatarn find faft alle Hager, ausgedorrer, braun von Gefihte, und haben gierde * ſchwarze Haare. Sie ſind ſtarke Eſſer, und wenn fie genug in Vorrathe haben, fo eſ⸗ rg fen fie des Tages viermal, Ich habe bereits oben erzählet,, daß fie einft eine ganze Nacht nicht aufböreten, zu freffen. hr gewöhnliches Gericht ift Gerfte, die fie ein wer nig röften, und in ihrer Sprache Kurmatſch nennen, Diefe effen fie entroeder roh, oder, wenn fie ſich etwas zu gute thun wollen, fo röften fie ſolche nochmals in einer Pfanne mit einem wenig Butter. Won allerley Fleiſche halten fie zwar das Fülfenfleifch für das befte: aber bey ung mußten fie ſich mit dem, was wir harten, begnügen, und fie thaten es willig. Ich habe fie oft Stücken Fleiſch ans Feuer legen fehen, die faſt gänzlich verfaufet waren, und welche fie doch mit großer. Begierde verzehreren. Zu Tara, zu Omsk, auch oft unterweges, macheten fie fich ein Gericht, welches fie Buͤſchbarmak nenneten. Won Worte zu Worte überfeger, heißt es Sünffingerges richt. Es kann von allerley lebendigen Thieren gemachet werden: aber das Thier, wel: ches dazu gebraucher wird, muß auf einmal ganz verzehret werden. Wir Fauferen, um alles, was dabey vorgeht, genau zu fehen, zu Schelefinsk einen Hammel. Dieſe Eeremonien Mahlzeit hatte, wie es fchien, etwas Neligiöfes an ſich, und fam dem jüdifchen Paſſa mahlzeit der faſt gleich. Drey Tatarn verrichteten die Eeremonie, und einer derfelben vertrat die - Zatarn. Steuͤe des Schlähters, Sie banben dem Hammel die Füße; alsdann trugen fie ihn auf die Seite des Fahrzeuges, welches gegen Mictag, (nach Mecca zu), war, und - wandten vornehmlich deffen Kopf dahin. Sie folber kehreten fich auch nach diefer Ges gend, und verrichteten ihre Gebether. Hierauf ſchnitt der Schlächter dem Hammel die Gurgel ab, und ließ das Blur ins Waffen laufen. Als der Hammel todt war, fo goß er in die Wunde ein wenig Waffer, und fpühlete fie aus. Sodann legeten fie ihn auf den Boden, und der Schlächter zerlegere ihn. Nachdem er gänzlich, und in viele Stüce äerleget war , fo fielen fie Haufenweife über die Stuͤcke her, fonderten das Fleiſch von den Kochen ab, Focheten jedes befonders; und nach vervichtetem Gebethe aßen fie alles ohne Meffer und Gabeln, mie bloßen Händen. Es war eine Luft, zu ſehen, wie fie mir ih⸗ rem Hammel fo geſchwind fertig wurden, Vormittags gegen zehn Ude fiengen fie das Schlachten an, und um zwey Uhr Nachmittages war nicht ein Biffen mehr übrig. Die Tifchgefellfchaft beftund aus zwanzig Perfonen, Es fiheint übrigens die Hauptſache dies fer Mahlzeit darinnen zu befieben daß das Ihier mic bloßen Haͤnden, ohne Rei 7 I oͤffel, durch Sibirien. 133 Hſel, bergehrer werden muß; daher denn das dabey vo. kommende einzige Gericht den Gmelins Namen Sunffingergericht bat, — Unſere groͤßte Beſchwerlichkeit auf dieſer Reiſe, und dem durch nichts abzuhelfen 1734 war, beftund in den Mücken, deren es uͤberall, wohin wir Famen, eine unausfprechliz he Menge gab. Cie fogen fich an allen Stellen, wo fie bloße Haur finden, an, boh- Muͤcken und sen mie ihren Ruͤſſeln rief Binein, und fliegen’ nicht eher fort, als bis fie dick find. Siegen J Wenn man ihnen den Willen läßr, fo bedecken fie Die ganze Haut, und verurſachen un, dem Irtiſch erträgliche Schmerzen. Zu Tlimst follen fie die Kühe zuweilen dermaßen quälen, daß fie todt niederfallen. Diefe Mücke iſt übrigens von fehr zärtlicher Natur: man Fann fie kaum anrühren, fo ift fie fehon todt. Thut man folches, fo lang fie auf der Haut fißt, bleibt etwas von ihrem Stachel darinnen, und der Schmerz it noch) diel empfindli⸗ her. Ihr Stich verurfacher bey einigen, daß die Haut aufläuft , bey andern machet er nur rothe Flecken, wie die Brennnefleln. Das gewöhnliche Mittel dawider ift, dort Verwah⸗ du Lande, daß man eine Haube, in Geſtalt eines Siebes, über dem ganzen Kopfe trägt, rungsmittel durch welche man ungebindere fehen ann. Um die Berfen bängt man Vorhänge von dawider. einer gewiffen durchfichtigen Seinwand , Brjanoi⸗ cholſt genannt. Wir bedieneten uns beyder Mittel, aber wir fanden bey beyden Inbequenlichfeit. Bey dem erften war die Hige, welche man empfand, weil man feine freye Luft hatte , fehr befchwertich. a8 andere wollte anfangs gar nicht heffens unfere Betten waren voller Mücken, und wir konnten etliche Nächte faft gar nicht fehlafen. Wegen des erftern entfchloß ich mich, die Mücken lieber auf der Haut fügen zu laſſen, als den Kopf ftets einzuhuͤllen; und Aberdiek war es auf dem Fahrzeuge noch ziemlich auszuftehen, fünderlich oben , wenn die Luft ſehr kuͤhl, oder auch ſehr heiß war: aber, wenn es ein wenig regnete, oder der mmel nur etwas trüße wurde, fo waren die Mücken ganz vafend. Wollte man fie dr fehlagen, fo war das Geficht augenblicklich vol Blut, und es fehmerzete überall; aber fie ftechen zu faffen, mar ebenfalls unerträglich, und es blieb alsdann Fein anderes ittel übrig, als ſich der Haube in Siebesgeftalt zu bedienen. Die Hände und die Bei- Ne verwahreten wir uns mit Handſchuhen und ledernen Strümpfen, Es giebt am Ufer diel mehr folcher Muͤcken, als auf den Fahrzeugen, und man mehre fich ihrer, wie man will, fo fise doch alles ganz voll. Ich wagere es einmal, mit bloßen Händen und Ge chte an das Ufer zu geben: aber ich Fann die Pein, bie ich ausftund, nicht genugfam beſchreiben Es waren Hände und Geſicht alſobald mie Eleinen Beulen bedecket, die Mir ein unabläßiges Juͤcken verurfacheten. Ich begab mic) geſchwind wieder auf das abrzeug , und verfhaffete mir bald eine gute Linderung, als ich mich mit Effige wufch- Endtich bemerferen wir, daß die Mücken, womit wir des Nachts geplager waren, nicht durch die Vorhänge Famen ‚ fondern fh von unten hinauf, zw ſchen dem Bette und den Vorhaͤngen, 3ogen. Dieſer Zugang war leicht zu verfperren. . Wir leckeren die Vor: haͤnge feſt in die Bettſtaͤtte hinein, und fo fehliefen wir hernach gar ruhig. Wollten ir ung bey Tage in den Koajüten ohne Hauben aufhälten, fo mußten wir einen unauf- hoͤrlichen Rauch machen, Menn es windig war, fo ſtunden wir bey weitem nicht fo viel aus, wenn wir nur die Fenſter aufıhaten: denn fie Fönnen den Wind nicht vertrge gen; und weil es denn oben auf dem Schiffe immer ein wenig windig war, fo wichen ve allda weg, Je naͤher wir gegen Jamuͤſthewa Famien ‚- defto weniger wurden wir don diefem Ungeziefer gequälerz und wenn — eg einfiel, fo war gar Feines. zu 3 ſehen. Bmelins Reife, 1734 — — Reiſe zu Lande. A nkunft der Akademiſten zu Jamuͤſche⸗ won. 134 | Reife nach Kamtſchatka ſehen. Sie blieben zwar in den Kajuͤten, aber fie hiengen an den Waͤnden wie todt: jedoch, ſo bald es wieder warm wurde, war alles wieder lebendig. In der Gegend von Jamuͤſchewa bekamen wir, anſtatt dieſer Mücen, eine Art ſehr Eleiner Fliegen, Moſchki 37) genannt, welche ſich ſonderlich an moraftigen Dertern in großer Menge befinden. Diele faugen ebenfalls das Blut aus der Haut, und kaum haben fie ſich ge ſetzet, fo find fie ſchon voll, Sie find, wie die befchriebenen Mücken, von fehr. zärtlie cher Natur, und die mindefte Berührung toͤdtet fie, Sch komme endlich zu unferer Landreiſe. Wirfegeten ung, wie oben erwaͤhnet wor⸗ den, mit einem Fleinen Gefolge zu Pferde, und nahmen die Hälfte der uns zu Scheles ſinskaja Krepoſt gegebenen Bedeckung mit uns. Unſer Weg gieng gerade durch die MWüftenen, welche überall eben ift. Wir fahen in der Ferne an erlichen Orten Feuer, dergleichen wir fihon einige Mächte zuvor wahrgenommen hatten; und unfere Sluſchi⸗ wie ſageten uns, daß es in der Wüfteney brenne, * Am folgenden Tage, fruͤh um ſechs Uhr, hatten wir die Haͤlfte des Weges zuruͤck⸗ geleget, und ließen unſere Pferde ein wenig ruhen und Gras freſſen, worauf wir die Reife fortſetzeten: aber fie wurde uns ſehr beſchwerlich, ehe wir Jamuͤſchewa erreiche⸗ ten. Es war die Hitze fo unerträglich, daß wir meyneten, wir müßten umfommen, Obgleich der Wind webere, fo war er doch dermaßen heiß, als ob er aus einem Back⸗ ofen kaͤme. Wir hatten faſt in ſechs und dreyßig Stunden nicht geſchlafen; der Sand und der Staub benahm uns das Geſicht beynahe gaͤnzlich, und wir kamen Nachmittags um ein Uhr in Jamuͤſchewa⸗Krepoſt böchft ermüder an. Auch hier empfanden wir noch die Hise dermaßen, daß wir nicht glauberen, fie viele Tage ausftehen zu Eönnen- Wenn wie aßen, waren alle Speifen voll Sand, welche der Wind, durch die Fenfter« Große Feuersbrunſt in der Wuͤſte⸗ ney. Löcher hinein wehete: denn es waren in unſerer Stube anſtatt der Fenſter, nur die Deffe nungen dazu. Ich gieng zum Fluſſe und badere, wodurch ich mie neu gebohren wurde. Kaum war ich in meine Herberge zurücfgefommen, fo wurde von der Befagung das Spiel gerüßret, zum Zeichen, daß Feuer ſey. Wir erfuhren, daß es in der Wüfteney war, wo es große Verwuͤſtung anrichtete. Der Wind trieb es heftig gegen die Feſtung zu, und wir ſahen es, fobald wir auf die Straße giengen. Es noch deutlicher zu ſehen, giengen wir auf bie Feſtungswerke, wo wir an verſchiedenen Oertern große Feuer erblis eten , welche ein helles Licht macheten. Einige gaben das Anſehen, als ob eine lange Reihe Häufer erleuchtet wäre, , Es war dem Commandanten in der Feftung nicht wohl dabey zu Muthe; denn das nächfte Feuer war nicht über fünf Werfte von der Feſtung entfernet. Alle Weiber in derfelben mußten, jegliche ein gewifles Maaß Wafler in ihre Häufer ragen; und eine Anzahl Männer wurden ausgeſchickt, Gräben aufjumerfen, und dem Feuer den Forfgang'gegen die Feltung zu wehren. Dießmal waren diefe Ans ftalten vergebens gemachet; denn das Feuer verlöfchete meiftens von fich ſelbſt. Diele Wuͤſteney ſieht wie ein Asfer voll Stoppeln aus, fo dürr und unfruchtbar ift fie. Das duͤrre Gras brennt darauf gefihwind, ift aber auch bald verzehrer. Der Wind kann durch verwehete Funken Feine andere Oerter anzünden , fondern es muß alles nur in eis nem Stüde ununterbrochen fortbrennen, Nun find in diefen Wuͤſteneyen im Seühjabet pie 37) Linnaͤus zaͤhlet die Moſchki, gleichwie and der Schnacken. Die letztern hat er in feiner Fau- die vorhergehenden Mücken, unter das Geſchlecht ma Succica n. ang unter Dem Namen Culex ” , ge ’ durch Sibirien. — viel Suͤmpfe, im Sommer aber ganz duͤrre Stellen, wo nicht das mindeſte Gras waͤchſt —— uͤberdieß giebt es auch darinnen viele Seen und einige Wege: an allen dieſen Oertern Ne bleibe das Feuer ftehen, und kann nicht weiter, fo daß es verliſcht. Es iſt diefes Bren— — nen der Würtenen nichts ſeltenes: wir haben es ſehr oft geſehen, und die daſigen Ein— Urfachen dee wohner verfichern, daß es meiftens alle Jahre geſchieht. Man giebt zweyerley Urfachen Seuerebränfte anz die erfie ift, weil die Neifenden an Stellen, wo ſie effen oder auch die Pferde für ae Wüfte- tern, Feuer anmachen, und oft weggeben ohne es’ anszuföfchen. Die andere rfache neyan, ſuchet man in den häufigen Donnerwettern, bey wwelchen der Blitz das Feuer erregen ſoll. Sn den legten acht Tagen, die wir auf unferm Fahrzeuge zubrachten, hatten wir faft taͤglich zwey oder drey Donnermerter; und wenn in den folgenden Tagen Feine Donner- wetter waren, fo blißere es doch gemeiniglich. Mich duͤnket aber doch, daß die meiften dor diefen Feuersbruͤnſten aus ber erften Urſache berrühren: denn auf der cofafifchen Eeite, die bloß von Promyſchlenniken, von Neifenden aber zur Sommerszeit niemals beſuchet wird, faheh wir nur ein einziges Mal, und nur an einer Stelle Feuer, anftatf daf wir auf der andern Seite, nämlich am oͤſtlichen Ufer, viele Tage lang, zu unterfchie denen Zeiten und an vielen Stellen, brennen faben: und Diefes ift eben diejenige Seite, auf der jedermann reiſet. a Den Tag nad) unferer Anfunft in Jamuͤſchewa verfügeten tie uns des Morgens Salzſee bey mit einer Eleinen Bedeckung nach dem berühmten Salzſee Jamuͤſcha, von dem die Jamuͤſchewa. Feftung ihren Namen bat, und weicher fechs Werfte davon gegen Often liegt. Dieſer See ift ein Wunder der Natur zu nennen, Er bat neun Werfte im Umkreiſe, welcher fait rund iſt. Seine Ufer find voller Salz, und fein Grund ift vom Salze wie ery⸗ ſtalliſiret. Das Waffer ift im hoͤchſten Grade falzig, und fieht, wenn die Sonne fcheint, fo roth wie die Morgenröthe aus: Das Satz ift ſchneeweiß und befteht aus laufer cus bifchen Erpftallen. Es ift deffen eine foiche Menge, daß man in kurzer Zeit viele Schif- fe damit beladen koͤnnte; und an denen Stellen, wo man welches weggenommen hat, fin. det man nach fünf bis ſechs Tagen wieder neues. Die tobolskiſche und jenifeifche - Provinzen werden reichlich damit verforger, und es koͤnnten wohl noch funfzig ſolche Sandfehaften damit verforgee werden. Die Krone hat ſich den Handel damit, fo wie alles Salzweſen, zugeeignet. Nicht weit von diefer See, fleht auf einer anfehnlichen Höhe eine Poftirung von zehen Mann, welche Achtung geben muß, Daß niemand, außer denen, die von der Krone Befehl dazu haben, Salz weghole. Bebrigens iſt dieſes Salz von vortrefilicher Guͤte: an Weiße überfriffe es alles andere; und zum Einfalzen des Fleiſches kann man Fein befferes finden. | — Weil unſere Fahrzeuge am folgenden Morgen früh nachkamen, auch die Hitze nach⸗ gelaſſen hatte, und der Wind fühl wehete, ſo dachten wir an unſere baldige Abreiſe. Das, worauf ich mich nebſt Herrn Muͤller befand, war wegen Alters unterweges bau⸗ faͤllig geworden, fo daß wir es nicht wagen Wolfen, weiter damit zu gehen Wir ließen es alſo auspacken, und gaben es an die Seftungsfänzelley ab), mit dem Entſchluſſe daß wir mit eben dem Gefolge, das wir bis nach Jamuͤſchewoa bey uns gehabt hatsen, nach Sempalatnaja⸗Krepoſt zu Sande reiſen wollten. Das andere Fahrzeug un SEE Ind md eier worau P reed DE SH BRT TR zer, alis ‚aqweis, pedibus nigris, annulo albo;s die, erfern, m. ano. unter. dem ‚Namen Culex ci- nereus, abdomine anmulis fulcis octs. > . 4* 136 | Reiſe nach Kamtfihatfa Gmelins Reiſe. 1734 — — Beſchreibung der Feſtung Jamuͤſchewa. worauf die uͤbrigen von unſerer Geſellſchaft waren, ließen wir mit neuen Arbeitsleuten und einer neuen Bedeckung verſorgen. Es wurde mit dreyßig Arbeitern, ſechs Mann zur Bedeckung und zweenenSorfen (aufruffiih Prewodnicki) beſetzet; und diejenigen vier Mann, die von unferer ordentlichen Bedefung darauf waren, ließen wir aud) darauf. Die Oberaufſicht auf dem Fahrzeuge übergaben wir wieder dem Zeichenmeiſter Lürfez nius, Das Fahrzeug gieng am ıgten Julius mit Anbruche des Tages ab. - NJamuͤſchewa⸗Kxepoſt liegt an dem oͤſtlichen Ufer des Irtiſch, welches Ufer allda fee hoch if. Die erfte Feftung an diefem Orte iſt, bey Gelegenheit einer gemiffen geheimen Unternehmung, durch den Obriftlieutenant Buchholz im Jahre 1715 angeleget, aber durch eben denfelben Officier noch im felbigen Jahre, wegen des Einfalles der Cal⸗ muken, wieder gefchleifet- worden. Sie war zunächt oberhalb der jegigen Feftung an gelegt, wo man noch die Ueberbleibſel ſieht, und hatte einen fehr Fleinen Umfang. m Jahre 1717 wurde durch den Major Spin ‚, auf Veranftaltung des damaligen fibiri« ſchen Statthatters, Knjaͤs Gagarin, die Feſtung an dem Orte, wo fie jego ſteht, an⸗ geleget. Sie ift von Holze erbanet, und har Baftioner, wie auch Schießthürme, Sie hat zu ihrer Beſchuͤtzung eilf Canonen, welche fo eingerichtet find, daß man in der Ge— ſchwindigkeit an alle Derter der Feſtung fie führen Fan, In den Mauern find Cafer« nen angebracht. Auf der oͤſtlichen und der füdlichen Seite ift eine Slobode angeleger, welche äußerlich, an eben dieſen Seiten mit einem Oſtrog, ſpaniſchen Reitern und Dolobi umgeben iſt. In der Feſtung ift ein Major Commandant, und unter ihm fiehen die Feftungen Schelefinst, Sempalat und Uſt⸗Kameno⸗Gorsk. Die Ger gend um Jamuͤſchewa ift eine ber unangenehmften, die ich an dem Irtiſch gefehen ha⸗ be. Auf der ganzen Seite des Fluffes, wo die Feſtung ſteht, ift nichts als Wüftenen, ausgenommen ein kleiner Strich am Ufer des Presnaja-RerfchEa , welcher Fluß ober« Halb der Feſtung in den Irtiſch fällt, wo ein gutes Erdreich, auch ziemliche Waldung ift, - Snder Feſtung giebt es fo wenige gebensmittel, daß ein Keifender fich Faum des Hungers erwehren Fönnte, wofern ev nicht das meifte zu feiner Nahrung mit fich bräch« te. Sie liegt zwar an einem fehr fifchreichen Fluffe, und gleichwohl haben wir, in der ganzen Zeit unfers Aufenthaltes allda, einen Fiſch zu feben befommen. Die Einwoh⸗ ner hoben die Schuld auf den Commandanten, und ſageten, daß er ihnen nur felten ers taubete, in ihren eigenen Angelegenheiten, aus der Feſtung zu geben, Es ift bier noch) eine Unbequemlichfeit, die ich noch nirgendwo fo ftarf befunden : es find alle Häufer vol fer Ohrwürmer, ‚und der Fliegen kann man ſich Faum erwehren. Wir giengen am zıften Abends, mit einer Bederfung ‚von zwanzig Mann, unter einem Fähnriche und Corporale, wieder ab. * Weil wir bis Sempalat mit eben denfel- ben Pferden reifen mußten, fo fahen wir uns: genöthiget, alle zwanzig oder dreyßig Wer⸗ fte weit zu fuͤttern. Hierzu waͤhlet man ſich gemeiniglich Derter, die am Fluffe liegen und gutes Gras haben, und: diefe Oerter werden Kormowitſchtſche (Surterpläse) genenner. Außer biefen Stellen gieng unfer Weg über lauter wuͤſtes und dürres Sand, mo wir faft ftets des Nachts folche Feuer, wie ich bereits befchrieben habe, erbliceten. Am 22ften Nachmittags, ungefähr. acht und fünfzig Werſte weit von Jamuͤſchewa / kamen wir an einem See vorbey, der damals gaͤnzlich ausgetrocknet lag, und nur im Fruͤhjahre Waſſer bat. Er ſah ganz weiß aus, von einem bitterlichen Salze, das ſich in feinem Bette und an den Ufern anſetzet. Wir hatten ſchon mehr ſolche Seen ar durch Sibirien. | 37 Tora und Omsk angetroffen, fanden auch hernach, auf dem Wege nach Sempalst Gmetins Andere yon gleicher Befehaffenbeit. Am 23ſten in der Macht Eamen wir an die fünfte Reife, Äörmowifchtfche, mo wir den halben Weg zurückgeleger hatten. Hier bemerfeten wir 173.4 Cine ſehr geoße Veränderung im Erdreiche: vorher war lauter Sand; von Scelefinst a harten wir, außer weißen und ſchwarzen Papel-und großen Weiden, faſt gar Fein olz geſehen: aber nunmehr fa die Erde ſchwarz, und nicht mehr dürr aus; fie war Mig vielen kleinen Kiefelfteinen vermenger, und fowohl auf dem wuͤſten Sande, als am Ufer dos Fluſſes, befanden fich viele Fichten und Birken. Unter den Kräutern fiel Ung fonderfich die Salbey in die Augen, welche hier in großer Menge zu machfen an eng, anſtatt daß wir vorher nirgendwo welche gefehen hatten. Am 24ften bathen ung liche yon unfern Sluſchiwie um Erlaubniß, auf die Jagd zu geben, meil fie jenfeits des luſſes eine geoße Menge Saigi geſehen hatten. Saiga ift ein Thier, einer Gemfe Befhreibung Nicht unähnlich, nur daß bie Hörner Feine Zacken haben, fondern gerade find. Man des Saiga. weiß in ganz Sibirien von dieſem Thiere nichts, als bloß in dieſer Gegend: denn das- jenige Thier, das in der irkutzkiſchetr Provinz Saiga beißt, iſt das Muscusthier. Dieſe Art wilder Ziegen wird dort zu Lande haͤufig gegeſſen: aber unfere Geſellſchaft woll⸗ te nicht davon eſſen, vermuthlich weil ſie nicht dazu gewoͤhnet war. Es iſt auch nicht ohne Ekel anzuſehen, daB dieſes Thier, wenn es noch lebet, zwiſchen der aͤußerſten und der fleiſchichten Haut eine Menge Wuͤrmer in ſich hat. Dieſe Würmer find weiß, un- Efaͤhr dreyvierthel Zoll lang, ſehr dick und an beyden Enden zugeſpitzet. Faſt aͤhnliche findet man in den Elendthieren, Rennthieren und Rehen. Der Geſchmack feines Flei⸗ ſches ift, wie man uns ſagete, faſt voͤllig wie des Rehfleiſches feiner. Unſere Sluſchi⸗ wie wollten, wie gefaget, gern etliche ſchießen. Die größte Schwierigkeit war, über den Fluß zu Eommen: denn kleine Fahrzeuge waren nicht vorhanden, Wir hatten ihnen kaum die Erlaubniß gegeben, fo baueten fie ſich in einer Wiershelftunde eine Art von Sloffe aus zweenen zufanmengebundenen Bäumen, mit einem daran befefiigten Stücke Holz, das ihnen zum Steuer und Ruder zugleic) dienete, und fo fuhren fie dahin. Sie Burden zwar vom Strome ziemlich unterwärts getrieben; jedoch kamen fie glücklich hin⸗ Über, und nach etlichen Stunden mit drey Saigi wieder zu uns. ’ he Am aöften Julius des Morgens kamen wir in Sempalatnaja⸗Krepoſt an. Ehe wir allda anlangeten, kamen ein Paar von unſeren Soldaten, die wir wegen unſerer rbergen voraus geſchicket hatten, uns mit der fuͤrchterlichen Nachricht entgegen, daß vorigen Tages auf der cofatifchen Seite, ein Soldat aus der Feftung von den Kals mucken getoͤdtet, und ein anderer toͤdtlich verwundet worden wäre. Wir waren hier— über nicht wenig befümmere, weil wir bisher, wofern wir Kalmucken geſehen hätten, ung vor ihnen, als vermeynien Freunden, nicht würden gefürchtet haben. Bey unferer Ankunft in der Feftung wurde uns von dem Barinnen commandirenden Hauptmanne noch mehr Angit gemache, weil er uns frey fagere, daß er einen Einfall der Kalmuck eu befürcheere. Er erzäblete uns, daß vor Eurzem ungefähr hundert Kalmucken in der Feftung gewefen wären und fich nad) der Gefundheit der Kaiferinn erfundiger, zugleich . “ber, auf Befehl bes Baldanzix, gemelder hätten, daß nach, kaufend Kalmucken in der Naͤhe wären, die aber nichts übels wider, Rußland im Sinne hätten , fondern me der die Caſatſchi⸗Horda zu Felde zögen. Der ruffifche Hauptmann fah diefes als ei: ne Kriegesliſt an, und meynete, es waͤre wider ſeine Feſtung abgezielet. Ich begab Allgem, Reifebefhr, XX Band. - RE mid Umelins, Reife. BET ——— 138 Reife nach Kamtſchatka ‚ mich. fogleich zu, Dem verwundeten Soldaten, wenn er etwa meiner Hüffe benoͤthiget wäre . Dieſer ſagete, Daß er von-ungefähr hundert und funfsig Kalmucken zu Pfer⸗ de plöslich, überfallen tworden: ex hätte fich ſogleich in den Fluß geworfen, um hinüber zu ſchwimmen; die Kalmuden hästen aus ihren Turki 38) nach ihm gefchoffen; erlich® waren ihm nachgeſchwommen, and. einer wäre ihm fo nahe gekommen daß er ihm ſel⸗ ne danze in den Ruͤcken geſtoßenz doch endlich waͤre er ihm entkommen und habe das Ufer erreichet. ‚Seinen Kammeraden, der ſich von ihm entfernet gehabt, hätten fie ergriffen und niedergehauen ; zugrft das: Brodt, welches er bey ſich gehabt, gefreffen, und hernach deſſen Kleider in viele Stuͤcken zerriſſen und unter ſich getheilet. Er ſetze⸗ te hinzu, es wären die Kalmucken in ihren Ueberfaͤllen fo ſchlau, daß fie nichts. eher non ihnen bemerket hätten, als big fie von.denfelben waͤren angegriffen worden, Daß aber diefer Soldat vieles in feiner Erzählung vergrößert hatte » Fonnte ich hernach deut⸗ lich daraus abnehmen, daß man an dem Orte, wo es geſchehen war, nur die Spuhr von ſiebenzehen Pferden ſah. Hierdurch wurde unfere Furcht fehr gemindert, und wir hielten dafür, es müßten diefe ſiebenzehen Leute Falmueifche Straßenraͤuber geweſen ſeyn. Wir ſetzeten hierauf unſere Reife fort. Wir kamen zuerſt durch einen bergichten und ſandigen Weg, der fuͤr unſere Pferde ſehr beſchwerlich war, auch. durch ein Scac der Wuͤſteney, und endlich in Sempalat an, welcher Orr ungefähr ſechjehen Werfte vom ber Feſtung entfernet iſt, und nahe am Fluffe in der Wuͤſteney liegt. Der Namen Sempalat iſt ihm von den Nuflen gegeben worden, welche zuerft allda angekommen find, weil noch Die Leberbleibfel von fieben alten ſteinernen Gebäuden zu fehen waren? benn Palati beißen im Rufifchen fteinerne Gebäude ‚ fe mögen prächtig oder ſchlecht ausſehen. In der kalmuckiſchen Sprache heißt dieſer Dur Darchan⸗ zordſchi⸗Kit/ d. i⸗ ein Kloſter des Darchan⸗Zordſchi, oder, weiches der kalmuckiſche Gösendiener Dar⸗ chan⸗Zordſchi erbauet, und worinnen er gewohnet hat. Dieſe alten Gebäude Funden ohne Ordnung bey einander, und von den meiften waren nur noch die Wände übrige In einem ſtunden noch zwey hölzerne Gögenbilder in Geſtale der Bären, In einen, andern waren Die Waͤnde mie Menfehengeftalten.auf Gips bemalet: die Arbeit daran war ſchlecht, und das Alter hatte vollends alles unkenntlich gemacher. Alle diefe Gebaͤu⸗ de, ein einziges ausgenommen, waren von ungebrannten Ziegeln aufgefuͤhret. [Die umſtaͤndlichſte Beſchreibung wuͤrde unſern Leſern nicht fo viel nuͤtzen/ als es das bloße Anſchauen dieſer Monumente thun wird. Wir fteilen fie hier nach denen Kupfer⸗ ſtichen vor, welche ſich am Ende der Diſſertation des Herrn Muͤllers de Seriptis Tan“ gutieis — iz repertis 39) befinden, wozu die Zeichnungen nach der Natur gemachet worden ſind. 0 Auf dem Erdreiche, wo die Gebäude ftehen, fanden wir hin und. wieder kleine Stuͤcken von gemeinem Porcellane. Wir ſahen auch neben dem Gebäude eine große Örube, woraus man Fury zuvor ungefähr. vier Loth fehr blaſſes Gold ausgegraben bafte, | Beil 38) Turki find ins ruſſiſchen Böchfen, deren ſich zündet, weil weder Schloß noch Feuerſtein an die⸗ die Kalmucken und die benachbarten Völker be- fem Grwehrei — —7— dienen. Das Pulver wird mit einer Lunte ange⸗ ‚ypdR zoll, BE ad g 2 39) Commentar. Acoclem, Petropol. Tom.. p. EEE 8. j; - EEE VON SE —— J— \ 2 Zul — —— — — F Na ‚adesfer Dach vor Szuden 9: itzet wurde Gebeude yon einer Leon 2: e.Ganz zu Grunde eflirze. ter Pallafe. Br IR Zen Brochen her ußfleine. — Grab, ER ag won mars Gold - T = 3 Ndurch Sibirien. — Weil wir gehoͤret Hatten, wie beſchwerlich die Waſſerreiſe von Jamuͤſchewa bit Sineins bieher waͤre, fo befanden wir fuͤr dienlich, zu Fortbringung unſeres Fahrzeuges Bie An. Nein, $ SAH der Arbeiesfeure zu verſtaͤrken, und bathen daher den Commandirenden Hauptmann 173% des Ortes, daß er denfelben zwanzig Mann entgegen ſenden möchte, · ¶ Dieſe Wurden am 7 folgenden Morgen auf einem Saiſſanka nebſt einem Corporale abgefertiger, Die ſes iſt ein Kleines Fahrzeug, nach Art einer Schaluppe gebauet, md‘ man bedienet ſich deſſen in den hieſigen Gegenden, ſeie der Zeit, als der Generalmafor Licherow im Jahre 1720 eine Schifffahrt nach dem Nurr⸗Saiſfan in der Kalmuckey anftel lete. Denn als er, wegen des ſeichten Stromes, nicht mit großen Fahrzeugen dahin kommen konnte, die dorr gewöhnlichen Kaͤhne aber zur Fortbringung ſchwerer Sachen Nichetaugeten, fo ließ er diefe Art Schaluppen bauen, auf welchen er Affes Volk nebſt dem Kriegesvorrathe und Öefchüge dahin führere, Diefer son bemeldeter Zeir ber übrig gebliebenen Fahrzeuge Bediener mar ſich noch jego in den dafigen Gegenden; ms teil man fie fehr bequem befinder, fo. bauer mar ihrer jähefich neue, Zum Andenken dieſes Zuges auf ſolchen Fahr gengen nach dem Nurr⸗ Saiſfan Welches Wort auf Kalmur ckiſch See der Edelen bedeutet), werden fie noch immer Saiſſanki genenner, Am ⸗ogſten das Morgens kamen zween von unſeren Sluſch ſwie mit einem Briefe von bem Zeichenmeifter Luͤrſenius an, worinnen er ung meldere, daß unfer Fahrzeug, nach unfäglicher Beſchwerlichkeit endlich an einem Orte angelanget waͤre, der noch uͤber hundert Werſte von uns entfernet war; daß man wegen verborgener Klippen ind allzu feichten Waſſers unmöglich weiter kommen koͤnnte, fo daß er dort liegen bliebe, und weitere Verordnung von uns erwarten müßte, Nachdem tie uns deswegen genug⸗ ſam erkundiget, und erfahren hatten ‚ daß durch eine hinlaͤngliche Menge Arbeiter die Schivierigfeiten der Fahre zu überwinden feyn würden, (und twir hatten ihrer gedachter maßen ſchon mehr dahin geſchicket); und weit wir uͤberdieß die große Beſchwerlichkeit wenn wir unſere Geraͤchſchafren und Inſtrumente zu Sande fortſchaffen ließen, zu ver« ) meiden ſucheten: ſo fertigten wir geſchwind einen Sluſchiwie ab mit Verordnung, alles Mögliche du verſuchen, die Waſſerfahrt fortzuſetzen; widrigenfalls aber wenn eg nicht möglich wäre, ung neue Nach richt zu geben, Es vergiengen ſechs Tage, ebe wir wieder Nachricht yon unſerm Fahrzeuge beka⸗ men. Am zIten Auguſt kam ein Bothe, und meldete, daß es nur noch acht und zwan· zig Werſte von uns entfernet war. Es haste die größte Gefahr ausgeſtanden, weileg zwiſchen zween langen Klippen hatte durchgehen muͤſſen, wobey all⸗ Taue zerriſſen wa⸗ ren. Die Leute auf venfefpa, hatten Feine Sehensmigret mehr, und dieſer Bothe folfge welche mitbringen. Am 4een wurden wir benachrichtiger, daß das Fahrzeug der Fe⸗ ftung nahe war; und am sten des Morgens langete eg gluͤcklich an, L ‚Die Feftung Sempalat iſt im Jahre 1718 ganz nahe am öfitichen Ufer des Ir⸗ Beſchreibung tiſch angeleget worden. Seil aber dag Waſſer auf dieſer Seite dag Erdreich von Zeit der Feſtung zu Zeit wegſpuͤhlete, ſo hat man die Feſtung immer weirer ins fand hinein ruͤcken müf. Sempalar. fen, fo daß fie jeßo auf ihrer vierten Stelle fichr, Diefer Zufall ift jego nicht mehr" zu befürchten, weil eine oberhalb der Feſtung allmaͤhlig entſteuden⸗ Inſel ſtatt eines Dam- mes dienet, und die Strenge des Stromes bricht. Aber es iſt aus der Verſetzung der Feſtung eine andere große Unbequenlichfeig entſtanden: bern diefe Liege nunmehr fo weit im Sande, daß fie von denen gegen Oſten dabey Hegenben Bergen befihoffen werden kann, 2 auch Gmelins Reife; 173% — nn) 140 Reife nach Kamtſchatka auch daß ſie nicht mehr ein fo regulaͤres Viereck ift, wie fie es ſonſt war. Sie ift mit Gräben, Ragatten und Dolobi umgeben. Zwifchen dem Graben und den Ragatten fiehen die Häufer der Einwohner, welches Sluſchiwie und Promuͤſchtenniki find- In der Feftung wohnet der commandirende Haupfmann, nebft denen unter ihm ftehen- den Dfficieren, nämlich ein Lieutenant und ein Fähnrich; die Soldaten wohnen in den Caſernen, welche in den Wänden der Feftung find, Die Gegend um Sempalat ift überaus angenehm, fiheint auch ſehr fruchtbar zu feyn: dem ungeachtet werden feine Feldfruͤchte allda gebauet. In den Gärten wächft eine Art von Melonen, die man Fals muckiſche Gurken nennee: wenn fie reif find, baben fie den lieblichen Melonengeruch, und fie ſchmecketen mie beffer, als allerley andere Melonen 40), Das falmudifche Schö- pfenfleifch ift auch befonders fhmackhaft, und man bat allda mehr Falmudifche, als ruf fifche Hammel, Die Häufer find, wie in Jamuͤſchewa, ohne Dächer, und fehr un- bequem. Die Fenfter find nur mit Papiere überzogen; ja felbft in der Kanzelley, mo toir unfere Herberge befamen, war auch) diefes nicht, fondern es mußte erſt gemachet werden. Wenn der Wind nicht gieng, nahmen wir fie lieber ab, weil das Papier die Stuben zu dunfel machete, In Tobolsk waren wir Willens gemefen, nur bis nach Sempalat auf dem Irtiſch zu reifen: bier aber. wurden wir anderes Sinnes. Weil die Jahreszeit noch gut war, und wir eine fo fichere Bedecfung bey uns hatten, fo entfchloffen wir uns, noch bis nad) Uſt⸗Kameno⸗Gorskaja⸗Krepoſt hinauf zu fihiffen. Allein, es fiel ein neuer Zweifel vor, Man fiellere uns die Wege fo böfe vor, daß man weder, mit Wagen noch mit Karren fortfommen koͤnnte, und dieſes wegen der vielen Fluͤſſe und Berge, über welche man fahren müßte, Andern Theils forgeten wir wegen unferer Geräcbfchaft und Inſirumente; und überdieß waren wir fo fehlechte.Keiter, daß wir nicht mußten, ob wir eine lange Reife zu Pferde würden aushalten Finnen. Dem allen ungeachtet entfchloffen wir uns zu dem leßfern, weil es in unferem Willen ftund, ‚die Neife langfam oder ge⸗ ſchwind zu hun. Wegen unferer Gerätöfchaft aber erachteten wir es für noͤthig, unfere Geſellſchaft zu theilen. Wir, der Maler, der Dolmerfcher, der Unterwundarzt, der Bergbauer, und viere von unfern Soldaten, nebft dem Corporale, wollten zu Pferde nach Lift» Rameno; Gorsk geben. Weil mir aber auch die Lebensmittel mit uns fuͤh⸗ ven mufiren, fo nahmen wir vier Karren mit uns, und traten am 7ten Aug. Nachmit— tags um drey Uhr, mit einer Bedeckung von zwanzig Mann, unter einem Lieutenante, die Neife an, Zu gleicher Zeit fertigten wir den Feldmeffer, die drey Gtudenten, und, den Schmid, nebft den vier übrigen Soldaten, dem Trommelfchläger, zehen Mann zu Pferde, und eben fo viel andern bey den Karren mit unferer Gerärhfchaft ab. Bis an den Bach Schulbs follten fie unfern Weg nehmen, fodann aber gerade nach Roluͤbans⸗ tie; Sewodi abgehen, mo wir fie nach vierzehn Tagen anzutreffen gedachten, Weil aber , nach der Ausfage der Eintohner, auf dem Wege nach dem Schulba⸗Retſchka mit beladenen Karren, wegen der wielen Berge, fajt unmöglich fortzufommen war : ſo wurde beſchloſſen, alle Geraͤthſchaft auf fünf Saiſſanki nad) dem Schulba⸗Retſchka zu. 40) D. Amman beſchreibt fie in dem Buche, nes et Deferiptiones zu Petersburg 1739 heraus⸗ das er unter dem Titel Stirpium rarjorum in gegeben, und fie heißt. bey ihm melo rotundito* Imperio Ruthenico fponte provenientium Ico- lius, fructu longifimo, tereti, non fulcato ; und melo IE ul ii IN I I] i —— EI Pu —— == = —— —— —— —⸗ —— == nn rn == en —— nt == en m —— EI "SSm Fr = === —— —E— === = == —— ma Br —— —— Er = === —— FI —— —— SZ === u —— EI —— === m Sem ER —— == = RS == mm —— —— I —— Sn we == an —— Sa === Fe m m == —— DT —— Be —— —— — —— FE — = —— —— FE == = == —— Be ==. == —— —— PD —— —— ———— —— Se === Sen m —— — sn —— —— = = m = = am m m Bl Be —— ** {ie — a aba 17 —3 —— be Bureanb He 99 = Tnid EEE Bern RL ip i ————— Ft Er . va n v . x > —J durch Sibirien. = 141- zu Waffer zu bringen, die Karren aber leer dahin zu ſchicken, und die daben befindfi- Gmelins che Bedeckung zu Pferde bis an den gedachten Fluß geben zu laffen, wo die Saiſſanki Reife, 7 ausgeladen, die Geraͤthſchaft auf die Karren gepadet, und alles zufammen von dar ge⸗ rades Weges nach den Berghuͤtten geführer werden follte. Zu diefem Ende ließen wir die Saiffenki zugleich mit uns abgehen, Eine folche Keife konnte nicht anders, als ſehr befehmerlich ſeyn. Wir titten den erften Tag bis Abends um acht Uhr durch tiefen Sand, fegeten über viele Bäche, und Eamen doch nur achtzehn Werfte weit. Kaum waren wir zehen Werfte von der Jeftung, fo wollten die Pferde vor den Karren nicht weiter fort, fo daß wir gezwungen waren, noch ein Paar Pferde holen zu laffen; und gleichwohl waren auf einem ſolchen Karren niche mehr, als böchftens acht Pud geladen: denn diefe Karren gleichen zwar denen in Deutſchland, aber fie find viel Fleiner. Bierjig Werfte weit von Sempalat fahen wir in der Wuͤſteney die Meberbleibfel von einer ehemaligen Wohnung eines kalmuckiſchen Gögenpriefters. Sie beftunden in dem Grunde eines Daufes, welches in fechs Kammern von Lehmwaͤnden abgetheilet ge- weſen war. Auf dem Felde daneben fab man einige Rinnen im Erdreiche, vermittelft deren die Bucharen, welche dort gewohnet haben, vermuthlich ihre Aecker gewaͤſſert haben. Dieſe Voͤlker find ehemals von dem Buſtachan, wie aus den Gefchichten be⸗ kannt ift, nach) Eroberung der Fleinen Bucharey, allda weggebracht, und zu Gefange- nen gemachet worden; man weis auch, daß die ganze Gegend, von Omsbk an, bis an den Irtiſch, ehemals von den Kalmucken beſetzet gewefen. Nun haben die Kalmu⸗ cken gar feinen Ackerbau, und ernähren ſich bloß von ihrer Viehzucht 41). Selbft ihr Beherrfcher hat Feinen beftändigen Sitz, fondern er zieht ſowohl, als feine Unterthanen, herum, fo daß fie felten einen ganzen Tag an einem Srre bleiben. jedoch haben fie eir- nen gewiſſen Bezirk, welchen fie nicht überfhreiten. . Die Haupturfache deffen ift ver- muthlich, weil fie immer neue Weide fuchen müffen, wenn an bem Orte ihres Aufent- haltes alles aufgezebree iſt. Ihr Vieh Fann, wie man verfichere, ſelbſt im Winter wei- den, weil in der Kalmuckey fehr wenig Schnee fällt. Wenn alfo diefe Leute nur ihe —* en fo brauchen fie nichts mehr, und befümmern ſich nicht um den erbau. Drey Werſte weiter hin ſahen wir einen Fluß, der von der weſtlichen Seite in den Irtiſch fälle, und in der kalmuckiſchen Sprache Zaar-Gurban, d. i. drey Ochſen, beißt, Sängftdin an diefem Fluſſe / welcher zwiſchen Bergen fließt, und worinnen viele Biber und Fiſchottern find, geben die Kalmucken gemeiniglich nach Rußland, Wir verließen nod) felbigen Abend diefen Weideplatz, der, weil ehemals Theer all da geforten worden, Smolnicys Jam, Theer-Station, genennet wird. Weil der Hieutenant, der unfere Bedeckung commandirete, fab, wie fehwerlich un» fere Karren auf diefeom Wege fortfamen, fo mar er Darauf bedacht, uns einen beſſern auszuſuchen. Er fand nicht weit von dem Uba einen Promyſchlennik aus Kusnet, der ſich getrauete, uns einen andern und viel beſſern Weg zu fuͤhren. Dieſem folgeten S3 wir; melo rotundifolius, fructu oblongo, tereti, non 41) Man ſehe hiervon die angeführte Diſſerta⸗ fulcato, flavo & viridi colore vario. &eite 3 tion des Herrn Muͤllers, ©. 439. Und 9 amd nn, 12. und 33. 1 34. 142 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins wir: aber wir waren nicht weit geritten, als es uns, wegen eines heftigen Nordoſtwin⸗ Reiſe. des, ſehr zu frieren anfieng. Wir waren ſchon ziemlich weit in die Wuͤſteney hinein, 1734. und wollten nicht gern den Ruͤckweg nehmen; daher ſetzeten wir unſere Reiſe fort. Die Kaͤlte wurde immer ſtaͤrker, und es war uns uͤbel dabey zu Muthe. Endlich bemerketen wir, daß wir gerade gegen Norden ritten, und glaubeten daher, unſer Wegweiſer wiſſe entweder den Weg ſelbſt nicht, ‚oder er fuͤhre uns zuruͤck, anſtatt uns vorwaͤrts zu fuͤh— ven, Es entgieng uns aller Muth. Wir mußten beſtaͤndig bergan und wieder bergab reiten ; und wenn der Wegweifer ung ſagete, wir würden an einen Bach kommen, wo wir fuͤttern koͤnnten, fo fanden wir dennoch) keinen. ¶ Zwar ſah man zuweilen ; daß ehe - mals Bäche bier und da geflofien waren, fie waren aber „nie uns geſaget wurde, auge getrocknet; und weil der Wegweifer diefen Weg feit vielen Jahren nicht gereiſet war, ſo konnte er folches nicht wiſſen. Wir vitten bis des Nachts um ein Uhr; und ob wir gieich fein Waflee fanden, ſo konnte uns, doh das Holz, das. vorhanden war ; zur Wärme dienen, In der Meynung, daß wir zurüc geritten. wären, lagerten wir uns voller Un— muth an diefem Orte, welcher, nad) bes Promyſchlenniks Vorgeben, dreyßig Wer fte von unferer vorigen Station entfernet war, Wir erwaͤrmeten uns an einem Feiret; und legeten ung Daneben fihlafen, hatten aber nichts, als Kopffüffen.bey uns” Am zoten Auguft des Morgens um ſechs Uhr reiſeten wir weiter ‚ und nachdem wie mit großer Beſchwerlichkeit über etliche Berge geritten ‚waren, -Famen- wir an den Bach Bereſoroka, welcher von der legtern Station fünf und zwanzig Werfte entferner iſt. Wir trafen, wie auf der ganzen Reife am Irtiſch, fo auch auf. diefen Bergen) fehr viele Gräber an, welche als Leberbleibfel des ehemaligen Wohnfiges der Kalmu⸗ Koſtbarleiten, cken oder der Bucharen anzufehen find... Aber unter allen denen, die wir bisher gefe die man in den hen harten, war-Fein einziges, Das nicht aufgegraben geweſen wäre: deun es iſt ſeit gerau⸗ gatarifhen mer Zeit. eine gute Beute für bie Einwohner gewefen, daß fie dergleichen Gräber-durche — fin ſuchet haben, worinnen fie Gold und Silber, und oft in großer Menge gefunden haben Es befteben dieſe gearbeiteten Metalle in Pferdeſchmucke, großen Inſiegeln, Armbaͤn⸗ dern, und. zuweilen in ganzen Gösenbildern. Jedoch ift eben nicht alles, was gefunden wird „ Silber und Gold; vieles ift nur won Eifen, Kupfer oder Meſſinge. + Der Zei⸗ chenmeifter Luͤrſenius fand in einem, Grabe zwiſchen Jamuͤſchewa und Sempalat etliche: Kleine, vierecliche und in Pyramidengeflalt zugefpigere Meißel. Die, welche bier die Gräber durchſuchen, haben, die übele Gewohnheit ‚daß fie, zum großen Nachtheile der Hifforie, das Gold und Silber ſchmelzen, das Kupfer und Eifen aber wegwerfen Nabe bey Uſt⸗Kameno⸗Gorskaja⸗Krepoſt find noch einige Gräber verſchonet geblie⸗ hen. . Wir. hätten gern darinnen graben laſſen: aber die Zeit und Umſtaͤnde wollten es damals nicht zulaſſen. | . Dieſe Gegend am Bache Bereſowka war. dermaßen anmuthig, daß fie vermoͤ⸗ gend gewefen wäre, einen Dichter zu begeiftern. Der Bach felbft war fo hell wie Tryſtall. Sängft an feinen Ufern ſtunden Birken, wovon er auch feinen Namen hak und alles war mit Graſe und Bluhmen bedecket. Der Irtiſch und. die großen Gebirge fiefiegen dem Auge eine vortreffliche Ausfihe dar, und der Geſang der Vögel, worunter war die Dolen den erften Rang haften, macheten die Annehmlichkeit vollkommen Hier vergiengen uns die traurigen Gedanken, unb wir bemerketen wohl, daß wir und in der vorigen Nacht nicht verirret hatten. Nach dem Mittagseffen that ich einen Es Spayie” GRUNDRISS VONDEN GEGENDEN UND DEMBEZIRKE DES TEMPELS ZU ÄBLAIKIT. am JUNGEN LE — Karte de We Uft-Kam „or — iu, von, —— o-Gors == — — = == — —— — = ——— —— —— —— == — DI —— — — FD | — — — ——— —— — | ——— m ——} | | — = S — | H ICODI ' Gnaz2.DH 055 Temerıs zu Apramır, FuUss6ESTELLE, WORAUF DIE : ; GOTZEN GESTANDEN UND SONDERBARES GEFEISS 2 ZU ABLAIKIT UND MONGOLISCHE ScCHRIFTZÜ Wo .24. EI AUUD III & U Y Sp} ) — A, | (A X AR - 2 OÖ S | Y | | 7 — Ir x x Ir 1 I 2 — — S —— ZZ Be. UP: * — — a ni en De \ ; ® N y N. ) X KEN I De > ZUID ) — TE — ——— ZI S= — — — 7 CEO . — a, 2E — Kr er | Sy 9 7 N NR 1 (\ \ ; 7 durch Sibirien. re Spafergang auf den hechſten Berg in der Gegend. Ich kletterte mir vieler Muͤhe hin · Gmelins auf; wobey mir Die häufigen Sebenbaͤume, womir’die Klippen eingefaſſet find, wohl Keiſe. zu Statten kamen. Ich Fam mit Vergnuͤgen wieder zu meiner Geſellſchaft, und wir 1734» reiſeten beym Untergange der Sonne weiter, und kamen gegen zehen Uhr bey dem Ba⸗ * che Gluboka an, welcher dreyzehen Werſte von dem Testen Weideplake Kurmo⸗ wiſchtſche, entfernet iſt. Gluboka bedeutet im Ruſſiſchen tief, Am folgenden Mor⸗ gen reiſeten wir wieher ab, und kamen Durch ſchoͤn bewachſene Thaͤler zu Aſt⸗ Rameno⸗ Gorskaja⸗Krepoſt an. Es hatte uns dieſe Reiſe ſo wenig ermuͤdet, daß wir Willens waren ſogleich am z folgenden Tage nad) Ablaikit abzugehen, welcher Ort erſt ſeit weniger Zeit ziemlich be⸗ ruͤhmt geworden iſt. Ungeachtet aller zu dieſer Reiſe gemachten Anſtalten aber, ließen es die Umſtaͤnde dennoch nicht zu, ſie zu unternehmen, und wir faffeten den Entſchluß, nur einige von unferer Mannſchaft dahin zu ſchicken. Von unferer Geſellſchaft wollten wir, weil wir nicht felber hingiengen, Feinen ſchicken, indem diefe Reife wegen der Ue—⸗ berfaͤlle der Raſatſchia⸗ Horde fehr gefährlich iftz und alfo ſchicketen wir unfern Corpo⸗ ral mit zweenen Soldaten und dreyßig Mann von der Bedeckung dabin ab, gaben ihnen auch einen Schreiber aus der Feftung mit, Dieſem legten trugen wir auf, das Merks wuͤrdigſte zu Ablaikit aufzuſchreiben; dem Corporal aber, alles was fie fortbringen koͤnnten, mitzunehmen. Sie traten am raten Auguſt beym Untergange der Sonne ihre Reife an, und am ısten früh um acht Uhr kamen fie wieder. Der Schreiber und der Eorporal gaben ung folgenden Bericht. „Sie waren ungefähr fünf und fiebenzig Werfte weit in der Wüfte- „ney auf der weſtlichen Geite des Trtifch, und faſt frers längft dem Bache Ablaikit „geritten, welcher baid gegen Süden bald gegen Oſten läuftz da fie ſodann nach Ablaiz „eis, ober wie die Kalmucken ces ausſprechen, Ablainkit gekommen waren, welcher „Ort eine Werſt weit vondem benannten Bache abitege, Der Ort befteht aus dreyen Haus „fern, und noch aus einem vierten, der einer Küche gleicht, und in deffen Mitte man „die Ueberbleibſel von einem Feuerherde ſicht. Die Häufer find mit einer Mauer von »öelfenfteinen umgeben, welche ein längfiches Viereck sorftellen, und ein Thor an der mittaͤgigen, ein anderes aber an der öfttichen Seite bat, Diefe Mauer iſt zwar nicht „rings herum gefuͤhret, ſondern an einer Seite durch Felſen unterbrochen, welche anſtatt „der Mauer dienen. Das ſuͤdliche Thor der Mauer fuͤhret gerade zu zweyen Gebäuden, „deren Grundlage hoc) über der Erde hervorſteht. Vas erfte Gebäude bat nichts als „einen großen Saal, worinnen zween ſeltſam geftaltere Defen fichen, unten mit einer Defl- _ „rung, durch welche etwas ausfließen kann, und mit nod) einer andern, wo. ein Blafe- balg anzubringen iſt. In den nächft hinter dieſem fichenden Gebaͤude HE ebenfalls ein „aroßer Saal, worinnen ehemals auf einem Fußgeſtelle ein großer aus Erde geformter „Goͤtze, und um ibn herum ſechzehen Eleinere geſtanden. Hinter diefen Fußgeftellen, „welche noch fteben, find an den Wänden viele feltfame Malerehen zu fehen, welche, nach »der uns gemachten Befchreibung den alchymiſtiſchen Vorſtellungen gleichen, „, | Eines von biefen Gemälden, und wir (affen es bey wiefem einzigen bewenden, fiet- Seltſame ler einen Mann mit zweenen Köpfen und vier Armen vor, welcher eine Weibesperfon um- Waleregen in armet, und fie mit einem feiner Köpfe kuͤſſet. In eben diefem Gebäude ift ein groBer pieiskin der Schrank mit vielen Büchern, worinnen bey der erſten Entheckung diefes Ortes viele Schrif⸗ Gebaͤnde zu fen Ablaitit, 144 | Reife nach Kamtſchatka Gnmelins termgelegen haben, welche nun in dem ganzen Gebäude zerftreuet find. Alle diefe Ge Reife. bäude find von gebrannten Steinen aufgeführet, und haben einige Senfteröffnungen, wor⸗ 1734 innen aber Feine Spuren von. Fenftern zu feben find. Unſere Leute brachten uns eine große Menge tangutiſcher und Falmudifcher Schriften von alerlengorm und mit verſchiede⸗ Tangutiſche nen Buchftaben gefehrieben. "Die tangutifchen find meiſtentheils auf blaues glattes Papier, und Ealmudi» entweder weiß, oder mit Goldfarbe, wie gemalet; bie kalmuckiſchen aber alle auf weißes * Se Papier mit ſchwarzer oder rother Tinte geſchrieben. Außer dieſen brachten ſie noch an⸗ galifche Buch; dere Eleine Schriften, denen man es deurlich anſieht, daß fie gedruckt find. Unter die⸗ aben in ven: fen Seltenheiten befanden fich auch laͤngliche Letterformen in Holz, gefihniften , welche ſelben Leber: mongalifehe Buchftaben vorftellen. Ob wir gleich aus ihrer Schwärge erfannten, daß Sleibfeln. Druckerfarbe darauf geweſen war, fo fanden wir doch unter allen mirgebrachten Papier Bilder von ven feines, das Damif gedruckt worden waͤre. Sie brachten uns ferner einige mit Waſ⸗ Heiligen oder ferfarben auf Holz ſchlecht gemalte Bilder , aber wohl erhaltene Stüde, worauf eine —* ar Are von Heiligen zu fehen waren. Wir befamen in Uſt⸗KRameno⸗Gorsk ein ſolches —— Bild auf Papier, das viel beſſer gemalet war, welches ebenfalls aus Ablaikit kam, und 8 ſollen viele dergleichen allda gefunden worden ſeyn. Etwas merfwürdiges ben diefen Bildern war, daß die. Köpfe mit einem goldenen Ringe oder einer Ölorie umgeben waren, fü wie in der Eatholifchen Kirche die Heiligen abgebildet werden. Es waren auch diefe Fi- guren faft alle mit kreuzweis überfchlagenen Füßen figend gemalet. Die Schriften ans fangend, fo-liegen, wie unfere Leute außageten, noch eine folhe Menge allda, daß man wohl zwanzig Karren Damit beladen koͤnnte. Ob wir nun gleich mit dem, was fie uns mitbrachten, fehr vergnüge waren, fo that es uns doch Leid, daß wir nicht felber dahin“ gereifet waren, zumal da felbige Reife niche fo ſehr weit ift, als wir vermeynet hatten. Ablaikit ift fo viel als der Goͤtzentempel des Ablai, eines kalmuckiſchen Fürften aus dem Stamme Chofchor, der um die Mitte des fiebenzehenten Jahrhundertes lebete, und in den innerlichen kalmuckiſchen Kriegen, im Jahre 1671 aus feinem Sitze vertrie⸗ ben wurde. Allie Nächte, die wir in Uſt⸗kamenogorsk zubrachten, fahen wir gegen Offen einen heilen Schein am Himmel, welcher von einem Brande in der Wuͤſteney hinter den Bergen herrührete, "Die Kalmucken baben, wie man uns fagere, ven Gebrauch), Die Wuͤſteney anzuzünden, domit fie die Caſchatſchia⸗Horda von ſich abhalten. Denn indem fie das Futter für die Pferde abbrennen, fo ſuchen fie dadurch die Cofaten, welche ihre Streifereyen allezeit zu Pferde verrichten, außer Stand zu fegen, fie zu überfallen. Befhteibung Uſt⸗Rameno⸗Gorskaja⸗Krepoſt hat den Namen von dem Gebirge, welches am — Irtiſch allda feinen Anfang nimmt. Cs liegt diefe Feftung an einem feichten Arme die— Sorsenje- fſes Slufles , auf einer ziemlich großen Ebene, und hat das Gebirge auf der. öftlichen Sei⸗ Krepoſt. ee. Sie iſt nicht groß im Umfange, daher man fie auch faſt nicht eher ſieht, als bis man darinnen iſt. Sie formiret ein regelmäßiges Viereck mit zweyen Thoren, aber es wird nur eines offen gehalten. An zwoen Seiten find Caſernen, und an den beyden uͤbri⸗ gen Dffieiershäufer und die Hauptwache. Die Kirche fteht in der Mitte der Feſtung · Der Commandant, ein Lieutenant, bat zur Befasung hundert und funfjig Mann Solda⸗ ten und Sluſchiwie. Außerhalb der Feſtung, und an eben demfelben Arme des Ir⸗ eifch) , ftehen noch etliche Häufer, welche von verheuratheten deuten unter der u, = anf durch Sibirien. 145 aufgebauer worden find. Die Feftung iſt ringsum mic fpanifchen Reitern, und noch über- Gnielins dieß da, wo die Slobode ift, mik Dolobi umgeben: diefes ift eine Are von Befefti- Reife. gung, die nur zur Abhaltung der dafigen feindlichen Wölfer ‚ welche nicht anders als zu 1734 ferde dienen, angeleget wird, und in andern Gegenden niche gebräuchlich if. Sie —— eht aus zwoen Reiben Balfen, welche in die Quere auf Pfeilern eines halben Man⸗ hes hoch liegen, und durch Fleine Duerbalfen hin und wieder mir einander verbunden find. Der Wall der Feftung iſt von Erde, und wegen der dort gewöhnlichen Wirbefwinde, welche einen bloßen Erdwall leichtlich umwerfen koͤnnten, mit Faſchinen durchflochten. in dem innern Theile des Walles find ringsherum Pfähle eingefeget, und von außen ift ein ziemlich tiefer Graben. Das Erdreich um diefe Feſtung iſt nicht fo gut, wie das zu empalst, aud) ift die Gegend wegen des großen Gebirges viel wilder, Wir gedache een, bier Falmudifche Gurken in Menge anzutreffen; und weil diefer Dre weiter gegen üben liegt, fo zweifelten wir nicht, Diefelben veif zu finden: aber wir fanden nur weni« ge, und die noch unreif waren, weil man fie fpär geſaͤet harte, Salbey und Hopfen wachſen Hier in großer Menge. Es giebt aud) einen Ueberfluß an Wilde. Man bat Hirfche, Maralt) Rebe, (Rosli,) zweyerley Arten wilder Ziegen, wovon einige von den Saigi wenig: unterfchieden find, und auf Kalmuckiſch Argali genenner werden; Elendthiere, (Sochsti) und wilde Schweine (Rabani), Seitdem ein Faiferficher Befehl dahin ergangen, daß man ſich bemühen follte, Marali und Argalis zu fangen, ‚ und fie nach Petersburg zu fenden, fo richtet man folches auf eine leichte Art ins Werf, Man macher Gruben (Jami), welche ungefähr die $änge und, Breite des Thieres haben, welches man fangen will. An der einen Geite der Gruben machet man einen langen un, welcher an dem Orte, wo der Zugang zur Grube ift, offen bleibe. Die Grube wird oben mit Raſen, der auf duͤnnen Staͤben liegt, bedecket, ſo daß nichts davon zu ſehen iſt. Wenn das Wild dahin koͤmmt, ſo laͤuft es, indem es nirgendwo als bey der Grube einen Eingang findet, hinein: alſobald bricht der Raſen unter ihm, und es fängf fh, Man erzäblete uns, daß zuweilen große und muthige Hirfche auf diefe Art gefan« gen werden, daß es unmöglich wäre, fie zu bändigen, fordern man müffe fie ode ſchießen. Die Faiferfiche Caffe zahlet füreinen Argali drittehalb Rubel, Allen Anfehen nach ha⸗ n ſowohl die Dfficier, als die Promyſchlenniki, ihren Vortheil dabey: denn weil die Thiere, welche unterweges ſterben, ſowohl als die lebendigen bezahlet werden, ſo iſt es leicht, in einer ſolchen Entfernung, eine Anzahl geſtorbener anzugeben, So viel iſt ge⸗ wiß, daß alle Jaͤger (Prompfchlenniki) in der daſigen Gegend bey gutem Vermögen find, und ich babe an Feinem Orte vermögendere angetroffen. Der Ferifch) in biefer Gegend ift fo ſeicht, daß ſelbſt die Fleineften Fahrzeuge kaum darauf fortfommen Fönnen. Herr Müller ließ etliche noch uneroͤffnete Gräber eröffnen, und befand fie folgen der Geſtalt. Der Todte lag bloß in der Erbe, und ber Kopf war gegen Often gerich- tet. Die übrigen Knochen befanden fich alle in ihrer natürlichen Lage, waren aber fehr muͤrbe. Zwiſchen diefen Knochen lagen einige Fleine verroftete Stuͤckchen Eifen, von welchen fich nicht errathen ließ, wozu fie gebiener Hatten. Die Höhle des Grabes war mit nichts als Kiefeln, dergleichen dort an den Bächen und Fluͤſſen liegen, ausgefüller, Allgem. Keiſebeſchr. XIX Band, _ T Am. Bmelins Reife. 173% vr ne Anmuth zu vermebren, allda pflanzete. 146 | Reiſe nach Kamtſchatka Am ı6ten des Abends reiſeten wir von Uſt⸗ Rameno⸗Gorsk ab, Zwiſchen den Baͤchen Glubocka und Bereſowbka trafen wir eine befondere Art Fleiner Mandeln 42) an ‚ wovon ich einige Bäume an das Ufer des Bereſowka mitnahm, und fie, um ſei⸗ Am ıgten des Morgens kamen wie an dem Bache Uba an, deſſen linkem Ufer wir fehon fünf Werfte weit gefolger waren. Es gieng ein fehr ftarfer Wind , welcher ver⸗ drießliche Folgen für uns nach ſich 509. Unſere Leute macheten, wie gewöhnlich, Feuer, an, etwas zu kochen: aber kaum war es angegangen, fo ergriff. eö das berumftebende: Gejträuche, ohne daß es uns möglich war, es zu loͤſchen. Es waͤhrete Faum eine Vier⸗ cheiſtunde, ſo ſtund der umliegende Wald in vollem Feuer, und wir mußten in groͤßter Eilfertigkeit alle unfere Sachen nahe an den Fluß bringen laſſen, damit fie nicht vom dem Feuer ergriffen wuͤrden. Es hätte diefer Brand lange Zeit währen koͤnnen: aber es fiel bald hernach ein Regen, wodurch er größtentheils gedaͤmpfet wurde, Funfzehen Werfte weit davon ift ein Berg, Ploskaja⸗Gora, der platte Berg ge anne, aus welchem das Erze für die Kupferhüfte zu Kolywan gefördert wird, Ueber diefen Berg konnten wir nicht reifen, weil es ein zu großer Umweg gervefen wäre, auch. unfere Karren über die hoben Gebirge nicht haͤtten fortfommen fönnen, Wir wollten gleichwohl die Gelegenheit nicht vorbey laffen, eine Grube zu befahren: daher entfihlof fon wir uns, mit einer Bedeckung von fehs Mann nach dem Berge zu gehen, unfere übrigen Leute aber den gewöhnlichen Weg nebmen zu laſſen. Wir nahmen mit ihnen die Abrede, daß wir Abends bey dem Bache Alai wieder zufammenfommen wollten. . Wir, kamen Nachmittages um drey Uhr auf den Ploskaja-Bora, wo wir das Erzt gleich am Tage nefterweife liegen faben; da wir denn indie Grube, welche faum acht Sachter tief ift, einfuhren. Es arbeiteten allda dreyfig Bergleute, welche räglicy ein bis zwey Hundert Pud Erze fördern konnten. Es ift ziemlich reichhaltig: aber man y kann wegen dev Streifereyen der Coſaken⸗;Horde nur in dreyen Sommermonaten arbeir ten: denn im Fruͤhlinge und im Herbfte ftünden die Bergleute in Gefahr, getödtet oder doch meggeführet zu werden; im Winter hingegen führet der Wind zumeilen in einem Tage fo babe Schmecberge zufammen , daß die Wege gänzlich unbrauchbar werden. Zwo Wochen hernach follee der Bergbau eingeftellet werden, Die Bergleute wohnen unten am Berge, wo die Uba fließt, in Hütten, welche mit Birkenrinde gedecket find, - Abends uͤm acht Uhr Famen wir an dem Bache Alai an, welcher Bach der erfte if, der nicht mehr in den Irtiſch, fondern in den Ob oder Oby falle: denn jener war nuns mehr gänzlich vorbey. Als wir von den Pferden abgeftiegen waren, wurde uns gemeln ber, daß unfere Karren nicht, wo wir waren, fondern ein wenig weiter unterhalb an gekommen wären. Niemand von uns wußte den Weg dahin; mir harten fehr wenig zu effen, auch nichts als Flußwaſſer zu trinken, und diefes mußten wir entweder aus den Trinkge⸗ ſchirren unferer Sluſchiwie, oder aus der Hand trinken. Ueberdieß hatten wir nichts, womit wir uns in der Macht bedecken Fonnten, und unfere Pferdewaren ſchon viel zu fehr abgemattet, als daß wir an Fortſetzung der Reiſe haͤtten denken dürfen. Wir muß⸗ ‘en uns alfo in die Geduld ſchicken. Wir aßen ein wenig, und legeten uns ſodann beym Feuei . 42) Amygdaltıs folüis petiolatis, bafi attemis· Amygdalus indica nana Pluk. Alm. 28 L. IT. £ tis Linn, II. CHiff p. 186 Upfalı 124 n, 3, Armeniaca Perſicæ fokis, fructu exſueco * % ‘ — ⸗ durch Sibirien, | 147 Feuer ſchlafen. In der Nacht gieng ein fehr Falter Wind, und wir ſtunden viel da Gmelins bey aus, F Reife, Am folgenden Morgen, um vier Uhr, fegeten wir ung zu Pferde, und Famen um 1734. Balb acht Uhr zu Pichtowa an. Wir nahmen unfere Herberge bey dem Steiger, ei — nem Deurfchen, und befamen bey ihm Duss zu trinken, und feifches Rindfleiſch zu effen, welcyes uns neue Kräfte gab. Zwo Stunden hernach Famen, wider unfer Ver: muthen, unfere Karren bey uns an, bey deren Ankunft wir aller Widerwaͤrtigkeiten der vorigen Macht vergaßen. Pichtowa⸗Gorra bat feinen Namen von dem Holze Dich ta, d. i. weiße Tanne, welches auf diefem Berge in Menge wacht, Es find allda fünf Gruben, die wir insgefamme befuhren, Die Ausbeute daraus ift betraͤchtlich, weil ſich das Erzt in keiner großen Teufe findet: die eiefjte Grube iſt von fünfehen Sachtern. Das meiſte Erzt bricht in mächtigen Gängen, und giebt zwoͤlf pro Genf reines und gutes Beſchaffen Kupfer. Man bar allda nicht noͤthig, die Gänge zu erfihlrfen; denn man gebe nur beit etlicher den Schürfen nad), die von den ehemaligen Einwohnern gemachee worden find. Wer Fupfergru— dieſe gewefen find, ift ſchwer zu ſagen Kafmueken fönnen es nicht geweſen fenn, weil be dieſe noch heutiges Tages nichts anders, als Eiſen, zu ſchmelzen wiſſen. Eine Werft ſuͤb⸗ mwärts von Pichtowa⸗Gora liegt ein anderer Berg, in welchen man auch einige Schuͤr ⸗ fe findet, Das Werk ift oben mie einer Mauer aus Selfenfleinen umgeben, und es läßt ſich Hieraus muthmaßen, daß ehemals eine Schmelzhuͤtte akoa geweſen ſeyn muß, Es ift in diefen gebirgichten Gegenden faft fein, einziger Berg zu finden, woriunen man nicht alte Schärfe anträfe, aber auch fait nichts anders vom Bergbaue, als Schürfe, Etliche wenige Stellen find ungefähr acht Lachter tief gegraben : aber fie befanden fich in einem weichen Erdreiche, welches fd) leicht mie Hämmern zwingen läßt; woraus aber, mals zu ſchließen ift, daß die damaligen Bergbauer nichts vom Pulver gewußt haben. Von Pichrows reifeten wir nach Roliwano Waskreſenskic⸗ Sawodi, und trafen allda den von Sempalat abgelaffenen Theil unferer Gefellſchaſt an, welcher fi ſeit dem fiebenzehenten Hugsfi hier aufgeheiten Hatte, Diefe Leute erzaͤhleten uns, da ihre Wafferreife big zu dem Schulba fehe beſchwerlich geweſen war, und daß fie ibre Saiſſanki, wegen des ſehr ſeichten Waſſers, oft gleichſam haͤtten tragen muͤſſen. Ihre Reiſe zu Sande war zwar beſſer von Statten gegangen; weil fie aber feinen Wegweiſer gehabt, der den kurz zuvor angelegten neuen Weg gewußt hätte, fo wären fic-biyr nahe funfzig Werfte weit umgereifer. TR Am zwanzigften Auguſt des Abends langete hier eine Fleine Kjarwane von Uruu⸗ gai⸗Kalmucken an. Es ſind kalmuckiſche Bauern, die nicht Kriegesdienſte thun. Sie ® n unter einem kleinen Fuͤrſten, welchen ſie Gmba nennen; und fie ſind ehemals ih ir Gegend wohnhaft gewefen. Als die Kupferhücten allda zuerfk angeleget wurden, fax men fie, Ihre Beſchwerden dawider anzubringen; ſie haben ſich nach der Zeit von hier weg⸗ gezogen, weil die coſakiſche Horde ſie zweymal uͤberfallen und ausgepluͤndert hatte. ‚Sie wohnen jetzo an dem Urſprunge des Fluſſes Tſchaͤruͤſch, und haben ſchon ‚längft ihre Anſpruͤche fabren laſſen . Sie haben fich bisher, wie alle übrige Raben, ſchr friedlich gegen Rußland verbalten, auch fogar u Sabre 1733, als fie von den a Bu ir) . 4 Bi ee a erehen loſo. Tab; XXX. Amıman, Stirp, rar. in Imper. Ruth. fponte proven, icon, et defenipt, ung. " Prigaom 2736) . — ; = | Gmelins Reife, 1734 —— 148 Reiſe nach Kamtſchatka ferenen der Coſakiſchen Horde Nachricht hatten, die hieſigen Einwohner davor gewarnet. Es war ihre Nachricht nicht ungegründer: denn die Cofafen umterftunden fich, ‚bis nahe an die Feftung zu kommen. Weil man nun wider fie auf der Hut ftund, fo befamman _ einen gefangen, und die übrigen wurden verjager. Wir ließen am folgenden Tage bie erwähnten Kalmucken zu uns fommen. Sie Batten faft insgefammt rothe, runde, mit Pelzwerke verbramte Mügen auf, woran eine gelbe Auafte hieng; fie waren Flein von Leibe, hatten Fleine Augen, dicke Backen und ein langes Kinn; fie trugen lange Roͤ⸗ cke; der Kopf war gänzlich gefchoren, ausgenommen hinten, mo fie nur fo viele Haare hatten, als zu einem Zopfe nöthig find. Sie kamen, Sebensmictel für ſich einzukaufen. _ Nachdem wir einige Gefpräche mit ihnen geführet hatten, fo ließen wir fie mit ihren Pfeilen, welche breit und flumpf waren, nad) einem Ziele ſchießen: fie trafen, in einer Weite von fieben bis acht Faden, das Ziel insgeſammt. Hernach wurden allerley Zie- le aufgeftellet, bey welchen fie in vollem Saufe vorbereiten, und in währenden Rennen nach jeglichem3iele fehießen follten. Diefes thaten fiemit einer ſo bewundernswuͤrdigen Ge fehicktichkeit, daß kaum ein einziger fein Ziel verfehlere; und gleichwohl waren es, wie gefaget, Bauern, die niemals zu ritterlichen Uebungen angeführer worden waren. Die fe Ralmucken fisen fehr Eurz zu Pferde, haben auf der rechten Seite den Köcher, und an der linfen den Bogen. Sie wiefen uns auch einige Kriegespfeile, melche viel fhärfer und fpigiger waren, und deren fie fich nur bedienen, wilde Thiere zu erlegen. Am zzften ritten wir auf den Rolywanta- Bora, Folywanfifchen Berg. Die fer liegt den Kupſerhuͤtten meiftens gegen Süden, ein wenig weftlich, und ift der erfie Berg, auf welchem Akinfi⸗Nikititʒe Demiedow hat graben Iaffen. Es ift auch im Jahre 1728 am Fuße deffelben die erfte Schmelzhuͤtte, nebft einem Oſtrog angeleget worden, wovon nur noch Die Heberbleibfel zu fehen find, weil man fie ſchon im folgen den Jahre hat eingehen, und an dem Orte, wo fie jetzo ſteht, bequemlicher anlegen lafr fen. Sben auf dem Berge fieht man die Leberbteibfel eines ficbenzehen Lachter tiefen Schachtes; und man erblicket fogleich einen fünf Schub mächtigen Gang, deffen Erzt blau und grün ausfieht, Es giebt vier und zwanzig pro Cent, und ift das reichhaltig« fie in diefer Gegend. Dennoch. hat man feit dem Jahre 1732 Fein Erzt mehr allda ge- fördert, mei in felbigem Jahre alle Gruben in diefer Gegend, durch eine Feuersbrunff, die ſich vom Irtiſch an bis an den Ob erftrecfete, ausgebrannt find. Etliche Werfte weit von diefem Berge, gegen Süden, liegt ein anderer, Sinaſa⸗Sopka genannt Sopka beißt in Sibirien ein jeder einzelner Berg, welcher frey fteht; und weil er vom weiten blau erfiheint, fo ‘hat er den Beynamen Sinaja, blau, befommen. Er ift 2 hoch, 43) Seit der Zeit, da Here Gmelin feine Rei⸗ -R gethan hat, iſt dieſes Huͤttenwerk zu Kolywans ka⸗Gora eines der aufehnlichften in Europa ge: worden. Erfahrene Männer haben mancherley Berſuche dort angeftellet, und befunden, daß die dafigen Erzte, da fie fchon am fich fehr ergiebig find, auch vieles Silber führen, felbiges Silber aber ſo vieles Gold hält, daß die Koften des Schei⸗ dens veichlich bezahlet werden. Man hat daher uͤtten angelsget, welche großen Nutzen bringen. Man hat uͤberdieß einen Berg entde⸗ cket, der Schlangenberg genannt, weil ſchreck⸗ lich viele Schlangen darauf find, der fo voll re her Silber-und Kupfererzte ift, dag man milf zwey bis drey Fuß tief unter der Erde Gänge fin? det, welche mehr als eine deutſche Meile lang find- Diefe Erzte haften auch gediegenes Gold, bald if £leinen Adern, bald in Körnern, oft fogar im Din nen Plättleim, welche die ausgebrochenen Erzte Rberdecken, endlich auch in deu Ersten ſelbſt, . durch Sibirien. 149 hoch, daß er bey hellem Werter von Uſt⸗Tſchumuͤſch aus, eine Weite von hundert Gmelins und fünfzig Werften, geſehen werden Fann : daher iſt er in Diefen Gegenden fehr berühmt, Reife: und dienet den Reiſenden gleichfam zum Wegweiſer. Man finder auf diefem Berge ei- "73 4- ne Gattung Fleiner, ſchwarzer, kurzharichter Zobel, welchen aber nicht nachgeftelfet wer- ¶ den darf, damit nicht die Hüttenarbeit darunter leide. Eben diefe Gattung Zobel, fin- der fich auch bey den Hrungai-Ralmucken, deren ich oben erwähner habe: fie find um- ter dem Namen der Fangaragaifchen Zobel befannt. Bon diefen Bergwerken bringen wir folgende hiftorifche Nachricht bey. Im abe te 1725 brachten efliche verlanfene Bauern, die fi) am Ob niederliefen, dem vorhin enannten Demiedow, einem Ruſſen, die erften Proben von Erztftufen, die fie, in- dem fie Wild jageten, gefunden hatten. Diefer Demiedow erhielt vom Oberberg⸗ 39 Anm | ir "An sten Kamen wir nach dem Dorfe Oniſima oder Ulibert, am Bache Ulibert Gmelins _ Ich muß hierbey anmerken, daß die meiften Dörfer in Sibirien ihre Namen von denje- Reife. rigen Bauern bekommen, die fie zuerft anbauen; und die wenigften werden nach den 1734 Bächen, an welchen fie liegen, genennet. Viele haben zweyerley Mamen, wie das jege benannte: aber-es ift allegeit der Namen, den es von feinem Erbauer ‚bat, bey dem gemeinen Wolfe der gewöhnlichite, " Tages vorher waren wir bey einem Wirrhe im Dorſe Koſchgarai eingekehret, welcher daffelbe zuerſt angeleger hatte. Wir frage ten ihn nach feinem Namen, und er fagete uns, daß er Koleſnikow hieße. Diefes tuffifche Wort bedeutee überhaupt einen Radmacher, und ins befondere, einen Mühlrad- macher; erführete den Namen von feinem Handwerke, und harte feinen andern. Dies fer Mann war überaus ſpaßhaft. Er verfiel fogleich auf die Gedanfen, daß wir uns Wunderten, warum das Dorf nicht Koleſnikowa bieße. Ja, fagete er, die Seute im Dorfe find fo ſchlimm und hochmuͤthig, daß fie mir diefe Ehre in meinen $eben nicht erzeigen wollen, J u N Am gten, nachdem wir durch einen Wald, der faſt aus lauter $erchenbäumen be= fund, gereifet waren, famen wir Abends in das Dorf Raltiesch, am Bache gleiches Namens. Es ift ein tatarifches Dorf, und es find nur vier Häufer darinnen von Ruſ⸗ fen bewohnet. Die dafigen Tatarn Find von verfihiedlicher Art: die meiften find theleu⸗ tifche und Eifchtimifche, Viele derfelben find bey Gelegenheit der apoſtoliſchen Reife, des tobolskiſchen Erzbifchofes Philophei, welche er zu den Osniaken that, getaufer worden: ſie bekuͤmmern ſich aber fehr wenig um das Chriſtenthum. Denn eines ber weſentlichſten Stücke des Chriſtenthums, In den dafigen Gegenden, ift das Kreuz, wel- ches ihnen bey der Taufe iſt gegeben worden: dieſes fragen fie nicht, und geben vor, fie hätten es zu Haufe aufs-befte verwahret. Sie ſcheuen ſich auch nicht, öffentlich zu ber fe nen), daß fie zu der Taufe gezwungen worden, und daß fie fich mit ihrem guten Wil- niemals dazu würden bequemer haben. Inzwiſchen koͤnnen fie das gewöhnliche Zei⸗ en des Kreuzes mit guter Fertigkeit machen, und thun es fo oft, als man es von ihnen verlanget. Sie bedienen ſich auch der chriftlichen Religion, wenn fie in die Ehe treten, und befuchen fogar zuweilen die ruffifchen Kirchen. Wir giengen in einige ihrer Häufer, und befanden, daß ihre innere Einrichtung von andern tatarifchen Wohnungen wenig Unterfchieden war, Wir liefen eine Frau und eine Dirne, von den thefeutifchen Tatarn, zu uns kommen, damit wir ihre Kleidung beſehen möchten, Die Fran mar eine fehöne Perfon, ſchwarz von Haaren , weiß und lieblid) von Geficht, freundlich, und von fehr guter geibesgeftalt, "Sie hatte ihren Mann bey fih, der an dem einen Auge blind war, . Wir frageten fie, ob ihr dieſer Mann geftele, und ob fie nicht lieber einen mir zwepen ger ı fünden Augen zu Haben wuͤnſchete. Sie antwortete, daß fie ſolches allerdings gem fr Ben wuͤrde aber jetzo, da Gott es fo gefiiger-habe, fen fie nit ihn zufrieden. Sie fprach Kieidung der Siemlich gut ruſſiſch, und affes mit aumuthiger Are, Ihre Kleidung mar ein langer he leutiſchen Rock von rothem ſeidenem Zeuge, und unter demfelben ein wollenes Hemde: dabey hat⸗ 5 te ſie, wie alle tatariſche Weiber, Teinene Beinkleider an, Der Halsfragen des Hem- · des war ringsherum mit chinefifchen Perlen befeger; das Hemde aber vorn, längft herab, wie ein Mannsrock offen, und nit Rhöpfen und Knopflöchern verſehen. Sie trug ei ne tatariſche mit Zobel bebrämere Müse, die er (hr gut fund, Ihr Haar war in Wween Zöpfe geflochten, deren jeder auf beyden Seiten des Halfes, faft einem Schub lang, vorn 7 Reife nach Kamtſchatka Gmelins vorn herab hieng, und ſich auf die Schulter zuruͤck ſchlug, wo ihre beyden Enben zuſam ⸗ Reife. ‚mengefnüpfet waren. Sie hatte in jedem Ohre zween filberne Ringe, einen großen und 1734 , einen Fleinen. Das Mägdchen war auf gleiche Weife gekleidet, nur waren ihre Kleider a geringer, und bie Haare in einen einzigen auf dem Rüden ‚abhangenden Zopf geflochten- Wir übernachteten in diefem Dorfe, und reiſeten mit anbrechendem Tage wieder. ab. Ich erfuhr felbigen Tages, daß wir, zehen Werfte weit von dem Dorfe Kalti—⸗ zack , über eine Stelle gereifee waren, welche vormals ein See gewefen war, wo ſich aber feie fünf Jahren das Waffer verloren hat, und ein beftändiger Rauch auffteigt. Ih ſchloß anfangs Hieraus, es müfle ein brennendes Feld ſeyn, dergleichen man bey- Baku am cafpifchen Meere ſieht. Ich ließ mir geſchwind ein Pferd ſatteln, und ritt mit einem Soldaten dahin. Ich entdeckte Die Urfache des Rauches, den man an viele Stellen auffteigen fah, ohne viele Mühe. Es ift ein Torfland, welches brenner. Vor⸗ ber ift es ein Moraft gewefen , worinnen das Moos in vielen Jahren fich dergeftalt ange -⸗ haͤufet hat, daß es über das Waſſer gewachſen iſt. Diefes Moos brannte, und war vermuthlich entweder durch ben Blitz, oder auch durch Leute, die allda Feuer angema« chet haften, angeftefet worden; und weil niemand es zu löfchen begehrere, fo brannte es ſtets fort. Ich nenne diefe Stelle ein Torfland, weil der Rauch eben denfelben Ge⸗ euch, wie der feine bolländifche Torf, bat, ; Ankunft der Am sten September feßeten wir auf Flößen, die wir machen liefen, über den Akademiſten gluß Tom, und kamen Abends in der Stadt Rusnezk an. Wir wandten die Zeit zu Kusnett ers Aufenthaltes allda an, unfere Neugierigkeit, in Anfehung der dafigen Tatarn - iflen. ! Befchreibung Am ıöten begaben wir uns nad) einem Dorfe, welches drey Werfte weit von diefer eings Dorfes Stadt liege, und mit theleutifchen Tatarn befeger it. Diefes Dorf befteht aus zweyer⸗ = —— ley Arten von Haͤuſern oder Jurten; in den einen wohnen fie des Sommers, in den ans “ dern des Winters. Die Winterhäufer gleichen denen, die wir in Kaltirack gefehen hatten. Die Sommerbütten find rund, und oben zugefpiger: fie halten unsen im Durchs meſſer ungefähr drey Klaftern. _ Ein Fleines an der öftlichen Seite angebrachtes Sodr dienet ihnen zum Eingange. Sie find aus Schilfe über Stöde zufammengeflochten« Damit der Regen nicht durchfchlage, ſtecken fie zwifchen dem Schiffe und den Staͤben Birfenrinden ein, Wir Famen in eine Jurte, wo Branntewein diftilliret wurde, Es geſchah folches auf dem gewoͤhnlichen Kochplage. Auf einem Dreyfuße fund ein eifer« ner Keffel, der mit einen bölzernen Deckel, welcher in der Mitte und auch an der Sei⸗ te ein Soch hatte, zugedecket war. Das mittlere Loch war zugeſtopfet. In das Loch ar der Seite fügete ſich eine hölzerne Frumme Röhre, deren anderes Ende in ein kleines Ge fäß hieng, welches in einem anderen, faft wie unfere Schweintröge- geftalteten Gefäße ſtund, das mit Wafler,angefüllee war. Der Branntewein wird aus Pferdemild) 9% “macht, welche fie vorher in einem ledernen Schlauche fäuern laffen : e8 gehe alles ſeht ſaͤuiſch dabey zu; und obgleich dieſer Branntewein fehr ftark iſt, fo bat er doch einen ſeht uͤbeln Geruch. Sie rühmen von diefem Brannteweirte, daß, wenn man fich darinnen betrinkt, einem der Kopf nicht weh thue, welches von Kornbrannseweine ebenfalls nich? — geſchehen fell, dahingegen ber aus Weine gebrannte dieſe gute Eigenſchaft nicht dat eg Diefe Tatarn find niche Mubammedaner : ihre Religion hat Feine gewifle Form, und & cesvinft, ſcheint, Daß fie felber nicht veche wiſſen, was fie glauben. Inzwiſchen haben fie * durch Siiirin. | 153 eine Are der Verehrung Gottes, die aber fehr einfach iſt: denn fie Fehren fich alle Mor- Gmelins gen gegen den Aufgang der Sonne, und fprechen diefes kurze Gebeth: Toͤdte mich nicht! Reife. Ihre Sprache ift von der gemeinen tatariſchen unterfehieden. Bey ibrem Dorfe fieht 173 4 man etliche Pläge, welche fie Tauͤlga nennen. Es find vier in einem Vierecke, einer { lafter weit von einander gejteckte birfene Pfähle, bey welchen fie jährlich ein- oder zweyh⸗ mal folgende Ceremonie-verrichten. Sie fehlachten ein Pferd, ziehen ihm die Haut ab, und verzehren das Fleifch nahe bey dem Tauͤlga, mo fie im Kreife herum ſitzen. Die Haut ftopfen fie aus, und fegen das ausgeftopfere Pferd oben aufden Tauͤlga, deffen Pfähle mie Querftöcen beleger find. In das Maul ſtecken fie ihm ein Paar Birkenrei⸗ fer mie Blättern, und es fieht gegen Oſten. Zur Seitedes Tahılga fahen wir noch zween andere Birfenftöcke, woran Hafen- und Hermelinfelle angebunden waren. Wir frageren fie, ob auch andere Thiere zu diefer Ceremonie dieneten; aber wir bemerfeten aus ihrer Antwort, daß fie nur diefe Thiere Hierzu für heilig hielten. Sie fageten, der Fuchs fauge nicht dazu, weil er in der Erde wuͤhle. Es ift ihr Tauͤlga ein gebeiligter Ort für fie, weil die Selle, die fie dahin legen, als ein Opfer, das fie Gore bringen, angefe- ben werden. Ihr Priefter heiße in ihrer Sprache Kam, und diefer ordnet die ganze Eeremonie an. Sie geben vor, daß diefer heilige Mann zuweilen ganze Mächte auf dem Felde zubringe, und nachfinne, was er ihnen anbefehlen ſolle. Dieſer Priefter kann, ſo wenig als fie alle, weder fehreiben nochlefen; und die Merfmaale, nach welchen er zu dieſem Amte für tüchtig erfenner wird, beſtehen in allerley Gebardungen und tollen Stel- Tungen des Leibes. Nach folchen Verzuckungen ſaget er, daß ihn Gott zum Priefter ver Ordner habe; und diefes glauben ſie ihm auffein Wore. Sobald er Priefter ift, fo kann er Auch zaubern, Er bat eine Zaubertrommel, durch die er das Verlorene wiederſchaffen, Kranke heilen und vieles propbezeyen kann. Jedoch geftehen fie es, daß feine Wahrſa⸗ gereyen und Euren zuweilen fehlen. Wir härten gern etwas von feinen Zaubereyen ge» ſehen: aber fie waren fo wißig, daß fie fageten, es wäre in diefem Dorfe fein Ran Diefe halben Chriften und balben Goͤtzendiener, haben die Vielweiberey im Gebrauche; fie effen Fein Schweinfleiſch, trinfen aber Branntewein, und befaufen ſich nicht felten dar Innen. Ihre Weiber find nichts weniger, als angenehm, und dabey rauchen fie Taback. As eine Frau mich rauchen fah, fo zog fie geſchwind ihre Tabackspfeife aus der Tafıhe, und prach mich um Taback an. Sie zümdete fie an, und verfehlucfere allen Hauch; her— Nach gab fie fie einer andern, welche es eben fo machere, Die Mannsleute, alte und Junge, thaten ein gleiches, und die Weife, den Tabacksrauch einzufchlucken, ift bey ihr hen allgemein. inige verbrennen ihre Todten, andere begraben fie. Ich und Herr Muͤller befamen $uft, einen feuerfpenenden Berg zu befehen. Nach einigen gefchriebenen alten Nachrichten foll bey dem Fluffe Tom einer feyn. Wir ritten am ı7ten des Morgens dahin, und wir fanden diefen Berg ganz nahe am Tom, Als wir in der Naͤhe dabey waren, fahen wir an etlichen Stellen des Berges einen Rauch aufiteigen, welcher einen widrigen Geruch gab. Wir giengen zu den Feuerſtellen bin; Und nachdem wir alle Umftände genau betrachtet harten , fo entbecfeten wir, daß aller diefer Rauch bloß von einem brennenden harzigen Erdreiche herruͤhrete, welches fich niche tief erſtreckete, und, wenn man wollte, leichtlich hätte gelöfcher werden Fönnen. Mad) dieſer gemachten Fleinen Entdeckung, aus der man feben kann, wie wenig man fich auf gemeine Erzählungen zu verlaffen bat, kamen wir Abends nach Rusnetzk zuruͤck. E i Allgem, Reifebefchr. XIX Band. u Am Gmelins Reife. 173 4 * 14 geiſe nach Kamtſchatta Am folgenden izten September wollten wir wieder eine Spazierreife vornehmen. Wir ließen ung, nahe bey der Stadt, über den Tom ſetzen, und giengen, ungefähr eine Werfte weit, nach einem Eleinen Dorf, worinnen abniziſche Tatarn wohnen: Ihre Hüften fehen ſehr elend aus, und ftehen halb in der Erde. Sie find meiftens Wohnungen von Erde aufgefuͤhret, oben mit Querftangen befeget, und mit Erde überfchüttet. Ih— und Kleiduns re innere Bauart ift wie bey den thelentifchen Tatarn, ausgenommen, daß es unrein« gen der abni⸗ licher darinnen ausſieht. Wir trafen im ganzen Dorfe eine einzige Mannsperfon an; ziſchen Tar⸗ die Weiber waren allein im Befige geblieben, weil die Männer auf den Aderban auss tarn. N gegangen waren. Wir konnten alfo nichts von ihrer Religion und ihren Gebraͤuchen eve fahren; nur Diefes fagete man uns, daß fie mit der theleutiſchen Tatarn ihren übers - einfämen. Wir frageten nach) ihrem Kam, damit wir etwas von ihren Zaubereyen fe: hen möchten: aber er war vor zween Monaten geftorben. Wir wollten deffen Hütte bes fehen: allein, man antwortete ung, fie waͤre zerſtoͤret, und man wies uns den Schutt davon. , Wir erfuhren bey Diefer Gelegenheit, daß der allgemeine Gebrauch bey diefem Volke es mit fich bringt, die Huͤtten der Verftorbenen zu zerftören. Wir frageten wei ger, wo feine Zaubertrommel geblieben ware; und man gab uns zur Antwort, daß man fie dem Ram mit ins Grab gegeben hätte. Die Hauptftücke der weiblichen Kleidung find beynahe diefelben, wie bey den theleurifchen Tatarn: nur find ihre Haare in vier bis fünf Zöpfe abgetheilet, welche mit fogenannten Porcellanmufheln befeger find; und anı unterften Ende hängen Pitſchierringe, dergleichen in den ruſſiſchen Kramlaͤden ver Baufet werden. Einige fragen eine Stimbinde, mie eben folchen Muſcheln befeger. | - Am ıoten nahmen wir wider eine Spazierreife vor. Wir hatten gehöret, daß vie⸗ te an den Flüffen Kondoma und Mraſa wohnende Tatarn das Eifen aus dem Erzte zu ſchmelzen verftünden, auch daß man in diefen Gegenden Fein anderes Eifen-hätte, als welches man von diefen Takarnerhielte. Daher befamen wir Luſt, eine von ihren Schmel⸗ zereyen zu beſehen, welche nicht weit von ung waren, Bir erwähleten die nächfte von allen, von der man uns gefaget hatte, daß fie in dem Dorfe Gadoͤwa wäre, und fehicfeten jemanden voraus, der ihnen befehlen follte, alles bereit zu halten. Wir reiferen am folgenden Morgen od. Wir Famen durch verfihiedene ruſſi⸗ ſche und fatarifche Dörfer, mußten zweymal über die Kondom fegen , ımd fan— den ienfeits am Ufer das Dorf Gadoͤwoa. Unſer erfles war, uns nad) der Eifenhürte umzuſehen: aber es war fein Gebäude, Das fo ausgefeben hatte. Es ſah alles nicht an— ders aus, als wie in dem abniztfchen Dorfe, wo wir Tages vorher gewefer waren Man führeke uns endlich in eine Jurte, in deren Eingange wir fogleich den Schmelz ofen zu feben befamen. Wir faben alfobald aus feiner Bauart, daß hierzu feine beſon⸗ dere Jurte nöthig wer, fondern daß fich eine jedtvede dazu ſchickete. Die Arbeit bin derte fo gar die Leute nicht, in eben derfelben Jurte zu wohnen. Der Dfen ſtund an Der Kochftelle, und die Erbe war allda ein wenig ausgehoͤhlet. Diefe Höhlung, welche in allen tatariſchen Jurten zum Kochen angefeget ift, war ein Hauptſtuͤck des Schmelz⸗ ofens. ine Stürze von Thone oder Seimen, von Fegelförmiger Geſtalt, unten unge fähr einen Fuß im Durchmeffer, und oben enge, machete nebft der ausgehöhleten Erd Aet, das Eiſen den ganzen Schmeljofen aus. Zween Tatarn verrichteren die ganze Arbeit: der eine au ſchmelzen. gräge Kohlen und ein wenig Erzt wechfelsweife ein , welches letztere Flein geſtoßen iſt der andere beforger das Feuer, und blaͤſt beftändig mic zweenen Blaſebaͤlgen. ST BR ⁊ MASISscHE TRUMELN.DIEDEN 8 CHWARZKUNSTLERN DIENEN, UND G0TZEN re DIE INDEN TATARISCHNN JURTEN GEFUNDEN WORDEN . —— ——— wi ? durch Sibirien. 2 155 Bald die Kohlen fich ein wenig aefeßer Haben, werben wieder Kobfen und Erzt nachge · Gmelins fragen, und dieſes fo lange, bis ungefähr drey Pfund Erzt eingetragen find: mehr Füns Reife. nen fie auf einmal nicht ſchmelzen. Von drey Pfund Erzt befommen fie ungefähr zwey 73 Pfund Eiſen, welches zwar noch gar unrein ausſieht, aber doch gut if. In andert- halb Stunden hatten wir alles geſehen. Unter währendem Schmelzen ließen wir den KRam des Ortes zu ung Fommen, da» mit er ung feine Zauberfünfte fehen ließe, welches bey ihnen Kamlat machen beißt. Er ließ fich feine Zaubertrommel bringen, welche die Geſtalt eines Giebes , oder viel⸗ mehr einer Mohrentrommel hatte, wo nur auf einer Seite ein Fell ausgefpannet iſt. Auf der hohlen Seite lag mitten durch ein Querholz, das in der Mitte am dünneften war, an welcher Stelle der Ram es hielt. An beyden Enden war das Holz viel di⸗ der , und wie ein Becher ausgehoͤhlet, wodurch Ber Schall vermehret wird, Quer durch diefes Holz.gieng ein eifernes Staͤbchen, woran neun eiferne Röhrchen biegen. Diefe Trommel wurde nur mit einem Stocke gefihlagen. Der Kam nahm bie Trom⸗ mel in die Hand, ſprach bald etliche tatariſche Woͤrter, brummete bald wie ein Baͤr; dann lief er, bald ſetzete er ſich, machete fuͤrchterliche Gebärden und Stellungen, ver- kehrete die Augen, und ſchloß fie zuweilen zu, als ob er unfinnig mare, Nachdem er ungefähr eine Vierthelſtunde diefes Spiel getrieben bafte, nahm ihm ein anderer die Trommel weg, und die Zauberey war zu Ende. Wir frageten, was diefes alles zu be- deuten habe, und er antwortete uns, daß, wenn er ben Teufel um Fünftige Dinge befra- gen wollte, ev es auf diefe Art anfienge; daß er aber dießmal den Teufel nicht geſpro⸗ chen, ſondern alles nur uns zum Vergnuͤgen gethan habe. Durch mehrere Fragen brach⸗ con wir fo viel heraus, daß die Leute ihre Zuflucht zu dieſem Manne nehmen, wenn fie etwas verloren haben, oder auch, wenn fie Nachricht von ihren abweſenden Freunden ha⸗ ben wollen. Alsdann bedienet ſich der Kam eines Buͤndels von neun und vierzig Staͤb⸗ chen, wie Schwefelhoͤlzchen. Er zieht fünf ſolcher Stäbchen heraus, und leget fie ber ſonders; mit den übrigen fpiefet er, und wirft fie mie allerley tollen Gebärden bin und ber; hernach giebt er eine Antwort, fo wie fie ihm einfälle. Die tfeheremifchifchen und wotjakiſchen Tatarn bedienen ſich hierzu einer gleichen Anzahl Bohnen, wenn fie ein Unglück oder eine Krankheit haben. Mer Ram überreder fie, daß er mit feinen Zau- bereyen den Tenfel banner, welcher allemal von der Abenofeite, in Geftalt eines Bären, koͤmmt, und ihm alles, was er antworten foll, eingiebt. Er giebt auch vor, daß ihn der Teufel manchmal grauſam quaͤlet, auch ſelbſt im Schlafen keinen Frieden laͤßt. Die Leute von ſeinem Verſtaͤndniſſe mit dem Teufel noch mehr zu uͤberfuͤhren, ſtellet er ſich, als wache er oft ploͤtlich mit Schrecken auf, und ſchreyt wie ein raſender Menſch. Als wlr ihn frageten, warum er ſich nicht lieber zu Gotte, dem Geber alles Guten, wende— te, fo gab er zur Antwort, daß er und alle feine Mitbruͤder nichts anders von Gotte wüßten, als daß er allen, felbft denen, Die ihn nicht darum bieten, Gutes thue; des⸗ wegen haͤtten fie nicht noͤthig, ihn darum anzurufen; hingegen müßten fie den Teufel vers ehren, damit er ihnen nicht Schaden thaͤte, weil er ſtete darauf bedacht wäre, den Men ⸗ ben Boͤſes zu thun. Nach fo feinen Grundfägen bringen fie dem Teufel gewiſſe Opfer. Sie brauen zumeilen große Tonnen Bier, welche fie in die Luft, oder auch andie Wan. Se fprigen, dem Teufel damit zu dienen. Wenn fie dem Tode nahe find, fo fergen fie Nur es möchte ihre Seele dem Teufel zu Theile werden. Alsdann muß ihr Ram die Ur Trommel Emelins Reife, 1734 ——— Beſchreibung der Stadt Kusnetzk. 156 Reiſe nach Kamtſchatka Trommel rühren, und ihn mit vielen Liebkoſungen zu beſaͤnftigen ſuchen. Was ihre Seele fen, und wohin fie komme, wiffen fie nicht; nur dem Teufel foll fie nicht in die Klauen gerathen. Sie begraben oder verbrennen ihre Todten, oder legen fie auch auf einen Baum, wo fie den Vögeln zur Nahrung dienen. Die Werkzeuge, womit fie das Feld beftellen, machen fie fich aus dem Eifen, deſ⸗ fen ich vorhin gedacht babe. Es iſt eigentlich ein einziges Werkzeug, und befteht aus einem in Form eines halben Zirkels geſchmiedeten fharfen Eifen, woran fie einen Stiel befejtigen, der mit der Fläche des Eifens einen rechten Winfel mache, Sie arbeiten das ‚mit, wie man bey uns in Gärten mit der Haue arbeitet, und koͤnnen das Erdreich etlis sche Zolle tief umkehren, Das Korn mablen fie durch Menfchenhände zwifchen zweenen Steinen zu Mehle, hr Exze, welches an dem Zluffe Kondome, vierzig Werfte oberhalb, wo der Bach Mandabaſch einfällt, bricht, fördern fie eheils mic dem jet gedachten Werk jeuge, womit ſie zwar nur die oberfte Erde ausheben, theils mit einem andern , welches wie eine Art geftaltet ift, nur daß das Eifen länger und ſchmaͤler, auch fehr fiharf iſt. Mit eben demfelben Werkzeuge fehneiden fie auch Holz, und brauchen es zu vielen an | dern Verrichtungen. Ir Ihre Kleidung unterfiheidet fich von ber theleutiſchen Tatarn ihrer nur darinnen, daß auch-die unverheuratheten Mannsperfonen ein Zeichen ihrer Freyheit, wie die Dir: nen, tragen müffen. Sie haben, nach Are der Ehinefer und ber urungsifchen Kal⸗ mucken, die Haare hinten in einen Zopf zufammengeflochten. x Here Müller bemübere ſich, die Zaubertrommel von ihnen zu befommen. Der Kam ſtellete ſich darüber fehr betrübt anz und nachdem wir ihm auf alle feine Einwen- dungen geantwortet haften, fo bach die ganze Dorfſchaft, daß wir nicht länger Darauf ber ftehen möchten, weil fie fonft alle mit ihrem Kam unglückliche Leute feyn würden. Um ihrer elenden Ausflüchte willen beftunden wir immer mehr darauf, und wir befamen end» lich die Trommel. Jedoch hatte der ſchelmiſche Kam, , feinen leuten ein Blendwerk zu machen, und damit ihnen diefer Verluſt nicht zu nahe geben möchte, ein Paar eiferne Klappen, die in die Trommel gehören, herausgenommen, Am folgenden Tage ließen wir einen andern fehr berühmten Ram zu uns Fommen, und diefer gab ung Beweiſe von feiner Unwiſſenheit, fo fihön, als wir fie winfchen Fonnten: denn er beantwortete und Feagen, wovon wir die Wahrheit beffer, als er, mußten. Er war ein Krüppel, und gab vor, es babe ihn der Teufel fo übel zugerichtet. | Kusnetzk liegt in einem Striche Sandes, wo ehemals kirgififche Tatarn ge wohnet Haben, welche ſich aber allmählig gegen die Falmuckifchen Graͤnzen gezogen haben · Diefe Stade if vor mehr als hundert Jahren erbauet worden, und es find Eolonien aus den Diftricten Tomsk, Werchoturien und Weliki⸗Novogrod dahin gefchicket worden. Sie hat ihren Namen von den ehemaligen Einwohnern Diefer Gegend, wel⸗ che Eifen ſchmelzeten und ſchmiedeten: denn ein Eiſenarbeiter heiße auf Ruffiſch Kusnez · Diefe Stadt liegt an dem oͤſtlichen Ufer des Tom, Sie belebt aus dreyen Theilen, dem oberen, mittlern und untern. Der obere und der mittlere Theil Biegen auf dem ho⸗ hen Ufer, deffen unteres Stuͤck, aufmwelchem der mittlere Theil erbauet iſt, bervorftehl- Der unterfte Theil liege auf einem ebenen Felde, welches fich zwiſchen dem Tom um dem Ufer befindet, und am meiften bewohnet iſt. Auf dem oberſten Theile ficht eine Eleine * zern durch Sibirien. 157 gerne Citadelle, in welcher eine Capelle iſt. In dem mittlern Theile befindet ſich ein Smelins Oſtrog, und in demfelben das Haus des Woywoden und die Kanzelley. Die Anzahl Reife, der Häufer in allen dreyen Theilen betraͤgt ungefähr fünfhundert. BEE, Die Einwohner find dem Müßiggange fehr ergeben, und man findet wenig Leu⸗ te darinnen, die für Geld arbeiten wollten. Der Tom: ift- ziemlich fifchreich, und den- noch fiehe man wenig: oder gar Feine Fifche aufdem Markte. Von Gartenfriichten fieht man ebenfalls nichts: man kann nichts als Brode und Fleiſch haben. Gas Getraide, das fie zum Brodte brauchen, bauen fie.felber; und diefes ift ihre einzige Befchäfftigung. Das Ackerland befindet fich auf Bergen , keines in Thaͤlern, und fie geben zur Urfache deffen an, weil es in den Thälern viel kaͤlter, alsıauf den Bergen, fey. Bon Wildprete findet fich jetzo nichts mehr allda. Im Anfange, als die Stade angelegef worden, foll dort herum eine große Menge Zobel, Eichhörner, Marder, Hirfche, Rehe, Elendthie— re etc. 2c, geweſen ſeyn: aber nach diefer Zeit ſoll ſich alles diefes Wild nach anderen Der- tern, wo keine Menſchen ſind, gezogen haben. Anſtatt daß in den meiſten ſibiriſchen Staͤdten guter Handel getrieben wird, iſt hier gar keiner. Taback und Pferde aus Tſcher⸗ kaſſien ſind die einzigen Sachen, womit hier Handel getrieben wird: denn es geht ſchon ſeit vielen Jahren Feine Carawane mehr durch Kusnetzk, daher der Handel ſo eingerich- tet ſeyn muß, daß die Waaren bey den Einwohnern , oder doch in der Nähe, vertrieben werden koͤnnen. tn‘ Wir beftimmeren endlich den Tag unferer Abreife; und damit wir im Stande wi ven, defto mehr nügliche Bemerkungen zu machen, tbeileten wir hier wieder unfere Reife geſellſchaft. Herr Muͤller gieng mit unferm und einem tatarifchen Dolmerfcher zu Sans de, und ich mie der übrigen Geſellſchaft und-einem andern tatariſchen Dolmetfcher zu Waſſer ab. Here Mauͤller begleitete mich bis nach Krasnoſarskoſe⸗Sielo zu Wafler, und lich feinen Wagen bis dorthin leer gehen. Auf unfern Fahrzeugen war fehr wenig Bequemlichkeit: e8 waren Kaͤhne, dieein wenig größer, als die gemeinen, und mit Bir kenrinde uͤberdecket waren. Folglich konnten wir feinen Feuerherd darauf anlegen, auch unter den Verdecken nicht aufrecht gehen; und größere Fahrzeuge Fonnten in der damali» gen Jahreszeit, da das Waffer fehr feicht war, nicht gebraucher werden: aber im Fruͤh⸗ jahre, wenn das Waſſer hoch iſt, fährt man in Doſchtſchennicken. Bir waren ſehr durchfrohren, als wir Abends zu Krasnojarskoſe⸗Sielo anfamen. Nach einem kurz zen Aufenthalte allda, traten wir jeder feine Reife befonders an. Ä Ich hatte auf dieſer Wafferfahre von den Arbeitsleuten großen Widerfpruch auszu⸗ ſtehen, weil fie. die Gefahr, auf feichte Stellen zu gerathen, befürchteren. Weil wir aber volles Mondenlicht harten, fo hielt ich ihre Furcht fuͤr ungegruͤndet. Es gefchab aber dennoch), daß wir am folgenden Morgen um vier Uhr figen blieben , und es Foftete vier Stunden Arbeit, ehe wir wieder los kamen. Noch am felbigen Abende Famen wir zu dem Dorfe Mamuͤſchewa, we ein eine ziger ruffifcher Bauer, und acht bis zehen tulibertiſche Tatarn wohneten. Die Kälte noͤthigte uns, dafelbft anzulegen: aber ich Eonnte Fein einziges Haus finden, dag mie zur Herberge angejtanden hätte. In allen tatarifchen Stuben war ein abfiheulicher Geſtank, und des Ruſſen feine war ſo elend, als ich jemals eine gefehen babe. ch er— waͤhlete dennoch dieſe, weil ich mich wenigſtens darinnen erwärmen konnte. Ich erfuhr, daß alle tatariſche Weiber und Dirnen, als fie unfere Ankunft gehoͤret hatten, wie vor u 3 Feinden Bineline Reife, 1734 — t Waſſerfall Poruͤwey⸗ Porog. 159 Reiſe nach Kamtſchatka Feinden vor ums geflohen waren, obgleich ſeit fuͤnf und zwanzlg Jahren in den daſigen Gegenden kein ſeindlicher Einfall geſchehen war. Hier hatte ich wieder Noth, ehe ich weiter kam. Der Lotsmann machte viele Schwierigkeiten und ſagete, daß er außer Verantwortung ſeyn wollte, wenn die Fahrzeuge ſcheitern würden. Weil ich mich aber immer auf das belle Mondenlicht verließ, fo kehrete ich mich an feine Einwürfe nit. Wir blieben zwar esliche Mate auf dem Sande fisen , aber fenft wiederfuhr ung nichts übels. Der Kahn, auf dem ich mich befand, war unten plate, und ich erfannte es, wie zufräglich folches war, weil ich nur felten mit ihm figen blieb, Inzwiſchen gieng unſere Fahrt fehr langfam zu, weil ich auf meine Gefellfihaft warten, auch oft mie den Leuten auf meinem. Kahne zu Huͤlfe kommen mußte, Am zoſten des Morgens Famen wir zu Suſtanokowii⸗Jurti am, in welchem Dr: te Fiftimmifche und tulibertifche Tatarn wohneten. Ich ließ dafelbft anhalten, und es kamen mir viele von biefen Tatarn entgegen. "Sie haben mit deu theleutifchen Tas tarn viele Gebräuche gemein. Sie opfern Gotte jährlich einen Hafenbalg, mehr nicht, Ich fragete fie, two nach ihrer Meynung Gott wohne, und fie anfwortefen mir, er woh— ne in der Nachbarfchaft des ruffifchen Gottes, und ftehe in fo guten Vernehmen mit diefem, daß fie einander fleißig Befuche gäben. Was ihren Teufel anlanget, fo fageten fie, daß fie ihm zuweilen nur etliche Tonnen Bier opferten, damit fie fih, durch Bere mittelung ihres Ram, in befondern Vorfällen feines Rathes bedienen Eönnten. Us ‚ich fie fragefe, warum fie nicht lieber ihr Vertrauen auf Gott ſetzeten, fo bekam ich zur Antwort, fie glaubeten zwar, daß Gore die Macht habe, ihnen in allen Dingen zu hel⸗ fen: aber, da er fo hoch oben inm Himmel wohne, wie koͤnnten fie fi bey ihm Rache erholen; hingegen wäre es ihnen etwas leichtes, fich an den Teufel z wenden, weil er, wie fie, auf der Erden wohne. Ich kam noch am felbigen Abende nach Mungatskoi⸗ Oſtrog, welcher Dre am linfen Ufer des Tom liegt, und von einer Fleinen Anzahl Slufchiwie bewohnet wird, welche unter dem allda befindlichen Commandanten ſtehen. Hier befam ich, weil ſchon in voraus von Kusnetzk aus Befehl deßwegen ergangen war, neue Arbeitsleute, Ich fuhr am folgenden Morgen, den erften October fehr früh ab, und kam um fieben Uhr an. den Wafferfall Poruͤwey⸗Porog. Er hat feinen Beyna⸗ men von dem Entſetzen, Das er den Einwohnern dieſer Gegend verurfacher. Er war mir fehon von dem Commandanten indem Oftrog fofürchterlic) befchrieben worden, daß ich aus Sorge für mein eben an das Ufer gieng und das Fahrzeug innen Balken lief. Es waren: affe dort herum wohnende Bauern aufgebothen worden, mit Befehle, daß fie fich zur Arbeit bey unſerer Durchfahrt fertig halten follten, weil man die Fahrzeuge mit Seiten berad zu laſſen pflegere, Nachdem ich den Wafferfall genau betrachtet hatte, ſo Eonnte ich mir kaum vorſtellen, daß er derjenige wäre, welchen man mir ſo gefaͤhrlich befchricben hatte. Es war Faum zu fehen, daß das Waſſer einen Fall hatte, und es verurſacheten nur Die im Grunde liegenden Felſenſtuͤcken, daß die Fahrer eng war, und ein ſtarkes Rauſchen gehoͤret wurde. ch ließ durch ein vorausgefchictes Fleines Boot die Tiefe überall unterfuchen; und nachdem ich genugfam werfichert war, daß es Feine Gefahr hatte, fo ließ ich ein Fahrzeug nach dem andern, ohne Seile und ohne Benftand anderer Leute, als meiner ordentlichen Arbeiter, nahe am Ufer über den Waſſerfall fuͤh⸗ ren. Des Abends ließ ich bey dem Dorfe Borodina anlegen, welches von Buſſen und jetſchinskiſchen Tatarn bewohnet wird. Seinen Namen hat es von einem u = ma durch Sibirien. 1. mals dafelbft wohnhaften Muffen bekommen, welcher einen außerordentlichen anſehnliæ Gmelins hen Bart gehabt bat. Die Tatarn in dieſem Dorſe, waren vor ungefähr vierzig Reife. Jahren, auf deßhalber aus Cobolsk ergangenen Befehl, von dem dafigen ruffifchen 1734 Popen getaufer worden, Gie fiheinen ihrer neuen Religion eifriger, als die Faltivakiz ſchen Einwohner, zugethan zu feyn: denn fie tragen nicht nur Kreuze, fondern haben auch Bilder der Heiligen in ihren Stuben, vor weichen fie gewöhnlicher Maßen das Zeie shen des Kreuzes machen. Am folgenden; Dorgen, den aten Detober, erreicheren wir Werchno;Tomskoiz Oſtrog, welcher, Dre am linken Ufer des Fluſſes liegt. Ich hatte fhon von Mun⸗ gat aus einen eigenen Bothen an den dafigen Commandanten abgeſchicket, und ſchrift⸗ lich, von ihm verlanget, daß er uns friſche Arbeiter geben und fie bereit haften möchte, Eben vergleichen that ich wieder an den Commandanten fin Soſnowkoi⸗Oſtrog, und kam Abends um fechs Uhr bey dem Berge Piſanoi⸗Raͤmen an. Es liege diefer Borg nahe am Ufer des Fluffes, und bat feinen Namen von gewiffen Figuren, die in denfel- ; ben eingehauen find. Ich ließ aus dem zunächft oberhalb des Berges gelegenen Dorfe Bere Pifanek große Pergel holen, und Eletterte mit ſolchen angezündeten Höfgern den Berg hinan, Kamen, in Weil aber das dicht, welches fie gaben, zu ſchwach war, die vielem eingehanenen Fgu- — Sign 59 ge⸗ von recht zu erkennen, fo blieb ich daſelbſt mit dem Fahrzeuge die Nacht liegen. hoeuen find. Dieſer Berg befteht aus einem grünen kalkartigen Schiefer, und ift bin und wieder Beſchreibung von einem noch mehr Falfichten mit Quarze vermifcyten Schiefer durchſchnitten. Die dieſes Berges Höhe des Berges fihäge ich in allem auf zehn Faden. Der Dre, wo die Figuren zu fe- ben find, ſteht etwas hervor, und liege gerade gegen Suͤden. Don diefer Stelle an, is an den Fuß des Berges, der bis an den Fluß reicher, ift. es ungefähr zween Faden hoch. Der Weg nach den Figuren ift ſehr beſchwerlich Won diefen Figuren ftehe der Berg unterhalb um einen halben Faden vor, ſo daß man a Inf ſtehen und die + Figuren anſchauen kann. Sie ſtehen auf einer Wand oder fenfrechten Kläche des Berges , welche drey Faden hoch, und von Natur durch bemeldtten mir weißem Quarze dermifchten Schiefer unterfehieden, und in zwo folhe Wände abgetheilet iſt. Die Fi— guren ſtellen Hirſche, Rebe, Pferde, Elendthiere, Fifhe und Menfchen vor, Die, Welche auf der obern Wand ſtehen, find viel beffer, als die andern, erhalten worden, weil man nicht hinzu kommen kann. Dieſer Wand zur Sinfen , fieben Faden weit da- son, iſt eine andere folhe Wand, eines Fadens hoch, worauf eben dergleichen Geſtal⸗ ten zu feben find. Zwiſchen diefen beyden Wänden, zwiſchen zwoen Schieferfihichten, ift eine Nie, durch die man zu einer dritten etliche Faden hohen Wand Flertern Fann, auf welcher.die Figuren noch beffer erhalten find. Hier werden zufammen gebundene Thiere, welche ein Menfch leitet, vorgeftellet, Sie find um deßwillen fehr deutlich zu fehen, weil det Schiefer, worein fie eingehauen find, von außen gelblich ausſieht, in den Vertiefungen hingegen feine grünliche Farbe behalten bat, | Nachdem ich meine Neubegier geſtillet harte, gieng ich mit dem Fahrzeuge au zten Detober wieder ad. Nachdem mir fehr ofe auf dem Saude fißen geblieben waren, lan⸗ geten wir am 4ten Detober des Morgens bey Sosnowskon Oſtrog, welches am fin ken Ufer diefes Fluſſes liegt „ an: aber die Untiefen noͤthigten uns, an die andere Seite des Fluſſes zu fahren, wo wir in einem Dorfe des Machts herbergeten. Bald nach mei⸗ ner .160 — Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins ner Ankunft brachte der Befehlshaber des. Oſtrog die verlangten Arbeitsleute, welche Reife. halb ruffifcher halb: tatariſcher Nation waren. 1734 Nachmittags fegeten wir unfere Reife fort. Ob wir gleich vielmal wieder auf dem — — Sande figen blieben, fo befümmerten wir uns doch wenig mehr darum, und wandten - nur alle Kräfte an, bald nach Tomsk zu kommen, welches wir am zten Detober erreis cheten. Hier traf ich meinen Collegen, Herrn Möller an, welcher fehon am evften des Monates allda angefommen war. Der Grund zu diefer Stade iſt unter der Regierung des Czaars Seodor Iwa⸗ nowitz, zwanzig Jahre vor Erbauung der Stadt Kusnetzk, geleget worden. Es wer im Anfange nur eine Feftung, (Oſtrog,) wider die benachbarten Völker, Nach dem aber diefelben bezwungen waren, fo haben fie ſich allda verſammlet, und es ift all« mälig eine Stadt daraus geworden, welche aus mehr als zwey taufend Häufern beſteht. Sie ift, nad) Tobolsk,, die anſehnlichſte Stadt in Sibirien. Mieten dur Tomst fließe der Bach Uſchaika, weicher an dem norblichen Ende der Stade in ven Tom dage und Der fälle. Man kann fie in die obere und Die untere Stadt eintheilen. Syn der obern fhreißung der Stadt befindet ſich eine Fleine von Holze erbauere Feſtung, welche gegen Welten, in ei- Otadt Tomsk. |. Weite von einer halben Werft, den Tom hat: nahe an der füdlichen Seite: aber fließt unten am Berge, auf. dem Die Feſtung ſteht, der Uſchaika/ welcher ein wenig weiter hinauf eine Mühle treibt. An ihren vier Ecken und zweyen Thoren, welche an der nordlichen und füdlichen Seite find, hat fie Höfgerne Thuͤrme, und iſt mit vierzehen Eanonen befeßet. In der Feſtung it eine Cathedralfirde von Holze, das Haus des Woywoden, die Ranzelley, und ein Zeughaus, Auf dem Glockenthurme diefer Kirche ift eine Schlaguhr, welche die Stunden, nach) altem Gebrauche vom Aufgange bis zum Miedergange der Sonne anfchläge. Außerhalb der Feſtung, gegen Norden, ſteht eine Tſchaſſowna, (Capelld) , und gegen Süden noch eine Pfarrkirche; überdieß ftehen an - diefen beyden Seiten viele Bürgerhäufer. Die untere Stadt ift am meiften bewohnet, und weil der Bach Uſchaika mit- ten ducchfließe , fd theile ich fie in die vechte und linfe Seite ein. In dem Theile zue Linken ftehen zwey Klöfter, deren eines mit Nonnen, das andere mit. Mönchen befege ift, eine Kirche und eine tatariſche Stobode, In dem Theile zur Rechten bee finden fich drey Pfarrfirchen und ein großes Kaufhaus, (Goſtinnoi⸗Dwor), welches ungefähr fünf und vierzig Kramläden in fid) hält. Man findet darinnen die Waaren in einem nicht viel hoͤhern Preife, als zu Petersburg, fonderlich allerley Pelzwerk, mas man verlangen, aber Fein verarbeitetes, Auf den Märkten finder man im Winter nur früh von F Uhr an, bis zu Mittage, etwas; auch ſelbſt im Sommer des Nachmitta— ges nichts. * 4. 4 Sie iſt zur Die Lage dieſer Stadt iſt zur Handlung fo bequem, als irgend eine in Sibirien ſeyn Handlung Fan, Won Tobolsk aus Fann man im Sommer auf dem Irtiſch, dem Ob und wohl gelegen. dem Tom gemächlich dahin kommen. Der Landweg von Jeniſelsk und allen fihirifchen Städten, die weiter gegen Often und Norden liegen, geht über Tomst, Es kommen nicht nur jährlich ein paarmal Caramanen aus der Kalmukey dahin, fondern es reifen auch alle aus Chins, und nach China aus Rußland gehende Caramanen durch dieſe Stadt: Ueberdieß wird auch in der Stade felbft eine ſtarke Handſung getrieben, und es führer. eine befonders Dazu angeordnete Obrigkeit die Auffiche darüber, 5 | . ; in durch Sibirien. 168 - Ein großer Theil der Einwohner in Tomsk find Alsgläubige, oder gleichfam Non- Gmelins Conformiften, (Sterawierzi), und, wie man faget, ift ganz Sibirien mit folden Reife. Luten angefüller. Sie Halten dergeftalt über ihre alten Gebräuche, daß ſeit dem der 1734 Befehl ergangen ift, Feine langen Bärte zu fragen, einige für die Erlaubniß, ihren Bart zu behalten , jaͤhrlich funfzig Rubel in die Kanzelley bezahlen. Es fügere fih, daß eis .- ner vonminferer Gefellfchaft in eines folchen Mannes Badftube badere: aber fo bald jener - aus * Haufe war, zerſchlug dieſer alle Gefäße, die jener gebrauchet oder nur beruͤh⸗ ret hatte, Die Sebensmittel find Bier dermaßen wohlfeil, daß ein Arbeiter des Tageg für eine halbe Kopecke leben kann. Dieſes macher fie eben faul, und fie arbeiten nicht anderg, als aus dringender Noth; und fo bald fie vier Kopecken verdiene haben, fo faufen fie und (eben mit lüderlichen Weibesbildern. Diefes letztere Laſter wird fo weit getrieben, daß die meiften Einwohner mit unreinen Krankheiten angeſtecket find. Ihre Traͤgheit iſt dermaßen groß, daß, als ein Fahr zuvor die Wiehfeuche afle Kühe, bis auf zehen Stud, und menigftens zwey Drittel der Pferde, weggenommen hatte, dennoch niemand das mindefte Mittel dawider zu brauchen geſuchet hat. Zur Urfache beffen wandten fie vor, es hätten auch ihre Voraͤltern niemals etwas wider bie Viehſeu⸗ che gebrauchet. Bon Ratten weiß man in diefer Stadt nichts: aber diefchredlihe Menge der Maͤu⸗ fe kann als eine beftändige Sandplage angefehen werden, Sie brauchen dawider weder Mäufefallen, noch Gift, fondern überlaffen es den Katzen, die Anzahl derfelben zu mindern, n ? Weil gute Schlittenbahne war, fo entfchloß ich mich nebft Herrn Müller, nah dem Fluffe Ob zu fahren, um zu feben, wie man an einigen Orten an beffen Ufern das Eiſen ſchmelze. Wir giengen am zıften October ab; und nachdem wir folgenden Tages über bemeldeten Fluß gegangen waren, fo kamen wir nach Bogorodskoje⸗Sielo, welches jenſeits liegt. R A; Es iſt bey der Kirche dieſes Fleckens ein berühmtes Marienbild, welches ven Beynamen Odeſjitria führe. Daſſelbe wird alle Fahre in Proceffion nad Tomsk getragen, fo. wie das abalststifche nach Tobolst; und der Woywode nebft den Vor⸗ nehmſten der Stadt holen es zu Fuße ab. Mit eben denfelben Ceremonien wird es, nach⸗ dem es einige Tage dafelbft geblieben, wieder zuruͤck gebracht. Die Art und Weife, wie diefes Mavienbild dahin gekommen it, erzählet die Andacht folgender Geſtalt. Der Het, wo diefer Flecken jeßo ſteht, war ehemals von Tatarn bewohnet. Diefe harten oft einen Schall gehörer, als ob mit Glocken geläutet würde, und erzähfeten folches den Einwoh- nern in TomsE, Weil nun dieſe erwas. göftliches darunter vermurheren, fo liefen fie zu Tobolst ein Marienbild malen. Der Maler war ein Küfter, welcher. es einfegne- te und ihm den Rath gab, daß es ſich felbft einen Wohnfig ſuchen möchte Es gieng von Tobolsk zu Waller ab, und that ‚unter vielen andern Wundern auch diefes, daß überall , wo es vorbey gieng, die Glocken von fich felber läuteten. Man lief alfo eine Tichaffoweja (Lspelle) für daffelbe erbauen, - Nicht lange hernach erſchien es einem frommen Manne im Traume, und befahl ibm, anftatt der Capelle eine Kicche zu er—⸗ bauen. Der große Zulauf, der alle Fahre einmal in diefem Flecken iſt, bat ihn in gu- tes Aufnehmen gebracht | as Allgem, Reifebefchr, XIX Band. * Indem Gmelins Reife, 1734 —ꝰꝰ Trauungs⸗ seremenien. 162 Reiſe nach Kamtſchatka Indem die Anſtalten zum Eiſenſchmelzen gemacht wurden, begaben wir uns auf den Gb, damit wir ſaͤhen, wie die Muxun, eine / Gattung Forellen, die Feine Zaͤh⸗ ne hat, gefifcher werden. Die Kälte war ſehr groß, und wir mußten für unſere Neu⸗ gierigkeit viel ausſtehen. Wir giengen von dem Fiſchfange nach der Eiſenhuͤtte. Sie beſtund aus vier Waͤn⸗ den und einem Dache, das man aus einander nehmen konnte. Es waren darinnen zween Defen, eine Ellẽ tief und eine halbe Elle breit. Das Heerd-und das Blaſebalgloch find beyde nur eines. Machdem man efwas aus Koblenftaube in den Ofen gefchüctet, und die thoͤnerne Röhre, worein die Blafebälge gerichtet werden, eingefeßet hat, vermachet man das ganze Loch mit Backfteinen, und die Fugen ſchuͤttet man mir getrocknetem und geftoßenem Seimen zu. Das Erzt ſammlen fie in Eleinen Stücken an dem Ob, und es äft ſehr derb, von außen gelb und inwendig braun. Funfzehen Werfte weit von dieſem Orte ift ein Berg, der aus lauter Eifenerzre befteht: es ift beynahe von gleicher Farbe, aber nicht fo derb, und fie brauchen es nur, wenn fie von dem andern nicht genug haben, weil fie aus der Erfahrung wiffen, daß das am Fluſſe gefammlere viel befferes Eifen giebt, Sie röften alles Erzt, ehe fie es fehmelzen, zwifchen Holze, wovon es roth und mürbe wird. Alsdann fehürten fie es in einen langen ſchmalen Trog, in welchem es ein Arbeis ter mit einem großen Hammer pochet. Dach diefen Zubereitungen wird der Ofen mit ‚Kohlen angefüllet und Feuer angeblafen; und zu gleicher Zeit wird ein Stuͤck des Daches ‘abgenommen, damit der Rauch hinaus ziehen Fönne, Alsdann wird etwas von dem gepochten Erzte auf die Kohlen aufgetragen. Ihre Art zu verfahren ift eben biefelbe, tie ich bereits von den Barſajacken gemeldet babe, nur mit diefem Unterfchiede, daß, weil der Dfen hier größer ift, fie auch das Erzt in größerer Menge eintragen koͤnnen. Sie ſchmelzen Gritzen von zwey Pud, und verfaufen das Pud zu funfzehen bis zwanzig Kopecken. Das Eifen ift vortrefflich, und vielleicht dag weichefte in ganz Sibirien. Wir reiferen gegen Mittagszeit twieder fort, und Famen auf dem vorigen Wege Abends nach Tomsk zuruͤck. ' Am i4ten November geht die Faften vor Weihnachten an, und wird, weil fie mil dem Tage Philippi des Apoftels den Anfang nimmt, die Faften St. Philippi (Philip? powsPoft) genannt. In dieſer Zeit darf Feine Hochzeit gehalten werden; daher man fie faft alle vorher anſtellet. Die Ceremonien, welche dabey uͤblich find, verdienen, er- zähfet zu werden. Wenn die Heurach befehleffen ift und die Aeltern darein gewilliget har ben, fo gehen ver Bräutigam und die Braut, mit ihrer Anwerberinn Schwache und . Brautmufter, auch etlichen Verwandten und dem Einlader Druſchka zu denen, die fie zue Hochzeit einladen wollen. Sie bringen Branntemwein mit, und trinken es ihnen zu; hernach bringen fie ihre Worte an, und fagen, wenn die Trauung vor fich geben foll. Ans ftate der Antwort wird ihnen wieder Branntewein zugefrunfen, und die Weiber ſaufen fo gut, als die Männer. 2. Am Tage der Trauung geht das Braufpaar in feidenen Mänteln, vorn mit golde⸗ nen Treffen, und unten mit Zobel beſetzet, in die Kirche. Sie treten vor den Altar⸗ und der Bräutigam fteht der Braut zur Rechten. Der Priefter, welcher mit feinen Amtskleidern angethan ift, loͤſet der Braut die gebumdenen Haare auf, wobey ihm Schwacha behuͤlflich iſt. Er giebt dem Bräutigame und der Braut brennende Kerzen in die Han, lieft die gewoͤhmichen Kirchengeberbe; und ſodann wird ein Tuch gebracht. ö , e -@ uf 4 durch Sibirien. 163 auf welches fie treten. Der Priefter laͤßt fich die Ringe geben, fpricht wieder gewiſſe Ge- Gmelins bethe, und giebe fie ihnen verwechſelt wieder. Hernach bringe er ein heiliges Bild, an- Reife. ſtatt des fonft gewöhnlichen Kranzes, laͤßt es Füffen, hält es dem Bräutigame auf den 1734 Kopf, und fraget ihn, ob er gegenwärtige Weibesperfon zur Frau haben wolle. Nach dem diefer es bejahet hat, fo ergreift ver Druſchka das Bild, und haͤlt es ihm beftändig Über den Kopf. Der Priefter felbft bringe ein anderes und machet eben dieſelben Ceremo« nien, Die Schwache ergreift diefes Bild, und haͤlt es der Braut über den Kopf. - Hierauf nimmt der Priefter den Bräutigam, und diefer die Braut bey der Hand, und. der Prieſter führer fie, nachdem das Tuch weggenommen worden, auf dem Plage, mo es gelegen harte, in die Munde herum. Endlich läßt er das getrauete Paar, zur Bee - fätrigung ihres Bundes, die heiligen Bilder, welche man ihnen über die Köpfe gehalten hatte, nochmals füffen, und machet hiermit der ganzen Handlung ein Ende, Die Bere fammlung gebt aus einander, und der Tag wird mit Schmaufen zugebracht. Zwiſchen dem ıyten und arften November, Fam in Tomst eine Caramane aus der Kalmuckey an, welche aus Ruffen, tſatziſchen und cafanifeben Tatarn und Bu⸗ charen beftund. Die Ralmucken batren fic) bey Sempalat von ihnen gerrenner, und waren nach Jamuͤſchewa gegangen. Die Caramane war über zwey hundert Kameele fat. In dem Guſtinnoi⸗Dwor wurden fie abgeladen, und die Gemölber, wohin die Waaren geleget waren, wurden von einem Zollbedienten verfiegele. Ich muß biers bey fagen, daß zwiſchen dem ruffifchen Gefandten und dem Galdan-dir ein Vertrag gemacht worden, Eraft deffen beyde Nationen, ohne Zell zu bezahlen, mit einander han⸗ deln dürfen, Dieſer Vergleich wird von beyden Seiten gehalten : aber von ruffifcher Seite wird der Zoll den Käufern abgeforder, Damit nun Fein Unterfhleif vorge: be, fo ift die Verfügung getroffen, daß die Waaren der Ralmucken und Bucharen ſchon zu Sempalat durchſuchet und verſiegelt werden. : Nach) ihrer Ankunft zu Tomsk, wird von allen diefen Waaren ein genaues Verzeichniß errichtet, und den Kaufleuten Wird angebeuter, daß fie alle, die etwas von ihnen Faufen, in der Kanzelley angeben. ſollen, und daß, woſern fie folches nicht thun, der Zoll ihnen felber abgefordert werben folle. Es beträgt diefer Zoll den Zehnten von allen Waaren, ausgenommen vom Golde, Silber und von den Edelgefteinen. ; Die Waaren, welche dieſe Caramane brachte, beftunden in Cattune, Tſchandar, ‚ eine Art gemeinen weißen baummollenen Zeuges, Cham und perfifchen Tapeten, welche durch Die Bucharey zu den Ralmucken geführet, und deswegen von dort her fo theuer, als aus Rußland erhalten werden. Won Pelzwaaren brachten fie Stepni⸗Liſizi, d. 1. Fuͤchſe aus der Wüfteney, welche nicht ſehr roch gusſehen und felten fo groß, als Die ge« woͤhnlichen Füchfe find; Korſocki, eine fehr Eleine Are Füchfe, ſchwarze Merluſchki, Felle von ungeborenen Lämmern, Stepni⸗Wolki, Wölfe aus der Wuͤſteney; Stepni⸗Medwiedie, Bären aus der Wuͤſteney. Ulebrigens werden auch Tiger und Panterhäute aus der Kalmuckey gebracht. . Der Balg eines Fuchſes aus der Wuͤ⸗ ſteney gilt ſechzig bis ſiebenzig Kopecken; und zween Korſock⸗Baͤlge werden für einen vorhergenannten gerechnet. Das Fell eines ungeborenen Lammes wird für zehen Kos Decken verkaufe. Es befand fih auch unter diefen Waaren eine Fleine Quantitaͤt rohe Baummolle, wovon das Pfund zehn Kopecken gilt, ; 2 * J 164 Reife nach Kamtſchatka Gmelins Reije. 1734 — — Abreiſe von Tomsk. In der Zeit unſers Aufenthaltes zu Tomsk kamen wir mit einem geſchickten Coſa⸗ ken, der ein Lebhaber der natürlichen Wiſſenſchaften war, in Bekanntſchaft. Es war uns folches fonderlich um deswillen angenehm, weil wir Befehl hatten, allermegen, 10 es fich thun ließe, Briefmechfel anzufangen. Wir bathen ung von der Kanzelley die Er⸗ faubniß für ihn aus, meteorologifihe Beobachtungen anzuftellen. Wir unterrichteten. ihn und ließen ihm die dazu benörhigren Werkzeuge, wie wir bereits in Cafan, Tobolst und Jamuͤſchewa gethan baten. Die Abficht der Akademie der Wiſſenſchaften war, nicht nur zuverläffige Nachricht von der gewoͤhnlichen Witterung in Sibirien zu erhalten, » fordern auch ungefähr die Berechnung ber Höhe des Erdbodens allda, in Anfehung des Meeres, anftellen zu koͤnnen. Dieſer Coſake hatte ſchon vor unferer Ankunft, nämlich am zoften September, Vormittags zwifchen acht und zehen Uhr, eine Beobahtung ger machet. Die Sonne ftund öftlichz um diefelbe war 1) ein Ring, der von außen rofh, von innen gen, und in der Mitte gelb ausfah, deffen Mittelpunfe die Sonne war, der halbe Diameter aber ungefähr funfzehen Diameter der Sonne betrug. Gegen den Ho rizont war der Himmel woͤlkicht, fo daß man den Ring nicht ganz fehen Fonnte. 2) Ein anderer fehr großer beller Ring, deſſen converer Theil unten, und der concave oben war, gieng durch den Mittelpunfe der Sonne; fah inwendig gelb, und von außen roth aus, und an deffen ſuͤdlichem ſowohl als nordlichem Ende war eine Nebenfonne zu fehen, 3) Ein etwas fleinerer, aber in Anfehung des erſten, großer Ring, von außen weißlich, inwendig blaulich, gieng mit feinem untern Ende ebenfalls durch die Sonne, Diefe drey Ringe ducchfchnitten fich an beyden Seiten der Sonne; und in den Punkten des Durch» ſchnittes war wieder zu beyden Seiten eine etwas größere Nebenfonne, als die erft be fpriebenen. Weber dem legt gedachten Ringe war, gegen den Zenith, ein Bogen, mit den Hörnern nach oben gefehret, inwendig grün, von außen roth, in der Mitte gelb; und eben ein folcher Bogen ftund auch über dem erft befchriebenen Ringe *), Am 26ften des Abends um fechs Uhr, reifeten wir von Tomsk ab. Am zyften des Morgens um zwey Uhr erreicheten wir das Dorf Semilufchki, und Abends um fechs Uhr Spaskoje-Sielo. Ehe wir, von Tomsf abgiengen, war nichts als Sturm und dunfeles Werter: aber fogleic) am folgenden Tage nach unferer Abreife, fiel ftilles und helles Wetter ein, welches aud) in der ganzen Zeit unferer Reife anhielt. Am agften zu Mittage kamen wir zu Suͤranskoſe⸗Sielo an; und des Abends um zehen Uhr zu Tſchirdat⸗Aul. Hier fanden wir lauter Catarn. Am ꝛgſten Vormittages um neun Uhr, erreicheten wir Caſanowů⸗Jurti; Abends um ſieben Uhr K,amuͤſcha⸗ nowuͤ, ehemals Daſiratſchi⸗Jurti; am Zoſten fruͤh um ſieben Uhr Sarbatſchako⸗ wis Jurti; fruͤh um ein Uhr Tutalskago-Kujaͤsza⸗Jurti; am erſten December Vormittags um zehen Uhr Tubanowuͤ⸗Jurti; um achte Uhr Abends Ruſemotſcho⸗ wir Jurti; am andern December früh um vier Uhr Kulpiſekewuͤ⸗Jurti; um zehen Uhr Abends Meleskoi⸗Oſtrog. Dieſe Feftung war noch vor Erbauung der Stadt Tomsk wider die tſchuluͤmiſchen Tatarn angeleget worden, und man bat fid) dadurch den Weg zu weitern Eroberungen gebaͤhnet. Der Offieier, welcher von den dort herr | | um *) Die Befchreibung einer Ähnlichen Lufterfcheis - Roy.’des Sciences de Paris, 1699 &, 100 nad nung findet fi) in der Hifteire de P Academie der holländifchen Ausgabe. Es war ſelbige von - s ; dem durch Sibirien. 165 um wohnenden Tatarn den Tribut einnimmt, Hat allda feinen ordentlichen Sig.» Am Gricins 3ten December kamen wir in Uſt⸗Remtſchuck an. Reife, Bon Tſchirdat an bis bieher, ausgenommen in dem Oſtrog, melcher mit Ruffen 1734 beſetzet iſt, waren lauter Catarn, und zwar folche, welche fechzehn Jahre vorher, wie F ich bereits erwaͤhnet habe, von dem Erzbiſchofe P hilophei getaufet worden. waren. Ihre . ehemalige Religion Fam mie der übrigen heybnifchen Tatarn ihrer faſt überein. Sie wuß- . ten von Gotte nichts, außer daß fie, wenn ihnen etwas war ‚geftohlen worden, zu fagen gewohnt waren: Gott wird den Dieb finden. Wenn jemand unter ihnen gejtorben war, fo fraßen fie deffen Pferd, und opferten die Haut dem Teufel. Sie begruben ihre Tod- ten; und alle diejenigen , welche bey der Beerdigung gewefen waren, fprangen, wenn fie don dem Grabe weggiengen, durch ein mit Fleiße hierzu angelegtes Feuer, damit ihnen der Tod nicht nachkommen möchte, weiler fich vermurhlich vor dem Feuer fuͤrchtete. Zur Heilung der Kranken bedieneren fie fich ihres Ram. Dieſe Rame batten ein allgemei- nes Arzeneymittel wider alle ihre Krankheiten. Es beftund folches gemeiniglich in einem Hermelinfelle, worein Augen von Metalle gefeget waren, und welches ber Kam in Ge genwart des Kranfen fi) um den Hals legete, und daben feine Zaubertrommel rübrete. Ihre Häufer waren elende Hütten, und der Eingang bey allen gegen Morgen. Jetzo fangen einige an, Stuben mit Defen und Feuerbeerden anzulegen ;fie legen auch den Ein. gang nicht allezeit gegen Morgen an, In einigen Jurten war hinter dem Kamine, nad) einem uralten Gebrauche,, ein Kalb angebunden. - Die Fenfterlöcher waren mit Eife zu» gefeoren, fo wie man an andern Orten die Kellerloͤcher zufrieren läßt. As der Erzbifhof Philophei in diefe Gegenden kam, ließ er alle Tatarn zufam- Auf welche men fuchen, deren einige freywillig Famen, die-meiften aber von den Dragonern, die Weiſe die Ta— er mit ſich brachte, berbey gefihleppet wurden. Weil alle diefe Tatarn an dem Tſchu⸗ en luͤm wohnen, fo war diefe Gegend zur Taufe fehr bequem; 44): denn diejenigen, welche 1, wwiethrejer ſich nicht willig faufen, hießen, wurden mie Gewalt in ven Fluß gejaget; und wenn fie gige Religion twieder herausfamen, fo bieng man ihnen ein Kreuz an den Hals: alsdann hießen fie ge- beſchoffen ift. taufer, Damit nun diefe Jeute in ihrer neuen Religion erhalten werben möchten, fo ward . im folgenden Jahre in Sarbatſchakowuͤ⸗Jurti eine Kirche erbauet und mit einem euffifchen Popen verfeden. Diejenigen aber, welche weiter hinauf am Tſchuluͤm woh- nen, wurden an die Kicche in Meleskoi⸗Oſtrog gewiefen. So viel ift gewiß, daß die— fe Leute nicht den mindeften Grund in ber chriftlichen Religion haben. Sie glauben, es beftehe das Wefentliche diefer Neligion darinnen, daß fie das Kreuz fragen, das gewoͤhn⸗ liche Zeichen des Kreuzes machen, in die Kirche gehen, ihre Kinder taufen laffen, nicht mehr als ein Weib nehmen ſich aller derer Speifen enthalten, die fie vorher gegeffen Dat- ten, 3. E. des Pferd- und Eichhornfleifches, und die ruffifchen Faften halten. Sie ba- ben aud) jeglicher in feiner Jurte ein heiliges Bild, vor dem fie die gewöhnliche Andacht mit Ausfprechung diefer Wörter Bospodi pomilni, Herr, erbarme dich, verrichten. Ein mehreres Fann kaum von ihnen gefordert werden, weil die ruſſiſchen Popen, welche ſie unterrichten ſollten, ihre Sprache nicht verſtehen. Uebrigens liegt es auch daran, daß man keine gute Wahl unter den Popen — denn fie geben dieſen Tatarn mit ib- 3 ‚rem dem Herrn Chazelles und dem P. Seuilee 44) Die Taufe geſchiebt bey den Ruſſen durch beobachtet worden. ‚ Eintauchen. Gmelins Reiſe. 1734 — ‚66 Kai nach Kamtſchatta ihrem Lebenswandel ein ſchlechtes Beyſpiel. Es iſt genug, daß es ſo weit gekommen iſt, daß ſie Chriſten heißen: vielleicht fuͤget es Gott fo, daß fie fernen, mas ein Chriſt iſt. Ale Derter, durch die wir von Tſcherdat⸗Aul an, bis nach Uſt⸗Kemtſchuck reife sen, Hegen an dem Tſchuluͤm, einem ber Hauptfluͤſſe, die in den Ob fallen. Seine Mündung ift bey Tſcherdat⸗ Aul. Das Dorf Uſt⸗Bemtſchuck liegt zwo Werfte weit oberhalb der Mündung des Fluffes Remtfchuck, der in den Tſchuluͤm fälle. Von bier an ver⸗ ließen wir den Tſchuluͤm. Man hate uns in Toms gefaget, es friere diefer Fluß unter allen am fpäteften zu, weil er einen ſehr ſchnellen Sauf habe: die Tatarn aber fager ten, es fey mit ihm wie mie allen andern Fluͤſſen in Sibirien befchaffen: er wachfe ins Fruͤhjahre ſtark an und Laufe fehnell: aber im Sommer und im fpäten Herbfte fließe er nur langfam. m übrigen kann man nur mit Kabnen auf ihm fahren. Die Boden giengen damals fehr unfer diefen Tatarn herum. Diefe Krankheit findet fic) dort niche«gu allen Zeiten eins, es vergehen zumeilen sehen Sabre, ebe fie fich einſtellet, und alsdann waͤhret fie zwey big drey Jahre lang. Am zten December früh um neun Uhr kamen wir in einer Simowjean, wo wir Mike tags fpeifeten und die Pferde fürtern mußten, Weil wir diefes vorher gewußt hatten, fo bat» een wir ſchon don dem Oſtrog aus unfere meiften Jeufe mit der Geraͤthſchaft vorausgeſchi⸗ cket, indem es nicht möglich geweſen wäre, daß wir uns alle in einer einzigen Fleinen- . Stube hätten behelfen Fönnen. Sobald wir ankamen, fuhren unfere Leute fort. Die Tatsın von UflrRemtfchuck befolden einen Mann, daß er im Winter allda wohne, "und fo viel’ Holz und Heu zuführe, als für die Neifenden noͤthig if. Der ganze Gold beſteht in zween Rubeln. Wir hatten nicht Luſt, in dieſem elenden Neſte lange zu biei- ben, fuhren alſo, ſobald mir gegeſſen hatten, fort, und kamen Abends um acht Uhr zu Maͤlakes ka⸗Slobode an, nachdem wir über den fleinen Fluß Ket gegangen waren, Wir ließen bier wieder einen Theil unfers Gefolges vorausgeben. Wir felber gien gen um Mitternacht ab, und langeten des Morgens um vier Uhr in der. erften Simowje an. Der Waͤrter in diefer Simowje Simowſchtſchicki war ſtumm, und dev in ber vorhergehenden war taub, Wir hielten uns nicht lange auf, und kamen um eilf Uhr in die Simowfe. Dieſe hatte ein viel befieres Anſehen, als bie vorigen, und es waren darinnen zween Simowfchrfchiki, von welchen einer blind war, fo daß es fchien, als wenn nur preßhafte Leute in Die Simorojen verdammet waͤren. Nicht weit davon, ehe wir dahin kamen, giengen wir über ben großen Ket. Abends um neun Uhr kamen wir in Bielskoi⸗Oſtrog an. Bon Uſt⸗Kemtſchuck an waren wir ſaſt ſtets durch dicke Wälder gereiſet, welches Urſache war, daß wir, außer zu Mala⸗Betzkaja⸗Sloboda in keinem Dorfe Hatten bleiben Fönnen : denn man ſteht in ben Gedanken, daß das Erd» reich allda zum Aderbaue untuͤchtig ſey. Am sten December des Morgens um fieben Uhr, erreicheten wir Tſchalbuͤſchewa⸗Pagoſt. Wir mwolkten gern des Morgens in Tenifeist anfommen, damit wir ung vor ber Nacht Herbergen ausfuchen und fie bezie- hen Eönnten: deswegen blieben wir bier bis Nachmittags um ein Uhr. Des Nachts um acht Uhe Famen wir in das Dorf Mardowska. Der gewoͤhnliche Weg gebt fonft über das Dorf Jelanskoi: allein dev Befehlshaber in dem vorigen Dorfe verficherte uns, Det Meg über diefes Dorf wäre nicht nur beffer, fondern aud) Fürzer; dennoch haben wir auf dieſer ganzen Reife Feinen ſchlimmern gehabt. Wir fuhren faft durch lauter Wal dung, wo die Wege bald zu enge, bald mit Bäumen verleget waren. Wir giengen a j nr er u durch Sibirien. 167 um vier Uhr von Mordowska mit frifchen Pferden ab, und kamen um fieben Uhr Gmelins - in Tenifeist an. Daß unfere Reife fo langfam von Statten gegangen war, rührete Reife. daher, daß wir überall fehlechte Pferde gehabt hatten, auch nicht ſo oft, als esnöthig 1734 geweſen wäre, frifche haften befommen Fönnen; fo daß wir zuweilen hundert Werfte mit abgematteten Pferden thun mußten. Die Stadt Jeniſeisk liegt am linken oder weſtlichen Ufer des Fluſſes Jeniſei, wel⸗ Lage und Ber her hier faft anderehalb Werfte breit iſt. Er enefpringe in der Mungaley; und nach. ſhreibung der dem er ungefähr drey taufend Werfte weit geflöffen, fo ergießt er fich in das Eisimeer. Die a Jeni⸗ Stadt iſt nicht fo alt, als Kusnetzk. Zuerſt wurde an dleſer Stelle ein Oſtrog, mie a bey den meiften fibirifchen Städten, angeleget, welcher aber wegen der fehr bequemen Sage des Drres bald hernach in eine Stadt verwandele wurde, Sie ift viel länger, als breit, Ind hat ungefähr fechs Werfte im Umfange. An-öffentfichen Gebäuden befinden ſich Bier, die Hauptfirche, das Woywodenhaus, die alte und die neue Kanzellen, ein Zeug« Baus, und etliche Fleine Hütten. Diefe ſtehen alle in dem Oſtrog, der noch von dererften — Anlage an übrig, aber groͤßtentheils verfallen iſt. ‘Sn der Stade find fießbenhmdere - - und vier Privarhäufer , drey Pfarrfirchen, zwey Klöfter, eines fir Mönche, das ande» te für Nonnen, ein Pulvermagazin, und ein Provianthaus; diefe beyden letztern find mit einem befondern Oftcog umgeben. In dem Moͤnchskloſter wohne der Archiman⸗ dei. Faſt mitten in der Stade fließt ein Fleiner Bach, der Mühlbach, Mielniſch⸗ najſa⸗Rietſchka genannt, weil ehemals eine Mühle daran geftanden hat. Zunächft oberhalb der Stadt, ift ein Kiofterhof, Dworez y welcher zu dem mangafeifchen Troitʒkoi⸗Kloſter. gehoͤret. Sonſt iſt diefe Stadt, nach Tjumen, die erſte, in Sie rien, die wir auf der Ebene, nicht auf Bergen, gefehen haben, Die Einwohner find meiftens Kaufleute, die einen fehr guten Handel treiben koͤnn⸗ ten: allein die Wöllerey und der Müßiggang find bier eben fo gewöhnlich, als in den uͤbri⸗ gen befchriebenen fibirifchen Städten; und die Wenusfeuche wuthet bier ebenfalls im böchften Grade. Sie werden für ſchlaue und betrügerifche Leute gehalten, weswegen fie Urſprung der den Beynamen Stwosnicki befommen haben, welches Leute bedeutet, die eine Sache Beynamen durch) und durch fehen Fönnen. Die Einwohner der Städte in diefen Gegenden pflegen der Einwoh⸗ ſich auch unter einander gewiſſe Beynamen zu geben. Alſo heißen die Tobolster Jaß fs Sen ſowicki, von einer Art Rothaugen, Jaſſti/ die es daſelbſt Häufig giebt. Die Einwoh⸗ eb.. ner zu Tara beißen BRoskolſchtſchiki und Kolowitſchi: das erftere, weil viele Abs trünnige oder Altgläubige unter ihnen find; das andere, weil ihrer viele bey der ehemali» gen großen Hinrichtung gefpießer worden find. Die Rusnegker führen den Beynamen Surki, meil fie viele kleine Pelze von einer Fleinen Are Murmelthiere, Surki genannt, ragen. Die Tomster heißen Dljonitfcht, von einer ehemals wegen ihrer außerorbent- lichen Stärfe berühmten Frau, Namens Oljona, md Buligt, welches einen Praler bedeutet. Die Einwohner von Surgut nenne man Briwije, weil die meiften fehie- len. Die Bereſower werden Bielkoſedi genannt, weil fie Eichhörner effen-follen. Die Mangaſeer führen den Beynamen Stoieltlolobi, d. i. die eine helle Stirne Baben; wovon ich den Grund nicht anzugeben weiß; und Porfowicki, meil fie getrocknete und zerbroͤckelte Fiſche 45) anſtatt Brodtes effen. Die Einwohner gu Rrasnojarsk, heif ſen 45) Porſa bedeutet getrocknete und zerbroͤckelte Fiſche Gmelins Reife. 1734 — i Sibiriſche Markt: ſchreyer. Chirurgiſche Verſuche mit einem Heil⸗ mittel. 168 -Reifenach Kamtſchatka ſen Bontowſchicki weil fie ſich oft wider ihre Woywoden empoͤret haben, Die Ir⸗ Euzker nennet man Iwani, wovon mir der Grund unbefanne iftz die Udinsker Udins⸗ kaſa⸗Saſcha, weil es in ihren Häufern ſehr rußicht ausfiehe; die Selenkinster Der fofchniki, von dem vielen Sande in ihrer Gegend; die Nertſchinsker Tumaki, wer gen ihres ftarfen Umganges mit den Tungufen. So beißt auch ein Kind, das ein Ruſſe mit einer Tunguſinn erzeuget, Tumack. Die Ilimsker beißen Ilimskaja⸗ Moſchka, von den vielen Mücken Moſchki daſelbſt; die Jackuten Korkojedi, weil ie gewiſſe Baumrinden eſſen. Wir waren kaum in Jeniſeisk angekommen, fo hoͤreten wir überall Schiwaja⸗Wo⸗ da, lebendiges Waffer ausfchreyen; und erfuhren, daß diefe Seute von einem Coſacken⸗ Hberften Coſatſchi⸗ Golowa ausgefandt-wären, welcher kurz vorher von einem gewiffen - Fähnriche der tobolsfifchen Beſatzung Das Geheimniß gelerner Hatte, sein Waſſer zu diſtil⸗ Iiven, das, nach feinem Vorgeben, ‚alle Wunden, fie mochten fo toͤdtlich feyn, als fie wollten, in einer Minute heilen ſollte. Der Vortrag war marktſchreyeriſch genug, bie Sache nicht zu glauben. Dem ungeachtet wußten mir Perfonen, die gar nicht leichte gläubig zu feyn ſchienen, fo viele Wundereuren, die diefes Waffer verrichtet haben foll- ce, anzuführen, daß ich ſchweigen mußte. So, wie Dippel ehemals feinen Wunder» balfam mit der wunderthätigen Eur eines Hundes, dem er ‚einen Magel durch den Kopf ſchlug, in Anfehen zu bringen mußte: faft eben fo machete es auch diefer Golowa, mit einem Huhne, dem er einen Nagel oder ein Federmeſſer bis in das Gehirn flug; hernach begoß er die Wunde mit_feinem Waffer, ſchuͤttete auch dem Hubne davon ins Maul; worauf es fich in Furger Zeit erholete und munter fort lief. Ich ftellete mich alfo, als hielte ich alle diefe Erzählungen für lauter, Wahrheiten, nahm mit aber vor, mich nad) allen Umftänden bey diefem Lebenswaſſer zu erkundigen, und felbft Proben damit anzuftellen. Auf ſolche Weife Habe ich nicht nur völlige Gewiß⸗ beit vow der Wirfung der Arzeney erlanger, fondern auch das ganze Geheimniß ausger forſchet. Sch harte fihon von dem Stabeswundarzte ber Famefcharfifhen Erpedition durch Briefe Nachricht, daß er die Verſuche mie dem Huhne vermittelft des Spiritus ° matricalis ſowohl, als des gemeinen Waſſers, auch felbft ohne einige Hülfe, eben ſo glücklich verrichtet , als diefer Golowa mit feinem $ebensmwaffer; daß ihm aber der Vers fuch, als er ihn an dem Hintertheile des Kopfes angefteller, auf feine Weiſe haͤtte gelin gen wollen. ‚Der Golowa, weil er.an mir einen gewiffen Vertheidiger feiner Arzeney zu haben meynete, beſchenkete mich mit einer Flaſche voll folhen Waffers, womit ich fol gende Verſuche angeftellet habe, Sch ah 1) dem Huhne ein Fleines Federmeffer in dem Kopf, bis ich glaubete, daß ich das Gehirn weit Hinunter, und bis in das Hirn⸗ mark verleger hätte. Ich goß darauf Lebenswaſſer in die Wunde, aud dem Huhne in den Mund, Das Huhn lag anfangs wie todt da, lief aber in einer Vierthelſtunde wieder fort, und befand ſich vierzehn Tage, ſo lange ich es unter meiner Aufficht behielt, recht wohl. Machdem ich es Hatte ſchlachten laffen, ſah ich, daß ich das Gehirn vor und über die Hälfte tief, verleget hatte, wovon noch ein Fleines Merkmaal zu fehen war; aber von geronnenem Geblüce war nichts zu ſehen. =) Ich bohrete einem andern Huhne mit einem etwas dickern Meſſer, und tiefer, eine Wunde ‚in das Gehirn, und verfu wieder wie erft: aber das Huhn ſtarb in einer Zeit von fünf Stunden. Nach gefcheber ner Eröffnung befand ich, daß ich den linken Theil des Gehirnes bis ins Innerſte —— ak — — atte; durch Sibirien. 169 hatte; es war auch unfer der Hirnſchale und in der Wunde des Gehirnes viel geronnenes Gmelins Blut. Diefer letzte Werfuch hielt mich ab, noch mehrere anzuftellen, weil ich den rich- Reife, tigen Schluß daraus zu machen glaubete, daß, wenn dieſes Lebenswaſſer eine Wunde des 1734 Gehirnes nicht heilete, es noch viel weniger eine Bunde des Hirnleins heilen Fönnte. ; Die Hauptmaterie zu dieſem Lebenswaſſer ift dasjenige Kraut, welches bey den Wieobiges Kraͤuterkundigen Anacampferos purpnrea heiße, und ſchon von alten Zeiten her als ein Heilmittel zu. gutes Wundkraut befannt it. Die Aerzte zu Jeniſeisk fehneiden es klein, füllen bereitet wird, damit die Hälfte eines Faffes an, gießen Waffer darauf, fpiinden das Faß feft zu, und laffen es an einem warmen Orte ungefähr acht Tage lang gaͤhren; hernach diſtilliren fie es. Das übergehende Waffer ift diefes berufene Sebenswaffer. Die Luſt der Jeniſeer zur empi- riſchen Arzenchkunſt rüßree, wie ich glaube, von den angeblichen Wundereuren diefes Waffers ber, auf welches fie unglaublich viel halten. Wir fanden in diefer Stadt noch einen andern Menfchen, dem man große Geheim- niffe zuſchrieb, die er in der Kraͤuterkenntniß befigen follre. Er hatte das Anfehen eines Kam oder Schaman der fibirifehen Nationen, und feine Gefichtszüge verrierhen ſchon den Betrüger. Seine meiften Euren befunden darinnen, daß er den Teufel vertrieb. Denn er glaubefe, daß, gleichwie ber Teufel der Urheber alles Böfen fen, er alfo auch die Krankheiten verurfachen müffe: daher waren die meiften Kräuter, die er brauchete, dien. lich, den Teufel zu vertreiben. Er nannte mir auch ein Kraut, vermictelft deffen man —* Waſſer theilen koͤnne, wie ehemals Moſes das Waſſer im rothen Meere gerhei- et hat. om... Der Woywode zu Jeniſeisk duldete die Voͤllerey nichr: daher gieng es in den Weihnachtfeyertagen ziemlich ruhig zu; nicht zwar, als ob man ſich gar nicht mit Trin— ken erluſtiget haͤtte, ſondern weil die Freudensbezeugungen nicht fo öffentlich geſchahen, noch wie es in andern ſibiriſchen Städten an den hohen Feften zu geſchehen pflege. Ich ſah Hier etwas ‚ das demjenigen ähnlich war, was in Deutſchland gebräuchlich iſt, näm- ich, wenn die berkleideten heiligen drey Rönige mit ihrem Sterne in den Strafen her- ‚umziehen. Es giengen drey Sänger mit einer fehr großen Laterne herum, welch: zwo Abtheilungen hatte, in deren jede man durch Thuͤrlein fehen fonnte. In der oberſten Abtheilung ſah man das Kind Jeſus in der Krippe, wobey auch der Ochs und der Eſel nicht vergeſſen waren. Maria und Joſeph wurden als Zuſchauer vorgeſtellet. Die un« ‚ tere Abrheilang zeigete die heiligen drey Könige, die Hirten auf dem Felde, Ochfen, Pferde, Kameele, Efel ꝛc. und vor ißnen war ein Stern zu ſehen. Der untere Theil der Maſchine wurde mit einer Handhabe gedreher, fo daß ſich alle Figuren im Kreife herumbewegten, und hinter einander herzogen. Die Sänger fangen, und hielten unter waͤhrender Vorftellung Reden, Wir erfuhren hier zuerft, daß es nicht übertrieben ift, was verfchiedene Neifebe- Strenge Kaͤl⸗ fehreiber von der firengen Kälte in Sibirien melden: denn in der Mitte des Decembers te in Sibirien. fiel eine fo entfeglihe Kälte ein, daß die Luft wie gefroren zu fenn fehlen, Der Nebel ließ den Rauch aus den Schornfleinen nicht in die Höhe gehen. Die Sperlinge und Die Heher (Pica varia caudata) fielen wie todt aus der Luft, ſtarben auch wirklich, wenn fie nicht geſchwind in eine warme Stube gebrachte wurden, Ein befehwerliches Uebel hier⸗ bey war dieſes: ſobald der Ofen warm geworden war, fuͤhlete jedermann heftige Kupf- ſchmerzen, und die geroöhnlichen Wirkungen des Schiwefeldunftes, den man auf ruffifch Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band, » Tſchad Bntelins Reife, 1734 — 1733. ——— 170 | Keife nach Kamtſchatka Tſchad ober Ugar nennet. Wir hatten eines der beften Käufer in der Stadt innen; und obgleich der Dfen von außen geheizet wurde, und wir alle mögliche Vorſicht braus cheten, fo mußten wir dennoch viel leiden. Die Fenfter waren innerhalb vier und zwan⸗ zig Stunden einen Vierthelzofl dick mit Eife beieget. Bey Tage, wie kurz er auch war, ſah man beftändig Ringe und Mebenfonnen, und zue Nachtzeit Nebenmonde und Ninge um den Mond. Das Quecfilber fill, nah Fahrenheits Eintheilungstafel hundert und zwanzig Grad tief, und folglich mehr, als es bis dahin in der Natur beobachtet worden mar. In unferer Herberge hieng ein Bild, welches die heilige Dreyeinigkeit vorftellen folfee. Die Figur hatte einen Hals, auf welchem drey Köpfe mit vier Augen, dreyen Hafen, dreyen Bärten und zweyen Ohren kunden. Bey diefem Gemälde erinnerte ich mich eines andern, das ich zu Tobolst gefehen hatte, worauf Chriftus als Ueberwinder des Satans vorgeftellee wurde. Er faß zu Pferde, mit Pfeile und Bogen, und der Satan lag in Geftale eines Drachen dem Pferde zu Füßen. Chriftus ſchoß einen Pfeil nach ihm ab: aber die Zeichnung war fo unglücklich gerathen, daß der Pfeil nicht zu treffen ſchien. Bey dem Woywoden in diefer Stadt fah ich einen Zwerg, finfzig Sabre alt, der nur eine Arſchin hoch war, und fihon die zweyte Frau, und fünf Kinder am Le⸗ ben hatte. —* dem jeniſeiſchen Diftvicte befinden ſich zweyerley Arten Oſtiacken, Narim⸗ wmiſche und Jeniſeiſche; ferner Tungufen, welche an den Fluͤſſen Tunguska und Tſchun wohnen; und endlich afjanifche Tatarn, die ſich an den Fluͤſſen Uſſolka und Ona aufhalten. Die Oſtiaken und die affssifchen Tatarn leben in der aͤußerſten Armuth: die erftern find alle getauſet. Von den affanifchen Tatarn waren nicht mehr als ungefähre zwölfe übrig, von welchen nur noch zween oder drey ihre Sprache wußten. Vor diefem war es ein volfreicher Stamm. Die Tungufen haben bisher auf keinerley MWeife zum chriftlichen Glauben gebracht werden koͤnnen. Sie find ziemlich begürert, und ihr Vermögen befteht in Viehe. Sie haben ben Gebrauch, in ihre Gefichter Fir guren zu neben, welche blau und ſchwaͤrzlich ausfehen ; jedoch ift diefer Gebrauch nicht allgemein. Die Gefchäffte, welche wir vorbatten, verftatteten uns nicht, fo zeitig abzureifen, daß mir am Fefte der heiligen drey Könige zu Krasnojarsk haͤtten eintreffen koͤnnen, wohin verfchiedene Nationen des Frasnojarsfifchen Diftrictes am bemeideten Tage fommen, und ihren Tribut vom vorigen Jahre abtragen. Wir fehickeren alfo am zten Januar 1735 die Hälfte unferer Gerächfehaft dahin voraus, und erfucheten die Kanzelley dafelbft, daß fie von jeglicher Nation ein Paar bis zu unferer Ankunft aufhalten möchte, Hernach blieben wir noch bis zum ızten in Jeniſeisk. Abends um fechs Uhr veifeten wir ad, und hielten uns in dem nahe bey diefer Stadf gelegenen Dworez des Klofters zu Man⸗ gaſea auf, wo der Archimandrit ung freundlich aufnahm und wohl bewirthete. Bald bernach Famen wir nach Werchnoja⸗Derewna, wo wir frifche Pferde befamen. Des Morgens um vier Uhr erreicheten wir Markowo⸗Geroditſchtſche, welches ein ziemli großer Flecken ift. —* Am uten des Vormittages, nachdem wir durch viele kleine Doͤrfer gefahren waren, kamen wir nach Uſt⸗ Tunguskoi⸗Pogoſt, einen überaus feinen Flecken, fieben — oberha J durch Sibirien: I71 Oberhalb der Mündung des Tunguska. Hier fpeiferen wir Mittages, und Famen Gmelins Abends nach Ruͤtſchkowa oder Kriwoluzkaja Dere wna, wo wir den Pferden. cin Reife. Sutter geben ließen: denn obwohl Dörfer genug vorhanden waren, in welchen uns fri- 173 5- ſche Pferde harten gegeben werden Fünnen, fo waren doch die Anßalten fo ſchlecht ‚Daß es niche überall geſchah. Am 12£en Früh um fechs Uhr erreichten wir Baſatſchei⸗ Lug⸗ Pogoſt, wo wir wieder frifche Pferde bekamen, und trafen Vormittages um eilf Uhr zu Mokro⸗Slobodskaja⸗Derewua ein. Des Abends um vier Uhr waren wir in Bolſchaja⸗Jelan⸗ Derewna; um balb fieben Uhr in Bobrowskaſa⸗D. und gegen. Mitternachtzu Tolowka⸗ D. Den andern Morgen am ızren Januar um vier Uhr, kamen wir nah Kantat · D. Bolſchaja⸗Jelon iſt das erſte Dorf des krasnojarski⸗ ſchen Diſtrictes. Vormittages um halb neun Uhr, erreicheten wir Miſchnaja⸗Mur⸗ tinskaja⸗D., und um halb zwölf Uhr Juxeewskaſa⸗D. Des Abends um ſechs Uhr, waren wir in Pawlowskaſa⸗D. Hier fanden wir in dem Haufe,wo wir einfehresen, ein ziemlich gefprächiges Weib. Sie erzäßlete uns unter andern, es hätten die Pocken in Diefer Gegend viele Menfchen weggenommen: aber fie würden nun fchon in Irkutzk und Jakutzk feyn: denn fie ſtund in der Meynung, es führere die kamtſchatkiſche Reifegefellfehaft die Pocken mit fi; und weil ſchon ein großer Theil diefer Geſellſchaft nah Irkutzk und Jakutzk abgegangen war, fo glaubere fie, es müßten auch die Po- den ſchon an diefen Orten feyn, Zu Bolſchaja⸗Nachwalnaja⸗D. befamen wir fri- ſche Pferde, und kamen in der Nacht um halb eilf Uhr nah Buſimskoſe⸗Sielo; am 24ten Januar des Morgens um drey Uhr nach Chloptunowskaja⸗D. und um halb neun Uhr nach Schiwerskaka⸗D. wo wir zu Mittage fpeifeten. Wir giengen ferner über Tſchaſto⸗Oſtrowskaja⸗ D. und erreicheten Nachmittags gegen ein Uhr Tefaulos wo⸗Sielo. Diefes ift ein fehöner Flecken, und die Einwohner find, wie die meiften in dieſer Gegend, wohlbeguͤtert. Endlich fuhren wir durch die Doͤrfer Beroſowskaſa = Lodjeiki, und Famen Abends um fünf Uhr glücklich in der Stads Krasno— arsk an. Diefe Stadt ift jünger, ‚als Jeniſeisk, und von Moſcau aus erbauet worden. Lage und Ber Sie liege an dem linfen Ufer des Jeniſei. An ihrem untern Ende bar fie den Fluß, Mhreisung der Katſcha, deffen eine Mündung zunächft unterhalb der Stadt if. Ihr Anfang ift, wie er bey den übrigen fibirifchen Städten, ein Oſtrog gemefen, woraus allmäblig eine Stade Varsk. entſtanden ift. Der Oftrog liege ander Nordfeire der Stadt, und man fieht darinnen eine Kirche, die Kanzelley, das Haus bes Woywoden, etliche Hütten mit einer einzigen Kammer, ein Pulvermagazin ıc. Die Stadt erftvecker fich von dem Oſtrog gegen Süden, und hat drey hundert und funfzig Haͤuſer. Die öffentlichen Gebäude beftehen in einer Kirche, einem Rarbhaufe und etlichen Hütten mit einer einzigen Kammer. An der Kirche ift ein Glockenthurm, durd) welchen man, wie durch ein Stadtthor, in die Stade fährt. Die Einwohner der Stadt find geößtentheils Sluſchiwie: denn man hatte bey An- legung derfelben die Abſicht, die dafige Gegend wider die Anfälle der Eirgififchen Tas tarn ficher zu ſtellen: aber feir erlichen Jahren haben fich diefe gegen die kalmuckiſchen Laͤndereyen gezogen. Seit dieſer Zeit haben die Sluſchiwie von der ganzen Gegend Nachricht eingezogen. Sie fanden einen ziemlich geraden Weg durch die Wuͤſteneyen, Steppen von Krasnojarsk an, vis nah Irkutzk und Tomsk, auf welchem fich fondertic) im Sommer bequemlich reifen läßt, y man überall Waſſer und gutes Futter - 2 findet. Gmelins Reife, 1735. — — 172 Reiſe nach Kamtſchatka finde, Wenn allda Dörfer wären, fo wuͤrde es auch im Winter der bequemſte Weg feyn. Der Weg von TomsE nah Irkutzk, durch Krasnojarsk, ift hundert und mehr Werfte näher, als über Jenifeist, den Kunguska hinauf. Die, welche auf Koften der Krone reifen, nehmen allezeit diefen Weg, wodurch die Faiferliche Caſſe vie: fe Unkoſten erfpare. Die Kaufleute gewinnen ebenfalls vieles dabey: Daher ift die Stadt Krasnoſarsk jego in befferm Aufnehmen, als ehemals, und wird immer mehr in Flor kommen. Die Stufchiwie haben hier ein gufes Leben, und find meiftentheils wohlbeguͤtert. Ihr Vermögen befteht in Pferden und Nindviehe, die ihnen wenig zu erhalten foften. Sie laffen ihr Vieh auf den Steppen werden: denn felbft im Winter finder fich wenig Schnee darinnen; und wenn auch Schnee liege, fo gräbt es doch fo viele Wurzeln und verfaulte Kräuter heraus, daß es nicht Hungers ſtirbt. Doch allerdings zieht ein ruffi- fihes Pferd mehr, als drey folche Pferde, und eine Kuh giebt mehr Mitch, als zwanzig hieſige. Man bauet hier Getraide, und das Sand ift fo fruchtbar, daß es nur obenhin gearbeitet werden Darf, und dennoch ohne Dünger fünf bis fechs Jahre nach einander befäet werden Fann. Wenn bernach das Getraide nicht mehr wohl fortkoͤmmt, fo ift wuͤſtes Sand im Veberfluffe da, das man von neuem aufreißt: und diefes koͤmmt ber Faulheit der Einwohner überaus wohl zu Statten. Sie haben nod) ein anderes Mittel, fich zu bereichern, obgleich zum großen Nach: theile der Faiferlichen Caſſe. Die bier herum wohnenden Tararn füllen ihren Tribut in Zobeln, Füchfen und andern Pelzwerken liefern. Im Falle aber, daß fie nicht fo vieles Pelzwerk zufammen brächten,, fo ift auf jede Gattung ein gewiffer Preis aefeßet, welcher an Gelde bezahle werden foll. Im Anfange, als ihnen diefer Tribue aufgeleget wurde, brachten fie das Pelzwerk, fo wie fie es gefangen haften, und es waren oft febr koſtbare Zobel darunter. Aber die Einwohner in der Stade haben diefen Tatarn die Augen ge: öffnet, und Faufen jetzo die beften Pelze für einen Preis, auf welchen fie gemeiniglich vierfachen Profit Haben, Wie geringe aber auch der Preis ift, was nämlich den wahren _ Werth anlanger, fo beträgt er doch allezeit mehr, als einen Rubel. Die Tatarnnehmen alſo von dem gelöfeten Gelde einen Rubel, zahlen ihn in die Faiferliche Caffe, und behal⸗ ten das Uebrige für ſich; ſo daß faft nichrsmehr, als baares Geld, einkoͤmmt. Und damit der — geheim bleibe, ſo geben ſie vor, es ſey jetzo nicht viel Pelzwerk mehr zu finden. Die Alterthuͤmer, welche man bier findet, find aus den alten Gräbern, deren ſich bey Abakansk und Sajansk viele finden, ausgegraben worden. Man hat ehemals fo vieles Gold darinnen gefunden, daß die Einwohner zu Krasnojarsk ſich erinnern, wie man ein Solotnik Gold für einen halben Rubel hat Faufen koͤnnen. Auch Silber ift oft gefunden worden. Von filbernen Gefäßen babe ich bey dem damaligen Woyme- den eine Art von Präfentirteller und einen Eleinen Topf, beyde vergoldet, gefehen: auf dem erftern fah man Figuren don getriebener Arbeit, wie man den Vogel Greif bildet Bon Kupfer findet man noch oft Meffer, Fleine Hämmer von allerley Geftalt, Befchlä- ge zu Dferdegefihirren 2c. ferner eine Art von Glockenfpeife und chinefiſchem falſchen Sil- ber, Aus bem erftern Metalle find gemeiniglich Argalis gegoffen, welche theils ein hoh⸗ les Fußgeftelle haben, theils auch auf einer Spige fliehen, Diefe gar feltfamen Figuren ha⸗ ben vermurhlich denen Völkern, von welchen fie berfommen, zu Gößenbildern — on == —— zn SE Ze wm: Pe = —— — = — —— = = m m —— m a —— m Dee mm Sa Fe = m —— SE a == = ——— — == Era Be —E == == Er Po — — m = — == == —— el = en == == 25 —— — —,CCCIIIIIIIIIIIID2DPII. EEE SEUTIKKENEEFERGLETEN er De == = === = —— Et —E —— SE: = == == z=» — za: FI se en == Fr —— — == —E — FT ——— === == 1 u I Call I PB Er er iX —J—— 2 ——— ; durch Sibirien. 173 Bon falfehem Sitber finden fich allerley Gefäße, mit welchen ſchon viele Kaufer betrogen Gmelins worden find, welche es erft lange Zeit hernach bemerket haben, Von Eifen hat man Reife noch nienals das mindefte gefunden, obgleich in diefen Gegenden vieles Cifenerzt vor: 1735° handen iſt. riss Außer meinen gewöhnlichen Varrichrungen an diefem Orte füllte ich die an dem Fluſſe Jeniſei befindlichen unterirdifchen Hoͤhlen befihrigen. Und weil auch einnach alter, tatarifcher Art bemafeter Felſen Pifansi: Kamen an eben demfelben Wege ſteht, fo woll- te ich nebft Herrn Muͤller dahin reifen; er mußte aber wegen einer ihm zugeftoßenen Un» päßlichfeit zuruͤckbleiben. 28 Am erſten Februar fertigte ich den Studenten Rrafchenimitow mit dreyßig Slu⸗ febiwie an befagte Derter voraus, damit er die Wege zu den Höhlen ein. wenig ausbef- fern, und die benöthigten Leitern herbeyſchaffen laſſen möchte. Am ꝛten Februar fenderen wir den Studenten; Tretjacfow mit den Inſtrumen⸗ ten der Afademie und einem Theile unferer eigenen Gerätbfchaft nach Irkutzk voraus, weil wir befürchteten, daß es auf diefer Reife fehwer halten möchte, für alle unfere Leute und Sachen Pferde zu befommen. ; Am sten des Morgens um fechs Uhr fratich, in Begleitung des Malers Luͤrſe⸗ nius, und des Feldmeſſers Alexander Twanows, die Reiſe nach den unterirdiſchen Höhlen und dem bemaleten Felfen an, Der Weg gieng alfezeie den Jeniſei aufwärts, und um halb neun Uhr Fam ich nach Owſianka⸗Derewna, wo ich fogleich Anftalt ma- chete, in eine Berghöhle zu geben, welche dem Dorfe gegenüber, am rechten Ufer des Fluffes ift. Der Weg dahin war leicht; denn wiewohl das ganze Ufer an diefer Seite bergiche ift, fo find duch die Berge nicht ſteil. Dieſes war ein Gluͤck für uns; denn an der Grotte war nicht viel merfwürdigess es iſt nichts als ein Gang, fieben Faden tief hin- ein, welcher breit ind hoch ift. In der Mittagsſtunde reifete ich weiter, Fam den ge— maleten Felfen vorbey, und erreichete Abends um vier Uhr das Dorf Birgiſinska, von da ich, den Jenifei aufwärts, noch am felbigen Abende nach der fo genannten obern Hoͤh⸗ fe Wrechnaja⸗ Peſchtſchora fuhr. Sie befinder ſich in einem Berge am rechten Ufer Beſchreibung des Fluffes. Es waren fechs Seitern den Berg binaufangefchlagen, zwifchen welchen zwoer Höhlen noch viele Stufen in den Schnee ausgegraben waren, und ich hatte bis an die Mündung ain Jeniſei. der Hoͤhle funfjig Baden zu ſteigen. Wir waren alle fo ſehr ermuͤdet worden, daß wir uns alle eine Weile in die Höhle fegen mußten, um auszuruhen. Wir zündeten die Fa— deln an, und giengen hinein. Sie ift geräumlich und geht fechzehen Lachter weit, jiemtich abſchuͤßig in den Berg. Die Wände waren häufig mie Milchfteinen (Golai- tes) der wie ein Steinſchwamm ausfah, befleidet, aber das Geftein felbft war Kalkſtein. Oben biengen Eiszapfen von einem fehr heilen Waffer, und das Licht von unfern Fackeln gab daran einen fo ſchoͤnen Wiederfihein, als ob es Diamanten wären. Abends um acht Uhr Famen wir in unfer Dorf zurück, _ J Nunmehr wollte ich auch die untere Hoͤhle, welche drey Werſte weit von dem Dor⸗ fe iſt, beſehen. Jedermann ſtellete mir die Sache als unmöglich vor. Weil ich aber auf Meinem Borſatze beharrete, fo meynete man, es wuͤrde möglich feyn, von oben ber in die Grotte zu kommen; denn von ber Seite des Fluffes ber war ihr nicht beyzufommen. Sch gieng demnach am folgenden Morgen, mie meiner Geſellſchaft, zu Pferde uͤber die Berge am rechten Ufer des Jeniſei, und ließ u Fall ein Paar Leitern da- hin ah Smelins Reiſe. 1735. 174 | Reife nach Kamtſchatka bin bringen. Wir erreicheten-ohne alle widrige Zufälle, jedoch auf einem beſchwerlichen Wege, eine Mündung der untern Hoͤhle, Nitſchnaja⸗Peſchtſchora, aber nicht dieje- nige Mündung, welche gegen den Fluß ſieht. Ich gieng hinein, und ftieg ziemlich ſchief bergab. Sieben Faden weit hinten ift zur Tinfen Hand eine andere Mündung, und von dieſer erftrecker Jich ein Canal fenfrecht indie Tiefe, Wir giengen in dem erften Gange zur Sinfen fort; und weil er ſehr fteil war, Jo fliegen wir auf zwoen $eitern hinab, und Famen in diejenige Höhle, deren Mündung an der Seite des Fluffes zu fehen iſt. Die fe Höhle ift fehr weit, und neben dem Gange, durch welchen wir ‚hinunter ‚geftiegen was ren, zur Linken, ift die Mündung des fenkrechten Canales zu fehen, von welcher ‚Stelle on die große Hoͤhle fich etwa fieben Faden lang meiter unterwärts erſtrecket, wo fie viel enger-wird. Der Stein, moraus diefe Höhle beſteht, ift KRalkftein ; aber an vielen Stel- len befinden fich fteinfhwammfsrmige Anwuͤchſe. Wir fanden in diefer Höhle nichts, als ein verfaultes Netz, und einen Zahn non einem männlichen Biefamtbiere. Gegen Mittag Famen wir an den bemaleten Felfen, der am rechten Ufer des Fluffes Tiegt, und-nur fieben Faden hoch ift. Ob man gleich die Figuren von dem Fluſſe an ziemlic wohl erkennen konnte, fo Tieß ich dennoch eine Leiter bringen, damit ich fie noch) deutlicher fehen koͤnnte. Die Stellen , wo die Figuren ſtehen, fchienen behauen und mit Gipfe überftrichen zu ſeyn, Der aber größtentheils abgefallen ift, fo daß man nur nod) ei- nige Spuren davon ſah. Die rothe Farbe, womit einige Figuren ausgemaler find, fchien ‚gebrannter Ocker zu ſeyn. _ Die Figuren ftellen Menfchen und Thiere vor: eine derfel- ben, die einen Reiter vorſtellet, hat ſich am beften erhalten; die übrigen alle find ſehr verftümmelt. Die Zeichnung der Figuren ift wie bey dem bemaleten Felfen zwifchen Ausnest und Tomsk, deren ich bereits. gedacht Habe, und wie fieeinjeder Bauer machen . Tann. Die Felſenwand, worauf.die Figuren ftehen, ſieht gegen Welten zu Norden, und hat faft diefelbe Richtung wie der Fluß. Ich ließ den Felfen und die Figuren abzeichnen, und kam auf dem vorigen Wege, Abends um fünf br, nach Krasnoſarsk zuruͤck. Am folgenden Tage that ih mit Herrn Müller eine Spazierfahre zu den Tatarn in diefer Gegend, Damit ich fie in ihren Jurten fehen und einige Kenntniß vor ihrer Je» bensart erlangen möchte. Wir erfieferen die naͤchſte Uluß 46), und fuhren an dem Fluſſe Ratſcha hinauf, nah dem tatarifhen Uluß, Mungat genannt, Dieſer Uluß be- ſtund aus fechs ‚oder fieben Furten, welche alle von eben derfelben Befchaffenheit waren, wie ich fie bey den kusnetzkiſchen Tatarn befchrieben Habe, Der Bauzeug derfelben beſteht in Stöden, welche durch Querftäbe verbunden und mit Birfenrinde überzogen find. Die Jurten derer, die am begütereften find, find auch an vielen Stellen mit Neb- häuten überzogen. Sie haben zwo Deffnungen, eine oben, 100 der Rauch auszieht, und eine ‚andere unten, ‚gegen Dften, zum Eingange; und vor diefer Oeffnung hängt gemeie niglich eine Rehhaut, anftatt des Thürflügels;_ Wir giengen in etliche, und es brannte in jeglicher in der Mitee ein Feuer, um wellhes Mann, Frau und Kinder herumlagene Ihre Jagdhunde leifteren ihnen dabey treue Geſellſchaft. Aus Furcht, zu erfticken, muß? ten wir aug der Stube eilen: «aber diefe Tatarn find Dazu gewoͤhnet. Die Reicheften un ser ihnen haben befondere Stuben mit Defen, wo fie im Winter wohnen: AM, im 8 om⸗ 46) AUluß iſt ein tatariſches Wort: es bedeutet etliche Hütten beyſammen, oder ein Dorf. BILDHAUFRARBEITEN UND GOTZEN, DIE INDEN GREBERN GEFUNDEN WORDEN. er. Hein * — F durch. Sibirien. N ; 175 Sommer leben ſie, wie andere, in den Jurten. Auch bie, bey welchen wir herberge- Gmelins ten, bewohneten ſchon wieder ihre Jurte, weil die Kälte nicht mehr fo groß, mie mitten Reife, im Winter war: aber für uns war fie noch groß genug. In einer Jurte both man uns "735, Pferde- Rind- und Hammelfleifh ans aber wir hatten zu allen fein Belieben. Sie eflen mas ihnen vorkoͤmmt, und trinken bald Waffer, bald Kumuͤß d. i. Molken von Pfer: demilh. Sie bauen auch das Feld, und bedienen ſich der erbauten Früchte zu ihrer- Nahrung. Sie eflen auch, mie andere Nationen in der Gegend um Krasnojarsk, gewiſſe kleine Erdäpfel, oder vielmehr die Wurzeln derfelben, die in der ruffifchen Spras che Erönüffe 47) beißen, imgleichen die Zwiebeln des gemeinen ſowohl, als des zinnober- farbigen türfifchen Bundes, wie auch einer andern Art Lilien. In eben derfelben Yur- te trafen wir ein blindes Weib an, welche am Rocken fpann, und Meifter in der Jurte zu feyn fihien. Sie war neugierig, that vielerley Fragen an uns, und beantwortete alles, was wir ihren Mann frageten, vermutblich, weil fie fich Elüger, als er, zu feyn duͤnkete. Dieſe Leute haben wenig von aͤußerlicher Religion: ſie glauben aber doch einen Gott; und weil fie vielen Umgang mit den Ruſſen haben, fo bringen fie zuweilen Lichter in die ruffifchen Kirchen, damit fie fc) den Gore der Kuffen zum Freunde behalten mögen. In der Stille wenden fie fih an ihren Kam, und fie feheinen überhaupt von der chriftlichen. Religion noch weit entferner zu fen. Ihre Einwürfe, wenn man davon fpricht, find diefe, 1) daß ihre Vorältern ohne die chriftliche Neligion fehr wohl geleber haben; 2) daß diefe Religion allzu eingefchränfer fey: denn man dürfe Fein Pferdefleifch effen, und in der Faftenzeit folle man Speife effen, die man nicht befommen koͤnne. Ueberdieß fehen fie die ruffifche Sebensart, außer welcher und ihrer eigenen, fie Feine Fennen, als fehr un«- glückfelig an; und man erzäblere uns, daß, wenn fie einander in ihren Jurten Böfes an— wünfchen wollen, fie fich diefes Ausdruckes bedienen: Daß du doch nach rußifcher Art les ben müßteft! Außer diefen tatarifchen Nationen find im Diftricte von Krasnojarsk hoch andee te fremde Voͤlker, als Arinzi, Kotowzi und Kamatſchinzt. Die Arinzi, die ehedem einen Hauptftamm ausgemachet haben, beftunden faum noch aus zehen Perfor nen, von welchen die wenigften ihre urfprüngliche Sprache verftunden., Die Kotowzʒi wohnen in der Gegend von Abakansk und Kansk; und die Ramatfchinzt an dem Mans und dem Urfprunge des Fluffes Kan. Mit dem neunten Februar, als dem Anfange der Butterwoche, fingen: ſich die Luſtbarkeiten an. Die Mannsleute erluftigten fich mit Reiten , und die Weibesperfonen giengen zu Fuße in den Straßen herum. In der Nacht hoͤrete man allerivegen Geſchrey. Die Kinder fücheren ſich abfehüffige Oerter, trugen ein Fell hinauf, fegeten ſich darauf und fuhren damit hinunter. Je näher das Ende der Woche herben Fan, deſto luſtiger macheten fie fih. In den legten dreyen Tagen waren oft dreyßig befoffene Reuter bey- fammen, wobey auch zuweilen eine Bande kleiner Jungen war, und alle zuſammen be— Siengen unzäblig viele Thorheiten. Ich 47) Terrz glandes. Dod. Pempt. 150. . * Lathyrus arvenſis repens tuberofus. Bauh, pin, 344 Smelins Reife, 17395 176 Reife nach Kamtſchatka Ich wollte aus Neubegier eine Luftbarfeie mie anſehen, wozu mir der Woywode ſelbſt Gelegenheit gab. Ich reifere am ısten Februar ‚als dem leßten Tage in der But: terwoche, mie ihm nach dem fünf Werfte von der Stadt enelegenen Dorfe Torgufching, wohin er von dem Brannteweinpachter zu Krasnojarsk, welcher feine Brennerey in dies fem Dorfe hatte, war eingeladen worden. Wir reifeten mit einer ftarfen Cavalcade: es ritten neben unferm Schlieten mehr als fechzehen Mann , welche Bogen und Pfeile führeten, und fich unterweges mit Pfeilſchießen uͤbeten. Sie fchoffen zuerft einen Pfeil in die Erde, uud nad) diefem ſchoſſen fie alle in vollem Nennen, wie nach einem Ziel“ Wir fegeten über einen Fleinen Fluß, der in den benachbarten Bergen enefpringe, und niemals jufrieres er treibt, nicht weit von feinem Urſprunge, zehen Fleine Kornmühlen nach einander, verliert ſich aber bald hernach-unter der Erde. Als mir in dem Dorfe angefommen waren und ung in der Stube gefeget hatten, fo Fam ein Bauer nach dem andern, welche zuerft dem Woywoden, hernach feiner Gemahlinn, auch zum Theile ib» vom Sohne, etwas in Papier eingewicfeltes hinlegeten. Der Woywode öffnete in mei- ner Gegenwart-etliche folhe Papiere, und es waren in jeglichem zehen Copecken. Die Woywodinn befam allezeit halb fo viel. Jetzo begriff ih, warum der Woywode, die ganze Burterwoche hindurch, mit feiner Gemahlinn in die benachbarten Dörfer fpazieren gefahren war, nämlich, die gewöhnlichen Gefchenfe einzufammlen. Auch vorher hatte ich ſchon bemerfet, daß alle, die vom Sande zu ihm, kamen, etwas in Papier auf feinen Tiſch legeten, welches ohne Zweifel auch eine Art von Tribut für ibn war. Co viel ift indeffen gewiß: wenn ein Woywode viele Gefchenfe befommen will, fo muß er mit den Bauern wie mit feines gleichen leben und zumeilen mit ihnen trinken. Man fagete mit auch, das allerbefte Mittel, viel Gefchenke zu befommen, fonderlich im Diftricte von Krasnojarsk, fey diefes, daß man die Leute wohl betrunken von fich gehen laſſe: denn es gefchehe oft, daß einer, der ſich auf die Jagd leget , fich ſo lange bey einem vollſaufe, bis er feinen legten Zobel bergegeben habe, Abends ſtelleten Die Sluſchiwie ein Suftgefecht an. Es waren auf dem Felde zwo Wände von Schnee aufgeführer, und oben mit einem Querbalfen von Schnee verbun den, Diefes Gebäude follte eine Feftung vorftellen. Rings herum in diefer Feftung ſtunden eine Anzahl Sluſchiwie mit langen Stöden, und andere Sluſchiwie zu Pferde folften die Feftung berennen. Es gefchah alles in der größten Unordnung. Es rannten alfegeit nur zween big drey Reiter, oft auch ein einziger, in vollem Galoppe auf die Fer ftung los. Sie wurden aber mit Prügeln fo übel empfangen, daß fie geſchwind zuruͤck eileten. in Paar derfelben fiefen fogar von den Pferden und wurden übel zugerichtet, Sie gerierhen hierdurch in folche Wuth, daß fie mit Pfeilen wider die Befasung ſchieß fen wollten: allein der Woywode geboth Frieden, und die Feſtung wurde nicht erobert. Das war ein Pröbehen von ihrer Kriegsfunft. Gleichwohl follen die Slufhimie vet Zeiten ein frchterliches Anfehen gemachet haben. Sie harten zweyerley Harnifche, die beyde den Leib bedecketen. Der eine Harniſch beftund aus lauter Fleinen Ningen, der alt dere aus dünnen eifernen Blechen. Diefe legte Art, welche leichter, als bie erſte zu tra⸗ gen war, bedeckte die Bruft, den Sauch, den Rücken und die Arme. Ueberdieß tru⸗ gen fie eine Haube, die oben mit Eiſen gefuͤttert war. Sch habe beyderley Harniſche geſehen: aber fie find nicht mehr im Gebrauche. Das durch Sibirien, 177 Das Werter war indeffen zu unferer Abreife bequem geworden; ımd wir reifeten Gmelins am'ıScen Februar von Krasnoſarsk ab. As wir duch das: Dorf Ladaika gefahren Reife, waren, ‚fo bemerfere ich ein böljernes Kreuz, das ich auf der Hinreife nicht wahrgenom- 173 5- men hatte. Auf meine Frage, was folchesbedeutete, fagete man mir, es fey an dieſem Drre unficher , weil Die.oben, bey der Wafferreife auf der Twerza erwähnten Waldteufel, Abreiſe von ieſchi genannt, allda regiereten. Viele Kinder aus dem Dorfe, wenn fie zuweilen da- Krasmojardk, Din ſpielen gegangen, haben ſich allda verirret, und find entweder von dieſen Lieſchi er- aſchet worden, oder auch erft nacheiner Zeit von vierzeben Tagen wieder heimgefommen. Diefen Waldreufeln nun zu ſteuren, war Jahres vorber dieſes Kreuz aufgerichtee worden. Es ift übrigens wahr, daß der Wald fehr dick ift, und daß man fich leichtlich darinnen derieren kann; und es wäre gut, daß viele Kreuze darinnen aufgericheet würden, damit fie den Leuten zu Wegweiſern dieneten. Bis hieher war unfere Reife, wegen der öftern Abwechslung der Pferde, geſchwind vor fich gegangen : und wenn es nicht Winter gewefen wäre, fo würden wir mit viel min- derer Annehmiichkeit gereifet feyn: denn der nächte Weg nah Irkutzk geht gerade über die Wuͤſteney (Steppe), auf welchem man aber im Winter nicht fortkommen Fann. In Balrichut hielt es ſchwer, die benötbigte Anzahl Pferde zu befommen, Nachdem wir uns allda fehs Stunden aufgehalten hatten, fo mußten wir wider den Unterſchulzen GSakaſchtſchik), denn der Schulze (Prikaſchtſchik) hatte fich verſtecket, Gewalt brauchen. Die Fuhrleute mußten zwanzig Handpferde, und Futter für alle Pferde, mit nehmen, und wir giengen mit einem Zuge von achtzig Pferden ab. Wir brachten bey- nahe ſechs Stunden zu, ehe wir zehn Werfte zuruͤcklegeten; fo ſehr ſchlecht war der Weg. Es war überall Wald, und die große Menge Baumwurzeln auch umgefallener Bäume machten ven Weg Höchft befchwerlih. Die Bauern hätten uns ftets auf dem zugeſror⸗ nen Ran fahren koͤnnen, an welchem Fluſſe Baltſchuk liege: allein fie hatten daran nicht gedacht. Nachdem wir in allem ungefähr vier und zwanzig Werfte gefahren wa— ven, fo fuͤtterten wir, und aßen unter freyem Himmel, auf dem Fluſſe Kan, wohin wir doch endlich Fommen mußten. Bis Abends um acht Uhr legeten wir noch zwanzig Werſte zurück, und brachten die Nacht auf dem Fluſſe zu, aber mit großer Unbequem- lichkeit, weil der Wind heftig wehere. Zu allem Gluͤcke harten wir Holz genug, ung zu erwaͤrmen immaßen das rechte Ufer dicht mit Fichten bemachfen ift. Wir wirden wohl gethan haben, wenn wir uns mit Schaufeln verfehen gehabt hätten, den Schnee von der Seite, woher der Wind kam, aufwerfen zu können. Am 2often früh um drey Uhr erreicheten wir Barginska⸗ Dererona, mo wir etliche der müdeften Pferde abwechſel⸗ ten „und Nachmittags um ein Uhr kamen wir nad) Kiruſchinskaja⸗ D. In dieſer Gegend ſah das Gebirge ſehr wild aus, und man ſagete uns, daß etliche Werſte weit von diefem Dorfe ein Wafferfall wäre. Abends um neun Uhr erreicheten wir Ranstois Oſtrog . Hier mußten wir den ganzen folgenden Tag (zıften Febr.) ſtille liegen: denn ungeachtet aller unſerer Vorſicht, daß. wir alles bereit finden möchten, waren dennoch wenige Anitalten gemacherz wir würden auch vielleicht Feine Pferde befommen haben, Wenn wir nicht wieder, wie in Baicſchuk, ven Unterſchulzen haͤtten gefänglic) einziehen laſſen. Inzwiſchen brachten wir die Zeit unferer Verweilung in dieſem Oſtrog vergnuůͤgt zu Wir ließen etliche Tatarn beyderley Geſchlechtes zu uns fommen. Sie find über- Baupe fehr arm. ' Sowohl Männer, als Weiber, tragen bie Roͤcke auf dem bloßen Allgem, Reiſebeſchr. XIX Band, 3 Leibe, Emelins Reife, 1735 78 Reife nach Kamtſchatka gebe, und haben niemals Hemden gehabt: nur diejenigen, welche getaufet find, machen hierinnen eine Yusnabme : aber es find ihrer fehr wenige, Sie ſehen alte ſehr unflätig aus, teil fie fich niemals wafchen: und wenn man fie frager, warum fie folches unter⸗ laſſen, fo berufen fie fih auf ihre Voraͤltern, die fich auch niemals gewaſchen, und doch gut genug gelebet hätten. Wenn fie faullenzen oder fehlafen wollen, fo legen fie fich in ihrer Jurte auf eine lächerliche Weiſe rings um das Feuer herums ihrer zween legen ſich mit dem’ Rücken an einander, und einer flecker die Beine zwifchen des andern feine. Wenn fich nun einer auf die andere Seite wendet, fo thut Der andere es auch , damit fie in ihrer gewöhnlichen Sage bleiben; und dieſe Wendung gefchieht ſehr fehnell und regel- mäßig. Diefe Tatarn bedienen ſich, anſtatt des Brodtes, der Zwicbeln vom kuͤrki⸗ ſchen Bunde, oder andern Silien, und wollen ſich noch nicht zum Ackerbaue bequemen. Ihre einzige Beichäfftigung iſt der Zobelfang, welchen ſie auf mancherley Art weiben. Wenn der Zobel feine andere Zuflucht mehr weis, fo jleige er auf einen hoben Baum : alſobald zimden fie den Baum an. Weil num das Thier den Rauch nicht vertragen Fanıt, fo ſpringt es herunter, und wird in ben herum gelegten Netzen verwickelt und tobt . geſchlagen. Bansk iſt wegen der großen Geſchicklichkeit, welche die Tatarn in dieſer Gegend zum Zobelfange haben, einer der beſten Oerter, wo Zobel zu kaufen ſind; daher halten ſich die wach den chinefifchen Graͤnzen reifenden Kaufleute gemeiniglich eine Zeitlang all- da auf. Wer aber auf Befehl des Hofes dahin reifer, der finder felren Zobel zu Kaufe: denn weil dieſe Herren gern ohne Geld Faufen, fo huͤten ſich die Einwohner, ihnen ihr Pelzwerk zu zeigen. Es gehöret-diefe Stadt unter den Diſtrict des Woywoden zu Krasnojarsk, und fie bringet ihm am meiften ein, Ein Tributeinnehmer zu Ransk Faufer feine Bedienung für vieles Geld, | Di; — In der Nacht um zehn Uhr ließen wir unſere Geraͤthſchaft abgehen, und wir ſelber folgeten früh um: zwey Uhr nach. Um zehn Uhr, nachdem wir dreyßig. Werfte gefahren waren, hielten wir in einem Fichtenwalde , wo auch einige Eedern ftunden „ſtill, unfere “Pferde zu füttern, Acht Werfte weiter bin fegeren wir. über den Fuß Pojam, und fa- men. hernach, bergauf und ab, bald. durch Fichten: bald durch Birkenwälder, mie ger: chenbaͤumen untermiſchet. ¶ Die meifte Waldung, durch die wir hernach fuhren, beftund aus derchenbäumen, An dem Fluſſe Tumantfcher, über welchen wir gingen, ſtunden hohe Eileen und ſchwarze Vogelkirſchbaͤume (Padus) Am 24ten Febr. fruͤh um ſieben Uhr kamen wir an eine Simowje, worinnen Fein Menſch wohnete ob fie gleich vor nicht langer Zeit erbauet war. Sie ſah inwendig fo ſchwarz aus, daß wir bey dem fihönen Wetter, das wir hatten, lieber unter freyem Himmel effen-und fuͤttern wollten, wozu wir ſchon ziemlich gewohnt waren: Der Wald, durch welchen wir fuhren, war nicht ſehr dick, und wir fahen hier Auerhaͤhne Am 2sflen Abends um fieben Uhr ſahen wir einen Hofum den Mond, auch zween Nebenmonde, Noch am felbigen Tage fuh⸗ ven wir über einen Dach; Solannaſa⸗Rietſchka genannt, welcher im Winter nie⸗ mals: zufriert, und in dem Gebirge, das uns gegen Oſten lag, entſpringt. Sein Waſſer hat einen angenehmen mineraliſchen Geſchmack. Die Waldung von dieſem Ba⸗ che an, bis zu dem naͤchſten Futterplahe welchen wir Nachmittags um drey Uhr errei⸗ eheten, bejtund aus Efpen oder Pappelbäumen, Am 26ften des Morgens um acht Uhr fütterten wir an dem Thrbür ⸗Rietſchka, an deſſen Ufern viele Eedern ftunden, Von | | 0 TEE bier ’ durch Sibirien. 179 hier an hatten wir einen ſehr ſchlechten Weg, bergan und wieder bergab, welches in Ge Gmelins genden ‚wo die Pferde nicht beſchlagen find, fehr beſchwerlich iſt. Uebrigens war auf Reife. dieſem Wege uͤberall ſchoͤne Waldung, welche aus Cedern, zweyerley Arten von Tan— nen, Eſpen, Fichten, Lerchenbaͤumen und Birken beftund. Wir famen noch an einen Bach, deſſen Waſſers wir uns aber nicht bedienen konnten, weil er gaͤnzlich durchgefro⸗ ren war. mr Winter iſt hier der Mangel an Waſſer eben nicht die größte Nord, weil man überafl Schnee finder, und die Pferde fowohl, als die Menſchen, den Durft damit zu löfchen wiſſen. Die Pferde wiffen auch ben Schnee mit den Füßen weg zunfiharren, und verdorretes Gras bervor zu ſuchen, fo daß die Fuhrleute gemeiniglih nur Brodt mit ſich nehmen, „wovon fie ihnen, ſo oft, als ſie aufhalten, sein Stückchen zu freffen geben: für das. übrige mag der Himmel ſorgen. Am 27ſten Vormittags um eilf Uhr kamen wir, nach. Udinskoi⸗ Oſtrog und Derewna. une n e — Dieſer Oſtrog iſt ſchon im Jahre 1644 angeleget worden, wie ſolches aus einem dabey aufgerichteten Kreuze zu erſehen iſt. Er iſt ſehr klein, und es iſt nur ein Wacht⸗ haus, nebſt etlichen hoͤlzernen Kammern, darinnen. Dev Commandant bat feine Woh⸗ nung an einer Seite des Oſtrogs, und nahe dabey iſt ein hoͤlzernes Gebaͤude in wel⸗ chenn das Pelzwerk, das zum Tribute geliefert wird, aufbehalten zu werden pfleget. Das Dorf bey dem Oſtrog beſteht nur aus vier Haͤuſern; und in dieſen mußten wir her⸗ bergen, bis die Pferde, ſo viele wir deren nötbig hatten, "beyfammen waren. Untere deffen macheten wir uns einen Zeitvertreib mit den Buroͤten, deren es bier viele giebt, und welche auf Ruſſiſch Bratski genannt werden. Wir ließen Männer, Weiber und Dirnen zu uns kommen, und befahen fie in ihrem Staate. Die Männer haben meis ſtens gefchorene Köpfe, aber ihre Kleidung hat von ber gemeinen ruſſiſchen wenig untere ſchiedenes. Der geößte Zierrath der Weiber beficht in den Haaren: fie flechten fie in zween Zöpfe, welche vorne über den Achſeln herab hangen; fie mifchen-auch zumeilen Perdehaare Darunter, Damit die Zöpfe Dicker und länger werden. Ueberdieß fragen fie- eine Stirnbinde, welche am Nacken zuſammengeknuͤpfet iſt. Bon dieſer Binde haͤngt ein breites Halsband von eiſernen Ringen herab, welches unter dem Kinne liegt. Ihre Kleidung beſteht aus einem langen Pelze, über welchem fie noch einen Rock von gefaͤrb⸗ tem Seher amd Ritaiks *), ohne Aermel, und vorne offen ftehend, tragen, Ihre Ohr— ringe find bis zween Zell im Durchmaffer breit, Es wurde eine der vornehmſten jun⸗ gen Sarſ innen vor uus gebracht. Dieſe hatte am Ruͤcken fuͤnf Gloͤckchen haͤngen, welche wir vom weiten klingen hoͤreten. Sie trug einen breiten Gürtel von Porcellanmuſcheln, Der, mit eiſernen Blechen bedecket, und mie wielen meſſingenen Singen behängt war. Diefe beyden Stuͤcke, die Gloͤckchen und den Görtel, muß fie ablegen, wenn ſie an einen Mann abgegeben wird; aber dieſes Abgeben geſchieht bier, wie bey den Tatarn, für ei⸗ ne gewiſſe Summe Geldes odev Anzahl Viehes. Wenn der Vater mie dem zufünftigen Schwiegerſohne des Handels einig geworden iſt, fo Faun Diefer ‚bey der Dirne fihlafen : aber der Vater läßt fie nicht cher aus feiner Jirte, als bis der junge Mann alles völlig: bezahlet hat. > — Yite ei | erhach Tiefen wir dry Schamanen, de 1. Zauberer; in der buraͤtiſchen Spra⸗ che > genannt, zu uns kommen. Ihre Kleidung gab ein wunderliches und fuͤrchterli⸗ 32 ; des, 9 Ein gewiſſer baumrwoͤllener Zeug . 1735. Bmelins Reife. 1735+. — — 180 Reiſe nach Kamtſchatka ches Anſehen. Sie beſtund aus einem Rocke, der mit Adlers- und Eulenklauen, und Yiberafl mit Eleinem Eifenwerfe behängt war, wodurch er eine fihreekliche Schwere ber Fam, und, wenn der Zauberer gieng, ein abfchenliches Geröfe machete. Die Müse eines ſolchen Mannes ift, mie eine Grenadiermüße, oben zugefpißet, und ebenfalis mit Adlers- und Eulenflauen behaͤngt. Sie famen alle dreye zugleich, Und zwar Abends, weil, ihrem Vorgeben nach, die Zaubereyen bey Tage nicht gefihehen koͤnnen. Zum Zauberplage erwähleten fie fich den Hof im Haufe, wo ein Feuer angemacher war. Wir verlangeten, daß fie ihre Kunftjtückchen alle dreye zugleich machen möchten : fie fageten aber, es fey folches unmöglich, und wir mußten ihnen alfo ihren Willen laffen. Die Eeremonien waren eben diefelben, die mir bereits gefehen hatten, und der Ausgang eben- falls, ich will fagen, es beftund in den gröbften Betruͤgereyen. Wir frageren fie unter andern, ob einer von unfern Bekannten in Mofeau nod) am geben waͤre: die Antwort war, es Fönne der Teufel feinen jo weiren Weg in wenigen Angenblicken thun: (demn diefer faget ihnen, nach ihrem Vorgeben, alles, was fie wiſſen wollen). Inzwiſchen iſt es für diefe Leute Feine leichte Arbeit, ihre Herereyen zu machen: fie fpringen und ma— chen in ihrer fehweren Kleidung fo heftige Bervegungen des Leibes, daß fie ſchwitzen und fhaumen. Alles diefes thun fie fonft für gute Bezahlung: aber uns mußten fie es dieß⸗ mal umfonft tun. Am 28ſten befahen wir das Pelzwerf, welches Damals im Faiferlihen Magazine vorräthig war, und aus Füchfen, Bären, Wölfen, Zobeln und Eichhörnern beftund. Unter den Zobeln waren vortreffliche Stuͤcke, wie auch unter den Füchfen. Von diefen letztern waren ein Paar faft gänzlich ſchwarz, ausgenommen an etlichen Stellen , die bey dem einen graulich , bey dem andern weißgelblich ausſahen. Am Abende fegeren wir unfere Reife weiter fort, und am zten März erreicheen wir Burinskaja: Derewong) am Fluffe Burjar. Nahe bey diefem Dorfe ftehen etliche bratstifche Jurten, die wir zu befehen ausgiengen. Die Bauart derfelben ift beynahe wie ver Buraͤten ihre zu Udinsk: fie find fechsedig, und beftehen aus Querbalken, die etwas über einen halben Faden hoc) auf einander geleget find; alsdann liegen Stangen fehräg an, welche in eine Spige zufammen laufen. Der Eingang ift gegen Often, und es fteht an jeder Seite eine Birke: diefe ziween Bäume find mit einem Querſtricke verbunden, woran Bänder und Zelle von Hermelinen und Wieſeln Hängen, Vor diefen Sappereyen buͤcket fich ein jeder Buraͤt des Morgens und des Abends zwey oder dreymal mit Auflegung zweener Finger, nac) Art der Morgenländer. Am sten März fahen wir die Ufer des Fluſſes Angara, welcher hier faft eine Werft breit iſtz hernach Famen wir nad) Schiwerskaja⸗Derewna. Es mar in diefem Dor- fe faft keine einzige Mannsperfon zu ſehen, weil fie Lebensmittel für die kamtſchatkiſche Reifegefellfchaft nach Ilimsk hatten fahren müffen: daher befamen wir wenige ruffifch® Pferde; hingegen wurden etwa hundert Pferde von den Bratskis berbengetrieben, uns ter welchen wir die beften auslafen, obgleich alle wenig taugeten, weil in dieſer Gegend fhlechte Weyde ift. Von bier an fuhren wir mit unferen Schlitten meiftens auf dem Angara. Abends um neun Uhr Famen wir nad) Balachanskoi⸗Oſtrog, welcher an diefem Fluſſe liege. Es ift derfelbe fehon vor Erbauung der Stade Irkutzk angele get worden, und einer der anſehnlichſten, die wir auf diefer Keife gefeben baben. In demfelben befinden ſich die Kanzelley, die Wohnung des Prikaſchtſchick, eine * etliche durch Sibirien. | ı18r etliche Hütten, und zwo metallene Canonen. Außerhalb dem Oſtrog, an ber Landſeite Gmelins ſtehen ungefähr ſechzig Häufer, welche theils von Sluſchiwie, theils von Kaufleuten Veiſe. bewohnet werden. Es ſind mehrentheils anfehnliche Häufer mit ziemlich hoben Fenftern und hellen Stuben. Die Kaufleute find, wie die meiften dafigen Einwohner, wohl bes mittelt. Weil die Reife zu Waffer im Sommer viele Kaufleute nach Irkutzk bringt, fo ift nahe am Fluſſe ein Haus mit vielen Krambuden angeleget, welche aber nur eröffe nee werden, wenn dieſe vorbeyreifenden Kaufleute einige Waaren abfegen wollen. In der Gegend. diefes Oftrogs wohnen viele Buraͤten, die aber feinen Aderbau treiben, fondern bloß von ihrer Viehzucht, und dem Handel mie Wiehe leben. Die Och fen aus dieſer Gegend find fehr berühmt. Unter den Bratski wird, wider die Gewohn« beit der dafigen Ungläubigen, eine Kunſt gerrieben, worinnen fie es ziemlich weit gebracht haben. Sie wiffen naͤmlich das Eifen fo fein mit Silber und Zinne auszulegen, daß. es wie damafeiere Arbeit ausſieht. Die meiften Pferdegefchirre, Gürtel u. d. m. auch Loͤffel sc. find von folcher Arbeit, Damit wir fäben, wie diefe Arbeit gemacht würde, fo ließen wir dergleichen Handwerksleute zu uns fommen, und etwas zur Probe bey uns ma⸗ chen. Wir gaben ihnen die Form von einer Platte, worauf fie den Namenszug Ihrer Eaiferlichen Majeſtaͤt vorftellen ſollten. Sie fihmiederen zuerft ein Eifen nad) der gegebe- nen Form. Alsdann machten fie das Eifen nochmals glüend, und ließen es Falt werden. Ferner behaueten fie es über und über-mit einem ſcharfen Meißel, dreymal nach einander, und fo, daß die Einfchnitte nad) verfchiedenen Richtungen gefchahen und einander durch- kreuzeten. Sie befahen die Einfchnitte ſehr oft genau, damit fie überall einander gleich würden. Machdem diefes gefehehen war , ließen fie die eiferne Platte blau anlaufen, und brachten es damit fo weit, daß fie den vorgezeichneren Namenszug darauf fragen wollten. Das Silber, deſſen fie ſich zu diefer Arbeit bedieneten, war dünner Draht, von zwey⸗ erley Dicke, und fehr dünne Platten. Sie fiengen an, daran zu arbeiten, Fonnten aber nicht damit zu Rechte Fommen. Wir zeichneten ihnen den Zug auf der Platte felbft vor, und darauf kamen fie damit zu Stande. So wie dieZeichnung gieng, legeten fie am En⸗ de einer jeden Linie des Zuges einen filbernen Draht ein, und fihlugen ihn fe. Mit ‚eben diefem Drahte folgeren fie der Linie bis an das andere Ende, fhlugen ihn feiner ganz zen Sänge nad) feft, und knippen ihn zulegt ab. Eben fo verführen fie mit allen Linien, big der Zug fertig war. Weil aber der Draht noch nicht allerwegen feſt hielt, fo ſchlu—⸗ gen fie auf denfelben über die Platte ber fo lange, bis er fich recht feſt in die eingehaue⸗ nen Risen eingefeger hatte. Wenn fie eine ganze Platte mit Silber überziehen wallen,: ſo ſchneiden fie ihr gefchlagenes Silber in die Form, die es auf dem Eifen Haben foll, und: ſchlagen es auf die vorhin befchriebene Weife mit dem Hammer ein. Zu biefer ganzen Arbeit bedienen fie ſich eines einzigen Hammers. Dieſer ift amfeinen: beyden Enden breit: aber ein Ende ift geglättet, das andere feharf eingehauen ımd rauh. Das Eifen einzur bauen, brauchen fie feines von deffen beyden Enden, fondern fie faffen: den Hammer: in der Breite, und fehlagen mit der Mitte deffelben auf den Meißel. Wenn fie das Sil- ber einfchfagen wollen, fo brauchen fie dazu das raube, zum Poliren aber das: glatte En« de. Die Weile, wie fie den Silberdraht ziehen, ift faſt eben diefelbe, wie bey. uns. Sie ſchlagen auch das Silber ſelbſt, und man fieht es ihm an, daß es durch Feine Walz . degegangen ift. Sie ſchmelzen das Silber in eiſernen Gefaͤßen, weil fie, von: irdenen Schmelztiegein nichts wiflen- | 33 Un 1735 — — i Bmelins Reife. 173% —f — Ankunft der - Afademiften zu Irkutzk. 132 | Reiſe nach Kamtfchatfa Am ten März kamen wir in Die Slobode Olonki, welche aus zweyen eine Werft “weit von einander entlegenen großen Dörfern: beſteht. Bis hieher waren wir, von, Balachansk an, faft ſtets auf der Angara in Schlitten gefahren Weil aber das Eis ſchon an vielen Stellen Niffe befam, und alfo ‚die Fahrt auf demfelben: gefährlich wurde, ſo hiefeen wir uns in dieſer Stobode eine geraume Zeit auf. Die Gegend dert herum iſt uͤberaus angenehm, und das Erdreich zum Ackerbaue ſehr geſchickt. Bey un⸗ ferer Abreiſe wichen wir von dem Fluſſe ab, und kamen bey ſehr ſchoͤnem Wetter durch eine duͤnne Waldung von Birken und Fichten, Abends um neun Uhr in dem Dorfe Ba⸗ le, welches ander Angara liegt, an. Es wohnen hier lauter Sluſchiwie. Um Mitz, ‚ternacht fuhren wir fort, und erreicheten früh um drey Uhr die Slobode Urik, welche ‚aus mehr als funfzig wohlgebaueten Haͤuſern beſteht. Sie hat den Namen von dem Fluſſe Weit, an welchen fie liegtwelcher in-die Kuda, gleichwie dieſe in die Zingas ra fällt. Nach einen Aufenthalte von ungefähr zwoen Stunden fuhren ‚wir wieder ab. Wir mußten einen fteifen Berg hinabfahren, wo unbefchlagene Pferde, wie unfere ma- von; nicht hätten forrkommen können, wenn nicht die Fuhrleute aus der Landſtraße ge- wichen und durch Derter gefahren wären, wo noch viel Schnee lag. Vermittelſt unſerer geſchwinden Schlittenreiſe kamen wir am gten März früh um ſieben Uhr in Irkutzk an. Unfere von Balagansk vorausgeſchickte Geraͤthſchaft, war ſchon Abends vorher ange-⸗ kommen; und unſere übrigen Leute, Die wir von Krasnojarsk voraus geſchicket hatten, waren ſchon ſeit zehen Tagen in Irkutzk. Den Herrn la Croßere trafen wir, wider unſer Vermuthen, hier nicht an, fün- dern fanden nur einen zurüchgelaffenen Brief von ibm, in welchen er uns anzeigete, daß ser fehon im Monate Jaͤnner nach Nertſchinsk und den argunifchen Silberbergwerken ‚abgereifet war, und daß er auf dem Winterwege nad Irkutzk zuruͤck zu kommen hoffes te, Weil die Umſtaͤnde unferer Reife uns erlaubeten, noch ein ganzes Jahr in diefen Gegenden zu bleiben, fo faſſeten wir bald nach unferer Ankunft in dieſer Stadt den Ent- ſchluͤß, auf ven Winterwegen zuvoͤrderſt bis nach Selenginsk, und hernach von da ‚auf den Sommerwegen weiter zu.gehen. Weil-uns aber die Reiſe, ‚die wir uns zu thun vornahmen, dermaßen beſchwerlich beſchrieben wurde, daß man fie nicht anders, als zu ‚Pferde, thun koͤnnte, fo fanden wir fuͤr noͤthig, uns. nicht. mit vielem Reiſegeraͤthe zu ber Aäftigen, und ließen einen gufen Theil deffelben in Frust, 7 Wir hatten: in allen fies ‚ben und drayfig Fuhren, und Dazu ‚pfleget man in. Rußland eben fo viele Pofipferde zu ‚geben. Nach diefer Ordnung befahl die Kanzelley in Irkutzk, uns nur fieben und örepf- fig Pferde zu geben, obgleich die erſte Station, wo wir erft andere Pferde bekommen follten, uͤber zweyhundert Werſte vor Irkutzk entfernet war.· Der Unterſtatthalter wollte keine Vorſtellungen dawiber annehmen; und uͤberhaupt war die Kanzelley unwillig, daß wir fo viele Machrichten wegen ber Hiftorie und Topographie dieſer Gegenden verlangeten; Aund daß wir, ungeachtet ihr Vorgeſetzter viele Schmaͤhreden deßwegen gegen uns aus— ‚ung ) gen geg ſtieß, fie dennoch, durch Vorzeigung der kaiſcrlichen Befehle, die wir. bey. uns hatten, zu ihrer Pflicht antrieben. Sie fanden aber Mittel and. Wege, uns auf mancherley Art Berdruß zu machen Es Eam ſo weit, daß wir der Kanzelley die Erflärung thaten, ‚ein Jahr und länger auf ihre Unkoften in. Irkutzk zu bleiben, wofern uns nicht eine groͤßere Anzahl Mferde gegeben wiirde. Es wollte ſolches in Anfange nichts helfen: allein, wir erfuhren am folgenden Tage, daß deßwegen neue Befehle waren gegeben u Wei durch Sibirien. | 183 Weil’ num ſchon alles zur Reiſe veranflalter und unſere Geraͤchſchaft aufgeladen ‚war, fo Gmelins- ließen wir ain drey und zwanzigſten Maͤrz Boumirrages alle unfere Leute" abgehen. ı Wir elle. ſchicketen auch zween Schüßen, mit welchen unſere Reiſegeſellſchaft vermehret worden "735 war, voraus: wir ſelber aber blieben zuruͤck, bis die uͤbrigen Pſerde ankaͤmen. Es 5 wurden zwar gegen Abend noch etliche gebracht; weil ihrer aber noch nicht genug waren, und wir nicht länger warten Fonnten, indem wir leichttich die Winterreife über den Bai⸗ kal haͤtten verfäumen Fönnen, forentfehleffen wir uns endlich, am folgenden Tage auf den Marke zu ſchicken, und die erften die beften Pferde durch unſere Soldaten weguehmen zu laffen. Hierdurch erhielten wir endlich die benörbigte Anzahl Pferde, fo daß wir am 24ften März Vormittags gegen eilf Uhr aus der Stadt abfuhren. Unfere Geraͤthſchaft liegen wir mit Schlitten fortbringen: wir-felber aber giengen mie Wagen ab, Wir fuh— ren ungefaͤhr fechs und zwanzig Werfle weit beſtaͤndig auf der Angara: weil aber das Eis immer mehr unſicher wurde, ſo wandten wir uns nach einem Walde, durch welchen wir bis nach Molodowa⸗Simowſe fuhren. In dieſer Gegend war die Angara ſchon völlig aufgegangen. Am asflen des Morgens gegen drey Uhr kamen wir in Nikols⸗ kaja⸗ Saſtow, und eine Stunde hernach in Liſtwiniſchnoje Simowje an. Weil der. Weg von einem dieſes Orte zum andern an. dem Ufer ber Angara hingeht, welcher Fluß hier aus dem Baikal ausfäuft, fo war dieſe Ueberſahrt fehr ‚gefährlich und fürch- erlich. Nikolskaſa⸗Saſtawa hat nichts befonders, als daß es dafelbf eine ‚große Menge allerley Arten wilder, Enten:giebt, Ob wir aber gleich unfere Schuͤtzen dahin vor⸗ aus gefihicket hatten, fo fanden wir Dennoch nicht ein Stuͤck Federwildyret. Saſtawa bedeutet in Sibirien einen Pas, wo Zoll eingenemmen.wird. , Das dafıge Zollhaus- hebt den Zoll von allen Waaren, die von der chinefifchen Graͤnze kommen, und welche ſchwerlich einen andern Weg nehmen Einnen: Weil nun, folcher Waaren ‚viele find, ſo iſt hier. der Dienft. des. Zolleinnehmers ſehr einfräglich,, und bereichert feinen Mann ſchon in Jahres friſt. Der Stattbalter vergiebt dieſe Stelle, und die Comperenten müffen ibm: dafür opfern: Das gewöhnliche Gefchenf „ welches fie ibn machen, beträgt, wie man für ger, drehhundert Rubel. Man erzäblere uns, daß, als diefe Bedienung kurz zuvor. ers Tediger gemefen, fich ihrer dreye um dieſelbe beworben, auch. insgefamt das Verfprechen: kr Beförderung erhalten Bärten, daß endlich der Statthalter ale dreye dazu ernannt dere, und von jeglichen Drey Hundert Rubel erleget worden. wären; und daß fie dennoch; ſehr wohl dabey ausgefommen wären. | Hr ls wir bey der gedachten Simowje anlangeten, fb waren wir an dem See Balz: kal, auf welchem das Eis noch feft ſtund. Wir fuhren auf diefem See beftändig an ſeis nem nördlichen Ufer fort, und kamen Nachmittages um: ein Uhr in die Simowje Go⸗ lusna. Hier hatte unfer bratskiſcher Dolmetſcher faft bundere und funfzig Pferde, die in der Gegend weyderen, zufammen getrieben > unter dieſen laſen wir die beſten aus, ließen eine Anzahl ruſſiſcher Pferde, dieram meiften abgemattet waren, zuruͤck, und begaben uns: Abends wieder aufiden See, über welchen wir bis. binüber an das füdliche Ufer fuhren. Die Reife auf diefem See gab · uns zur Kurzweile Anlaß; und die Gelegenheit hierzu war folgende. ee re Es iſt bey den Völkern in dieſer Gegend" gleichſam ein Glaubensartikel, den See Baikal sin Meer, nicht einen See, zu nennen » den er haͤlt · ſich es, wie fie fagen, fir einen Schimpf,, nur: ein Ger zu heißen, und vächer ſich allegeit dafür, Sie glauben: nämlich); i 184 Reife nach Kamtſchatka Gmelins nämlich, daß er etwas goͤttliches an ſich Habe: daher nennen fie ihn Swijotoje⸗More, Reiſe. d. i. das heilige Meer. Wenn man es ihnen nicht glauben will, fo wiſſen fie aller- 2735- ley lächerliche Hiſtoͤrchen zu erzählen, welche fie auch uns mittheileten. Aber wir zeigeten amnfern Fuhrleuten, daß man ſich bey ftillem Werser Feiner Gefahr bloß ftellete, wenn man einen See einen See hieße, und verfpotteten fie mit ihrem Aberglauben, Die größte Gefahr in Winterszeit, für Schlittenfahrer , iſt diefe, daß fich an vielen Stel- den Eis aufwirft, zwifchen welchen offene Löcher find, vor welchen man ſich ſehr in Acht nehmen muß. So oft wir an folche Stellen Famen, fo ließen wir einen andern Weg ſuchen: aber die Fuhrleute wußten uns ſolches wenig Dank. Dieſer See erſtrecket ſich ſehr weit von Weſten nach Oſten. Auf allen Landkarten, die wir geſehen hatten, waren ſeine oͤſtlichen Graͤnzen nicht angezeiget, vermuthlich, weil noch niemand dahin gekommen war. Man ſchaͤtzet die Länge gemeiniglich auf fünf hun- dere Werfte ; die Breite hingegen beträgt von Norden nach Süden nicht viel über fünf und zwanzig bis dreyßig Werfte, ja an manchen Stellen nur funfzehen Werfte. ‚Er iſt rings herum mit einem hohen Gebirge umgeben, auf welchem aber Damals wenig Schnee mehr lag. An diefem See iſt auch merkwuͤrdig, daß er erft gegen Weihnachten zufriere , und im Anfange des Mayes erſt aufthauet. Wan diefem letztern Monate an bis zum Ausgange des Auguſtmonates verumglücken, wie man uns fagefe, nur wenig Fahrzeuge auf ihm : ‚aber im September werden die Winde heftig , und in den folgenden Monaten immer mehr, fo daß man in folcher Zeit von vielen Schiffbrüchen höre, Man hat fich Bisher zur Fahrt auf demfelben nur der Doſchtſchennicken bedienet: und weil diefe Fahrzeuge nicht,anders, als vor dem Winde, gehen Eönnen, fo müffen die Reifenden ‚oft viele Tage auf den benöthigten Wind warten. Es ſoll auch die Fahre von Irkutzk aus leichter feyn, als dahin, weil dort die Nordweſtwinde die gemeineften find. Nach vollbrachter Reife über diefen Ser kamen wir am 2gften März zu Poſols⸗ toi-Monaftir an. Es ift dieſes Klofter nur von Holze erbauet: es machet aber von der Seite des Sees, ‚an deſſen Ufer es.liege, .ein ‚gutes Anfehen. _ Nings um daffelbe ftehen eine Anzahl Häufer , morinnen die Klofterbauern wohnen. Bon bier an fuhren wir ein Stuͤck Weges auf dem Fluſſe Selenga, wo wir die Ausficht eines Gebirges be- kamen, und wir erreicheten "Abends um fuͤnf Uhr Rabanskoi⸗Oſtrog, welcher am Bache Rabans liegt. Diefer Bach foll feinen Namen vonder Menge der wilden Schwei⸗ An welche fi zur Zeit der Erbauung der Stadt Selenginsk in Diefer Gegend aufbielten. Hier aͤußerte es ſich, daß in dieſen Gegenden die Lebensmittel viel ſeltener und theue⸗ rer ſind, als in andern ſibiriſchen Landſchaften, durch die wir gereiſet waren. Denn obgleich Ackerland und eine gute Viehzucht allda zu finden iſt, fo pflegen doch) die Einwoh⸗ ner nichts, ‚als um einen übermäßig hoben Preis, zu verfaufen. Man forderte für ein Huhn fünfzig Kopecken. Wir wollten ein Kalb Faufen: aber es war Feines zu befom- men. ¶ Man gab vor, daß, wenn das Kalb wegkäme, die Mutterkuh Feine Milch mehr geben würde, Diefes fagen die Bauern in ganz Sibirien. Wenn ein Kalb ftirbe, oder Auch zumeilen verkaufet wird, fo fpielen fie der Kuh folgenden Betrug. Sie ftopfen ein Kalbfell aus; und wenn ſie von der Kuh Milch haben wollen, fo zeigen fie ihr das aus⸗ geitopfte.KRalb : alsdann giebt fie Milch, fonft aber nicht. Fe } ’ Bir “ durch Sibirien. 85 Wir mußten bienalleunfere Gerächfchaft auf Karren laden, weil der Schnee fih immer Gmelins mehr verlor. Bald nach unferer Abreife befamen wir zwey Gebirge zu fehen, wo die Selen: Veiſe. ga durchfließe, und zwifchen welchen wir ducchfahrenmußten. Wir hattennochein Paar Ta: 1735 ge eine fehr befchmwerliche Reife, bald über Berge und wieder durch fumpfige Tiefen, bald auf der Selenga, bald aud) durch düree Heiden, Steppen, fonderlich auch um deßwillen, weil es fo fchwer hielt, ehe wir Pferde befamen, und diefes wegen der angebohrnen und berufenen Bosheit der dafigen Einwohner. Wir fuhren durch Iliinskoi⸗Oſtrog oder Bolſchaja⸗Saimka; durd Troitzkoi⸗ Monaſtir, ein fchönes, ‚altes und reiches Klo: fter, wo wir eine Anzahl frifcher Pferde befamen; durch Polowinnoje⸗Simowje, wel- es auf dem halben Wege zwifchen Iliinks und Udinsk liegt; und endlich nach Udinsk⸗ Prigorod, am rechten Ufer der Selenga. In diefem Städtchen befamen wir wieder fo viele frifche Pferde, daß ich nebſt Heren Muͤller mit erfichen unentbehrlichen Fuhren vorausgehen konnte. Unſere Leute und übrigen Sachen ließen wir zurüd, und befahlen ihnen, fo bald als möglich, nachzukommen. Wir waren faum fechs Stunden gefahren, fo Eonnten unfere Pferde vor Müdigkeit nicht weiter forffommen, obgleich der Weg über eine fehr ebene Heide, Steppe, gieng. Wir mußten daher auf freyem Felde ftill halten, die Pferde ruhen zu laffen, und wir hatten doch weder Holz, noch Waſſer, noch Schnee, noch Futter. Ueberdieß gieng der Wind ſo heftig, daß mir uns nicht gefraueten , aus dem Wagen zu fteigen. Nach einem Eurzen Aufenthalte führen wir weiter, und errei» cheten mie großer Noch zu Mittage eine Simowje, die mitten in der Heide am Bache Orongoi angeleger iſt. Von bier ſchicketen wir unfern bratskiſchen Dolmetſcher vor- aus, damit er eine Anzahl friſcher Pferde fuͤr uns bereit halten moͤchte. Zu gutem Gluͤcke fanden wir fuͤnf hundert bratskiſche Pferde, die hieher getrieben waren, unter welchen wir die benoͤthigten auslafen, und fo viele, als unſere Leute braucheten, zuruͤck⸗ hießen. Die Buraͤten in diefen Gegenden, ob fie gleich nur won der Viehzucht leben, und feine Handmwerfe, wie die Balachansker, treiben, find Dennoch bey guten Mir: teln, und es giebt einige darunter, die ihre taufend Stuͤck Schafe, und eine Menge Och— fen und Pferde haben. Ihre Schafe Haben alle fehr breite Schwänze, wie die kalmucki— n. Die Buͤraͤten reiten auf Pferden, Ochfen und Kühen, was ihnen zuerft bey der Hand ift, und leben übrigens eben fo unreinlich, wie andere heidnifche Nationen in Si- birien. Am drepfigften März, des Morgens um-drey Uhr, kamen wir in dem Dorfe Sui an, welches nahe am linfen Ufer'der Selenga liegt; und um neun Uhr Bormit- tages langeten wir in der Stadt Selenginst an. Wir fanden hier den. Herren de la Croyere, welcher vier Tage zuvor von feiner nertſchinskiſchen Reiſe zuruͤckgekommen war. Unfer übriges Gefolge fam mit der Geräthfehaft erft am folgenden Tage, vier und zwan- dig Stunden nad) uns an, Etliche Tage nach unferer Anfunft in Selenginsk erfuhren wir, daß in der Nähe, am Fluſſe Tſchikoi, ein Taiſcha, oder Prinz von mongolifcher oder dalai⸗lamaiſcher Religion, fich befände, welcher ehedem felbft ein Priefter diefer Neligion geweſen wäre. eil wir nun von ihm etwas umftändliches von der mongolifchen Neligion zu erfahren bofferen ‚(fo entfchloffen wir ung, ihn zu befuchen; und ich trat nebſt Herrn Muͤller am elften April die Reife zu ihm an, Wir nahmen auch einen ruffifchen und einen mongo— Üfchen Dolmetſcher mit uns: Allgem, Reiſebeſchr. XIX Band. As Wir — Gmelins Reife, 273 5* — ⸗ 186 Keife nach Kamtſchatka Wir reifeten laͤngſt am Selings bis an die Muͤndung des’ Fluſſes Tſchikoi. Hier wandten wir ung zur sinken und traten den Weg über Sandberge- an. Unterwe⸗ ges Famen wir an zwo bratskiſche Jurten, welche beyde einem Manne gehöreten. Sin der beften wohnete diefer Mann mie feiner Familie, und in der andern fein Hausgefinde. Beyde waren rund, und mit weißen Woelocken, die diefe Leute felbft machen, überz0= gen. Diefe Woelocken beftehen aus dünnen quer übereinander genagelten Stänglein, nach Art eines Gitters. Die Jurte bejtund aus vielen ſolchen Gittern, welche neben und über einander gefeger waren. Wenn fie die Jurte von einem Orte zum andern brin- gen wollen, fo legen fie die Stänglein, welche vorher "unten fehief lagen, alle gerade zu⸗ fammen , und ein jedes Gitter nimmt einen fleinen Raum ein. Man nimme die Woe⸗ locken ab, leget die Gitter zuſammen, packet alles auf Pferde oder Ochſen und reiſet damit fort. Ihr Ausziehen iſt leicht gethan: denn außer der Jurte Haben fie nur ein Paar Kaͤſtchen fort zu bringen, weil faft alles, was fie Haben, in Pferden, Ochſen/ Scha- fen und Ziegen beſteht. Ein Bırcke bleibe nicht länger, als etliche Wochen, an einem Orte: fo bald fein Vieh das Futter in der Gegend aufgezehrer hat, fo ſuchet er ſich einen andern Ort aus, Wir giengen in die beſte Jurte, und. fanden darinnen einen But’ ten mit feinem Weibe, zwo Dirnen ‚die feine Verwandten waren, ein Rind, ein damit von dreyen Tagen, drey Kälber und einen Hund, welche zufammen gleichſam ſeine Fa⸗ milie ausmacheten. Die Frau hatte in ihrer Kleidung nichts befonders, tind es fah alles an ihr fehe unflächig aus. Die Dirnen hatten Halsbänder von etlichen Reihen gelber Korallen, und etliche Haarzöpfe über den Schultern herabhaͤngen. Bey dem Eingan: ge der Jurte lag ein vierecfichter Sad von Woelocken, und auf demfelben ein’ Iltisfell: daran war ein drey Zoll langes Onchon, Goͤtzenbild, von duͤnn gefthlagenem Meſſinge an⸗ geheftet. In dem Sacke waren noch viele andere Önchonen , von weichen die meiften aus Solonka, einem chinefifchen feidenen mit metallenen Fäden durchwirkten Zeuge, beftunden. Auf diefen Zeug waren einige fehfechte Züge mir brauner Farbe geſchmieret, welche Gefichter vorftellen follten, und anftatt der Augen hatte man ein Paar bfeyerne Kügelchen eingefeget, Um diefe Jurten lief das Vieh frey herum, und mitten darun⸗ ter fahen wir einen Jungen, der auf einem Ochſen ritt, welchen er mit einem Durch die Mafenlöcher gezogenen Striche regierere. Ungefähr anderthalb Meilen weit von diefer Wohnſtaͤtte Famen wir an einen Fleinen See, deffen Ufer voller Schwäne, Gänfe, Tur⸗ panen und Schnepfen waren. Es entſtund aus dem vermiſchten Geſchreye diefer Thiere eine Art von Muſik, die ung ergögere, weil fie natürlich war. Der Laut, welchen der Turpan 48) von fich giebt, gleiche dem Laute einer Schallmeye: Bier war er gleichſam der Baß zu der Muſik. Von dieſer See gieng der Weg uͤber ein huͤgelichtes und ſan⸗ dichtes Erdreich, hernach wieder über eine Steppe, und ſodann kamen wir auf einen niedrigen Grund, den man Carawanoi⸗Lug nennete, weil die nach China gehenden Karawanen hier ihre Heufihläge haben. m diefer niedrigen Gegend giengen wir über etliche fehnelf fließende Bäche, und kamen Abends um acht Uhr in einer Simowje al welche an dem Tſchikoi liegt, wo ein gefaufter Surät, (devgleichen Leute in der daſi⸗ gen Sprache Karimmi beißen), feinen Wohnplatz hatte, Unſere Muͤdigkeit, 8 die Um oh Beſorg⸗ 48) Der Turpan gehoͤret zu dem Enten» oder Ganſegeſchlechte er iſt meiſtens fuchsroth, Hat aber viel Schwarzes an den Fluͤgeln und bey dem Buͤrzel. R i % durch Sibirien. | 187 Beſorgniß, es möchten unfere Wagen gar zu lange: zuruͤckbleiben, noͤthigten uns, bier Gmelins das Machtlager zu halten: Die Stube des Buraͤte war ziemlich bequem, aber es fand Reife. ſich nicht das geringfte zu effen und zu trinken. Wir waren der Gerichte der Bratski 1735-. und ihres Thees noch nicht fo guf gewohnt, als daß wir nicht lieber bis auf den folgen- den Tag haͤtten hungern und durften wollen: Wir legesen uns auf die hölzernen Bänke bieder; und als wir im: beften. Schlafe waren,, fo. kamen unfere Wagen früh um ein Uhr an, und wir hielten nunmehr unfere verſaumte Abendmahlzeit. Des Morgens nach dier Uhr fuhren, wir wieder ab, und: kamen durch) einen. dünnen Fichtenwald auf eine Steppe, wo uns. der Taiſcha, im Gefolge feines Belün (Priefters) und zweener von „ finen Anverwandren, entgegen Fam. Bor ihm her vitten drey Leute mit Bogen und Pfeilen, von welchen der mittlere eine rothe Fahne trug. Der Graf Sawa Wladis⸗ lawitz Baguſinski hatte, als er ſich in diefen Gegenden als ruſſiſcher Gefandrer auf- hielt, ihm diefe Fahne geſchenket. Auf jeder Seite der Fahne flund eine Sonne, und dabey diefe ruſſiſche Ueberſchriſt: Nikomu ne uftspsjer: d. i. weicher keinem. Unten ftund : Vivat femper Auguftus-Peter Phtoru - Wferofiiskoi Imperator, 1727° Godu. (Peter. der zwepte, ruſſiſcher Reifer 1727), Wir fliegen aus dem Wagen, und ritten mit dem Taiſcha noch etliche Werfte weit; da wir endlich) Vormittags um eilf Ubr in feine Sommerjurten Famen, welche in einem niedrigen Grunde der Steppe - Angeleget waren, Der Taiſcha führere ung zuerft in die Jurte des Geluͤn, welche am naͤchſten war. Die Bauart derfelben war, wie bey andern bereits beſchriebenen, befihaffen: aber es fah teinlicher darinnen aus. Sie war inwendig rings herum mit, türfifchen Tapeten beleger, und wir mußten uns darauf feßen. In einer Ede ftund ein Auffag von etlichen lackir— ten Kiftchen,, worauf etliche, filberne inwendig vergoldete Theefchalen, und eine brennen- de Sampe, ftunden. Ueber der Sampe, auf einem -Kiftchen , ſtund ein von gelbem Me- alle gegoffener Burchan, (Gößenbild), der über einen halben Schub hoch, und auf- er dem Kopfe und der rechten Bruſt, welche man bloß gelaffen hatte, mit feidenem Zeu— ge umwickelt war. Man erlaubere uns, den ganzen Burchan zu entblößen, um ihn genauer zu: befehen. Er ſchlaͤgt die Füße, nach bratskiſcher Art, über einander. Zur eite, neben den Kiften, bieng an der Wand der Jurte ein viererfichtes Stuͤck So, omjanka, auf welchem ungefähr fünfzehn von ihren Halbgöttern (oder gleichfam Heili- gen) gemaler ſtunden. *8 Wir hatten mit dieſem mongoliſchen Prieſter (Geluͤn) allerley Unterredungen, die ſeine Religion. betrafen. Er war nur von der geringern Gattung der Prieſter, und man Könnte daher vermuthen, daß er vielleicht felbft nicht alles vecht aus dem Grunde gewußt haͤtte. Wie es ſcheint, fo ift die mongolifche oder dalai- lamsifche Religion ein Unächter Zweig der alten chriftlich-Eatholifchen Religion. Won dem vorhin beſchriebenen Gögenbilde gab er uns folgenden Bericht. Es ftelle den Sohn des wahren Gortes vor, der in die Welt gefommen, die Menfchen zu unterrichten, und hernach wieder in den Simmel gefahren fey- Die volle Schüffel, welche dieſer Göge im Schooße hält, bedeu- fee, wie er fagete, daß, weil Diefer Gottesſohn in der Zeit feines Aufenthaltes auf der rde Yon den Wohlthaten Der Menfchen habe. leben muͤſſen, ex allen denen Güter in berfluffe werfprochen habe, die, ihm feine Schuͤſſel anfuͤlleten. Er hat (fuhr der eluͤn fort) eine Mutter, welche allen denen, die ihr Bildniß bey ſich tragen ‚ infone | | Aa 2 derheit Gmelins KReiſe. 1735 — 188 Reiſe nach Kamtſchatka derheit den Reiſenden, Beyſtand leiſtet. Er zeigete ung ein ſolches Bild, welches in eine Art von Terra ſigillata eingedruͤcket war. Es war mit Goldblaͤttern bedecket, in Baummolle eingerickelt, und in ein Füpfernes Zurteral eingefehloffen. Er fehenkere dem Heren Müller ein folches Bildniß der Mutter Gottes, nachdem. er verfichert worden war, daß er es nicht misbrauchen wollte. Nach feinem Vorgeben hat diefer Gortesfohn niche nur einen Vater, fondern auch einen Großvater; und dieſer leßtere ift der Bor: nehmſte. Uebrigens erkennen fie, (wie er fagete), Feine andern Götter; aber fie vereh⸗ ren, als Goͤtter, die Lamas, d. i. diejenigen, welche einen frommen Wandel gefuͤh⸗ ret, und Fürften, welche gerecht regieret haben. Es war eben damals, als wir unſern Beſuch ablegeten, ein Tag, (der erfte eines Monates), an welchem fie ihre Andachten verrichten: und deswegen brannte die Lampe: aber der Gortesdienft war ſchon vorbey, als wir anfamen ; denn er wird fehr früh gehalten. Wenn die Leute fich zum Gottes- dienfte verſammlen follen, fo läßt der Priefter durch die Kirchendiener auf einem In⸗ ſtrumente blaſen. Dieſes hat die Geſtalt einer Schallmey, und iſt mit dreyen Löchern verſehen, wodurch die verſchiedenen Toͤne hervorgebracht werden. Das Mundſtuͤck be⸗ ſteht aus Meſſinge: aber das Juſtrument laͤßt ſich nicht anders, als vermittelſt eines in das Mundftück gefteckten dünnen Schilſrohres, blafen. Unter währendem Gottesdien⸗ ſte klingelt der Prieſter zuweilen mit einem Gloͤckchen, welches er in der linken Hand hält. Es wird auch dazwifchen eine Trommel geruͤhret, welche den Zaubertrommeln der Heibnifchen Nationen in Sibirien ähnlich ſieht. Die feyerlichften Wörter, die beym Got⸗ tesbienfte ausgefprochen werden, find: Ommani podmuchum, d. i. Herr, erbar⸗ me dich! und fie fommen mie dem tuffifchen Gospodi pomilui überein. In der Ta desftunde geben die Priefker den Kranken eine Art Pillen, welche unfer Dolmerfcher mif dem heiligen Abendmahle der Chriften verglich. Sie haben auch eine befondere Arf Weihrauch, wovon fie etwas auf Kohlen verbrennen. Ein jeder eiferiger Mongo nimmt diefe Sachen, wenn er verreifer, auf einen Nothfall in fülbernen Büchschen mit fih. Die Priefter unterfcheiden fich von ihren Religionsverwandten durch die Kleidung. Sie tragen Feine Quaſte auf der Muͤtze, fondern es ift ihre Mügeoben platt. Sie flech sen aud) ihre Haare nicht in Zöpfe, mie die meiften Mongolen chun. Sie tragen eine Art von Rofenfranze am Halfe, und ſonderlich ift diefer ein Kennzeichen der mongoli⸗ fehen Mönche und Nonnen. Denn ihre Religion koͤmmt auch hierinnen mit der roͤmiſch⸗ katholiſchen überein, daß einige Perſonen ſich des Eheſtandes enthalten, Fein Fleiſch eſſen/ und mehr als andere bethen. Die Mongolen haben auch, wie die Roͤmiſchkatholiſchen, verſchiedene Stufen de Geiſtlichkeit. Der Dalsi»Lama ift bey ihnen, was der Papft in feiner Kirche ift: et hat aber das geiftliche und das weltliche Regiment beyfammen. Er hat einen Amtsge⸗ noffen, welcher Kutachta genannt wird, ihm aber unterworfen iſt. Won ihrem Da⸗ lai⸗ Lama geben fie nach alter Sage vor, daß er unſterblich ſey, d. i. daß feine Seele in feinen Nachfolger fahre. Das Geheimniß diefer Seelenwanderung foll im fo genden beftehen. Die Tanguten, bey welchen der Sig der morgenländifchen Weisheit iſt, erziehen Kinder, welche fie durch eine gehörige Erziehung zu der Würde eines Da⸗ laiz Lamagefhieft machen. Wenn nun ein Dalai: Lama ftirbe, fo muß einer von diefen Sehrlingen, welchen fie für den tüchtigften halten, vorgeben, es ſey die Seele de verſtorhenen Dalai⸗ Lama in ihn gefahren. Dieſem jungen Weiſen glaubet man Be: © durch Sibirien, 0289 fein Wort, und er wird zu folcher Würde erhoben. Jedoch finden fich auch, wie man Gmelins uns ſagete, andere, die wider der Tanguten Willen folches vorgeben; und alsdann Reife. entſtehen große Streitigkeiten. Wegen eines folchen vorgefallenen Zwiftes, da fich ibrer 1735 zween für den Dalai⸗Lama ausgegeben, hatten damals die Mongolen feinen Dalai⸗ 4 Lama, fondern nur einen Kutuchta, welcher fich aber durch feine Geſchicklichkeit nach und nach zur Unfterblichfeit erhoben hatte. Weil er ſah, daß die Mongolen ihm zuge than waren, fo hatte er, um felbft das Oberhaupt zu bleiben, es fo zu vermitteln ge wußt, daß feiner von beyden Concurrenten war angenommen worden, und er felbft mar anftatt des Dalsi-Lama, Der Beltin berichtete uns auch, daß die Mongolen die Buraͤten nicht für Rechtgläubige, fondern für folche Jeute hielten, die allein dem Teufel anbiengen, und nach Gotte nichts frageten. Denn, fagete er, obgleich die Tanguten ebenfalls ihre Schamanen oder Zauberer haben, fo ift doch das Werf eines Schar Man etwas, das Feinesweges zur Neligion gehöre, und ein Nechtgläubiger verachtet daffelbe. In der Thar find die Buraͤten völlige Heyden; aber ihre Sprache ift mon: goliſch: daher Fönnen die mongolifchen Priefter fich mit ihnen unterreden, und bringen > einige Buräten zu ibrem Glauben, fo daß fie Nechtgläubige nach ihrer et werben. In der Gurte des Geluͤn, wo mir diefe Nachrichten befommen hatten, brannte ein Feuer, worüber cin großer eiferner Keffel ftund, welcher ungefähr funfzig Pfund Waſſer hielt, und mit zubereitetem Thee, der auf Bratskiſch Saturan heißt, ange füllee war. Sie wollten uns dergleichen Thee vorfegen, und fülleten deswegen hölzerne Schalen damit an: aber wir bathen, daß mir Thee nach unferer Art und aus: unfern Schalen trinfen dürften, welches fie uns bewilligten. Wir giengen fodann in die Jurte des Taiſcha, welche ebenfalls fehr reinlich ausfah, und tranfen allda unfern The, So _ bald wir hinein getreten waren, wollte uns der Taifcha mit gemeinem Brannteweine be- - wirthen, welchen er in einem benachbarten ruffifchen Dorfe hatte holen laſſen. Wir nahmen dieſe Ehre wieder nicht an: aber der Taiſcha trank ihn mit feinen Leuten aus großen Bechern. Wir aßen zu Mittage in der Jurte; und obgleich der Taiſcha uns in feinen Oftrog, etliche Werfte weit von den Jurten, einlud, fo entfchloffen wir uns doch, die Rückreife anzutreten. Der Belün war, fo lange wir uns bey dem Taiſcha aufz- bielten, bey uns: und als wir Abends um fechs Uhr Abfchied nahmen „ fo hatten fie bie Höflichkeit, uns miteben den Ceremonien, wie fie uns eingehofet hatten, zu begleiten. Wir fuhren bis Nachts um zwölf Uhr, und übernachteten an einem. fleinen Bache. Fruͤh um fünf Uhr reifeten wir wieder fort, giengen wieder über den Turpsn- Dforos und Famen um neun Uhr bey der bratsfifchen Jurte an, mo wir Abends vorher geweſen waren. Wir fanden den Wirth noch eben fo freundlich, als. wir ihn verlaffen hatten. Herr Müller befam von ihm alle die feidenen Goͤtzen, die wir auf der Hinreiſe gefehen hatten; er nahm auch Fein Geld dafür an, weil er, wie er fagete, von; einem Lama für ein Paar Hammel, fo viel als er wolle, wieder bekommen koͤnnte. Die Weibesperfo- -, nen in diefer Jurte vertrieben ſich die Zeit wechfelsweife nie Nehen und mit Tabadraue chen. Auſtatt des Fadens, den Kitaika zu neben, bedieneten fie. ſich Pferdehaares. Nach dem Mittagseflen reifeten wir nad) Selenginsk zurüd, we wir Abends um ſechs Uhr ankamen. Aa 3 Sanmehe Gmelins Reife. 1735 190 | Reife nach Kamtſchatka Nunmehr waren wir auf unſere Reiſe nach der. chinefifchen Gränze bedacht, und warteten nur, bis der Tſchikoi, über welchen Fluß wir gehen mußten, «aufbrechen wür- de. Am ıoten April trieb das Eis, und am zoften mar der Fluß ſchon rein. Herr de la Croyere gieng am zıften Abends um fechs Uhr aus Selenginsk ab, und mir folge- gen ihm Tages hernach. Abends gegen acht Uhr befanden wir ung Strielki oder Petra⸗ Pawloskaja⸗Krepoſt gegenüber , und fegeten mit unfern Leuten und Sachen über den Tſchikoi. Die ganze Ueberfabre wurde mit einem einzigen Kahne verrichter. Man nahm von unſerm Reifewagen die Borderräder ab, und fegete ihn fo-auf den Kahn, daß die Hinterräder im Waffer waren. Ein jeder Karren wurde fo, wie-er war, auf den Kahn geſetzet: aber die Pferde ließ man nach fibirifcher Are hinüber fihwimmen. Man bat ſchon längft, weil hier eine ftarfe Ueberfahrt iſt, eine Brücke anlegen, . oder wenige ftens Flößen für die Reifenden bereit'halten wollen: ‚allein, wegen des fehr ſchnellen Stro- mes iſt es nicht möglich. geweſen. Aus eben.biefer Urfache waget man es.auch felten, bey ſtarkem Winde über zu fegen. Die Breite des. Sluffes, wo wir überfußren , beträgt nicht über fechzig Faden. Wir hielten uns zu Strielki ein Paar Stunden auf, damit unſere efenden Pferde, Die von dem Zuge über die Sandberge fehr ermüder waren, ſich erholen möchten, und fegeten alsdann unfere Reife fort. Am zaften April, früh um fieben Uhr, Famen wir in Bjaͤchta an, wo Herr de 14 Croyere Tages zuvor mic feinem Gefolge angefommen war, Wir alle fühleren drey - Tage lang eine große Mattigkeit; einige klageten über Kopfſchmerzen, und zween von unfern Leuten befamen ein bisiges Fieber, movon fie jedoch bald wieder hergeftellee wur- den. Wir fahen vermittelt des Barometers, daß die Luft fich bier leichter, als an irgend einem Orte, wo mir durchgereiſet waren, befand ; jedoch till ich niche für gewiß fa- gen, daß folches die Urfache,unfers Lebelbefindens geweſen fey. “ Baſaͤchta, oder Kjaͤchtinskoi, ‚oder auch RBjaͤchtinskaja⸗ Torgowa⸗Slobo⸗ Os, liege an der Graͤnze von China, gegen Süden, fo wie der Graf Sawa Mla⸗ dislawig Baguſinski, als vuffifch-Eaiferlicher Commifferius , im Jahre 1727 diefe Graͤnze feftgefeger bat. Vormals gieng die Gränze, für Rußland, weiter hinaus, bis an den Fuß Dura, ungefähr acht Werfte mehr ſuͤdlich; und allda hatten die Chinefer die ruffifchen Gefandefihaften empfangen. Es war auch diefe Gränze dem ruffifchen Reis che viel vortheilhafter, als die neue es iſt, da diefe bloß willkuͤhrlich, und quer durch die Steppe über Berge gezogen iſt, to Feine andere Merfzeichen, als aufgerichtete Skei- ne Majacka genansıt, welche mit Zahlen bezeichnet worden, zu feben find, Man hat an diefer Graͤnze zwo Sloboden, eine ruffifche und eine chinefifche, und zwar auf dür- son Stellen der wüften Steppe, angeleget, fo daß man kaum die Dferde fuͤttern und traͤnken kann. Daher ift bier alles außerordentlich theuer. in Huhn Fofter funfzig Kopecken, ein Lamm hundert und zwanzig u. f. w. Durch dieſe Veränderung der Grän- ge ift den Ruſſen auch ein großer Vortheil entgangen. Man hat fich in allen diefen ſuͤd— Kichen Gegenden viele Mühe gegeben, ein gutes Eifenbergmwerk zu finden, aber vergebens; Bingegen befinden fich an dem Bura ganze Berge voll Eifenerztes, welches nicht allein febr reichhaltig tft, fondern auch vortreffliches Eifen giebt. { Die Stoboden find im Jahre 1727 erbauet worden: die ruffifche liegt noͤrdlich, and die chinefifche ſuͤdlich; beyde find nurbundert und zwanzig Faden von einander ent⸗ ferner. Zwiſchen denfelben, doch näher an der chinefifchen Siobode, ſtehen zwo hoͤlzer⸗ f ne | - 2... Mech Sibirien. 39: de Bätılen , ungefähr anderthalb Faden hoch. Auf der einen, die naͤmlich dieffeits fteht, Gmelins lieft man Roffiistoi Kraitorgowoi SIobodis, d.i. der ruffifchen Graͤnze Hand⸗ Reifen lungs⸗Slobode. Aufder andern, nur einen Faden weit davon, ſieht man einige man- 1735 fürifche und chinefifche Character, a — Zwiſchen beyden Stoboden, in den Bergen, find Graͤnzwachten, welche Achtung ‚geben, daß niemand die Nechte der Graͤnze übertrete, ' Die ruffifche Slobode ift ins Viereck gebauet, und mit einem Oſtrog von Pallifa den mit fechs Baſtionen, auch einem Graben umgeben. Sie hat ein Thor an der noͤrd⸗ lichen, und eins an der füdlichen Seite; an der Weftfeite aber, gegen den Bach Kjaͤch⸗ ta, san welchem beyde Sloboden liegen , drey Pförtchen. Bey dem erften Thore fieht man noch alte Cafernen; und an der Südfeite funfzehen im Jahre 1733 erbaute Cafer: new, welche viel bequemer find. Die ruffifchen Kaufleute haben Feine andere Pläge zu Herbergen, als diefe. In der Mitte der alten Cafernen ift ein Kaufhaus, drey und vier⸗ dig Faden lang, und. acht und vierzig breit. Senft iftin diefer Stobode nichts, als noch ein Provianrhaus, ein Bier-und Brannteweinfeller, zwo gemeine Badftuben, ein Braubaus und eine Schenke, Die chineſiſche Slobode ift mit einem bloßen Oftrog umgeben. Sie bat, an ber nördlichen und füdlichen Seite, zufammen drey Thore; gegen den Bjaͤchta zwey, und an der Ditfeite ein Pfoͤrtchen. Der Sänge nach hat fie drey Straßen, und eine vierte: läuft quer durch. Die Häufer find in geraden Linien angeleger, fehr niedrig, von Lehme und Holzwerke erbauet. Ein jedes Haus bat einen befondern Oſtrog, und zwo Kam: mern, von welchen eine zur Niederlage für die Waaren, die andere aber zum Wohnung Diener. Die Wohnftube der Kaufleute ift ſehr klein; und es nimmt eine breite. niedrige Bank den meiſten Kaum darinnen ein, fo daß nur ein ſchmaler Gang übrig bleibe: fonft ſieht alles überaus reinlich darinnen aus. Es ftehr fein Ofen darinnen, fondern vor der Kammer find drey oder vier Vertiefungen, faft wie Kamine; in diefen wird euer ange- machet, und es gehen daraus Röhren, die fih mit verfchiedenen Kruͤmmungen unter der Bank herumſchlingen. Dieſe Roͤhren erwärmen die Kammer, und auf der Bank effen, fehlafen und verrichten die Chinefer alles. Sie haben darinnen ftets glühende Koh— len, den Taback anzuzuͤnden: aber es find diefelden fo gut gebrannt, daß man nie , mals flinfende Brände darunter finder; auc halten diefe Kohlen fehr lange Feuer, weil fie nur von Birkenholze gebrannt find, Sie haben in ihren Kammern gemeinig« lich einen gemaleten oder gefchnigeren Goͤtzen, der eine abgefchmackte Geftale ba. Es ift in dieſer Slobode fein Gögentempel, aus dem man efwas zuverläßiges von ihrer Nez ligion abnehmen Fönnte Die Ehinefer an diefem Granzorte feyren Eeinen andern Tag im Jahre, als den ıften Februar, an welchen fich ihr Jahr anfängt, daher fie diefen ‚Monat den weißen genannt haben, An felbigem Tage Eleben fie den neuen —— an ihre Hausthuͤre, und nehmen den alten weg. Auf den Haͤuſern richten fie lange Stan: gen mit Laternen auf, worinnen des Nachts Sicht brenner, machen auch allerley andere Erfeuchtungen. Dieſen ganzen Monat hindurch faufen fie, und erluſtigen ſich auf man cherley Weiſe. Ihre gemödnlichen Spiele find das Schach-und Kartenfpiel, worinnen fie zumeilen fo ausfchweifen, daß mancher Kaufmann fich arm fpieler. Die Einrichtung ihrer Katren hat etwas feltfames an fich: die Räder drehen fich um: eine bewegliche Are, welche zugleich mir ihnen umläuft. Anſtatt der Speichen haben ihre Raͤder nur A Quer⸗ 192 Reife nach Kamtſchatka . Gmelins Duerhöfger, welche einander durchkreuzen und in der Mitte ber Are befeftiger find. Ok Reife. Karren find aus Eichenholze gemachet. 1735 Ich komme endlich auf den ruffifchen Handel. Die ruffifchen Kaufleute haben Tuch, — — Linwand, Juchten, zinnernes Geſchirr, auch Pelzwerk, welches fie aber nur heimlich verkaufen. Die Chinefer, welche von den Ruſſen Naimantſchin d. i. Kaufleute ‚genannt werden, bringen verfchiedene Seidenzeuge, z. E. allerley Damaft, Satin, Schag- rin, Flor, Krepp, einen gewiffen dünnen feidenen Zeug, auf welchem vergoldere Fäden aufgeleimet find, und welcher von den Geiftlichen und Komsdianten getragen wird; fer⸗ ner alferley baummollene Zeuge, Leinwand, Sammer, chinefifchen Tabasf, Porcellan, Thee, Puderzucker, Zuderfand, eingemachten Ingwer, eingemachte Pommeranzen- ſchalen, Sternanis; endlich auch Tabackpfeifen, Blumen von Papier und Seide, Neh⸗ nadeln mit runden Oehren, Puppen von Seidenzeuge und von Porcellane, hoͤlzerne Kaͤm⸗ me, allerhand Tändeleyen für die Bratski und Tunguſen; Zenzoing, eine chineſiſche Arzney, chinefifche Bibeln, deren einige. auf Seidenzeug gedrudt, andere mit Eifenbei- ne ausgeleget find, feidene Gürtel, Scheermeffer, Perlen, Branntewein, Weizenmehl, Meffer und Gabeln , chinefiiche Kleider, Fächer ꝛc. 49). Mit diefen Waaren wird nun an diefer Graͤnze Handel getrieben; und man fiehf leichtlich, daß der chinefifchen Waaren viel mehr, als der ruffifcen, find. Die chineſi⸗ chen Kaufieute übertreffen auch bier die ruffifchen an Liſt: denn weil fie wiffen, daß die Ruſſen, welche nach diefer Gränze handeln, ihre Waaren gern bald verfaufen wollen, damit fie geſchwind wieder heimreifen Fönnen;, fo warten fie, bis ihnen die Zeit lang wird, da ſodann die Ruſſen ihre Waaren für Preife, wie fie den Chinefern anftändig find, losſchlagen müffen. Ich gab mir viele Mühe, etwas von ihren Arzeneyen zu ber fommen, aber vergebens. Man kann auch durch Fragen wenig oder nichts von ihrem Sande erfahren: denn diejenigen Chinefer, die nad) Bjaͤchta reifen, find von dem ge ringſten Stande, und wiſſen von nichts, als mas zu ihrem Handel gehoͤret: in ihrem Umgange gleichen fie den gröbften Bauern. Sie haben in ihrer Slobode einen Mann über ſich, Surgutſchei genannt, welches fo viel.als Secretarius bey ung äft: diefer wird von dem Eollegio der ausländifchen Angelegenheiten dahin geſchicket, und alle zwey Jahre abgewechſelt. Er hat nicht allein die Streitigkeiten der Ehinefer abzuthun, fon- dern auch Diejenigen, welche unter den chinefifchen und ruſſiſchen Kaufleuten vorfallen; und alsdann handelt er mit dem ruffifchen Commiffario gemeinfchaftlic). Am 27ften April wurden wir von dem Hauptmanne und Commandanten zu Troitz⸗ kaja⸗Krepoſt zu Gaſte geladen, und giengen zu Pferde dahin. Dieſe Feſtung liegt drey und einen halben Werſte von der Graͤnz⸗ Sloboda, an dem Bache Rjächts Sie ift bey Gelegenheit der Gefandefhaft des Grafen Sawa Wladislawitz Ragu⸗ ſinski angeloget worden , welcher den Ort ausgeſuchet, und den Plag zu deffen Befeſti⸗ Lage und Be⸗ gung angegeben hat. Der Bad), welcher mitten durch die Feſtung fließt, ift im Win- en weil er Fein Wafler bat, und im Sommer, weil ſolches ganz kothig ift, für die Seo, Eimmopner won fehlechter Nugbarkeit. In der Feftung, mo er durch einen Damm auf Heftauet äft, treibt er eine Mühle Die Feſtungswerke beftehen in einen vierecfichten Oſtrog 40) Herr Smelin hat feine Sorgfalt und Ge und chineſiſchen Namen dieſer Waaren angezei⸗ nauigkeit fo hoch getrieben, daß er die ruſſiſchen get, auch ein Verzeichniß der Preiſe derſelben, * durch Sidirien. — Oſtrog von neunzig Faden in der Laͤnge, und ſechzig in der Breite, mit vier Beftionen Gmelins und zweyen Thoren, auch fpanifchen Reitern. Die Gebäude in der Feſtung find, außer Reit. einer Kirche, eine Anzahl Dffieierhäufer, Cafernen, Aubaren „d. i. Hütten mit einer 1735- einzigen Kammer, ein Artilleriehaus, ein Stall und eine Badftube Außerhalb der | Feſtung ſtehen Soldatenhaͤuſer und eine Schenke; und eine halbe Werft weit davon iſt ein umzäunter viereckichter Platz, worinnen Caſernen für Diejenigen Soldaten find, wei— Ge die Wache auf der Graͤnze haben. Hier müffen alle din und Her reifenden Kaufleute ihre Waaren verzollen, wenn fie ſich nicht gewiſſer Nebenwege, die es allda giebt, ber dienen wollen. Ettliche Tage vor unferer Abreife zog fih ein ruſſiſcher Kaufmann, welcher eine Zeitlang das Fieber gehabt, und zu Vertreibung deffelben Arfenif gegeffen hatte, einen fhleunigen Tod zu. Man fagere mir, es fey Diefes bier das gewöhnliche Huͤlfsmittel wider das Fieber, und es würde auch diefem Manne geholfen haben, mofern er nicht zu viel Arſenik zu fich genommen härte, . Den 6ten May gieng Herr de Ia Eroyeremit feinem Gefolge ab: und wir folge . fen ihm am 7ten früb um fechs Ubr, und famen Tages hernach in Strielfi an. Die- fer Namen koͤmmt da ber, weil es auf einer Spige Landes zwifchen dem Tſchikoi und dem Selenge liegt, immaßen das Wort Strielka eine Spige bedeutet, Es ift bier eine der beften Gegenden zum Aderbaue, weßwegen fehon feit langen Fahren Bauern allda gewohnt Haben. Die ſchon gedachte Zeitung Petro⸗Pawlo⸗Krepoſt oder Tſchikois kaſa⸗Strielka iſt ebenfalls von dem Grafen Sawa Wladislawitz angele- get worden. Sie liegt am linken Ufer des Tſchikoi, an einem Arme deffelben, und bes ſteht in einem verpallifadieren Vierecke, welches hundert und fünfzig Faden lang und Lage der Fe dert und vierzig Faden breicift, Sie hat vier Thürme, wovon zween innerhalb ſung und der Palliſaden au dem Fluſſe ſtehen, und Durch ſpaniſche Reiter mit einander verbunden a find; die andern beyden Thuͤrme ſtehen an der Bergfeite, den beyden erſtgedachten ge⸗ genuͤber. In der Feſtung befinden ſich zwo Kirchen, eine für die Beſahung und Ein- wohner, die andere für die Karamanen. Die chineſiſche Karawane hat auch innerhalb der Feſiung ihre Wohnungen, und die Soldaten haben ihre Cafernen. Ferner findet Man bier ein Packhaus für die Karamanengüter, und ein Wachthaus daben, ein Pulver- Magazin, ein Artilleriehaus und einen Schoppen: für die Karren der Karatvanen. Die Wohnhäufer der Officiere, der Soldaten und anderer Einwohner jichen außerhalb der fung. Die Officierhäufer find auf Faiferliche Koften erbauet, und vielleicht die beften Gebäude in Sibirien. Strielka leider oft fehr von den Ueberſchwemmungen des Tſchi⸗ koi, die Feſtung ausgenommen, welche hoͤher liegt. Es ſoll hier, zur Sicherheit der raͤnze, ein ganzes Regiment Soldaten liegen: aber Damals waren ihrer nicht mehr, als owey hundert und fünfzig Mann, weil die übrigen an andere Derter verfehicket waren. Wir hielten in Strielka unfere Mittagesmahlzeit, und nachdem wir, wie aufder Sinreife ‚ über den Tſchikoi mit Kähnen gefeger harten, Famen wir Abends um fünf r in die Stade Selenginst zurück. — ieſe ſie im Jahre 1735 waren, beygefüget hat. Beil veraͤuderlich ſind, ſo konnten ſie dem Leſer nichts aber dieſe Preiſe, wie er ſelbſt hernach meldet, ſehr nuͤtzen. Allgem. Reifebefehr. XIX Band. | Sb Bmelins Reife. 1735. 194 Reife nach Kamtſchatka Diefe Stade fiege an dem öftlichen Ufer des Selenga, und ift im Jahre 1666, nach dertigem Sandesgebrauche, anfänglich als ein bloßer Oſtrog angeleger worden. Une gefähe zwanzig Jahre hernach wurde die Feſtung, die noch jetzo ſteht, erbauet, und der ⸗ felben hat die Stadt ihre fernere Aufnahme zu danken. Sie erſtrecket ſich längft am Beſchreibung Fluſſe bin, und ift ungefähr zwo Werfte lang, aber ſchmal. Die Feftung liege innere der Stadt Selenginsf. halb derfelben, und hat hölzerne Wände um fich: fie hält etwa funfzig Faden ins Ge- vierte. An der Seite des Fluffes, der Kanzelley gegenüber, ift ein Schießthurm. An der Bergfeite, welche der Seite am Fluſſe gegenüber ift, find in beyden Winfen Schieß- thürme. Unter den Gebäuden der Feftung befinden fich noch fünf Kornhäufer, ein Pul⸗ vermagazin, zwey Haͤuſer zu der Tributcaſſe, und unter demſelben noch ein Pulverma— gazin, ferner ein Zeughaus, worinnen fünf metallene Canonen find, wovon drei in die Stadt, zwo aber dem Regimente gehören, und außer diefen noch fünf eiferne Eanonen. Außerhalb der Feftung find an öffentlichen Gebäuden zwo Kirchen von Holze, des Bri⸗ gadiers Haus, die Hauptwache, die Regimentskanzelley, das Spital, eine Pulverfams mer für das Regiment, zwey Kornhäufer, ein Brannfeweinfeller, einige Kaufmanns» käden und zwo Schenfen. Der Fluß iff bey der Stadr ungefähr zwey hundert Faden breit, und hat etliche: Inſeln, auch Untiefen. Die Gegend um die Stade ift ſehr bergicht und unfruchtbarz aber funfzehen Werfte weit umterhalb derfelben ift guter Ackerbau. Faſt nirgendwo bey der Stadt ift Plag , wo die Pferde meiden, oder Öartenfrüchte gebauet werden koͤnnten. Eine Inſel oberhalb der Stadt, Konny⸗Oſtrow genannt, iſt der einzige Ort, we dergleichen wächft. Weil aber diefe Infel nicht ſelten uͤberſchwemmet wird, fo gebs auch oft die Hoffnung des Jahres verleren x denn es ift in Sibirien nicht der Gebrauch, daß man fehlechtes Sand durch die Düngung oder Anführung guter Erde zu verbeffern fucheres Wer nicht ein Stück Landes befißt, das Feiner foldyen Werbefferung noͤthig hat, der lebet kieber in Beduͤrfniß, als er ſich etwas, das ihm Gott, wie fie ſagen, nicht befcheret, durch feiner Hände Arbeit zu verfchaffen fuchen wollte. Doch alles diefes ift mehr Faul⸗ beit, als fromme Genügfamfeit. _ Sie wiffen fogar nichts von dem Gebrauche, eine ' Quittung über eine bezahlte Schuld zu geben, oder auch die Schufdverfchreibung wieder auszubändigen; fondern die Gläubiger pflegen nad) einiger Zeit fie noch ein- und mehrmal wieder zu fordern: und dann koͤmmt es auf den Richter an, was für einen Ausſpruch er shun will. Kurze Zeit vorher hatte ein bargufinifcher Bauer einen andern wegen einer Schuld todtgeſchlagen, die er dem Erfchlagenen ſchon zweymal bezahlet, und nach zum dritten Male hatte bezahlen follen, weil er in Furcht gejtanden hatte, er möchte ihm, wenn diefer am Leben bliebe, die Schuld noch öfter bezahlen müffen. Ueberhaupt find die Sibirier zur Betruͤgerey fehr geneigt, und ziehen ein fo geſchwindes und leichtes Mittel dem Verdienſte, welchen die Arbeit giebe, fo oft als fie fönnen vor, Uebrigens iſt die Lebensart der Selenginster von der Bratfis ihrer nur wenig unterſchieden ⸗ Sie effen was ihnen vorkoͤmmt, und trinken fonderlich viel Thee, auch nach brarsfifcher Yet. Der Selenge ift nicht ſehr fifchreich: man har zwar Stöhre, Sachsforelien und eine andere Gattung Forellen, Zenki genannt, wie auch Grindlinge: aber alle in ges ringer Menge. Was man von Fifchen am häufigften allda finder, find die Omuli, eine Gattung Weißfiſche, welche ju: Ende des Auguftmonates in großer Menge aus dent Ser Baikal aufiteigen, und womit ſich die Einwohner auf das ganze Jahr durch Sibirien. 095 In der ganzen Zeit unfers Aufenthaltes in’diefer Stadt bieit es fehr ſchwer, zumei- Gmelins len Milch zu unferm Thee zu bekommen. Diefe Leute find viel zu faul, als daß fie fo Reife . diel Futter ſammlen wollten, daß fie einiges Vieh in der Stadt damit ernähren Fünn- 735° ten: Sie laſſen es lieber im Sommer und im Winter berumlaufen, fih Zurter zu füs Saufpeit d Gen. Es find in der Stadt einige Kaufläden: aber es ift wenig oder nichts zu befom- —— men. Sice liegen lieber ein und funfzig Wochen im Jahre Hinter dem Ofen, als daß fie fih um Verdienſt bemühen wollten: endlich in der zweh und funfzigften reifen fie nach eolächen, und allda verdienen fie fo viel, daß fie wieder ein Jahr lang davon leben Önnen, Wir hatten in Selenginst faft beftändige und heftige Nordwinde, auch zumeilen Regen; welches leßtere die Einwohner für etwas ungewöhnliches ausgaben, indem es fonft vor dem Auguftmonate wenig regnet, Nachdem die Witterung anfieng, gut zu werden, und wir fehon längft gewuͤnſchet hatten, nicht lange mehr in Selenginsk müßig zu liegen: fo luden wir unfere Geräth» haft auf zwey Fahrzeuge, welche uns von dem Brigadier Buchholz, dem fie gehöre: ten, in Ermangelung anderer, zur Reife gegeben wurden, und giengen damit am zıften May um Mittagszeit ed. Wir ließen den Studenten Tretſackow in Selenginst zu rück, damit er allda, in unferer Abweſenheit, meteorologifche Beobachtungen anftellen möchte. _ Wir fuhren bis an das Dorf Sui, welches fechzchen Werfte unterhalb der "Stadt liegt, und wo wir Mittags aßen. Wegen eines heftigen Nordivindes Fonnten wir am felbigen Tage nicht weiter fahren. Nach dortigem Gebrauche hatten unfere Fahr: äeuge fein anderes Steuer, als einen Balken, mie welchem man nur bey fehr ſtillem Wetter fortfommen kann. Wir mußten alfo bis zum folgenden Tage ftill liegen, an wel⸗ chem wir bey dem Dorfe Kiballina, am öftlichen Ufer der Selenga, anfamen, wo wir das Mittagsmahl hielten. Hernach ſahen wir uns genoͤthiget, einem jähen und wilden elfen am Ufer gegenüber, Daran genannt, Halfte zu machen, Abends um fieben Uhr egete fi der Wind; wir fuhren weiter, famen bey Aranfina Derewna vorbey, und um neun Uhr legeren wir twieber an, weil unfere Leute, was wir auch dawider fagen mochten, wegen einfallender Macht nicht länger fahren wollten. Am fünf und zwanzig fen May fuhren wir weiter, und Famen, nachdem wir den Fluß Uda etwas aufwarts gegangen waren, um Mittageszeit nach der Stadt Udinsk, wo wir zur Landreiſe Anftalt . Macheten-und ein Paar Tage ftille lagen. Auf diefer Wafferreife waren wir bey fehr vie- . Ion Dörfern und Simswjen ‚» welche meiftens an dem weſtlichen Ufer des Selenga lie: gen, vorbengefahren, Am ſechs und zwanzigften May Fam Herr de Is Croyere eben» falls zu Udinsk an, und feßete, nach einem Aufenthalte von etlichen Stunden, feine Keife nach Irkutzk fort, wo er den folgenden Sommer zu bleiben Willens mar. eilete fo ſehr, daß wir von feiner Ankunft nichts erfuhren, als bis er fehon wieder abge- reiſet war. Am fieben und zwanzigften waren fo viele ruffifche und brarsfifche Pferde - Aufammengebracht, daß wir mit Untergange der Sonne abreifen konnten. Weil die brars- Tifchen Pferde nicht gewoͤhnet waren, im Karren zu ziehen, fo gieng das Fuhrwerk fehlecht von Starten, und wir Famen denfelben Abend nicht über zehen Werfte weit. Erft am folgenden Morgen, um fieben Uhr, erreicheren wir den Bach, auf Bratsfifh Nochoi⸗ Gorochon genannt, Zu dem wir durch einen Weg uͤber eine Steppe kamen. Seine Ufer, an welchen niedrige Weiden ſtehen, find — nur ſo hoch, als das Waſſer 2 ſteht. 196 | Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Reiſe. 1735. — un ſteht. Wir hielten hier unſer Mittagesmahl unter einem Zelte, und ſchicketen die brats⸗ kiſchen Pferde zuruͤck, damit wir in der Reiſe nicht aufgehalten wuͤrden. Abends um fuͤnf Uhr kamen wir an den Bach Kurba, nachdem wir über viele andere ſchnell fließende ‚Bäche gegengen waren, die alfe ans dem Gebirge, Das uns zur Linken lag, entfprungen, und an welchen nur Dünne Weiden ftunden. Won Udinsk an fuhren mir über eine ebe- ne Steppe , welche mit niedrigem Graſe bewachfen war. Der Kurba, über welchen wir hier geben ſollten, war ungefähr funſzehen Faden - (breit, aber fo fief und veißend, daß weder Die Karren noch unfere ordentlichen Reiferva- Stinfender Ser x gen durchfahren Fonnten. Kühne waren richt vorhanden, und alfo mußten wir eine Floͤße bauen, wozu aber das Holz zwo Werſte weit herbeygeholet werden mußte. We⸗ gen desreißenden Stromes faben wir uns and) genoͤthiget, zuſammengebundene Stricke mit einem Ende an die Floͤße zu befeftigen, und am andern Ende von vielen Seuten halten zu laſſen, wodurch die Floͤße an den verlangeten Ort gebracht werden Fonnte. Diefe Arbeit Fam erft amzoften zu Ende. Die Pferde ließen wir, mach dafigem Gebrauche, hinüber ſchwimmen. Wir fuhren noch felbigen Tages fünf Werſte weiter, und harten alsdann zur Rechten einen ausgetrockneten See, in der bratsfifchen Sprache UinmukeiFTor, d. i. der flinfende See genannt. Er war weiß von Farbe, und diefes Weiße ſchmeckete falzig. Die Bratski nennen es Gatſchi, und gebrauchen es zu ihrem Theekochen, weil es den Thee dicker, und nach ihrem Urtheile fhmackhafter maher. Es enchält ein erbiz ges Wefen, welches mit einem laugenbaften Küchenfalze und Schwefel vermenget iſt · Bald hernach erreicheten wir den Rurbinskoi-⸗Bor, durch welchen wir ſieben Werſte fang führen. Won da giengen wir meiſtens über ebene Steppen, und ſetzeten über et⸗ fiche Bäche und Arme des Uda. Des Abends um neum Uhr kamen wir an dieſem Fluſſe felbft an, und haften zur Unken einen Berg, in burätifcher Sprache Cutchaltu⸗ Chadda genannt. Hier übernachteten wir, ob wir gleich Faum fo vieles Holz; als und nörhig war, fanden. Wir fahen in der Nacht ein Feuer in der Ferne, und wurden aM folgenden Tage benachrichtiger, daß fehon feie dreyen Jahren an diefer Stelle bey Nach jeit ein Feuer, und bey Tage ein Kauch zu ſehen geweſen fey. Es war nichts anders, als ein brennendes Torfland, dergleichen es in diefen Gegenden viele giebt. Wir faben auch in der Naͤhe erlihe Hammel auf Pfaͤhlen aufgeftecter, woraus wir ſchloſſen, daß wir niche weit von den Bratskis entfernet wären. Anr folgenden Morgen giengen wir über eine duͤrre Steppe, und fahen auf derſelben etliche noch nicht eröffnete alte, Gräber , um welche rings herum große aufgerichtete Feb ſenſteine ffunden. Wir kamen auch an einen See, Kolpinnoje⸗Oſero, oder Na⸗ rang⸗ Nor genannt, welchen wir zur linken Hand ließen, und man fagete uns, da “noch ein Paar andere ſolche Seen, gleiches Namens, weiter von dem, Wege ab, au eben derfelben Seite lägen: Sodann giengen wir über erliche Fleine Baͤche, und über einen Arm des Uda; und um zehen Uhr- hielten wir bey einem Berge ftill, wo wir DIE Pferde fuͤtterten, welcher Berg Sannoi⸗ Muis, oder auf Bratskiſch Zuͤrckuzu, Reh⸗ berg, genannt wird. Von hier ſchicketen wir jemand zu dem Caiſcha Erinze voraufr ihm unfere Ankunft wiffen zu laffen, und ſetzeten ſodann unfere Reiſe fort. Wir — etwa 50) Woelok iſt ein ſtarker Zeug, welchen die gem. Die heydniſchen Sibieier, welche Kameele Hausmuͤtter in Sibirien ans Kuhhaaren verſerti⸗ aufziehen, machen dergleichen ans Kameelhag — b * durch Sibirien. 297 etwan zwoͤlf Werſte gereiſet, fo kam der Taiſcha, im Gefolge etlicher mit Bogen und Gmelins Dfeilen gewaffneter Buräten, ung zu Pferde entgegen. Er führere uns nach feinen Jur⸗ Reife, ten, um welche Stangen flunden , woran Hammel zum Opfer aufgeftefet waren. "7 35+ Von diefen Thirren war das Fell abgezogen und das Eingeweide herausgenommen. Wir e giengen zuerft in bie Jurte, in welcher der Taiſcha wohnete. Er zeigete uns feine zwo Feauen, wußteuns aber mit nichts zu bewirthen. Wir verlangeren folches auch nicht, weil wir aus einer ganz andern Abficht zu ihm gereifet waren. Wir harten ſchon in Selen» ginsk gehöret, daß diefer Taiſcha eine Großmutter hätte, welche ſchon ſeit vielen Jah⸗ ren das Handwerk einer Zauberinn getrieben, und es endlich ſo weit gebracht hatte, daß die Bratski Fe wie eine Goͤttinn verehreten: dieſe Frau wollten wir gern ſehen. Sie hatte fich eine füpferne Statue, einen Fuß hoch, angefihaffet, welche eine menfchliche Geſtalt vorftellete, und fo fein polivet war, daß fie, wenn die Sonne darauf ſchien, ei- nen ſehr hellen Glanz gab. Hierauf verfündigte fie den Bratkis, daß fie eine Offen- barung gehabt habe, woburch ihr fen angezeiget worden, daß Gott in Furzer Zeit fih - auf der Erde fehen laffen werde. Zween Tage bernach beſtimmete fie bie Zeit und den Hrt, wo er erfcheinen würde. Sie trug diefes alles mit ſolcher Beredſamkeit vor, daß fich ei- ne große Menge Zratskis bey ihr einftelleten.. An dem beſtimmeten Tage begab fie fich mit der ganzen Menge der Bratsfis an den angezeigefen Ort. Indem die Sonne bald aufgehen wollte, fehrie fie, jego werde Gore fich fehen laſſen, und wer ihn fehen wollte, der folle fich mit Gaben bey ihr einftellen. Hierauf brachte ihr einer einen 30- belpelz, der andere ein Stück ſeidenes Zeuges, Ritaika u. d.m. So bald fie ihre Heb- opfer eingefammlet hatte, fo zeigere fie auf dem Berge ihre polierte füpferne Statue, wel- che fie in der vorigen Mache dahin geftellee harte Weil num die Sonne einen hellen Wiederſchein darauf gab, dergleichen diefes Wolf niemals gefehen harte, fo fielen fie in tiefiter Ehrfurcht vor dem vermeynten Gotte nieder. Das fehlaue Weib gieng mit ihren dielen Gefchenfen in ihre Jurte. Ein gemiffer Aleris Popow, der ihr diefe Statue verkaufet hatte, entdeckete zwar einige Zeit hernach den Betrug: aber es fehabere ihr fol es nichts an ihrer Ehre. { e Wir fahen fehon in der Jurte des Taiſcha vieles, was wir in andern nicht gefehen hatten, Es biengen darinnen eine Menge Tändeleyen, welche zu Bekleidung der Gößen- bilder und der Kama dieneten. Es waren feine vollftändigen Kleider, ſondern allerley Behängfel um den Leib, von welchen bie meiften etwan anderthalb Arſchin fang, und ei- nen halben breit waren. Wir ließen ung einen Raften, der in der Jurte fund, öffnen : in demſelben lagen viele $unpen, und darein gewickelte Werfzeuge ihrer Gaufeleyen, als Feuerſteine, Eleine Stücen Blurftein , ſchwarze Steinchen, melche fie Donnerfeile nen- nen, und gewiffe Kleine rothe Pillen, die, wie es ſchien, aus Wachfe bejtunden. Wir befahen auch einen Sad voll Woeloken 50), der in einem andern Winfel ſtund. Derfelbe war voller woelofenen Gösen von allerley Gattung, fehr grob. ausgeſchnitzet. Ein ſolches Gögenbild zu machen, ſchneidet man ein Stud Woelof oben rund, hernach etwas ſchmaͤler und laͤnglicht. Die oberſte Rundung bedeutet den Kopf; und damit Die Bb3 Beine Man bedienet fich derfelben fr Rußland gemeinige heydniſchen Einwohner bedecken damit im Winter ch bey firemger Kälte, die Fußböden danrit zu bes ihre Hütten. legen, und das gemeinfte Volk ſchlaͤft darauf. Die or Keife nach Kariefchates Gmelins Beine Heraus Fomman, fo ſchneidet man unten eine Spitze heraus: alsdann iſt Reife, der Goͤtze fertig. 1735 Hernach ließen wir uns in die Jurte der Großmutter des Taifche führen. Hier fahen wir eine Frau von achtzig Jahren, die von abfcheulicher Geftalt war. Wir erfü- cheten fie, daß fie uns ihre Künfte ein wenig feben laſſen möchte: aber fie fagete, ſeitdem Scholubow fie härte nach Irkutzk holen laffen, haͤtte fie ihre Kunft nicht mehr ge— crieben, und es wären auch ihre Kräfte zu ſchwach dazu. Sie war auf keinerley Weife zu überreden; fie wolle fich auch wegen ihrer Euren, wovon man in der ganzen Gegend Wunder erzählete, in fein Gefpräch einlaffen. Weil man ung fagete, daß die Bur⸗ chanen (Bösen) eine befondere Jurte hatten, fo befahen wir auch dieſe. Die Jurte war wie die andern befchaffen: der Unterfchied war, daß in einem Winkel zween große füberne Burchanen ftunden, welche ber dafige Graͤnzcommiſſarius für diefe alte Zau— berinn gefaufet hatte, Es fahen diefelben den chinefifchen Puppen nicht unähnlich. Here Müller erhielt durch vieles Bitten noch) etliche woelokene Goͤtzen, und etliche ſolche Sappen, dergleichen ich vorhin beſchrieben habe. Wir Hielten es nicht für nöthig, uns länger allda aufzuhalten, und veifeten wieder fort. Nachdem mir über erliche duͤrre Steps pen und durch Wälder von Serchenbäumen und Birken gereifet, und längft an den Fluͤſ⸗ fen Ona, Uda, und dem Bache Domna, bisweilen auch über dieſelben gegangen waren, wobey unfer Weg flets zwiſchen zweyen Gebirgen gieng, welche fich gegen Often und Oſtnordoſt erſtrecken: fo Famen wir Abends um neum Uhr in Jerawinskoi⸗ Oſtrog an. Beſchreibung Dieſer kleine Ort liegt an dem oͤſtlichen Ufer des Sees Malaja⸗Jerawna, wel⸗ des Jerawins nor ſehr fifchreich iſt, und ſich ungefähr acht Werſte in die Laͤnge und Breite erſtrecket. sol Ofitog. Außerhalb der Feftung ſieht man eine Kirche, eine Schenke und fechzehn Häufer. Die dafigen Einwohner wiffen nichts vom Ackerbaue: fie leben meiftensnad) Art der Bratski. Weil fie das Fleiſch, vermittelft der guten Weibepläge, ohne Mühe befommen, ber Fiſchfang hingegen Netze und Kähne erfordert, welche fie erft machen müßten, fo halten fie fieber die Faſten ber ruffifchen Kicche nicht, als daß fie ſich Mühe machen wollten« Daher hielt es auch ſehr ſchwer, ehe fie uns einige Fifche mit der Angel fingen. Wir mußten hier die Pferde wechfeln: und weil in dem Oſtrog nicht mehr als dreyſ⸗ fig aufzubringen waren, fo mußten die übrigen von den Tungufen herbey geholet were den. Diefes war Urfache, daß wir bier bis zum zten Junius flille lagen. Nachmite tags um drey Uhr giengen wir ab. Wir reiferen den ganzen Tag theils Über eine Steps pe, fheils auch durch dünne Waldung; und wir mußten, in einer Weite von zehn Were fien, fiebenmal über den Bach Domna gehen. Abends um zehn Uhr Famen wir nach Udinskie⸗Werſchini, wo etliche Eleine Quellen find, welche zu dem Uda das Ihrige beytragen: die Hauptquelle aber ifk fechs Werfte weiter Hin gegen Often. An biefem Or⸗ ee hielten wir unſer Nachtlager. Den folgenden Tag giengen wir über den kleinen und den mittlern Konda ‚und hatten einen ſehr ſchlechten Weg; denn er gieng durch ſteinich⸗ te8 und ſehr unebenes Land, welches bald bergicht, bald rief und moraſtig war, wobey unfer Fuhewerk viel auszuftehen hatte. Des Morgens um neun Uhr erreicheten wir beit großen Ronda, wo wir fütterten. Ob gleich die Quelle diefes Flufles nicht an dieſem Drte, fondern fiebzehn Werſte weiter Hin gegen Suͤden ift, fo wird derfelbe dennoch = meinig* durch Sibirien. — 8 meiniglich Rondinski⸗ Werſchini genennet. Der Konda fälle zweyhundert Werſte weit von hier in den Mitim. Hernach kamen wir durch ſehr ſchlechte Wege an den Se Schackſcha⸗Oſero, an deffen Ufer wir ſechs Werſte weit fuhren, und kamen Abends um;fieben Uhr an einen Hof, (Vorwerg), welcher zu den nertfchinsfifchen Klo⸗ fer Uſpenskoi gehörer. Es liegt diefer Kloſterhof an dem öftlichen Ufer des bemelde⸗ ten Sees, und befteht nur aus einem Wohnhauſe und einer Kapelle. Hier brachten wir die Nacht zu. Das dazu gehörige Dorf liege anderthalb Werfte weit davon, und wies wohl es an dem See Arachlei liege, fo heißt es doch Schakſinskaja⸗Derewng . Die Bauern ſowohl, als die Worgefegten des Klofters, leben fehr gut, ob fie gleich feinen Ackerbau treiben. Wenn man fie fraget, wovon fie ihren Unterhalt haben, fo anfwor« ten fie: Wir haben Kühe, Mil), Butter von ber Mutter Gottes. Diefe giebt ihnen alles. Die beyden Seen, Schackſcha⸗-Oſero, an welchem der Kfofterhof liegt, und Arachlei⸗ Oſero, welcher nicht weit von jenem ift, find an Barfchen, Braſſen, Hech⸗ ten ꝛc. fo reich, daß man niemals vergebens ſiſchet. Und wenn fie allenfalls aus den» felben nicht genug Vorrath an Fiſchen befommen, fo find noch drey andere fifchreiche Seen in der Nähe, nämlic) der Irginskoi zur Rechten, und der wen und ber Taſſeewo zur Inken. Acht Jahre vorher haben noch alle diefe fünf Seen durch Fleine Ausflüffe zu- fammengebangen: und weil auch damals von dem Irginskoi⸗Oſero ein Ausflug in den ChiloE gieng, fo fonnte man von Selenginsk in diefe Gegend zu Waſſer teifen. Aber in etlichen duͤrren Jahren, welche eine große Theurung in diefen Sands ſchaften verurfacher harten, find alle diefe Ausfluͤſſe vertrocknet, welche fich vermuthlich in naſſen Jahren wieder einfinden werden. Un den Ufern des Schackſcha⸗Oſero findet man viele Stuͤcken veichhaltiges Eifenerze. Wir waren kaum von diefem Kloſterhofe abgereifer, fo fahen wir zu beyden Seir tn eine große Menge meiftentheils verdorreter $erchenbäume, auf deren jedem, body Oben, etliche große Vogelneſter, eins unter dem andern, angefeßet waren, Die Voͤ⸗ gel, welche fie bauen, heißen Baklan 52), und find eine Art von Wafferraben. Die Einwohner diefer Gegend fageren uns, es möchte ein ſolcher Baum noch fo friſch ſeyn, Ro verdorre ex doch, wenn der. Baklan fein Reſt darauf baue, In der That waren Ale diefe Bäume theils. verdorret, theils dem Werberben nahe. Es waͤre aber wohl zu Unrerfuchen , ob nicht diefe Wögel ganz oder halb dürre Bäume zu ihren Neſtern fuen da denn das Wunderbare wegfiele. Mit Anfange des Winters ziehen diefe Bügel nach der See Baikal, und kommen erſt im Fruͤhjahre wieder. Unfere Reife gieng achte Werſte über eine Steppe, bis wir an ein Gebir⸗ %e, Tabionneis Chrebet genannt, Fame, über welches wir reifen mußten Der Weg über daffelbe war nicht ſehr feil: aber es war alles voller großer Steine, welche Jadlori heißen; und wovon dieſes Gebirge ſeinen Namen hat. In den niedri⸗ SM, Gründen zwiſchen dieſem Berge waͤchſt eine Gattung Bäume häufig, bey dem 2) Corvus Iacufleig aquatiens. Gesm, Mex- Iaerocorax. Par. Coruns agnatieus, Mexilk BO motrnin niger. Nonn. Gulo, Schwenkf, Pha- Chariet» Albin. ; Gmelins eiſe. ı735 — ⸗ 200 Reife nach Kamtſchatka Smelins Ruſſen Aepfelbaume 52) genannt, In diefem Gebirge entfpringen erliche'Fiüffe, der Reife, Tſchikoi, der Ingoda, der Tſchita. Es ift auch fein mit Holge bewachſen, welches. 1735+ ihm ein ſchoͤnes Anfehen giebt. Die ganze Gegend, welche jenfeits des Gebirges liegt, — ird Daurien genannt. Abends um zehn Uhr kamen wir in das Dorf Serkowa, wel ches an dem Bache Domna liege, wo wir diefe Nacht, und bis zum folgenden Mita: ge, blieben. Won Hier reiferen wir über eine etwas bergichte, jedoch ziemlich bewachſe⸗ nie, Steppe, und Famen Abends um vier Uhr in Tſchitinskoi⸗Oſtrog oder Plot biſchtſcha an. An der andern Seite des Fluffes erblicketen wir ein weißes Ufer, das aus einem weißen Leimen beſteht, welcher in biefen Gegenden zu Schmelztiegeln gebrau- het, und Bieloi⸗Jar genannt wird. Tſchitinskoi⸗Oſtrog liege an dem linken Ufer des Baches Tſchita, etwa eine Werſt unterhalb feiner Mündung in den Ingoda. Es find darinnen zwo Kirchen, ei⸗ ne für den Sommer, die andere für den Winter, acht Wohnhäufer für die Stufchiwie, und noch drey andere an dem Ingoda, eine halbe Werft weit von dem Oſtrog. Es wurden allda Floͤße gebauer, um auf dem Ingoda nad) Nertſchinsk zu fahren. Es waren ihrer achte für unfere Gefellfchaft fertig; und ob uns gleich diefe Fahrzeuge nicht fehr anftändig waren, fo mußten wir uns dennoch dazu bequemen, weil die Reiſe zu Lan - de allzu befchwerlich geweſen wäre, > | Wir gingen am Sten jun. mit anbrechendem Tage ab. Wir fuhren den In⸗ goda hinab, und untermegens giengen einige Floͤße entzwey , welche mit vieler Mühe, ausgebeffert werden mußten. Wir fiengen vortreffliche Krebfe, vor deren Geftale uns fere Arbeiter fich fehr entfegeten. Wir giengen bey vielen Dörfern vorbey, unter wel⸗ chen die beften folgende waren. Polowinnoi⸗Muis; Anadſikanskaſa, von wel⸗ chem Orte zwey Werſte weit ein Waſſerfall iſt; Kailodowa, Subarowa⸗Saimka, Worowskaja⸗Pad⸗ Derewna, wo nicht weit davon der Onon am rechten Ufer in den Ingoda fällt, welcher aber von bier an der Schilka genennet wird; und Sawatz jewa- Berewna. Hier iſt die Mündung des Baches Nertſcha, an welchem Nert⸗ ſchinsk liege, wo wir amı7ten Jun. des Abends anfamen. Die Ufer des Ingoda oder Schilke find fein mie Holze bewachfenz auch find fie an manchen Orten mir fh nen Wiefen, auc mit gutem Aderlande umgeben. ' Beſchreibung Die Feſtung, welche dieſer Stade den Anfang gab, iſt im Jahre 1658 am linken der Stadt Ufer der Nertſcha erbauet worden. Sie ift fünf und achtzig Faden lang, und funfjig Nertſchinsk. breit. Ob fie wohl fehr verfallen war, fo erwartete man doch eben damals den Befehl, eine andere, und ag einem Orte, wo fie den Ueberſchwemmungen nicht fo fehr bloß ge. fielfet wäre, anzulegen. Das Innerſte der Feftung war noch in gutem Stande. befinden ſich darinnen die alte und die neue Kanzelley, das Haus des Woywoden, Die Caſſe, ein fleinernes Pulvermagazin, ein Stuͤckhaus, ein Wachthaus, ein Salzma⸗ gazin, fechs Provianthäufer, und ein Zeughaus. Das zur Feſtung gehörige Gefchuͤh beſteht aus zwey und dreyßig metallenen Canonen von verfihiedener Größe, und zweenen Moͤrſern. Die Feftung felbft hat Feine Kirche: aber außerhalb derfelben, in der Stadt/ ſind zwo Kirchen , deren eine gemauret, die andere hoͤlzern ift. Es befinden fi) Du ne 52) Cratzgus cerafi foliis, floribus magnis.‘ Anim. firp. rar, Imper. Ruth, icon, et defeript: . Ne. 275 p. 195 Tab. XXX, — 20 35 be zug Ho ns zhozas ho 296 Ayo 245 20 205 20 205 23 () 7 \ \ ea — — Verfolg der Karte von SIBIRIEN und des Landes Kamtschatka Zur A — — — der R * won/ 150. Cemeinerv Seemeilex. —— —S AIRES BR ; ——— es & ty iR - * PS Y Art N 2 + = = N — DRS, 2 20 Oftliche 225 enge 78 — 20 7} £R 7 »a zes gewsy ans SERyPeg eie ruurxiirei Cutiorien DON verſchiedener WLoBe, Und zweenen Moͤrſern. Die Feſtung ſelbſt hat keine Kirche: aber außerhalb derſelben, in der Stadt, find zwo Kirchen, deren eine gemauret, die andere hoͤlzern iſt. Es befinden ſich bar | n 52) Cratzgus ceraf'foliis, floribus magnis.‘ dm, Rirp. rar. Imper. Ruth, icon, et defeript: . Ne. 275 p. 195 Tab. XXXL EL NR | 5 durch Sibirien. 201 nen von oͤffentlichen Gebäuden auch etliche Kauſmannsbuden, ein Rathhaus, ein Zolf- Gmelins haus, zwey Backhaͤuſer, und ein Brauhaus. Die Anzahl der Bürgerhäufer beläuft Reife, ſich auf Hundert und fünfzig; aber fie fehen wie Schlechte Bauerhäufer aus. Nachdem etwan dreyßig Jahre zuvor der Befehl ergangen war, daß die Karawanen nicht mehr durch Nertſchinsk gehen ſollten, ſo hat dieſe Stadt keine Handlung noch Nahrung. Das Saufen und Huren geht allda fo fehr im Schwange, daß es die einzige Arbeit der Einwohner zu ſeyn ſcheint. Wenn jemand ein Haus durch Feuer verliert, fo bauet er es nicht wieder auf; wenn eins baufällig wird, ſo denket er an Fein Ausbeffern, fon dern verläßt es lieber. Es find wenige Häufer in der Stadt, wo nicht die Venusſeuche wäre; und weil dieſe Seute keinen Beyftand von Aerzten oder Wundärzten haben, fo find einige ſo erbaͤrmlich zugerichtet, daß man ſie lebendig todt nennen kann. Die Woywo⸗ den befümmern ſich wenig darum, fondern nur, wie fie in ihrem Amte reich werden wollen. Es war einft einer ausgereifet, feinen Diftriet zu befehen, und er hatte tau— fend Schafe, hundert Pferde, und achtzig Rameele mitgebracht, welche er feinen Un⸗ fergebenen abgepreffee hatte. Es trug fich in einem Dorfe eben diefes Diftrictes zu, daß ein Stufchiwie einem durchreifenden Kaufinanne ein Kameel ſtahl. Dieſes both er denm Woywoden an, mit dem Bedinge, daß er ihn zum Befehlshaber eines Dorfes ma« chen möchte. Der Woywode gieng den Handel ein. Ein Paar Tage bernach Fam der Kaufmann zu dem Woywoden, und bewies durch Zeugen, auch einige auf das Kameel - gebrannte Merkzeichen, daß es das feinige war; allein, der Woywode behielt das Kameel, und der Sluſchiwie blieb Befehlshaber. Diejenigen Woywoden, welche gebobrne Ruf: fen find, verfahren am ſchlimmſten, weil fie ſich auf ihre Gönner und Verwandten in Mofcau verlaffen; dahingegen die von fibirifcher Nation, weil fie felten von guter Fami⸗ lie find, und wenige Sder feinen Gönner haben, fich ein wenig mehr mäßigen. Der commandirende Seehauptmann Beering hatte im vorhergehenden Jahre zween Feldmeſſer nach Nertſchinsk geſchicket, welche von hier aus, durch lauter ruſſi— ſches Gebiethe, ohne die hinefſchen Graͤnzen zu berühren, einen Weg zu $ande bis an den Urfprung des Uda fuchen ſollten. Weil, fie nun hierzu Leute nörhig harten, welchen die Gegend , wo Diefer Fluß entſpringt, befannt wäre, es ihnen aber nicht möglich war, dergleichen Leute von der Kanzelley zu Nertſchinsk zu bekommen, (weil nämlich diefe Sache dem Woywoden nichts eintrug,) fo blieben fie allda, ohne das mindefte auszurich ten, bis zum Anfange dieſes Jahres (1735) ; zu welcher Zeit Herr de la Croyere dahin Fam. . Weil fie ihm nun Die Unmftände entdecketen, und er auch felbft durch alle feine Borftellungen bey der Kanzelley nichts ausrichten Fonnte, fo rieth er den Feldmeſſern, wieder abzugehen. Es fügere ſich aber, daß Joſophei Firſow zu Selenginsk dem Herrn Muͤller einen Menfchen anzeigete, welcher Der dortigen Gegenden völlig kundig war. Diefer Menſch wurde aufgefüchet, und an die Feldmeſſer wurde Befehl geſchicket, wie⸗ der nach Nertſchinsk zu kommen . Sie waren eben ein Paar Tage vor uns angekom⸗ men. Wir ſelber hatten unterweges auch einige $eute aufgetrieben, welchen die befag- ten Gegenden befannt, waren; und aud) Die Feldmeffer brachten einen Mann mit, der . alle Gegenden um den Fluß Uda Fannte, fo daß diefes vorher fehmwere Unternehmen keine Hinderniffe mehr hatte. Endlich fanden fich felbft in Nertſchinsk, nachdem es bekannt geworden War, daß dieſe Reife auf unſere Beranftaleung gefhab, etliche Leute, die fich freywillig dazu anbothen. Diefe waren uns um deswillen am nüglichften, weil Aligem. Beiſebeſchr. XIX Band. BET, fie 1735« Gmelins Reife, > EI —— 202 Reife nach Kamtſchatta ſie dieſelben Gegenden am beſten kennen mußten. Denn das Gebirge, wo der Urſprung dieſes Fluſſes zu ſuchen war, konnte kein anderes, als Stannowoi⸗ Chrebet, ſeyn, welches zwiſchen den Fluͤſſen Lena und Amur liegt: und dieſes Gebirge iſt wegen des Zobelfanges das beruͤhmteſte, und. wird von den Nertſchinskern am meiften befuchet. Mon kann leichtlich erachten, daß es eine weire Reiſe wär, und wozu Leute gehoͤre⸗ “ten, welche geſund und ſtark genug waren, alle Beſchwerlichkeiten auszuftehen, ihre noͤ⸗ thigen Geraͤthſchaften mit ſich zu ſchleppen, ſich an fo unbewohnten Oertern mit wenigen zu begnügen, auch allenfalls ein Paar Tage Hunger zu leiden, Die Geſellſchaft mußte auch fegr einig mit einander leben, und infonderheie der Anführer derſelben fich fo zu ver⸗ Halten wiffen, daß er feine Leute noch mehr mir Siebe als mit Furcht regierete, Endlich mußte auch die Hoffnung zu einer geoßen und gewiſſen Belohnung den Leuten Murh eine fprechen, damit die Betrachtung derfelben den ſich eräugenden Beſchwerlichkeiten und Un⸗ fällen ftets das Gewicht halten, und ihre Bitterkeit verfüßen koͤnnte. ine Gefellfchaft, die auf den Zobelfang ausgeht, ‚befteht aus Leuten, die einander gleich find; fie erwaͤhlet fich einen Anführer, dem fie alle zu gehorchen angeloben. Diefer fager ihnen gewiffe Gefege vor, die fie beobachten müffen, und Fündiget ihnen Die Strafen an, welche die Uebertreter zu erwarten haben, und die durch einen langen Gebrauch unter ihnen feftgefe- gee find. Ein ſolcher Anführer Dat ſich durch eine lange Erfahrung eine Kenntniß von den meiften Befchwerlichfeiten der Reife, und eben hierdurch auch eine Hochachtung ben - feinen Reifegefäbrren erworben, welches der Grund feines Anſehens if, Er weis mit feinem und ihrem Vorrathe fo Flüglich haus zuhalten, daß fie niemals in die aͤußerſte Noth geratben. Er beftrafet, fo oft als es nochig iſt, worinnen ihm feine ganze Gefellfchaft Biffe, weil ihe an Beobachtung der beliebren Gefege felbft gelegen iſt. Kurz, ein gemein fhaftlicher Gewinn treibe fie insgefammt an , alles mögliche zu tb, das gemeine De fte zu erreichen, Zwiſchen einer folchen und einer geographifchen Gefeftfchafeift, wie matt - leicht fiebt, ein großer Unterſchied. Diefe letztere hat nicht Zeit, Zobel zu fangen; alfo fälle diefer Gewinn weg. Die Gefellfhaft muß den Sanomeffern gehorchen, und meffen, wo diefe es befehlen. Der Antrieb zum Gehorſame muß alfo nur eine anfehnliche Beloh⸗ nung nad) vollendeter Neife feyn. Die Sandineffer mauͤſſen ihres Theiles die Leute von ih⸗ rer Geſellſchaft, welche das Land kennen, anhören, gelinde mit ihnen umgehen, und ihrer Gemuͤthsart nachgeben. Alle diefe Umſtaͤnde machen die Sache ſchwer. Ein ſibiriſcher Woywode, welcher Befehl bekoͤmmt, eine ſolche Geſellſchaft zuſammen zu ſuchen, ſchiebt es fo lange auf, als er kann: er laͤßt fie in der Stille warnen, fie möchten fich vor den _ Anführern der Unternehmung hüten; und folcher Geftale ift alles, was defhalber aus der Kanzelfen bekannt gemacher wird, gemeiniglic vergebens, Wir hingegen waren, wie gefaget, bierbey glücklicher, weil mir uns ſchon ein gutes Vertrauen bey den Ein wohnern erworben hatten. Wir verfahen alfo Die $andmeffer mit einem ausführlichen Uncerrichte, was fie zu hun hatten, Wir gaben ihnen die gehörigen Leute mit Dem Viehe und anderm Vorrathe mit, und feßeten ihre Abreife auf den ıften Auguft feit, um welche Zeit man in diefen Gegenden auf den Zobelfang ausgeht, weil alsdann die große Hitze nachlaͤßt. Kama ar vi Sr | — gi Weit die völlige Abfereigung viele Zeit erforderte, auch, Herr Wiöller mit Durch⸗ ſuchung des nertſchinskiſchen Archivs noch nicht zu Ende gefommen war, und wir ni “ — i durch Sibirien. 203. dieß befuͤrchteten, daß unfere Nücreife zu ſpaͤt erfolgen wuͤrde, wenn wir noch nad) Smelins den argunskiſchen Silberbergwerken reifen und alles noͤthige allda ausrichten wollten: fo Reife. befchfoffen wir, daß Herr Wüller ‚bis er feine Arbeie vollbracht Hätte, noch in Nert⸗ 173 5- ſchinsk bleiben, ich aber mit weniger Geraͤthſchaft nach Argunsk vorausgehen, und das ſelbſt bis zu feiner Ankunft alle nöthige Nachrichten ſammlen ſollte. In der Zeit unfers Aufenthaltes zu Nertſchinsk wurde ein Theil diefer Stadt un: ter Waffer gefeger. Die Nertſcha, welche bei unferer Ankunft, ſehr Elein gemefen war, war von dem bäufig_gefallenen Regen ſtark angewachſen, und floß fo ſchnell wie ein Pfeil, Dennoch war es, wie man uns fagefe, noch nichts, in Wergleichung mit andern ehemaligen Ueberſchwemmungen, da nicht nur die ganze Stade, fondern auch alles Sand, dießeits der Mertfcha, bis an die benachbarten Berge uͤberſtroͤmet wor: den war, Vor meiner Abreife Hatte ich noch das Vergnügen , die Gaufeleyen eines Eungufi- hen Schaman aus diefer Gegend zu fehen. Er führere uns inder Nacht um zehen Uhr auf das Feld und zuͤndete allda ein großes Feuer an, um welches herum wir uns in einem Kreiſe fegen mußten. Er zog ſich nadend aus, und feinen ledernen Scha- mansrock an, ‚welcher mit allerley Eifenmerfe behänger war, Auf jeder Schulter fund ein eiſernes zacfichtes Horn, damit der Anblick noch ſchrecklicher würde, Er hatte feis ne Trommel, weil ihm der Teufel, wie er fagete, noch nicht Befehl gegeben, fich einer zu bedienen; und dieſes thut er nicht eher, als bis ee mie dem Schaman recht vertrauf um⸗ zugehen entfchloffen iſt: und zwar ift es der oberfte der Teufel, der folches anbefehlen muß, Denn dieſe Leute glauben eine Hierarchie der Teufel, deren einige ſehr mächtig, andere nur ſchwach find. » Ein jeder Schaman bat die feinigen, und wer.ibrer die meir ſten hat, der vermag am meiften. Ein ganzes Heer Fleiner Teufel foll nicht fo viel Vers mögen befißen, als in dem £leinen Finger des oberften Teufels ſtecket. Dieß war der ‚ Eingang, womit der eungufifche Zauberer feine Kuͤnſte anfieng. Hernach lief er inner- halb des Kreifes, den mir fihloffen, längft dem Feuer und um daffelbe, und ſtimmete durch das Naffeln feines Eifonwerfes eine hoͤlliſche Mufif dazu an, Ehe er zum Haupt⸗ werke ſchritt, fuchere er uns einen Much einzufprechen, und bath uns, dasjenige feft zu glauben‘, was en uns auf unfere Fragen antworten würde, und verſicherte uns, daß ibn der Teufel noch niemals belogen hätte. Wir fürchten uns eben nicht vor feinen Teufeln, ſondern nur. vor dem eifernen Gefchleppe, das er an ſich hafte, und baten ihn, daß er es uns nicht zu nahe an die Köpfe fliegen laffen möchte. Er fieng endlich an zu fpringen: und zu fÜhreyen , und, bald darauf höreten wir Stimmen, die einen Choral mit ibm macheten. Er hatte ein Paar von feinen Spiefgefellen mie fich gebracht, die fich in un- fern Kreis eingefhlichen hatten und mit ihm fangen, damit der Teufel es beſſer hören möchte, Nach vielen Baufeleyea wollte er uns überreden, daß die Teufel angefommen wären, umd fragete, was wir zu voiffen begehreten. Mir fegeren ihm, wie wir es ſchon bey andern ſolchen Hexenmeiſtern gethan hatten, einige erdichtete Fragen vor, und wur— den aufs neue uͤberzeuget, daß alles nichts, als dumme Betruͤgerey war. Wir hätten gewuͤnſchet, daß wir ihn mit uns in die argunskiſchen Bergwerke nehmen, und ihn zu der ſchwereſten Arbeit darinnen verdammen duͤrften. ce re Gmelins Reiſe. 1735 — — 204 Reiſe nach Kamtſchatka Ich erwaͤhlete den kuͤrzeſten Weg nach dieſen Silberbergwerken, und mußte mich daher entſchließen, zu Pferde zu gehen, auch alles benoͤthigte auf Pferde zu packen. Ich nahm den Maler Berkhan, einen Studenten, zween Bergbediente, zween Schuͤtzen und zween Soldaten mit mie, und gieng am 29ſten Junius gegen Mittageszeit mit ih— nen aus Nertſchinsk ab. An der Mündung des Nertſcha ließen wir die Pferde ab⸗ packen und fie über den Schilka ſchwimmen: . ich aber gieng mit den Leuten und Sa— chen in einem Kahne über diefen Fluß. _ Von bier gieng der Weg über ein ebenes Feld, wo ich ein fihönes Klofter mie einer fteinernen Kirche fah, welches an einem Arme des Schilka liege. Auf eben diefer Fläche kam ich an eine Mühle, welche der Schilka treibt. Laͤngſt an dieſem Fluffe ritt ich ſtets über Berge durch dicke Waldung von Ser: chenbäumen, wo an vielen Stellen faum ein Pferd durchgehen konnte, ungefähr fünf sehen Werfte weit; und weil die Hige fehr groß war, fo ruhete ich von Zeit zu Zeit aus, Endlich Fam ich mie meinem Gefolge zu dem Udinskoi-Chreber, wo der Weg noch nicht beffer wurde; ja, wir trafen ſelbſt auf der Höhe des Berges Moräfte an. Wir Famen indeffen noch glücklich genug über den Berg, und beym Ausgange aus dem Walde fa- ben wir das Dorf Lieſowka vor uns liegen. Wir riefen vorbey und kamen durch ein fchönes Thal und einen guten Weg Abends um acht Uhr in die Slobode Undinskaja, am rechten Ufer des Linda. Am folgenden Morgen um fechs Uhr giengen wir mit fri= fehen Pferden wieder ab; und nachdem: wir. zwo Werfte lang an diefem Fluſſe gereifee waren, fo fegeten wir über denfelben. Hier fanden wir einen Weg gegen Süden, der nach Surachaitır fuͤhret. Wir blieben noch immer an dem linfen Ufer des Unda, bis an den Bad) Oeggio, durch welchen wir virten, und an deſſen Ufer wir nod) ein Stück Weges, und dann an dem rechten Ufer des Unda reiſeten. Wir kamen durch zwey Dörfer, und Bormittages um eilf Ubr in das Dorf Scholopugina, das zu den arguns fifchen Sloboden gehoͤret. Der Weg gieng ftets durch. eine fchöne Ebene, Die Hige war noch) größer als Tages vorher; dem ungeachtet, nachdem ich die müden Pferde bar: te abmwechfeln laſſen, ſetzete ich die Keife weicer fort. Ungefähr zwey hundert Faden weit von dem bemeldeten Dorfe, gieng ich zum legten Male über den Linda, und verlohrihn bad völlig aus dem Gefichte, Erliche Werfte weiter him fegere ich über den Turow, und in einer Weite von fechs Werften viermal über den Alaſchir. Dieſer Weg gieng über ein ſehr moraftiges Torfland. So dann kamen wir durch einen fehr dichten Wald - von $erchenbäumen, wo man kaum zehen Schritte reiten Fonnte, ohne quer über liegen⸗ de Bäume anzutreffen. In der Abenddemmerung erreicheten wir dag Ende deſſelben⸗ Beym Yusgange aus dem Walde harten wir zur Nechten den Bach Bunni, laͤngſt wel⸗ chem mir in der Macht über eine ſchoͤne Flur ungefähr ſiebenzehen Werfte zurücklegeren: Darauf giengen wir über diefen Bach, und kamen um Mitternacht in Bunskaja⸗De⸗ rewna an, weldyes an den Baͤchen Bunnt und Gaſimur liege. Wir giengen am fo genden Morgen über ein erhabenes fehönes Feld bis nah Igdotſcheskafa⸗Derewna, das feinen Namen von dem Bache Igbdotſcha hat, welcher allda in den Gaſimur fällt Eine Fleine Strecke weiter hinaus gieng ich über den Gaſtmur, welcher bier funfzehn bis zwanzig Faden breie ift, und Fam durch eine bald moraftige bald dürre Steppe, Vor: mittages gegen zehen Uhr in Taina⸗Saimka an. Es waren nicht weir davon ein Paar tungufifche Jurten, wohin ic) mich begab. Meine Abficht war, zu erfahren, was für eine Wurzel es wäre, welche von den Tungufen am Gefimur gegeflen und Mucke 3 — — genann durch Sibirien Ä 205 genannt wird. Man brachte mir fogleich getrocknete, und bald hernach auch frifche, und Gmelins ich erfannte bald, daß es eine Gattung von Biftorta 53) war, Sie ſageten dabey, Reife. daß fie fich nicht die Mühe macheten, die Wurzel auszugraben‘, fondern um die Herbft: 7735 zeit nur auf die Steppe giengen, Murmelthierlöcher zu fuchen, in weichen fie diefe Wur— f del, wie auch die Sarana, in Menge fänden, weil diefe Thiere fich auf den Winter da- mie verſorgeten. Nachmittags um ein Uhr veifere ich von Taina⸗Saimka wieder ab, und ritt neun Werſte weit über ein ebenes Feld, und wieder ungefähr fo weit über einen erg, mit Waldung von $erchenbaumen und Birken bewachfen, wo ein fehr beſchwerli⸗ Hear Weg war, weil er überall mir Bäumen verleger war: ferner über etliche Fleine Baͤ⸗ be und eine fihöne beblümte Flur, bis ich zudem Bache Orktja oder Solonniſchna⸗ ſa kam, über welchen ich'gieng, nachdem ich ein wenig ausgeruhet hatte, Abends um fieben Ühr vier ich wieder fort. Ich Fam durch ein ebenes Feld, welches ein wenig mo* raſtig war, und an der linfen Seite Berge harte, auch durch einen Fleinen Birfenwald, und langete Abends um zehen Uhr in Serentui-Saimka an. Von Solonniſchna⸗ ſa an bemerfete ich, daß wir alle bald eine ftarfe Kälte, bald wieder Wärme fpühreten. Der Weg, den ich bisher genommen batte, war von einer Werft zur andern mie Weg— fäufen befeget. Munmehr ließ ich diefen Weg zur Nechren liegen, gleichtoie auch das Dorf Serentut , wo ich mir frifche Pferde geben ließ. Der Weg gieng noch immer über ein ebenes Feld, Mach ungefähr fechzeben Werften Fam ich zu dem Bolſchui⸗Se⸗ rentui, wo ich etwas ftill hielt. Von bier aus ritt ich noch etwa acht Werfte weit in ebenem Felde; hernach wurde der Weg bergicht, war aber mit fchönen Birken und Bluh— men bewachſen. Beym Ausgange ausdem Walde hatte ich noch ungefähr vier Werſte bis zu den Bergwerkshuͤtten, Sawoden, wo ich gegen Mittag ankam. Die ganze Reife don Nertſchinsk aus bis bieher , gieng füd- und füdoftwärts, | | Die argunstifchen Sawoden liegen an dem Bäche Tuſatſchi, der wierzehen Lage und Be: erſte weit von dem Fluffe Argun, und ſechs und eine halbe Werfte von dem Bache — ——— rebrenka aus einem Quellwaſſer entſpringt, und zwar in einem Thale zwiſchen zweyen un “ * Gebirgen, welche von Weſten nach Oſten ſtreichen. er Zu den Sawoden gehören folgende Gebäude: r) eine große Schmiede, worinnen ein Handofen zum Eiſenſchmelzen iftz 2) die alte Schmelzhütte, worinnen fechs hehe Oe— fen und die Leberbleibfel von fechs andern zu fehen find: in zweenen der erften werden Dlasbälge durch. Pferde in Bewegung gefeger. Die Bauart diefer Defen ift halb nach deutſcher Halb nach) geiechifcher Met eingerichtet: denn fie find Höher, alsdie griechifchen, und ' niedriger, als Die deurfihen. 3) Die Gahrhuͤtte: in diefer iſt ein runder Herd, nach deut⸗ ſcher Art oben gewölber und mir einem: Deckel verfehen. Der Herd hält drittehalb Ar- fhine im Durchmeffer, und nebft den Mauern vier Arſchinen. Man Fann darinnen fechzig bis fiebenzig Pud Werkbley auf einmal abtreiben. Noch ift allda ein anderer Herd nach griechifcher Art, ohne Verdeck, von ovaler Figur, zwo Arfchinen lang und fünf Vierthel Arfihinen breit, und unterwaͤrts abhängig, damit die Glßtte abfreiben kann. Man treibt darinnen zwanzig bis fünf und zwanzig Dud Werkblep ab» Un einer Gei- te der Huͤtte ift eine Mauer aufgeführet, auf welcher drey Eleine Herde, Brandfilber zu regt ‚machen, „53) Biftorta foliis ad oram nervofis, imis ova- no. Hall. Helv. 179. Biftorta montana mi. libus, fuperioribus linearibus, femine gigarti- nor &e. Mef. Xen, Id. Sib, 243. p. 169, _ 206. Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins machen, und ein kleiner Schmelzofen zu Kupferproben angeleget find. In dieſer Hütte Reife. soird auch das Werfbley, und das. vorrätbige Erzt aufgehoben. 4) Vier Roͤſtheerde 1735. unter freyem Himmel, deren jeder einen halben Faden ins Gevierte hält, und welche mit einer Mauer umgeben find, ausgenommen daß in der Mitte der einen Seite eine Deff- nung gelaffen ift, Holz und Kohlen durchzuſchieben. 5) Die neue Schmelzhuͤtte⸗ In dieſer befinden fich zween hohe Oeſen, nach deurfiher Are gebauet, in welchen beyden ge- ſchmelzet wird. Die Bälge werden hier ebenfalls durch Pferde gerieben. Ueberdieß fieht man allda eine Kirche, eine Kanzelley, ein Haus für den Suͤber⸗ und Bleyvorrath, welcher der Krone gehöret, auch für alleriey Materialien; endlich noch etliche Häufer für Hie Meifter , welche zu den Hüften gehören. Obgleich die Kanzelley zu Nertſchinsk ſchon im Jahre 1677, durch einen kalmu— Eifchen Geſandten von dem Silbererzte in dieſer Gegend Nachricht befommen hatte, auch die Sache in. eben demfelben Jahre unterfucher und wahr befunden worden mars fo ift Doch dev vechte Grund zu Den Sawoden erſt 1704 durch drey Griechen geleget worden, welche die Erzte zu Schmelzen unternahmen. Zuerſt giengen fie den Schürfen nach, wovon bie alten Spuren zu ſehen waren, Man fand in einem Berge, der den jegigen Hütten gegen Werften , und etwa hundert und funfzig Faden weit davon liegt, eine große Kluft, und über derfelben ein Duerband, das aus lauter Föftlichem Glanzerzte bes ſtund, welches die Alten wohlbedaͤchtlich haften ftehen laſſen, den Fall ver Berge, die #3 zufammenhielt, zu bindern. Sie hatten vermurhlich aus diefer Kluft fehon vieles Erzt gefördert; Denn in Der ganzen Gegend finder man feine andere Schuͤrfe, und doch eine große Menge Schladen, Ein wenig oberhalb diefes Querbandes war ein Schacht 5 und in demfelben waren einige auf der Sohle liegende Erzte zu fehen. Man nahm das, ° . was am meiften in Die Augen fiel, zuerft vor. Man brach das Band dur), und die Berge fiengen an zu fallen, Man vermuthete, unter diefem Bande noch mehr Erze zu finden: aber wegen des Einfalles des Berges Eonnte man nicht dazu fommen. Man ſenkete bier und da in der Nähe Schächte von Tage ein, und fchürfete an-vielen Stellen; fonderlich in einer Grube, der man den Namen Troitʒkaja⸗Jama gegeben; und da zei⸗ geten fich reiche Anbruͤche, aus welchen man bisher fo vieles Erzt gefördert hat, daß die Unkoſten, welche dit Anlegung Biefer Hütten der Faiferlichen Caffe gemachet, ziemlich erſe⸗ Set worden find. Die Griechen legeren die Hütten nach griehifcher Weife an, fchmelze ten auch die Erzte nad) ihrer Are. Ihre Schmelzöfen waren niedrig, und ihre Gahrheer ⸗ de ohne Verdecke, die Baͤlge von Leder, und wurden von Menſchen getrieben. Indeſ⸗ fen haben fie in manchem Jahre zehn bis funfzehen Pud Silber. geſchmelzet. Es ver⸗ ftund niemand recht gruͤndlich, mit diefem-Exzfe umzugehen ‚und die Berichte der Grie⸗ hen waren fo beſchaffen, baß man fie nicht völlig verſtehen konnte. Ihr Schmelzen ge ſchah fat auf eben dieſe Weife, wie ein fibieifcher Schmid, der niemals dergleichen Ar beit im Großen gefeben bat, das Eifen ſchmelzet. Im Jahre 176 fand der damalige Statthalter in Sibirien, Kajaͤs Gagarin, unter den ſchwediſchen Gefangenen eine Dergverftändigen, Namens Peter Domes, welchen er megen der. Kupfererzte, die. an dei? Gaſimur gefunden worden twaren, hieher ſchickete. Dieſer Schwede nohm ſich zugleidt der Silberbergwerke an: er unterſuchete alle bisherige Arbeit, und ſchickete an das um Diefe Zeit errichtete Bergeollegium einen ausführlichen Bericht, und fein Gutachten, wit man in Zukunft zu verfahren habe. Er glaubere, daß die Erzte, wie anderwärts, “ durch Sibirien Sa 207 in der Tiefe veredeln winden, und that in biefer Meynung gute Vorfchläge, welche das Gmelins Bergeollegium gut hieß. Er trieb Stollen, Schächte und Oerter in Menge, und auf al- Reife. lerley Art, bis er auf die Waffer fam : aber alsdann fah er, daß die dertigen Erzte nicht 173 5- ſo, wie diein Schweden und Deurfchland, brachen. Mittlerweile kam ein aus den Sawo⸗ — —— den zu Uck⸗Tuß abgeordneter Commiſſarius, Namens Burzow, dahin, welcher den Vorſchlag that, den Bruch des Berges mit Kaſten zu halten, md die Arbeit wieder dom Tage an hinein zu treiben: denn man ſah wohl, daß man Bier die Erzte mehr zuo— berft, als in der Tiefe fuchen müßte, Die Kaften baben dem im Berge verurfachten Bruche feinen weitern Einfturz verftatter; man bat auch dafeldft wieder arbeiten Fönnen und foͤrdert noch jeßo einiges Erzt, das in einem weichen Mulme bricht, aber nicht reich am Gehalte iſt. Ob nun gleich die Gruben in ſchlechtem Zuſtande waren, fo waren doch Die Huͤtten ſehr wohl befchaffen. Dames verbefferre alles; und man erfanhte durch ans geftellee Proben, daß die deutſche Art des Schmelzens befferfey, als bie griechifche war. Weil man fih noch ‚immer Hofinung machete, veichere Anbrüche zu finden, fo gab das Oberbergamt in Catharinenburg Befehl, ſechs und dreyßig Werſte weit davon, an dem Iſchaga, bey feiner Mündung in den Argun eine Waſſerkunſt anzulegen, wodurch die beym Schmelzen noͤthigen Blasbaͤlge getrieben werden koͤnnten. Indem der Anfang da— zu gemachet war, ſo kam ein deutſcher Bergmeiſter, Namens Heidenreich, welcher dahin geſchicket worden war, die Werke in Augenſchein zu nehmen, und fie, fo viel als möglich, in guten Stand zu fegen. Dieſer Bergmeifter urtbeilete nach Beobachtungen, die er in Deutſchland angeftellet hatte, und gab das Gutachten, daß feine Hoffnung zu neuen Anbrüchen wäre; daß man den Vorrath an Erzten ſchmelzen und hernach die Hütten ein- geben laſſen müßte. Dem zu Folge ftellete man die Arbeit big auf weitern Befehl ein, und in den Jahren 1731, 1732, auch einem Theile des 1733ften, wär. nichts gearbeitet wor⸗ den, außer was man aus den Heerden der Alten ausgefchmelzet hat, deren man mehr als tauſend in dafiger Gegend gefunden: aber alle waren mit Erde zugeſchuͤttet. m Jahre 1733 fehickete das Oberbergamt neue Befehle, die Arbeit wieder fortzufegen. In— deſſen war alles in Unordnung gefommen; der angefangene Damim von dem ansgetrete- nen Waffer des Argun eingeriffen, und aus den Stollen der Grube zu Troitzoki hatte Man Vorrathskeller für Fleifch und Milch gemachet, weil auch bey der heißeſten Witte» tung eine große Kälte darinnen iſt. Mach der Zeit hat man aufs neue gefchürfee, und das Erze in derbem Gefteine nur eingefprenge gefunden, weswegen man davon abgegangen iſt. In ebendiefer Gegend hat man zur Zeit meines Aufenthaltes allda einen neuen Schurf aufgeworfen , wo das Erzt fich beffer anlaͤßt, weil es in einem Mulm bricht, wie die gu⸗ ten Silbererzte in Diefen Gegenden alle thun. Hierauf beruhet nun die Hoffnung. der Fünftigen Jahre. Die Natur ift, wie es ſcheint, mit Hervorbringung der unterirdifchen Schäge hier eben fo günftig, als im Diſtricte von Rolyban, umgegangen. Die Erz- te Liegen unmittelbar unter der äußerften Schale der Erde, und fireichen felten tief: man finder fie oft in großen Haufen, oder nach bergmännifcher Redensart, nefterweife beyſam— men. Ja, man darf fie nicht allezeit in Bergen ſuchen: ‚fie liegen oft im ebenen Sande, zwiſchen ven Bergen, wiewohl man bier viel vom Waſſer feider, Es ift alfo fehr wahr ſcheinlich, daß man in einer fo erzhaltigen Gegend niemals Mangel an Erzten haben wuͤr⸗ ‚de, wein man fleißiger ſchuͤrfen ließe. Es konnte auch folches Feine große Unkoſten ver- Urfachen, weil man: nicht über zween Fuß tief gehen darf, um Erztadern anzutreffen, welche . ! Gmelins Reife, 1735* Reife nach Kamtſchatka welche bier nicht etwa nur Zolldick, wie in andern Laͤndern, fondern oft ganzer Lachter dick gefunden werden. Daher habe ich meine Meynung gehörigen Ortes angezeiget, und den Kath gegeben, die Arbeit in. den Kürten nicht eingehen zu (offen, auch vorhergeſa⸗ get, Daß, wenn man nach meinen angegebenen Grundfäßen arbeitete, die Hütten allezeit mit einem, obwohl nicht allzu großem Geminnfte, unterhalten werden koͤnnten, und’ daß es ihnen nicht Teichtlich an Erzten mangeln würde 54). Ich babe den Gewinn nicht allı zu groß angeben mögen + denn in der That ift in Diefen Gegenden ein Mangel an ſchoͤ⸗ nem Gebirge, welches für häufige und dauerhafte Erzeugungen der Metalle immer. vor- theilhafter iſt, als eine Fleine niedrige mit Hügeln bedeckte Gegend, die fich nicht über - eine Meile erſtrecket. ine andere Beſchaffenheit hat es an dem Schilke, unterhalb Vlerefchinsk: das Gebirge ift allda beſſer; man bat auch daſelbſt einige Erzte gefunden, aber noch nicht Hinlängliche Anzeichen, daß fie häufig brechen, Hingegen in der Gegend 208 des Argun, wo häufige Erzte find, ift nirgendwo ein hohes oder ftreichendes Gebirge Es find drey Wege, auf welchen man von Frertfehinse hieher reifen Fann: einer ift der, welchen ich zu Pferde gieng, und wo man nur im Winter mit Schlitten fahre; der 54) Der Erfolg Hat gezeiget , daß meine. Ver; muthung guten Grund gehabt. Man har bis zu den Jahren 1741 und #742 ftets Erztzum Schmel- zen befommenz worunter ein merkwürdiger Bleyo⸗ cker ift, welchen man anfänglich als eine unnůutze gelbe Erde wegwarf. Endlich fand mar darinnen fefte Kerne von eben folcher, aber roͤthlicherer, feſte⸗ rer und ſchwererer Erde, welche man der Feuers probe würdig hielt. Sie zeigete ſich nicht nur von gutem Bley: und Silber fondern auch Goldge⸗ balte, Alsdann proßivete man auch die leichtere gelbe Erde, die man als gänzlich unnüß wegge⸗ worfen hatte, und man ‚befand fie von gleichem, obwohl viel geringerm Gehalte. Aus diefer Urfa- che hat man diefes Mineral Summnitelnaja Rus Da, di. das zweifelbafte Erzt genannt. Sch geſchweige den geringen Gehalt von Eijen, der ſich in diefer Exde deutlich zeiget. Vielleicht enthält fie auch Spießglas, aber in fo geringer Quantität, daß es fihwerlich eriwiefen werden kann. Es giebt dieſe Erde ein fehr forödes Bley, das ohne Zuſatz von Silberglöte auf dem Teſt nicht abgeht, fondern einen großen Nand machet, und den Teft faft gänz: lich zerfrißt. Wenn man es auch in vier Feuern vöfter, fo wird es dennoch nicht anders. Dieſes habe ich dem Freunde, der mir die erfte Nachricht davon gab, gemeldet, und dabey gefaget, daß ich glaubete, es fey Spießglas darunter, weil der Spieß⸗ glaskönig, ſowohl unter Silber, als Golde, eben der: gleichen Wirkung auf dev Capelle thut. Dieſer Freund hat mir gemeldet, daß man in dieſer Oru: be nach der Zeit wirklich Spießglas mit eingefpren- geten Goldkornern in einem weißgelölichen Quar⸗ ‚abgeteufet. ze gefunden, wovon er mir eine. Stufe geſchicket hat. Der Gehalt des Goldes in diefem Mineral ift fo reich, daß die Koften des Scheidens wohl ber zahlet werden: denn ein Pfund fein Silber Hält dritthalb Ducaten Gold , von hoher Farbe und gu⸗ ter Gefihmeidigkeit. Außer dieſem reichhaltigen Erzte haben ſaͤchſiſche Bergleute, etliche Werſte weit von der alten Grube bey Ildikun, einen neuen Gang ſchoͤnen derben Bieyglanzes mit et⸗ was Kieße entdecket, welcher vier Loth Silber und mehr als funfzig Pfund Bley haͤlt. Im Anfange des Jahres 1742 hatte man ſchon uͤber ſechs Faden Man hat auch die alte Grube bey Ildikun, von der ich bey meinem Daſeyn nichts gehöret hatte, und welche gänzlich vergeſſen war, neu aufgefchärfer ; und wierwohl man bis zum ber meldeten Jahre 1742 noch nichts, als griefige Er⸗ de, und fein Geftein gefunden hatte, fo finder man doch darinnen zuweilen derbe runde Stuͤfchen Glanz erzt, die ohne Zweifel vondem Waffer dahin 9% ſchwemmet worden find. Dieſes Erzt haͤlt ſechs Loth Silber und vier und ſiebenzig Pfund Bley⸗ jedoch iſt es im Probiren faft eben fo fireng, als der vorhin erwähnte gelbe Oder. Aber auch dieſer Glanz Hält auf jedes Pfund Silber mehr als el nen Ducaten. Gold. Bis zum Sabre 1747 als ich Rußland verließ, iſt, wie ich erfahren habe, Feilt Mangel an Erzte gewefen. Als im Jahre ‚78 Peter Dames vertorben war, fo ſchickte man neu⸗ ſachſiſche Bergleute dahin, beſonders 1740 den Markſche der Johann Conrad Jobn, me hen im Probiten der Erzte und ihrer Bearbeituns große Kenntniß befap. Er ſuͤhrete — a urch Sibirien 209 der andere ift der alte Karawanenweg, und HF nicht viel von dem erften imterfchieden ; Gmelins nur kann man auch zur Noth auf denfelben mit Karren reifen. Man gehe von Nert⸗ Reife ſchinsk über Uspenstoi z Monaſtir, Schiftinstaja + Dere wna Borſchows⸗ 1735 kaja⸗D., Lukina⸗D. und RolobowsjasD. , zuſammen zwey und fünfzig Werfte, ® Wo man über den Uda feßet. Ferner dreyßig Werfte über die Dörfer Dumowa und chelopugina. Noch drey und zwanzig Werſte weiter hin geht man zum zweyten und letzten Male uͤber den Uda; und von hier an hat man wieder neun und vierzig Werſte bis zu dem am Gaſtmur liegenden Dorfe Kotkowa. ‚ Bier Werfte weit davon geht Man über den Gaſimur; und acht Werfte weiter hin liegt Krasnojarskaja oder Ask makowa ⸗Derewna, woman von dem Gaſimur abgeht. Mach einer Weite von ſechs Werften koͤmmt man nad) Masjukowa⸗ Derewna, und von da, nad) fechzig erften, nach Serentinskaja⸗ D. Derganze gemeffene Weg bis zu den Berghücten betraͤgt alfo zweyhundert und acht und fiebenzig Werſte. Herr Muͤller erwäßlere den dritten Weg, welchen man Solonnaja⸗ Doroja (Salzweg) nennet, weil er bey einem Salzſee vorbey seht. Er iſt ungefähr noch einmal fo lang, als der, den ich Waſchen der Erzte ein, wovon man vorher dort. Nichts gewußt hatte, ob es gleich fir manche Erz: te überaus vortheilhaft it. Es iſt Schon gefager dorden, daß Peter Dames in der griechiichen tt, Erzt zu ſchmelzen, vieles verbeffert hatte, und AB die großen Defen, die er deßhalber anlegete, du diefer Arbeit viel zuträglicher waren: aber er ußte von den krummen Defen noch nichts. Der Neerichied zeigete fich bey den fächfifchen Huͤtten⸗ verftändigen bald. In vier Eleinen Schmelzöfen, Welche die Sachfen, bey ihrer Ankunft in den Püts ten fanden, wirrden mit zwey und drevßig Pfer⸗ N und vier, Maſchinen alle Wochen ungefähr laufend Pud Erzt durchgeſetzet. Die Sachfen Austen anftart diefer vier Defen zween Krumm⸗ Ten, und ſchmelzeten woͤchentlich mit fechzehen Pfer: ben und zwoen Mafchinen zwoͤlf hundert Pud "iM. Dames hatte auch einen Heerd nad) deutſcher Art anlegen laffen, auf welchem die Werks ‘he Eonnten abgetrieben werden: aber ex war doch mehr der griechiihen Weiſe gefolget, und man hat⸗ te dieſelbe, bis zur Ankunft der Sachſen beybehal⸗ fen. Er ſelbſt gab zur Urſache deffen an, weil der deutſche Heerd allzu groß wäre, eine nicht gar Hofe Menge Silber abzutreiben, die griech ſchen gegen hierzu eben vecht wären. Fin griechl: er Heerd ift nichts anders, als cin Loch, das in e Erde gemacher und mit Aiche ausgefüllet wird, ruͤber man birkene runde Klöppel feget, und mit zween Fleinen Handblafebälzen das Feuer anbläit, bis das Silber zum Blicke fömmt. Man fomnte auf einmal drenfig Pfund Werkbley, auch etwas Allgem. Reifebefchr. XIX Band. nadın aber mehr, auffegen, und man brauchete Hierzu zwölf Stunden Zeit. Die Arbeit für die Leute war muͤh⸗ ſam umd ſchwer, weil der ffinfende Dampf, welcher bey dem argunskiſchen Werkbleye außerordentlich ſtark iſt, wie auch das beftändige Feuer, die armen Arbeiter nicht nur den ganzen Tag quälete, fon dern auch betruͤbte Folgen für ihre Gefundheit nach ſich 309. Die Sachſen bausten einen Treibheerd nad) ihrer Art, auf welchem fie, vermittelt einer von Pferden getriebenen Mafchine, achtzig bis hun⸗ dert Pud auf einmal aufſetzeten, und das Sil- ber in vierzehn oder hoͤchſtens fechzehn Stunden zur Gahre trieben, und dennoch weniger Holz da- bey verbrannten. Da fie aud) befanden, daß eine große Menge Friſchbley im Vorrathe da lag, wel: he Waare dort zu Lande Feinen Abgang findet, weildie daraus gegoffenen Kugeln, wegen ihrer Spro⸗ digkeit, die beynahe dem Eifen gleich Fimmt, dag Gewehr vorderbet, auch ſonſt aus eben diefer Ur⸗ ſache nichts daraus zu verarbeiten iſt, fo macheten fie damit eine Probe, und befanden, daß dieſes Bley noch ziemlich filberhaftig war. Sie ließew daher alles nochmals abtreiben, und befamen daraus ſech⸗ gehen Pfund reines Silber, worinnen dreyzehen Loth fein Bold waren. Nach dieſer Probe war das Bley weich und mild, und ſowohl zu Flinten⸗ fugeln, als andern Sachen, zu gebrauchen. Auf ſolche Weiſe wurden in den Jahren 1742 und 1741 ans der argunskiſchen Silberhütte ſechs und zwan⸗ zig Bud und erlihe Pfund Silber, und in dem» felben mehr als fieden und zwanzig Pfund fein Gold ; nach Potersburg für die Krone geliefert, D>d Gmelins Reiſe. 1735 mn u 210 Reife nach Kamtſchatka aber er iſt fehe gut zum Fahren. ¶ Here Muͤller gieng am aten Jul. Nachmirtages um vier Uhr aus der Stadt, und übernachtete zu Saͤbateewa⸗ Derewna, an dem füd- tichen Ufer des Schilka, zehn Werfte oberhalb Nertſchinsk. Am sten des Mittags war er in Olenguiskaſa⸗Sloboda, am Fluſſe Olengui, welcher in den Schilka fälle, und bekam allda friſche Pferde. Er reiſete noch an ſelbigem Tage bis Makare⸗ was Derewons, am Bache Makarewa, welcher in den Onon fällt, wo er wieder feifche Pferde bekam. Am 7ten gegen Mittag Fam er an den Fluß Unda; in der Nacht blieb er an dem Gurban⸗ Guruchai⸗ Nor, (drep Seen am Wege), an dem füd- lichen Zuße des Lapatoſchnot⸗ Chreber, und verforgere fich allda mit Holze, weil, es der Anfang der Steppe war, Am gten früß um fechs Uhr erreichete er den Fluß Turga/ welcher in den Onon fälle, und-befam von den Tunguſen friſche Pferde. Zu Mirtage fangete er bey den Tſchaſtie⸗ &fera (haͤufige Seen) an, wo fechzig Seen beyfammen feyn ſollen. Er übernachtete an dem Fluſſe Borfs, welcher in den Onon fälle, und bekam abermals frifihe-tungufifche Pferde, Die Geſchlechter ver Tungufen in diefer Gegend nennen fih Ramjaͤti und Doloti. Am gten Jul. des Morgens gieng er über den Berg Uralengiuskoi⸗ Chreber, wo er fich wieder mit Holze verforgere, und fant Mittages am oͤſtlichen Fuße diefes Berges zu Jike⸗Bulak an. Er übernachtete zu Za⸗ ganz Nor. Am ioten zu Mittage gietig er über den Bad) Urulengui, und Nachmit⸗ tages uͤber den Bach) Kurkira, welcher in den erſtern fällt. Hier befam er wieder Vor⸗ fpann von den Tungufen. Er fegete noch an felbigem Abende die Reife an dem Bur⸗ kira binab fort, und übernachtete an dieſem Bache. In dieſer [Gegend ift das Ges fehlehe der arguniſchen KTamjäti, welche fich durch ihre Hartnädigfeit berufen ger mache, und Anlaß gegeben haben, Argunskoi⸗Oſtrog anzulegen. Am rien Sul gegen Mirrageszeit fam er zudem Bache Nortu, welcher in den Werchnei ⸗Borſa fältt, An diefem Fluſſe, nicht weit von feiner. Mündung in den Argun, übernachtef® - er, und befam dafelbft feifche eungufifche Pferde. Am ı2ten Mittages war er an dent Serednoi⸗ Borſa, welher Bach ebenfalls in den Argun fälle, befam wieder neuen Vorſpann, und gieng noch felbigen Abend bis an den Bach Kilgi, unmeit und oberhalb dem Jaſchma⸗ Bora. Endlich, am ızren Zul. kam er in den Berghuͤtten an, Von sen Inda bis an den Kilgi gieng er ftets über Steppen : aber weiter Din, bis zu den Hüften, war die Gegend gar bergicht. ° Nachdem wir wieder beyfammen waren , brachten wir Die Zeit mit den noch noͤthi⸗ gen Unterfuchungen zu. Am ı6ten Jul. fertigen wir den Studenten Gorlanow uͤbet Nertſchinsk nah Gorodifchtfches Derevons ab. Ich habe ſchon oben geſaget, daß in der Nähe diefes Ortes, auf der andern Seite des Fluſſes, viele noch nicht eroͤffnete Gräber waren. Wir hofferen, durch Graben in felbigen in der Hiftorie der ‚ehemaliger Einwohner diefer Gegenden vieles Licht zu befommen, und befahlen ihm daher, viele von diefen Gräbern eröffnen zu laſſen, und ihre innere Beſchaͤffenheit aufs genaueſte zu bes ſchreiben, ſodann aber uns in Tſchitinsk zu erwarten. Wir ſelber traten mit unſerm Dolmerfcher und dem Maler Berkhan um Mittageszeit die Reiſe nach Argunskol⸗ Oſtrog an, und ließen die uͤbrigen unſers Geſolges in den Hüften zuruͤck. Sechs und eine halbe Werft weit von den Huͤiten ritten wir über den Bach Serebrenta, und — ‚me 35) Es ift Rhamınus remis fpina termiratis, Aoribus quadrifidis, divicis. Zinn, Hort. chf 3 3% RE durch Sibirien. au men durch ſchoͤne Fluren und Thaͤler nach Onochoskaja ind Olotſchinskaja, welche Smelins beyde Dörfer an dem Argun fiegen, und viele Wohnhaͤuſer Haben. ° Won dem letztern Reife, Dorfe führen wir in einem Kahne über den Argum, und ließen die Pferde überfchtoim- 173 5°, men, Wir ritken eine Strede landwäres ein, die dort in Menge wachfenden Hafel- nuͤſſe zu beſehen, welche auf viel niebrigern Stauden, als die bey ung gewöhnlichen, - wachfen. Die Hafelnüffe wachſen fonft in Sibirien nichtz und weil die Stauden ſo ſehr niedrig find, fo gedachte ich, ich würde eine neue-Dflanze finden. Aber es mar eben bier ſelbe, wie in Rußland md in Deutſchland. Sodann kehreten wir nach dom Dorfe zur ruͤck. Nach einer Reife von neun Werften erreichefen wir Kljutſcheroskafa⸗ Des rewna, wo mir frifche Pferde bekamen. Hernach giengen wir durch die Dörfer Lu⸗ gowskaſa und Iſchaginskaſa, wo wir die Ueberbleibſel des für die Sitten zu bauen angefangenen Waſſerwerkes fühen; ferner Durch) Muſurantowa; "Ind, nachdem mie einen fteilen, aber nicht heben Berg hinab gerieten waren, Famen mir Abends un ſieben Uhr nach Surowaja⸗Saimka. Diefes Dorf gehörefe dem Hüftenverwalter, Peter Dames, welcher es angebauet hatte, und wohin er uns, die Nacht zu bleiben, einfud, Die übrigen Doͤrfer liegen alle längft dem Argun, und gehören zu dem Huͤttendiſtriete: fie find insgefamme ſchoͤn und groß. Die Saimka des Hürtenverivalters liege zwo Wer fie von dem Argun/ an dem Bade Surown, In einer angenehmen Gegend, welche Boch genug ift, daß fie von dem Fluſſe nicht uͤberſchwemmet werden kann. Es ift der felbe bey den Dftrog nicht über fechzig Faden breit: aber zuweilen laͤuft er vom’ Regen dermaßen an, daß er, wie im Jahre 1718, alles umliegende Feld uͤberſchwemmet: zu Anderer Zeit trocknet er fo fehe aus, daß man hindurch reiten kann, wie folches im Jahre 1731 sehehen iſt. Im Winter friert er oft faſt gänzlich aus; und das wenige Waffer, welches darinnen bleibe, fieht wie gekocheter Theeboe aus. Es hat einen fäuerlichen Ges ſchmack, und kann nur zu Speiſen, und das Vieh zu tränfen, gebrauchet werden .·. 97 —1 una — He ET} T i Am ızten Jul. des Morgens gieng Herr Muͤller nach dem Ofteog, ich aber blieb in der Saunka, weich mich mit Kraͤuterſammlen beſchaͤfftigte. Ich fand in dieſer Gegend viele ſogen annte ſchwarze Birken, deren Blaͤtter an Farbe und Adern der Steineichen ihren ähnlich find ausgenommen daß fie am Rande nicht ſo zackicht find. Ihre Rinde ſieht wie an den Fichten aus. Sie erreichen die Hoͤhe der gemeinen Birken, und ſind Auch in der That Feine beſondere Art, wie man fie denn auch zuweilen in andern ändern finder. An der andern Seite des Fluſſes ift eine andere Art Bäume, die diefen Gegen: den beſonders eigen iſt. Sie gleichen dan ſchwarzen Vogelkirſchbaͤumen, und wachfen auch unter denſelben; aber ihre Blaͤtter ſind laͤnger und dunkeler, und haben faft fo ſtar—⸗ fe Adern, als die Citronenblätter. Es wachfen aufdiefen Bäumen Beeren, welche aber damals noch nicht reif waren, Das Holz ſieht roͤthlich aus, weptwegen die daſigen Ein⸗ wohner diefen Baum Arasndje-Derewo (tetfen Baum), auch Santal nennen. Sie gebrauchen es, wegen feiner Härte, zu Meflerheften 55), ch fand auch eine Staude, welche yon weitem wie eine junge Birfe ausfab, und eine Frucht trägt, die unferer Apri⸗ Cofe gleiche: aber ihr Fleiſch wird, wenn fie weif ift, Barr,undrift nicht zu genießen. UHR D>d2 Die 7° Roy. Lügdb, 424." "Rhantırus estharäicus, Baulun Fin.’ 478 Corms fell’ citri anguſtio· ribus. Arm. J.e.n. 278 p.200 Tab, XXXIII. er Be i GBmelins Reife, 1735. ae Woloſſeʒ, 212 Reife nach Kamtſchatka Die Ruſſen in dieſen Gegenden nennen ſie Tſchernoslyw Zwetſchen 59). Gegen Mittageszeit ritt ich auch nach dem Oſtrog, und kam durch ein ebenes Feld, an deſſen linker Seite Berge ſind, daſelbſt an. ER Sch war Faum in dem Oſtrog angekommen, fo überlief mid, auf Anſtiften bes Hüttenverwalters „ eine große Menge Kranke. Ich konnte bier geſchwind alle Haupt⸗ krankheiten dieſer Gegenden wahrnehmen, naͤmlich die fallende Sucht, die Venusſeuche, und eine beſondere Krankheit, welche Woloſſez genannt wird, und die Ruſſen ſowohl, als die Tunguſen, oft angreift. Was die fallende Sucht anianget, fo ſteht man dort in der Meynung, daß, wenn ein Kind das erſte Mal davon befallen wird, man daſſelbe nicht anrühren, fondern nur warm zudecken dürfe, fo werde es diefe Krankheit niemais wieder befommenz wenn es aber angeruͤhret werde, fo fey das Uebel unheilbar. Zwar ſterben, wie man fagete, wenige Rinder daran : aber fie behalten es Zeit ihres Sebens, Die Ber nusfeuche richtet mehr Schaden an. Ich babe Manns- und Weibesperfonen, auch Kin⸗ der gefehen, die einen entſetzlichen Anblick gaben. Der ganze Diſtriet von Araunst ill mie folchen Elenden dermaßen angefüller, daß man mit Schrecken an die fünfrigen Fol—⸗ gen denfet, Sie wiffen feine andere Eur, als daß fie die Rinde von weißen Eſpen, oder Pappelbäumen, mie Alaune fochen, und das Decoet trinken, Weil nun hierdurch das Uebel nothwendig in den Leib getrieben wird, und die inneren Theile eher angegriffen werden , fo fterben fehr-wiele daran: diejenigen aber , welche nicht. daran fierben , führen ein fo elendes. geben, das bitterer, als der Tod, iſt. Wiewohl alfo diefes Land eines ber fruchtbareſten und gefundeften Länder ift, fo ſterben dennoch die dorthin verfegten Bauren nach und nach aus, die übrigen aber. find zur Arbeit untüchtig, und fie werden. fo gar Hungers fterben müflen, da ohnedieß zumeilen unfruchtbare Syahre fommen , wie ſchon gefager worden iſt. Wäre nicht der Handel mit den Chineſern, fo würden fie ſchon in manchem Sabre fehlecht-ausgefommen feyn.. u. + — Woloſſez iſt eine Krankheit, die ſich als ein Geſchwuͤr äußert, deſſen Materie zu eine beſondere Wauͤrmern rich, welche ſo důnne wie Haare find. Nach) anderer Meynung kommen die Krankheit. fe. Würmer aus dem Waſſer, welches damit angefuͤllet iſt. Sie fesen ſich, fpricht man; den Leuten, die ſich baden, überall an, und dringen durch die Haut, wo ſie her⸗ nach das Fleiſch anfreſſen: hieraus entſteht zuerſt eine Geſchwulſt mit heftigen Schmer⸗ zen, und ſodann ein Geſchwuͤr, aus welchem alle Würmer herausgebracht werden muͤſ⸗ fen, wofern dieſe Krankheit geheilet werden foll. Die Cur, welche ſie dawider brauchen, iſt eben ſo ſonderbar, als die Krankheit. Sie ſetzen den Kranken fruͤh und Abends in warme Lauge, worein man Gaͤnſerichkraut geleget hat: hiervon ſollen die Würmer abgehen: aber der Kranke muß ſich ſehr in Acht nehmen, daß er dieſe Wuͤrmer nicht ſehe, weil ſonſt die Eur nichts huͤlfe. Die Probe, daß man genug gebadet habe, ift, wenn man Feine Schmerzen mehr in der Gefchmulft fuͤhlet. Diejenigen, die diefe Eur nicht zeitig genug vornehmen, befommen , wie man fagete, gefährliche Gefehwüre, die wie der Krebs um ſich freffen. Unter allen denen Kranfen, die zu mir famen, mar nur einer, ber diele Krankheit hatte, und ich fab nichts, als das Gefhwür, an ibm. Weil er. zugleich die Mafern hatte, fo konnte er nicht in die Jauge ‚gefeger werden, ohne: welche bie. hefagt#t u D . Wuͤrme 56) D. Amman nennet fie I. c. m. 272 p. I92. co, und giebt Tab, XXIX. die Zeichnung derſel⸗ Armeniacam betulæ folio & facie frudtu exfuc- ben, NP N 2, durch Sibirien. Ber Wirmer nicht abgeben. . Er war fehon ſeit dreyen Jahren mir biefem Uebel behaftet; Bmelins _ und die ruſſiſchen und eungufifchen Aerzte hatten ihm ſtets geſaget, daß Würmer heraus: Siengen: aber er hatte fie niemals anfehen dürfen. Sch babe diefe Würmer genau bes trachtet: fie bewegen fih im Waffer fehr fehnell, Fönnen ſich fehr zufammenziehen, aud) wieder ausdehnen. Sie fehen wie belebre Haare aus: aber wenn man fie genau betrach⸗ tee, fo find. es Würmer, melche aus unzäblig vielen Ringen beſtehen, wiewohl man hier⸗ zu eines fehr guten Bergrößerungsglafes nörbig hat Das Ende, gegen ven Kopf zu, fheint fpigiger und dünner zu ſeyn, als der übrige Leib, welcher doch fo dünn ift, daß er ein ſtarkes Haar wenig übertrifft. Ihre Laͤnge beträgt gemeiniglich fünf Dis fechs Zoll. Ihre Farbe ift weißgelbůch; fie haben längft dem Nücken einen braunen Etreif, und an been De find fie ſchwaͤrzlich. Die Geftalt ihres Mundes fchien wie bey der Blut- egel zu ſeyn. — Wir waren begierig, die Graͤnzſaͤulen zu ſehen, welche die Chineſer alle Jahre an dem Argun auf ihrer Seite ſetzen. Es werden jaͤhrlich aus der Stadt Mergen etliche Dfficier, und etliche andere aus Peking abgeſchicket, melde die Gränze !befichtigen müffen. Die aus Peking fommen bey Snruchaitu, und die aus Mergen bey Arz unskoi⸗Oſtrog an, und es ift ihre Neife fo eingerichter, daß fie bepnahe zu gleicher Seir eintreffen. „ Asdatın kommen fie zufammen, und vichten jedesmal zwo neue Säulen auf; jede Partey feget eine Auffchrife darauf, vermuchlich zum Zeichen, daß fie. da gewe⸗ fenfind. Wir giengen mit Kähnen über den Fluß, und vitten etwa drey Werſte weit an deffen Ufer hinauf. Wir fanden acht folche Säulen, jede einen Faden lang, deren etliche umgeftürzer lagen. Unter denen, die noch ftunden, waren zwo, Die erft in dem⸗ felben Jahre geſetet worden waren, Die Aufichriften beftunden aus manfurtfchen Chas ractern, und waren mit Tufche gefehrieben. Ungefähr Hundert Faden weiter bin ſahen wir die Stelle, wo vor Zeiten der arguniſche Oſtrog geftanden hatte, bevor der ruſſi⸗ ſche Geſandte Fedor Alexiewitſch Golowin, im Jahre 1689 den Friedenstractat mit den Chineſern geſchloſſen hatte. Man ſieht die Geſtalt, welche er gehabt hat, noch jetzo deutlich: denn er ift, nach gefchloffenem Vergleiche, fo wie er gewefen, an den Drt, wo er jetzo ſteht, gebracht worden. Cr war ins Öevierfe gebauet, und ungefähr fo groß, als JDera winskoi⸗ Oſtrog. Er hatte an der Wafferfeite, anſtatt einer Mauer, die Kane jelley und’eine Wachtftube. Man hat angefangen, ihn ſowohl in der Sänge, als Breite, zu erweitern. Außerhalb, dem Oſtrog fieht man eine tuͤchtig gebauete hölzerne Kirche, und ungefähr ztoanzig Wohnhäufer, Die Kälte iſt in diefen Gegenden, zuweilen ſelbſt im Sommer, fehe groß, welches ſich daraus abnehmen läßt, weil die Erde an vielen Stellen nicht über anderthalb Arfehinen tief aufthauet, - Wenn vom gwanzigften Julius an, bis zum fechften Yuguft, alle Tage ein Nebel auffteige, fo ift Fein für die Aernde verderblicher Froſt zu befüiechten: wenn Bingegen diefer Mebek ein einziges Mal ausbleibt, H iſt Gefahr vorhanden. Man grub in einem Haufe des Argunstoi-Ofirog, das: eivag weit vom Fluffe abftund, einen Brunnen, und man thauete in diefer Abſicht die Erde nach und nach etliche Faden tief auf: man. war fehon anderrhalb Faden unter Die Wafferhöhe des Argun gefommen : aber es war Fein Waffer zu befommen. Am ızten Julius fund nach meinem Thermometer die Kälte beynahe noch auf dem Öefrierpunfte. Deer Diſtriet am Argun iſt ordentlicher Weiſe alle Srübjaßre, wie auch im Anfan- ge des Winters, ejnem gelinden Erdbeben unterworfen, Die Erde hebt fich, wie man | Dd 3 faget, eiſe. 17354 Gmelins Reife, 1735- m Pr Reife’ nach Kamtſchatka ſaget, bey dem letzten ganz gelind, bis zum Monate November, zu welcher Zeit fie ein —— Arſchin höher, als ſonſt, ſeyn ſoll: "aber im Fruͤhjahre ſetzet fie ſich allmaͤhlig foieder. Es mi eine jo außerordentliche Erſcheinung durch die genaheite Wahrnehmungen beftätiget werden, ehe man die Urfache derfelben beurtheilen Fann. Man verfichert, daß vor vielen Fahren eine ruffifche Karawane, die nach China gieng, fih zur Zeit eines folchen Erdbebens in der Gegend der chineſiſchen Stadt Maun befand, und daß ſie vieles Waffſer fo duͤnn als Staub, aus der Erde mit Gewalt dringen ſah . % Bor unferer Abreife brachte man ung eine Art wilden Buchweizen die in dieſer Gegend Häufig waͤchſt, und von dem ordentlichen Buchiweizen nur in der Größe und ber Figur des Samens unterfchieden iſt 57). Weil wir in Surowaſa⸗Saimka ein beffe- ges Quartier harten, als in dem ganzen Oftrog zu finden war, fo giengen wir bey ſpaͤtem Abende dahin zuruͤck, und übernachteren dafelbft. Am folgenden Tage begaben wir ung wieder nach den Hütten, wo wir Abends um fechs Uhr anfamen. Pe Am often fertigten wir den Feldmeſſer, Aleran der Iwanow, und den Studenten Stephan Krafcheninnitow ab, ein warmes Bad zu unterfuchen, welches an Dem Fluſſe Onon , nahe ben. dem nordweſtlich darein fallenden Bache Kira, in, Geſtalt ei- nes Baches aus einem Berge enefpringt. Wir gaben ihnen ‚den Dierzu nöfbigen Unter⸗ eicht, auch Werkzeuge und Seute, ‚einen Wegweiſer, einen tungufifchen Dolmetſcher, ei⸗ ven Soldaten, einen Schuͤßen und einen Berghauer mit. ee ‚Am 24ften Julius Abends um vier Uhr verließen wir die Hütten, vichtefen unfere - Reiſe nach Suͤdoſt, und Famen durch eine angenehme obgleich bergichte Gegend Abends um neun Uhr an dem Bache Rilgt an. Bier Werfte weit vorher wichen wir ſeitwaͤrts zur Unken ab, und kamen zu ber ſuͤdlichen Seite des Jaſchma-Gora, Fafpisberg, welcher an einem blinden Arme des Argun liege. Wir erftiegen diefen Berg mit vieler, Mühe, weil er fehr ſteil iſt. Er beſteht aus lauter fehönem Jafpis, der jedoch mit vie⸗ fem wilden Geſteine vermifcyer ift, und man findet felten Stücke von drey Pfund ſchwer, die ohne Niffeund rein find. Denn ob man gleich zuweilen Stüde von ein bis zwey Pfund. findet, fo fpaften fie fich doch, wenn fie etliche Tage liegen , in die Sänge und in Die Que⸗ re; und man bat fich bis jetzo vergebens bemuͤhet, große Stuͤcke zu Säulen, Tiſchen u. d. g. zu finden. Man fieht auf dem Berge allermegen Gruben, aus ‚welchen vor Zeis ten eine Meuge ſolcher Steine gehauen worden ſind. — Am folgenden Tage, früh um ſieben Uhr, nachdem wir uͤber den Niſchnaja⸗Bor⸗ ſa gegangen waren, erreicheten wir den Seredniſa⸗Borſa. Abends um acht Uhr ka⸗ men wir zudem Werſchnaja⸗Borſa, und uͤbernachteten daſelbſt. Wir fanden hier, drey Zauberer und eine Zaubererinn, welche Herr. Muͤller auf feiner Durchreiſe nach den, Hütten hieher beftellet hatte. Einer derfelben war Furz zuvor von dem nertſchiuskiſchen Moywoden zum Saiſſan 58). des Geſchlechtes Konot ernannt worden. Dieſe Scha⸗ fie Hyper vr manen, 57) Man Hat diefe Art Buchweizen an indem vinenburg in einem Garten dergleichen geſehen, Difricte von Krasnojarst, wohin fie ehemals deſſen Beftiser den Samen aus der Kalmuckey ge - aus der Kalmuckey gebracht worden ſeyn ſoll. Man "bracht Hatte, Es iſt das Fagopyrum fructu afpe-. bauet ihn jetzo bey Krasnojarsk, und die daraus sro, Annan ae. n. ldap. 168 ‚Helxine'caule gemachte Grüge giebt der. gewoͤhnlichen am, Ge: ‚eredtiufculo, foliis cordato;fagittatis, feminibus ſchmacke nichts hach. Sch Habe auch zu Catha⸗ fubdentatis. Lina. A. Upl. p-96..n.n ar F 2 x er & — in⸗ durch Sibirien. 213 manen hatten, wie der zu Nertſchinsk, eine Kleidung, welche mit ledernen Riemen, ti» Gmelins ſernen Ringen, Gloͤckchen, und allerley Eiſenwerke behaͤnget war. Die Schamanka Reife Zaubererinn unterfihied ſich von ihnen in der: Kleidung: denn es biengen viele meffinges 173 5* ne Bleche daran. : Am Rüden trugen ſie etliche fange Bänder, und ein großes: vers — 2 roſtetes eiſernes Borlegefhloß. Sie hatte auch eine Zaubertrommel, dergleichen die Zau⸗ berer nicht hatten. ai patent ash | Doer Saiffen des Gefchlechres YTamjeti, welcher unter feinen Mitbruͤdern ein ſtarker Geiſt zu ſeyn ſchien, trieb uns an, daß wir die Zauberer ihre Künfte machen fer ben möchten. Wir ließen es uns gefallen, und befrageten fie Aber die Krankheit einer Per fon von unferm Gefolge, welche nichts weniger als Frank war. Hierauf fiengen fie an, zu toben, zu fehreyen und wider einander zu ſpringen, als od fie fich freffen wollten. - Un⸗ terdeffen trommelte das Weib, Sie wollten uns überreden, daß ein ganzes Heer von Teufeln um uns herum wäre. Dieſes alles war nur ein Borfpiel, um zu ſehen, weſſen Teufel die ftärkften wären. Das Loos fiel auf einen alten Zauberer von fiebenzig Jah⸗ ven, welcher ein kurzer unterfegeter Kerl war,und fich zumeilen aufeinen Stod ſtaͤmmete. Er war fehon feit vielen Jahren für den größten Zauberer in diefen Gegenden gehalten wor⸗ den, und hatte fein Handwerk feit mebr als fünfzig Jahren getrieben. Er ruͤhmete fich, da ihm in feinen beften Jahren bis auf hundert und zwanzig. Teufel beftändig zu. Dien⸗ ften geftanden, daß er aber jego in feinem hohen Alter ihrer fehr wenige mehr hätte, weiß er ihre Siebfofungen nicht mehr ausftehen Fönnte, Nach diefem Borfpiele nahm er die ges genwärtige Sache vor, nämlid), was die Derfon, deren Krankheit bloß in unfern Gedan⸗ ken beſtund, fuͤr eine Krankheit habe, und ob ihr zu helfen ſtehe. Der alte Zauberer fieng an, allerlen Gaukeleyen zu machen, gieng hierauf zu dem angeblichen Kranken, ſtreckte baid die eine bald die andere Hand gegen ihn aus, und that endlich den Ausfprudy, es kaͤme die Krankheit von dem Clima ber, und es koͤnnte ihm durch gemiffe Kräuter ges hoffen werden. Hernach machete auch die Schamanka ihre Gaukeleyen, fab ihm in die Hand, und fagete endlich, fie fähe feine Krankheit. an ihm. Ein anderer Schaman begriff ihn ebenfalls etlichemal: aber nachdem der Schalf vielerlen Poſſen gemachet hatte, ſo konnte er ſich, gleich als hielte er ſich ſelbſt füreinen Betruͤger, des Laͤchelns nicht enthalten; und fagete, was die Zauberinn gefaget hatte, Weil es ſpaͤt wurde, fo erfpareten wir dem dritten Schaman eine unnuͤtze Mühe. Aber diefes hätten wir germ noch geſehen, wie der alte Herenmeiſter ſich, wie ung von ihm erzaͤhlet worden war, Pfeile Durch den Leib zoͤ⸗ ge Aber als es dazu kommen ſollte, fo ſagete er in Gegenwart einer großen Menge Tun⸗ guſen, daß er ſie bisher nur Damit betrogen, und ſich niemals einen Dfeil durch den Seid, fondern nur durch die Kleider geftecket hätte, und daß es feine Schuld nicht wäre, wer feine Mitbräder fo dumm mären und alles glaubeten, „Denn fagete er, wenn ich dieſes Kunſiſtuͤckchen mache, fo ſteche ich dei Pfeil an einer Seite des ledernen Rockes durch, — — | — —— Eidwohner am Argun nennen ihn Dikufeb ; und Hecht, geringe Streitigkelten die etwa in feinen dem Trasnojarsk auf Kalmuckiſch oder Tatariſch I Geſchlechte vorfallen, zu ſchlichten. Der Weoywo⸗ Kyrlyk. ee ſah dieſe Leute, wie es mit ſchien, als Philos, 58) Saiſſan bedeutet auf Kalmuckiſch und Mon: ſophen an: zum wenigſten ſind ſie die geſcheideſten goliſch einen Edlen; hier aber einen Oberaufſehet unter ihrer Nation, auch vermäthlid) die bemit⸗ Über gin Geſchlecht. Dieks Amt giebt ihm das telteſten. Gmelins Reiſe. 216 Reiſe nach Kamtſchatka ſchrumpfe ben £eib fo ſehr, als ich kann, zuſammen, ſtoße ven Pfeil darneben bin, und fie „che ihn an dem andern Ende des Rockes wieder durch: an diefer Seite Halte ich mie. der 1735 „Hand eine Blaje, worinnen Blut ift; und indem ich den Pfeil durchſtoße, laſſe ich ef« „was von dem Blute laufen, und die dummen Tungufen bilden ſich ein, es komme aus „meinem Seibe,. Er beftätigee feine Auſſage durch eine Probe, die er machere. Weil er einen fo guten Anfang mit Entdeefung feiner Berrügereyen gemacher hatte, fo gedach- ten wir, ihn aud) zu bewegen, daß er ein öffentliches Bekenntniß von der Nichtigkeit fei- ner Zaubereyen, und daß der Teufel nichts dabey ehue, ablegen moͤchte: aber Dieß war feinem Nutzen zuwider, und er blieb dabey, daß ihm eine Anzahl Teufel zu Gebothe ftün- de. Das Ende affer diefer Poffen war, daß uns die drey Zauberer und die Zaubererinn verfprachen , ibr Handwerf fahren zu laffen; und zue Beftätigung beffen botben fie uns ihre Zauberfleider an, welche wir gegen gute Bezahlung annahmen. Ich hatte ſchon in den Berghuͤtten von einem gewiſſen Quellwaſſer gehöret, das in diefen Gegenden feyn follte, und dem man fehr fonderbare Eigenfchaften zufchrieb, nämlich, daß die Menfchen fih davon brechen müßten, das Vieh aber gar nicht davon trinken wollte. Weil ich nun einen Tungufen fand, der mic), dahin führen wollte, fo veifere ich. mit einem Dolmerfcher und. einem Soldaten zu Pferde ab., Ich ſah diefen Quell, welcher einen Bad) machet, der fih drey Werfte davon wieder verliere. Ich ſtellete die gehörigen Proben mit dem Waſſer an, und befand, daß es fehr vielen Eiſenvitriol fuͤh— rete. Ich kam Abends in Zuruchaitu wieder zu meiner Gefellfehaft, welche fchon vor einer Stunde allda sangefommen war. Zuruchaitu, weiches Wort in der eungufifchen Sprache Hecht bedeutet, und es ift diefe Gegend des Fluſſes Argun wegen der Hechte fehr berühme, ift, fo wie Kaͤchta, im Jahre 1728, als eine Graͤnz⸗Slobode angeleger worden: aber fie liege ineiner Gegend, die kaum unftuchtbarer feyn koͤnnte. Das Holz muß fünf und vierzig Werfte weit her⸗ bey geholet werden, und ſobald der Argun ein wenig anlaͤuft, ſo ſteht die ganze Gegend unter Waſſer. Es war auch damals noch nichts als ein Haus für den Hauptmann ges bauet; die Slufchiwie wohneten in elenden Hücten , die von Weiden zuſammengefloch⸗ ten waren, dergleichen der Tunguſen ihre find, und im Winter begaben fie ſich in die bes nachbarten Dörfer. Im Fruͤhlinge Hingegen treiben fie mir den Chinefern einigen Hans del, weil fie von den Tunguſen allerley Pelzwerf ſehr wohlfeit einkaufen. | Die Chinefer , ob fie gleich) nad) Inhalte des Graͤnztractates dazu berechtiget find haben noch nicht Suft gehabt, eine Siobode in diefer Gegend anzulegen. — Am ayften Julius nahm ich nebſt dem Herrn Müller, dem Maler Luͤrſenius und einem Dolmetſcher, eine kleine Reiſe vor, die Ueberbleibſel einer alten laͤngſt verlafe fenen Feftung zu beſehen. Wir nahmen den Weg an dem Uſer des Argun hinab, bis wo der Fluß Ban darein füllt. Won da reiſeten wir zehen Werſte gegen Mordoft über eine Steppe, und Famen endlich an einen Berg, wo am Fuße deffelben diefe Ueber⸗ bleibſel zu ſehen find. Sie beftehen in dreyen Wällen hinter einander, wovon der aͤußer⸗ fie dreyhundert Faden ins Gevierte hält, und fechs Bollwerke hat, Nachdem wir alles befehen Hatten, fo wollten wir an die eigentliche Graͤnze reifen: weil man uns aber far gete, daß fein vechter Weg von hier nach Tſchitinsk gienge, und man drey Tage lang kein Waffer fände, fo faben wir ung genöthiger, nach Zuruchaitu zuruͤck zu gehen. ' Bir 2 * durch Sibirien. i4 ¶Wit reiſeten ſchon am felbigen Abende ab, und nahmen Holz mit uns. Wir hat: Gmelins fen den Argun ftets zur Linken. Am folgenden Morgen verweileten wir uns an etlichen Reife. fleinen Seen, YTorki genannt; und des Abends kaͤmen wir nad) Kailaſſutinskoi⸗ 173 5- Majack, wo cine Gränzfäufe fteht; und eine Werft weiter bin, nad) Railsffurinskoir Raraul, wo, feit dem die Graͤnzen feft gefeßet find, eine beftändige Wacht gehalten wird. Es beſteht felbige aus zweenen Siuſchiwie und fünf Tungufen, welche aus Nert⸗ ſchinsk dahin abgeordner werden, und allda ein elendes $eben füßren. Laͤngſt am Ar⸗ gun hatten wir etliche Eleine verlaffene Feſtungen angetroffen, welche in tungufifcher und Mongolifcher Sprache Kirim genannt werden. Abends faden wir die Tungufen Branntewein diftilliren. Obgleich folches auf eine etwas andere Weife gefihieht, als oben bey der Reife nah Kusnegk befchrieben wor⸗ den, fo übergehen wir doch die ausführliche Befihreibung deſſelben. Wir Fofteten diefen Dranntemwein, und befanden ihn ſehr ſtark, fo daß er ſich anzlinden ließ. Bey anbrechendem Tage feßeten wir unfere Reife weiter fort, und kamen durch ei. ne dürre Steppe früh um acht Uhr bey der dußerften Graͤnzwacht an, die fich in der Gegend des Berges Abagaitu befindet. Die Reife von Zurucheiru bis bieber gieng fters ſuͤweſtlich, zwiſchen zweyen Gebirgen. In etlichen niedrigen Stellen der Step. pe fanden wir weiße milchfarbige, gelbliche und zörhliche halb durchſichtige Steine, wele he dem Agathe glichen. Die Wacht an diefem Orte beſteht aus dreyen won Nert⸗ ſchinsk abgeordneten Sluſchiwie und zehen Tungufen, deren $ebensart mit der Tungus fen von RailsffutinsEoi ihrer übereinfömmt. Nachmittages ritten wir nach den zwoen Graͤnz Majacken, welche ungefähr zivo Werfte weit davon liegen, Es find zween ‚von Fleinen Steinen zwey Faden hoch aufgeworfene Hügel, die fich in einer Sinie von Sis den nach Morden erſtrecken, deren einer Die rufifche, der andere die chinefifche Graͤnze Anzeiger. In der chineſiſchen Majacke waren viele Stuͤcken Zeuges an Stöde, wie Fah⸗ nen, angehängt, und mit tangutifchen und indianifchen Buchftaben befchrieben. Die Mongolen fommen, wie man uns fagere, alle Jahre mit etlichen Lamas dahin, und dereichten allda ihren Gottesdienft, wozu fie das benöthigte Vieh mirbringen. Mad) geendigter Ceremonie theilen die Lamas diefe Stuͤcken Zeuges unter die Mongolen ‚aus, "welche fie an Stöde binden, und in Geftalt der Fahnen aufſtecken. Her Müller [a8 darauf diefe Worte: Herr, erbarme dich meiner, welche oft wiederholet waren. it giengen von dar oſtwaͤrts, den Berg hinab, zu der Kailarskie⸗Uſtie und dem An- fange des Fluſſes Argun. Dieſe ganze Gegend, bis an den Dalai⸗Nor, ift voller leinen Seen, und wenn viel Regenwetter einfällt, fo ift alles zuſammen ein einziger See. er Railer, welcher von Oſten herkoͤmmt, theilet fich Bier in drey Theile: einer er- gießt fich in den Dalai⸗ Nor; der andere in einen der erwähnten ftehenden Seen, und der dritte in den Argun. ? z ! . Nachdem wir dieß alles befehen hatten, fo reifeten wir nach Suruchaitu zurüd. Die Einzige Unbequemlichkeie auf diefer Reife waren die vielen Mücken, die uns bey Tage und bey Nacht, tie ehemals an dem Irtiſch, quäleten. Auf der Steppe, durch die wir reiſeten, fanden wir faft fein anderes Kraut, als wilden Knoblauch und Schnittlauch). -. _ Wir verweileten uns in Zuruchaitu nicht länger, als bis zu Mitternacht, um tocls che Zeit wir bey Mondenfcheine abreifeten. Des Morgens um acht Uhr Fanten wir durch eine ziemlich gute Steppe an den Urulenguir, wo wir = ſchlechtes Waſſer hatten, Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band. e weil Gmelins Keiſe. 1735 218 Reiſe nach Kamtſchatka weil dieſer Bach mit vielem Graſe bewachſen iſt. Nach zuruͤckgelegten "acht Werften far men wir in den Weg, welcher von Nertſchinsk nach den argunsfifchen Sawoden fuͤh⸗ ver; und Abends um neun Uhr hielten wir an dem Bache Kurkira fill, und feßeten for dann über, nachdem mir fhon funfzehen Werfte weit an deffen linken Ufer gereifer waren- Hier fahen wir zuerft wieder einige Weiden, und zur Rechten in den Bergen große Waͤl⸗ der, woraus wie uns wieder mit Holze verfaben. Sn diefen Steppen giebt es eine Gat⸗ tung Rebe, die man in der Sandesfprache Dsheron nenner, Diefes Thier gleicht einem Rehe, ausgenommen daß es Hörner wie der Steinbock bat, welche es niemals abwirft. Je älter es wird, defto mehr nimmt der Knochen an der Gurgel, Adamsapfel, zu, und er - gleicht zuletzt einer großen Geſchwulſt oben am Halfee D. Meſſerſchmid faget, daß. diefe Art Ziegen einen Abſcheu vor. allem Waffer habe; Hingegen verficherten mid) die Zungufen , daß diefe Thiere, wenn fie auf der Steppe, wo fie heerdenweiſe laufen, vers folget werben, oft durch das Waffer giengen. Es erzaͤhlete mir auch der Brigadier Buchbols, zu Selenginsf, daß er ein folches Thier erzogen und es fo zahm gemachet hätte, daß es einem feiner Diener, der oft auf eine Inſel in Selenga gefchicker worden, freywillig nachgeſchwommen wäre: es kann folglic) feinen natürlichen Abſcheu vor dem Waſſer gehabt haben, | Am folgenden Morgen um fechs Uhr kamen wir wieder an den Fluß Urulengui, welcher dafelbft zwifchen zween Bergen, Murguzaͤcki genannt, durchfließt. Von hier teifeten wie durch eine trockene und falzige Steppe, bis zu dem Zagan⸗VNor, d. Fr weißen See. Er fuͤhret dieſen Namen mit Rechte, weil er von weitem ſchneeweiß aus⸗ fee. Es iſt wenig Waſſer darinnen, und das Salzwaſſer, welches er führer, gleiche dem glauberifchen Wunderſalze. Bon Suruchai, bis bieher, giengen wir meiftentheils weſtwaͤrts. Mit Sonnenuntergange famen wir an eine fteinichte lag voller weiß fen Quarzes. Den folgenden Vormittag erreicheten. wir den Bach Borsſa, welcher fier ben und eine halbe Werft weit füolich von dem in diefer Gegend berühmten Salzfee fließt. Hier fafeten wir den Entſchluß, uns aufzuhalten, tbeils, dieſen See zu befeben, theils auch, eine Jagd der Tungufen, melche fie wider die wilden Mauleſel anftellen woll⸗ ten, mit anzuſehen. Dieſer Salzſee erſtrecket ſich ungefähr drey Werſte im Umfange, von Rorden gegen Suͤden. Wir ſahen das Salz nur wie ein duͤnnes Haͤutchen auf dem Waſſer ſchwimmen: aber es entſteht ſolches in ſehr kurzer Zeit: denn der Feldmeſſer und der Student, welche wir acht Tage zuvor nach dem warmen Bade abgeſchicket hatten, hatten kein Salz darauf gefunden, weil entweder die Salzfahrer von Nertſchinsk und Tſchitinsk es weggeholet hatten, oder auch weil zu viel Regen gefallen war. Uebrigens ift diefes Salz guf und bat alle Eigenfchaften eines gemeinen Kuͤchenſalzes. Nicht weit von dieſem See, weiter gegen Süden, ift noch ein anderer See, deflen Waffer auch fehr ſal⸗ zig ſchmecket, ob gleich Fein Salz darauf angefchoffen war. | Wir biieben dafelbft den folgenden Tag, und erwarteten die Leute, welche wilde Mautefel bringen follten. Sie famen am folgenden Morgen, hatten aber fein ſolches Thier zu ſehen bekommen, ob fie gleich bis an die chineſiſche Graͤnze gegangen waren Sie fageren uns, die Steppe fey zuweilen, fonderlich in trockenen Jahren, ſo * olche 59) Zaar bedentet in der alten ruſſiſchen Spra- Fuͤrſt, der Feine bleibende Stätte hat, fondern, nach he einen König, oder einen Herrn, der uͤber Für: Art des kalmuckiſchen Cham, oder der mongoliſchen Men zu befehlen hat. Kotſchewny aber iſt ein Fuͤrſten, fein Lager oft ändert, durch Sibirien; 219 ſolchen Thieren, daß man ſie heerdenweiſe laufen ſehe, weil fie alsdann aus der Mon⸗ Gmelins goley, ihrem Vaterlande, wegen Mangel an Waſſer, hieher kaͤmen. Ich habe zwey Reife. "Jahre hernach dergleichen Thiere zu Irkutzk geſehen. Sie ſehen den Pferden ähnlich: 1735. aber ihr. Schwanz gleicht einem KRubfehtwanze. Die Ohren find ſehr lang, und die gar, —— be des Haares ift lichebraun, Sie fönnen ſehr fehnell laufen. D. Meſſerſchmid nen Pr fiuchtbsre Mauleſel, damit er fie von den eigentlichen Maulefeln une ericheide, Am sten Aug. feßeten wir unfere Reife fort. Wir giengen gleich anfangs über ben Borsja, und Famen in den Soljansja-Doroge (Salzweg), welcher ung, laͤngſt am Borsja hinab, fünf und zwanzig Werfte weit fuͤhrete. Alsdann verließ ich, nebft Heren Müller, unfere Reifegefellfchaft , und wir befahlen ihnen, felbigen Abend bis an den Onon zu gehen: wir aber wollten eine unterirdifche Höhle befeben, welche zwanzig Werfte davon entfernet war. Dieſe Höhle ift um defroillen in diefer Gegend beruͤhmt, weil viele Seute darinnen nachgefucher haben, in Hoffnung, die großen Schäße, welche ein gewiffer Saar 59), fechzig Jahre zuvor, darinnen foll haben vergraben laſſen, zu entdecken, Wir zogen alle benötbigte Nachrichten von diefer Höhle ein, welche mit vie« len Fabeln vermenget waren, und begaben uns fodann auf den Weg. Wir fanden, als wir auf dee Höhe des Berges angefommen waren, anftatt-einer, zwo Höhlen. Sie waren von außen fürchterlich anzuſehen. Die Deffnungen derfelben find faft rund, und ungefähr acht Faden im Durchmeffer. Wir giengen zuerft in die ſuͤdwaͤrts gelegene Höhle, in die wir durch einen ſehr ſtei⸗ len Weg, der voller fehr brennender Neſſeln 60) war, binab fliegen. Wir meyneten anfänglich nicht, daß wir weit hineinfommen würden; denn auf einer Seite war ziente lich tiefes Wafler, und auf der andern Seite Eis, welches unter unfern Füßen Frachete. Jedoch; nachdem wir das Eis ein wenig unterfuchee hatten, giengen wir darüber hin Als wir ungefähr fechs Sachter weit gegangen waren, fo wurde die Höhe plöglicd) fo enge, daß fie nur gegen Suͤdſuͤdweſten, wohin fie fich erſtrecket, eine fehr Fleine Deffnung hatte, durch welche aber niemand von uns gehen konnte. Die Wände diefer Höhle, gleichwie auch der ganze Berg, beftunden aus weißem Kalffteine, welcher von dem oben herab träufelnden Waſſer ganz glatt war, Wir blieben in diefer Höhle länger, als es zu Stillung unferer Neubegier nöthig gervefen wäre, meil eine angenehme Kühlung darinnen berrfchere, Die uns nad) den Bee ſchwerlichkeiten unferer Reiſe ungemein erfrifchete. Wir giengen ſodann nach der nord- waͤrts gelegenen Hoͤhle. Aber, wie gern wir auch hinein gegangen wären, fo wenig war uns folches möglich, ohne uns in Lebensgefahr zu fegen. Der Gang, durch) wel: n man hinunter gehen kann, ift dreyßig Lachter tief, und viel ſteiler, als in der erſt⸗ beſchriebenen es ſchien auch die ganze Hoͤhle voller Waſſer zu ſeyn: denn die Steine, die wie hineinwarfen, zeigeren folches deutlich an. In beyden Köpfen flog eine Fleine te wilder Tauben herum, die, mie es fchien, darinnen niſteten. ar Des Abends kamen wir, an dem Ufer des Onon, wieder zu unfern Leuten, und zwar da, wo der Borsſja in diefen Fluß fällt. Ob wir gleich ſchon zween Tage vor Ee 2 ber 60) Urtica foliis oppofitis, tripartitis, inci- funde laciniatis , femine lini. Amman. Ruth. fs, Linn. H. Upfal. 282 n. 1. Urticafoliis pro- p. 173 n.249 T. 25. Gmelins Reife. 1735* 220 Keife nach Kamtſchatka ber Leute dahin abgefchicket Hatten, welche Floͤße zu unferer Uberfahrt machen mußten? fo brachten wir doch, weil der Fluß hoch angelaufen war, einen ganzen Tag lang zu, ebe wir überfegen konnten. Eine aus China kommende ruffifche Karawane hatte das Jahr vorher in der Geſchwindigkeit Kaͤhne von Ochfenhäuten zufammengefeger: aber wir Fonn- en folches nicht thun. In der Zeit, da unfere Leute und Sachen übergefeger wurden, befprachen wir uns mif einem Lama, welcher in diefen Gegenden für'einen großen Arze und Wundarzt gehalten wurde. Aber feine ganze Kunſt beftund bloß darinnen‘, daß er auf eine ungeſchickte Weiſe fehröpfete, daß er den Staar ſtach, und andere Augengebre- chen beifere. Er hatte einen großen Schröpffopf von Kupfer, welcher wohl fehzehn Un- zen hielt: diefen legete er, nachdem er die darinnen befindliche Luft mit Feuer ſehr vers dünne hatte, an dem Orte, wo er fihröpfen wollte, an. Wider die Kräge und aller- fey Ausfchlag bedienete er ſich folgenden Mittels. Er fehmelzete Bley in einem eifernen Loͤffel, und mifchete eine gleiche Quantität Quedfilber darein. Hierunter fireuete er, bey beftändigem Umrühren, eben fo viel zu Pulver geftoßenen Schwefel, bie die Maffe zu einer Afche wurde, welche er mit Thee anfeuchtete, und auf die leidenden Theile fehmie« vete. Seine Arzneymittel für die Augen beftunden in zweyen Pulvern, deren eines braun roͤthlich, das andere weiß ausfah. Das erfte war nichts anders, als lamellivtes Ku— pfer, mit Schwefel zu einem Kalfe gebrannt. Das andere beftund aus zweyen Drit: cheilen Silber, und einem Theile Glocenfpeife, die in einem eifernen Loͤffel zuſammen⸗ gefchmelzet wurden; und wenn die Materie genugfam erhiger war, daß fie eine gewiſſe bineingervorfene Wurzel anzuͤndete, fo ruͤhrete er die Maffe mit einem eifernen Stäng- fein beftändig um, bis alles in Afche verwandelt war, Diefe Pulver gebrauchere er fol- gender Geſtalt. Das erfte zerließ er in Thee, und fröpfelte etwas davon in das Franke Auge. Das andere, weil es weiß war, zerließ er in Weibermilch. Von dem Kupfer falfe gab er vor, daß fein befferes Mittel wäre, die Pocken heraus zu treiben; er follte auch. wider alle innerliche Krankheiten dienen, und alle ſchaͤdliche Materie bald duch Brechen, bald durch den Stuhlgang, bald auch durch unfichtbare Wege abführen. Zum Staarftechen hatte er dreyerlen Werkzeuge: einen Hafen, eine gerade Nadel, und ein Eifen, das faft wie ein Aderlaßeifen für Pferde geftaltet war. Mit dem erften faf- ſete er das Häutchen an; mit dem andern durchftach er es; und mit dem dritten löfete er es ab. Wie er fich alle feine Arzeneyen felbft machete, fo verferrigte er fich auch alle chirurgiſche Werkzeuge: er war alſo zugleich Arzt, Wundarzt, Apotheker und Schmid? Dieſer Lama (wiewohl er fein Prieſterhandwerk ſchon laͤngſt niedergeleget hatte), war verheurathet, trank auch viel Branntewein, welches beydes keinem Lama erlaubet iſt Er war der indianiſchen Religion zugethan, und hielt es folglich für eine große Sünde, Kindfleifch und Fifche mit rochen Schwänzen zu effen. Er ſchenkete dem Herrn Muͤller ein. indianifch gefchriebenes Buch, und ein mit Gögenbildern bemaltes Tu. Er begleitete uns bis zum Arnibulak, einer Quelle dieffeits des Gebirges, wo er Abfchied von uns nahm. Am folgenden Tage Famen wir durch eine hügelichte Stepper und durch einen Fleinen Birfenwald, an dem Bache Aga an, durch welchen wir fuhren. Diefer Bach fließe von Welten gegen Oſten, und ergieft ſich, ungefähr hundert Werſte weit von diefem Orte, in den Gnon. Von deffen Mündung an, bis ungefähr vierzig Werfte ſuͤdwaͤrts, findet man viele von den ehemaligen Einwohnern und den Kuffen ge— machte Schürfe, in welchen die Föftlichften Lazur⸗ und grünen Kupfererzte am Tage — g durch Sibirien. - | air gen. - Die vuffifchen Schüirfe find’ zu verfchiedenen Zeiten, die neueften aber im “Jahre Gmelins 1733 gemachet worden: allein, nach der Zeit find fie wieder verlaffen worden. Den ob-Reifee gleich die Erzte überaus fhön find, und in mächtigen Gängen brechen, fo feßen fie do 17 nicht in die Tiefe fort. Und überdieß mangelt bier alles zum Bergbaue notwendige, Holz, Waffer, Dörfer, auch Gelegenheit, neue anzulegen, Endlich, wofern auch alle diefe Umftände günftig wären, was für ein Nutzen wuͤr⸗ de Hier von Kupferbergwerken zu erwarten ſeyn? Es giebt in diefen Gegenden Feine Ma⸗ Aufacturen, die Kupfers benörhiget wären. Die Tungufen und die Ruſſen, ob fie fich yon, anſtatt ihrer eifernen Gefchirre, Füpferne anfchaffen wollten, würden dennod) nicht den hundertſten Theil eines reichen Bergwerkes verbrauchen Finnen. Wollte mar. aber das bier gefchmelzete Kupfer in die mehr bewohnten Gegenden von Sibirien, oder ſelbſt nach Rußland führen, fo würde es damit ergehen, wie mit dem Bleye, mit defr fen Verführung von Argunsk nach Irkutzk man einen Verſuch gemachet hatte: denn bey diefem befand man, daß es eben fo hoch zu ftehen Fam, als dasjenige Bley, das vorher von den ruflifchen Kaufleuten nach Irkutzk gebracht worden war. Von dem Fluſſe Onon an hatten wir zu Fuhrleuten Tungufen von den Gefchlech- tern der Namjaͤti, Ulgaͤti und Balikagiri gehabt; aber bier wurden fie von’ andern aus den Gefchlechtern der Porfchegirsti, Rattagiri und Guidſelik abgelöfer, von denen die meiften Müsen vom Felle eines Nehfopfes, woran noch die Hörner waren, trugen. Wir reifeten am gten Aug. früh um drey Uhr ab. Unſer Weg gieng ungefähr fünf und zwanzig Werfte weit beftändig durch eine ziemlich ebene Steppe, bis wir an ein Thal famen, welches den Namen Argal (Dferdemift) führer. Allda Fänge fich ein: Berg an, über twelchen wir fahren mußten. An dem nördlichen Fuße diefes Berges, gehn Werfte weit von dem Anfange des Berges, famen wir ar den Bach Tſchſukioß; fodann an den Bad Argal, über welchen wir zweymal giengen , ehe wir an den Bad): Tura kamen, welcher voller Krebſe iſt, und in die Ingoda faͤllt. Allda fuͤtterten wir, und kamen hernach über eine bergichte Steppe, und über die Bäche Sagaldſur und Anadfiten, nad Ansdfitanskaja oder Uſutuewna⸗Derewna, welches an dem füdfichen Ufer des Ingoda liegt. Auf dieſem Wege war es: eine Luſt, die zahlreichen: eerden Rehe laufen zu fehen. Wir fahen auch, von dem Onon an, viele Gräber mit umber aufgerichteten großen Steinen, welche vom weiter wie Schlöffer ausfahen.. Mie wir uns am folgenden Tage nicht zu lange aufhalten möchten, fo ſchicketen wir: unfere Leute und Gerächfchaft noch an felbigem Abende aufbefonders hierzu erbaueten Floͤßen "ber den Ingoda. Am zehenten Auguft mit anbrechendern Tage fuhren wir nach, und es gieng unſere Ueberfahrt weil die Flößen von Pferden gezogen wurden, gefchtwind von Statten. Nach) zduruͤck gelegten fieben Werften, -meiftens durch Zichten- und Serchenbaummald, langeten ir fruͤh um fechs Uhr zu MackaͤwaSaimka an. Wir giengen zehen Werfte weit, an ſngoda hinauf, durch eine bequeme Steppe, wo wir abermals viele alte Gräber faben, His nach Lerwontiewa⸗Saimka oder Rrutfehinskaja-Derewng, wo wir ittageslager hielten. Won bier reifeten wir Durch beftändige Fichtenwälder und ſteinich⸗ Gebirge, das ſehr unwegſam war, laͤngſt dem Ingoda, und kamen Abends um hs Uhr in Tſchitinsk an, wo unfere ganze Reiſegeſellſchaft wieder zuſammen Fam. Die zween Studenten, Gorlarow und — und der Feldmeſſer Iwa⸗ e 3 now, 355 222 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins now, waren ſchon ſechs Tage zuvor allda angekommen. Der erſte, Gorlanow, mel Beife,.. chen wir abgeſchicket hatten, die alten Gräber zu durchſuchen, hatte ihrer viele eröffnen 1735. faflen, aber nichts, als Pferdefnochen, darinnen,gefunden. Der Feldmeffer und der Stus deat Kraſcheninnikow hatten ihre Sachen nach Wunfche ausgerichter, und brachten ung eine ausführliche Befchreibung des warmen Babes. mit. Die Wärme deſſelben ift fo befchaffen, daß man fic) deffen, fo mie es quillt, bedienen kann. Die Tungufer der dortigen Gegenden gebrauchen es zu allerley ſowohl innerlichen als äußerlichen Kranke heiten; und die Lamas, die fie mit fich dahin nehmen, fagen ihnen, wie fie fich def» fen bedienen müffen, es fey zum Baden oder zum Trinken. Beyde Gefchlechter haben jegliches ſein eigenes Bad. Die dafige Gegend iſt ſehr bergicht, und die Reife nach dem Bade böchft beſchwerlich. j Weil ich von den Tungufen bernach wenig ober nichts meh fagen werde, fo finde ich für nörhig, alles noch beyzubringen, was ich von ihnen angemerfet habe, Die ver» ſchiedlichen Thiere, mit welchen fie zur Zeit, als fie unter ruſſiſche Bothmaͤßigkeit ge« bracht wurden, herumzogen, haben Anlaß gegeben, fie Pferd⸗Rennthier⸗ und Hunds⸗ Tungufen, Konnie⸗Glenni⸗ und Sabatſchi⸗Tunguſi, zu nennen. Aber jetzo nach» dem ihre Rennthiere gänzlich ausgeftorben find, und fie ſich nur dev Pferde bedienen, werden fie Konni⸗ Tunguſi genannt. Mit diefen find wir von den argunskiſchen Sil⸗ berbergwerken bis nach Tſchitinsk gereiſet. Sie gleichen den Kalmucken febr, ob» gleich ihre Gefichter nicht fo fehr breit find; auch find bie meiften nur Elein von Perſon⸗ Sie haben alle ſchwarzes Haar, und fragen es, wie die Ehinefer, hinten in einen Zopf geflochten x jedoch) ift diefer Gebrauch nicht allgemein; denn einige laffen im heißen Som- mer nur born an ber Stirne ein Paar Schöpfe ftehen. Sie haben wenig Bart: ſobald er anfängt, zu wachfen, fo raufen fie fi) die Haare fo lange aus, bis Feine mehr nad) wachfen. Ihre Kleidung befteht in einem Pelze, ber bey Reichen mit Kitaifa oder auch mit Seidenzeuge überzogen ift, einer Müge, Hofen und Stiefeln. Sie tragen den Pelz auf der bloßen Haut, aber in warmen Sommertagen legen fie ihn ab; und in ihren Jur⸗ ten haben fie nichts, als die Hofen, an. Wenn fie ſich des Nachts, es fey zu Haufe oder im Selde, um das Feuer fehlafen legen , fo ziehen fie den Pelz ebenfalls aus, und bede⸗ cken ſich damit nur diejenige Seite des Leibes, welche vom Feuer abgewandt iſt. Weil fie aber nicht auf einer Seite liegen bleiben, fondern fich oft ummenden, ſo fhun fie es mie folcher Behendigkeit, daß der Pelz allezeie auf die Seite, wo Fein Feuer ift, zu fies gen koͤnmt. Die Müge ift gemeiniglic) roth, und mit Pelze bebraͤmet. Um ben Pelz tragen fie einen Gürtel von bratsfifcher Arbeit, woran ihr Feuerzeug, ber Tabacks⸗ beutel und die Pfeife bangen. Die Weiber tragen zum gewoͤhnlichen Zierrathe Ohrringe und Korallen am Halfe. Sie eflen alles, was fie finden :. Zwiebeln vom türfifchen Bun de und von andern Feldlilien, die Wurzel der Biftorre, Milch, Käfe, Nind- Pferde- Schoͤ⸗ pſenfleiſch, allerley Wild, als Rehe und Hirſche, Woͤlſe, Fuͤchſe, Baͤren, auch Mur⸗ melthiere. Won zahmen Thieren ſchlachten fie ſelten etwas, und eſſen fie nur, wenn fie natürlich geftorben find; welches nad) ihrer Art zu denen, eine Leutſeligkeit ift- Brodt effen fie mit großer Begierde, und fie pflegen Reiſende darum anzufprechen, welches fie ihren Kindern als ein Leckerbißchen geben, Ihr Getränf ift Thee, welchen fie mit mild und Butter Fochen , auch ſauere Mich, Kumüß; und im Sommer trinken fie Braun⸗ tewein, welchen fie aus Milch diftilliren. Sie halten große Heerden von ir er : ——— erden, durch Sibirien, 228 Pferden, Schafen und Ziegen: mancher Tungufe hat bis auf fünf hundert Pferde, und Gmelins die reicheften unter ihnen Haben auch Kameele, Bon ihrem Viehe verkaufen fie alle Jad- Reife. te fo viel, als fie zu Entrichtung ihres Tributes, auch zu ihrer Kleidung brauchen. Die *735- weißen Pferde und die Schafe mit ſchwarzen Köpfen verkaufen fie nicht gern. Wenn fie nichts mehr zu effen haben, fo gehen fie auf Die Jagd, und ehe das erlegete Wild ver- zehret iſt, denken fie an-Feinen neuen Worratb. Sie verfolgen die Murmelthiere gemeis niglich bis in ihre Höhlen, legen Feuer in den Loͤchern an, und verfiopfen fie hernach feit, damit der Rauch hinein ziehe. Wenn nun das Thier, aus Furcht zu erſticken, beraus koͤmmt, fo fehlagen fie es todt. Sie ziehen aus einer Gegend in die andere, und fuͤh— ven ihre Jurte und alles Hausgeräch auf Pferden fort , wie ich folches bereits anders waͤrts befchrieben babe. Sie haben die alte heidniſche Religion, welche vor Zeiten in Sibirien allgemein gewefen ift: nach derfelben dürfen fie fo viele Weiber nehmen, als fie wollen; jedoch giebt es-ihrer wenige, die mehr als zwey Weiber haben, und diefe müffen fie Faufen. Ihre Gögen, welche fie Schewuͤcki nennen, find von Holze oder auch von Kupfer. Won ihnen Beyftand und Hülfe zu haben, füttern fie fie, indem fie ihnen ein wenig Milchrohm oder fonft etwas an das Maul ftreichen: fie thun folches auch zumeilen aus Danfbarfeir, wenn fie eine gute Jagd gehabt haben. Sie berhen auch die Sonne an: aber in ihren wichtigften und fehwereften Angelegenheiten nehmen fie ihre Zuflucht zu ihren Schamanen. Sn ihren Krankheiten wenden fie ſich an die mongos ſchen Lama, melche bey diefer Gelegenheit oft Profelyten aus ihnen machen. Uebrigens leben fie friedlich unter einander, und fie verklagen fich felten bey den tuffifchen Obrigkeiten, weil fie ihre Streitigkeiten, die ohnedieß von Feiner Erheblichfeit find, gemeiniglich unter fich abthun. Sie find in Gefchlechter abgetheilet: über eine ge—⸗ wiffe Anzahl folcher Gefehlechter-ift ein Saiffan gefeger, der wieder einen Schnlings unter ſich hat; alle zufammen ftehen unter einem Taiſcha. Diefe dreyerley Beamten, . welche allezeit von tungufifcher Nation find, werden von Ihrer Faiferlichen Majeſtaͤt ver» Ordner und befoldet, Ihtre Pfliche ift, alle Faiferliche Befehle in ihren Diftrieten be- Panne zu. machen, und darüber zu halten, auch Überhaupt Ordnung und Gehorfom uns ter den Tungufen zu erhalten. Sie haben auch Gewalt, Fleine Streitigkeiten zu ſchlich— ten, aber nur geringe Strafen aufzulegen. Indeſſen fcheinen alle dieſe Völker mit der ruſſiſchen Regierung fehr zufrieden zu-feyn: man hoͤret nicht, daß einige in die Mongoley flüchten; da hingegen bie Mongolen fich gern alle unter vuffifchen Schus begäben, wenn man fie nur annehmen wollte, Gegen ung haben fie ſich fters überaus willig aufgeführer, und wir haben niemals die mindefte Gewalt wider irgend einige anzumenden nöthig gehabt, Sie find niche gewohnt, mit Wagen oder Karren zu fahren, und wiffen Fein Pferd an- zuſpannen: deßwegen hatten wir aus dem Argunskoi⸗Oſtrog zehen ruffifche Subrleute Mit ung genommen, welche bis nach Tſchitinsk bey uns bleiben und die Tungufen ans weiſen mußten. Weit fie felten etivas ruffifches verftehen, fo mußte bey einem jeden fe ein euffifcher Fuhrmann feyn, um ihnen zu fagen, wie fie fahren follten : denn die uffen, welche in diefen Gegenden wohnen, reden alle Tungufifch oder Mongoliſch. Am nen Auguft, Abends um vier Uhr, verließen wir Tſchitinsk. Zwölf Wer⸗ fe von dem Onon fahen wie auf einem hölzernen Geftelle ein Pferd liegen, welches drey ochen vorher vom Donner war erfihlagen worden. Weil nun die Bratskis in ber eynung ftehen, daß der Teufel den Donner in feiner Gewalt habe, und daß er dag, was Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins was er trifft, zum Opfer begehre, ſo opfern fie ihm das Erſchlagene, es ſey Menſch oder Reife, Vieh. Bier Werfte vor Schibetu⸗Chadda fahen wir fehr viele alte Gräber. And 2735- weil die Unterfuchung folcher Gräber, die wir Fury zuvor bey dem Dorfe Gorodiſchtſche — yy atten anſtellen (affen, fo fruchtlos abgegangen war, wir auch an der gehörigen Sorgfalt - unſerer Abgeordneten zweifelten, fo verforgeren wir uns zu Jerawna mit Schaufeln, damit wir felber nachgraben laffen Fönnten. Dieſe Gräber Hatten, wie alle andere in dieſen Gegenden, die Geftalt eines Länglichten Viereckes, und um diefelben waren große Feld⸗ ſteine aufgerichtet. Die anfehnlichften waren ungefähr drey Faden lang , und einen Fa- den breit. “An der öftlichen Seite ftunden überall zween fehr große Steine, welche die übrigen an Höhe und Breite übertrafen. Die Gräber erſtrecketen fich der Länge nach von Oſten nah Welten, jedoch nicht genau. Wir ließen ihrer zwey eröffnen, und-fanden nur einzelne Pferdefnochen. Unter diefen Knochen Hatten wir noch eine Arfchien rief Stei- ne wegzuraͤumen. Am Ende der öftlichen Seite lag ein ungeheurer Stein in die Que re, welcher ung viele Arbeit.machete, und wir mußten ihn endlich in Stücke jerfchlagen- Unter diefem Steine lag ungefähr zween Zoll Hoc) aufgeſchuͤttete Erde , und unter diefer tagen Menfchenfrtochen, welche noch ziemlich hart waren: aber von einem Kopfe war nicht das mindefte zu finden, auch jelbft Fein Zahn, obgleich die Zähne, wie befannt, nicht verweſen. Wir ließen noch tiefer graben, bis wir auf die natürlichen Erdſchichten ka— men, fanden aber nichts mehr. Wir feßeten alfo unfere Reife weiter fort, und kamen ‚am achtzehenten des Abends zu Udinsk an. | Unm das Jahr 1670 wurde andiefer Stelle ein Oſtrog angeleget. Der Gefandte ‚Seodor Alexiewitſch Golowin bauete, bey feiner Gegenwart in diefer Gegend , im Jahre 1686 eine Feſtung dazu. Hieraus Äft.allmählig die Stadt erwachſen. Sie liegt ‚an dem Fluſſe Uda, welcher aus Often koͤmmt und bey der Stadt ungefähr dreyßig Fa den breit iſt. in wenig unterwaͤrts derſelben nimmt er einen Arm des Selenga zu fi), und vereiniger ſich eine halbe Werft weiter hinab, mit diefem Fluſſe. Die Feftung liege an der öftlichen Seite auf einer Höhe, ‚neben welcher der Uda fliege, und ift ins Gevierte vom Holze erbauet. Sie hat an allen vier Een Schießthürme, und in det Mitte der weftlichen Seite einen groͤßern Thurm, durch welchen der Eingang in die Fe ftung geht. An Gebäuden fieht man rin Wachthaus, ein Pulvermagazin, drey Korn häufer und ein Zeughaus. Der Feſtung gegen Welten Siegen in einer Ebene die Wohn häufer der Stade, deren an der Zahl hundert und fechzehen find. Sie find nach Feiner Ordnung angeleget, und machen alfo fehr unordentliche Straßen. In der Stadr find drey Kirchen, ‚aber es wird nur in einer Gottesdienſt gehalten; ferner eine Kanzellen, el ne Schenke, ein Brauhaus und etliche Rramläden. Won der nördlichen Seite der Fe⸗ ſtaung 224 Beſchreibung und Lage der Stadtüdinsk. 6) Dworjanin iſt ein Mann von ‚guter Fa⸗ milie, der einige befondere Verdienfte entweder von der Geburt befißt , oder fie felbft erworben har. Es ift eine Art von Adel, welcher der Patricien in Deutfchland ihrem gleicht. In Rußland uud Sibirien fehreiben fie fih von denen Städten , in welchen fie Dworjanin find. z. €. mofovifcher, tobolskiſcher, urkutzkiſcher Divorjanin. Sie bes zahlen Feine Abgaben an die Krone, ſondern be⸗ kommen gemeiniglich einen Gehalt von derfeldettr find aber verbumden, fich zu Gefandtjchaften und ‚allerley bürgerlichen Bedienungen z. E. bey den Zoͤllen, oder als Amtleute, Woywoden ꝛc. 9® brauchen zu laſſen. In alten Zeiten find gemei⸗ niglich die Gelandten nach China ausdiefem Sta’ ‚de erwählet worden. Dieti:Bojarski heißen eigentlich der Bojaten Kinder; und Sin-Bojarskfoi if der Nominatl \ | * durch Sibirien, 225 fung find um die Stade herum, bis an den Fluß Paliffaden gefeger; die Seite an dem Bmeling Suffe aber ift frey, und in der Ecke, welche die öftliche und die nördliche Seiten der Keife. aliffaden machen, ift eine Batterie aufgeworfen, und vor derfelben liegen fpanifhe 1735. eiter. Jenſeits des Uda ftehen noch eine Anzahl Käufer, welche zur Stade gehören. — — Die Einwohner der Stadt find irfugkifche Divorjanini, Djeti⸗Bojarskie, Cofacken, aufleute, Karamanen-Bediente und Carimmi⸗Jaſaſchnie 61). Die Stadt hat Fei- en Woywoden, fordern nur einen Prikaſchtſchick, welcher unter Selenginse gehoͤret. Die Gegend der Stadt iſt uͤberaus angenehm, und die umliegenden Felder ſind zum Ackerbaue ſehr geſchickt. Sie hat ſchoͤne Viehweiden, und Holz im Ueberfluſſe, welches um fo viel zutraͤglicher iſt, da fie an einem ſchiffbaren Strome liege, und der Weg für wohl nach der füdlichen, als öftlichen Gränze von China durch) diefe Stadt genommen wer- den muß. Daß fie in den vorigen Zeifen von vielen reichen Leuten müffe bewohnt ge: wefen ſeyn, folches ſieht man aus der Menge der guten Wohnbäufer, die darinnen find. Aber ſeit dem die chinefifche Karawane ihren Weg über Selenginst nimmt, ift Udinsk etwas in Abnahme gefommen, und noch mehr, feit dem Kjaͤchta angeleget worden ift. Denn vor diefen Veränderungen war fie gleichfam der Stapel, wo fich alle fowohl nach ‚China gehende, als daher Fommende Kaufleute und Waaren verfammlen mußten. Sie verdienet in der That, ihrer age halber, zu ihrem ehemaligen Anfehen zu gelangen, wel« ches auch leichtlich gefchehen Fann. t An Sebensmitteln ift in dieſer Stadt Fein Mangel; und weil das Erdreich zu den Gartenfrüchten gut ift, fo bat man allerley Gewaͤchſe und Hülfenfrüchte im Ueberfluffe. Fiſche Hat man zur Sommerszeit in folher Menge, daß man fich auf das ganze Jahr da- : \ mit verforgen Fann, wie wir folches felbft gefehen haben. Als man am 26ſten Auguſt ere Reicher Fang fuhr, daß die Omuli ſchon bey Bolſchnaja⸗Saimka angekommen wären, fo macheten einer Art Fi⸗ die Einwohner in Udinsk ihre Netze geſchwind zu Rechte, und zwiſchen dem 27ſten und de, Omuli 28ſten war der Selenga, zunaͤchſt unterhalb der Stadt, fo voll von dieſen Fiſchen, daß toi fie leben ‚man das Meß nur auswerfen und fogleich wieder ziehen durfte, da man denn verfichert " feyn Fonnte, auf jeden Zug wenigftens vier faufend Stück zu fangen. Dieſes waͤhrete drey Tage: aber zwiſchen dem zoſten und zıften zogen ſich dieſe Fiſche weiter. Sie kommen alle Jahre ordentlich gegen das Ende des Auguſtmonates bey Udinsk an, und ‚nicht im Junius, wie Isbrand Ides im neunten Eapitel feiner Reiſebeſchreibung mel- det. Es fiheine, beyläufig zu fagen , als habe diefer Schriftfteller vieles nur nach Hoͤ— venfagen hingeſchrieben, aber felbft wenig gefeben, vieles auch, nach geendigter Reife, aus dem Gedaͤchtniſſe aufgezeichner, welches ihm aber oft untreu gemwefen feyn muß. Er —* zaͤhlet dus davon. Dieſe find etwas geringer, aber eben⸗ diente bey derſelben, und fie ſtehen in kaiſerlicher falls als Krondedienten anzufehen, und werden zu Beſoldung. . getingern Bedienungen in den Städten und auf Carim bedeutet einen Bratski, der eine Ruſ⸗ dem Lande gebrauchet. finn geheurathet bat, folglich auch ein Chrift ges { worden it, Carim⸗Jaſaſchnoi oder Jeſaſchnoi Karawanen⸗Bediente heißen, feit dem die chi· ift ein Carim, welcher Tribut an die Krone -bes neſiſche Karawane auf Koften dev Krone reife, Be— zahlet. Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band. | Sf Gmelins Reife. 1735 N 226 Reife nach Kamtſchatka zaͤhlet auch bey Gelegenheit diefer Omuli, daß die Einwohner fie mit Saͤcken, Hemden und Bettlacken fiengen, welches wohl niemals gefiheben ift; zu geſchweigen des frifchen Kalfes , den der Befehlshaber des Ortes, wie er erzähfet , in den Fluß bat werfen lafe fen, und welcher vor dem Gedränge diefer Zifche nicht bat untergehen Fönnen. Der Omul ift eine Art von Weißfifchen, (Coregonus Artzdi,) und koͤmmt mit dem Herin- ge bloß darinnen überein, daß er glänzende Schuppen hat. Witſen bat in ſeiner Nord⸗ und Oſt⸗ Tatarey diefen Fiſch richtiger mit dem Schellfifche verglichen, nur daß er Eleiner, als der Schellfifch, iſt. Er ift gemeiniglic) einen Fuß lang; aber in dem Tſchi⸗ wirkui und Jeniſei fol er größer, und oft eine Elle und länger feyn. Man finder ihn nicht nur in dem See Baikal, und in den darein fließenden Bächen, oder in den Bufen, bie fich in das Sand erſtrecken, fondern auch in dem See Sor, welcher fich bey dem Klofter Pofolst, längft am füdöftlichen Ufer des Baikal, gegen Suͤdweſt erſtrecket, und an zween Orten mit diefem zufammenhängt, Cr befindet ſich aud) in dem Eismeere, aus welchem er im Herbfte in den Jeniſei gebt, wo er, bevor der Froſt einfällt, bey Man⸗ gaſea ankoͤmmt. Man hat mich auc) verfichert, daß diefer Fiſch in den Fluß Perfchos va, und bis nad Puſtoſerskoi⸗Oſtrog, auch noch weiter hinauf gehe. Er geht aud) in dem Chatanga und Indigirka hinaufe Daher ift es ſchwer, zu begreifen, warum er weder im Taf, noch im Gb, noch auch im Lena gefunden wird, wie mich Leute, welche in diefen Gegenden wohlbefannt waren, verfichert haben. Ein ſurgutiſcher Oſtiack hat mir geſaget, daß er ſich auch im Fluſſe Kaſuͤr befinde. In dem Oſtrog Barguz ſinsk gehen viele Leute nach dem Tſchiwirkui auf bie ‚Sifcherey der Omuli aus, Sie finden ſich allda felten vor dem Detober, wovon die Fiſcher diefen Vortheil haben, dafs fie diefe Fiſche nicht erft einfalzen dürfen, fondern fie frieren laffen, und gefrohren weiter fuͤh⸗ ren, fo daß fie diefelben frifcher zum Verkaufe bringen und wohlfeiler geben, folglich gefehwin- der und mit befferm Vortheile abfegen koͤnnen. Es hat aber mit dem Zuge diefer Fifche aus dem See Baikal folgende Bewandtniß. In der Mitte des Auguftmonates bes ginnen fie auszuziehen. Cie vertheilen ſich, gehen in die Flüffe Selenga und Bargufin, und in einen großen Bufen, welchen der See Baikal machet, Tſchiwirkui genannt, und von da in einen Bach gleiches Namens, wie auch in den Werchnaſja⸗Angara ⸗ Syn diefen Flüffen geben fie fo lange aufwärts, bis fic Eis darinnen zeiget; alsdann be geben fie-fich wieder in die See. Sie geben nicht unabläßig fort, fondern halten ordent- Fiche Rubetage, und allezeit an Stellen, wo der Strom am fchwächeften ift, Die, wel che in den Selengs geben, laufen, ehe fie an den Tſchikoi fommen, in feinen andern Fluß ein, wie fie denn auch den Uda nicht berühren. Wenn fie an den Tſchikoi kom⸗ men, ſo geht ein Theil hinein, und ber andere bleibe in dem Selenga. Wenn diefe letztern an den Dſchida kommen, fo vertheilen fie fich wiederum, Die Einwohner in Udinsk erinnern fich nur zweyer Jahre, da diefe Fifche die jeßo befihriebene Ordnung niche beobachtet haben, fondern plöglich bey Bolſchnaja⸗Saimka ſtehen geblieben, und nicht weiter gegangen find, fo daß die Gelenginsfer und Udinsker dahin haben rei⸗ fen müffen, den ihnen nöthigen Vorrath zu fangen. Die $uft um Udinsk ift überaus rein, und ich Habe in der Zeit unferes Aufent⸗ haltes darinnen von keinen betraͤchtlichen Krankheiten etwas gehoͤret. Indeſſen geht hier zuweilen eine gewiſſe Krankheit, Smeſowitſch genannt, im Schwange, welche auch in Rußland unter dieſem Namen bekannt iſt. Die Leute bekommen an einem = durch Sibirien. 227 ger ein Geſchwuͤr mit graufamen Schmerzen: diefes Geſchwuͤr gebt endlich auf, und ift Gmelins ſehr langſam und ſchwer zu heilen, wenn nicht folgendes Mittel dawider gebrauchet wird. Reife. Man nimme eine Unze Schweineſchmalz, ein Pfund Tannenharz, Gruͤnſpan und eypri 1735 ſchen BVirriof , von jedem zwo Drachmen, eine halbe Unze Alaune, und zween Serupel Sublimat, und machet daraus eine Salbe, womit man, ob gleich Das Ge— ſchwuͤr noch nicht ausgebrochen wäre, den Finger beſchmiert, weil fie die Reifung dee felben befördert. Wenn das Geſchwuͤr ſchon heraus iſt, fo thut dieſe Salbe eine fo ge khroinde Wirfung, daß e8 in ungefähr zweenen Tagen rein wird, und die Wunde ſo— gleich hernach zugeht. Unfer Aufenthalt in Udinsk dauerte bis zum ı2fen September, da wir ung Abends auf zwey Fahrzeuge (Dofchrfchennifi) begaben, und am folgenden Morgen um fechs Uhr abfuhren. Kurz vor Mittage giengen wir bey Itanzinskoi⸗ Oſtrog vorbey, wel» chen die Einwohner zu KTertfehins erbauet haben, daher er, ob er gleich mitten im Difteicte von Selenginst liegt, doch noch jego nach Nertſchinsk gehöre. Der Ser lenga, welcher von Selenginsf bis nad) Udinsk feinen Lauf nordoftwärts hat, läuft hernach, bis nach Itanzinsk, norbmwärts. Von bier wendet er fich nach Welten, und behäft dieſe Richtung bis an den See Baikal. Wir hielten ung an feinem Orte auf, und Famen um ein Uhr bey Bolſchnaja⸗ Saimka vorbey, ließen e8 aber linfer Hand liegen, weil ber Hauptfluß, der noch vor zehn Jahren nahe an diefer Seimta vorbey lief, ſich weit gegen Norden gezogen bat. Des Abends, ehe wir noch die Trjastowstajs, oder Archangelskaja, Stobods erreicheten, geriethen wir aufden . Sand, von welchem wir erft in fpäter Nacht losfamen; und wiewohl wir nur noch un⸗ gefähr drey Werſte weit nad) diefer Stoboda hatten, fo wageten wir es, wegen des feich« ten Waffers, dennoch nicht, weiter zu gehen; wie wir denn auch am folgenden Morgen, ehe wir um acht Uhr vorbey fuhren, wieder zu verfchiedenen Malen figen blieben. Nach etlichen dergleichen Zufälfen langeten wir gegen eilf Uhr bey Mokſeewa⸗ Saimka an, wo wir wegen ſtarken widrigen Windes und heftigen Regens liegen blieben. Gegen Abend legete ſich der Wind, ſo daß wir noch vor Kabanskoi⸗Oſtrog, und bis nach Rolesnitowa.S10b0d5 kamen. Von hier rechnet man noch dreyßig Werſte bis an die Mündung des Selenga; und an dieſem Orte läßt man gemeiniglich die Anfer und das Geräch , welches zur Schifffahrt auf dem See noͤthig ift, im Hinauſgehen des Stro- mes zuruͤck, und nimme im Hinuntergehen daffelbe wieder ein. _ Wir veranftalteten Die Sachen fo, daß wir ſchon Abends alles aufgeladen haften, und am folgenden Morgen wei- ter gehen Fonnten. Wir fuhren bey ven Dörfern Charitonowa und Twarogowa vorbey. Drey Werfte unterhalb diefem letztern Dorfe theilet fich der Fluß in zween Arme; der zur Sinfen gebt gerade nach dem See zu, und wird Niſchneſe⸗Uſtie (die Untere Mündung) des Selengs genannt; der rechte theilet fich, erliche Werſte weiter hinab, mwieber in zween Arme, wovon der zur Kechten, unter dem Namen Werchneje⸗ Uſtie (obere Mündung) ſich in den See ergießt; der zur Linken aber, ohne weitere Zer⸗ teilung, ebenfalls in den See läuft, und den Namen Serednije-Liftie (die mittlere Mündung) führer. Bey der unsern Mündung ift eine Kapelle, und bey einer jeden eine imowje (Winterherberge). Wir giengen in die mittlere Mündung, weil die untere viele Untiefen bat, die obere aber den Weg verlaͤngert hätte. Ff 2 Nach⸗ 228 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Nachmittages erhob ſich ein ſtarker Weſtwind, welcher den folgenden Tag mit glei⸗— Reiſe. chem Ungeſtuͤme anhielt. Unſere Arbeiter verſprachen dem See, welchen ſie, wie ich 1735. ſchon oben erzaͤhlet habe, das heilige Meer nennen, goldene Berge, wenn er würde “ aufhören zu toben: der eine gelobere ihm eine Anzahl Kopeken, der andere eine Menge Brodtes; noch andere gelobeten dem heiligen Nicolaus, dem zu Ehren an der Mündung des Angara eine Kapelle erbauer ift, eine Anzahl Meffen, wenn er uns guten Wind ges ben würde. . Am ı7ten Sept. war klares Wetter, weil der Wind aus Dften gieng- Diefe zween Umftände find faft allezeit beyfammen, und die Schiffleute geben genau darauf Achtung. Ob gleich der Wind öfttich iſt, wenn fie Gewoͤlke am Himmel fehen, fo getrauen fie ſich dennoch nicht, abzufahren; denn fie fagen, es ſey folches Gewoͤlk ein Merfmaal, daß der Wind ſich bald ändern werde, Tages zuvor Fam der Wind aus Oſten, und wir verlangeten abzufahren: aber weil es woͤlkicht war, fo Ffonnten wir die Schiffleute niche dazu bewegen: und in der That wurde auch der Wind bald darauf weſt⸗ ih. Wir fuhren am ızten des Morgens, Furz vor Sonnenaufgange ab, und mußten uns faft fünf Werfte weit durch Sandbänfe arbeiten. So bald das Segel aufgefpannee und das gewöhnliche Geſchrey gemachet worden war, fo fiengen unfere Leute an, dem Eee oder heiligen Meere ihre Gelübde abzutragen. Er befam ungefähr zwanzig Ko⸗ peken und ein ganzes ſechs⸗ bis achtpfuͤndiges Brodt. Dem ungeachtet wurde der Wind ſehr ftarf, und die Schiffleute arbeiteren aus allen Kräften, bald über den See zu fom- men. Godann fuhren wir längft an deffen füblichem Ufer Hin. Bald bernach befamen wir einen Sturm aus Oftnordoft, welcher zwar unfere fehlechten Fahrzeuge fehr war kend machete, aber ung doc) geſchwind forthalf. Wir fuhren bey den Pefchtfchanniz Gudi (fandichten Buchten), bey der GolonsnojesSimowje, Aadilnoge»Stz mowje und Sobolew⸗ Otſtoi vorben, und fegelten fo fehnell, daß wir die Mündung des Angara bald zu erreichen hoffeten. Aber Abends gegen vier Ubr wendete fich der “Wind. Der bisherige oftnordöftlihe Sturm hoͤrete auf, und etliche Minuten darauf Sturm auf erhob fi) ein anderer aus Nordweft, mit einem ſtarken Regen. Weil wir nun nicht r Ser Dals weit vom Ufer, entferner waren, fo fegeten wir unfere äußgrften Kräfte mit Rudern an, es zu erreichen; aber es fand fich nirgendwo Anfergrund, fo daß wir ung genörbiger fa- ben, die Fahrzeuge mit größter Mühe bis nach) Sobolew⸗Otſtoi, wo wir ſchon vor« bey gegangen waren, zurüd zu ziehen. Otſtoi werden alle diejenigen Derter genannt, wo Anfergrund ift, und wohin man fich im Sturme rertenfann. Die Petſchtſchanni⸗ Gudi, deren ich vorhin erwaͤhnete, haben auch zween ſolche Ankerörter. Ein Fahr⸗ jeug, das ſich an einem ſolchen Orte wegen Sturmes aufhalten muß, läßt gemeiniglich ein Andenken dafelbft zurück. Man richtet am Ufer ein bölzernes Kreuz auf, und die Vornehmſten, die fih im Fahrzeuge befinden, fehreiben ihre Namen, und die Zeit, wenn es gefcheben ift, auch wie lange fie da gelegen haben, darauf. Wir famen mit ein brechender Nacht dahin, und warfen zween Anfer aus, befeftigten; auch noch überdieß die Fahrzeuge auf dem Sande mic etlichen Tauen, um dem gewaltigen Sturme genug fam zu widerſtehen, welcher fie nach der füdlichen Seite des Sees trieb. Es mwar fin⸗ ſtere Nacht, als wegen der beftändigen Schwanfung der Fahrzeuge ein Anker von dem, N worauf wir waren, losgieng, und gleich darauf das Ankertau zerriß. Dieſer Zufall machete uns fehr befümmert, und ob mir wohl alle Anftalten dawider vorfehreren, ſo hinderte uns doch die Nacht, es fehleunig genug zu thun. Das. zu unferm — \ ; geböri durch Sibirien, 229 gehörige Boot war vom Sturme ganz jerfcheitert; und wir mußten des andern Fahrzeu⸗ Gmelins ges feines erwarten, um $eute ans fand zu feßen. Indeſſen, che das Boot anfam, Reife. wurde auch der andere Anker locker, und unfer Fahrzeug ftund in Gefahr, in den See 73 5- getrieben zu werden. Die Taue, womit es auf dem Sande befeftiger war, hielten es dar noch ein wenig: allein, es wurde doch ſchon weit in den See getrieben. Es war ein nglüc für uns, daß wir feinen einzigen erfahrenen Seemann bey uns hatten, fo da, wenn das Fahrzeug in der finftern Nacht in den See wäre getrieben worden , wir in aufs ſerſter Gefahr ftunden, an einem Felſen des füblichen Ufers zu fcheitern. ch faffere alfo, nebft Seren Müller, den Entſchluß, auf dem elenden Kahne von dem andern Fahrzeuge ans Sand zu fahren, und ung zu retten. Wir befahlen auch den Studenten, die auf dem andern Fahrzeuge waren, ans Sand zu geben. . Hiervon hatten wir den Mugen, da wir die Leute fleißig zur Arbeit anfreiben konnten, welche endlich mit unglaublicher Mühe das Fahrzeug näher an das Ufer brachten, und den einen Anker, der noch nicht gänzlich los war, nieder befeſtigten. Wir traueten aber der Sade nicht, fondern blie— ben am Sande: und weil es febr alt war, fo baueten wir uns eine Hüfte, und legeten ein Feuer bavor an. Das Sturmwetter Daurete den folgenden Tag noch; und. obgleich unfere Fahrzeuge feft ftunden , fo blieben wir dennoch am Sande: wir ließen ung aus dem Fahrzeuge einige Sachen zu unferer Bequemlichfeit bringen, und erwarteten in Gelaf- fenbeie das Ende des Sturmes. Unſere Seute fanden den in der vorigen Nacht verlorenen Anker wieder, Des Abends legete fc der Sturm, fo daß wir Hoffnung hatten, am folgenden Tage unfere Reife fortfegen zu Fönnen : daher begaben wir uns des Nachts wie⸗ der auf unfer Fahrzeug. Am folgenden Morgen gieng der Wind zwar aus Norden, aber fo ſchwach, daft, weil wir vom Ufer gefchügee waren, wir den Entfchluß faffeten, uns durch Rudern und Ziehen fortzubelfen. Wir giengen alfo früh um fieben Uhr ab, und Famen nach zuruͤck⸗ S:legeten fechzehn Werften zu dem Gratuja⸗Guba, welchen man für den beften Ha- den in diefem See hält, weßwegen auch mehr als. dreyßig aufgerichtete Kreuze am Ufer du fehen waren. Die Liſchtwenniſchnoje⸗ Simowje iſt nur fechs Werfte davon entfer- Ne; wir erreicheten Diefelbe Abends um halb vier Uhr, und nahmen dafelbft einen Wegweifer, der uns durch die Mündung des Angar führen follte. Um vier Uhr waren wir in die⸗ fer Mündung. Diefelbe ift voller Klippen , die Fahre fehr enge, und der Strom une gemein ſchnell. Eine Vierthelſtunde bernach Famen wir bey Nikolskaja⸗ Saftawa an, wo etliche von unfern Seuten uns um Erlaubniß bathen, auszufteigen,, und ihren Gelübden genug zu thun. Wir trugen Bedenken, es ihnen abzufchlagen , weil fie ohne- Aberglaube dieß fehr unmillig wider uns waren: denn fie gaben vor, daf wir uns den Sturm felber der — dugezogen hätten, weil wir, zum Scherze, dieſen See allemal einen See, nicht ein Meer, —— hießen. Bald ſageten wir, fie ſollten nicht bange feyn, weil es doch nur ein See, fein Sail. großes Meer, wäre; bald fehalten wir den See felbft aus, daß er fich nicht anders, als ein Meer, gebärdere. Dieß alles gab unfern Seuten ein großes Aergerniß, und fie fa- den, nach ihren Vorurtheilen, klar und deutlich, auch felbft in den günftigften Umftän- den, daß der See Rache ausübere, Das nördliche Ufer ift faft allerwegen mit Kiefel: oder Pflafierfteinen bedecket; das ſuͤdliche hingegen an vielen Orten ſandig, daher auch die Gefahr nicht fo groß ift, wenn Man an das fühliche Ufer geworfen wird, weil man — nur ſtrandet; da gegen. 3’, theils 4 Gmelins Reiſe. 1735. 230 Reiſe nach Kamtſchatka theils an dem noͤrdlichen nur vier Stellen ſind, wo man ankern kann, und keine einzige, wo man bey einem Sturme ohne Gefahr anhalten koͤnne. Beyde Ufer find ſehr bergicht, und beftehen aus fehr hohen Felſen, welche an manchen Stellen fenfrecht ftehen. Diefe Ber- ge find Hin und wieder mit Wäldern von Fichten und Lerchenbaͤumen bewwachfen, worun⸗ fer fich auch einige Birfen finden. _ Die Berge an der Südfeite find gegen das Waſſer zu faſt den ganzen Sommer mit Schnee bedecket: daher koͤmmt es, daß einige Reiſebe⸗ ſchreiber ein Schneegebirge daraus gemachet haben. Uebrigens hat man noch nicht wahre genommen, daß diefer See irgendwo verborgene Klippen hätte: denn, ungeachtet der fhfechten Befhaffenheit der Fahrzeuge, weiche auf ihm gehen, hat man ned) Fein Epem« pel, daß Schiffe anderswo, als an dem Ufer, zerfiheitere wären, fo daß man nicht mit Gewißheit fagen Fann, ob jemand in ihm umgefommen fey. Es ift auch fehr wahrſchein⸗ lich, daß, wenn man größere Schiffe, von gewöhnlicher Bauart, anftatt der hier ger woͤhnlichen Doſchtſchenniki, haͤtte, man vermuthlich niemals von Schiffbruͤchen auf dieſem See hören würde. Er friert gemeiniglich gegen Weihnachten zu, und geht im Anfange des Mayes wieder auf. Weil die legten vier Monate des Jahres insgemein ftürmifch find, fo mager man fich in ſolcher Zeit nicht gern auf diefen See, mwofern man nicht die wicheigften Urfachen dazu hat; jedoch gefchieht es zuweilen noch im December, ob» gleich der Selenga alsdann zugefroren ift, und fih am Ufer des Sees fo vieles Eis an« geleget bat, daß man mit großer Mühe durcharbeiten muß, ehe man in den See - koͤmmt. Weil das Wetter noch immer gut blieb, und der Fluß einen ſchnellen Lauf hat, ſo fuhren wir noch am ſelbigen Abende von Nikolskaja⸗Saſtawa bis nach Molodowo⸗ Simowje. Hier lagen wir diefe Nacht ftille, damit unfere durch Rudern und Zichen ſehr abgematteten Arbeiter Ruhe haͤtten, und fehliefen auf unfern Fahrzeugen. Der Zug des Waffers in dem Angara ift an feiner Mündung überall ſehr fehnell: aber hier waren fonderlich zwo Stellen, die man nicht ohne einen guten Wegweiſer befahren konn⸗ te; die eineift beh Chomuto wa⸗ Simowje / in der Landesſprache Sabatfchis: DW - 76 (Hundeloch) genannt; die andere ein wenig weiter hinab, welche den allgemeinen Na men Schiwera 62) führer. Wir waren zwar entfchloffen geweſen, mit anbrechendem Tage abzugeben: wegen eines dicken Nebels aber, vor dem man die gefährlichen Stel Ien nicht hatte fehen fönnen, Fonnten wir es nicht eher, als um halb neun Uhr, thun Wir fuhren zuerft über eine Schiwera; hernach bey Chromowo⸗ Simowje, Mi⸗ chailewa⸗ Saimka, Dolganowa⸗ Simowje, Schtſchukina⸗Derewna, Krja⸗ ſchanowskaja⸗Der., Jerſchowa⸗Der., Bolſchaja⸗Roswodnaja ober Werch⸗ Angarskaja⸗ Der. , Welajar Roswodnaja⸗ oder Werch⸗Angarskaſa⸗Der · Kusmichina⸗Der. und Glaskowa⸗-Der. vorbey, und Famen Rachmittages um zwey Uhr bey der Stadt Irkutzk an, wo wir unſern dritten Collegen, Herrn de Lisle de ls Croyere, in gutem Wohlſeyn antrafen. Lage und Des Die Stadt Irkutzk ift im Jahre 1661 angeleget worden, und ift, nach Tobolsk ſchreibung der Stadt Irkutzk und Tomsk, eine der größten und anfehnlichften Städte in Sibirien. Sie liegt au "dem öftlichen Ufer des Angara, in einer fihönen Ebene, der Mündung bes Fl Irkutt gegenuͤber, woher ſie ihren Namen bekommen hat. Es ſind darinnen nn a 62) Schiwerga heißt eine Stelle voller Klippen, wo folglich das Waſſer ſehr ſeicht if. durch Sibirien. | ea abs neunhundert Häufer von ziemlich guter Beſchaffenheit: denn fat in allen ift, außer der Stube mit Koch- und Feuerftellen , noch eine andere Stube ohne Rauch, worinnen die Familie wohnet; jedoch find alle Häufer nur von Holze erbauet. Der Graf Sawa ladislawitz bat diefe Stadt, wie die übrigen in diefem Diſtricte, mie Paliſſaden s Gevierte umgeben laffen, ausgenemmen die Seite an dem Fluſſe, welche von Na: ur feft if. Der ganze Raum, worauf die Paliffaden ftehen, enthält taufend zweyhun⸗ dert und fieben und fiebenzig Faden oder Klaftern. Um die Paliffaden ift ein Graben, Und um diefen find fpanifche Reiter. Innerhalb ven Paliffaden find vierzehn kleine Schanzen aufgefuͤhret. Cine jede Seite der Paliſſaden hat ihr Thor. Die eigentliche Seftung befindet fich an dem Ufer des Angarg. Sie bat hölzerne Wände, neunzig Fa⸗ den in der Laͤnge, und ſiebenzig in der Breite, An dreyen Winkeln har fie Schießthuͤr⸗ me, und an der Wafferfeite Thore und Wachthuͤrme. An eben diefer Seite der Fe⸗ ftung ſieht man die Kanzelley, von Mauerwerke aufgeführet, die alte von Holze erbauete Kanzelley , und das Haus des Unterftatthalters, welches ebenfalls hölgern ift. Auf der gegenüber ftehenden Seite ift eine fteinerne Hauptfirche mit einem Glocenthurme und einer Schlaguhr. Sonft find noch binter den Wänden der Feftung einige Zimmer, und unter den erwähnten Gebäuden verfchiedene Keller und Magazine. innerhalb der Fe ftung findet man ein Pulvermagazin, eine Hauptwache und eine alte Rechnungskammer. Das Geſchuͤtz der Feftung befteht aus drey großen metallenen, zwo eifernen, und noch) eilf kleinen eifernen Stuͤcken. Zunaͤchſt oberhalb der Feftung ſteht noch eine andere Hauptkirche von Steinen, mit eben dergleichen Glockenthurme; und an verfchiedenen Or- ten der Stadt find vier hoͤlzerne Pfarrkirchen. Außerhalb der Stadt ift noch eine fünf- te, ebenfalls von Holze; und nicht weit daven ein Jungfrauenkloſter, und im Bezirke deſſelben eine böfzerne Kirche. Zwiſchen diefem Kloſter und der Stadt nimmt der An⸗ Kara den Bach Uſchakowka oder Ida zu fi), an welchem drey Mühlen angeleger find, Die öffentlichen Gebäude in der. Stadt find das Nathhaus, das Kaufhaus, das Zollhaus, ein Braunteweinkeller, der Fleifhmarft, der Trödelmarft, das Regiments- Baus (Cafernen) , das Policeyhaus, das Gefängniß, das Pulvermagazin, weiches mit einer hölzernen Wand umgeben ift, ein Brauhaus, eine Bierfehenfe, zehen Brannte- Wwein- und Methſchenken, eine Badftube für die Kaufleute, und drey Salzböden. Gmelins Reiſe. IT. — ⸗— Die Einwohner dieſer Stadt find Kaufleute, Sluſchiwie, Dieti Bojarski, orjaͤnini und allerhand Handwerfer. Die meiften davon find aus andern Sands ſchaſten entfaufen, und faft ganz Sibirien hat Feine andere ruffifche Einwohner. Hier find fie auch, wie in den meiften Städten diefes weitläuftigen Landes, ber Trunkenheit, dem Muͤſſiggange, der unmaͤßigen Wolluſt, ergeben. Die Stadt Irkutzk bat einen Unterftattbalter, dem die ganze Provinz unterwor⸗ fen iſt. Unter ihm ſtehen die Moywoden von Selenginst, Nertſchinsk, Ilimsk, Jakutzk, und die Befehlshaber von Ochotzk und Ramtſchatka. Seine Einfünfte find weit anfehnlicher, als des Statthalters von Tobolsk, unter dem er ſteht, und bie jährlichen Vortheile, die er fich jedes Jahr außer feinem Gehalte machet, befragen nicht diel weniger, als dreyßig faufend Rubel. Er erhält die unter ihm fiehenden Moywo⸗ en in Furcht, und fürchtet nicht leicht, daß man ihm Verdruß machen werde, weil er von Tobolsk zu weit entlegen iſt. Irkutʒk Gmelins Reiſe. 173%. —— — Pe Reife nach Kamtſchatta Irkutzk hat einen Biſchof, der aber nicht hier, ſondern in einem Kloſter feinen Sitz hat, welches fuͤnf Werſte davon, an der Abendſeite der Angara erbauet iſt. Doch ſteht es darauf, daß ein Haus fuͤr ihn in der Stadt ſoll aufgefuͤhret werden. Unter ihm ſtehen alle geiſtliche Stiftungen in der ganzen Provinz Irkutzk, und alle Bediente der⸗ felben. Die Polizey ift in diefer Stadt gut eingerichte.. Alle Hauprftraßen find mir ſpa⸗ rifchen Reitern verfehen, und haben ihre Nachtwächter. Ueberdieß geben die Polizey- bedienten des Nachts herum, halten alle $eute an, die auf den Straßen Ausſchweifungen begehen, und unterfuchen von Zeit zu Zeit verdächtige Käufer. Unterdeffen träge es ſich doc) oft zu, daß die Schenken die ganze Nacht voller Leute find, ungeachter der aus- druͤcklichen Verordnungen, die deswegen in ganz Rußland ergangen find, Die Gegend um die Stade ift zwar bergicht, aber doc) angenehm. Sonderlich giebt es auf der Abendfeite der Angara fehöne Wiefen. Um die ganze Stadt wird fein Korn erbauet, fondern alles, was man bier verzehret, wird aus den Ebenen an der Anga⸗ va, aus den Sloboden an dem Jekut und Ronds, und aus dem ilimsfifchen Gebier ehe herzugefchaffe.. Am Wilde ift hier Fein Mangel ;« man hat Elende, Hirfche, wilde Schweine und Rehe. Bon Federviehe hat man Auerhähne, Birk Reb⸗ und Haſelhuͤh⸗ ner, Die Angara iſt nicht fehe fifchreich, aber der See Baikal erfeger diefes veichlid). Ueberdieſes bringe man von Udinsk, von den Flecken und Dörfern, die am Selenga lies gen, eine folche Menge Omuli, daß das gemeine Volk fie um einen geringen Preis in Ueberfluffe kaufen Fann, Seitdem die Chineſer das Vieh nicht mehr fo Häufig auffaufen, ift auch das Fieifch fehr wohlfeil; daß man damals ein Pud Rindfleiſch für funfjig Ko— peken haben konnte. Bon ausländifchen Waaren find die chineſiſchen hier nicht viel theu⸗ rer, als in Kjaͤchta, und überhaupt genommen ift Bier bisweilen alles, zumal im Fruͤh⸗ “jahre, wenn das Eis aufgegangenift, faſt fo wohlfeil, als in Moftau und Petersburg. Der chinefifche Handel zieht die Kaufleute aus allen ruſſiſchen Staͤdten hieher. Sie fom- men zu Anfange oder in der Mitte des Winters, und handeln den ganzen Winter hin durch mit den Chinefern. Haben fie nun in diefer Zeit nicht alles verfaufen Eönnen, 0 fhlagen fie mit ihren Waaren (os, weil fie, fo bald die Flüffe aufgegangen find, zurüd reifen müffen, und da geben fie oft wohlfeiler, als man die Sachen zu Moffau oder Pe tersburg. befömmt. Was fie noch mehr zum Verfaufe nörhige, ift, daß fie aufder Ruͤck⸗ reife Geld nörhig haben, die Zölle und die Arbeitsleute auf ihren Fahrzeugen zu bezahlen; fo daß fie, um Geld aufzutreiben, die Waaren, die fie nicht an die Chinefer verkauft Weite Reifen der ruſſiſchen Kaufleute: haben, bier einem Gevollmaͤchtigten zurüc laffen, der fie in feinem Kramladen verhau— delt, fo gut er Fan. Doch gehen einige von ihnen mit denen Waaren, die fie von den Chi⸗ nefern genommen haben, bis nach Jakutzk, und fuchen fie da anzubringen. Solcher Geftate hut ein ruffifcher Kaufmanm bisweilen eine ſehr weite Reife, ehe er wieder nad Haufe koͤmmt. Er gebt im Fruͤhjahre von Moffau ab, Eimme im Sommer auf Def Sahrmarke zu Makari, und zu Anfange des folgenden Jahres auf den zu Irbit. Auf dem erften ſuchet er, einen Theil feiner Waaren gegen folche umzufegen, von denen er zu Irbit mehr Vortheil hat. Hingegen hier hat er feine Abfichten auf den chineſiſchen Han⸗ del gerichter. Bleibt ihm eine Waare übrig, die er zu Irbit nicht gut anbringen Fan fo ſuͤchet er fie den Winter über zu Tobolst log zu werden. Aus diefer Stade reiſet er im Fruͤhlinge ab, treibt feinen Handel duch ganz Sibirien, und koͤmmt im Seht: na durch Sibirien. | 233 nach Irkutzk, ober; wenn er vor dem Eife nicht fo weit kommen kann, folangeter doch Gmelins unfehlbar mit angehendem Winter hier an, Alsdann geht er nach Rijächta,und das Früh: Reife jahr darauf nach Irkutzk, von welchem Orte er hernach mit offenem Waſſer noch fehs bis 1735* fieben hundert Werſte zuruck zu gehen ſuchet, und er reiſet auf Schlitten geradenad) Klaͤch⸗ ⸗ 88, wo er feine jakutzkiſchen Waaren abzuſetzen ſich bemuͤhet. Das Fruͤhjahr koͤmmt er nach Irkutzk, und den Herbſt nach Toboisk. Den Winter und Sommer darauf beſuchet er die Märkte zu Irbit und Makari. Endlich) nad) einer Reife von fünftehalb Jahren koͤmmt er wieder nach Moſkau, und hat, wenn er den Handel verſteht, und nur einis ger Maßen glücklich ift, mwenigftens drey hundert pro Cent gewonnen, j Während unferm Aufenthalte allhier fiel nichts merfroürdiges vor. Unſere Zeit wurde meiftens dazu angewandt, die Wahrnehmungen in Ordnung zu bringen, die mir den vorhergehenden Sommer gemachet hatten. Den arften December ſchicketen wir den Feldmeſſer, Merander Iwanow, nad Tunkinskoi⸗Oſtrog ab, die nordliche Brei« te dieſes Ortes wahrzunehmen , weil Herr Profeffor Muͤller muthmaßere, daß er in den harten zu weit ” Morden gefegt wäre, So wurde ihm auch aufgetragen, eine genaue Befchreibung der Gegend um den Fluß Irkut, und der heydniſchen Völker, die fie be- wohnen, zu verfertigen. Diefe Reife hatte ihren Nutzen. Tunkinskoi⸗Oſtrog liege “ 51 Grade ıs Minuten. In der Gegend deffelben trifft man eine Arc heydniſcher und her- uͤmſchweifender Tatarn an, die Sojeri heißen, und mit den Erasnojarstifchen Ta; tarn einerley Sprache haben, Die Huräten, ein armes Volk, wohnen am Ufer des Irkut. Zwiſchen Tunkinsk und Irkutzk ift ein großer Felfen, der aus einem weißen Sandfteine beſteht, vor welchem die Buraͤten eine folche Furcht haben, daß ſich ihm feiner auf funfzig Schritte nähert, wenn er nichteines großen Verbrechens befchufdiget worden. Denn in dem Falle giebt es feine fo fichere Zufluche für ihn, als auf diefen Berg zu ſteigen, wiewohl er um deswillen von feinen Sandesleuten verachtet wird. Der Weg von Irkutʒk nach Tunkinsk ift nicht gemeffen: unfer Feldmeſſer aber fehägere ihn auf zwey hundert Werſte. Den 28ſten December. fuhr ich mit dem Herrn Profeffor Müller nach einer Kaſchtak oder Brannteweinbrauerey, die fechs Werfte von Irkutzk liegt, und fieben und dreyfig Diftillierfeffel Hat. Es find drey dergleichen Branıteweinbrauereyen, welhe der Krone gehören, und das ganze Gebieth von Irkutzk, Ilimsk und Selenginst verfehen. Diejenige, welche wir befucheten, heißt Perwoi⸗Kaſchtak; die weiter ge- legene, die drey und funfzig Keſſel bat, Serednoi; die dritte, wo ſechzig Keſſel ſind, Posliednoi. Vor dieſem brannten Privatperſonen Branntewein, den fie für ein ge- wiffes Geld derKegierung lieferten. Allein, die Kanzelleyen, di Moywoden, und feibft diefe Privatleute gewannen dabey zu viel. Und obgleich die Caſſe nichts dabey verlohr, o litte doch das Volk darunter, weil der Branntewein öfters noch einmal ſo theuer war, als er haͤtte ſeyn ſollen. Gegenwärtig hat das Rathhaus die Aufſicht darüber, und muß ihn um einen billigen Preis an die Caffe liefern, woraus er hernach in die Schenken ver- ” führer wird. TR Wir Famen durch einen andern Weg nah Irkutzk zurück, bey einer Mühle vor- bey, weiche das Waſſer des Uſchakowka treibt, und langeten von diefer Seite her in er Stade an. Allgem. Reifebefchr, XIX Band, 88 Weil N Gmelins " Reife, 1736 234 Keife nach Kamtſchatka Weil wir erfahren hatten, daß ungefähr zehen Werfte von dem See Baikal ein warmes Bad wäre, fo ſchicketen wir den Feldmeffer, Alerander Iwanow, und den Stu— denen Rrafcheninnitow dahin, um mit dem Waffer Verſuche anzuftellen, die Gegend zu befehreiben, und einen Grundriß davon aufzunehmen: Zu gleicher Zeie ſchicketen wir einige Perſonen unfers Gefolges durch Itazinskoi⸗Oſtrog, gerade nach Berguſin, um die Archive zu durchſuchen, und von da nach Werchholensk zu gehen, und daſelbſt, bis wir anfämen, das Wetter zu beobachten. r Indem fie aufder Reife waren, befchloffen Herr Profeſſor Müller und ich, durch Balagansk und Bratskoi⸗Oſtrog nad) Ilimsk, und weiter bis an die Lena zugeben, Deswegen ſchicketen wir den z4fien Januar 1736 unfere Gerärhfchaften, unter der Aufſicht des Studenten Borlanow, voraus. Den 26ften brachen wir um zehen Uhr Bormittages von Irkutzk auf. Herr Profeffor de la Croyere nahm ben folgenden Tag feinen Weg über Udinsk und Selenginst nah Kjaͤchta, in der Abficht, die Beobachtungen wieder anzuſtellen, die er das vorige Jahr, der ftürmifchen Witterung wegen, hatte abbrechen müflen- Er vechnete noch, durch den Winterweg nach) Irkutzk zu fommen, und fih im Fruͤhjahre bey uns an der Lena einzufinden. Here Profeffor Muͤller und ich kamen um ein Uhr Nachmittages: in Urikowskaja Sloboda an. Bon da giengen wir über Balei oder Baleiskaſa⸗D. nach Olonki, oder Olonskaſa Sloboda, wo wir den 27ften früh anfamen. Wir fuhren bey den Eifen- huͤtten vorbey , welche bier im Anfange des Jahres 1733 auf Angeben des Commiffars Timopbei Burzow angeleget worden, Sie find zwo Werfte von dem Ufer der An⸗ gara an einem Bache Celma erbauet. Das Eifen wurde hiefelbft nur in Handöfen geſchmolzen, und man mürde größere Anftalten gemacht haben, wenn das Erzt ergiebiger geweſen wäre, Alein, feit dem Herbfte 1736 hat man alle Arbeit liegen laffen, weil man das Erzt dazu auf achtzig Werfte weit herbringen mußte. Denn achtzehen Werfte un ter Kamenka muß man durch das Dorf Bumaſchkina, am rechten Ufer der Angerer . gehen, und alsdenn ift es noch fünf Werſte ins fand hinein, wo man den Berg antrifft, in welchem das Erzt gefunden wird. Seit undenklichen Zeiten haben die Bratski in dieſer Gegend, und ſeit zwanzig Jahren die Ruſſen daher Erzt im Weberfluffe erhalten Der Berg ift eine Arſchin hoch mit Erde bedeckt, und der Felfen darunter enthält das Eifenerzt, welches fich auf vier, fünf, fechs bis fieben Sachter in die Tiefe erſtrecket. Daf felbe bricht meiftens als ein gelber Mulm, zwiſchen welchem derbe braune Schichten lau— fen, alles.aber ift wie mit runden erbſenfoͤrmigen Kügelchen durchſaͤet. Das gebrannte 5 hat eine rothe Farbe, und giebt den vierten, dritten und bisweilen halben Theil iſen. Acht Werſte unter gedachten Eiſenhuͤtten ſind zwo Salzkothen, davon die eine dem Kloſter Mosneſensk, die andere Privarperfonen in Irkutzk gehoͤret. Sie find auf ek ner Inſel der Angara, funfig Faden von einander gelegen, und geben fo viel Salz, daß man jährlich das ganze irkutzkiſche Gebieth jenfeirs des Sees Batkal, und einen Theil des Himsfifchen damit verfehen Fann. ö f Bon Olenki kamen wir gegen Mittag nach Buresskaja-D. Es find vier Dör- fer hinter einander, welche einerfey Namen führen. Des Abends um fieben Uhr errei⸗ cheten wir Kamenka⸗D., woſelbſt wir des Nachts und den folgenden Tag über bfieben- Die Einwohner haben viel Vieh. — i durch Sibirien - 23 Mir reiſeten dem often um ſieben Uhr des Morgens ab, und giengen durch das Smelins Dorf Bumafchkins, wo wir erfuhren, daß es dafelbft einige Schmelzöfen gäbe, biel- Reife. fen.es aber nicht für nöthig, uns ihrentwegen lange aufzuhalten. Man fagere ung au, 173 6 es gäbe einen Dfen in der Gegend des Bielskei⸗Oſtrog, worinnen die Einwohner Erzt chmelzeten, welches man am Fluſſe Bielaja findet, der unter dem Telma in die Anga⸗ ra fälle, Wir aßen zu Mittagein Pawlowa⸗Derewna, welches Dorf auch Rulakowa, ingleichen Serodkina und Sorogina heißt; denn die meiſten Doͤrfer in dieſer Gegend haben viefeMamen. Wenn der Bauer, von dem es den Namen hat, ſtirbt, fo giebt man ihm gleich einen andern. . Die Bratski in diefer Gegend find nicht foreich an Viche, al diejenigen, welche jenfeits des Baikal wohnen; deswegen giebt es ihrer viele, die fich tau— fen laſſen. Die, welche um den Oſtrog wohnen, fangen an, das Feld zu bauen, Gie haben feine Gögen, wie ihre Brüder, die auf jener Seite des Sees herumziehen, und kommen hierinnen mit den heydnifchen Tatarn in dem Gebiethe von Ärssnojarst,TomsE und Kusnetzk überein. Ihre Götter, die fie verehren, find der Himmel und der Teu- fel , "und: ihre Zauberer fagen ihnen, welchem von beyden fie in dem oder jenem Falle opfern folfen. Alle Opfer, bie fie wegen des Zufünftigen bringen, gefchehen dem Him- mel zu Ehren; wollen fie aber ein Hebel von fich abwenden, fo müffen fie dem Teufel epfern, Dem Himmel opfern fie aflegeie in freyer Luft, und die ganze Ceremonie beftehe darinnen, daß fie das Fleiſch des Thieres verzehren, die Haut aber und das Gerippe auf ein Gerüft ausſetzen. Meiftens fpannen fie ein Seil zwifchen zwo Stangen, und behäne gen es mit allerhand Thierfellen, Stüden von Kitaika und anderm Zeuge, wie es ihr Schaman befohlen hat. Bey den meiften Opfern, die im Sommer gefchehen, brau⸗ Gen fie. ihren Milchbranntewein, davon der Schaman etwas in die Luft fpriger, und dag Übrige mit der Gemeine austrinft. Wenn fie aber dem Teufel opfern, fo thun fie es Allezeit in ihren Turten. Der Schaman hält eine Rede, gegen Welten gerichtet; ee derjenige, welcher das Opfer bringt, feget das Gerippe auf ein Gerüft aus, und be- haͤlt die Haut zu feinem Gebrauche. Haben fie Branntewein zu dem Opfer , fo fpriger der Schaman etwas davon gegen die Abendfeite ber Turte, und trinkt das übrige, Dierauf berichter er demjenigen, der ihn um Rath gefragt hat, was er noch außerdem an Thierfellen oder Sappen von Zeugen opfern fol. Darvon machet der Bratski einen ack, umnehet ihm mie Woelocken, und hänge ihn gegen Abend in der Jurte auf. Diefe Opfer werden fo oft wiederholet, als fie es nöthig zu Haben glauben, und deswegen finder man ofe funfjehen. bis zwanzig dergleichen Säde in einer Jurte hängen. Sie glauben auch, daß ihre Schamane ſie nach dem Tode beunruhigen koͤnnten, Deswegen opfern ſie, um ihren Unwillen abzuwenden. Den 1oten Februar verließen wir um acht Uhr des Morgens Balagansk, und ka— Men um eilf Uhr nad Taſchluͤkowa ⸗ Derewna, und um fuͤnf Uhr gegen Abend nach Schi⸗ werskaſa. Wir giengen Swietlotobich vorbey, und kamen um Mitternacht gen Je— imowa Semenowskaſa oder Seminichnia. Wir reiſeten die ganze Nacht durch, und befanden ung um fieben Uhr des Morgens bey Jendenskoi. Dieſer Oſtrog wur⸗ de mie dem ilimstifchen zu gleicher Zeit, um der Bratski willen, erbauet, Die in der Ge— gend wohnen; da fit ſich aber zuruͤck gezogen haben, ift er faſt zu nichts mehr north. dig, De | | | —— | 893 Bir Gmelins Reife, 736. — — 236 Reife nach Kamtſchatka Wir Famen um zehen Uhr des Abends nach Koſcharowa oder Rosboinikowa⸗ Der. und blieben einige Stunden liegen, damit unfere Leute ausruhen Fonnten. Den andern Morgen früh um acht Uhr waren wir in Raſputina⸗D. und fünf Werſte weiter in Pod⸗ wolofchnaja. Von hier erreicheren wir ziemlich ermüder Malolietnich⸗Der., hielten uns aber nicht auf,fondern giengen bis nah Suworoba⸗ Der. woſelbſt wir abraten. Weil wir hier Feine frifche Pferde fanden, fo macheten wir uns den 13ten um zwey Uhr des Morgens wieder aufden Weg, und langeten um zehen Uhr in Brom oder Gromoskaja⸗Der. an, nachdem wir einen Birfenwald, und nahe bey dem Dorfe einen Bach, der im Winter nicht zufriert, und zwo Muͤhlen treibt, vorbengefahren waren. Hier wechfelten wir Pferde, und erreicheren Abende um zehen Uhr Anamurskaja oder Podwoloſchnaja Derevona, Wir führen bey zwoen Inſeln vorben, die mit laurer Tannen bewachfen waren: das find die einzigen Bäume, die man auf den Inſeln der Angara ſieht. An diefem Fluffe giengen wie herunter, und waren des Abends um acht Uhr zu Keſchemskaja⸗D. Dieß iſt eines der größten Dörfer in diefer Gegend, wo man fehon eine Kirche erbauet bat, an welcher eheftens ein Priefter follee gefeßet werden. Won bier giengen wir durd) andere anfehnliche Dörfer, und Famen um drey Uhr Nachmittages nad). Bratskoi⸗ Oſtrog, wo der Student Tretſakow bald darauf anlangere, den wir das Jahr ‚vorher in Selenginsk gelaffen hatten. Dieſer Plas, der nad Ilimsk geböret, liege an dem linfen Ufer der Angara, welcher Fluß bier nad Abend zu läuft, und den Deka aufnimmt. Dieſer koͤmmt aus Suͤdweſt, und theilet ſich fieben Werfte über dem Oſtrog in zween Arme, deven jeder feine eigene Mündung bat. Der untere Arm ergieße ſich zunächft oberhalb des Öftrogs, der andere etliche Werfte weiter oben. Won dem uns tern Arme gebt zunächft oberhalb feiner Mündung noch ein anderer Eleiner Arm gerade in die Angara. Ehe der Woywode von Tenifeist, PafchEoro, diefes Sand einnahm, ſchickete er im Jahre 1652 den Sinbojarsfi Dunajew mit hundert und fünf Sluſchiwie zu Waffer ab, welche zuerft an dem großen Wafferfalle Pedum ‚der dreyßig Werfte une - ter dem Oſtrog iſt, eine Simowje baueten, Der Sinbojarsti gieng mit funfjig Mann die Angara und den Ocka hinauf, bis an einen Fleinen Bach, der von dem Orte, da fih die Ocka vertheilet, ein Paar Werfte höher liegt, und von ihm noch jest Dunaſewa heißt. Hier fegete er mit feinen Leuten an das Sand, um die Gegend und ihre Einwoh⸗ ner zu erforſchen, ließ fich aber von einem großen Schwarme Buräten überfallen, und wurde mit feinem ganzen Gefolge erfehlagen. Da die zurücigebliebenen diefen Unfall erfuhren‘, giengen fie gerade in den obern Arm der Ocka, und-baueren ein Paar Werfle meit über feinem Einfluffe einen Oſtrog. Die Bratski unterwarfen fich zum Scheine, und erbothen ſich, Tribut zu erlegen, bedungen fich aber zugleich, ihn an einen neutralen Orf zu liefern, und ſchlugen dazu die große Inſel vor, welche die beyden Arme der Ocka machen, welches ihnen auch bewilliget ward. Aber die Bratski nahmen .erft die Sluſchiwie freundlich auf, griffen fie hernach an, verfolgeren fie bis an. den untern Arm, wo fie alle erfchlagen wurden, und der daher Krowowaſa Protoka, blutiger Arm, heißt, und verbrannten ben Oſtrog. Doc; drey Jahre hernach, 1655, fehickere mar wieder eine Anzahl Stufchiwie von Jeniſeisk hieber, welche den jeßigen Oſtrog baue: ten, und fo auf ihrer Hut waren, daß affesglücklichgieng. Paſchkow Fam diefes Jahr ſelbſt in dem Oſtrog an, uud brachte hier den Winter zu. Das folgende Jahr sing durch Sibirien. | 237 die Angara hinauf, über den See Baikal, durch den Selenjs und Chilok, bis an Gmelins den Irgen Oſero, und überwinterte in einem Oſtrog, der an dem Chilok, nicht weit Reife. a von dem See lag. Dieſer Oſtrog ward nach der Zeit verlaffen, und gieng bey einem Bran- — de in der Steppe vollends darauf. Im folgenden Jahre 1657 gieng er weiter, und le gete Nertſchinsk an. Bratskoi⸗Oſtrog hält dreyßig Faden ins Gevierte. Auf der Seite gegen die Ocka fer einen großen, und nach der Angara einen kleineren Eingang. Die Gerichesitube Wrikasnaja⸗Isba) ift zur rechten des großen Einganges, Auſ der andern Geite ge gen über ſteht in jedem Winkel des Oſtrogs ein Thurm, worunter alte verfallene ſchwarze Stuben find. In dem Oſtrog ift eine Kirche, einige Vorrathshaͤuſer nebft einem Pulver- und Brannteweinkeller. Außer dem Oſtrog find funfzig Häufer, und fünf Werfte hin- auf fiehe ein Klofter, Spaskoi genannt, welches zu dem Kloſter Wosneſensk zu Ir⸗ kutzk gehörer. . Die Einwohner haben viel Vieh, und verforgen damit die Stadt Ilimsk: gleich- wohl konnten wir für alles Geld kaum fo viel von ihnen erhalten, als nöthig war, um nicht Hungers zu fterben. I Die Bratski, welche die Erbauung diefes Oſtrogs veranlaffet haben, find fat alle von hier weggezogen; hingegen halten fich die Tungufen in diefer Gegend häufig auf. Sie haben kein Vieh, leben in Wäldern, und find fo arm, daß viele nicht einmal Rennthiere haben, auf die Jagd zu geben. Diefe Armuth nöthiger fie, viel mit den Ruf fen umzugehen, deren Sprache fie faft alle verftehen. Sie haben ihre Schaman, wie andere beydnifche Völker: doch hat man ihrer eine große Anzahl getauft. Wir hatten ung faft entfchloffen, Herr Profeffor Muͤller und ich, von bier bis an die Mündung des Ilim, woſelbſt der Cungunska anfängt, zu gehen, von da den Slim hinauf zu fehiffen, um die Wafferfälle ver Angara zu befehen, und zu meffen. Da Wafferfälle wir aber erfuhren, das Eis hätte fich unter denfelben fo aufgebäuft, daß man fie kaum der Angara. Fönne gewahr werden, fo änderten wir diefen Entſchluß, und wollten unfern Weg nach dem erften Entrourfe forefegen. Es find fünf Waſſerfaͤlle der Angara. Der ftärffte heißt Padun, und beſteht aus vier Abfäsen, die zufammen fünf Faden ausmachen. Ein anderer heißt Schamanskoi, und ift fehr gefährlich zu befahren, zumal wenn man hinauf geht, weil er ſehr ſchnell iſt, und die Taue, womit man die Fahrzeuge zieht, leicht veißen, da denn dieſe an den Felſen zerfehmettere werden. Ein anderer ift fehr lang, bis Auf zehen Werſte und beißt Dolgoi⸗ Porog. Bey dem Padun und Schamansk oi⸗ orog muß man die Waaren gemeiniglich ausladen, und am Ufer fortbringen: aber Hinunterfahren geſchieht das ſelten, ſelbſt bey Schamanskoi. Es find Leute, wel⸗ Ge die Fahre über diefe Falle ſehr gut wiſſen, und das, vermindert die Ungluͤcksfaͤlle, die ſonſt Hier fehr Häufig ſeyn würden. Ungeahtet diefer Hinderniffe verfchaffer die Angara Sibirien große Wortheile, weil Nutzen der. fie mie dem Jeniſei und dem See Baikal zufammen hänge. Daher kann man von en für obolsk zu Waffer bis nach Selenginsk fommen, einen Strich von drey und neungig iwirien. erſten ausgenommen , zwiſchen den Fluͤſſen Jeniſei und Ber, Muskowski Molok genannt, wo man zu Lande reifen muß. Ungeachtet die Angara zwiſchen Bergen s fließt, ſo findet man doch von ihrem Ausfluſſe aus dem See Baikal bis an vie Tun— Junska und ſelbſt bis an die Mündung dieſes Faſen fruchtbare und zum Ackerbaue dien⸗ — 93 FT liche 238 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins liche Felder, zumal auf den Inſeln. Die Fichten und Lerchenbaͤume finden ſich haͤufig Reife, am Ufer, und die Inſeln find mie Fichten befeger. Er wirft viele Mufcheln aus, in des 1736. nen fich bisweilen gute Perlen finden follen, und alte Leute geben vor, es fey vor dieſem my unter Bratskoi⸗Oſtrog ein eigentlicher Perlenfang geivefen. Zivar ift er nicht fehr fiſch⸗ reich , aber nad) feiner Vereinigung mit dem lim, wo er den Namen Tungusts an« nimmt, ift er fo voll von Stoͤren und Sterleden, daß er nicht nur diejenigen, weiche an den Ufern wohnen, fondern auch das ganze ilimsfifche Gebiethe und einen Theil des je— niſeikiſchen und irfugfifchen das ganze Jahr lang damit verſieht. Aber die Störe und Sterleden find nur für wohlhabende Leute. Man fänge fie im Winter, wenn der Fluß mit Eife belege ift, worunter fie fich verbergen: aber felbft ihre Eift bringe fie in Ge— fahr, weil fie den Fifchern den Ort verraͤth, wohin fie ihre Zuflucht genommen haben. Fang der Man nimme zu dieſem Fange eine hölzerne Stange, fünf bis fechs Faden lang, an deren Stoͤre. Ende ein Eiſen feſtgemacht wird, welches zween krumme Arme oder Klammern hat, die beynahe rund und etwan einen Finger dick ſind. Dieſe ſtehen in ihrer groͤßten Weite, weiche oben iſt, ungefaͤhr einen halben Schuh von einander, ſind etwan um zween Zoll laͤnger, und an den Enden ſpitzig. Zwiſchen ihnen raget von unten ein Eifen hervor, wel- ches an feinem Ende ein Paar Mefferrücken breit ift, und noch) einen fpisigen Zacken in Ges ftalt eines Nagels bat, welcher zur Befeftigung der Schnur zu dienen fiheint, womit diefes ganze mittlere Eifen, um die Stange deftomehr zu befeftigen, ummunden wird. Mar hauet das Eisauf, und unferfucher, ob Fifche da find; doch mit der Vorſicht, daß man al⸗ femal unten am Fluffe anfängt, weil es nicht mögfich ift, diefe Fifche zu befommen, ohne fie zu verwunden, und die andern, wenn fie das Blut fähen, fliehen würden. Hat mar Fifche angetroffen, fo ſtoͤßt man die Stange fo gerade hinein, als möglich. Der Fifch geht alsdenn von ſich felßft zwifchen die Klammern: und die Mühe, dieer ſich giebt, wies der loszukommen, giebt dem Fifcher vom Fange Nachricht, daß er ihn herauszieht. Er ftöße fo gleich am felbiger Stelle wieder hinein , und fährt damit fo lange fort, bis er Fels nen Fiſch mehr findet, welches ihm zum Zeichen dienet, daß er alle Fifche, die in einer Breite des Fluffes liegen, meggefangen babe. Denn ob er gleich beftändig an einen Orf geftoßen hat, fo will er doch aus der Erfahrung wiffen, daß alle die, welche in einer Breite liegen, in fein Eifen nad) und nad) gefommen find; deswegen auch die Löcher niez mals nach der Breite fondern nach der Laͤnge des Fluffes gemacht. Iſt eine Reihe aus ‚gefangen , fo geht er mit feinem Eifen den Fluß ein wenig weiter hinauf, und verfaͤhrt eben fo, bis die noch übrigen wenigen Fifche, vielleicht weil fie merken, daß ihre Anzahl um ein merfliches abgenommen hat, den Fluß weiter hinauf ziehen. Man fänge wes nigftens hundert bis zwey hundert Störe aufeinmal, und bisweilen Tiegen ihrer taufend an.einer Stelle beyfammen, Den 2sften ließen wir vor Tage unfere Geraͤthſchaft abgehen, wir aber folgeren ge gen Mittage, und Famen um vier Uhr nad) Refhyinstaja, und Abends nach Ana⸗ murskajas Derewna. " Die Bauern in diefer Landſchaft ftehen nicht übel; fie haben Wild im Ueberfluſſe, und die Feldfrüchte gerathen bier auch fehr wohl. Was fie am meiften jagen, find der Roſſomak oder Vielfraß, und der Fuchs, die beyde gutes Pelzwerk haben, doch giebt es meiftens nur rothe Fuͤchſe. Die befte Art, fie zu fangen, ift, daß man ihnen ein Stuͤck Fleiſch mit etwas Sublimat in die Wälder leget denn fo bald fie, davon freſſen, ſollen Fr —* ni durch Sibirien. 239 nicht weiter, als jehen bis zwölf Schritte, gehen Fönnen, Wie man faget, follen fie bis⸗ Graelins weilen fo ſchlau ſehn, daß fie nur das Fleiſch freffen, one den Sublimat anzuruͤhren. Reit. 5 Das Zeil von diefen Füchfen iſt eben fo gut, und die Haare ſtehen eben fo feft, als bey " 2.37% denjenigen, Die man mit ber Büchfe gefchoffen bat. Mir verließen diefen Dre gegen Mitternacht, und Famen durch den Wolock 6) Um ache Uhr des Morgens in einem wegen der Winterreifen gebaueten Haufe (Simow⸗ je) an dem Bache Widin an, der in die Angers fälle. Nicht weit davon hatten mir über einen beſchwerlichen Berg zu fahren. Mad) einem Wege von achtzeben Werften fans den wir einen Baum, in den man ein Paar Kreuze geſchnitten hatte, zum Zeichen, daß Bier der halbe Weg von Anamirska bis Ilimsk ſey. Abends um fehs Uhr waren wir bey Tſchornaſa R, einem fehlechten und faft gänzlich trockenen Fluſſe, an dem eine Si⸗ mowye fellte gebauet werden. Den andern Morgen um acht Uhr Famen wir mit vie⸗ fer Mühe in Ilimsk an. Alle Waldungen, durch die wir gereifet waren, beftunden aus Cedern / Serchenbäumen, weißen und gemeinen Tannen, Fichten, und bin und wieder aus Fichten und Efpen. Wir fahen hier und da Spuren von den Tungufen, welche Eichhörner zu fangen ausgegangen waren, Sie geben auf Liſchi, melches eine Urt Schlittſchuhe ift, die unten fehr breit find, und womit fie über den Schnee hinglit⸗ ſchen, er mag noch ſo tief ſeyn, ohne hinein zu fallen. Man finder hier viele Hermeline und Fuͤchſe, Nennthiere, Elende, Bären und Muskusthiere, welche die Rufen Sei: gi, die Tunguſen aber Miktſchan nennen, find auch im Ueberfluſſe da, Die Stade Ilimsk liegt am nordlichen Ufer des lim, der hier vierzig bis fünf zig Faden breit iſt, in einem Thale, das von hohen Bergen eingefihloffen ift, Die fich von. Morgen nach Abende erſtrecken. Das Thal ift fo ſchmal, daß es, ben Fluß mit darzu gerechnet, nicht hundert Faden in der Breite bat. Seine Sänge beträgt etwan eine Werft. Faſt mitten in der Stadt ift ein hoͤlzerner Oſtrog hundert und zwanzig Baden. long, und vierzig Faden breit, der mit Wach- und Schießthuͤrmen befeftiget ift. In der Feftung ift eine Kirche, die Kanzelley, ein Haus für.den Befehlshaber, das Zollhaus, das Pack⸗ Baus, eine Brannteweinſchenke, eilf Kramläden, ein Salzmagazin, ein Haus ju ber Geld-und Tributcaffe, ein Braunteweinkeller, ein Malzhaus, ein Wachthaus ꝛc. Die Wohnhaͤuſer find ober⸗ und unterhalb der Feſtung gebauet, und ihre Anzahl be⸗ Käufe ſich auf ſieben und ſiebenzig. Don öffentlichen Gebäuden ift unter demfelben eine Kicche ‚ 5100 Schenken und fechs Kornhaͤuſer. An einem Ende der Stadt ift eine Mühe ke, die von dem Kleinen Bache Mikitina, welcher dafelbft in den lim fällt, getrieben. wird. Die Häufer der Einwohner find alle fehr ſchlecht: man darf fich aber nicht wune ⸗ dern, bier ift der Sig der Faulheit. Man thut nichts, als trinken und fehlafen. Die ganze Arbeit diefer Seute beſteht darinnen, daß fie für die Fleinen Thiere Fallen ftellen, für die großen Gruben machen, oder für die Füchfe Sublimat legen; denn. ſie find viel du faul, auf die Jagd zu gehen. Einige ernähren ſich bloß von einer Eleinen Viehzucht, die ihnen ihre Vaͤter binterlaffen haben, und nehmen fich fehr in Acht, das Geld zu be- arbeiten, fondern mierhen dazu die ins Elend bieher geſchickten Ruſſen oder auch Tun⸗ guſen, welche legtern fie gemeiniglich um ihren Sohn betriegen. Die meiften A Slu⸗ ivoie, 63) Wolok bedeutet das Land zwiſchen zween Meg. Wenn der Weg durch unbewohnte Felder Slfen, und öfters einen unbewohnten waldichten geht, fo nennet man. ihn Stepp.. : ; ' — Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins ſchiwie, die aber wenig Dienſte ſelbſt verrichten, und ſich leicht bey ihrem Befehlsha⸗ Reiſe. ber davon loskaufen, oder die Erlaubniß erhalten, zu den vorfallenden Ausrichtungen 1736. jemand anders zu ſchicken. Wenn fie Poſtpſerde ſchaffen muͤſſen, fo fahren fie nicht — elbſt, fondern mierhen verwiefene Nuffen, thun aber in der Stadt nichts anders, als daß fie die Schente befuchen, die deswegen zu aller Zeit, und felbft in der Faſten, von Leuten voll iſt. Zu ihrem Gluͤcke find die Sebensmittel nicht theuer. Denn die obere Gegend des Ilim hat gutes Ackerland, und die Stadt wird noch über diefes mit Korne und Viehe von der Gegend des Bratskoi⸗Oſtrogs, und mit Fifchen von der Tunguska reichlich verſorget. Die Berrichtungen des Herrn Profeffor Muͤllers nöthigten uns, lange zu Ilimsk zu bleiben. Ich brachte meine Zeit zu, Die Tunguſen Eennen zu lernen, die fich in dies fer Gegend fehr häufig finden. Ihre Jurten find fait alle denen ähnlich, Die ich fehon befchrieben habe. Sie be ſtehen aus Stangen, die in die Runde geſetzet, und mit zuſammen genaͤheten Birkenrin« den bededer find. An der Spige iſt eine Deffnung von ungefähr zween Schuhen, wodurch der Rauch feinen Ausgang. findet. Der Eingang ift in den Wäldern gemeiniglich gegen ben Weg, und in der Ebene gegen den Fluß gerichtet und mit Ihierfellen behangen. Wenn fie das fand verlaffen, fo nehmen fie nichts, als die Birfenrinde, mit fih« Sie fehen von Gefichte den Bratski und Tungufen von Meltſchinsk fehr gleich; vieleder« felden aber find überdieß im Gefichte mit drey bis vier blauen Strichen ausgezieret, die von dem aͤußern Augenwinkel bis an den Mund geben, und mit andern, die queer über die Stirne gezogen find. Diefe Zierratben zu verfertigen, erfordert eine gewiffe Gefchicke lichkeit, Die nur wenige unter ihnen befißen. Die ilimskiſchen Tunguſen find ein unteinliches grobes Volk. Sie haben nicht „viel $after, aber mehr deswegen, meil fie das Böfe nicht kennen; denn wenn fie in Die Staͤdte kommen, fo befaufen fie fich fo arg, als die Ruſſen. Won diefen werden fie für dumm gehalten: aber ich habe gefunden, Daß es ihnen nicht an Geſchicke fehler, fich alles Morhwendige zu verſchaffen. r Sonft leben die Tungufen im Winter allein von der Jagd, und das ift die Urs fache, warum fie ihre Wohnung fo oft ändern. Alsdenngebrauchen fie die Rennthiere, entweder ihr Gerärh zu tragen, oder fpannen fie vor einen leichten Schlitten. Sie legen ihnen ein Stüf Woelod auf den Rücken, und darüber ein Paar ſchmale Bretter ungefähr anderthalben Schuh lang, die unfer ſich mit einem dünnen Knochen, melcher faft wie der Steg an einer Geige ausgefchnitten ift, und etwan vier Zoll in die Höhe ſteht, ver⸗ bunden find. Hierauf binden fie entweder ihr Geräth, oder lafjen die Kinder und Frans Eon Weiber darauf ſitzen. Man darf die Rennthiere nicht fehr beladen, aber fie geben geſchwind. Der Zaum beftcht aus einem Riemen, der um den Hals des Thieres geht? und der Schnee mag fo tief feyn, als er will, fo fallen fie nicht hinein; welches zum Theile - daher koͤmmt, daß fie ihre Klauen im Gehen weit auseinander dehnen, theils daß fie dies felben etwas in die Höhe halten, und auf den Schnee fehief auftreten. Langen die Reun⸗ thiere nicht zu, alles zu fragen, fo fpannet fich der Tungufe felbft vor einen feichten Schlitten. Sind fie an dem Drte angefommen, den fie eine Zeitlang bewohnen wollen, fo richten fie ihre Hüften auf, und gehen auf breiten Schlittfehuhen auf die Jagd. Fin den fie fein Wild mehr, fo begeben fie fid mit ihrer Familie in eine andere Gegend, ie e durch Sibirien | 241 ſo leben fie den ganzen Winter durch. Die befte Zeit zur Jagd ift vom Anfange des Gmelins Jahres bis zum März, weil alsdenn wenig Schnee fällt, und die Fußtapfen der Thiere Reife, darauf Länger zu fehen find. Im Sommer und Herbfte ernäbven ſie ſich faft allein mit 17 36. iſchen, und fehlagen zu dem Ende ihre Jurten an den Fluͤſſen auf. Dabey laſſen fie , ie Jagd nicht ganz liegen, ſondern lauren vielmehr dem Wilde in denen Gegenden auf, wo es Salzbluhmen giebt, weilfie wiffen, daß fie fich da gern finden laſſen. Sie richten ſich ſelbſt Kaͤhne zu, die nach dem Verhaͤltniſſe ihrer Laͤnge ſehr ſchmal, und an beyden Enden ſpitzig ſind. Die groͤßten ſind kaum viertehalb Faden lang, und betragen in ihrer groͤßten Breite, die in der Mitte iſt, ein Arſchin. Ihre kleinen Bar— ken ſind ungefaͤhr einen Faden lang, und haben ſechs Werſchok 64) in der Breite. Sie ſind von zuſammen geneheten Birkenrinden gemacht, und damit ſie nicht Waſſer ſchoͤpfen, an den Naͤthen, und überall, two Riſſe find, mit Theere beſtrichen. Der Rand ift mit ſolchem Holze, wie man zu Reifen brauche, eingefaffer. Dergleichen Rei« fen fommen auch ‚in die Breite des Kahries, und andere, die diefe durchfchneiden, lies gen in der fänge, zu mehrerer Befeftigung, hart an einander. In den größten Kaͤh— nen Fönnen vier Perfonen figen, in den Fleinen nur eine. Sie fahren darinnen die Flüffe mit erftaunender Gefchwindigfeit auf und ab: und wenn fie Luſt haben, in einen benad)- barten Fluß in der Mähe zu gehen, fo nehmen fie den Kahn auf die Schultern, und tra- gen ihn zu Sande, bis es ihnen gefällt, fich wieder ins Waffer zu laffen. So viel ver Kahn Seute hat, fo viele Ruder hat er auch. Dieſe find an beyden Enden breit, denn man rudert und fteuret Damit, und folglich muß man fie bald auf einer, bald auf der andern Seite anlegen. Sie bedienen ſich gewöhnlicher Netze, und bey ihrem Fiſchfange iſt nichts befonderes zu merken, : Die ilimstifchen Tungufen find meiftens fehr arm. Wenige haben mehr, als echs Rennthiere, und mer ihrer funfzig befist, wird für ſehr reich gehalten, weil bierin- hen ihe ganzes Vermögen befteht. Ihre Kleidung iſt ganz ungefünftelt. Sie tragen eftändig einen Pelz von Rennthierfellen auf dem bloßen $eibe, davon das Rauche aus— wendig gekehrt iſt, und der ein wenig über die Knie gehe. Vorn ift er mit Riemen zus gebunden. Die Weiber tragen dergleichen, nur daß das Rauche inwendig ift. Wenn fie fich pußen wollen, fo haben fie noch einen Oberroc von Rebfellen, das Rauche auss aͤrts, der nur bis an die Hüften reicher, und auf der Bruft offen ift. Ihre Religion erfauber die Vielweiberey, aber die Armuth hindert fie, mehr als ei- Ne Frau zu nehmen. Der Gebräuche bey ihren Heurathen find wenig, Der Tungufe enfer den Aeltern der Braut, wenn er um fie wirbt, eine gewiſſe Anzahl Rennthiere Ver Felle , nach feinem Vermögen. Werden diefe angenommen, fo führet er die Brauf Nah Haufe. Ihre Weiber müffen ‚für die Nennthiere forgen , fie in den nöthigen an vom Felde herholen, und ‚die Wirthſchaft führen , wenn der Mann auf der agd iſt. Sie ſetzen ihre Todten an einem abgelegenen Orte auf einen Baum, oder loß auf die Erde: wenn ſie ihm aber die groͤßte Ehre erzeigen wollen auf ein hoͤl⸗ zernes Geruͤſt. In allen dieſen Fällen bedecken fie den Leichnam mie Holze ra Ge BD ſtraͤuche 64) Ein Werfchok ift der fechzehente Theil von einem Arfebin. ‘ Allgem. Reifebefehr. XIX Band, 55 ; Gmelins Reiſe. 1736. — — 242 | Reife nach Kamtſchatka fträuche, damit er niche den Vögeln zum Raube werde, und legen feinen Bogen, feine Pfeile, nebft anderem Geraͤthe, darneben, Ihre Religion ift von den Tunguſen bey Nertſchinsk darinnen unterſchieden, daß jene von den Bratski und Mongolen vieles angenommen haben, welches dieſen ganz unbekannt iſt. Sie haben hölzerne Goͤtzen, die fie fetbft ſchnitzen, fo gut fie koͤn⸗ nen, und die oft einen halben Arſchin lang find. An diefe richten fie Abends und fruͤh ihr Gebeth, um eine glückliche Jagd oder reichen Fifchzug zu erhalten, welches ihr gan- zer Wunſch iſt. Sie opfern dem Teufel das erſte Thier, welches fie. auf der Jagd er: legt haben , indem fie das Fleiſch auf der Stelle freffen, die Haut zu ihrem Gebrauche behalten, und die Knochen, als des Teufels Antheil, aufein Geräft ausfegen. Man muß geftehen, daß fie nicht dumm find, und den Teufel bewirthen, wie er es verbienet, Iſt die Jagd glücklich, fo ftatten fie bey der Ruͤckkunft in ihre Jurten ihrem Goͤtzen Dank ab, liebkoſen ihn, und geben ihm von dent Blute der erbeutcten Thiere zu koſten. Iſt aber die Jagd nicht glücklich ausgefallen, fo muß er dafür buͤßen, und fih mit Unwillen aus einem Winfel der Jurte in den andern werfen laffen. Bisweilen läßt man ihn. eis ne lange Zeit ohne die geringfie Verehrung, und find fie fehr auf ihn erzuͤrnt, fo wird er ins Waffer getragen und erfänft. Im Sabre 1641 oder 1642 baueten die Einwohner von Jeniſeisk den erften Oftrog etwas über dem gegenwärtigen. Er lag am Fluffe, in einer fo fehmalen Gegend, daß vom Fuße des Berges bis an den Ilim niche mehr als geben Faden waren, Wegen diefer unbequemen Lage warb er. im Jahre 1647 wieder verlaffen, und dafür die Stadt Ilimsk gebauet. Esift von dem erften Oftrog nichts, als eine Kirche und fieben Häufer, übrig geblieben, welche ein Dorf ausmachen, durch das wir den 24ten März bey unferer Abreife aus Ilimek giengen. Am Ende diefes Dorfes Ienfeten wir ung linfer Hand, um durch die Waldung auf die Berge zu fommen, diedenen, durch welche wir hieher ge teifer waren, ganz ähnlich waren. Denfelbigen Tag erreicheren wir um fieben Uhr Abends die erfte Simowje, die nicht weit von der Quelle eines Baches liegt, welcher in die Muka falle. Hier brach fen wir die Nacht zu. Der Bauer, der darinnen wohnete, trieb Feinen Feldbau, weil die Sibirier ein Bedenken fragen, eine Waldung in Ackerland zu verwandeln, Den ꝛgſten um zehn Uhr kamen wir bey Wugkoi, Dioebifchtfche - Simonje an, die an det Muka liege, welche nicht weit von Bier in die Kupa fälle. Hier find fonft die Fahr: zeuge und Floͤße gebauet worden, mit denen man Mehl und Korn an die Lena fehaffet; und daher koͤmmt der Name Plotbiſchtſche. Jetzt werden fie an dem Lena felbft ver fertiger, weil man fie auf den Fleinen Flüffen zu muͤhſam ferebringen mußte, Wir folge: sen dem Ufer der Kupa sehen Werfte lang, bis an ihren Einfluß in ven Ruta, und Famen in das Dorf Kaimonowskaja, nachdem wir mie dem gefrorenen Quellwaſſer viel Beſchwerlichkeit gehabt harten. Den 26ſten fegeten wir mit fruͤhem Tage unfern Weg längft an dem Ufer des Kuta fort, und kamen Nachmittages an die Salzquellen, welche das ganze ilimsfifche Gebieth verſehen. Es find ihrer zwo, nicht weit von einander, Die unterſte heiße Oſerko / und iſt anderthalb Faden im Durchſchnitte; die andere aber hält nur einen Auſchin in der Breite, So oft der Oſerko ſtark fließe, ift die andere Quelle ſchwach, und fo umge kehrt, woraus man vermuthen kann, daß fie unter ſich zufammen hängen. Ich u durch Sibirien | 243 die. kleine Duelle nicht ſehen, weil fie ganz mit Schnee bedeckt war. Der kleine See um Emeline die große Quelle war auch gefroren. ch verſuchete das Waſſer, und fand, daß ein Reiſe. Pfund nicht viel über drey doth Salz hieit. Ueber die große Quelle iſt ein Kaſten, durch 173% Welchen das Wafler beraufgezogen wird. Won da geht eine Rinne bis in die Kote, die —— ungefaͤhr zehen Faden davon liegt, in welche das aufgezogene Waſſer eingegoſſen wird, und von da läuft es gerade in die Salzpfanne. Dieſe iſt von Eiſen, haͤngt an großen Balken, und darunter wird Feuer von Holze angelegt. Die beyden erſten Male, wenn man in einer neuen Pfanne kochet, wird das Salz grau, und man bekoͤmmt alsdenn ge— meiniglich in vier und zwanzig Stunden nicht uͤber zwanzig bis fuͤnf und zwanzig Pud Salz, weil die Pfanne, die nicht über ſechs Jahre dauret, anfangs laͤcket. Wenn aber alle Oeffnungen verftopfer find, und fich in der Pfanne eine Rinde Salz angeleger Hat, fo wird das Salz fihneeweiß, und man bekoͤmmt in vier und zwanzig Stunden wenigftens ſechzig Pud, in welcher Zeit zum wenigften acht hundert upd fieben vierzig Wiedro Waſ⸗ fer eingekocht werden muͤſſen; denn es ſetzet fich jedesmal im Grunde eine Art von weißem Sande, der zwar noch falzig ift, aber als unnuͤtz weggeworfen wird, Dieſer Sand feger fich bey jedesmaligem Kochen eines Fingers did, und manbrauchet ihn in den Ku— pferwerfen bey SelenginsE, um bie firengen Erzte zu bändigen. Diefes Salz wird auf der Stelle, zu Ilimsk und in der ganzen Gegend, von der Krone verkauft, Die Salzquellen find mit überflüßigem Holze umgeben, welches zur Förderung des Salzes ſehr vortheilhaft ift. Und weil daſelbſt aud) gutes Ackerland ift, fo hat man zunaͤchſt un⸗ fer der Kote ein Dorf angelegt, Uſſelskaja⸗Derewna, das ftarf bewohnt ift. Don da reifeten wir noch ein Paar Werfte an der Kuta, und erreicheten gegen Abend Lift KRutskoi⸗Oſtrog, gemeiniglich Uſt⸗Kut genannt, welches an den Fluͤſſen Kuta und ena erbauet iſt. Die Fluͤſſe, über welche wir fuhren, waren ſchon an vielen Orten fen, fo daß wir uns bey Macht nicht darüber getraueten. So gern mir auch einige age ausgeruhet hätten, fo erlaubete es doch die Jahreszeit nicht, Die ſchon zu weit ver- fen war. Wir hielten es für dienlih, den Lena wieder hinauf zu gehen, weil —9* nicht wußten, ob wir bey unſerer Ruͤckreiſe dieſe Oerter wieder vorbey kommen vürden. Uſt⸗Kutskoi⸗Oſtrog war fonft der Hauptort, durch welchen die Gemeinfchaft wiſchen Jakutzk und den mehr wefttichen Theilen Sibiviens unterhalten wurde. Es war der Stapel, wohin alle Waaren ſowohl von Jakutzk nach) Ilimsk, als von Ilimsk nach Jakutzk gebracht wurden. Daſelbſt allein wurden die Schiffe, die man zur Reiſe auf dem Lena brauchet, verfertiget. Es iſt auch noch der kuͤrzeſte Weg von Jeniſeisk aus; denn man geht die Tunguska Dis an die Muͤndung des Ilim hinauf, von da bringe man die Waaren in Kaͤhnen bis nach Ilimsk. Im Winter geht man mit Schlitten hier⸗ er, und mit aufgehendem Waſſer bis nad) Jakutzk. Die Hauptleute, Herr Span- genberg und Tſchirikow, nahmen dieſen Weg in den Jahren 1734 und 1735. Seit⸗ em aber Irkunk gebauet iſt, geht man von dort gerade nach dem Lena, welches zu Lande nicht viel über zweyhundert Werſte austraͤgt, und der Weg iſt meiſtens eben und bequem, ſolglich werden jetzo faſt eben fo viel Schiffe zu Katſchega, Wercholensk und Tuturs⸗ aja⸗Sloboda , als zu Uſt⸗Kut, erbauet. Die Kaufleute wählen auch meiſtens dieſen Weg Na Jakugk, weil fie vorher nach Kſaͤchta , und von da auf Winterwegen über das baikaliſche Gebirge gerade nad) Ratſchega reiſen. Sie finden es nuͤtzlicher, den meiſten Be — Hh 2 Theil Smelins Zeiſe. 1736. 8 244 Reiſe nach Kamtſchatka Theil ihrer Waaren vorher in Kjaͤchta abzuſetzen, und mit dem Ausſchuſſe nach Ja⸗ kutzk zu reifen, den fie daſelbſt eher, als an andern Orten, los werden, wo auch 'gufe Waaren zu Haben find. Der Oftrog Uſt-Kut ift ein bloßer Zaun, etwan funfzehn Baden ins Gevierte, in deffen Mitte eine Kirche ftehr. Wir blieben den 27ften hier liegen, und ließen den Studenten Tretjakow zurück, um bas Wetter zu beobachten. Den 2gften gegen Mittag veifeten wir ab, und fuhren beftändig auf dem Lena. Wir giengen drey Dörfer vorbey, die aber alle nicht mehr, als zwey oder drey Häufer, hatten, weil Fein Ackerland fir mehrere Häufer vorhanden ift. Das legte von dieſen dreyen Dörfern, welches fieben und vierzig Werfte von Uſt⸗Kut liegt, beißt Riga, wie die Stadt in Siefland. _ Des Abends um neun Uhr kamen wir nad) Sinuſchkina⸗Derewna, wo wir übernachteten. Den folgenden Tag famen wir bey eben ſo fhlechren Dörfern, als die vorigen, vorbey, und erreicheren um eilf Uhr Mittages Skoknina⸗ Derewng, wo wir Pferde wechfelten. Nachmittages fahen wir noch drey Dör- fer, wovon das legte fünf und zwanzig Werſte von Skoknina, Raraffowa oder Wuͤ⸗ ſokuͤch heißt, und aus fechs Häufern beſteht, die alle von einem einzigen Bauer für ſich, feine Kinder und Enfel, erbauet find. Gegen fieben Uhr des Abends famen wir nach Orlenskaſa Sloboda, die ihren Namen von dem Fluffe Örlenga bat, weil er bier in den Lens fälle. Den andern Tag waren wir nicht lange gereifer, fo jeigete man uns an dem öftlichen Ufer des Lens eine Hütte, die man Plawilnoi⸗Sarrai (Schmelz huͤtte) nennet. Wir fanden, als wir dahin ritten, eine Hütte, die mit Birkenrinden bedecft war. Syn derfelben war ein Ofen, an Geftalt und Größe, wie der griechifche ä Dfen zu Argum, gebauet. in anderer Fleinerer fund darneben , wie die Handoͤfen, worinnen die ſibiriſchen Schmiede Eiſen ſchmelzen. Das Erzt welches darinnen pro- biret wurde, lag in der Huͤtte in kleinen Haufen herum. Das eine ſollte ein Silbererzt ſeyn, und ſah einem eingeſprengeten Glanze gleich, hielt aber nichts anders ‚ als-auf den Zentner ein Paar Loth Eifen, welches jedoch von ungemeiner Güte ſeyn ſoll. Dasan dere war ein armes Kupfererzt, und Feines von beyden verdienere, gefördert zu werden. Wir holeren bald unfere Gefellfchaft ein, und Famen endlich den Abend um acht Uhr nad) Tomfehrfehinich. Den folgenden Tag-um zehn Uhr des Morgens kamen wir nad) Botowskaſa⸗ Derewna, wohin ung aus Uſt⸗Jiga und einigen andern Orten Pferde ent- gegen gefchicft wurden. Des Abends um neun Uhr, nachdem wir vorher etliche Wer- fie durch einen dünnen Birfenwald und über Felder gegangen waren, kamen wir in Uſt⸗ Ilginskaja⸗ Derevong an. Der Fluß Lens, auf welchem wir von Uſt⸗Kut an beftändig gefabren waren, mar ſchon an vielen Orten offen; je höher wir aber Famen, defto ſchlim⸗ mer ward die Fahrt. Bir fuhren von Lift» Kur an meiftens zwifchen Welt: und Suͤdweſten, an eini⸗ gen Orten aber hatte der Fluß ftarfe Krümmungen. Unterwegens ließen wir ziemlid viel Dörfer liegen, die zum Xheile nur aus einem einzigen Haufe beftunden; denn die Berge lagen meiftens Dicht an dem Ufer, und an einigen Stellen, wo fie Feine Berge fanden, war ftarfe Waldung. Kein fibirifcher Bauer aber trauer ih, arg egen, 65) Das ift der Polatuche oder Polatacha fchichteder Natur beſchreibt, T. XX. der Aus? der Ruſſen, welchen Herr Buͤffon in feiner Ges gabe in 12 p. 124, i durch Sibirien, > 245. legen, wo er es von der Natur nicht ſchon gemacht ſindet. Es muß ein freyes Feld mit guter Gmelins ſchwarzer Erde da ſeyn, oder die Bäume darauf ſehr duͤnne ſtehen. Nur an folchen Reife. — Stellen trifft man Doͤrfer an, und da es ihrer wenig giebt, die mehr als einen Bauer DE De mit feiner Familie ernähren Fönnen, fo beftehen die Dörfer gemeiniglich nur aus eis nem Haufe, In allen Dörfern, durch die wir giengen , fahen wir Die Bauern fehr mit’ dem Eich- hoͤrnerfange befchäfftiger, die in diefer Gegend häufig find. Sie bedienen ſich darzu einer Balle, die fie Plaſchka nennen. Sie wird auf den Baum gefegt, und ein Stuͤckchen gedörrerer Fiſch zur Sockfpeife daran gebunden. Denn weder Fleiſch, noch frifcher Fiſch, dienet dazu. -Mancher Bauer bat tauſend dergleichen Fallen, und der Hauptſang ges fhieht vom Anfange des Märzes bis in vie Mirte des Aprils. Zu folcher Zeit halten fic) h die Bauern ſtets in den Wäldern auf, um aufihre Fallen Achtung zu haben. Diefih aber mit wenigern begnügen laſſen, fonderlich, wenn ihre Fallen in der Nähe find, ge- ben alle fünf bis fehs Tage einmal aus ihrem Dorfe, um ihre Fallen zu befehen, und wieder zu ftellen. Man Fann denfen, wie einträglich diefe Jagd ift, da ſich manche Ar— beitsleute von den Bauern auf ein Jahr mierhen laffen, und mit dem dritten Theile des Fanges zufrieden find, oder dafür fünf und zwanzig Rubel jährlich , nebft der Koft, be kommen. Obgleich die Eichhörner in diefer Gegend nicht die beſten find, fo füchen fie doch die Kaufleute aus Irkutzk einander ivegzunehmen. Man fängt auch oft in diefen Falten fliegende Eichhoͤner. Beyde Arten haben nichts Aehnliches, als den Namen und die Gewohnheit, auf die Bäume zu Flettern. Die Geftalt des Leibes iſt bey ihnen ganz verſchieden. Das fliegende Eichhorn 65) gleicht mehr einer Ratte. Darinnen find fie Hauptfächlich unterfchieden, daß fie zwiſchen den vordern und hintern Füßen zu beyden ‚Seiten ein jiarfes Fell Haben, welches fie ausfpannen oder nachlaffen, und dadurch ein wehig fliegen Finnen. Ihr Schwanz ift auch von dem eigentlichen Eichhorne verfchie- den, zumal in der Farbe. ‚Wir entfchloffen uns, in Uſt⸗Ilga das Aufgehen des Fluffes zu erwarten, und hoffe ten, die Feldmeſſer, Swiſtunow und Kraſſilnikow, bier zu finden, welche,’ zu Folge der ihnen vom Herren Profeffor de la Croyere gegebenen Anweifung , bier feyn ſollten: aber ſie beſucheten uns erft drey Tage nad) unferer Ankunft. Sie hatten Ilginskoi⸗ Oſtrog, welches etliche und dreyßig Werfte von bier an der Ilga liege, zu ihrer Mob: nung bequemer gefünden, und veifeten aud) den zten April wieder dahin. Das Dorf, wo wir unfern Aufenthalt nahmen, hatte ungefähr funfzehn Wohnhäufer, und _meiftens folche ſchwarze Stuben, welche die beften Quartiere in Ilimsk überrrefien. Die Ein, wohner leben von der Viehzucht, dem Aderbaue, und dem Fange der Eichhörner, Rebe und Biſamthiere. Zu den Eichhörnern bedienen fie ſich der jetztgedachten Fallen. Die eyden leßtern jagen fie mit Hunden, und ſuchen fie in enge Thäler zu treiben , allwo ſich diefe Thiere in denen von ihnen gelegeten Schlingen verwickeln. Im Sommer fiel- len fie ihnen an ſolchen Dertern nach, wo e3 Salz giebt, wovon diefe Thiere große $ieb> daber find, oder fangen fie auch in Fallen 66), Zur Lockſpeiſe gebrauchen die Jäger für die Hafen Efpenfträuche, für die Auerhähne die Beeren des Wachholders, oder auch —— Hh3— Kraͤuſel⸗ 66) Herr Gmelin beſchreibt bier dieſe Fallen aͤlle Kleinigkeiten angefuͤhret find, nicht vermiſſen. ſehr umſtaͤndlich· Wir haben geglaubt, unſer⸗Le. Wer ein Liebhaber von Mafchinen ift, wird fie in er würden diefe weitlänftige Beichreibung, in der dem Originale ſuchen. : Smelins Reiſe. 1736. 246 Reiſe nach Kamtſchatka Kraͤuſelbeeren 67); fuͤr die Fuͤchſe wird hier und da Fleiſch aufgehangen; den Bieſam⸗ thieren legen ſie eben den Moos, den die Rennthiere freſſen, oder die Tannenſtraͤuche, wor⸗ an er waͤchſt. 2303 Die Tunguſen fangen die Rehe und Biſamthiere noch auf eine andere Art. Die ‚ungen derfelben geben, mern fie fich verlaufen haben, einen befondern Ton von ſich, ihre Mütter zu rufen. Das machet es den Tunguſen leicht, fie zu fangen, wenn es nämlich im Sommer iſt. Sie wiſſen mit einem Stüde zufammengelegeter Birkenrinde dieſen Ton fo nachzumachen , daf die Thiere darnach Saufen, als wenn er natürlich waͤ⸗ re, und dann iſt es ihnen leiche, fie mit Pfeilen zu ſchießen. . Moch einer Art bedie— nen fie ſich zu allen Zeiten, und vornehmlich in engen Thaͤlern; es find Bogen, die von. ſich felbft-fchießen. Der Bogen, der von einem gewöhnlichen nicht unterfchieden iſt, ru⸗ het auf einem plattgeſchnittenen Holze, deſſen Schaͤrfen uͤber und unter ſich ſtehen. Es iſt mit einem ausgeſpanneten Pfeile verſehen, der mit Pferdehaaren fo geſtellet iſt, daß wenn das Thier noch ſo wenig an ein Haar ruͤhret, das es kaum ſehen kann, ſo geht der Pfeil los, und trifft es an den Kopf. (Die beygefuͤgte Figur 68) wird dieſe Selbſtſchuͤſſe begreiflicher machen, als die lan⸗ ge und ermuͤdende Beſchreibung des Herrn Gmelin, womit wir. dem Leſer nicht beſchwer⸗ lich fallen wollen). Jun Die Ruſſen Diefer Gegend haben diefe Art von den Tunguſen ‚auch angenommen, aber mit einigen Veraͤnderungen, die nicht ſehr vortheilhaft find , weil ihre Maſchine mehr Bewegung noͤthig hat, als der Tunguſen ihre, und das Thier mehr in den Leib, als an den Kopf getroffen wird. x Waͤhrend unferes Auſenthaltes in Lift ⸗Ilga gieng nichts Merfwärdiges vor, Wir ſahen, daß die in allen Städten Sibirien gemeine Sebensart auch bier herrfchere, Der Branntewein, ber bier verfaufer wird, könmt von Ilginskoi⸗ Oſtrog, und iſt des⸗ wegen nicht allemal zu haben; und alsdenn muß man worten, bis es dem über den Branntewein gefesten Commiſſar gefaͤllt, welchen zu ſchicken. So bald er aber ans koͤmmt, iſt die Schenfe voll, und wird ſelten eher Teer, als bis alfeg ausgetrunfen ift. Zus weilen wird auch in eben der Schenfe-Bier gebrauet; und wern eg nur einen halben Tag alt ift, fo Eann Die Schenke nicht eher zugefehloffen werden, als bis eg aus iſt. Bisweilen giebt es Gelegenheiten zu trinken, wo weder Bier noch Branntewein in der Schenke iſt, wie hier am ızten April geſchah. An diefem Tage droſchen bie Bauern ihr Korn vom porigen Jahre, weil der Fluß nicht länger würde feyn zugeftoren geblieben. Denn fie dreſchen alles auf den Fluffe, der am ebenften ift, und faden alle Vorbeygehende ein, ihnen zu helfen. Nun iſt dev. Gebrauch, die geholfen haben, Abends mit Biere zu be wirthen. Daher brauet ein jeder Hauswirth um dieſe Zeir ‚ und die Helfer Fönnen frin- ken, fo viel.als fie immer wollen, fo daß man alsdenn felten einen nüchternen Menfchen ſieht. Die Soldaten, die wir zur Bedeckung bey ung hatten, macheten es eben fo, und es währete wohl Brey bis vier Tage, che wir die Lute wieder zur Vernunft bringen konn⸗ ten. Denn einmal ift es gewiß, daß ein Sibiriaf feine Gelegenheit zu faufen * laßt, en) Vaccinium foliis perennanfbus obverfe 68) aaa iſt der Bogen mit feiner Sehne, bb oyatis. Zinn. ſlor. Lapp.ı44. Cliff.148; Ray. ein Rebel, mit dem man den, Bogen fpannet 5 P- 239. i ' e die Schnur, worander Ruebel hält; da der Bid 3 . : cee "ren: zier dur Sibirien. 247 laͤßt, und wenn er auch deswegen zu feinem ärgfien Feinde gehen ſollte. Man hat mich Gmelins verſichert, daß, da die Dreſcher fein Bier mehr gehabt haͤtten, fo haͤtten fie noch die Reife. Hefen mit größter Begierde eingefchluckt 5 denn ihnen efele vor nichts, wenn ſie nur voll, 773 6. werden, Gegen die Dfterfeyertage waren die Bauten fehr befümmert, daß fein Brann⸗ — tewein in der Schenke war. Der Fluß war noch nicht offen; man konnte ihn auch nicht mehr mit Schlitten befahren: folglich blieb Fein ander Mittel übrig, als den Brannte⸗ ‚wein zu Pferde mit großer Mühe längft dem Ufer des Ilga herzubringen. Weil nur der Commiffarius diefes auf kaiſerliche Unköften nicht thun wollte, fü entſchloſſen fich eini⸗ ge Bauern, ibn felbft auf ihre eigenen Unfoften holen zu laſſen. Zu gleicher Zeit hatte auch jeder Hauswirth wieder Bier gebrauet, und das Saufen nahm den Oftertag früß um acht Uhr feinen Anfang. -Das Dorf bat feine Kirche, fondern nur eine Kapelle, Die ein Djatſchok verſieht, welches ein Kirchendiener unter dem Priefter if. Weil dieſer eben fo begierig zu faufen war, als die andern, fo ließ er den Gottesdienſt, der erft um acht Uhr angeben follte, um fechs Uhr anfangen. Diefes Saufen Daurete fünf bis fechs Tage in einem fort, Und da war Fein Einhalt zu thun. Wir fahen auch bey unſerer Mannſchaft aͤrgerliche Folgen darvonz denn weder Strafen noch Warnen hilft ewası Aber fo wie es in Uft⸗Ilga gieng, fo machete man es in dam Oſtrog noch weit ärger, weil man da den Branritewein näher hatte, Die Bauern foffen, fpieleten in der Karte, und da ſoll es ſich öfters zutragen, daß einer fein letztes Mehl, und endlich auch den Rock, den er auf dem Libe hat, verfpielt, . Den zoften April gieng der Ilga, und den 4ten May der Lena auf. Wir ers warteten nun mit Schmerzen diejenigen von umferer Gefellfchaft, die wir in Werchos lensk und Batſchega zuruͤckgelaſſen hatten, damit wir die Zeit zureifen nicht verfäumeten. Die Einwohner willen fie wohl in Acht zu neßmen. Die befte Zeit ift gleich nach dem Aufgehen des’ Fluffes; denn das Eis, welches Darauf herunterwaͤrts treibt, verſtopfet hin und wieder den Weg, und davon ſchwellen die Waffer in den obern Gegenden ungemein auf. Es gefihiehe dieſes ale Jahre, doch ein Jahr mehr, als das andere; ja zuweilen werden dadurch große Ueberſchwemmungen verutfacher, Wenn diefe Zeit vorbey tft, fü wächft das Waſſer vondem Schnee, der auf den Bergen ſchmilzt, oder von dem Regen, der alsdenn nicht ungewöhnlichift, wiederumfehr ftarf an. Solcher Geſtalt ift die Fahrt den ganzen May bindurch ziemlich bequem, vornehmlich. aber im Anfange des Monates, weil die Waffer einen defto fehnelleen Lauf haben, je mehr fie zunehmen, Wir machten alfo alle Anftalten zu einer ſchleunigen Abreife, da unterdeffen Die Kanzelley, welche ſcharfe Befehle hatte, uns fort zubringen, fich faſt nicht die geringfte Mühe gab. | Der Feldmeſſer Rraſſilnikow kam den fünfzehenten May aus Jiginskoi⸗ Oſtrog, und den ıgten auch der andere, Swistunow. Sie brachten drey Fahrzeuge mit, die dort für unfere Geſellſchaft waren gebauer worden. Den 22ften fam auch Herr la Croye⸗ te von Katſchega und Wercholensk, mit unferm übrigen Gefolge, fo daß die ganze akademiſche Geſellſchaft beyſammen war, nebft den für fie verferrigten Fahrzeugen: Die- ſe beſtunden in fechs Doſchtſchenniken und fechs Kaſuͤcken, welches kleinere Doſcht⸗ ey 5— ra ſchenni⸗ ee ein Stuͤck Holz, auf welchem der Bogen, liegts. wird; bein Hoͤlzchen/ mit einem Roßhaare q wel⸗ das Haar, welches den Knebel vor ſich zieht 8 ches über den: Weg, geſpannet iſt. das Holzchen, durch welches das Roßhaar gezogen Gmelins Reife, 1735. u 248 er BR Reiſe nach Kamtſchatka ſchenniken ſind. Nur fehlete es noch an Leuten, die fie fuͤhren ſollten. Das See⸗Com⸗ mando, welches im vorigen Jahre abgegangen war, hatte zu jeder Doſchtſchennike zwoͤlf Arbeiter und zween Steuermaͤnner, und zu jeder Kajuͤcke ſechs Arbeiter und zween Steuermänner gehabt, und hiernach mußten wir unerfabrenen Seeleute uns richten. Die irkutzkiſche Kanzelley meldete ung “zwar, daß ſie uns ſechs und neunzig Mann geſchickt hätte: aber drey und zwanzig dafige Slufchiwie, die unter der Zahl ſeyn follten, haben wir nie gefeben. Wir waren alfo gezwungen, diefe, und die übrigen Leute, welcheuns fehle- ten, mit Bauern zu erfegen, welches wir fehr ungern thaten: denn diefe Gegenden find noch nicht fo. bevölfere, daß funfzig Mann weniger nicht darinnen eine große Luͤcke ma- chen ſollten. Wer bauet das sand, wenn die Bauern zu andern Dienften gebrauchee werden? Die Krone häle die Sluſchiwie zu dergleichen Arbeiten und Verſchickungen: aber fie kaufen ſich davon los, und gehen nur dahin, wo etwas zu gewinnen ift, welches ihnen ihre: Befehlshaber leicht erlauben, die-Feine andere Abfichten haben, als ſich zu bereichern. Wir ſahen, ſeitdem das Waſſer aufgegangen war, täglich viele Floͤße Uſt⸗Ilga vorbey gehen. Die Leute find hier viel zu faul, als daß fie Fahrzeuge bauen follten. Sie pflegen alle Jahre eine Menge Mehl nach Jakutzk zu führen, weil es bafelbft theurer verkauft werden Fann, Ein Floß zu bauen, koſtet den Bauern wenig; Denn das Holz wächft ihnen vor der Thüre, und die Arbeit verrichten fie felbft. Sie können auf einen Floß taufend bis zweytauſend Pud Mehl laden, nachdem fie es groß bauen, Diefes aber laden fie nicht in Säden auf, fondern machen bloß in der Miete eine Hütte von Bret- tern, in welche fie alles Mehl fehütren. In Jakutz verkaufen fie nicht nur dag Mehl, fondern auch das Floß, welches die Einwohner zu Brenndolze-gebrauchen, und weil fie frübe abfahren, fo fommen fie noch felbigen Sommer zuruͤck. Bisweilen wird zu Ja⸗ kutzk nicht alles Mehl gekauft, weil ſie deſſen zu viel gebracht haben, und dann kaufet es die Kanzelley aus der Caſſe um einen billigen Preis, damit die Bauern nicht abgefchreckt werden, insfünftige wieder zu fommen. Sie fommen alfo allezeit mit einem guten Ger winne zurüd, und da fie auch durch den. Vertrieb der Eichhoͤrner vieles verdienen, ſo ftehen Die Bauern ‚an dem Lena fehr gut; wie denn ihre Weiber, wenn fie Staat mas chen, in Seide gehen. Die vielen Flöße, die wir faben, famen theils von diefer Gemwohns heit ber, Mehl nad) Jakutzk zu führen, theils von der Famtfcharkifchen Keife: denn meil es in Jakutzk niche Proviant für alle dahin gehende Perfonen gab, fo mußte die fes Jahr vieles dahin. gebracht werden, und man bediente fih der Flöße aus Sparfam- feit. Um diefelben am Sande anzubalten, gebraucher man keine aus Hanfe gemachten Taue, fondern flicht fie aus Dünnen Reifen mehr als Arms dick zuſammen, welche mir viel bef- fer zu feyn fehienen, als alle, die man aus Hanfe verfertiget. 2:7 Den 27ſten May waren unfere Fahrzeuge in gebörigem Stande, und die Arbeitsleu⸗ te beyfammen. Wir reifeten um fünf Uhr des Abends ab, und erreichefen um neun Uhr Örusnich-Derewns, wo wir die Nacht blieben. Denn weil der Lens in diefen Gegenden ſehr ſeicht ift, fo unterſtehen ſich die Leute nicht, des Nachts zu ſchiffen. Die Art, wie man die Fahrzeuge regieret, iſt hier etwas bequemer, als an andern Orten Sibiriens und auf der Wolga. Man leget an demNintertbeile des Fahrzeuges in der Mitte einen lan⸗ gen Balken an, der mit einem Ende, an dem er wie ein gemeines Schiffruder behauen iſt, ins Waſſer geht. Stoͤßt man ihn auf die eine Seite, fo gehe das Schiff auf die ng 2 2 durch Sibirien. 249 ve, und fo behilſt man ſich damit auf dem Lena ſehr gut, wo es feine gefährliche Stel— Gmelins len giebt, da man das Schiff in einer geringen Weite bald auf dieſe bald auf jene Sei: Reife. fe zu lenfen hätte, Wider den Strom aber kann man mit,einem folchen Ruder nicht 1736. ortkommen, und man bedienet fich alsdenn eines gewöhnlichen Steuerruders. — Wir ſetzeten unſere Reiſe mit anbrechendem Tage fort, und kamen um acht Uhr des Morgens bey Schamanowa⸗ Derewna an. Hier hielten wir wegen einiger Arbeiten in ergwerfen ftille, die man im Jahre 1732 bier angefangen bat. Es waren zween An- küche nicht weit auseinander. Die eine Stelle war nur aufgefchürft, weil ſich Die Erzt- der gleich verlohr: die andere aber wurde zu bauen angefangen, Das Erzt wargrüns lich in einem harten Berge, und nicht anders, als mit Feuer, zu zwingen. Es hielt fehr Wenig Kupfer, aber man hoffete, der Gang würde fid) veredeln. Er ſtrich von Often nach Welten, und hafte wenig Tiefe. Die Arbeit währete bis 1734, und die Grube war alsdenn auf zwölfthalb Faden getrieben. Mittlerweile wurde auch) die ganze umliegende Gegend unterfucht, ob nicht irgendwo ein derberer und breiterer ang anzutreffen fey. Aber nach vieler vergeblicyen Arbeit, und auf verfihiedene Berichte an das Dberbergamt von Sibirien von dem ſchlechten Erfolge, kam im October 1734 Befehl, daß die Arbeir aufs bören, und die Bergleute nah Catharinenburg zurück gehen follten. Um drey Uhr Nachmittages Fam ich zu unſeren Fahrzeugen zuruͤck. Wir fuhren eine Stunde bernach ab, und landeten des Abends nach neun Uhr etwas unter dem Dorfe Sakobenina, wo⸗ ſelbſt wir uͤbernachteten. Des folgenden Tages gegen neun Uhr des Morgens, erreicheten wir Tſchudinowa Saimka. Ich wußte, daß man fonft bier viele Unterfuchungen, an dem öftlichen Ufer des Lena angefteller harte, um Silbererzt zu finden; deswegen gieng ich von dem Fahr— uge in einem Kahne ab, und beftieg den Berg, wo die Arbeit gefcheben war. Der Berg liege über dem Einfluffe des Orlenga an dem öftlichen Ufer des Lena, und iſt leicht zu befteigen. _ Ich fah faft in der Mitte des Berges eine Kluft, und von derfel- en zwo in den Berg flach bineingerriebene Gruben, eine nach Südoften, die andere nach Südmeften. Das Gebirge ftreicht in diefen Gegenden nicht anders, als beynahe horizon⸗ al, und fo ftreichen auch die Adern. Sch fah bier eine, in welcher Dleyglanz einge rs ſchien, aber ohne einige Anzeichen von Silber, weswegen man fie wieder verlaf- en hat, ‚Un ein Uhr Nachmittages Fam ich wieder zu den Fahrzeugen, die bey Orlenska⸗ je Sloboda gehalten baren. Wir hatten hicher ſchon von Uſt⸗Ilga vorausgefchicer, daß gegen unfere Ankunft einige Baucen bereit gehalten würden, weiche die ilgiſchen, oder wenigſtens einen Theil davon, ablöfen koͤnnten. Allein, wir fanden nur ſechs Leute, und Fonnten alſo nicht weiter geben. Herr Profeffor la Eropere aber, der fich vorgeſebet Batte, feine Reife auf alte Weiſe zu beſchleunigen, begnügere fih daran, und gieng des Abends um vier Uhr mit feinem Gefolge weiter, _ Der Unterſteiger, den wir bey uns haften, erzaͤhlete mir, daß er bey feinem Aufent- halte in diefer Gegend einmal von ungefähr, in einem harten Geſteine, unterhalb der Mün- dung des Orlenga, einige Steine von fonderbarer Geſtalt gefunden haͤtte, die aber fo feſt an dem Felſen geſeſſen, daß er fie nicht herauszubringen vermögend geweſen. Rach ſeiner Be- ſchreibung glaubete ich, daß es figuriere Steine wären, ließ mir alfo den Ort weifen, und gieng dahin. Es waren verfteinerte Kammfifche, (Pedtuneulite) ungefähr einer Ha- Allgem, Reifebefebr, XIX Band. — ſeluuß Gmelins * Reife. 1736. —— 250 Reiſe nach Kamtſchatka ſelnuß groß oder etwas daruͤber, die hin und wieder in einem grauen, kalkichten und ſehr har⸗ ten Steine eingemiſchet waren. Wir zerſchlugen viel Stuͤcke, und gaben uns viele Muͤ⸗ he, nod) andere Verfteinerungen zu entdeefen: aber eg war vergebens, und die einbrechen- de Nacht noͤthigte uns, nach unferen Fahrzeugen zurückzukehren. Man fiehe wenig ver⸗ fteinerte Dinge in Sibirien; ic) weiß nicht, 06 man zu wenig nachſuchet, oder ob fie bier in der That felten find. Ich finde zwar im Witſen, daß es an der Tura einige verfteinerte Hayenzaͤhne (Gloffopetr&) geben fol: aber ich habe in ganz Sibirien nichts davon gehöre. Es ift zwar an dem, daß befonders im Anfange, da wir nach Sibirien famen, die feute alle merfwürdige Saden vor uns forgfältig verfehtwiegen : aber wir fanden doch auch dann und wann einen Befehlshaber, der ſich ein Vergnügen daraus machete, uns dergleichen Dinge zu offenbaren, und der Umgang mit dem gemei: nen Wanne brachte uns hernach alleriey Nachrichten zuwege, fo daß uns nicht leicht et- was hinterhalten ward. Ich habe außer den gedachten Kammfiſchen, deren Materie inwendig felenirifch war, nichts mehr von diefer Art in Sibirien gefehen, als ein großes Ammonshorn, weldesich in Jeniſeisk von dem Kofafenoberften geſchenkt befam, von welchem id) ſchon oben aufder 167 ſten Seite gereder babe, Er fagete mir,es wäre von eis nem jenifeisfifchen Kofafen unter Dubtſcheskaſa· Sloboda, am rechten Ufer des Je⸗ niſei in einem Berge gefunden worden; und diefer haͤtte es ihm als ein Mietel, die Ge- burth zu befördern, angepriefen, wenn man es ein Paar Stunden in Branntewein legete, und denfelben hernach Eränfe. Den zıften reifeten wir mie anbrechendem Tage ab. Um sehen Uhr des Morgens, vermiſſeten wir eines unferer größten Schiffe, welches auf eine Sandbanf gerathen war. Um es zu erwarten, und ihm, wenn es nöthig wäre, Hülfe zu fehicken, landeten wir fünf Werſte unter Skoknina⸗Derewna. Hier lagen wir bis drey Uhr Nachmittages, und um acht Uhr Abends ſtiegen wir bey Sinuſchkina⸗ erewug aus, und uͤbernachteten daſelbſt. Den folgenden Tag, am erſten Junius, kamen wir um zehen Uhr Vormittages bey einem Bache, zwo Werſte unterhalb TurukinsEsja-Derewong. Das Sand ſchien daſelbſt fruchtbar an Kraͤutern und angenehmer zu ſeyn, als es ſonſt die Gegenden an dem Lena find, Bir wollten ung dieſes zu Nutze machen ‚und blieben bis den zten bier, an wel⸗ chem Tage wir Abends um fünf Uhr abfuhren, und zwo Stunden bernach nach Mfi-Rus famen. Wir giengen in einem Arme des Aus, und landeten dem Oſtrog gegen übers Herr la Eroyere hatte ſich bisher da aufgehalten, um die Arbeitsfeure abzuwechſeln Das geſchah noch denſelbigen Abend, und er reifere den andern Tag zu Mittage ab. Wir unfers Ortes wuͤnſcheten nichts mehr, als der Dienfte diefer Bauern an dem Lena gar überhoben zu feyn, und hatten besiegen an die Kanzelley zu Ilimsk gefhrichen, uns Verwieſene 69), oder Seute von allerhand Ständen, zu Arbeitern auf den Schif⸗ ſen zu ſenden. Weil aber der Bothe noch nicht zuruͤckgekommen war, fo mußten wir uns an dieſem Orte aufhalten. Endlich Fam er den fechften Junius, ohne uns einen eins zigen Mann mir zubringen, fondern eine Verweiſung der Kanzelley an die Schultheißen zu Örlenge, Ilga, Tuturska und Nowo⸗Udinsk, welche uns die verlangere Anzahl von 69) Sie heißen Sfilnie oder Peiffilnie, und worden, and alferley Arbeit zu verrichten haben, find meiſtens gemeine Leute, Die wegen twichtiger die ihnen der Vefehlshaber auweiſt, als in den Verbrechen aus ruſſiſchen Städten hieher geſchidet Bergwerken, auf Schiffen, beym —— durch Sibirien. Be. von Leuten liefern ſollten. Wir waren begierig, den Ausgang blefer Verweiſungen zu fehen, Gmelins gen war. Bey unſerm Aufenthalte zu Uſt⸗Kut, beſahen wir auch bie in der Winterreiſe be⸗ ſchriebenen Salzquellen, theils die Wahrheit ber davon gemachten Erzählungen zu erfor⸗ ſchen, theils das Hier gebräuchliche Salzfochen zu ſehen. Die Hige war in der Kote uns erträglich; man konnte es nicht ber zwo Minuten barinnen ausdauern. Man bebdiene- te ſich hier Feines Mittels, um das Salz eher dick zu erhalten. Das Holzfeuer zwingt es genug; und überdem ift es in Sibirien nicht gebräuchlich, außer dem Herbfte Vieh zu ſchlachten. Wo follte man alfo zu einer andern Zeit das Blut hernehmen? Man war damals fehr befümmert, weil ſich die beyden Salzquellen zu verftopfen anfiengen. Die groͤßte Quelle fließt in die Kuta, an deſſen beyden Seiten, wie auch um die Quel⸗ le, das an falzichten Seen gewöhnliche Kraut Bali 70) waͤchſt. Wir ſahen nahe bey dem Dorfe ein Floß mit Salze beladen, welches diefes Jahr nad) Tchyerfchnistois Oſtrog gehen follte, aber wegen des niedrigen Waffers nicht die Kuta hinunter fome men Eonnte. Ein Bauer des Ortes hatte fich anbeifchig gemachet, es der Krone für einen gewiffen Preis zu liefern. Das Salz war bloß mit Birfenrinden bedecket, die es vor dem Regen nicht verwahreten. Doc) das fahen die Salzpachter nicht ungern, weil das Salz von ber Feuchtigkeit am Gewichte zunimmt. Sie verftehen ihre Kunft fehon, daß das Salz nicht gar fehmilze. Die Krone verliert auch dabey nichtss denn der Schulte heiß, der das Salz nad) dem Gewichte befümmt, muß auch nad) dem Gewichte bezah⸗ len. Trockner ihm hernach das Salz aus, fo weiß er ſich ſchon beym Verkaufe in Acht du nehmen, baß er feinen Schaden davon bat. Auf den Ruͤckwege giengen wir in eine Brannteweinbrennerey, die am linken Ufer der Kuta iſt. Sie hatte ſechs Brennfeffel, dienicht einmal bedeckt genug waren. Wir fanden auch nur einen einzigen Mann fchlafend dabey, der, da wir ihn mit vieler Mühe erwecket hatten, Faum auf den Beinen ftehen Fonnte. Die gemeine Rebe ift bier, daß man im Winter viel weniger Branntewein befäme, als im Sommer, aber die Seute ver. ftehen das Brannteweinbrennen nicht. Mit Unsergange der Sonne, kamen wir wieder nah Uſt-⸗Kut, und fanden den Mann, den wit an die obern Oſtroge und Sloboden des Lena, abgeſchicket hat— ten. Ihm folgeren des andern Tages zwölf Arbeiter, die er in Orlenga, von Verwie- fenen und Leuten von allerley Gattungen, zufammen gebracht hatte. Er machete uns auch) zu mehreren Hoffnung, die aus dem Oſtrog Ilga Fommen follten. Außerdem hatten wir noch ſechs Mann in Uſt⸗Kut angehalten, fo, daß wir glaubeten, mir fönnten bey der kleinen Verftärfung aus Ilga, der Bauern entrathen. Doc) hielten wir es nicht für rathſam, darauf zu warten, fondern reifeten den ıgten um zwey Uhr Nachmit⸗ tage ab, und ſchicketen einen Soldaten zurück, der die Leute, wenn er fie anträfe, anneh men, und geſchwind zu uns bringen ſollte. Alfo mußten wir noch einige Bauern von Uſt /Kut, zu Hülfe nehmen. Wir Famen Abends nad) Polowinnoje⸗Simowje, wel. Sie de Dafür bekommen fie den Unterhalt, und täglich et: +0) Salicornia et Chenopodium, Kali minus was an Gelde. album datum. i und verlangeten bie Leute von ihnen, den legten ausgenommen, der uns zu weit entler Reife» 1736. Gmelins Reife, 1736 — ñ — 252 | Reife nach Kamtſchatka che unter Polowinnaja⸗Rietſchka liegt Hier und vorher ſchon an vielen Orten, ſa⸗ hen wir ganze Wälder brennen, Die Leute an dent Lena ſtecken fie mit Fleiße an, um ‚ mehrere Stellen zum Wiefewachfe zu befommen. Denn es giebt ihrer wenig um diefen Fluß, und man brauchet das vorhandene Sand zum Acerbaue.. Da aber die Menge des Viehes zunimmt, ſo iſt jetzo mehr Heu, als fonften, noͤthig. Der geringe Vorrath von Ackerlande iſt auch daraus abzunehmen, daß die leniſchen Bauern ihre Aecker duͤngen, um fie alle Jahre nutzen zu koͤnnen, welches in Sibirien unerbört, und ‚gleichfam wider die Natur iſt, die fich bier ohne menſchlichen Fleiß zeiget. Mit anbrechendem Tage giengen wir weiter, und kamen gegen Mittage bey Tas jurs kaja⸗Derewna an zeinem Dorfean dem Tajura, welcher Fluß dem Ilim nichts nach» giebt, und fruchtbare Ufer hats Des Abends um neun Uhr fuhren wir Glatkoi⸗Muis vorbey, und hielten zwo Werfte weiter unter an, Wir hatten noch ſechs Werfte, bis nach dem Dorfe Naſarowa; weil aber der Fluß von Tajurskaja an, ſehr langſam fließt, daß wir vor Mitternacht nicht hinkommen konnten, fo giengen wir nicht weiter, Wir fuhren den folgenden Morgen deſto früher ab, aber nachdem wir bis um ein Uhr gefahren waren, befanden wir uns erſt bey Tivskaja-Derewng am Fluſſe Tira, deffen Ufer fo fruchtbar, als die am Tajura find. Diefer Fluß mache die Graͤnze zwifchen dem uskutiſchen und kriwolukiſchen Gebiethe. Ulkanskafa⸗Derewna am Ziuffe Ulkan, acht⸗ bald Werſte von Tirskaja⸗Derewna iſt das erſte kriwolukiſche Dorf welches wir des Abends vorbey giengen. Des Nachts um zehen Uhr hielten wir bey Rrasnojarskaja⸗Derewna ſtill. Wir hatten den ganzen Tageinen ſtarken und widrigen Rordwind gehabt, der uns ſehr aufgehalten harte. Abends fiel ein ſtarker Regen, ber ung an die Reife auf dem Ir⸗ tifch erinnerte. Wir hatten das üble Wetter vorher gefehen, und um ung davor zu ver: wahren, verlanget, daß man Doppelte Bretter legen folltex aber man ſchwor ung zu, die Schiffe wären dergeftalt gebauet, daß der Regen unmöglich durchdringen Eönne. a, weil man uns nicht, für ſehr leichtgläubig anfab, fo ſollten wir augenfcheinlich überführee - werden, deswegen goß man Waller aufs Verdeck, und zeigete uns, daß nichts in die Äa- jüren liefe. Wir würden jedoch allen Derheurungen, und der angeftelfeten Probe nicht getrauet haben, wofern wir nicht bey andern überhäuferen Gefchäfften, die Sache endlich. vergeffen hätten. _ Die Beſchwerlichkeit war.alfo eben fo groß, als auf dem Irtiſch, wir mußten alle Papiere wegräumen, und die Schiffe von neuem verfchlagen laflen. _ Zu dies ſem Uebel gefelleten ſich auch noch die Mücken, die durch ihre unbefchreibliche Menge, uns noch beffer an die vorige Neife erinnerten, — Den folgenden Tag, Nachmittages um ein Uhr, hatten wir verſchiedene Dörfer zus ruͤckgeleget. Bey einem darvon, welches einem Kloſter gehoͤret, machet der Fluß eine merkliche Kruͤmme, und hernach kamen wirnad) Skobels ka⸗ Derewna. Wir reiſeten um fünf Uhr des Morgens ad, und nach einem Wege von zwölfthalb Werften, kamen wir nad) Saborskaſa⸗Derewna. Hier lief der Fluß fehr Frumm, und das dauerte dig nah Mo⸗ logda⸗Derewna, wo wir die Nacht zubrachten. Der gerade Weg von Saborskaja bis nad) Wologda, iſt dritthalb Werfte, und zu Waffer fechs Werfte. Bey diefer Kruͤmme lief der Fluß uͤberaus langſam, und wir verſpuͤreten dieſe Langſamkeit des andern Tages noch mehr. Wir ſetzeten unſeren Weg um zwey Uhr des Morgens fort, und kamen un- ter beftändigem Rudern, erſt nach vier Stunden bey Laſuͤrewskaſa⸗Derewna an, welches doch nicht mehr, als acht Werſte, von unferm Nachtlager entfernee if. Man a ” ruͤ durch Sibirien. - 255 Keruͤmme des Fluſſes daraus abnehmen, daß man von dem gedachten Kloſterdorfe, einen Gmelins Landweg bis hieher über die Berge bat, der nicht mehr als acht Werſte ausmachet, dw es Beiſe. zu Waſſer fechs und dreyßig Werfte beträgt. Uebrigens ift der Sauf des Fluffes, von 173 6. hieraus nicht geſchwinder, und hält fich zwifchen Norden und Nordoften. * Unſere Reiſe ward, durch einen heftigen Nordwind, nochmals zurück gehalten, der UNS um vier Uhr des Morgens, eine Werſte unter Tſchertowskaja-Derewna änzulegen noͤthigte. Wir waren alfo in neun Stimden, bey beftändigem Rudern, nicht weiter, als zwey und zwanzig und eine halbe Werfte gefommen. Aber die Arbeitsfeute verficherfen Uns, daß man bey dem ftärfften günftigen Winde, ohne Ruder hier gar nicht fort Fäme, und das Waffer einem See nicht ungleich wäre. Die Zahl unferer Arbeicer wurde hier Mit ſechs Mann vermehret, die uns von Ilginskoi⸗Oſtrog nachgefchicker waren, mit denen auch unſer in Uſt⸗Rut gelaffener Soldat zurüc Fam. Da fich der Wind, ge- gen fünf Uhr des Abends geleger hatte, fo fuhren wir ab, und kamen Obuchow⸗Oſtrog vorbey. Es ift eine Inſel, die ihren Namen von einem Woywoden zu Ilimsk füb- tet, der im Jahre 1665 von dem Jahrmarkte zu Kirenga, mit Foftbarem Pelzwerfe, zus rück reifete, aber bier von den SIufchiwien, die ihn begleiteten, ermorder wurde. Die- fer Mord gab hernach Gelegenheit, zu Eroberung der daurifchen $änder, an dem Fluffe Amur. Wir giengen mit Rudern bis um zwey Uhr des Morgens fort, da wir Kri⸗ wolustajssSlobods erreicheren. Ich habe Feine fehlechtere Slobode gefehen, als die, Sie hat Faum zehen Häufer, und führet nur den Namen Slobode, weil der Befehlshaber des kriwoluckiſchen Gebierhes hierfeinen Sig hat. Sie hat feine Kirche, fondern nureine Kapelle. Die Gegend, ift wie faftüberall an dem Lens, bergicht. Man fiede ein fehönes Feld, zwiſchen dem Kirenga und dem Lena: aber es wird bisweilen uͤberſchwemmet. Wir wollten uns hier nicht länger aufhalten, fondern die Gegend des ivenga beffer nutzen, da fie in ganz Sibirien, wegen ihrer Fruchtbarkeit, berühmt ift- fo veifeten wir um vier Uhr des Abends ab, und kamen um acht Uhr nach Kirenskoi⸗ Oſtrog, der an dem rechten Ufer des Lena ſteht, welches hier ſehr hoch iſt. Der Oſtrog iſt um das Jahr 1655 erbauet worden; denn in der Kirche ift eine Auffchrift, welche be— fager, fie fen im Jahre 7164 erbauet worden, welches 1656 nach Chrifti Geburt iſt. Er iſt, wie alle in Sibirien, viereckicht und von Holze, hält acht und zwanzig Faden in der Länge, und vier und zwanzig in der Breite; war: aber jego meiftens verfallen, bis auf einen Thurm, der am Fluffe ftund. Man fah noch in. feinem Umfreife funfzeben _ alte Kramlaͤden, in deren zweenen oder dreyen allerhand Waaren von geringem Werthe verfaufer wurden. Die Kaufleute , die nach Irkutzk gehen, füchen bier einen Theil ihrer Waaren abzufegen, wenn fie fienicht-alle in Irkutzk zu verfaufen hoffen, da fie denn "er jemanden deswegen Commiffion geben. Die Kramlaͤden find des Jahrmarktes wer gen, angeleget worden, der fonft alle Jahre in dem Oſtrog gehalten ward- Hier ka⸗ Men alle Zäger aus der Gegend, und zuweilen auch) Tungufen zufammen, und handel⸗ fen mit Zobeln, welche damals fo häufig waren, daß der bloße Zoll von denen, die öf- tlich verfaufer wurden, der Caffe große Summen eintrug, wie man aus den alten Katt- Belleyregiftern deutlich fieht. "Damals: war es jedermann erlaubet, Zobel zu fangen, und or diefen Zeiten find wenige in diefer Gegend gefangen worden, außer was die Tungu⸗ en zu ihrem Gebrauche fingen. Dieſe waren in dem Stüde fo mäßig,’ daß die Zahl adurch nicht verringert wurde, Allein, die Ruffen faben bloß aufden gegenwaͤrtigen Sr 17 ohne Gmelius Reiſe. 1736. Zobelfang · Aberglaube der Jaͤger. 254 Reiſe nach Kamtſchatka ohne ſich um die Zukunft zu bekuͤmmern, und brachten es in kurzer Zeit ſo weit, daß man kaum einen Zobel mehr zu ſehen bekam. Dieſes hat dem Jahrmarkte ein Ende gemacht. Anterdeſſen fuͤhreten die Tunguſen häufige Klagen, daß fie nicht mehr im Stande waͤ⸗ ven, den gewöhnlichen Tribut in Zobeln zu bezahlen; und ſeitdem nimmt man auch die Zelle von Eichhörnern, Bären, Renntbieren, Fiſchottern, oder auch Geld dafür an, und diefes gefchiebe in der Gegend an dem Lena, in dem Gebiethe von Ilimsk, Irkutzk, SelenginsE und Nertſchinsk. Die Klagen der Tungufen haben zivar gemacht, daß den Nuffen der Zobelfang ift verborhen worden: aber die Cafle hat nichts dabey ge- —— Die Ruſſen nehmen ſich bey dem Fange mehr in Acht, und verkaufen die Fels le heimlid). Die Art und Weife des Fanges, verbienet eine kurze Befchreibung. Gemeiniglich begiebt fich eine Gefellfchaft, zehen bis zwölf Mann ftark, zufammen, welche alle gefan— gene Zobel unter fich eheilen. be fie auf den Fang ausgehen, thun fie ein Gelübde, der Kirche davon etwas gewiffes zu geben. Sie erwähleneinen unter ſich, dem die ganze Gefeltfchaft Folge leiften muß, den fie Peredowſchik, den Anführer, nennen, und in folchen Ehren halten, daß fie fic) felbft die härteften Gefege vorfchreiben, nicht von feinen Befehlen abzumweichen. Wenn es einer am Gehorfame gegen ihn fehlen läßt, fo beftrafer ihn der Anführer mie Worten, ja, er kann ibm auch eine Tracht Schläge geben, aber die« fe Strafe heiße nur, fo wie der Verweis, eine Lehre, (Utſchenie). Ueber diefes ver liert er auch alle Zobel, die er gefangen hat; er darf mit der übrigen Gefellfehaft niche in einem Kreife ſitzen, wenn fie fpeifen, fondern muß fteben, und alles thun, was die andern ihm befehlen, er muß bie ſchwarze Stube heizen, fie rein halten, Holz backen, und alle häusliche Arbeit verrichten. Dieſe Strafe dauret fo lange, bis ihm die ganze Ger — feinen Fehler vergiebt, als warum er fie, wenn fie effen, ftehend immers ort bittet, So bald ein Zobel gefangen ift, muß man ihn den Augenblick verwahren, ohne ihn anzufehen: denn fie glauben, der Fang werde verderben, wenn man von ihm gus tes ober fchlechtes fpricht. Ein alter Jaͤger trieb diefen Aberglauben fo weit, daß er fagere; eine von den Haupturfachen, warum der Zobelfang jego fo ſchlecht ift, ſtecket darinnen, daß man einige lebendig nach Moffau gefchicker hat. Dafelbft bewundert fie jedermann, als ein feltenes Thier, und das Fönnen die Zobel nicht leiden. Er fegete noch eine Urſa⸗ che Hinzu, daß die Welt jego viel ſchlimmer wäre, und es oft in einer Geſellſchaft Wilde, fänger Leute gäbe, die das, was fie gefangen härten, verbürgen; auch das, fagete er, Föne nen bie Zobel nicht leiden. Bon öffentlichen Gebäuden ſahen wir, außer dem Oſtrog, ein Salzmagazin, eine Kammer zum Archiv, einen Brannteweinfellee mit der dazu gehörigen Schenfe, eine Bierſchenke, ein verfallenes Haus für den Befehlshaber, nebſt einer Gerichtsftube, und ein Zollhaus. Es gehöret auch eine Kirche zu dem Oſtrog. Es waren hier neun und zwanzig Wohnhäufer, für Kaufleute und allerhand andere Leute. Zu diefem Wftrog gehöret noch ein einziges Dorf, Balachnja, oder Balschonskaja-Derevong, und gegen über liegt das legte Dorf, im Gebierhe Kriwolutzk, wer—e — a Es giebt in Sibirien mehr ſolche Haͤuſer, ten haben, aufnimmt, wenn fie einiges Vermoͤ⸗ in deuen man alte Leute, und die Feine Verwand⸗ gen beſitzen. Dieſes fällt nach Ihrem Tode = ei l offer; durch Sibirien; 255 Das fand im den Oſtrog, iſt ſehr fruchtbar, und wir konnten fo ſchoͤne Felder unter Smelins einer Polhohe von 57°, 47° nicht ohne Bewunderung anſehen. Alle Kräuter und — 36 Geaͤſer waͤchſen bier zu einer ungemeinen Größe, die Störe und Sterleden, die man Bier in dem Lena fängf, find wegen ihres zarten und feinen Geſchmackes, die berühmte: fen in ganz Sibirien, und übertreffen noch die aus der Wolga. | Der Fluß Rivenga, fällt unter dem Oſtrog in den Lena. Ungeachtet er, bey feiner Mündung, fehr breit ift,fo Fann man doch nur mit Kaͤhnen darauf fahren. Seine Ufer find fo fteile Berge, daß man weder zu Pferde, noch zu Fuße, darauf fortfommen Fann : doch find bin und wieder fruchtbare Felder, und folglich auh Dörfer, Sein Strom iſt fo reißend, daß er in einer Stunde fünfthalbe Werfte läuft. Der Lena, welcher über der Mündung diefes Fluffes, in einer Stunde nicht mehr, als vier hundert Faden weit, koͤmmt, geht, nachdem er den Kirenga aufgenommen hat, ſchon drey Werfte und hun dert Faden, welche Gefchwindigfeit er noch vier Werfte weiter unten hat. Die Stö« te und Sterleden kommen nicht in den Kirenga hinein, wo man Feine andere Fiſche finder, als die fich gemeiniglich in fteinichten und feichten Ftüffen aufhalten. Von ihm geht bey der Mündung noch ein Arm ab, welcher fich erft nach zween Werften, mit dem Lena vereiniget. Von der erftern oder obern Mündung ift es zweifelhaft, ob fie zum Lena, oder zum Kirenga gehörer: denn zur Zrüblingszeit, wenn der Kirenga ſehr anſchwillt, foll der Strom diefer Mündung nad) dem Lena gehen; hingegen wenn der Rirenga nicht mehr wächft, foll er von dem Lens in den Kirenga laufen. Zwiſchen dem Lena, und dem untern Arme des Kirenga ift eine Infel, Monaſtirskoi-Oſtrow, die zu einem Kloſter gehöret, das an der rechten Seite des Lens ſteht. Es ift bloß von Holze aufgeführer, Hat aber anſehnliche Einfünfte; denn die beten Gegenden über und Unter dem Lena, gehören dazu. Sein Bezirk erſtrecket ſich bis an den Fluß Ange, der bey Wercholensk in den Lena fälle, wo ihm noch ein fehönes Dorf zuftehe. Es Waren nicht mehr, als ein Paar Mönche barinnen, und es ernährete einige arme und fran- fe Alten, die fi) für ein mäßiges Geld, bier eingefaufer haben ). Es hat zwo Kir- ‘hen, eine für den Sommer, die andere fir den Winter. Ein Abt (Igumen) wohnet Dier, und beforger die Haushaltung. Die Fruchtbarkeit diefer Gegend erſtrecket fi) nicht allein auf die Pflanzen, fondern auch auf das Thiergefchlecht, gegen welches die atur bis zum Heberfluffe freygebig if. Die Einwohner in diefer Gegend und an dem eng, Menfchen und Thiere, als Ochfen, Rübe :c. find mit Kröpfen geplaget. Ich Abe deren gefehen, die den anfehnlichften in der Schweiz, und an einigen Orten Deutfch andes, nichts nachgaben. Hier Fönnte man fo gar, mit mehrerem Rechte, als in ans dern Laͤndern fagen, daß ein Menſch erft alsdenn alle feine Glieder hätte; wenn er mit einem Kropfe verfehen wäre, Wollte man die Schuld auf die Berge ſchieben? Die Kü- kommen daraufnicht, und die. Weibesperfonen vermengen fich hier auch mit Feiner their, außer dem Haufe: alfo Fönnen ihre Kröpfe nicht von dem Steigen der Berge erkommen. in junger Menfch, mit einem fo anfehnlichen Kropfe, als mar ihn fin- den kann, erzäblete mir, daß, da er fich ein Jahr an dem Anga aufgehalten, der Kropf um ein merktiches abgenommen habe, aber nach feiner Ruͤckkunft in diefer Gegend „ fen —— Nofter, und dafuͤr bekommen fie Zeitlebens, Wohnung und Unterhalt. Dergleichen Leute heißen: ikladtſchiki, + — Gmelins Reife. 1736. 6 Reiſe nach Kamtſchatka er gleich wiederum gewachſen. Man glaubet hier auch, daß die Kroͤpfe erblich find, und man ſoll nicht ſelten kroͤpfichte Kinder ſehen: doch nicht alle find dieſer Meynung, ſon⸗ derlich diejenigen nicht, die ſich verheurathen wollen, und doch Kroͤpſe haben. Bey unſerem Aufenthalte an dieſem Orte, fielen haͤufige Regen, aber es blieb doch immer warm. Wir blieben bier bis zum ten Julius, und ließen auch) noch den Stu: denten Trerjatorw, zurüd, der drey Wochen vor uns angelanget war, um Wahrneh— mungen an dem Werter zumachen, und Damit bis in den September fortzufabren. Un— fer Endzwed war, daß fie fich auf Diejenigen beziehen follten, welche Herr la Croyere zu Jakutzk, und wir felbft auf der Neife machen wuͤrden. Denfelben Abend um fechs Uhr giengen wir ab, und fuhren bey verfihiedenen Dörfern vorbey; und kamen des fol- ‚genden Morgens, um fieben Uhr nad) Tſchetſchinskoi⸗ Oſtrog. Dieſer Platz liege „am rechten Ufer des Lena, und hält zwanzig Faden ins Gevierte, mar «aber fo ſehr ver- fallen, daß. nur noch ein Thurm und ein Thor'gegen den Fluß fiund. Inwendig war eine Kirche, ein Kornhaus, und vor demfelben ſechzehen Bauernhäufer, eine Gerichts: ftube, «ein Zollhaus, welches zagleich eine Brannteweinſchenke ift, und unter fih einen Brannteweinkeller hat, und eine Bierfchenfe, Bon bier gebt ein gebahnter Weg nah der Tunguska, Die nicht weit über Tu⸗ ruchanst, in den Tenifei fällt. Weil bey unfern geographiſchen Arbeiten ſehr viel darauf.anfam, zu wiflen, gegen welche Gegend diefer Fluß, in Anfehung des Lena liegt: fo ſchicketen wir den ızten früh, jemanden zu Pferde dahin, Die noͤthigen Nachrichten des⸗ wegen zu ſammlen. Er fam den folgenden Tag, Abends zurück, und berichtete ung, daß das ganze Erdreich, zwifchen dem Lena und der Tunguska, nicht mehr als vierzig Werſte breit fey- Bisher hatten wir, wegen der vielen Dörfer, keinen Mangel an Lebensmitteln zu fürchten. Aber nun fingen die Dörfer an, feltner zumerden, und das ſollte die Urfa- che feyn, warum uns einige Sluſchiwie ausgeriffen waren. Dieſes machte uns viel Verdruß; denn je weiter wir kamen, deſto ſchwerer wurde es, den Abgang zu erfeßen. Wir macheren zwar fo gute Anftalten, daß nach unferer Meynung nicht leicht jemand ſollte entlaufen Fönnen. Es war feinem erlaubt, ohne Begleitung eines Eoldaten, etwas von den Schiffen wegzutragen. Wer alfo durchgehen wollte, mußte an Kleidern, Pro wiarrte, Geraͤthe, alles, was er nicht in der Tafche be gen fonnte, zuruͤck laffen. Aber die Ausreißer frageten darnach nicht. Die meiften.liefen unter dem Vorwande fort, ihre Nothdurft am Ufer zu verrichten, und ließen alles das übrige im Stiche. Man har bier fes und das vorige Jahr, wegen der großen Menge Flüchtlinge, bey der kamtſchatkiſchen Geſellſchaft, in allen großen Dörfern Galgen aufrichten laffen, um diejenigen, ‚Die durch⸗ gehen wuͤrden, auf der Stelle zu haͤngen. Es ſind aber ſchon viele ausgeriſſen, und no Feiner-aufgehangen worden. Ungeachtet der ſtrengſten Befehle, niemanden ohne Paß zu beherbergen, ſo nahm man doch jeden auf, der nur ankam. Wir ſchicketen überall bet“ um, ließen alle Haͤuſer durchfuchen, und befamen doch feinen wieder. Einer von ihnen war ein Siufchiwie, von Wercholensk, dem felbft alle feine Mirbrüber traueten · Er wußte ſein Vorhaben ſo gut zu verbergen, daß ihm die meiſten ihr Geld aufzuheben gaben. Wie er ungefähr -dreyßig Rubel beyfammen hatte, gieng er mit dem Geldt, bloß in einem Camifole und ohne Müse davon. Bon nun an ließen wir feinen Men? fehen mehr von den Fahrzeugen, ohne gute Begleitung. - Gelindigkeit hilft bey En 74 - iriaken durch Sibirien Be bivigken nichts; es muß die. äußerfte Schärfe da feyn, wenn fie gut thun follen. Das Gmelins groͤßeſte Ungluͤck für uns war nur diefes, daß wir alles das mit unferem Schaden ler: Reife nen mußten, und uns Fein Menfch vorher davon Nachricht gab. Vom Anfange unfe 1736. ” ter Reife haͤtten wir uns vor taufend Ungelegenbeiten in Sicherheit feßen Fünnen, die ſich aber nicht vorber feben ließen. - Aber die reifenden Gelehrten müffen befragen werden, d wie es ihnen überhaupt, in allen Vorfaͤllen des febens, nicht beffer gebt”). Bey Gelegenbeit diefes Weglaufens Fam ich abermals hinter einen fibirifchen Aber- Lauben. Als ein Bündel eines folchen Flüchtigen aufgemachet wurde, fo fand man un- fer andern ein Saͤckchen voll Erde. Man berichtete mich, daß diejenigen, welche aus ihrer Heimat anderswohin veiferen, etwas von der Erde ober dem Sande ihres Ge- uͤrtsortes mie ſich nähmen, und überall, wo fie ſich befänden, etwas davon in ihr Trinkwaſſer würfen; das follte fie vor vielen Krankheiten, fonderlich aber vor dem Heim- wehe, fichern. Zugleich erfuhr ich, daß diefer Aberglauben nicht eigentlic) aus Sibirien kaͤme, fondern feit undenflichen Zeiten fehon bey den Nuffen wäre im Schivange ge- gangen. Den ryten reifeten wir zu Mittage, mit einem beftigen, aber völlig widrigen, Win⸗ de ab, und kamen alfo ſehr langſam fort: Der Wind legete fih um vier Uhr, und wir . maren, um fieben Uhr des Abends, bey Spolofihenstaja. Dieſe Slobode liegt am rechten Ufer des Lena, bat ein Kirchfpiel, und acht und zwanzig Bauerdäufer, und ift folglich eines der bewohnteften Dörfer an diefem Fluſſe. Zwo Werte weiter unten, liegt am finfen Ufer, und über der Mündung des Paluds, ein anderes Dorf, das aus zehen Haͤuſern befteht. Es find in dieſer Gegend fehr ſchoͤne Felder, und koͤſtliches Ader- land. Bey unferer Ankunft war das Gras gefchnirten. Die Bauern an dem Lens, maͤhen es des Jahres nur einmal ab; fie laffen ihr Vieh lange auf der Weide gehen, und das Gras, welches nach) dem erften Abfchneiden wieder wächit, verzehren. Die Genfen, deren fie fich bedienen, find nicht fo groß, als die unferigen, nicht ‚viel über zwo Spannen lang, und das Holz ift ein wenig gekruͤmmt. _ Diefe Gegend ift ebenfalls wegen der Kröpfe berühmt. Ineinem Dorfe, Suknewkajſa-Derewna, iſt eine berühmte Dir- Ne, welcher diefer Halsſchmuck nicht erlaubet auf die Erde zu fihauen; fie ift fo.erichaffen, daß fie wider ihren Willen beftändig den Himmel anſehen muß. Den ıgeen, nachdem wir zu Mittage gefpeifee hatten, hoͤreten wir auf dem Kirch⸗ hofe ein großes Laͤrmen, das von einer Schlaͤgerey herkam. An denen Feſttagen, welche die Kirche befonders angehen, brauet der Aelteſte der Kirche Bier, welches er am Feſte Allen denen, die ihm etwas in die Buͤchſe legen, austheilet, damit, es nicht das’ Anfe- hen hat, als wenn er das Bier verkaufete. Er ſchenket ihnen. das Bier, und fie fhen- ken ihm das Geld. Dabey weis er fich fo. in Acht zu. nehmen, daß er nicht zu kurz koͤmmt, und die Einkünfte der Kirche, zu welchen. das Geld geſchlagen wird, nicht dabey leiden. Dieſes Bier heißt in biefiger Sprade Ranun, welches Wort im Rufe iſchen die Speife bedeutet, die man jährlich auf dem Grabe feines Anverwandten zu def» fen Gedaͤchtniſſe zu verzehren pflege. Es bedeutet auch in der. gemeinen Sprache den Tag dor *) Diefee Gedanken ſteht nicht Im Originale. Da_ „terfchied unter den Neifen der Gelehrten. Doch beißt es nur: „ir fanden eingn merflichen Un⸗ „dergleichen Betrachtungen find noch zu frühe.,, Allgem. Reifebefchr. XIX Band. Kk Gmelins Reiſe. E730, — — 258 Reiſe nach Kamtſchatka vor einem Feſte, den die Deutſchen Veſper *) nennen, Es war aber damals Fein Feſt⸗ tag. Der Ranım war wegen des Tlyıras Tages gebrauet worden, der erft auf den ‚zoften fälle, Aber weil fie zu allen Zeiten gern trinken mögen, fo machet das Bier fchon einen Fefttag aus. Es blieb aud) noch fo viel übrig, daß der 2ofte auch in allen Luſt⸗ barfeiten konnte begangen werden, Um Mittag harte der Kirchenältefte ſchon alles Bier verfauft: aber das Saufen und Laͤrmen währete bis den andern Morgen. Zwo Tagereifen von bier, an dem Fluffe Itſchora, ift ein Berg, aus welchem eine ftarfe Salzquelle hervorfommen foll, von der man ung viel Wunderbares erzaͤhlete. Das jakutzkiſche Kloſter Eocher bier ſeit undenklichen Jahren Salz, doch hat es zu meh— rerem nicht Erlaubniß, als was es zu feinem eigenen Gebrauche bedarf, und das Salz für die Einwohner an dem Lens ift bisher von Lift; Rust gebracht worden. Wir wuͤn⸗ ſcheten, diefe wunderbare Quelle zu fehen: aber niemand getrauete fich, im Sommer zu Sande dahin zu gehen, weil wegen der tiefen Moräfte nicht ſoll fortzufommen ſeyn. Um aber unfern Wunſch zu erfüllen, fchicketen wir den Studenten Kraſcheninnikow und den Feldmeſſerſchuͤler Makſcheew zu Waffer bis an die Mündung des Itſchora, und befahfen ihnen, von dort den Strom hinauf bis an befagten Dre zu geben, den Fluß auf das genauefte zu befchreiben, an der Quelle die nöthigen Wahrnehmungen zu machen, und denfelben Weg wieder zuruͤck zu kommen. Diefen Abend und die folgende Mache bin- durch fiel ein ftarfer Regen, der uns ſehr befchwerlich war; denn er drang allenthalben durch, fo gut mir auch die Anftalten dagegen gemacht hatten. Ich insbefondere muß te den folgenden Tag eine Menge Kräuter, die mir naß geworden waren, wieder trocknen, Den azften kamen wir, nach einer Reife von fechzehn Werften, an die Mündung des Tſchetſchui, davon Tſchetſchui⸗Oſtrog den Namen batz und nachdem wir fit erreichet haften, giengen wir fehr fchnell for. Der Fluß iſt fehr fehnell, und man kann es mit Augen ſehen, wie fein Waffer in ven Lena ſchießt. Es war ſonſt an feiner Muͤn⸗ dung ein Dorf: allein der Strom riß beftändig von dem Ufer, woran es erbauet war, etwas ab, und die Bauern fahen fich genoͤthiget, es anders wohin zu feßen. Gegen: waͤrtig iftes zwo Werſte weiter unten unter dem Namen Puſchtſchina befannt. Um Mit⸗ tag hielten wir unter der Mündung des Tſchaja an, und fahen nicht weir davon das Dorf Uſt⸗Tſchaiskaja oder Terafonowa. Wie macheren uns um fechs. Uhr auf ‚den Weg, und es war arfig anzuſehen, wie die Fahrzeuge, ehe man zu rudern anfieng/ den Fluß hinauf getrieben wurden. Die Arbeiter auf den Fahrzeugen nennen einen fol en Dit Sawod, und geben vor, daft die Sage der beyden Flüffe daran Schuld fi. Zehen Werfte weiter hin fuhren wir bey Darunskaſa⸗Derewna, und gleich darauf einen Dre vorbey, mo die Fahrzeuge fehr ſchnell getrieben wınden, Wirfamen un Mil ternacht nach Itſchorskaja⸗Derewna, und lagen hier den folgenden Tag IH Abends Fam der Student und fein Begleiter von der Salzquelfe zuruͤck. Sie harten ei nen immerwährenden Regen gehabt, dem fie nicht harten entgehen koͤnnen, weil es au diefem Wege nur eine einzige Simowje giebt. Zugleich aber hatte der Negen hre Reiſe ſehr beſchleuniget, weil die Itſchora, ein an ſich ſehr ſeichter Fluß, davon angelaufen "war; wiewohl fie noch immer mit ihrem kleinen Kahne an manchen Orten ſchwer durch⸗ gekommen waren. Der Hauptfluß des Itſchora ift ſuͤdſuͤdoͤſtlich, und bat viel Rem munge *) Sn Sadhfen heißt es der heilige Abend. durch Sibirien, 259 mungen. Won der Mffolie an bis an die Mündung ift es längft den Ufern achtzig Wer, Omelins e, die in gerader Linie nicht über vierzig. ausmachen. Die Salzkote liege an dem nord» re. — oſtlichen Ufer, und hat weiter unten die Salzquelle, die aus einem Berge, ungefähr ei⸗ nen Faden hoch über den Fluß, bervorfömmt, Die Duelle ift eingefaßt, und eine Rin⸗ ne daran nach der Salzfote gezogen. Zunaͤchſt unterwärts und ein Paar Werfte weiter oben giebt es deren noch mehrere. Obgleich alle diefe Quellen niche viel Salz balten, fo geben fie doch der Itſchora einen falzichten Geſchmack, den man bis an feine Mündung fhüree, Diefer Umftand hatte unfere Abgeſchickten verlegen gemacht, da fie ben Fuß Dinauf fuhren. Denn fie hatten Fein füßes Waſſer mitgenommen, und auf der ganzen ahrt weder Bach noch Duelle angetroffen. Folglich mußten fie fih mit dem Flußwaſ⸗ fer behelfen: aber je mehr fie trunfen, defto durſtiger wurden fir Sie verficherten uns, e Leute, welche in der Kote wohneten, und die nur zwo Werfte davon füßes Waffer een , tränfen Fein anderes, als das gefalzene, ohne Daß fie Davon andere Wirkungen, als vom gemeinen Waffer, verfpüreten. Den zsften Famen wir gegen Mittag nah Iwänuſchkowa⸗Derewna, wo wir anbielten. Seit Spolofchenstajs,-Sloboda waren uns wieder einige Leute durchge ⸗ gangen, und wir merketen endlich, daß keine Vorſicht etwas helfen wollte, und konnten nichts weiter thun, als daß wir unſere Befehle wiederholeten. Doch wollten wir verſuchen, ob es nicht möglich ſey, einen, der uns ſeit Tſchetſchuisk entlaufen war, twieder zu bekom⸗ men, um ihn, andern zum Erempel, nachdruͤcklich zu beſtrafen. Wir Fonnten wohl denken, daß die Fl heigen, wenn wir vorbey wären, überall zum Vorſcheine Fommen, und fich bey den Bau “n im Sommer zur Arbeit vermiethen roürden. Deswegen fer- tigten wir zween Soldaten in Bauerkleidern ab, welche fie bis Tſchetſchuisk auffuchen, Und die gefundenen unfer gufer Bedeckung zu uns nah Wittinskaja⸗Sloboda brin- gen follten. Iwanuſchkowa⸗ Dererona ift das legte Dorf im Bezirke von Tſchet⸗ ſchuisk, und alfo Hörer hier das ilimskiſche Gebieth auf. Wir giengen um drey Uhr Nachmittages von der Slobode ab. Die Gegend an dem Lena fieng nun an febr wild zu werden ; man fah faft überall fehr fleile ‘Berge, die doch groͤßtentheils mit Holze bewachfen waren. Nun höreten auch die MWerftfäulen auf, die wir bisher angetroffen hatten. Zwölf Werſte weiter fahen wir am vechten Ufer des ena einen hoben und fteilen Felfen, und zur Linken eine große Ebene, die beyde mit Umgefallenen Bäumen bededet waren. Sie lagen alle von Sid nach Norden, und der trich, da diefes zu fehen war, hielt eine gerade Sinie. Es füllen Leute des Eichhorn⸗ fanges wegen dieſem Striche eine Tagereiſe lang nachgegangen ſeyn, und kein Ende ge— unden haben. Die ganze Gegend iſt, wie man uns erzaͤhlete , mit dicker Waldung be- wachſen geweſen, welche im Jahre 1733 durch einen entfeglichen Orkan auf einmal um— gefchnziffen worden. Kurz vorher, ehe es dunkel geworden, fuhren mir durch eine ſehr merkwůrdige Gegend des Keira, welche von der befondern Geftalt der Ufer den Namen Schtſcheti (Baden) bat, Der Lena lief gleich vorher nordnordweſtlich, war dreyhun · ert und funfzig Faden, und weiter oben eine Werft breit. Hier zog er fich auf einmal Ungefähr auf hundert Faden zufgmmen , und wandte feinen Lauf gegen Nordweit zum eſten. Von Iwanuſchkowa an bis hieher find es ungefähr fünf und dreyßig Wer⸗ ſte. An dem rechten Ufer bekam er ein hohes ſteiles Gebirge, und dieſes heißt die erſte Schtſcheri. So lange der Fluß diefe Richtung bebiet, fo Tange daurete das Gebirge 2 an eife. Gmelins Reiſe. 1736. nd 260 Reiſe nach Ramtfihatla : an der rechten Seite, und der Strom zog fich fehr gegen das linfe Ufer Hin. Er ſoll bey hohem Waffer fo ftarf feyn, daß man die größte Mühe brauche, nicht auf der Linken Seite zu firanden. Darauf gieng der Fluß gerade gegen Norden. Das Gebirge an der rechten Seite verlor fih, und fand fich dagegen am Iinfen Ufer, welches die andere Schtſcheki machet. Am Ende diefer Richtung find dicht am rechten Ufer zwo kleine In⸗ fen, und die Leute geben vor, daß der Arm des Lena zwiſchen demfelben und dem Ufer fehr tief fey, und daß die Fahrzeuge im Hinaufgeben in felbigen Arm giengen, weil das Waſſer bier wider den Strom des Lena lief, Solange der Fluß nordwaͤrts fief, ſo kange daurete auch das Gebirge an dem linken Uferz er wandte ſich nach Norden, und fogleich war das Gebirge wieder an der rechten Seite, und biefes heißen fie die dritte Schtſcheki. Bis zum Ende diefes Gebirges, von dem Anfange der erften Schtſcheki ift esungefähr viertehalb Werſte. Won dort erweitert fich der Fluß wieder, mender ſich erftlich nach) Nordweſt zum Norden, alsdann nach Nordnordoſten, und bekoͤmmt feine vorige Geſtalt wieder. Die beygebende Figur, worinnen ſowohl das Maaß, als die Richtungen, beobachtet find, wird das alfes deutlicher nrachen, t Wir hatten die Nacht hindurch einen fehr ftarfen Mebel. DiefeWirterung ift andem Lena fehr gewöhnlich. Weil aber der Fluß allenthelben genug Tiefe bar, ſo giengen wir immer fort; und ohne die Nuder zu gebrauchen, Famen wir des Morgens um ſechs Uhr nach Schalagina oder Kureis kaſa ⸗ Derewna. Seit Iwanuſchkowa haften wir feine Dörfer gehabt, und auch dieſes hatte nur ein einziges Haus, und iſt das erſte im jakutzkiſchen Gebierhe, Gegen Mittag ſahen wir viele Tungufen auf der andern Seite des Fluffes, theils in Kaͤhnen, theils mit Rennthieren. Wir fehicketen ihnen gleich nach), um einige zu bewegen „ daß fie zu uns Fämen: aber die in den Kähnen waren, ftiegen ans Land, und eilefen in die Wälder, und die mie den Rennthieren flohen auch Wir macheten uns gegen zwey Uhr wieder aufden Weg, und erblicketen bald darauf an der linken Seite des Fluſſes ungefähr vierzig Tungufen, Männer, Weiber und Kinder, die auf dem Wege begriffen waren, aber fie zogen fich gleich darauf in einen nahe gelegenen Wald. Die legten fahen von weitem einer Menge wandelnder Schorfteine gleich; denn jede Perfon trug ein irdenes Töpfchen, mit Birfenrinden umgeben, auf dem Rüden, in welchem einige brennende Sträuche lagen, um die Muͤcken abzuhalten, Ein Liebha— ber der Alterthuͤmer, welcher diefe Leute von ungefähr angetroffen, und nicht gekannt hätte, würde-fie vielleicht für alte aufgeftandene Roͤmer gehalten haben, die ihre Urnen mit ſich truͤgen. Wir ſchicketen noch einmal nad) ihnen, und fliegen felbft ans Sand, um ih nen nachzufolgen. Allein, fie flohen wie die andern. Es blieb von dem ganzen Haufen niemand zuruͤck, als ein altes graues Weib, ein Paar junge Weiber, und noch eine eibesperfon, welche die vorige Nacht nievergefommen war, nebft etwan zwanzig Renn⸗ £hieren und einigen Hunden. Zween Tunguſen zeigeten fich von weitem , aber mit ge⸗ fpanneten Bogen, und langen Meffern. ie ließen auch nicht näher an ſich fommens fondern wenn man auf fie zugieng, flohen fie den Berg weiter hinauf, und es fehlen, als ob fie fich vertheidigen wollten, wenn man Gewalt wider fie gebrauchen würde. Wir bathen fie, zu uns zu fommen: aber es war alles vergäblich. Sie fageten, fie hätten nichts, ung zu befehenfen, und fhämeten ſich, mit leeren Händen zu uns zu’ fommet Wir ließen fie verfihern, daß wir nicht gefommen wären, Geſchenke von ihnen zu empfangen, fondern ihnen welche zu geben: aber alles Zureden half nichts. — 5 East durch Sibirien. 261 lich ſahen fie uns fiir Sluſchiwie an, ein geiziges Volk, welche dieſe armen Leute bey Gmelins Aller Gelegenheit auspfünderns So ſchwarz und unflaͤtig auch die Weiber ausſahen, ſo Reife, R . Waren fie doch freundlich genug, und ſucheten uns durch ein Gefpräch zu unterhalten: 173° aber fie konnten faſt gar Fein Ruſſiſch, und die Sluſchiwie, die erwas Tunguſiſch ve⸗·ü ſtunden, hatten ſich mit den Männern eingelaſſen. Die Weiber hatten alle einen Fur zen Oberrock von Leder, der ſowohl vorn, als binten, zu war, und- nicht viel über Die Hüften gieng, unten aber mie allerhand Schnüren und daran gehängeten eifernen und Meffingenen Ringen beſchweret war. Wenn fie giengen, fo gab es ein Raffeln, faft wie bey den Schamanen, wenn ſie ihre Zauberey anfangen. Sie hatten lange lederne Strümpfe, die ihnen Füße und Schenfelbis andie Hüften bedeckten. Sie ſollen auch eine befondere Art von ledernen Hofen haben, die aber ſeht kurz find, und kaum fo. weit ge: ben, ats die Struͤmpſe reichen. Die Weiber ſowohl, als vie Männer, raucheren fine- ſiſchen Taback. Sie trugen deswegen an ihren Hofen ein ledernes Saͤckchen, mworinnen der Tabak ift, und daran bieng auch das Feuerzeug und die Pfeife. Das neugebohrne Kind war in Birkeneinden gewickelt, und lag in einem Fleinen Kaften von eben dem Holzer Wir barben die Weiber zu uns auf die Fahrzeuge, woran ſie erſtlich nicht woll— ten: aber auf unfer Verfprechen ‚ ihnen Tabak, Mehl und Brodt zu geben , folgeren fie ung bald nad). Es war eine Luſt anzufeben, mit welcher Begierde fie alles annah- men. Man wickelte ihnen den Taback in Papier, zu dem übrigen zogen fie ihre Struͤm⸗ pfe aus, und pacferen darinnen alles durch einander, Wir ließen ihnen, nachdem fie eingepacker hatten, einen freyen Abzug, und bathen fie, ihren Männern zu fagen, wir wollten ihnen gleiche Gefchenfe geben, wenn fie uns befuchen wollten: aber es fam Feiner, Ungeachtet wir bis fünf Uhr warteten. Der eigentliche Aufenthalt und die Heimath diefer Tungufen ift an der Niſchnaja⸗ Tunguska, Mit Anfange des Winters, geben fie auf die Jagd, und begeben fich nach Und. nach zu den Bächen und Fluͤſſen, die in den Lena fallen, um hier bis aufs Fruͤh⸗ jahr zu bleiben. Alsdenn fahren fie auf einem diefer Fluͤſſe bis an feine Mündung her— Unter, geben den Lens wieder hinauf, und bringen den ganzen Sommer in der Gegend diefes Fluſſes zu, um Elendehiere zu fangen, Diefe Jagd gefhiehe auf doppelte Weife. Jagd der Tun. Im Sommer treibt man fie ins Waſſer, und feger ihnen auf Kaͤhnen nach, die geſchwin—- guſen. der gehen, als diefe Thiere ſchwimmen Finnen. Im Winter jaget man fie mit Hunden, wenn tiefer Schnee fällt, worinnen fie nicht geſchwind laufen koͤnnen. Alſo hat man, in dieſen Gegenden nur diejenigen Winter gerne, in denen tiefer Schnee fälle, So wahr iſt es, daß nicht leicht ertvas in der Welt ift, deſſen beyde Gegentheile nicht ihre Liebhaz er fänden. Mit dem Herbfte ziehen fih die Tungufen wieder an den Tunguska, und bleiben bier, bis die Jagd wieder angeht. En Sie haben unter fi, einen feyerfihen Eydſchwur, den fie in ſchweren und peinli- Gen Fällen von einander fordern." Man bat mir davon folgende Nachrichten gegeben, - Welche Isbrand Ides ganz anders beſchreibt. Man zünder ein Feuer an, und bey demfelben wird ein Humd vor den Kopf geſchlagen, daß er todt niederfaͤllt. Dieſer und wird auf das brennende’ Holz geleget, Doch an einem Orte, mo es die Slamme noch nicht ergriffen bat, man fehneider ihn in die Gurgel, und faͤngt das Blut in einem Gefäße auf. Unterdeffen thut der Beflagte, um: feine Unfchuld zu beweifen,, einen. chritt über das Feuer, und thut ein Paar a y vor dem ausgelaufenen Blute; N " 3 das: Gmelins Reiſe. 1736. — — 262 Reiſe nach Kamtſchatka das uͤbrige Blut wird ins Feuer gegoſſen. Alsdenn wird der Hund auf ein Geruͤſt vor der Jurte geleget, und der Schwoͤrende ſpricht: So wie dieſes ins Feuer gegoſſene Blut brennet, fo wuͤnſche ich, Daß dasjenige, welches ich getrunken habe, in mir breune. Und wie dieſer Hund zuſammen dorren wird, ſo will auch ich zuſammen ſchmoren, wenn ich an dem oder an jenem Schuld Habe, Andere haben mir dieſes mit einigen ver⸗ ſchledenen Umſtaͤnden erzaͤhlet, welches vermurhlih von ben Dolmerfchern berrührer, deren Erzählung ſich nach ihrer Vorftellung richtet, Doch in der Hauptfache fiimmen fie mit einander überein. Des Abends um acht Uhr empfand alles, was auf den Fahrzeugen war, einen gro—⸗ fen Geſtank. Er fam voneinem Fleinen gefalzenen Fluſſe her, der von der rechten Sei= fe des Lena, an welchem wir führen, mit heftigem Geräufche durch viele große Feldſtei— ne und Felfen lief, und fich in den Lena ftürzere. Er wird Soljanka RierfchEs ge⸗ nannt, Sein Waſſer ſchmecket fehr falzig, hat aber feinen Geruch: nur die Gegend, durch welche er Läuft, ftinft ungemein. Das Salz, welches men daraus bekoͤmmt, ift weiß, von gutem Gefhmade, und von dem gemeinen Küchenfalze barinnen unterſchieden, daß es offenbare Zeichen eines ftharfen Salzes, wie das irfchorifche, bat. x Des Abends gegen eilf Uhr, als eine angenehme Stille in der Luft regierete, er— hob fich plößlich ein ftarfer Wind, der von dem linfen Ufer des Lena aus einem. Tha⸗ le fam, das zwiſchen zwoen Reihen von Bergen liegt. Aus eben diefem Thale flürgere ein fehneller Bach, Utesnaja genannt, der faft fo vieles Geräufch machte, als der vo— rige. So bald wir das That vorbey waren, fand fich die vorige Stille wieder ein. Un— fere Arbeitsleute fageten, daß es viele dergleichen Stellen auf dem Lena gäbe; wir hatten auch fehon des vorigen Tages einen bemerfer, wo aber der Wind lange nicht fo ſtark war. Mach Mitternacht fuhren wir vier Salzquellen vorbey, die aus einem fteilen Ber⸗ ge, am linken Ufer, unter dem Utesnaſa entfpringen, und in den Fluß fallen. Die Dunkelheit der Nacht hielt mich. ab, dahin zu gehen, aber ich ließ mie von dem Waf- fer holen. Das Waller hatte Feinen merflichen Geruch, hiele aber eben folches Salz, wie das itfehorifche, nur in geringer Menge. Des andern Tages Famen wir an die Mündung der Tfehuja, am linken Ufer, ferner nach dem Dorfe Noſchkina, Mr bin nad Witimskaja Sloboda, bie an eben diefem Ufer, auf einer Fleinen Höhe, liege. Der Witim faͤllt durch drey Min dungen in den Lens. Die Breite defjelben, bey feinem eigentlichen Einfluffe, eine hal⸗ be Werſte unter der Slobode, iſt zwey hundert und funfzie Faden. Ich folge der Ge⸗ wohnheit, wenn ich drey Muͤndungen deſſelben rechne; denn vielleicht hat er nur eine ein⸗ zige, Die voller Inſeln iſt. Will man aber ſagen, der Mitim kaͤme alsdenn zu breit heraus, ſo iſt bekannt, daß alle Fluͤſſe, da, wo ſie Inſeln haben, breiter ſind. Doch dieſes zu entſcheiden, babe ich die Zeichnung dieſer Stelle beygefuͤget. Sie ift nachdem Maaße und den eigentlichen Linien des Compaffes gemachet. Unterhalb des Witims Läuft der Lens um ein weniges fehneller, als bey Spolofchenskaja Sloboda. Witimskaja Sloboda iſt einer von den aͤlteſten ruſſiſchen Plägen an dem Les ns, und mit Jakusk fait zu gleicher Zeit gebauet. Sie hat nicht mehr als zwölf Bauerhäufer, eine Kirche, ein Zollhaus, und ein Haus, wo ehedem. die Befehlshaber gewohnee haben. Das letztere ftund jet leer, weil die jafusfifche Kanzelley die Stelle eines Befehlshabers, feit einigen Jahren, hier Hat eingehen laffen. Vor ungefähr vier» 38 Henn. BE Eee u ne Pas inneren ee BT Bee innere fee Karrı DER GEGEND WiTrInm und LUFTERSCHEINUNG. yo, \ zB 4 Die auf der 453 San ezewgete LUFTERSCHEINUNG. 4 ⸗ durch Sibirien. ee häufig gefördere Hat, Aber die alten Gruben find erfchöpfet, und die Bauern haben Fei- ne nene fuchen Fönnen, meil ihnen, wie fie fprechen , die kamtſchatkiſche Reife fo viel zu thun giebt. Ein Paar Tage nach unſerer Ankunft erfuhren wir, daß die Bauern einen ſchoͤnen Anbruch bekommen hätten, und gegenwärtig befchäfftiger wären, bafelbft zu oͤdern. * Um nun davon beſſere Nachrichten einzuziehen, als man von Bauern bekoͤmmt, deren Erzaͤhlungen nicht allemal getreu ſind, entſchloß ich mich, ſelbſt dahin zu gehen. Ich ließ dazu, eines von unſern kleinen Schiffen Bajuůͤke) zu Rechte machen, und um die Reiſe auf alle Art zu nügen, wurde befchloffen, den Witim, fo weit als ich gehen würde, aufs genauefte zu befihreiben, weil man von feinem Laufe noch gar nichts vich- tiges weis. _ Zu dem Ende nahm ich unfern Dolmetſcher, Ilis Jachontow, den Studenten Stepban Kraſcheninnikow, und den Feldmefler, Alexei Makſcheew, mit. Ferner begleiteten mich der Unterſteiger, ber Berghauer, ein Schuͤtze, ein Weg- weifer und acht Arbeitsleute , von denen ſich vier und vier. ablöfen follten, das Schiff wider den Fluß zu ziehen. Unſere Anftalten waren ben erften Auguft zu Stande, und denſelben Tag macheten wir uns um fieben Uhr des Morgens auf den Weg. Weil in den Gegenden des Witim, die Wege niemals gemeffen worden, fo war unfere erße ‚Sorge, den Weg, den wir zurück legen würden, fo anzugeben, daß wir in dem eigent- lichen Maafe nicht viel fehleten. Ich hatte nicht genug Leute bey mir, um den ganzen Weg meffen zu laſſen; deswegen ließ ich ihn faft den ganzen Tag mit der Stange mef- fen, weil dazu nur eine Perfon nöthig war, und währendem Meffen aufzeichnen, wie viel Minuten auf eine jede Werſte gegangen waren. Ich lich auch die Zeit, von jedem merflichen Striche des Fluſſes, alle merkwürdige Derter und einfallende Bäche bemer- fen. Ich wollte auch, man follte, fo oft ſich ein Hinderniß in der Fahre eräugete, bie Zeit feiner Dauer aufzeichnen, diefe Zeit aber abziehen, und nicht mit in bie Rechnung bringen. Eben ſo ſollte man anmerken, wenn ber Fluß einen Tag ſchneller, als den an= - dern, liefe, und fic) darnach sichten, wie viele Minuten auf eine Werfte giengen. Um bie Fehler, die fich, aller diefer Vorſicht ungeachtet, noch; einfchleichen Eonnten, fo Flein als möglich zu machen, und den $euten Zeit zue Ruhe zu geben, fo befahl ich, nicht länger als bis um Mitternacht fortzugehen, und bis zum Tage flille zu liegen. Nach dieſen Regeln habe ich die folgenden Entfernungen verzeichnet, Die Reife gieng fehr langfam, Des Nachmittages um drey Uhr Famen wie die Mimdung des Baches Buͤſtraja vorbep, der von der vechten Seite einfällt, und um Mitternacht erreicheren wir einen andern, und ihm gegen über hielten wie ftill. Den 2ten Auguſt um neun Uhr, erreicheten wir eine Menge großer Feldfteine, die umgefähr acht Faden lang in dem Fluſſe tagen, deſſen Sauf bier ſehr ſchnell war. Man nennet Bier eine folche Gegend im Fluſſe Buk. Alle Arbeitsieute mußten an das Jand, und 88 waren ihrer zeben, bie Das Schiff wider den Strom zogen. Das Fahrzeug war fehr leicht; und bloß mit Proviante auf acht Tage beladen, dem ungeachtet wurde e3 mit großer Mühe fortgezogen. Ueberdieß brach das Tau, das Fahrzeug wurde weit hinun⸗ ter getrieben, und war in Gefahr, an den Steinen zu ſcheitern. Wir Fanen. endlich Wieder hinauf, und der Wind ward guůnſtig Wir hatten zwar Feine Segel , weil fie Bier nicht im Gebrauche find; diefes,zu erfegen, biengen wir ein Paar alte Woelocken auf, zig Jahren war der Det, wegen bes fehönen Marienglafes, berühmt, welches man bier © neling eife. 1736. ne Gmelins Reiſe. — —— — 264 Reiſe nach Kamtſchatka auf, die viel halfen, und die Arbeit ſehr erleichterten. Um ſechs Uhr des Abends gien⸗ gen wir die Mündung des Fluſſes Lupanowa vorbey, und befanden ung gegen Mit- fernacht einige Werfte über Podſelawoſcha Rietſehka, an welchen Orte wir ftill hielten. Die vier letzten Werfte ‘waren für die Arbeitsieute ſehr beſchwerlich; fie muß⸗ ten zumeilen, wegen ber fteilen Gebirge am Ufer; tief im Waſſer geben, und es gab viel feichte Oerter im Fluſſe, welche die Fahre fehr muͤhſam macheten. Die feichten Stellen im Witim heißen Schiwers und. Sakoß. Schiwera beißt eine große Gegend des Fluſſes, die von vielen darinnen liegenden Steinen ſeicht wird · Sakoß bedeutet einen langen fteinichten Seid) , der von einer Inſel, oder vom feften Sande ausgeht, und dieſelbe Stelfe feiche macher. ; Diefen Tag fahen wir von weirem hier und da ziemlich Fahle Berge, die bier, wie auch. über den See, Baikal⸗Golzy genenner werden.‘ Den zen Auguft Famen wir des Morgens an Malaja Jaſowaja Rietſchka, und an den Bach Pelſchaja. Wir baten viele Berge im Gefichte, fo wohl in der Ferne, als hart am Ufer, die Oranzi heißen, "Sie waren meiftens kahl, und beftunden aus Feldſteinen. Um Mitternachterreicheren wirdie Mündung des Baches Bartſchicha. Weil mich der Wegweiſer verficherte, daß, wenn wir nicht des Nachts über an⸗ hielten, wir "den sten gegen Mittag an die Mündung ‚des Fluſſes Mama font ‚men würden ; ich aber fuͤr noͤthig hielt, an dieſem Orte die Sonnenhöhe zu neh men: fo führen wir faft die ganze Nacht, um einen Tag zu gewinnen, und die Keife zu beſchleunigen. Des Nachmittages um zwey Uhr kamen wir an die Mündung des Ba- ches Maximicha, der von der Rechten koͤmmt. Die Fahre war von Bolſchaja bie hieher nicht unbequem, der Fluß gieng nicht zu fehnell, und am Ufer war überall gut zu “geben. Aber über den Marximicha mußten fie alle ziehen beffenz' der Fluß gieng wie . "der ſehr fehnell, und die fer an manchen Orten waren fo ſteil, das man faum fußen Eonnfe- Das dauerte vier Werſte lang. Der Wegweiſer getrauete ſich nicht, das Fahrzeug an⸗ ders, als durch Ziehen, hinauf zu bringen, weil der Fluß zu tief war, um es mit Stangen fortzuftoßen. Das Ufer war auch fehr fehmal, und an manchen Orten lagen ‚große Feldſteine, über die man nicht gehen Fonnte, alſo mußten gefährliche und mühfame Um⸗ twege genommen werden, Zween Arbeiter. hielten allemal bey einem folchen Steine-an, und warfen den andern, die um ihn herum gegangen waren, das Tau zu. Wir muß > ten endlich die Leute ruhen laffen, und hier die Nacht zubringen. Um vier Uhr des Morgens giengen wir wieder ab, hatten aber Feinen beffern Weg- Wir hatten kaum zwo Werfte zurückgeleger, als wir zwo Inſeln antrafen, welche Mams⸗ kin⸗Oſtrowa beißen, zwiſchen ihnen und dem Ufer war, wegen des ſeichten Waſſers, nicht fortzukommen. Man mußte alſo laͤngſt der Morgenſeite gehen, und das war fuͤr die Arbeitsleute ſehr beſchwerlich, Die oft durchs Waſſer waden mußten, Als wir an den Ort kamen, der mit Punkten laͤngſt der Inſel bezeichnet iſt, fo war der Strom ſo reißend, daß es die groͤßte Arbeit forderte, zu verhindern, daß man nicht zwiſchen bey⸗ de Inſeln hineingetrieben wuͤrde. Wir kamen mit großer Muͤhe zu der obern Inſel, und "da war es eben fo. Noch Vormittage erreicheten wir die Mündung des Niſchnaja⸗ Mama Rieka, wo wir einliefen, den Nama ein wenig hinaufgiengen, und hier ei⸗ nige Stunden ſtille lagen. Die Quelle dieſes Fluſſes iſt ſehr weit entfernet; bey ſeinem Einfluſſe ft er faſt hundert Faden breit, und läuft nach Rordoſten. Man kann mit kleinen durch Sibirien. - 265 kleinen Kajüfen auf drey hundert Werſte aufwaͤrts gehen, wo er ſich in zween Arme Gmelins ilet. Erl wird inſonderheit wegen des Marienglaſes beſuchet, welches meiſtens aus Veiſe. ergen genommen wird, die an dieſem Fluſſe, oder an den darein fallenden Baͤchen lie 1736. gen. Mar fängt auch an demfelben fehr gute Zobel. Seine Ufer find überall fehr bergiche, wie das ganze fand weiter Binein, Indem wir anbielten, fiengen-unfere Ar · beitsleute Fiſche. Sie hatten zu dem Ende eine eiſerne Gabel mit dreyen Zacken, jeden: Unf Zoll lang bey fih. Das Holz war zween Faden lang. Mit diefer Gabel Taureten * auf den Fahrzeugen auf einen vorbeygehenden Fiſch; mern er Fam, fo fließen fie mit der Gabel auf ihn zu, und zogen ihn heraus. Ich fah, daß fie auf diefe Arc viele Fifche fiengen: doch gefchieht es nur des Nachts, wenn der Fifch ſich, wie man faget, näher am Ufer aufhaͤlt. Man geht aufeinem Kahne den Fluß bin, und hält die Gabel immer in der and. Vorn auf dem Kahne feßer man einen eifernen Roft, auf welchem Holz bren- . net, oder in Ermangelung des Roſtes ſtecket man eine brennende Birfenrinde auf, die don Zeit zu Zeit mit einer andern vermwechfele wird. Die Rinde oder das brennende Hol; giebt einen fo Heilen Schein, daß man alles im Waſſer, und folglich auch die Fi- ſche, auf die man zuftößt, deuclich fehen Fann. Diefe Art zu fifchen iſt fo fiher, daft unfere Arbeitsleute nicht einen Fiſch mie nahmen, und doch niemals Mangel batten. Man bat Gabeln von verfchiedener Größe, nachdem der Fiſch if, den man fangen will, auch wird die Stange nad) der verfchiedenen Tiefe des Fluffes fänger und Fürzer gemacht. Diefe Art des Fifchfanges heißt Rybulutſchit, und if den Einwohnern an dem Lena nicht allein eigen; man treibt fie auch an dem See Baikal, und felbft in Rußland, Gegen drey Uhr Nachmitiages ruderten wir über den Mama, und giengen ben Witim weiter hinauf. Hernach ließ ich anhalten und die Leute ausruhen, Wir fuhren den folgenden Morgen ab, und gegen neun Uhr erreicheten wir den Dad) Kolotowka, der in den Witim fälle. In deffen Gegend ift der dießjährie ge Anbruch des Marienglafes. Neun Werfte weiter unten Famen wir bey einer Fleinen Inſel vorbey die mitten im Fluſſe liegt und beynahe rund iſt. Sie beſteht aus lau⸗ ‘er Felſen, und heißt deswegen Ramenojoftrow. Won dieſer Infel geht noch ein lan: gr Strich von Felſen den Fluß hinauf, der wenig aus dem Waffer bervorrager. Sie iſt nicht ganz kahi; denn wir fahen einige Fichten und weiße Eſpen darauf. Ehe wir U den Bach Kolotowka kamen, fahen wir, daß auf diefer Seite eine große Gegend auchete. Der Wegweifer fagete, es wäre ein Zeichen, daß bier $eute nad) Marienglafe ſucheten Auf der rechten Seite beym Einfluſſe des Mama, ſahen wir dergleichen, Kt auch von den Promuͤſchlenie, oder Leuten, die Marienglas födern, herfamen. Die Sljudniki, d. i. Leute, die das Marienglas (Sljuda) aufjufuchen geben, ftecfen !e Gegend, wo fie dergleichen gefunden haben mit Feuer an, damit fienoch mehrere Stel« EN antrefien. Da alle Berge mit Mooße und Bäumen bededer find, fo fann man von außen nicht feben, was fie in ſich enthalten: wenn aber das Moof und die Wur- deln abgebranne find, fo fehimmert das Marienglas in der Sonne, und fehr vieles wird Ruf diefe Art entdecke. As wir zu dem Bache Roloroivka kamen, fahen mir einen stoßen verdeckten Kahn, der ans Ufer gezogen war, unddie Hirte der Promuͤfchlenie. Zu Unferem Giuͤcke war eben ein Feſttag; denn fie find nur an Sonn-und Fefltagen in er Hütte, und die ganze Gegend ift fo wild, daß man lange gehen müßte, einen zu fine Sie machen fi) auch feine Wege, auf denen man ihnen nachgeben Fönnte; denn Allgem, Reifebefchr. XIX Band, J— wenig Gmelins Reiſe. 173% — — 266 RWeiſe nach Kamtſchatka wenig Gruben dauren fo lange, daß durch das Hin-und Hergehen ein Weg gebahnet würde. Sie lagen in der Hütte, und vor derfelben ftund der Ofen, in dem fie ihr Brodf baden. Er war von Steinen ohne Leimen gebauet, und fie Fönnen ihn nicht enf- behren. Sie mögen fo meit geben, als fie wollen, ſo nehmen fie Fein hartgebacfenes Brodt mit, fondern baden es von Zeit zu Zeitz dabey haben fie auch den Vortheil, daß fie fich allezeit Quas machen koͤnnen. ' Ich hatte Luſt, noch an felbigem Tage ein Paar Gruben von Marienglafe zu befuchen, die in der Nähe waremj; und da meine Gefellfchaft eben fo neugierig war, fo.macheten wir uns mit einem Promuͤſchlenie auf den Weg. Er führere uns den Bach Kolotow⸗ ka aufwärts; wir mußten ihn zweymal durchwaden, und an zweenen andern Orten, wo er ſehr tief und reißend war, vermictelft eines übergelegten Baumes darüber geben. Der übrige Weg gieng durchs Holz, das theils brannte; an andern Orten waren die Baͤu⸗ me fo dicke, daß man große Mühe harte, durchzufommen. Wir mußten über. viele Bäume fteigen, viele Hügel auf-und abFlertern, An einigen Stellen war der Weg am Ufer des Baches fo ſchmal, daß man bey einem jeden Fehltritte hineingefallen wäre. Da bie Bäume, von dem vorige Mache gefallenen Regen ganz naß waren, fo Famen wir auch) ganz naß und müde an die Grube , die ungefähr drey Werfte von der Hütte lag. Wir faben aber feine Gruben, ſondern nur eine Art von Schürfen; die in einem vom Bade . erhabenen Felfen gemacht waren, und wo man feit drey Wochen nicht mehr arbeitete. Die Promüfchlenie haben fein ander Mittel, den Berg zu gewinnen, als mitdem Ham⸗ mer und mit Feuer, Don dem Sprengen mit Pulver wiffen fie nichts. Das Ma— rienglas brach theils in einem weißgelben Quarze, theils in einem grauen Fluffe, Es gebt nicht adernmeife, fondern findet fi) hin und wieder in Scheiben von verfchiedener Größe. Dieſe find bisweilen ganz, bisweilen durch viele Queeradern gefpalten. Nach⸗ dem wir bier unfere Neugierde geftiller hatten, fo giengen wir den vorigen Weg zurüd, und bald darauf'fiel ein heftiger Negen ‚. der bis den andern Morgen um acht Uhr waͤh⸗— rete. Es waren noch zwo Gruben zu befehen, eine füllte fehr weit, die andere fehr na- be, und jene viel reicher feyn, als diefe, in der fi das Marienglas ganz abgefchnirten hätte. Ich ſchickete alfo den Studenten Rrafcheninnifow in die nähere, fie zu bes fehen, und mir genauen Bericht abzuftattenz ich felbft aber gieng um neun Uhr nad) der entlegeneren, wo ich ben geftrigen Weg, aber mit viel mehr Befchwerlichkeit gefübret ‚wurde, weil er Durch den Regen viel fchlüpfriger geworden, und der Bach, über den ich wieder auf einem Balfen Elettern mußte, fehr angelaufen war. Wir mußten zuweilen mit Händen und Füßen auf die Felſen Elimmen , befiändig durch dickes Gehoͤlz brechen, \ und über Bäume fteigen. Nachdem mir fo zwo Werfte zurück geleget harten, gieng der Weg vom linken Ufer des Baches einen fteilen Felſen hinauf. Es war nur zwo Wer- fte, und ich beachte doch anderchalb Stunden zuz und doch war die Befchwerlichfeit des Weges noch nicht gegen diejenige zu rechnen, welche eine Art Fleiner Fliegen (Moſch⸗ Ei) verurſachte. Wir hatten fie fchon den Tag vorher empfunden, und viel von ihnen ausgeftanden: aber jegt fucheten wir fie in ihrer Heimath auf. Je weiter ich den Berg binauffam, deſtomehr ward ich von ihnen geplaget; und ich möchte fait ſagen, daß bie Luft ganz aus Moſchki beftanden haͤtte. Sie verfhonen Feinen Theil des Öefichtes, und gehen fonderlich nach den Augen, Endlich kamen wir an die. Grube, wo ic) der Ars beit über eine Stunde mit vielem Vergnügen zuſah. Ich erreichete das —— uͤ durch Sibirien. 267 fünf Uhr des Abends, war im Gefichte von den Fliegen übel zugerichtet, und hatte die Gmelins üße wund gegangen, Der Student Kraſcheninnikow war erlihe Stunden vor Reife, mir angefommen. 1736. Man bat im Jahre 1689 an dem Witim Marienglas zu fuchen angefangen, da Man es fchon im Fahre 1680 an einem Bache, Eldimak, der in den Tontora fäll, + wey Jahre hernach an dem Mamuſchkan, und 1688 an dem Fluſſe Seja entdecket gatte, Es fcheint auch, daß man ſich damals mehr Mühe darum gegeben habe, als J80. Denn es durfte nur jemand einen Anbruch angeben, fo Fam gleich Befehl , fo. viel davon zu fübern, als möglih war. Allein, erft im Jahre 1705 fieng man recht an, Marienglas an dem Witim zu für. Gen; und weil man es beffer, als das bisherige, fand, fo ließ man die beruͤhmteſten Gras ‚Man andern Flüffen völlig liegen. Doc ift an dem Witim Feine Grube lange fort gefeget worden, es mag nun feyn, daß das Marienglas zu feiner Erzeugung die Wir⸗ Eung der, Luft nörhig hat, und alfo nicht leicht in der Tiefe gefunden wird ; oder, weil die Leute bier, die nichts als Hammer, Brecheiſen, Hauen und Meißel haben, den erg zu bezwingen, nicht tief genug koinmen Eönnen. Das Marienglas 71), welches hell wie reines Waffer ift, wird für das beſte gehalten. _ "Bälle es ins Grünfiche, fo hat es bey weiten den Werth nicht. Man fiehe hiernächft ſon. derlich auf die Größe der Scheiben. Man hat welche gefunden, die fünf Vierthelellen ing Gevierte harten; doch das ift felten. Wenn es drey Vierthelellen hält, fo ift es ſchon fehr koſtbar, und das Pfund wird auf der Stelle gern für einen bis zwey Rubel bezah- let. Das gemeinefte ift eine Vierthelelle ins Gevierte; davon koſtet das Pud acht bis. gehen Rubel. Will man es gebrauchen, fo wird es mit einem dünnen zweyſchneidigen Meffer gefpalten. Man darf es nur zwifchen diesagen einfegen, fo fpaltet es ſich nach elieben. In ganz Sibirien brauchet man es zu Fenfterfcheiben und Saternen. Man findet Fein Glas, das fo hell und rein wäre, als diefes. In Rußland wird es auf den oͤrfern und in Fleinen Etädten eben dazu gebraucht. Die Flotte nimme ſehr viel das von; alle Fenfter auf den Schiffen werden davon verfertiget, weil es nicht zerbrechlich iſt, und von der Erfihütterung der Kanonen Feiner Schaden leidet. Doch nimmt es Auch einige Weränderungenan. Wenn es lange an freyer Luft ift, fo entſtehen darauf nach und nach Flecken, die es undurchfichtig machen, befonders wo fid) der Staub dar- * Fett und Rauch laſſen ſich auch nicht leicht ohne einigen Nachtheil davon iſchen. ¶ Ich begab mich des Abends um ſechs Uhr von den Gruben wieder auf die Ruͤck. reife, So lange es Tag war, wurde beitändig gerubert: des Nachts aber überließ ich- Mich bloß dem Strome. Den folgenden Tag gieng ich wieder mit Rudern fort, und ließ bloß an einem einzigen Orte anhalten, um ein Kraut zu ſuchen, das ich wollte zeich« NEN laſſen, und deswegen frifch mitnehmen mußte. Sch erreichete um neun Uhr des ends die Mündung des Witim, und Fam um zehen Uhr wieder zu unferer Fleinen Mademifchen Flotte. Auf der Hinreife. gieng ich ſtets am linfen Ufer des Mitims, eils, weil der Hauptſtrom mehr am rechten Ufer lief: aber im Hinunterfahren, hielten ie die rechte Seite, oder die Mitte. des Stromes, —* ſo kamen wir nirgends auf (ihr | kt 4 a ; en 7!) Diefes Marienglas ift vermuthlich der lapis fpecularis der Alten. "268 : Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Reife, 1736 u ten Grunde zu ſitzen. Ze höher wir den Witim hinaufkamen, defto hoͤher waren die Berge, Die meiften find mit dicker Waldung bedecket, und man findet darauf, außer allen Arten von Bäumen, die an dem Lena wachfen, auch ſchwarze und weiße Efpen, und eine Are Eleiner Cedern, Slanez genannt, die an diefem Fluffe felten find, Der $auf des Witim ift, wenigftens an denen Stellen, über die ich gegangen bin, nicht ſehr ſchnell; er durchläuft in einer Stunde zwo bis drey Werſte, und an andern Orten noch weniger. Er entſpringt weit davon aus einer Quelle mit dem Bargufin. Ungefähr in der Mitte feines Laufes hat er einen großen Wafferfall, über den fein Fahrzeug fesen kann. Den andern Tag nad) unferer Abreife zu den Marienglasgruben, waren die von Tſchetſuisk aus den, Fluͤchtigen nachgeſchickten Soldaten twiedergefommen, ohne einen anzutreffen: dod) waren ihnen ein Paar cute ohne Päffe begegnet, die hatten fie mitge— bracht. Wir hatten ſchon vorher dergleichen Leute auf die Fahrzeuge genommen ; denn es war zu vermuthen, daß fie von dem Seecommando entlaufen waren, dem wir fie auf diefe Weife wieder zuftellen Fonnten, Unſere Slüchtigen waren meiftens Sluſchiwie, und weil fie Feine Sebensmictel bey ſich hatten, fo konnten fie nicht weiter, als Kures⸗ Esjar-Derewng kommen, und die nachgeſchickten Soldaten brachten uns einige zuruͤck, die ſich unterdeſſen von Beeren ernaͤhret hatten. > Während unfers Aufenthaltes in Witimskaja⸗Sloboda, fahen wir einärndten, das Heu wurde eingefahren, Gerſte und Winterroggen geſchnitten. Wer Haber und Som: _merforn zeitig gefüet hatte, der harte die Frucht auch ſchon eingeärndrer, und was noch im Felde ſtund, brauchte nicht uͤber acht Tage Zeit. Wir wunderten uns uͤber die fruͤh⸗ jeitige Aerndte um fo viel mehr, weil hier die nordliche Breite 59° 28 iſt. Aber die Leu— te fageten, daß, wenn die Jahre, wie das gegenwärtige, gut wären, die Aerndte niemals fpärer fy. Es waren den Sommer über wenig kalte Nächte und immer heiße Tage Wir macheten uns den Vortheil zu Nuge, und nahmen zehen Arbeiter von bier auf uns fere Fahrzeuge, da wir bey unferer Ankunft zwanzig Mann nach Tſchetſchuisk zw ruͤckgeſchickt hatten, Den men kamen wir Peledinskaſa⸗Sloboda vorbey, die nicht weniger bewoh⸗ ner iſt, als Witimsk. Wir giengen faft die ganze Nacht fort, ohne die Ruder zu ge brauchen, und fahen ziemlich viel unbewohnte Gegenden, und zwey Dörfer, in denen nuf ein einziges Haus und etwas Ackerland war. Chamrina, oder Fedoßſa-Kornilo⸗ wa-Saimta, das eine von diefen Dörfern, ift von einem Ruſſen, Feodoſei⸗Korni⸗ low, erbauer, der ſich durch den Handel mit Marienglafe berühmt gemacht bat. durfte es allein graben laffen, und lieferte, an flatt. des fünften, den zehenten Theil DA von in die Caſſe. Jetzo darf wieder jedermann Marienglas födern, und giebt der Caſſe den Zehenten davon. Das andere Dorf Nedoſtrielowa⸗Saimka, hat den Namen von einem Manne, der bey unferer Durchreife noch lebete, und ungeachtet er Hundert und‘ echt Jahre alt war, fich noch ziemlich wohl befand. Denſelben Tag kamen wir vers fehiedene Bäche vorbey, von denen einige fifchreich waren, andere aber nicht. Gegen Abend erhub fich ein farfer Wind, der uns mit Gewalt an das linfe Ufer trieb. Wir wandten alfo alle Mühe an, um uns an dem rechten Ufer zu erhalten; denn, wären wir einmal Davon abgefommen, fo würden wir es nicht wieder erreicher has ben, fo lange der Wind gedauret harte. Zum Gluͤcke legere er fich bald, und mir font ten des Nachts unfern Weg, wie am Tage, fortfegen, Gegen Morgen erbob fich ein fo gr durch Sibirien. © 269 fer Nebel, daß man nichrüber zehen Faden weit fehen konnte, und unfere Meine Flotte fam in Gmelins Unordnung. Gegen fieben Uhr‘ zog er fich auf, und wir Famen der Mündung des Nin⸗ Reiſe. IR gegen über, wo wir anhielten. Won Witimsk aus fahen die Ufer des Lena nicht mehr ſo mild aus; die Berge waren niedriger, und hatten nicht fo dicke Waldung. An anchen Stellen, zumal am linken Ufer, fahe man die Berge in der Ferne, das Sand darzwiſchen war niedrige Der auf des Zluffes war, wie gewöhnlich, zwiſchen Oſten und Norden, und feine Geſchwindigkeit der bey Witimsk gleich, Nur wenige Stellen rafen wir an, wo er fehr langfam gieng, und das gefchieht gemeiniglich , mo ſich ein Berg in den Fluß erſtrecket, und diefer fich hernach weit in das Sand hineinzieht. _ Wir hatten von Witimsk Leute im Voraus hieber geſchicket, um einige Jakuten dur Arbeit auf den Fahrzeugen zufammen zu bringen. Sie halten fich in großer Menge an dem Ninja, doch nicht nahe bey feiner Mündung, auf, Man brachte ihrer zwan⸗ dig, unter der Anführung zweener Fleinen Fürften (Kniaͤszi), melche bey diefer Würs de auch noch Schamane waren. Wir fanden hier einen Sluſchiwie von Olekminsk, der ein vuffifcher Jakute war. Er hatte fich ein Haus über der Mündung des YTinfa zu bauen angefangen, das aber noch nicht zu Stande war, meil ihn die jafugfifche Kan- zelley zweymal nach diefer Stade berufen, und dadurch feine Arbeit gehindert hatte. Er trieb einen Viehhandel, und hatte ungefähr dreyßig bis vierzig Ochfen, und eben fo viel Pferde, die er einige akuten verforgen läßt, und fie dafür unterhält, Er redete fo gut Ruſſiſch, als Jakutiſch, und war vor einigen Jahren Prikaſchtſchik, oder Befehlsha- ber, in Olekminskoi-Oſtrog gewefen, und da ihm diefes Amt die Herrſchaſt über alle Jakuten in diefer Gegend gab, fo hatte er die fehönfte Gelegenheit, fie zu pländern; und diefes hatte ihn vermurblich fo reich gemacht. Wir blieben hier bis zum 13ten, an welchem wir um zwey Uhr Nachmittages ab- führen. Diefen und den folgenden Tag war trübes regnichtes Wetter, aber günftiger 173% — — ind, und einige von unſern kleinen Fahrzeugen, die kleine Segel zuſammengeflickt atten, giengen fo-gefchtwind fort, als die, welche ruderten. Es ift auch wirklich ein Ber Eigenfiun, daß man fich im Hinunterfahren des Lena Feiner Segel bedienen will, zumal an Stellen ‚; wo der Fluß tief genug iſt. Den ısten erreicheten wirdie Guſelnie⸗ ori, die an dem Fluſſe Perejemnaja liegen. Es find zween dreyedfichte Berge, die nicht weit von einander an der rechten Seite des Fluſſes in die Höhe ſteigen. Sie be- Eben aus verfchiedenen abwechſeladen Sagen von dunkelrothem und gruͤnem, ins Blaue fallenden, Märgel, die faft horizontal ftreichen, außer daß die vom obern Berge fich ein Wenig nach der Seite neigen, die den Fluß hinaufwaͤrts iſt, die vom untern Berge aber enken ſich ein wenig auf die andere Seite herunter. Die rorhen Sagen find dicker, die nen weicher, daß man an dem Berge überall Striche fieht, wie ihr der Regen ber- dgefpieler bet Die wahre oder eingebildete Aehnlichkeit, welche die erfien hieher ge- Immenen Kuffen zrifchen diefem Berge und einem bey ihnen gebräuchlichen mufifali- en Inſtrumente fanden , das Busli heißt, hat gemacht, daß fie ihm biefen Namen gegeben Haben. Dieſe Berge find in der jafutifchen Gefchichte fehr berühmt, Es ift.ei- Ne alte Erzählung unter den Jakuten, daß ihre Vorfahren in den oberften Gegenden des ena gewohnet hätten, aber von den Buräten ſo gedrückt und verfolge worden wären, daß ſich ein großer Haufen derſelben mit allem, was fie gehabt, mie Viehe, Weib und md, gutwillig an dem Lena weiter herunter gezogen hätten. - Ein Theil ſey zuruͤckge— 13 blieben, 270 Reiſe nach Kamtſchatka Bmelins blieben, und habe ſich den Buraͤten nach Vermoͤgen widerſetzet, hätten aber endlich ihe Reiſe. ren hartnaͤckigen Feinden weichen muͤſſen, und nicht einmal ſo viel Zeit gehabt, ſich in 1736. Kaͤhnen zu retten, ſondern hätten den erſten, den beſten Balken ergriffen waͤren auf demſelben den Lena hinunter gefahren, und wieder zu ihren Landesleuten geſtoßen, die die untere Gegend des Lena ſchon beſaßen. Ob fie nun gleich in großer Armurh hieher gekommen wären, fo hätten fie doch theils durch Arbeit, theils durch Verheurathung mit den erftern, fich wieder aufgeholfen. Und weil fie, die alten Zafuten, ein fehr Fries gerifches Volk gewefen, fo hätten fie Diejenigen von ihren Sandesleuten , die zu Feinem Vermögen gelangen koͤnnen, vollends ausgeplündert und zu Sflaven gemacht. Wie fie num unter fich nichts mehr zu rauben gefunden, und von dem Reichthume der patomis fehen Tungufen gehörer hätten , fo waͤren fie wider fie von da, wo jetzt JakunzE liegt,‘ und da ihr erfter Sig geweſen feyn fol, in ben Krieg gezogen, hätten auch in der Ges gend diefer zweenen Berge viele von ihnen niedergemacht. Dieparomifchen Tungufen und die Jakuten, welche an der andern Seite des Lena wohnen, find noch jego beſtaͤndig im Steeite, Die Jafuten behaupten, daß ihnen die Gegend fo gut zugeböre, als den Tungufen , und deswegen gehen fie. auch dahin auf die Jagd. Aber die Tungufen jagen Hier felbit, und einer von ihnen wird leicht eben Jakuten vertreiben, weil er mit dem Bogen beffer umgehen fan >: Bon Nimnja an bis an die Bufelnies Gori hielt der Lena feinen Lauf beftändig zwifchen Süden und Oſten, und an dem Ufer waren viele niedrige und ebene Pläges Wir hatten aber in dieſer Gegend des Fluſſes eine andere Unbequemlichfeit, Die Luft war voller Rauch, und roch ſtark nach einembrennenden Torflande. Vermuthlich mußte eine große Gegend brennen, wovon uns der Wind den Dampf zuwehete. Obgleich ein fehr ſtarker Wind war, fo giengen wir doch den zsten Die ganze Nacht fort. Einige Werſte vor der Mündung des Baches Tſcherendei erweiterte ſich der Lena, und hier trafen wir viele Inſeln an, davon die meiften aus einem unfruchrbaren Sande beftunden, Wir fuhren Momotowa⸗Derewna und Gorochowa⸗Saimka vorbey, die an dem linfen Ufer lagen, und kamen um fieben Uhr nach Olekminskoi⸗ Oſtrog. Hier zog fich der Fluß wieder zufammen. Die Infeln find, in diefer Gegend theils wäfte, theils von Jakuten bewohnt . Man hate uns von einer Salzquelle gefager, wo das Salz ſchon in vollkommenem j Stande ausgerworfen würde, imgfeichen von einem Berge, der aus einem reinen kriſtal⸗ lenen Bergſalze beſtuͤnde; beyde ſollten am Ufer des Baches Kaptendei liegen. Uns ſere erſte Sorge war, die Salzquelle beſichtigen zu laſſen. Ungeachtet fie nach dem Bes richte derer, die dort geweſen waren, zehen Tagereiſen von dem Orte, wo wir uns be⸗ fanden, entfernet, und der Weg dahin, wegen der vielen Fleinen Fluͤſſe und Moraͤſte, über die man gehen müßte, ſehr beſchwerlich feyn follte, fo glaubeten wir doch, eine ſo fonderbare Wirfung der Natur, von der wir in ganz Sibirien nichts Aehnliches gefuns ben hatten, verdiene, daß man fienäher uneerfuche. Die Entfernung und Beſchwer⸗ lichkeit der Reife macheten uns-Feinen Augenbli unfchlüffig ; denn wir Eanneen den Sinn: der Sibiriaken, Die alles. fehr ſchwer vorftellen, damit man nichts unternehmen möge Alſo ernannten wir den Studenten Krafcheninnitow, diefe Reife zu chun, und ga⸗ ben ihm den Unterſteiger, den Schügen , einen Soldaten, einen Dolmetſcher, und ei⸗ nen Wegweiſer mit, Man brachte ung den ıgten die Pferde zur Reife, und unfere kleine Geſell⸗ durch Sibirien „271 Beſellſchaft gieng ab. Weil wir durch dergleichen Reifen außer dem Wege aud) der Erd- Gmelins befchreibung zu nugen gedachten, fo trugen wir dem Studenten auf, den ganzen Weg — 6 Bin und ber, durch Hilfe eines Compaffes, auf das genauefte zu. beſchreiben, und auch 1739 von allen am Wege gelegenen Fleinen Flüffen und Bächen genaue Nachricht einzuziehen. — Deswegen enefchloffen wir uns, ihre Rückfunft zu erwarten, ob wohl die Kälte fich ſchon enfieng, vor welcher unfere Fahrzeuge nicht fehr verwahret waren. Den zıften wollte Herr Profeffor Muͤller die Gaufeleyen eines jafutifchen Scha⸗ Man fehen, bey denen ich zugegen war, Man richtete eine Jurte von Birfenrinden, Wie die Sommerjurten find, ganz nahe bey dem Fluſſe und den Fahrzeugen auf, und ° Zündere vor derfelben Feuer an. Der Schsman mar ein gefegter ftarfer hagerer Kerl, Mit langen ſchwarzen Haaren und haͤßlichein Gefichte. Er 309 ſich in der Jurte aus, und legete den Schamanstoc an, ber eben nichts befonders hatte, aber durch feine Ver— derrungen des Gefichtes, Werdrehungen der Glieder, fein Geſchrey, übertraf er alle Schamane, die wir bisher gefehen harten, Die langen ſchwarzen Haare, die immer in größere Unordnung geriethen, gaben ihm das Anfehen einer Zurie, und endlic) vafere er wirklich in der Jurte herum. Er gieng auf alles los, mas darinnen war, und trieb alfe Zeute Hinaus. Härte ich nicht gewußt, was die Uebung und eine ungemeine Stärfe des Leibes einen Menfchen in den Stand fegen Fönnre, zu thun, fo hätte ich mir diefe Heftigkeit nicht erflären Fönnen. Nachdem er fehr gelärmet hatte, fchien er einer Ohn- macht nahe zu ſeyn: aber zween Jakuten bielten ihn, daß er nicht fiel. Denn wenn das geſchieht, fo ſteht der ganzen Nation ein Unglück bevor, Er that endlich einige Ausſpruͤ⸗ be, in denen Wahres und Falfches unfer einander war, fing an zu prophezeyen, und hoͤrete endlich, weil er fah, uns würde die Zeit fang, mit guter Art auf Um ihm Mehr Glauben zu verſchaffen, wird erzähler , daß er drey ganze Fahre als unfinnig in den Wäldern Herumgelaufen feyn, und ſich von bloßer Baumeinde ernähret haben foll, che er mit den Teufeln des Sandes fo vertraut geworben ſey. Die Jakuten nehmen zwey Weſen an, von deren einem alles Gute, und von dem Religion der andern alles Böfe berfomme 72). Jedes von diefen bat feine Familie, und manche ih⸗ Jakuten. Fer Teufel haben Weib und Kinder, Die eine teufelifche Familie fehader dem Viehe, die Mdere errachfenen Menfihen, die dritte den Kindern, , Manche wohnen in der Luft, an ere in der Erde 73). Eben fo ift es mit. ihren Göttern. ‚Eine Gattung derſelben forger für das Vieh, -eine andere für die Jagd, andere befepügen die Menfchen-n.f. ro. alle Mer wohnen fehr hoch in der Luft. Wenn ein Schaman einen Dieb. angeben foll, fo et er alle Teufel mit Namen, und fraget fie darum... Und weil,die Teufel, ‚wie fie gen, zu bequem find, zu ihm zu kommen, fo fuchet er fie felbft in ihren Jurten auf, Die ſich die Jakuten wie die ihrigen vorſtellen. Wenn ein Jakute Frank ift, ſo bat ſich, Aberglauben ihrer Meynung, der Teufel ſchon feiner Seele bemaͤchtiget, fo daß der Körper bald derſelben. ferben muß, wenn er fie nicht zuriick giebt. Ein Wolf, fagen fie, zeiges ſich dem Hir- en niche von ſelbſt, wenn er ein Schaf geftohlen har. Eben fo macher es auch der * 9— » Die Menſchen find von Natur fehr zum manichaͤiſchen Serehume geneigt, und faſt alle Heyden rinnen VERY SE - %) Hier hat man die Sylpben und Einomen, | — ” Gmelins Reife. 1736 272 Reife nach Kamtſchatka fel, der eine Seele weggerauber hat. Wenn der Schaman auch alle Teuſel mit Na⸗ men rufen wollte, ſo wuͤrde es doch keiner geſtehen. Alſo muß er ſich zu den Goͤttern wenden, welche die Menſchen beſchuͤtzen, und von ihnen den Namen des Raͤubers erfah — zen. Alsdann fährt der Schaman felbft zu dem Teufel, und handele mit ihm, daß er die geraubete Seele wieder herausgiebt. Da die Teufel. geizig find, und mit alem für« lieb nehmen, fo machet der Zauberer vorher aflerley Gefchenfe, Felle von Eichhörnern, Iltis, Hermelin, fertig, und wenn er felbft Luft hat, ein Pferd zu verzehren, fo ver- fpricht er es dem Teufel. Stirbt der Kranfe, fo muß der Teufel mit dem, was er en» pfangen bat, zufrieden feyn. Wird er geſund, fo fchlachtet man das verfprochene Pferd. Und da fein Jakute ift, der nicht gern reich wäre, das ift, der fich nicht wuͤnſchete, daß fein Vieh gedeiben, feine Jagd glücklich feyn möchte, fo Foftet es ihm immer etwas, fei- nen Wunfch erfüllee zu feben, und der Schaman ift allezeit das Werfzeug und die Mit: telsperfon, die von den Göttern und Teufeln alles erhält, Sobald das Fruͤhjahr anfängt, fo fammlen die Jakuten alle Pferdemilch zuſam⸗ men, welche die Füllen entrarhen Fönnen. Jede Familie bringe wenigftens zehen bis funfjehen Wiedro zufammen. Dieſe laſſen fie gäbren, wie die fibirifchen Tatarn, Bursten und Tungufen'diejenige, aus der fie Branntewein machen wollen. Wenn die gehörige Menge gefammlet ift, fo wirb der Schaman des Ortes eingeladen. Nah deffen Ankunft leget die ganze Familie ihre beften Kleider an, fonderlich pußen fie einen Knaben von zwölf bis funfzehen Jahren aufs zierlichfte. Der Schaman fümmt in ſei⸗ nen gewöhnlichen Kleidern, und nicht in dem Eeremonienroce, in weichem er fich den Teufeln zu zeigen pflegt, fteller fich mitten in die Jurte, das Geficht gegen Morgen, nimmt in die linfe Hand einen Topf mit gegobrener Pferdemilch, in die rechte aber einen hölzer- nen $öffel. Die ganze Familie fist in einem Kreife, den jungen Menfihen qusgenont- men, ber fih vor dem Schaman auf dem rechten Knie hält. Der Schaman ruff mie vielen Beugungen einen Gott nach dem andern, und fo oft er einen nennet, fprüßer er einen Loͤffel Milch in die Luft. Diefes heißt die Götter fürtern, und fie fich dadurch zu Freun den machen. Weil aber der Schaman nicht weiß, ob die Götter an einem einigen Trunfe genug haben möchten, fo wiederholet er eben diefes dreymal. Wenn der Zaube rer glaubet, daß die Görter ſatt feyn mögen, fo gebt er mit der ganzen Geſellſchaft aus der Zurte, die wieder um ihn einen Kreis fhließe. Alsdenn fängt er an, von der übrig gebliebenen Milch mie großer Andacht felbft zu trinken. Er Fniet darzu nieder, und beuge'fich vorher und nachdem er getrunfen bat. Darauf reichet er den Topf dent jungen Menfchen, der ihn Eniend mit geoßer Ehrerbierhung annimmt. Der thut einige Züge daraus, und reicher ihn hernach Fniend, und mit vielen Beugungen einem jeden @ der Familie. Das gefchieht fo lange, bis der Topf leer ift. Sie nehmen zu diefer Ce remonie Feine andere, als Pferdemilch; denn ihre Götter mögen dufchaus Feine Kuhmilch haben. Die Trunkenheit machet dieſem Feſte, wie den meiſten, ihr Ende. Denn a e Pferdemilch muß ausgerrunfen feyn, und fo fange noch ein Tropfen da ift, gebt niemand von der Stelle. 4* — Das Wahrfagen aus der Hand iſt bey den Jakuten auch gewoͤhnlich, und die Schaman befigen diefe Kunft auch, die fo Lügenhaft ift, als ihre Zaubereyen. Der Schaman, welhen Herr Profeffor Muͤller Hatte kommen laflen, gab fich ebenfalls dar mit ab, und fagete ung einige Dinge vorher, die uns in Erſtaunen feßeten; unfere Dr durch Sibirien. 273 ſchaft würde den kuͤnftigen Sommer zuruͤck gehen, doch derjenige nicht, der ſchon voraus Zmelius Wäre, Das war der Herr Profeffor In Croyere und fein Gefolge. Reife, , Die Kälte, die ſchon empfindlich war, hat auf die Geſundheit des Herrn Drofeffor 173 6. Müllers ſtarke Wirfungen. Die Sonne kam felten hervor, die Stürme waren häus - ig, und die Wohnung in Fahrzeugen, die nur zur Sommerreife gemacht waren, befchwers lic, Herr Profeffor Müller entſchloß ſich alfo, nah Jakutzk voraus zu geben, und ‚ teifete den fünf und zwanzigſten um zehen Uhr des Morgens abs Ich blieb mit dem ler und dem größten Theile unferer Leute zurück, ließ meine Kajüre Falfatern und ei⸗ en Eleinen Ofen darein fegen, damit ich von der Kälte Feine Noch litte. Olekminskoi⸗Oſtrog liegt am linken Ufer des Lena, in einer-Eleinen Ebene, und af feinen Namen von dem Fluffe Olekma, welcher funfzeben Werfte unterwärrs von Der rechten Seite einfällt. ° Er ift fehr alt, und aus den erfien Zeiten, wo die ruffifchen Monarchen von den beydnifchen Einwohnern andem Lena Tribut eingefordert haben, Cs wurde anfangs nur ein Fleiner Oſtrog ohne Kirche und Thuͤrme, etwas weiter unten an⸗ geleget. Daran war nur ein einziges Haus, worinnen die zum Einfordern des Tributes beftelleten Sluſchiwie wohneten. Das Pelzwerk aber, welches einfam, und die Le— bensmittel für die Befaßung, wurden in zwo Kammern vermahret, Die in.dem Oſtrog Dazu erbauet waren. Wie nun im Sabre 1660 viele Einwohner in dieſer Gegend ſich in den dauriſchen Gegenden bey dem Fluſſe Amur nieberließen, um ein gelinderes Clima au finden, fo wollte man gleichwohl nicht den ganzen Steich an dem Lena leer. werben laf fen. Es wurden alfo im Jahre 1662 in dieſer Gegend des Oſtrogs an der Mündung des Olema, wo die Leute, die nah) Daurien flohen, vorbey mußten, eine Wache an- geleger, die Befehl hatte, fie anzubalten. Seitdem aber Daurien den Sinefern iſt ab⸗ getreten worden, hat dieſe Unftalt aufgehöret. Der neue Oſtrog beſteht aus einer. Kir⸗ »e, einem Haufe für den Befehlshaber, einem Haufe, wo man das Pelzwerf einnimmt, einem andern von zweyen Stockwerken, we man das Pelzwerf und den Kriegesvorrarh aufhebt, einem Kornmagazine, einem Zollhaufe mit zwoen Stuben, davon eine zur Brannte- weinſchenke dienet, einer Bierſchenke, aus vier Häufern, in denen Sluſchiwie wohnen, AUS einigen verfallenen Hütten und jakutiſchen Jurten. In dem ganzen olekminskiſchen cbiethe ſind nicht mehr, als ſechs und vierzig Bauern, weiche in hin und her zerſtreueten oͤrfern und auch in Juͤrten wohnen. Das fand um den Oſtrog iſt nicht unfrucht⸗ er, als im KYitimst,da Olekminsk nicht mehr, als fünf und fünfzig Minuten, weis gegen Morden liegt. Beyde Bezirke würden zur Ernährung einer großen Menge Einmohner binlänglich ſeyn, weil der Boden gut iſt, und viele Felder hat, Die nur felten | ebauer werden. Roggen, Gerften, aber, Hanf Fömme bier gut fort, auch das Som ı Merkorn wird in gewiffen Jahren reif, Nach dem Weizen mag wohl nicht. gefraget wer den, ſonſt wiirde er bier auch gerathen· So arm aud) ein Bauer ift, ſo haͤlt ex, ich doch einen Jakuten zur Arbeit; denn er ſelbſt arbeitet wenig. Ex bezahlet für den Jakuten den Tribut, und giebt ihm feinen Unterhalt, der ihm wohl nicht hoͤher, als das Futter ei⸗ nes Hundes zu ſtehen kͤmmt. Aerndet er etwas Getraide ein, fo. behaͤlt er kaum fo viel davon, als er den Winter über brauchet, und iſt wegen des Mangels unbeſorget. Die ELbensart der Jakuten iſt ihm nicht fremd, und ser weiß ſich auf eine Zeitlang darein u ſchicken. Das Korn, das er nicht noͤthig zu haben glaubet, verkaufet er, und verfäuft das Geld, Der groͤßte Theil deſſen, was man hier bauer, wird zu Brannteweine ver⸗ Allgem, Beiſebeſchr. Xix Band. Mm brauchet, Gmeling Reife, 1736. — s 274 Reiſe nach Kamtſchatka brauchet, das aber nicht fo viel Feuer erfordert, als an andern Orten. Selten hat ein Bauer zu Anfange des Frübjahres fo viel Korn, als er zum Samen brauchet; er muß warten, bis es ihm aus den obern Gegenden gebracht wird. Weil er alfo fein Korn viel fpäter füen Fann, als in den obern Gegenden, die mehr nach Mittage liegen, fo wird es nicht allemal reif. Im Winter gehen die Bauern meift auf den Eichhörnerfang, fie fangen auch wohl einen Fuchs, aber die Zobeljagd ift ihnen viel zu mühfanı, Und was fie dadurch erwerben, wird alles wieder durch die Gurgel gejaget · Bey meinem Hier- feyn hat einmal ein Bauer fünf Nudel in einem Tage vertrunfen, Die Jakuten, wel che begütert find, leben eben ſo. Sie faufen wohl niche unaufhoͤrlich, weil fie feinen Branntewein haben, aber fie gehen doc) ſtets müßig, welches die hoͤchſte Gtückfeligfeit alter Völker in diefer Gegend ift, die, Tungufen ausgenommen. Man findet bier wer nig Ruffen, die ihre Murterfprache verftehen, aber Jakutiſch reden fie alle fehr gut. Bier le Ruffen leben auf jakutiſche Art mie ihnen in Jurten, ohne veinticher oder efeler zu feyn. Die Zwiebeln, die überall, aud) durch ganz Rußland und in den übrigen fibirifchen Sand» fchaften, fo gemein find, Fennet man bier fehr wenig. Rüben, Rettig, Kohl und gelbe Ruͤben, werden nur von wenigen gefäet, und noch darzu fehlecht gewartee. Die Ruſſen find zufrieden, wenn.fie, wie die Jakuten, viel Pferde, Kühe und Ochfen haben. Sit balten auch Schweine und Hühner, aber feine Schafe. In feiner Gegend ſieht man fo viel Mäufe, als um Olekminsk, und doch findet man nicht eine’ einzige Katze. Die Karten, welche eirtigermaßen der Katzen Stellen vertreten Fönnten, find ein leckeres Ge richt für die Jakuten, und diefe haben fie fo verfolger, daß fie faft ausgerorter find. Als fo fämme bier der meifte Theil des Kornes, das man bier einaͤrndet, und nicht verfäuft, eher den Mäufen, ale Menfchen, zu Gute. Die Lebensart der Sluſchiwie, die zum Oftrog gehören, iſt nicht weniger außerordentlich. Gie find reich, weil fie von den Jakuten fo viel rau⸗ ben, als fie wollen. Ihre ganze Verrichtung beftehe im Saufen. Die Zeit über, da fie Tribut einfammlen, verforgen fie fich auch felbft aufs ganze Jahr, und zwar reichlis cher, als daß fie alles verzehren koͤnnten. Den zıften Auguft erhub fich Abends ein Sturm aus Welten, der uns die ganze Macht beunrubigee, Die Wellen fehlugen mit unerhörrer Gewalt an die Fahrzeuge. Alles krachte, und da fie fo fihleche gebauer waren, fo mußte man fehr in Sorgen feyn. Doch bielten fie den Sturm aus, und wurden nicht beſchaͤdiget. Der Sturm legere fich um drey Uhr des Morgens, und darauf Fam ein ftarfer Negen, der nicht lange andielt, SO fehr man fich während dem Sturme gehüter hatte, daß die Fahrzeuge nicht ans Sand ſto⸗ fien follten, fo wenig war es möglich, der Gewalt des Windes zu widerftehen, es war alſo, nachdem fich der Sturm gelegt hatte, unfere erſte Sorge, fe wieder ins Waffer zu brins gen. Das gefchah auch, nur das meinige lleſ den. Augenblick voll Waſſer. Ich hatte ſchon beym Anfange des Sturmes die Vorficht gebraucher, alles, was unten auf dem Bo⸗ den fag, in die Höhe bringen zu faffen, alfo kam mir nichts zu Schaden, wie andern, DIE fich gleichfalls darauf befanden, und fo vorfichtig nicht geweſen waren. den ıften September famen die Felomeffer Perer Skobelzin und Waſili Sch tilow, welche wir den vorigen Sommer von Nertſchinsk aus an die Quelle des 110 geſchicket hatten, von Jakutzk hieher, und: giengen: wieder nad) Irkutzk, um von der Kanzelley eine neue Abfertigung nach eben dieſen Gegenden zu erwarten, weil bie von und veranſtaltete Reife nicht geendigee war Bey ihnen war ber Wegweifer, den u — ele ) durch Sibirien, — Selenginsk ausgekundſchaſtet hatten, und noch ſieben Sluſchiwie, die übrigen waren mnetin⸗ Ale davon gelaufen. Sie hatten ungefähr die Hälfte des ihnen vorgefchriebenen Weges Reife, Burücigeleger, als fie an dem Bolſchaja · Jelowaja überminterten, von da waren fie im 1736. Fruͤhjahre mit Schrittſchuhen laͤngſt dieſen Bach fortgegangen, bis wo er in den Njuk⸗ * fälle, Hier hatten fie ſich einen Kahn gebauet, waren mit dem erſten Waſſer den Nukſa und Olekma hinunter gefahren, und noch ehe der Lena aufgegangen war, an die Mündung des letztern gekommen. Alsdenn waren fir vierzehen Tage in Olek⸗ minskoi⸗Oſtrog geblieben, den zten Junius zu Jakutzk angelanget, und den ıgten — uguſt wieder abgereifet. Hier bey uns hielten fig fi) bis den andern Abend auf, und fegeten atsdenn ihre Reiſe fort. | Den zten des Morgens Fam der Student Kraſcheninnikow von der Salzquelle und dem Salzberge zuruͤck. Er war ben zoften Auguft bey der Salzquelle angelangek, hatte fich dafelbft etwas verweilet, und war denfelben Tag weiter gegangen. Den an dern Morgen war er bey dem Salgberge angelanget, und auch diefen Tag wieder abgereifer. Die Salzquelle liegt zwey hundert und dreyfig Werfte in gerader Linie von Olekminskoi⸗ Oſtrog zwiſchen Nordnordweft und Mordweſt gen Süden. Es ift nicht eine, ſondern es find viele Quellen, welche an dem rechten Ufer des Äaptendei, an einem niedrigen Orte, der auf hundert und zwanzig Faden lang und dreyßig breit iſt, aus der Erde entſpringen. Man fiehe gegenwaͤrtig nur zwo Quellen, aus welchen mit dem Waſſer ein fihneemweißes Salz m großer Menge ausgeftoßen wird, das einem fehr feinen Sande ähnlich fieht, Dies feger fich um die Quelle in Stücken zufammen, die man für Steine von einem fehönen weißen Sande anfehen follte. Nicht weit vonder Quelle machet das Waſſer kleine Seen, iſt aber nicht mehr fo ſtark, daß ſich das Salz anfegere. Der Salzberg liegt dreyßig erſte von der Quelle gegen Morgen, und wie ſie, auf dem rechten Ufer des Kapten⸗ dei. Er iſt dreyßig Faden hoch, und von Oſt nach Weſt zwey hundert und zehen Faden ng. Vom Fuße an, bis auf zwey Drittheil feiner Höhe befteht er aus einem Salze, das in großen eubifchen Kryſtallen zufammengemachfen, und nicht mit der geringfien Er⸗ e oder andererUnreinigfeit vermifcht iſt Das obere Drittheil des Berges befteht ans einer rothen leimichten Erde, zwiſchen welcher ein weißer durchſichtiger Talk bricht, der ſehr Mhön iſt. Der Berg ift an der Seite nad) dem Fluſſe zu ſehr ſteil. Das Salz vonder uelle iſt eben fo befchaffen, wiedas Berafalz, und Die Ratur hätte Fein fehöneres Küchens 5 bervorbringen Fönnen. Die Einwohner von Olekminsk nennen es rothes Salz, weil fie nicht leicht anderes geſehen haben, als dasjenige, woran dor rothe Leimen hängt, mit welchein der Berg bedecket ift. Denn fie geben ſich nicht die Mühe, das Salz aus: zuhauen, fondern leſen nur dasjenige auf, weiches Det Regen abgelöfer und mit dem Lei⸗ Men dem Borg hinunter gefpület bat; ober fie ſchlagen unten etwas Salz ab. Sonft geben fie vor , das Bergſalz fauge zu nichts, und alles, wozu es gebraucht würde, ver: ß rbe. Aber fie mögen es wohl nur Deswegen thun, damit es ihnen nicht verbothen wer» de, ſich deffen zu bedienen. Die Salzquelte iſt ſchon in den erſten Jahren bekannt gewor⸗ den, als ſich vie Ruſſen dieſer Gegend bemaͤchtiget haben. — Bey Gelegenheit dieſer Unterfuchungen, erfuhr ich, daß es in eben der Weite, näm- lich ſieben oder acht Tagereiſen von Olekminskot Oſtrog, der Quelle des Fluſſes Ta⸗ bücyindg oder Tabuſfuͤngda gegen Mitternacht, noch einen geſalzenen See gäbe, welchen die Jakuten Tuſtak nennen, Dieſer See hat bey feuchtem Wetter ungefähr / Mm“ drittehalb . Gmelins Reiſe. 1936. wußte noch niemand etwas von den zuruͤckgebliebenen wier Fahrzeugen, und ich beſorge⸗ 276 Reiſe nach Katntſchatka drittehalb Faben im Durchmeſſer, und einen halben oder ganzen Fuß Tiefe. Uber bey trockener Witterung ift er kaum zwo Ellen breit, uud das falgichte Waffer ſieht ganz weiß. Das Salz feßet fi auf dem Grunde in eubifchen Kryftallen. Von der Salz quelle, die am Bache Kaptendei liegt, bis an diefen See rechnet man fünf Tagereifen, oder hundert und fünf und dreyßig Werfte, Die gemeinen jakutzkiſchen Tagereifen find von lafteragenden Thieren zu verftehen, womit fie gemeiniglich in. einem Tage zwey oder drey Koß zurüdlegen. Ein Koß aber ift vermuthlich Fein genau beſtimmtes Maaß/ etwan wie die deutſchen Stunden, die bald groß bald Flein find, ungefähr macher er zehen Werfte aus, Die ganze Zeit, als ich in Olekminskoi⸗Oſtrog war, hatte ich nicht einen einzi⸗ gen fehönen Tag. Der Himmel war ſiets ſtuͤrmiſch, und die Stuͤrme kamen gemeinig⸗ lich aus den Gegenden zwifchen Suͤdweſten und Nordweften. In den legten Tagen fies fen fchon die Blätter von den Bäumen ab, alle Pflanzen verwelketen, und die Stürme brachten bisweilen Schnee mit. Die Kälte nahm nad) und nach zu, und war fchon wie fie in Deutſchland zu Ende des Herbftes zu feyn pflege. Des Morgens fror es, bisweilen fiel ein Reif: alfo hatten wir ‚Feine Urfache, unfere Reife länger aufzuſchieben. Ich nahm noch vierzehen Jakuten und acht ruffifche Bauern den Arbeitsleuten zu Huͤl⸗ fe, und gieng den 4ten September um Mittage ab. Um drey Uhr Nachmittage führen wir die Mindung des Olekma vorbey, unter der fi) ein großes Feld anfänge , das fi) längft dem Lena auf fechs und zwanzig Wers fie erſtrecket und Bogatoi⸗Nawolock heiß, weil man fonft Zobel und Fuͤchſe bier fehr häufig zu fangen pflegere. Abends giengen ivir bey noch einem falzichten Fluſſe vorbey; der linfer Hand in den Lena fälle Ich ließ Waſſer daraushohlen, das ſehr falzicht ſchmeckete, und alle Proben hielt, dergleichen ich mit andern geſalzenen Baͤchen, die in den Lens fallen, gemachet hatte. Den sten ſchiffeten wir den ganzen Tag ohne zu ru⸗ dern gluͤcklich fort, des Abends aber bekamen wir Sturm. Der Wind trieb unfere Fahre zeuge mit Gewalt an das linke Ufer: aber ich hielt es nicht für thunlich, da anzuhalten, weil fie hier noch mehr als in dem freyen Waſſer würden gelitten haben. Endlich, ehe wir nad Bolſchaja Talba Famen, geriethen wir auf eine Sandbank, macheren und aber bald los. Den andern Morgen um drey Uhr liefen wir noch auf eine Sandbanf, die mitten im, Fluſſe war, und braucheten viel Zeit, uns loszuarbeiten, und der Sturm bielt noch an, als wir wieder abftießen. Er legete ſich endlich um fieben Ubr, und der Morgen war fchön. Die andern Fahrzeuge waren weit zuruͤckgeblieben, fo daß wir fie fait nicht mehr fehen Eonnten. Ich eilere aber, noch denfelbigen Tag nach Chatut⸗Ari zu fommen, wo eine jafutifche Poftftation if, Um Mittage wurde uns-der Wind güns fig, und ich ließ ein Fleines Segel auffpannen , welches ung febr viel half, Um fünf Uhr bes Abends langeten wir bey Chatuk⸗Ari (Birkeninfel) an, die am linken Ufer des Lens liege. Die Jakuten, welche gegen die Bauern von Olekminsk folften ausge wechfelt werden, waren fehon bereit, Herr Profeffor Müller hatte bey feiner Durch” reiſe einen Soldaten zurücgelaffen,, melcher fie indeffen verſammlet Hatte, aber ich muß se warten, bis alle unfere Fahrzeuge wieber zuſammen fließen. cd wartete big nach) Mitternacht, und es fam feines, Endlich legere ich mid fhlafen, und hatte befohlen, des Nachts, fo bald: fie angefommen mären, abzureifen. "Allein, dem andern Morgen ee, f durch Sibirien. — ee, es moͤchte ihnen ein Ungluͤck widerfahren ſeyn. Um es gewiß zu wiſſen, ſchickete id) Gmelins men Soldaten zu Pferde zuruͤck, welcher fo: weit geben: follte, bis er die Fahrzeuge er» Veiſe. seichen wuͤrde, und mir von ihnen augenblicklich Nachricht bringen. Ex kam mit den 7736 abrzeugen um Mittage zurück, Die Urfache ihres Außenbleibens war, weil fie auf eben ! Sandbänfe, als ich, gerathen waren, und die ganze Macht hatten arbeiter müffen, UM los zu kommen. Ueberdiefes hatte niemand darauf gefehen, daß ich voraus gegangen , War, weswegen fie einen halben Tag an denr Ufer ftill gelegen und mich erwartet, auch) Are nach den. Sandbaͤnken zuruͤckgeſchicket harten, die mir helfen ſollten. Wir reiſeten ‚ Bfammen mie einem ftarfen Nordwinde ab, der uns gerade entgegen wehere. Mit An⸗ 4 fange der Nacht legete er fich, und wir macheten uns zum erſtenmale den Mondenfcheire uße, da der Himmel bisher mie digen Wolfen war bedecket geweſen. | Des Morgens um feche Uhr erveicheren wir diejenige Gegend an dem Lena, welche vegen einer Reihe Berge berähme ift, die am linken Ufer wie Säufen gerade ih die Hoͤ— e ſtehen, und von verfchiedener Höhe find: - Diefer Det, der alfe Keifende in Verwun · derung feget, beißt Stolbi, Ich ließ das Fahrzeug: zwo Werſte unter dem Orte ane halten, wo diefe fäulenförmige Berge angeben, ſowohl am fie nahe zu beſehen, als auch eine Eifenmine zur unterſuchen, aus der man feie dem vorigen Jahre für die Famtfchatkis ſche Gefellfihaft Erzt förderte, Diefe Berge find eine fo feltene als ſehenswuͤrdige Sache; Bon unten. bis oben gehen aus denfelben viele Stücke theils wie runde Säulen, theils wie diereckichte Schorfteine, theils wie große fteinerne Wände, zehen bis funfjehen Faden ch, und man follte ſich einbilden, man fehe die Ruinen einer großen Stadt, Je weis ker man davon ift, deſto fehöner fehen fie aus, weil bie hintereinander ftehenden Säulen: allerhand Geftalten machen, nachdem man fie von dem oder jenem Stande betrachtet» Ne Bäume, welche darzwifchen wachfen, machen den Anblick'noch ſchoͤner. Diefe Ber- ge gehen auf fünf und dreyßig Werfte in einen ſort, nehmen nach und nach ab, bis fie fh ganz verlieren. Der Stein, woraus fie beftehen, iſt rheils ein wilder Stem von als lerhand Farben, theils ein vorher bunter Marmor von aflerley Art. Zwiſchen den Säur R findet man bin: und‘ wieder gutes Eiſenerzt, und unten am Berge, wo die Ausficht Angehe, find ein Paar Hütten von Neifern wie Jurten aufgeführer, worinnen ſich die Urheiter eg Nachts und die Feſttage über aufhalten Ich begab mich auf den Berg, Ku gefäpr drey Viertheil einer Werfte hoch ift, und fand die Leute in: der Arbeit. Sch be aber nirgends Erzt mit fo leichter Mühe gewinnen fehers > ar Es bricht meiftentheils in einem gelben oder rothen Eiſenmulm, und man förder Kot bloßen Schaufeln. Acht bis zehen Arbeiter bringen in einem Tage vier hundert ünf hundert Pud Erzt zufammen Man wirft es in einen hölzernen Kaften, und m er voll ift, ſo wird er mit Balken bedecket, und von unten angezuͤndet. Wenn alles Verbranne ift, fo ift das Erzt genug geröfter, und man füllee es in lederne Säde, an Der gu cn Riemen iſt, womit ein Kerl ihn: um die Schultern bindet. * Damit läuft er dent gauf das gefchwindefte herab, und hält fich, vermittelſt eines Stockes, der an dem Rie⸗ Men haͤngt, wenn er an fchlüpfrige Derter koͤnmt. Sn vier Minuten koͤmmt er der tg hinunter, und muß alle Tage acht bis zehenmal bin und. ber laufen Das Erzt in Fahrzeugen nach den Hütten gebracht; von denen ich weiter hin veden werde. Ich verließ diefen Ort um zehen Uhr des: Morgens. Der Fluß erweiterte ſich, und var ſaſt drey Hefte breit, Wir frafen noch —— kleine Inſeln an, und ich ließ um m J vier Gmelins Reife. 173% in Jakutzk, und die Jakuten flohen davon, fo bald fie nur Fahrzeuge ſahen. Nachdem 278 Reriſe nach Kamtſchatka vier Uhr bey ber Serchenbauminfel ( Tit⸗Aru) anhalten, um, wenn es angienge, unſere akuten, bie fehr müde waren, mit andern zu verwechfeln 74). Die Inſel ift voller Jakuten: aber der ruffifche Befehlshaber, zu welchem ich deswegen gefchicer hatte, war ich alfo eine Stunde hier verweiler hatte, fo fuhr ich mit einem ftarfen Nordoftwinde fort; der ſich mit Anfange der Nacht legere. Wir hatten eine fehöne belle Nacht, und fahen um eilf Uhr einen Ring um den Mond. Gegen Mitternacht aber, da wir efwan funf⸗ zehen Werſte laͤngſt an einer Inſel, Toſon⸗Aruͤ, herunter gefahren waren, kamen wit alle mitten im Fluſſe auf dem Sande zu ſitzen. Da mein Fahrzeug das erſte war, ſe gerieth es auch am tiefſten in die Sandbank, und die Leute mußten mir von allen uͤbrigen zu Huͤlfe kommen, um mich los zu machen, welches erft gegen fünf Uhr des Morgens geſchah. Wir hätten uns mehr am rechten Ufer des Lena halten füllen, aber es war fein einziger Wegweifer da, der die Fahre recht verftanden hätte. Um fieben Uhr des Morgens Famen wir bey einem großen Nebel an den Ort, wo die Fahrzeuge, welche nach Jakutzk geben, gemeiniglic) vom rechten Ufer nach dem linken rudern; und unfere Arbeie ter verficherten uns, daß, wenn man auf der rechten Seite fortgienge, und in dem Lauft und den Inſeln des Fluſſes nicht fehr erfahren wäre, fo fähe man Jakutzk nicht, und führe gerade nah Schigan. Der Wind war noch Lrordoft; er ward füheftig, daß wit Faum von der Stelle Famen, und unfere Arbeiter überaus abgemattet wurden, Um zwey Uhr Nachmittage kamen wir bey Pokrowski⸗ Monaſtir, und ich ließ haften, teils um einen guten Sotfen zu befommen , theils beſſer Wet er zu erwars sen. Den Lotſen fand ich bald, aber das Wetter ward nicht anders. Sonft war an dem Orte nichts, mic) aufzuhalten. Das Klofter war um 1718 oder 1719 gebauet, und vor vier Jahren abgebrannt. Es war nichts mehr, als einige fehlechre Zellen, und ei nige ſchwarze Stuben übrig, in denen zum Kiofter gehörige Leute wohneten. Auch ſtun⸗ den noch ein halb Dutzend Jurten neu getaufter Jakuten in der Nähe. Alles das mat ſehr bald befehen, und als ich wieder ans Schiff Fam, war der Wind fo heftig geworden, daß es in große Gefahr Fam, zumal an dem fteinichten Ufer. Ich entſchloß mich alſo⸗/ weiter hin einen Ort zu ſuchen, wo die Fahrzeuge ſicherer wären. Man konnte nicht ans ders, als mit dem Hintertheile des Schiffes voran gehen; denn fo oft als wir eg mir dem Vordertheile verfuchten, drehete der Wind das Schiff gleich um. Wir fuhren um fuͤnf Uhr ab, und um ſieben Uhr waren wir noch nicht drey Werſte weiter gefommen: doch liefen die Fahrzeuge im tiefen Waffer weniger Nord, als am Ufer. Der Wind legete fich ein ivenig, und wir erreicheten um zehen Uhr ein gutes Ufer, wo der Wind, der wieder mit voriger Heftigfeit zu weden angefangen hatte , ung nichts thun konute. Ich ließ hier anhalten, und erwartete beſſeres Wetter. Es war eine Inſel am linken Ufer des Fluſſes Woferi»Arüts, an der fiunden wir, Der Wind gieng die ganze Nacht mir der groͤß⸗ ten Gewalt, ſchien aber mit dem Tage etwas nachzulaffen, und wir fuhren wieder ad Wir waren Faum eine Werfte weir, als ex wieder fo ſtark ward, wie zuvor, und wir hat⸗ ten alle Mühe, das Ufer diefer Inſel an ihrem untern Ende wieder zu erreichen. Die fer Wind daurere den ganzen Tag hindurch, und der Himmel war fters mit dicken * 74) Die Jakuten, ſaget Herr Gmelin, verhalten ſich In der Arbelt zu den Rufen, tie ein bu⸗ raͤtiſches Pferd zu einem tuffifchen, i durch Sibirien. 279 ken bedecket. Das Wetter klaͤrete ſich Abends ein wenig auf, und der Wind legete ſich. Gmelins Ich wollte mir alſo dieſes zu Nutze machen, und gieng weiter. Wir ſollten von hier auf Veiſe. der rechten Seite des Fluſſes gehen, und der Anfang war gut. Aber bald lief der Wind 173 5° Nordnoröweftlich, und murde fo ſtark, als er noch nie gemwefen war. Vier feute am euerruder, und zween an jedem andern Ruder, waren nicht im Stande, das Fahrzeug zu halten. Der Wind trieb uns zwar an das rechte Ufer, aber viel näher, als uns lieb \ Mar, Unſere Leute hatten unfäglihe Mühe, die Fahrzeuge zu regiren, bis man an einem een Orte wäre, wo fie nicht jerfihlagen würden. Wir waren Charjalat Art ger gen über, als wir am Ufer landeren, und unter diefem Orte war das Ende der Inſeln, die ſich im Fruͤhjahre vigg weiter erſtrecken, und bis nad) Schigan in einem fortgehen, 8 war nicht möglich, weiter zu kommen, weil man wieder an das linfe Ufer fahren muß« fe, von dem ung ein heftiger Wind abhielt. Da es hier viel feichte Derter giebt, fü mußten wir ung bald nach der Nechten, bald nach der Finfen wenden. Die Nacht über lagen wir ftill. Mit dem Tage wurde es wieder etwas ftill, und wir fiengen an, ber den Fluß zu rudern: wir waren aber noch nicht in der Mitte, als der Wind wieder fo heftig ward, daß er das Fahrzeug gleich mitdem Hintertbeile vorwärts Eehrere, und ung, un« geachtet alles Widerftandes, an das rechte Ufer trieb, mo wir auf eine Sandbanf ge riethen. Zu unferem Ungluͤcke befanden wir ıms einem Thale gegen über, wo fich der Wind fing; man fagete, die $uft möge noch fo ftilf ſeyn, fo mürde doch der Wind aus diefem Thale gehen. Es mußten alle unfere Leute arbeiten, daß wir von der Sandbanfe und dem rechten Ufer abkommen Fönnten, damit, wenn es ja niche möglich wäre, das linfe Ufer zu gewinnen, mir doc) an einer andern Stelle dem Winde nicht fü ausgeſetzet waͤren. Endlich nach; ungemeiner Arbeit glücfete eg ung, an das linfe Ufer zu Eommen, und je mehr wir uns ihm näberten, defto fteiler ward es, weil diefes Ufer ſunfzehen bis Wanzig Faden hoch ift, und den Fluß vor dem Winde von diefer Seite ber ſchuͤtzet. Ge— genüber iſt die Mündung des Tanga, an welchem die obengedachten Eiſenhuͤtten ange et find. Ich hätte fie gern gefehen, aber ich wagete es nicht, die Fahrzeuge in einer veränderlichen Jahreszeit ſtill liegen zu laſſen; denn es hätte unterdeffen ein Sturm entjtehen koͤnnen, der mich verhindert hätte, wieder zu ihnen überzufahren. Außerdem Onnten wir nicht zeltig genug nach Jakutzk kommen, weil unfere $eute ihren Vorrath Aufgezehree Hasten, und beynahe heuce ſchon Hunger litten. Alſo nahmen wir unfern eg gerade nach) der Stadt. Da, wo das hohe Ufer einen andern Strich annimmt, thei⸗ et Ih der Lena in drey Arme, Wir fuhren den mittelften hinunter, hatten uns aber kaum von dem linken Ufer entfernet, das uns vor dem Winde fehügete, als er uns aufs Ue zu plagen anfteng. Unterdeſſen arbeiteten wir fo ſtark, daß wir um eilf Uhr des orgens an die Mündung diefes Armes kamen. Won de fuhren wir unter beſtaͤndigem Rudern verfchiedene Inſeln vorbey, und mußten bald die rechte, bald die linfe Seite nehmen um die Sandbaͤnke zu vermeiden, wozu ein guter Lootsmann gehöre. Ende N — Sonnen Untergange kamen wir nach Jakutzk, und erreicheten zuerſt den untern el der Stadt. ’ .Ich traf hier meine Herren Collegen in guter Gefundheit an, und die ganze aka⸗ Ankunfſt des demiſche Geſellſchaft kam alſo wieder zufammen. Herr Profeſſor de l Isle de la Croye⸗ — war den zoften Junius, und Herr Profeſſor Müller den zuſten Aug. angekommen. liu in Jakutzk. Von dem Seecommande fanden wir hier den commandirenden Hauptmann. Beering, | den. 289 Reife nach Ramffihntee den Lieutenant Waxel, und den Stabeswundarzt Buskowski Bald hernach Fam Gmelins Reife, der Sieutenant Jendaurow, der Wundarzt Seige, und der Schiffer Bieli an, wer 2736. che alle um Proviane zu holen ausaefihicket waren. ; Dev Sauf des Lena war von Ölekminskoi-@ftrog faſt beftändig Oſt oder Nord. oft, und die legten zwanzig Werfte-meifteng nordredres. Won dem Stelbi an wurden die Berge felten, das Erdreich, welches mir feicdem ſahen, war groͤßtentheils fanbicht, Das Holz, an welchem auf dem ganzen Ufer des Lens Fein Mangel gesvefen war, ſtund „hier nicht fo dicht, als in den oberen Gegenden, doch fell es ſich bier von allen Arten fin⸗ den. Die Weiden waren bier auch in nicht geringerer Menge zu ſehen, als vorher, doch ‚wenig von der großen Gattung. Don Olekminskoi⸗Oſtrog an fahen wir an deu Ufern viel Felder, und bier nicht weniger. Die Jakuten haben den Woreheil davon, daß fie ihr Vieh den ganzen Winter auf der Weide laffen koͤnnen; es wird war nicht febr fett, aber.es ftirbe doch auch nicht Hunger, zumal wenn fein tiefer Schnee faͤllt. Denn Das ift das größte Uebel, das Gott einem Jakuten ficken Fann, wenn ein tiefer Schnet fällt, ber Lange liegt, Er bat fein Futter in Vorrathe, das Vieh mag es füchen, mo es fann. Auf unfeen Fahrzeugen fehnere ſich jedermann, unters Dach zu fommen, und die Kälte fehien mit Fleiße zugunehmen, um ung ungebuldiger darnad) zu machen. Gleich⸗ wohl fah ich wenig Anfchein, daß mir gute Quartiere befommen follten. Sie werden in allen euffifchen und fibirifchen Städten von der Poligey angewiefen. Weil ſich aber der commandirende Hauptmann der kamtſchatkiſchen Seereife hier befand, und viel Dfficiere ‚won der Flotte bey fich harte, fo Hatte er von der Ranzelfey verlanger, daß ihm die An weifung der beften Quartiere überlaffen würde, und feine Einrichtung war ſchon vor uns ferer Ankunft getroffen. Da wir alfo von dem Woywoden Quartiere verlangeten , ſo ‚meldete er uns, daß Diejenigen, die er noch zu vergeben haͤtte, ſchlecht wären, doch ſoll⸗ ten wir noch die beſten davon haben. Ich fuͤr meine Perſon bekam gleich den andern Tag ein gutes Quartier, das ich auch den Augenblick bezog: aber dem Maler ‚ dem ‚Studenten , dem Dolmerfcher und dem Unterwundarzte wurden fo fehlechte Stuben am gewiefen, in Denen man faft, zumal den Winrer hindurch, nicht wohnen. Eonnte, Ich habe ſchon vorher von den Unbequemlichkeiten der ſchwarzen Stuben geſagt, die in ganß Sibirien einander gleich find. Das Papier, worauf man fehreibe, mird augenblicklich vom Ruße ſchwarz, die Farben der Maler müffen auf ganz andere Weile gemiſcht wer⸗ den, weil ſich ihnen nothwendig viel Schwaͤrze anhaͤngt; alle dieſe Beſchweruchkeiten fand ben wir in den angewieſenen Stuben, Einige harten feinen Dfen, oder gaben, went fie geheizet wurden, einen folchen Qualm von fih , daß einem der Kopf davon haͤtte zer? fpringen mögen. Ein jeder, den eine ſolche Stube angemiefen ward, ſah fich zwar ge⸗ noͤthiget, fie zu beziehen, aber mit der ausdrücklichen Verwahrung, daß fienicht daft flünden, wenn ihre Arbeiten darunter litten. Wir hatten zwar Befehle bey uns, daß man uns allenthalben die beften Quartiere geben follee. Und weil es etwas Ungewohnliches war, daß die Polizey unter einem durchreiſenden Officier der Flotte ſtehen file, Br wand 75) Der Zeng friert eben fo zu, wie alfe Fluͤſſe, Waſſers ganz verſtopfen, daß mun eine fefte Ober? indem die Eisſtuͤcken an einander atitreißen , zu⸗ fläche iſt. Doch ſoil, wiewohl ſelten, beh —9* ſammengefrieren, und endlich den Durchgang des kutzk der Fluß von einer plöglichen Kälte auf 9— . durch Sibirien. eg vandten wir uns an die Kanzelley, und verlangeten beſſere Quartiere. Wir thaten die Gmelins es mit Fleiß, um unſerer Unabhaͤngigkeit von dem Seecommando nichts zu vergeben, — 36 mit wir es nicht zu ſpaͤt bereuen moͤchten. Es halfen aber alle Vorſtellungen nichts. r ſahen wohl, daß der Woywode, Alexei Jeremeitſch Saborowski, ſo gut er ſich gegen uns bezeigete, den Frieden noch mehr liebe, und mit dem commandicenden Haupt« Manne nicht gern anbinden wolle. Eben fo merfetenwir, daß, wenn wir es aufs änßer- ſte kommen ließen, und unſer Recht vertheidigten, wir ſelbſt, und unſere Gefchäffte, die uns noch mehr am Herzen lagen, am meiften darunter leiden würden. Wir entſchloſſen Uns alfo, fo viel als möglich, den gelindeften Weg zu wählen, und ſtelleten vor, wie Unbillig es wäre, daß man aus Eiferfucht das gemeine Beſte leiden ließe, zu dem wir alle das unferige beytragen ſollten. Diefes Betragen richtete fo viel aus, daß wir nad) und Rad) erträgliche Quartiere für .unfere Leute befamen. Indeſſen, da wir befuͤrchteten, es _ Möchte uns zu Ochotzk und Ramtſchatka noch ſchlimmer gehen, fo flatfeten wir von dieſer Auffuͤhrung gegen uns an den dirigirenden Senat und die Akademie Bericht ab, "und barben, an das Seecommando gefihärfere Befehle zu fihicken, daß es ung Fünftig in unfern Geſchaͤfften nicht binderlich ſeyn, fondern vielmehr allen möglichen Vorſchub thun follte. Da übrigens die reicheſten Einmobner die beften Häufer haben, und gern mit Einquartierung verſchonet ‚bleiben , fo wiffen fie fehon demjenigen, der die Quartiere an- weiſet, Gefchenfe zu machen, die öfters von ziemlich. hohem Werthe find. , Alfo war das Begegnen, welches wir erfuhren, nichts Außerordentliches; Da wir mit diefen Streitigkeiten zu ehun hatten, nahm der Winter mie Macht zu, Den ıgten Sept. fieng der Lens an, Eis zu treiben, welches fich täglich vermehrete, bis den agften der Fluß ganz zugefroren war 75), daß man den folgenden Tag mie Schlite fen darüber fuhr. Das Eis wird in wenig Tagen ſo dick, daß man fehr große Stücen Gum Gehrauche der Einwohner daraus hauen Eonnte, Denn man brauche das Eis hier Mehr, als man ſichs an andern Orten einbilden Fann, Wenn nämlich die Fenfter der ohnungen nicht recht genau fihließen, fo find fie nicht vermögend, Die Zimmer vor der Rälte yon außen genug zu verwahren. Auch die Keller, worinnen man Bier, Wein, erh, hat, koͤnnen auf die gewöhnliche Weiſe mie Thuͤren und Pferdemifte nicht genug der dem Frofte gefchüger werden. . Aber ſelbſt die Kälte biethet ein Mittel, dar, ihr den gang in die-Häufer zu verwehren. Es werden Stuͤcken reines Eis, in denen fein rc) ift, in der Größe, als die Fenfter find, ausgehauen, und von außen angeſetzt. lsdenn begießt man fie mit Waſſer, daß fie angeſrieren, fo halten fie feſt. Dieſe Eis. enſter nehmen nicht viel icht weg. Wenn die Sonne fiheint, fo ift es in der Stube o belle, ats bey Glasfenftern; und der Sturm mag außen noch fo. heftig ſeyn, ſo dringe eine Kälte in das Zimmer. Was wohlhabende Leute find, die in ihren Haͤuſern Fen⸗ er haben, die fegen fie inwendig an das Eis an, und machen dadurch, daß die Stu- be vor den Ausdünftungen deffelben frey bleibt. Das Getränk gefriere in den Kellern find, Yu ch diejenigen, welche die Fenſter bloß mit Eife verwahren, befinden. fich 24 Er Ä Dabey, nicht geſchwinder, als bey uns, wenn die Fenſterloͤcher auf dieſe Art mit Eiſe verſetzet wiel fo dicke als ein Brey werden, und gleich dare I men, und nicht im Eife ſtecken zu bleiben. Eben AUF erſtarren, fo dag die Fahrzeuge darauf Noth das joll ſich auch bisweilen zu Petersburg mit der aben, geſchwind genug an das Ufer zu kom⸗ Frewa zutragen. — Allgem. Reiſebeſchr. XIx Band. & Mn > * Gmelins Reife, 1736 232 Reife nach Kamtſchatka dabey', wenn fie fich nur hüten, alsdenn viel in der Stube zu ſeyn, wenn der Ofen zur gemacht iſt; wiewohl die Sandeseinwohner diefes auch nicht achten. Unfere Gefellfchaft wurde den zoften Sepr. durch die Anfunft des Heren Pifarew, Befehlshabers in Ochotʒk, vermehret, welcher kurz vor dem Abſterben der Kaiferint Beſchrelbung von Jakutzk. Catharina Alexiewna hieher ins Elend war geſchickt worden. Er mar fiebenzig Jahre ale, aber noch fo voller Feuer, daß, wenn die Gefichtszüge das Alter nicht verrathen haͤt⸗ ten, man ihn nad) feinen Reden und Handlungen für einen Mann von dreyßig Yahren mwürbe gehalten haben. Er fam mit der Poft zu Pferde von Ochotzk, und hatte diefe lange Reife, die uͤber achthundert Werfte berräge, in neun Tagen bey einer erfchrecflichen Kälte und beftändigen Stuͤrmen gethan. Die Urfachediefer Reiſe fchien nach feiner natuͤrli⸗ chen Gemürhsbefchaffenheie faft unglaublich zu fern. Er kam mir dem Haupfmanne der Flotte, Heren Spangenberg, der ſich dort aufbiele , und zur Seereiſe die nöchigen Anftalten machete, in einen Wortmwechfel. Aus Beſorgung/ diefer Dffieier möchte zu Thärlichfeiten ſchreiten, machete er fic) von Ochotzk weg, und flüchtete mit der Poſt, ohne faft das geringfte mitzunehmen, damit ihn fein Feind nicht einholen möchte. on Die Stadt Jakutzk liegt in einer Ebene, am linken Ufer des Lena, der zwey⸗ hundert deutſche Meilen von bier ins Eismeer fälle. Sie wird an ihrem untern Ende von einem blinden Arme des Fluffes durchſchnitten, der im Sommer und Herbfte ge meiniglich trocken, aber im Fruͤhjahre voller Waffer ift, und wohl eher Ueberſchwemmun⸗ gen angerichtet at, Der Theil, der unter diefem Arme liege, heißt bey den Einwohr nern gemeiniglih Sa Logom, oder jenfeits des Thales 76), weil diefer blinde Arm, wenn er trocken iſt, einem Thale aͤhnlich fieht. Der andere Theil der Stade ift viel groͤ⸗ Ber, und beyde zufammen enthalten ungefähr fünf bis fechshundere hölzerne Haͤuſer, die alle, etwan anderthalb Dugend ausgenommen, Feine fonderliche Figur von außen ma chen, und inwendig wenig Bequemlichfeie haben. In beyden Städten find verfchiedene Kirchen, deren Anzahl ich mich nicht eigentlich erinnern Fann ‚ 0b fie gleich nicht groß if" Es ift auch Fein Mangel an Bier- und Brannteweinfchenken. Die Feftung ift von Ho ge, und die Bauart wie an denen zu TomsE und Kusnetzk. Cie enthält zwo Kit chen, eine feinerne und eine hölzerne, das Haus des Woywoden, die Kanzelley, Die Archive, einen Vorrarhskeller von Brannteweine, ein Pulvermagazin, die Triburcafle Dieffeits des Thales liege auch ein Mönchsflofter, Spaskoi Monaftir genannt, in dem aber wenig Mönche mehr waren. Weil diefe Stadt an einem großen Fluſſe liegt, welcher am äußerften Ende feinet beyden Arme dreyzehen Werfte breit ift, fo bat fie einen Ueberfluß an allen Arten von Bifchen. Ich babe in Sibirien von wenig Gattungen reden hören, die man bier nicht finden follte. Die Wolga Hat einen weißen Fifch, Bielaja Räbiza genannt, der füt überaus ſchmackhaft gehalten wird. Witſen in der zwepten Ausgabe feiner Oſt⸗ und Mordtartarey a, d. 787 ©. redet von einem Fifche KIelma in Sibirien, und fager, dat er auf Ruffiih Ziele Ribes heiße, vermuthlich ift es der Bielaja Nübiza. DieleRuf fen find auch in den Gedanken, daß diefe Fifche nicht von einander unterfehieden finde Nun bat man ihrer in Jakutzk zweherley. Der Bielaja Nübiza Hat einen längern fpl* bigern Schnabel, ift am Leibe runder, und fiehe viel weißer aus, als der Nelma, ey‘ Er t rs, 76) Log heißt ein etwas tiefes Tal, 1 x | durch Sibirien, 283 Stoͤre mit allen ihren Gattungen außer den Belugen und Sewrjaga fiſchet man auch Bmelins ey Takuze, und fie find nicht fehlechter, als die, welche oben in der Gegend des Fluſ-R fes Kirenga beſchrieben wurden. Stoͤre, Sterleden und Koſteri ſind gar ſchwer von Ainander zu kennen. Der Lena verſieht aber nicht allein die Einwohner mit Fiſchen, es find in der Naͤhe der Stadt einige kleine fehr fifchreiche Seen, wo man einen guten Fang at, zumal in folchen Wintern, in denen fie nicht zugefroren find: Außer den Fifchen giebt es hier eine große Menge wilder Vögel, als Gänfe und Enten, welche in großer Menge im Fruͤhjahre den Lena herunter, und im Herbfte wieder hinauf ziehen , daß fic) ie Einwohner in beyden Jahreszeiten reichlich damit verforgen Finnen. In ihren Kels lern verdirbe im Sommer nichts ; fie find alfo fehr bequem, alle Arten von Fieiſch aufe öubehalten. Die Diverjanin, Dieri Bojarsfi und Coſacken, welches die meiften Ein« wohner find, Finnen alfo von ihrem Solde und den Gefchenfen der Jakuten fehr gut le⸗ ben. Ueber diefes haben fie gute Viehzucht an Pferden und Hornviehe, die auch zu ihe tem Unterhalte hilfe. Handwerker giebt es bier auch, und ob man gleich nicht viel gute Meifter findet, fo ift man doch an die fehlechten gewohnt, und diefe finden auch ihr Aus« kommen. Endlich giebt es hier auch allerhand freye Leute, die im Herbfte in Gefellfchafe ten auf die Zobeljagd gehen, und ſich öfters fo viel erwerben, daß fie ein Paar Jahre davon leben koͤnnen. Man hielt Jakutzk ehedem für das nordifche Peru, und ſchickete dahin nur diejenigen zu Woywoden, denen man recht wohl wollte. Die Einwohner les beten Hier in großer Freyheit, und ſtunden alle fehr gut, weil man fie wenig zu Diene fen der Krone gebraucht, und alfo in ihrem Gewerbe nicht ftörete. Damals wurde die getingfte Gefälligfeit, die ihnen der Woywode erwies, reichlich bezahle. Jetzo aber klageten ſie, daß viele Winter nach einander ſehr tiefer Schnee gefallen waͤre, bey dem Me Vieh viel gelitten hätte, und fie wuͤnſcheten beſſere Witterung. Unterdeſſen ſtehen fie noch niche übel. Der Winter ift zu Jakutzk meiftens fehr ftrenge, aber die Wälder um die Stadt liefern ihnen Holz im Ueberfluffe.e So gar bis nach Sitkat, welches Undere deutſche Meilen davon liegt, giebt es viele Wälder, voller Fichten und Lerchen⸗ aͤume. Unter Sitkat bis an das. Eismeer, welches funfzig deutſche Meilen davon iſt, eht man keine Bäume mehr, fondern nur Gefträuche von ganz niedrigen Weiden. Zum Wachen des Getraides iſt diefe Himmelsgegend nicht ſchicklich. Es hat zwar das Kfofter-in der unteren Stadt bisweilen Gerfte gefäet, die auch in manchen Jahren reif geworden ift. Allein, weil fie in andern Jahren zurüc geblieben ift, fo bauet man ders Leichen feit vielen Jahren nicht mehr. Ich babe nicht gehöret, daß außer der Gerfte An anderes Getraide zur völligen Reife gefommen fey: und die Schuld liege mehr an dem ma, als an dem Boden, denn diefer bat eine ſchwarze fette Erde. Man finder auch hier und da Felder, die ſparſam mit Birken bewachſen ſind, welches man in Sibirien Fein Anzeigen von guten Ackerlande hält, Aber was kann die Erde ohne Wärme bervorbringen und was kann ſie fuͤr Waͤrme haben, wenn ſie zu Ende des Junius noch ve) Fuß tief und darüber gefroren iſt? Strahlenberg behauptet, die mebr meftlichen nder Fännsen Fein Korn zeugen, weilfie Rowoa Semma zu nahe liegen, von deffen Eis- gen ihnen mehr Kälte zugeführet werde: aber er irret ſich ficher. Dubtſches kaja⸗ loboda am Jeniſei liege faſt mit Jakutzk in einerley Höhe und 40° weiter gegen end. Kuiskoi ift dem Pole eben fo nahe, 2: zwanzig Grade weiter ge: - n 2 gen eiſe. 1736. Gmelins Reiſe. 1736: — — 284 Reife nach Kamtſchatka gen Weſten als Dubtſches und folglich von Nowa Semlja nur noch schen Grade gegen Abend entfernet: indeſſen koͤmmt doch der Roggen an bepden Orten gut fort. — Ob es gleich um die Stadt noch einige Berge giebt, ſo ſindet man doch wenig oder gar keine Quellen, vermuthlich weil das Erdreich ſchon in einer geringen Tiefe gefroren iſt. Kurz nach Erbauung der Stadt im Jahre 1685 und 1686 wollte man im der Feſtung einen Brunnen graben, worzu ſich ein Kofafe, Jacob Feodor Schwietogorem, hat te miethen laffen, der den fieben und zivanzigften Jullus 1685 alten Styls, anfieng, und bis den ıften November forefuhr. In diefer ganzen Zeit hatte er acht Klaftern tief ges graben, und die Erde war allenthalben gefroren. Das folgende Jahr fieng er feine Ar⸗ beit den ıften April wieder an, und fand uͤberall gefrorenes Erdreich. Er war bis den fünf und zwanziaften Zulius fünf Klaftern tiefer gefommen, und hatte folglich in allem drenzehen Kiaftern ausgegraben. Vermuthlich wurde er es nun uͤberdruͤßig, und gab vory er ſey auf einen harten Felſen gekommen, der einen uͤbeln Geruch gaͤbe, daß man nicht weiter graben fönne, Man wollte das gewiß wiſſen; und derjenige, der in die Grube ftieg, fand wirklich, daß die Erde rund herum gefroren fey, und ein übler Geruch von ihr gienge, aber von dem Felfen gedachte er nichts, Und dabey ift es auch geblieben. _ Uebrigens, da man in einer Tiefe von dreyzehen Klaftern noch Froft gefunden, fo Fonnte man nicht hoffen, Waffer anzutreffen. Diefer Mangel an Quellen ift nach dem Meere zu noch größer, weil das Sand immer weiter nad) Norden gebt, und folglich im Some mer noch weniger aufthauet. | . ı Der Hauptarm des Lena fließt, wie ich fehon gefager habe, in einiger Entfernung von der Stadt: der Arm aber, der an derfelben vorbey geht, gefriert meiftens bis auf ‚den Grund aus, alfo muß man ziemlich weit nach Waffer gehen. Wir ließen alle More gen ein Faß zum Wafchen und in die Küche holen, Die Herren Seeofficiere hatten gleich anfangs entderft, daß der Thee aus dem Flußwaffer nicht fo guf ſchmecke, als von zer⸗ laffenem Eiſe. Wir machten die Probe, und fanden es in der That alſo. Es Fam nur auf die Vorficht an, daß man es bey Feinem Lohfeuer zerließ, weil es alsdenn eher, als anderes Waſſer, den Geſchmack vom Rauche annahm. "Won ber Zeit trunfen wir alfen unfern Thee aus gejchmolzenem Eiſe; und einige Seeleute fanden auch, daß diefes zum Punfche bequemer fey. Da die ganze Famtfihatfifche Reifegefelffchaft Hier’ beyfammen war, fo ward der Dre fehr Tebhaft, und wir waren fo wenig muͤſſig, als es nur die Jahreszeit zuließ · Denn die kurzen Tage in einem fo rauhen Clima, 62° 2* nordlicher Breite reizeten eben niche fehr zur Arbeit. Kaum wurde es um neun Uhr des Morgens Tag. Wenn Sturm mit Schneegeftöber war, konnte man die beſten Stunden des Tages nicht ohne Ucht ſeyn; um halb drey Uhr Machmittages, ſah man ben hellem Wetter fon wieder DIE Sterne, Diermeiften Einwohner bedieneren fich diefer Zeit zu fihlafen. Kaum waren fie vom Tiſche aufgeftanden, fo fegeten fie fich wieder nieder ‚und wenn der Tag finftet war, fo wacheren fie wohl nicht einmal auf, Wir wuften wohl, wie fchädtich es ſey/ dem Schlafe zu fehr nachzubängen, und wie leicht man dabey den Scharbock befäm® . Wir macheren daher eine folche Einrichtung, daß unfere Zeit theils der Arbeit, theils der Erholung beſtimmet war, und wir nicht zu viel ſchliefen. Ih beſchaͤfftigte mich gewöhnlicher maßen, meine Wahrnehmungen vom vorigen Sommer in Ordnung zu bringen. Außerdem gab ich mich viel mit einer Art — thi rer 28 thiere ab, diehier zu Lande ſehr gemein find, und die die Ruſſen Jevraſchka nennen. Die · Gmelins Rs artige Thierchen halt ſich auf den Feldern um Yrkussk, ingleichen im den Kellern und Reife nz ornboͤden auf, fie mögen.über oder unter der Erde ſeyn. Denn beyläufig zu gedenken, 17 BD ; o find hierum fehr viele Kornkammern unter der Erde, wo das Getraide vor Feuchtige —\ Fund Würmern fiher iſt. Denn da alles, was zween Fuß tief in dev Erde ift, faſt Jahr aus Jahr ein gefroten ift, ſo kann weder die Feuchtigkeit, noch das Gewuͤrme tie- er eindringen. Die Murmelchiere auf den Feldern follen ſich in Höhlen: aufhalten, die fie in die Erde graben, und den ganzen Winter bindurch fehlafen. Diejenigen aber, Welche nach Korne und Gartengewächfen begierig find, laufen im Winter und Sommer rum, ihre Nahrung zu ſuchen. Diefes Thier dat einen ziemlich runden Kopf und ſtumpfen Ruͤſſel. Man fieht äußerlich Feine Ohren, und finder die Sicher , Die zum Ge- oͤrgange führen, nicht eher, bis man die Haare zurück ſtreichet. Der ganze Leib, den Kopf mit gerechnet, ift feinen Fuß lang, DerSchwanz ift langhaaricht, bat etwan vier Zoll in der Sänge, zunaͤchſt am Leibe faft ganz rund, wird gegen das Ende platt und ſchmal, iſt oben ſchwaͤrzlich mit etwas Gelb vermifcht, und unten ganz ſchwarz. Der: Leib ift, wie bey den Mäufen, ziemlich dick, oben grau mit eingemifchten Gelben, unten gelblich mit rothen Flecken. Die Füße find ganz gelb und Furz, doch find die hintern länger, als die vordern, haben vier Zehen und jene fünf, die jede mit einer ſchwaͤrzlichen etwas gekruͤmmten Klaue verfehen find, , Wenn man fie fängt und böfe macher, fo. beiße es fehr, und giebt einen hellen Ton ‚wie die Murmelthiere, Giebt man ihm zu freffen, ſo feget es fih auf die Hinterfüße, und bringe die Speife mit den Worderfüßen zum Munde, Sie belaufen fich im Anfange des Aprils, und bringen fünf bis fechs Zunge zur Welt. Man findet an verfchiedenen Orten Sibiriens rechte Murmelthiere, die aber Bier und da an der Größe und Farbe verfchieden find. Die Ruffen uud Mongalen nen» nen fie Surock. Ich wollte verſuchen, ob man fie nicht zahm machen koͤnne, mie die Murmelchiere. Dasjenige, mit dem ich die Probe machte, gewoͤhnete ſich im kurzen, Milch und Fleiſch zu eſſen: ich merkete aber nach ſechs Wochen nicht, daß es mit mir ekannter geworben wäre, als am erſten Tage, Doch war es auch nicht mehr jung, da ich es auf dem Felde fangen ließ, Den gten November wurde Herr Profeffor Müller und ich nebft etlichen Seeoffi⸗ eren zu dem commandirenden Hauptmanne gebethen, wo wir uns Abends hinbegaben. M neun Uhr höreten wir flürmen , und ich befam die Nachricht, mein Haus brenne, edermann lief dahin, aber es war nicht möglich, dem Brande Einbaft zu thun. Das ganze Haus ftund im Feuer, daß man ſich ihm nicht einmal nähern konnte. Zum Ölüs e war es windftill, fonft würde es dem Haufe des Herrn Profeffor Muͤllers, welches Zmaͤchſt dabeh mar, eben fo ergangen feyn. Ich ſah aufeinmal die Früchte fo langer tbeiten im Feuer aufgehen; meine Bücher, meine Nachrichten, meine Wahrnehmun⸗ gen, Inſtrumente, Kleider und mein Keifegeräth verbrannten. + Ich bebiele nichts, Als was ich aufdem Leibe trug, da nicht nur meine, ſondern aud) des Herrn Profeh fr Müllers Baarfchaft bey mir in Verwahrung ſtund. Bey diefem Ungluͤcke muß ich geftehen, daß; meine Herren Collegen, das ganze Seecommando, der Woywode fetbft, Und die vornehmſten Einwohner fich alte Mühe gaben, mich zu berubigen und mir beyzu⸗ eben, Das Feuer Eonnte nicht gelöfcher werden , fondern das Haus brannte auf den tund ab. Und da man vor dem Brande nichts hatte retten können, fo ließ der come Nn 3 mans : l Gmelins Keife, I 7 3 6. 286 Keife nach Kamtſchatka mandirende Haupfmann ber Flotte erſtlich, das ganze Haus herum mit Wache befegen, ben welcher ein Paar Unterofficiere waren, daß nichts konnte weggetragen werden. Wir befamen ſolchergeſtalt faft die Hälfte unferes Geldes, theils geſchmolzen, theils unbeſchaͤ⸗ — diget wieder, Man ließ bernach die Afche alle durchfieben und wafchen, fo daß wir nichts einbüßen Fonnten, als was durch ungetreue Hände gieng. Ob man gleich beftändig Schnee darauf warf, die Glut zu tilgen, fo konnte man doch erſt den dritten Tag die Aſche durch⸗ fuchen, da ic) denn von einigen Büchern noch ziemlich gute Weberrefte befam, die mir bey dem Mangel an Büchern fehr nüglich waren. Darunter warfaftdiegangeHiftoria plantarum Chufi, Jonftons Hi. naturalis, Zyjferi Hift. conchyliorum &c. Sie waren zwar am Rande hin und wieder befchädiger, aber ich fand Mittel, fie wieder zu meinem Gebrau⸗ che zu rechte zumachen. Der Berluft von Tourneforts Inftitutionibus rei herbariae gieng mir ſehr nahe. Ich erfuhr aber, daf der Graf Santi, ein Italiener, der feit 1728 hieher verwieſen und jegt in Schigani war, dieſes Buch, beſaͤße. Diefen bath ich in einem offenen Schreiben in ruffifcher Sprache, das ich der Kanzelley zur Beftellung gab, mir es auf einige Zeit zu leihen, und er war auch fo gefällig. In wenig Tagen fertige ten mir eine Poft an den birigivenden Senat und die Afademie der Wiflenfchaften ab, und bathen, die nöthigen Bücher und Inſtrumente wieder zu erfegen, welches ung gleiche falls bewilliget ward. Die Urfache des Brandes habe ich nie entdefen Finnen. Ich batte einen Bes dienten im Haufe gelaffen, und den Schlüffel zu meiner Stube mitgenommen, Vor derfelben ftund eine Wache, die ordentlich abgelöfer wurde. Es war Fein Kicht in der Stube geblieben, fondern mein Bebienter gieng damit voran. Die Schildwache und der Bediente murden den andern Tag vor den Woywoden gebracht. und befrager , mit andern Hausgenoffen und einigen Verwieſenen, die bey meinem Wirehe arbeiteten, wur⸗ den gleiche Unterfüchungen angefteller, aber man konnte nichts berausbringen. Sie ſa⸗ geten alle, das Feuer wäre auf einmal ausgebrochen, und man hätte nicht gefehen , wo. es entftanden wäre. Man wollte mich bereden, die Verwieſenen hätten, um etwas zu plündern, das Feuer angeleger. Es find diefes freplich Leute von dem fehlechteften Poͤ— bel, und im Stande, alles zu unternehmen: aber wenn fie es gleich befannt hätten, ſo wäre mir dadurch nichts geholfen worden. Der Winter war diefes Fahr gegen das Clima gerechnet, ſehr gelinde; unterdeſſen hatten wir doc) bisweilen außerordentliche Kaͤlte. Ich haͤtte bald einmal ungluͤckliche Merkmaale davon getragen, da ich mit einigen Perſonen im Schlitten eine halbe Meile weit reiſete. Wir kamen aus einer warmen Stube, waren mit Pelzen wohl verfehen, und brachten kaum ſechs Minuten unterwegens zu; und doch fand fihs, als wir in eine warme Stube traten, daß uns die Naſen erfroren waren. Ein Mann, der verfchiedene phyfifalifche Beobachtungen, zumal über die Wetter⸗ gläfer angeftellet har, ſchrieb mir einmal, daß in dem feinigen das Quedfilber gefroren waͤre. Ich gieng augenblicklich zu ihm, um diefes Wunder zu fehen, das mir unglaub- lich vorfam. Sein Haus war weiter von dem meinigen entfernet, als das gedachte, in dem ich meine Naſe einzubüßen glaubere. Gleichwohl empfand ich unterwegens feine P _ ftarfe Kälte, welche mir ſchon wegen des gefrorenen Queckſilbers Werdacht erregere. Bey meiner Ankunft fah ich wirklich, daß das Queckſilber niche in einem fortgieng, — i durch Sibirien, 287 bier und da’ mie kleine Epfinder ftund , zwiſchen denen ich eine gefrorene Feuchtigfeitmer- kete. So gleich fiel mir ein, daß man das Queckſilber mit Salze und Weineffig waͤſcht, um es zu reinigen, und diefes Gefrorne vielleicht Daher Fame, daß es nicht genug getrock⸗ net wäre, Der Beſitzer geftund auch, das im Barometer befindliche Queckſilber wäre auf diefe Art gereiniget worden, wußte aber nicht zu fagen, ob es mit genugfamer Sorg⸗ falt wieder getrocknet worden wäre. Auf meine Erinnerung wurde das Quedfilber ber aus gethan, und fo wohl getrocknet, daß da es wieder in die Röhre gefüllet war, ſich bey einer viel größern Kälte die gefrorene Feuchtigkeit nicht mehr zeigete. Hernach hat Man das Queckfilber bey diefer fortdaurenden Kälte, fo wohl, als bey einer. viel größern In flachen offenen Gefchirren , der Luft gegen Norden ausgefeget, aber niemals das ges ringſte Eis gemerfet. Sch will alfo diefes gar nicht als einen Beweis der hiefigen Kälte anführen. Die hiefigen Einwohner verficherten mich auch, daß die groͤßte Kälte in die⸗ fem Winter bey weitem nicht an diejenige Fäme, die fie fonft ausgeftanden hätten. Es wird erzaͤhlet, es fey einmal eine folche Kälte gewefen, daß der Woywode, da er von feinem Haufe in die Kanzelley gegangen, welche nicht über zwanzig bis fünf und zwan⸗ zig Faden davon gelegen, ungeachtet er in einen großen langen Pelz gewickelt, und mit einer Pelzfappe über den ganzen Kopf verfehen gewefen, die Nafe, Füße und Hände völlig erfroren, und man viele Mühe gehabt babe, ihn wieder zu Rechte zubringen. In unferem Winter ftund das Ihermomerer etliche mal 240 Grab unter o. nach der de Pistifchen Eintheilung, welches nach dem fahrenheitifchen 72 Graduntero. if. Man Fann leicht denfen, daß unter einem fo ftrengen Himmel die Leute ihre Glieder oft erfrieren. Ich will fo wohl die Kennzeichen des Uebels, als die Mittel darwider anführen. Ein er- frornes Glied hat Feine Empfindung mehr, noch die geringſte Roͤthe; es fieht blaßer aus, Als alles übrige am Leibe. Um es wieder in guten Stand zu bringen, raͤth man gemei- niglich, esmit Schnee wohl zu reiben. Fänge man wieder einige Empfindung darinnen du fpüren an, fo feger man das Reiben an ſtatt des Schnees mit Faltem Waſſer fort. at die Werfältung nicht lange angehalten, oder man bar fi) nur auf dem Wege aus einem Haufe in das andere verfälter, fo ift das gefchwindefte Hülfsmittel, ſich mit ei« nem wollenen Tuche fehr zu reiben. Diefes ift zu Jakutzk gebräuchlich; und ich habe es felbft etliche'mal glücklich verfucht. Wenn aber das Erfrieren lange gedauret hat, fo fe das Reiben mit Schnee, Faltem Waffer und wollenen Tuche nichts, fondern man MUB das erfrorne Glied felbft in Schnee, alsdenn in Faltes Waſſer ſtecken, und lange darinnen balten, ehe man zum Reiben fömmt. Die Jakuten legen auf die erfrorenen lieder Kuhmiſt oder Seimen, oder beydes zugleich; und die Ruffen haben dieſes Mit tel auch angenommen. Diefes ſoll nad) und nach den Brand ausziehen, und das Leben lieder in die Glieder bringen, wie es denn auch zur Verwahrung wider die Rälte gebraucht wird. Die meiften Jakuten thun Feine weite Reife bey großer Kälte, ohne fich mit die. fer Salbe alle Theile, die fie zu erfrieren beforgen,, zu befchmieren; und fie fagen durch. gangig, wenn es fie auch vor dem Erfrieren nicht völlig beſchuͤtzete, fo machete es doch, daß die Wirkung nicht fo geſchwind erfolgere. Ich will die Maͤhrchen nicht wiederholen, ie Herr Strahlenberg von ihnen-erzähler: aber das. iſt gewiß, daß fie Mörfer von ge- Ornem DOchfen- oder Kübmift haben, worinnen fie trockene Fiſche, Wurzeln, Deere, feffer und Salz ftampfen. e Tr Der Gmelins Reiſe. 1736. ® Sielins Reife. I a Reiſe nach Kamtſchatka Der Winter gieng geſchwinder vorbeh, als wir uns eingebildet hatten, und- wir vertrieben uns die Zeit ſo gut, als wir in ber reichſten Stadt haͤtten thun koͤnnen. Wir 737 vermißten weder den Thee noch den Punſch der petersburgiſchen Geſellſchaften. Der Punſch, "ein englaͤndiſches Getränk, ft in Rußland und Sibirien durch die Engelaͤnder bekannt geworden, bie fich ſonſt auf der ruffifchen Flotte in großer Menge befanden; Die Art ihn zu verfertigen, ft auch nunmehr inganz Europa befannt. Man täßt ein halb Pfund Zucker in drey Maaß Waſſer zergehen, und gießt ein gutes Glas Citronenſaft hinzu, oder mal nimmt zwo oder drey Citronen, drücker den Saft hinein, und läßt die Schaale darinnen ‚weichen. Asdenn gieße man ein cder zwey Maaß Branntewein Hinzu, nachdem mal den Punſch ftark oder ſchwach haben will. Die Seeofficier harten einen Fleinen Vorrath »Eifronenfaft, der nicht weit reichere. Sie haften aber etwas mehr Cedernoͤl, davon eis nige Tropfen eben fo vielem Punſch den Eirronengefihmad gaben. - Um ihn durch einen fäuerlichen Geſchmack angenehmer zu machen, hatten fieres mit verfehiedenen Arten ro⸗ ‚then Johannisbeeren verfücht, die um Jakutzk Häufig wachfen. In -Petersburg machet man ihn mit Brannteweine, der von Neis oder Zucker 77) gezogen ift, und den die Eng⸗ laͤnder aus Amerifa bringen.‘ Hier nahm man nur gemeinen Branntewein, der aber nicht angebrannt ſeyn durfte, weil fonft der Geruch ganz davon verdorben wird. Einie ge nahmen auch) Franzbranntewein, der ihm: wirklich einen ſehr guten Geſchmack 'gab- Und dieſer nach jafueifchen Umſtaͤnden eingerichtete Punfch ſchmeckete uns fehr wohl. Eir nige von unfern Reifenden hatten auch Rhein- und andere ausländifche Weine von Pe tersburg mit gebracht; und in der Stade hatte man rothen Wein zum Berkaufe, wovon das Maaß einen Gulden und etwas weniger Foftere. Denn bis an die außerften Graͤn⸗ gen des ruſſiſchen Reiches Fann man den rothen Wein nicht enebehren, weil fie fich beym heiligen Abendmahle Feines andern bedienen dürfen. Deswegen führen ihn die, Kaufleute überall Bin, und wegen der nach Kamtſchatka gehenden Geſellſchaft, brachten fie dieſes Jahr etwas mehr mit. Glaubwürdige Leute haben mir erzähle, daß, da die Kaufleute etliche Jahre Feinen hingebracht hätten; die Kirche das Maaß ſchon für acht und vierzig Gulden bezahlet habe. Die gemeinen Leute ziehen bier. den ſchwachen Kornbranntewein allem andern Getraͤnke vor, und er iſt bisweilen .fo ſchwach, daß man Fiſche darinnen ſchwimmen fiche. Weil fih) Die Krone den Verkauf des Brannteweins allein zueignet, ſo koͤmmt der groͤßte Theil desjenigen, der hier getrunken wird, von Irkutzk. Diejeni⸗ gen, die jhn auf dem Lena hieher bringen, ſprechen den Faͤſſern auf der langen Reiſe bisweilen zu, und fuͤllen ſie wieder mit Flußwaſſer voll. Und ſo kann es geſchehen, daß man bisweilen einen kleinen Fiſch in dem Brannteweine ſieht, deſſen Element durch die Vermiſchung des Waſſers mit dem zuruͤckgebliebenen Brannteweine nicht ſehr iſt veraͤn⸗ dert worden. Der Wohlſtand erfordert es, ſelbſt bey dem ſchoͤnen Gefchlechte, daß man Jedem, der zum Beſuche koͤmmt, etwas Branntewein vorſetzet. Das ift gemeiniglich ein kleiner 77) Das iſt der, Rum oder Tafia. 0) Qxicocens f. vaccinia paluſtris. Tourt- 78) Ribes vulgare acidum rubrum. L. B. nef. Infit.. ‚Glukwa Ruſſ. ä y fisliza, Rufl. et Ribes nigrum vulgo didunı, 81) Chamæmorus, Clufi, Rai. Morosch. ‘folio olente, ei. Smorodina Ruf.’ "mt ka, Ru nahe a j 79) Vitis Idea femper virens fructu rubro, 82) Rubus foliis ternatis caule· inermi un· ejüsd. Ruſſ. Brusniza. . flore, Linn. Suec. Kniafcheniza, Ruf, 4 * durch Sibirien, - | 289 Eleiner Becher voll, welcher ungefähr ein Noͤſel oder fo ungefähr bis vierzehen Unzen hält, Bmelins iefes muß einigemal wieberholet werben, Wäre nun der Branntemwein gut, wie wir: Reife. de es um den Kopf des Frauenzimmers ftehen ? oder fie müßten lauter Unböflichfeicen egehen, und die zugebrachten Geſundheiten ausfchlagen. Vielleicht geſchieht es alfo des- wegen, daß hier der Branntewein fo ſchwach iſt. Bisweilen findet man auch doppelten der überzogenen Branntewein, den fie auch öfters mit Zucker oder Honig füß machen, ja zu« weilen mit wohlriechenden Kräutern, Wurzeln, Ninden und Gewürzen abziehen. Ueber aupt wird der Branntewein, er mag ftarf oder ſchwach feyn, als ein Getränf angefehen, das wegen des Falten Himmels zur Erhaltung des Lebens und der Gefundheit ſchlechter dings nöthig if. Die Einwohner von Jakutzʒk Haben auch allerhand Confecte, wovon gefrorene Fi⸗ ſche das vornehmfte find. Hernach haben fie allerhand Arten von Beeren, die von gu- tem Geſchmacke find ; als rothe und ſchwarze Ssobannisbeeren 78), Rräufelbeeren 79), Mooß⸗ beeren go), gelbe Himbeeren 81), rothe Braunbeeren 82), Steinbeeren 83) 20. die alle, außer der Zeit ihrer Reife, gefroven vorgeſetzet werden. . 3% babe ſchon gefager, daß hier in den Kellern alles gefriert , meil der Boden ſtets Falt if. Man mag alfo diefe Beeren auftragen, wenn man will, fo feben fie immer fo aus, als wenn fie in ihrem beften Zu- ftande und unverändert wären, fo wie fie die Natur Hervorbringe. Diefes giebt ihnen eine gewiſſe Unnehmlichkeit; denn fo lange fie gefroven find, behaften fie ihre völlige äu« Berliche Geftalt: wenn fie aber in der warınen Stube nad) und nach aufthauen, fo bes fommen fie Runzeln, und verlieren alles ihr Anſehen. Deswegen ißt man fie auch alle gefroren. Diefe Erfrifchungen nebſt der großen Kälte von außen, machen hier den Brann- kewein unentbehrlich, ohne welchen man immermwäßrenden Colifen unterworfen feyn uͤrde 2 Die Sebensart der Jakuten, iſt von anderer fibirifchen Voͤlkern ihrer wenig unter- ſchieden. Sie bekuͤmmern ſich um fein Brodt. Sie eſſen die Wurzeln von dem Gän- ich 94), Jakutiſch Koͤſengeß; von Pimpernell 85), Zafurifch Emuͤchaj; von der Fleinen Natterwurz 86), Jakutiſch Mjaͤka⸗Arſchin; von den bey ihnen wachfen- den Klien, Jakutiſch Korum; 87) von einem Hedyſaro mit blaßgelber Bluͤthe, Ja⸗ batiſch Sardana, 88) das zwar nicht um Jakutzk, aber deſto haͤufiger am Fluſſe ng vwaͤchſt, der ins Eismeer fällt, und von da es ihre Sandesleute, die dort woh— „den Safuten, bey Befuchen zum Gefchenfe mie bringen; von einer andern Arc He⸗ um, mit purpurfarbener Bluͤthe, das in Sibirien und um Jakutzk, unter mehr AS einem Namen befannt ift. Sie eſſen auch diefe beyden Wurzeln ganz roh, die an- m aber werden getrocknet, zu Pulver geftoßen, und als ein Brey gegeffen. Sie den auch einige dieſer Wurzeln oft in den Mäufelöchern, weil diefe Thiere — 0 be⸗ Pa Chamzrubus fazatilis, Bauh. pin. 479. 87) Lilium purpurco-crocenm majus,et lilium Penizg Ruf. floribus reflezislarifolium. Bauhin, Pin, 77. . 84) Anferina om̃cinalis. ie, 1,3) Pimpinella fylveftris, ſ. fanguiforba ma- 88) Hedyfarum faxatile, ſiliqua levi, flori- - J0r, Do on. Pempt. 105. bus purpureis inodorum.. Ammas. Ruthen, 86) Biftorta Alpina minor. Bawhin. Pin.192. 116 n. 132, 153. Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band, | | © ’ 1737. — Gmelins Reife. 173 7- — 290 Reiſe nach Kamtſchatka ſo begierig ſind, als die Ruſſen. Alle Arten von Knoblauch und Zwiebeln, die wild um Jakutzk wachſen, beſonders der breitblaͤtterichte Knoblauch 89), find ihnen ſehr ange⸗ nehm. Sie ſchaben auch die innere Rinde von den jungen Fichten, trocknen fie, und wenn fie Flein geftoßen, würzen fie damit ihre Speiſen. Von Thieren effen fie erftfich, die Hausthiere, Pferde und Kuͤhe, ſchlachten fie aber nicht gern ſondern warten, bis fie an einer Krankheit oder durch einen andern Zufall umfommen. Sie ziehen das Fleiſch von Pferden dem von Rindern, und die Füllen den erwachfenen Pferden vor. Sie haben feine Schafe , weil die Hunde dort fo viel Schaden thun, als die Wölfe, wor⸗ über auch die Ruſſen ſehr klagen. Diefes Thier ſchicket fich auch nicht gue in die kalte &uft, in welcher es feine Nahrung nicht wohl finden Eönnte, ohne fein Leben in Gefahr zu fesen. Schweine ziehen fie auch nicht, weil fte Eeine Liebhaber davon find, wiewohl nicht aus Aberglauben. Die Mäufe, zumal wenn fie etwas groß find, und die Fleinen Murmelthiere, find ihre liebften Gerichte, Wenn ich einige von diefen Thieren zerglies derte, und einige Tage bey mir behalten hatte, fo gab fie mein Bedienter einem Jakuten, der vorbey gieng. Nun brannte gemeiniglich in dem Hofe Feuer, die Speiſen zu kochen, da waren fie gleich fertig, ſchnitten fich vom Holze einen Fleinen Bratſpieß, ftedeten, nach⸗ dem fie das Fell abgezogen hatten, das Thier daran, und hielten es an das Feuer. Wat ein Theil genug gebraten, fo ſchnitten fie es ab, und afen es; fie fuhren fort, das Uebrige ans euer zu halten und nach und nad) zu eflen, bis alles verzehret war, und das ges ſchah in gar Furzer Zeit. | Sie gehen auf die Jagd und fällen allerley Wild. Weil fie aber etwas faul find, P Taufen fie nach den Zobeln nicht fo weit, als die Ruſſen und Tungufen, weswegen fie auch felten etwas recht fehönes fangen. Denn das ift ausgemacht, je näher die Woh- nungen der Menfchen find, defto weniger Zobel giebe es, und defto fihlechter find fie. Sie freffen fie doch, wie auch Fuͤchſe, Hermeline, Eichhörner, Hafen, Hehe, Elende, Rennthiere, Bären, Vielfraße. Bey den Voͤgeln machen ſie gleichfalls keinen Unterſchied, nur daß ihnen die groͤß⸗ ten die liebften find. Wenn im Frübjähre und Herbfte, die Gänfe und Enten vorben sieben, fo paffen ſie ihnen auf, und ſchießen ihrer ſehr viele zum Vorrathe, den fienach und nach verzehren. Wenn ihnen ungefaͤhr ein Reiger, Kranich, weißer oder ſchwarzer Storch, Schwan ꝛc. aufſtoͤßt, fo nehmen fie auch damit fürlieb, So verachten fie auch niche die großen Raubvögel, als Adler und Weiber, Ihre Wohnungen haben nichts befonders, als daß fie fie nicht fo oft verändern, wie die übrigen heydniſchen Völker. Ihre Winterjurten find gemeiniglich von dünnen Bal⸗ Fen gemachet, und oben mit Erde und Leimen beivorfen. Die Deffnungen zwifchen den Balken find mit Mooße verftopfer, bis auf zwo, eine zum Eingange, die andere im Da ehe für ven Rauch. Ihre Sommerjurten find eben fo, wie bey den Tungufen, und von außen mit Birfenrinden bedecket. Der Heerd ift in allen in der Mitten, und über bemfelben hänge der Keffel an einem Feuerhaken, der immer vol Fleiſch oder ande rer Speifen if. Denn die Jakuten haben, wie viele andere Wölfer, Feine beftimmfen Mahlzeiten, fondern jeder ißt, wenn, und wie viel er will, Sie ſchmieden ihre 2 * meiſten %9) Allium radice oblonga, reticulo obducta. 90) In feinen: nord: md oͤſtlichen Theile von Haller. de Allii genere naturali, opufc. botan. Europa und Afen p 377 und 378. infert. p. 375. 8 = durch Sibirien, | 29% meiſtens ſelbſt, und zu Erſparung des Eiſens, machen fie die Wände derſelben von Gmelins irkenrinde, die fie mie dem Eifen fd wohl zu verbinden wiſſen, daß fie nicht leicht aus: Reife. einen ifteine eiferne Röhre angebracht, der andere Bat durch ein enges Joch mit dieſem Ge⸗ meinſchaft, und die Luft dringt, wie gewoͤhnlich, durch ein Loch von außen hinein, welches och eiwas enger, als fonft, zu ſeyn pfleget. Diefes Soch wird bey dem Blaſen wechfels- veife zugehalten, um. die $uft in den Sack zu treiben, und es gehörer eine gute Hebung darzu, wenn man fich diefes Blafebalges mit Vorcheile bedienen will, Mir fchien er, wer Niger Wirfung, als die unferigen, zu un : aber die Jakuten find damie zufrieden. Man fipt an ihren Keſſeln und allerhand Eleinem Geräche, welches fie felbft verfertigen, daß fie das Schmieden ſehr gut verfiehen. Sie willen Käften fehön zu befchlagen, fonderlich find die willuifchen Jakuten deswegen berüßme, welche zugleich Schreinerarbeit verfere tigen, die nicht übel ift. Sie haben eine große Menge Goͤtzen, aber fie find nicht fo plump, und beffer bes kleidet, als ber Tungufen ihre. Sie fehen den deurfchen Puppen gleich, die ihnen ver⸗ mutblich zum Mufter gediener haben. Sie haben ihrer zu allerdand Gebrauche, und lei⸗ ften ihnen faft eben die Ehrerbierhung, als die andern beydnifchen Nationen, deren Aber: glauben ich befchrieben habe, Jetzo begraben fie ihre Todten, welches fie vermuthlich von den Ruſſen gelernet ha⸗ Jeder Dre ift ihnen dazu gut, und fie haben Feine befondern Gottesaͤcker. Ein choͤner Baum gefälle einem Jakuten fehr; und wenn ihm einer befonders in die Augen, fälle, fo zeiget er öfters den Geinigen an, daß er darunter wolle beerdiger feyn. Vor diefem verbrannten fie ihre Todten, oder legeten fie auf Bäume, oder ließen fie in der urte und zogen felbft aus derfeiben weg. Man erzäblet auch, es fer fonft bey dem ode eines reichen akuten gebräuchlich gewefen, daß einer von feinen liebſten Bedien- 'en fih, in einem Gefonders Dazu angezündeten Feuer, verbrannt habe, um feinem Hexen, dachzufolgen, und ihm in jener Welt aufzuwarten. Seitdem fie aber unter ruffifche errſchaft gekommen ſind, iſt dieſer heydniſche Gebrauch abgeſchafft. Das iſt aber eine Ölige Umwahrheit, wenn Herr Straͤhlenberg vorgiebt 90), als wenn die Jakuten, in der Stade Jakutzk ſterben, auf den Gaſſen liegen blieben, daß die Hunde viel« Pr $ die todten Körper herumfchleppeten und fräßen, gerade als wenn bie Ruſſen einen en Gräuel feiden würden. Und die Jakuten find zu menfchlich, als daß fie mit ei— y todten Körper, wie mit dem Aße eines Biehes, umgeben follten. Doc, haben fie oh eine haͤßliche und abſcheuliche Gewohnheit, die man fehwerlich bey einem Wolke wie⸗ x finden wird, Wenn eine jakutiſche Frau ein Kind gebiehrt, fo giebt der erfte, wel— Ger in die Jurte koͤmmt, dem Kinde den Namen. Der Vater eignet fich die Machge⸗ ft rth, befonders den Mutterfuchen zu, läßt fie kochen, und ladet feine beften und näch« en Freunde darauf zu Gaſte. end i ER Fuͤr eine Stadt, die wegen ihrer Kälte fo beſchryen ift, Hatten wir ein herrliches ruͤhjahr. Schon in der Mitte des Aprils, waren die Felder mit einer gewiſſen Art Kuͤ⸗ & "fchellen 91) erfuͤllet, und man genoß ſchon die Fruͤhlingsluft mit Vergnügen. Der gieng den sıten May auf, und der za nahm auf einmal Abſchied. * o 2 14fen 91) Pulfatilla anemenes folio. laufen, e ni 1 ? \ Säcke: | 1737 ß Ihre Blasbaͤlge find nicht bequem. Es find zween lederne Saͤcke; an dem | x Gmelins Reife. 1737 29% Reife nach Kamtſchatka iaten war im Fluſſe Abends Fein Eis mehr zu fehen. Ich erfuhr zu Anfange des Mayes, daß das Waffer im Fluſſe zunähme, und ich befam Luft, auffein Steigen und Fallen Acht zu geben, um zu ſehen, ob es fich nach gewiffen Regeln richtete. Ich ließ deswegen af einem Paar Orten, da die Gewalt des Waffers nicht fo groß war, Pfähle einrammilen, und | theilete fie in ein gewiſſes Maaß. ch brauchere alle Vorſicht, fie vor Zufällen zu verwahren; fie twurden früh und Abends befehen, ob fie verruͤcket oder befchädiger wär ren, damit doch wenigftens einer erhalten würde, Es ift mir auch geglücker, und ich konnte ununterbrochene Beobachtungen anftellen 92). Den zoften May fuhr ich mit Heren Profeffor Muͤller Nachmittages um zwey Uhr nach der Eifenhürte, die ich auf der Reife nad) Jakutzk, wegen des ftürmifchen Wetters, nicht befehen konnte. Weil wir zu Waffer den Fluß hinauf giengen, und uns auf der vechten Seite hielten, fo war die Fahre langfam. Bald mußte das Fahrzeug gezogen werben, bald mußte man rudern, und wir Famen erft um Mitternacht zu der Mündung des Baches Tera, an dem die Hütte liege. Das Waffer in demfelben ift ſo ſeicht, daß wir mit dem Fahrzeuge nur eine halbe Werfte hinauf Famen, ind darauf übernachten mußten. Die Hüfte liege im Walde, vier Werſte uͤber der Mündung des Fluſſes, und wir giengen um vier Uhr des Morgens dahin. Sie befteht aus einem Haufe, worinnen der Auffeber der Huͤtte (Uprawitel) woh— net, aus einem andern für die Schreiber, und etlichen Hütten der Arbeiter. Das Haupt: werk machen drey Hütten aus; in einer wird: das Eifen geſchmiedet, das in den beyden andern ift geſchmolzen worden. In jeder Schmelzhuͤtte find zwölf bis funfzehen Defen, eben fo gebauet, wie Diejenigen, die oben a. d. 154 ©. befchrieben find, Wenn das Erzt Klein gepoche ift, fo wird es mit Kohlen in den Ofen getragen, und man bekoͤmmt Grigen von einem bis zwey Pud. Leder Ofen Fann des Tages bis dreymal angefchlree werden. Man reiniger es zu Barreneifen; darzu dienet ein großer Hammer, der vom Waffer ger trieben wird, welches auch noch zween Blasbälge in Bewegung bringe 93). Bir kamen Nachmittages um zwey Uhr wieder zu unfern Sabrzeugen, fuhren ab, und waren um fieben Uhr in Jakutzk. . Den 24ften May veifete ich zu Pferde mie dem Studenten Krafcheninnitow und mit einem jafutifchen Kofaken, um die Kohlenminen zu unterſuchen, welche nicht weit von der Stadt, am linfen Ufer des Fluffes, brechen. Der Weg gieng. über ein ziemlich ebenes Feld, bis an den Fuß Marche, über den wir fegeten, und von da kamen wir an den Buluͤſt⸗ Urjak, Zisbach, weil man da oft mitten im Sommer Eis ſieht; und um Mittag erreicheren wir einige jakutiſche Jurten, wo wir die Pferde wechfelten. Dry Werfte weiter hin Famen wir auf ein ganz Fahles Feld, Kuldem genannt, bey welchem eine Weide für das Klofter Spaßkoi in Jakutzk if. Zu Ende diefes Feldes giengen mit noch einmal über den Buluͤſt, ritten längft an demfelben eine Meile hin, und Eamen nachgehends in einen brennenden Fichtenwald, der bin und wieder fo fteiniche und mora⸗ fig war, daß es fich fehr beſchwerlich reiſete. Darauf ritten wir einen fleilen Weg bin unter, Famen über den Bach) Jelowa, an dem wirlängft bin bis an den Nena giengen. Hier fanden wir einen großen Felſen vor ung, zwifchen diefem und dem Ufer des Fluſſes war 92) Man findet diefe Wahrnehmungen ausfühe- 93) Diefe Schmiede, die ausdruͤcklich für die lid) im Originale, 2 Theil 479 u. f ©, kamtſchatkiſche Reife angelegt war, iſt nachgeben durch Sibirien. 203 war fünf Werſte fang ein fo fteinichter Weg, daß ich mich ſehr wunderte, wie hier die Gmelins ferde fich erhalten koͤnnten. Endlich, da wir noch zwo Werfte zuruͤckgeleget hatten, Reiſe. trafen wir fehon am Ufer die Steinkohlen an, derentwegen ich dieſe beſchwerliche Reiſe 2a Unternommen hatte. Ich hatte fehon Tages vorber, den Unterfleiger ımd Behauer hin geſchicket, daß fie vor meiner Ankunft die Sagen des Berges vecht ins Sicht feßen moͤch⸗ een, damit ich fehen Fönnte, wie weit die Steinfohlen in die Tiefe giengen. Die Gru- en find einer Spnfel des Lena, Bereſowoi, gegen über. Die Kohlen brechen auf zwey is dritthalb Lachter von der Oberflaͤche des Lena, erſtrecken ſich ſehr weit ins Feld, und find bis eilf Fuß dic, Sonſt find fie nicht gut; denn fo lange fie in der Erde liegen, find fie feucht und feſt, in der Luft aber zerfallen fie gleich in viele Fleine Stuͤcke, und koͤnnen alfo für nichts, als eine erdharzige Erde, angefehen werden. Ich ließ einen Ver- ee ob fie Eifen zu fehmieden faugeten, aber fie brannten übel, und gaben we: mg Hitze. Bon dem Felfen Serguſew fagete man mir, daß die akuten ihm göttliche Eh— te erwieſen, weil fie ihm die Kraft zufchrieben, ungeftüme Winde zu erregen, die ih— nen in ihrer Jagd ſehr Binderfich find. Das ift dem Aberglauben der Buraͤten aͤhn⸗ lich, welche fih dem Schamanstoi- Kamen bey Jakutzk niche zu nähern getrauen, aus Furcht, daß ihnen ein Unglück begegnen möchte. Die akuten, melde von dem Sergujew gleiche Einbildung haben, bringen ihm Opfer, feine Gewogenheit dadurch zu erhalten. Ich fand ein wenig unter der Steinfoblengrube, in einem Fleinen Thale, allerhand Opfer, die in Bündeln Roßhaaren, ungefähr vier Zolllang, beftunden, und mochte weiter nichts ſehen. Gegen Abend trat ich den Ruͤckweg nad) Jakutzk anz und da ich die ganze Nahe durch gereiſet war, fo Fam ich den 2sften um fünf Uhr des Abends wieder an. Ungeachtet wir uns an den Zauberern und ihren Gaufeleyen fart gefehen haften, fo ließ doch der Herr Profeffor Muͤller eine Zauberinn Fommen, von der man uns Wun- derdinge erzählete. Sie geftund felbft, daß fie eine Zauberinn wäre, und es in ihrer Kunft fo weit gebracht hätte, Daß fie mir Hüffe des Teufels, fich ein Meffer in den Leib oßen Fönne, ohne den geringften Schaden zu nehmen. Es wurde ein Abend beſtimmt, An dem fie ihre Künfte zeigen follte, und fie Fam zu gefegter Zeit in die Jurte, wo wir Uns verfammlet hatten. Nach dem gewöhnlichen Vorfpiele der Zauberey, und nad) dem emit ihrer Stimme allein das Geſchrey verfehiedener Thiere nachgemachet hatte, fieng ie an, mir den Teufeln, dieniemand fonft ſah, fehr vertraut zu werden. Wir warteten auf den Stoß mit dem Meſſer. Wir gaben ihr ein ſehr ſcharfes, und es ſchien wirf- lich, als wenn fie es ſich in den Leib ſtieße, daß es an der andern Seite wieder beraus- kaͤme. Sie machere ihre Dinge fo geſchickt, daß fie jedermann betrog. Ich griff aber Lſchwind mie der Hand an den Ort, wo fie hingeſtoßen hatte, um zu fühlen, ob es wirklich im Leibe ſtaͤke. Sie ſagete aber gleich, der Teufel wollte ihr nicht recht gehor- N, man müßte es auf ein andermal verfehieben. Die Thorheit war angefangen, und "ir wollten ihr Ende fehen ; alfo beftelleten wir fie auf den folgenden Abend. Ob fie nun gleich Öffentlich geftanden hatte, das Meffer fey nicht in den $eib gegangen, fo glaubeten 903 die in beſern Stand gefommen. Man bat. aus der- ches die Schiffe auf diefer Neife gebrauder ha⸗ Alben Anfer, und anderes Ciſenwert geliefert, wel,“ bei. 737. Emelins Reife. 1737 — 294 Reiſe nach Kamtſchatka die Jakuten doch das Gegentheil, und daß ihr der Teufel nur befohlen haͤtte, uns Une glaͤubigen falſch zu berichten. Den folgenden Abend gieng zur geſetzten Stunde der Tanz von neuem an, und der Meſſerſtich ward nicht zum Scheine vorgenommen. Sie ſtach es ſich wirklich in den Leib, und zog es blutig wieder heraus, _ Ich fühlete nach der Wun⸗ de, und fand ein Stuͤck vom Retze heraushangen, welches fie abſchnitt, auf Kohlen braten ließ, und auffraß. Man kann ſich das Erftaunen und die Bewunderung der Ja⸗ Futen leicht einbilden. Sie war gar nicht erſchrocken ‚und that, als wenn nichts Außere ordentliches vorgefallen wäre. Herr Profeffor Muͤlier, der fie bisher in feinem Haufe gehalten hatte, nahm fie wieder mit ſich; hier legete fie ein Pflaſter vom Harze des Ser henbaumes auf, verband die Wunde mie Birkenrinde ‚, und fchnürete fich den Leib mit alten Lumpen zufammen. Aber das Merfwürdigfte war ihr Geftändniß, welches fie uns terſchrieben von fih gab: „Sie hätte fich vorher nie ein Meffer in den $eib geftoßen, ehe „ſie vor uns gezaubert hätte. Sie wäre auch damals niche Willens gemefen, e8 zu thun, „fondern uns, wie die Jakuten, zu befriegen, und es geſchicklich zwiſchen dem Rocke und „dem Leibe durchzuſtoßen. Die Jakuten haͤtten auch niemals daran gezweifelt, aber wir „hätten ihr zu ſcharf auf die Hände Achtung gegeben. Nun babe fie von einigen ihres „Handwerkes gehöre, Daß man nicht gleich fterbe, wenn man fich ein wenig in den Leib „feße, man muͤſſe nur ein Stuͤckchen von feinem eigenen Fette effen. Diefes babe fie „die Nacht über bedacht, und fich einen Muth gefaßt, um nicht von uns für eine Luͤgne⸗ „rinn gehalten zu werden. Jetzt, da man ihr freundlich zurede, geftebe fie, daß fie bis⸗ „ber die Jakuten betrogen hätte, um ihrer Kunst ein größeres Anſehen zu geben. „ Shre Wunde, die fie nur zweymal verband, war den fechften Tag völlig geheiler, wozu viel leicht ihre Jugend vieles beygetragen bat. Ich babe gefagt, die junge Zauberinn Härte ihre Ausfage unterfchrieben. Diefes brauchet eine Erflärung. Die Jakuten haben feine eigene Schrift, und bedienen- fich auch nicht der Buchfiaben anderer Voͤlker. Jeder von ihnen aber wählee ſich ein ge miffes Zeichen, und bediener fich deffen allemal, wenn er erwag unterzeichnen fol. Der Dolmetfcher aber befräftiget zugleich mit feiner Unterſchrift, daß diefes das Zeichen des „akuten, und da feine Ausſage vichtig überfege fey. Diefe Zeichen find nicht kuͤnſtlich, fondern allerhand willtührlich angenommene Figuren. Bey einer Reife, Die ich mie dem Herrn Profeffor Muͤller gu einem vornehmen Jakuten that, der unter ihnen für einen Fürften gehalten wird, lerneten wir aus einem Gebrauche Diefer Voͤlker, daß oft die Sreundfchaft unter Barbarn mehr in Ehren ge halten wird, als unter den gelitreteften Nationen. Wenn zween Jakuten, die eine Zeit: lang in befonderer Sreundfchaft gelebet haben ſich trennen, weil etwa einer eine veite Reiſe vorhat, fo ſcheiden fie allemal in einer Gegend von einander, wo Bäume find Nach genommenem Abſchiede ſteigt der, welcher zurückbleibt, auf einen Baum, und hauet deſſen Aeſte ab. Das ift das ftärffte Zeichen der Sreundfchaft gegen den Abweſen⸗ den, deſſen ruͤhmet er ſich gegen Die andern: und wenn er den Tod feines Pylades erfährt ſo gereichet es ihm zu einem befondern Trofte, mit dem er ſich felbft viel weis, daß er die fen Baum dem ober jenem zu Ehren abgehauen habe, Die Jakuten verthun viel Pferdemilch, ſowohl zu ihren Opfern, als Gaftereyen, und täglichen Gebrauche; es iſt ihr licbftes Getränk, Sie eflen überhaupt ftarf: aber mas Herr Strablenberg von ihrer Gefraͤßigkeit ſaget, das ift uͤbertrieben. Ich vr niemals durch Sibirien. N — niemals weder gefehen, noch geböret, daß fie fich an Fefttagen ganz nackend auszögen, Gmelins um defto mehr in fich hinein zu fuͤllen. - Reife, Da ic) eines Tages um die Stadt fpagieren gieng, fo begegnete mir ein Jakute, #7 are der einen Fleinen Stecken in der Hand hielt, und ibn bin und her ſchleuderte. Sch hat» "> fe einen Coſacken bey mir, der gut Jakutiſch ſprach, der erflärete mit gleich, was es Aberalauben !ey, und der Jakute felbft machere auf Befragen auch Fein Geheimniß daraus. Es wardie- dr Jakuten. N Tag ſehr warm, und der Jakute, der noch ſehr weit nach feiner Jurte zu reifen bat- fe, wollte ſich frifche Luft verfehaffen. Das fängt nım ein Jakute fo an: Er nimmt cis nen Stein, den er ungefähr in einem Fifche oder Thiere gefunden hat, wickelt ihn in ein ferdehaar,, und Binder diefes an einen Stecken, welches er im Gehen bewegt, und da— bey diefe Worte zu feinem Steine ſpricht Ich entfage Vater und Mutter, und wüns ſche deine Kraft zu fehen. Sodann leget er den Stein und das Stöckchen quer über den ft eines Baumes, darauf denn ein Fühler Wind entftehen foll, der dem Reiſenden die Hitze ertraͤglich mache. Ich hatte noch um Jakutzk den vermeynten ſeuerſpeyenden Berg zu ſehen, vor dem Strahlenberg reder: aber ich mußte nicht, wo ich ihn ſuchen ſollte, fo ſehr wider ſpricht er fich in der Sage deffeiben. Diefer Berg wirft nach feinem Berichte Afche aus, die man für Flores falis arınoniaci hält. Aber a, 8.328 ©. feßet er ihn an den Cha⸗ tanga, nicht weit vom Eismeere und dem Fluffe Jeniſei, und a, d. 379 ©. nicht weit von Jakutzk gegen Weſten bey der Duelle des Baches PPilgui. Hingegen auf feiner arte, die efwas fpäter ift, als das Werk, feget er ihn zwiſchen zween Flüffe, den Ötent und den Lena, in einerley Höhe mit Schigam Da id alfo nicht wußte, wo diefer febenswürdige Berg anzutreffen fey, mir auch, aller Nachfrage ungeachtet, niez Mand davon fichern Bericht geben konnte, fo mußte ich die Hoffnung aufgeben. Erſt wey Jahre hernach erfuhr ich bey meiner Reiſe durch Jeniſeisk und Mangaſa ſeine eis gentliche Sage von Leuten, die an bem Fluffe Chatanga gewohner hatten, und mit der ganzen Gegend befannt waren; und ich rücke bier fo viel ein, als ich über dieſen Punfe Uderfäßiges fügen Fan. Das Ufer des Chartanga erſtrecket ſich unter Ponomare⸗ + Simonsje ungefähr acht bis zehn Werſte ins Meer, und iſt an manchen Orten nfehn Faden hoch. Die untere Sage deffelben fheint bloß Sand zu feyn, darauf fome nen Steinfohlen, die an manchen Orten drey bis vier Faden dick liegen. , Huf die Steine obten folger wieder Sand, der mit Erde bedecket if. Aus der Höhe diefes erhabenen ers ſieht man von Zeit zu Zeit. Rauch aufjteigen, und wern man fich ben Dertern nd- te, wo er herausfömmt, fo ſieht man ein Feuer, tie wenn eine Kohle glimmer, an kann an diefe Stellen ohne Gefahr hingehen; denn obgleich das ganze Ufer im - inter mie Schnee bedeckt ift, fo kann man doch den Schnee auf den brennenden tellen Teicht von dem andern unterfcheiden. Er iſt nur einige Linien dic, und ſieht faft sie ein Reif aus, deswegen ibn auch die Ruſſen Kursjak nennen. Vor dieſem waren Einige brennende Stellen, an deren Nändern man guten Salmiaf, und uͤberdieß eine the Materie fand, aus der ebenfalls Salmiak gekocht ward. Aber diefe Stellen hat 8 Feuer ganz verzehret, und die neuen Lagen, welche brennen, falfen nach und nach MIE Erde zu, Die Goldfehmiede und Zinngießer zu Tentfei und Mangafis j0- Ln dieſen Salmiak von Chatanga dem ausländifchen vor, weil er reichlicher ausgab. Das iſt das ganze Wunder mis dem ſeuerſpeyenden Berge. Man bat am Chatanga niemals Gmelins Reife. E31 Entdeckung der Gegend von Jakutzk durch einen ruſſiſchen Avauturirr. Deſſen Ge⸗ ſchichte. 296 Reife nach Kamtſchatka niemals das geringſte Erdbeben geſpuͤret, keinen Bimsſtein oder vom Feuer ausgeworfe⸗ ne Schlacken geſehen; das Feuer iſt hier nie ſtaͤker, als glimmende Kohlen, geweſen: und eben dieſe Leute haben mic) verſichert, daß die Steinkohlen in dieſen nordlichen Gegen⸗ den fehr gemein find, daß die Ufer der See vom Jeniſei öftlich nach dem Lena voller Steinfohlen, und zwar in ſolcher Tiefe ſtecken, daß fie vom Seewaffer abgeſpuͤhlet werden. Ehe wir Jakutzk verlaffen, wird es hoffentlich nicht unangenehm feyn, zu fehen, wie biefe Gegend iſt entdecket werden, wenigftens nach den Erzählungen der mangafeifchen Coſacken, die ich hier zuſammen trage. Pends, ein Ruffe, der aufgut Gluͤck ausgieng , hatte von Eroberungen reden hören, und wollte feinen Namen verewigen. Er gieng alfo mit vierzig Mann , die er in Rußland und Sibirien zufammengebracht hatte, hierher, fein Glück zu verfuchen. Er koͤmmt an den Tjenifei, und a bis Mangaſea herunter. Hier erfährt er, daß ber Niſchnaja⸗Tunguska, der ein wenig weiter oben hineinfällt , von beydnifchen Völkern bewohnet ſey, und daß es gegen feine Duelle zu einen andern großen Fluß gäbe, deffen Ufer auch fehr volfreich wären. Er entfchließe fich alfo, den Fluß hinauf zu ger ben, und diefe Gegend zu befehen. Zudem Ende-bauet er-fich Fahrzeuge, und den ers fien Sommer fährt er ungefähr bis an den Fluß Niſchnaſa⸗Kotſchoma. Daſelbſt hatten ihm die Tungufen durch viele quer tiber den Fluß gelegete Bäume den Weg vers fperret, und feine Fahrzeuge aufgehalten. Er mußte aljo den Winter hier zubringen, und er bauete fich deswegen eine Hücte, die noch beutiges Tages unter dem Namen Niſchnoje⸗Pendina⸗ Simowje befanne if. Diefe Hütte misfiel den Tungufen fer, und fie geiffen fie verfhiedene Male an: weil fie aber bloß Bogen und Pfeile harten, ſo Eonnte er fie mit feinem Schießgemehre jederzeit leicht abtreiben. Den folgenden Som mer begab er fich wieder zu Schiffe. Je mehr die Tungufen feine Stärfe Fannten, de fto medr glaubeten fie, fie müßten fich wider fein Unternehmen fegen, und ihn weiter zu gehen hindern. Gie ließen ihm alfo wenig Friede, daß er nur bis nad) Serednaja⸗ Botſchoma kommen konnte. Er mußte zum andern Male, unterhalb diefes Fluſſes, ans Sand ſetzen, und eine Hütte bauen, den Winter hier zu wohnen. Die Tungufen fa ben, daß fie ihn weder auf den Schiffen noch in der Hütte mit Vortheile angreifen koͤnn⸗ ten, darum ließen fie ihn in, feiner Winterwohnung ruhig, und den dritten Sommer, als ex noch weiter hinauf zog, verfolgeren fieihn gau nicht. Er erreichete alfo ohne Hinderniß die Gegend des Niſchnaſa⸗Tunguska, wo der Sandfteich zwiſchen der Tunguska und Tſchetſchuiskoi⸗ Oſtrog an dem Lena anfängt. Mun ift es ſehr wahrſcheinlich, daß er ſich einige Kenntniß des Landes verſchaffet hat, entweder durch eigene Ausgeſchickte, oder aus den Erzaͤhlungen der Reiſenden, die bis dahin gekommen waren. Denn kaum war er daſelbſt angelanget, fo trat er die Landreiſe an. Er wußte nicht, daß die Tun⸗ guſen bier alle ihre Macht verſammlet hätten: fie thaten ihm aber fo vielen Widerftand daß er gezwungen war, noch eine Hütte auf dem Berge. Furjew zu bauen, und den Winter zuzubringen, fo gut er konnte. Zu feinem Gluͤcke war er, der bisher fo vieles von den Tungufen ausgeftanden hatte, gegen ihre beftändigen Feindfeligfeiten abgehät« tet. Sie wurden es aber nicht überdrüßig, fondern fegeren immer wieder von neuem an. Fiel gleich zu Anfange des Streites eine ungluͤckliche Kugel unter die Tungufen, 10 nahmen fie mit großer Eilfereigfeit die Flucht. Oft aber wurden die er 3 £ 1819, J 4 —* Ndurch Sibirien. 297 dißig, daß e3 viel Blut Eoftete, wiewohl der Sieg allemal auf die Seite des herzhaften Bmelins enda fiel, So kam er, nachdem man ihm den Weg Schrift für Schritt fireitig ger 9— 37. — Mache hatte, im vierten Fruͤhjahre an den Lena. Hier bauete er ſich die noͤthigen Fahr—⸗ deuge, und fuhr den Fluß herunter bis in die Gegend von Jakutzk. Alsdenn gieng er Mieder den Fluß hinauf bis in die Gegend von Wercholenst, vor da über die Steppe ach der Angara, und auf derfelben und dem Tunguska nad) Jeniſeisk zurüd, Hier chrieb er die Nachrichten von ſeinen Eutdeckungen auf, die nachgehends zur Bevoͤlkerung dieſer Gegenden Gelegenheit gegeben haben. — * “ES wartete zu Jakutzk mit Ungeduld auf unſere Reiſe nah Ochotzk, und ſtelle⸗ fe mir ſchon im Borans das Vergnuͤgen vor, dieſen ſchoͤnen Haven, und ſowohl das oſt⸗ Ihe Meer von Sibirien, (oder wie es der ruffifche Arlas nennet, das Meer von Ramt⸗ ſchatka weil es ſich in der That zwiſchen dieſer Halbinſel und der Gegend des Fluſſes Ochota erſtrecket) als auch den Meerbuſen Penſchinskoi zu ſehen, von da nach Ramt⸗ chatka zu reiſen, und alle dieſe unbekannten Gegenden nach unferer Anweiſung zu be— ſchreiben. Seit dem Anfange des Jahres 1737 waren wir mit den Anftalten zur Fortſe⸗ tzung unferer Reife befchäfftiger. Das Seecommando follte den unferer Geſellſchaft noͤ— thigen Proviant beforgen.. Deswegen haften wir ſchon im Jahre 1734, als wir uns alle zuſammen mit dem Seecommando in Tobolsk befanden, die Worficht gebraucht, dem commandirenden Hauptmanne ein Derzeichniß der Lebensmittel einzugeben, die wir Fünf fig, in Kamtſchactka zu unferem Unterhalte nörhig haben würden. Da wir nun fahen, Auf welchen Fuße jege die Sachen ſtunden, und ung erinnerten ‚ tie viel Noch wir bo— reits an bewohneten Orten nur wegen der Duartiere ausgeftanden hatten, fo ließ fich Leiche der Schluß machen, daß, wenn wir uns nicht in allen Stücken vorfähen, man uns inder Anendlichen Entfernung won; Petersburg nach Kamtſchatka noch viel härteres Be⸗ gegnen würde wiederfahren laſſen. Wir wandten uns alfo fchriftlih anden commandiren« ven Hauptmann, um zu wiffen, ob er uns den zu unferem Aufenthalte in Ramtſchatka noͤthigen Unterhalt, den wir fchon in Tobolsk verlanget hatten, würde fchaffen Eönnen, Und wie bald er es zu bewerkſtelligen hoffere? Man antwortete ung aber fehlechthin, das Eeommando müßte natuͤrlicher Weiſe erft fic) felbft verfürgen, und koͤnnte es nicht auf Pr nehmen, für. ung Proviant binzufchaffen. Auf diefe Antwort giengen wir an die au. velfey in Jakutzk, und lagen ihre an, diefes zu beforgen. Diefe machete aber auch —9 erhand Einwendungen, und ſagete endlich ohne Umſchweif, es wäre ihr von dem Sees A mmando ſchon eine ſo ſchwere Laſt aufgebuͤrdet, daß alle bey ihr vorhandene Leute ge⸗ fo du thun haͤtten, den Proviant für daſſelbe nah Ochotzk zu bringen; fie koͤnnte al- — Fortſchaffung unſeres Propiantes nicht einen einzigen Menſchen hergeben ‚sa nicht mal die Sebensmittel felbft, wüßte auch nicht, wern fie im Stande ſeyn würde, ung nie beyden auszubelfen. So gieng es uns in einen fo nörhigen Punkte, als der Unter- N iſt. Weberdiefes wußten wir felbft nicht, wie wir von Ochotzk übers Meer fom- Men folften, Den Befehlen des Senats zu Folge war aud) dieſes dem Seecommando 2 f9etragen, Unfere Gefellfehaft war nicht Elein, und mußte nothwendig darauf den⸗ AR Die Befehle des Senats enthielten es gleichfalls, daß wir alle Bequemlichkeit auf 1 Schiffen haben ſollten. Wir wandten uns alſo dieſes Punktes wegen nochmals an eecommando, und frageten an, ab es ung bequem überbringen koͤnne? Die Ant— wort war der erſten gleich; das Seecommando, hieß es, haͤtte mit ſich genug zu thun, Allgem. Belſebeſchr XIX Band. en und . Gmelins Reife 1737 — — 298 Reife nach Kamtſchatka und fie müßten nicht, ob fie ung aufnehmen Fönnten, Man fegete Binzu, die Ranzelley zu Gehozk habe Schiffe und Leute, deren wir uns, überzufommen, bedienen müßten. Herr Piſarew, Befehlshaber des Havens Ochotzk, war noch in Jakutzk; wir ers Fundigten uns bey ihm nad) der eigentlichen Beſchaffenheit. Wir harten Urfache, alles Vertrauen in ihn zu feßen, und feine Gemogenheit zu hoffen. Er gab uns feine Antz wort ſchriftlich, des Inhalts: das eine Fahrzeug wäre Alters halber in Ramtſchatka zurückgeblieben, das andere ſey in fehr fihlechtem Stande; man müßte alfo ein neues bauen, wiewohl er ſelbſt niche wüßte, wenn es gefcheben dürfte, Es war alfo von allen Seiten ungewiß, wenn und wie wir unfere Reife nad) den vorgefchriebenen Orten wuͤr⸗ den fortſetzen. Den Ausgang in Jakutz zu erwarten. hielten wir niche für rathfam« Herr Profeffor Muͤller hatte alle Nachrichten zufammengebracht, die er von den Jaku⸗ ten und den Orten dieſer Gegend zu ſammlen befehliget war. Ich hatte faſt die ganze natürliche Geſchichte beſchrieben, und die Gegend ſchien mir zu unfruͤchtbar ‚ als daß es der Mühe werth gewefen wäre, mich da noch länger aufzuhalten. Herr de la Croyere glaubete, daß ſeine zu Jakutzk gemachten Wahrnehmungen hinlaͤnglich wären, die el: gentliche Sage Diefes Ortes zu beftimmen. Uebrigens waren wir überzeugt, daf die Ber fhreibung von Kamtſchaͤtka niche wohl unterbleiben Fönne, weil fie die Hauptabſicht von der Keife unferer Gefellfchaft war. ; Zu Folge diefer reiflich erwogenen Umftände überlegeten wir drey Profefforen , mas wir für einen Entſchluß faffen müßten. Man konnte es ung gar nicht zur $aft fegen, daß wir nicht mit Gefahr, an Allem Mangel zu leiden, die Reife nach Kamtſchatka antraten. Alſo war es am natürlichften, fie noch aufzufchieben. Herr Profeffor de F ste hielt es überdieß noch für noͤthig, auch in recht nordlichen Gegenden aftronomifche Bemerkun⸗ gen anzuftellen, um dafelbft gleichfalls einen feſten Punkt zu finden, deflen $änge und Dreite, wenn fie einmal ausgemacht märe, die Sage anderer Gegenden zu beſtimmen bienete. Er wollte alfo, bis ſich das Glück unferer Geſellſchaft günftiger erzeigere, den Lena hinunter gehen, fi) durch Winterwege nad) dem Fluſſe Olenk verfügen, mo er ruſſiſche Wohnungen anzutreffen, und alſo in feinen Arbeiten Unterftügung zu findet boffere. Ein jeder von ung verband fich, auf dasjenige zu finnen, was der Herr Pro feffor außer den Wahrnehmungen am Himmel, dieer am beften verftünde, zum Wachsthur me Wiſſenſchaften Erfprießliches Teiften Fönne, und verfprahen es ihm fehriftlid zu geben. Da mir der größte Theil der Zeichnungen, die ich im vorigen Jahre an dem Lena gemacht hatte, und faft alle Befchreibungen in dem unglücklichen Brande zu Jakutzk darauf gegangen waren, fo glaubete ich, meine Zeit am beften anzuwenden, wenn I diefen: Verluſt zu erfegen firchere, Die Sluſchiwie, die wir das vorige Jahr mie und gebracht hatten, befanden fich noch in Jakutzk, weil wir uns ihrer zur Fortbringund unferes Proviants nad Judemskoi⸗Kreſt und Ochotzk zu bedienen gedachten, fie konnten alfo wieder auf den Fahrzeugen zur Arbeit gebraucher werden. ch harte fer ner befhloffen, an dem Lena zu überwintern, damit ich auf die erfte Nachricht, daß 3 Ochotzk Anftalten zur Famtfchatkifchen Reife vorgefebret wären , ohne Verzug na Jakutzk, und von danach ÖchogE reifen Fünnte, Herr Profeffor Müller hatte noch einiges in den obern Gegenden diefes Fluſſes zu unterfuchen. Seine Gefunddell war auch feie dem vorhergehenden Winter etwas wanfelbaft, welches wir wegen u durch Sibirien. | 299 Zufälfe der Kälte in Jakutzk zuſchrieben. Er glaubete alfo, wenn er den folgenden Bmelins \ inter in einer weniger rauben Luft zubringen Fönne, einige Erleichterung, und neue Reife. Yafte zur bevorftehenden Reife zu erlangen , die wir nach immer fo bald anzutreten be 1737 eten, als es möglich wäre. Aus diefen Urfachen, und weil wir ſchon febr an einander gewohnt waren, befchloffen wir unterdeffen, beyde eine Mebenreife zu thun. Die große Reife nad) Kamtſchatka war alfo nur aufgefchoben. Unterdeſſen über: egeten wir, daß wir fchon das vierte Jahr von Petersburg abwefend waren, da man uns doch Hoffnung gemacher hatte, die ganze Neife follte nicht über fünf Jahre dauren. Wir faben ein, daß, wenn alles nach unferem Wunfche gienge, wenn man uns die Ue— erfahre nah Kamtſchatka auf alle mögliche Weife erleichterte, doch fünf Sabre vor- ey gehen würden, ehe wir diefe Halbiniel zu fehen befämen. Aufdie Ruͤckreiſe harten "dir auch ein Paar Jahre, und etwas auf den Aufenthalt dafelbft zu rechnen. Ewig in diefen rauben $ändern zu wohnen, hatten wir gar Feine $uft. Deswegen fanden wir für gut, im Voraus folche Anftalten zu machen, daß wir bey der Ankunft in Ramtfcharke DR ſchon etwas vorgearbeitet fänden, um nicht gezwungen zu feyn, ung gar zu lange da aufzuhalten. Diefe Vorbereitungen follten darinnen beftehen, daß man zu unfern dor- eigen DBerrichtungen bequeme Quartiere bauete, daß man einen Garten in Bol ſcherezkoi⸗Oſtrog, als dem füdlichften Orte, anlegen, und darinnen die wilden kamt— ſchatkiſchen Kräuter fo viel als möglich verpflanzen follte. Es Fam ferner darauf an, Beobachtungen über das Wetter anzuftellen, die Ebbe und Fluch im dortigen Meerbus fen genau zu beobachten, den feuerfpeyenden Berg und die warmen Sänder, die Fifche, dierfüßigen und in beyden Elementen zugleich lebenden Thiere, die Vögel und alles, was die See ausmwirft, zu befchreiben, und alle Nachrichten von den Romtfchadslen, orſaken und Kurilen zuſammen zu bringen, die man ſowohl in Anfehung, was man don ihrem Urfprungeerzähiete, als and) von ihrer Sebensart, Kleidung, ihrem Gögendienfte, ihren Sitten und Gebräuchen, Handel ꝛc. durch fichere Nachfrage erfahren Fönne. Um diefe verfchiedenen Abfichten auszuführen, waͤhleten wir den Herrn Kraſche⸗ uinnikow, jeßigen Profeffor der Botanik in — der ſich bisher beſonders ervorgethan hatte, und deſſen Fleiß und Eifer keiner neuen Beweiſe brauchete. Zu ſei— nem Beyſtande gab man ihm einen Schreiber mit, und ſorgete auch für alles, ihn be— Wem nach Ochotzk, und ficher nach Ramtſchatka zu bringen. Die deswegen ge: troffenen Anſtalten giengen auch ſo gluͤcklich fort, daß er in allen ſeinen Verrichtungen zu amtſchatka fein Hinderniß fand. Er reiſete im Herbſte deſſelben Jahres auf einem Ahreiſe des Mezeuge ab, welches die ochotzkiſche Kanzelley nah Kamtſchatka wollte gehen laſſen. Herrn Kra⸗ WR gaben ihm einen ausführlichen Unterricht ſchriftlich mit, und den sten Jul, um zehn ſcheninnikow dr gieng er über den Lena, um fi) unverzüglich nach Ochotzk zu begeben. — Man kann von Jakutzk nach Ochotzk ſowohl zu Waſſer, als zu Sande, Fommen. Zu Waſſer geht man erft den Lena bis an den Aldan, den Aidan aber herauf bis auf den Biela reka, welcher in jenen fällt, Diefer Weg ift muͤhſam und langweilig. Da ‚Man in gerader Linie nicht mehr als zweyhundert und neunzig Werfte bat, fo beträgt es Auf dem Waffer über fünfhundere, deswegen man diefen Weg nicht gern nimmt. Man RE an dem Biela reka verfchiedene Magazine angeleget, dabin man den Proviant des inters in Schlirten bringt. z Pr 2 : Zu Gmelins Reiſe. 1737. a 300 Ä Reiſe nach Kamtſchatka +. Zur Sande gehe der Weg von Jakutzk aus an den Bach Tatta, dahin man von der: Stadt hundert und acht und ficbenzig Werſte rechner; von da an den Fuß Amga find vier und vierzig Werfte, vom Amda bis an den Aldan und Biela reka acht nd fechzig Werte. Alsdenn führe man den Biela reka bis an den Judoma hinauf, und auf diefem faft bis an feinen Urfprung, wo man-einige Häufer und Magazine antrifft- Hier bat man zween Wege, einen meiftens zu Waffer, den andern zu Sande, - Die Quelle des Bludnaja ift nicht über vierzig Werfte vom Urfprunge des Judoma ent« ferne, und diefer fälle in den Urak, (der in dem ruffifchen Atlas Urom heißt), dieſer aber gebt etwas weſtlich von Ochotzkein die See, Cs find auf dem Leck, weil er voller Felſen, und reißend iſt, ſo viel Ungluͤcksfaͤlle vorgegangen, daß man den Weg zu Lande vorzieht. Gleichwohl geht dieſer uͤber erſtaunliche Berge, wo man mit Wagen nicht fortkommen kann; ſondern es muß alles auf laſtbaren Pferden oder Rennthieren fort⸗ gebracht werden, auf deren eines man nicht über fünf Pud, oder zweyhundert Pfund, laden kann. Das Mehl wird in zween lederne Saͤcke gepackt, und eingeftampft, wovon jeder ungefähr brittehald Pud hält, Diefe Säde find mit einem breiten Riemen zufan men gebunden, daß alfo auf jeder Seite des Thieres einer hänge. Die Tungufen um Ochotʒk liefern die Rennthiere, um das Neifegeräch fortzubringen; die Pferde kom⸗ men gemeiniglich von Jakutzk, und leben von dem guten Grafe, bas fie untermegens antreffen. Aus Mangel der Fütterung giebt e8 ſehr wenig Pferde in Ochotʒk; die Pferde behelfen fich zwar mit Sproßen von Weiden, aber. das it ein fihlechtes Fuͤtter⸗ wovon fie weder Kräfte noch Fleiſch ‚befemmen. | = Um wieder auf den Weg von Jakutzk nah Ochotzk zu kommen, mern mar über ben Adan gegangen ift, fo geht man längft an dem Fluffe Diele. hinauf, bis art den Bach Tſchagtala, welder Weg hundert und vierzig Werſte ausmachet- Auf diefer Reife koͤmmt man aufderrechten Seite deg Biela einen großen Felfen vorbey, (Wie⸗ trennoi⸗Kamen), Windfelfen, genannt. Funfzehen Werfte weiter hin, von dem Tſchat⸗ dala, koͤmmt man an den Fluß Junakan, an dem man jivey und zwanzig Wörfle Binaufteifet. Won dort gehe der Weg. über das Gebirge, und führee wieder an den Diele, Bey dem Junakan ift ein Eleiner See, die Jakuten nennen ifn Yuskiol, den Eisfee, weil man auch im heißeften Sommer Eis darauf ſieht. Machdem man den Biela wieder erreiche hat, fo geht der Weg fünf Werſte lang an diefem Fluſſe Bin, wor⸗ auf man fich ablenket, und nach vier und dreyßig Werften zum Jung kommt. Bon da find es ein und vierzig Werfte an den Bach Werblinſchja, auf dem man im Forfe teifen zween Oerter antrifit, die niemals ohne Eis find, weil es da niemafs ſchmelzen Fann. Der eine iſt Flein, und heißt Kutſchugoi Taryn, der andere und‘ größere aber Tapitan Taryn. Zunfsig Werfte weiter fiche man den Keil Taryn, der niche weni⸗ ger fonderbar ift, als die vorhergehenden, und wo man täglich Eis entftehen fiehe, ohne daß Jemand die Urfache angeben koͤnnte. Dadie Kälte dafelbft außerordentlich ift, f hat vielleicht noch niemand Suft gehabt, ſich lange genug zu verweilen, um die Urla ehe davon zu unterſuchen. Zwanzig Werfte davon finder man eine anfehnliche Wal dung, Bolſchie Gari genannt, und noch zwanzig Werfte weiter bin Warte Bart einen andern Wald, wo man feine Kälte ſpuͤret. Nach funfjehn Werften erreichet man bie Fluͤſſe Judoma und Judamskoi⸗Kreſt, wo es fehr Fale iſt, man ſieht aber außer der gewöhnlichen Zeit Fein Eis. Won Judamskoi⸗ Kreſt, wo der Proviant — 2 ; = : 5 m durch Sibirien. men geſchaffet wird, geht man zu Sande an den Urak; es find fünf und e R avon geht man fünf-und dreyßig Werfte mie dem Strome hinunter, und fümmt an Alle: | ‚Den ürageifchen Werft, wo Schiffe gebauer, und mit Proviant beladen nad) Öchont 1737, geſchickt werden. Sieben Ünd vierzig Werfte weiter unten koͤmmt man an ben großen I Merfall in Urak, und geht noch vier Werfte an dem Fluſſe fort, lenket fi) alsdenn A, und erreicher nach dreyzehen Werften den Bludnaſa. An dieſem reifet man acht ABER Werfte bin, und koͤmmt bey feiner Mündung durch ein Held, weiches Vrobde⸗Pole, das Biberfeld, genänne wird. Unter dieſer Mündung geht man den ÜraE, und erreicher nach eine’ Neife von fechs und zwanzig Werften‘ den Bad) 301 ſechzig Werſte. Gmelins Aber Dſcholokon, der in den Ochota fällt; ferner nach fechzehen Werften weiter hin den x alten Oſtrog Ochotʒk und endlich drey Werfterdavon dieſen Haven ſelbſt. Alſo be⸗ kraͤgt der ganze Weg zu Sande neunhundert und neunzehen Werſte. ! * Diefer Weg ift überaus befchwerlich /weil er faſt über lauter Gebirge, und durch ‚Moraftige Wälder geht: Die Wälder beftehen meiftenrbeils aus gerchenbäumen und Bir« fen. Man ſieht wohl hier und da einige Fichten und Eſpen, aber fie find felten. Ebes nen findet man wenig, als bey den großen Zläffen, am una, Ziele, Urak und Ochota, von deren Die Berge etwas entferner find. Hier findet man angenehme Fels der, aber der Weg ift dem ungeachtet rauh und beſchwerlich, wegen der vielen: jähen Stellen, die man antrifft, deswegen die Reifenden meiftens zu Fuße gehen, und ihre Pferde an der Hand führen. Eine folhe Reife Fann nicht leicht jemanden angenehm vorkommen, als einem Kraͤuterkenner, dem die Schoͤnheiten der Natur das ausgeſtan⸗ dene Ungemach reichlich erſetzen. So beſchwerlich ſie aber iſt, ſo lange waͤhret ſie auch. Der reiſet ſchon auf der Poſt, der fiein einem Monate zurück leget. Gemeiniglich brauchet man ſechs Wochen dazu; und die Beſchwerde wird dadurch noch größer, daß Man fie nicht unternehmen kann, man führe denn viele Pferde bey ſich, den Proviant U fragen, den man theils auf dem Wege, theils an den Orte, wo man hingedenket, doͤthig hat. Man muß demnach für die Pferde Sorge tragen, aber auf fo einer langen Reife muß ihnen nothwendig allerhand’ zuftoßen, welches auf dem Wege Hinderung mas et. Weil num diefer Weg gar nicht für Fuhrwerk iſt, und die Sebensmittel oft geſchwin⸗ der fortgeſhaffet werden müffen , als es zu Waſſer angeht, fo glaubere man anfangs, Ve Kameele würden fich am beften.dazu gebrauchen laſſen. Man that aud) wirklich ei⸗ N Verſuch. Es wurde ein Kameel nach Jakiltzk gebracht, weiches die Jakuten für EN Ungeheuer anfaben. Zu gleicher Zeit riffen die" Kinderpoden unter ihnen eins diefe ußte dag Kameel mitgebracyt Haben. Sie konnten ſich zwar ſehr wohl erinnern, dafs die Pocken hon manches Jahr in Jaku £'geivefet waͤren, ohne daß fie ein Kameel Angebracht hätte, weil diefes Thier noch, nie in Diefe Gegend gefommen war. Weil aber nach ihrer Pbilofopbie alle Krankheiten, die fteplich etwas böfes find, von 4 P viel perfchiedenen Teufeln entjtehen 94), als fie ſelbſt verſchieden find: fo faben ft — — Bene das herrſchete. Die Negypter, ſetzet er hinzu, wüße ten in ihrer Sprache die Namen diefer Teufel, und Das iſt vieleicht en aus dem Alterthume orig gebließener Aberglauben. Denn Örigenes Yontra Celſum lib, 8.) ſaget, es wären nach dev J tiſchen Mythologie ſechs und dreyßig Teufel e Euftgötter, die den Leib des Menihen, ber 1er Eben fo wief Tpeifen betehe, unter fid) getheis hätten, fo dag jeder über einen gewiſſen Theil glaubeten, wenn ſie einen jeden nach dem kranken Theile des Leibes, den er ſich zugetheilet, anruf⸗ fen wuͤrden, fo würde er Jauch von ihm geheilet werden: ©, le Clerc Rift, delaMedicine p. 14. Gmelins Reife, 1737. Abreife von ° Jakutzk. 302 — Reiſe nach Kamtſchatka das Kameel fuͤr den Pockenteufel an. Der Pockenteufel ward aber mit Proviante und Lbensmitteln bepacket, und verließ die Stadt zu großer Freude der Jakuten. Er ‚gieng bis an den Bach Werbljuſcha, dem er auch feinen Namen gegeben har 95), und ftarb odne nach Ochotzk zu kommen. Man fchloß daraus nicht ohne Grund, das Sand wäre für Die Kameele zu kalt. Die bergichten Gegenden fehienen ihnen auch zumider zu feyn, in Steppen und Ebenen, die nicht gar zu Fale find, Fönnen fie ſich beffer behelfen. Der Herr Kraſcheninnikow reifete den Landweg, und nahm alle Werkzeuge und —— * er zu ſeinen Beobachtungen brauchete, nebſt Lebensmitteln auf zweh Jah— re mit ſich. Gleich nach ſeiner Abreiſe macheten Herr Profeſſor Muͤller und ich alle Anſtalten, Jakutzk zu verlaſſen. Wir harten dazu drey Doſchtſchenniken und eine Rajüfe noͤthig, und Lafen deswegen von Den mitgebrachten Fahrzeugen die beften aus, Sie waren im Fruͤhjahre wieder ausgebeffert worden, und mit Segeln und Maften verfehen. Zu je der Dofchefchennife braucheten wir fechszehen, und zur Kajüfe zehn Arbeitsleute. Die Sluſchiwie, bie mit uns das vorige Jahr hierher gefommer waren, nahmen wir wie der mit; und zur Ergänzung der Arbeiter, die noch) fehleten, wies uns die Kanzelley zu Jakutzk Bauern an, die man von allen Orten her zufammen gebracht hatte, und nad Ochotzk follten ‚gefchaffer werden, Diefe Gegend zu bevölfern, die aber wegen verfchieder ner Hinderniffe noch immer hier müßig lagen. Dazu kamen einige Bauern vom Ufer des Amga, welche aus Liebe zur jafutifchen Lebensart den Ackerbau meiftens, wie die olekminskiſchen Bauern, abgefaget hatten, und alſo ohne Schaden ihres Hausweſens ſo wohl abkommen konnten, als einige Kaufleute, welche wegen Kronſchulden auf Arbeiten hieher verwieſen waren. Alle dieſe Leute waren den 7ten Julius beyfammen- Wir giengen alſo denſelbigen Tag auf die Fahrzeuge, amd nahmen mit ung beyde Mas: ler, don Dolmetſcher Jachontow, den Studenten Borlanow, den Seldmeffer Lehr⸗ ling Makſcheew, den Unterjleiger, den Berghauer, einen Schügen und neun Solda fen. Der Herr Profeffor Is Croyere bach ſich den Unterwundarzt aus, weil er ihn auf feiner befchwerlichen und gefährlichen Reife, nach der untern Gegend des Lena und dem Olenek, nöthiger hatte, und ich bey unferer Gefellfchaft allenfalls deffen Stelle ver- treten konnte. Wir hatten beſchloſſen, Jakutzk nicht eher zu verlaffen,bisHerr Kraſcheninnikow nad Kamiſchatka abgereifer wäre, Das erfuhren wie den Hten Julius durch ein eigenes Schreiben von ihm, und giengen darauf unverzüglich bey ſtillem Wetter ab. m Anz fange gieng es ſehr langfam, weil man die Fahrzeuge ziehen mußte: aber um wenig ſtens von der Stadt wegzufommen, liefen wir aus allen Kräften rudern, und erreiche: ton um eilf Uhr des Abends das untere Ende der Inſel Tjalbjaruͤk⸗aruͤ, welches ſechs⸗ zehen Werfte davon liegt. Den roten reifeten wir mit Sonnenaufgange davon ab, und ließen die Fahrzeuge immer gegen den Strom ziehen. Da ber Wind zwar nicht flarf, aber ung doch entge- gen war, fo theileten wir Die Arbeiter auf jedem Fahrzeuge; die eine Hälfte ward and Sand gefchiefet, die Fahrzeuge zu ziehen, und die andere [öfere fie nach vier Stunden ab- Auf diefe Weile giengen wir, wiewohl langfam, doch in einem fort. Diefe — a 95) Werbljuſchja, Kameelbach. durch Sibirien. ; 303 Fam mir bey meinen Wahrnehmungen, über die natürliche Gefchichte der Gegend, fehr Gmelins wohl zu Starten. Bis den ıaten fiel, außer den gewoͤhnlichen Abwechſelungen des Windes, Veiſe. Nichts merkwuͤrdiges vor, als ein lang anhaltender Mebel, durch den die Sonne foft ſo 1737- "AB wie der Mond, nur efwas röthlicher, ausfah. Ar Den ı4ten um zehen Uhr des Morgens kamen wir an das untere Ende der Stolbi Oder fäulenförmigen Felſen. Wir waren ſchon einige Werfte vorbey , als des Herrn tofeffor Muͤllers Fahrzeug ftark zu läcken anfieng. Dieſer Zufall nöthigte uns, einige eit ſtill zu liegen, um die Oeffnung zu entdedfen. Ueberdieß mußten wir auch auf un- ere Kajüte warten, die, meil fie ein fehlechtes Segel hatte, zurüdgeblieben war, und erſt um Mitternacht nachkam. Den ganzen ısten Julius giengen wir fo langſam fort, daß ich Zeit Hatte, einige Artikel aufzuſetzen, von denen ich durch unſern dritten Herrn Collegen, den Herrn de la Croyere, Nachricht zu haben wuͤnſchete, um von ſeiner ſeltenen Reiſe, die er allein that, gleichfalls Rutzen zu ziehen. Und da ich; ihn noch zu Jakutzk vermuthete, fo ſchi— ckete ich ihm dahin folgende Punkte zu. 1) „Er möchte in den: untern Gegenden des „Lens und an dem Eismeere ein genaues Verzeichniß von allen vierfüßigen: Thieren und „Vögeln, Bäumen, Staudengewächfen und Beeren r See- und Flußſiſchen in ruſſiſcher „Sprache machen laffen; und wenn ihm etwas: unbekanntes, oder davon. er den Namen „nicht erfahren Fönne, vorfäme, möchte er ſuchen, etwas davon zu befommen , und zw „verwahren. 2) Bey dem Berzeichniffe der Vögel möchte er genau anmerfen, wenn fie „in die Gegenden ihres Aufenthaltes anfämen: und- wegflögen, oder: ob fie beftändig da »tbohneten, und an welchen Orten oder auf was fr eine Are fie im Winter am liebſten „blieben. 3) Alle Pflanzen, die fich un den Lena oder am Eismeere fänden, follte er, »wo möglich, mit ihrer Blüche und Frucht zwiſchen Papier: legen: laſſen. 4) Er moͤch— »{e auch die Seegewächfe, und was an das Ufer geworfen wird, als: Mufcheln, Krebfe, »Meerigel, Korallen ꝛc. fammlen laſſen. 5) Befonders follte er von den: weißen Bären: »Nachrichten einziehen, ob fie das Ufer des Meeres nie verließen, oder ob fie bisweilen »die Ftüffe hinauf giengen, fich in das Sand Binein: begäben‘, wie weit fie ſich vom Mee: »te entferneten, und worinnen vornehmlich ihre Nahrung: beftünde ? ob fie des Winters, „ie andere Bären, in Löchern lägen, und erſt den Frühling, wieder zum Borfcheine für »en? oder ob fie nach dem Berichte einiger Reiſenden den ganzen Winter, und in dier er Jahreszeit mehr als ſonſt, ihrer Nahrung nachgiengen ? ob man bey Ankunft des »druͤhjahres oder Sommers feine Veränderung ihrer Haare wahrnähme? ob man fie »auf eine befondere Art zu jagen. wiſſe, oder nur bey Gelegenheit fälle, und mit was für »Waffen? 6) So möchte er auch von. den weißen und blauen Füchfen genug: Erfundi« Rung einziehen, vornehmlich ob fie befondere Arten ausmacheren 5; welches man leicht »t fahren Eönne, wenn man fie zur Zeit, da fie Junge Haben, in ihren Löchern beſuche⸗ »fe: denn wenn man bier beſtaͤndig lauter weiße oder blaue Fuͤchſe beſonders, niemals vober vermifche, anträfe, fo wäre es fehr wahrſcheinlich, daß es eigene Gattungen wären. » Seh ber Gelegenheit ſoilte ex fuchen, einen Fuchs lebendig mit zu bringen, Damit man ihn Rach dem geben zeichnen Fönne. Nicht weniger follte er ſich nach ihrer Nahrung erkun⸗ „digen, ob fie eine befondere Art Ratten, oder Hafen oder Moraſthuͤhner 96), wie einie { — „ge 96) Lagopus,. — Gmelins Reiſe. — —— * Reife nach Kameſchatta „da er don jeder Gattung eine Probe ſammt den Knochen aufheben folte., f „ge Neifende vorgeben, fräßen? ob fie im Winter und Sommer einerley Nahrung hät- „een? und ob fie in der letztern Jahreszeit nicht bisweilen den Vögeln nachftelleren, wel⸗ „ehe fich in Diefen Gegenden finden? zu welcher Zeit man fie häufiger, als fonft, fähe, ob „fie nicht in manchen Jahren einige Gegenden verließen, wie die Füchfe in Europa thun, „und was die Einwohner für Urſachen davon angaben, wenn fie. ſich in einigen Jahren „zahlreicher fanden? wie weit fie die Fluͤſſe hinauf gehen? ob fie ihre Söcher auch an daß, „Ufer ver Fluͤſſe machen, oder ſich beftändig am Meere, oder auch bald am Meere, bald „an den Slüffen aufbielten? wie hoch fie diefe Loͤcher über die horizontale Linie des Meere, „oder der Fluͤſſe, machen? wie groß fie find, ob fie horizontal, :. gerade oder krumm ge⸗ „hen, ob fie nur einen oder mehrere Eingänge haben? ob: jedes Paar feine eigene Hoͤh⸗ „ie babe, oder ob verfehiedene beyfammen leben ? ob fie das ganze Jahr hindurch ihre „scher befüchen, und in was für- Ordnung, ‚oder ob fie öfters einen Monat oder zween „auf Raub ausgehen? ob fie jährlich neue Löcher graben, oder ſich mit einem viele Fahr „re und wohl ihre ganze Sebenszeit behelfen? ob nicht bisweilen ein Fuchs des andern Loch einnimmt, das diefer verlaffen hat, ‚oder fich beffen mir Kift und Ueberraſchung be „maͤchtiget? ob fie einzeln oder haufenweiſe ziehen d zu welcher Zeie fie fich belaufen, und „wie lange fie in der Brunft zu feyn pflegen, und wie. lange fie traͤchtig find? zu welcher Jahreszeit und wie viele Junge fie werfen, wie lange fie dieſe fäugen? wie fehr fich von’ „der Geburt an, ein ganzes Jahr lang ihre Haare verändern, unb was für Namen ihr „nen die Jaͤger nach dem verſchiedenen Alter geben ? ob dieſe Füchfe in einem gemiffen Al⸗ „„eer ſich nicht alle Jahre ein wenig verändern, daß z. E. die weiße Farbe mit den Jah⸗ „ren meißer, und Die blaue dunkler werde? ob fie wie die Hunde bellen, und ob dieß „das gauze Jahr oder nur in der Brunſtzeit gefchähe? Er follte die Jagd Diefer Thiere „‚genau befchreiben , ob fie von einzelnen Perfonen oder in Gefellfchafe geſchaͤhe? ob nicht „die Jäger in Anſehung beſonderer Namen einiger Theile dieſes Thieres oder der Vorbe⸗ „reifung zur Jagd, den oder jenen Aberglauben Haben? was fie zu ihrem Unterhalte mit) „nehmen? ob fie Zelte haben? was fie für Kleidung auf der Jagd tragen? wie lange ſie „dauerte? und wie viel Fuͤchſe ungefähr ein Jäger den Winter hindurch fängt, wenn ſie „aahlreich find? 7) Er möchte an verfchiedenen niedrigen und hoben Orten zu mehr als „einer Zeit, befonders vom May bis in ben September, nachgraben laſſen, um zu fer! „ben, in weicher Tiefe die Erde nicht gefroren fey, und was Darinnen von Zeic zu Zeit „für Veränderungen vorgehen Eönnten? 8) Er möchte auch) das Eis, fo wohl auf dem „Meere, als aufden Flüffen, zu mehreren malen aufbauen laffen,um feine Dicke zu meſ⸗ „fen. 9) Er follte fich bey den Jaͤgern und Landeseinwohnern alle mögliche Mühe ger „ben, wenn er auch Destvegen eigene Leute an Das Ufer des Lena und der darein fallen“ „ven Fluͤſſe ſchicken follte, um zu entdeden, wo es Mammontsfnochen gübe, die noch in „der Erde lägen, daran man etwan durd) einige hervorſtehende Stücken, die Spuren „haben koͤnne. Dafelbft möchte er nachgraben laſſen, und die Tiefe, in welcher fie (dr „gen, bie Höhe der Horizontalfinie übers Meer, und wo möglich die Sagen der Erde „von oben bis unten, nad) ihrem Weſen, ihrer Dicke und Neigung bemerken, befonders „aber die fage, barinnen fich die Knochen befänden, befchreiben, ob fie alle Borizontal „oder nad) ‚einer andern Seite, und in welcher Richtung, unter was für einem Winkel „fie angetroffen würden ? 0b fich nicht darzwiſchen einige Stücken von Bäumen befänden? — durch Sibirien 305 Den ı6ten des Morgens langete der Student Tretjakow an, ben wir den vorigen Gmelins Herbſt in Uft- Kur gelafien hatten, um das Wetter zu beobadjten, woran er aber durch Reife eine Krankheit mar verhindert worden. — — n ızten war erſt ein heftiges Donnerwetter mit Regen, der uͤberall durchdrang. Hernach hoͤreten wir ein großes Geraͤuſch und Brummen im Waſſer. Jenes ruͤhrete von dem Waffer ber, welches von den Bergen mit ungemeiner Wuch herunter ſchoß, die— ſes aber don dem Herunterftürzen der Erde, welche in großen Stuͤcken von den Bergen abgeſpuͤhlet wurde, Es fiel nicht weit von unſerem Fahrzeuge ein ſolches Stück herunter, Welches uns in Grund gefenfer hätte, wenn wir davon wären getroffen worden. „ Den z4ften Abends um fieben Uhr ſahen wir eine fehöne Lufterſcheinung, die gegen Süden fund. Es war eine feurige Pyramide, die fich vom Horizonte auf 15 Grad erhob; Und auf der Seite, der Sonne gegen über, ftund ein ſchoͤner Regenbogen. . Den asften trafen wir Floͤße an, die nach Jakutzk giengen, Da wir Briefe da-- din zu befteflen hatten, und fie darauf warten wollten, fo ließen twir fie den Lamana luß gegen über halten, wo wir uns eben befanden. Unſere Briefe waren um drey Uhr * — fertig, und einen- Augenblick hernach ſetzeten die Fahrzeuge ihren eg fort. Den zöften um eilf Uhr des Morgens erreicheten wir Olekminskoi⸗Oſtrog, und hielten es für gut, bier einige Tage ftil zu liegen. ' 7 Dazu hatten wir zwo Urfachen. Unſere Arbeiter waren nicht hinlänglich, und wir Mußten uns mit mehrern verfehen. Hernach hatten wir auf dem Wege bieber, die Be— Hreibung unferer Reife und Berrichtungen feit einem Fahre aufgefege. Es war Zeit, diefe Arbeit zu endigen und fie an den Senat zu ſchicken. Wir brauchten dazu fechs Ta— 8, alles war den ıften Yuguft fertig; und denfelbigen Tag um fieben Uhr des Abends icketen wir einen Soldaten damit nach Petersburg ab. Weil wir auch unterdeflen die rbeitsleute zufammen gebracht hatten, fo bielt uns nichts mehr auf, und wir fegeten den ten Auguſt Abends unfern Weg bey ftillem Wetter weiter fort, Den 6ten verlohren wir einen Soldaten, Namens Medwedow, der feit einem Monate krank war, und in den letzten Tagen feines Lebens entſetzlich ausftund, Wir ießen ihm den andern Morgen nach den Gebräuchen feiner Kirche begraben. v Den gten um acht Uhr des Abends fahen wir gegen Mordnerdoft eine Roͤthe, die ald blaß wurde, und einer bloßen Helle gleich war, aus der ein heller Streifen in Form wes Bogens gieng, welcher aber nicht lange mwährete, und niemals zu einem völ- Üigen halben Bogen wurde. Plöglich entſtund auch im Zenich eine ungemeine Roͤthe, Rd ein langer Streif von eben der Farbe aus Weſtnordweſt, der nicht bis an den Hori⸗ ME reichete. Dieſem folgeten andere Streifen zwiſchen Norden und Weiten, einige ochroth die andern blaß. Der Zenith ſah ungemein ſchoͤn aus, und es ließ ſich alles zu einem vollko mmenen Rordlichte an, aber um neun Uhr verſchwand alles, obgleich der immel die ganze Nacht heiter blieb, 4 en a — * Abends um zehen Uhr ein wenig uͤber Kumak· Urjak den Sandbach , an, und fahen ein Nordlicht, welches den ganzen Himmel zwiſchen Nord of und Nordiveft einnahm. Gerade nach Norden ſtund ein heller Bogen, unfer wel- M es ſehr Dunkel war, und-aus dem Bogen ftiegen lichte Streifen. Zunaͤchſt an dem Bogen gegen Abend waren dicht bepfammen andere Streifen von einer ſchoͤnen Köche, Allgem, Reiſebeſchr. XIX Band, . 20 die Gmelins Reife, 1737 ER Reife nach Kamtſchatta die den Horizont ganz beruͤhreten, und durch welche man die Sterne fehen konnte. Bloß in dem Bogen fonnte man einige Bewegung fehen: aber er verſchwand zuerft, hernach die Streifen, und um eilf Uhr war die ganze Erfcheinung verſchwunden. ® Da wir nah Witimskaſa⸗Sloboda famen, mußten wir andere Arbeiter fuchen, um einige Bauern wieder nach Olekminsk zurück zu ſchicken. Diefe waren niche leicht zu haben. Die Leute waren in voller Aernde, und darinnen durften wir fie niche ſtoͤ⸗ ven. Was aber nicht mit der Aernde zu rhun hatte, hielt fich an den obern Gegenden des Witim auf, um Marienglas zu brechen. Aber den ıgeen fahen wir einige tſchetſchims⸗ kiſche Bauern von diefer Arbeit zuruͤckkommen, und den folgenden Tag langeren ihret auch) von Witimsf an. Die jafurifchen Sluſchiwie hatten wir noch alle bey uns, weil fie ung bis an den Dre, wo wir unfer Winterlager aufſchlagen wollten, gegeben waren. Aber den zoften riffen ihrer ziween Davon aus, Wir beforgeten alfo, es möchten bey einem laͤn⸗ gern Aufenthalte allyier ihnen andere nachfolgen; daher befchloffen wir, den aıften fehr früß abzugeben , ungeachtet wir erft zehen Arbeiter befommen hatten. Den 25ften Famen wir bey den Schtſcheki vorbey, von welchen Bergen ich bei Beſchreibung unferer Reife nach Jakutzk gereder habe, und weil wir fehr langſam gien⸗ gen, fo hatte ich Zeit, fie beffer zu betrachten. Die Lagen, aus denen fie beftunden, fies fen auf eine befondere Are untereinander. Einige giengen horizontal, andere neigeten fich Herunterwärts, daß ihre Richtung zumeilen einen halben rechten Winkel augmachtes einige fielen nach Welten, einige nach Often, einige waren gebogen, einige viel, andere weniger. DiefeBerfchiedenheitin den Sagen, fand ic) nicht nur in der Kette von Bergen, welche die Schtfcheki ausmachen, fondern auch oft in einem einzigen Berge, Es wird gerviß überaus ſchwer fallen, diefe Unordnung mie den Regeln zu vergleichen, die wit Menfchen erdacht haben, um zu beftimmen, wie das Innere der Erde nach und nad) entftanden fey. Auf der Hinreife nach Jakutzk iſt eines Armes des Lena gedacht wor den, defien Waſſer wider den Strom des großen Fluffes laufen fol, Um diefen Um⸗ ftand zuverläßig zu wiflen, ließen wir eines von unfern Fahrzeugen und einen Fleinen Kahn durch dieſen Arm gehen, die beyde mit Leuten befegee waren: und beyde-wurden wider den Strom bes großen Fluſſes getrieben. )" Bey diefer Gegend gaben fich Diejenigen, welche die Kajuͤcke führeten , viel Muͤhe, fie bey einer fehmalen Sandbank vorbey zu bringen, die ihnen im Wege lag, und war⸗ fen fie darüber um, wobey vieles, das auf dem Verdecke derfelben lag, verlohren gieng Wir ließen fie daher mit einer hinlaͤnglichen Anzahl Arbeiter zurüc, um davon fo vieh ais möglich, wieder aus dem Waffer zu holen. Den zoften ftieß fie wieder juuns Den zoften waren wir bey Spologenskaja⸗Sloboda. Wir bedachten, daß es eine Unbilligkeit ſern wuͤrde, die Bauern vom Amga und die nach Kamtſchatka beftimmt waren, besgleichen die von Witimsf, weiter mit zu nehmen. Bisher hatte wir fie niche entbehren Fönnen, weil wir bis an einen Ort gehen mußten, wo wir den Winter bequem leben Fönnten. Die Sluſchiwie langeren nicht zu, die Fahrzeuge zu ziehen, und fo große Luſt wir hatten, die Bauern zuruͤck zu ſchicken, fo konnten wiF doch Feine andere an ihre Stelle haben, wenn wir niche die Dörfer von allen Einwohnern entblößen wollten. In diefer Verlegenheit halfen ung die Bariern felbft auf den Einfall, die Fahrzeuge mit Pferden ziehen zu laffen, an denen es Bier nicht fehlen könnee. Wir ließen alſo diefen Dlorgen jene Bauern zurüc geben, und richteren es ein, daß Fünf — je durch Sibirien. 307 lede Doſchtſchennike won ſechs Pferden, und die Kajücke von vieren ſollte fortgebracht Gmelins werden. Auf allen Fall aber, und wenn etwan Die Fahrzeuge irgendwo nicht anders, Als von M koͤnnten gezogen wer wir luſchi 1737- enfchen, Eönnten gezogen-werden, nahmen wir zu unfern Sluſchiwie noch eben viele Bauern, fo daß auf jedem von den großen Fahrzeugen ſich funfzehen Arbeiter, Und auf der Kajuͤcke sehen befanden. - Noch) denfelbigen Tag um vier Uhr des Abends Macheren wir den erften Verſuch mie Pferden, und erfuhren bald, daß es nicht angieng, & ihrer überall zu bedienen. Denn wir haften bey einer Sandbanf vorbenzugeben, wo die Fahrzeuge mit vieler Worficht regieret, und bald menig bald mehr angezogen werden Mußten, wozu man die Pferde nicht gewoͤhnen Fonnte. Aber über die Sandbanf hin⸗ aus, thaten die Pferde das ihrige. Wir waren Abends um fieben Uhr dem Dorfe acharowskaja gegen über, und es wurden ung frifche Pferde gefchicket, die durd) den luß fegen mußten. Doch riethen uns die Leute, die Nacht bier ftille zu liegen , meil wir ſehr viele feichte Stellen vor uns hätten, die man im Finftern ſchwerlich ohne Gefahr dorbeyfommen koͤnnte. Wir folgeten diefem Rathe defto lieber, weil wir den ganzen Tag über vom Regen viel Defchwerlichkeit ausgeftanhen baten. : Endlich famen wir. nad) einer fo befchwerlichen Fahrt den zten September nach Kirenskoi⸗Oſtrog, welches wir zu unſerm Aufenthalte, ben Herbft und Winter über, beſtimmet hatten. Der legte Tag unferer Reife war fo hell ' und warm, als der ſchoͤn⸗ fie Sommertag. Aber die Kälte, die wir ſchon feit einiger Zeit des Abends, und felbft —— Himmel den Tag uͤber empfanden, noͤthigte uns, auf warme Stuben zu ge⸗ denken, Den sten bezogen wir unfere Wohnungen. Wir fanden fie fo licht und bequem, daß wir Urfache hatten, damit zufrieden zu feyn, zumal an einem Orte, der nichts Mehr als ein Flecken iſt. Die Fahrzeuge ließen wir abtackeln, und ihre Gerächichaften wohl, als fie felbft, an einen fichern Irt bringen, damit fie bey dem bevorfteberden isgange feinen Schaden nehmen möchten. Die Koſaken, die wir fo wohl von den tn Gegenden des Lena, als von Jakutzk mic gebracht haften, behielten wir bey ung, Um uns ihrer bey der Nückreife nad) diefer Stadt zu bedienen, fo bald wir aufs Fruͤh⸗ 2 ru befommen würden, daß man zu unferer Keife nach Kamtſchatka Anftalt acht habe. ( Der Ort, wo wir den Winter zubringen wollten, war fo gut, als wir ihn were angen Fonnten. Wir wurden weder durch Beſuche, noch unnoͤthigen Briefwechfel mit er Kanzelley, an unfern Gefchäfften gehindert, mit denen wir alle, und ich befonders, Wegen der vielen Beobachtungen, die ich im vorigen Sommer geſammlet hatte, über« uft waren. Doch um uns ein wenig zu erholen, harten wir unter ung bisweilen Zus menfünfte, und zum Glüce waren wir. alle von gleichen Gefinnungen. Uebrigens aten diefe kleinen Gefellfchaften unfern Verrichtungen feinen Eintrag; denn mit liebten alle die Arbeit, und hatten es uns zum Geſetze gemacht, Feine Zeit übel anzuwenden. Zei Zu unferm Briefmechfel war der Orr fehr gelegen. Wir Fonnten leicht von Zeit zu eit aus Petersburg, Tobolsk, Irkutzk, Jakutzk, Ochotzk ꝛc. Nachricht haben, weil wiſchen dieſen Staͤdten und der kamtſchatkiſchen Geſellſchaft beſtaͤndig Couriers hin und giengen, die den Oſtrog nicht vorbey kamen, ohne daß wir es erfahren haͤtten. NL Den sten September fahen wir den erſten Schnee fallen, der aber nicht in Menge ar, und die Nacht darauf gefror Das Waſſer. Ich fing um diefe Zeit meine Beob⸗ SS ng?% achtun⸗ Reife, Gmelins Reife, 1737 ge * Reiſe nach Kamtſchatka an des Wetters an 97), und fegere fie den October, November und Deeem⸗ er fort. de ; 2 find die vornehmſten Erſcheinungen am Himmel, welche Herr Gmelin wZ et hat.) Sg Te $ nis . Den zgften October, fah man um fieben Uhr Abends, nachdem ein naffer Schnee gefallen war, eine halbe Stunde lang einen hellen blaffen Ning um den Mond, und eb ne halbe Stunde hernach einen hellen Bogen gegen Norden. ungefähr dreyßig Grade hoch. Der Raum zwifchen dem Bogen und Horizonte war ganz ſchwarz. Den 25ften November mar es den ganzen Tag ſtuͤrmiſch geweſen, die Balken Det Häufer und die Fenfter harten die ganze Nacht hindurch gefracher. Den 26ften war die Luft eben fo beſchaffen. Das Eis, welches fich an den Stubenfenftern einer Linie dick angefeget hatte, Iöfete fich von dem ſtarken Einheizen nicht auf. Wenn man aus der warmen Stube in die Kälte Fam, fo wurden einem bie Nafenläppfein jäbling zufammen gezogen. Den 27ften November Nachmittages um zwey Uhr war das Wetter trübe. Das Thermometer ftund 265 Grad, und das Quedfilber flieg in einem fort, bis es in einet halben Stunde den 195 Grad erreiche. Während dieſer Veränderung ftund Herr Gmelin beftändig bey dem Thermometer, das an einerley Orte blieb, ohne dem Win de, oder einer andern Wärme, als die in der Luft herrſchete, ausgefeßer zu feyn. Ei⸗ ne gleiche Veränderung des Queckſilbers bemerfere er den ııten December bey heiterm Wetter. Den sten December kurz vor Sonnen Unfergange fah man auf beyden Seiten der felben in einer Entfernung faft von funfzehen Sonnendurchmeffern eine Säule mit Re⸗ genbogenfarben,, davon die rothe Farbe nach der Sonne gefehret war. Die Säule ver ſchwand, als die Sonne hinunter wars Den Gten Fam eben diefe Erfcheinung in Suͤ⸗ den wieder „ und ftund von eilf bis zwölf Uhr 5 bis 6 Grade hoch. Das Wetter war immer heiter, und es fielen ganz feine Eistheilchen aus der Luft herunter, Denfelbigen Tag war früh das Werter trübe, nebfk einem Reife, der wie Than ber netzete. Don ein Uhr Nachmitternacht bis um vier Uhr fah man ein vortreffliches Nord? licht. Zwifchen Norden zum Dften und Nordnordweſten war ein heller Bogen, aus dem hoch rothe Streifen mit bewundernswürdiger Geſchwindigkeit aufftiegen. Das fonder* barſte war, daß die Gegend nach Abend, ob man gleich weder Bogen noch Streife fab, außerordentlich hell war, | Nach) einem fo langen als umftändlichen Verzeichniſſe feirier mefeorologifchen Beob⸗ achtungen, koͤmmt Here Gmelin wieder aufdie Unordnungen desThermomerers, am 27ſten November und eilften December. Er erzäbler, daß fich eben diefes das drittemal den sten Januarius 1738 in Kirenga zugerragen habe, Cs hatte zweymal vier und zwanzig Stunden auf den 217 Grad der deFislifchen Eintheilung unverrücher geftanden, aber auf einmal jeigete es 275 Grade an, und man Fonnre doch Feine Veränderung daran wahrnehmen, ohne daß man zwifchen Dem Queckfilber Hin nnd wieder feine $ufrbläschen ſah · Er feser hinzu, die ftrenge Kälte Förme vielleiche diefe Luft aus den abi ; | e Pr r 7) Sie ſtehen ausführlich im Originale. \ des Queckſilbers Heraus reiben, weil fie fich hernach twieder hineingezogen, und eben Gmelins ” dieſes den 29ſten December 1737 beobachtet worden, wo ſich das Queckſilber auf einer Keiſe. außerordentlichen Hoͤhe erhielt. Darauf giebt er ſeine Muthmaßungen daruͤber. — Wer weis, ſaget er, ob nicht die zwiſchen dem Queckſilber des Thermometers zertheil⸗ ft überaus feine Luft, da fie in ſichtbare Bläschen zuſammen geht, die Wirkung zwifchen dem Queckſilber bat, daß fie eher feinen Körper in der Nöhre vergrößert, als verkleinert? Oder müßte wohl einige Luft, alseine meiſtens befländige Materie des Queckſilbers mit angefe: en werden, die fich aber bey manchen Gelegenheiten ausdehnen Fönnte? wenn fie aber bey Einer großer Rälte aus den Zroifchenräumchen bes Mercur ausgerrieben worden, fo müßte ſich 3 Queckſilber zuſammen feßen, und folglich in einer fo engen Röhre viel tiefer jtehen, als gersöhnlich. Aber alsdenn müßte man noch annehmen, daß die aus den Zwifchen- raͤumen des Queckſilbers getriebene Luft in der Röhre niche fo viel Raum einnähme, als in den Zwiſchenraͤumchen felbft, Herr Bmelin hat fhon anderwärts 98) erwaͤhnet, daß eine dem Thermometer anhängende wäfferichte Feuchtigkeit, das Fallen des Queckfilbers berurfachen Fönne, wenn es an einen wärmern Dre gebracht werde. Und er fragek dabey, ob man daraus den in den Beobachtungen. befchriebenen Fall erklären koͤnne? Er thut das Geftändniß, welches gemeiniglich denen, die etwas zu wiffen glauben, fo fauer wird, und den Philofophen noch mehr, als andern; und befennet, daß er nicht im Stande fey, eine von beyden Meynungen durch tüchtige Gründe zu behaupten. Nur vier fchließt er daraus, daß fi) an feinen Thermometern ein Fehler gefunden hat, der fich bey gewiſſen Umftänden, fonderlich bey ftarfer Kälte, geäußert. Ex wuͤnſchet zugleich, daß fcharffichtigere Leute ihm diefen Fehler zeigen Fönnten, und geſteht, er ba be feine Muthmaßungen nur vorgebracht, um geſchicktere Männer zu bewegen, über diefen Umftand nachzudenken, und ihm ihre Entdeckungen mit zu heilen. Wir fommen Wieder zu feinem Tageregifter. | Nichts ftörete uns in Kirenga in unferer Ruhe, ohne die Kranfheit des Herrn e Profeffor Muͤllers, die fich fehon vorigen Winter in Jakutzk angefangen harte, Sei- Ne Kräfte hatten erftaunend abgenommen, das Gemüth war niebergefchlagen; er fpührete diele Blähungen, Bangigfeiten und Beflemmungen auf der Bruft, ungewöhnliche Kaͤl⸗ fe an den Füßen, befonders an den Fußfohlen, auch in’einem eingeheizten Zimmer, Da- ih fand fich noch ein heftiges Herzklopfen, welches oft feinen Schlaf unterbrah. Ich Diele Öfters Aderlaffen für nöthig, weil die Zufälle fo heftig waren: und ob ich gleich dieſes zur Noch felbft verrichten Fonnte, fo glaubete ich doch, ich dürfte e8 nicht über ch nehmen. Nun hatten wir unferen Unterwundarzt mit dem Heren Profeffor la Croye⸗ °e in Jakutzk gefaffen, böreten aber, daß fih ein Wundarzt in Irkutzk bey der Mefifchen Karawane befände, Es wurde alfo befchloffen, Herr Profeffor Muͤller foll- nad) Irkutzk reifen, und einen fehrifelichen Auffag wegen feiner Wiederherftellung und teneyen mitnehmen, die Aderläffe öfters gebrauchen, und mir von Zeit zu Zeit Nac)- ht geben, damit ich nach Befchaffenheit die Arzeneyen verändern Fönnte. Zu glei- er Zeit konnte er ums in Treue ſehr nüßlich feyn, weil die Beforgung unferes noͤthi⸗ gen Proviantes zur Reiſe nach Ramtſchatka, num von der irkutzkiſchen Kanzelley ger een mußte, nachdem das Seecommando fie ausgefchlagen hatte. ‘Denn wenn fie an— —— 3 sh ders ID Sn der Borrede zu der Flora fibirica, im ı Theile, a. d. 77 und 80 Seite, Bmelins Keife. 1737« ir Haß man Has bey Seite ſetzete. Er reifete den ten ab, und der Weg war ziemlich gut⸗ 310 Reiſe nach Kamtſchatka ders moͤglich war, und es nicht an gutem Willen fehlete, ſo konnten wir uns nirgend beſſer hinwenden. Den sten November lag ſchon ein ziemlicher Schnee, von welchem zu beforgen war, er möchte nicht bis nad) Irkutzk dauren. Aber die Noth machete, Alſo blieb ich allein in Rirenga. .Ich ging bisweilen in das dafige Kiofter fpaßieren, wo es Feine Münche mehr, aber doch einen geiftlichen Worftcher gab, der mich jedesmal ſehr höflich aufnahm, und‘ auch von Zeit zu Zeit wieder befuchete. Den zıften November, als am Tage Mariä _ Dpferung, ſah ich eine große. Anzahl Frauen und Mägdchen in ben Oſtrog, nicht nur Yon dem Drte felbft, fondern auch von weiten Gegenden zufammen fommen. Gie hate ten alle ihre Fefttageskleider.an, ohne daß die Maunsperfonen anders, als gewoͤhnlich, gefleider gegangen wären. Ich erfuhr auch, daß die Weibesleute dieſen Tag allein feyreten, weil fie glaubeten, diefer Tag gienge fie mehr an, als die Mannsperfonen, da Die Mutter. Gottes von ihrem Gefchlechte wäre, h | Der Here Profeffor Muͤller ſchrieb öfters an mich, und gab mir von feiner Ges fundheit Nachricht. Die fo genannten Nervenftärfenden Arzeneyen mit allerhand Gum⸗ mi, und vielen Gebrauche des flüchtigen Salmiadfgeiftes, der mit firem Weinfteins falze bereices war, und fiebenzehen Aderläffe in zweenen Monaten, vo man ihm jed fünf bis fechs Unzen Blut abnahm, , brachten ihm die Gefundheif wieder. Unterdeffen beforgere er auch unfere Gefchäffee bey der Kanzelley zu Irkutzk. Er ftellete die eriftigften Gründe vor, und lag ihnen auf das dringendſte an, daß. fie die nör £bigen Lebensmittel nach Ochotzk und Kamtſchatka fhaffen liefen, damit wir in ums ferer Reife nicht aufgehalten mürden, und man verfprac) ihm, alles zu thun, was möge lich fey. Ich Hingegen förderte meine Winterarbeit fo, daß ich mie dem Januar 1738 alte meine Wahrnehmungen und Beſchreibungen zur natürlichen Hiftorie aufs Reine brach⸗ te. Die Maler harten ebenfalls ihre Zeichnungen zu Stande gebracht, und fiengen ſchon ar, fie zu copiven, um fie.an den dirigirenden Senat, und durch diefen an die Akademie det Wiffenfchoften gelangen zu laffen. So brachten wir alle insgefammt den Winter nuͤtz⸗ li 9 u. Da der Fluß Niſchnaja⸗Tunguska nicht weit von Rivenga iſt, fo war ich news gierig, feine Ufer zu befehen, an denen, mie ich wußte, viel Tungufen wohnen, £am nur darauf an, jemand zu finden, der diefe Tunguſen kenne, oder einiges Anfehen bey ihnen hätte, um zu erhalten, daß diejenigen unter ihnen, welche alles und jedes mit feinem Namen zu nennen wuͤßten, fich zu mir begäben. Es zeigete fich aber bald die befte Gelegenheit, die wir wünfchenfonnten. Der Niſchnaja⸗Tunguska fälle nahe bey Turuchanstoi -Trogkoi Kiofter, nichrweir oberhalb Mangfen, in den Jenifei, Ale fo ſtehen die daran wohnenden Tungufen alle unter dem mangafeifchen Gebierhe, aus dem ale le Jahre Leute an fie geſchicket werden, den Tribut einzunehmen. Diefes gefchieht bald nach Anfange des Jahres, weil man alsdenn in diefen Gegenden bequem reifen Fan, und biefes Volk nur des Winters in feinen Wäldern anzutreffen ift, hingegen im Sommer, an Fluͤſſen herumziehen, und oft darüber fegen, um Nennthiere zu fangen. Die Tri⸗ buteinnehmer, welches gemeiniglich Koſaken find, die man hier Baſchlaki nenner, far men mit Ende des Januar an, und meldeten fic) ber mir. Sie verfprachen mir, fol Tungufen zufammen zu bringen, die mir alle nur verlangere Nachricht geben Ri ] . durch Sibirien, giꝛ Das waͤre zu einer andern Zeit nicht leicht geweſen. Nur noch vor vierzig Jahren, ba: Gmelins den ſich diefe Tungufen gegendie Tributeinnehmer zur Wehre gefeget, und fie. oft erſchla- Reife. gen: aber die Bafchlafi rharen ihnen auch oft Unrecht, wenn fie entweder einen größern 77 37° Tribut, als gewoͤhnlich geweſen, oder auch fuͤr vergangene und ſchon bezahlete Jahre ab⸗ forderten. Die Tunguſen ſtehen in dem Rufe, der auch, ſo viel ich habe ſehen koͤnnen, nicht ungegruͤndet iſt, daß fie ehrliche Leute find, die fügen und Betruͤgereyen verabfiheuen, und Feine Ungerechtigkeit ertragen, ohne fich bey der erften bequemen Gelegenheit zu raͤ⸗ en, Ede fie umter die ruffifche Herrſchaft geriethen, waren fie ein freyes Wolf, in derſchiedene Stämme gertheilet, die nicht unter einander geftanden, und: fi öfters bes kriegeten. Der Ueberwinder ſchrieb dem andern Theile Bedingungen vor, die auf der Steile erfuͤllet wurden, und damit war der Streit geſchlichtet. Sie trugen Panzer, und hatten Feine Waffen, als Pfeile; wie denn das Schießgewehr noch jetzo bey ihnen wenig im Gebrauche iſt. Die an dem Niſchnaja⸗Tunguska wohnen, bedienen fich auf ihren Märfchen, weder Hunde noch Rennthiere, fondern fragen alles ihr Geräth felbit. Sonft harten fie Panzer auf zweyerley Arc gearbeitet, nämlich aus Blechen oder Ringen von Eifen zufammen geſetzet, wie bey den Frasnojarsfifchen Cofafen. Gleichwohl haben die Tungufen mit diefen niemals etwas zu thun gehabt, und man kann nicht fagen, daß ein Volk den Gebrauch der Panzer von dem andern gelernet habe. Diefe Küftung, die.ges gen Pfeile Hinlänglich zu feyn feheint, ift vielleicht bey allen ſibiriſchen Völkern im Gebrauche gewefen. Die Frasnojarsfifchen Koſaken haben ehedem mit den fingifoifchen Krieg gefübs tee, und fie nach der Kalmuckey zurück getrieben. Dieſe aber bedieneten fich, wie es gi , folcher Panzer, und von ihnen haben fie jene vermuthlich angenommen. Die ten der Tungufen haben ſich, feit dem fie unter ruffifcher Borhmäßigfeit ftehen, ziem⸗ lich gemildert. Sie haben beffere Erempel gefehen, und wenn die Erempel fie nicht bef- n, fo halten fie doch die Gefege zuruͤck, daß fie jegt alle zufammen Glieder eines fei- es geworden find, die unter einer gnädigen Obrigkeit ſtehen. Alſo ift dev Gebrauch der taffe nach und nach abgefommen. Diejesigen Tungufen find fehr iebhaft und aufgewe⸗ Er, fie lieben die Gerechtigkeit, desgleichen find ſie auch ruhmbegierig , und unterhalten fh in ihren Geſellſchaften von alten Tungufen, von denen fie vieles, ſonderlich von blu⸗ gen Gefechten mit Menfchen und Thieren zu erzählen wiffen. Ich habe ſchon gefaget, daß es diefem Wolfe eigen fen, ſich allerhand blaue oder Khmärztiche Figuren in das Geficht machen zu laſſen. Diefe Merfmaale finden fie nicht Ücperficher ‚ als unfer Frauenzimmer die Schminfe und Schoͤnfleckchen, mit denen fie fi zu pugen pflegen, fondern es ift in ihren Augen eine große Schönheit, So laſſen “eh die Tſchukſchi, die in den nordoſtlichen Gegenden von Sibirien am Eismeere woh⸗ hen, durch beyde Backen einen Wallroßzahn durch ein Loch ſtecken, das in der Kindheit iſt gemachet und erhalten werden. Den den Alten war das ein Vorzug ihrer Helden und) Kroßen Feldherren, daß ihnen ſolche Figuren am Geſichte und ganzen Leibe eingedruͤcket — Seit dem ſind ſie gemeiner geworden, und werden jetzo fuͤr bloße Zierrathen alten. En Ri Ich komme wieder auf die Tributeinnehmer, Die heutigen mögen entweder ehrli. Ger feyn, als ihre Vorfahren, oder die gefitteren Tungufen find nicht mehr fo. rachgierig, ſo hoͤret man doch von keinem Todtſchlage mehr, und die Tunguſen bezahlen das Ihrige willig. Vielleicht fordern auch jege Die Baſchlali nicht mehr, als geſetet iſt, wie denn die Smelins Reife. 1737 —ñ 312 5 Reife nach Kamtſchatka die Krone auch nicht mehr verlanget, als was zur Zeit ihrer erſten Unterwerfung unter die Ruſſen iſt ausgemachet worden. Die Baſchlaki von dieſem Jahre hielten mir ihr Wort; fie brachten Tunguſen, welche das Land vollkommen kannten, in dem fie wohnen, und ich erfuhr von dem, was fie wußten, alles, was ich zu wiffen verlangere, Da der vornehmſte Unterricht, den fie mir gaben, die Geographie des Landes betraf, fo habe ich ihn dem Heron Profeffor Muͤller mitgerbeilet, bey dem alle dergleichen Nachrich⸗ ten zufammen kamen. ch meldete meinen Tungufen, daß ich neugierig wäre, zu ſehen, wie fie die Figuren, die fie an ihren Geſichtern haͤtten, in-die Haut brächten: und fie fageren, fie wußten ein Kind, deſſen Xeltern befchioffen hätten, es mit diefen Zierrathen zu verſehen, und verſprachen ihr Beſtes zu thun, um die Aeltern zu bereden, daß ſie es zu mir braͤchten, und die Sache in meiner Gegenwart verrichteten; jedoch wuͤrde es nicht wohl anders geſchehen, wenn ich nicht der ganzen Familie erlaubete, mit zu kommen⸗ Ich nahm diefe Bedingung gern an, machete ihnen einige Öefchenfe, und verfprach , die Familie beftens zu bewirthen, ihr auch hernach ein Gefchenf zu geben, damit fie folle sen zufrieden feyn. : Wenige Tage nachher ſah ich diefe Familie anfommen, die aus einem Manne, ſei⸗ ner Frau, und dreyen Kindern beftund. Ich raͤumete ihnen in meinem Haufe eine ſchwar⸗ ze Stube ein: kaum aber waren ſie einige Stunden darinnen geweſen, als der Mann Fam, und mich um Erlaubniß bath, daß er in dem Hofe des Hauſes wohnen dürfe, meil fie. die Hige der Stube nicht ertragen Fönnten. Er harte gefchwind einige Stoͤcke beyfammen, die er in Öeftalt einer Pyramide zufammenfegere; anftatt der Thuͤre hieng er eine von Lindenbaſte verferrigee Decke vor, bie ich ihm gab, und machete in der Mite ten Feuer an. Noch zwo folche Decken von mir, und zwey Kenntbierfelle, die er mit⸗ gebracht hatte, waren die Berten für feine Familie, und für fie fehr bequem, Ich gab ihm genug hinefifchen Taback, nebft einer neuen chinefifchen Pfeife von Mefling, dazu Fleiſch, das er nach feinem Gefallen Fochen konnte, Gerite dazu, und fo viel Milch, als er verlangete, Sie ſchienen alle fehr zufrieden zu feyn,umd blieben zehn Tage bey mir. Die Frau hatte etwas zu arbeiten mitgenommen; fie machete für ihren Sohn von dreyzehen Jahren einen Pelz , den fie mit gefpaltenen Rennthierſehnen zufanmen nebete: ich fehenfete ihr einige hinefifche Nadeln dazu, die ihr fehr angenehm waren. Sie rauchete fo gern Taback, als ihr Mann und Sohn. Der Mann fuͤllete die Pfeife, ſteckete fie an, that einige Züge daraus, und gab fie fodann der Frau, diefe dem Sohne, und er dem Vater: fo gieng fie aus einer Hand in die andere, bis fie ausgeraucher war. Den andern Tag nad) ihrer Ankunft gieng es an die Arbeit, derentwegen fie zu mir gefommen waren , und deren fich das Weib eigentlich annahm. Sie hatte ſchwarze Kreide, die. bin und wieder am Niſchnaja⸗Tunguska auf erhabenen Ufern bricht. Diefe rieb fie auf einem Handfchleiffteine, den fie ſtatt des Waflers mit ihrem eigenen Speichel an⸗ feuchtete, Als fie genug davon gerieben zu haben meynete, nahm fie gemeinen Zwirn, faͤdelte ihn ein, zog ibn Durch die zu einem Breye geriebene Kreide, und fieng an, an einem fechsjährigen Mägdchen Stich für Stich zu neben, und den gefärbten Faden im: mer durch die Haut zu ziehen, bis die Zeichnung, die fie fich vorgefegt hatte, zu Stan - de war. Der Vater hielt unterdeſſen das Kind auf dem Schoofe, und drüdereihm den Kopf unbarmderzig zufammen. Das arme Kind ſtund entſetzliche Schmerzen aus, und ſchrie, ungeachtet des Zuredens von Vater und Mutter, erbaͤrmlich. Die Stickerey au durch Sibirien, 313 —* den beyden Baden war fertig, und es fehlete hoch die Stirne und das Kinn; id) Gmelins A) fie aber, das übrige auf ein ander Mal vorzunehmen. Man ſah Blut aus den Reife. üchen hevvorfommen, und die Frau rieb das ganze Geficht, vermuthlich, um die Far- 173 7. deſto beffer einzureiben. Eine halbe Stunde hernach fiefdas ganze Geſicht ſehr auf, und wurde entzünder; die Tungufen aber, ohne fich das befremden zu laſſen, rieben es nur mit etwas wenigem Schweinsfette, das ich ihnen geben ließ. Bey fich zu Haufe halten fie je— es Sekt dazu Dienlich. Zween bis drey Tage hernach ſchwoll das Geficht noch mehr auf, Und fiong an zu ſchwaͤren. Ich rieth ihnen, das Kind in der warmen Stube zu halten, und außerdem, daß fie es des Tages ein Paar mal mit Forte fehmiereten, noch warme Appchen mit Brannteweine Darüber zu fehfagen. Diefes ehaten fie, und dadurch ward eine große Gefchwärung verhindert. Die Aeltern fehienen Darüber fehr vergnuͤgt zu ſeyn, daß ihr Kind in acht Tagen beynahe völlig Heil war, da gemeiniglic) vierzehn Tage das zu erfordert werden. Die Zeichnung der Figuren fiel auch gut aus; fie ſah hellblau, Aber fie verjicherten mich, fie winde-in Furzem dunfler werden. Das ‚, womit fie ihren wien färben, ift nicht allemal ſchwarze Kreide. Manche Tungufen nehmen dazu den Ruß, der ſich außen an den eiſernen Keſſeln anſetzet. Sie reiben ihn klar, und richten ihn eben wie die Kreide zu. Wie mir Here Profeſſor Muͤller gemeldet hatte, fo war von der Kanzelley zu Ir⸗ ı 738. kutzk niches zur Befördersag unferer Famtfeharkifchen Reife zu hoffen. Ich entſchloß —v—— mich alfo, wieder zu ihm zu ftoßen. Da ich einen Theil des Herbftes 1735 in dieſer Stade zubrachte;fo hatte mich ihre ſchoͤne Gegend fehr gereizet, die mir Felder, Wälder, erge, Morälte, und was ſich nur ein Naturfindiger wünfchen fann, anboth. Herr rofeſſor Muͤller, dem ich meinen Enrfchluß meldere, hielt ihn auch für genehm. Als 10 machere ich mich zu Ende des Februars fertig, mit meiner ganzen Gefellfchaft nach rkutzk zu gehen» Die mitgebrachten Fahrzeuge mit allem ihren Geräthe ließ ich dem Schultheißen hieſigen Ortes, und ſchickete die Koſacken wieder nach Irkutzk, woher ſie gekommen waren. Ich ſchickete auch die Maler mit einem Theile meiner Geraͤthſchaft Voraus, und reiſete endlich den erſten März Abends um ſieben Uhr ab. Auf dem Wege am ic) bis zum gten nad) Kriwolutzkaja⸗Sloboda, nad) dem Dorfe Stobolste, 8 dahin die Störe und Sterleden in den Lens fteigen,, aber nicht höher; nach Mas⸗ wa, einem Flecken, der wegen der gelben Himbeeren beruͤhmt ift, die dort wachſen; . Naſarowa und Tajurskaſa, wo ic) den Soldaten, den ic) nad) Irkutzk, mei» he Reiſegelder zu holen, geſchickt Hatte, nebft einem Koſacken antraf, den ihm die Kanzelley "gleich mitgegeben harte; nach) Podimachynskaja, wo ich einen Mann von fieben und Achtzig Jahren antraf. Er hatte fein Lebetage viel Branntewein getrunfen, und that es Noch jetzo; das harte ihn aber nicht gehindert, eine große Anzahl Kinder zu zeugen, noch feine Munterkeit und fein Geficht zu erhalten, die beyde noch, fehr gut waren. Ueberdieß batte er auch einen ſehr großen Kropf von Kindheit an. Weiter ſahen wir Jakuri⸗ nowskaſa · Derewna und Uſt⸗BKutzkoi⸗ Oſtrog, wo id aus Mangel der Pferde 8 den andern Tag warten mußte; Schanging; Simowje, Die ein irkutzkiſcher Ko⸗ ſocke, amens Schangin, angeleget, und der zugleich den Braͤnntewein fuͤr das orlengi⸗ che Gebiethe gepachtet hatte; endlich Omolaewa, Skoknina, Taraſſowa, Baſſo⸗ wa · Deverona, Tomſchina, Botow, Uſt⸗Ilginskaja, Tururskaja⸗Sloboda, Ügem. Reiſebeſchr. XX Band. Kr Warte, Gmelins Reife, 1738 —— — | 34 | Reife nach Kamtſchatka Marka, Worobjewa und Wercholenskoi-⸗Oſtrog, wo ich die Maler fand, wel⸗ che zween Tage voraus gereiſet waren. Sie hatten hier muͤſſen Halte machen, wei Nachricht gekommen war, daß der Weg von Mansjurka über die Steppe aus Mans gel des Schnees nicht zu fahren wäre. Sch hatte aber die Näder zu den Wagen alle bey mie, weil fie bey ihrer Abreife noch nicht gepackt waren. Da es nun bier nicht an Hand? werksleuten fehlete, fo war das rathſamſte, die Wagen bier auf Räder fesen zu laffen, und ich mußte warten, bis mein Neifewagen, der bisher auf einem Schlitten ftund, mies der. auf Räder gefegt war, | Den Hten waren alle Wagen fertig, und ich reiſete mic der ganzen Geſellſchaft ab» Den Abend erreicheten wir, Katſcheg oder Katſchega, ein Darf, welches an Pferden Ueberſluß bat. Den andern Morgen feßeten wir das legte Mal über den Benz und kamen nad) Bolſchaſa⸗ Mansjurskaſa⸗ Sloboda 99). Bon Mansſurka gieng der Weg durch ein Feld, das auf beyden Seiten Huͤgel und niedrige Berge hatte. Ungefaͤhr zehen Werſte von der Slobode kamen wir auf der Steppe bey zwey Bauerdoͤrfern vorbey. Bey dem erſten fieng ſich ein duͤnner Wald von Lerchenbaͤumen an, der auf acht Werſte lang waͤhrete. Ob es gleich in Sibirien nicht Gebrauch ift, an einem Orte zu bauen, wo das Waffer fehler, fo war bier doch feines zu haben. Der Bauer fagere aber, die entfegliche Hige des vorigen Sommers haͤtte eis ne Quelle nicht weit davon ausgetrocknet. Das Erdreich habe bis in den December ge brannt, und, der Torf, welcher diefe Gegend bedecke, habe den Brand fo lange un? schalten. Doc) fey es auch einigermaßen vortheilhaft, weil die vielen Suͤmpfe, die ſich gegen die Derge bin befaͤnden, völlig ausgetrocknet wären. Der wenige Schnee war den Schlitten, auf welchen unfere Geraͤthſchaft fortge⸗ bracht wurde, ſehr hinderlich; wir kamen erſt den iken nach Kokorina, einer Si⸗ mowje, die ſehr angenehm auf einer Höhe liege. Nicht weit von diefer Wohnung enf ſpringt eine große Quelle, die im Sommer einen Bad) giebt, und vortreffliches Waffer bat. Von Mansſjurka harten uns die Burdten oder Bratski mit Dferden verfehen, eber fie waren fo ſchlecht, daß unfere Reife ganz langfam gieng. Unterdeſſen erreicheren wir denfelben Tag Abends Uſt⸗ Ordinskoje⸗ Simowſe, wo wir nicht ein einziges Pferd zum Ummechfeln antrafen. Diefe Winterwohnung liege an dem Ruda, und nd be dabey fälle der Bach Orda hinein. Das Waffer des Baches und des Fluffes find beyde von fo ſchlechtem Geruche und Geſchmacke, daß es faft niche zu trinken iftz Die Schuld liege an den Fleinen Salzbaͤchen, die er aufnimmt. Weil es aber in der Gegend fein anderes Waffer giebt, fo muß man fich damit bebelfen. Das Haus ward dazumal von einem Schweden, aus Stockholm gebürtig, bewohnet, welcher gut deutſch ſprach · Nach einem kurzen Verzuge ſetzeten wir unſere Reife nach Ojezkaja und Rudinskaja Sloboda fort, wo ich den Heren Drofeffor Müller antraf, der uns entgegen gefom: men war. Don hier reiferen- wir erſt den folgenden Morgen ab, und Eamen um neun Uhr nah Irkutzk. et | Herr 99) Der Zena theilet ſich von hier. nach feinem ſchoͤnes Dorf, das dem firengifchen Klofter 84 _ Urſprunge hin in drey Fluͤſſe, einer nach Mitters höret, Amginskaja⸗Sloboda genannt, weil nacht, der andere nach Mittag, und der dritte diefer Theil des Fluſſes Amga heißt. Der mitt? in der Mitten. An dem nordlichen Arme ift ein lere Arm hat keinen Namen, fondern er m gen _ PR durch Sibirien. 315 ® Here Bmelin macher in Erzählung diefer Neife, die wir fehr abgefürge haben, bey elegenheit eines Berwiefenen, Glaſimow genannt, der zu Tajunstaje eine Branntes weinbrennerey angeleget harte, folgende Anmerkung. Diefe Leute machen bisreeilen in dem Elende ihr Gluͤck. Die meiften find verarmete und in Kronſchulden verfallene Kaufe leute, Werden fie nad) Sibirien verwiefen , fo ift es ihnen gleichwohl erlaubt, fih durch leiß ihren Unterhalt zu erwerben: und wer einige Empfindung von Ehre hat, hat in ibirien noch mehr Gelegenheit, als in Rußland, ein eintraͤgliches Auskommen zu fin⸗ den, und ſein Gluͤck zu machen, ſo daß dieſe Gegend fuͤr einen Fleißigen oft ein gelobtes Sand ift. ‚> Auf der Reife durch Uſt⸗Kutzkoi ⸗ Oſtrog berichtete man dem Herrn Gmelin als eine Meuigfeit, daß die Häher daſelbſt überwintert haͤtten. Gleichwohl ftreifen diefe ögel in andern Sändern bis über den sy Grad nördlicher Breite; und wenn man fie gleich auf einer gewiffen Höhe des. Lena, in der Gegend von Mangaſea, in dem ganzen großen Striche Landes zwifchen Uſt⸗Kutzk bis an die Oſtſee, und längft dem Eismeere big. über das Vorgebirge Tſchuktſchi nicht findet, fo trifft man fie doch in Ramtſchatka Gmelins eiſe. 1738 ——— wieder an. Man kann alſo daran zweifeln, ob es allemal ein gewiſſer Grad Kälte ſey, der fie abhält, oder ob eine gewiffe Befchaffenbeie der Luft macher, daß fie eine Gegend der andern vorziehen. Ich Eam krank zu Irkutzk an. Wir Hatten auf dem ganzen Wege von Kirenga Aafenthalt an große Stuͤrme gehabt, die durch und durch weheten. Zum Gluͤcke kam ich mit ei⸗ nem ſtarken Schnupfen, mit Ohrenſtechen, und ſelbſt ein wenig Taubheit davon, wel- ches alles nur ein Paar. Tage anhielt. Der Unterftatthalter Bibikow, den wir in Irkutzk fanden, war ein freundlicher Und verftändiger Mann, Wir vereinigten bey ihm unfer Bitten, die Ueberbringung Unferes Proviantes nach Kamtſchatka zu beforgen; denn das ließen wir nirgends außer Augen, Er zeigete aber, daß die Lieferungen, die das Seecommando von ihm fordere, n ganz außer Stand feßete, uns zu helfen. Der Vorrath, den die Seerfficier brau— heren , war. fo groß, daß er kaum den ganzen Sommer nach Jakutzk gebracht werden konnte. And endlich fagete er uns gerade heraus, er müßte das Seecommando zuerft verſorgen, hernach aber wollte er uns vor allen andern Dingen Kath fihaffen. Doch Machere er noch einige Hoffnung, uns einen Theil von dem für das Seecommando be: immten Proviante abzugeben, wenn die Sieferung, die diefes Frühjahr auf dem Urak Eſchaͤhe gluͤcklich ablaufen wuͤrde. Wir ſahen alfo nach) und nad) ein, daß unſere Rei⸗ % wenn fie noch vor ſich gienge, ſich doc) fehr lange verziehen würde. Wir waren ſchon das fünfte Jahr unterwegens, und gleichwohl faben wir noch Feinen Anfchein, bald an njenigen Det zu gelangen, von welchem wir wieber zurückreifen bürften. Es war alſo leicht zu fehfießen, daß vielleicht mehr als fehs Jahre vom Anfange der Reife verfliegen würden, ehe wir dieſes Ziel erreicheten, daß unfer Aufenthalt in Kamtſchatka und Die uͤckreiſe wieder fechs Jahre erfordern würden, fetgih wir kaum eine Erloͤſung aus * v.2 : e Lntlich als der Urſprung des Lena angeſehen. fen koͤmmt der Lena zufammten, ber hernach zu eis er füdliche Heipe der Fluß Manjurska, und nem fo großen Fluſſe wird, und fo viele Sünder durch- fälle auf funfzehen Werfte unterhalb dem Amga in ftröniet. en Kena. Ausdiefen drey nicht gar zu großen Fluͤſ⸗ des Herrn Gmelins zu Irkutzk. Gmelins Reife. 173% em 316 & Reife nach Kamtſchatka ſem rauhen Sande zu hoffen hätten, da man uns doch ben unferer Abfertigung aus Sibi⸗ rien geſchmeichelt hatte, wir koͤnnten in fünf Jahren wieder zuruͤck ſeyn. Die Hoffnung viel Neues zu fehen, bewog uns zu diefer langen und befchwerlichen Reife, Diefe Be gierde hatte fich noch nicht verloren; die: Kräfte, wenigftens die meinigen, waren nd binlänglich. Aber wir Fonnten gewiffe Befchwerlichfeiten und widrige Zufälle nicht ver⸗ meiden, die von einer folchen Reife unzertrennlich find. Die Eleineften Widerwaͤrtigkei⸗ ten find, wenn fie ſich häufen, im Stande, erſtlich das Gemuͤth, hernach den Leib an zugreifen, wiewohl fie einer gefchwinder, als der andere, empfindet. Bon der Krankheit des Heren Profeffor Muͤllers mar fonft nichts die Urfache, als die Widermärtigfeiten, die uns auf der Reife begegneten. Ich war dem Anſehen nach nicht fo empfindlich, deswegen macheten fie weniger Eindruck auf mich: aber ich konnte doch nicht ausrechnen, wie lange dieſe Unempfindlichfeie währen würde. Wir befchloffen alfo beyde, an den Senat in Petersburg zu fihreiben, und um unfere Zurücberufung anzubalten. Seit dem Frübjahre hatte ich die Akademie gebethen, mir einen Gehülfen zu ſchicken, meil Die Furze Zeit, die ich mich an jeden Orte aufbielt, nicht binlänglich war, alles das Be fondere anzumerken und zu befehreiben, wovon ich Nechenfchaft geben follte. ch wußte » auch, daß man auf meine Vorftellung den Heren Steller ernannt habe, und diefer die Reife zu mir fehon wirklich angetreten hatte. Ich ftellere alfo in dem Bittfchreiben vor, was ich in Ochotzk und Kamtſchatka auszurichten haͤtte, koͤnnte durch den Herrn Rısfcheninnikow, der fi) ſchon dort befand , und durch Herrn Stellern, beforgef werden, ber mie neuen Kräften. anfäme, und leichter A als ich, dahin reifen Fönnte Endlich gab es noch viele Derter in Sibirien, wo ic) noch nicht Hingefommen war, dit befuchet und befchrieben zu werden verdieneten; diefe erboth ich mich, wenn nein Anfur chen Statt fände, durchzureifen, und die natuͤrliche Gefehichte davon aufzuzeichnen. Herr Drofeffor Muͤller Fönnte unſtreitig eben diefe Gründe anführen, aber der ftärffte war die Abnahme feiner Geſundheit, die ich auch mir den nachdruͤcklichſten Zeugniffen unter frügere. Er hatte fehon fehöne Nachrichten von Kamtſchatka zufammen gebracht, und hoffete vom Herrn Rrafcheninnifow noch mehrere: daher gab er zu überlegen, ob matt nicht eben ſowohl einen Gebülfen in der politifchen Gefchichte abfertigen Fönne, als mal einen in der natuͤrlichen abgeferrigee hätte? Unfere Birrfchriften giengen in dem Monate May ab, wir. erwarteten aber fo bald darauf Feine Antwort. * Nach Abfertigung derſelben nahmen wir unfere Unterſuchungen wieder zur Hand« Die Brarsfi, unfere guten Freunde, waren im Begriffe, ein großes Opfer zu bringeny um von ihren Göttern ein gutes Jahr zu erhalten. Cie luden uns dabey zu Gafte, und wir, um nichts aus der Acht zu laffen, enrfchloffen uns, dahin zu gehen. Den „sten May veifeten wir von Irkutzk ab, und nachdem wir Kudinskaſa und Ojezkaja⸗ Sloboda vorbey waren, Famen wir des Machts um zehn Uhr nach: Kammenoi—⸗ Rapfal, mo wir viel bratsfifche Jurten anfrafen. Das Feſt gieng den andern Tag nach Aufgange der Sonne an. Es war eine Reihe Birfen, ungefähr zwo Klaftern lang, an den Bach Kuda bin gepflanzer. Hinter ih⸗ nen waren drey Brafsfi, davon der eine auf feinen Knien ein Birfenreiß gegen der Sonnen Aufgang hielt, und dabey ziemlich laut vieles herplauderte. Es bieß, er viefe die Götter zufammen. Die zween andern ftunden, und jeder hielt eine bölgerne Schalty die mit einem Tranke aus gefäuerter Dferdemilch und daraus verfertigtem Branntewein⸗ — durch Sibirien, 317 BU gleichen Theifen vermiſcht, angefüllet war. Sie warfen dreymal ihre Schalen in die Bmelins uft, und darauf fagete man uns, ihr Hauprgott wäre auf das eiferige Zurufen ihres Reife. Boͤteendieners zu ihnen über den Bach herüber gefommen, dem wären fie entgegen ge- 173 8- gangen, er wäre mif ihnen zufrieden geweſen, und hernach wieder umgefebret. - Darauf ahen wir ein Schaf opfern, welches fehr bald gefihlachter, gebraten, und verzehret war, as Feſt endigte fic) mit Tanzen und Singen auf Seiten der Weiber ; und bey den “annern durch eine Art Kämpfe, Um vier Uhr Nachmittages war alles vorbey, weil "ir aber den Brarsfi verfprochen hatten, zwo Mächte bey ihnen zuzubringen, fo hielten wir ihnen Wort. Damit fieunsdie Zeit vertrieben, fo lichen fie uns einen Zauberer fommen, don dem wir aber nichts Neues fahen: —E Den 27ſten bedanketen wir uns bey den Bratski, denen es gar nicht einfiel, daß uns bey ihnen die Zeit lang geworden wäre, und nahmen von ihnen Abſchied. Wir teifeten durch die vorigen Dörfer, und kamen Abends um ſechs Uhr nad Irkutzk. Hier fucheren wir unfere gewöhnlichen Befchäfftigungen vor, und die Gegend um die Stadt gab mir genug Gelegenheit, Kräuter zu füchen, und andere Beobachtungen ans zuftellen. Den 25ften Jun. that ich mit dem Herrn Profeffor Miller noch eine Eleine Reiſe. Wir fuhren über den Angara, und alsdenn längft demfelben bin durch Schils kina⸗ Derewna, bis zu einem blinden Arme deffelben, woran ein Haus ſteht, wel— ches dem wosdnefensfifihen Klofter in Irkutzk gehoͤret. Hier Famen wir durch ein ſchoͤ—⸗ hes Feld, das mit Grafe bewachfen war, fanden aber bald hernach einen fchlimmen Weg, der faft durch lauter Waldung gieng. Des Nachts um elf Uhr erreicheten wir ein ans deres Rlofterhaus, das am Fluſſe Ritoi liege, und erwarteten bier den Tag. So bald er anbrach , fegeten wir den aöften über den Kitoi, fuhren an demfelben einige Werfte In, und kamen bey den Jurten der Brarsfi an, mofelbft eben fo ein Feft gefeyret wer den ſollte, als ich Furz vorher befchrieben babe. Ungeachtet wir fehr freundlich aufgenommen murden, fo verweileren wir doch nicht lange, fondern wollten die Tuch- und Eifenfabrife fehen, die am Fluffe Talma liegt, wozu uns die Bratsfi gute Pferde hergaben. Kaum aber hatten wir uns aufgefeget, als des Herrn Profeſſor Muͤllers Pferd ſich aufbaͤumete, und auf den Ruͤcken ſtuͤrzete. ie Urſache lag an dem Stangenzaume, der bey feinem Sattel war, und woran Dies Ar siere nicht gewöhnet find. Doch unterbrach diefer Zufall unfere Neife Feinesweges. ih nach ihm fah, und nirgends eine Verrenkung oder einen Bruch eines Deines: gewahr "Verden Fonnte, fo ließ ich ibn in den Wagen feßen, und gieng zu Pferde mit. Unſer eg gieng längft der Sandftrafe, die nad) Kraßnojarsk führer. Wir giengen bey ei- ‚em ſchoͤnen Felde vorbey, das von einem Buraͤten, der fich zur griechifchen Kirche ges andt harte, war angebauet worden. Um fieben Uhr kamen wir an die Eifenfihmiede, M der a. d. 235 ©, if geredet worden, und meine erfte Sorge nach unferer Anfunft Pa dem Heren Profeffor Muͤller, der noch über große Schmerzen klagete, befonders vu teuze, wo es auch aufgelaufen zu ſeyn fihien, ein Bad machen zu laffen. Sobald e Badſtube geheizer war, gieng er hinein, ſchwitzete ſtark, und der Erfolg zeigete, aß es nicht übel getban war. ng Fe Man rechnet von Irkutzk bis hieher fechszig Werfte. Der Bach Telma ift der Ihzige, auch unter allen Flüffen diefer Gegend, der im Winter nicht gefriertz er ſchicket ſich atfo vorzüglich zu allen Waflerwerfen, die man daran anlegen will. Man hatte feie | ER Ar 3 langer Gmelins Reife. 1738 Einweihung 318 — Reiſe nach Kamtſchatka langer Zeit zu Baſchmakowa, einem nahe gelegenen Dorfe, Eiſen in Handoͤfen ge⸗ ſchmolzen. Da man nun zum Behufe der kamtſchatkiſchen Reiſe größere Sieferung da* von brauchete, ſo war Fein Bach bequemer, eine Schmelzhücte daran zu bauen. Man fuͤhrete anfänglich einen Danım und einige Häufer auf. Die Hütte war auch beynabe zu Stande: aber das Eifen in diefer Gegend ward unvermuthet fehlechter, bingegen das am dem Lena befferte fih, Man fchickete alfo Befehl, die Hütten eingeben zu laſſen⸗ Gleichwohl waren die Unfoften ſchon aufgewandt, man legete daher, ſtatt der Hütte zwo Mühlen an, Die eine zu nächft bey den Häufern , die andere weiter oben; und dieſe haben fihon fo viel eingetragen, daß faft alle Unkoften diefes Baues wieder erfeget find» Im Jahre 1737 giengen vier Einwohner aus Irkutzk nah) Moſkau, und erhielten von der fibirifchen Prifas diefe Werke nebſt der Freyheit, eine Tuchfabrife hier anzulegen, für funfzehen hundert Rubel. Deswegen wurde auch jege die dritte Mühle aufgeführefe Da es die ganze Nacht und den Morgen Darauf regnete, fo waren wir genötbiger, und in diefer Fabrife aufzuhalten, Se bald der Regen aufhörete, giengen wir zu den Bratski zurück, von denen . eines Pferdes wir noch nicht Abfchied genommen hatten. ie hatten uns geftern verſprochen, ei bey den Bratski. Pferd einzuweihen, damit wir auch dieſe Ceremonie ſaͤhen, und warteten mit Ungeduld auf uns. Nach ihren Gebraͤuchen muß dieſe Einweihung, wenn ſie guͤltig ſeyn ſoll, Vormittages geſchehen, und es war ſchon fuͤnf Uhr des Abends. Aber ſo viel vermag der Glaube bey einfaͤltigen Leuten. Der Goͤtzendiener durfte nur ſagen, es wäre noch nicht Mittag, ſo glaubeten es ihm alle, ohne Widerrede. Es war ein Schimmel; und die weiße Farbe hat ſchon an ſich ſelbſt etwas heiliges; mit dem dieſe Ceremonie ſollte vor⸗ genommen werden. Der Prieſter murmelte einige Worte uͤber das Pferd, das unter: deffen von einem Manne gehalten wurde, hernach gab er ihm einen gelinden Schlag mit der Hand, zum Zeichen der Freyheit, und man ließ es laufen, Diefes Pferd wird fein Lebetage nicht geritten, und bat, wegen dieſer Einweihung, beftändig gute Tage, Stirbt aber der Herr, der es hat einweihen laſſen, fo wird es geopfert, und die Bratsfi verzeh⸗ ren es. Wir Famen noch bey Tage über den Ricoi. Der Regen hatte alle Brücken weggeriſſen, und die Straßen fo verdorben, daß wir erft fpät zu SchilEing:Derewnd anfamen, und die Nacht in Archireistoi-Diworez äjubracheen, Den agjten Vormit⸗ tages kamen wir endlich nach Irkutzk. Noch vor diefer Fleinen Reife hatten wir bey dem Herrn Unterſtatthalter angefuchek, unfere Proviantlieferung zu treiben, und uns fehriftlich zu geben, worauf wir ung ver: laffen Fönnten, Dieſe Erfiärung fanden wir bey unferer Ruͤckkunft vor uns, und ſie lautete; die Kanzelley in Irkutzk wüßte feine Möglichfeie, unter einem Fahre Anftalt dazu zu machen, und wenn alles zum Beten gienge,fo koͤnnte fie uns Feine Verficherung geben, DaB wir cher, als in zwey Jahren, würden abreifen koͤnnen; fie vierhe uns alfer uns, in Erwartung bis unfer Verlangen ins Werf gerichtet werden koͤnne, an folche Derter von Sibirien zu begeben, wo wir noch nicht geweſen wären, oder mo mir aus Mangel der Zeit, nicht genug hätten beobachten koͤnnen. Wider diefe Urfachen Der Kanzelley ließ ſich nichts einwenden, und fie mußten böhern Ortes den Aufſchub — gro ei 100) Im deutſchen Originale 3 Theil 38:57 &. rem mit ihren Preifen, wie diefe im Jahre 1738 ſteht ein langes. Verzeichniß der chineſiſchen Wan: auf der Graͤnze bezahler wurden, mit ihren — en / durch Sibirien. A großen Reife völlig entſchuldigen. Nun fam es darauf an, wohin wir gehen folten, um Gmelins ieſe Zeit am nüglichften zugubringen. Die ganze Gegend unter Irkutʒk am Angara Reife und Tunguska, und die am enifei, war mir in Abficht auf die natürliche Gefhich- 1738 Re noch unbefannt. Dem Heren Profeffor Muͤller fehleten ebenfalls viele hiftorifche achrichten, von diefen Laͤndern, befonders aber hoffete er von den Bratski, bey Denen wir urchreiſen würden, noch vieles zu erfahren, Sie Fonnten uns noch’ alles das wiffen laf- en, was ihnen entweder in der Furgen Zeit unferes Aufenthaltes bey ihnen nicht eingefal« N war, oder was fie uns im Anfange, aus Mangel des Vertrauens verborgen haften. 6 war unfer Entwurf bald gemachet. Wir entfchloffen uns, im Herbfte zu Waffer urch die Laͤnder zu reifen, wovon uns eine mehrere Kenntniß nötbig zu feyn ſchien, und fordere fen von der Kanzelley drey Doſchtſchennicken für uns und unfer Reifegeräch , nebft den Kbörigen Arbeitern, Wir wollten in der Stadt Jeniſei anlanden, und dafelbft den Winter zubringen, um, wenn die Sache wegen des Proviantes eine andere Geſtalt ge: woͤnne, defto näher bey der Hand zu feyn, und die Reife befchleunigen zu Fönnen. Bey meinem Aufenthalte in Irkutzk war ich begierig, die chinefifchen Waaren und die Preife derfelben, fo viel in dem Handel zwifchen China und Rußland vorfämen, genauer Fennen zu lernen. Diefe Waaren, wovon ein Theil oben a, d. 190 ©, verzeiche ner iſt, find bauprfächlich allerhand feidene Zeuge, Leinwand, Cattun, bunt oder ein färbige, fihlecht oder gebluͤhmt, fein und grob; ſchwarzer und gelber Tabak, weißer, ſchwarzer und Puderzucker, runde und halb runde Perlen, Tieger und Panterhäute, babarbar, weißes Kupfer, Gold, Silber, Bier, neun Sorten Thee, meffingene Pfeis fen, Bluhmen zum Haarputze, Band, Corallen von allerhand Farben, Fächer, Was gen, Vorhänge, Compaffe, Schloͤſſfer, Nudeln, Confect, Brannteweintaffen von deus, Schiffen von Cocus und lakirte Schuͤſſeln, rothe und lafirte Schüffelchen , AMdere, die mit Perlenmutter eingeleget find , filberne Iheefännchen, füpferne und ver— ldere Theekannen, chinefifche Kalender 2c, 100). Die Chinefer machen aus dem Marke eines gewiſſen Schilfes kuͤnſtliche Bluhmen, Welche die Kuffen, nicht genau, Papierblubmen nennen. Ihre Nudeln find ziemlich fo N, alg die fpanifchen. Das Confeet ift aus bloßem Zucker und Mohnſamen gebaden. Sie Dringen auch Nechentafeln, die den ruſſiſchen vollfommen gleich find, Ihre Waa— en find Hebel mit beweglichen Ruhepunkten (hypomochliis), fer Der Tarafun, den fie auch verführen, iſt ein gegohrnes Getränf, das die Rufe N mit dem Weine vergleichen. Sch Babe ihn unter dem allgemeinen Namen, Bier, atte deftßer, weil er nicht aus Trauben gemacher if, Dieß Getränk hat wirflic die Farbe , eines; es macher fo gar ſtark betrunken, wenn man viel frinfe, und bey Schwaz ben thun fchon etliche Kelchgläfer ihre Wirkung. Mir hat es nicht geſchmeckt; woran Lielleicht die unreinlichen Gefaͤße ſchuld ſind, in denen man es verfertiget; denn auch der meſiſche Branntewein, der doch ſtark iſt, hat einen ſehr uͤblen Geruch. Ueberhaupt die Unveinfichkeit auch ſelbſt den geſitteten Chineſern, wie allen heydniſchen Voͤlkern, nen. Im übrigen aber Eönnen alle Chinefer, das weibliche Gefchlecht nicht ausge: Kamen, einen Geruch vertragen und gerne haben, der den meiften Europdern uners ae. wäre 1). Ich m, d ineſiſ u e des gewefenen ruſſiſchen Leibar men. eutſchen, mongaliſchen wo a Kiegees Lisieon — Rn ei * * ctaxum. Art. Ambra, Gmelins Reife, 173 8 — 320 Reife nach Kamtſchatka Ich habe die Befchreibung, wie der Tarafun-verfertigef wird, von einem ruſſiſchen Prieſter bekommen, der mit einer Kaufmannskarawane in China geweſen war, und fi fehr darauf geleger hatte, die Gebräuche und Sebensart diefes Volkes zu Fennen, Man nimmt Gerfte oder Weizen, und macher ihn zu Malze, welches grob gemahlen wirds Darauf ſchuͤttet man es in-ein Gefäß, rühren es mit fehr wenigem warmem Waffer um, daß es nur feucht wird, und decket es zu. Unterdeſſen wird Waffer geſotten. Won diefem gießt man wieder ein wenig zu, das Malz wird wohl umgerübrer und zerdruͤcket, damit Feine Klumpen darinnen entftehen koͤnnen, und es fic) recht bineinziehen möge, und nun decket man e8 wieder zu. So, wird mit Zugießen des Waffers und Umrühren des Malzes forigefahren, bis man wahrnimmt, daß das Waffer ſtark gefärber und ſchon etwas klebricht iſt, wie ungefähr der dritte Ablaß bey dem DBierbrauen zu ſeyn pflege: Man läßt es darauf kalt werden, und gießt es in ein enges Gefäß, wo man Hopfen hinzu thut, der in Formen, wie ungefähr die Ziegelfteine, ausfehen, gepreffer if. So dann wird das indie Erde gegrabene Gefäß feſt zugedecket; man läßt es mit einander gähren, und da der chinefifche Hopfen durch diefe Zubereitung einen Anfaß zur Gährung befom- men bat, fo hat man nicht nöthig, etwas fremdes darzu zu thun, das fie befördertes So bald nun die Materie in die Gaͤhrung koͤmmt, wird fleißig darnad) gefehen , ob fie nicht bald vorbey ift, welches man daran erfennet, wenn ſich das Dicke zu feßen anfaͤngt⸗ Glaubet man, daß es genug gegobren bat, fo ſchuͤttet man alles in Saͤcke von gro⸗ ber Leinwand, bindet fie feft zu, und preffer den Saft aus. Die Preffe ift hier abgezeichnet. Alsdenn wird der Trank in Faͤſſer geſchlagen, und wohl zugefpün- det in den Keller geleger, Man ficht aus der Beſchreibung, daß der Tarafun eis ne Art Bier ift, Die, wenn fie mit Fleiße, und in veinlichen Gefäßen verfertiget wuͤr⸗ de, eben ſo gut ſeyn koͤnnte, als das ſchwediſche Doppelbier, oder das ſtarke Bier der Englaͤnder. * * Den Branntewein machen fie auf folgende Art. Man nimmt Malz von Haber oder Gerfte, oder beydeszi gleichen Theilen, der noch gröber, als zum Tarafun, gemahlen, darauf in eine Wanne gefchürter, fleißig umgeruͤhret und zugedecket wird. Unterdeſſen kochet man Hopfen in wenig Waffer, damit er dick bieibe, thut eine gute Menge Hr fen darzu, und läßt es erfalten. Iſt es nun faft in dem Grade der Wärme wie das angerührere Malz, fo miſchet man es darunter, und gießt es zufammen in ein anderes Gefäß, das auch in die Erde gegraben und wohl zugededet iſt, damit es ins Gähren koͤmmt. Se länger die Materie fäurer, deftomehr Branntewein befimme man. Un terdeffen wird der Dfenzu Rechte gemachet, und ein großer aber nicht tiefer Keffel, von gegoffenem oder gefchmicdetem Eifen, darauf gefegt. Wenn die Materie die gehörige Zeit gegohren hat, fo füllet man den Keffel voll Waffer, und macher Feuer darunter, bald das Waſſer anfaͤngt gu kochen, feget man auf den Keffel einen eifernen Noft, au dieſen einen hoͤlzernen, der enger geflochten iſt, endlich auf dieſen einen hölzernen Cylin⸗ Def, 2) Kerr Gmelin hält ſich fange bey den ver⸗ wein vor; dabey er bemerket, daß der ſtarke det ſchiedenen Arten Branntewein zu brennen auf, und Verdauung fehr zuwider iſt. „Die Faͤſern des ME zieht zum beftändigen Gebrauche, dev in den Mord: „„gens werden verhärtet, und wirken nichts mehtr ländern unentbehrlich üft, den ſchwachen Brannter „fondern die meiften Speifen gehen unverdauet * a ” z dur Sibirien. gar der, der im ein gutes Theil enger iſt. Das Malz wird lagenweiſe in dem Eylinder auf Omelins den Roſt geleget, fo, daß manvon Zeit zu Zeit wartet, bis der Dampf von dem Foshen, Reiſe. den Waſſer durchdringt. So bald die Feuchtigkeit durch eine Lage ducchgedrungen if, frage man eine andere Sage von gleicher Dicke auf, und fähre fo lange forf, bis der Ey» linder voll ift. Endlich wird er mit einem Deckel, der genaupaffet, verfihloffen, und alle 1738. — ugen wohl verſchmiert. An dem Deckel iſt eine kuͤpferne Roͤhre angemacht, wor⸗ unter ein mittelmaͤßiger Kuͤbel mit kaltem Waſſer, darein man noch Eis thut, geſetzet wird, In das kalte Waſſer ſetzet man ein zinnernes Gefäß, in welchem der Brannte- wein aufgefangen wird. Man hält unter währender Arbeit das Feuer im Ofen fo, daß das Waſſer mäßig Eoche, wobey auch der Branntewein ziemlich ftarf fließen wird. Wenn er anfängt, ſehr wäffericht zu werden, fo machet man das Diftilliergefäß auf, nimme das Malz heraus, und thut frifches hinein, das man auf eben bie Weife diſtillieret, bis man Alles angerührere Malz abgezogen hat 2). Die drey Fahrzeuge, die wir von der Kanzelley in Irkutzk verlanget hatten, wa⸗ ten zu Ende des Julius fertig, und mit allem Zugehöre verfehen., Auf jedes waren uns fechszehen Arbeiter, und noch zween zu den Steuerrudern, beſtimmt, für alle drey aber zu⸗ fammen, wurden ung zween Lotſen gegeben. In Irkutzk iftes nicht ſchwer, Arbeitsleute zu⸗ ſammen zu bringen, Man darf nur auf den Markt gehen, und die Leute um ihre Paͤſſe fragen, fo werden fich allezeit einige finden, die Feine haben. Nun ift aber eine Ber ordnung durch das ganze Reich, daß niemand ohne Paß reifen fol. Wer alfo feinen Paß hat,muß angehalten, und wieder nach dem Orte, vo er ber ift, zurück geſchicket werden. Es fanden fich Leute genug, die aus den jenifeisfifchen und tobolsfifchen Provinzen entlaufen waren, und bey diefer Gelegenheit ohne Geld wiedernach Haufe fommenfonnten, Diedrey Sahrzeuge theileten wir fo ein, daß das eine der Herr Profeffor Muͤller, das andere ich mit den Studenten, das dritte, die Maler mit dem Feldmefferiehrlinge einnahmen. Den zıften Julius begaben wir uns alle an Bord, blieben aber noch bis den an« dern Tag bey der Stadt liegen, weil die Arbeitsleute noch) Feinen Proviant eingefaufer hatten. Den aten Auguft, welches der Tag unferer Abreife feyn follte, hatten wir große Mühe, fie zufammen zu bringen, und fonnten erft um Mittag abfahren. Wir waren aum eine Stunde weit, fo fand man einen Arbeiter auf meinem Fahrzeuge todt. Die eute fageten, er wäre ſtark betrunfen gekommen, haͤtte ſich aber nicht erbrocyen, auch der nichts geklagt, und Eönnte nicht lange todt ſeyn. Ich ließ ihn ſtark rürteln, auch Auf beyden Armen verfuchen, ihm eine Ader zu öffnen, aber es fam Fein Blut, und man ah auch fein Zeichen des Lebens bey ihm. Man wollte ihn denfelben Abend nad) Sandes« gedrauche begraben: ich ließ es aber nicht geſchehen, fondern erft den Morgen darauf, da er völlig erkaltet war, ließ ich ihn an der Tuchfabrife am Talma, wo mir anlandes _ fen, begraben. 4 | . Den zten Bormittages um neun Uhr famen wir bey zwo Inſeln vorbey, auf einer iſt ein Dorf mit einer Kirche, auf der andern zwo Salzkothen, bie theils einer Witwe in Irkutzk, Man verliert auch dabey alles Verlangen nach „genhaͤute wenig Fluͤßiges in demſelben abgeſondert vden Speifen. Hingegen iſt ein beſtaͤndiger Durſt wird, OR, weil vor der Haͤrtigkeit der innern Ma Allgem. Reiſebeſchr. XIX Hand, Ss Gmelins Reiſe. 1736. Beſondere 322 Reiſe nach Kamtſchatka Irkutzk, Namens Piwowaricha, theils dem Moͤnchskloſter Wosneſensk daſelbſt gehoͤren. Hier wird alle Jahre ſo viel Salz geſotten, daß man im Gebiethe dieſer Stadt fein fremdes brauchet. In einem Arme des Fluſſes, der nahe bey der Kothe des Klo⸗ fiers läuft, ſieht man an einigen Orten die Salzquellen durch das Flußwaſſer hervor dringen, und ich bemerfete eine, die aus einem im Waffer liegenden Felfen quillt. Den andern Morgen Famen wir noch vor Tage nach Idinskoi⸗ Oſtrog, wo wir ung ef was aufbielten, um jemand zu finden. der ung nad) den Eifengruben diefer Gegend führere. Wir veifeten den ten ab, und Famen bis an die Jurten der Bratski am lin fen Ufer, gerade Koſatſchaſa⸗Sloboda gegen über, das am rechten Ufer liege, aber vor den vielen Inſeln nicht gefehen werden fann. Hier ließ ich mein Fahrzeug halten, und nahm Pferde. Herr Profeffor Muͤller gieng mit dem feinigen bis nach Balagans⸗ koi⸗Oſtrog. Ich mußte uͤber bergichte, theils waldichte, theils kahle Gegenden rei⸗ ten, bis ich zu den Gruben kam, die ſieben Werſte Land einwaͤrts liegen. Sie ſind auf zweenen Bergen, die einander ganz nahe ſtehen. Man laͤßt Bauern an Stricken in die Grube hinunter; dieſe brechen das Erzt, und deswegen geſchieht auch das meiſte im Herbſte, wenn die Aernde vorbeh iſt. Bisher bat man es nicht gewaget, die Oerter weiter zu treiben, aus Furcht, der Berg moͤge einfallen. Es ſind kleine Huͤtten und Defen gebauet, in denen man Gritzen von zwey bis dritthalben Pud ausſchmilzt. Es war alles bald beſehen, und ich begab mich bald nach meinem Fahrzeuge, mit dem ich fo gleich abgieng und des Abends ohne Hinderniß nah Balaganskoi fan, und den Heren Profeffor Muͤller wieder antraf. Wir trafen einige Anſtalten, wegen unferer weicern Reife, und blieben bis den Gten bier, an den wir uns zu den Bratsfi begaben, die fechs Werfte unter dem Oſtrog und dem Unga angetroffen werden. Hier fahen wir wieder allerhand vermeynte Zaubereyen, oder vielmehr grobeBetrügereyen, die nicht fo viel werth waren, als Taſchenſpielerkuͤrſte. Den 7ten wohneten wir noch einen Fe⸗ fie bey, welches fie Tailga nennen, den Göttern der Erde feyren, und mie einem Gaſt⸗ mahle befchließen. Das Opfer beftund dießmal in acht Schafen und einem Füllen. Da die Bratsfi diefer Gegend alle Arten von Wiebe haben , fo wuͤnſcheten mir, Art, das Thier fie ein Gericht-zurichten zu ſehen, welches jenfeit dem See Baikai ſehr gebräuchlich iſt/ in ſeiner eige⸗ nen Haut zu braten. und darinnen beſteht, daß das Fleiſch eines Thieres in feiner eigenen Haut gebraten wird; Die Bratsfi mußten davon nichts, aber unfer Dolmerfcher, der fich viel unter denen Brats⸗ fi, die über dem Eee wohnen, aufgehalten harte, erboth ſich gleich, dabey Koch zu ſeyn. Er nahm ein Ziegenlamm, und drehete ihm eslichemal den Kopf herum, bis Fein Leben mebr in ihm war, Alsdenn löfere er ihm die Haut ab, ohne fie zu befehädigen, indem er bey den Hinterfüßen anfteng. An der Haut ließ er faft überall etwas Fleifch, um ihr eine größere Dicke zu geben. Das Fleifc) und die Knochen wurdenin viel leine Stil Een zerfihnirten, das Eingeweide aber, und das Bruftbein wurde befonders gelegt. Mitte kerweile wurden Kiefelfteine auf einem Holzfeuer heiß gemacht, doch nicht fo ſtark, daß fie geglüher hätten. Nachgehends ward das Fell fo gehalten, daß der Kopf gegen unten ſah, ein großer Falter Kiefel hineingelaffen , und hart daran das Fell jugebunden, dam durch den Kopf Feine Wärme herausgehe. Man goß ein Paar Schalen Waffer in das Bell, hernach wechfelsmweife heiße Steine und Fleiſch, bis die Haut halb voll war. Dar auf wurde es bey den Hinterfüßen zugefchnüret, und Bin und her gezogen und gewergelt. Es brannte aber bald ein och durch, weil der Koch, wie er felbft erkannte, nicht — — Bei. durch Sibirien. 323 genug an der Haut harte figen laffen. Das hielt man mit Kiefelfteinen zu, fo gue man Gmelins onnte, und fuhe mit Hin» und Herziehen fort, bis die Haare gelb wurden und losgien. Reiſe. gen, al i : 1 i in di 17 ‚ alsdenn war das. Fleifch gar, Wäre aber Fein Loch in die Haut geworben, fo wuͤrde es einen Knall gegeben haben, der das Zeichen iſt, daß es genug gekochet habe. ie Haare wurden um und um herausgezogen, und das Fell aufgeſchnitten, in welchem man einiges gekocht, anderes gebraten, beydes aber in einer guten fetten Bruͤhe ſchwim⸗ mend fand. Das Gebratene und Gekochie, mit der Bruͤhe und dem Felle, darinnen es zubereitet war, wurde alles fehr hurtig vergehret, der Kopf aber weggeworfen. " Wir verließen die Bratski noch denfelbigen Tag, als den ten, und kamen Ein ne des Nachts nad) Bratskoi-⸗Oſtrog, wo wir andielten, um Brodt basfen alten. . “ 3 Es wurden hier auf fünfzig Brarsfi und Tungufen , bie einen Aufruhr wider den ſtrog und die Dörfer am Angara angefponnen hatten, gefangen gehalten. Man folk te mehr Pulver und Schießgewedr bey ihnen gefunden haben, als ihnen gebuͤhret. Die Verſchwoͤrung foll durch einen Eleinen Bratski, der nicht längft vorher getaufet worden, angegeben und entdecket worden, und die zum Oſtrog gehörigen Bratsfi und Tungufen, die Rädelsführer davon gewefen feyn. Zween vondenfelben, die in einem Gefängniffe fü fen, hatten fic) einer nad) dem andern, mit einem Riemen, den fie zu ihren Hofen brau« chen, erhenft. ’ Wie blieben den roten fill liegen, und veifeten den zıten gegen Mittage ab. Ger des Fahrzeug befam feinen dotfen, der es über Die Wafferfälle zu bringen wußte. Son⸗ derlich erug man Sorge, alle Deffnungen in denfelben mit ihren Deckeln zu verfehen, und“ alle Fugen, durch die das Waffer hineindringen Eonnte, mit Hanfe wohl zu verfiopfen. an raͤumete dag Verdeck auf, damit die Arbeiter frey handthieren konnten, und an je⸗ es Steuerruder wurden vier Perſonen geſtellet. Nachdem wir abgefahren waren, war die Bewegung des Waſſers ſo langſam, daß die Angara mehr einem See aͤhnlich ſah. ir hielten uns an der rechten Seite des Fluſſes, erreicheten nach vier Werſten den er- fen Waſſerfall, und kamen glücklich hinunter. So lange wir auf dem Wafferfalle waren, mußten acht Mann in einem fort ru⸗ den, Der Sotsmann ftund auf dem Vordertheile des Schiffes, und weil man feine Stimme vor dem Geraͤuſche des Waffers nicht Hören Fonnte, fo hielt er ein Schnupftuch in der and, mie dem er den Steuerfeuten die abgerederen Zeichen gab, welches Steuerruder beweget werben follte. Das Bette des Fluſſes iſt in dieſer ganzen Gegend auf eine Werſte lang mit Felſenſteinen belegt, und wir fuhren auch zwiſchen zweenen dergleichen durch. Die erſten Koſacken, welche von Jeniſeisk den Strom hinauf Famen, fanden bey diefem Wafferfalle eine Pflanze, die fie für Lungenkraut hielten, bem es in Blättern Und in der Bluͤhte ähnlich fah. Die Blätter ſowohl, als die Wurzeln, thaten fie unter Die Speifen,, die fie zurichteten, wurden aber alle Davon wie betrunken, daß fie nicht Bußten, was fie thaten. Da fie wieber zu fich felber famen, nannten fie den Ort, den etcunkenen WVafferfall Piandi porog), und weil man nach einem ſtarken Raufche Kopffchmergen hat, ſo mußte der darauf folgende Pochmelnoi porog, ober der Haar⸗ weh · Waſſerfall ſeyn. - © 2 * Be ' 2 3 8: Gmelins KReiſe. 1738 — Reiſe nach Kamtſchatka Ich habe dieſes ſonderbare Kraut entdecket, welches vorher noch keinem Kenner iſt bekannt geweſen. Es iſt der Hyofcyamus 3) des Linnͤus. Wennmanbdie Blaͤtter oder auch die klein geſchnittene Wurzel ins Bier thut, oder mit demſelben zugleich gähren laͤßt, fo ift ein einziges Glas vermoͤgend, einen Menfchen überaus naͤrriſch zu machen Er redet die ganze Zeit, und weiß nicht, was er ſaget, ift aller feiner Sinnen beraubt, eder feine Sinne werden fo geftörer, daß fich alles vor feinen Augen ändert, die zu Ver⸗ größerungsgläfern geworden zu feyn feheinen. Er ſieht einen Strohhalm für den dic ſten Balken, einen Tropfen für einen großen Teich an. Wo er seht, Formen ihm un⸗ überwindliche Hinderniffe vor. _ Er machet fich alle Augenblicke die fürchterlichften Vor⸗ fellungen von einem nahen und unvermeidlichen Tode, Die Einwohner hiefiger Gegend brauchen diefe Wurzeln oft, einander einen Poffen zu thun. Die ruffifchen Kaufleute nehmen aber diefe Wurzel mit, weilfie ein unfehlbares Mietel wider die fließende guͤldent Ader und das Blutharnen ſeyn foll, wovon ic) aber Feine Proben habe, Unter dem erften Waſſerfalle bey Padunskoi Byk 4) machet das Waffer ein gro: Bes Geraͤuſch, aber es iſt bier Feine Gefahr. Zwoͤlf Werſte unter dem Byk kamen wir an das Dorf Padunskaja, das am linken Ufer liege. Hier mußten wir die Fahr⸗ zeuge ausiaden, um den Fall Padun hinunter zu geben, und die Sachen zu Sande fünf Werfte weit bis nach Padunskoi⸗Muis gebracht werden. Wir ließen alfo noch des Abends alle Gerärhfchaft aus den Fahrzeugen nehmen, und auf Karren paden, Her Drofeffor Müller und ich brachten die Nacht unter Zelten zu, die wir nahe bey dem Dorfe hatten auffchlagen laffen, damit die Schiffe näher zum Falle gebracht werden Fonnten. Die Maler, Studenten, nebft den übrigen in unferem Gefolge , hatten Luſt, ‚den Fall Padun näher zu betrachten, deswegen blieben fie auf den Fahrzeugen, und giengen noch denfelben Abend dahin ab. Sie ruderten nach einer Inſel Intei, an mel eher hin die Fahrzeuge drey Werſte fang mußten gezogen werden. Won da gelangeten fie unter beftändigem Rudern nach einer andern Infel auf der rechten Seite der Angara / und blieben hier die Nacht uͤber. Den raten des Morgens ließen wir unſer Geraͤth nach Padunskoi⸗ Muis ge ben, und wir felbft folgeren zu Fuße nach. Hier fanden wir unfere Fahrzeuge, die den Ball fehe gus herunter gefommen waren „ ohne den geringften Schaden zu leiden. Der Fall Padun foll aus dreyen Abfägen beſtehen, wovon der mittelfte am böchften if, Er iſt beynahe eine Werfte lang, und zwey bis drittehalb Klafter hoch. Er wird überhaupt für den größten im Angers gehalten, ſieht auch am fürdterlichften aus, weil bier das Waffer am meiften ſchaͤumet, wenn man aber fo vorfichtig ift, die Fahrzeuge auszula⸗ den, ſo iſt wenig Gefahr dabey. Bisweilen bleiben die Fahrzeuge auf den Klippen ſte⸗ hen, doch ohne Schaden zu leiden, weil fie alle glatt, und ohne Spigen find, daf mal nur einen Hebel brauchet, fie davon los zu machen. Wenn das Fahrzeug figen bleibt, fo läßt man hinter demſelben einen Balken ins Waffer , der bin und wieder etwas einge Bauen wird. Den befeftiger man fo gut, als möglichifk, fenfreche im Waſſer, und bin der ihn oben mic einem Seile an das Vordertheil des Schiffes, Ferner wird gerade über der Stelle, wo das Fahrzeug aufftehe, durch einen Erummen Balfen, dergleichen ee iefe: 3) Hyofyamus foliis ovatis integerrimis, calieibus infatis fubglobofis. Hort. Unfoh 44 2. durch Sibirien. Ba: 2 Kiele des Fahrzeuges zu beyden Seiten herausgeben, ein Dickes Tau gezogen , deffen En- Gmelins den zufammen gezogen werden, Der Hebel ift ein Balken, der parallel mit dem Fahr- Reife. Zeuge, Hart an dem aufrecht ftehenden Balken, in einem Einfchniete deffelben, durch ei» 273 8- ; "hen daran hangenden zufammen gebundenen Strick feine Haltung befömmt, und mit dem andern Ende durch den Strick durchgeftecket wird, der durch den Balken am Fahrzeuge Öurchgezogen war. Dadurch koͤmmt der Hebel nicht parallel mit dem Fahrzeuge, fon« dern etwas fehief gegen daſſelbe und das Waſſer. Wird nun auf das obere Ende biefes Hebels gedrückt, fo muß fih das Fahrzeug in die Höhe heben, welches gieichfam an dem Strike Hänge, dadurch das andere Ende des Hebels geht. Willes noch nicht losgehen, ſo wird der Strict, der den Ruhepunkt bes Hebels ausmachet, verfürget, oder man ziehe ihn nur nach einem hoͤhern Einſchnitte des ſenkrecht ftebenden Balfens, oder man vers Fürzet auch) den Strick, woran das Fahrzeug hängt. Den folgenden Morgen, da alle unfere Gerächfchaft wieder in bie Fahrzeuge gela- den war, feßeren wir unfern Weg wieder zu Waffer fort. Als wir zum langen Sallefas - men (Dolgoi Porog), weilte der neue Lotsmann, den wir mitgenommen hatten, die Leber» fahre erftlich niche wagen, weil der Wind fehr ftarf gieng. Wir Hielten uns alfo einige Zeit am Ufer, bis der Wind fich etwas zu legen fehien, da wir uns wieder aufmacheten, und glücklich vorbey Famen, Abends mußten wir wegen eines fehr dieken Mebels, vor dem man nicht fehen Fonnte,bey Uſt / Wecharewskajſa⸗Derewna ſtill halten. Mic der un tergehenden Sonne fahen mir eine Baͤrenhetze an. Ein großer Bar ſchwamm über den Fluß, dem feßeten unfere Jaͤger in einem Kane nach, und exlegeten ihn durch etliche Schuͤſſe. Den ıaten giengen wir noch über einen Waſſerfall, und kamen an die Mündung des Fluſſes lim. Hier verfiert der Angara feinen Namen, und heißt bis da, wo er in den Jeniſei fällt, bey den Nuffen Tunguska, Er verändert gleichfalls feinen ’ Sn der bisher von Eden nad) Norden gieng, und wendet fih nunmehr vor nach Weiten, * = Gatten wir ftürmifches Wetter, und kamen evft ſehr ſpaͤt in der Nacht Rah Keſchemskaja⸗Sloboda; und weil der Wind mis gleicher Gewalt anbielt, muße een wir den ıyten den ganzen Tag hier ſtille liegen. Man zähler in diefem Dorfe wenig⸗ \ tens Hier und zwanzig Bauerhöfe, und an Lebensmitteln fehler es nicht. Die Slobode egt am Einfluffe eines Baches, an welcher man, fechs Werfte über feiner Mündung, EN vortreffliches Eiſenerzt graͤbt. Man findet das Erzt bin und wie der neſterweiſe ins Meinen braunen Stüden, bie nicht fonderlich derb find, Es liegt am Tage, und iſt fele {en ein Raum über zwo Klaftern ins Gevierte damit erfüller, Hier fahen wir Abends * Fahrzeuge ankommen, die mis Hanfe für die kamtſchatkiſche Gefeltfehafe befrach⸗ waren. Hier hoͤreten wir auch , daß man immer noch fortfüßre, die Tumgufen aufzuſuchen, Und fie als Aufruͤhrer nach Ilimsk zu bringen, | : Nachdem man ohne Dinderniß noch über einen Wafferfall gegangen war, erreiche ten die beyden Profefforen und ihr Gefolge Das erfte Dorf in dem; jenifeiskifchen Gebiethe. &s} Auf 4) BE, Heiße ein Felien, der am Ufer ſteht, Fluß hinein erſtrecket, das Waſſer da herum mie noch dem ex fich mehr oder weniger. in den geſtuͤmer machet · = Gmelins Reiſe. 326 Reiſe nach Kamtſchatka Auf der übrigen Reiſe, bis wo der Tunguska in den Jeniſei fälle, bemerfet Herr Gmelin unter andern das Kloſter Rafchinskoi ‚ wo nicht mehr als drey Mönche und 1738 ein Hausverwalter waren, und deffen Einfünfte vornehmlich in einem Eifenwerte befte hen, das an einem Bache nicht weit Davon angeleger iſt. Das Erze bricht auf einem Jar, oder erhabenem Ufer , in verfchiedener Geſtalt, und ſieht bisweilen dem Holze für wohl an Farbe, als dem übrigen Anfeben, fo ähnlich, daß man es ſchwerlich davon um terſcheiden kaun, wenn 68 nicht genau Damit zufainımen gehalten wird. Die Nothwen⸗ digkeit, wegen der fehlimmen Gegenden, die fih aufdem Tunguska fanden , die $of« fen immer abzuwechſeln, hielt die Reife fehr auf. Denn eg giebt darauf, außer ven Waſſerfaͤllen, noch viele feichte und fteinichte Gründe, die man Schiwera nennet, im⸗ gleichen Felſen, die theils im Waſſer verborgen find, theils darüber heraus ſtehen. Man mußte alfo notwendig zu diefen verfchiedenen Stellen Sotfen aus derfelben Gegend haben Diefe aber verfteckeren fich, fo bald fienur die Fahrzeuge gewahr wurden, und man mußte viel Zeit zubringen, fie aufzufuchen. Den zoften ‚an einem Sonntage, kamen unſere Neifenden nach Tfehadobskajas Derewna , und wollen ebenfalls neue Lorfen neh men. ber ungeachtet hier fechs Bauerhöfe waren, fo fand fid) doch Fein einziger Mann bier, fie waren alle ausgeriffen. Die Geſellſchaft glaubere, wenn fie ache Weibesperfo- nen aus dem Dorfe mitnaͤhmen, fo würden fie Dadurch einige Bauern nötigen, hervor⸗ sufommen: aber es ließ fich Feiner ſehen, und fie mußten die Weiber einige Zeit darauf wieder laufen laffen. Den 23iten giengen fie bey dem Fluſſe Taffeewo und dem Bache Uſſolka vorbei, die alle beyde in den TungusEa fallen. An diefem Bache find zwo Salzkothen: die eir ne gehöret dem Dreyeinigfeiesflofter zu Mangaſea, die andere dem Ktofter unferes Hei: landes zu Jeniſeisk. Beyde Kiöfter liefern alles Salz, das ſie jaͤhrlich auskochen, nach Jeniſeisk, wohin es auf dem Uſſolka, Taſſeewo und Tunguska in Kaͤhnen ge⸗ bracht wird, die bis fünfhundere Pud fragen. Es darf aber das Waſſer im Fruͤhjahre nicht verſaumet werden, ſonſt muß man wieder ein ganzes Jahr warten; denn die Fahr⸗ zeuge koͤnnen ohne hohes Waſſer aus einem Fluſſe, der nicht tiefer iſt, als der Uſſolka, gar nicht herausgebracht werden. Im Jahre 1703 gaben die Koſaken dieſer Provinz dem Woewoden zu enifeist, Boydän Danielowitſch Blebow y Nachricht, daß man um den Fluß Taſſeewo/ Trippel und Schmergel faͤnde. Der Trippel iſt nichts ſeltenes, man findet ihn faft al⸗ fentbalben, und an verfchiedenen Orten von Sibirien, befonders am Irtiſch und Ob, und in den Bergen um Jerawna. Doch iſt es immer ein Vortheil, wenn es an bie fer Erdart nicht mangelt, die zum Abputzen verfehiedener Dinge gebraucher wird, Aber "der Schmergel muß aus Moffau, und dahin erft aus Holland gebracht werden , darum wäre diefe Entdeckung nicht zu verwerfen. Allein, Herr Gmeiin, der beydes unterſuch⸗ te, fand den Trippel ſehr gut, und den Schmergel zu weich. Den 2aſten gieng man über den festen Wafferfall des Tunguska, unter welchen ‚eine Erdzunge zwifchen dem Tunguska und Jeniſei auslaͤuft. Die Wellen find nich fehr groß, aber die Ufer fehen felfiche und wild aus, Der Strom iſt geſchwind, um? ‚die Fahrt, fonderlich wegen feiner vielen Krümmungen, und weil er an manchen Orten ſehr enge zwiſchen den Felfen eingefchloffen ift, hoͤchſt unbequem. - - Denfelben Tag kam man bis da, wo der Tunguska in den Jenifei fällt, Wenn man bende — ‘ | ; ee .. durch Sibirien. 327 fee, fo kann man Teicht auf die Gedanken kommen, der Jeniſei falle in den Tunguska, Gmelins Und niche dieſer in jenen. Denn natuͤrlicher Weiſe fälle der kleine Fluß in den großen, Beife, Und wird von ihm werfchlungen. Nun ift der Tunguska vor der Bereinigung mit dem 1738» Jeniſei größer, als der Jeniſei vor feiner Vereinigung mit dem Tunguska. Die heyd« Y niſchen Wölter folten auch den Angers und Tunguska für einen Fluß halten; fie hal» auch den Jeniſei, von ber Mündung Des Tungusts an, bis an das Eismeer, im« ° Mer noch für den Tunguska, bingegen oberhalb diefer Mündung heißt er bey ihnen m. Den Kuffen aber ſcheint es fehr gewöhnlich zu feyn, daß fie zweenen Flüffen, bie fich mic einander vereinigen, einen neuen Namen geben. So entſteht aus den Fluͤſſen non und Ingoda, der Schilka; aus dieſem und dem Argun, der Amur; aus er Angara und dem Jlins, der Tunguska, Hingegen bey denjenigen Fluͤſſen, die Eine gewiſſe Richtung, von ihrem Urfprunge an, bis an die Mündung haben, verändern fie den Namen niche leicht. Der Ob, Jenifet und der Lens fließen von Süden nach orden. Deswegen muß der Irtiſch in den Ob, und der Tunguska in den Jeni⸗ ſei fließen, ob fie gleich beyde fo groß und größer find, als die Zlüffe, in welche fie Ineingeben. & bald die Neifenden in den Jenifei eingelaufen waren , hatten fie auf beyden Beiten des Fluſſes weite und freye Felder, Es fihien uns, faget Herr Gmelin, «als wenn wir aus einer finftern Höhle an das Tageslicht gekommen wären, Wir fonnten uns kaum fo jähling an die freye Luft gewöhnen. Denfelbigen Tag erhob fich Abends ein ftarfer Wind mic häufigem Negen, der lange anhielt, daß die Fahrzeuge nicht cher, Als den asiten des Morgens vor Tenijeise anfangen Fonnten. Es waren faſt vier Jahre, daß die beyden Profefloren diefe Stadt verlaffen haften, Ankunft und man mufite damals ſehr zufrieden mit ihnen gewefen ſeyn, weil man fie wieder febr — * eundſchaftlich aufnahm. Sie mußten aber noch eine Nacht auf dem Fluſſe zubringen, Zeniſeiet. IS ihre Wohnungen zu Rechte gemachet waren, die fie den 26ſten bezogen. Hear Gme⸗ N brachte den Herbit meiftens mit Spagierengehen und Kräuterfuchen zu, Der Ka kenoberſte, fein alter Freund, war unermidet, und mo er etwas feltenes auftreiben, Der Nachrichten von den Wirfungen einiger Kräuter ſammlen konnte, ſo ließ er allemal R Herru Gmelin daran Theil nehmen . Ob er gleich über ſechzig Jahre alt war, fo be- itete er ihn doch öfters aufs Feld, und war überaus begierig in der natürlichen Geſchich⸗ das neues zu entdecken. | Diefer Oberfte und einige Kaufleute waren der meifte Umgang unferer Keifenden. Der Chruſchtſchow, Woewode von Jeniſe isk war auch fehr geſellſchaftlich. Es war Nämlich eben derjenige, der fie bey ihrer erften Reiſe fo wohl aufgenommen hatte. Der kösr Winter hielt fie auch lange in der Stadt zurück, wo es ihnen doch nicht an Be— aͤfftigungen fehlete. Sp bald es anfieng, Winter zu werden, machete Herr Gmelin mit Seuten Bekannt. Dia, die fich in den untern Gegenden am Jeniſei, vornehmlich am Eismeere aufge al ten hatten, um etwas von der Maturgefchichte diefes Landes zu erfahren. Was man —8 bieſem Tagebuche finden wird, beruhet auf der Erzählung ruſſiſcher und er Reiſenden. & ‚Das ur des Meeres, das ſich von der Abendfeite des Tenifei längft an der ju⸗ atzkiſchen Kuͤſte hin erſtrecket, iſt hoch, aber nicht bergicht, und beſteht meiſt aus Lei. men \ | 223 | i Reife nach Kamtſchatka Bmelins Beife, 173% mer und Sande, Die juraßkifche Küfte heiße diejenige, welche zwiſchen dem Obi und Jeniſei iſt. Im Meere find Tängft derfelben viele Untiefen. Man finder Bin und wi⸗ der, doc) felten, Wallroßzaͤhne, und man hat deren gefehen, wo das Stuͤck auf funfze⸗ ben Pfund wog. Die Kuͤſte Hingegen gegen Oſten, iſt fehr ſteinicht, fie enthält Lagen von Steinfohlen, und hat Berge, von denen einige den witimiſchen Bergen ganz aͤhn⸗ lich find. Dieſe Berge fehen aus, als wenn fie in unzählig viele Stücke zerfehmercert wären, weswegen jie bisweilen zerfpalten, und mit einem ungebeuren Geröfe in die Get flürgen. Gegen Morgen von Retſchiſchnoſe⸗Simowje giebt es in den Bergen viel "Steinbufter, die weiß ausfieht, in einiger Zeit aber gelblich wird. " Auf der Spige die fer nicht gar boden Berge, findet man allenthalben große Haufen Muſcheln, die noch ihr natuͤrliches Wefen und ihre Geſtalt an ſich haben, aber hohl, und meiftens von der Sonne ſehr mürbe und zerbrechlich find. Das fonderbarefte iſt, daß das Meer niemals dieff Arten von Mufcheln auswirft. Segen den Pjaſtda, Tamura, Chatanga und die Küfte Juratzk, ſieht malt gemeiniglich an vielen Stellen große Haufen von aufgethuͤrmtem Holze, die meiftens aus Balken oder ganzen Stämmen befiehen. Es find Lerchenbaͤume Cedern und Fichter« Das Holz, welches der See am nächften liege, iſt friſch, und gleichfam noch neu, das übrige ift ausgetrocknet. Die See geht gemeiniglich mit der Mündung des Jenifei auf, welches meiftens um den raten Junius zu geſchehen pflegt, nach welcher Zeit fie aud) bald rein wird, went die Winde vom Lande mehen, daß das Eis weggerrieben wird. Dabey ift aber ein merf wiürdiger Umftand, daß um Rerfhifchnoje-Simonoje, wen auch die Winde vierzehen Tage lang vom Lande gegangen find, immer wieder ſich Eig findet, wenn nur der Nord» oder Nordweſtwind vier und zwanzig Stunden lang und nicht einmal heftig gewehet bat, welches anzuzeigen ſcheint, daß die Quelle diefes Eifes nicht weit feyn Fann, und daß ed eine große Inſel ober ein feftes Sand, oder gar die gefrorene See feyn muß. Diefe Iegfe Murhmaßung ſcheint durch die Seereifen der Kuffen bejtätiget zu werden, wo man bis zum 78ften Grade nordlicher Breite gekommen ift, aber wegen bes Eifes niche weiter haf fortgeben Fönnen. So fpät die See aufgeht, fo zeitig gefriere fie wieder zu. DBom Ende des Auguſt an, iſt man keinen Tag ſicher, ſie nicht gefroren zu finden. Es darf nur ein mäßige Froſt bey einer Windftille ſeyn, fo ift fie gleich mit Eife bedecket Geht fie aber fo zeitig gu, foift es auch nicht gewiß, daß fie den ganzen Herbft bis an den Winter fo bfeiben werde. Doch fo viel ift richtig, daß die See nie fpäter, als den erften October, viel mals aber noch eher zugefriert. ” Im Srübjahre regnet es hier felten, und im Sommer iſt der Himmel faft beftänd!d heiter. Der Donner iftetivas feltnes, und vom Blitze weiß man garnichts. Im Herbſte find beftändige Nebel, und die Wände der Häufer oder Hütten fehlagen beftändig auf ⸗ Im Winter giebt es viel Stürme 5). * Sowohl in dem Eismeere, als auch in ben Fluͤſſen, die darein fallen, ſoll in eini⸗ ger Entfernung von ihrer Mündung Ebbe und Fluth zu fpüren feyn. Ein —— Einwo 5) Herr Gmelin fuͤhret hier meteorologiſche Be⸗ Jeniſei vom Auguſt 1735 bis 1736 gemachet mel? vobachtungen an, die in den untern Gegenden des den. durch Sibirien. | 329 Einwohner, der fih am Chatanga einige Zeit aufgehalten hatte, verficherte den Deren Gmelins Gimelin ; daß in demfelben Fluffe in vier und zwanzig Stunden zweymal Fluth fey, Reife. er es ſcheint nicht, daß er diefen Verficherungen viel getrauet hätte, 1738 Vom Anfange des Octobers bis zu Ende des Decembers ſieht man viel Nordlich- fer, aber von zweyerley Gattung. Bey der einen iſt zwiſchen Weften und Nordweſten ein eller Bogen, aus dem viele belle Säufen herauf fteigen, wiewohl ſie nicht weit in die Höhe gehen, und fih am Himmel nach verfchiedenen Gegenden ausbreiten. Unter dem ogen ift es ganz ſchwarz, doch fiehe man bisweilen die Sterne durchſchimmern. Bey U andern Gattung, laffen fich anfangs, gegen Norden und Nordoften, einige lichte Zaͤulen feben, die nach und nad) größer werden, und einen großen Kaum am Himmel Einnehmen, Dieſe fahren fehr gefchwind bin und her, und bedecken endlich den Himmel is an den Zenith, wo fie zufammen ſtoßen. Es läßt, als wenn am Himmel ein gros Bes Gezelt ausgefpannet wäre, das von Golde, Rubinen und Sappbiren ſchimmerte. Für das Geficht kann nichts fehöneres gemafe werden x wer es aber zum erſtenmale ficht, kann nicht ohne Schreden dabey feyn, weil nach den Erzählungen der Leute aus dieſem Sande dabey ein folches Zifchen, Krachen und Geräufche gehöret wird, als ob das größte Feuerwerk losgebranne würde. Selbſt die Thiere follen ſich davor enrfegen. Die Jar ger, welche den weißen und blauen Züchfen in der Gegend des Eismeeres nachſtellen, werden oft von den Mordlichtern überfallen, Ihre Hunde fangen alsdenn an, fich zu fürchten, wollen nicht weiter gehen, und bleiben zieternd auf der Erde liegen, bis das —* voͤllig vorbey iſt. Auf dergleichen Nordlichter folget gemeiniglich klares und flils s Wetter. Man hatte in langer Zeit Feine Nachricht von dem Herrn Profeſſor la Eroyerege 1739. Babe. Denn ſeit der Trennung der Gefellfehaft, waren die andern Profefforen faft in: ——— Mer den entgegen gefegeren Weg gereifet, daß fie fich folglich innmer weiter. von ihm ent» neten, Den ıoten Januar aber erhielten fie einen Brief von ihm, ohne Meldung des Tages , da er gefehrieben worden, und in bemfelben berichtete er ihnen: „Er märe u Ende des Augufts 1737 von Jakutzk zu Waffer abgereifer, und hätte das Gluͤck ge- habt, Siktak oder Siktakskoſe-Simowje, welche über zwölf hundert Werfte unter »AeugE liegt, zu erreichen. Won da habe er im Anfange. des Decembers auf den »Schlitten eine Reiſe nach Olenk gethan, und daſelbſt ruſſiſche Wohnungen angetroffen, ein gleicher Höhe mit Siktak liegen, ‚Er wäre den igten Januar bier angekommen, »bis den sten April da geblieben, und wieder auf Wintermegen nad) Siktak gereifer, Wwoſelbſt er zu Ende des Monates eingetroffen wäre Im Anfange des Märzes habe „et beſchloſſen, den Feldmeffer Alerander Iwanow nad) Annabara zu ficken, mit EM Befehle, wenn gr koͤnnte, noch weiter zu geben. Diefer aber fey , ehe er feine Rei- Eantreten Eönnen ‚ nach einer Krankheit von zween bis dreyen Tagen geftorben. So vbald der Lena von dem Eife frey gewefen , habe er geglaubt, er müffe ſich feinen Auf— nthalt in dieſen nordifchen Gegenden zu Muse machen, um das Wfer der See ſelbſt, »oder durch jemanden anders unterſuchen, und was die Natur daſelbſt an Gewaͤchſen, »Soffifien, Thierfnochen, Muſcheln, Inſeeten ꝛc. hervorbrächte, fammlen zu laſſen. Zu »diefer Reife habe er den Studenten Lucas Iwanow und den Amtmann zu Schigan ernennt, und ihnen aufgetragen, die ganze Kuͤſte genau durchzureifen und zu beſchrei⸗ nben zu welchem Ende er ihnen eine ſehr weitläuftige Anweiſung, was fie in jedwedem Ügem, Beiſebeſchr. XIX Band. Tt „Falle Gwmelins Reiſe. 7398 Bo Reiſe nach Kamtſchatka Kalle thun ſollten aufgeſetzet habe. Er ſelbſt habe geglaubet, ein wichtiges Geſchaͤfft „zu unternehmen, wenn er gerade bis nach dem Fluſſe Wilui zuruͤck, und in demſelben „fo weit herauf gienge, als die Jahreszeit erfauben wuͤrde. Er habe ben Vorſatz gehabt; „dieſen Fluß nach allen geographifchen und phyſikaliſchen Merkwürdigkeiten zu beſchrei⸗ „ben, und deswegen einen Studenten und den Feldmeſſerlehrling Iwan Schawirin „su Huͤlfe genommen, Er fey bis Wercho⸗Wiluis koi⸗Oſtrog gekommen, habe „aber gefürchtet, wenn er weiter gienge, zwiſchen dem Eife ſitzen zu bleiben, "im alfo, „was an der Befchreibung des Fluffesabgieng, auf andere Weiſe zu erfegen, habe er ſei⸗ „nen Feldmeſſer nach Olekminskoi⸗Oſtrog geſchicket, und ihm befohlen, den ganzen Weg dahin aufzunehmen, wodurch er wenigſtens den Punkt des Wilui, wo Wercho⸗ „Wiluiskoi⸗Oſtrog ſteht, gewiß zu beſchreiben hoffere.,, Herr Profeſſor la Croyere brachte mit dieſer Neife den ganzen Auguſt zu, und kam erſt zu Ende des Septemberd nach Jakutzk zuruͤck. Die letzten fiebenzig Werfte mußte er zu Pferde thun, weil der Fuß ſchon ſtark mir Eife gieng. Er ließ feine Geſellſchaft in dem Fahrzeuge zuruͤck, damit fie fo weit, als möglich, zwiſchen dem Eiſe durchgehen möge: aber fie konnten Jakutʒk nicht in einem Tage erreichen, und man mußte die Geraͤthſchaft vollends zu Sande über: bringen. Außer dem Feldmeſſer Iwanow, hate der Herr la Croyere auch noch ei⸗ nen Soldaten verlohren, der in einer Brannteweinfihenfe am Wilut plögtich todt zur Erde niederfiel; und ein Sluſchiwie hatte fi, ohne daß man wußte warum, die Kehle abgeſchnitten. Ein anderer Soldat, der die Glieder fo.erfroren hatte, daß er außer Stande war, Dienfte zu hun, wurde zu feinem Commando zurück geſchicket. Herr 14 Eroyere fund auch feibft fehr viel auf diefer Reiſe qus, und war oft in großer Gefahr Seine mathematifchen Inſtrumente waren fo fehr befchädiget, daß er beforgete, fie wuͤr⸗ den ſchwerlich wieder in Stand: gefeget werden Fönnen, 9 In einem andern Briefe vom ten Junii 1739 geraͤch er in ſehr Beftige Gemuͤths⸗ Bewegungen, da er feine ausgeftandenen Widerwaͤrtigkeiten erzaͤhlet. „Es fchien, ſaget „er, als ob ſich Himmel und Erde wider ihn verſchworen, und alle Elemente ſich wider „ibn erhoben haͤtten, um ihm in allen feinen Unternehmungen, die er zum Veften der Wiſſenſchaften, fo gar mit Geringfehägung des Sehens auszuführen ſuchete, zuwider zu „ſeyn. Der Himmel waͤre faſt beſtaͤndig mit Wolken uͤberzogen geweſen, die Kaͤlte haͤt⸗ „te ihm alle feine Barometer und Thermometer verdorben, fo, daß ihm von den letztern „nicht ein gutes mehr übrig fey, weil er fie alle mit fich genommen babe, um fich ihrer da „zu bedienen, wo er die Kälte in ihrem Geburtsorte zu belaufchen hoffete. Er habe un⸗ „terſuchen wollen, wie tief die Erde gefroren ſey ‚ aber die Erde hätte ihn ausgeſpottet, „und wäre fo hart tie Marmor geworden. Sie hätte fich nirgends bearbeiten Laffen, und „feine ſtaͤrkſten eifernen Werfzeuge wären in den Händen der Arbeiter zerbrochen. Das »Baffer hätte fich nicht gefälfiger bewieſen. Er ließ im Anfange des Februars das Eis „bis auf das flirßende Waffer aufbauen, um zu fehen, ob dag Waſſer in dieſen Gegen⸗ „den ohne Verluſt ſeiner Fluͤſſigkeit einen groͤßern Grad der Kaͤlte annehmen koͤnne, a —J „in den Laͤndern, wo dev Eispunkt auf dem 252 Grade, nach der Einrbeilung des Herrn „de Zisle, feines Bruders, oder auf dem 32 Grade, nad) der fahrenbeitifchen Eintheilung/ „befindtich iſt. Er ließ das einzige Thermometer, das er noch übrig hatte, in das aus⸗ „gehauene doch. Dieſes gefror aber in zehen bis zwölf Minuten auf drey Zoll, und ze— „hen Linien ein, fo: daß er, ungeachtet aller: angewandten Wonficht, es vom — Ba — A | „made, durch Sibirien. 33 machen, es dach nur ſtuͤckweiſe wieder heraus kriegte. Die Kälte war dabey To heftig, Gmelins „daß er die Hand unmöglich zwo Minuten lang in freyer Luft halten konnte, ‚ohne ſich Reife. ‚ sin Gefahr zu fegen , fie zu erfrieren. Die ganze Zeit, da er ſich in diefen Falten Eu 1739 »genden aufgehalten, ſey der Wind Nordweſt und Nordoft gewefen. Man habe weder Himmel noch Erde gefehen, wenn der Wind feine Nichtung verändert habe. Dft has „de er den Schnee in folher Menge mic geführet, daß man hätte glauben follen, die gan e Luft wäre in Schnee verwandelt. So gar das Feuer habe ihm bisweilen feine Dien« „ſte verſaget, indem ihm oft ganz in der Mähe deffelben bie Finger erfeoren wären. Die »eufe wäre auch während feines Aufenthaltes allda von fo übler Beſchaffenheit geweſen, „daß faft die Hälfte der Einwohner, die doc) daſelbſt gebobren und erzogen find, von Krankheiten wären aufgerieben worden. Die Reife des Haren la Croyere hatte alfo nicht allen den Erfolg, den er fih ver⸗ forochen hatte. Hätte er nur die Laͤnge des Ortes, wo er ſich aufhielt, durch genaue eobachtungen beftimmen koͤnnen, fo wäre diefes fehon fehr nuͤlich geweſen. Aber er Batre feinen Menfchen bey ſich, dem er nur zutrauen konnte, die Secunden an ber Pens deluhr richtig zu zählen. Alle feine Inſtrumente waren in ſchlechtem Stande, und nit mand war da, fie auszubeffern. 1 Sim Jahre 1722 gab Peter ber Große Befehl, es folften alfe, welche Gelegenheit haͤt⸗ ten, Mammentshörner zu finden, ſich fleißig bemühen, alle zu diefem Thiere gehörige Rnochen ganz und unverfehre zufammen zu bringen, und fie nach Petersburg ſchicken. Diefer Befehl wurde in allen fibirifchen Städten, fonderlich in Jakutzk, befannt ge- macht. Foiglich ward aller Orten viel nachgeſuchet, und viel Köpfe, Hörner und Kno⸗ ten ſowohl von dem fogenannten Mammonte, als andern unbekannten Thieren , in das kaiſerliche Kabinet geſchicket. Die jakutzkiſchen Rofasken legeten ſich ſonderlich auf diefe Auffuchungen, weil fie bey großen Vortheil fanden. Man bewilligte ihnen fünf bis fechs Poftpferde zu ihren eifen, und diefe brauchesen fie, um ihre Waaren fortzubringen, und einen einträgli= n Handel zu treiben, Es wurden ihnen auch afle Seltendeiten von der Art, die fie er Kanzelley einbrachten, teuer genug bezahle. Das Gerippe des Mammonts, cder "as das Anfehen davon hatte, war etwas Heiliges, das niemand anrühren durfte, Die olbedienten ſelbſt unterfiunden fi) nicht, etwas vigl anzufehen, das für den Kaifer bes Mer war. Alſo nahmen es die Koſacken weg, und famen dadurch zu dem Rechte, die anzelleyen Damit zu verfehen, wo man fich diefes Geſchaͤfft fehr angelegen feyn lich. z ° Herr Binelin ſteht in den Gedanken, daß bie vorgegebenen Mammontsknochen, die er für erdichtete Thiere hält, wirkliche Elephantenknochen find, Uber er meldet auch, - man in Sibirien noch von einem Thiere Knochen fände, welches eine befondere Are Ochſen ſey, die man anderwaͤrts nicht Fennet, und diefe Kochen würden oft. mit jenen Menge. Diefe Elephantenfnochen finden ſich nicht nur in Sibirien überafl ‚und ber fonderg in den mittäglichen Laͤndern, als den obern Gegenden des Irtiſch, Tom uns em Lena, fondern auch an manchen Orten in Rußland, ja fo gar in Deutſchland, all- wo ſie ner dem Mamen’des ausgegrabenen Helfenbeing befannt find. Diefe Art von chen, die man an einigen Orten für Hörner, an andern für Zähne anſieht, find in etwas warmen Landern muͤrbe geworden, und in ein ausgegrabenes Helfenbein verwan⸗ delt, Hingegen in denen Ländern, wo die Erde beftändig gefroren iſt, als in den untern ln —— Zt2 Gegen⸗ Smelins Reife, 1 73 9. 322 | Reiſe nach Kamtſchatka Gegenden ber Fluͤſſe, die in das Eismeer fallen, oder an Ufern ſuͤßer Seen, bie von diefem Meere nicht weit entferngr find, find fie vielmals noch fo frifih, daß des, und nach ihm Muͤller 6), von denen es wieder andere abgefchrieben haben, erzählen, man v7 Härte fie oft blucig gefunden, Und wie Seute, die das Wunderbare lieben, an einer Er dichtung felten genug haben, fo hat man, um eine Urſache von dem Blue an den Knochen zu geben, behauptet, der Mammone lebete in Sibirien unter der Erde, in der er au) . bisweilen ftürbe, und unter dem Schutte fich ſelbſt begrüße, Here Wuͤller befchreibt das Mammonttbier alfo: „Es ift vier bis fünf Ellen hoch, und ungefähr drey Faden „lang, graulich von Farbe, mit einem fangen Kopfe und einer breiten Stirne. Zu beyden „Seiten gerade.über den Augen hat es Hörner, die es bewegen, und nach Belieben kreuz⸗ „weis über einander legen Fann. Im Gehen Fann es fich fehr weit ausſtrecken, ſich aber „auch in einen Fleinern Raum zufanimenzieben, „, Isbrand des gefteht aufrichtig, daß, fo vieler auch nach diefem Thiere gefraget habe, fo babe ihm doch niemand fagen wollen, daß er ein lebendiges gefehen habe. Was die ausgegrabenen Knochen anlanget, die denen vom Elephanten ähnlich find, fo läßt fich gar nicht daran jweifeln, daß fie nicht in der That von diefem Thiere feyn follten. Wenn man kein Bedenken träge, die alten Münzen (venerandæ rubiginis), dieman von Zeit zu Zeit ausder Erde graͤbt, für wirflie " he Denfmaaledes Alterthumes zu erfennen : warum wollteman allen diefen Elephantenkno⸗ chen feinen Glauben verfagen? Diefe Knochen find, nach einem- finnreichen Ausdrucke des Herrn von Fontenelle, eine Art von Schauftuͤcken, die vermutblich noch älter). vielleicht auch gewiffer find, als alle griechifche und römifche Münzen. Da fie auf der ganzen Erde zerſtreuet find, fo zeiget diefes unfehlbar eine große Veränderung an, bie: unfere Kugel ehedem erfahren hat. Ich glaube, die Elephanten baben fich, um ihrem Untergange zu entgehen, überall zerſtreuet. Einige Fönnen nad) ihrem Tode von dem) Waſſer fehr weit weggeführet worden ſeyn; die, welche fich auf ihrer Flucht zu weit nach Norden verlaufen haben, mußten in dem ffrengen Clima darauf geben, andere, die nicht fo weit gekommen waren, konnten in einer Fluth erſaufen, oder vor Müdigkeit umkom⸗ men. Diefe Veränderungen, welche nothwendig und ohne Wunderwerke bloß durch eir ne Folge natürlicher Geſetze fich begeben haben, öffnen uns menigftens einen Weg, eine Menge Erfeheinungen in der Natur zu erflären, von denen man fonft feine wahrſchein⸗ liche Urfache angeben kann; nur muß man fich nicht einbilden ‚ daß alles dadurch koͤnne erfläret werden. Woodward und Scheuchzer, die alles der allgemeinen Suͤndfluth zuſchreiben, giengen zu weit. Aber diejenigen irren ebenfalls, die ohne Beweis alles. für Wirkungen befonderer Ueberſchwemmuͤngen ausgeben, Der Italiener Moro ber hauptet, daß alle Beränderungen, die unfere Erde erfahren bat, vom Ausbruche feuer fpeyender Berge und von Erdbeben verurfachet worden find. Theophraft, Pliniusy Agricola, Libanius, und andere glauben, daß das ausgegrabene Elfenbein in der Erde wachſe. Diefe Meynung ift, wie. Herr Schyeid anmerfer 7), fo ungereime, der Narur O Maurs & ufages des Oftiaques, dans le ‚ten begraben worden » find noch fo friſch, als Reeueil des Voyages au Nord p. 382. „wenn fie erſt felbigen Augenblick verfchieden waͤ⸗ 7) Prefat. ad protogxam Leibnizü, -, „ten. Grönland ift überhaupt eine vortreffl ! „che Gegend für die Todten, die bier feiner Ver⸗ 8) „Diejenigen, welche ſchon vor dreyßig Jah „roefüng unterworfen find; „ Relation du zZ a durch Sibirien. Natur und allen ihren befannten Örfegen fo zuwider, als wenn man behauptet, bie Thiere Gmeling | Wüchfen wie Pilze aus der Erde. Doch Hier ift die Rede nicht davon, wie diefe Knochen Mae in die Erde gefommen find; genug fie find da, und zwar find fie von Elephanten. Ihre 1739, Größe ift verfchiedenrlih. Man bat frifche Elephantenzähne, die auf zeben Fuß lang d, und hundert, hundert und vierzig bis Hundert und acht und vierzig Pfund wiegen. Das Gerippe von ſechs und dreyßig Ellen in der Sänge, das, wie Herr Strahlenberg dorgiebt, der ruflifche Maler Remeffow am See Tſchana gefehen hatte, kann von’ einem andern Thiere ſeyn. Daß fich diefe Gebeine in der Gegend am Eismeere fo gut erhalten haben, ift nicht verwundernswirdiger, als was Perepre 8) von den Todten in: Önland faget, In diefer Unverweslichkeit, die von der außerordentlichen Kälte ver» Urfacher wird, Siege die Urfache,, warum zwiſchen den aus eigentlichen Eifenbeine Und aus folchen ſibiriſchen Zähnen verfertigten Sachen faft gar fein Unterſchied zu fehen ‚ » Man finder zwar gefblichtes, oder das mit der Zeirgelb wird, anderes fieht braun Aus, wie Cocusnüffe, auch einiges, deffen Blau ins Schwärzliche fälle: was aber nicht genug Kälte ausgeftanden hat, die gleichfam einen Firniß darüber zicht, ober was eine Zeitlang der Luft ift ausgefeßr geweſen, das ift dergleichen Veränderungen unterwerfen; und nimmt noch andere Farben an, nachdem die Feuchtigkeit befchatfen ft, die mit der’ Luft zugleich darein wirfee. Es wäre zu wuͤnſchen, man wüßte für die andere Art Kos Gen, die in Sibirien gefunden worden, die Art des Thieres, dem fie gehören, eben fo: gewiß, als für die Mammontsfnochen. Was’ diejenigen anlanger , die ein Thier aus dem Schfengefchlechte anzuzeigen feheinen, follten fie nicht etwan von dem Bifamochfen her» Mmen, den man vornehmlich zwitchen den Flüffen Danoife und: Lonpmarin am dudſonebay findet. Dieſe Thiere find kleiner, als die europaͤiſchen Ochſen, aber: fie ha⸗ en eine vortreffliche Wolle 9): Die auf Befehl Peter des erften angeftelleten Nachſuchungen verſchaffeten mande Ritene Stücfe von diefer Gattung. - Ein Sluſchiwie in Jakutzk fand ze ndigirte in Horn in der Erde, telches von einer Ark Wallfifche,, die Marwal genannt werden, herkam 10). Dieſe Hoͤrner, die man erſt kuͤrzlich dafür erkannt hat, ſtunben vor Alters Mn großem Werthe, che man wußte, daß fie einem Seethiere gehöreten. Man hielt es: lange Zeit für das Horn des Einhorns, welches fabelhafte und unnasirlihe Thier fein ann entweder der Unwiſſenheit, oder einer Zweydeutigkeit, dergleichen fich in allen & Sprachen finder, zu danken hat. Mar fehrieb diefem Thiere eine außerordentliche taͤrke zu. Das Horn felbft ſtund in der Arzneykunſt in ſonderlichem Werthe; mam: Aubere, es widerftünde allem Gifte, und heilete unfehlbar alle anſteckende Krankheiten. ND wer follte nicht davon überzeuget werden, wenn er nur die Zeugniffe der augsburgie Aerzte lieſt, die Mormius geſammlet hat. Es war ſchom in alten Zeiten: in der | — medica. unter dem Namen: wahres Einhorn (Vnicornu verum) befannfs aber alle: Porheker und Materialiften, die es aus Holland kommen laffen , wiſſen uunmehro, MB es nichts anders ift, als das Horn des Narwal. ; Tt 3 er Fe nd dans le Recueil des Voiages au Nord Tom.I.. . 10) Monodon Arted Monoceros et Unicor-- “167. nu aliis, Narwal Worm. er Klein. v. 9. T. & > Relation du Detroit et de la Baie de Hud- Kleinii Hift. nat. pife. pro. mil. IE — Vo, Mr. Feremie p. 9 dans le recueil des "Tabs I. C. Yages au Nord. T. VI. > Gmelins Reiſe. 173-9 a Gasen Vans. 334 Reiſe nach Katmtſchatka Im Jahre 1741 fand man bey AnadirskoiOſtrog, in Einem ſumpfichten Erd⸗ reiche ein folches Horn, welches eilf Pfund wog, und nach Irkutzk geſchicket wurde Die Frage ift nun, ob es aufeben die Art, mie Die Elephantenfnochen nah Sibirien gekommen ſey? Herr Gmelin ift nicht.abgeneiger zu glauben, daß der Fluß Anadir, der ins Eismeer faͤllt, durch die Ebbe und Fluth diefen Zahn mit gebracht habe, den ein Narwal, der ſich in dieſes Meer ungefaͤhr verirrt gehabt, zuruͤck gelaffen hatte. Die⸗ fe Meynung wird dadurch glaublicher, daß man aus vielen Spuren ſieht, das Eismeer Babe fich ehedem viel weiter nach Suͤden erſtrecket, als jetzo; folglich iſt es Fein Wunder, wenn man heutiges Tages weit vom Meere Ueberbleibſel von Seethieren ſindet. Herr Gmelin erfuhr auch bey feinem Aufenthalte in Jakutzk, daß ein Koſake aus einer gewiſſen Art Knochen, die man von Anadirskoi⸗Oſtrog braͤchte, allerhand ſaube— re Arbeit verfertige, ſie in Taͤfelchen ſchnitt, und damit kleine Kaͤſtchen auslegete. Er’ war begierig, dieſe Arbeit zu ſehen; er erfuhr auch, daß die Knochen, deren ſich der Row fake bediente, Wallroßzaͤhne wären, Er Faufere alfo felbft ſolche Zähne, und ließ davon , ein Käftchen für Die Faiferliche Kunſtkammer verfertigen. Das Thier, wovon diefe Zaͤh⸗ ne find, heiße im rufſiſchen Morſch, Die Samojeden, die am, Meerbufen Taffeerot bey der Mündung des Ob wohnen, nennen es Tiute, die Deutfchen Wallroß, die Franzoſen Vache marine m)... Es ift um Nova Sernlje , um die Meerenge Weigaz, und auf allen Inſeln bis an den Ob bin anzutreffen 12). : Es ſoll auch noch bis in die Gegend des Jeniſei einige geben. Hernach find fie wieder häufig um die Spige Scha⸗ laginskoi bey den Schuftfchi, die von den größten Zähnen diefer Art ihre Schlitten⸗ Fufen, von den Fleinen aber Meſſer, Aexte und dergleichen Hausrath verfertigen. Es muß ihrer von bort aus, bis an den Anadirfluß eine große Menge geben, weil alle Walle roß zaͤhne, mit denen man zu Jakutzk Bandelt, von Ansdirskot Eommnen, Man fine der fie auch in der Hudſonsbay, auf der Inſel Phelipeaur, wo fie einer Ellen lang und fo Dick wie ein Arm fern, auch das fchönfte Elfenbein, wie von Elephantenzaͤhnen, ‚geben ſollen. In Sibirien werden fie nach dem Gewichte verkauft. Die Spitze und’ äußere Rinde herum, find fo hart und weiß, daß fie felbft dag Eifenbein in beyden Stuͤe cken übertreffen. Aus diefen werden gemeiniglich in Rußland die Schachſpiele gedreht In Frankreich, England, Deurfchland, machet mar davon falfche Zähne, Das mar’ ferichte Theil daran, welches von der Wurzel an, bis gegen zweh Drittheil an die Spi⸗ Se geht, wird in Rußland am höchften geſchaͤtzt, und das nimmt man zu der. ausgeleg⸗ ten Arbeit, * Ich habe nie gehoͤret, daß man in der Gegend von Anadirs koi⸗Oſtrog auf den Wallroßfaug ausgienge, od man gleich daher die Menge ſolcher Zähne bringt. "Mach den Erzählungen, die mir find gemachet worden, finder man ſie auf niedrigen Ufern des Mee⸗ res abgeloͤſet, und brauchet alfo das Thier nicht erſt Deswegen zu toͤdten. Entweder" muͤſſen dieſe Thiere ihre Zähne in gewiſſen Jahreszeiten abwerfen, und darzu mit Fleiß gewiſſe Ufer der See wählen, oder fie verlieren ſie ungefaͤhr, vielleicht wenn fie mit eis⸗ aber fämpfen, oder man findet fie nach ihrem Tode. So habe ich es aud) aus mund» lichen Erzählungen einiger jakutiſchen Koſaken, daß: bey den Tſchukſchi einige Stellen find, wo man diefe Zähne in ſolcher Menge finder, daß fie bavon nicht nur vielen Se . ' Xxath/ u) Zinnäus in feinem Syf. Nat. nennet fie Phoca dentibus caninis exertis. >, » * durch Sibirien. | rath, ſondern auch Geſchenke für ihre Goͤtter machen, indem fie fie auf großen Haufen Gmelins zuſammen werfen, Ein gleiches thun die Lapplaͤnder mit ihren Rennthierknochen. — Bey den vielen Nachfragen wegen der Jagd der Rennthiere auch der weißen und 7 Ey blauen Füchfe, haben mich die Jäger verfichert, daß fie ſich oſt vierzig, funfsig bis hundert Sisirifhe erſte weit von ihren Wohnungen entferneten, wenn ſie nur Hoffnung hätten, eine gur orig, te Yagd zu haften. Alf find diefe Jagden wirkliche Reifen: m Winter, wo fie ſich Am meiften darauf legen, erheben ſich oft fo entſetzliche Sturmwinde, "daß man nicht den getingften Weg mehr fähe, und gezwungen wäre, da, wo man fünde, zu bleiben, bis der Sturm vorüber wäre, Jeder Jager bat ein Fleines Zele bey ſich, welches ihm und feinem Hunde zum Aufenthalte dienerz diefes fehlägt er alsdenn auf, und ift darunter „vor der ungeftümften Witterung fiher, Niemand tritt anch eine ſolche Reife an, ohne tbensmiteel auf einige Tage mir zunehmen; und wenn der Sturm lange anhält, fo'bres Gen fie fich jeden Tag etwas ab, um den Vorrath auf dieſe Weife zu verlaͤngern. Ju der Jaͤger führet auch) noch einen Compaß bey ſich um den Weg wieder zu finden, wenn ihn die Sturmwinde verweher Haben. Können fie wegen des gar zu tiefen Schnees nicht fortkommen, fo ift jeder mit Schneeſchuhen werfehen, damit fie über den Schnee wegglits fhen, one hinein zu treten. Der Compaß, welchen Herr Gmelin ſah, war von Holze; die Magnetennadel aber wies ganz richtig. Es waren Darauf acht Hauptwinde gezeich- ner, die jeder feinen Namen harten, nämlich Siewer, Norden; Lieto, Süd; We—⸗ ſtock, Oſtz Sapod, Wet; Polunoſchnik, Mordoftz Obſednik, Suͤhoſt; Scho⸗ lonnik, Suͤweſt; Glubnik, Nordweſt. Die andern Winde waren ohne beſondere Na⸗ Men darauf verzeichnet. Die Zwiſchenwinde waren durch Linien oder Punkte angezeiget, Wovon auch jeder feinen Namen hatte. Wir kommen aber wieder zur Erzählung der Reiſe. Die Akademie der Wiſſenſchaf⸗ ten hatte den Heren Beorg Wilhelm Steller, und einen Maler, Namens Decker, obgeſchicket, dem Hin Gmelin in feinen Arbeiten über die natuͤrliche Geſchichte zu hel⸗ en. Zu Ende des Jahres 1738 befam er Briefe von dem Maler, die aus Tomsk ges ſchrieben waren, und die Nachricht enthielten, daß fie beyde im Herbſte daſelbſt ange⸗ ommen wären, ehe aber die Schlittenbahn angegangen wäre, ſey Herr Steller in ein fü eftiges Bigiges Fieber gefallen, daß man an feinem Yuffommen gegweifelehätee, Das Fieber d nun wohl groͤßtentheils vorbey , und die Schlittenbahne ſehr gut: aber‘ Die Maktigkeis haltebey Herrn Stellern noch ſo ſehr an, daß er ſich, aus Furcht aufs neue Fran® zur were N, nicht auf den Weg getraue. Er erreichere. auch Dis beyden Profefforen erſt den zoften uuar 1739, und fie blieben auf ihrem erſten Entfhluffe, ihn dem Herrn Kraſchenin⸗ nikow zuzugeben, von dem fie wußten, daß en ſchon im letzten Herbfte nach KRamt chatka gekommen war. Sein kurzer Aufenthalt entdeckete ihnen doch bald, daß ſich Nemand beffer dazu ſchicke, dem Herrn Kraſcheninnikow in feinen Unter ſuchungen dee aturgeſchichte eines Landes, von dem man die genaueſte Kenntniß wuůnſchet, beyzuſte⸗ u und er ſelbſt erboth ſich zu dieſer beſchwerlichen Reife. Herr Gme lin geſteht aufk f tig, daß es der Regierung größere Koften verurſachet haben würde, wenn er die Rei⸗ e ſelbſi unternommen haͤtte, weil feine Geſellſchaft ſtaͤrker war, und er folglich —* Ser ens 2) &, Recueil des Voyages au Nord. T.L © Le T. VE Relation de la-Baie. de Hudfom RT ir, P: 269,274, T. IV, Pl p. 61. 92: par deremie —5—— Gmelins Reife, 1739 - 336 eiſe nach Kamtſchattka bensmittel gebrauchet haͤtte · Aber zur Zeit hatten ſie noch nicht die mindeſte Nachricht aus Irkutzk, ob dieſe Reiſe würde vor ſich gehen koͤnen. Sie gaben dem Herrn Stel⸗ ler zu betrachten, daß er viel würde ausſtehen muͤſſen, doch koͤnnte er vieleicht noch mehr Vorſchub finden, wenn er fich in die. Herren des Seecommando ſchicken und fich vor dr nen fihmiegen koͤnne, welches ihnen. wegen der-vom Hofe und regierenden Senate unmit⸗ telbar ertheilten Befehle nicht wohl zuzumuthen war, Aber alles Ungemach, das mit ibm vorſtelleten, war fuͤr ihn nur eine neue. Aufmunterung zu dieſem beſchwerlichen Un⸗ ternehmen, zu dem er ſich ſchon durch die bisherige Reiſe in den Stand geſetzet hatte. Er hatte nicht viel Geraͤthe bey ſich, und da man in Sibirien feine ganze Haushaltung mil ſich führen muß, fo war die feinige fo fehr ins Kurze gezogen, als moͤglich. Zu Bier, Mer) und Brannteweine Hatte er nur ein Ioknfgefäß, und Wein verlangete er gar nichke Eine einzige. Schüffel dienete ihm zu.allen ‚Speifen, zu denen er feinen Koch gebrauchtes Er fochete alles felber, und das mit, fo wenig Umftänden ‚daß. Suppe, Gemüfe und Fleiſch in einem einzigen, Topfe ans Feuer gefegee wurde. Er brauchere Feine Peracken, und feinen Puder, jeder Schuh und jeder Stiefel war ihm gerecht, die elende Lebensart machete ihn feinen Verdruß, fondern je unordenklicher es bey ihm zugieng, defto aufge: raͤumter war er, und fo. wenig Eigenfinn.er in feiner Sebensart bezeugete, fo genau, ordent⸗ lich und forgfältig war er in feinen, Arbeiten, fo daß man fish in ‚allem, was ev-unternahın, völlig auf ihn verlaffen Fonnte: Einen Tag Hunger und Durft zwleiden, um den Wifr fenfchaften etwas erfprießliches auszurichten, das war ihm etwas leichtes. Herr Braſcheninnikow hatte gemeldet, er ſey auf der Neife von Ochotzʒk nad Kamtſcharka in Lebensgefahr geweſen, weil das Schiff fo läd geworden wäre, daß mal ſehr viel von der Geraͤthſchaft der Leute, die fih mit darauf befunden, und unter anderit feinen ganzen Vorrath vom Meble, damit er auf zwey Jahre wäre verfehen gewefen, hät te über Bord werfen müffen. , ‚Endlich fey das Schiff auf einer-Sandbank an der Kuͤſte Kamtſchatka geſtrandet, da fie denn alle ihr Seben gerettet, aber mit Mühe und Nord nah Bolſcher ezkoi⸗Oſtrog gefommen wären. Dieſe Nachricht von feiner Reife, lief erft zu Anfange des Jahres 1739 ein. Die Profefforen fehrieben unverzüglich an die Kangelley nad) Irkutzk und Jakutzk, daß er wieder mir Kleidern und Lebensmitteln verſehen wuͤrde. Sie beſchloſſen auch, den Herrn Steller eheſtens abzuſchicken, und ibm alles Noͤthige mit zugeben. Beſonders trugen fie ihm auf, fich alle mögliche Mühe zu geben, um von den Kanzelleyen die verlangere Hülfe an Probiam zu bekommen. Des⸗ gleichen arbeiteten ſie Tag und Nacht an einer ſchriftlichen Anweiſung, nach welcher er ſich auf der ganzen Reiſe richten ſollte, und was er wahrzunehmen hätte, Dazu füge ten fie noch ein Verzeichniß von dem bey,was fie ſelbſt ſchon in der natürlichen Geſchichte von Sibirien gethan hätten, - 3 Unter dieſen Anſtalten ſtarb den Aten Maͤrz der Dolmetſcher Ilia Jahontow/ der fie vom Anfange der Reiſe nicht verlaſſen hatte, ein Mann von feltenen Verdienſten und Einſichten, nachdem er zween Monate Frank gelegen hatte. Diefer Tod war ihnen defto empfindlicher , Je glücklicher fie fich bisher feiner Huͤlfe bedienet hatten, und je ſchwerer fein Werfuft zu erfegen war. Nach bem Bilde, das Hart Gmelin von ihm machet, war er ein Weifer, deffen Tugenden fi) auf eine wahre und vernünftige Gottesfurcht gründeten. Der Briefwechſel der Profefforen mit dem regie⸗ renden Senate und allen ſibiriſchen Kanzelleyen ward in ruſſiſcher Sprache geführer; * \ % durch Sibirien. 337 fs’ konnten fie nicht ändern, und mit dem Jachontow gieng ihren alle Hülfe ab, Sie Emelins atten noch einen Studenten Alexei Borlanow, der ſolvohl das Ruſſiſche, als Latein fer Reiie- tig ſchrieb, aber die ruſſiſche Wortfügung verftund er nicht aus dem Grund, Weiler 1739 Aber nach dem Jachontow der Beſte war, fo hatten fie befchloffen, ihn dem Herrn Stel, ⸗· er mit zu geben, und wollten auch nach jenes Tode ihr Wort nicht zurück nehmen. Alſo ſahen fie ſich genoͤthiget, ſich ſelbſt in ruſſiſchen Aufſaͤtzen zu üben; das gelung ihnen in kurzer Zeit ſo wohl, daß man fie verſtehen konnte, und die Uebung machete ihnen den Gebrauch der Sprache immer gelaͤufiger. Herr Steller hatte einen Maler mitgebracht: aber man wollte ihm gern einen zu— geben, der noch fertiger zeichnete. Die Profefforen traten ihm alfo den Haren Berkan der in ihrem Gefolge der gefchicktefte war, Er ward daranf mir feinen Leuten im Monate Maͤrz abgeſchickt, damit er noch auf Winterwegen nad) Irkutzk fommen, und en folgenden Sommer nah Ramtfcharka abreifen Fönne. Der Herr de P Tele de la Croyere hatte, als er von bem fhlechten Zuftande fei- ner aftronemifchen Inſtrumente Nachricht gab, zugleich gebethen, ob man ihm niche "einen geſchickten Mann zumeifen Fönne, ber wenigftens feine Pendufubren wieder in Stand fegere. Gluͤcklicher Weife Fam, noch ehe Herr Steller abgieng, ein Verwieſener nach Jeniſeisk, der fich aufs Uhrmachen verftund. Diefer befam Befehl, ſich zum Herrn de la Croyere zu begeben, und er machete ſich mit dem Herrn Steller aufdie Reife. — Nunmehr, da die beyden Profeſſoren von den Sorgen befreyet waren, die fie mit der Reife des Heren Stellers gehabt hatten, waren fie bedacht, wie der Sommer am nuͤtzlichſten Fönnte angewendet werden. In recht nordlichen Gegenden waren fie noch in einem Fruͤhjahre gewefen; fie harten alfo ihre Gedanfen auf Jeniſeisk, welches unter Allen Städten in Sibirten am meiften gegen Norden liegt. Auf ihrer Reife dahin, hof eten fie, die Ufer des Jeniſei bequem unterfuchen zu Finnen, und was fie auf der Rei— den Fluß hinunter nicht würden wahrnehmen koͤnnen, das follte auf der Ruͤckreiſe nach- geholer werden. So fegeten fie fi) auch vor, in Mangaſea viele Nachrichten von dem Niſchnaja⸗Tunguska zu ergänzen, Die ihnen noch fehleten, und weil fie wußten, aß gegen das Ende des Julius in diefer Stadt ein Jahrmarkt fey, wobey ſich alle eyduiſche Nationen aus der Gegend einzufinden pflegen, fo war diefes eine bequeme Öe- enhei fuͤr den Herrn Profeſſor Muͤller, ſeine Sammlungen uͤber die Geſchichte dieſer lker zu vermehren. Sie harten bey dem guten Berftändniffe, in dem fie mit einander lebeten, fihon viele natuͤrliche Seltenheiten, allerhand Kleidungen der fremden ſibiriſchen Voͤlker, und andere fuͤr die Geſchichte dieſes Landes merkwuͤrdige Dinge, zuſammen gebracht. Seit den letzten Berichten, die fie im Jahre 1737 an den Senat abgeſtattet hatten, hatte ſich der vieles zugefragen, das fie vorher anzeigen mußten, ehe fe dieſe neue Reiſe an- taten. Sie ließen alfo alles, was nad) Petersburg gehen follte, einpaden,. brachten ihre Schreiben in Ordnung, und fertigten mit dem allen im May einen Courier an den igivenden Senat ab. Hernac nahmen fie ihre Maaßregeln wegen der Reiſe nach Leniſelsk, ſucheten die beſten Fahrzeuge ans denen aus, bie fie das vorige Jahr mifger acht hatten , verfahen fie mit Segeln und Arbeitsleuten, und giengen den zyften May * ord. Der Jeniſei war den gten April aufgegangen, und ſeit dem ı2fen ſah man ein Eis mehr darauf, fo daß feit einem Monate das fhönfte Wetter von der Welt war. Allgem. Veiſebeſchr. XIX Band, Uu Sie — Gmeling Reife. 1739 ER 338 Reife nach Kamtſchatka Sie veifeten des Morgens um acht Uhr bey einem ſtarken und tidrigen Winde ab, der ihnen dieſen Tag nicht weiter zu gehen erlaubete, als nad Tuſchowa⸗Saimka, einem Dorfe, welches am linfen Ufer liege, wo fie die Nacht zubrachten. Den 2gften hatten fie zween Stürme auf einander auszuftehen, daß fie nicht wei⸗ ter, als nach Pagadaſewa, einem andern Dorfe an eben diefem Ufer, Eommen konn⸗ en. Da der Wind fid) gegen Abend legete, fo giengen fie die ganze Nacht und den fol genden Tag for. Um Jarzow⸗ Pogoft fahen fie viele Tungufen und Oſtiaken an dem Ufer ſtehen, denen fie zu Gefallen-anbielten. Sie hatten ihren jährlichen Tribut abgetragen, und beflageten fich gegen die Profefforen, die fich mit ihnen ruffifch unter vebeten, daß der Tributeinnehmer nicht nur ſelbſt nicht fehreiben Fönne, fondern au nicht einmal einen Schreiber bey fich hätte; fie müßten alfo bezahlen, ohne quittirt zu werden. Diefe Wilden mußten alfo gut, was man gegen gefittere Nationen für Vor⸗ ſicht brauchen müffe; denn unter ihnen ferbft ift das nicht noͤthig. Den zoſten war Herr Profeſſor Muͤller ſo gluͤcklich, mit ſeinem Fahrzeuge bey Woregawa⸗ Sloboda anzulanden: aber des Herrn Gmelins feines war encweder ſchwerer zu regieren, oder mit ſchlechten Arbeitern befeßt; denn er Fonnte dem Winde nicht widerftehen, fondern mußte heftige Stöße von einem Sturme aushalten, der ihn an das andere Ufer trieb. Er ließ ſich dafelbſt ausfegen, wo man nichts als fraurige Berge fah, und wagete es, mit dem Maler Lürfenius auf einen zu ſteigen. Aber die Fichtennadeln ; womit der Berg bedeckt war, ließen ihn Feinen fichern Tritt thun, und er gleitete oft eben fo weit zurück, als er vorwärts gefommen war, Da fie endlich mit vieler Mühe den Gipfel des Berges erreicheten, fo fanden fie niches als Moraft. Die Waldung war ganz ausgebrannt, und die Bäume lagen in größter Verwirrung über einander. Es war übrigens fehr kalt, und fie ſahen niche einen einzigen Vogel; die Er⸗ len waren auch noch nicht in völliger Bluͤhte. An vielen Orten lagen noch große Haus fen Schnee, und doch fand Herr Bmelin bier und da einige Pflanzen, die er unftreitig mit großer Zufviedenheie abgebrochen hat, „So lange ein Kraͤuterkenner, ſpricht er, nur „noch Kräuter um fich hat, Fann er alles Ungemach vergeflen.„ Sie Eonnten den Berg nicht anders herunter fommen, als daß fie herunter rurfcheren. Den zıften um fechs Uhr des Morgens ward das Wetter ftill, und die Geſellſchaft fuhr wieder ab. Sie giengen über den Waſſerſall, von dem ſehr viel gefprochen wurd® ehe fie ihn erreicheten, der aber jego wegen des hohen Waffers nicht einmal zu fehen war, Der Strom war bier niche fo fehnell, als an andern Orten. Gleich darauf ſah man linfer Hand eine lange Reihe Berge , die fehr weit ins Sand bineingeht, und es 90% wiſſermaßen in zwo Gegenden theilet. Sowohl am Anfange, als am Ende dieſer Ber⸗ ge, die ungefaͤhr fuͤnf Werſte breit ſind, iſt der Fluß ziemlich ſchmal. So weit Die Berge gehen, ſieht man in dem Fluſſe bin und. wieder merkwuͤrdige Wirbel, und DIE Fahrzeuge, die fic) ihnen nähern, werden davon fehr far angezogen. Man rudert aus allen Kräften, um ſich davon zu entfernen: aber oft, wenn man einen vermel‘ ben will, geräth man in Gefahr, dem andern zu nahe zu fommen, Am Ende dieſer Wirbel, die mit den Bergen zugleich aufhören, fährt man bey zwo felfichten Inſeln vor⸗ bey, die linker Hand liegen bleiben. Weil fie aber dem Ufer fehr nahe legen, fo ift der Arm des Fluſſes, wodurch man gebe, fehr ſchmal. — Denſel⸗ j a Sumorie Berestowr. iu a.) a — von den Armen des JENISEI ın den Gegenden — c rn FO Man gas ea de dem — > — — is Ba — — En eu de — = — — —— RE — —— De ee durch Sibirien. 335 Denfelbigen Tag Fam man ben Tunguska-Podkammenaſa vorbey, der vonder Gmelins rechten Seite in den Fluß fällt, und feinen Urfprung etwan um einen Grad weiter ge: Reife, gen Süden, als der Niſchnaja⸗Tunguska, aber faft in eben der Länge hat. An 1739 feinen Ufern wohnen Tungufen, und er ift wegen des Zobelfanges fo beruͤhmt, als der n Niſchnaſa⸗ Tungusts; Den aten Jun, fließen beyde Fahrzeuge wieder zuſammen, bie einander ſeit ein - Paar Tagen aus dem Gefichte gefommen waren, Die Wälder waren bier an den Ufern ſo voller Moräfteund über einander gefallener Bäume, daß man faft nirgends zehn Klaftern weit geben Fonnte, ohne Gefahr zu verfinfen, oder Arme und Beine zu brechen, Das Waſſer war auch fo hoch, Daß man nicht an dem Ufer hingehen Fonnte; beyde Fahrzeu⸗ ge konnten alfo einander Feine Nachricht mehr geben, fo bald fie nur im geringften von Einander gefrenner waren. Eben ſo wenig Fonnte man zu Waffer an einander ſchicken; weil man feinen Kahn hatte, ber nicht bey der Eleinften Bewegung ber Wellen waͤre um: gervorfen worden, daß man alfo Niemanden zumuthen Fonnte, fid) barinnen der Gefahr auszufegen. Munmehr, da beyde Fahrzeuge fich vereiniget hatten, fihifferen fie mit einander fort. Da fienah Jubatskaſa⸗Simowje, die am rechten Ufer liege, ka— men, jo verlangeten die Arbeiter, bier anzubalten, um in der daſigen Kapelle ihr Geberb zu verrichten , welches fich die Profefforen um fo viel eher gefallen ließen, meil fie noch ei« nige Dftiafen erwarteten, nach denen man geſchickt hatte, Den zten Sun. waren die Wälder auf beyden Seiten des Jeniſei noch voller Schnee, und in dem Fluſſe ſah man zumeilen Eis reiben, Das Wetter mar une beftändig und unfreundiich, bie Sonne fam gar nicht hervor. Sowohl der heftige ind, als die großen Wellen, macheten die Fahrt dieſen und den folgenden, Tag ſche beſchwerlich. Endlich kamen den 6ten Fun, beyde Fahrzeuge nach) einander vor der Stadt Man⸗ Yafea an. Hier theilet fich der Jeniſei in verfchiedene Arme, deren Lauf Herr Bmelin mit feiner gewöhnlichen Genauigkeit beſchreibt, und Davon Die beygefügte Seichnung eis nen Hinfänglichen Begriff giebt. M Der Anblit von Mangaſea ift nicht angenehm, Die Stadt liegt an dem nord⸗ den Ufer eines Armes vom Jeniſei, der im Sibiriſchen Nikolskoi⸗Schar beißt, MD erffyecker fich theils Längft denfelben, theils in das Sand hinein. Die Häufer nehmen un großen Raum ein, ob fie glei) weitläuftig von einander ſtehen, und ihre Anzahl f Anfe fich nicht über hundert. Die Feftung liegt an einem andern Arme bes Fluſſes, Mitten in der Stadt; fie iſt viereckicht, und ihre hoͤlzernen Wände find mit einigen huͤrmen und Schießloͤchern verſehen. Aber ihr beſter Schutz iſt, daß ſie keinen Feind uͤrchten hat. In derſelben iſt eine Gerichtsſtube, wozu von ber jeniſeiskiſchen Kan⸗ %) ein Commiffar oder Amtmann aus den Dworjanin oder Dieti⸗Bojarski abge« ickt wird. Ehedem waren die meiften Einwohner zu Mangaſea Kofafen, deren man “i bedienete, die abgoͤttiſchen Voͤlker diefer Gegend, Die Tungufen und bie Samoje⸗ se. im Zaume zu halten. Jetzo, da fie fehr ruhig find, brauchet man fie zu befon« “y 1 Derfehickungen, zu Schreiben, Tributeinnehmern u. d. gl. Folglich bat man ® ausfterben faffen, ohne ihre Stellen wieder zu befegen; andere hat man abgebanfet, nif dieſe find etwas weiter hinunter gezogen. Daher find die untern Gegenden bes Je⸗ ei bey der großen Kaͤlte, die hier gefunden wird ne ſehr volfreich, weil die Mas Au 2 fur Bmmelins . Reife, 1739 — —— 340 Reife nach Kamtſchatka fur die. Strenge des Clima durch verfehiedene andere Vortheile erfeßers Der Amtmann bat feine Wohnung in der. Feſtung / wo noch eine Vorrathskammer für das Pelzwerk, ein Brannteweinkeller, ein Pulvermagazin, und etliche ruinirte Hütten find, Die Hauptkirche aber, welche nur von Holze ff, nimmt den vornehmften Platz darinnen ein. Außer der Seftung iſt noch ein Klofterhof, welcher dem Moͤnchskloſter zu Jeni⸗ ſeisk gehöre, da die Archimandriten, wenn fie in diefe Stadt fommen, einkehren. Es giebt hier auch noch einige Pfarrkirchen zwo Schenfen und einige alte Häufer. ? Herr Gmelin, der Jeniſeisk erft vor sehen Tagen verlafien hatte, glaubete, er wäre von dem Sommer nach dem Winter gereifet, da doch der Anfang des Sommers anruͤckete, und auch da fehon unter einem ziemlich Falten Himmelsftriche, nämlich 58% 26’ war, Bey feiner Abreife von Jeniſeisk, hatte er in. der Gegend deflelben grüne und, blühende Felder gefehen, und gehen Tage hernach fand er nichts, als Wege voller Schneen Es fehneiete noch den soten Jumius, oder den zıjten neuen Calenders, zu Mangaſea; und erſt den folgenden Tag Nachmittages, ſahen unſere Reiſenden den Himmel ſeit ihrer Abreiſe von Jeniſeisk zum erſtenmale heiter. Noch den gten war das Waſſer auf ven, Straßen ziemlich dick gefroren. Die Profefforen hatten, in Hoffnung auf den Frühlings der nicht Fam, folche Wohnungen bezogen, die hell waren, weil ihnen die ſchwarzen Stu— ben, die geheizt werden, bey der Zeit entbehrlich fihienen. Aber die fortdaurende Kälte noͤthigte ſie, von Zeit zu Zeit Koblpfannen darein tragen zu laſſen, die ihnen eben fo viel Ungelegenbeit verurfacheten, als fie die Zimmer wärmeten. | Dod) war. der übrige Winter nicht von langer Dauer, und bie Veränderung der "Jahreszeit war fo gefehwind, daß man fie Faum wahrnahm. Nachdem fich der Him⸗ mel einmal aufgeklaͤret hatte, ſo blieb er auch beſtaͤndig heiter; die Nebel, die ihn bisher verdunkelten, verſchwanden voͤllig. Den raten brauchte man keine Kohlpfannen mehr Die Schwalben kamen den folgenden Tag häufig an. Sie waren zwar den ı6ten wieder weg, teil fie wegen einiger Wolken und eines ftarfen Windes auf die Gedanken kommen mochten, daß fie fich verrechner hätten: aber fie fanden fich den dritten Tag darauf wie⸗ der ein. Die Sonne fihien fchon fehr warm , und von dem ı4ten an ſah man weder auf der Straße noch auf den Feldern einige Spuren vom Schnee. Das Gras kam zu febends hervor; und menn es möglich ift, daß man- jemals Gras wachfen ſieht, ſo muß es Bier geſchehen. Den ısten ſah man gelbe Veilchen blühen, die fonft nur in der: Schweiz und auf andern hoben Gebirgen wachfen 13). Hier ſtehen fie haufig auf niedri⸗ gen Gegenden unter Sträuchen. Das Gras war zu Ende des Junius einen, und in manchen Gegenden anderthalb Fuß hoch. _ Seit dem zıften war zwifchen Tag und Nahe in Anfehung der Helle Fein merflicher Unterfchied. Man las um Mitternacht die klaͤrſte Schrift faſt eben fo gut, als in andern ſuͤdlichen Laͤndern des Mittages, wenn der Him⸗ mel trübe iſt. Die ganze Nacht war die Sonne über dem Horizonte zu fehen. Um Mil: ternacht zwar fehlen es, wenn man auf einem niedrigen Orte ftund, als wenn der Som nenförper nicht ganz zu ſehen wäre, aber wenn man auf den Thurm flieg, der doch nicht ſeht Boch war, fo ſah man ihn völlig. Man fonnte auch in die Sonne, ohne geblendet zu werden, \ hineinfehen ; es waren nicht. die geringften Strahlen zu unterfcheiden, die erft nach Mil ternacht merklich, wurden, _ Die ganze Reifegefellfchafe konnte ſich nicht enthalten, ja j \ prächtige 13) Viola alpina .rotundifolia lutea B. pin, 199, utrefft durch Sibirien. 341 Prächtige Schauſpiel zu feyern, das Feiner von ihnen geſehen hatte, und auch: allem An⸗ Gmelins eben nach nicht wieder zu. Geſichte bekommen würde, ¶ Man ſetzete ſich an eine Tafel auf Reife. de Strafe, die gerade nad) Norden gieng , fab die Sonne mit unverwandten Augen 1739 AR, und ruͤckete mit ihr nach und nad) herum. Dieſe Freude mährere bis die Strahlen ie Sonne, die unmerklich flärfer wurden, mit ihrem Glanze den Augen beſchwer— ich fielen, u ' Ich bin, faget Herr. Gmelin, noch an feinem Orte in der. Welt gewefen , da ich: mehr Voͤgel bey einander gefehen haͤtte, befonders aber Waſſervoͤgel, Gänfe von allen Arten, Enten , Waſſerhuͤhner, Meewen, Strandläufer, Schnepfen, Brachvoͤgel, Täncher 26,. Die mich nebft der natürlichen Öefchichte von den Kräurern faft feinen Augen⸗ blick unbefchäfftige ließen; wie ich denn das Glück hatte, eine überaus reiche Sammlung. von Wahrnehmungen über die Voͤgel an diefem Orte zu machen, die ich fehen zu Jeni⸗ ſeisk angefangen hatte. In den Kraͤutern war eben keine große Verſchiedenheit. Es: baren meift ſeltene Arten, aber fie ließen fich leicht zählen. Gegen Petri und Pauli; waren alle Felder mit Kräutern und Bluhmen bedecket: es waren aber faft überall die- ſelben. Doch war es angenehm, fie aufzufuchen; denn man börete beftändig den Ge⸗ fang einer unzähligen Menge Vögel, welche die von den Flüffen etwas abgelegenen Ges. genden zu ſuchen fcheinen, um vor ungeftümen Winden ficher. zu ſeyn. orig Mangaſea bieß im Anfange, da es erbauet wurde, Nowa⸗Mangaſea. Denn vorher war ein kleines Städtchen Mangaſea an der Muͤndung des Tas, welcher Fluß weſtwaͤrts von dem Jeniſei indas Eismeer fälle. Das Eismeer machet dafelbft einen gro- Ben Meerbufen, der fich gegen das Sand in zween Fleinere vertheilet, die fich faft bis auf den 68 Grad gegen Süden erſtrecken. In den öftlichen Arm fälle der Tas, und der bin den weitlichen. Die Einwohner der-alten Stadt wurden die kalte Gegend über=; druͤßig; und da fie den Ort, wo jest Mangaſea ſteht, entdecket harten, ſo zogen ſie hie⸗ er, baueten eine neue Stadt, und gaben ihr den Ramen der aiten. Der gemeinen: Sage nach, foll bier fonft ein ftarfer Handel von Archangel nah Puſt⸗Oſersk, feyn Mtrichen worden. Der legte Ort ift ein Fleines Städtchen an der Mündung des Pet⸗ ora, der. aud) ins Eismeer, oder vielmehr in die Nordfee fällt; denn fein Einfluß iſt Yon der Meerenge Waygatz gegen Abend. Diefer Handel ſoll ſich bis nad) !bdors; LOſtrog, und weiter bin bis nad) dem.alten Mangaſea erſtrecket haben. Here‘ Gimekin zweifelt. aber, ob fie weiter, als: bis an den Ob, gefommen wären. : Bey EN gemeinen Leuten heißt die Stadt Mangaſea mehr Turuchansk, von einem Fluſſe ar Namens, der fich in den Arm des enifet ergießt, an welchem die Stadt gele- den iſt. ' Here Profeffor Muͤller hoffete, in Mangaſea verfchiedene heydniſche Nationen an en, und. von ihren Gebräuchen, ihrer. Sprache ꝛc. allerhand Nachrichten einzuzie- . Veberdiefes follte bier ein Jahrmarkt ſeyn, der durch die Jagd diefer Voͤlker den Zinen über an NiſchnajaTunguska, in den untern Gegenden des Jeniſei, an dem ureika, Chantaika, Dudina, Chatange und gegen Often an dem Tas und Ob, deranlaſfet wird. Weil alsdenn alle Jaͤger ihr Pelzwerk mit Vortheile abzuſetzen ſuchen, > Fönme ihrer von allen Seiten eine große Menge nach Mangaſea. Alſo ließ ſich al. i U einer zahfreichen Verſammlung der heydniſchen Narionen an, Die Jäger vom Chanz e MR waren ſchon angekommen; bie vom Chatanga, hatten ihren Prieſter vorausge. Uu 3 ſchicket; 34% Reife nach Kamtſchatka Gmelins ſchicket; der den Abend vor Petri und Pauli anfam. Die eungufifchen Geiſeln waren mit Reife, den Tributeinnehmern 14) ſchon ſeit dem Fruͤhjahre hier. Dienächften Samojeden brach⸗ 1739. ten auch die ihrigen, und bie Tributeinnehmer von dem Tas langeten faſt zu gleicher Zeit an⸗ — Verſchiedene ruſſiſche und tunguſiſche Kaufleute aus Jeniſei trafen auch ein, und legeten ihre Waaren in einigen Laͤden aus. Sobald als alle zufammen gekommen waren, gieng der Handel an, aber alles heimlich und faft verſtohlner Weife, rheils damit ein Kaufe mann dem andern etwas wegfifchen möchte, theils auch, Daß niemand, der etwan viel Waaren mitbraͤchte, wegen feines Reichthumes angefochten wuͤrde. Die meiſten Waaren, welche man bier zum Verkauſe bringe, find Zobel, weiße und blaue Fuͤchſe, Peszi genannt, gemeine Füchfe, ſchwarze, graue und von andern Barden; weiße Wölfe, Bärenfelle, meifteneheils weiße oder von Seebaͤren; junge Baͤ⸗ e venfelle, faft füberfarbicht, Zelle von Bielfraßen, ꝛc. von dem Awam fommen Felle’ von jungen Reunthieren, welche die dortigen Heyden felbft zurichten, und fo weich find,’ daß man dergleichen nicht weiter finder. Die Peszi oder weißen Fuͤchſe, und die wei⸗ Ben Bären, welche man am Jeniſei fängt, find viel größer, als alle, welche von an⸗ deen Orten herkommen, daher find fie auch theurer, als die vom Ob oder von der Les na. Wegen diefer Gattung des Handels, laffen ſich an feinem Fluffe fo vieleRuffen nieder, als an dem Tenifei, Von Mangaſea bis ans Meer , und felbft an deſſen Ufer-bis nach Piaſida und längft dem Chatanga, find allenthalben häufige ruſſiſche Wohnungen. Sonderlich begeben ſich eine große Menge unverheuratherer Perſonen hier ber ; denn die Jagd iftinallen diefen Gegenden überaus einträglih. Ein junger Menſch, Der etwas erwerben will, und zu fparen weiß, darf nackend und bloß bieher fommen; er findet gliech einen Herrn, der ihn Fleidet, und ibm guten Sold oder einen Theil von ſei⸗ nem Fange giebt. Im Sommer, wo man nichts als Rennthiere fangen kann, vers forget man fich reichlich mie Fiſchen, um feine Familie damit zu unterhalten. Ob gleich der Jeniſei nicht ſo ſehr fiſchreich iſt, als z. E. der Ob, ſo kann man doc) aus demfel- ben einen guten Theil ſeiner Nahrung ziehen. Wer ſollte glauben, ſaget Herr Gmelin, daß es zweyhundert und achtzig Werſte unter Mangaſea noch eine ruſſiſche Kirche gaͤbe? Dieſes iſt Chantaistoi-Pogoft, und liegt 6985 Grab nördlicher Breite. Das Kirchſpiel beſteht zwar mar nebſt der Kirche und der Priefterwohnung aus einigen Bauerhäufern, wovon noch darzu viele leer ſtehen. Aber es ift hier ein ftarfer Zulauf aus den unliegenden Wohnungen, in denen faft lauter Far ger find. Die Häufer ftehen meifteneheils einzeln, damit einer dem andern in der Jagd feinen Eintrag thue. ‘ Den ı2ten Junius zog Herr Gmelin eine Mittagslinie, um die Abweichung det Magnernadel zu beobachten. Er ſah noch denfelßigen Abend zu verfchiedenen malen. darnach, und fand fie acht Grad gegen Often, Eine gleiche Abweichung fand er au den ıgten diefes, zu.einer Zeit, wo der Wind fehr ftarf von Oſten gieng, welches er des wegen anführer, weil er in allen Gegenden von Sibirien, wo er geweſen ift, gar feine Abweichung wahrgenommen hat. Seit dem zoften waren etliche ſchwere Gewitter, ei ; aber elle Jah⸗ eben der Zeit andere an ihre Stefle gekommen‘ _ we einige Geiſeln von den heydniſchen ‚Völkern zu find, Dieſe Grijeln heißen Amangti. 1774 nehmen, Die man nicht eher los giebt, ale bis zu = ; — 4) Es iſt in Mangaſea gewoͤhnlich ee 348 aber ohne Schaden voruͤbergiengen. Gleichwohl konnten fich die Ruſſen und Samojeden Gmelins nicht erinnern , ſeit fünf und zwanzig Jahren eines erlebet zu haben. Das leßtemal Reife. Aber Hatte das Wetter einen Samojeden nicht weit von der Stadt erfihlagen. Man’ bes 1739 Merfer überhaupt; daß, je näher man dem Eismeere koͤmmt, defto weniger hoͤret men " dom Donner, Er foll bey der See fo ſchwach feyn, daß man ihn gar nicht hoͤret, wenn Man nicht recht. genau darauf Achtung giebr, oder er foll einem nur wie ein Geröfe uns fer dor Erde vorfommen. Hingegen den Blitz ſieht man fehr deutlich. Da die Stadt Mangafes der legteDre gegen Norden ift, wo man Wahrneh⸗ Mungen anftellen kann, fo ſorgete Herr Gmelin vor feiner Abreife dafür, daß das Wet⸗ fer beobachte würde. Es war gleich in der Stadt ein verftändiger Kofak, der lefen und reiben konnte, und überdieß eine Begierde bezeugte, etwas dergleichen auf ſich zu nehmen, Alle nötbige Werkzeuge wurden alfo in die Feftung gebracht. Das Baro- Meter mar ungefähr drey Faden hoch über der Oberfläche des Waffers in dem Arme des Jeniſer aufgehangen. Es haͤngt an einer Stubenwand, die inwendig geheizet wurde, damit es eine gemaͤßigte Wärme haͤtte. Das Thermometer hieng an einer Wand gegen Norden, und das Gehäufe darum war durchbrochen, damit die Luft frey darzu kommen konnte. Damit der Windmeifer allen Winden ausgefeget wäre, auch in der Aufzeich- tung fein Irrthum vorgehen möchte, fo ward er an dem höchften Orte in der Stadt an⸗ gemacht, Mac) diefen getroffenen Anftalten verzog Herr Gmelin nicht länger, Man⸗ Safe zu verlaffen. Aber der Here Profeffor Müller war mit feinen Gefchäfften in der Stade noch nicht fertig. Die Geifeln vom Awam waren noch) nicht Hier. Sie haben Eine befondere Sprache, und ihm lag fehr viel daran, davon einige Kenntniß zu befom: men. Herr Gmelin hingegen fand in der natürlichen Hiftorie diefer Gegend Feine Bes Khäfftigung mehr, Die Wögel waren fat alle wieder weggezogen, und die Kräuter engen an, gelb zu werden. Uebrigens hoffete er auf einem andern Boden neue zu finden, womit er feine Sammlung bereichern koͤnne. Er reifete alfo den zten Julius um Mits nacht mit einem günftigen Winde ab, und fam um vier Uhr des Morgens nad) Tu⸗ ruchanskoi⸗Troißkoi⸗Monaſtir, woſelbſt er den Herrn Profeffor Muͤller erwarten wollte, und unserdeffen in diefer fehr angenehmen und der bey Mangaſea fehr unaͤhnli—⸗ - Gen Gegend, Kräuter fuchere. Bey feiner Ankunft gieng er mit dem Maler Lürfenius, u er auf fein Fahrzeug genommen hatte, nach denen Strudeln, welche der Niſchnaja⸗ d unguska etliche Werſte uber feiner Mündung machet. Esgiebt ihrer auf beyden Seiten * Fluſſes verſchiedene, und bey hohem Waſſer iſt die Durchfahrt darzwiſchen nicht. er ſechs Faden breit. Koͤmmt man ein wenig auf die Seite, fo wird das Fahrzeug, anſtatt vorwaͤrts zu gehen, zuweilen in eine Breite von ſechzig Klaftern in die Runde Km getrieben, bis man fich.durch ftarfes Rudern wieder heraushilft. Man verfühert, "fe Strudel jögen große Bäume mit auf den Grund, die bey großem Waſſer dahin ttieben werden, daß fie nad) einer Vierthelſtunde in taufend Splitter zerſchmettert, —— herausgeworfen wuͤrden. Die Fiſcher erzaͤhleten, daß fie einmal ſo neugierig ge⸗ en wären, zur Winterszeit in den größten Strudel einen Stein an einem Stricke hin⸗ Mer zu laſſen Sie hätten gemerket, daß der Stein zuweilen auf etwas wäre zu liegen nommen, Wenn man aber gefchürtele harte, fo wäre er tiefer, und endlich. bis auf N Unzig Faden binunter gefallen, da es ihnen endlich an Stricken gefehlt hätte ‚ daß fie erſuch niche weiter hätten forefegen Fönnen, Herr Bmelin ließ einen Eleinen Kahn auf Gmelins Reife. 173% am mat 344 | Reiſe nach Kamtſchatka anf dieſen Strudel ausſetzen, der eine Zeitlang in die Kunde getrieben wurde, und ber nach den Strom abwaͤrts lief. Dieſer Verſuch machete ihn kuͤhn. Er wollte ſelbſt in einem Kahne darüber fahren. So lange er auf dem Strudel war, merkete er, daß Der Kahn wanfete, aber die Schiffleute -ruderten ſo ſtark, daß dadurch, ihrer Meynung nad), das Umdrehen des Kahnes verhindert wurde) Der Fluß muß, tie er faget, Im Grunde von einer ganz befondern Beſchaffenheit ſeyn, weil beyde Ufer daſelbſt fehr-feb ficht und. ſteinicht find, 3 Den sten befay er das Kloſter, welches ziemlich alt ſcheint, und: wo ſich nur erlis che vor Alter halb blinde Mönche befanden, Es ſteht eigentlich unter dem zu Jeni⸗ ſeisk, und hatte fonft fehr große Einfünftee Kein Neifender gieng den Tjenifei herauf oder herunter, der nicht Hier für eine glückliche Reiſe bergen ließe. Sonſt lief das Klo⸗ fer den Fremden auch Brodt geben, welches ihnen neue Freygebigkeiten zumege brachte Die Jaͤger giengen es auch) nicht vorbey, fo wohl, um fir ihre Yagd. bitten zu laffenz als auch für den glücklichen Fang zu danfen. - Das Klofter bewirthete fie, und erhiek: von ih⸗ nen Gefihenfe. Dieſen ehemaligen Wohlſtand hatte es dem Heiligen zu danfen, den man unter dem Namen Waſili⸗Curuchanskoi hier vetebrete, Aber im Fahre 7720 ließ ihn der Erzbifchof won Toboisk, "weil er an ihm nicht genug Kennzeichen der Hei⸗ figfeit fond, wegnehmen, und beötdigen. Daher tft das Kiofter in Verfall’ gekommen, Den zten Zul. langete Herr Profeffor Muͤller bey dem Herrn Gmelin an. Die Tafffi, auf die er gewartet hatte, waren den 4ten nad) Mangaſea gefommen, folglich hatte er Zeie gehabt, ein Eleines Wörterbud) von ihrer Sprache zu verfertigen, und einle ge Nachrichten, Die ihre Nation betrafen, einzutragen, Die benden Profefforen wol ‚ten fich Bier nicht länger aufhalten, und reiſeten noch) denfelbigen Tag mit einem gufen Winde ab, und der brachte fie an ein fleinichtes Ufer, das bier Karmakulnik heißt. Sie giengen die ganze Nacht und den folgenden gten Jul. weiter, und harten eine günftigen Wind, daß fie ihre Segel auflpannen fonnten. An dem weltlichen Ufer ſa⸗ ben fie zwar einige oſtiakiſche Jurten, ‚aber fie konnten ſich nicht aufhalten. Den roten famen fie der Mündung des Pakulicha gegenüber, wo fih Herr Gmelin -in eine Kahne ausfegen ließ, um die figurirten Steine in diefer Gegend zu fehen, wovon malt ihm viel erzähler harte. Er fuhr an demſelbigen Ufer des Jeniſei fünf Werfte lang fort und hatte fuͤnf Leute bey ſich, diefe wunderbaren Steine zu fuchen: aber fie fanden nicht®r als ganz gemeine Kiefelfteine von verfchiedener Geftalt, und macheten ſich bald wiedel nach den Fahrzeugen , die den ganzen Tag gezogen wurden. Den ı2ten erreicheten eine enge tandfpige, Rantagow genannt. Here Gmelin ließ hier eine Zeitlang anhal⸗ ten, teil hier figuriete Steine, befonders Suchsfteine, follten anzutreffen feyn, Unge⸗ faͤhr zwanzig Perfonen fliegen bey diefer Sandfpige aus, und fucheten vier Stunden- ohne mehr als vier Luchsſteine r5) und ein Korallengewaͤchs zu finden. Sonſt aber fand Hear Ginelin unter einer großen Menge Steine, die weder an Beſchaffenheit noch Geftalt ef was befonderes waren, 1) ein reiches und fehr ſchweres Eiſenerzt, das außen roth, —4 wen 15) Der Luchsſtein iſt durchſichtiig. 17) Die Corallengewaͤchſe pflegen oft derglei⸗ 16) Marmor fixum filamentis perpendiculari-" chen Veränderungen der Farbe anzunehmen, wenn. ker parallelis, Lin. Suſt. Nat, 152 Edit. Stok- fie eine Zeitlang in der Erde liegen, — olm. durch Sibirien. 343 wendig braun ausfahz theils 2) in der Geftalt wie Mergelart, die Spatagt heißen; Gmelins ils 3) als verfteinertes Holz; 4) ein ockerhaftiges und gleichfam aus Rinden zufam: Reife. Mengefeßtes Eifenerzt, oder auch aus Eleinen Röhren von allerhand Geftalt, die vonden 1739 Innen Aeſtchen, an welche ſich der Ocker gefegt hatte, herkamen. Manches davon war aud) dem $uchsfteine ähnlich; 5) einen fehwarzen glänzenden Talk in einem ſchwaͤrzlichten Stei- Ne, der faft wie ein Schiefer ausfah, mit feinen Adern eines Schmefelfiefes durchzogen. Einen überaus harten Stein, der Feuer fehläge, davon man allerhand Abwechfelun« . gen fehen konnte. Einige haben wechſelsweiſe ſchwarze und graue Streifen, andere find her mit weißen und-violettenen Streifen. 7) Blaßblaue Steine, wie Marmor fo Bart, andere durchfichtig,, ſowohl gelblicht, als weiß, und von der Härte des Agathes. 8) Eine Art Kalfftein, wie aus vielen Faſern zufammengefeßt (16). 9) Einen groben andftein, auf einer Seite ſchwarz, wie verbrannt, und auf der andern roh (17). 10) Schwarzen Bernftein in Fleinen Süden, brüchig, und an vielen Orten aufge- ungen, 19) Ein Stüd Knochen, das inwendig der Subftanz eines Wallfifchwirbet. beines gleich ſah. Ueberdieſes eine Menge verfchiedener Kiefel, die er nach feiner Gewohn« beit umftändfich befchreibt. Nach diefem Steinfuchen, wodurch die natürliche Gefchichte mit nichts Merkwuͤr⸗ - digem bereichert wurde, gieng man wieder zu Schiffe, und fegete die Reife for. Den Bten: mit anbrechendem Tage kam man bey der alten InbarskojesSimowje vorbey, wo eben die Kirche für die neugerauften Oftiafen wieder aufgebauet wurde, nachdem die erſte, welche beyibrer Bekehrung um das Jahr 1720 erbauet worden, abgebrannet war. Den ı4ten, ısten und ı6ten war die Fahrt fehr verdrießlich, ſowohl wegen der Un- Lelegenheit von den Mücken, vor denen man fich nicht fehügen Fonnte, als auch wegen der Kruͤmmungen des Fluffes, der fie Abends immer wieder die Derter fehen ließ, von denen fie früh abgefahren waren. Syn der Macht zwifchen dem ı6ten und ızten fah an die Sterne feit zweenen Monafen zum erften Male wieder, da es in der Zeit nie recht After geworden war. “ Die übrige Reife bis zum zsften war ſehr beſchwerlich. Es gab große Hiße, ger füßtiche Stellen auf einem Fluffe, deffen Bette halb voll Felfen war, die feinen Strom . ßend macheten, oder voll feichter Derter und Sandbänfe, wo die Arbeiter die Faber fuge beſtaͤndig auf einem fteilen, fteinichten und unfichern Ufer mit unglaublicher Mühe ‚eben mußten. Man mußte fie bisweilen durch Pferde ablöfen, die ſchwer zu rer deren (18), und oft nicht zu befommenwaren. Dazu kam noch uͤbles Wetter, Sturm und en, welches alles dieſe verdruͤßliche Reiſe nicht erleichterte. In der Nacht zwiſchen dem asften und 26ſten erreicheten fie Jeniſeisk, welches Ne dorbey fuhren, bis an die Lederfabrike des Kofakenobriften, Herin Samalow, wo—⸗ fie um zwey Uhr des Morgens landeten. au w Sie hatten der Kanzelley ihre Ankunft durch einen eigenen Bothen, den ſie von orego wa⸗ Sloboda den igten abgeſchickt hatten, voraus gemeldet, und dieſe — ihnen 1Einem Bauer ertrunk ſein Pferd. Ein ande⸗ er habe fie mit feinen eigenen Augen geſehen. Der wollte ihn troſten, und fagete, der Drt, wo erſte Bauer ließ ſich dieſe Urſache gefallen, und es verlohren hätte, waͤre unglücklich; bier woh- ergab ſich gutwillig im bie Luͤſternheit der Teufel En Teufel, welche die Pferde an ſich zögen, und. nach jeinen Pferden. Algen, Reiſebeſchr. XIX Band, ' Ex Gmelins Reiſe. 173% EEE 946 Reife nach Kamtſchatka ihnen Briefe entgegen, die waͤhrend ihrer Abweſenheit eheifs aus Petersburg, theils vom Heren Steller aus Irkutzk angefommen waren. Herr Profeffor Muͤller hatte auf druͤcklich Erlaubniß erhalten, zurück zu gehen: aber dem Herrn Gmelin wurde befoh⸗ fen, in Sibirien zu bleiben, und fich fertig zu machen, daß er die Reife nach Ram’ ſchatka fo bald, als möglich, antreten koͤnnte. Diefer Befehl fehlug ihn fehr nieder Man fiehe aus feiner Erzählung, daß er fich vor nichts fo fehr fürchtere, als vor diefer Reiſe, weil er ſah, daß die Ungemogenbeit derer, auf die es anfäme, ihn nach dieſer Halbinfel zu bringen, ihm unausbfeibliche Beſchwerlichkeiten verurfachen würde. Doch indem man diefe Briefe nieder überfas, zeigete fich, daß fie eher gefchrieben wären, als man in Petersburg die Abreife des Herrn Steilers nah Kamtſchatka, wie auch die Schwierigkeiten, welche die Kangelleyen noch immerfort wegen des nörbigen Pros viantes macheten, erfahren habe. Here Gmelin enefchloß ſich alfo, aufs. neue nad) Petersburg zu fehreiben, bezog ſich auf feine vorhergehenden Bittſchriften, und erflä vete fich , weil ev auf die letztern noch Feine Antwort hätte, fo wollte er die Reiſe bis auf den endlichen Entfchluß des Hofes ausfegen, unterdeffen aber die Gegenden am Jeniſei durchreiſen, nach Krasnojarsk zuruͤckkommen, und daſelbſt neue Befehle erwarten. Der Herr Profeffor Muͤller Hingegen hatte nun die Freyheit, fo bald er es für gue bes fände, den Ruͤckweg anzutreten, Auf der Durchreife durch Jeniſeisk harte Herr Gmelin Jemanden aufgetragen, diefelbigen Beobachkungen über das Steigen und Fallen des Waflers im Tenifei anzu: ftellen, dieer zu Jakutzk an dem Lena gemacht hatte. Die Abficht war, dadurch zu entdecken, ob diefes Steigen und Fallen etwan nach einer gewiffen Kegel erfolgere, die zur Kenntniß des inneren Baues der Erde entweder überhaupt ; oder nur in diefen Ges genden wichtig feyn koͤnnte. Er glaubete, wenn man viele ähnliche Wahrnehmungen ſammlete, fo Fönnte der Schluß Daraus ein näherer Schritt ſeyn, daraus eine allgemei⸗ ne Regel herzuleiten; oder man wuͤrde, wenn die Beobachtungen nicht uͤbereinſtimme⸗ ten, Urſache haben, einen Schritt zurück zu gehen. Deswegen ließ er den gten April, als der Jeniſei aufgegangen war, den Anfang damit machen, und diefe Arbeit wurde bis zu feiner Ruͤckkunft fortgeſetzet. Er hat fie auch in feine Reifen mit eingeruͤckt. Sie ſtehen im HI Theile a. d. 246-250 Ceite. d4% Briefe vom Herrn Steller meldeten, daß er fich feie dem Anfange des Fruͤhjahreb die natürliche Gefchichte derer Gegenden, die er zu fehen befäme, nach allen ihren Theilen aͤußerſt ließe angelegen ſeyn. Er ſchickete auch allerhand artige Befchreibungenmie, Doch ſo beſcheiden die Forderungen waren, die man ſeinetwegen an die Kanzelley zu Irkutzk ge⸗ than hatte, fo viel er auch davon nachgelaſſen hatte, um ihr nicht zur Laſt zu fallen, ſo hatte er doch bald geſehen, daß man ihn nicht ſo zeitig abſchicken wuͤrde „als er es wuͤn⸗ ſchete. Um alſo dieſe Zeit, die fuͤr den Hauptgegenſtand ſeiner Reiſe verloren war, ſo nuͤtzlich anzuwenden, als er nur konnte, hatte er beſchloſſen, mitten im Sommer über den See Baikal zu geben, fein ſuͤdliches Ufer und die bargufinifchen Gebirge durchzu⸗ reifen, gegen den Herbft nach Irkutzk zurück zu Fommen, feine Unterfuchungen au Meine zu beingen, und alsbenn bey der Kanzelley um feine Abfertigung nach amt’ R ſchatka anzubalten, Der Jahrmarkt zu Jeniſei, melcher Bier gemeiniglich zu Anfange des Aus gufis gehalten wird, hielt auch die Profefforen noch etwas länger aufe Die — x u , . . * au z —— durch Sibirien. — Hauſleute, welche von der Graͤnze zu Schiffe hieher kommen, langen gemeiniglich fo zei Bmelins Üg an, daß fie erſt eine Reife nach Mangaſea thun, einige von ihren chineſiſchen Waa- Reife . "en, und was ihnen von den ruſſiſchen noch uͤbrig geblieben iſt, daſelbſt zu vertauſchen, 173% — und kommen darauf mit mangafeifchem Pelzwerfe nach Tenifei zuruͤck. Andere ruſſiſche Und tatariſche Kaufleute fommen zu Waffer von Tobolsk durch den Irtiſch, Ob und Ket über das Land Makorski, welches zwifchen dem Her und Jeniſei iſt. Die Waaren, Weiche fie mitbringen, find groͤßtentheils vuffifche Leder, efcherkaffifcher Taback, Seine Wand, gewalfte Strümpfe, allerley ruffifche Zeuge, Meſſer, Schuhe, Stiefeln, Ho— nig, Wein ꝛc. Endlich fommen auch noch die Kaufleute von Krasnojarsk mit gemeis nen Zobeln, ohne die von Jeniſeisk felbft zu rechnen, die aus Mangafes zuruͤckkom⸗ Men, und allerhand Prompfchlenie von den untern und obern Öegenden des Landes, fo daß äulege eine Menge von Leuten da iſt, und ein guter Handel zu feyn pflege. Die Profefforen blieben nur bis zum 4ten Aug. da. Die Meſſe war ſchon angegangen, doch gieng der Handel noch nicht ſtark, weil noch einige Fahrzeuge von Mangaſea und Tor olsk erwartet wurden: Doc) hieß es, fie würde den ı2ten zu Ende ſeyn, weil die to— bolskiſchen Kaufleute fih nicht länger verweilen dürfen, um bey guter Zeit nach Jakutzk zu gehen, wo fie ihre Fahrzeuge, auf denen fie von Tobolsk gefommen find, an Kaufe leute verfaufen,, die dahin geben wollen. Die Profefforen hielten es nicht für rathſam, zu warten, bis alfe Kaufleute zum Jahrmarkte verſammlet wären, und giengen ben vierten Auguft Abends ab, Sie fuhr ten auf ihren beyden Fahrzeugen, die fie hatten, den Fluß meiter tiber die Stadt auf waͤrts. Jedes Fahrzeug war mit zwanzig Arbeitern und zween Steuerleuten verfehen. Anfangs war ihnen der Wind entgegen, und fie Famen in den erften drey oder vier Tas gen nicht weit. Doch den zten zu Mittage erreicheten fie die Mündung des Tunguska. on da bis nad) Krasnojarsk war die Fahre noch viel befhtwerlicher, als fie von Mans daſea nach Jeniſeisk gewefen war. Sie hatten faft die ganze Zeit das allerſchlimmſte etter, heftige Stuͤrme, mußten bey einer Sandbank vorbey, wo es ſich ſehr muͤh⸗ am ſchiffete, uͤber einen gefaͤhrlichen Waſſerfall, uͤber reißende Stroͤme; am Ufer wa⸗ Fon oft nichts anders, als fuͤrchterliche Felſen, und die Arbeiter mußten doch vielmals da ausſteigen, um die Fahrzeuge fortzuziehen. Man ſteht faſt fo viel dabey aus, wenn man le Beſchreibung fo häufiger Ungluͤcksfaͤlle lieſt, als der Verfaſſer ſelbſt, den wir abfür- M, und der ſich dafür fchadlos zu halten, auch nicht den Fleinften Umſtand weglaͤßt. ines yon den Fahrzeugen, auf welchem die beyden Profefforen waren, wäre bald an einem Felſen am Ufer gefcheitert. Es befand. fich eben an einem Orte, wo der Strom mit größter Gewalt gieng. Die Arheiter, die es von dem Felſen berunfer, wo man ihnen das Tau zugeworfen bat: €, mit unglaublicher Mühe fortzogen, fehryen auf einmal, fie Fönnten es nicht mehr er⸗ Dalten, Auf diefes Rufen ließ man alle Stangen in das Waſſer, und ftieß fie wider den Grund, alles half mit rudern. Die Arbeitsleute fpüreten diefe Huͤlfe bald, und befa« Men wieder Much, und die vereinigten Kräfte aller, die auf dem Scife waren, erhiel. een es glücklich. Haͤtte man es dem Strome uͤberlaſſen, ſo wuͤrde es im Augenblicke an ei⸗ a von den entgegen ftehenden Felſen gefcheitere feyn, und Gott weis, wer ſich davon uͤrde gere ; | gerettet haben — Er Gmelins Reife. 173% — — 348 Reiſe nach Kamtſchatka Nach einer Schifffahrt von funfzehen Tagen und faſt dreyhundert Werften, Famen den ıoten mit anbrechendem Tage beyde Fahrzeuge am vechten Ufer bey einer Inſel an, die Krasnojarsk gerade gegen über liegt. Sie fliegen an dem obern Ende der Inſel aus, und famen um acht Uhr des Morgens in die Stadt. i Der anhaltende Regen erlaubete dem Herrn Gmelin nicht, um Krasnojarsk vie fe Beobachtungen anzuftellen. Da er fich aber entſchloſſen hatte‘, binführo zu Sande zu reifen, fo brachte er erliche Tage zu, ſowohl zu feinen Befchäfftigungen auf der fer⸗ neren Reife die nöchigen Verfügungen zu treffen , als auch feine Inſtrumente in Rd ften zu packen. Den 24ften Auguſt reiſeten beyde Profefforen mit Sonnen Untergange ab, und fa men um eilf Uhr nach dem Dorfe Roftoozow, wo fie den Tag erwarteten. Den fol: genden Tag hatten fie einen fehr fehlimmen Weg, durch einen dicken Wald. Nach er nem Wege von vierzehen Werften, fuhren fie Durch den Eleinen Katſcha, kamen den Abend an die Quelle des großen Ratſcha, und erreicheten des Nachts den kleinen Remt⸗ ſchik, wo ſie uͤbernachteten. Die beyden erſten Tage ihrer Reiſe trafen ſie nichts als wilde Oerter an, die an Kraͤutern ſehr unſruchtbar waren, und hielten ſich auch nicht laͤnger auf, als die Pferde Zeit brauchten ſich zu erholen. Den 26ften nach Unfergange der Sonne, kamen fie an das Ufer des großen Kemtſchik, durd) den fie fuhren ‚ um die Mache über in einer Simowje an der andern Seite des Fluffes zu bleiben. Sie barten auf diefem Wege Feine andere Befchwerlichkeit, als daß fie eine Menge Fleiner Slüffe antrafen, durch wel⸗ che beftändig zu fahren in die Laͤnge verdrüßfich wird. Den 27ften langeten fie durch beſ⸗ fere Wege am Ujuß an, der meifteneheils Ijuß gefchrieben wird, einen beträchrlichen Dach, über welchen fie auf zuſammen gebundenen und gebrückten Kaͤhnen fegeten. Sie hoffeten, an'diefem Orte alle ihre ermüderen Pferde abzumechfein, weil fie einen tatari⸗ ſchen Dolmesfcher voraus gefchicfer hatten, feifche zufammen zu treiben: allein indem die⸗ fer ihnen die Nachricht davon brachte, viffen die Tararn alle aus, Doc) trafen fie noch einige Pferde in einem nahe gelegenen ruflifchen Dorfe an, die ihnen gute Dienfte thaten⸗ Nachdem fie den ganzen Tag durch Steppen und gute Wege gereifet waren, fo kamen fie. um zehen Uhr Abends an einen Bach Atakuͤt genannt, aber die Tatarn, die bier woh⸗ nen, baften ebenfalls die Flucht genommen. Diefer Bach, bey dem fie ihr Nachrlager auſſchlugen, fälle in den Fluß Borsſa, und diefer in den Ujuß. Den agften kamen fie mit ihren fehr ermüderen Pferden durch einige Ebenen und eine Steppe an ben Bache Tfcherefch. Die Steppe war voller fhönen und feleenen Kräuter, Am gemeins ften war darauf die Bluhme, die man in deutſchen Gärten unter dem Namen Jeruſalems⸗ bluhme kennt, und die Pfingſtviolen. Die Jaͤger, welche ſie bey ſich hatten, ſchoſſen auch einige zierliche Vögel. Endlich gelang es ihnen die Tatarn zahm zu machen. Den 2Hften verließen fie den Weg nach Tomsk ‚ und nahmen den, welcher nach den krasno⸗ jarsfifchen Bergwerfen geht, Denfelbigen Tag mußten fie noch einmal über den Tfcherefch fahren, aber dazu mar eine Brücke nöthig, und das erfuhren fie nicht eher, als big fie fchon das Ufer erreichef hatten, fonft würden fie Leute vorausgeſchicket haben, eine zu verfertigen. Man fieng fo gleich an, daran zu arbeiten, und damit wurde den ganzen Morgen zugebracht, daß ſie erſt um ein Uhr Nachmittages auf ihrem Futterplatze nahe bey einem — * * ieloje⸗ durch Sidirien. 349 Bieloſe⸗Oſero faͤllt, ankamen. Die ganze Gegend war hier vortrefflich, und Herr Gmelins elin fand auf der Steppe Schaͤtze für die Kraͤuterkunde, deswegen man auch be— Reife. ſHloß, die Nacht bier zu bleiben. Doch da ihnen die Tatarn frifche Pferde zuführeren, 1739 giengen fie über den Fluß, und über viele kleine Hügel, auf der andern Seite deffelben, 109 fie ihr Machtlager nahmen, um den andern Morgen defto zeitiger aufjubrechen. Den zoften. Auguſt gieng die Keife noch über etliche Steppen, und um jeben Uhr des Abends kam die Gefellfchaft unter vielem Regen und Winde beydem See Utſchjur an. iefer See ift faljig, ungefähr zmo Werfte lang und dreyßig Faden breit, aus dem man gutes Satz kochet. Gegen Norden von demfelben war eine Quelle füßes Waffers, deren fie fich zum Trinken bedieneren. Es gab bier auch viele arige Wögel. . Bey dem Orte, wo fie anhielten, ift ein Berg, der gleichen Namen mit dem See führer, und den Herr imelin den Kräuterfennern, dienach ihm hieher kommen möchten, ausdrüclich em⸗ pfiehlt. Er wunderte fich ſehr, in einer fo fpäten Jahreszeit auf diefem Berge noch fo Öne und felene Kräuter zu finden; und er meldet, daß er fünf bis fechsmal darauf ges fliegen fey. Zwiſchen dem Fluſſe und dem See waren verfchiedene alte tatarifche Grä- ber, Jedes war ein großes länglichtes Viereck, inwendig enfrveder ganz platt, oder mie einen aufgeworfenen Hügel. Es wurden einige geöffnet, die noch im beften Stande zu ſeyn fehienen. Herr Gmelin hielt ſich Hier lange auf, und fand eine Menge Seltenhei- ten der Natur, von denen er aber, ungeachter feiner Gewohnheie, fich in die umftänd» lichſten Befhreibungen einzulaffen, fein Wort faget. Von diefen Gräbern Fam man ey einigen falzichten und füßen Seen vorbey, Weiter bin gieng der Weg zwifchen zwoen eihen Bergen fort, da fie denn um neun Uhr des Abends nah Kara⸗Ijuß⸗Reka en, wohin fehon Leute vorausgegangen waren, ein Floß zu bauen, auf dem die In— mente und das Geraͤth überbracht würden. Das Floß war bey ihrer Ankunft fer- fig, Da der Ort zu botanifchen Unterfuchungen fehr gelegen war, und auch auf den be Nachbarten Bergen viele feltene Kräuter wuchfen, fo brachte man hier die Nacht zu. Den andern Tag nach dem Mittageseffen ritten beyde Profefforen nach einer Bild- fäufe oder einem Bruftftüche von Stein, das in diefen Gegenden fehr berühmt ift,und noch von alten tatariſchen Einwohnern diefer Gegend übrig ſeyn fol, Diefes Denfmaal, das die atarn Choſainkiß nennen, ift an dem Wege in der Steppe, ein Paar Werfte vom luſſe zu fehen. Der Kopf, der mit etwas, wie mit einer Muͤtze, bedecket ift, hänge‘ "ht mic dem $eibe zufammen , fondern Fann nad) Belieben abgenommen werden. Die rofeſſoren ließen diefes fhlechte Bild abzeichnen, um von ber alten tatarifchen Bildhauer- ein Andenken zu haben. Siereiferen den ıften September mit anbrechendem Tage wieder ab; und nachdem fie durch etliche Steppen gegangen waren,fo Famen fie zu dem Floße, welches den Tag vorber für fie war verfertiget worden, und ließen die Geräthfchaft darauf hinüber geben. Sie ſelbſt Ielten ſich etwas in der Unterredung mir den Tatarn von Kaſtinzk auf, die jenfeits des Öluffes ſtunden. Sie trafeneine große Menge tatarifcher Jurten an, die zum krasno- arskiſchen Gebiethe gehoͤren; denn die ſie bisher angetroffen hatten, gehören nach Tomsk, nd unterſcheiden ſich von den vorigen darinnen, Daß fie nicht ein einziges Schaf haben, il fie ihee!Hunde alle zerreißen folen. Hingegen die Foftinzfifchen Tatarn haben ihrer Stoße Heerden. Den andern Tag fam man bey zween gefalzenen Seen vorbey, wovon er eine fo reichhafeig ift, daß im Sommer das Be; darinnen von fich ſelbſt — —— nicht Gmelins BReiſe. 1.739 EBEN 2 2 Reifenach Kamtſchatka nicht in Eleinen Wuͤrſeln, ſondern bald wie der Salpeter. Dießmal fah man es aber nur am Ufer. In dem Grunde haste ſich dieß Jahr des vielen Regens wegen Fels nes gefeßt. Den zten September Famen fie zeitig an die Quelle des Karuſch, von da man über einen Berg bis an den See Igir geber mußte. Der Weg gieng durch einer Wald von Serchenbäumen, der durch Eleine Hügel und eine Menge liegende Bäume be fehmerlich gemachee wurde. Wagen koͤnnen hier gar nicht forkkommen, und die Tatarn wiſſen fich feines Menfchen zu erinnern, der ihn von unferen Reifenden befahren härte, als der D. Meſſerſchmidt. Den aten trafen ſie unterwegens einen fleinernen Goͤtzen an, der einen Bären, auf ben Hinterpfoten ſiend, vorſtellete. Dieſe vierfuͤßige Gottheit ſtund in einer Hoͤhlung, die in dem Felſen angebracht war, und die Bildhauerkunſt war daran ungefaͤhr in dem Geſchmacke, als am Choſain⸗Kiß. Denſelbigen Tag kamen fie zu den Eusnegeifhen Tatarn, die Sagai beißen, und hielten bey ihnen flil. Der Meg war faft immer eine ebene Steppe, aufder eine große Anzahl alter Gräber befindlich war. Die Ger gend war reich an den ſchoͤnſten Kräutern, aber es war fihon zu fpät im Jahre, und ber, Samen von den-meiften ſchon ausgefallen. Die hiefigen Tatarn unterfcheiden fich wieder. von, den übrigen dadurch, daß fie Ziegen halten, Die man an andern Orten gar nicht achtet. Den 6ten gieng man etwas vom Wege ab, um die Bergwerfe zu ſehen. An eis nem Eleinen Bache ftunden etliche Häufer der Bergleute, und der Ort war mit fpanifchen Reutern umgeben. Nicht weir davon lag eine angefangene Grube, in welche die Pro⸗ feffoven hinunter fuhren. Das Erzt ift meiftens grün und bfaue Safür in einem. weichen Geſteine. Einiges daranter iſt geſtreiſt, wie Spiefiglas, und an Farbe hochblau. Alle Gruben diefer Gegend, Sirenskoi⸗Rudnik genannt, weil fie nicht weit vom Bache Ulu⸗Syr, der große Syr, liegen, wurden von ihnen nach einander befcher. Hernach giengen ſie bey einer angenehmen und warmen Witterung weiter. Die Profeſſoren rit⸗ fen über etliche Berge nach den Gruben Baſinskoi Rudnik, die auf einem derſelben liegen. Herr Gmelin fuhr in verſchiedene. In einer war das Erzt gruͤn, in einem ſchoͤnen weißen Quarze. Unten an dieſem Berge waren für die Bergleute einige Huͤtten und eine Badſtube: es fand ſich aber Feine Seele darinnen. Don dieſem Bergwerke reiſeten ſie laͤngſt dem Bache Buſa hin, der ſie bis zum Fluſſe Akiſch fuͤhrete, wo tata⸗ riſche Jurten ſtunden, bey denen die Geraͤthſchaft gehalten hatte, und das Nachtlager aufgeſchlagen wurde. Den folgenden Tag ſetzeten ſich die Profeſſoren zu Pferde, weil fie erfahren haften, daß es in dieſer Gegend noch ein tatariſches Alterthum gäbe, gien gen in einem Thale zwiſchen zweyen Gebirgen längft dem Akiſch berunter , und trafen am rechten Ufer eine rundlich laͤnglichte Klippe, etliche Klaftern lang, an, die gegen den Fluß wieausgehöhler war, In viefer Höhlung befand fich ein weißer Gipsitein (a laba⸗ Ürites) angelehnt, der von Natur folche Erhöhungen und Vertiefungen harte, daß eine verkehrte Einbildung ſich in Derfelben ein altes Weib vorfteller. Deswegen beißt dieſer Stein im tatariſchen Rurtujak. Nahe dabey war noch ein Gipsſtein eben ſo geſtaltet, aber kleiner, den man für dag Kind von dem vorigen halten konnte. Der Ort war mit Hecken und Geſtraͤuchen umgeben, an welche die andaͤchtigſten Tatarn, die faſt gar * \ — ne durch Sibirien. 3 Nen Begriff von Gott haben, ihre Geſchenke aufhängen, ohne ſich dabey vorſtellen zu Gmelins oͤnnen, ob ihnen dafuͤr Gutes oder Boͤſes wiederfahren werde. Reiſe. Die beitiriſchen Tatarn hatten auf dieſem Striche am Bache Tioͤ ihr Lager, und 1739 die Profeſſoren wollten fie auch ſehen. Sie reiſeten durch eine Steppe zu ihnen, in der uter Suͤßholz ſtund. Ihre Sebensart ift von den Fuftinzfifchen wenig unterſchieden. ‚Die Beltiren find noch vor andern Tatarn diefer Gegend damit beſchweret, daß fie an die Kalmucken Tribut bezahlen müffen, die ihnen denfelben, wenn fie fich nicht gutwillig dazu verftehen, meifterlich ausjupreffen wiffen, und ihnen ordentlich eine Arc von Fol⸗ er anlegen. Sie feßen an jeden Backen ein Stäbchen an, von dem Binterwärts Schnür te gehen, Dieſe werden zufammen gebunden, und vermictelft eines Holzes fo feft zuge drehet, daß die Baden an den Hölzern fehmerzlich zufammen gedruͤcket werden. Diefes geſchieht auf einen folchen Grad, daß der Tatar endlich hergiebt, was der Kalmucke ver: langer, Behy dieſer Arc von Tortur, führet Herr Bmelin eine andere an, deren fichdie Ber fehlshaber von Jakutzk bedienen follen, wenn fie nad) weit entlegenen Oftrogen geben. ie binden dem Menfihen eine Binde um den Kopf, und drehen fie vermittelft eines Holzes fo fehr zufammen, daß der Gefolterre das berausgiebt, was man verlanget, oder 5 faget, was man wiffen will. Ein Theil des Tributes, den die Beltiren den Kal- mucken bezablen, befteht in Eifen, und der andere in ruſſiſchem Leder, und ift fehr leid- lich, Das vorhergehende Jahr waren die kalmuckiſchen Tributeinnehmer von den fagai- Shen Tatarn aufgefangen, und nach Abakansk gebracht. Hier hiele man fie einige Zeit fangen, hernach wurden fie, vermuthlich auf höheren Befehl, wieder Iosgelaffen. Den gen VBormittages um zehen ihr ließen die Profefforen die Wagen und Fleine Geraͤthſchaft in das Hauptquartier an den Akiſch zurückgeben. Sie ſelbſt ritten auf einer fchönen ebenen Steppe längft dem Abalan herunter. Sie faben bier viele alte täber imd große Steine, auf welchen Schriften, auch Kreuze, Zirkel, Pferde und Andere Figuren fehr unförmlich eingegraben waren, fo, daß man manches Faum eigentlich ennen Fonnte. Des Abends bey Sonnenuntergange Famen fie zu ihrem vorigen Lager. iefen ganzen Tag und den vorhergehenden war eine große Hitze, beynabe fo ſtark, sim Sommer. Den gten des Morgens giengen fie von HEifch wieder nach) dem großen Syr. Hier führen fie von den Tatarn, daß fie bey ihrer Abrvefenheit in den bafınsfifchen Berg. erken eins unterichifche Höhle zu beſehen vergeffen harten, fo wollte Herr Gmelin fie unferfuchen. Sie liege unter gedachten Bergwerfen, auf einem ſehr hohen Berge, d har drey Deffnungen, wovon die vornehmſte gegen Suͤdweſt ift. Sie erſtrecket fich Ngefähe dreyzehen Klaftern in den Berg hinein, iſt etwa anderthalb Klafter boch, din der größten Breite vier Klaftern. Die beygefügte Zeichnung giebt ihren innern DA zu erkennen. Einige Stüce von alten Geftellen, und Eyerfchalen, die man dar- en fand, zeigeten an, daß ehedem hier jemand müffe gewohnee haben, Da Her Melin noch mit Betrachtung der Höhle befihäfftiget war, fo erzähleten ihm zween Berge fe noch von einer andern, die aber fo weit aus dem Wege lag, daß er nicht dahin ge— 2 mochte. Zwiſchen den Frasnajarsfifchen Bergwerken läuft der Fluß Korea, der aus Kin Perfchiedenen Bächen zuſammen fließe, die im Sibiriſchen Roſſochi heißen. Er It hernach in den Abakan. - Bey dem fuͤnften Roſſocha, der am weiteſten von dem ‚CE entfernet iſt, erhebt ſich ein Berg, in welchem eine Hoͤhle iſt, in die man ſich fünf Gmelins - Reife. 1739. u 352. Reife nach Kamtſchatka fünf Klaftern fenfreche hinab laſſen muß, Sie ift, nach dem Berichte ber Bergleute, ſehr weit, und wie ein großes Zimmer. Man foll auch Geftelle hier gefunden haben, welche die —— erwecken, daß bier einige neue Troglodyten ihre Zuflucht gefun⸗ den hätten. WVon der erfien Grotte giengen fie nach dem AbaEan über eine bergichte Steppe Yuf dem halben Wege war ein Moraft, über welchen die Wagen durch Menfchen gezogen werden mußten, weil die Pferde zu tief hinein fielen. Es war wohl etwas wie eine Bruͤcke da, aber man durfte fich nicht darauf verlaffen. Da die Profefforen gern noch die Frasnojarsfifchen Bergwerke fehen wollten, fo giengen fie an dem Abakan bis dahin fort, wo die gewöhnlichfte Ueberfahrt zu denfelben zu feyn pflege. Es waren nicht mebr, als zwo Perfonen bier, die nahe bey dem Fluſſe in einer uncerirdifchen Hütte wohne ten. Sie hatten zween Kaͤhne, diefe waren aber fo laͤck, daß man beitändig das Waf- fer ausfchöpfen mußte, das auf allen Seiten Bineindrang, Diefe Kaͤhne, fo fehlecht fie auch waren, wurden zufammen gebunden, und fo brachte man auf einmal einen War gen oder zween Karren über, Es wurde damit, fo viel als möglich, geeilet; denn eg war ſchon ſpaͤt bey ihrer Ankunft, und-die Seute von der großen Hige des Tages fehr ermuͤdet⸗ Endlich wurde alles, Menfchen und Geräche, noch vor der Nacht hinüber gefchaffer, bi auf eine einzige Perſon, die ſich bey Nachtzeit in Feine Gefahr magen wollte, und den Tag an jenem Ufer erwartere. Den ıoten des Morgens, da man eben abreifen wollte, Famen die Fabalifchen Tatarn mit einer großen Menge Pferde. Weil aber die alten ſchon vorgefpannet waren, fubr man damit bis zur nächften Station. Das Lager ward am Bache Kal aufgefchlagen, der nicht weit davon in den Abakan fälle. Hier blieb die Gefeltfchaft bis um drey Uhr Nachmittages. Die Tatarn brachten eine Art Forellen, die fie im Abakan gefifcher harten, und die niche übel ſchmeckete Es wurden alsdentt von den mitgebrachten tatavifchen Pferden die beften ausgefuche, und der Weg meiter fortgeſetzet. Denfelbigen Tag erreicheten fie den Anfang des fajanifchen Gebirges, und übernachteten da , wo fie einen heftigen Sturm auszufteben hatten. Den ııten. befucheten die Profefforen eine Grube, die am weftlichen Arme des Je⸗ niſei liegt, im Anfange des Gebirges, und in dem hoͤchſten Berge felbiger Gegenden Die Erzte find bier weich, grün von Farbe, mit einem eingefprengten Gefteine, das wie Sebererzt ausfieht. Eine Are von grünem Erzte ift auch merkwürdig, welche ihrem Weſen nach faft den Malachiten gleich koͤmmt, aber fo brüchig ift, mie ESıchladen Eine andere Are iſt rothes Erzt. Diefes und das grüne Erzt bat in der Probe auf den Zentner acht und vierzig bis fechzig Pfund reines Kupfer gehalten. Kerr Gmelin 9% rieth fehr in Verwunderung darüber, daß hier die Natur ganz anders zu wirken ſchien, alsin Deutſchland, wo fi) Die beften Erzte in der Tiefe finden, da fie bier faft auf der Ober” fläche angetroffen werden. „Sind fie etwan, fager er, bier gewachſen, und durch eine „zufall nad Deutſchland gekommen. Wenn die Erde, oder ein Theil derfelben ehemals po „aufgelöft gewefen wäre, als. der witzige Moodward meynet; wenn alles uncereinan⸗ „Der gemenget worden wäre, und ſich hernach wieder gefeßt hätte, fo hätten die Metal⸗ „le, wegen ihrer Schwere, wohl die unterſte Stelle befommen.,, Er behauptet, no mehr Spuren gefunden zu haben, daß. die fibieifche Exde vom Anfange der Welt, nicht fo. viel Uenderungen gelitten hätte, als Deuefchland. Aber er fücchter fich bey den Philofopben, die den erften Zuftand der Erde erforfihen wollen, zu viel &uft zur er . n durch Sibirien. 353 nach! Siberien zu erwecken, welches Sand mehr Leute nörhig hat, die es anbauen, als Gmelins Garfjinnige Nachforfiher, die es nur anfchauen wollten. In diefen Betrachtungen Reiſe. ’ ieg er ven Berg herunter; und ungeachtet er fteil war, fo reuete ihn doch der Weg nicht, 1739. ! — — denn er brachte etliche ſchoͤne Kraͤuter mit herunter. Hierauf fuhren ſie laͤngſt dem Jeniſei bis an Saganskoi Oſtrog, wohin ſie Lute voraus’ geſchickt hatten, ein Floß zu erbauen, welches auch bey Ankunft der Ge— Aſſchaft fertig war. Man erfuhr aber: daß auf den Wegen am weftlichen Ufer des enifei nicht fortzufommen, wäre. Sie ließen es alſo dabey bewenden, daß fie nur.einige don ihren Leuten über den Fluß ſchicken, Brod zu baden, woran es feit etlichen Tagen ehlete. Here Prof. Müller gieng mie, um den Oſtrog zu beſchreiben, und Herr Gme— lin vertrieb fich unterdeffen die Zeic mie Kräutern und Vögeln, Den ı2ten des Mittages Eamen die Leute, welche im Oſtrog Brod backen follten, Wieder zurück, und die ganze Gefeifchaft brach auf. Sie fuhren über eine große Step Pe, und famen, ungeachtet des fehlimmen Wetters, das bis] auf den Abend anhielt, unter RammenoisÖftrow, eine Inſel, die wegen des vielen Hopfens, den fie hervor bringt, ſehr beruͤhmt iſt; und nachdem fie über ein Paar andere Inſeln gefahren , ka— men fie mit Ende des Tages zu der Ueberfahrt, deren fc die Huͤttenleute bedienen. Hier übernachteten fie. Den andern Morgen war man bedacht, die Geräthfchaft über den Fluß zu bringen, Es fanden ſich dazu drey zufammen gebundene Kähne. Der uß war weder fehr breit noch fehnell, und da man mit anbrechendem Tage anfieng, o Fam alles zeitig hinüber, und fie erreichten noch die Lukaſiſchen Hütten. Diefe Hütten liegen am Bache Lukaſa, der neun Werfte weiter unfen in den Jeniſei fälle, und find erbauer, das KRupfererz zu fehmelzen , welches man in diefen Ges enden Häufig findet. Man bauete damals nod) beftändig an einem Damme, der queer durch das Thal, in welchem der Fluß feinen Lauf hat, geführee wird, und ungefähr chzig Faden lang, und zwoͤlfe breit it, Esſwar bier ein Huͤttenverwalter, ein Caſſie— rer, ein Schmelzer, einige neugeworbene Soldaten, und über hundert Verwieſene, Alles gemeine Leute, über welche ein Lieutenant der Artillerie die Aufficht harte. Won gebaͤuden war fertig eine Kirche, viele Wohnhäufer, die nad) Ark derer in Catha— UInenburg angelegt waren, und ſchon voller Wanzen ſteckten, ein Hofpital, eine Werk— ME für die Tifehler, einige andere Werfftätte, eine Kanzeley, eine Schenke ꝛc. Das Pital war unter der Aufficht eines Feldſcheererlehrlinges; demimarf aber Feine Arze⸗ Neyen zufieß, damit er niemanden aus Unwiſſenheit ſchadete. Diefe Gebäude find auf M linken Ufer gegen Norden. Um bie zu den Hütten gehörigen Häufer, und um bie irche find zu beyden Seiten bis an das Thal fpanifche Keuter gefege, und man häle ſogute Wacht, daß kein Menſch eingelaſſen wird, der nicht vorher bey dem Lieutenante iſt gemeldet worden. Nicht weit von den Huͤtten ſieht man im Walde hin und wieder Vertiefungen in der Erde, von denen einige eine Klafter ins Gevierte find. Bey einigen find bervor- ſtehende Steine, und man glaubet, daß ſie noch von Schmelzoͤfen der alten Einwohner tig find. Man ließ einen davon völlig räumen, um einen deutlichen Begriff da— don zu befommen. Er mar von Geftalt länglicht und von Flieſen mit Erde und Sande Yanımengefegt. Um diefe Hefen lagen große Haufen Eiſenſchlacken, und einige von llgem. Reifebefchr, XIX Band. Dy Kupfer. u er am *8 A Neifenach Kamtſchatka Gmelins Kupfer, Sie mußten fehr alt feyn; denn zwiſchen den Steinen fah man große dutch Keife, 1739 noͤthigte fie, einen Tag auszuruhen, Gegen Mittag Fam der Student Tretjakow ziemlich wachfene Wurzeln von Fichtenbaͤumen. | Die Profeffores wollten vor ihrer Reife nach Abakansk noch gern die Irbiſchen Hütten befehen, und ſchickten deswegen die beyden Maler nebft dem größten Theile ihres Geraͤthes nad) biefer Stade voraus, mit dem Befehle, fie dort zu erwarten. Zu dem Ende wurden an der Mündung des Lukaſa vier Flöße gebauer, und frifche Pferde zuſammen getrieben, die den ıöten Abends aus Bukotonskoi⸗Uluß von dem Gefchlechte der Kal- bafen zugeführer wurden, r Den szten machten fie fich auf den Weg, und nachdem fie faft den ganzen Tag in immerwährenden Regen gereifet waren, Famen fie Abends an den Fluß Tuba, Hier fanden fie ein einziges Haus, mit zwoen Stuben, 19 in einer der Ofen noch nicht. . vollig fertig tar, die andere war eine gemeine ruffifche Schwarzſtube. Es wohneten auch hier einige Leute von den trbifchen Hüften, um Heu zu machen, damit wer im Winter durch diefe Gegend reifer, Futter für die Pferde finde. Der Mann, welcher fie über den Tuba führete, war ein ins Elend Verwiefener. Bey ihrer Anfunft vermiffer ten fie den Studenten Tretjakow, und ſchickten deswegen in der Macht einen Tarar zu Dferde , und hernach noch einen Jaͤger ab, die ihn fuchen follten. Sie giengen unfer« deffen des Nachts mit ihrem Geräthe auf einem großen Kahne über den Tuba, und ſetze⸗ ten ihre Reife fort, Sie trafen Berge an, welche Die Pferde dergeftalt ermuͤdeten, daß fie nicht weiter, als bis an den Bach Eneſchet, gehen wollten, der in den Irba fälle, und folglich mußten fieda anhalten. Hier befamen fie Nachricht von dem Stu: denten, ber gleich nach ihrer Abreife an den Tuba angefommen war, Sein Pferd war wild geworden, hatte ihn abgefegt, und war durchgegangen. Den roten gieng die Reife mit anbrechendem Tage weiter, und man erreichefe um neun Uhr vormirtages die irbifchen Huͤtten. Die Beſchwerlichkeit von den ſchlimmen Wegen und den unaufhörlichen Regen, der vier und zwanzig Stunden fang gefallen war, Franflich an. | Der Regen ließ gegen Abend etwas nach, und die Profefforen fegeren fich noch zu Pferde, um nach den Eifengruben zu geben. Der Berg, in dem fie ſich finden, liege nur zwo Werfte von den Hürtengebäuden, am linfen Ufer des Irba. Man harte erſt⸗ lich auf dem Gipfel des Berges eingefchlagen, der hoch und ſehr fteil if. Da man aber nachgehends fand, daß faft der ganze Berg Erz fey, fo bat man die Gruben zur Erleich⸗ ferung der Arbeit weiter unten angelegt, Am Fuße des Berges gegen Süden war eine Schmelzhuͤtte mit fechs Fleinen Handöfen gebauet, in welchen man fo fange, bis dergroße Dfen zu Stande koͤmmt, Grigeifen ſchmelzet, davon es die Hälfte geben foll. j Den andern Tdg befahen die Profefforen den Damm, der erft feit ſechs Wochen fertig war, Er hatte hundert und fiebenzig Klaftern in die Laͤnge, mar neune breif, aber von ber Erde nur drey Klaftern hoch. Die Rupfergrube ift in einem Berge, den Damme gegen über, zur Unken des Irba. KICH — 9) Sieh hiervon ein mehreres in Flor. Siber. T. L.p. 39. 4% 41. Tab, VII. unter dem Namen Erythronium. F durch Sibirien, - 355 Nachmittages verließen fie!die Huͤtten, und teifeten über eine bergichte Steppe, Gmelins Und viele Baͤche mit elenden Bruͤcken bis zu dem Fluſſe Schufch, der in ben Tuba Reife. fälle und deffen Brücke in befferm Stande ift, Hier fanden ſich feifche Pferde, welche 1739, die Tatarn hergebracht hatten, und den folgenden zıflen mit anbrechendem Tage fegete —— man die Reife bis an den Bad) Tſchirim fort, der in den Solba, mie Diefer in den Schuſch faͤllt. Der Weg war immerfort bergicht und mie Bächen durchfihnitten, de⸗ ten Brücken einzufalfen droheten. Sie kamen endlich, wie es anfieng dunfel zu werden, an das Dorf Schalsbeling. Hier wurden ruſſiſche Pferde vor die Wagen gefpannt, mit denen fie des Nachts Abakanskoi Oſtrog erreichten, und diejenigen von: ihrem Gefolge, die zu Waffer von Lukaſa ausgegangen waren, wieder antrafen. Herr Gme⸗ lin hatte auf diefer Reife von einer Wurzel fprechen hören, welche die Tafarn im ruͤhjahre einſammlen, trocknen und unter ihren Brey Fochen. Man zeigete fie ihn, und er ſah, daß es Hundeszahnfrauf wäre 19). Sie foll bey den fagaifchen Tatarn, und bey dem Bache Beß, der von ihe den Ramen befommen hat, in großer Menge zu finden feyn- ; Man blieb bis zumasten Sept. in dem Oſtroge, um von der befehwerlichen Reife etz was auszuruhen. Denfelben Tag traten die Profefforen eine neue Reife an, und nahmen den Maler Decker mit, der andere, $urfenius, blieb bey dem übrigen Gefolge. Sie giengen um fieben Uhr des Morgens in ihren gewöhnlichen Reiſewagen ab, und vier Werfte davon fegeten fie über zween Arme des Jenifei, deren Waſſer die vorhergehende Nacht ftark angelaufen war, Sie hielten am Ufer, ftill, am zu Mittage zu fpeifen, und fahen Spuren von dem erfien gefallenen Schnee, Won bier nahmen fie ihren Weg dom Senifei abwärts nad) Koͤpoͤn⸗Karagai 20), welcher Ort deswegen fo heißt, weil Hier ein Eleiner Fichtenwald ift, der von weitem einem Heuhaufen gleicht, Ben demſelben und weiter Din fah man viel alte tatariſche Gräber, welche diefem Orte ehedem kein geringes Anſehen gegeben haben, und wo man auch viele Reichthuͤmer gefunden a, Es war in dieſer Gegend ein Kerl, ben Jedermann unter dem Namen Selenga Fannte, weil er ſich einige Zeit in Selenginsk aufgehalten hatte, feit dreyßig Jahren aber hier lebet. Diefer ſuchte die Gräberfleißig durch. Er. hatte die ganze Zeit über in diefen Gräbern gewohnet, und jich dabey eine unterirdifche Hüfte angelegt, in welcher er ftets einfam wohnere, bis ihm einmal einfiel, in die Schenke zu geben. Dies fer Menfeh fehlief und wachete mie einer Schaufel und einem Spishammer. Diefer iente ihm zum Aufheben großer Steine, und bie Schaufel zum Ausräumen der Erde Und Arche, welche in den Gräbern liege. Man ſagete, er hätte ſchon große Schaͤte ge» funden ‚ die er aber nicht wieder einſcharret, aus Furcht, es moͤchte ein anderer Selenga kommen ‚ ber eben fo gut graben und hacken Fönnte, als er. Die Tatarn, die ihn wohl Fannten, glauberen, es ſey eine Strafe für fein Verbrechen, daß er Das, Was ihre Vorfahren befejlen hätten, nicht behalten Fönne, Er hingegen denfet ‚bie Ue⸗ berbteißfet der Tatarn aufzuheben, gereiche einem Chriften zur Sünde. Seit ungefaͤhr deben Jahren war ihm die linfe Hand vertrocknet und lahm geworben; er mußte alfo die Schaufel an den lahmen Arm binden, und mit der Bruſt in die Erde ftoßen. e | Dy 2 Herr 20) Raragai heißt eine Fichte, und Koͤpoͤn ein Heuhaufen. — — 26 | Reife nach Kamtſchatka Gmelins Herr Prof. Müller beſah diefe Gräber allein ‚weil Herr Gmelin ihn wegen eines hefti- Reife. gen Schnuppens nicht begleiten konnte. Ufo befchreibt er fie nur nach bem Berichte feines 1739. Herrn Eoflegen. Einige Gräber fehen ſehr prächtig aus, und werden deswegen von den Tatarn Majaki genannt, Sie find mir großen vierecfigten Steinen umgeben, und von weitlaͤuftigem Umfange. Das Grab felbft iſt nicht tief, und die Körper, bie Tatarifche in der, Mitten liegen, haben fi gemeiniglich wohl erhalten, bis auf etliche Knochen, Gräber. die den meiften fehlen. Was man in den reichten Gräbern finder, iſt gearbeiteres Gold und Silber, in Gefäßen, Gürteln, Obrringen und Aembändern. Die beyden legten Stuͤcke find allemal von Golde Man findet zuweilen Gürtel, wovon der untere Theil geder iſt, der obere geimer Sammer mit goldenen Plärtchen. Bon Gefäßen find Schüf- fein die ſeltenſten. Meiftens finder man runde filberne Töpfchen mie und ohne Deckel: Die meiften find glaft, auf einigen aber findet man ausgefchnittene Figuren. Einige find vergülder, andere von lauterm Golde. Bey ganzen Körpern ftehen die Gefäße altemal bey dem Kopfe. Man findet auch irdene Gefäffe, einige wie Schmelztiegel, andere wie die chinefifchen großenTöpfe mit engen Hälfen. Die legten find von guter Erde und mit Glaſur überzogen. Bey dem Kopfe eines Körpers findet man oft auch einen Dferdefopf, deffen Maul in die Erde gefteckt-ift, miteinem Zaume, wie man fie in Deurfchland machet, der mit filbernen Puckeln befchlagen iſt. Dergleichen Pferdeföpfe find aud) bisweilen ohne Zaͤume. Man triffe auch zuweilen Steigbiegel an, deren Ges ftalt den deutſchen völlig ähnlich if. Sie find zuweilen mie diefem Silberbleche uͤberzo⸗ gen, welches nur angefüttet.zu feyn ſcheint. Bisweilen liegt auch ſtatt des Pferdekopfes ein Schafkopf da, der mit einer goldenen Platte, wie mit Flittergolde bedeckt iſt. Einer von denen, welche die Graͤber durchſuchen, verſicherte, er habe einmal in einem ſehr reichen Grabe ein Meſſer von chineſiſcher Form gefunden, auf deſſen Klinge eine goldene Schlange angeloͤtet geweſen wäre, Endlich ift bey verbrannten Körpern das Gold öfters in Eleinen Stangen vermifcht, Und alle diefe Körper haben das Gefiche ger gen Norden gerichtet, Es giebt; verfchiedene Arten ſolcher Gräber, welche in dem Sande ihre befondern Namen haben, Die Gräber, in welchen der gedachte Selenga das meifte Gold und Silber, und zwar meiftens in Fleinen Stangen, fand, waren alle für verbrannte Kör- per. Man Fann daraus fhließen, daß der Gebrauch, den noch fo viele Völker haben, die Todten mit einem Theile ihrer Schäge zu verbrennen, auch) unter den alten Tatarn gemein geweſen ift, ob er ſich gleich hernach verloren har, Es giebt noch Gräber, die auf Erhöhungen von Erde, wie auch Fleinen Hügeln ſtehen. Die Körper finder man da in Särgen von Lerchenbaumholze, die mir eifernen - Nägeln befhlagen find. Dabey find viele dünne Goldplärtchen , mit denen das Geſicht oder der Körper mag ſeyn bedeckt worden, auch Bilder von Thieren aus Gtlockenfpeile, oder von vergüfdetem Kupfer, Fupferne Leuchter und Meſſerplatten, Lanzen, Streit⸗ aͤrte, Pfeile, Stuͤcken von Stiefeln u. dergl. Diejenigen, welche die Graͤber am mei⸗ ſten unterſucht haben, bemerken als eine allgemeine Regel, daß die Tatarn ihre he me 21) Sm ıoten Theile der Commentar. Petropo- guticis in Siberia repertis, anders beſchrieben. lit, p. 454. 455. wird diefe Höhle vom Herrn Prof. „Zehen Meilen ungefähr unter der Mündung des Müller in feiner Abhandlung de feriptis Tan- Bemtfchuf, der das ruſſiſche Reich und. ” { ” durch Sibirien. 357 Men nahe bey Wäldern begraben haben, die Reichen hingegen liegen in angenehmen Gmelins Seldern, too eine fehöne Ausfiche ift, zumal nach einem Fluſſe. Reife. Bon dem Köpön- Karagai giengen die Profefforen mit ihrer Gefellfehaft nach dem 1739: Jluſſe Koxa. Des Abends aber hatten die Fuhrleute den Weg verloren, daß fie in — dunkler Nacht und bey einem fo moraſtigen Otte deſſelben ankamen, daß es fich un. moͤglich daruͤber fahren ließ. Außerdem war auch das Waſſer ſo truͤbe, daß man es nicht trinken konnte. Endlich war fein ander Holz vorhanden, als dünne Weidenrei— fr, und die Kälte war gleichwohl ftrenge genug. Es wurden deswegen Leute ausge- x ickt, eine beffere Stelle am Kora zu fuchen, und auf ihre Nachricht fuhr man weiter am Fluſſe hinauf. Hier fand ſich wenigftens Holz zur Önüge, und Waffer, daß man trinken konnte. Mit anbrechendem Tage machten fie ſich wieder auf die Reiſe, und er— teichten bald nahe am Fluſſe ein Bergwerk, wo man den vorigen Tag angefangen hatte, Erz zu foͤdern, weswegen die Profefforen bier ftille hielten. Das Erz ift ein brauner und dlemlich harter Stein, aber von Natur in viele Fleine Stücen zerfpalten, und enthält die ſchoͤnſten grünen und blauen Rupferblubmen. Sn der Nähe giebt es Fein Holz, das Zergwerk liegt gleichfam in flachem Felde, das nur ein wenig mehr, als die übrigen, Über den Kora erhaben ift. Aber Herr Gmelin Bat es fihon vorher als etwas Son- derbares angemerfet, daß in Siberien das. Erz gleich an der Oberfläche liegt, ohne daß Man tief danach graben darf. Bey der Grube war eine fehlechte Hütte von Reifern gebauer, Und mie Heue bedeckt. Zur Arbeit waren einige Verwieſene unter der Auffücht eines Berg« auers hieher geſchickt worden. Aber die Verwieſenen waren ausgeriffen, und der Berg⸗ Dauer hatte auch nicht allein da bleiben wollen, folglich war der Ort ganz verlaffen. Herr Prof. Müller wollte am Uybat einige Alterehümer befehen , von denen er ges hoͤret hatte. Er nahm den Maler Decker mit ſich, um das Merkwuͤrdigſte abzuzeich- Ren, und Herr Gmelin reiſete allein nach Abafansfoi zurüd. Zween Tage hernach, den agften Abends, Fam Herr Müller vom Uybat wieder. Er hatte in der Macht bey nem Sturme den Weg verfehler, und ohne Holz und Waffer übernachten müffen. Herr Gmelin fand bey feinem Aufenthalte in Abakansk $eute, die in der Kalmus keh und dieffeits des fajanifchen Gebirges gewefen waren. Won diefen erfuhr er verfchie« es, das er auf ihr Zeugniß beybringt. Diefem Gebirge gegen Mittag fiehe man hen zween Baͤchen, die in den Senifei fallen, zwo menfchliche Statiten einander Rgen über, jede mit einem runden finefifchen Hure, ſchwarzen Stußbarte, rothen !Ppen und einem Buche in der Hand. Zu beyder Füßen liege ein großer Loͤwe und nes en demfelben ein Eleinerer, Ueber der Mündung des Barga, welches einer von den MW achren Bächen ift, foll ein Berg, Ongonfaja genannt, unterwärrs aber ein ſtei⸗— N Felſen, und darinnen eine Höhle ausgehauen feyn, in der man einen Chan, oder Harifchen Fürften auf einem fteinernen Tifche figen ſieht, zu deffen Füßen fehr viele Üriften in einem fteinernen Kaſten liegen. Meben ihm foll auf jeder Seite ein Mann Mit dem bloßen Säbel in der Hand, und zween andere an jeder Seite des Einganges den, wovon der eine einen Spieß, der andere einen bloßen Säbel hält 21). Yy3 Den NR Auf der Seite der mungalifhen Tatarey drey Meilen von dem weſtlichen Ufer diefes Flufs »Äheider, zwo Meilen unter dem Fluſſe Tſcha- „fes, da, wo das berühmte fejanifche Gebirge FU gegen Abend, der in den Jeniſei fällt, und „gegen Mittag ſich verliert, iſt eine Höhle von E * Men⸗ 22 — — Reiſe nach Kaintſchatka Gmelins Den 2often titten die Profefforen Nachmittags auf einen Berg, acht Werſte vor Reife. Abakansk, um alte tatarifche Verſchanzungen zu fehen. Sie beftehen in zweenen Gräben; 1739. der eine ift ziemlich tief, und vor dieſem, wie es fcheint, noch tiefer getvefen, und inner Halb deffelben ift die Erde als zu einem Walle aufgeworfen. Der andere bat weniger Tiefe, und fänge ungefähr in der Mitte des Berges an. Endlich war es Zeit, Abakansk roieder zu, verlaffen. Man ließ ben zoſten zween Floͤße mit der Geraͤthſchaft abgehen, denen die für die Profeſſoren und die Maler be— ſtimmten bald nachfolgeten. Die Profeſſoren fuhren in einem Kahne voraus, und lieſ⸗ fen über einer großen Inſel, die Koͤpoͤne-Karaggai gegen über liege, anhalten, Hier festen fie fi zu Pferde, und ritten zu den befchriebenen Gräbern, wo fie den unerſchrock⸗ nen Schaßgräber Selenga mit feiner Schaufel und Spitzhacke antrafen, Alle diefe Gräber, wenigftens die meiften, waren feit zwanzig Jahren, da man auf diefes Nach— fuchen gefallen war, fehr genau durchgefuche worden, Ehedem Hatten’ fich manche in dieſer Gegend bereichert, jego aber Fonnte man nur noch eine Nachlefe halten. Bon diefen Gräbern giengen die Profefforen über den Berba, und hielten bey Jerbinskaja D. welches an dem Arme des Jeniſei liege, über den fie gefege hat⸗ ten, fill. Ihr Kahn langete faft zu gleicher Zeir an, von den Floͤßen aber harten fie feine Nachricht. Sie mußten ſich alfo in dem Dorfe behelfen, fo guf fie Fonnten. So bald fie aber Nachricht erhielten, daß die Flöße vorbeygegangen wären, feßeren fie fich wieder in den Kahn, und fuhren ben Fluß hinunter, bis fie die Flöße erreicheten- Ein großer Wind, welcher ſich bald darauf erhob und mif einem ftarfen Regen begleitet war, der bis in den folgenden Tag daurete, noͤthigte fie, ans Sand zu fleigen, und unter dem Zelte zu bleiben. Den aten bes Weinmonates, nachdem ſich der Wind etwas geleger hatte, bega⸗ ben fie fich wieder auf den Weg und Famen in die Gegend des Syenifei, wo im Sommer und Winter ein _beftändiger Wind herrfcher. Sie giengen vor einem Felfen gluͤcklich vorbey, bey welchem D. Meſſerſchmidt Schiffbruch gelitten, wiewohl man doch die Kaͤhne, worinnen er gefahren war, noch an das Land gebracht, und das meifte gerettet hatte ‚von Jeuten aud) nierzand umgefommen war, Machdem fie noch Worowskaja Protocka, (Diebesarın) einen Arm des Fluffes, melcher deswegen fo genennet wird, weil die Kirgiſen in alten Zeiten längft an demfelben gewohnet, und eine Inſel ung® faͤhr acht Werfte lang, welche er einfhließe, vorbey gefahren, fo fegeten fie mie Ein bruche der Nache den Fuß ang fand. Sie fanden an dem Orte, wo fie ausſtiegen, Faftinzifche Jurten, und harte! Zauberer und Zauberinnen dahin befteller, von welchen aber nur ein Paar da war ⸗ Dieſe Zauberer fommen in des Herrn Gmelins Tagebuche oft vor: man muß aber nach feiner. Anzeige, einmal für allemal merken, daß in Sibirien die Namen Zaube⸗ ver und Sauberinn, niemanden fürchterlich feyn, Die Leute, welche diefes elende ad Ä f 2 Menſchenhaͤnden in einen Fels gegraben, der „über eine Eubicklafter. Auf beyden Seiten ex an den letzten Berg ſtoͤßt. Der Eingang int dieſelbe Einganges find mienfchliche Figuren in dem 5 „iſt gegen den Fluß gerichtet, aber fo enge und „fen halb erhaben alisgehanen. Oben darüber ss niedrig , daß man nicht, ohne fh zu Biicken, ‚einer Höhlung , die noch zu fehen iſt, fund for I ® — f} r 4 ⸗ „durch kann, und der innere Umfang ift nicht viel „ein ſteinernes Bild eines Mannes, der mit = — —„VWIGOGCGEIIIII.IæIIIIçI.I.Içä«t..çn „I„IWIEI…VO-99 ICIIUTWT7ç„õI3IWIIIIIIIIB * —⸗ a TEEN: Mm — —* ee De durch Sibirien, | 359 werbe treiben, führen dabey nichts Boͤſes im Schilde, und ſtehen noch viel weniger mit Gmelins dem Teufel im Bunde. Wenn ber Teufel auch nicht mehr kann, als. diefe Leute, ſo iſt er uͤberaus ungeſchickt. Die Zauberer in Sibirien ſind alſo, wie an allen andern Orten, nichts anders, als Betruͤger, welche ſich des bey dem Poͤbel herrſchenden Aberglaubens und der Unwiſſenheit noch duͤmmerer Leute, als ſie, bedienen, um dadurch ohne ſonderliche Mühe ihren reichlichen Unterhalt zu befommen. Uebrigens verdieneten die beyden kaſtin⸗ ziſchen Zauberer einigen Vorzug; ſie waren ein Mann und eine Frau, die von derglei⸗ ben Gefchlechte herfiammeten. Des Zauberers Water hatte eben diefes Handwerk ges trieben, fo wie der Zauberinn Großmutter. Sie bielten fih auch deswegen für vor— nehmer, und wollten den Profefforen einen Stammbaum aufzeichnen, worinnen fie ib» nen ihren Zauberftamm vielleicht bis in das fiebente Glied würden bewiefen haben. Es ift auch in der That in den Augen des heydniſchen Pöbels ein ſehr anfebnliches Amt, defr fen nur hohe Geifter würdig find; und in welchem nun noch das Blut fo vieler wuͤrdi⸗ gen Ahnen wallet, der wird Dazu immer für geſchickter gehalten. m Den zten des Weinmonates fegeten fie ihren Weg for, und famen nad) einer fo beſchwerlichen Reife, deren Unbequemlichkeiten die Strenge der Jahreszeit noch empfind» licher machete, den 7ten früh um zehn Uhr zu Krasnojarsk an. X Diefe legte Reife der Profefforen hatte faft fünf Monate gedauret. Sie harten der Ruhe nörhig, um fo wohl wieder neue Kräfte zu ſammlen, als Die Beobachtun gen in Ordnung zu bringen, welche fie den Sommer über gemacht hatten, Sie eileten alfo, ihre Winterquartiere zu beziehen, und nahmen ihre alten Wohnungen wieder, woſelbſt die Einwohner, welche fie fehon ehedem gefehen harten, und mit ihrer Auffuͤh⸗ tung zufrieden waren, fie ſehr wohl empfiengen; ungeachtet Herr Gmelin nicht zweifelt, fie würden fich auch nicht gegraͤmet haben, wenn fie diefelben vorbey gegangen wären. Keife, 173% Die Tatarn, welche die Profefforen bey diefer Neife in großer Anzabt gefehen hat- Abbildung th, und mit denen fie umgiengen, waren! überhaupt von einer Gefichtsbildung, wel der „be einem Europder'nicht misfallen Fonnte, Sie hatten die Augen nicht tief im Kopfe liegen, eine platte oder breite Geſichter, Feine platte Nafen, und famen einem &ropäifchen Gefichte am nächften. Sie waren meiftens alle wohl gewachfenz und man fand nicht leicht einen Früppelichten unter ihnen, auch) nicht leicht einen, der fonderlich fett mar. Sie waren meiftens hager, dabey munter und aufgeweckt, zu Gefchäfften Aufgeleget ‚ leutfelig, umgaͤnglich, ziemliche Schwäger, jedoch redlich und aufrichtig. m Handel allein, wie man ſaget, bat man fich indeffen doch vor ihnen in Acht zu tehmen; weil fie es für eine Kunſt halten, wen man jemand befriegen koͤnne, und fa Sen, es müffe fich Feiner unterftehen, eine Waare zu handeln, die er nicht verſtehe: wenn % aber glaube, daß er fie verftehe, fo habe er, feine Augen fo gut, als der Verkäufer, und - 8 fey eine bloße Einfalt, wenn er ſich betriegen faffe. Man hat niemals gehöret, daß fe »ter. ſich geſchraͤnkten Heinen ſaß, dem aber im „Die mittelſte Figur ſitzt nach chineſiſcher Art »Jahre 1721, einige abgöttifche Einwohner weg⸗ „auf einem Stuhle mit dreyen Füßen. 5 ieſer »genommen haben. Hinten in der Hoͤhle find Abhandlung if auch eine Zeichnung beygefüget, »drey Gögenbilder eben fo, tie die beym Ein» ‚die von der zu Krasnojarsk verfertigten, genom⸗ »gange, in Stein gehauen, und auch, wie fie, men iſt. Wenlg über die Hälfte der natuͤrlichen Groͤße. —— 1* Tatarn. | 6... : Reife nach Kamtfchaten Gmelins fie der Straßenräuberey nachgegangen wären, daß fie fih unter einander, ober die Ruf: Reife. ſen beftöhlen haͤtten, oder daß fie jemanden vorfeglicher Weife Seid jufügeren. Mar 1739. böret unter ihnen sicht viel von Hurerey oder Saufen: doch find fie auch von diefen La⸗ — 1 fern nicht ganz frey. Wel fie ziemliche Viehzuchten, befonders von Pferden, habeny fo ift baypihnen,.das bey andern Heyden gewöhnliche Brannteweindeftiliven aus Pferde milch üblich, da fie fich denn nicht enthalten Fönnen , warn fie einen guten Vorrath da von haben, ſich damit etwas zu Gute zu thun. Wenn fie in ruffifche Dörfer oder Städte fommen, fo pflegen fie auch zumeifen: die Schenken zu befuchen, oder bey einem befannten ruffifchen Freunde einige Schalen Branntewein und Bier mehr zu frinfen, als fie vertragen Fönnen. Ueberhaupt aber fann man fagen, und ber Gerechtigfeit nach ihnen das Zeugniß geben, daf fie der Un⸗ mäßigfeie nicht in einem großen Grade ergeben find; fie Haben diefes mit andern heyd⸗ nifchen Völkern gemein, daß fie, das männliche Gefchlecht ſowohl, als das weiblich, gern Toback rauchen; und fie fangen diefe Hebung ſchon von ihrem zehenten oder zwoͤlf⸗ ten Jahre an. Der chinefifche Toback ift ihnen der angenehmfte; den efchirkaffifchen rauchen nur die Armen, und fie mifchen ihn mit feinen Spänen von Birfenrinde, theils aus Sparfamfeit, theils auch ihm ſeine Stärfe zu benehmen. Sie haben eine heilige Ehrfurcht gegen die Todten, befonders aber gegen ihre Vorältern. So guties ihnen auch befannt iſt, daß man ſchon viele Schäße aus den Gräbern ihrer Vorfahren ge graben hat, fo hoͤret man doc) nicht, daß einem die Luſt angefommen wäre, auf ſolche Are veich zu werden, ungeachtet fie die allerbefte Gelegenheit dazu hätten, weil fie dies fen Gräbern am nächften wohnen. Sie nehmen zwey, drey bis vier Weiber, die Ars men aber begnügen ſich auch nur mit einem. Der Reinlichkeit beffeißigen fie ſich nicht; diefes benimmt ihnen etwas von. der Annehmlichkeit in ihren Gefichtszügen: und die Weibesleute, auch die, welche bey ihnen für ſchoͤn gehalten werden, fehen unfern fihmusigen Viehmägden, die Mannsperfonen aber den Bauerfnechten fehr ähnlich 22). . Sie haben ſich noch mit gar Feiner Religion bekannt gemacht, fondern find viele leicht, die reinften Heyden , die gefunden werden Fönnen. Kein Mubammedaner kann ihnen nachreden, daß es ihm gelungen wäre, einen einzigen Tatar zu feinen Glauben zu bringen; und fein Mongole bat ihnen feine abergläubifchen Pillen oder Kraftküchleitty welches auf eine Erde, wie Siegelerde, gedruckte Gögenbilder find, oder andere derglels chen Dinge beliebt: machen Fönnen. Zum Ungluͤcke hat auch die chriftliche Religion noch eben fo wenig Eingang bey ihnen gefunden , "ungeachtet deswegen ſchon einige Verſuche gefcheben find. Sie weifen auf die Gräber ihrer Vorfahren, und ſagen, man babe aus deren Beraubung ſchon genugfam erfahren, was für. anfehnliche und wohl beguͤterte Leute unter ihnen geweſen feyn müffen, und tie es ihnen im Zeiclichen uͤberall nach Wunſche ergangen wäre: dieß fey alles bey einem Glauben gefchehen, det won eben diefen Vorfahren auf fie fortgepflanzee worden; nur daß fie vielleicht in eini⸗ gen Sachen nicht mehr ſo ſteif auf ihre alten Sitten und Gebraͤuche hielten, welches unfehlbar ihren Verfall zu Wege gebracht haͤtte und noch mehr zu wege bringen koͤnn⸗ te, wenn ſie ſo gar große Veraͤnderungen vornehmen wollten, als ihr Uebergang zu dem Chriſtenthume ſeyn wuͤrde. Herr 22) Bey den Tatarn tragen nur die Manns 29) Der Hund iſt ein unreines Thier, tele verfonen und die Mägdchen Gürtel. die tatavifchen Zauberer von allen Orden forgf — « durch Sibirien. 1361 Herr Gmelin koͤmmt darauf wieder auf feine Zauberer: es ift aber hier von der katſchiaskiſchen Tatarn ihren Die Rede, welche im Grunde zwar wenig von allen denen Adern unterfchieden find, deren elendePoffen er beſchrieben har, aber doch einige be- ſondere Gebräuche haben, welche er für anmerkungswuͤrdig gehalten hat: 23). Indeſſen Wollen wir doc) der umftändlichen Erzählung, die er von einer neuen Teufeley machet, * Anmerkungen über die Gemuͤthsart derer Voͤlker vorziehen, welche an dieſe Zaube⸗ ker (glauben. ; n „Es koͤmmt mir vor, fager Herr Gmelin, als wenn dieſe Leute das allerhöchfte v Werfen gar wenig achteten, und dafür hielten, als märe auf der Erde den Teufeln alle »Gewalt gegeben, nad) ihrem Belieben den Menfihen Gutes und Böfes zuzufügen. „Man fiehr, daß fie wiel auf das Raͤuchern halten, wie bey einigen Ehriften waͤhrendem „Gottesdien ſte gebräuchlich iſt. Man ſieht auch, daß einige von ihnen, als wie die Ta- »farn im Rußnegfifchen, von ihren Opfern, die fie unfehlbar dem Teufel thun, bloß ' nbey den Ruſſen oder bey uns vorgeben, als verrichteten fie diefelben Gotte zu Ehren, »um durch ihren Glauben ıms Feine böfe Meynung von ihnen benzubringen. ch ver» „mutbe alfo, daß alles, was fie ung von Gott vorfchwagen, von dem Teufel zu verſte— „hen ſey; oder wenn fie ja das gute Wefen annehmen, fo halten fie doc) die böfen Gei- „fter in fo hohem Werthe, als die guten, und daher koͤmmt es aud), daß fie Zauberey „und Heiligehum für eines halten, Man fieht auch an den heydniſchen Kindern, die »Öfters bey dergleichen Zaubereyen gegenwärtig find, daß fie diefelben gar nicht für et- „was fürchterliches halten, fondern vielmehr von Kindheit an angewoͤhnet werden, ges »gen die böfen Geifter ehrerbierbig zu feyn.„ | Herr Gmelin merfet an, daß bey der Teufeley der katſchinskiſchen Zauberer ein Kind von ungefähr drey Jahren gegenwärtig gewefen , welches dem Spiele mit fo gro» Ber Aufmerffamkeit zugefeben, als wenn es die größte Freude daran gehabt hätte. Unge⸗ achtet des enefeglihen Geräufches, welches eine abfcheuliche Zauberinn machere, die von al: len Teufeln des Landes beſeſſen war, ließ dieſes Kind doch nicht das geringſte Schrecken don ſich blicken. Daraus ſchließt er, daß, wenn man ihnen die chriſtliche Religion mit einigem Fortgange beybringen wollte, man ihnen zuerſt vor allen Dingen beybrin⸗ gen muͤßte, daß man von den boͤſen Geiſtern nicht das geringſte Gute hoffen koͤnnte, ‚Und daß fie auch fo viel Vermoͤgen nicht haͤtten, den Menſchen zu fehaden, fordern in ter Gewalt fehr eingefchränfet wären. Alsdenn müßte man ihnen begreiflich machen, immel und auf Erden hätte, von welchem alles erſchaffen wäre, und erhalten würde, Welches geneigt wäre, allem dem, was es erfchaffen hätte, Gutes zu thun, und alles Boͤſe von allen Gefhöpfen abzumenden. Hernach märe es erft Zeit von Chrifto zu re- den, und erftlich feine Nothwendigkeit, bernach auch) feine Wirftichfeie zu zeigen; und Denn fie fo weit gebracht wären, alsdann fo wäre an einer fehleunigen Bekehrung gar nicht zu zweifeln. *). * * fig verbannen, wo fie ihr Spiel treiben. der durch Gewalt ſchon vor dreyßig Jahren bey *) Diefen Meg haͤlt Here Gmelin für den vers ihnen wurde feyn gebrauchet worden, wenn ſie uͤnftigſten und dilligſten: er glaubet aber, daß weniger beguͤtert wären. Augem.Beiſebeſchr. XIX Band. HET TE aß ein einiges vollfommenes Weſen wäre, welches allein die vollfommene Macht in, Gmelins Reiſe. 1739. EIERN 362 Reife nach Kaintſchatka Gmelins Den zten des Wintermonares wurde zu Arasnofarst ein’gemeines Weib, web Reife ches ihren Mann umgebracht hatte, auf eine erfchresfliche Are hingerichtet. Matt 1739. grub fie lebendig, und zwar ſtehend, bis an die Bruft und den Hals, in die Erde, um? — ſtamofete ſolche um fie herum, wiewohl nicht gar feil, ein, weil noch viele Leute H : . Rung hatten, daß man ihr wiirde Gnade wiederfahren laſſen. Sie ſaß ſchon zwölf Jahre Safe er deswegen in Verhaft, und ihre dielen Gönner hatten ihr Urtheil fo lange verzögert ag: Diefe abſcheuliche Eingrabung iftdag gewoͤhnliche Urtheil, welches, nach dem ruffifchen Ge⸗ umgebracht, ſetzbuche, allen denenjenigen Weibern geſprochen wird, die fich dergeftalt an ihren Maͤnnern | vergreifen 24), Peter der Große lich dieſe Strafe auch an den Kindermörderinnen vollzie⸗ ben; und man hat furz vor feinen Tode ein ſehr erlauchtes Beyſpiel davon gefehen- Herr Gmelin, welcher dergleichen Art des Todes noch nicht gefehen hatte, wak begierig, von Zeit zu Zeit zu erfahren , wie fich die eingegrabene Perfon befande, vel® nahm auch zu verfihiedenen malen, daß, ungeachtet eine Wache dabey geftellee mal welche unter andern verhindern follte, daß ihr nichts zu effen und zu trinken gebracht wuͤr⸗ de, fie doch. immer von mitleivigen Seelen bald eine Schafe voll Branntewein ‚ bald et⸗ was Bier, bald auch etwas zu offen befommen häcte, Diefes aber hinderte gleichwohl nich daß fie nicht nach und nach an Kräften abnabın ; und vermurhlich haben die Speifen un Gerränfe, die man ihr zumeilen gereicher, ihre Marter nur verlängert; Feines weges aber erträglicher gemacht. Etliche Tage vor ihrem Ende befam fie eine Ark von Um empfindlichkeit; und bey ihrem Tode, welcher den 27ſten des Abends erfolgere, ſchien 88, als wenn fie von einem Schlafe wäre überfallen worden, Das Volk zu Kraſnojarsk begeht erfchreckliche Ausfohweifungen in dem Brannte⸗ wein faufen. Obgleich dieſes Getraͤnk dafelbft fehr ſchwach ift, fo erfeßee doch die Menge die Staͤrke, und bringe flets einige ums Seben. Cine Weibsperſon, die im Chriſtmo⸗ nate ſo viel davon zu ſich genommen hatte, ſtarb auf der Stelle davon. Einige polniſche Schriftfteller berichten, daß das DBrannteweinfaufen , welches in Polen ebenfalls ſehr im Schwange geht, viele Menſchen -dafelbft binreife. Cie fegen hinzu, es führe be einigen, bie eine allzu übermäßige Menge Branntewein zu fi genommen haͤtten, kuth vor ihrem Ende eine blaue Flamme zum Halſe heraus, welche auch nach ihrem Tode noch eine Weile fortwährere. Man hatte Herr Gmelinen gefager, daß fich dieſes ebenfalls Hin und wieder nicht nur in Sibirien, fondern auch in Rußland, eräugere; P geftebt aber, daß, fo viele Mühe er ſich auch immer,gegeben habe, eine von die Feuer ſpeyenden Seichen zu feben zu bekommen, es ihm doc). niemals. geglücker fey- Hebammen⸗ Den 26ſten des Chriſtmonates, als an dem andern Weihnachtsfeyertage, fah mal Lie eine große Anzahl Hebammen, in der größten feyertäglichen Pracht, aus den Kirche kommen. Es waren nicht nur die Hebammen der Stadt ‚ fondern auch won vielen DF nachbarten Dörfern, welche befonders Bieher gekommen, dem Gortesdienfte in der Stadt beyzumohnen, und ſich Bier luſtig zu machen. Sie bildeten fich ein, Diele Tag gienge fie vor allen Bauptfächlic) an, meil den Tag vorher der Herr aller We geboren wäre, wobey auch ihre Vorfahrinnen nothwendig vieles würden zu thun geha haben, und ihnen vermuthlich den Tag darauf eine Ergöglichfeit würde vergönnet ge⸗ weſen feyn. Sie giengen auch) in der That den Abend ziemlich bezechet nach Haufe, — 2 Dieß war auch die Styafe der Veſtalinnen, welche uͤbetzenget wurden, daß fie ihre Keuſchhelt verletzet haͤtten. durch Sibirien. 363 Bon den zyfien des Chriſtmonates an bis aufden Heiligen’ drey Rönigestag, an welchem die griechifche Kirche die Taufe in dem Jordane feyerlich, begeht, waren unter den Jungen Leuten, fo. wohl männlichen als weiblichen Gefchlechtes, beſtaͤndige Luſtbarkeiten, Gmelins Reiſe. Soße Zaſammenkuͤnfte, Gefänge, Spatziergaͤnge und Spagierfahrsen in Schlitten und Were Ergöglichfeiten. A Der ste Jenner aber wer einer der merfwürdigftien Tage, an welchem des bendg oder bey Nacht eine Ceremonie vorzugehen pflege, die mit einem ruffifchen orte Sluſchit, das Hören, ausgedrucker zu werden pflege. Es gehen nämlich) uns derheurathet⸗ Maͤgdchen entweder in Kreuzgaſſen, oder ſonſt an einen finftern Ort in Mem Keller, oder in einer Badſtube, zwey, Drey oder mehrere mit einander, und then, ob fie nichts von ihren Fünftigen Schickſalen hören fönnen, wovon auch diefe temonie den Mamen hat, Man uͤrcheilet leicht, daß die jungen Mannsperſonen Nche unterlaffen werden, fie auszufpähen, fie zu überrafchen und ihnen faufenderley Poffen zu fpielen, und falfche Schrecken einzujagen, welches ihnen auch freulich wieder Angebracht wird. z Den 2often Jenner gieng ein Soldat durch Kraſnojarsk, welchen Herr Stel; ler von Irkutzk an den hoben regierenden Senat nad) Petersburg abgeferriger harte, Diefer Soldat harte einige Kitten, Faͤſſer und Pace mit narürlichen Seltenheiten bey ch, welche er verwichenen Sommer 1739, geſammlet hatte, Er ſchickete fie mit der efchreibung derſelben, und einer Erzählung von feinen Reifen, und fernerm Vorha— en an den hohen Senat. An den Herrn Gmelin aber hatte er nur einen fehr Furgen Brief Mgefüger , worinnen er bloß meldete, daß er diefe Sachen wegen Kürze der Zeit, Niche am bie-Profefioren hätte fenden Fönnen, und fie alfo bätbe, es zu veranftalten,: daß der damit abgeſchickete Soldat von der Kanzeley nicht aufgehalten würde, Die Verfahren des Herrn Stellers verdroß die beyden Profefloren fehr. Er war vornehmlich nach Sibirien geſchickt worden, dem Herrn Gmelin in feinen häufigen Ge-. äfften Hilfe zu leiften, und. dasjenige zu vollbringen, was fie ihm gemeinfehaftlich hefehlen würden, Nachdem er ſich freywillig erklaͤret hatte, daß er gern nach Rats atka reifen wollte, ſo hatten fie es fo eingerichtet, daß er nach dieſer Halbinſel ab⸗ Eſchicket wurde, Sie gaben ihm fchriftliche Maaßregeln, worinnen ihm unter andern auch befohlen wurde, ihnen beſtaͤndig zu ſchreiben, mas er etwan neues gefunden hätte der finden möchte, ihnen aud) dasjenige, und was er fonft von natürlichen Dingen, Rür würdig achten würde, erhalten zu werden, zu überfihicken, damit fie es dabin bes föedern koͤnnten, wohin es gehoͤrete. Damit fie feine Reiſe deſto nuͤtzlicher für das gemeine Beſte macheten, und alles Ühmüehig geſchaͤhe, fo hatte ihm Herr Gmelin eine Abfehrift von feinen bis da- N gemachten Entdeckungen, und ein Negifier von allen bey ibm vorhandenen Lelchnungen mirgetheiler ; er hatte ihm auch verfprachen, alle Jahre damit fort fahren, damit feiner von ihnen fid) mit einer; Befchreibung einer natuͤrlichen Sache befchäfftigee, die der andere ſchon gemacht hätte, und feine Beichnungen von Mr er Sache doppelt gemacht werden dürften. Diefer Profeffor hatte ihm noch ganz uͤrzlich viele von feinen Wahrnehmungen mitgetheilet, die er in dem letzten Sommer mache hatte, und mollte ihm die neuen trockenen Kräuter‘ mit nächfiem uͤberſchicken. an wußte alſo nicht, was man von des Herrn Stellers Unternehmen anders 3532 denken 1740. 364 Reiſe nach Kamtſchatka ⸗ Gmelins denken ſollte, als daß er ſich, wie man wohl ſah, von den Profeſſoren unabhängig zu Reiſe. 1740. machen ſuchete. Dieſe waren deswegen ſehr verlegen. Kaſten und Paquete an den hohen Senat aufzumachen, die mit dem irkutzkiſchen Kanzlehſiegel und Herrn Stellers Pecſchaft verſiegelt waren, Fam ihnen etwas bedenklich vor. Die Sachen aber weg zu ſchicken, ohne fie durch zu fehen, war wider das gemeine Beſte. Die irkutzkiſche Kanzelepr welcher wohl bewußt war, daß Herr Steller nicht unmittelbar von dem hohen vegierem den Senate, fondern von den Profefforen, abgefertiget worden, Fonnte den von bei Herrn Steller begangenen Fehler wohl einfehen; und. daher glaubeten die Profeſſoren- fie dürften ihe Siegel fchon erbrechen; und die Pade durchfuchen. Sie ließen alfo daS einzige Paquet, welches die Schriften an den hoben Senat und ar die Academie der Wiſſenſchaften enthielt, unaufgebrochen: die andern Ballen und Kaſten aber, worin, nen die ftelerifchen Wahrnehmungen und Kräuter und andere natürliche Dinge waren, erbrachen fie, veinigten ſolche von dem Meberflüßigen, behielten einiges davon bey ſich⸗ um es bey einer bequemen Gelegenheit zu uͤberſchicken. Das Uebrige packeten ſie in der Geſchwindigkeit wieder zuſammen und fertigten den Soldaten den azften Jenner au den hohen regierenden Senat damit ab. Sie gaben ihm auch. einen Brief an denſel⸗ ben mit, worinnen fie alles, was fie getban, und warum fie es gethan hätten, une terthänigft berichteten, ohne den geringften Umftand zu verheelen, und bathen um eine gnädige Verfügung, wie fih Herr Steller insfünftige zu verhalten haͤtte. Man Fonnte nicht einiger ſeyn, als die beyden Profefforen Muͤller und Gmelin waren, Nichts hatte jemals ihr gutes Verftändniß geſtoͤret; und diefe Eintracht untel Gelehrten iſt fehr felten. Was für Annehmlichkeit fie aber auch Hatten, mit einande zu reifen, und ſich bey einander aufzuhalten, fo mußten fiel ſich endlich doch trennen · Herr Müller, welcher die übermäßige Kälte dieſer entferneten Himmelsgegenden nicht mehr ausſtehen konnte, wollte ſich Petersburg wieder naͤhern, und die Reiſe nach Tomsk thun. Herr Gmelin erwartete noch die Antwort des Senates auf die letz tern Borftellungen ‚ die er ihm gerhan hatte, damit er der Reiſe nach Kamtſchatka uͤberhoben ſeyn möchte, Er fuͤrchtete, man würde ſich bey dem Hohen Rathe kaum noch entſchließen Fönnen, ihm die Ruͤckreiſe zu erlauben, wie es ihm einige Freunde in Petershurg ſchon im Voraus zu verftehen gegeben. Er durfte alfo nicht weiter na Weſien zurückgehen, damit , wenn er vielleicht noch den Befehl befommen follte , ſich nach Kamtſchatka zu begeben, er nicht noͤthig hätte, fo viele Wege hin und her zu thun · Unterbeffen bis er die Gefinnungen des Hofes- völlig wußte, verfprach ihm Hart Muͤller, daß er feine Rückreife, wofern ihn nicht die äußerfte Moth dazu triebe, micht fo ſehr befchleunigen wollte, zumal er noch verfchiedenes in der Voͤlkergeſchichte, beſom ders in Anfehung der Oftiaken, zu unterſuchen gedächte, welches ihn zum wenigften noch kuͤnſtigen Sommer in. Sibirien. aufhalten würde, Die Profeſſoren trenneten fich all den aten des Hornungs Nachmittage um fünf Uhr; und Herr Muͤller behielt in ſeinem Gefolge den Maler Decker, den Studenten Tretjakow;” den’ Feldmeſſerlehrling Mackſcheew, einen Schügen und vier Soldaten zur Bedeckung. Er veifere nad) Tomsk und gab. dem Herrn Gmelin vierzehn Tage darnach in einem Schreiben Nach⸗ 75 % ———— richt / + durch Sibirien. = ll the, daß er glücklich allda angefommen wäre. Er wollte bafelbft den Winter über die Unterfuchung des Archives, welche er ſchon im Jahre 1734 angefangen hatte, fort- etzen, und die nöthigen Abſchriften, Die zu der Bölkergefchichte dienen Fönnten, vers fertigen laſſen, wäbrender Zeit aber alle Anftalten vorkehren, damit er bey erſtem offe⸗ nen Waffer, auf den beyden Fluͤſſen, Tom und Ob, bis. Bereſow hinunter gehen, und don ba durch den OB und Irtiſch noch vor dem Winter die Stadt Tobolsf er- teichen koͤnnte. Auf diefer Reife gedachte er, die oftiafifche Gefchichte durch Beſuchung dieſer Voͤlker in ein völliges Licht zu ſetzen, auch Kräuter zu ſammlen, Vögel ſchießen zu laſſen, Regiſter von Fiſchen und pierfüßigen Thieren dieſer Gegend zu verfertigen, auch, wenn etwas ſeltenes unter den Kraͤutern, Fiſchen, Voͤgeln und vierfuͤßigen Thies ten vorkommen follte, diefelben ausftopfen, oder in Brannteweine erhalten, und Zeich- nungen davon machen zu laffen, nachdem es die Umftände erfordern würden. Die bey- den Profefforen verfprachen einander, einen fleißigen Brieſwechſel zu unterhalten, und von ihren Verrichtungen von Zeit zu Zeit einander Nachricht zu geben. Herr Wüller hatte ſich rn gemacht, dem Herrn Binelin in feinen Unterfuchungen zur Natur: gefchichte bebülflich zu feyn; und diefer follte dagegen alle Nachrichten, welche die Gmelins Reife. 174% Eröbefchreibung , die alte und neue Voͤlkergeſchichte berräfen, wenn er dergleichen em entdecten Gelegenheit hätte, mit möglichftem Fleiße ſammlen, und aufzeichnen, und fie ihm entweder ſchicken, oder, wenn das gute Glück fie wieder zufammen brächte, per- ſoͤnlich mittheilen. Da Herr Gmelin einen Dolmetſcher bey ſich hatte, welcher in den verfchiedenen Sprachen der Tatarn wohl erfahren war, fo Fam er auf den Einfall, zu erfahren, wie die Muſik und Poeſie dieſer Völker befchaffen wäre. Nachdem er fich nun einige bratsfi- ſche, einige katſchinskiſche, einige kamaſchinziſche, und einige kotowziſche Keder vorſin⸗ gen laſſen, ſo ließ er ſich von jeder Art eines in Noten ſetzen, und den Text derjenigen, die er habhaft werden Fonnte, auffehreiben und fich.erflären. Hier bat man ein brats⸗ kiſches Liedchen, mit deſſen buchſtaͤblichen Ueberſetzung. Kemniche borgofline nacholchadfi baineze, Köllbachem beeinmene arichin dogalfaba, Dallanaien adon doni zara ferdi belele; Abe töne baritfche koögötfchine mordonai, Urtu zachai termedene epzinulam ku-jagbe: “ Edfehe töne baritfche- koögötfchine mordonai, Barjon tala ollotone zerenfibe bedlle. Abe töne gargaidiche koögötfchine mordonai. Ueberſetzung. Auf dem Fluſſe Aeſte ſich hin und her treiben; Junger Menſch, ich (bin) vom Brannteweine beſoffen. er * Unter fiebenzig achrzig *) Pferden (ift) ein fuchsfärbiger Paßgaͤnger; 1, Water, dieſen fange; der Sohn fetzt ſich (zu Pferde). — —— 333 | In *) Here Gmelin merket an, daß diefes eine, poetiſche Redenaart im Bratskiſchen iſt, die ſo viel edeutet, als hundert und funfsig- — a 366 | Keife nach Kamtſchatka Gmelins Ju dem vorderen Winkel hinter dem Gitter (liege) unter den Tuͤchern eine rothe Reiſe. Leibbinde; 274% Mutter, diefe nimm heraus; der Sohn ſetzet fich (zu Pferde), — Bey der Thüre, in dem Kaſten (find) fechzig Streitpfeile; - Vater, dieſe nimm heraus; der Sohn feßet ſich (zu Pferde), on, dieſem bragfifchen Siebe machere ihm ein guter Freund eine freye poerifche Beberfegung, Die ſich zu eben der Melodie fihiefer, und von ihm deswegen ebenfalls’ mitgerheilet worden. Sie Flingt foz Dorten treiben auf dem See ſchlanke Binfen bin und wieder, And mic) jungen vollen Kerl wirft gefoffuer Branntwein nieder, ‚Unter fünfmal dreyßig Pferden ift ein Fuchs mi in der Heerde; Vaͤter, diefen fange mir; jetzt ſetzt ſich der Sohn zu Pferde; Murter, gieb mir aus dem Schrank meine fchöne Zubehörde, Meine rorhe Seibgurt, ber; jeßt ſeht ſich der Sohn zu Pferde, Sechzig Pfeile, ſchnell zum Streit, ftehn im Winkel auf der Erde; Vater, diefe bring mir ber; jege feße fich der Sohn zu Pferde. ) Das Earfchinzifche Ked lauter fo; und es redet darinnen eine Witwe ‚deren Mann getoͤdtet worden. Sie dichtete, daß fein Geift in eine Enre ‚gefahren -fey. ! P 1. Kulge tüfchken koging di der oi fenem Dfchenargufch! 2. Körub ater merging di der oi fenem Dfchenargufch! 3. Dichinnaimnang, kalbafogban oi ſenem Dichenargufcht 4 Dichewalirge barbafogban oi fenem Difchenargufch ! 5. Chantetürge utlched&rben oi fenem Difchenargufeh! . Kartagufch tufchei derben oi fenem Dichenargufch! Ueberſetzung. Auf den See iſt gefallen *) eine Maͤrzente, ſage 2 du lieber Dſche⸗ nargufch, Härte ich fie geſehen, fo bärte ich gefchoffen und niche verfeblet, fage ich, du —— lieber Dſchenarguſch, Von meinem Lieben laſſe ich nicht, du lieber Dſchenarguſch, Einen Schlimmen heyrache ich nicht, du lieber Dfihenargufch, In den Himmel flöge ich, du lieber Dfchenargufch, — Koͤnnt ich wie ein Habicht fliegen, du lieber Dſchenarguſch. Auch dieſes Liedchen hat ein anderer Freund mit Reimen verſehen, daß es nach feiner urſpruͤnglichen Melodie gefungen werden kann 3 Haͤtt ich nur die Maͤrzenente, o mein lieber Dſchenarguſch, Daß ich auf fie ſchießen koͤnnte, o mein lieber Dfchenargufch, Auf dem See erblickt, ihr Leben, o mein ıc, Wäre mir ſchon Preis gegeben, o mein ıc. Ä: } ‚Sieben =) Diefes ſoll sine Art zu reden bey den Eats 25) Man wird weiter unten noch ein Paar am ſchinziſchen Tatarn ſeyn, die nach funferer Spras dere Then, EM he gegeben werden Eönne: bat fich geſetzet. g durch Sibirien. 367 Sieben wird mich nicht gereuen, o mein ꝛc. Keinen Böfen werd ich freyen, o mein ꝛc. Syn den Himmel wuͤrd ich fliegen, o mein ıc, | Wenn mich Habichtsfhmwingen trügen, o mein lieber Dſchenarguſch. Diefe Lieder find nicht gekuͤnſtelt; fie find einfältig, mie die Sitten demjenigen, welche fie fingen. Sie fagen wenig, weil fie wenige Ideen zu ſchilders haben. Man fiehe aber, daß der Gebrauch des Wiederhofungsverfes, der fo ale im den Eiern iſt, natuͤrlicher Weiſe überall eingefuͤhret worden 23). wi So bald ſich der Märgmonat einfand, fo wurden die Gegenden um Kraſnogarsk bon Tage zu Tage fhöner. Ein von Bergen und Wiefen durchfchnittenes Sand war recht für einen Kräuferfundigen angeleget x Herr Gmelin machete dafelbft auch eine weit: läuftige Sammlung, von Betrachtungen über die Pflanzen, Der Schnee ſchmilzt auf diefem fandigen Boden bald; die Wärme dringt bald in die Erde hinein, und giebt den Pflanzen ein hurtiges Wachsthum; wie denn auch dergleichen Gegenden viele ber« vorbringen , die faft in Feiner andern Gegend forrzubringen find. So bald der Schnee anfängt, zu ſchmelzen, fo giebt er den in der Erde liegenden Samen und Wurzeln fo . viele Feuchtigkeiten, daß jene leicht davon auffeimen ,. und diefe anfangen Fönnen , Blaͤt⸗ terchen und Stängel zu treiben. Man fieht das Wachsthum diefer jungen Pflänzchen mie Luſt an, und fie nehmen alle Tage um ein merffiches zu, Viele kommen ſchon im: Märze und im Anfange des Aprils, zu ihrer vollfommenen Bluͤhte, und in eben dieſem Monate auch zu reifen Samen. Koͤmmt ein Froſt, fo ſchadet er ihnen gar felten, weil der Wind immer die überflüßigen Feuchtigkeiten von ihnen verjager: und wenn fich- Auch ja von dem Schnee einige Feuchtigfeiten um fie fammlen follten, fo kann diefelbe legen des abhängigen Erdreiches leicht ablaufen. Die Probe hat es ausgemwiefen , daß dergleichen Pflänzchen faft durch Feine Sorgfale des Gärtners, in den Gärten forfäus tingen find; weil man ißnen niche Leicht alle die Vortheile verfihaffen kann, die fie von Natur an ihrem Geburtsorte genießen. 2 Herr Bmelin führet zum: Benfpiele davon eine Art von Mannsharniſche 26) an, die er in verſchiedenen Gegenden Sibiriens wachfend gefunden, und deffen fehr reifen Samen er geſammlet hatte. Er ſchickete welchen nach Petersburg, und brachte ergleichen auch nach Deutſchland. Man bat ihn auf allerley Art und zu verfihiedenen seiten im Früblinge, im Herbfte, früh und ſpaͤt in das Erdreich gebracht. Wenn die Pflaͤnzchen im Herbfte bervorfamen, fo erftoren fie gersiß im Winter: und Denn fie im Frühlinge aufgiengen, fo wuchſen fie ſchoͤn, bis etwan ein Regen einfiel, der eine Feuchtigkeit vom Schnee ſich umher gefammler Harte; da denn eine geſchwind darauf einfallende Kälte das Pflänzchen gewiß zernichtete. Fiel aber: Feine Kälte ein,. Drachte entweder die Feuchtigkeit eine Faͤulniß, oder eine große Hige, eine Berdors Ung in. der zarten Wurzel zu Wege, * gi Ein Soldat, welcher durch Kraſnoſarsk gieng, uͤberbrachte Herrn Gmelin die Zeitung, daß Herr Steller den ten März von Irkutzk nach der Lena aufge“ 10a 26) Androface ealyeibus Fäden maximis. vollfommen bey: er weis aber noch nicht gewiß,. rn Hort. Cifford.p.50._ Diefer Damen, fa ob fie mit derjenigen einerley Art fey 0 die Hern tHerr Gmelin, koͤmmt der ſibiriſchen Pflanze Kinnaͤus darunter verſtanden haben. will. Gmelins . Reife; 1740 m uud Gmelins Reife. 174% 1368 | Reiſe nach Kamtſchatka brochen ſey, und mit erſtem offenen Waſſer ſeine Reiſe nach Jakutzk die Lena hinun⸗ ter antreten würde, und Daß er geſonnen wäre, die Reife nach) Ochotzk auch noch dies fen Sommer zu unternehmen, ; Unterdeſſen daß fih Herr Gmelin noch zu Rrafnojarsf aufhielfe, brachte matt ihm in den Wintermonaten zu verfchiedenen malen einige Vögel , ſowohl lebendige, als De vie Rufen Wodennoi⸗ Worobei, Wafferfperlinge 27), nennen Man eihm, daß fich Diefeiben des Winters fleißig in Quellen und Bächen tauche⸗ ten, und allerley Ungeziefer auffiengen. Ein arinzifcher Tarar erzaͤhlete ihm auch von einem Vogel, deflen Federn man bey ihnen auf der Jagd an die Netze zu binden pflegete, wovon fie ſich vieles Glück in ihrem Fange verfprächen. Herr Gmelin ließ fich derglei⸗ chen bringen, und erfannte ihn ſogleich für den genannten Waſſerſperling. Die Tas tarn verfihern, er ſey im Sommer ſchoͤn Himmelblau. Wenn die Sache ſich fo befän’ de, fo würde es vielleicht der Cyanos oder Bellons himmelblauer Vogel (Cxrulea avis)» . oder Friſchens blauföpfige rothe Amfel (Turdus, Tab. IV, tot. 0p.32. Edward I, p. 18) feyn. Here Gmelin ift um ſo viel weniger abgeneigt, diefes zu glauben, weil ihm Friſch in feiner Beſchreibung deffelben einerley Nabrung mit ſolchen giebe, auch die Größe und Geſtalt einerley ift, ja auch darinnen gemeldet wird, daß er des Winters etwas unfcheinbarer werde. Die Kuffen und Tatarn vermengen den Wafferfperling und den Königsfifcher oder Eisvogel, Alcion 28), mit einander, wiewohl fie in der äußerlichen Bildung ſehr von einander abgehen, und fonft nichts als die Neigung zum Waſſer mit einander ge mein haben. Die Federn diefer Wögel dienen fowohl den Tatarn, als den Oſtiaken, zu allerhand Aberglauben. Die Tatarn rupfen ihnen die Federn aus, und werfen folche in das Waſſer, diejenigen , welche davon oben ſchwimmen, verwahren fie forgfältig und haften dafür, wenn fie mie einer ſolchen Feder eine Frauensperfon oder auch nur etwa von ihrem Kleide berühren, fo müffe fie denjenigen, der fie berühree Habe, unfehlbar fieben. Ein Oſtiak erzählete dem Herrn Bmelin, wenn jemand bey ihnen einen ſol⸗ chen Vogel ertappen koͤnnte, fo zoͤge er ihm das Fell mie dem Schnabel und den Fuͤßen ab, und nehete es in feinen Beutel. So lange er nun dieſes Fell hätte, fo waͤre er glücklich. Er fieng Darauf biteerlich an zu weinen; und als man ihn um bie Urfache deswegen befragere, fo gab er vor, er härte durch den Verluſt eines folches Felles auf) fein Weib und Hab und Gut verloren, . Die Tungufen an dem Kifchnaja- Tunguska rühmen auch viel an den Eigen’ [haften des Blauſpechtes 29), der in der rufifchen Sprache auch der kleine Specht, der dumme Blinde, das Oechslein und der Kriecher genannt wird- Sie braten diefen Vogel, ftampfen ihn, mifchen Fett darunter, nur Fein Baͤrenfett/ weil dieſes leicht faulet, und ſchmieren mit dieſer Vermiſchung die Pfeile, deren fie fi zum Schießen des Wildes bedienen. Auch die Jakuten befihmieren mir dem Blute ober Fleiſche diefer Wögel ihre fich felbft losſchießenden Pfeile 30). Sie geben vor, ein Thier, das mit einem ſolchen Pfeile getroffen worden, falle gleich auf der Stelle nieder und Fönne nicht einen Schritt weiter thun. Pr ; ‚Her 27) Merula aquatica, ‚Gefneri, donſt. Wil. .‚corporenigro. Linn. Faun. fuee. p. 82. 216. lugb. Ray. Sys. n. 66. Motacilla pe&ore albo, Turdus aquaricus. Alein Hif.ay, p. 68 \ durch Sibirien. 369 G Here Gmelin reiſete den ı6ten des Brachmonates um ſechs Uhr des Abends, in. Gmelins sekifehaft des Malers Lürfenius, eines Schügen, eines Kofafen und erlicher Sol» Reiſe. ge von Kraſnogarsk ab. Sie giengen in einem ziemlich großen Fahrzeuge über 1740. k Jenifei-Ftuß, und nahmen ifre Wagen und Pferde mit: jenfeits des Fluſſes abe —' heten ſie ſich in die Wagen, und nahmen den Weg zu Sande, F Den ıgten führen fie zwiſchen dem Balai und Ujar, zweenen fifchreichen Fluͤſſen, Gmelins Rei: ein fruchtbares und ſehr angenehmes Land. Die mit Birken bewachſenen Plaͤtze ſe au den waren meiſtens rund, und hatten hin und wieder Eſpen, auch in der Mitte gemeiniglich Ufern des Je⸗ ein ſchoͤnes Roſengeſtraͤuch, woran die Kunſt gewiß nicht den geringſten Antheil hatte. "IR 8 war da eine Poſtſtation, und der Poſthalter nahm: fie ſehr wohl auf. Herr Gme⸗ lin, welcher fich verwunderte, daß ein fo ſchoͤnes Land nicht bewohnet wäre, fragete N, woher ſoiches doch kaͤme? Er antwortete ihm, es hätten einige Bauren geberben, Man möchte ihnen erlauben, ſich hier anzubauen: es. wäre ihnen aber abgeſchlagen worden, Es ſchien, als wollte er die Schuld einem Frafnojarsfifcehen Woiwoden bey⸗ meſſen, der nicht allemal das gemeine Beſte vor Augen gehabt hätte. Den aoften giengen Herr Gmelin und fein Gefolge auch noch durch ein fehr fchö= nes Sefilde, und kamen zu den Eansfifchen Aderfeldern. Sie langeten des Abends um fechs Uhr zu Ranskoi⸗Oſtrog an, wo fie fich etwas ausruheten, und bis den 2aften gegen Abend blieben. Die größte Beſchwerde, welche fie auf dieſer Reife aus: zuſtehen harten, waren die Mücken und Bremfen. Den zoften des Abends, wurden die Gerärhfehaft und die Reiſewagen, auf eine Foͤße gebracht, damit ſie auf die andere Seite des Fluſſes Ran kaͤmen, an deſſen jen⸗ feitigem Ufer fie übernachteten, Den andern Morgen giengen fie durch dicke Waldun⸗ gen, über einen riefen Fluß, über welchen man die Geraͤthſchaft nicht anders, als auf dem Rücken der Pferde bringen Fonnte, und durd) lauter fruchtbare Felder, worunfer einige Gegenden mit faft Feinem andern Kraute, als dem hochzinnoberrorben türfifchen unde, über und über bewachfen waren, welcher in Deurfchland eine große Zierde der Gaͤrten ift, diefen Feldern aber au) eine vorzügliche Pracht mittheilete. Sie fagerten ſich in dem affanifchen Sande bey einem mit lauter Tannen betvach« nen Bache, und unter den Bäumen , damit fie von der Hitze, welche fehr groß war, nicht fo viel ausftehen dürften. Sie macheten aud) ein Feuer, um fi durch den auch deffelben von den Mücfen und Bremfen zu befreyen , welche fie erbärmlich ge plaget hatten, Nahe bey dem Orte, wo fie fich gelagert Hatten, war ein Lerchenbaum, Ungefäpe zehn Klafter hoch, und etwan drey Fuß dick, aus welchem der Donner vor wenigen Tagen, wie es fehlen , ein Stück von oben an bis auf die Wurzel, ſchlangen⸗ weiſe herausgeſchlagen hatte, fo daß ver Baum, welcher noch aufrecht ſtund, hin und wieder durchſichtig war. Das herausgeſchlagene Stuͤck lag dicht an dem Baume, nebft noch vielen kleinen Splittern rund umher: der Baum aber war noch ganz grün, Und die Blaͤtter daran fahen friſch aus. Kr Gegen 28) Upida omn. Auit. Ruh ER 29) Sitta ſeu Picus einereus. 30) Man ſehe oben a. d. 241 ©. Allgem, Beiſebeſchr. XIX Band. Aa a 370 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Gegen Abend fie man fort, weiter zu gehen, bis an die Quelle eines Baches, Reife. ber auf ruſſiſch Jetſcha, font Erſchoͤ heiße, und fi) in den Tanai ergießt wo man 1740. fi} einige Zeitlang aufbielt. Unterdeffen nun, daß man allhier ausrubere, ließ fich der —— Bogel Schreck, eder wie man ihn anderswo nenner ‚der Wachtelkoͤnig, (orlygome- tra) auf ruſſiſch Dergatſch, hoͤren · Weil die Affanen, welche damals bey dem Herr Gmelin waren, von demfelben ein Gefpräch anftengen, ſo ließ er fich in daffelbe mit - ein, und fragete, wohin diefer Vogel im Winter jöge, da man wohl fähe, daß Flie⸗ gen feine Sache nicht wäre, und er nur bloß durch Saufen einem Feinde, der ihn vor? folgete, zu entgehen ſuchete. Er ließ fich auch in der That von den Leuten des Profel® fors, die ihn, wiewohl vergeblich, zu fangen trachteten,, von einem Orte zum andern ja⸗ gen, ohne daß er es ein einziges Mal verficher hätte, ſich durch: die Fluche zu retten. Die Affanen antworteten ihm einmüthig, alle Tatarn des frafnojarsfifchen Gebiethes wuͤßten gar wohl, daß dieſer Wogel nicht durch feine eigenen "Kräfte in andere Sünder ziehen koͤnnte, fie hielten aber auch alle dafür, daß die Kraniche, went fie im Herbite wegzögen, ein jeder einen Wachtelkoͤnig auf feinen Ruͤcken nähme und ibn in wärmere Laͤnder fuͤhrete. Man gieng felbigen Abend noch weiter und Fam den zuften bey guter Zeit nach Rofchdeftwenskoje-Sielo an dem weftlichen Ufer des Uſſolka, wo Herr Gmelin einige Tage zu verweilen Willens war. Diefes Dorf gehörete dem jenifeifchen Koſa⸗ ken⸗ Oberſten, dem beſondern Freunde dieſes Profefforsz welches denn eine Urſache war) ſich daſelbſt aufzuhalten. Isa Es war ſolches Dorf, feit ungefähr zehen Jahren angeleger worden, und beftund, damals aus zehn Bauerhoͤfen, einem Herrnhauſe und einem Pfarrhauſe. Die Kirche zur Geburt Ehrifti war verwichenen Herbft zu Stande gebracht, und etliche Tage vor Weihnachten eingeweiher worden. Das Waffer des Uſſolka friere des Winters in die fer Gegend faft bis auf den Grund aus; und das wenige, welches nachbleibr, nimmt einen ganz widrigen Geſchmack an ,. fo daß es zum Trinken nicht tauget, und dem Vie he auch wohl gar den Tod bringe, Sonft iſt die Gegend angenehm, und bat fehr viele Felder von ſchwarzer fetter Erde, mit Waldung untermengt, welche zum Ackerbaue überaus dienlich find; wie denn der Winterroggen hier fehr wohl, der Sommerroggen und Weizen hergegen nur ſehr mittelmäßig fortfömmt. Sie iſt aber. faft gar nicht be wohnet. Die affanifchen Tatarn find mehr zur Seiten in enfferntern Gegenden, Ute gefaͤhr ſechs Werfte oberhalb diefes Dorfes fah man einige von ihren Jurten, die aber erft feit einem Paar Jahren aus gutem Zutrauen zu den euffifchen Einwohnern bier ſtunden. Die Weide iſt hier unverbefferfih, und alle Arten von Viehe gedeihen hier ſehr wohl, nur daß die Wölfe, fo wie in ganz Sibirien, zuweilen großen Sch® den thun, Der Befißer des Ortes hält bier Feine andere, als Falmudifche Schafe 1), mel che fich hier nicht nur fehr wohl befinden, fondern ſich auch ftarf fortpflanzen, und ihre eigene Arc beybepalten. Sie haben zwar eine gröbere Wolle, als die gemeinen ruſſi - Shen Schafe, obwohl auch diefe ſehr ſproͤde ift, find aber viel größer; ihr Fleiſch iſt viel ſchmackhafter und daher in der Haushaltung weit vorrheilbafters Die — ibir 31) Ovis laticauda. Ray. Synopſ. animal. quadrup. p. 74. IE N N 8. sıE — —— Bcer ja der gerade: der, : 4 C Oh oder Ma = Kiered. „der 3 CHE THIERE EN IBIRIS das ale, Crauwerk..b. das Pola % 2; 2: 1. dlendsthier Sales Kleine =] NUN ect — — — Fr Ze or durch Sibirien. | — Sibirien haben deswegen: ſchon viele Verſuche angeſtellet, dieſe Art anſtatt der an Gmelins dern zu erziehen: es hat ihnen aber noch nicht damit gelingen wollen. Die Schafe Reiſe. find entweder nach und nach ausgeartet, oder es iſt eines nad) dem andern umgefallen. 174% In Rußland felbft hat man mehr, als einmal, Mittel gefucher, die Falmudifchen —— Schafe dafelbft zu vermehren, Man bat forgfältig Acht gegeben, daß fie fich niche mie den gemeinen ruſſiſchen Schafen, fondern bloß unter einander, belaufen möchten : fie find aber dennoch, nach etlichen Erzeugungen, aller diefer Vorſichtigkeit ungeach⸗ fee, ausgeartet, und ihre Schwänze nach und nad) dünner, der ganze Leib aber merk. lich Eleiner geworden. j Es giebt. noch eine andere Art wilder Schafe, die in der mongofifchen Sprache Argali genennet werden *).. Sie finden fich in den ſuͤdlichen Gegenden des Gebirges, von dem Irtiſche an ſowohl ſuͤdweſtwaͤrts nach der Kalmuckey, vornehmlicd) an dem Fluſſe Buchturma, als oͤſtlich, bis in das obere Gebirge der Db-und enifeiflüffe, don dannen bis an das Gebirge des Sees Baikal, und weiter bin bis an das große MWeltmeer und Kamtſchatka. Befonders find fie in diefer Halbinfel, und den benach- barten Eylanden der Kurilen, Korjacken, und Bamtſchadalen in folder Hod- achtung, daß, wenn fie etwas recht ſchmackhaftes befchreiben wollen, fie zu fagen pfle⸗ gen , es. fomme dem Fette dieſer Thiere bey. / Dieſe Thiere- find ungemein munter; und diefe Munterkeit feheint fie gar leicht Beſchreibung von dem Gefchlechte der Schafe auszufchließen , und fie vielmehr dem Hirfchgefchlechte des Argati, beyzugefellen. Die äußere Geftalt des Argali, dem Haupte, Halfe, den Füßen und dem kurzen Schwanze nad), koͤmmt aud) in der That mit dem Hirſche fehr überein, wie: wohl es faſt noch milder if. Denn dasjenige Thier, welches Herr Gmelin lebendig gefehen, wurde für ungefähr dreyjaͤhrig gehalten, und doch getraueten fih zehn Mann nicht, es zu bandigen. Es war von dem oberfien Theile des Kopfes bis auf den Boden anderthalb ruſſiſche Ellen hoch, und von da, mo Die Hörner auswuchſen, bis an den Schwanz eine und drey Vierthel folcher Ellen lang: Die größten unter diefen Thieren folfen einem Dammbirfche beyfommen, Die Hörner entſpringen dicht über den Augen gerade vor den Ohren, kruͤmmen ſich zuerſt binterwärts, und dann wieder vorwärts, wie in einem Zirkel, nur. daß das Ende etwas aufwärts und außerhalb gebogen ift. Sie find von ihrem Mefprunge an, bis auf die-Hälfte ſehr runzelicht, weiter hin etwas gaͤtter, wiewohl nicht ganz glatt, In diefen ſtecket alle Stärke des Thieres, wenn "Man den Erzählungen der Einwohner Diefer Gegenden frauen darf, Die Boͤcke follen öfters auf eine folche Art mit einander Fämpfen, daß fie mit den Hörnern gegen einander anlaufen, Und ſich diefelben abftoßen, wovon man bin: und mieder in der Steppe einzelne Hörner finder , deren Deffnung zunächit an dem Kopfe fo groß ift, daß fich die Fleinen Step- Penfüchfe derfelben öfters zu ihren Höhlen bedienen. Was für eine Kraft dazu gehöre, &in folches Horn abzuftoßen, das kann man daraus urtheilen, daß diefe Hörner, fo lange das Thier lebet, ſtets an Dicke und Länge zunehmen, und die Stelle, da mo fie an dem Hirnfchädel angewachfen find, immer mehr Härte befümmt. Ein recht ausge Wachfenes Horn foll, wenn man fein Maaß a Krümme nad) nimmt, zwo Ellen lang a. 20 und S Die Beſchreibung derfelben findet ſich in einer Anmerk. im dem erften Theile diefer Reife a. d. u. ff. S. 1 a Meiſe nach Kamtſchatka } + , ‚Smelins und bey dem Urfprunge einer Fauſt dick feyn, und zwifchen drehßig und vierzig ruſſiſche Reife, 1740 Pfund wiegen. Die Hörner des Argali welches Herr Bmelin gefehen hat, waren weißlich gelb: je älter aber das Thier wird, defto dunkler und ſchwaͤrzer werden fie Das Thier har fpisige und mittelmäßig breite Ohren, und träge folche gemeiniglich aufrecht. Seine Füße haben geſpaltene Klauen, und die Vorderfüße find drey Bier thel Ellen fang, bie hintern aber länger, "Wenn es auf einer Ebene ſteht, fo find die Vorderfuͤße allemal ausgeſtreckt, die hintern aber gekruͤmmet; und diefe Kruͤmmung ſcheint fich zu vermindern, je fteifer die Derter find ‚ worüber das Thier zu gehen haf- Bon dem Halfe hängen Wammen herunter. Die Farbe des ganzen Leibes ift grau mit braun vermenget. Laͤngſt dem Ruͤcken läuft ein gelblicher Strich, der in das Fuchsrothe fälle, tie denn biefe Farbe auch an dem Hintern, an dem Innern Theile der Füße, und an dem Bauche zu ſehen ift, wiewohl hier etwas blaͤſſer. Diefe Farbe währet von dem Anfange des Auguftes, den ganzen Herbft und Winter hindurch, bis an den Frühling, bey deffen Annäperung ſich die Thiere haͤren, und alsdann über und über vörhlich ausfehen. Die zweyte Härung iſt gegen das Ende des Yullus- So fe ben die Boͤcke aus. Die Ziegen find immer etwas Fleinerz und ob fie gleich auch mil Hoͤrnern verfehen find, fo find fie doch, in Anfehung der befchriebenen, ſehr klein und duͤnn und nehmen mit den Jahren ſehr wenig zus" Sie find auch meiftentheils gerade „ faſt gar nicht runzelicht, und ungefaͤhr fo, wie unferer zahmen Bocke ihre, Die innern Theile diefer Thiere,' find mie bey andern wiederfäuenden Thieren be ſchaffen. Der Magen beſteht aus vier befondern Höhlen, und fie find mic einer groß fen Gallenblaſe verſehen. Das Fleiſch ift zur Speife gut und kann wie Rehfleiſch ge⸗ braucher werden, Das Fett hat einen befonders angenehmen Geſchmack, nach, dem Zeugniffe der kamtſchatkiſchen Voͤlker. Ihre Nahrung iſt Gras, Sie belaufen ſich im Herbſte, und werfen eines oder zwey Jungen im Fruͤhjahre. Den Haaren, der Geſtalt und der Munterken ‚ tie auch dem Geſchmacke bei Fleiſches nach, gehörer diefes Thier zu dem Hirfch-und Rehgeſchlechte. Die beftändigen und nicht abfaltenden Hörner aber fehließen es davon aus. Die in einen Zirfel gebog® nen Hörner geben ihm einige Aehnlichkeit mit dem Schafe: der Mangel der Wolle und feine Munterfeit aber unferfcheiden es gänzlich davon. Wegen der Haare, womit fit beffeidet find, wegen ihrer Lebensart in felfichten Gegenden, und ihrer öftern Kämpfe gehören fie zu den Steinboͤcken: der Mangel des Bartes aber, und die Frummen Hör ner verfagen ihnen dieſes Gefchlecht. Könnte man diefes Thier nicht lieber, fager Hr, Gme⸗ lin, für ein befonderes Gefchlecht ausgeben, und es für den Muſtmon der Alten halten? Denn mit diefem koͤmmt es nach des Plinius, und noch beifer Geſners Br fchreibung 32) ungemein überein. a Den asften des Brachmonates:rifte Herr Gmelin mir feinem Reiſegefaͤhrten, dem Maler Luͤrſenius, vier Werſte gegen Oſten, eine ſehr dicke Birke zu beſehen, die von einem Donnerſchlage vor einigen Tagen auf eine ſo ſeltſame Art getroffen worden, da deren beſonders außerordentliche Geſtalt ihn vermochte, ſolche abzeichnen und in Ku⸗ pfer ſtechen zu laſſen. Zugleich waren in einer Entfernung von ungefaͤhr zwanzig zur tern, + 32) Hiftor..animal; Lib. I.de quadrup. vivi-' ter dem Namen Mouflon, Hiſt. nat, T. xl par. p. 394, 395. Herr Buͤffon redet davon un: 4. p, 352. dureh Sibirien. 33 tern, noch bier anders Birken getroffen, welches nach Ausfage der in dev Nähe ſich be- fündenen Bauren durch einen Schlag geſchehen ſeyn follte. Denn die Bauren in Si⸗ irien ſind ſehr aufmerkſam auf die Oerter, wo der Donner eingeſchlagen hat, weil fie nach Verlaufe dreyer Jahre, wie fie ſagen, den Donnerkeil daſelbſt zu finden hof⸗ fen, welcher fich innerhalb folher Zeit nach und nach), dutch feine eigene Kraft, oder dielfeiche durch Die Kraft der Erde, die dergleichen fremdes Zeug nicht in fi) leiden Önnte, herauf fommen fol. Diefe Meynung von den Donnerfeilen oder Donner Pfeilen ift in ganz Sibirien und auch fo gar in Nußland bey dem Pöbel allgemein. Herr Emelin, welchem man einige von diefen Donnerfeilen zeigete, erfannte fie für Wahrhafte Kiefelfteine, die wie Pfeile geformet waren, deren fich vermuthlich, bey dem damaligen Mangel des Eifens, die alten Einwohner in Sibirien in ihren Kriegen Wider einander bedienet haben. Die fibirifchen Einwohner halfen dergleichen Steine - in hohen Ehren und glauben, fie feyn ein unfehlbares Mirtel wider das Seitenftechen, ie legen fie deswegen in ein Gefäß, gießen Branntewein darauf und laffen folches Eine Zeitlang ſtehen. Wer diefen austrinfe, verliert fein Seitenftechen ſogleich, wenn et nur einen guten Glauben dabey har. Ar Den z6ften unde7ften des Brachmonates reiſete man weiter, ohne etwas merk⸗ wuͤrdiges anzutreffen, bis man Taſſevskoi⸗Oſtrog an dem linken Ufer des Uſſolka &reichete. Dieſer Oſtrog iſt ſeit 1733 auf den Trümmern eines aͤltern erbauet wor— den, die Kalmucken im Zaume zu halten. In dem Bezirke diefes Oftroges ift eine dem Heil, Nicolaus dem Wunderthäter geweihete Kirche, ein Salzhaus, ein Pulver: keller und ein kleines Zeughaus, worinnen zwo eiferne Canonen, eine eiferne fehr große Handbuͤchſe, fechs und dreyßig Musketen und Flinten und die dazu gehörigen Kugeln, Pulver und Bley. Zunaͤchſt daben ift ein Wachthaus: der Befehlshaber aber wohnet Außerhalb dem Oſtroge, und in feinem Haufe ift auch die Gerichtsftube, melche fo, Wie der ganze Ort, unter Jeniſeisk ſteht. Diefer Oftrog ift gegenwaͤrtig eben von kei⸗ nem großen Nutzen, weil die Tatarn und Tungufen von Tage zu Tage in ihrem Um— gange leutſeliger werden, und das wilde Wefen ablegen. Sie find nun in Ordnung gebracht, Vormals harten fie feinen rechten Begriff von der Abhängigkeit. Alles, Was nicht von ihrem Wolfe war, fahen fie als ihre Feinde an, welche zu berauben, fie für ein gutes Werf hielten. | ar Diefe danze Gegend it fehr ſchweren Ungewittern unterworfen, und befonders bö- tee man daſelbſt fehr viel von erfihrecklichen Sturmmwinden, Man hatte aber bey Men⸗ hen Gedenken keinen erfahren, welcher demjenigen beyfam, der das Jahr zuvor ger Hoher und das Sand verheeret hatte. Den z7ften May 1739 gleid) nad) Mittage ſah Eeſchreckli⸗ man zwo Wolken, die faſt wie Regenwolken ausſahen, eine vom Mittage, die andere cher Sturm. aber yon Abende ber fahren, welche ſich nach einer kurzen Zeit vereinigten, da denn n ihnen etwas in die Höhe fiieg, welches wie eine Säule ausſah. Diefe Wolfe war Auf beyben Seiten überaus finfter, in der Mitte aber faft fo durchſichtig, als Mas Venglas, - Zu gleicher Zeit börete man ein großes Ziſchen, Saufen und Braufen in der Luft, und man Fonnte vor Staube und Düfterheit nicht das geringfte fehen. Dieß daurete zwar nicht länger, als eine halbe Vierthelſtunde: man fah aber, nachher, was Mr Verwuͤſtung es in diefer kurzen Zeit angerichtet hatte, ° Eine fleine Waldung, uns gefaͤhr hundert Klafter breit war davon gaͤnzlich zernichtet. Der Sturm hatte nicht a a 3 — nur 374 ‚Reife nach Kamtſchatka Gmelins nur die Eleinen, ſondern auch Die größten Bäume, und darunter fehr Dicke geſunde und Reife, hohe Lerchenbaͤume 33) mit der Wurzel ausgeriffen, und einige ungefähr eine Werſte "1740 weit, einige noch. weiter, und einige. auch fo weit weggeführet, daß man fie nie mwals bat wieder finden koͤnnen. Zween Morgen Aderlandes, welche ein Koſack mit Roggen befäct harte, wurden von diefem Sturme ganz mit zerbrochenen Bäumen bes decket, die er entweder in der Mitte, oder bey der Wurzel abgeriffen, ober audy wohl in zwey, drey und mehr Stuͤcke zerſplittert hatte, Merfwürdig war, es, daß. viele ſchwache und verfaulte Bäume ftehen geblieben und von dem Sturme nicht beruͤhret wor⸗ den, da ſie doch unter den andern mitten inne geſtanden. Wie hoch er die Baͤume geworfen, und nad) was für einem Striche er gegangen, Eonnte man nicht fagen , weil man, fo lange er waͤhrete, nichts hatte ſehen koͤnnen. Ein jeder war in fein Haus ge⸗ flüchtet, worinnen fich viele theils unter die Baͤnke, theils unter den Fußboden verkros hen 34), damit fie den Sturm nur nicht anhoͤreten, und vor deffen Wirfungen ficher wären, « Er deckete viele Häufer ab, und führete die Dächer nebft den Stubendecken hinweg; er riß fo gar eine große Anzahl Häufer nieder, zerſtreuete das Gerraide aus den Kornhäufern und Scheunen, zerbrach oder entführere eine unzählige Menge Haus- . geräthe und Werfzeuge, kurz, er richtete allein fo. viel Verheerung an, als die allerzahle reichſte und grimmigſte Horde nur immer hätte thun koͤnnen. ve Eine Wiege, worinnen ein Rind gelegen, und welche in einer Kammer gehangen, die aus ihrer Stelle in die Höhe bewegt, und auf die Geite geneige worden, wurde bloß mit vielem Staube bedeckt, dem Kinde aber nicht der geringfte Schaden zuge fuͤget, ungeachtet die Wiege mir vielen Balken von dem entzwey gefchmiffenen Haufe allenebalben umringer wurde. Eine Bauersfrau, die mir ihven Eleinen Kindern waͤh⸗ rend diefem Sturme in einer Badftube war , wurde durch ein von oben berunterfallen: des Brett dergeſtalt getroffen, dafs fie acht Tage krank lag: und obgleich die Badftube gervaltig zertruͤmmert und faft ganz zerſtoͤret worden, fo hatten doch die Kinder nicht die geringfte Wunde oder Quetſchung dabey befommen. Es famen in diefem grimmigen Sturme eine Menge Vieh, Ihiere und Men ſchen um das Leben. Ein junger Bauerkerl, der fih in der Nähe von Taffeevskor Oſtrog auf dem Wege befand, wurde, von feinem Dferde herunter geriffen, und unge fähr zwanzig Klafter weit weggeworfen. Zum Glüde für ihn, befam er bey diefer £uftreife noch eine Birfe zu faflen, woran er ſich biete; denn fonft würde er vielleicht noch weiter geflogen feyn. Das Blur lief ihm ftrommeife aus dem Munde, der Nafe, den Ohren und den Augen; und die Stirne wurde ihm eingefchlagen. Sein Pferd wurde zu gleicher Zeit, in faft eben fo ſchlechtem Zuftande ziemlich weit meggemorfen, die Pferdedecke in viele Fetzen zerriffen, und durch den Fall zwoer Birken tief in „Die Erde geſchlagen. Ein erwachſenes Bauermaͤgdchen ſtund bey dieſem Sturme auf der Treppe eines Hauſes, und wurde fünf Klafter weit davon mweggeführee, und rund her⸗ um mit Balken von Käufern dergeftalt bedecket, daß es darunter Faum bervorfriechen Fonnfe,, wie ihm denn auch der linke Fuß an dem Knie ftarf geſchmettert war. Die 33) Man wird nicht leicht ein zaͤheres und Her ungern. 3 - fefteres Holz finden, als der Lerchenbäumen ihres, 34) In den ruffifchen Stuben gemeiner Leute, Die Tiſchler und Zimmerleute verarbeiten es da: pflegt unter dem Scubenboden eine — F ey dur Sibirien. | 375 Die ganze Gefchichte diefes Sturmes wurde in einen actenmäßigen Bericht gefafler, wobey alle Yusfagen gerichtlich bezeuger, und die Verheerungen felbft in Augenſchein genom: Men worden. Aus diefem Berichte har Herr Gmelin dielange Erzählung genommen, die er Avon machet, und wir garfehr abgefürzer haben, Aus den eingezogenen Erfundigungen er Ilere fo viel, daß der Sturm zwiſchen Mittage und Abend angefangen, und fich gegen Stordoften oder vielmehr gegen Oftnordoften gezogen. enfeits des Baches Schumiche War nichts mehr von feinen Wirfungen zu fehen gewefen, weil das Sand dafelbft ganz n und ohne Bäume ift. Es koͤmmt aber Herrn Gmelin gar niche wahrfcheinlich dor, daß feine Wirkungen in fo einen engen Naum follten feyn eingefchloffen ge: weſen. Es war eben diefer z7fte May 1739 der Tag, da die beyden Profefforen, Müller und Gmelin, von Jeniſeisk abreiferen. Er war fehr ſtuͤrmiſch, und ein von rkutzk zu Waffer gefommener Kaufmann erzählete, er habe an eben diefem Tage, kurz nach Mittage, (welches eben die Zeit des taffeevsfifchen Sturmes it), inder Ge- gend des Uſt⸗Tunguſtkoi⸗ Pogoſt einen Kerl, auf dem enifeifluffe in einem Kahne führen gefeben; da fey plößlich ein Wind entftanden, der Faum zwo Minuten gewaͤh— ter habe, in welchem der Kahn umgefihmiffen, der Kerl aber ins Waſſer geworfen worden, aus welchem er ſich doch , weil er fihon nahe am Ufer gewefen , noch glücklich geretter habe. Die Einwohner in Taſſeevskoi⸗Oſtrog feinen ganz eigene Leute zu ſeyn, weil fie faft Eeinen Umgang haben. Sie leben unter fih) und den dafigen Heyden, Fommen Nirgends bin, und werden auch nicht leicht wohin verſchickt. Wenn man alfo die fibi- tiſchen Sitten und ihre Lebensart deutlich erkennen, und einen rechten Begriff davon ekommen will, fo muß man eine Zeitlang hier wohnen. Man wird bald fehen, daß fie der Jagd fehr ergeben find. Sie haben zwar das ſchoͤnſte Ackerland, wovon fie ſich vollkommen ernähren koͤnnten: es darf aber nur ‚ein wenig Miswachs fommen, fo werden fie gleich einige Jahre lang der Jagd allein nachgeben, bis fie etwan durch ein Wer anderes Benfpiel wieder zum Kornbaue aufgemuntere, oder Durch eine unglückli- de und nicht ergiebige Jagd von derfelben abgehalten werden. Sie haben großen Umgang mit den Tungufen an dem Ona, und an der Tun- uska, von denen die aͤrmſten bey ihnen faft Jahr aus Jahr ein arbeiten: wofür der Dauer fie nicht nur in Effen und Kleidung unterhält, fondern aud) der Krone den. uͤhrlichen Tribut für ſie bezahlet. So groß, anſehnlich und angebauet auch der Ort iſt, ſo ſollen doch nicht über fünf Karren darinnen ſeyn, weil die Bauern ihr Korn nicht Sommer nad Haufe zu führen pflegen. Sie dreſchen es erft im Winter auf dem delde aus, und fuͤhren das Ausgedroſchene auf Schlitten nach Hauſe. Den asften des Brachmonates, eine Stunde vor der Sonnen Aufgange, ritt Ser Bmelin mie zweenen Schlägen, einem Schreiber und zweenen Koſacken längft der NINA unterwärts. Um Mitternacht, nachdem er vermittelt eines Kahnes über die. fen Fluß gefahren, erreichete er einen Klofterhof des jeniſeiskiſchen a | woſe ſeyn, wie ein Keller, in welche auch aus der das Getraͤnk, Milch, eingemachten Kohl u. d. g. fi be eine Thuͤre hinein geht. Man bedienet zu verwahren, I TER derſelben, fo wohl im Sommer, als Wiuter, Gmelins Reife. 174% 376. Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins woſelbſt er uͤbernachtete. Dieſer Hof beſtund aus einigen beynahe verfallenen Haͤuſern, Reiſe. einem mit einer Stube für den Praͤlaten, wenn er etwa aus dem Kloſter hieher kom⸗ 1740. men follee, einem andern für einen Mönch, der die Aufſicht bat, zweyen Provianthaͤu⸗ — — fern, dichen Käufern fuͤr die Arbeitsleute und einer Schmiede. Den Zgften wollte Herr Gmelin ſich des Morgens ganz fruͤh nach der Salzkothe verfügen?’ "Ehe er aber abreifere, fchlugen ihm die Klofterleure vor, ihr Bier zu vers fuchen, welches, wie fie ſageten, nicht mit dem gemößnlichen Hopfen, fondern mit einem andern, der bey ihnen wuͤchſe und Schafte hieße, gebrauet würde, Er Eoftete es auch, und fand feinen widrigen Geſchmack daran: jedoch foll denen, die es ſtark trin⸗ fen, der. Kopf weher davon thun, als von dem mit dem gewöhnlichen Hopfen. Das Schaſta, welches er fich zeigen Heß, mar ein befonderer Tannenmooß, welcher in den meiften Gegenden Sibiriens wählt, an andern Orten in Europa aber mehr an Eichen und Buchen gefunden wird, welche beyde Arten Bäume in Sibirien gar nicht find« In Deutſchland nennet man es Leberkraut 35), wofelbft aber diefer Mugen davon noch nicht bekannt ift; wiewohl auch der von den Eichen und Buchen eine; mehr zuſam⸗ men ziehende Kraft haben fann. Dem Herrn Gmelin Fam diefer fibirifche Mooß art den Tannen fehr bitter vor; und vermuchlich ift dieſe Bitterkeit wohl nur das Einzige, worinnen er mit dem gewöhnlichen Hopfen übereinfömmt, Die Salzkothe, welche Herr Gmelin darauf beſah, liege über dem Uſſolka, in einem Morafte, der aber gar nicht falzig ift. Es gehören dazu drey Salzquellen, die nur wenige Klaftern von einander und nahe an dem Uffelfa liegen, aber nicht fehr er- giebig find. Das Salz davon ift fehneeweiß, jedoch felten ohne Sand; daher es auch nicht ſo gut ſalzet, als anderes. Nachdem Herr Gmelin alles beſehen hatte, ſo nahm er den Ruͤckweg uͤber die Salzkothe bes mangaſeiſchen troitzkiſchen Kloſters, welche er den Tag vorher nicht be fehen hatte. Sie hat nur eine Salzquelle, die aber fo reich iſt, daß es ihr niemals an Salzwafler gebricht, wenn man auch beftändig in einem fortfochen wollte. Indeſſen wird doch, nad) der Gewohnheit in Sibirien, nur im Winter dafelbft gefocher. Das Salz davon ift nicht fo weiß, als das vorige: es falzet aber beſſer, und hat niche | viel Sand. Die Duelle ift dichte an dem Uffolfa, und wie gewöhnlich in einen Zieh⸗ Brunnen eingefaſſet. Zu diefer Kothe gehören eine Kirche, welche der Geburr Johan⸗ nis des Vorlaͤufers Chriſti gewiedmet iſt, ein Kloſterhof, ſieben Wohnhaͤuſer fuͤr die Arbeitsleute und Kloſterbediente, eine Schmiede, ein Salzvorrathshaus, eine Korn⸗ muͤhle, die von dem Waſſer des Uſſolka getrieben wird, und ein Viehhaus, weil das Vieh dort in der Naͤhe ſeine Weide hat. Herr Gmelin wollte noch an eben dem Tage abreiſen. Das eingefallene Feſt der heil. Apoſtel Petri und Pauli aber hielt ihn zu Taſſeevskoi⸗ Oſtrog auf. Man hat ſchon vorher gefehen, daß in den fibirifchen Kirchdörfern der Gebrauch iſt an bem Einmweihungstage einer Kirche, der jährlich gefeyret wird, und der Deurfihen Kirch? meffe ift, Bier zu brauen und es auch an diefem Tage zu verzehren. Es ſcheint, ein kleiner Gewinnſt für den Küfter dabey zu feyn, der etwas mehr daraus loͤſet, als ws ordent⸗ 35) Tichenoides pulmoneum reticulatum vul- p. 212. Tab. XXIX. 4. B.C. m. 13. Pulmo® gare, marginibus peltiferis. Dill, Hiſt. muſc. naria. Dorf. Lon. Fuch/. et alior. - durch Sibirien, 377 ordentlicher Schenkwirth. Die Bauern balten dafür, diefes Kirchbier habe etwas hei- Bmelins ’ liges an fi, und deffen Ueberfluß Eönne ihnen um fo viel weniger fhaden. Man brauet Neife, er aber nicht bloß an den Kirchweihen, fondern an allen [andern Feyertagen, dergleichen, 174% irchbier. Die an vem Ona herumftreichenden Tungufen , melche Pferde haben, — — dergleichen Feyertage fo wohl, daß, wenn fie gegen ſolche nur etwas erfpaven Fünnen, fie famitienweife zu Pferde ankommen, bie Feyertagsluftbarkeiten mit zu genießen, . Und es fich in den Echenfen wohl ſchmecken zu laſſen. Diefe Tungufen reden, Wegen des vielen Umganges mit den Ruſſen, faft alle ruſſiſch; ja, es kam einer zu dem errn Gmelin in die Stube, der nach ruffifcher Weiſe das Zeichen des Kreuzes mas hete. Er fiellere ihn deswegen zur Rede, und fragete ihn, ob er getauſet wäre? Der ungufe fagete, nein, er thäte diefes aber, weil man ihn dazu anbiefre, menn er in 1e Schenfe fäme, und er haͤtte alfo geglaubet, er müßte es in allen Stuben beobach— fen. Die meiften Tungufen überhaupt, fo wohl Manns: als Weibesperfonen, trugen Bier ruſſiſche Kleidung: fie waren aber theils durch die Geſtalt, theils Durch die einge: Rebeten Figuren des Gefichtes, leicht von den Nuffen zu unterfeheiden. Sie find auch in Ürer Kleidung nicht gar zierlich; und weil fie fich, fo wie die übrigen Heyden, nicht wa⸗ en, fo fehen fie ziemlich garftig aus, und verrathen fich auc) gleich durch den Geruch, ie Ruſſen halten fie deswegen an, ihre eigenen Teinfgefchivre mit zu bringen; und es Wird ihnen in der Schenfe Fein Gefäß gegeben, woraus die Ehriften trinken. Herr Bmelin reifete mit feinem Gefolge gegen Abend von diefem Orte ab, und kam den andern Tag, als den ıften des Heumonates, nad) Kanskoi⸗Oſtrog, wo er ch einige Tage aufhielt, fo wohl die Leute ausruhen zu laſſen, als die daſigen Gegen— en noch etwas zu betrachten. , Den ten des Heumonates begab er fich wieder aufiden Weg; und Fam, nad Einer Reife von dreyen Tagen, den 7ten des Abends zu Kraſnojarsk an. Er fand as Kräuterreich in deſſen Gegenden fehr ſchoͤn. Es waren einige Kräuter bervorgefom« Men, die er bey feiner Abreife von bier noch nicht gefehen hatte; und die damals ſchon vorhanden gemwefen, befanden fich meiftens in reifen Samen. Die Reife von bier hatte demnach feinen Unterfuchungen nicht den geringften Nachteil gebracht, fondern viel: Mehr alles zubereitet, womit erfich nun beſchaͤfftigen konnte. Ein einziges nur reuete ”. Er hätte gern gerünfchet, den Früblingsceremonien der biefigen Tatam beyzu: Wohnen, wenn fie ihren Göttern Opfer bringen , ungeachtet er dergleichen fehon bey den akuten und Buräten gefehen haste, weil Dod) immer bey einem Bolke noch etwas vor- oͤmmt, melches man bey dem andern nicht wahrgenommen hat, . Da er nun glaubete, diefe Ceremonie würde hier fchon ganz vorbey feyn, fo wurde Fruͤhlingsfeſt. ihm den ıafen gemeldet, daß in einem Paar Tagen bey den katſchinziſchen Tatarn ein lches Feſt feyn würde. Er riet alfo den raten des Heumonates mit einem tatarifchen Olmeefcher noch vor der Sonnen Nufgange weg, längft dem Jeniſei hinunter, nad) chiloſchin⸗Uluß, der tatarifihen Jurte, wo er eine große Menge verfammier ſand. Das erſte Opfer, welches er bringen ſah, war chineſiſcher Taback, welchen der — chaman oder Zauberer, zum Theile indie Luft, und zum Theile in das Feuer warf, Um fich bey denen Geiftern, die fich zur Feyrung diefes Feftes einfinden würden, ein Wneigtereg Gehör zu verfihaffen. Darauf fprigete er gefäuerte Pferdemilch, zu ver, !edenen Malen gegen Oſten in die Luft. Mach diefem wandte er ſich mit feinem Ge, = Ry 378 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins ſichte immer näher gegen Süden ‚ und weiter hin gegen Weſten und Morden, bis er ‚ Reife, 1740. wieder gerade gegen Oſten fam, wobey er beftändig Pferdemilch in die Luft ſpritzete, und von denen Dingen, weldyen er das Opfer brachte, fir feine Gemeine ferner Gluͤck und Segen erbath. Das erfte Opfer wurde der Sonne und dem Monde gebrache; die übrigen waren für die in der Nähe liegenden merfwürdigen Derter, fo wie fie nach der Reihe lagen, als den Bach Scheſch, den Bach Selle, den einzeln liegenden Berg Tokwak, den Bach Eſir, den Fluß Abakan ‚ den Berg Chorna u. ſ. w. Der Begriff, den diefe Heyden von Gotte haben, ift, daß er ein Weſen fe, welches nichts als Gutes thue, und Feinem Gefchöpfe irgend einen Schaden zufüge Dieß iſt die Urfache, warum fie nicht gar zu viel aus ihm machen. Sie glauben, da$ gute Wefen müßte Gutes thun, daher fer es auch nicht fonderlich nötbig, es darum zu bitten, oder ihm viel dafür zu danfen. Alle ihre Andacht und Verehrung geht alfo auf das Döfe thuende Wefen, oder den Teufel. Die böfen Geifter find demnach bey diefen Völkern ſtets die Helden von dergleichen Feften. Sie werden angerufen, der Gemeine günftig zu feyn ; für fie ift die Pferdemilch beftimmet , die man in die $uft fprißer; und der Zauberer ift fehr forgfältig, ihnen zu fagen, es flünde in ihrem Belieben ‚ fo viel zu trinken, als fie immer wollten; es fäme ihm auf die Pferdemilch nicht an: er und feine Gemeine hielten fo gar dafür, fie wäre ihren, dev Teufel, wwegen erfchaffen, und den Ta- tarn gebuͤhrete eigentlich gar nichts davon, als mas fie ihnen aus Gnaden davon laſſen wollten, u. ſ. w. Herr Gmelin beobachrer, bey Gelegenheit der Verfprigung diefer gefänerten Pferdemilch, oder des daraus gezogenen Braunteweines ‚ daß diefe gegohrene Milch einen Weingeruch habe, obgleich nicht das Allergeringfte von irgend einem Getraide unter die Milch gemifchee werde; fie giebt daher auch einen Geift, der dem DBrannteweine gan gleich koͤnmt. „Zum menigften fehe! ic) r faget er, wie einer , der glauber, die Mil „ſey derjenige Saft, der dem Nabrungsfafte der Thiere fehr nahe fomme, und unter „allen übrigen Säften am menigften verändert fey, nicht auch zugleich glauben folle, „daß die Milch folher Thiere, die nichts, als Pflanzen, zu ihrem Futter haben, einen „Branntewein geben Eönne, „ Den ısten des Heumonates fah Herr Gmelin, bey feiner Zuruͤckkunft nach Kraſnojarsk, eben das Todesurtheil an einer getaufeten Tatarinn von fünf und zwanzig Jahren vollziehen, welches er verwichenen Winter ſchon geſehen hatte, Sie harte ihr rem Manne vor einem Jahre, aus Eiferfucht, welche ſich doch in allen Himmelsge genden äußert, den Kopf abgeſchnitten. Sie murde lebendig eingegraben;, und ftar den fünften Tag ſchon. Die Tatarn hielten dafür, die Geifter haͤtten fie zu dieſem Verbrechen angetrieben, damit fie hernach dafür geftraft würde, daß fie dem Glauben ihrer Vorfahren abgefager, und den chriftlichen angenommen hätte, Cie fonnten fon die fietliche Urfache davon auf feine andere Are recht angeben; denn man höret untet allen diefen Heyden überaus wenig von Eiferfucht , weil die Wielweiberey , die ihnen erlaubet ift, fie davon zu befreyen ſcheint. Seit dem ıoten des Heumonates fah man viele Tatarn von allen Seiten zu Krap nojarsk anfommen, der Krone ihren Tribut zu bezahlen. Kraft eines alten Herkom⸗ „mens wird ihnen, wenn fie diefen Tribut abgetragen haben ‚ eine Ergöglichfeir vor Drannteweine und Biere und ein Pferd gegeben. Weil fie nun nicht alle zugleich ie, 5 { h meh — durch Sibirien. Be. Ken, fo mußten die erftern warten, damit die letztern den’ Schmaus mit geniefien Fönnten. r erfelbe gieng den söten in der Feftung vor fih. Nachdem die gemelderen Tatarn von ein Getränke fehon fehr beraufcher waren, fo wurde ihnen das Pferd gebracht, auf Gmeling Reiſe. 1740. Welches ſich fo gleich einer ſchwang, dem bald darauf ein anderer folgete Sie ritten —— In dem Hofe ver Feſtung fo fehnell herum, als das Pferd laufen konnte. Man brau- ete feine Sporen, das Pferd anzufreiben, welche auch in Sibirien nicht befanne find; fondern es ftünden eine Menge Tatarn mit Prügeln da, und fehlugen auf das ferd, befonders deffen Kopf, mit aller Gewalt. Zuerft flogen die beyden Reuter herr Unter , und endlich fiel das Pferd zu Boden, da denn die Tararn mit erlichen wohl an» gebrachten Streichen es geſchwind vollends tödreren. Damit ihm aud) alle Kraft ſich zu bewegen, genommen würde, fo ſetzeten und legeten ſich fünf Tatarn darauf, Mittler— Weile wurde ihm der Kopf abgefchnitten, das Fell abgezogen, und das Fleiſch mic den Knochen in viele Stüce zerhacket. Darauf fiel der ganze Schwarm auf einmal dar- über her, und was ein jeder erhafchen und fort fragen konnte, das war fein. In einer halben Stunde alfo höchftens war das Pferd todrgefchlagen , zerſchnitten und fo zerrifs fen, daß nicht ein Knochen mehr davon zu fehen war. Denn fo bald ein jeder das Seinige weg hatte, fo trug er es nach dem Orte, wo er es Fochen Fonnte, und verzehrete es. Herr Gmelin, der beftändig mic feinen botanifchen Unterfuchungen befchäfftiger war, verfäumere Feine Gelegenheit, fi neue Pflanzen zu verfchaffen. Wenn er felbft nicht ausgehen Fonnte, fo ſchickete er einen Koſacken aus, Kräuter zu fammlen, den er ſchon ſeit einigen Jahren dazu gewoͤhnet hatte, und welcher nicht leicht ein Kraͤutlein vorbey ließ, Für ein jedes neues Kraut, welches Herr Bmelin das Jahr vorher, da auch bey ihm war, noch nicht gefehen hatte, befam er eine Belohnung, wodurch enn fein Fleiß und feine Aufmerffamfeit defto mehr ermuntert wurden, da er fehon elbft eine Freude an den Kräutern harte, _ Diefes brachte dem Herrn Gmelin den Vortheil zu Wege, daß er ohne Abbruch feiner Unterfuchungen der Kräuter um Kraſno— jarsk eine kleine Reiſe in dafige Gegenden thun Fonnte. Er waͤhlete dazu den Ma⸗ nafluß, den der verftorbene D. Meſſerſchmid zu allerley Unterfuchungen in der Na- turgeſchichte für fehr bequem gehalten, und wollte feine Reife mit dem Anfange des uguſtmonates antreten. Zu dem Ende verlangere er von der Frafnojarskifchen Kanze— *) ungefähr vierzehn Tage vorher, zween große Kaͤhne mit allem Zubehöre und der noͤ⸗ thigen Anzahl Arbeitsleute und Wegweifer. „Den gten Auguft, da alles fertig war, begab er fich auf den einen Kahn, und "Aumere den andern feinem Schreiber, feinem Kraͤuterkoſacken und zweenen Schuͤtzen ein: erliche Soldaten aber nahm er zu ſich. Den Maler fieß er zurück, weil folcher U Kraſnojarsk einige Kräuter zeichnen follte, die Herr Gmelin in einem Gärtchen a ‚ welches er dafelbft angeleget. Man veifete noch an eben dem Tage zur Mifta- eszeit ab, Den öten verließen die beyden Kaͤhne den Syenifei, und liefen in die Mündung des Mana ein, welche auf hundert und funfzig Klafter breit iſt. Man hatte viel Muͤhe, dieſen Fluß hinauf zu fahren. Die Kaͤhne wurden laͤngſt dem linken Ufer ge: gen; und weil die Reife fehr langfam gieng, fo ließ Herr Gmelin den Weg, den fie AM dieſem Ufer macheten, mit einer Meßkette —5* Der merkwuͤrdigſte Ort, den * 2 ſie I 580 Reife nach Kamtſchatka Gmelins fie an diefem Tage vorbey fuhren, war Magnit⸗Kamen, eine runde Klippe, die Reife. etwas naͤher gegen das rechte Ufer aus dem Waffer hervorragete, und um welche fid) 174% das Waffer rund herum drehe, Diele Flöße ‚ welche den Fluß herunter fahren , ſchei⸗ mr gen an diefer Klippe, Die erſten Floßbauren, welchen diefer Zufall begegnete, bils Beten ſich ein, die Klippe zöge von Natur die Floͤße an fi), und gaben ihr daher den Namen Magnit 36), Magnet. Die Kaͤhne trafen auch noch eine große Anzahl Fel⸗ fen, Klippen, Sandbaͤnke und Untiefen an, welche dieſem Fluſſe an verſchiedenen Or⸗ ten viel Geſchwindigkeit geben und die Schifffahrt auf demſelben gefaͤhrlich, oder doch we⸗ nigſtens ſehr beſchwerlich machen. Er minder ſich auch ſehr und iſt voller Kruͤmmun⸗ gen; daher ihn D. Meſſerſchmid in lateiniſcher Sprache nicht leicht ohne das Beywort ambitiofus.nennet, weil er ſich bey aller Gelegenheit gern ſehen laffen will ‚ ober viel mals wieder an einerley Ufern zeiget, welches die natürliche Wirkung der Kruͤm⸗ mungen iſt. | Don der Mündung des Mana an erhebt ſich an deffen rechtem Ufer eine Kette fehr hoher Gebirge, melche beynabe feinem ganzen Laufe folge. Den gten fand man fih einem Gebirge gegen über , melches Maslenskoi⸗ Ramen genannt wird, und aus einem ſchwaͤrzlichen Alaunſchiefer befteht. An denen Orten , wo e8 von Erde und Steindutter.Grafe eneblößer iff, bringe zwiſchen den Nigen eine gelbliche Alaune beraus, welche ganz fett und weich anzufühlen if, und wie Tropfftein ausficht, auch wenn fie nur ei⸗ nige Tage, wie es feheine, an der Luft gewefen, weißer und hart wird. Die Fertige keit har ihe bey dem gemeinen Manne den Namen der Steinburter gegeben, und fie wird von ihm weit und breit verführee, weil er einen ftarfen Glauben daran bar, und ſich, befonders im Durchfalle, nicht leicht einer andern Arzeney Bediener 37), An einem Orte Diefes Gebirges ift eine Fleine Vertiefung in der Geſtalt eines Ofenloches, wor⸗ innen. ſich vor andern viel von diefer Materie befindet, weil fie da von dem Regenmwaffer nicht kann abgefpühlet werben. Das Gebirge aber ift ſehr fteil, und Herr — — hatte 36) Sollte dieſer Namen nicht urſpruͤnglich „naſſen Erde verfallenen Alaunſchiefer haͤtte ſetzen ſeyn, wenn er nicht von dem lateinifchen Worte „‚follen. Er hat alfo vermuthlich die Erzaͤhlung/ Magnes herkoͤmmt. „die man ihm davon gemacht, nicht wohl verſtanden, 37) Die Steinbutter heißt in der Landes ſpra⸗ ſolglich auch den Verfaſſer des veränderten ehe Kamennoje⸗Maslo. „Alle diejenigen, fas „Rußlandes ganz unrecht getadelt. Mean fin⸗ „get Herr Gmelin, welche den Artikel Kami— „det die Steinbutter in fehr vielen Gebirgen Si⸗ na⸗ Masla, den der Herr von Strahlenberg „Biriens , auf die Art, wie ich erzähle, ale in dem „unter diefem. Übelgefchriebenen Namen in fein „urolifhen Gebirge, in dem altagifchen, in dem „Werk eingeruͤcket hat, mie meiner Befchreibung ,, jeniſeiſchen, baifalifchen, barguͤſiniſchen, len zuſammen halten werden, muͤſſen faſt auf den ⸗ ſchen u. a. Ich habe von diefer Steinbutter au „Einfall kommen, daß ich von etwas anderm re- „der Mana eine ziemliche Menge gefammlehr „de, Weiler von einer gemachten, ich aber von „und als ich von meinen Reiſen uruͤck und zur „einer natürlichen Sache rede, Sch muß noch „Ruhe Fam, die Natur derfelben. zu erforſchem „mehr fagen, daß: ich an angeführtem Orte den „allerley Verſuche damie angeftellet,,, deren eg „ Seren von Strahlenberg nicht einmal verſtehe. zählung wir dem Lofer erfparen zu koͤnnen glauben⸗ „Ich habe wohl in Tomsk von. einer Steinkut: Nach vielen hymilhen Werriihtungen, bie „ter gehöret, die dafelbft aus- einem Alaunſchiefer dem Driginale alle ausführlich befehrieben werdet, „gemacht werde; und dev Here Verfaſſer erzaͤh⸗ bekaln Herr Bmelin endlich Kryſtallen, „die Slet ſaſt den ganzen Proeeß, nur dag er ſtatt der. „nach allen Eigenſchaften, ſaget er, nämlich — 1 durch Sibirien. 58 hatte viele Muͤhe, hinauf zu klettern. Den Tag vorher giengen ſie ein Gebirge vorbey, Gmelins welches das blaue Gebirge genannt wurde, und ganz und gar aus einem grünen, Reiſe. dt mürben metalliſchen Sluffe beftund. —— Man bemerket, daß, ungeachtet in dieſen Gegenden des Winters ein ſehr tiefer Schnee faͤllt, auf dieſen Bergen dennoch wenig davon zu ſehen iſt, und daß das Gras ind die Bluhmen des Fruͤhjahres daſelbſt vor der ganzen übrigen Gegend am erſten her— dor kommen. Deswegen foll es zur felbigen Zeit eine ungemeine Menge Hirfche dar- Auf geben, wovon auch an dem obern Ende diefer Berge deutliche Merkmaale zu ſehen waren, da ſie naͤmlich viel Erde gefreſſen hatten, wovon hin und wieder ziemlich tiefe Gruben geblieben, Dieſe Erde hat einen etwas ſalzigen Geſchmack, welchen wie Viefe Thiere, alfo auch befonders bie Hirfihe, fehr lieben. ' Unter dem Bache Sjokjul, welcher in den Mana fällt, ift in dem Felſen des weſtlichen Ufers eine ‚natürliche Höhle. Der Felſen, worinnen fie iſt, ftößt dicht an den Fluß, und fie ift ganz an dem Fuße des Felfen, fo daß das Waffer dicht bis an die Mündung gebt. Diefe ift auf drey Kiafter breit und drittehalb Klafter hoch. Die Hoͤhle erftrecker fich etwas fihief aufwärts in den Berg hinein und geht nicht weiter, als etwan drey Faden, wird aud) gleich von der Mündung an enger. Oberhalb diefes Baches war in einem fteilen Felfen, der dicht an den Fluffe hervor⸗ tagere, auf einem runden Vorſtande deffelben die Zigur einer tatarifhen Zaubertrons Mel roth gemalet zu fehen. Den uten mit Anbruche des Tages giengen die beyden Kaͤhne des Profeffors über den Waſſerfall, der von Eeiner fonderbaren Erheblichkeit iſt, wiewohl man ihn funfjig Klaftern fang merfen Fann. An dem nordoftlichen Ufer, bat er ſteile Felfen, die auch) don der Steinbutter fehr reich find 38). An felbigem Ufer ift der Waflerfall auch vol- T Klippen, welche fein geringes Geräufch — Der Lauf des Waſſers Ma⸗ bb 3 na dem blaͤtterichten Weſen und ihrem baldigen » Schmelzen in dem Feuer, Glaubers Wunder: »ſalze fehe nahe kamen, Doch muß ich beken⸗ »hen, daß fie nicht fo Bald, als gedachtes Salz, »floffen. Die erftern Kryſtallen fahen unter dem »Vergroßerungsglaſe länglich und ſechseckicht an (»beyden Enden ſtumpf und wie abgehauen aus. Sie waren durchſichtig und fielen etwas ing »Gelbee Bey den letztern waren feine Ecken deutlich, zu unterſcheiden; meiſtens ſah man xundliche Blätter, woraus fie zuſammen geſetzet »u ſeyn ſchienen. vder Schluß des Profeſſors aus allen feinen: an üchen ft, daß die Steinbutter, fo wie fie * dem Aigunſchiefer auswaͤchſt, keine rechte Ede vitriouſche Säure, ſondern mehr eine Salz: 9* oder eine vitrioliſche, mit dem mineraliſchen augenſalze gebrochene Säure zu enthalten ſchei⸗ ne, von der er ſich vorſtellet, daß ſie etwas Eiſen in ſich aufgelöfet halte, und mit einer fetten Mas terie verbunden fey, deren Art er zwar noch nicht kennet, aber doch von ihr glauben muß, daß, man in derſelben alfein die Urfache ſuchen müffe, wars um die in der Steindutter vorhandene Säure mit dem dabey vorhandenen Eiſen in feinen Vitriol anſchieße. 39) Diefe Steindutter iſt welt ſchoͤner und viel weißer, als die vorige, und ſieht vollkommen fo aus, als wie die wirklich gewachfene Alaune, die man auch Sederalaune nennet. Kerr Gme⸗ lin nahm damit eben die Verfuche und chymiſchen Verrichtungen vor, als mit der erſtern, und ers zaͤhlet fie eben ſo ausführlich , und mit allen klei⸗ nen Umftänden , als jene. Er zog auch ein we⸗ nig von- Glaubers Wunderfalze, oder was dem fehr nahe Fam, heraus: Eifen aber konnte ev nicht daraus bekommen. 383 Reife nach Kamtſchatka Gmelins na war unter dem Falle ungefähr weſtnordweſtlich, und oberhalb demfelben nordlich · Reife, Die Reife gieng wegen der ‚vielen fehnellen Stellen fehr langfam, wo die Boorsleufe 2740 viel zu thun harten. Man fah faft den ganzen Tag über nichts, als Inſeln, womit der Fluß bedecket war. Diejenigen, melche Bobrowie genannt werden, erhalten das Andenken der Biber, die vor diefem in diefen Gegenden geweſen find. Leute von Biber werdenachtzig Jahren, welche fich ihr Lebtage in diefen Wildniffen aufgehalren haben, wiſſen ausgerottet. ſich Faum zu beſinnen, daß fie von Tatarn gehörer, wie fich drey Biberfamilien in dieſer Ihre Jagd. Li Gegend ehemals niedergelaffen hätten. Esift Eeinesweges zu zweifeln, daß vorher viel meh⸗ rere daſelbſt gewohnt haben, So ift es mit diefen Thieren faft durch ganz Sibirien be fchaffen, daß es heiße, fie feyn da gewefen. Weil man aber ihre Fünftlichen Wohnuns gen leicht entdecken kann, fo hat man fie auch gar bald auszurorten gewußt. Auf folhe Weiſe ift das unfchuldigfte Thier, das dem Menfchen auf Feine Arc ſchaͤdlich ift, ibm aber mohl fehr nüglich feyn Fenn, Dadurch verfilgee worden, daß es den Menfchen Zeir ‘hen feines Wiges, aber auch feines Aufenthaltes, gegeben. Die Einwohner von Olek⸗ ma geftehen, man babe feit vierzig jahren Feinen Biber mehr in ihrer, Gegend erblie etz und an dem Kirenga follen ſchon feit fünfzig Jahren Feine mehr feyn. Die meir ften findet man noch in der obern Gegend des Jeniſei und am Obftrome: ihre Anzahl aber nimme von Tage zu Tage ab; da Hingegen die graufamen und den Menfchen ber fonders ſchaͤdlichen Ihiere, Naubvögel, Bären, Wölfe, allenthalben noch in voller Menge anzufreffen find. Jedwede Biberfamilie foll, wie Isbrand⸗Ides, nad) dem Zeugniffe der ſibiri⸗ ſchen Einwohner erzaͤhlet, ſich im Fruͤhjahre verſammlen und Paar und Paar auf die Jagd wider ihres Gleichen ausgehen. Wenn fie nun das Gluͤck haben, einen zu ertap⸗ pen, fo tödten fie denfelben nicht; denn fie haben Feine Feindſchaft wider ihn; ſondern führen ihn nach ihren Wohnungen, mo fie ihn als einen Sclaven zu allerley Arbeit brau⸗ chen. Ein jeder gefangener Biber, ſetzet man hinzu, foll in Furzer Zeit von der Arbeit mager werden, und die Haare, wie ein zorniger Hund, in die Höhe richten. Ein fok cher Biber iſt zwar unglücklich, daß er gefangen worden: allein, wenn diefeg alles Feine Babel ift, fo kann man Fein leurfeliger Verfahren! erdenfen, außer daß er zu feiner Zeit, auch wieder der Sclavery follte erlaffen werden. ’ In der Gegend gedachter Biberinfel ift der Fluß menigftens eine Werfte breif Den ı2ten war die Schifffahrt noch immer fo wohl wegen der großen Anzahl Inſeln, welche ein beftändiges Hin- und Herfahren verurfacheten, als auch wegen des fehnellen Stromes, und vornehmlich wegen der böfen Ufer, überaus beſchwerlich, und abmartendr welche an vielen Orten mit Fleinen Waldungen dergeftalt bewachſen waren, daß die Ziehftricfe weit umgetragen, und die Kaͤhne meiftentheiles mit Stangen fortgeſtoßen werden mußten. Der Weg zu Sande von Kraſnojarsk nah Abakansk geht den Mana aufwärts; weldyen man bey ſeichtem Waffer mit dem Pferde durchreiten kann Bon da geht man noch den Urſu⸗ Mana aufwärts bis Derbina⸗Derewna, das an dem Jenifeifluffe liege. Der Urju-Manu fällt von der mittäglichen Seite in den Mana · An eben dieſem Tage, dem ıaten, gegen Abend, fahen die Arbeitsleute von wei⸗ tem ein Thier ganz ernſthaft, und gleichſam mit abgemeſſenen Schritten, herankom⸗ men, welches einige fuͤr einen Baͤren, andere fuͤr einen Vielfraß hielten. Sie sende durch Sibirien. 383 diche bis an das Thier, welches fie endlich für einen Vielfraß erkannten. Nachdem fie ihm ein Paar gute Streiche mit einem Stocke gegeben Batten, fo fiengen fie es endlich noch ebendig, und brachten es dem Herrn Gmelin. Weil es aber nicht viel geben mehr zu haben fehien, fo ließ er es vollends todt machen. Die fibirifchen Jäger hatten ihm einmuͤthig, wie er ſaget, die große Liſt diefes Thieres, umd deffen befondere Gefchic- lichkeit theils den Thieren nachzuſchleichen, damit es dasjenige durch Liſt ausrichten moͤch— e, wozu es die Kräfte nicht hat, theils auch die Nachftellungen der Menfchen zu ver: Meiden, feit vielen Jahren fo fehr gerühmer, daß er. fich ungemein wunderte, daß es. ier gleichfam mit Worbedachte feinen größten Zeinden entgegen gegangen, ſich todt lagen zu laſſen. —* Isbrand Ides nennet es ein boͤsartiges Thier, das bloß auf den Raub ausgehe, Und von weiter nichts lebe. Es ſoll ſich, ſaget er, wie der Luchs auf den Bäumen ganz fit aufhalten, und fich zwifchen den Zweigen verbergen, bis ein Hirſch, Elendthier, Reh oder Hafe vorbey gebt, oder in der Mähe bey ihm mweider; alsdenn fehießt es, wie ein Pfeil, mit vieler GefchicklichFeit auf feinen Raub los, und packet ihn mit den ZAb- Ken in der Mitte des Leibes, woraus es fo lange frißt, bis das Thier zu leben aufhöret, a es ihm dann bernach mit Haut und Haaren, und ohne Widerftand zu Theile wer— en wird. Eben derſelbe erzählet auch noch diefe Begebenheit. Ein Woimode, der einen Vielfraß zur Luſt bey ſich hatte, ließ ihn einmal in das Waffer werfen, und hetzete ein Paar Hunde auf ihn. Allein, der Vielfraß packete den einen geſchwind am Kopfe, den er unter das Waffer tauchete, und fo lange darunter hielt, bis er völlig erſticket bar, Darauf fprang er fo gleich nad) dem andern Hunde, mit welchem er unfehlbar Wche beffer umgegangen feyn würde, wenn nicht einer der Zufchauer zwifchen ihm und em Hunde ein Stück Holz geworfen hätte, welches den Vielfraß ein wenig aufbiele, dem unde aber Zeit zur Flucht gab. r Die Sift, womit der Vielfraß den Thieren nachfteller, wird von allen Jaͤgern bes fätiger, nur Daß einige fagen, er füchere den Thieren von den Bäumen aufden Nacken Du fpringen, und felbige anzupacken, da es denn bald mit ihnen gethan feyn fol. Was ie Hirfche insbefondere anbetrifft, fo foll er nicht leicht andere, als jährige, anfallen. ennthiere und Bifamthiere find ihm auch ein Leckerbiſſen, wiewohl ihm alles dergleis nift, was Athem gehabt hat, und noch hat, wenn er es nur befommen fann. Has In, Eichhörner, rothe, weiße und blaue Fuͤchſe, Nebhühner, Auerhähne, Birkhuͤh⸗ ner, Morafthühner, Hafelhühner friße er eben fo gern. Er richtet aber mit allen feinen Rräften auch faſt gegen die Fleinften Thiere nichts aus. Die großen überfällt er am liebſten auf obgedachte Weiſe, wie ein Straßenraͤuber, oder ſuchet ſie in ihren Lagern, wenn fie ſchlafen, zu uͤberrumpeln. Die Rennthiere foll er auch öfters eine Weile in der Unde herumjagen und fo dann geſchwind auf einen Baum fpringen, unter welchen, ſei⸗ ner Vermuthung nach, das Rennthier kommen wird. Das arme Rennthier, welches noch immer in der Meynung ſteht, er ſey hinter ihm, faͤhrt fort fo herum zu laufen, eil es dadurch ganz betaͤubet wird, da er denn auf daſſelbe herabſchießt und es verzeh⸗ Das Federvieh, auch Fuͤchſe und Haſen weis er nicht anders zu erhaſchen, als —9 ſtraßenrauberiſche Streiche, daß er fie in ihrem Lager uͤberraſche. Er iſt dabey vorſichtig, daß er nicht gerade zuläuft, ſondern gleichſam in vielen Kreifen um folche | Ä Thiere Gmelins Reiſe. 1740. — Nachricht von dem Vielfraße. Gmelins Reiſe. 174% IT gefhlagene Thiere verachten ſollte. Mas er ohne Mühe befommen kann, ift ihm deſto 284 Reife nach Kamtſchatka Thiere herum kriecht, big er Durch ihre Unbeweglichkeit uͤberzeuget wird, daß ſie ſchla⸗ fen. fer nun ganz nahe bey ihnen, fo weis er fie fo zu faffen, daß fie fich niche viel zur Gegenwehre ftellen Fönnen. Er ift aber auch nicht fo. efel, daß er Aeſer oder todt angenehmer, Er fäleicht denen verfchiedenen Fallen, welche die Jaͤger für allerhand Ihiere machen, behurfam nach, und gehe nicht Teiche ſelbſt in eine hinein. Findet er aber ein zerdrücktes oder gefangenes Thier darinnen, jo weis er es enfweder ganz heraus zu ziehen, und verzehret es, oder er frißt auch dasjenige Davon, was er habhaft werben kann. Die Jäger der weißen und- blauen Fuͤchſe, die fich in der Gegend des Eismee⸗ zes aufhalten, Elagen überaus fer, daß ihnen die Vielfraße fo vielen Schaden rhun. Man faget fonft, der Menfch, melchen der Eigennug zu alfem gemwöhner, ſey das einzige Thier , welches allenchatben ‚ fo wohl unter der Sinie, als dem Mordpole, les ben Fönne. Allein, ver Vielfraß ift auch allenthalben ; er laͤuft von Süden nach) Nor⸗ ben, und von Norden nach Süden, wenn er nur zu feffen finder. Die Kälte ſtaͤrket feine Fafern und machet die Verdauung der Speifen leichte. Die Wärme treibt feine Säfte mit mehrerer Geſchwindigkeit herum ‚ und er kann in Furzer Zeit mehr Säfte zur Auflöfung der Speife abfonvern, als unter einem Filtern Himmelsfiriche. Er ge deihet, fo fehr aud) fein Gedeihen den Sägen der Phyſiologie mwiderfpriche, an dieet ſich gar nicht kehret, umd wodurch er fich in feinem Gedeihen nicht ftöhren laͤßt. Man nennet ihn mit Rechte Vielfraß, weil er unglaublich freſſen Eann. Herr Gmelin hat viele‘ Leute, welche Tag und Mache unter dom Wilde find, gefraget, ob es wahr wäre, daß er ſich zwiſchen zween Bäume begebe, und einflemme, damit er ben Unflath berauspreffe, und zu neuem Futter Platz, und feiner Unerſaͤttlichkeit Raum machen möge, Es hat ihm aber niemand ſolches beftätigen Fönnen, und es feheine ihm alfo eine völlige Erdich⸗ fung zu feyn. Den ızten reifere man weiter fort, und eben bie Schwierigkeiten, die man det Tag vorher gehabt hatte, hielten die Schifffahrt auf. Man gieng vor einem Sande vorbey, welches von Bächen und Slüffen ſehr durchſchnitten war ‚ viele Elendsthiere er? näbrefe, und worinnen fich ein Berg befand, auf welchem viele rothe Kilien wuchfen.. Den ı6ren nach einer ſehr befehwerlichen Tagereife, in welcher man niche mehr al® fünfzehn Werfte (ungefähr vier Meilen) thun Fonnfe, erhielt Herr Ömelin einen Bo⸗ then aus Krasnojarsk mit einem Paquete und Driefen aus Perersburg, worinnen matt ihm vollfommene Hoffnung zu feiner Ruͤckreiſe nach Rußland machete ‚ und ihm a rieth, ſich nach und nach näher gegen Petersburg zu begeben, weil die völlige Zurück berufung nächftens erfolgen würde. Er befam auch mit dieſem Paquere einen Br von dem’ Herrn Alexander Wilhelm Martini, ver ihm von der Faiferfichen Acade⸗ mie zugefchickt war, daß er ihm zu einem Abfchreiber Iaceinifcher und deutſcher Scrif ten dienen follte, «als woran es ihm fehlete ‚ dergleichen er aber verlanger hatte. Herr Martini war eben in Petersburg, als des Profeffors Verlangen daſelbſt bekannt wurde. Weil er große Luſt zu reiſen hatte, ſo gab er ſich ſelbſt dazu an. E begleitete den Heren Profeffor Sifcher, der ‚ wie ſchon oben gemeldet worden, als MM junctus in ber politiſchen Hiftorie, ftatt des Herrn Profeffor Moliers, nach ic : ge duch Sibirien. 385 geſchickt wurde, faft bis in die Gegend der Stadt Narym. Dafelbft verließ er ihn, Gmelins Und Fam den z4ten Auguſt nach Kraſnojarsk, von da die Kanzeley, auf fein Verlangen, en gedachten Bothen abgefertiger Hatte. „Wäre der Ort, faget Herr Gmelin, wor⸗ »Annen ich mich bey Erhaltung diefer guten Nachrichten befand, auch in der ‚größten „Wildniß gewefen, fo hätten fie mich doch erfreuet; denn es ift mit den guten Nach- »lichten, die man in den Wildniffen befömme, wie mit dem Manna ‚ das in der „Wildniß vom Himmel fällt. „ k Den ızten fafjete Herr Bmelin den Entſchluß, nicht weiter zu gehen, weil er faft allezeit genoͤthiget geweſen, in feinem Kahne zu bleiben, und nicht an den Ufern ſpatzie⸗ !en gehen konnte, an welchen fedr felten fort zu fommen war. Er machete alfo felbigen bend noch und den folgenden Morgen alle Anftalten zur Ruͤckreiſe nach Rrafnsjarst, Den andern Morgen alfo, den 1gten, gegen neun Uhr Wormittages, da ein gro⸗ Ber Reif gefallen war, trat er die Nückreife an. Den Nachmittag ließ er oberhalb des aches Dfehir-dshul etwas anhalten, damit er die Berge felbiger Gegend befuchen nd die etwan darauf befindlichen Pflanzen in Yugenfchein nehmen Eönnte. Mach einer Stunde gieng er weiter, umd lag die Macht oberhalb des Baches Keler ftill; welches ® auch den 1gfen unter einem Gezelte in einer fehr angenehmen Gegend, unterhalb der bemaligen alten Mündung des Urſu⸗Mana, that. Den zoften kam man den ganzen Tag von Zeit zu Zeit an viele Stellen, wo eg Anmöglich war, die beyden Kähne anders fort zu bringen, als daß man fie über die Sandbaͤnke ziehen mußte. Das Waſſer in dem Fluſſe war ſeit der Zeit, da er dieſe Derter hinauf gegangen, anſehnlich gefallen, und fiel noch immer, fo daß, wenn er ieſe Reife nur eine Worhe fpäter gerban hätte, wie es gewiß gefehehen feyn wuͤr— %, wenn er noch hundert Werſte weiter hinauf gegangen wäre, er ſolchen richt mehr ſchiffbar gefunden haͤtte. — Den zıften gieng man ſehr fruͤh ab. Das Fallen des Waſſers ſchien den Kaͤhnen den Sporn zu geben, und man fuhr fehr gefhwind, As fi der Kahn, mworinnen er Gmelin war, und der voran gieng, dem Bache Beret gegen über befand, fo Öbere man auf einmal ein gräufiches Gefchrey hinter fih. Es Fam von dem weyten Kahne, welcher an einer Klippe geſcheitert war, und zu ſinken anfieng. Zum guten Gluͤcke war der Fluß nicht fehr tief, fenft würden alle diejenigen, welche nicht ten ſchwimmen Fönnen, ihr Seben dabey eingebüßer haben, Alles, was in dem ßahne war, wurde naß; jedoch noch nebft allen Menfchen gerektet.. Herr Gmelin ieß den gefunfenen Kahn an das Ufer ziehen, und ihn ausleeren, damit man ihn bes Ücptigen Fönnte, ob er nicht wenigſtens in fo weit wieber herzuflellen wäre, daß fich die Reife bis nach Krafnojarsf noch zur Noth darauf thun ließe. Allein, der Boden und die ueerbalken waren dergeftalt zerfchlagen, daß die Herftellung derfelben mit denen Zimmer: RXraͤthſchaften, die fie bey fich hatten, nicht gefchehen Eonnte.Weil man anf allen Sei⸗ N dieſes Fluſſes einen großen Vorrath von Holze zu feiner Willkuͤhr harte, fo ſchien es die leichtet zu ſeyn, einemSloß zu bauen, und die Geraͤthſchaft auf ſolchem nach dem $ orfe Ovsjans kaſa zu bringen. Die Leute, welche der Floß etwan nicht zu tragen möchte, koͤnnten zu Fuße geben, | Allgem, Reifebefchr. XIX Band. | Eee Nach eife, 1740. — — 386 z Reife nach Kamtſchatka Gmelins Reiſe. 1 7 40. Nach dieſer Anordnung wartete Herr Gmelin nicht ſo lange, bis der Floß gebauet war, ſondern fuhr weiter: es geſchah aber nicht ohne Muͤhe und Schrecken; weil noch in dem Fluſſe viele Klippen zerſtreuet lagen, welche man zuweilen vor den Wellen nicht ſehen konnte, und die auch den Wegweiſern, bey aller ihrer Geſchicklichkeit, ſelbſt nicht recht bekannt waren, ſo daß ſie in nicht geringer Furcht deswegen! ſtunden. Man ver⸗ doppelte alſo ſeine Bemuͤhungen, hurtig nach der Muͤndung des Fluſſes zu kommen; und man erreichete ſie noch an eben dem Tage des Mittages um ein Uhr. Man be merkete fogleich zwifchen dem manifchen und jenifeifchen Waſſer, eine deutliche Ver⸗ änderung der Farbe. Das Waffer in dem Mana fa. viel fehwärzer aus, als in dem Jeniſei, und an dem Orte, wo fid) beyde vermifcheren, war. es fehr truͤbe und ſchaͤumicht. Herr Gmelin kam mit ſeinem Kahne gluͤcklich und ohne Aufenthalt durch die Muͤndung und fand den Jeniſei ſehr angelaufen. Dieß war vermuthlich die Urſache, warum Feine ſeichte Stelle in der Mündung des Mana den Kahn aufgehalten hatte; weil ibm das Waffer des Jeniſei zu Hülfe gekommen war. Von bier gieng bie Fahrt bis an das Darf Övsjanskaje ohne alle aͤngſtliche Sorge fort, welches man auch bald erreichere. Herr Gmelin mußte ſich dafelbft verweilen, einige naßgewordene Kräuter und andere Sachen der Geräfhfchaften, woran ihm viel gelegen war, bey dem Som nenfcheine zu trocknen. Gegen vier Uhr frat er feine Reife wieder an, und fam mit dem Untergange der Sonne nad) Krafnojarsf zurüc. Bey feiner Ankunft traf er feinen neuen Gaft von Petersburg dafelbft an, deſſen Anblick ihn fehr erfreuete: er berichtete ihm aber fo gleich, daß der von ihm zurückger laſſene Maler fich nicht wohl befände, welches ihn denn bewog, unverzüglich zu ihm zu geben. Er fand ihn zwar außer dem Bette, aber in feinem Kopfe niche allzu richtig, jedoch Fonnte er ihm die Urfache feines Zuftandes noch ordentlich erzäblen. Ein Deuts ſcher, der fihon viele Jahre in Krasnojarsk wohnete, hatte ihm vor einigen Tagen ge faget, daß in dem Garten des Woywoden überaus viele und ſchoͤne Paſtinackwurzeln wuͤchſen. Weil nun der Maler ein großer Siebpaber davon war, fo bath er ihn, er möchte ihm doch ein Gericht davon verfchaffen, und ließ fie ſich gleich) den Mittag for hen. Er verzehrete das ganze Gericht mie der größten Begierde, empfand aber bald darauf ein Würgen, mit einer ungemeinen Schläfrigfeit, Er gab viele von den ge geffenen Wurzeln wieder von ſich; und da er fich felbft noch weiter zum Brechen reizete, fo brachte er deren noch viele heraus. Weil er fid) des Schlafes aber nicht ermehren Fonnte, fo legete er ſich auf das Berte, und fehlief bey vier Stunden recht ſtark. Na feinem Aufwachen aber, fagere er, wäre ihm der Kopf ganz ſchwer geweſen, und alle? mit ihm in die Runde herum gegangen, wie es noch thäte, Herr Bmelin ließ ſich einige von denen Wurzeln, die der Kranke gegeffen hatte nebft dem Kraute holen, und erfannte fo gleich ;” daß es die Wurzel des Bilfenfrauftd mar. Er ließ, den Maler einen guten Becher voll des rothen Johannsbeerenſaftes nach und nach austrinken, worauf derſelbe fo gleich um ein Gutes erleichtert wurde ⸗ Ein leichter Punſch aus Waſſer, ungefaͤhr dem vierten Theile Branntewein, und eben ſo viel rothem Johannisbeerſafte, ſtellete ſeine Geſundheit vollends wiederum her— Herr Gmelin fand an dem Herrn Martini einen halben Sandemann, welcher zwar It phiupps⸗ Durch Sibirien, 387 ° Philippsburg geboren war, aber ſich doch in dem Wuͤrtemberger Sande viele Jahre aufgehalten hatte. Den andern Tag gegen eilf Uhr Vormittage kamen auch die von dem geſtrandeten ahne an der Mana nachgelaffenen Leute des Herrn Gmelins an, und brachten auf dem Yon ihnen erbaueten Floſſe alle übrige Geraͤthſchaft mit. Sie mußten, wegen Eebauung des Floffes, an dem Orte, da ihr Kahn gefunfen war, übernachten; denn ie wurden mit dem völligen Baue erft in der Mache fertig, und getraueten fich da nicht, ſich auf den Weg zu machen. Sie giengen aber um fieben Uhr des Morgens ab, und hatten nicht das geringſte Hinderniß auf ihrer Reiſe gehabt. Gmeling Reife, 1740, nn nt Hear Martini hatte auf feiner Neife von Petersburg nach Krafnojarsf, und in den Gegenden diefer fetten Stade viele Kräuter geſammlet, die er dem Herrn Gme⸗ lin jeigete. Er war alfo für diefen Profeffor ein guter Gehuͤlfe in der Botanik; und über dieſes hatte er auch in der Probierfunft und in allerhand chymilchen Proreffen eine gute Erfahrung, weswegen er ihm denn befanders angenehm war, daß er ihn zu fo mans cherley noͤchigen Geſchaͤfften mit brauchen konnte. Er gieng des Nachmittages mit ihm patzieren, da er denn eine Flinte mit ſich nahm , aber doch auf die Kräuter Acht gab, die fie unterwegens antrafen; und es fonnte Feines feiner Scharfſichtigkeit entwifchen, fo klein es auch war. Gleichwohl ſchoß er dabey noch ein Paar ſchoͤne Voͤgel. Herr Gmelin fand bey feiner Zurückfunft noch einen Brief aus Irkutzk, welcher. de Nachricht von einem erſchrecklichen Erdbeben enthielt, das ſich den Gften des Wins termonates 1737, in dem Sande der Kurilen, und den nahe gelegenen Inſeln zugetragen hatte. Diefer Bericht war aus Ochotzk, vom zgften Rovembr. 1738, und ein Aufſatz des Generalmajors Skornjakow⸗Piſarew. Es wurde darinnen gemeldet, daß viele An dem Ufer des Meeres ftehende jähe Felſen entzwey, und in viele Stuͤcken gefprungen Wären; man hätte dieſes Erdbeben auch in der See verſpuͤhret, und allerley Feuerzeis ben gefehen, die ſich weit ausgebreitet haͤtten; die auf Pfeilern ftehenden Vorraths⸗ kaͤmmerchen der Heyden wären umgeſtuͤrzet worden, das Waſſer im Meere wäre ents Rstich , und aufdreyßig Faden hoch, gegen das gewöhnliche Waffer aufgefchwollen; das Erdbeben, Meer hätte Steine, die bey Hundert Pfund ſchwer, janoch ſchwerer geweſen, an dasilfer ger worfen, und das hohe Waffer die ſchon umgeſtuͤrzeten Borrarhsfammern det Heyden nach dem Meere fortgerrieben, auch die gewöhnlichen Fahrzeuge, womit fie auf den Fang der Kamtfchatfifehen Biber , und anderer Seethiere ausgehen, entzwey gefchmiffen und weggefuͤhret ‚ fo daß ſowohl in der Kuriten Sande, als auch auf den Inſeln, wenig Böte Und Mose übrig geblieben. Sonſt iſt doch Sibirien bisher ziemlich vom Erdbeben verſchonet geblieben. Der weſtlichſte Der unter allen, welcher dergleichen ausgeſtanden hat, ift Krasnojarsk: fie find Aber felgen und nicht fehr merklich gewefen. Die häufigften und ftärkften haben Irkutzk betroffen. Es find dafelbft zumeilen die Feuermauern davon eingeſtuͤrzet, und die Glo⸗ den dergeftalt beweget worden, daß fie einen Ton von ſich gegeben. In Barguſinsk, Sefenginst, Acriſchinsk, Argunsk und allen dazwiſchen liegenden Gegenden, Auch an dem Batfal rund herum, giebt es Erſchuͤtterungen, die öfters das Waſſer und Andere flüffige Sachen aus den Gefäßen verſchuͤtten. Sie pflegen ſich zu aller Zeit es Jahres zu eräugen, . Das in der Provinz Argunsk, wovon geredet worden, iſt * Cece peri⸗ Gmelins Reiſe. 1740. — — Kraft des Bezoars von Goa. 388 | Reiſe nach Kamtſchatka perlodiſch, weil es ſich alle Fruͤhjahre einfinder. An der Lena und Niſchnaja Tun⸗ guska find fie ſehr ſelten. Alle Erdbeben, die man in Sibirien erfaͤhrt, ſcheinen ihren Urſprung von dem Eingeweide der Erde zu haben, das umer und um den See Baifal if. Denn erſt⸗ lich find ſie nur an denen Orten zu verführen, die um diefen See und nicht gar zu weil davon liegen; zweytens fpühree man fie heftiger in der Nähe des Sees ‚ als weiter von ihm ab; Drittens giebe eg um den See Baikal auch Schwefelbrunnen, als in der Naͤhe des bargufinifchen Oftroges, an dem Meere ſelbſt an einem Bache Tierka, woſelbſt das Waſſer ganz Heiß quilt, und an dem Bache Rabania. Der See wirft auch in der Gegend: des Bargufinfluffes das fogenannte Bergtheer oder Maltha 39), fehr haͤu⸗ fig aus, welches die dortigen Einwohner in dem Sampen brennen. Es wird in großen Stuͤcken, ungefähr in der Größe eines Menfchenkopfes, ausgeworfen, und ift allezeit mit einer weißlichen Materie vermenget, bie dem äußerlichen Anfehen nach dem Lerchen⸗ ſchwamme gleicht, aber leicht davon zu fiheiden ift, wenn man ein folches Stück nur in einer Pfanne bey einem gelinden Feuer zergehen läßt, da fich diefe weiße Materie oben binauf als ein Schaum begiebt. Jobrand Ides erzäßter, daß oberhalb Irkutzk von der oͤſtlichen Seite naͤchſt dem Kloſter, das der Mündung des Irkutzk gegen über liege, in einem ebenen Erds reiche eine große Ritze wäre ‚, durch welche vor diefem Feuer heraus gefommen waͤre Er merket hierbey an daß noch etwas Wärme heraus gebe, wenn man einen Stock bis auf den Grund diefer Rise ftieße, und die Aſche rührere, Herr Bmelin fager, er babe diefe Rige niche zu fehen befommen koͤnnen ‚ Ungeachtee er fich darnach erkundiget babe. Weil man ihn indeffen doch verſichert, daß fie da gemwefen wäre, und Is⸗ brand davon, als von einer zu ſeiner Zeit ſehr bekannten Sache redet, die er ſelbſt ſo gar geſehen zu haben ſcheint, ſo iſt es gar nicht unglaublich, daß dergleichen Ueberbleib⸗ ſel von einer Feuer ſpeyenden Kluft vorhanden geweſen. In Kamtſchatka, bey dem großen Feuer ſpeyenden Berge dieſer Halbinſel hat man auch entſetzliche Erdbeben ‚, welche den italienifchen nicht viel nachgeben follen: und weil auch aufdenen Inſeln, die von Kamtſchatka faft in einem fort bis nach Japan liegen folten, hin und wieder, wie gefager wird, ebenfalls Feuer fpeyende Berge find, fo iſt zu glauben, daß die ganze Gegend zwiſchen Japan und Kamtfcharfa-dem Erdbeben um terworfen fey. Diefem Berichte von Ochotzk war ein chinefifcher Marktſchreyherzettel, der von einem in chinefifcher Sprache gedruckten abgefchrieben war; nebft der Ueberfegung deſſelben beygefügee, Es waren darinnen die Kraft und Tugenden des Bezoars von Goa be fhrieben. Diefer Dezoarftein heiße im Ehinefifchen Doosfinsfchi, dasift, ein Her bewahrender Stein. Wenn man diefen Bezoar gebrauchen will, fo muß man: ihn 10 fein, als Mehl, fihaben. Es gile gleich viel, ob man ihn in Taraſum, dem chinefilchen Diere, wovon oben geredet worden, oder fehlechtem Wafler einnimmt, Er ſoll alle 9— 3) Bitumen tenax nigrum. Linn, Syfl. Nat. Ed. Stockh. 1748. pr 168. n. 3. durch Sibirien. 389 don Falten und hitzigen Fiebern heilen, alle Ohnmachten und das Herzklopfen vertreiben, ey Rindern das Gift der Pocken vertheilen, bey etwa fich eräugender Anfechtung oder Boßer mie Sorgen verfnüpfter Betruͤbniß vortrefflich feyn ‚ das Brechen heben, den urchfoll ftillen, die verlorenen und verdorbenen Kräfte wieder herftellen, die Säure AUS dem Magen entfernen, und fonft wider alle andere bösartige und giftige Krankhei⸗— “en dienen, denen man in China und fonderlich zu Pefin, unterworfen ift, wo man fels fen gutes Trinkwaſſer hat. Der tatarifche Dolmerfcher, den Herr Gmelin während feiner Keife auf dem Mana ‚ zu Krafnojarsf gelaffen hatte, wollte ihn bey feiner Zuruͤckkunft mie einigen fa arifchen Siedern befchenfen, die er unterdeſſen erlernet hatte. Es waren zwey darunter, die er vor andern faffen und mufifalifch aufzeichnen Fonnte, die Tararn auch am höch- Ren fchägen und am liebften zu fingen pflegen. L Lied der fagaifchen Tatarn. Agatem dfchilne berchu tfchack, zona idu 40), Agar la ſuga falkiflen, zona idu Ol ber falna kefs befem Bafchem og bargai chollutichen Atteck la bene tingnet keng, Al kem neng da kotfchire Agaber tungma derbetken. Al bot bengneng elchege. 3 Ueberſetzung Zeile für Zeile. Ben dem weißen Pferde ift eine Mähne ſchwanger, Juchhey, Es fließt ein Bach; einen Floß will ich machen; juchhey, Werde ich diefen Floß nicht zufammen fügen, Gehe ich mit dem Kopfe in die Jeibeigenfchaft, Der Hengft und die Stute haben auf beyden Seiten geführer Bon diefem Fluſſe Salzbluhmen. . . Der große und fleine Bruder geben hin und ber Zu des Woywoden Thüren. Deutlicher bat Herr Gmelin diefes Lied nicht uͤberſetzen Fönnen. Co bald er etwas deutlicher verlangete, fo ſagete der Dolmetſcher allezeit, es wäre die Art der tatariſchen ieder fo, daß fie etwas räthfelhaftes an fich hätten. Jedoch ſetzete er hinzu, Diefes Ed wäre von einem Maͤgdchen, welches eine Zufammenfunft mit ihrem Kebhaber AN einem Orte verabredet, wo die Erde gefalzen zu feyn pflegere; und bag Pferd, wor» auf das Mägdrhen geritten, hätte eine erftaunlich dicke Maͤhne gehabt. Gmelins ‚Reife. 1740: — —e Cec3 1 ‘ 4 . R ne? Zena idu fol ein Frendengefchrey ſeyn, wie das deutſche Juchhey. Es wird hier bey al⸗ Verſen wiederhofet, —— 5 Gmelins, Reiſe. 174% anne — 390 | Keife nach Kamtſchatka II. Lied der tſchatzkiſchen Tatarn. Ai. 41) Oelöl 42), Oeföl, Ocſöl, emme öfölchari ku fi mele *) Kufimbile *) anchafchemmne da *) öfoche 43) gealder den Kufchun utfcher ufche chada torna tufcher tulchaka, Orus borat dfchja-a feda oi gakire tfchetIcheder Oi nelchbolgan dfchjan amma da ibga leb nanlandak, — Woͤrtliche Ueberſetzung deſſelben. Dun. Beym Oeſoͤl, Oeſoͤl, Oeſoͤl, gebe ich ſcharf mie den Augen Acht, Die Augen und Augbraunen habe ich Oeſoche dir gegeben. Ich Rabe will weit fliegen, zu fehen, ob der Kranich nicht ins Mes fälle. Ruffen und Burätten führen Krieg; in dem Thale ftechen fie unterwärts; Ich würde mir dir fielen, wenn du mein Herz dabey waͤreſt, ohne Verzug, und nähme dich in die Zurte, und gienge heim. Diefes Lied foll von einem jungen Menfchen fern, der in ein Mägdchen verliebt gewefen, deffen Water ihn aber nicht habe leiden Finnen. Er drücker bier feine Siebe gegen fie ſtark aus; denn Augen und Augbraunen einander vermachen , ift bey den ta⸗ tariſchen Verliebten das größre Unterpfand der Sieb. Man bat auch diefe beyden dies derchen, fo wie die obigen, in Verfe gebracht, daß fie fich nach der fatarifchen Melodie koͤnnen fingen laffen; wiewohl fie nicht Zeile auf Zeile gegeben worden; Schwanger ift beym weißen Pferde, Juchhey fafa! Eine Maͤhne; und ich werde, Juchheh fafa! Auf dem Bad ein Floß erbauen :- Juchhey fafa! Kann ic) das nicht fertig fehauen, Juchhey fafa! Will ich meinen Kopf bingeben, Suchen fafa! In der Sclaverey zu ieben. Juchhey fafa! N Stut und Hengft ziehn aller Orten, Juchhey fafa! Bluhmen Salz vom Fluſſe dorten. Juchhey ſaſa! Groß und kleine Brüder rühren, Juchhey fafa! Eid) vor des Woywoden Thüren. Juchhey ſaſa! Das andere lauter fo: Merkt! beym Deföl, Deföt, Oeſoͤl, werd ich ſcharf mie Augen wachen; Augen und Augbraunen mußt ich Defeche dir längft vermachen; Weit will ich als Rabe fliegen, fehn, ob nichts dich Kranich“ faͤnget; Ruffen und Buraͤtten ftechen fich im That durch Krieg vermenger, Wärft du da mein Herz, ich würde mit die fpielen, und geſchwinde Naͤhm ich dich in jene Jurte, wo ich meine Wohnſtatt finde, | | In a) Xi iſt ein bloßes Woͤrtchen, die Aufner: 42) Iſt der Namen des Waters dieſes Maͤgd⸗ ſamkeit zu erwecken, daher es auch nur im Anfan⸗ chens. Be gebrauchet wird \ \ durch Sibirien. 391. In den Briefen aus Petersburg, melde Herr Bmelin erhalten hatte, ver⸗ Gmelins ſcherte ihn der Praͤſident der kaiſerlichen Academie, man hätte bey derſelben beſchloſ⸗ Reife. en, feine Ruͤckreiſe nach Petersburg auf alle Weife zu befördern, und deswegen bey 174% dem Senate nebſt dem, was er felbjt ihm worgeftellet, auch noch eigene Borftellungen gethan, und er Fönnte faft gewiß ſeyn, daß er vom Hofe cine Antwort, nad) feinem erlangen, erhalten würde. Diefem zu Folge entfchloß er fich denn, ſich noch des Herb: 3 zu Nutze zu machen, und die Reife nad) Tomsk auf den Sommerwegen zu fun. iele Urfachen bewogen ihn dazu. Er mollte unterweges noch einige Oerter zwifchen Kraſnojarsk und Tomsk befichtigen. Diefes ließ ſich aber im Winter nicht thun, und is zum Fünftigen Fruͤhjahre wollte er auch nicht gern da bleiben. Nachdem er alſo die Gegenden der Stadt Kraſnojarsk noch fleißig befuchet harte, wobey ihm Herr Martini Allen Beyſtand leiſtete, fo machete er ſich zur Abreife fertig. | Den gten des Herbſtmonates Abends gegen vier Uhr reifete er mit feiner academifchen Geſellſchaft bey fehr gutem Wetter ab, und Fam bes Nachts um zehn Uhr in dem Dorfe Ielowais an, mofelbft er einen Haufen von zweyhundert, ins Eiend vermwiefenen, Und nach den kraſnojarskiſchen Berghuͤtten abgefandfen gemeinen Leute fchon in der Her⸗ berge fand. Den gten begab er fich wieder auf den Weg, und Fan gegen Mittag bey Malaja⸗atſcha durch einen fehr trockenen, aber wegen der tiefen Ausfahrten doch ſehr beſchwerlichen Weg an. Er fuhr nach Mittage um dreh Uhr wieder ab, konnte aber bis an den Bach Maloi⸗ Kemtſchuk nicht anders als Schritt vor Schritt fah- ten, und Fam deswegen dafelbft auch nut erſt mit Anbruche der Nacht an. Weit er Nun vernahm, daß der Weg weiter hin noch ſchlimmer würde, fo getrauete er fich nicht, Weiter zu geben. Eine halbe Stunde ungefähr vor Mitternacht erhob fich gerade in Norden etwas Nordlicht. Wie eine helle Wolke nahe bey dem Horizonte, welcher fehr düfter war, Bald darauf veraͤnderte fich diefe Helle in eine Feuerroͤthe, die jedoch nur einen Eleinen Raum ein= nahm. Nicht lange darnach fah man gegen Oſten, ungefähr drey befle Balken, bey— Nahe dreyßig Grade, in die Höhe fteigen ‚ welche aber bald verſchwanden. Die feurige Wölfe veränderte ſich in unterfihledliche Stufen der Ktarheit, und nach einer Vierthel⸗ ſtunde fieng ſie an, ſich gegen Oſten auszubreiten, wobey ſie zugleich blaſſer wurde. Es waͤhrete nicht fange, fo uͤberzog ſich der Himmel mit lauter duͤſtern Wolfen, und es erhob ſich ein ftarfer Wind aus Südweften , der anfänglich das ganze Nordlicht unter den Wolken perbarg. Der Himmel aber heiterte ſich bald wieder unter einem fortwaͤhren⸗ den Winde auf, ſo daß man gegen Norden abermal eine ſehr deutliche Helle gewahr wurde, welche den ganzen Himmel ſo erleuchtete, daß man haͤtte glauben ſollen, es waͤre Mondenſchein. Dieß alles waͤhrete bis gegen halb zwey Uhr nach Mitternacht, da der Himmel mit dickem Gewoͤlke überzogen wurde, doch fo, daß noch immer eine ungewoͤhnliche Helle nachblieb. Der Wind blies heftig und endigre fid) des Morgens Igen fünf Uhr mit einem Regen, worauf ein ungemeiner Sturm gleichfalls aus Süd» Weften erfolgete, welcher bey zwo Stunden lang mit untermiſchtem Regen Be er *) Re, bite, da, an find bloße Fuckſylben, ). Der Namen bes Liebhabers, welcher auch und heißen nichts im Tatariſchen. einen Raben bedeutet. i 392 Reiſe nach Kamtſchatka Gwelins Der Wind wurde zwar nachgehends gelinder, blies aber noch in einem fort ‚ und brachfe Reife, 174% — — Erſtes Berg⸗ werk in Si⸗ birien. zuweilen auch Regen. Dieſes ungeſtuͤme Wetter hielt den Herrn Gmelin und ſeine Geſellſchaft gleich” wohl nicht ab, ihre Reife den roten mit Anbruche des Tages fort zu ſetzen. Vier Wet fte lang war der Weg fo fhlimm, daß die Wagen und Karren faft gerragen werden mußten. Nachgehends aber wurde der Weg ein wenig beffer, und man Fam Vormit⸗ fages um neun Uhr bey dem Babe Moſtowaſa an. Nach Mitrage hatte man mit ber nen in der Brunft laufenden Neben alleriey Vergnügen, und bie Jaͤger fchoffen auch eines. Diefe ganze Gegend war außerdem voller Auerhähne und Birfhühner; und die Reifenden befamen deren einige in die Kuͤche. Diefes hielt fie in der Keife viel laͤn⸗ ger auf, und fie kamen erſt bey Nachtzeit zu dem Bade Bolſchoi⸗Kemtſchuk. Den zıten gieng man über den Fluß Ijuß; und meil der Weg gut war, und man auch ein Paar beffere Karren für die alten baufälligen befam, die Geraͤthſchaft fort zu bringen, ſo ruͤckete man dieſen, und den folgenden Tag ſehr zu. Die Nacht zwiſchen dem 1>2ten und izten fror es ziemlich ſtark. Den i4ten hatte man eine unge mein verdrüßliche und befchmwerliche Neife durch viele Moräfte. Kurz vorher, che man fid) ſchlafen legete, begegnete einem Tatar ein unglücklicher Zufall, da er die Kafien auf einem Karren zufammen band, welcher von feinem Gewichte überwogen wurde, und hinter ſich uͤberſchlug. Der auf demſelben befchäfftigre Kerl wurde ruͤcklings auf die Erde geworfen, und verlor fo gleich) alle Sinne dadurch. Der Profeffor eilere hurtig hinzu, ſchmierete ihm Hirſchhorngeiſt unter die Naſe, brach ihm den Mund auf, und goß ihm etwas von diefem Geifte ein, merkete aber darauf noch Feine Aenderung⸗ Außer dem Arhem und einem fehwachen Pulfe, war fonft Feine Spur des Lebens vor handen. An dem Kopfe ließ fich nirgends eine Wunde entdecken. Herr Gmelin fhlug ihm eine Ader am Arme, und fieß ungefähr zehn Unzen Blur weg. Hierauf fieng der Tatar an, heftig aus dem Munde zu fehäumen. Here Gmelin befahl, ihn die Nacht über mit dem Hirfchhorngeifte öfters anzuftreichen, und ihm davon alle drei Stunden zwanzig Tropfen einzugeben. Den folgenden Morgen fing er an, ſich zu ruͤh⸗ ven und zu wenden, und einige Worte zu reden: man Fonnte aber bald merfen, daß er im Berftande verruͤckt war. Der Kopf war hinten ſehr aufgeſchwollen: doch ge trauete fih Herr Bmelin nicht, aus Mangel der dazu noͤthigen Werkzeuge, dafelbfl einen Einfchnitt zu machen. Er ließ ihn alfo nur mie einem guten Theile des Hirſch⸗ Borngeiftes in der Jurte zurüc, und verordnete, ihn warm zu halten, empfahl ihn Gotte und Binterließ auch ein Paar Purganzen, wovon man ihm die eine den folgende und die andere ein Paar Tage darnach geben follte, wenn er noch am $eben wäre; denn wegen feiner Jugend und guten Leibesbeſchaffenheit, Hatte er noch einige Hoffnung Den andern Tag, den ısten, früh um ſechs Uhr feßete Herr Gmelin nebft dem Ham Martini feine Reife fort nah Kia. Er mußte dabey einen Ummeg nehmen; ein gewifles Erzt zu fehen, welches vielleicht eines der erften ift, das in Sibirien zu den Auffuchungen des Erjtes Anlaß gegeben. Einige Griechen nebft andern Arbeitsleu⸗ en hatten ſich wegen dieſes Erztes bey drey Fahre lang von 1698 bis 1701 bier herum aufgehalten. Herr Gmelin, der begierig war, dieſe alten Erzrgeuben zu fehen, * e £ m = durch Sibirien. 393 mit dem Herrn Martini von denen am Tußjul gelegenen kalmatzkiſchen Jurten, auf fuͤnf Gmelins Verſte weit nach einem Berge, der etwan vierzig bis funfzig Klaftern hoch war, uno Reife. ſich mehr, als eine Werfte, von Südoften nad) Nordweften erſtrecket. In diefem Ber- 174% ge waren einige Schurfen, in verfchiedener Höhe, die er wieder auffchurfer, und auch Noch) ein Paar neue Schurfe werfen ließ. Gleich unter der Erde war gleichfam ein Ges ‚ Ühücte eines fetten Märgels, geld, roth, zuweilen braun und grünlich, in großen und leinen Stücken, mehrentbeils weich, zuweilen hart, meifteng unförmlich, zumeilen Auch wie Schiefer, Diefes Geſchuͤtte erſtrecket fich ettvan ein Paar Schub in die Tiefe. arauf folge tiefer, ein gelblicher Letten, aber nichts mehr von gedachten Märgel. dift der ganze Berg von oben bis unten , welcher meiftens kahl ausfiche, wie man #8 insgemein von Exzbergen haben will. Das Erzt kann mit bloßem Hauen gar leicht geförder werden. An dem Fuße des Berges läuft der Bach Chafchrat nach eben der Richtung, als der Berg. Nahe an dieſem Bache waren noch Ueberbleibſel des melzofens zu ſehen, naͤmlch Ziegelſteine und Schlacken, nebſt einigen Spuren von aͤuſern oder Wohnungen für die Arbeitsleute. Die Sage des Ortes ift fehr vortheilhaft zu einer Feſtung; denn an der nordlichen eite fließt, wie obengebacht, der Bach Chafchtat, der etwan drey Werfte davon in den Tußjul faͤllt, auf der weſtlichen Seite aber iſt ein Moraſt, der den Zugang ſehr ſchwer machen wuͤrde. Jenſeits dieſes Moraſtes iſt noch ein Berg, der eben ſo, wieder vors eſchriebene, ausſieht. Zu der Zeit, da man dieſe Erztgebirge entdeckete, waren die Gegenden zwiſchen Tomse und Krafnojarsf noch fehr unſicher. Die Tatarn dieſes Landes bezahleten in ei- Nigen Fahren den Tribut, in andern aber nicht, fo wie es ihnen beliebete, Beſonders macheten die Firgifiichen Koſacken, welche meiftentheils dem Falnudifchen Chan zinsbar Waren, viele Unruhen; fo daß man es endlich fuͤr gut befand, fie wegen ihrer unrubi- gen Nachbarfhaft mit Gewalt aus Sibirien zu vertreiben, und vermittelſt guͤtlicher erträge an die Kalmucken gänzlich zu überlaffen. Ein tomsfifher Sin bojarskot, Namens Stephan Tubalskoi, wurde 1696 von ber tomskiſchen Kanzeley in Die ver- ſchiedenen bergichten tatarifihen Gebierhe, die damals an der Gränze waren, gefchickt, den Teibut ein zu fammlen. Dieſem hatte bey der Einfammlung ein Knjaſez von ber uiskaja Woloſt, Myſchan Bajlatſchakow, ein Erzt gegeben, wovon alle Korarn in dieſer Gegend bezeugerfen, man hätte ſolches bey dem Falmudifchen Fürften oſchtuchan geſchmolzen und Silber heraus gebracht, Der damalige tomskiſche Woy- wode, Waſili Vſchevskoi, fandte gedachten Tugalskoi gleich wieder zu dem Knja- %, Daß er ihm den Dre weifen möchte, wo man ſolches Erzt fände, Er that fol- Ges ohne Anftand und führete den Einnehmer an ben Bach Koſchtak 44), an welchen das Erze befindlich war, Tubalskoi brach gleich auf der Stelle acht Pud biefes Erz— ES, welche er nebft dem Knjaſez mit fih nad) Tomsf nahm. Dieſer letzte bath bier um 44) So war der Namen in dem Berichte: inch.und a in o verwandele: wie aber das t ein ach Hofe gefehrieben ; und Herr Gmelin merket & getwordein, weis er nicht. - daben an, dag fich im Nuffifchen das feheliiht * Algen, Reiſebeſchr . XIX Band. Do d * 394 Reife nach Kamtſchatka Gwelins um Erlaubniß, von den Kirgifen weg zu ziehen, und fich in das fand und unter den Reiſe. Schu feiner zaarifchen Majeftär zu begeben, welches: ihm auch bewilliger wurde. 1740 Man ſchickete das Koſchtakiſche Erze nebft zweyen andern nad) Mofcau, es Da ſelbſt probiren zu laffen. Man zeigete es einem daſelbſt befindlichen Erztſchmelzer, einem Griechen, Alexander Lewandſan, welcher gleichſam mit Verwunderung ſagete: Wo bat man dieſes Erzt gefunden? YPird man in die Tiefe graben, P wird man ein recht eigentliches Silber befommen. Zu gleicher Zeit fandfe man etwas von dieſem Erzte nach Riga, und verlangete ein Urtheil davon, Die Ant more war: weil man nicht wüßte, ob diefes Erzt von oben, oder aus der Tiefe genom⸗ men waͤre, ſo koͤnnte man nichts gewiſſes davon fagen: wenn man e8 ſchmelzen wollte, fo wuͤrde das. herausgebrachte Silber nicht die Koften tragen, ja auch nicht einmal die zur Scheidung nördigen Materialien bezahlen: - man glaubere aber, es würde in der Tiefe befier feyn. Man gab dem Griechen vier Pfund, einem Deurfchen aber, Namens Timorbeus Levkin, zwey Pfund zur Probe. De Grieche brachte aus feinen vier Pfunden einen halben Solotnik fein Silber heraus? Levkin fagete, er hätte etiwas Silber bekommen ; und nach feiner Xusrechnung müßt ten dreyßig Pud Erze zwey und fiebenzig Solomif Silber geben: wenn man aber tik fer graben follte, fo hoffete er beffer Erzt. Der Probiermeifter Niklas Miller aus Riga ſchrieb, das Erzt ſchiene guf zu ſeyn, und wuͤrde in der Tiefe ſehr reichhaltig werden, meil fich die Erzte dafel veredelten; er hätte es auf Silber probierer, und eine Silberfpur gefunden, worau er die Rechnung machen Fönnte, daß in einem Zentner drey ford, oder nach ruffifchen: Gewichte in dreyen Puden achtehalb Solotnik rein Silber fey. Wenn man in andern Sändern dergfeichen Erzt fände, fo befinne man ſich niche lange, die Sache mir der Dr ften Hoffnung zu unternehmen. Diefem zu Folge fam demnach den ıgten des Chriſtmonates 1696 ein Befehl vol Moſcau, es ſollte obbeſageter Grieche Lewandjan mit zehn andern Arbeitern, die! fich hatte zugeben laffen, nach Tomsk reifen; und dem Woywoden dafelbft wurde zu gleicher Zeit anbefohlen, er ſollte den Griechen, fo bald er mir feinen Leuten anfäme mit zweenen Schmieden und dreyfig Arbeitsleuten ‚ zum Schmieden der eifernen War äeuge, verfehen, damit er durch einen Fleinen Anfang erfahren koͤnnte, ob das Erzt ein⸗ traͤglich ſeyn wuͤrde; er ſollte ihm auch, zur Sicherheit vor dem Feinde, fo viele Koſe⸗ den zu Pferde und zu Fuße, als dazu noͤthig feyn würden, zur Bedeckung mitgeben/ an dem Orte, wo das Erzt waͤre, ein Haus bauen, es mit flehenden Balken einfaffer und fo viel möglich befeftigen , den Silbererztgaͤngen fleißig nachfpühren u. f. w. Neb diefem Befehle ſchickete man ihm auch fuͤnfhundert Rubeln zur Bezahlung der Arbeit? leute; und brachte den Vertrag mit dem griechiſchen Erzefcheider, was man von ihm verlangere, und ihm dagegen wiederum zugeſtehen wollte, in Richtigkeit. Lewandijan veifere Demnach den aıften deg Hornungs 1697 von Mofeau ab, und fan den ten bes Heumonares eben diefes Jahres zu Tomsf an. Der Woywode hatte ſchon vorher einige Proben von allen vorhandenen Erzradern einſammlen, und jede befonders bezeichnen laſſen. "Er gab dergleichen alfobald fechzehn Pud zum Schmelzeu her, welche Lewandjan aber für fehr fehlechtes Erzt erflärere, welches die Seute, die bu wicht verftanden, nur gleich oben weggenommen haͤtten. Indeſſen mwurden- folche — eg r durch Sibirien. 395 ; Gegenwart des Woywoden geſchmolzen, und es Famen fünf und zwanzig Solotnik des Gmelins einſten Silbers heraus. Als diefe Probe gemacht war, fo verzog es ſich bis den »6ffen Auguft, eheder _ a Drieche Lewandjan mit allen feinen mitgebrachten und in Tonmsk ihm zugegebenen Luten ſeine Reiſe nach dem Bache Kaſchtak antrat. Er hatte zu ſeiner Bedeckung ein egiment Koſacken, fo wohl zu Pferde, als zu Fuße, tſchatzkiſche Murfen, weiße Kal- mucken und andere Tatarn, in allen acht hundert Mann, denen anbefohlen war, an em Orte, wo das Silbererzt wäre, eine Art eines Offroges, und an ſtatt der Häu: er, Thuͤrme mie Defen zu bauen, wohin fo wohl die Griechen, als Arbeitsieute, und Ne übrige Mannfihaft im Falle eines feindlichen Angriffes fich flüchten Einnren, Diefe uͤrme mußten daber auch mit Schießlöchern verfehen werden, mir großem und Flei- Nem Gewehre daraus zu feuren, Zu gleicher Zeit wurden auch alle nöchige Materia— en und Werkzeuge, und die für fo viele Leute nötbigen Jebensmittel, nad) eben dieſem Chaſchtak theils zu Sande, theils zu Waſſer gebracht. Lewandjan kam mit feinem Gefolge, den ısten des Herbſtmonates bey gedachtem Bachs Kaſchtak an: und da er fa, daß das Silber erft in einer moraftigen Gegend täche, fo fieng er an, einen Stollen unter dem Erjte zu treiben, mwobey ibm aber eKaͤlte bald fehr große Hinderniß verurfachete, und das viele aus den Moräften zufam- Mengelaufene Wafler die BefchwerlichFeiten vermehrete. Man Fam alfo auf der Eins RUF, eben die Erztader auf den zweenen nächiigelegenen Bergen gegen über zu füchen, wo fie ungehindert Stollen treiben Eönnten. Nachdem die Bergleute drey Tage lang in diefer Arbeit begriffen geweſen, fo wurden fie von den Kirgifen überfallen, und verfchiedene verwimder. Zween Griechen, Die auf den Wiefen waren, wurden gefährlich gefchlagen, und viele Pferde hinweg ges uͤhret. Die Kirgifen zogen fih) zwar nach zweenen Tagen wiederum zurüc: allein, den Tag darauf nahm auch das hier ftehende Kofackenregiment feinen Marfch wieder Nach Tomsf. Den Griechen war bierbey niche wohl zu Muthe. Lewandjan ließ feine Gefährten in dem Oftroge mit den Arbeitsfeuten zuruͤck, und flüchtere fich nach, Tomsf, ter dem Vorwande, dafelbft Vorſtellung zu hun, daß man Fünftig beffer für ihre Dicherheit ſorgen möchte. Der Woywode gab ſich vergebens viele Mühe, durch aller- Vorftellungen und Berichte nad) Hofe, die Arbeiten bey den Adern des Sitber- rztes fortſetzen zu laſſen. Dennoch kamen endlich Befehle von dem Zaare, die Arbei⸗— en gaͤnzlich einzuſtellen, und alle Arbeitsleute wieder zuruͤck zu ſchicken. Herr Gmelin ließ das Erzt des einen dieſer beyden Berge, wohin ſich dieſe Ader fltecker, durch den Herrn Martini probieren, und probierete es auch ſelbſt: fie fan- N aber beyde nichts, als das Bleykorn in der Probe; woraus er denn fehließt, daß die griechifchen und millerifchen Proben in Moſcau und Riga Wind gemefen, Er verließ an eben dem Tage zur Mittageszeit ungefähr die Gegenden von Kaſchtak und kam nach zehn Werften wieder auf die Landſtraße. Won da gieng der Weg bis an den Dach Kalba, mo er feinen, und des Herrn Martini Reiſewagen zu warten beftel: It hatte. Dieſe kamen ihnen jetzt wohl zu ſtatten, weil ein ſtarker Regen einfiel, und gelangeten, che es noch ganz finſter wurde, an den Kija, über welchen fie vermit— eines Flofjes giengen. e er Dvd’ = Herr Reife. = Eimelins Keife, 1740 — — 396 Reife nach Kamtſchatka Here Gmelin Hatte auf diefer Neife noch einen andern Ort zu befehen , wo Sil⸗ ber-und Kupfererzt brechen follte, und welcher an einem von der weſtlichen Seite in den Kija einfallenden Bache, Rofchuck liegt, Ein Tatar erborh fich, ihn dahin zu führ ven, und befihrieb den Dre, als eine ftarfe Tagereife von ihrem Nachtlager. Damit man ſich num nicht gar zu lange unferwegens aufbielre, fo wurde allen Seuten befohlen/ mit den Wagen voraus bis an den Fluß Tunda zu gehen, und daſelbſt auf ſie zu war⸗ ten. Er machete feine Reiſegeraͤthſchaft ganz leicht ‚und nahm nur auf zween Tage zu eſſen mit fih. Seine Gefellfchaft beftund aus dem Herrn Martini, einem Soldaten, einem Schügen, einem Koſacken, einem Bedienten und bem Wegmweifer , welchen affen er nur aufeben fo viel Tage Proviant mitzunehmen befahl, als er für ſich hatte einpas cken laffen. Sie giengen an eben dem Orte wieder über den Kija, wo fie den Abend vorher herüber gegangen: weil die Reife auf dem oftlichen. Ufer bequemer feyn fol, Den ıöten Vormittages um eilf Uhr reifete er nach dem Kofchuf zu, und gieng beftändig längft dem öfttichen Ufer des Kija, welches doch meiftenstheils auf ein bis zwo Werſte von dem Wege enrfernet war, über ein ebenes und frocfeneg Feld, mie unter mengeten großen Moräften und wenigen Bergen. Man hatte zur Rechten an dem weſt⸗ lichen Ufer des Kija, oder Kea auf Tatariſch, einen einzeln ftehenden Berg, der einem: Backofen glih. Zur Linken aber in der Ferne war ein großes Gebirge, welches fi) nach ungefähr acht Werften gänzlich an den Rija zog. Dafelbft ließen fich die Reiſen⸗ den auf das fleinichte Ufer des Kija hinunter, und ditten nach einigen Werften wieder aufwärts, da fie dem Bache Kofchuf gegen über Famen. Dafelbft wurden ein Paat Kaͤhne zufammen gebunden, womit fie fich über den Kija bringen ließen, die Dferde aber wurden, durch das Waffer getrieben, und fie ritten darauf etwan anderthalb Wer⸗ fie aufwärts, wo fie eine tatarifche Wohnung antrafen, die von den gewöhnlichen Woh⸗ nungen etwas unterfchieden war, Sie befiund aus einer Wand von fhief zufammen gelehnten ein Paar Arſchinen hohen Brettern, und hatte noch ſchmale Seitenwände, Hben mar fie mie dünne Stoͤcken und vielem Heue bedecket, damit der Regen nicht durchfchlagen Fönnte, Hier⸗ innen wohnete die ganze tatariſche Familie, und vor der Hütte brannte Tag und Nacht ein Zeuer, wodurch die Kälte der duft ermas erträglicher gemacht wurde, ine ſolche Huͤtte heißt in ruſſiſcher Sprache Schelaſch y Und man bedienet ſich derſelben gemei⸗ niglich bey der Jagd und beſonders bey dem Zobelfange, auch in dem bärteften Winter, . und in den rauheſten Gegenden. Die Tatarn ziehen in diefe Gegenden zur Herbftzeit, da die Rehe aus den Wälr been nach der Steppe zu laufen pflegen, da fie denn nothwendig über die Fluͤſſe ſchwim⸗ men muͤſſen. Weil man nun ſeit langer Zeit wahrgenommen, daß fie. bier von dem wejtlichen nach dem oftlichen Ufer, über den Kija und Kofchuf, gehen, da, wo die ob* gedachten Hütten find, fo lauret man dafelbft auf fie, und was von ihnen über befagel? Fluͤſſe koͤnmt, das wird an dem oſtlichen Ufer todt gefchoffen. . Weil es eben, anfieng, Nacht zu werden, als man zu der Hüfte am Ko⸗ ſchuck kam, fo ließ Herr Gmelin-fein Zelt uncen am Berge auffchlagen. Die gand Nacht fiel ein ſtarker Regen bey großem Sturmwinde. Das Waffer, welches wie ein Bach vom Berge herab ſchoß, ſchlug an das Zelt an: weil aber das Thal zu enge war, pp konnte durch Sibirien. 397 konnte man dieſes nirgends anders hinſetzen. Um nun nicht uͤberſchwemmet zu werden, Gmelins In Herr Gmelin zu beyben gr des Zeltes auf dem Berge einen Eleinen Graben Reife. ı ten, der das Wafler in den Fluß leitete, daß er wenigftens einen trodienen Bor 1749 den behielt. . Kar = ee: Un diefem Orte erfundigte er fich zuerft, was es mic dem gedachten Steine, den Man für ein Silbererzt ausgab, für eine Bewandniß hätte, und erfuhr, daß er ganz Weiß ausſaͤhe. Er glaubete, es koͤnnte doc) eine befondere Gattung feyn , die, ohne Silber zu enthalten , für die natürliche Gefchichte ſehr wichtig ſeyn dürfte, und wollte nice den Vorwurf haben, daß er fo nahe bey ber Gegend, welche dieſes vermeynte tät hervorbraͤchte, geweſen wäre und ihn nicht mit eigenen Augen gefehen Härte, Alſo entſchloß er fih, dahin zu reifen. | Das Waffer war die Nacht über fehr angewachfen, und flieg immer höher. Der Wegweiſer ſtellete ihm wor, wenn er zu der vermeynten Silbergrube wollte, fo fönnte er nicht gerades Weges zu Pferde dahin reifen, noch dem einem Ufer des Koſchuk be- ſtaͤndig folgen; ev würde viel Felſen antreffen, und dadurch genörhiget, werden, ftets von einem Ufer an das andere zu gehen. Nun gieng das Waffer des Fluſſes ven Pfers den, die man hinein führete, fehon bis an den Bauchriemen. Und da es zu fleigen fortfüge, fo mußte man befürchten, es wuͤrde noch höher anlaufen, Wegen des zu ſchnellen Stromes, der wie ein Pfeil ſchoß, Fonnte man ſich auch nicht mie Kaͤhnen Magen, die ohnedieß in Diefem Sande nur auf eine einzige Perfon eingerichtet find, daß. et den feinigen felbft härte regieren müffen, welche Geſchicklichkeit er fich nicht zutrauete. Er ſchickete alfo an feiner Statt den Wegweifer, nebft dem Soldaten und dem Kofafen, die ihn bis hierher geführer hatten. Da diefe Leute dergleichen Keifen mehr, als er, gewohnt waren, fo konnten fie ſich bey fehnellem Steigen des Waffers auf die Berge tetten. Er ſchaͤrfete ihnen ein, ihm niche nur von dem Silbererzte, fondern auch. von Allen Steinen , die fie da herum finden würden, Proben zu bringen. Er felbft blieb Mie feinem übrigen Gefolge an dem Koſchuk, um bie Kupfergenbe zu befehen, die nicht weit davon lag. Machdem er über diefen Fluß gegangen war, fo ſah er, eine Wer- fie davon, einen Berg, der von weitem gruͤn fehlen, und bey einer Höhe von zehen bis BioStf Klaftern fich auf fünfzig bis fechzig in die Laͤnge erſtrecken mochte. Dieſer Berg beſtund aͤußerlich aus einem harten, ſchwaͤrzlichen Steine, mit rothem Spare einge- Peenge, und Fleinen Adern von Kieße, welche der Farbe nach den Waſſerkießen glichen. Auf dieſem Steine ſah man gruͤne Kupferbluhmen. Herr Gmelin glaubete nicht, daß dieſes Erzt viel Kupfer enthielte, und daß der Zentner uͤber ein halbes Pfund geben wuͤrde. Hier blieb er einen Theil des Morgens, und kam gegen Mittag zu der fatarifchen Horde zuruͤck. Den übrigen Tag und die ganze Macht durch regnete %8 Häufig; dabey war ein fo ſtarker Wind, daß er nicht aus feinem Zelte gehen Fonnte. leichwohl enthielt diefe Gegend fuͤr einen Kraͤuterkenner viel Sehenswuͤrdiges, und aus m wenigen, welches er hatte ſammlen koͤnnen, ließ fich abnehmen, daß bie Aernde ey einer günftigen Witterung viel reicher würde gemefen feyn. Doen ıgten des Morgens war ein erfehrecklicher Sturm, nebft einem ſtarken Regen, der Dis um eilf Uhr Vormittages daurete. Die Fluͤſſe wuchfen immer fort, daß man "Degen der Leute, Die nach der Silbergeube gereifer waren, in Sorgen ſtehen, und we⸗ nigſtens ſo lange an dem Orte verbleiben mußte, bis man. von ihnen Nachricht bekom⸗ \ \ Dddz | men Omelins Reiſe. 174% 398 : Reife nach Kamtſchatka 2 men würde. Doc durfte man nicht lange auf fie warten, da fie noch denfelbigen Tag glücklich anfamen, Die Stufen, die fie mitbrachten, waren nichts anders als ein weißer Quarz, den man fehr übel für Erzt angeſehen hatte, Herr Gmelin harte alfo das Vergnügen, daß er ſich eine unnüge Reife erfparet und fie Leuten überlaffen harte, die der Beſchwerlichkeiten des Weges und des böfen Wetters mehr, als er, gewohnt wa⸗ ren, Machdem fie ein wenig ausgeruhet hatten, ſo nahm man von den Tatarn Abfchied, um nad) Tomsk zu reifen. Gleich da man aufbrechen wollte, fam Herr Lieopin, ein geſchickter Bergverftändiger, an, welchen Herr Gmelin im Jahre 1734 zu Kacha⸗ rinenburg hatte Fennen lernen. Er reifete, auf Befehl des Bergeollegii die gedachte Sile bermine zu befehen, aber die Probeftufe, welche ibm der Herr Profeffor vorwies, ers weckete ihm davon feine große Vorftellung. Bey feiner Abreife fchifferen fich Herr Gme⸗ lin und Herr Martini ein, um über den Kija zu geben, und nahmen darauf zu Pfer⸗ de den Weg am weftlichen Ufer diefes Fluſſes Bin. So giengen fie bis an den Berg Tobachten fort, von da über eine Steppe endlich Famen- fie auf den alten Weg nad Tomsk, wo man fonft nur zu Pferde reifere, Er war fo beſchwerlich, daß fie alle Mühe hatten, darauf fortzufommen. Außer einer erftaunlichen Menge von Schilfe, trafen fie hier und da Moräfte an, wo die Pferde bis an den Bauch Hineinfielen. Abends um acht Uhr war man bey dem Bache Dfewolych, der in den Kija fällt) Seine Ufer waren fehr Hoc), und mie einem dicken Graſe von folcher Höhe bedeckt, daß Herr Gmelin feinen Ort fand, fein Zelt aufzufchlagen. Er befahl alfo feinen Leuten, das Gras abzubauen, und den Platz rein zu machen: aber der tatarifche Dolmerfcher, den diefer Befehl befremdete, bath ihn nur machen zu laſſen. Er ſuchete erſt den Platz aus, der ihm am dienlichſten zu ſeyn ſchien, warf ſich hernach auf den Ruͤcken nie⸗ der, und waͤlzete ſich auf dem Graſe herum, als wenn er die heftigſten Verzuͤckungen haͤtte. In weniger als zwo Minuten, war der Platz eben, als wenn er abgemäbee wor⸗ den wäre, Das Öras lag überall gleich, und machte aun eine vortreffliche Tapere von dem fchönften Nafen aus, Den ıgten war die Reiſe doppelt beſchwerlich, fo wohl wegen ber fhlimmen Be ge, durch die man mußte, als auch wegen des Mangels an Sebensmitteln , die ſchon den vorigen Tag zu fehlen anftengen, Um vier Uhr Nachmittages erreichere man einen Bach, an dem fie ihr Neifegerärh anfrafen, welches die Tatarn bieher geführer hatten, und ſo war ihrem Mangel gluͤcklich abgeholfen. Eine Stunde darauf gieng die Reiſe weiter, und um acht Uhr kam man an die Quelle des Keldetſch, wo big zum folgen den Morgen gehalten wurde, Den zoften gieng man mit anbrechendem Tage weiter durch viele Wälder von Bir- fen, und die Wege waren noch fo ſchlecht, als die vorigen. Gleichwohl noͤthigte die Kälte, die ſich ſchon empfindtich fpüren ließ, den Herrn Gmelin, feinen Weg zube fihleunigen, Er machre fich den Mondenfchein zu Nuße, um über den Kija zu gehen, ° und ohne auf fein zurück gebliebenes Geraͤth zu warten, eilete er nach Spaskoje Sie⸗ lo, um die Nacht in einer eingeheizten Stube zuzubringen. Den folgenden zıften fand fich die ganze Reifegefellfehafe wieder beyſammen · Man machre ſich alfo zu Mitrage auf den Weg, und gieng, ungeachter der Kälte und‘ desEifes, die ganze Nacht hindurch weiter, Mie anbrechenden Tage fanden fie fich bey’ Nikolskojſe Sielo, einem Dorfe, welches durch ein Bild des heil, Nicolaus Bi ift, durch Sibirien. 399 iſt, wohin die Geiſtlichen in Tomsk, die vornehmſten Einwohner und alle andaͤchtigen eelen im Fruͤhjahre eine Wallfahrt thun. Man hielt ſich hier einige Stunden auf, um die zuruͤck gebliebenen Wagen zu erwarten. Endlich langete Herr Gmelin den 2aften um zehn Uhr des Morgens in Tomsk an. Er hatte, jemand voraus geſchickt, um den Woywoden fo wohl, als dem neuen Herrin Adjunet Sifcher 45), von feiner Ankunft ‚zu benachrichtigen ‚ und ihm eine Wohnung auszumachen: man hatte ihm aber fo fin- ere Zimmer angewieſen, daß man faft den ganzen Tag Eiche darinnen brennen mußte, Welches ihn zu arbeiten hinderte. Doch lag er dem Woywoden fo lang an, big er. eine beguemere Wohnung erhielt , in der er auch dem Herrn Martini eine Stube einräumen Gmelins Reife. 1740. —— Ankunft des Herrn Gme⸗ lins in Tomsk. konnte. Tomsk bat, wie Herr Gmelin bemerket, viele gute Haͤuſer: niemand aber - Nimme bier, wie an andern Orten, gern Fremde ein, zumal wenn fie von anderer Religion find, Deswegen gehen diejenigen, deren Häufer gut zu bewohnen find, vor allen Din» gen zu dem Woywoden, damit fie von der Einquartierung befreyer werden; der Woy- wode findet auch feine Rechnung dabey; denn umfonft erhält man diefe Befreyung nicht. och waget er es nicht, mit denen, die auf Befehl des Hofes reifen , offenbar in Hän- del zu gerathen; er ſuchet fo wohl die Reiſenden, als die vornehmſten Einwohner beym uten zu erhalten, ohne die Gelegenheit, fich feine Gefälligfeiten von den legten gut bezahlen zu laſſen, gar zu verlieren. Herr Fiſcher war mit Anfange des Jahres von Perersburg abgegangen, gegen dag Ende des Winters zu Tobolsf, und den 2oͤſten Aug. zu Waſſer in Toms ange⸗ Ommen. Es war ihm aufgetragen, was an den Unterſuchungen des Herrn Prof. uͤllers uͤber die ſibiriſchen Voͤlker noch mangelte, zu ergaͤnzen. Dieſen hatte er ‚sum Gluͤcke auf dem Oby bey Narins angetroffen, fich mit ihm unterredet, und ſchriftlich die noͤthigen Nachrichten erhalten, um mit der Geſchichte dieſer Voͤlker be— kannt zu werden. Doch die vornehmſte Abſicht ſeiner Reiſe war die Geſchichte von Ramtſchatka, in Anſehung welcher Herr Fiſcher vieles, von dem Herrn Kraſchen⸗ ninnikow vorgearbeiter zu finden hoffete. Er blieb einige Monate zu Tomsk und machte ſich den Aufenthalt dgs Herrn Gmelin zu Nuße, um von ihm diejenigen Erläuterungen iu erhalten, die ihm noch erwa fehleten. Herr Gmelin war noch zu Tomsk, als man durch) Abgefchickte des Hofes erfuhr, daß die Prinzefinn Anna , Gemablinn des Fürften von Braunfchweig, der Kaiſerinn chweſter Tochter, mit einem Prinzen fey entbunden worden, den die Kaiferinn zum toßfürften und Fünftigen Thronfolger ernennt babe. Zugleich war allen Einwohnern deg ruſſiſchen Reiches anbefohlen, ihm zu Huldigen. Diefe feyerfiche Handlung gieng in der Hauptkirche zu Tomsk unverzüglich vor ſich. Ungefähr drey Wochen hernach angete die traurige Machricht von dem Tode der Kaiferinn Anna Iwanowna an, zu— geich ward des Iwan Federowitſch Gelangung zum Throne, und der verfforbenen Aferinn Teftament befannt gemacht, in welchen Ernft von Biron, Herzog von Eur: and, währender Minderjährigfeie des Kaifers, zum Regenten des Reichs ernennt wurde. 8 mußte ein neuer End abgelegt werden, und man fah dabey in manchem Gefichte, daß nicht jedermann mit diefen Verfügungen zufrieden war. Unterdeffen brach der Unmwils {on nicht aus, und es lief alles öffentlich fehrrubig ab. Wiederum drey Wochen hernach 3 erhielt 45) Seitdem Profeffor der kaiſerl. Academie zu Petersburg. 400 Reife nach Kamefehatka — Smelins erhielt man zu Tomsk neue Nachrichten, des Inhaltes, dem Herzoge von Curland fe) Reiſe. 1741. die Verwaltung des Reiches genommen, und er ſelbſt nach Sibirien verwieſen, daß da her niemand feinen Befehlen zu folgen habe. Wie diefes in der Kirche bekannt gemacht wurde, ſo ſah man, daß ſich alle Geſichter aufheiterten. Herr Fiſcher reiſete den 23ſten Jan. 1741, von Tomsk ab, um dieſen Winter noch nach Irkutzk zu fommen. Weil er viel Leute bey fich hatte, welches ihn verhinderte, geſchwind zu geben, fo wollte er nicht einmal die Ankunft des Dolmetfchers erwarten, den man ben beyden Profefferen, an ſtatt des zu Jeniſeisk verftorbenen , zugeſtanden hatte. - Diefer, Namens Lindenau, von Gebure ein Schwede, oder Liefländer, kam erft den ı6ten des Hornungs an, und reifete den 2aften dem Heren Fiſcher nach. Er hatte den Heren Prof. Müller zu Tobolsk angetroffen, wohin ſich derfelbe von feine im vorigen Sommer nach Bereſow gethanen Reife begeben harte, Und weil er fahr daß er ihn nicht noͤthig haͤtte, fo ſchickte er ihn zu dem Heren Drof. Gmelin. Diefer behielt ihn aus eben der Urfache auch nicht, fondern fhickte ihn dem Heren Fifcher ar ‚der, weiler das Kuffifche noch niche genug verftund, ihn noch nötbiger brauchte, Aus den Begebenheiten, von welchen Herr Gmelin bey feinem Aufenthalte iM TomsE Zeuge war, fiehe man, daß die Feuersbruͤnſte in diefer Stadt nicht ſelten find. Er felbft ward von einer, die gefährlich war, betroffen. Sie enftehen gemel niglich durch das Brannteweinbrennen, fo frenge es aud) die Regierung verbiether, ald welche es fid), wie den Handel mit Branntewein, ganz allein vorbehalten bar. Ob nun gleich Die Glieder der Kanzeley gemeiniglich diejenigen wohl Fennen, welche darwider Handeln, fo taffen fie fich doch durch gute Geſchenke bewegen, ein Auge zuzumachen/ und der Unterſchleif get frey hindurch. Iſt aber der Betrug zu kunbbat geworden/ fo werden fie zwar öffentlich verhoͤrt, aber allemal ohne weitere Umſtaͤnde losgeſprochen. Da der Winter zu Tomsk ſehr gelinde war, ſo that Herr Gmelin in Geſellſchaft des Woywoden einige Reiſen durch verſchiedene ruſſiſche und tatariſche Doͤrfer. Die Tatarn in dieſer Gegend find alle Muh ammedaner, und ihre Wohnungen find ſehr ſauber · Es brannte in ihren Stuben ſtets ein ſehr helles Feuer, welches unterhalten wurde, bi man fic) fehlafen legete. Alsdenn ließ man es fahre ausgehen ‚ und ſtopfete den Rauch⸗ fang mit einem Sacke voller Wolle zu, den man mit Gewalt in feine Deffnung hinein⸗ zwaͤngete. Das hielt die Stube warm, ſo ſcharf es auch des Nachts fror, fo daß nie⸗ mahd einige Kälte empfand, — ri Zu Toms ftellere Herr Gmelin viel Beobachtungen über das Werter an ‚bie et in fein Tagebuch eingerücker hat. Er fah auch zwo Sufterfcheinungen, die er folgende maßen befchreibe. 2 Den ızten des Windmenates 1740 waren von halb zwoͤlf bis um ein Uhr Mittags auf beyden Seiten der Sonne zwo Mebenfonnen, mit Regenbogenfärben umgeben. Sie endigten ſich unten in einem blaffen Zirkel, über welchem eine feurige Säule war. Den ı2ten Januar, azgı, entflund zwiſchen achf und neun Uhr Abends ein fehr ſtarkes Kotdı mie dem fid) zween Streifen von eben der Farbe vereinigten, Der Himmel überzog ML fait zu gleicher Zeit mit dünnen Wolfen, welche diefes Roth bevederen. Man zwar gleich darauf vier bis fünf helle Balken in die Höhe fteigen: allein, nachdem au dieſe dicker wurden, verlor fih darauf aller Schein, Sie durch Sibirien, 401 al Die Einwohner von Tomsk haben um Pfingften ein großes Carneval, mo e Handwerker feyern, und ganze Tage in pen Schenkhaͤuſern, oder mit andern Aus— weifungen zubringen. Der Aberglauben bat auch feine beftimmte Zeit und gewiſſen eſttage. Tomsk ift in dem Stuͤcke mandyen andern Städten. gleich. H; Den gten May brachte man früh um acht Uhr das wunderthaͤtige Bild des heit. Nic olgus von Semiluſchnoje oder Nicolskoſe⸗Selo unter Laͤutung alter Glocken N die Hauprfirche der Stadt, Man harte es den Abend vorher bis auf ein Dorf niche, Weit yon Tomsk gebracht, damit es defto zeitiger anfommen, und dieſe Feyerlichkeit ſich ey hellem Tage defto mehr ausnehmen moͤchte. Es waren ihm viele Leute bis an das Dorf, aus dem es gebracht wurde, enfger gen gegangen, andere bis an den Ort, mo es die Nacht über blieb, Die alle den Feſttag Mit Bethen anfiengen und die Macht mit Trinfen befchloffen. Einige ließen es genug ehn, dem Bilde nur auf ein Paar Werfte von Tomsk entgegen zu geben, noch andes re erwarteten es unter dem Thore der Stadt. Es gab andächtige Seelen, die ſich ein droßes Verdienſt daraus machten, wenn fie es ein Stück Weges tragen Fonnten; fie la» gen deswegen den Prieftern fehr an, damit fie diefe Erlaubniß befämen. Das Bild ließ einen Monat lang zum Sehen und zur Verehrung ausgefeßt, und ber Zulauf dar⸗ zu War immer fehr ftarf. Einige Einwohner, die ſich zu vornehm dünfeten, dem Hei: igen den erften Beſuch zu geben, oder die durch Krankheiten abgehalten wurden, ließen es zu fich bringen, um von ihm einen Gegen oder eine Erleichterung zu erhalten, Noch größer war die Andacht gegen das Bild der Mutter Gortes, mit dem Zus hamen Odegitrja, welches am Obi, in Bogorodskoje⸗Selo, feinen gewöhnlichen Sig bat. Der 2iſte May ift der Tag, an welchem es die Stadt Toms jedesmal Mit feiner Gegenwart beehret. Der Gewohnheit nach, ſchickte man ihm einen Sinbo⸗ lsıski etfiche Tage vorher aus der Stadt entgegen, um es nebft dem Priefter, der es berwahrere, anbero zu bringen. Der Woywode und viele anfehnliche Bürger fegten uͤber den Tom, um es in feyerlichem Aufzuge in Die Stadt zu bringen, Es mar eben in ſtarkes Regenwetter, welches aber die allgemeine Andacht nicht im geringften ſtoͤhrte. Man gieng eine Werfte zu Fuße auf dem Wege nach Bojorodskoje: aber das Bild ließ ſich nicht ſehen, woruͤber man ſchon in einige Unruhe gerieth. Man wartete alſo Me großer Begierde auf die Ruͤckkunft der Andaͤchtigen, welche ihm am weiteſten ent⸗ gen gegangen waren, um von ihnen die Zeit feiner Anfunfe zu vernehmen. So bald Man die erften erblickte, Die feine Annäherung verfündigeen, erſcholl auf allen Seiten An Freudengeſchrey, und augenblicklich laͤutete man alle Glocken in der Stadt. Die traßen, durch welche es zog, waren voller Leute. Endlich langete der Kahn an, auf dem es feyn follte: aber zu großem Erftaunen des Volkes, hieß es, man brächte fein ild mie, Hierüber entſtund ein allgemeiner Unmillen, der fich zufege mie Schimpfen endigte. Man fihalt theils auf den Priefter des Dorfes, der durchs Saufen daran verhindert worden wäre, theils auf die Geiftlichfeit des Ortes, weil fie unterlaffen haͤtte, eswegen den gewöhnlichen Befehl an den Priefter auszufertigen. Zu dem Ende ickte die hiefige Sakas, (fo beißt das heilige Amt, welches über gottesdienftliche achen zu gebierhen hat) einige Tage hernach dem Priefter des Ortes Befehl, es den zoſten Herzubringen, und denfelben Tag hielt es auch mit voller Pracht feinen Einzug Allgem. Reifebefchr. XIX Band. Get Es — Gmelins Reiſe. 1741. Gmelins Reife, 1741 nn — 402 Keife nach Kamtſchatka in die Hauptkirche. Ich mußte eigenlich nicht, ſaget Herr Gmelin, warum die Sa⸗ kas mit diefem Befehle acht Tage anftund: aber ich erfuhr, daß man fich vor der Ab reife tiber die Gewohnheit nicht an fie gewendet hatte, ihren fehriftlichen Befehl an den Priefter, der esin Verwahrung bat, zu erhalten. Der Woywode harte geglaus bet, es wäre genug, wenn er es durch den Sinbojarski mündlich andeuten ließe: aber biefer Geiſtliche, der nur feine Obern über fich erfannte, hatte fic) geweigert, 6 ohne ausdrüdlichen Befehl des heit. Amtes abfolgen zu laſſen. Here Gmelin veifete den ıften des Bradhmonares von Toms ab ‚ und kam über verfchiedene Bäche, durch Dörfer und Wälder von Fichten und Birken, die nicht ver? ‚dienen, uns Dabey fo lange als er aufzuhalten, den sten nad) Abanskoje, Simowil, wo er einige alte tatarifche Gräber fab , deren etliche geöffner waren. Diejenigen, wels he man noch nicht angerührer hatte, ftellten Eleine runde Hügel vor , die von Erde aufge⸗ worfen waren, vermutblich, weil man Feine Steine in der Nähe gehabt hatte. Denfelben Tag befah er die Ueberbleibfel von einem alten Seftungswerfe, das drey Werſte von der Simomwje, mitten in einem Holze, Baraguay genannt, nicht weit vom Obi liegt. Es ſtellet ein laͤnglichtes Viereck vor, deffen kleinere Seiten mit dem Sluffe parallel laufen, und drepzehen Faden lang find; die längern haben zwanzig Baden. Ungefähr dreyhundert Faden davon, gegen Suͤdſuͤdweſt ift ein See, faft vier 3ig Faden lang und funfzehn breit, Ik-Chanin genannt, und anderrhalbe Werſte bar von fließt der Fluß Ujen, der dafelbft mit dem Obi nach einerley Richtung laufe, In einiger Entfernung davon gegen Suͤdſuͤdoſt ift die Quelle des Abachanßu, die man vor dem Holze nicht fehen kann. Das beygefügte Kupfer fteller die Feftung mir ihren - Theilen im rechten Verhaͤltniſſe vor, die herumliegende Gegend aber nur nach dem Aus genmaaße, wenn man fich in der Feftung befindet, 4 Unter den Tatarn geht eine alte Erzählung herum, daß in diefer Gegend, und vornehmlich in dem Ik⸗Koragai, ehedem große Elendsjagden geivefen waͤren, und fie meynen Ik⸗Karagai habe vor diefem Kik⸗Karagai gebeißen; denn Kik bedeutet im Tatariſchen ein Elendthier. Den 6ten befand ſich Herr Gmelin zu Or⸗2lul oder Orskie-Jurti, die längft an dem oͤſtlichen Ufer des Obi liegen. Es ift ein anfehnliches tatarifches Dorf, zwey hundert und fünf Werfte von Tomsk ‚ und befteht aus dreyßig Käufern tfcharfifcher, und funfzehen barafinzifcher Tatarn. Die legtern bezahlen Schatzung, zwoͤlfe von den übrigen aber erhalten Gold von der Krone, Sie haben mitten im Dorfe ihre Kirche oder Metſched, der Kirchhof aber, oder Maſaret, ift miften in dem Holze, linker Hand des Weges, Sn der dafigen Gegend iſt in dem Obi, ein guter Fang von Stoͤh⸗ ven und Sterleden, fo daß die Einwohner deren nicht nur für fich genug haben, fon dern auch den Oftvog reichlich damit zu verfehen im Stande find. | Man hielt fic nicht lange in dem Dorfe auf, fondern feßte den Weg längft af dem Obi bis zu dem Fluſſe Ufen fort, welcher aus dem Tfehaus koͤmmt, und na einem Laufe hundert und funfzehen Werfte lang in den Obi fälle, Wegen feiner vielen Kruͤmmungen fließe er febr langfam, ; Zwiſchen 40) Der Here Prof. hätte dieſe Anmerkungen, er bemerkt hätte, daß er felbft etliche Zeilen * die vielleicht wahr ſind, erſparen koͤnnen, wenn ter bin, den Urſprung dieſer Seen en ALTE FESTUNG IN DEM HoLze KARAGUAY GENANT. durch Sibirien 403 Zwifchen bem Ufern und Obi fieht man eine große Menge Seen, welche bie Nas für, nach Heren Omelin, vielleiht ausdruͤcklich dazu gemacht hat, um in biefer gro- fen Entfernung von der Abendfeite eine gewiffe Menge Wafler durch unterirdiſche Gänge in den Obi zu führen. Es ift, ſaget er, gar nicht zu zweifeln, daß es nicht, in Anfehung des Waflers auf unferer Erdfugel, eine bewundernswuͤrdige Anordnung gäbe, die, wenn wir fie recht einfähen, uns in den Stand fegen würde, viel kuͤnſtlichere hy⸗ drauliſche Werke anzulegen, als wir gegenwärtig haben. Man mag es machen, wie man will, jo find unfere Mafchinen zu fehr zufammengefegt, und Fönnen nicht Durch Huͤlfe eis ner einfachen Anlage, noch mit der Sparfamfeit wirfen, von der uns die Natur übers all das Erempel giebt 46), Von dem tatarifchen Dorfe-an, bis an den Fluß Ujen finder man viele Gräber der Tatarn. Die ganze Gegend von der Veberfahre über den Obi bis an die Ueberfahrt über den Ujen iſt fo niedrig, die Fichtenwaͤlder, das tatari⸗ fihe Dorf, und die Simomje ausgenommen, daß fie im Fruͤhjahre gemeiniglich unter Waſſer fteht, deswegen ſieht man hier auch Feine ruſſiſche Häufer. Ueberhaupt bar ein uſſe das Waſſer geen, wenn es ſich nach ihm richtee: wenn er fich aber darnach rich— ten fell, fo hat er feinen Gefallen mehr daran, Die Tatarn hingegen wiſſen fid) dieſer Gegend wohl zu Muse zu machen. Denn wenn das Waffer fich verlaufen bat, fo fäen fie allerhand Sommergetraide hinein, welches geſchwind aufgeht, und meiſtentheils gut geraͤth. Nachdem man durd) das Dorf Skalenskaja und über den Fluß Skala ges gangen war, langre man in Tſchauskoi⸗Oſtrog an, der in den Kanzeleyen unrecht Tſchenskoi⸗Oſtrog genannt wird; denn der Name des Fluſſes, welcher dem Oſtroge beygeleget wird, heißt Tſchaus und nicht Tſchens. Diefe Feftung ift im Jahre rzız, an dem Ufer des Tfehaus gegen Morgen, acht Und fünfzig Werfte von Taſchermskoi-Stanetz und hundert zivey und zwanzig von omsE, angeleget worden, um das fand vor den Streifereyen der Kafarfchjarorde Zu fichern, die fich bis in die Gegenden von Umrewoinskoi⸗Oſtrog wagten. Wie denn auch feie vielen Fahren dieſe Räuber ſich nicht mehr unterftehen, ſo weit zu fommen. Die Sage derſelben ift ſehr vortheilhaft, und man finder hier alles, mas zum geben ge- hoͤret, im Ueberfluſſe. Sie befteht, wie die andern alle, aus einem fänglichten Vierecke von liegenden Balken, mit Graben und fpanifhen Reutern verſehen. Hier find ver- ſchiedene Gebäude, ein Zeughaus, eine Soldatenwache, Borrarbshäufer, die Wohnung des Befehlshabers, eine Kirche, die dem Propheten Elias gewidmet ift, und ein Bor- rathshaus zum Brannteweine, das der Krone gebörer. Die Privarhäufer find theils Oberhatb, theils unter der Feftung angeleget, und belaufen ſich auf achtzig. Der Fluß Tſchaus ift in der Gegend des Oſtrog funfzehn dis zwanzig Faden breit, und fo tief, daß er vom Fruͤhjahre bis in den Herbſt die größten Fahrzeuge traͤgt: aber von dem Orte an, da ber Ujen daraus fließt, bis an feine Mündung, fehle es ihm an Waſſer. Die Ruſſen nennen ihm nice eher Tſchaus, bis fih der Oſeſch mir ihm dereiniger hat; höher hinauf nennen fie ihn Kaſyk. Die Tatarn hingegen geben ihm Noch) weit vor diefer Vereinigung den Namen Tſchaus. Ihren Erzählungen nad) ents Erea ſteht ne auf Abſichten und Fünftliche Verbindungen Wunder im einer miebrigen Gegend, die alle er Natur zu fallen, aus denen fie uns ein Ge— Fruͤhjahre unter Waſſer gefetst wird, viele Seen eimnß gemacht hat. Es iſt opne Zweifel Fein zu finden. Ginelins Reife. 1741, 44. Reife nach Kamtſchatka Emelins ſteht er aus zweenen Flüffen, den Akaſpk und Omurtka; diefer fällt in den erften, und Reiſe. 1741. die Ruſſen nennen ihn Rriwodanavka. Die Tatarn koͤnnen für ſich anführen, daß ſeit den aͤlteſten Zeiten die Namen nicht anders geheißen haben, und daß der Lauf des Waſſers von dem Omurtka, bis wo er in den Tſchaus faͤllt, ſich nicht im geringſten geändert hat, Mun hat der Omurtka feine Duelle gegen Abend, und der Akaſyk gegen Morgen, nahe beym Obi. Sie fagen ferner, der Akaſyk habe bey feinem Ur fprunge die Geftalt eines Sees, weiter bin fen er ein Bach, und werde endlich wieder ein See; Kaſyk heiße ein Pfahl, und Akaſyk ein mit Pfählen verwahrter Orr, um die Fifche einzufperren. Die Ruflen leugnen das alles nicht: aber fie ſagen, das Waſ⸗ fer des Kaſyk fehe nicht nur bis an den Omurtka, fondern ſelbſt bis an den Ojeſch 10 fonderbar aus, daß es bald einem See, bald einem Bache gleiche; und fie meynen alfo, fo lange e8 einerley Anfeben habe, muͤſſe es auch einerley Namen führen. Die Urfae chen find auf beyden Seiten gut, und vermurhlich ift nur ber Eigenfinn ſchuld, daß je der Theil auf feiner Meynung geblieben ift. Die Einwohner von Tſchauskoi⸗Oſtrog find meiftens wohlhabend, und Fönnten es noch mehr feyn, wenn fie den Trunf weniger liebeten. Sie haben viel Vieh, und dazu eine bequeme Sage; denn fie find mit fehönen Wiefen umgeben , denen es nicht an Waf fer fehlet. Zum Theil hat der Tſchaus auf der Seite gegen Morgen viele Arme, und gegen Abend find viele Seen. Man ſchlachtet hier fehr wenig Rinder; weil der, wel cher fehlachter, nach altem Gebrauche, dem Schuftheißen ein Stuͤck davon verehren, und das Fleifch auf Borg verfaufen muß. Seit dem der Weg von hier fo ftarf nad) der Baraba geht, fo haben die biefigen Einwohner einen guten Gewinn von Poſtpfer⸗ den, mit denen man von bier bis nach Bergomazkaja⸗Slowoda geht; denn die Tatarn in der Steppe Daraba find fo arm, daß fie Feine Pferde halten Fönnen. Den ızten machte ſich Herr Gmelin wieder auf den Weg, und fam den ısten nad) Piſannaja⸗Bereſa, und bemerfer, daß diefer Name von einem alten Gebrauche her» koͤmmt. Syn den Zeiten, als diefe Gegend noch fehr von Raͤubern beunruhiger wurde, ſchickte man wöchentlich drey Koſacken aus Tfchaustoi- Öftrog, um fie auszufund« (haften. Damit man nun verfichere feyn Fönnte, daß fie an dieſem Orte geweſen mären, fo.mußten fie einen ſchriftlichen Schein in die Höhlung einer Birke legen, welchen die, ſo nach) ihnen kamen, mie fid) brachten, und dafür einen andern zurücließen. Nach einer Reife von vier Tagen durch moraftige Gegenden, von unzähligen Seen und kleinen Fluͤſſen durchſchnitten, die viel Fiſche, Tſchebaki 47) genannt, bey fih führen, fam Herr Gmelin den ı7en an den See Taktemiſch, wo er einen tatariſchen Zauberer aus der Baraba hohlen ließ. Diefer hatte zwar nicht das Anfehen, als ob er fein Handwerk fonderlich verftün- de; denn er war noch ſehr jung; und allem Anſehen nach ift bier, mie bey der Arzeney⸗ Funft das Alter mehr, als irgendwo nöthig, um fi) Vertrauen: zu erwerben. Er erwartete, wie gewöhnlich, den Abend, und Iud die Zufchauer auf diefe Zeit ein. Man zündete ein großes Feuer in freyer Luft. an, zu vielem Vergnuͤgen der Un ftehenden; denn es war fehr kalt. Der Zauberer, der hier, wie bey den Krasnojars⸗ kiſchen Tatarn, Ran heißt, hatte anfangs Luſt, ſich über das zu große Feuer zu ber ſchweren / 47) Cyprinus quinenneialis cui piuna oſſieulorum vigiuti. Artemid. p. 17:9. 7. durch Sibirien. 405 J ſchweren, doch die Furcht, er moͤchte die Waͤrme ſo gut, als die andern, noͤthig haben, Gmelins Diele feinen Uawillen zuruͤck. Endlich ſetzte er fi auf tatariſche Art nieder, mit dem Reife. Geſichte gegen Mittag gekehret, und hatte feine Trummel vor fih. Das Spiel fieng 1741. ich mie gelinden Schlägen auf die Trummel an. Da diefes ziemlich lange gedauert harte, 0 frummelte er ftärfer, brummete darzwiſchen als ein junger Ochs, und zumeilen als ein aͤr; er pfiff auch, fang aber fehr wenig. Einmal lachte er, rutſchte hin und wieder, \ Prang dann und wann auf, und fanzte etwas herum, Doch waren alte feine Kuͤnſte Pros ben einer ſchlechten Hebung. Endlich fagte er, als wenn es ihm zu Herzen gienge, feine eufel ftünden ihm dießmal nicht zu Gebothe, weit fo viele Ruffen da wären, vor deren Kreuzen, welche fie an ſich trügen, die Teufel aus Furcht die Flucht nahmen. Ale uffen giengen daher forf, und er fieng wieder an zu trummeln, fagte aber, das Feuer Wäre zu groß, und brennete für die Teufel, welche die Finfterniß lieben, viel zu helle. an verminderte alfo das Feuer, der Zauberer fieng wieder an zu trummeln, ohne daß es viel Half. Er ſagete zwar, es waͤre einer von ben geringern Teufeln angekommen, Aber der Hauptteufel wollte ſich noch nicht einftellen, und der gegenwärtige wäre fo hals- Rarrig ‚ baß er die zu feinem Geborhe fichenden Teufel nicht einmal herzu ließe. Er ſetzte hinzu, feine beyden vornehmſten Teufel hießen Tafch und Aitan. Die Zaubertrummel war rund, mit jiveenen Queerftäben verſehen, der obere von Holze, der untere von Eiſen. So war auch, wie gewöhnlich, ein breiteres: Holz, Das diefe Stäbe in der Mitten fenfrecht durchſchnitt, und an diefen war oben die Geſtalt ei⸗ nes platten Gefichtes, mit einer langen Nafe und Augen ausgeſchnitten. Das übrige deg Holzes dienere, die Bruft, den Unterleib und die Füße vorzuftellen. Diefer Theil war mit allerhand Lumpen befleidet, die um die Bruft etwas dicker waren, und unfen ſtatt des Rockes fich in viele zerfchnirtene Stüce endigten. Die Trummelhaut mar von gegerbtem Pferdeleder, der Trummelfchlägel von gewöhnlicher Forme, und mit dem Stü- Fe eines Pferbefelles, deffen rauche Seite außen war, überzogen. Die Kleidung des Jauberers war von der Kleidung eines andern Tatarn in nichts unterfchieden. Diefes etere, nebft der Rundung der Teummel , und dem Gögen auf dem Schlägel, unter [beider einen barabinifhen Zauberer merflih, von denen bey andern fibirifchen Öfern. Den ıgten erreichte Herr Omelin Ubinskoi⸗Paß 48), zwey Hundert und fieben Varfte von Tſchauskoi⸗Oſtrog. - Diefer Paß ift ein runder Platz, von Drey und actzig Klaftern im Umkreiſe, miteinem ſchmalen und nicht ſehr tiefen Graben umgeben, Mit Palfifaden und weiter Davon mit fpanifchen Neitern verfehen. Junerhalb des Gras s iſt ein Oſtrog ing Gevierte, von dünnen liegenden Balken gebauet, etwan Mannes bo, und an der Seite gegen Morgen und Mittag, find fünf elende Eafernen angelegt, wo eine Beſatzung von funfjig Mann, rheils Kuffen und Tatarn, unterhalten wird. Er fg unter Kamskoi⸗Paß, mofelbft auch der Befehlshaber wohnet. Die Lage deſſel⸗ en iſt in einem ebenen Felde, wo ſich fein Waſſer finder, als was man aus einem Jehbrunnen hekoͤnme, nad welchem man nur eine Klafter tief hat graben dürfen, - s riecht aber etwas nach Schwefel, und — ein wenig ſalzicht, ſo wie das — ee3 er 6) Paß, ein befeſtigter Det, der das Mittel zwiſchen einem Oſtroge und einer Feftung hält, Die { klarun⸗ ch g koͤmmt gleich hernach. 406 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins fer der vielen Suͤmpfe, durch die fie nicht weit von dem Oſtroge, durchgefahren ware” — Dan har bier zu Bauholze nichts als Birken, und dieſe muß man noch acht Werſte weit T4® , Herfchaffen. Die Koſaken bielten vor fünf Jahren in einer Bierfehrift um die Erlaubniß an, diefen Paß an den Fluß Kargal zu verlegen, wo das Waffer gut ift, und mo es auch mehr Holz in der Nähe, und andere Bequemlichkeiten des Lebens giebt: fie haben fie aber noch nicht erhalten. Die Einwohner diefer Gegend lebten ſchon das frchfte Jahr, ohne Weiber und ohne Vieh zu haben, aßen im Sommer Fifhe, und im Winter was ihnen das Glück auf der Jagd befchehrre. Ein Paar Werfte von bier halten ſich einige - Tatarn von der barabinifchen Woloft auf, die ihren Ran oder Zauberer bey fich ba ben. Diefes war ein ehrwürdiger Alter, der bey nahe das Geficht verlohren hatte, und- glaubte, daß die Teufel, welche ihm zu Geborhe ftunden, eben fo blind wären. Er hatte drey Hauptteufel, Prodai, Alting: Chan, Akinek, die er, wenn es ihm bes liebte, um Rath ‚fragefe, und Die ihm, mie er vorgab, gure Anfchläge errheiferen ı Kaum war. es Naht, fo fagefe er, es fen Zeit feine Berarhföhlagungen anzufangen. Es war ihm aud) gleich viel, wo man den Schaupfas hierzu erwaͤhlen, oder wie viel Zu⸗ ſchauer und von was für Nationen man dazu nehmen wollte; denn er’ hatte zu ſeiner Gecſchicklichkeit, und. dem Gehorfame feiner Teufel, fo ein gutes Vertrauen, daß er hoffete, fie würden ihm zu Gebothe ſtehen, fo viel aud) Kreuze in der Berfammlung zugegen waͤ⸗ ren. Mad) diefer Erflärung bath er die Ruſſen felbft, ihm die Ehre ihrer Gegenwart zu gönnen. * Seine Trummel und ſein uͤbriges Handwerksgeraͤth, waren des barabiniſchen Zaube⸗ rers ſeinem vollkommen aͤhnlich, und in der Kleidung hatte er vor ſeinen Landesleuten nichts beſonderes. Man kann leicht denken, daß es mit dieſer Zauberey, nicht beſſer, als mit den uͤbrigen, ablief: aber ſeine Gaukeleyen waren luſtiger, als der vorigen ihre. Er nannte die Teufel laut bey ihren Namen; er fang Sieder, um fie dadurch her⸗ bey zu locken, bald ftellete er fich einen zu feben, bald fragete er den.andern, warum er nicht Fame? Er redete ihnen zu, fie follten ſich doch fehen laffen, es wären laufe rechefchaffene Seute zugegen. Das mar die Haupthandlung von feiner Komoͤdie: ſie ward aber manchmal durch luftige Zwifchenfpiele unterbrochen, wo er feine Kaffe, na Art der römifchen Mimen oder Embolaren), allein ſpielte. Er machte allerhand Stellungen und ftumme Gaufelpoffen, ‚bald lief er mie bloßen Füßen über glühende Kohlen, bald hielt er einen Fuß eine Weile übers euer, oder wälzere ſich fehr ge ſchwind auf der Erde. Den Embolaren ahmete er dadurch nach, daß er in ſehr hoben Tönen fang, oder ſchmatzete, auch wohl aus vollem Halfe lachte. Alte diefe Heydnifchen Zauberer haben gemwiffe allgemeine Grundfäge, worinnen fie insgeſamt übereinftimmen, 3. E., fie geftehen alle, daß Feiner ſich feibft zum Zaube‘ ver machen kann, daß man dazu von dem Teufel auserfehen und berufen werden müfles daß fich Fein Zauberer ohne deffen Befehl eine Trummel verfertigen duͤrſe, und daß erl ihr die vorgefchriebene Geftalt geben müffe. Sie wiffen fich auch auf diefe Forderungen wohl zu berufen, und fie zumal wider diejenigen zu gebrauchen, deren Beruf zwey⸗ felhaft iſt. Da⸗ *) Die Embolaren waren eine Art Poſſen⸗ reißer, und haben ihren Namen von dem ar \ durch Sibirien, - 407 Das Befondere bey diefem legten Zauberer war, daß er fich rühmete, bie Teufel fü- Gmelins men zu ihm nicht nur von Abend ber, fondern von allen Ecken und Enden, woher er fie riefe, Reiſe. und ftelleten ſich ihm unter allerhand Geftalten, eines Menfchen, vierfüßigen Thieres, 174" Vogels ꝛtc. vor; allegeit aber wäre ihr Leib haaricht, auch wenn fie in menfehlicher Ge- ſtalt erſchienen. Diefes legte fageten auch die übrigen alle: und es feheint ein mit Haa⸗ ten bewachfener $eib fey den Menfchen etwas -fehr haͤßliches. Den aıften fam Here Gmelin nad) Kamskoi⸗Paß, einer Eleinen Feftung, am Ufer des Zluffes Om, gegen Abend gelegen. Eine Befihreibung davon würde uͤber— fluͤßig feyn, da es allen denen, die man überall in Sibirien finder, ähnlich if. Der Befehlshaber deſſelben hat zwey hundert Koſaken unter ſich, wovon funfzig zu Ubins⸗ koi⸗ Paß in Beſatzung liegen. Das Wort Paß, welches allein bey der Reiſe unſeres Profeſſors durch die Ba⸗ raba vorkoͤmmt, bedeutet vermuthlich einen Ort, wo man durch muß. Hier werden folche Paͤſſe angeleget, um die Einwohner und Straßen vor den Streiferegen der Raͤu⸗ ber in Kaſatſchſahorde zu beſchuͤtzen. Da es in der Baraba fein Zimmerholz giebt, Die man es zur Anlegung eines Oſtrog brauchet, fo braucher man zur Befeſtigung Bals ken von Birken, und leger fie horizontal auf einander, Die Gegend um den Paß Kamskoi ift fehr angenehm, und befteht aus fehönen, Offenen und fruchtbaren Ebenen, wo man diefe Wälder von Birken findet, welche die Einwohner aber nicht recht zu nußen wiffen. Denn ungeachtet diefes Holz hier härter iſt, als in andern Gegenden, fo lagen doch die Leute, daß es fehr geſchwind faule, Es wäre noch die Frage, ob diefe ſchlimme Eigenfhaft nicht daher Fömmt, daß man 88 zu einer unbequemen Zeit falle. Sonſt wäre diefes für eine Colonie, die man in der Baraba anlegen wollte, die einzige Unbequemlichfeit, und vielleicht ließe ſich auch darwider ein Mittel finden, wenn man ernftlich an ihre Bevölkerung dächte. So viel iſt gewiß, dieſe Gegend verdienet die Aufmerkſamkeit der Regierung. Koͤnnte man das Biekenholz vor der geſchwinden Faͤulniß bewahren, fo koͤnnte man auch wegen des Brennholzes, wenn es zu mangeln anfienge, unbeforgt ſeyn. Man würde gewiß in den Moraften des Sandes Torf genug finden , diefen Mangel zu erfegen. Man Fann die ganze Baraba als ein Sand anfehen, das zum Aderbaue fehr bes Men if. Was man dazu nicht anwenden wollte, gäbe vortreffliche Wiefen, wo man Eine ghoße Anzahl Vieh halten Fönnte; Hingegen das angebaufe Sand würde reichliches Korn liefern, fo daß man verfichere feyn Fönnte, in diefer Gegend alles zum eben noͤ⸗ ige anzutreffen. Bon Fifchen finden ſich hier zwar nicht vielerley Arten, aber fie find doc) im Yes berfluſſe vorhauden, und die vielen Seen in der Baraba ſind voller Karauſchen. Die Tatarn ſalzen im Sommer die Fiſche ein, und koͤnnten ſich auch im Winter davon naͤhren, wenn dieſe Jahreszeit ihnen nicht Weidwerk lieferte, An den Quellen der Släffe giebt es die Menge Rebe und Elende, Die Züchfe, Hermeline — on \ oͤrnchen Emboljum, das vom griechifchen Zugdarew, bins laͤcherlichen Gebärden und pantemimiſchen Vor⸗ tuetfen, herkoͤmmt. Es war eigentlich ein ftellungen. Natraliſches Vorſpiel, und beſtund in Taͤnzen, x 408 Reife nach Kamtſchatka Gmelins hoͤrnchen find auch fehr gemein, aber die erften Coloniften wären bie einzigen, die das ' Reife. 1741 von Nusen hätten; denn Diefe Thiere würden gewiß defto feltner werden, je mehr fi die Menfchen vermehreten. Man Eönnte zwar auch andere Vortheile antreffen, wel⸗ che den Verluſt der erftern erfeßeten, wie dieſes alle Ruſſen, die ſich in Sibirien nie dergelaffen, erfahren haben. Es giebt aber eine gewiffe Arc von Verhängniß *), die manchen guten Anftalten Hinderlich ift, bis endlich einmal eine Zeit koͤmmt, wo man fid wundert, warum fo fange niemand auf den Einfall gerathen fey, dieß oder jenes zu thun. Diefes Verhängniß ift ein allgemeinesGefeg der Natur, ſo wie die anziehende Kraft der Körper, nur mit dem Unterfihiede, daß das Verhaͤngniß gar oft von den Menfchen Fann aufgehoben werden, da die anziehende Kraft vielleicht ewig ift. Auch Bier fieß Here Gmelin einen Zauberer feine Komödie fpielen, um ſich zu verſichern, eb der Unterfchied zwifchen denen beyden, die er in diefer Gegend geſehen hatte, und zwiſchen denen bey andern ſibiriſchen Voͤlkern, von den eignen Einfaͤllen die fer Zauberer, oder von einer befondern, jeder Gegend eigenen, Denkungsart herruͤhrete Diefer legte war ein alter Mann, mit einem ehrwuͤrdigen grauen Barte. Er hafle nur feine gewöhnlichen Kleider, und trug weder Strümpfe noch Hofen. Seine Trum⸗ mel fam, der Geftalt nach, mit den bisherigen überein, nur war fie Fleiner , und hatte vier Eleine eiferne Ringe, damit, wenn man darauf fehlüge, das Geräufch vermehret würde Die andern Inſtrumente waren den fonft befchriebenen ähnlich, wenigſtens fah mat daran feinen bauptfächlichen Unterſchied. “ Der Zauberer machte feine Poffen faft fo, wie die übrigen. Seine Gebaͤrden, ſein Springen ins Feuer, feine Geſchicklichkeit, glübende Kohlen zu freffen, dus Fonnre zwar Sibiriafen in Erftaunen feßen und zu Sachen machen: ‚aber verftändige Leute fahen es mit Verachtung und Mitleid an. Auf die Frage unferes- neugierigen Keifenden, wo er die drey Hauptteufel Raw Uten, Jetkari und Kan-Bure hätte kennen lernen, war feine Antwort: wie Got jedem Gefchöpfe Gelegenheit zeigete, feinen Unterhalt zu finden, fo müßte er glaube Gore felbft habe ihm zur Befannefchaft mit diefen Geiftern verholfen, um ihn in den Stand zu fegen, durch Hülfe der Gebeimniffe, die fie einen Menfchen lehreten, le⸗ ben zu Fönnen. Der azfte des Brachmonates war ein angenehmer Tag für den Herrn Gmelin, weil er an ſelbigem die Nachricht erhielt, daß der Senat feine Ruͤckreiſe erlaubet habe. DI Freude darüber verhinderte ihn keinesweges, feine Neife fortzufegen, und noch denfelbige® Tag befah er Tartaskoi⸗Paß, welches er als einen elenden Ort beſchreibt, fo wohl wegen feiner Bauart, als wegen der wenigen Haͤuſer, die er in ſich begreift, und di noch darzu über den Haufen fallen. Diefer Paß hat zu feiner Vertheidigung ein eiſet— nes Stuͤck, welches ein halbes Pfund ſchießt, und funßzig Koſaken, die ein Haupf mann, (Sotnik) commandirer. Man löfer fie alle Jahre aus Tara ab, fo mie di Koſaken der übrigen Paffe von Tomsf aus abgelöfee werden. Das follte wenigſtens jährlich geſchehen, aber bisweilen werden fie vergeſſen, und bleiben fünf bis ſechs Jah an einem Orte. | Uebrigen® + Diefe Betrachtung iſt mit den Morten des derungen des franzöfifchen Ueberſetzers, damit Originals hier eingeruͤcket, und nicht mic den Aen-⸗ niemanden die Abweichung befvemde, * durch Sibirien. 409 Uebrigens bat dieſer Paß bie vortheilhaſteſte Sage von der Welt. Die Gegend da er eaſe. herum wird oft, wie bey Kamskoi⸗Paß, zumal im Fruͤhlinge, unter Waſſer geſetzt, IND zeiget, mern fich das Waſſer verlaufen bat, die vorsrefflichften Wiefen, die eben J— o nutzbar ſeyn koͤnnten, als ſie angenehm ins Auge fallen. Niemanden iſt noch einge⸗ fallen, ein Stücd davon zu bearbeiten; die Fauldeic findet es zuträglicher, das Mehl on weitem kommen zu laffen, anſtatt fich mit Ackern und Säen Mühe zu geben, dafür Man weiter nichts, als die neue Arbeit hätte, das Getraide einzufammlen, und bere Nach zu mablen. | Unfer Reifender traf den a5 ften neue tatariſche Gräber an, die von Erde fehr hoch Aufgeführer waren. So fah er auch die Erde hin und wieder mit Salybluhmen bedeckt, Ein Zauberer von einer andern Ark biele ihn eine kurze Zeit auf, Das war ein Jacuteraͤter ein Namen, den diejenigen fuͤhren, die mit dem Bogen zaubern. Er war ſo hoͤflich, den Herrn Gmelin zu fragen, was er zu wiſſen verlangete; und dieſer legte ihm die Frage vor, ob Raſatſchja⸗orda auf den Herbſt einfallen würde? Se Hei, ergriff der Zauberer die Sehne feines Bogens mit dem Daumen: und Zeigefinger der rechten Hand, und bewegte Dadurch den Bogen. Der legte Schwung gefchah ges gen ihn zu, und das war eine günftige Antwort, daß man dieß Jahr von den NRäubern Nichts wuͤrde zu befürchten haben, Wenn ſich der Bogen ungleich bewege, und nicht nach ber Seite des Zauberers ſtill ſteht, fo giebt das eine böfe Deutung. Bisweilen läßt er ihn eine Bewegung auf ie Seite machen, worüber die Tatarn, die ihn um Rath fragen, fehr misvergnügt find; denn alsdenn müffen fie zu. einem Zauberer gehen, der die Teufel beſchwoͤrt, da⸗ Mit dieſe dem Bogen die Freybeit geben, fich gehörig zu bewegen, und dadurch die vorgelegten Fragen zu beantworten, Iſt alfo der Jacuteraͤter zugleich ein Zauberer, hat er doppelten Gewinnſt; denn er kann bie, welche fih bey ibm Raths erhohlen, oft nöthigen, ihn fir feine Zaubereyen, und auch für die Kunft mie dem Bogen zu bes Zahlen. Doch die eigentlichen Zauberer Balten die Kunſt eines Jacuteraͤters für zu ſchlecht, und der Würde eines Schaman oder Kan unanftändig. Außerdem bereden fie auch ihre Landesleute, ein mündlicher und vertrauter Umgang mit den Teufeln fey diel Fräftiger, das Verborgene zu erfahren, als die Bewegung des Bogens durch " unbekannte Kraft, von ber man nicht wiffe, woher fie rühre, oder mie weit fie erſtrecke. si 2öften Fam unfer Profeffor durch ein fatarifches Dorf, Bakmas, von der Wolaſt Lubei, das aus neun Jurten beſtund. Es lag am Ufer des Sees Jarlu, welches im Tatariſchen arm bedeutet, ein Namen, den man ihm beygelegt hat, weil er wenig Fiſche enthaͤlt. Hernach gieng er bey einem andern tatariſchen Dorfe von acht⸗ zehen Jurten vorbey. Ueberall ſah er eine große Menge kleiner Seen, unter denen er en Ugui als den betraͤchtlichſten anführet, da er neun Werſte lang, und eben fo viel teieift, Er hatte noch das merkwürdige‘, daß eine große Inſel, die an der Mittages— eite deffelben lag, zur Halbinfel geworden mar, und mit dem feften Sande zuſammen ng, nachdem fich das Waffer, weiches fie davon getrennt, zurückgezogen hatte, Ehe wir die barabinsfifchen Tatarn verlaffen, fo wird es nicht unnuͤtzlich feyn, fie noch überhaupt zu betrachten, um fie beffer Fennen zu lernen, Sie find ein herum— Allgem, Reiſebeſchr. AX Band. Se - Khmeifen. ar | Reifenach Kamtſchatka Gmelins ſchweifendes Volk, mie die andern fibirifchen Heyden, welches feine Wohnungen jedes Reife. 1741. mal im Sommer und Winter ändert. Doch ziehen fie gemeiglich parteyenweife in eben die Gegenden , wo fie den vorigen Sommer oder Winter zugebracht haben. Sie halten Rindvieh und etwas an Pferden, Diefes Volk iſt nicht ſehr zahlreich, und größtentheifs heydniſch. Sie haben ihre Zauberer, mie man jeßt gefehen bat. Ihre Nahrung ift die Viehzucht und der Fifh- fang, indem Die häufigen Seen, die man in der Baroba anteiffe, fehr fifchreich find- Sie haben auch allerley Wildpret, fonderlich wilde Enten und Täucher, die ſich auf die fen Seen aufhalten. Man fager, e3 follen einige Familien unter ihnen die muhammeda« nifche Religion angenommen haben, weil die muhammebdanifchen Tatarn, die an der Oft und Weftfeite mit ihnen graͤnzen, fie durch heimlich abgefchickte Imans zu befehren ſu— hen. Doch die firengen Verbothe des ruffiichen Hofes machen, daß diefe Priefter ihr Bekehrungswerk weder öffentlich noch gar zu ftarf treiben Fönnen. Den 2gften fam Herr Gmelin durch ein ruffifches Dorf, wo alle Leute, Männer, Weiber und Kinder, betrunfen waren. Da diefe Bauern ihr Bier und ihren Branne tewein angefchaffer hatten, um das Feſt Petri und Pauli würdig zu feyern, fo hatten fie es unterdeffen gefoftef, und das heißen fie dem Seiligen entgegen geben. Je zei⸗ tiger man ihm entgegen koͤmmt, defto mehr Ehre wird ihm erwiefen,. das heißt, um mie viel Tage man fich eher betrinkt, als das Feft koͤmmt, defto größer ift die Andacht. . Denfelbigen Tag fam er nad) Bergamatzkaja⸗Sloboda, die am füdlichen ‚ Ufer des Fluffes Tara liege. Sie hat ihren Namen vom Bache Bergamak, der fünf Werte unter der Sloboda an der Mitternachtsfeite in den Tara fällt: Sie hat zwey und fünfzig Käufer, in welchen dreyßig Bauren wohnen, fechs Bielo⸗Meſtnie⸗Ka⸗ ſaki, und ſechs und zwanzig Rasnotſchinzi. Außer dieſen Wohnungen iſt noch eine oͤffentliche Schenke, und ein Haus für die Kirchenbedienten. Am obern Ende der Slos boda ift in einiger Entfernung von dem Tara eine Feftung von liegenden Balken ger bauet, welche wie die andern durch Graben, Pallifaden und fpanifche Reiter verthei⸗ diget, und mit einigen Haͤuſern zu Gewehre und anderm Vorrathe verſehen iſt. Der Fluß Tara, an weichem die Feſtung liege, iſt wegen feiner ungleichen Ufer , deren Höhe bald ab, bald zunimmt, merkwürdig. Das füdliche Ufer deffeiben ift ſehr hoch, und das gegen Uber fehr niedrig, und vielen Ueberſchwemmungen unterworfen. Im Fruͤh⸗ jahre reißt das Waſſer gemeiniglich ein Stuͤck von dem ſuͤdlichen Ufer ab, fo daß mat die nahe ftehenden Gebäude immer weiter in das Sand hinein bauen muß. Vielleicht hat dieſe Unbequemlichkeit für die Lebendigen nicht viel zu bedeuten, aber die Todten find deſto ſchlimmer daran. Das Waffer, welches ihrer Gräber nicht ſchonet, nimmt die traurigen Reſte von ihnen fort, und führet fie weit von dem fo geliebten Warerlande weg, mo ein jeder fo gern bey feinen Vorfahren ruhet. Es war auf dem Mittagsufet ein Gottesacker, davon ſchon die Hälfte weggeriffen ift, | VUeber dem Tara, an. feinem Ufer gegen Norden fieht man niedrige Berge, die fih, wie man faget, bis Tobolsk erſtrecken follen, und auf denen fich, wie in den Ebenen, viel Waldung, meiftens von Fichten und Tannen finder, Den soften gieng Herr Gmelin über den Irtiſch. Er fand, daß die Bauern Im Dorfe Schtſchnewa nicht weniger andächtig deweſen waren, als die er den 28ſten ge ‚ feben — durch Sibirien. gu Sehen hatte. Sie harten den heil. Peter und Paul fo gut eingehohlet, daß, bis auf die Gmelins fäugenden Kinder, alles betrunken war. Reife, Herr Gmelin Fam den erften des Heumonates in die Stadt Tara. Hier hälter "74% ſich mit der Erzählung der Streitigfeiten auf, die er wegen feiner Wohnung gehabt at, und nichts weiter beweifen, als daß die Woywoden fehr geldgierig find, und die Gewohnheit haben, Pflicht und Gerechtigkeit ihrem Eigennuge aufzuopfern. Weil in vorigem Frühjahre ein Haufen raͤuberiſcher Kofafen in die Gegend am Fluſſe Iſchin gefkreife, und zwanzig Perfonen, nebft einer großen Menge Vieh aufgehoben harten: ſo hatte man, fie zu verfofgen, fieben hundert Mann, Meils Eoldaten, theils Kofafen Ausgefchicht, und bey der Anfunft des Profeffors hatte man noch Feine Nachricht, wie die Sache ausgefallen fey. Wegen diefer Streifereyen mußte er fein Vorhaben, die Gegenden am Tara durch zu reifen, aufgeben, Der Woywode hatte zwar feine Ur— achen, warum er die Entfernung unfers Neifenden münfchte, den er. für einen gefährli= ben Zeugen feiner Ungerechtigkeiten hielt, und fuchte iym Die Luſt, ſich lange bier auf: zuhalten, zu benehmen. Er ließ ihm daher durch feine Abgeſchickten Die Nachricht brin- gen, es fäme die Zeit einer bier gewoͤhnlichen Seuche herbey, Die fonderlich den Frem⸗ den fehr gefährlich fey. Herr Gmelin bezeugte eine großmuͤthige Verachtung des Todes, Und gab fo gar denen, die ihn abfchrecfen follten, zur Antwort, er glaubte, als Arzt verbunden zu feyn, die Natur diefer Kranfheit zu unterfuchen, und als ein Menfch erlaubete ihm fein Gewiſſen nicht, fo viel waere Leute, bey dergleichen gefährlichen Umftänden, feiner Hülfe zu berauben. Hier iſt die Befchreibung von diefer dort gewöhnlichen Seuche, welche fo wohl die enfchen, als die Pferde anfälle. In den Monaten Junius und Julius, felten in andern Sahreszeiten, befommen Befendere die Menfchen, ohne Unterfchied des Alters und Gefchlechtes, am meiften die von mitt: Laudſeuche. lerm Alter, irgendwo am Leibe, Fein Glied ausgenommen, einen Flecken, Faum einen Vierchel Zoll breit, blaß von Farbe, andere fagen roth, und wohl mit einem ſchwarzen Tüpfefchen in der Mitte, der im Gefühle unempfindlich, ‚hart, und wenig über die Haut erbaben zu feyn ſcheint. In vier bis fünf Tagen wird er einer Fauſt groß, ohne ine Farbe und Härte zu verändern. Der Kranfe empfindet gleid) anfangs brennenden urft und große Mattigfeit, verliert alle Luft zum Eſſen, will beftändig fehlafen; fo bald er ſich aufrecht halten will, wird er ſchwindlicht, verſpuͤhret viel Bangigkeit, und die Bruſt iſt ihm zu enge. Nach einigen Tagen wird der Athem ſchwer und uͤbel rie⸗ end. Der Kranke kann nicht lange auf einer Stelle bleiben, wirft ſich von einer Seite zur andern, und der Durſt wird immer aͤrger. Wenn bey dieſen Umſtaͤnden ſich ein heftiger Schweiß einſtellet, ſo erfolget bald der Tod darauf, welches bey ſtarken Perſonen den zehnten oder eilften Tag , bey fehwächern früher geſchieht. Die ganze Zeit follen die Kranken über nichts als Kopfſchmerzen Flagen ; die Zunge ſchwillt nicht, fie haben Feine ſchlimme Farbe, der Speichel bleibt natürlich; fie behalten die gewöhnlichen Ausführun- ‚gen, und der Kopf bleibt frey, daß Feine Hige oder Verruͤckung zu fpüren iſt. Diefe Zufälle find Heutige Tages felten; man weis fie nur noch ven alten Zeiten ber, wo man die Natur diefer Krankheit, und die Art, fie zu heifen, noch nicht veche kannte. Sie ift nicht nur am Tara, — noch weiter hinduf in allen Feſtungen am f2 Fluſſe * m‘. Reife nach Kamtſchatka Sieelins Fluſſe Irtiſch gemein, man ſoll fie auch in der ganzen Kalmukey, und um die Slobo⸗ . Reife, 741 wu den des tobolskiſchen und ifiskifchen Bezirkes bier und da fpüren. Da fie alfejeit an⸗ ſteckend iſt, und ſich mit einer Geſchwulſt aͤußert, fo bat man ihr im Ruſſiſchen den “— Namen Peftbeulen gegeben, und nenner diefe Gefhwulften Jaswa⸗Waorewaja Powetrie Heiße im Ruffifchen jede anfteckende Krankheit, und drücker das epidemifche Weſen fehr aus. Die Pet nenner man Morewaja-Powerrie, und dieſer Namen wird auch oft. der gegenwärtigen Krankheit gegeben, Gleichwohl iſt fie von der Peft fehr un terfehieden, wie man gleich aus, der Art fie zu heilen fehen wird. So bald man auf dem feibe einen folchen Zecken gewahr wird, der diefe Krankheit anzeiget, fo fehicfet man, oder geht ſelbſt zu dem Arzte, der gemeiniglich ein Koſak oder Vieharzt iſt. Er beißt diefen lecken, oder wenn fich diefer ſchon mehr erhoben bat, die Gefchtoulft mit den Zähnen rund herum bis aufs Blut, oder er ftöße in die Mitte deffelben eine Nadel fo tief binein, bis dev Kranke den Stich fühle. Won da treibt er die Nadel unter der Gefchwulft feitwärts, nach ungefähr vier Gegenden, mel che gleich weit von einander abfteben , und die ganze Gefchwulft in ſich faſſen. Aisdenn beißt er wie vorhin, doch nicht fo tief, als er ohne den Gebrauch) der Nadel gethan has ben würde, Endlich kauet er erwas tſcherkaſſiſchen Tobaf, fireuet erwas Salmiak auf denfelben, und leget es als einen Umfchlag auf die gemachten Wunden, und verbindet fie. Diefes Auflegen wird in vier und zwanzig Stunden zwey bis dreymal wiederholet, und die Geſchwulſt vergeht gemeiniglich in etlichen Tagen. Es iſt auch nicht zu bes fürdten, daß die übrigen Theile des Leibes davon möchten angeftecfet werden. Der kranke Theil befömme wieder feine natürliche Farbe, und die Wunden Beilen geſchwind zu. Dieß machet aber, wie die Aerzte fagen, die Cur nicht allein aus. Man muß den Kranken von allem Trinfen abhalten, und bey dem beftigften Durfte ihm durchaus nichts anders , als lauen fänerlichen Quas, geben; denn gemeines Waffer, Thee oder Branntewein follen ſchaden. Der Kranke darf auch nichts von Hülfenfrüchten, Milch, oder mag aus einem ungefäuerten Teige gemacht ift, eſſen. Getrocknetes Brod, in Huͤhnerbruͤhe eingeweicht, und roher Rettig ift ihm erlaubet. Altes Fleiſch iſt ſchaͤdlich, die Hühner ausgenommen. Unter den Fiſchen iſt der Hecht ſehr ſchaͤdlich; aber Ka⸗ rauſchen, trocken oder gekocht, befoͤrdern die Wiederherſtellung. Die Aerzte, die ich deshalben befragt habe, ſetzet Herr Gmelin hinzu, haben beym Einſtechen der Nadel wahrgenommen, daß dag unempfindliche Fleiſch nicht wie das andere, ſondern etwas blaulicht ausſieht, bey nahe als wenn es an der Luft getrocknet wäre 49). Diefe Seuche wuͤthet oft unter den Menfehen in diefer Gegend fehr heftig, und man giebt vor, fie fiele auch die Pferde an. In eben diefen Monaten, Junlus un Julius, fonft in feinen, wird man fie an ihnen gewahr, und giebt ihr auch eben den Namen, wie bey den Menfchen. Die Pferde befommen eine Geſchwulſt, Feinen Theil des Seibes ausgenommen, die, fo bald man fie wahrnimmt, einer Fauſt groß ift, hart, doch nicht fo ſehr, als bey den Menfehen, Sie waͤchſt fehr geſchwinb, bey einem un es 45) Fleiſch an der Eufe zu krocknen, und es gewöhnlicher, als das Näucherns welches erſt in anf Reifen mitzunehmen, oder zu anderm Ge- nenern Zeiten ſcheint aufgefommen zu feyn, un brauche aufzuheben, iſt in Rußland und Sibirien bey gemeinen Leuten noch wenig — durch Sibirien, 413 Oder weniger, und wird in ein-oder zweymal vier und zwanzig Stunden fo groß, als Gmelins ein Schafskopf. Die Pferde laſſen alsdenn die Köpfe hängen, fehen traurig aus, und Reiſe. Wollen niche freffen. Wenn man ihnen den Willen läßt, fo laufen fie dem Waffer zu und 174! Aufen gräulich, ja einige ſchwimmen fo gar, und ertrinfen nicht felten, vermuthlich au — Mangel der Kräfte. Wenn die Gefchwulft zur Reife koͤmmt, welches, wie gefager, M ungefähr acht und vierzig Stunden geſchieht, iſt fie etwas weicher, bricht aber nie» Mals yon felbften auf, jondern die Pferde gehen gemeiniglich darauf, auch wenn man die Geſchwulſt vorher aufſchneidet. Um das Thier alfo zu heilen, muß man nicht war⸗ fen, bis fie reif wird, fondern, fo bald man fie wahrnimmt, wird mie einem Meffer ein chnitt hineingethan, und das unempfindliche Fleiſch mit einem glühenden Eifen ger Tann; oder man ftößt ein feharfes Eifen in die Gefchwulft, bis auf das gefunde leifch ein, und dreher es nach allen Seiten. Bisweilen bringt man aud) durch Hürfe Einer Nadel einen Faden unter die Gefchwulft, und zieht ihn fo lange hin und ber, ig das Pferd verrecket oder gefund wird. Die Gefchrulft ift bisweilen einen halben Schuh tief. Inwendig ſieht fie gelblicht und dick, wie alter Speck aus. Die Bruſt und die Geburisglieder find hauptſaͤchlich die Theile, mo fich diefe Krankheit anſetzet, und bey der Bruſtgeſchwulſt ift immer noch mehr Hoffnung zur Genefung , als bey der an— een. Währender Eur bält man die Pferde in einem finftern Stall. Man giebt ih— nen Fein Wafler, fondern nur wenig lauen und fäuerlichen Quas, zu faufen. Heu leget Man ihnen nur fo viel vor, daß fie nicht Hungers fterben, und überhaupt haben fie feine große Luft zum Freſſen. Auf diefe Weife werden viele Pferde wieder gefund. eil man aber nicht gern die Mühe haben will, die Pferde zu Haufe zu füt- fern, fondern fie lieber auf die Weide gehen läßt; fo koͤmmt mandyes um, ehe man Weis, daß es krank ift, oder man wird es erft gewahr, wenn die Hülfe zu ſpaͤt iſt. an pflegt auch die Pferde, an denen man fie wahrnimmt, fo gleich von den andern Abzufondern: eben das thut man mir den Menfchen, weil man vom erften Urſprunge diefer Krankheit bis jeßo in den Gedanken geftanden hat, daß fie anſteckend ſey. Unge— Achter nun diefe Worficht nicht zu tadeln ift, fo ift fie Doch nicht ganz gegründet; denn Seuriges Tages zieht man das Anſtecken diefes Giftes in Zweifel. Noch ein Umſtand finder fich bey diefer Pferdefeuche, der, wenn er wahr ift, Aufmerkſamkeit verdienet. follen zuweilen zween bis drey Tage hinter einander viele Pferde binfallen, alsdenn ſol es auf einige Tage nach laſſen; bald das Sterben wieder angehen, und wieder nach⸗ fen, eben als wenn die Luft ein Fieber hätte, worinnen böfe und gufe Tage abwech- fetten, Wenn das wahr ift, fo wäre es fehr ſchwer, die Urfache Davon anzugeben, man Möchte denn fagen wollen, die Seuche fey an ſich gleich; wenn fie aber ſtark wuͤthete, ® naͤhmen die Leute ihre Pferde ein Paar Tage lang beffer in Acht, und unterließen es der, wenn fie eine $inderung des Uebels fpüreten, daß man alfo hieraus diefe Ab- Vechfefung erklären koͤnnte. Es fagen auch einige, das Mebel wuͤthe bey der größten Dige am beftigften, und vieleicht wäre diefe übele Witterung an diefer Abwechſelung Ä Sffa Urſache, irn das in der Luft getrocknete Fleiſch nicht alt fen. Weil aber der gemeine Ruſſe nicht fehr an m ſo ſchmecket es nicht übel, aber nach einem Paar das Salz gewohnt if, fo fraget er and) nad) uns te goten wird es ranzicht, und wer geräuchers fern geraͤucherten Fleiſche nicht viel, Jeeiſch gewohnt ift, kann es faſt nicht geniefs N a4 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Urſache, nur wuͤrde fie alsdenn nicht fo ordentlich erfolgen, als man will bemerket ha Beife. ben. Das Hornvieh foll bey diefer Seuche felten, Schafe aber noch weniger als Kuͤhe 174%. leiden. Doc) follen fie nicht ganz davon frey feyn, weil man aber der dicken Haare wegen die Beulen nicht eher fehen Fönnte, bis fie veif find, fo müßten fie meiftens ver reden. Die andern Krankheiten an Kuͤhen und Schafen, welche mit diefer nichts ge mein haben, wiſſen die Leute fehr wohl zu unrerfcheiden, fie kommen auch eher im Herbſte, als im Sommer. Es ſind oft Krankheiten unter dem Viehe, ohne daß ein einziges Pferd angeſtecket wird, aber ſie aͤußern ſich durch keine Geſchwulſt. Das Vleh ſieht traurig aus, hat große Verſtopfungen, und ſchwillt, ehe es ſtirbt, uͤber den ganzen Leib. Hierwider fol man noch wenig Euren verſuchet haben. Die einzigen Br rärten und Tungufen, welche ihr Vieh jenfeits des Sees Baifal weiden, rühmen fid, daß diefe Krankheit bey ihnen noch nicht eingeriffen wäre. Einer Peft in Sibirien wiffen ſich weder Ruffen noch Heyden zu erinnern, fo well ‚fie auch zurück denfen koͤnnen. Hier hält ſich Herr Gmelin lange bey der Befchreibung eines medicinifchen Buche? auf, welches bey den Tatarn in großer Achtung ſteht. Herr Prof. Müller hatte es in Tobolsf gefauft, und ihm zu Anfange des 1741ften Jahres zugeſchicket. Weil & zu Tomsf niemand fand, der es lefen Fonnte, fo ließ er es in feiner Gegenwart einen mu⸗ hammedaniſchen Mulla (Priefter) durchlaufen, und fich von ihm einen Begriff davon machen. Wir, wollen ihm auch in der Befchreibung, welche er von diefem merfmüt* digen Denfmaale giebt, gern nachfolgen ; nicht als wenn es einige nuͤtzliche Entdeckungen enthieltez fondern weil die ungereimten und ausfchweifenden Dinge, bie ſich darinnen fanden, zu Zeugen dienen, wie unwiſſend die Araber und Perſer vor dem Muhammed waren, und wie weit Unwiſſenheit, und der daraus folgende Aberglauben die geſunde Vernunft unterdruͤcken koͤnnen. | Die Tatarn nennen es das Arzneybuch Juſuphi, d. i. Joſephs. Diefes Verfaß⸗ ſers ſoll im Koran gedacht werden, und darum iſt das Buch fo ſchwer zu befommen’ denn der Namen eines Mannes, deſſen der Koran erwaͤhnet, ift ſchon bey den Mufel manen in großem Anſehen. Diefe Handfihrift ſtammet eigentlich aus der Buͤcherſam⸗ lung eines jarfenifchen Ehans aus der Fleinen Bucharey ber, wie man denn zu Anfang und an einigen Orten, in der Mitte diefes Chans Siegel finder. Bey Eroberung der Fleinen Bucharey haben die Kalmufen diefes Buch entwandt und nach Tobolsk ge bracht, wo es dem Achunawasbakeew in die Hände fiel, einem im Arabifchet und den damit verwandten Sprachen fehr gelehrten Manne, der auc auf die er ö N —— gedruͤckt, und an verſchiedenen Stellen ſeine Anmerkungen dazu 9 ſchrieben bat. Das Manufeript ift in groß Octav länglichter Form, und befteht aus verſchiede nen Büchern. Das erfte ift in perfifcher Sprache, zwiſchen blauen und goldenen Unien gefehrieben, zwey und vierzig Blätter ftarf, und hat eine Cartouche im Anfange, mit Golde, auch blau und roth bemabler ift. Der Verfaffer iſt Abül, ein — weiſer, Sohn des Abdulletif. Das andere Buch, wovon vermurblich der ganze Bat den Namen bat, beftcht aus fechs und fiebenzig Blättern. Sein Berfaffer ift Fufiph) ein Sohn Muhammeds und Enfel eines andern Juſiph, ein Arge. Es ift U 3 auf perfifch, aber niche fo praͤchtig, als das vorige, auch nicht zwifchen Linien, meh durch Sibirien. . — 415 mit ſchwarzer Tinte mit untermengten rothen Buchftaben gefchrieben. Es find ifm Gmelins SF Blaͤtter bengefüger, die gedachter Juſiph einem Mulla, Schaban genannt, in Xeife. die Feder gefagt hat. Die Art der Schrift iſt wie bey dem vorigen. Weiter folgen 174% dien Blätter, worinnen die Leute ermahnet werden, die vorhergehenden Bücher zu les fen; dafiir wird ihnen die Önade Gottes verfprochen. Darauf koͤmmt ein Phall in per- ſiſcher Sprache, nur von dreyen Blättern. Phall ift ein Gluͤcksrad, wodurch man zukuͤnftige Dinge erforfchet. Es find in der That auch viele Räder , wie in unfern Büs- bern von diefer Ark abgebildet, und in den verfchiedenen Fächern iſt etwas gefchrieben. Nicht ein jeder weis es zu gebrauchen. Das Geheimniß iſt nur einem fsgr gelehrten, Achun aufbehalten, wie gedachter Geiftliche verficherte. Ferner iſt darinn 1) in fechs läftern ein Wunſch, daß Gott einem Gluͤck geben und ihm große Herren günftig feyn Möchten, in arabifcher und perfifcher Sprache gefchrieben , mit der Berfiherung, daß wenn man den Wunfeh, tauſend und achtzig mal lefen würde, das Glück erfolgen werde, 2) Weiter ein eingeleimtes Blatt, Fleineres Formates als das Buch, mit den bloßen perſiſchen Namen perfifcher Arzeneyen. Noch vorher geht ein Blatt, worauf demjeni⸗ “ gen, welcher diefe Arzeneyen aufgezeichnet hat, ein Sobfpruch gegeben wird. Auf der Seite ift etwas in arabifcher Sprache gefchrieben. "Weiter folget 3) Scheuchuliß- lom. Scheuc) bedeutet im Türfifchen oder Tatarifchen, worinnen die folgenden fechs Blaͤtter gefehrieben find, einen Mann, der in einer Stadt oder Wuͤſteney wohnet, viel bethet, ein heiliges Leben fuͤhret, und nach keinem Reichthume trachtet. Er unterrichtet ie Leute, die zu ihm kommen, in allem Guten, und giebt ihnen auch zumeilen Anwei⸗ fung, eine Krankheit zu heilen. Alſo bedeutet der Titel einen Scheuch fuͤr das Volk. Sn dieſer kurzen Abhandlung find viele Arzeneyen für allerhand Krankheiten. beſchrieben. . Haare von dem Kopfe eines Menſchen zu Afche verbrannt, und wenn man von einem Hunde gebiffen worden, auf die Wunde geſtreuet, iſt ein bewährtes Mittel, 2. Sn allen offenen Schäden, fie mögen fo alt feyn, oder Namen haben, mie fie wollen, eben diefe Aſche mit Effige vermiſchet aufgeleger, ift bewährt. Auch in Hun⸗ desbiſſen, ſowohl an Menſchen als Viehe kann ſie gebraucht werden. 3. Eben dieſe Aſche mit Eſſige auf einen kranken Zahn gelegt, lindert die Schmerzen, 4 Einem Wahnmwisigen foll man den Urin eines Menfchen mit Srauenmild) vermifchee du trinken geben, ſo wird er ſeinen Verſtand wieder bekommen. Spuhlwuͤrmer, wohl getrocknet und zerſtoßen, hernach das Pulver davon ins Auge gelaſſen, vertreibt den Staar. Dergleichen albernes Zeug ſteht noch mehr darinnen, das man uͤbergeht, um die Geduld des Leſers nicht zu misbrauchen. Auf eben dieſen Blaͤttern find noch mehr Arze⸗ neyen mit untermengten Gebethen, von dem Weltweiſen Bukerat, auch von einem ge⸗ wiſſen Muhammed, Zachariaͤ Sohne, imgleichen von einem Weltweiſen Dſchalinuͤß, ie ungefähr von eben dem Gehalte find. Nach, einigen andern Blättern, die theils zerriſſen find, folget 6) eine Seite, wor- duf etwas weniges von mebicinifchen Sachen. in perfifcher Sprache ſteht. 7) In fürs ſſcher Sprache wird das Blut eines Froſches wider ein Haarauge angeprieſen, im⸗ gleichen GBmelins "Reife. I 7 4 L — Reiſe nach Kamtſchatka gleichen der Saft des Pferdemiſtes wider die Taubheit 50). Dabey ſtehen noch andere Mittel 8). Ein Phall in perfifcher Sprache, um zu wiffen, ob Negen oder Schnee fallen, gutes oder fhlimmes Werter feyn werde. Diefes nimmt eine Seite ein, Au einer andern ſteht: Muß 9. Ein Wort, das Muhammed geredet, und ein Gebeth in perfi . Hier auf koͤmmt wieder eine leere Geite und i IE RR 10. Sieben Blätter und ein halbes in rürfifcher Sprache, welche zuerft eine Lobrede auf den Berfafler enthalten, der ein Arze ift, und feine Wiffenfchaft aus den Schrif⸗ ten verſchiedener Philoſophen geſchoͤpfet zu haben vorgiebt. Er fuͤhret gleichſam in der Vorrede einige Regeln an, wie man fi) bey Kranken, wo man iſt hingerufen worden, verhalten foll, und hält dafür, ein Kranfer Fönnte an einem Arzte fein Recht fuchen, wenn er ihm eine ſchlimme Arzeney gegeben babe, daß er davon ſtuͤrbe. Und went man feine Gerechtigkeit wider ihn erhalten Fann, foll man fich damit tröften, daß er in der andern Welt dafür bezahlen müffe. ’ . Hierauf find zwo Zeilen in arabifcher Sprache, melche den gedachten Muham— med, Zacharid Sohn, für den Urheber des Buches ausgeben, Er zaͤhlet fieben Kranke heiten des Hauptes, und handelt von den Zufällen der Nafe, Obren, Augen, Zaͤhne, des Mundes und Halſes; von den Krankheiten der Bruſt und des Unterleibes, von denen, die von überflüßiger Wärme oder Kälte enrfichen. ıt Hierauf folget eine Seite mit lauter Namen von Arzeneyen; dabey liege noch ein Zettelchen mit dergleichen Namen. 7 12., Eine Seite in perfifcher Sprache, worinnen angezeigt wird, welcher Tag gut ode 0. Deithatbe S ſiſcher S 13. Dritthalbe Seiten in perſiſcher Sprache zeigen die gluͤckli id? lichen Stunden, —— rn ung 14. Naͤſim, perfifche Lieder, ein Blatt und Dreyviertheil. 15. Welchen Tag es gut fen, Kleider zuzufchneiden 51), und fie zum erften Male anzuziehen. 16. Zwo Seiten in perfifcher Sprache, werauf ein Phall ftehr, daß ein Menſch 6) einer Krankheit wiffen kann, ob er feben oder fterben werde, was es für eine Krankheit iſt, und was er für Almofen geben muß, um mieder aufzufommen. Auf der zweyten Seite ſind noch etliche Zeilen mit der Nachricht, wenn es gut zu reiſen iſt. 17. Naͤſim drey Seiten, in perſiſcher Sprache, enthalten eine Unterweiſung für unarfige Leute. 1g. ine Seite mit zweyen Necepten in eürfifcher Sprache, wider die Kraͤtze, bie für fo Fräftig ausgegeben werden, daß, wenn fie auch ein Menfch vierzig Jahre gehabt Härte, er Durch den Gebrauch derfelben aus dem Grunde geheilet würde. — 19. Auf der letzten Seite ſteht weiter nichts merkwuͤrdiges, als die Nachricht, daß in dem ganzen Werke hundert und ſieben und ſiebenzig Blaͤtter enthalten ſind. Sch glaube wohl, ſaget Herr Gmelin, daß die Arzeneykunſt von dieſem alten Bu⸗ che, das voller kindiſchen und aberglaͤubiſchen Vorſchriften iſt, wenig Nutzen ziehen werde: 50) Ein Ruſſe, der bey dev Ueberſetzung ger wohl im Sommer, aber ticht im inter gr genwärtig war, fagete, dieſes Mittel liege fih brauchen, i, durch Sibirien 417 Werde: Faber man ſieht doch daraus, daß die Perfer und Hraber heutiges Tages nicht ie mehr wiſſen, als da diefes Werf gefchrieben worden, Die ‚mubammebanifchen Ta⸗ tarn find eben fo unwiffend, und vermehren den Aberglauben noch, den fie von den alten Otabifchen und perſiſchen Schriftftelfern angenommen haben, Es waren mit bey einer Belegenheit einige gefchriebene Blätter eines tatariſchen Buches in die Hände gefallen, ich mie von dleſer Verfammlung der Mulla erflären Ließ,- Ich würde mich ſchaͤ⸗ Men, diefe Erklärung berzufegen, wenn fie nicht das jege gefagte beſtaͤtigte. 1. In offenen Schäden iſt die Nabelſchnur eines Kindes ein gewiſſes Mittel, wen Man fie getrocknet und geftoßen in die Wunde ſtreuet: allein, das Kind muß von einer Süngfran ohne Zuchun eines Mannes gebobren fern. 2, In der Schwulſt der Hoden PU Man das Stirnbein eines längft verfforbenen Menſchen, dergleihen man ofe mie den Gräbern auswirfe, zu Pulver ftoßen, mie Effige miſchen, und den notbfeidenden heil damit befehmieren. 3. Wenn ein Menſch lange Zeit Fränfele, ohne zu wiſſen, Das ihm fehler, fo foll man eine Scheibe Rettig abfejneiden , aushoͤhlen, und fieben Pfefferkoͤrner mit einer Handvoll Karnyaryk (eine chinefifche Waare, größer als feffer, heran Körner gefpalten find,) darein legen. Darauf foll man den Rettig mie der erſt abgeſchnittenen Scheibe mieber zudecken, über und über mit Pferdemift umges M, in einen Topf thun, etwas Waffer Dazu gießen, und Achtung geben, wenn ein ampf davon aufzufteigen anfängt, Dieſen foll fich der Kranfe von unten aufin den $eib gehen laſſen. Einige Wetterbeobachtungen mag man bey dem Herrn Gmelin felbft nachfehen, Dir führen nur eine Erfeheinung an, die zu felten und fonderbar iſt, als daß fie nicht ie Aufmerkſamkeit der Naturfündiger verdienen ſollte. Der Auguſtmonat fieng mie choͤnen heitern Tagen an. Zwiſchen dem aten und zten in der Naht, ungefähr um halb eilf Uhr fliegen gegen Mordnordweſten feurige Balken vom Horizonte, eine ziemli—⸗ be Höhe gegen den Zenith hinan. Es waren ihrer- ungefähr zehen, die feinen fonderlichen Schimmer , auch keine merfliche Bewegung hatten, und bald Heller bald Bläffer wurden. Endlich wurde der Himmel zwiſchen ihnen ganz ſchwarz; diefe Schmwärge bedeckete endlich auch die Balken, und gegen Halb zwölf Uhr umzog ſich der Pnze Himmel mit Wolken. Es folgere aber hierauf Feine Veränderung bes Wetters, Mdern etliche heitere und ftille Tage. Der Sommer war fehr heiß und krocken ſo daß 08 Heu, worauf es in Tara vornehmlich ankoͤmmt, in Menge war, und gue einge⸗ bracht werden konnte. Die Aernde war auch ſehr gluͤcklich und ergiebig. Sommer: form, Roggen, Gerfte, Haber, harten von dem Frofte, der in ihr erſtes Wachsthum infiel, nichts gelitten; eine trockene Witterung befoͤrderte feine Bluͤthe, und die große Hitze erfuͤllete vollends die Wuͤnſche des Landmannes, und brachte es fo gefchwind zur eife, daß ſich die Aernde mit den erften Tagen des Auaufis anfing. Am die Mitte dofes Monates war das Gras auf dem Felde und alle Kräuter fo dürre, als wenn es erfroren „M Der Dienftag und Sonnabend find. in eis ſchnelden läßt, der toird durch Diebe darum fom- Den andern tatariſchen Buche hierinnen fehr vers Men, oder darinnen erfanfen, und viel anderes Krieg, Wer fi) an demfelben ein Kleid zu: Ungluͤck haben, ſo lange ev es tragen wird. Allgem, Reiſebeſchr. XIX Band, — 6Gg9 Gmelins Reiſe. 1741. — 48 Reife: nach Kamtſchatka Gmelins erfroren wäre, Die Erde fühlere ſich heiß an, und vielleicht war dieſe Hitze Schuld Reife Haß die gewöhnliche Seuche unter Pferden und Menfihen niche nur in Tara, ſondern 174%, guch in den-umliegenden Dörfern über fechs Wochen anhielt. a a Herr Gmelin bringe hier. einige Anmerkungen über die Einwohner dieſes Orte? an, von denen er fich bey feiner erften Reife einige falſche Vorſtellungen gemacht hatte Sie find nicht fo arm, als er damals glaubete, ſondern e8 finden ſich darunter überaus reiche $eute. Alles ift hier heuer, bis auf die Lebensmittel. Obgleich der Brannfe wein außerordentlich hoc) im Preife ſteht, indem das Wedro zwey Rubel vierzig Kope⸗ Een gilt, fo trinken fie ihn doch ſehr ſtark, aber fie kaufen nicht viel Kornbranntewein, Ein jeder brennt aus Mehl fo viel, als er fürs Haus brauche; denn das Pud Mehl gile bie! felten mehr als fünf Kopeken. Gleichwohl iſt diefes wider die Gefege, wenn nicht die Kanzelleyen in dem Stüce zu nachläßig wären. - So wie man fonft an andern Orten für eine gewiffe Summe Geldes die Keffel ftempele, und daraus zu, brennen erlaubt, fo follen auch oft die Einwohner deswegen Bittfehriften eingegeben haben. Aber man haf . es ihnen noch nicht bewilliget. Unterdeffen verftehen fie fich mit dem Woywoden, breit nen ihren Branntemein doch felbft, und wiſſen fich bey ihm ſchon abzufinden. In Tara ift faft gar Fein Handel, außer unter den fehr reichen Leuten ‚, die aber fo genau zufammen haften, daß ihnen fo leihrlich niemand: Eintrag thun wird. : ZH Haupthandel ift richt in der Stadt, fondern in der Feftung Jamyſchewa und auf dem Jahrmarkte zu Irbitſch. Dort vertaufchen fie ruffifche gegen Falmufifche Waaren, bier diefe gegen jene. Die Kalmufen fommen gemeiniglich alle Sabre im Sommer oder gegen ben Herbſt nach Jamyſchewa, und erwarten dafelbit die ruſſiſchen Kaufleute. Den ıöten Auguſt veifete Herr Gmelin von. Tara weg, und befam unterwegens die Nachricht, daß Herr Prof, Müller zu Katharinenburg gefährlich krank wäre, un? ihn fo bald, als möglich, zu fehen wünfchere, weswegen er auch den Entſchluß faffere, ſich zu ihm zu begeben, F Den zoften gieng er durch zwey Dörfer, von denen man nur noch die Haͤuſer al traf. Den sten Yun. vorher hatten die Räuber ver Caſatſchja⸗Orda dieſe Dörfet angefallen, geſengt und gebrannt, und geplündert was fie nur gefunden. Die übrige Einwohner, die glücklich entflohen waren, haften fich an einem andern Orte niederge⸗ laffen, Nach den hierüber verfertigten fchriftlichen Urkunden hatten fie von Mannsper⸗ fonen drey erwachfene und ein Kind, imgleichen ein Weib todt gefchlagen , acht Weibet und neun Maͤgdchen, große und. Fleine verbrannt, einen Mann und drey Knaben, drey Weiber, drey große und fünf Eleine Maägdchen gefangen weggefuͤhret. Einem als ten Manne, der fi) unter dem Stubenboden verſteckt gehabt, aber von ihnen do tar gefunden worden, batten fie Arme und Beine abgehackt, und ihn fo in feinem Blute liegen laffen. Außer dieſen Verheerungen hasten fie neunzig Pferde, die Füllen mit? gerechnet, und hundert und drey und funfzig Stück Hornvieh mit fort getrieben. mar ſchickte ihnen hundert Dragoner und drey hundert und fiebenzig Woͤp lonie Caſatiſchi nach, die ſie nach acht Tagen an einem See, unter einem Gebirge in der Gegend Sara! bor, antrafen. Ungeachtet fie an einem vortheilhaften Orte lagen, wo man ihnen ni \ nahe fommen Fonnte, wurden fie doch angegriffen. Man weis nicht, wie viel fie a durch Sibirien. ‚ 419 be verlohren haben. Auf ruffifiher Seite blieben ſechs Mann, und achfzehen wurden verwundet, fie büßeten auch achtzehen Pferde ein. Man nahm ihnen aber fünf und dreyßig Stuͤck Hornvieh, vier hundert ſieben und zwanzig Pferde und Fuͤllen, und zehen Menſchen ruſſiſcher Nation ab. Die Waffen, deren ſich dieſe Raͤuber bedienen, find Turki, eine Are Buͤchſen, welche wohl dreymal fo weit, als eine Wintovka, (euſſiſche Buͤchſe) reichen ſollen, deswegen man ihnen niemals fee nahe kommen Fann. Die ruffifchen Gränzen haben feit einigen Jahren, fonderfich feie 1728, unbeſchreib⸗ ich vid von diefen Raͤubern erlitten. Die ganze barabiniſche Steppe, die Dörfer oberhalb der Stadt Tara am Fluſſe Irtiſch, die Dörfer'am Oſch, Ajew, Wa— Kai, Jamurtla und alle Stoboden in der obern Gegend des Tobol find durch folche Urherfälle ungemein mitgenommen worden, Wenn man zufammen vechnere, was fie an Menfchen und Viehe erichlagen oder weggefuͤhret haben, fo würde man ficherlic) Über die Menge erftaunen. Es ift vergeblich, daß man fich durch Vergleiche vor ihnen in Sicherheit zu feßen gedenkt. Sie ftehen nicht unter einem Haupte. Wenn man ſich alſo bey denen, die mit den Ruſſen Friede haben, beklaget, ſo geben fie zur Ant: wort, es wären feine Leute von ihrer Horde, welche die Gewaltthaͤtigkeiten begangen haͤtten, fondern von andern, denen fie nichts zu befehlen hätten, und diefe Entſchuldi⸗ gung muß man gelten laffen. Freylich ift es ſchwer, zu wiſſen, von welcher Horde ein Trupp Räuber iſt, ober was er für einen Namen führer , den man nur unverfehens eine Mal zu Gefichte befömmt. Daher ift Fein Mittel, fie durch Verträge zu zwingen, wo Man fie nicht mit allen ihren Häuptern auf einmal ſchließt, und ſich Geifeln von ihnen geben laͤßt. Es würden aber aud) alsdenn fo viel eifeln zufammen kommen, daß man fid) vor ihren Räuberenen gleichfalls würde zu fürchten haben, Das ſicherſte Mittel wäre alfo wohl, dag man ihnen durch nachdrüückliche Strafen an denenjenigen Böfewichtern, dieman hab» haft werden koͤnnte, ein Schreden einjagere, Sonſt wird das Uebel immer größer, und koͤnnte noch traurigere Folgen haben. Unter den gefangen weggeführten find vermuthlich auch Schelme,die einen Gefallen andiefer Lebensart finden, die ihnen, wenn fie Staͤrke und Herzbafrigkeit haben, reichlichen Unterhalt giebt, Der Ueberfall in den vorerwähnten Dörfern ift vor dieſem etwas unerhörtes gewefen; es ift alfo zu vermurhen, daß fie von Ausgeriffenen find angeführet worden. Laut der. Auflage derer, die in Saraibov bes feener worden , iſt der Heerführer diefer Räuber ein verlaufener, Jeſaſchnoi⸗Tatar 52). Nan hat auch erfahren, daß barabingfifche Tatarn zu ihnen entlaufen find, und daß fie fo gar ruſſiſche Wegweiſer haben. Den agften Aug. Fam Herr Ömelin an das Ufer des Fluffes Tobol, nachdem er eine Menge anderer Fluͤſſe und Seen theils von weiten aefehen,. theils Darüber gefeget datte, von welchen er nad) feiner gewöhnlichen Art ausführliche Befchreibungen giebt, die ſehr wenig unterhalten. Er bemerfer nur, daß das Sand auf beyden Seiten des Tor bols ſehr niedrig und moraſtig iſt, daß darinnen viele Seen entſtehen, die theils einige Zeit dauern , theils bald wieder verfchwinden. Diefe legten kommen von denen Ueberſchwem⸗ Mungen her, die ſich in jedem Fruͤhjahre MEN, trocknen nad) und nad) aus, hi 982 - n ers Ä 52) Ein Tatar, der vor diefem an die ruſſiſche Krone Tribut bezahlet hat, und aus ihrem Bebiethe entlaufen iſt. Hl ne an | Gmelins Reife. n 1741. ud - 420 Reife nach Kamtſchatka Gmelins verdienen eher Suͤmpfe genenner zu werden. Hierauf beſchreibt er Jalutorovskoi⸗ Reiſe. Oſtrog, und einen See, der Feinen Namen hat, J 1741. Diefer Oftrog ward zuerft im 1659 Jahre, unter dem Zaare Alexei⸗ Michai⸗ lowitſch erbauet ‚und man waͤhlete ausdruͤcklich dieſen Ort, weil er das ganze umlie⸗ gende Land beſtreichen kann. Die Feſtung iſt von eben der Bauart, als die uͤbrigen; liegende Balken, Gräben, ſpaniſche Reiter und hoͤlzerne Thuͤrme find die ganze Befe⸗ ſtigung, und der Kriegesvorrath beſteht aus fechs eifernen Kanonen von anderthalben bis drey Pfunden. Inwendig find. alle noͤthige Gebäude, Wohnungen für die Beſa— Kung, ein Heughaus, ein Vorrathshaus zu Korn und Salze, eine Kirche, Kanzelley, und Wohnungen für den Befehlshaber und dieDfficiere. Außer dem Oſtroge find noch zwey hundert und fünfzehn Haͤuſer, die für die Geiſtlichen und Kanzelleybedenen mit ge⸗ rechnet, und eine Kirche, welche dem raduniſchen Wunderthaͤter Sergei gewidmet if, - Der Uprawitel oder Befehlshaber Diefes Ortes, war ein Oberſter, Namens d’Hrk guy, den Herr Gmelin in Tomsk hatte Fennen lernen, wohin man ihn vielleicht we gen eines übeln Begegnens gegen feine Obern vermiefen hatte. Ungeachtet er Befehls⸗ baber war, fo batte er doch noch nicht feine völlige Freyheit; feine Verbannung- war noch nicht zu Ende; nur harte man ihm aus befondern Urfachen diefe Stelle gegeben Unfer Profeffor lobet ihn fehr wegen feiner Hoͤflichkeit und Willfährigkeie, ihm in allen ſei⸗ nen Abfichten behuͤlflich zu ſeyn. J Dieſe glückliche Begeguung nebſt der Nachricht, daß der Here Profeffor Müller völlig wieder hergeftellee wäre, und die Provinz Iſet befuchen wollte, bewogen ihn, ſich einen Monat in DathfchamskajasSlobods aufzuhalten, Hier fah er die zum Ber ften der Sloboda unternommenen Arbeiten an. Man wollte nämlich den Tobol in fe nen Hauptarm gegen Mittag wieder zurück leiten, der fonft die Slobode vorbey gelau⸗ fen, aber feit dem vorigen Fruͤhjahre fo ausgetrocknet war, dag man Waffer zum Trin⸗ ken viele Werſte weit hohlen mußte. Vier hundert Menſchen arbeiteten vierzehn Tage an einem doppelten Damme in dem mitternaͤchtlichen Arme des Fluſſes, da wo ſich der Tobol trennet. Man grub lan dem Arme gegen Mittag das Erdreich auf, und wie man den Damm in dem andern Arme ganz verfchloß, fo lief alles Waffer wieder nach der Slobode zu. Allein, diefes Werf war von Feiner Dauer, Da der heftige Strom einige Pfähle losgefpühlee harte ; fo brach der Damm durch ‚ und der Fluß tief e en * Weg. Man mußte bald hernach aufs neue anfangen, und da gelang es beffer. Den ıgten, Fam der Here Profeffor Müller an. Herr Gmelin machte mie ihm verſchiedene Beobachtungen des Wetters, darunter folgende Befchreibung eines Nord⸗ lichtes merfwärdig iſt. - > Den zoften fah, man um eilf Uhr Abends gegen Nordweſten verfchiedene feurige Säulen; gegen Mitternacht verſchwand die Nöthe und die Balken blieben blaß⸗ Kurz vorher war eine dunkle Gegend unterhalb der Balfen am Himmel, die fich gleich⸗ falls aufheiterte. Da das Nordlicht am helleſten war ‚ fo wurde der Himmel plößli von Suͤden und Welten mie düftern Wolken überzogen, und bald darauf erhob fi ein farfer Weftwind, der den Himmel wieder aufbeiteree. So mie Das nad) un nach geſchah, wurde das Nordlicht bläffer, doch waren bis gegen die Morgendemmee⸗ tung beftändig einige blaſſe Balken zu feben, ®i - ne av Be er * — N hi Y u ee >% “ Da Be » * * er are A F RE, — —— durch Sibirien. 421 Die Gegend um Jalutorovskoi⸗Oſtrog iſt ſehr angenehm. Es find ſchoͤne Gmelins Ebenen, die frey an der Sonne liegen, Doch) iſt auch einiges Feld mit Birfen und Fich- Reife. fen befese, Das Feld, welches von bier ungefähre zwanzig Werfte weit an-dem Tor 1741. ol hinauf gehe, Diener zu Wiefen; denn die häufigen Ueberſchwemmungen verftatten —— nicht, es anzubauen, und es wird bier eine große Menge Pferde gehalten. Gegen Nitternacht und Abend ber Slobode, find fehr einfrägliche Aecker. Ueberhaupt find die Hiefigen Einwohner reich an Pferden, von denen aber alle Jahre viele durch eine ſolche Seuche, wie am Irtiſch gewoͤhnlich iſt, umfommen, Sie halten auch viel Rind⸗ vieh und Schafe. Die legten find einer Krankheit unterworfen, die alle Jahre wieder Ömme , und oft eine ganze Heerde wegraffer; denn diefe Seuche foll fehr anſtecken. Nan nimmt wahr, daß die Hoden, und gleich darauf die Köpfe ſchwellen, und in we⸗ Niger als einer halben Stunde foll das Schaf umfallen, Dieſer Bezirk ſteht, mie der irſchimiſche unter der Kanzelley von Tobolsfi; es Kehören zu diefem Dftroge eilf Sloboden, Die alle eine gute Anzahl Dörfer unter fich ha— en. Die Commiffarien der Sloboden ftehen alle unter dem Commendanten des Oſtroges. Ehedem bat bie Gegend von den Einfällen der Caſatſchja⸗ Orda und von ben Baſch⸗ kiren vie gelitten: doch ſeit einigen Jahren iſt es ruhiger, und die Ueberfaͤlle befteben Lmelniglich nur in einigen Räubereyen. Und wie Herr Gmelin fager, fo werben wenig Derter in Sibirien ſeyn, wo die Diebſtaͤhle fo gemein mären. In der erften Woche, die er fich Hier aufhielt, vergieng Feine Nacht, daß nicht jemand wäre beflohlen worden. Diefes Jahr hätten die Diebe aus einem Dorfe, das zur Syſazkaja⸗ Sloboda gehoͤret, achtzehn Pferde geſtohlen, welches zu folgender Begebenheit Anlaß gab. Ein eutenant, der in dieſer Gegend in Befaßung lag, fegete den Raͤubern mic hundert und fünf und dreyßig Mann nach, und folgete ihrem Wege, bis an einen Ort, wo fehr vie er Hopfen auf der Erde lag. Denn eben diefe Diebe hatten bier einige Leute angerrof- | fen, welche Hopfen zu fammlen ausgegangen waren, und jege ihre Ladung nach Haufe brachten. Diefe batten fie angefallen, gefangen mit fortgefchleppt, und den Hopfen, weil fie die Saͤcke brauchten, auf die Erde gefihürtet. Dex Lieutenant, der diefe großen Saufen Hopfen antraf, glaubte, es wäre der Räuber ihr Vorrath, ſchloß daraus, es Müße ihrer eine große Menge feyn, und ward furchtſam. Er ließ den Hopfen durch fine Soldaten auflefen und kam mit diefer Beute friumphirend nad) Haufe, zumal da dieſe That ohne alles Blutvergießen abgegangen war. Den ayften machten ſich Herr Gmelin und Herr Müller auf den Weg. - Nach dem fie durch viele Birken⸗ und Fichtenwälder gereifet waren, fo befahen fie Archangels⸗ kaſa⸗ Monaſtirskaſa⸗Saimka, dazu achtzig Wohnungen gehören, Herr Gmelin merket an, daß die beſcheidenen Einwohner des Kloſters den vielen Haͤuſern die ihnen hören, den ſchlechten Namen Saimka geben‘, welches eben fo wohl aus Klugheit, als As Demuth geſchieht. Denn die prächtigen Wörter Sielo, Pogoft, Sloboda, wuͤrden zu viel Auſſehen machen, und einen großen Reichthum anfündigen, den fie eben bergen wollen, aus Furcht, die Negierung möchte auf den Einfall gerathen, die Häße mit ihnen zu theilen Hernad) Famen fie nach Iſetzkoi Oftvog, weldes am ordlichen Ufer des fer liege, nicht weit von dem Ser Lebjaſchje, welches fo viel J ßt, als der Schwoanenſee. weh war ©, 93 Diefer Emelins Xeiſe. 1741 423 Reife nach Kamtſchatka Diefer Oftvog gebörete ehedem unter Tobolsk, aber bey der Einrichtung der Pro vinz Iſet im Fahre 1737, wurde er mit dazu gefchlagen. Es ift bier ein Befehlshaber ober Uprawitel, unfer dem die Commiffarien einiger darzu gehörenden Sloboden ftehen- Unfere Reiſende erfuhren, daß in zweyen Dörfern, nicht weit vom Oſtroge, einige Zwitter wären, die fie holen ließen. Sie waren noch Kinder, hatten aber an ihren natürlichen Theilen fo viel Aehnlichkeit, daß man fie leicht für eine befondere Arc von Men fehen Härte halten Fönnen, Ihre Geburfsglieder waren fo verftelle, daß man auf das bloße Anfehen nicht wußte, zu welchem Gefihlechte man fie rechnen follte. Der Priefier des Or tes hatte fie zu dem männlichen Geſchlechte gezäblet, und ihnen auch männliche Name gegeben; darinnen hatte er ſich auch nicht betrogen, ungeachter fie Here Gmelin fül Mägdechen hielt. Denn auf die Nachricht und Vorſtellungen der Academie ließ der boße Senat fie im 1743 Jahre nad) Petersburg bringen; Hier erfläreten fie die Herren D. Weicbrecht und D. Wilde für männlich, welches auch der Ausgang und Die fleißi⸗ gen Wahrnehmungen des Herrn Kaaw Boerhave, Anatomici bey der Academie der Wiffenfchaften, beftätiget haben 53). ‚Der Iſetʒkoi⸗Oſtrog hat wegen feiner Sage und fruchtbaren Gegend gleiche Vor: theile mit Jalutorovskoi⸗Oſtrog, und über diefes noch andere, die jenem fehlen, wel die Räubereyen bier nicht fo gemein find, und die frommen Seelen Gelegenheit haben, ihre Siebe und Andacht in dem Klofter Raphailovskoi zu üben, welches von dem % Oſtrog nicht weiter, als fünf Werfte, liege, Den uten des Weinmonates fahen die Profefforen zu Tiumen, mo fie den aten angelanget waren, den Sieg feyern, den die Ruſſen über die Schweden bey Wil—⸗ manſtrand erfochten hatten. Man biele ein Danffeft und loͤſete das Gefchüs. Die Stade Tiumen liege in einer anmuthigen Ebene am Ufer des Fluffes Turd gegen Mittag, in welchen der Bach Tiumenka fälle, nachdem er durch die Stade ge⸗ laufen ift. Man Fomme über diefen Fluß auf einer Bruͤcke, die drey und achtzig Faden lang⸗ Und fünfe breit iſ. Am Ende derfelben iſt eine Feſtung mit Palifaden umgeben, die ehedem viereckicht war, aber jegt Feine regelmäßige Geſtalt hat. Denn an der Gellt gegen den Tura hat das Waffer vieles Davon mweggeriffen, und man bat fie deswegen ümmer weiter ins Sand hinein gerückt. Sie erſtrecket fich am Fluſſe Tura auf achchig Faden, und längft dem Tiumenka aufdrey und ſiebenzig. Die Breite macher bey der Bruͤcke zu machen. Man hat alſo bey der Ueberſetzung 55) ©. Nou. Comment, Acad, Petropolit, ' berechtiger zu fepn geglaubt, diefe Lücke aus de om. I 2) Hier findet ſich im franzöftfchen Auszuge eine Lücke, die vom 15ten Detob. 1741, bis zum ızten ‚ Sun. 1742 und im deutfchen Originale, ten Ih. von der z24ften bis zur. 280ften Seite geht, Allem Anfehen nach, iſt ein bloßes WVerfehen daran Schuld; denn die im diefer Zeit vorgefallenen Bege⸗ benheiten und gemachten Anmerkungen find zum Theile eben fo erheblich, als was man bisher in diefem Auszuge gelefen hat. Uebrigens würde ein fo anfehnliches Stuͤck nicht mit Fleiße feyn wegge⸗ lafien worden, ohne eine Erinnerung deswegen gar zu forgfältigen Fleiß, der nicht die Eleinften He Neifen des Herrn Gmelin felbft zu erfegen, un es der Bequemlichkeit halber, in Haken eing fehloffen, gleich in den Text zu rücen. hat fich dabey fo viel als möglich nach der Art des franzöfifchen Abkuͤrzers gerichter, nwiermohl ! bey der Gelegenheit geftehen muß, daß ih { Regeln, mac) welchen er einen Umſtand beybehr ten, den andern. weggelaffen har, nicht jo lei ff entdecken faffen. Er befehiverer ſich oft über de A it bey de ftände vordeyluͤßt; er klaget ver er unten ” ihr durch Sibirien 423 Bruͤcke funfzehen, und an der gegen uͤber ſtehenden Seite zwiſchen den beyden Fluͤſſen, dier und ſechzig Faden. Sie bat von der untern und obern Seite des Sluffes zwey höre mie Thürmen, davon der eine Ingorinvskaja, Der andere Spaskaja⸗ Baſchnſa heißt. Zwiſchen Spaskaja⸗Baſchnja und dem Tura ſteht eine ſteinerne irche zur Verkundigung Mariä, deren Mauern die Stelle der Feſtungswand vertre— fen, Darneben fteht in der Feſtung eine faft verfallene hölzerne, zur Geburt Mas td, Hier ift auch noch) das Haus des Woywoden, die Kanzelley, das Zeughaus und . e des Tura ſieht man fechs hölzerne Kir: Kirche, einen Marftplag mit einigen Kramläden, wey Salzhäufer, n, ein Monnenklofter mic einer &in Rarhaus, ein Zollhaus, und fünf hundert andere Höfe der Einwohner. ebäude nehmen der Sänge nach einen Raum von Gegen die untere Seit Alte diefe fechs hundert und dreyzehn Klaftern ein. Gegen Mittag von der Stadt iſt noch ein anderer Dftrog, der fi) vom Tura bis dum Tiumenka erſtrecket, und mir Wällen, Gräben, rn umgeben ift. Palifaden und fpanifchen, Reis Ueber dem’ Tiumenka, an eben diefem Ufer gegen Mittag, liegt Jamskaja⸗ Sloboda, der aus zwey hundert von lauter Fuhrleuten, ſondern von und ſieben und vierzig Haͤuſern beſteht, aber nicht Perfonen allerley Standes bewohnet wird. Man ſeht hier ein Moͤnchskloſter, das mit einer Mauer umgeben, und nicht die ſchlechteſte ierde der Stadt iſt. Es find bier überdieß noch drey fteinerne Kirchen und verſchie— Ne Kloͤſter, theils von Steinen, theils von Holze. Am Ufer des Tura gegen Mitter⸗ nacht Tiumen gegen über, ift eine andere Vorſtadt, die fo wohl von Ruſſen, als mus hammedaniſchen Tararn und Bucharen bewohnet wird. Aufer und eine Kirche, die Tatarn und Bucharen nur fieben und zwanzig, Da der Ort, worauf die Vorſtadt ſteht, Metſched zu ihrem Gortesdienfte. drig if, puren von einer alten Ueberbleibſeln des Alterthumes von biefer Ar teiffe, gleich ift. Zudem ift es eine von den fo wird er oft unter Waſſer gefegt. tatarifchen Feftung mit Wällen und Gräben, welche den andern £, die man hin und wieder in Sibirien ans Die erften haben fiebenzehen und einen fehr nie: Man ſieht auch noch am Tiumenka befannteften und unleugbarften Dingen der fbieifchen Geſchichte, daß in der Gegend von Tiumen ehemals eine fatarifche Stadt Keftanden bat. [Den ı5ten *) machte man fich auf die Keifenach Tobolsk, auf welcher Herr Gme⸗ lin dis zum 2öſten zubrachte. Da die Fluͤſſe um dieſe Zeit erſt anfiengen, zuzufrieren, ſo Erʒaͤhlung von den vielen Bergwerken um Catha⸗ kinenburg, daß Herr Gmelin ſeinen Leſern auch che die Beſchre bung eines einzigen Ofens einer Ömekhütte fheukete: und ich dächte, er. hätte ER nicht nöthig gehabt, bey einem jeden Oſtroge Me Gebaͤude wieder anzuführen, da fie in allen mern, nur eines mehr. oder ‚weniger find. Es üb Wahr, (denn ich Fann mich nicht enthalten, ‚ erhaupt eriwas zu feiner Vertheidigung vorzu: Stihgen) Gmelins Neifen find au vielen. Stellen er trocken; destvegen aber wollen wir den Ver— Mer noch nicht Hiechterdings verdammen. Man denke das Fand, in welchen er gereifet its kann R 1 war das Stoff zu einer fo unterhaftenden Erzählung geben, als etwan China? Aber fo hätte er in den unerheblichen Umſtaͤnden nicht fo weitläuftig ſeyn follen.. Ehe ich das zugebe, ſo frage man 3. €. den Erdbefchreiber , ob er die genauen Bes nennungen aller Eleinen Derter, mit ihren Entfers nungen herausftveichen wolle? Ich zweifle. Die genaue Befchreibung aller, Gruben und — wird auch vielen verdruͤßlich ſeyn; fie iſt es mir oft. gewefen: aber. den Bergverftändigen wird fie ſchon unterhalten. Ich will nur einen einzigen Punet zum Beweiſe onfuͤhren, daß. die Genauig⸗ keit in dergleichen Beſchreibungen nicht immer zu Fimelins Reiſe. 1741. wen tadeln Gmelins Reife, 1741. 424 Reiſe nach Kamtſchatka war es etlichemal gefaͤhrlich, zumal das Reiſegeraͤthe, überzufegen, doch kam endlich ab les glücklich binüber, Herr Gmelin mußte bey feiner Ankun der Dafigen Regierung erdulden , vor Furzem war fharfer Befehl legenheit dazu gegeben hatte, mic Fleiße ganzer acht Tage aufgehalten, bey ſich hätte, zählen, Er richtete ſich num in feiner eb kamen; ja dieſe waren noch dazu fo neugieri ft in Tobolsk neue Verdruͤßlichkeiten von die ihm wegen der Zollhauſe lauter Schwierigkeiten inden Weg legte. ergangen, Reiſegeſellſchaft aufs, genauefte zu durchfuchen, Befichtigung feiner Sachen iM Esmar diefes eine Neuerung, und erſt alle Geraͤthſchaft der kamtſchatkiſchen ungeachtet diefe niche die geringfte Ge— Diefe an fich ſchon unangenehme Befichtigung ward noch e die Zollbedienten damit völlig zu Stande 8, Darauf fertigte er fie aber mir nicht gezählt, wenn fie aber einen Befehl vorzeigen Fönnten, fo wollte er eg und fragten, wie viel Herr Gmelin Geld der Antwort ab: er haͤtte es ſelbſt noch ihnen aufe Wohnung ein, und füchte feine Gefchäffte fo guf fort zu fegen, als es fich bey denen vielen Hinderniffen, die einem arbeitfamen Manne in dieſer Stadt aufftoßen, und die bey der Erzählung von feinem erſten Aufenchalte allhier find angeführee worden, wollte tbun laſſen. Er konnte nicht anders, als dei Geſellſchaft einen Theil zu widmen, das übrige aber wandte er auf feine Gefcpäffte, Nachricht einzöge, Den ıgren des Chriſtmonates verkuͤnd Freudenſeſt. Es war noch vor Tage die Eliſabeth den Thron beftiegen haͤtte. ‚ barunfer auch der Umgang mit den Tatarn gebörete, Damit er von ihnen immer meh igeen die Canonen und Glocken ein großes Nachricht angekommen, daß die Kaiferintt Man mußte ihr alfo unverzůglich huldigen und ſo viel aus den Gefichtern des Volkes abzunehmen war, deren Beurtheilung in fol hen Fällen am wenigſten triegt, fo war jedermann über dieſe Veränderung aufrichtig fro *). _ Nach dem Gortesdienfie ward um die Feſtung dreymal gefeuere ‚ auch ein ar⸗ £iges Sauffener von den Negimentern in ſehr gut: geuͤbt worden waren. vermehrete die Freude diefes Tages, Die Geſellſchaft war aber meiftens auf die Abreife fer Decker in Tjumen zuruͤck gelaffen, tadeln ſey. In den Nachrichten des Herrn Gme lin von den ſibiriſchen Bergwerken, iſt dieſes ger wiplic ein fonderbarer Umſtand, der in der na- türlihen Gefhichte der Erde angemerkt zu wers dem verdienet, daß dort die Erzte faſt überall nabe am Tage gefunden werden, und ſich felten in eine große Tiefe erſtrecken, da fih an allen andern Or ten das Gegentheil findet. Das wiederhohlet er ſo vielmal: und wollte man ihm Schuld geben, er habe fich von ſibiriſchen Vorurthellen anftecken laſſen, fo haben es doch die fächfifchen Bergleute, die alles in die Tiefe baueten, weil fie ee zu Kaufe fo gewohnt waren, eben fo befunden, Und doch babe ich mit Männern von großer Einficht in den Bergbau gefprochen, denen diefe Abweihung der Stadt gemacht, Die Anfunfe eines neuen die bisher in dem Gewehre Metropolitans zu Tobolst bedacht, Sie hatten den Mah⸗ und ſchickten den Mahler Luͤrſenlus im Win tet von den gewöhnlichen Geſetzen der Natur fo fremd vorkam, daß fie nicht wußten, ob fie niche in DIE Nachrichten des Herrn Gmelin einen Zweifel 14 Gen jollten ? Um wie viel größer woirde ihr zwei⸗ fel geweſen ſeyn, wen er nicht alle Gruben 9 haarklein beſchrieden Hätte? Wiewohl Scheuchzer hat eben dieſes von den Bergwerken der Schweiz aM gemerket. Man ſehe feine Naturgeſchichte der Schweiz, nach des Heren Sulsers Ausgabe a. d. 349fte Seite. Die haͤufigen Erzahlungen von den Zauberern in diefem Lande, ermiden DEN Lefer auch, da fie alle von einem Schlage u Aber ich glaube, e8 muß dem Heren Gmelin no viel verdruͤßlicher geweſen feyn, diefe Poffen fo oft und lange mie anzufehen. Er chat es br durch Sibirien, 5 eer ebenfalls dahin ab, damit fie ihre Arbeiten beffee abwarten Fonnten. Unter der Gmelins eit ſah Here Profeffor Müller Die Begräbnißeeremonien eines Tatarn muhammedani- Reiſe. er Religion, wovon die Beſchreibung hier einen Platz verdiener. 1741. ‚ Et war unter der tatariſchen Geſandtſchaft, Die ſich eben damals in Tobolsk auf: ER Diele, So bald es der Herr Profeffor Müller erfuhr, wollte er gleich ins Sterbehaus Tarariihes ben, um die Ceremonien vom Anfange mit anzufehen: er ward aber gebethen, es nicht zu ehun, weil die Menge Weiber, welche darinnen den Todten bemweineten, fich ® er vor ihm fehämen würde, und hierzu auch die Erlaubniß der Gefandefchaft noͤthig wäre. " gieng alfo um zehn Uhr des Morgens in die tatariſche Merfcher , wo ber Achun And die übrige Geiftlichfeit mit vielen Tatarn warteten, um den $eichenfietel einzuſe⸗ gnen. Dieſer beſtund aus zwehen Leilachen von Tſchaldar, das innere war weiß, das Außere gelblich. Kein Todter, der das muſelmaniſche Geſetz in feinem Leben geglau⸗ et Bat, darf nach demſelbigen in einem andern Zeuge, als der von Mufelmännern derfertiget ift, begraben werden. Weber dem innern weißen Tfchaldar lag nod) ein klei⸗ Neres Stück dergleichen ungefähr drey Arfchinen lang, welches fie das Hemde nennen. Es Dar nicht genehet, fondern nur in der Mitte ein Loch gefchnicten , wodurch der Kopf geftecke, und die übrige Hälfte über den Leib gelege ward. Altes diefes wurde unter be- ändigem Gebete mit Waffer, worinnen Kampher zerrieben worden, befprengef , wie⸗ wohl man ſtatt des Kamphers auch andere ftarf riechende Sachen nehmen Fan. Nun wurden die Leilachen zufammen gelegt, und an beyden Enden zugebunden, daß es Einem Mantelfacke nicht ungleich war, ein tatariſches Geberh auf einem halben Bogen gefchrieben, in der Mitte mit Nadeln darauf geſteckt, und alles zuſammen ins Sterbe⸗ us getragen. Die Zuſchauer blieben in der Metſchet zuruͤck. Ehe ber Todee in den Kittel gelegt wird, waſchen ihn Perfonen feines Gefchlechtes, die Weiber beweinen ibn, * Und weiter haben fie nichts babey zu thun. Bald darauf brachte man bie $eiche vor die Metſchet; denn hinein darf Fein Todrer fommen. Der Sarg beftund aus ſchlech⸗ ten Brettern, die mit Bafte zufammen geneher waren. “Ein darüber gebreiteter Teps dic) vertrat die Stelle des Dedels. In dem oben befchriebenen Kittel lag der Todte Ohne alle andere Kleider, war wieder bey dem Kopfe und Füßen , und nun auch in der Mitte des Leibes zugebunden. Der Achun verrichtete ein kurzes Geberh über ihn, und man führete durch ſo viel Beweiſe, als moͤglich, ſich und andere don der elenden Detrügerey zu überführen Der Vahn von den Wirfungen des Teufels durch die Naußerer ift noch lange nicht fo fehr ansgerottet, daß an ihn nicht immer mehr zu vertreiben fuchen flle, Wer aber die Gewalt des Aberglaubens ennet, der weis auch, daß es nur wenige Fälle dauchet dem Poͤbel eine falſche Meynung in den Kopf zu feßen, und daß taufend Proben des Ges Lntheiles Eaum zureichen, fie wieder herauszu- eingen, Und follten diefe Erzählungen nicht zu Schluffe wider die Zauberey Überhaupt dies sn? Ich Bitte wegen diefer Ausfchiweifung um Vergekumg, Sch glaube, fie dem Herrn Smelin Kuldig zu feyn, der gewiß mit fo großem Eifer, Allgem. Beifebefchr. XIX Band. als andere Gelehrten, welche dergleichen Reifen gethan haben, und mit nicht geringern Beſchwer⸗ lichkeiten die Wiffenfchaften zu bereichern geſucht hate Daß feine Bemühungen nicht ein fo praͤch⸗ tiges Anfehen haben, ale derer, welche die Figur ber Erde beftimmten, das ift feine Schuld nicht. Vielleicht hat auch das, was hier gefagt worden iſt, einen glücklichen Einfluß auf die Geduld einiger Lex fer, und ermuntert fie, die Übrigen Bogen vols lends durchzulaufen, die fie fhon im Begriffe waren zu uͤberſchlagen. Anmerk. des Ueberß ) Achnliche Anmerkungen hat Here Gmelin vorher bey den Huldigungen gemacht, die nad) dem Tode der Kaiſerinn Anna kurz Hinter einander vorgiengen. 55h Gmelins eife, 1741. 1742 — — ß Reifenach Kamtſchatta fuͤhrete den Sarg auf einem Schlitten nach dem Begraͤbnißplatze. Weil die Leiche langſam gieng, und das Grab noch nicht fertig war, fo fuhr Herr Prof. Müller eine Stunde darnach hin, und fand das Grab, ungeachtet zwanzig Tararn wechſelsweiſe daran ar⸗ heiteten, noch nicht halb fertig. Denn bier hat man keinen Todtengräber, ſondern die Seichenbegleiter verrichten diefen Siebesdienft: diefe hatten aber erft nach Ankunft der lei⸗ che damit angefangen, und wurden noch durch den harten Froft des Erdreiches fehr verhins dert, Nach einer Stunde kam es endlich zu Stande. Es war länglicht und viereckicht, von Norboften gegen Suͤdweſten, nämlich "gegen Mecca Bin, wie aud) die Merfchete gebaut find, und fo tief, daß ein aufgerichteter Menſch darinnen fißen koͤnnte, wovon man die Urfache bald erfahren wird. Mon der ausgegrabenen Erde nahm jeder ein Stuͤckchen, bethete ganz leife darüber, und hauchte es gelinde an. Diele Stücchen ſammlete ein Mann in dem Zipfel feines Rockes, hernach wurden fie dem Todten zur Vergebung feiner Sünden im Grabe zu den Fuͤßen gelegt, Nun ward die deiche, die bisher noch vor dem Grabe gehalten hatte, bineingefege, und zwar fo, daß das Geficht gegen Mecca gefehret war. Man band den Todtenkittel ſo wohl zum Kopfe, als zun Füßen und in der Mitten auf, und eneblößete dem Todten das Geſicht. Ein Mulla, denn der Achun war ſeines ſchwachen Alters halber in der Stade zurück geblieben, hatte einen beſchriebenen Zettel, wie ein Dctanblatt, Die⸗ fer wurde zwifchen einen gefpaltenen Stecken befeftiget, und rechter Hand im Grabe, der Bruft gegen über, dergeftalt in die Wand geſtecket, und ein wenig auf die Seite gerichtet, als wenn fie der Todte hätte Iefen follen. Sie fagen, dieß fey ein Geberh, welches der Todre bethen müffe, wenn er gleich darauf, um fein Urtheil zu empfangenz wieder aufgewecket werde. Jetzt wurden auch die gedachten Stuͤckchen Erde ins Grab gelegt. Bäume, bie fo lang als das Grab gehauen waren , wurden der Laͤnge nach / und nahe an einander daruͤber geleget, über dieſe die Bretter des Sarges, darauf einige Arme voll Heu, und endlich die ausgegrabene Erde in Form eines länglichten Hügeld Man begoß ihn zulege mit reinem Waffer aus einer Gießkanne, davon Herr Profeffor Müller die Urfache nicht hat erfahren koͤnnen, und befchloß die ganze Ceremonie mit ei⸗ nem leifen Geberhe. Daß man das Grab inwendig nicht mit Erde ausfüller, ſondern durch die übergelegten Bretter und das Heu ſo forgfältig verhüret, daß Feine hineinfal fen möge, gefchiehee deswegen, meil fie glauben, fo bald die Lichenbegleiter ſich wieder vierzig Schritte vom Grabe entfernet haͤtten ‚ kaͤmen zween Engel in das Grab , die den Todten erweckten, ihn uͤber ſeinen Glauben, ſein Leben und feinen Wandel befrageten, und ihm fein Urtheil fprächen. Dabey müffe der Todre aufgerichter fißen, und deswegen machen fie das Grab fo tief. Sie erzählen dabey, ein Fafanifcher Tatar habe an dr Wahrheit diefes Umftandes gezmweifele, und aus Neugier fich lebendig begraben laſſen, jedoch feinen Freunden befohlen, ihn alfobald wieder aufjzugraben. Das fey gefchehen, man babe ihn aber in großer Unordnung im Grabe todf gefunden, woraus fie ſchließen, daß die Engel gewiß da gervefen feyn müffen, und der Zweifler, entweder aus großem Schrecken, ober aus gerechtem Gerichte Gottes, feinen Geift aufgegeben habe. Den ıgten Jan. 1742 brach die Gefellfehaft von Tobalsf auf, und fam den zıfleit in Tjumen an, mo fie ſich aber ‘bald rrenneren. Der Herr Profeffor Müller wollte eine Reife nad) Pelym thun, Here Gmelin aber wolfte theils von diefer Gegend noch einige nähere Nachrichten einziehen, rheils feine Arbeiten vom vorigen —— y ; durch Sibirien. . 427 ins Reine bringen. Faſt der ganze Hornung war fehr gelinde, noch merfwärdiger aber durch die Erfheinung des Cometen von diefem „Jahre, der bier von Leuten, die ein ſcharfes Geficht hatten, alle Nächte gemeiniglich von eilf Uhr an, bis an die Morgen- emmerung wahrgenommen ward. Den afen März ſah man ihn zum legten Male. m diefe Zeit war Herr Prof, Müller von feiner Reife nad) Pelym wieder zurück und Nach Turinse gefommen, wohin Herr Gmelin gleihfals aufbrach. Den aten alſo reiſete er von Tjumen ab, und kam durch Kamenskoje⸗Sielo, ein Dorf, daß der Tiſchdecken und der Seife wegen berühmt if. Man ſteigt kaum bon dem Schlitten, fo Eommen die Einwohner des Dorfes haufenmweife, und bringen bornehmlich Decken zu verfaufen, die bisweilen geblühme und ſauber gearbeiter find. Durch) ganz Sibirien, ja auch in Rußland an einigen Orten, ift die Seife von Tjumen in ſonderlichem Werte, und das gilt am meiften von der, die aus dieſem Dorfe koͤmmt. Außer der gewöhnlichen aber macht man bier noch eine Art, welche Burterfeife heiße, weil nichts als Butter darzu koͤmmt. Sie foll fo wohl für die Haut, als für feinen Zeug, Spigen u. dergl. um ein gutes beſſer, als bie gemeine, feyn. ie it aber auch rheurer, und galt das Pub damals einen Rubel und fechzig Kopeden. Den folgenden Tag verließ Herr Gmelin die Sandftraße und fuhr den Fluß Niza Aufivärts, da er zuerft nad) Kraſnoja⸗Sloboda, oder Kraſnosloboʒkoi⸗Oſtrog Fam, der am Niza gegen Mittag, vier und achrzig Werfte von Tjumen liegt, Drey Seiten des Oſtrogs beftehen aus Palifaden, die vierte aus liegenden Balken, Die Länge verfelben ift ungleich , zwiſchen funfig und fiebenzig Klaftern. Thürme, movon der eine zugleich einer Kirche zum Glockenthurme diener, und eine Schlaguhr hat, Gra⸗ ben und fpanifche Reicer find feine gewöhnliche Befeſtigung. Dießmal mar ein deut⸗ ſcher Oberfter, Namens Weiding hier, den man ehedem hieher ins Elend verwiefen, es ihm aber aus befonderer Gnade fo leidlich gemacht hatte, daß es endlich felbft nach feinem Wunfche war, und er fein Leben hier zu befchließen gebenfer, ungeachtet er, wenn er gemolle harte, mit ber beften Hoffnung nach Petersburg haͤtte zurückgeben koͤnnen. Den Tag daranf erreichete Herr Gmelin die Stade Turinsk, wo Here Prof Müller fehon vorher angefommen war, Sie hat ihren Namen von dem Fluſſe Tura, an dem fie liege, und meiftens an einem fehr hoben Ufer deffelben gebauet ift, daß nur der une Üere Theil der Stadt von dem Fluſſe gewäffert wird. Ein ſchmales Thal, oder eine Kluft, Über die eine Brücke gehe, thellet die Stadt in zween Theile. Nicht weit. über der Bthr &e ſteht eine Eleine viereckichte Seftung von Palifaden erbauer, mit fechs Thuͤrmen, wo⸗ Yon der hoͤchſte ſechs Klaftern, die übrigen nur drey hoch find. hr ganzer Umfang beteäge zwey hundert neun und fiebenzig Klaftern.. Die Gebäude in derfelben find Die gewöhnlichen. Die Stadt hat fechs Kirchen, und bey zweenen bavon find Kiöfter, Aber in allen nur drey hundert neun und dreyßig Höfe, woran der große Brand von 1740 Schuldift. Der bat die ganze Fuhrleute⸗ Slobode eingeäfchert, und, viele Leute, die dadurch in Armuth gerathen find, haben ſich an andere Oerter gewendet. Dieſer Ort waͤre dem Herrn Prof. Muͤller bald ſehr gefaͤhrlich geworden. Er fiel in ein ſchweres hitziges Catharrfieber, welches er bey feinem viele Jahre hindurch abge⸗ matteten Körper, mit großer Mühe überftund. Herr Gmelin hatte dabey viel Sorge Ber: Sb: und Gmelins Reiſe. 1742. — ⸗ Grmelins Keife. I 74 2 428 Reife nach Ramtfchatfa und fchlaflofe Nächte, er war auch für ſich ſelbſt nicht ficher; denn diefe Krankheit gieng in ganz Sibirien herum: jedoch nach dreyen Wochen war das ſchwerſte der Krankheit vor⸗ bey. Er behielt auch von der Hälfte des Aprils an ein vier Wochen frey, und brachte — die Geſchichte der Pflanzen von den beyden vorigen Jahren zu Stande, Neil der Befehl zu feiner Ruͤckreiſe noch nicht angekommen war, fo wußte er den folgenden Sommer nicht nüglicher zugubringen, als wenn er alle Bergwerfe und Hit: ten in der Provinz Iſet, fo wohl die der Krone gehören, und unter Carharinenburg ſte⸗ ben, als die demidowiſchen, in Augenfchein naͤhme. Diefes Unternehmen fuchere die Regierung zu TobolsE wiederum fo viel als möglich zu hindern , wenigſtens beſchwer⸗ lich zu machen. Er verlangete ſonderlich einen offenen Befehl, auf deſſen Vorzeigung jedes Ortes Auffeher fo gleich thun follten, was Herr Gmelin verlangen würde, Dies fer ward auch geſchickt, war aber mit fo vielen Einfchränfungen verfehen, daß man ihn darauf wohl nirgends für einen ehrlichen Mann haͤtte Balten mögen. Er mußte alfo ungeftüm feyn, und andere Befehle fordern, mit dem Beyfuͤgen, daß er außerdem lie⸗ ber gar ftille liegen würde. Diefe Standhaftigkeir hatte auch den gewünfchten Erfolg. Herr Prof. Müller blieb zuruͤck, um bald darauf mir dem Mahler Sürfenius nad) Werchoturje zu gehen: Herr Gmelin aber trat die Reife den 23ſten May an, und hatte den Herrn Martini, den Mahler Decker, einen ruffifchen Schreiber, zween Schuͤtzen und die gewöhnliche Begleitung von Soldaten bey fich. Die Reife gieng anfangs wieder rückwärts nad Turinskaſa⸗Sloboda und Arasnoflobozt, an welhem Orte ſich um diefe Zeit vortrefflicher Spargel fand» Er wuchs hier beynahe drey vierthel Ellen fang, zwar nicht dicker, als ein Eleiner Finger, aber durchaus von fehr gutem Geſchmacke. Die, Seute des Ortes munderten fich, als fie die Stengel von den Rranichsbeeren ‚ fo nannten fie den Spargel, effen fahen, und glauberen, daß nur die Kühe einen um dieſes Gericht beneiden Fönnten. Den gten des Brachmonates Fam Herr Gmelin nach) Bielakorskaja⸗Sloboda, bie zwey und fechzig Werfte von Krasnoflobozf am Ufer des Pyſchma gegen Mittag liege Sie hat eine hölzerne Feftung, an der vier Geiten von liegenden Balken gebauer find, die fünfte aber, die an den Fluß ftöße, befteht aus Palifaden, Die längften Seiten erftre- den fich auf fechzig bis, fünf und fiebenzig Klafter, andere nur auf dreyßig. Gegen das Sand ift ein Graben, anderthalb Klaftern breit und eine halbe Kiafter rief, und um diefen find wieder fpanifche Reiter gefeget. In derfelben ift eine Kirche, Kanzleyı Provianthäufer, und außerhalb noch eilf Wohngebäude. \ ; ‚ Den zten des Brachmonates war das erſte Donnerwerter auf diefes Jahr, das Herr Gmelin gehört hatte. Es fiel Dabey ein ftarfer Hagel, der länglicht, größer ald eine Bohne und eckicht war. Denfelben Tag gieng die Reife durch verfchiedene Dörr fer und Wälder nach Butkinskaja⸗Sloboda ‚ welche der Bach Bielakovka, von dem fie den Namen hat, an zwo Seiten beftreicht, Sie befteht aus fieben und zwanzig Wohnhäufern. Es gehoͤret auch dazu eine hölzerne Feſtung, die aber inwendig nicht mehr als neunzehn Klaftern' in die Sänge und fechzehn in die Breite bat. Um die Feſtung iſt in einer ziemlichen Entfernung ein Graben gezogen, in deſſen Umfange ein Theil der Wohnhäufer ſteht. Den sten deffelben erreichten fie Dalmatovs koi⸗ Upenskoi⸗ Monaſtir. Die ſes Kloſter liege am nordlichen Ufer des Iſer und iſt eine rechte Zierde dieſer —— J durch Sibirien. | 429° den, In alten Zeiten hatten einige Ruffen in diefer Gegend eine Kapelle gebauet, die aber Gmelins Weil fie unbewehre war, bald von den Tatarn verwüftet wurde. inige Zeit hernach Reiſe. ſoll ein heiliges Bild der Mutter Gottes von einem Moͤnche, Namens Dalmat, unter, 174% der Afche herporgezogen worden, und unverfehrt gewefen feyn, fo daß nur eine Ede vom — euer gelitten hätte. Das war Urſache genug, dieſen Ort Gott durch Erbauung eines Kiofters zu widmen. Der Anfang war geringe, Dalmat bauete fich erft eine unter irdiſche Höhle, in der er einige Jahre mit zweenen Brüdern kuͤmmerlich zubrachte. Er befam endlich Erlaubniß ein Klofter zu bauen, und es wegen der unfichern Gegend zu befeftigen. Bald darauf fah man hier ein wohlgebauetes Klofter, das mic einer Feftung don liegenden Balken und Schießthürmen verfehen ift, in die Hoͤhe fleigen, wozu die Stömmigfeit und uneigennügige Sorgfalt des Dalmats das meifte foll beygerragen ha- ben. Die milden Steuern reichten anfangs nicht weiter, als den Bau von Holze zu führen. Aber das Klofter Fam täglic) in größeres Anfehen. Die Andächtigen glaube: ten, hier die befte Nahrung für ihre Frömmigkeit zu finden; fie hatten auch Hoffnung, bier yon Nahrungsforgen frey zu feyn, alfo ließen fie ſich haufenweiſe zu München ſchee⸗ ten. Ihr mitgebrachtes Geld vermehrete bie Kloftercaffe, daß man in kurzer Zeit die biefigen Gegenden in große Aufnahme brachte, Aecker anlegere, ſtarke Biehzuchten hielt, worauf gleich Dörfer in Menge angelegt wurden. Bor ungefähr dreyßig Jah⸗ ten brannte diefes Klofter ab: weil aber die Kloftercaffe unter der Zeit ftarf angewach- fen, und daben felbft gerettet worden war, fo ward bald wieder ein Klofter aufgeführet, Welches an Pracht der Gebäude vermuthlich Feinem in Sibirien weicht, Man glaubete, dadurch vor folchen Unglücksfällen deftomehr gefichert zu feyn. Die Kirche iſt von ges brannten Ziegelfteinen in der Mitte des Klofters, und hat zwey Stockwerke, das obere für den Sommer, und das untere für den Winter. Eben fo wurden auch die Kiofters gebäude aufgefübrer, und mit einer Hohen Mauer mit Schießlöchern umgeben, bie das mals meifteng fertig war. Won vier Thürmen, die auf die Mauer kommen follen, ar einer ganz, der andere bis unter das Dad) gebauet. Alles: diefes foll unter der Vorforge des Dalmata und feines Sohnes zu Stande gefommen feyn , aber ihre Nach⸗ fülger wollte man der guten Verwaltung wegen nicht fonderlich loben, Es find gegen Norden und Often große Thore, und ein Eleinerer Eingang gegen Süden. Ueber dem Wore gegen Oſten wird eine Kirche des Apoſtels Johannes angeleget. Ueber dem Ein⸗ Yange gegen Süden ift ein fteinernes Gebäude, wofelbft die Cafe verwahret, und die Rechnungen geführee werden. Ein anderes fteinernes Gebaude fieht am Norderthore du Empfangung der Fremden. Ehedem haben ſich über funfzig Mönche hier befunden. Allein ein alfgemeiner Befehl, die alten Mönche ausfterben zu laffen, und weiter Feine Anzunehmen, bat ihre Zahl auf etwan funfzehen alte und gebrechliche Leute verringert. ber dem Klofter ift ein großer Flecken, worinnen Klofterbauern wohnen, und unter. halb deſſelben find Wohnungen für Leute, bie ſich dem Klofter verfihrieben haben, (Mortsdfchiti) endlich weiter Hin ein Nonnenkloſter, welches aus dem erften feinen terhalt empfängt. Bey diefem Kisfter werden auch jährlich einige Jahrmaͤrkte ges dalten , wozu fich die Kaufleute aus den nächften Städten einfinden. Unter andern ilrfachen, weswegen Herr Gmelin bey diefem Kloſter vermeilete, war auch diefe: Vögel zu ſehen, deren Neſter in Sibirien und Rußland wegen ihrer beſondern Geſtalt und ihrer Weichheit, “als auch ihres Gebrauches in der Arzeney fehr —99b6b3 bekannt 430 eiſe nach Kamtſchatka Gmelins bekannt find. Sie heißen Remes, und wenige Fönnen ſich ruͤhmen, fie geſehen zu ha⸗ Reiſe. 1742 ben. Herr Ömelin war fo glücklich, beyde Gefchlechter lebendig zu fangen. Sie find at Größe dem Zaunfönige und am Geſange der Meife ähnlich. Das Männchen hat einen weißen, das Weibchen einen graulichen Kopf, mit einem ſchwarzen Streifen über die Stirne, der durch, die Augen läuft. Der Rücken iſt bräunfih, und zwifchen dem Ruͤ den und Halfe ein caftanienbrauner Fleck, ziemlich breit, bey dem Weibchen ift er viel lichter und fihmäler. Der Unterleib iſt weißlich und gleichſam beſchmutzet, zuweilen au der Bruſt roͤthlich. Der Schwanz iſt nad) Verhaͤtniß der übrigen Theile lang und braun. Die Flügel find auch ‚meiftens braun, die Füße blepfarbiche, mie bey den Meifen, die Eyer ſchneeweiß. Das Neſt beftehe aus der Wolle von Weidenfrüchtens es ift in der Figur eines platten Dudelſackes, mit einem halben Halfe, oder einer Oeff⸗ nung gemacht, mit Hanfe oder Neffeln zuſammen befeftiger, und hängt: zwifchen einem ge gabelten Afte einer Weide sder Birfe*), zZ Die folgenden Tage gieng die Neife den Fluß Terfcha aufwärts, und oft nahe an felbigem bin, und man Fam den ı2ten nach Tetſchinskaja⸗Sloboda, mo die Anſtal⸗ ten zur weitern Reiſe wieder einigen Aufenthalt machten. Sie liegt am Ufer des Tet? ſcha gegen Morgen, und geböret zum okunevskiſchen Bezirke der Provinz fer, Sie bat eine viereckichte hoͤlzerne Feftung, die aber fehr baufällig iſt, ungeachtet fich die iſetskiſche Provinzialfanzelley feit einigen Jahren bier befinder, und man noch nicht weit, ob fie nach einem bequemern Orte möge verleger werden. Inwendig find nur Proviant⸗ haͤuſer, und dergleichen Gebäude anzutreffen. Außen ſteht eine Kirche, und etwa ſiebenzig Wohnhaͤuſer, die aber auch mit einer hölzernen Wand, Graben und fpanifchen Reitern um⸗ geben iſt. Sie bat oft von den Kaubereyen der Baſchkiren gelitten, und diefe befinnen fich felbft noch eines gethanen Anfalles mit vielem Schreden. Man ließ fie einft, faft acht faufend Mann ſtark, bis an die hölzerne Wand der Siobode anrücken, Hinter diefer aber laureten die, ruflifchen KRofafen, und gaben auf einmal ein fo heftiges Feuer, wo⸗ von viele blieben, die meiften aber in ſolche Furcht gerierben, daß fie lieber fliehen, als noch eine folche Salve ausftehen wollen). +) Die oben erwähnte Kranfheit hatte fich Bier ebenfallg ſeit dreyen bis vier Jahren auch) fehon in einigen Feſtungen eingefchlichen, die erft neufich zur Sicherheit wider Die fteeifenden Baſchkiren angelegt waren. Es ſchien mir feltfam, fager Herr Gmelin, da fie (henim Junius zu wuͤthen anfieng, ungeachfet der Sommer diefes Jahr fich etwas verſpaͤtet hatte. Ein junger Bauerkerl, welcher ackerte, bekam vierzehen Tage vor meinet Ankunſt in Tetſchinskaja⸗Sloboda ploͤtzlich am Kinne elne Härte. Das hielt et gleich für die Krankheit die es wirklich war; er unterſtach die Härte, wie gemöhnlidr mit einer Nadel, rieb Salmiak barein, legre gefaueten efchirkaffifchen Taba darauf und verband es, ohne darnach feine Arbeit zu unterlaffen. Die Lute fagen zwar, P Babe bierinnen gefehlet , weil die Krankheit erfordere, daß man fih vom Anfange bis au Ende der Eur an einem dunklen Orte aufhalte. Es ift wohl möglich, daß die Wir Fung der Sonne, die Geſchwulſt in eine Entzündung bat bringen helfen, die ohne die felbe nicht, darzu gefchlagen wäre. Der durchfochene Dre fieng nad) etlichen Tagen at zu fehmerzen und zu ſchwellen. Nun biele fi der. Menfch zu Haufe inne, und ei: a =) Es fcheint ale wenn Kern Gmelin mehr koͤnnen, z. E. warum er fo felten zu fehen if? merkwuͤrdiges von dieſem Wogel hätte anführen oder worinnen dep Gebrauch friner Nefter ger durch Sibirien. 3 achtete die Regeln der Diät, welche man in diefer Krankheit vorzuſchreiben pfleger. befam feinen Durft, aber andere ſchlimme Zufälle. Die Geſchwulſt nahm von Tage zu Tage zu, und ward endlich fo dick, daß er weder fihlingen noch Athem bob» konnte. Ein Baſchkir rieth ihm, warmen Schweinskoth darauf zu legen; die Ge— ſchwulſt fegere ſich auch etwas, und die Schmerzen waren erträglich, fo. lange der chweinskoth darauf lag. Wenn man ober diefen wegnahm, fol fie geſchwind wieder Angemachfen feyn, Der Kranke verlor den ızten alle Luſt zum Effen, die Bruſt war ihm zu enge, und man hatte fehon alle Hoffnung aufgegeben, Es wurde befannt, daß ein Arzt hier ſey, man fam alfo, und verlangefe meine Hülfe, Weil ich aber von die⸗ fer Krankheit niemals etwas anders , als duch Erzählungen, erfahren hatte, fo Eonnte ich mich nicht entfehließen, etwas zu verordnen, zumal da man mich ehedem verfichert hatte, daß, wenn die Krankheit fo weit gefommen ſey, ber Tod nicht zu vermeiden Ründe, Die $eute aber, die zu mir gefommen waren, wollten meine Entfchuldigung, hicht annehmen; fie legeten das nur für einen Mangel des guten Willens aus, und ſa⸗ geten, wenn auch der Kranfe nad) dem Gebrauche meiner Arzeneyen ftürbe, fo würde, Mir niemand feinen Tod zurechnen, weil er dennoch, wenn ich ihm Feine gäbe, von der Krankheit nicht auffommen würde. Sch war alfo beynahe gezwungen, mein Heil an ihm zu verſuchen. Meinen Gedanken nach war noch einige Hoffnung zur Geneſung, wenn ich die Härte zu einem Eiter bringen, und das Blut, welches ſchon zu ſtocken an⸗ gefangen, wieder flüßig machen Fönnte. Aber das mußte fehleunig geſchehen, damit der Menfch nicht vorhero noch ſtuͤrbe. Ich ſchnitte alſo die Geſchwulſt fo gleich bis auf den Grund auf, ftilfete das Blut unterdeffen mit Brannteweine, weil ic) nichts anders bey der Hand harte, und flveuete rothen Präcipitat in die Wunde, worauf ich ein er⸗ weichendes Pflafter legte, und es mit einer Binde feſt verwahrere. Dem Kranken Aber ließ ich alle drey Stunden vier Gran abgefüßeren Mercur, (Mercurius dufcis) einnehmen. Das Eitern der Wunde gieng ben folgenden Tag ver fi, die Beklem⸗ Mung auf der Bruſt ließ nad), Schluden und Athem hohlen wurde leichter, und bey meiner Abreife fehien der Kranke außer Gefahr zu ſeyn. Den ıgten des Brachmonates reifete Here Gmelin von Tetſchinskaja⸗Slobo⸗ da ab. Er ſchickte den Herrn Martini voraus, die Salzſeen in diefer Gegend zu une Refuchen; und fie trafen den 2aten bey Itkulskaja⸗Krepoſt wieder zufammen. Herr Martini brachte Nachricht, daß er verfihiedene Seen gefehen hätte, unter Adern, Karagai⸗kul genannt, der Raraufchen führere. Er foll vor fünf und dreyßig Jahren ganz füßes Waffer gebabe haben, und damals follen auch Rothaugen darinnen Leweſen ſeyn, die aber, fo bald der See folzicht geworden, geftorben wären. Ein anderer See, Treuftan, war feit vierzig Jahren falzicht und. bitter , und Hatte überdieß einen fehweflichten Geſchmack, der alle Fiſche vertrieben hatte. Andere Seen, aus denen man durch Kochen ſehr gutes Salz erhielt, führeten feine Fifche, doch Mof man darauf viel Enten und Gaͤnſe von mittlerer Größe an, weiß von Farbe, mit ſchwarzen Flügeln und einer braunrothen Bruſt. Die Baſchkiren nennen fie Re 06, . Mffen er erwaͤhnet? Aber feine Befchreibung fast +) Hier faͤngt ſich der franzöfifehe Auszug Achte mehr, als was man bier gelefen hat, Der wieder an. erſ. Up Gmelins Reiſe. 1742. nd Gmelins Reiſe. 1 7 4 2. 432 Reife nach Kamtſchatka Rap. Das Erdreich fand Herr Martini in diefer ganzen Gegend leimicht. Man ſieht aus der großen Menge ‚diefer Seen, daß der Erdboden ſehr glei), und von dem Ir⸗ tiſch bis an den Jaik fehr wafferreich feyn müffe. Sonft liege die Gegend hoch, und ift ein Wafferhälter für die Fluͤſſe, die fo wohl in den Irtiſch, als in den Faik, fallen. Es iſt merfwürdig, daß ſich oft mitten unter Seen yon füßem Waſſer ein falzichterz oder umgefebret findet; daß ein füßer See ſich oft in einen falichten, und diefer in ei⸗ nen füßen verwandelt; daß einige austrocknen und andere dafür an Orten entftehen, wo man vorher Feine fah, welches unfehlbar einen Einfluß in den Bau unferer Erbe bat, und zur Erfenntniß deffelben vieles beytragen Fann. Herr Gmelin langte den 27ſten des Brachmonates zu Tfchebarkulskaja. Kre⸗ poſt an, einer Feftung, welche an einem Eleinen Dufen des Sees Tſchebar liege, in welchem man zwölf Inſeln zäbler. Sie ift im Jahre 1736 angelegt worden, und war die erfte unter allen, die mal den Bafchfiren entgegen feßte. Denn als man bey dem Anfange des orenburgifchen Feld⸗ zuges Proviant von dem Zluffe fer nach dem Fluſſe Jaik bringen mwollte,! und die Bafchfiren allenthalben großen Widerftand £haren, war man genöchiger, einen Ort nicht meit von dem Jaik anzulegen, der diefe Ueberbringung ficherte. Sie wurde alfo in aller Eile aufgebauet. Aber das folgende Jahr harte man mehr Zeit, und mic einet erhaltenen Berftärfung an Mannfchaft legte man eine neue Feſtung an, die ihren Wall von Erde, nebft andern Befeftigungen und verfchiedene Gebäude hat. Vor der Feftung gegen Mitternacht find drey Reihen Wohnhäufer für die Bauern ‚ die fich hier aus ale len Bezirken des tobolsfifchen Gebiethes und der iſettiſchen Provinz zuſammen gezogen haben, und im Nochfalle Rofafen-Dienfte verrichten, weswegen fie, wie die Bauern ‚anderer Feftungen dieſer Orten, nichts an bie Rrone bezahlen. Nur iſt auf zehen Mann ein Desſatna Landes, welches funfzig Faden ing Gevierte hält, geleget, welches fie für die Krone ackern und bauen müffen, wozu ihnen aber die Saat gegeben wird, Man hat ſchon Hundert fünf und zwanzig Häufer erbauer ‚ In denen drey hundert fechs und drey⸗ fig Familien wohnen, und täglich werden ihrer noch mehr aufgeführer, Nicht weit dar, von ift bie Kaſatſchja⸗Sloboda, melche jetzt nur noch fünf und zwanzig Wohnune gen bat, die von hundert und einem wirflichen Kofafen, die ſich aus verſchiedenen Staͤdten Sibiriens zuſammen gezogen haben, bewohnet werden. Es find auch untet ihnen abgedanfre Dragoner und neu angeworbene Leute. Zwiſchen der Sloboba und ber Seftung hatte man diefes Jahr eine Kirche zur Erſcheinung Chrifti zu bauen anger fangen, auch den Pag zum Markte auserfehen. Die Befasung der Feftung beftehe aus ſechs und fechzig Mann, die aus zweyen Regimentern zu Fuße, dem jeniſeiskiſchen und fobolsfifchen, genommen find, und zwey uud dreyßig Mann aus verfchiedenen fibirifchen Städten, Die Sage der Feftung iſt angenehm, nur ift Fein Sruchtfeld in der Nähe, weil die Gegend ſehr ſteinicht, und die fruchtbare Erde an den meiſten Orten nicht tief iſt. Die Luft ſcheint hier herum ge“ fund zu feyn; die Seuche unter Menfchen und Viehe, von der oben ift geredet worden/ und die ſich feit einigen Syahren vom Irtiſch, in der Provinz Met und in die oſtwaͤrts von Tſchebarkul gelegenen Feftungen gezogen, hat ſich bier noch nicht fpüren laffer- An Fiſchen Hat fie einen großen Meberflufi: ©. suche nur der See Tfehebar , ſondern auch viele andere in der Nähe find fehr fillireich. Seit einigen Jahren, und noch 2 durch Sibirien. 433 die geringſte ruſſiſche Wohnung hier war, haben einige Promyſchlenie an dem See helandyk Frauenglas gegraben. Es iſt ſehr rein, aber in kleinen Stuͤcken, und Man Hält es für etwas ſeltenes, Stuͤcken von einer Viertel Arſchin ins Gevierte zu fin- den. Der jap ift nicht weit: von. der Feſtung entferner, an felbigen, und an den darein fallenden Bächen, iſt ein veicher Biberfang ; denn die Bafchkiren haben fie bis- noch geſchont. Wie lange alſo der Fang noch reich genenner werden kann, iſt Teiche zu erachten, Die Biber, welche man fänge, find von guter Are, und ziemlich fehrarz. - Bor nicht langer Zeit war diefe Gegend von vielen Baſchliren bewohnet, und fie ſollen diefen Ort ihr Herz genannt haben: aber ihre Widerſpaͤnſtigkeit iſt Urſache ge⸗ deſen, daß man fie daraus verjagt hat, und fie muͤſſen nun mit Verdruſſe ſehen, daß die Kuffen fich hier wohl befinden. Man begegnete ihnen viele Jahre, von ruſſiſcher Seite mic großer Gelindigkeit, fie hingegen droheten gleich mit Feuer und Schwerte, Denn man fich nur ihren Gegenden im geringften näherte. Gie fielen auch wirklich in kuſſiſche Oerter ein, griffen fo gar Feſtungen an, wo fie aber mit großem Verluſte bieder zurück geſchiagen wurden. Sie erholeten ſich aber bald wieder, fiengen ihre lünderungen aufs neue an ‚und die Ruſſen mußten von der Nachbarfchaft dieſer erbic- ferten Räuber viel ausftehen. Man zwang fie vor einigen Jahren, dem ruſſiſchen Rein € einen gewiſſen Tribut zu verfprechen, aber fie bezahlten ihn nur wenn fie wollten, Und weder Worftelungen noch Drohungen Fonnten fie in ihrer Schuldigfeit erhalten. Kußland war im Sabre 1734 willens, eine Gefellfehaft in die vom Samara ſuͤd⸗ vaͤrts gelegenen Gegenden zu fhicken. Da ihr Weg durd) die von den Baſchkiren bez vohnten Länder gieng, fo ließ man’ bey ihnen um einen Durchzug anhalten. Sie ver- rachen, fich rubig zu halten, und ſchicketen fo gar einige von fi) nach Petersburg, dem Eniferlichen Hofe dieſes feyerlich zu verfprechen. Kaum waren aber die nöthigen Anſtalten gemacht, als der aufruͤhriſche Geiſt der Baſchkiren ſich aufs neue aͤußerte, und ſie den Durchzug mit aller Gewalt hindern wollten. Dieß gab Gelegenheit zum drenburgiſchen Feldzuge, der einige Jahre hinter einander daurete. Um fie nun endlich techefchaffen zu Paaren zu treiben, bemächtigte man ſich ihres ganzen Landes, und lüchte fie nicht nur durch angelegte Feftungen, fondern auch durch gure Anftalten im me zu halten, welche an ftatt graufam und tyrannifch zu feyn, Klugheit und Sanft⸗ duth anzeigen. Sie haben oft verfprochen, gut zu. thun; man bat fich auch auf ihr Ron verlaſſen, endlich aber aus der Erfahrung gefeben, daß fie bloß durch Gewalt Lbaͤndiget werden koͤnnen. Jetzo fühlen fie, daß fie ſich übel aufgefuͤhret haben, fie ſe— Mm, daß alle ihre vereinigte Macht gegen die ruffifche viel zu gering ift, deswegen h fie auch ſehr gedemütbiger, und zittern, wenn fie nur einen Ruſſen zu Gefichte Mommen. I | Es giebt hier eine große Menge Schlangen und Ottern. Jene ſchlaͤgt man häufig We: aber für diefe hat man, wie in ganz Rußland und Sibirien, eine befondere Ad): 18, man ſchonet fie aufs’forgfältigfte, weil die Leute glauben , fie würden ſich für den Ünen ugefüigeen Schaden nachdruͤcklich raͤchen. Man erzähfer zu dem Ende vielerley Segebenieiten , alıs' denen bloß ein Lächerlicher Aberglauben zu erkennen iſt. Doch) find m verſchiedene, die ſich nichts daraus machen; und ich habe, faget Herr Gmelin, of einen Soldaten geſehen, der in einem Abende funfzehen Ottern todt ſchlug. Ich Allgem, Reifebefehr, XIX Band. et war Gmelins Reiſe. 174% i 434 Reiſe nach Kamtſchatta Gmelins war kaum in die Feſtung gekommen, fährt er fort, als man mich bath, einen kranken Keife, 1742. Soldaten zu befuhen. Dem war, feinem Vorgeben nad), vor ziveenen Tagen im Schlafe eine Schlange in den Leib gefrochen, die num darinnen herum ſpazierete, und ihn empfindlich Fügelte. Ich mochte darwider einwenden, was ich wollte, die Schlan⸗ ge mußte in feinem $eibe ſeyn. Sch hielt zwar die Empfindungen des Kranfen für feine Wirkungen einer verehrten Einbildung , fondern für Zufälle von Spuhlwürmern, und gab ihm ein Pulver von Aloe mit abgefüßten Quecfilber ein, und fo bald er eine Do⸗ fis eingenommen hatte, Fam ein Stüd eines ſolchen Wurmes hervor. Es hieß aber etliche Tage nach einander, die Schlange wäre noch vorhanden. Den vierten Tag [ar gete man mit, es wären Öfterneyer von ihm gegangen. Die Zufälle eines großen Keil fens in dem Leibe, und der Bewegung einer hin und ber laufenden Materie, währeten noch immerfore, und waren gegen Abend noch heftiger. . Der Kranke behauptete, die Schlange wäre ihm bis ans Herz gefommen, und er befürchtere,, fie möchte es ihm abfreffen. Den vierten Tag ſchlief er nachmittags ein wenig, beym Erwachen ſagte er, es ſey ihm ganz leicht, und er hätte gefpürer, daß die Otter won ihm gegangen märe. Niemand hatte fie gefehen, fo fehr man aud) nachfuchte. Aber kurz vor meiner Abreiſe ließ er mir wieder fagen, die Schlange rühre ſich aufs neue, es muͤſſe alfo falfch feyn, daß fie weggegangen wäre, Sch ließ ihm noch einige dergleichen Pulver da, wie ich ihm Anfangs gegeben harte. Den ısten des Heumonates befuchfe Herr Gmelin den großen Magnerberg. Ei⸗ gentlich ift es ein Gebirge, das fich von Morden gegen Süden ungefähr drey Werſte lang erſtrecket, und gegen Abend durch acht Thaͤler, von verſchiedener Tiefe gleichſam in ſo viele Theile abgeſchnitten iſt. Gegen Morgen liegt eine ziemlich freye Steppe; der Jaik laͤuft ungefaͤhr fuͤnf bis ſechs Werſte davon, die weſtliche Seite vorbey, und auf eben diefer Seite fließt noch am Fuße des Gebirges ein Bach ohne Namen, der zwo Werfte weiter unten in den Jaik fälle. Der fiebente Abfag diefes Gebirges ift der hoͤch⸗ fte, und feine fenfrechte Höhe mag achtzig bis neunzig Faden befragen. Darauf findef man auch die beften Magneten, aber nicht auf der Spitze, melche aus einem wilder jaspisartigen gelblichen Geſteine befteht, das etwas ing Weiße fälle, fondern ein adj Klaftern darunter. Daſelbſt liegen ſechzig bis achtzig Pud ſchwere Steine, die von weitem als Felöfteine ausfehen , und rund herum die Ark eines Magnetes an fich haben: Sie find mie Mooß überwachfen, ziehen aber dem ungeachtet, das Eifen auf einen Zoll weit an fih. Die Seiten, welche dem Tage ausgefege find, haben die ſtaͤrkſte magnetifche Kraft: Diejenigen aber, welche in der Erde liegen, find viel ſchwaͤcher Hingegen find jene, weil fie viel Witterung auszuftehen haben, mürber, und laſſen fih niche fo gut einfaffen. Ein ſolcher großer Magnet beſteht aus vielen Fleinen, mel che nach verfchiedenen Richtungen wirken. Wenn man es recht angreifen wollte, fo müßt! man-fie durch Sägen von dem Ganzen abſondern, damit man das ganze Srüd, weit ſich die Kraft eines jeden befondern Magneten erſtrecket, beyfammen bärte Auf diefe Weiſe würde man vermuthlich Magnere von großer Wirkung befommen. - Gegen wärtig [läge man auf gut Gluͤck Stuͤcken herunter „darunter manche ganz und gar nichts taugen, weil man eben eines befömmt, worinnen fein Magnet, oder nur ein Flei* nes Stüd eines Magneten, oder auch etliche beyfammen find, Diefe haben zwar ei „ - anzı . durch Sibirien. 435 Anziehende Kraft. Weil aber Die Kräfte nicht nad) einem Punete laufen, fo ift es nicht Gmelins du verwundern, wen die Wirkung davon fehr unordentlich ift. ‚Reife. £ 1 2 Der Magnetſtein biefes Berges, denjenigen ausgenommen, welcher am Tage — liege, ift außerordentlich hart, ſieht fhwärzlih aus, ift bin und wieder druſicht, und bat dafelbft gemeiniglich Fleine ecfichte Theile, fo wie man fie &fters auf dem Blurfteine ſieht: oͤfters befindet ſich aber an deren Statt nur eine Art von Ocker darinnen. Yes derhaupt find die Magneten, welche dergleichen ecfichte Theile haben, ſchwaͤcher, als die andern. Die Stelle des Berges, worinnen die Magnetfteine Liegen, beſteht meiftens Aug einem edlen Stahlerzte, das zmwifchen den Magnerfelfen in Fleinen Srüden bricht. Der ganze Abſatz des Berges hält lauter ſolches Erzt, aber je tiefer man koͤmmt, defto echter if es von Gehalt. So find auch weiter hinunter von dem Magnerfelfen an: dere Gefteine, die vermuthlich, wenn man fie zu Eifen fehmelzen wollte, wenig Ab« gang leiden würden, Die abgefehlagenen Stuͤcke haben die Farbe davon, find fehr ſchwer, ſehen inwendig druſicht und faſt wie Schlacken aus, nur daß man viele von den erwaͤhnten eckichten Theilen daran findet. Von außen ſehen ſie den Magneten nicht unaͤhnlich, aber ſchon auf acht Faden unter dem Magnerfelfen , befigen fie wenig Kraft Mehr, Zwiſchen diefen trifft man andre Zelfen an, die gleihfam aus den alferfleinften Eiſentheuchen, denen fie an Farbe glei Fommen, zufammen gefege find. Der Stein it zwar amfich felber fehwer, aber fehe mirbe, fie ſehen inwendig nicht anders aus, als wenn fie gebrannt wären, und beſitzen feine oder wenig magnetifche Kraft. Hin Und wieder bricht auch braunes Eifenerze in zolldicken Schichten, das von geringem Ge⸗ halte ſeyn mag: Der achte Abſatz des Berges, liege am weiteſten gegen Mittag, und iſt dem ſiebenten in allen Stücken ähnlich , nur daß er niedriger iſt. Auch hat man bie Magnete auf demfelben nicht von fo guter Kraft befunden; Das ganze Gebirge ift mit Kräutern und Pflanzen bedeckt, Die meiſtens ziemlich hoch find. ‚Man fieht auch hier und. da, in der mittlern Höhe Fleine Birkenwaͤlder darauf fiehen. Außer den zweenen Abfägen gegen Mittag, führet das Gebirge nur wildes Geftein, und an manchen Or⸗ ten auch Kalkſtein. | Erſt vor ungefaͤhr zwanzig Jahren foll’den Baſchkiren der Gehalt ‚des Erztes, nd der Magnet bekannt geworden ſeyn, welches deswegen wahrſcheinlich iſt, teil der baſchkiriſche Namen diefes Berges mit demjenigen überein Eömmt, welchen der gegen itternacht davon gelegene Eleine Utaſſe bat, auf welchem tod) Feine Spuren eines Eifenerztes find entdecfet worden. Die Leute hier wiffen nicht einmal die Abftammung des Wortes Utaſſe anzugeben, und glauben, daß folches von dem Namen eines ehe- Maligen bafehkirifchen Befehlshabers berfomme , der in diefer Gegend gewohnt hat, wie diefe andere Berge bier herum, auf gleiche Weife, ihre Benennung erhalten haben. Noch vor wenig Jahren hatten die Bafıhfiren, an dem mefllichen Fuße des Berges ihre Hirten, und fehmelzeren das Erzt in Handöfen zu Grigen, woraus Fein Eifen 2 fon: dern der befte Stahl gekommen feyn Toll. Sie haben dazu dasjenige Erzt gewähler, Welches die meiften ecfichten Theile hatte, und gefunden, daß das Erzt, welches am age liegt, wicht fo veich iſt, als in einiger Tiefe. Der Jaik ift in Der Gegend dieſes Serges bey zwölf Faden breit, Dafelbft ift eine Furt, und fünf Werſte weiter un en eine andere, die noch ſeichter ſeyn ſoll. Die Caſatſchia⸗Orda, iſt hier gemeiniglich ——— uͤber⸗ 436 Reife nach Kamtſchatka Gmelins Über den Jaik gegangen, wenn fie bie Baſchkiren, Die meiftens "auf der Weſtſeite des Reife, Fluſſes wohnen, bat heimfuchen wollen. Dieſes Fruͤhjahr hatten fie eben den Weg ge "1742. nommen, und ihnen auf zwey Hundert und drenßig Pferde weggetrieben. Seit del Zeit bat man Anftalt getroffen, die Furt zu befhigen, und ihnen den Weg über ben Jaik überalf zu, verfperren, nd In biefer Öegend finden fich fehr fehsne Erdbeeren, und zeitige Kirſchen, das iſt folche, die im Monate May reif werden. Es giebt auch) um dieſe Seftung Tſchebar⸗ kulskaſa⸗Krepoſt, viele finden, wovon die Rinde zu Schlitten, und der Baſt zu Schuhen gebraucher wird. _ Ferner beicht dafelbft ein. grauer weicher Stein, daraus ein Soldat der Feftung Präfentierteller, Schälchen, Köpfe zu Tabafspfeifen, Hemden Enöpfe ꝛc. macht, Er feuchtet fie mit Seindle an, wovon die Arbeik eine ſchoͤne fchwarge Barbe bekoͤmmt. Br: . Mrs Die Baſchkiren, von denen wir fo wiel geredet haben, führen eine Lebensart, die der tatariſchen nicht unäbnlich if. Sie haben befondere Sommers und Wintermohnuns gen, und find wie bey den Woilocken, Bratſchki und Krasnojarsfifchen Tatarn gebauet. Bey den Jurten haben fie auch ihre Pferde, ihr Heerdenvieh, und einige Kameele mit zweenen Buckeln, die fich in der Gegend gefchwind vermehren. Sie hal⸗ sen auch Hühner, die man bey den übrigen Tatarn ebenfalls findet. Die Armen unter äbnen ſtecken in einem Zirkel Stangen in bie Erde, die oben zufammen gehen ‚ und wmit Gefträuche bedeckt find, das find ihre Sommerwohnungen. * “Zur Zeit bauen fie noch wenig fand, und faͤen bloß Hader und Gerſte. Diefe zwo Arten von Getraide, nebft dem Fleiſche und der Milch ihrer Thiere, findfihnen zur Nahrung genug. Sie bedienen fich auch der Zwiebel des türfifchen Bundes, und der, Wurzel einer befondern Art Glocken, auf batſchkiriſch Atlyk, wie auch bey den Frasnojarsfifchen Tatarn im Gebrauche find. Doc Faufen die Wohlhabenden zuweilen Mehl in den ruſſiſchen Doͤrfern. Der Meth war ſonſt ein fehe gemeines Getraͤnk unter ihnen, aber das Jahr vor dem Tegten Aufruhre follen ſich die Bienen verloren haben · Es iſt zu vermuthen, daß während der großen Unruhe, die in dem ganzen Sande war, die Bienen vor dem Rauche und andern Unbequemlichfeiten..weggeflüchter find: Sie follen fih nun in geringer Menge wieder einfinden, und die Bafchfiren ihnen fehr nach⸗ geben, um bie Früchte ihres Baues einzufammlen. Sonft ift das gewöhnliche Ger —— teute, ſaure Pferdemilch; die Armen hingegen muͤſſen ſich mit Waſſer ehelfen. | Es giebt unter ihnen fiffige und verfchlagene Leute. Dergleichen war der Tar⸗ chan, oder Befehlshaber eines bafchfirifchen Dorfes, der ben Herrn Gmelin befuchete Man erzählete von ihm , daß er die Ruſſen etlichemal mit feinen Streifereyen beunrubb get, ımd oft ihre Mannſchaft aufgehoben habe: dem, ungeachter hatte er fich doc) in [eb ner Stelle zu erhalten gewußt, auch nachdem feine Nation ſchon war gezüchtiger wor⸗ den, Er fah frifch und munter aus, trug tatarifche Tracht, und einen Saͤbel, das Zeichen feiner Würde, und harte fünf Weiber und viele Kinder, Die Bafchfiren Haben, mie man vorgiebt, eine Staatsmarime, die gar Fein ro⸗ bes Volk anzeiger , und die fie bey jeder Gelegenheit treulich befolgen follen. Wenn fe nämlich die Ruſſen zu Wegweifern gebrauchen, fo ſollen fie diefelben allemal je durch Sibirien. 437 Moräfte und Wege führen, auf denen faft nicht fortzukommen iſt, daß den Ruſſen die luſt vergeht, ſie auf dieſe Weiſe oͤfters zu bemuͤhen. Weil die meiſten Baſchkiren, die von dem letztern Aufruhre noch uͤbrig ſind, quf dem Wege von Tſchebarkuhl wohnen, ſo war das vermuthlich die Urſache, war— um der daſige Oberſtlieutenant den Herrn Gmelin, durch alle nur erſinnliche Raͤnke und Schwierigkeiten, von dieſem Wege abzuhalten ſuchte. Vermuchlich befuͤrchtete er fich,, feine Bedruͤckungen dieſes Volkes möchten dabey an den Tag kommen. In den Obern Gegenden des Jaik, und bey der Stadt Uffa wohnen auch noch einige Baſch- firen; denn in den Gebirgen dürfen fie fich nicht mehr niederlaffen, damit man defto beſſer auf fie Achtung geben kann. Bey dem Dorfe Schillowa liege das Bergwarf Schillow-Tfeskoi, das cher dem wegen feines. guten Kupfers fehr berühmt war, aber nachdem ſich die Erzte abge» ſchnitten hatten, eine geraume Zeit liegen blieb, bis man im Jahre 1756 die Arbeit Aufs neue vor die Hand nahm. h i Sch fuhr, fager Herr Gmelin, zu dem Stollen ein, der in den Fluß fer fälle, Und auf der Mitternachrfeite in den Berg binein geht, Fünf und zwanzig Klaftern. don dem Eingange ift ein Tagefehacht, von demfelben aber ein Geſenke abgetieft, das voller Wafler, und eben fo wenig, als der Schacht, mehr gangbar if. Funfzeben Lach⸗ weiter ift der andere, und achtzehn Lachter hiervon der dritte Tagefchacht, weldye beyde hiche mehr gebauer werden, Etwas meiter bin iſt noch einer, fechs Lachter tief, und ter demſeiben ein Gefenf von fünftehatb Sachtern, wo zur Zeit gebauet wird. Hier iſt eine Pumpe, das Waffer auszufchöpfen, und man findet einen braunen Kupferfieß, Ungefähr eine halbe Elle breit. Won dieſem Gefenfe ift firftweife gebaut, und die aͤnge, bie anderthalb Sachter mächtig geweſen, ausgehauen worden. Auf der Sohle aber laufen die Erzte noch bey fünf Lachter fort, an deren Ende iſt wieder ein gangba— ter Tagefchächt, ache Lachter tief: ° Won da aus ift ein Dre auf zehen Sachter ange bauer, es will fich aber bis jego Fein Erzt mehr finden, An ftatt deffen findet man viele Kalfgänge, von denen man glaube, daß fie die Erztgänge zerdruͤcken. Ich fuhr zu dem letzterwaͤhnten Gange heraus, welches fehr befchwerlich war, weil die Farthen gang ſenkrecht, ja an manchen Orten fehief rücklings ſtehen. Ueberhaupt ift diefe Grube füche bequem gebauet. Das Gefenfe, wo der Kieß bricht, ift fo enge, daß ich mich Sleichfam zufammen-drücen mußte, um hinunter zu fommen. Der Berg diefer Grube ift leicht zu gewinnen, aber defto mehr Mühe muß man Gmelins Reiſe. 1742 —— ſich im Bauen geben, daß er nicht einfalle. Kalkgaͤnge und eine weißliche lockere Er⸗ de find die Urſache, warum der Berg nicht feſter zuſammen haͤlt. Außer dem fehönen braunen Kupferkieße, der zumeilen fehr derb falls, bat man auch diefer Grube einen blaßgelben feinen Waſſerkieß, und einen braungelben Kupfermulm don gutem Gehalte gehabt. Darzwifchen find nicht felten fehr derbe grüne Kupfernieren, unterfehievener Geftalt gebrochen, Die Grube wird von einem Oberfteiger, zween erghauern und fünf und fünfzig Sehrlingen gebauet, zu deren Bequemlichkeit jegt na⸗ be bey der Grube ein Haus angelegt iſt. Die Hoffnung von der Fünftigen Ausgabe diefer Grube ift febr gering. Die Kiefie, welche im Gefenfe noch im Anbruche ftehen, fallen in die Tiefe immer fehlech- er Das Waffer verurfacher auch viele Ungelegenheit, welche zunimmt, je weiter man Jii 3 | bauer, Bmelins Reife, 1742. 438 | Reife nach Kamefchatkn bauet, und auf die lege dürfte man fie gar nicht gerältigen Fönnen. Große Mafchir nen aber deswegen anzulegen, würde zu viel Zeit und Koften wegnehmen, da man jetzo ſchon ſieht, daß fich die Kieße nicht veredeln ‚ fondern verfchlimmern ;_ ja, eg ift zu bes ſorgen, daß fie nach Are der fibirifchen Erzte bald gar abfegen werden. An denen, bie im Stellen auf der Sohle fichen, fieht man nun fhon das Ende, Man bat von dem nordlichften Stollen fünf und zwanzig Lachter weit nach Norden gemeffen, und von dort einen Schacht von-fünf Faden eingeſenket ‚ Ohne etwas zu finden. Es iſt vielmehr zu vermuthen, daß die Natur nur bis dahin, wo man Erzt gefunden, welches herdor⸗ gebracht babe, und in ganz Sibirien findet man Feinen weitſtreichenden Erztgang. SO fange ich die Natur kenne, ſaget Herr Gmelin, fo merke ich, daß fie ihren eigenen Ge⸗ fegen folgee, und. fic überaus gut anläßt, wenn man ihren Spuren nachgeben mill Denn wie es fcheine, fo bat Gott uns Menfchen nicht zu Rathe gezogen, da er ihre Ge⸗ ſetze gemacht bat. Wollte man einwenden, es fey doch ſehr wahrſcheinlich, daß die Ger fege der Natur in unferer Erde überall, und folglich auch. in Sibirien und Deurfchland gleich feyn müßfen; daß bey ung die beiten Erzte in der Tiefe lägen, folglich müßte man fie in Sibirien auch da ſuchen: fo antworte ih, daß zwar die Matur in ihren Wirs Eungen, was allgemeine Gefege betriffe, gleich fen ‚ wenn aber ein befonderer Zufall, der diefe Geſetze nichts angeht, die Sachen an einem Here flörer, und das unterfte zu oberft kehret, fo kann man fie nicht mehr mit einander vergleichen, wenn man. nicht dabey von diefen Veränderungen bie Urfache anzugeben weis, BE Den zten Aug. Fam Herr Gmelin nach Batharinenburg, melde Stade im Jahre 1723, wegen der Eifengruben in diefer Gegend, ift angelegt worden. Bis zu dem Jahre 1735 war bier eine Eifenhürte, mit zweenen Maſtoͤfen, die alle beyde beftändig im Gange geweſen ſind: man hat ſie aber damals nach der Huͤtte MWerchnoi- Iſetkoi verlegt, und damals auch eine Veraͤnderung des Kupferſchmelzens vorgenommen. Bis⸗ her hatte man in einer beſondern Kupferhuͤtte, wo drey Krumoͤfen, zween 5* und noch zween andere Heerde waren, nicht nur das Kupfer durchgefeger, ſondern au das in der Berghütte Polevskoi ausgefchmolzene ſchwarze Kupfer gar gemacht ‚ge ſchmolzen und in Stücken gegoffen, aber alles diefes gefchieht nun zu Polevskoi, dm dem gegenwärtigen Zuftande find zu Katdarinenburg folgende Werfe im Gange, und werden vom Waſſer getrieben: 1) Drey große Stangenfchmieden Wozu das rohe Eifen aus der Huͤtte Werchnoi Iſetzkoi auf dem Fatharinenburgifchen Teiche zu Waffer her: geführet wird, 2) Eine große Eifenblechfehmiede, von zweenen Heerden und zweenen gro⸗ Ben Blechhammern, um aus dem Stangeneifen Dachplatten zu ſchlagen. 3) Eine Anferfchmiede von fünf Heerden und einem großen Hammer. 4) Eine Werkſtatt, mo das Stangeneifen vermittelſt einer Mafchine in Fleinere Stäbe der Laͤnge nach zerſchnit⸗ ten, die Staͤbe geglaͤttet und ausgedehnet werden. 5) Eine Eleine Stangenfchmiede, mit einem Fleinen Heerde und Hammer, 6) Eine rohe Stahlwerkſtatt, von acht Heerden und zweenen Ausreckhammern. 7) Eine feine Stahlwerkſtatt, von dreyen Heerden, und zweenen Stablrefhammern. 8) Eine Drathwerkſtatt von einem Eleinen Heerde, einem - fleinen Reckhammer und zwoͤlf Zangen, 9) Eine Schmiede von acht und zwanzig Heerden, 54) Denufchi find Münzen, die einen halben iſt ein Diminutivum. Denge ift eigentlich das Kopecken gelten. Der Nominativus Denuſchka More, welches einen halben Kopeken Ru : um durch Sibirien. 439 Herrden, um bie Werkzeuge, und was fonft zum Berg. und Huͤttenweſen nothwendig Gmelins if, zu verfertigen, wobey alles Gebläfe von einem Wafferrade getrieben wird. 10) Zwo ägemüblen, eine von zweenen, die, andere von dreyen Gängen, wovon dieſe vom Anfange der Werke her geftanden, jene aber an die Stelle der nach KYerchnoi-JferzEoi verleg« een Eiſenhuͤtte erbauet worden. ır) Eine Kornmühle von dreyen Gängen. Andere erke, die nicht vom Waffer getrieben werden, find 12) eine Nagelfihmiede von bier Heerden. 13) Eine Kleinfchmiede von vier Heerden. 14) Eine Blechwerkſtatt. 15) Eine Werfftatt, das Blech zu verzinnen, von einem Heerde. 16) Eine Werfftatt‘ für Blaſebaͤlge. 17) Eine Keffelfchmiede, wo vordem alleriey Gefäffe von Kupfer Und weißem Bleche zum Verfaufe gemacht wurde, welches aber feit einigen Jahren ein« geſtellet ift. 18) eine Drechſelſtube. 19) Ein Maſchinenhaus, wo Modelle von aller» ep Berg- und Hüttenmafihinen, auch große Drandfprigen nach bolländifcher Are ver« fertigee werden. 20) Eine Steinfihleiferey, ar) Eine Probierfiufe mit einem Pros ierofen und Heerde. Dazu koͤmmt noch 22) ein Haus, worinnen feit dreyen Jah ten ein grauer weißgeflammrer Marmor zu Tifchen und Säulen gefchliffen und poliret wird. Er beiche fünf und dreyßig Werfte von Katharinenburg auf dem Wege nad) olevskoi. Es ift auch feit dem Jahre 1735 befohlen worden, alles Kupfer aus den pe= Mieifchen und Eungurifchen Hätten in Sibirien in Platten zu gewöhnlicher Scheidemünge, als Denuſchki und Poluſchki zu zerſchneiden, und nad) Moffau zu ſchicken. Cs Wurde zwar auch zu Katharinenburg vermuͤnzet, aber diefer ‘Befehl ift 1740 wieder auf- gehoben worden. Dazu gehören nun noch einige Werke und Werfftätte, deren die fechs erften vom Waffer gefrieben werden, nämlich 23) eine Kupferſchmelzhuͤtte von einem Ofen und vier Heerden, 24) Zwo Werkſtaͤtte, wo das Kupfer zu Platten ges lagen wird, jede von zweenen Heerden , und zroeenen großen Hammern, nebſt dreyen großen Scheeren bey jedem Hammer, die Platten in fehmale Reife zu zerfchneiden. 3) Eine Werfftart von dreyen Gängen, um diefe Neife nach der ‘Breite und Dice, wie es die Größe und Dicke der Münzen erfordere, noch weiter auszuziehen. 26) Zwo Werkſtaͤtte, wo diefe Kupferreife überaus geſchwind zu runden Muͤnzplatten zerfchnits ten werden ‚ eine von neun, die andere von zwölf®ängen. 27) Eine Drechfelbanf, um die Wellen zu den Plättmafchinen (Mo, 25) zu drechſeln. 28) Eine Schmiede von dreyen Heerden. 29): Eine Handfchmiede, auch von dreyen Heerden. 30) Ein Zimmer, wo die runden Münzplatten durchgefeben werden, ob fie von gehöriger Wichtigfeit find. 3) Ein Zimmer, wo die ausgefuchten Münzplatten den Münzmeiftern zum Stempeln Obgegeben , und nachgehends wieder angenommen werden. Doch diefe beyden und die folgenden find aus angeführten Urſachen wieder eingegangen. 32) Ein Gtühofen, um, die Muͤnzplatten auszuglühen. 33) Eine Werfftatt zu Gürtung der Muͤnzplatten, von zweenen Baͤnken, jede zu zehen Guͤrtmaſchinen, movon fechs zu Denuſchki und viere zu boluſchki 54) find. 34) Drey Haͤuſer, jedes von zweyen Zimmern, wo die gegürteten üngplatten mit dem Münzftempel geprägt werden, in allen vier und zwanzig Preffen, 3100 zu Poluſchki, die übrigen zu Denuſchki. Diefe nebft den vorigen Mafchinen find jego alle auseinander genommen, und follen nach Moſkau geſchickt werden. ——— 3) Eine und Dengi iſt die mehrere Zahl, die man abe“ Iſchki iſt die mehre Zahl von Poluſchka, ein meiſt drauchet, um Gold auszuöriden. PO Wierrel Kopelen. Reife. 1742 Gmelins 3 fie auch einftellen : aber es wird doch fortgearbeiter,, Keife, 1 7 4 Ds -gang in den Hof gelaffen hat, 449 Reife nach Kamtſchatka 5) Eine Stempelſchneiderey; 36) eine Preſſe, die Stempel abzubrucfen. Man Fönnfe. und die Stempel werden fertig nad): Moskau gefhidt. 37) Ein fteinernes Gewölbe, zur Verwahrung des gemünzten Gel des. Dabey-ift 38) das Münzcontoir, einen viereckichten Platz ein, doc) fo, rer Kaum. übrig geblieben ift, nen Eingang von der auswendigen Seite: gen Hof Fommen, übrigen Huͤttenwerken, ‚cheils Diefe Gebäude von Mum. 30 an, nehmen daß zwiſchen den Haͤuſern bin und wieder ein lee⸗ den man mie Pallifaden ausgefüllt und nur-einen Ein⸗ wo eine Wache ftehr. man kann aber daraus nicht in den inwendi- Die vorhergemelderen Werfftärte und Gebäude fteben under den an dem Drte, wo vorher die Kupferhuͤtte fund, theils Das Hüttencontoie allein hat ei⸗ an andern Orten, wo man fie bat bequem anbringen Fönnen, Die Stadt Rarharinenburg war feir dem legten Aufenthalte des Herrn Gmelins da⸗ felbft, an der Abendfeite etwas erweitert worden, Man harte den Wall eingeriffen , und ſtatt der geraden Linie von den Eckbaſtionen eine Reihe Pallifaden mir zweenen ausgebo⸗ genen Winkeln gefuͤhret. Man zaͤhlet in der Stadt auf vierhundert und ſechzig Wohnhaͤuſer, und außer⸗ halb den Feſtungswerken, Fluſſes Iſet, oben zu beyden Seiten des Teiches und an beyden Seiten des ſind noch Vorſtaͤdte, wo theils Verwieſene wohnen, theils ſolche, die ſich nach Anlegung der Stadt freywillig hier niedergelaſſen haben, und handeln, oder bey den Werken fuͤrs Tagelohn arbeiten. Am Ende der obern Vorſtadt, auf der Morgenſeite des Teiches, iſt auf einer Hoͤhe ein Gebaͤude fuͤr den oberſten Befehlshaber, nebſt einem großen Luſtgarten angelegt, wovon die ganze Stadt uͤberſehen werden kann. an der Oſtſeite des Fluſſes Iſet liegt ein Hoſpital nebſt einem der untern Vorſtadt, Apothekergarten. Die Beſatzung beſteht aus zwoen Am Ende Compagnien Soldaten mit einem Hauptmanne Zur Artillerie gehöret ein Stuͤckjunker, drey Unterofficiere und fechs und dreyßig Gemeine. Zween Bergmeifter in der Berghauptfanzley find des Befehlshabers Beyſitzer. Die Sand» und Gerichtsftube 55), von dem Öberftlieutenant, diefe aber von eben dem Haupfmanne, Eine jede hat einen Secretaͤr, der die alten Rechnungen tzung gefeßer ift, verwaltet. durchſieht. Die Zollbedienten, welche zugleich die Einkünfte von ganzen katharinenburgiſchen Gebiethe beforgen , Tobolst. wie auch die Policy find befonders, und jene wird der über die Beſa⸗ den Schenfen im’ ftehen unter dem Statthalter. zu Den gen und ofen Aug. war ein großer Bind, melcher aufs neue von einer ge⸗ wiſſen Prophezeyung reden machte, 35) Semskaja und Sudnaja Cantora. 56) Der Herr Abt Chappe d' Auteroche, der gleichfalls die Bergwerke zu Katharinenburg beſu⸗ chet hat, giebt davon auch eine Beſchreibung, die nicht nur weniger weitſchweifig, ſondern auch neuer iſt, als des Herrn Gmelins ſeine. Er hat feine Unter: ſuchungen im Jahre 1761 angeftellet, da ihn die Akademie auf Befehl des Königes nach Tobolsk sefhikt hatte, den Durchgang der Venus durch nach welcher Katharinenburg an einem Spaſſowe⸗ den bie Sonne zu betrachten. Man fehe dieMemoires de l’Academie des Sciences de Paris, aufs Jahr - 1761. 9.357. „Ich Fam von Tobolst nach Katharinenburg „über. eine Ebene von ungefähr hundert Meilen „die aber fo moraftig war, dag ich an vielen Orten „einen Soldaten vorausſchicken mußte, um Faſchi⸗ „nen zu legen, daß man auf dem Wege fortfoms „men konnte. Diefe Stade liegt gegen Morgen - „eines — man 441 den, das iſt den iſten, Gſten oder 15er Auguſt untergehen und wenig Einwohner beym GSmelivs Lben bleiben follten. > Rum hatten zwar die menigften Einwohner Glauben daran gehabt, Zeife, Unterdefjen gab es doch viel Redens davon, Ein Schreiber. ward überführer, daß er 174%.) die Proppezeyung zuerſt ausgebracht Hätte. Diefer berief fich wieder auf einen alten Mann; tegen gab man ihm Soldaten zu, mir denen er ihn auffuchen follte: er war aber nir⸗ gend zu finden. Nach einer Werorönung von Peter dem Erſten muß derjenige, der Wwar den Urheber einer Propezeyung angiebt, ihn aber niche feffen kann, felbft der rophet ſeyn, und wird gefänglich verwahrer, bis die beſtimmte Zeit verſtrichen iſt! ierauf foll man unterſuchen, woher er feine Prophezeyung genommen babe, und ihn nach Befinden abftrafen, daß er fich in Sachen gemifht, Die er nicht verſtunbe. Da der iſte und oſte Auguſt vorbey war, ließ ſich der Schreiber verfauren, ſeinetwe⸗ . Sen würde wohl auch ber-1ste vorbeygehen, ohne daß der Stadt ein Unglüc begegnete; das wäre feine Meynung nicht gewefen, er babe auch nichts propbezeyer, es fen fein Un- Juͤck, daß er den falfchen Propheten nicht habe finden Fönnen. Damif man aber diefen enfchen nicht ohne Strafe ließe, und den Einwohnern alfe Unruhe wegen ihres Schick ales benaͤhme, fo ward er aus feinem Gefängniffe gebracht, und befam auf öffentlichem arkte die Knute, die ihn fehr übel zurichtere. Es gieng auch an feinem der benann« Fin Tage etwas unglückliches vor, man müßte denn den häufigen Brand der Wälder jeher vechnen wollen, der aber der Stadt feinen Schaden that, ungeachtet er ihr einie g3 Schrecken verurfachte. Ein noch größeres Schrecken war in der Nacht vom asften is 26ften Auguſt, da eine Sägemühle und noch einige andere Werkſtaͤtte in kurzer Zeit brannten. Wenn der Wind ftärfer und mehr weſtlich gewefen wäre, fo würde die ganze Stade darauf gegangen ſeyn. ,, , Den ııten Yuguft fiel des Morgens ein fo flarfer Neif, daß die meiften Garten- ftüchte davon erfroven, und Das noch im Felde ſtehende Korn großen Schaden lite. 3wo Werfte über Katharinenburg am fer liege die Hütte Werch⸗Iſetzkoi, ge- meiniglich Werchnaja⸗Plotina genannt. Cie ift im Jahre 1725 aufgeführet worden und hat drey Schmieden. Durch Hülfe eines Dammes wird der Fluß dergeftalt auf. geſchwellet, daß er ungefähr zwölf bis drenzehen Werfte hinauf einen Teich machet, und kein Mangel am Waſſer zu beforgen iſt, auch zur Noth die Werke in Katharinenburg daraus verfehen werden Fönnen. Das rohe Eifen, welches allbier nicht verarbeitet wer: n Fann, wird zu MWaffer nach Katharinenburg abgefuͤhret. Man kann mir den Fahr⸗ eugen bis unter die hieſigen Werke kommen, und hernach darf nur eine Schleuße geöffüet Werden, fo haben fie Waſſer genug, um ſich zu heben und wieder nach Katharinenburg WU fahren 56). - Z Bey »eines Gebirges, und hat die meiften ruſſiſchen „man fchon auf die Gänge. Diefe laufen gemei⸗ > Vergwerke, Da mir die Zeit nicht erlaubete, „niglich von Mittag gegen Mitternacht in einer ſtronomiſche Beobachtungen anzuftellen, jo bee „Hoͤhe von vierzehen Lachtern; darauf findeemn Sfüchte ich dafür die Gruben, wozu ic) beſonders „Maffer und voten Ocker, womit fich der Gang vollergnaͤdigſte Erlaubniß erhalten hatte. ,, „abſchneidet. Sie ſind parallel, und die vornehm⸗ Die Goldgruben find in dem platten Lande, „ſten Schächte gehen ſenkrecht auf die Gänge, die vda man fie ſonſt überall in den Bergen finder, „ſich von Norden gegen Suͤden auf zwanzig bis Man erkennt fie an einem graulichen Sande, „dreyßig Lachtern erſtrecken, und oben vier bis fünf ‚UND darf kaum zween Fuß tief graben, fo ſtoͤßt „zoll in der Breite Haben. Da find fie allemal Allgem, Beiſebeſchr. XIX Band, REE „zarte Gmelins Reiſe. 1742. — ⸗ 42 Reiſe nach Kamtſchatka Bey dieſer Eiſenhuͤtte ſah Herr Gmelin einen Brunnen, deſſen Waſſer ihm Ei⸗ ſentheiſchen zu-enthalten ſchien, und feiner Meynung nach in manchen Krankheiten gute Dienfte thun Eönnte. Den aıften Aug. befuchte er das Eiſenwerk Newjanski ; welches 1701 auf Koften der Regierung gebauet, und hernach dem Herrn Nikika⸗Demidow geſchenkt worden ift, Es wird von dem Waller es Neiwa getrieben, Das Erzt wird theils am Neiwa, theils am Bache Schuralt woda vorben läuft, der bey Neiwjanskoi⸗ 5 gefördert. Dasjenige, welches man von dem Magnetberge hieher bringt, giebt ein ſehr gefhmeidiges Eifen, Dabey ift auch eine Kupferhuͤtte angelegt, wo man jährlich aus den Werfen von Koliwano⸗ Woskreſenski eine ziemliche Menge ſchwarz Kupfer führer. Ale dazu gehörige Gebäude liegen unter dem Damme auf beyden Seiten de Neiwa, in einem Thale, und find mit Hämmern, Heerden, Dreh- und Schleifbän fen, Gicßerepen ıc. verſehen. Das Eifen wird hier in Stangen und Blechen geſchmie⸗ det; man machet verzinntes Blech, alle Arten von großen Werkzeugen, füpferne und eiferne Gefäße, Schloſſerarbeit. Stahl, Anker, Senſen und andere ſchneidende Inſtrumente und allerhand Am linken oder weſtlichen Ufer des Fluſſes, dem Damme gegen uͤber, iſt eine hoͤlzerne viereckichte Feſtung, mit Thuͤrmen verſehen. Kirche zur Verklaͤrung Chriſti. meiſter taugen hier nicht viel. der neuen Kirche ſollten gebrauchet werden. Das Haus des Beſitzers dieſer Werke, iſt gleichfalls in der Feſtung. Man faſt alle am Ufer des Fluſſes liegen. Inwendig ſteht eine alte hoͤlzerne An deren Stelle wollte man eine ſteinerne bauen, und der Glockenthurm war ſchon fertig, ſtund aber ſchon nicht mehr ſenkrecht. Die Baur Man harte auch hohe Säulen von Eifen gegoffen , die zu Fe, des Heren Staatsrathes Akinfi Demidow zaͤhlet in der Stadt auf achthundert Häufer, die Sie ſtehen in Linien , welche meiftens weite Stra⸗ Ben machen, die, ungeachtet fie weder Pflafter noch Bruͤcken haben, faft die ganze Zeit reinlich find. Theils hat man längft den Häufern Graben gezogen, wodurch das Wale fer abfließe, theils den Boden durch Kieß erhoͤhet. Die Lebensmittel find bier im Ueber fluffe, nur das Fleiſch ift bier etwas theurer, als an andern Orten, men foll, weil die Fleiſcher dem Befiger der Eiſenhuͤtte die Haut von melches daher kom⸗ einem Stuͤcke Rind vieh für fünf und zwanzig Kopefen, und das Pud rohes Unſchlitt für dreyßig liefern müffen. Verarbeitetes Kupfer ift hier in gutem Preife; dafür find aber alle bier verfer⸗ tige Sachen, Iheefeffel u, dergl, Geräche fehr dauerhaft und zierlich. „am maͤchtigſten, nehmen aber immer mehr an „Breite und Guͤte ab, je weiter man in die Tiefe „koͤmmt, da man ſonſt bey allen bekannten Berg⸗ „werken das Gegentheil wahrnimmt. Die Erde „zwiſchen den Gängen iſt ſandicht; bisweilen iſt es „auch ein ziemlich hartes Geſtein, uͤberhaupt aber „muͤſſen die Schächte mit Zimmerholze ausgebauet „werden. Der Gang jelbft ift ein fchwärzlicher „Stein, mit einiger, Erde vermengt, und diejes „iſt die veichfte Art. „Bisweilen ift eg auch nur »ein gemeiner oder druſichter Quarz; die Drufen N — Es „haßen ſechs oder ſieben Linien im Diameter, hab „ten aber oft jo wenig zufammen, daß man fie mi „dem Finger von einander fondern Bann, Diele „Gang hält auch viele Topafen, von der Art, wi „die bohmiſchen, fie find wie gefcliffen, aber „ſehr länglicht und von verfchiedener Größe. „Ausbeute diefer Goldgruben ift fo gering, dA „man oft nicht die angewandten Koften heraus „bringt, ob gleich die Arbeit, da man Leibeigene „dazu nimmt, um einen fehr geringen Preis iſt⸗ Die durch Sibirien, 443 Es giebt unter den Einwohnern eine zahlreiche Seete, die ſich Staro -Werst, Atgläubige, nennen, und für die man viele Achtung hat. Weil fie den Deurfchen eben Niche gut find, fo hatte Here Demidow die Gefälligkeit gehabt, ihnen Feine ins Haus du legen, womit er auch uns, ſaget Herr Omelin, einen großen Dienft erwies. Ein Ruffe laͤßt es geſchehen, daß ein Deutſcher aus ſeinem Glaſe trinkt, oder ſich ſeines Ge⸗ raͤthes bedienet; er aͤrgert ſich auch nicht, wenn dieſer bey dem Eintritte in die Stube Fein Kreuz machet. Hingegen ein Altgläubiger hat vor dem allen einen Abfcheu, und vergiebt es nicht, wenn man im Ceremoniel den geringften Umftand auslaͤßt. Branntewein ift in Neiwſanskoi bey Strafe verbothen; deswegen fehler es doch Nicht an Leuten, die das Geſetz übertreten, und fih in geheim beteinfen. Ein Altgläur biger haͤlt das Brannteweintrinken fuͤr eine große Suͤnde, und macht ſich bey der Gele⸗ Enheit ſehr breit mit feiner Maͤßigkeit. Ein einziger Tropfen davon verdiener feinem vegeben nach die Hölle. Und doch faget man von ihnen, wenn fie einmal ein Glas ranntewein getrunken häften, fo folgeren ihm bald mehrere nad), Haben fie einmal en Anfang gemacht, fo wirfer die anziehende Kraft des erjten Glaſes einen fo graufamen Durft, dafs fie ſich nicht einmal ſchaͤmen, einen Ruſſen um etwas zu erfuchen, womit fie ihn loͤſchen konnen. Alsdann feheuen fie ſich nicht, mit Jedermann zu trinken, nur neh. Men fie ihre Taffen mit, Die Sünde, ſich zu betrinfen ift bey ihnen nichts gegen die, Mit den Ruffen aus einem Glaſe zu trinfen. Sie halten alle, die zur geiechifchen Kirche gehören, für unrein und unheilig, und dieſes Uebel für anſteckend. Dem äußerfichen Anſehen nad) find diefe Altgläubigen fehr ehrliche Seute, und wer fie nicht kennet, follte denfen, es wäre ihnen nicht möglich, jemand zu betriegen. Des- Gmelius Reife, 1742 un Wegen hatte ihnen ‚auch der Kaifer Peter der Große allein die Erlaubniß gegeben, den Dranntewein in den Schenfen zu verkaufen. Dieß gefchab wegen ibrer großer Ehrlich- keit, die fie von fich vorgaben, und weil fie fich zu ftellen wußten, als wenn ihnen der tanntewein ganz zumider wäre. Aber man entdeckte ihre Scheinheiligfeit, und fand unter diefen heiligen Seuten Säufer und Betrüger. Der Kaifer, der die Heucheley haſ— fere, jagte fie alle aus feinem Dienfte. Man biele fie für Pharifäer, die bey einem lafterhaften Herzen fich unterftehen, vor Gore von ihrer Unſchuld zu reden, und ſich über n zu verwundern, daß er den Weltfindern die Zweifel über ihre Froͤmmigkeit vergeben kann. Eine Folge diefes pharifäifchen Sinnes iſt, daß fie gern muͤßig geben, und ſich Immer ftellen, als ob fie im Geberhe und andächtigen Betrachtungen begriffen wären. Kkk2 Den „Die Silbergruben verdienen nicht, daß man „viel davon rede. Das Erzt iſt wie in den Gold⸗ »Stuben befchaffen. Denen Naturfundigen, welchen vſie Gelegenheit zu den wichtigften Unterfuchungen geben, find fie nüßlicher , als den Ruſſen. » Dagegen feheinen die Eifengruben durch ihren „Reichthum die Rufen für den geringen Gehalt »der vorigen fehadlos zu halten. Ihr Eifen iſt „auch noch darzu fo gut, als man es nur verlan⸗ »gen fan. Man findet es überall um Kathari⸗ „nenburg, ſowohl in Erzten, als nefterweife. Von „dem erſten giebt der Zentner funfzig und von „dem letzten vierzig Pfund. Dieſe letztern über» „laͤßt man auch an manden Orten, einem jeden „der fie heraus fördern will, Katharinenburg iſt „aud) die Niederlage von allem Marmor, Jaspis, „Porphyr und dergleichen Steinarten, die man „häufig in Sibirien findet, fonderlih Cornalinen „und Sarbenier, die von Jakutzk und Nertzinſchk „herkommen. 444 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Reiſe. 1742. Den ıften des Herbſtmonates beſuchte Herr Gmelin eine andere Eiſenhuͤtte, bie im Jahre 1725 erbauet iſt, und dem Herrn Akinfi Nikitiſch Demidow gehört Es wird hier Stangeneifen, Stahl und Drath verfertiger, auch ſchwarz Kupfer aus den Gruben zu Koliwa geſchmolzen. Die Mafchinen werden bier alle vom Waffer des Tagil getrieben, das zu diefem Ende durch einen Damm aufgehalten wird. Mat gießt auch Hier Glocken von allerley Größe und Gewichte... Bor einigen, Jahren goß man für, die Hauptfiche zu Tobolsk eine Glocke von zweyhundert Pud. Man rechner alle bier ungefähr fechshundere Privarhäufer, die meiftens an der Abendfeite des Fluſſes lie⸗ gen. Alle Jahre gehen zwey oder drey Schiffe, mir Stangeneifen und verarbeirerem Kupfer nach Tobolsk und andern fibirifchen Städten ab, wo diefe Waare verfaufe wird: aber eine von den fchönften Anſtalten daſelbſt ift diefes, daß der Befiger diefer Werke alles, was nur arbeiten kann, zur Arbeit anhält, Der Berg, woher das Erzt koͤmmt, liege nicht weiter, als eine Werfte von der Hütte. . Sein Umfang ift drey Werfte und die Höhe ungefähr dreyßig Lachter. Er bes fteht vom Gipfel bis an die Sohle aus einem fehr reichhaltigen Eiſenſteine, der unter allen Gruben in diefer. Gegend das gefhmeidigfte Eifen giebt. Man bat da auch) öfters Magnete angetroffen; deswegen heißt .er ſchon von Alters her der Magnetberg. Det Herr Staatsrat) Demidow befist einen Magnet aus diefem Berge, der dreyzehen Pfunde ſchwer iſt, und eine kleine Canone von vierzig Pfunden zieht. . Anderrhalbe Werfte von diefem Magnetberge liegt eine andere Eiſenhuͤtte, Wuis⸗ koi⸗Sawod, am Bache Wuja, der aus Weſten in den Tagil fälle. Sie beſteht aus einem Hammerwerke und einer Kupferhuͤtte. Die legte wurde angelege, da malt auf der Nordfeite vom Wuſa einen ganzen Derg von Rufererite entdedire, Daraus bat man lange Zeit vortrefflidyes Kupfer gefhmolgen; man fand auch öfters eine fchöne zartgeftreifte Kupfergruͤne. Seitdem es aber nicht mebr bie Kohlen begabte, fo wird Hier bloß noch kolywaniſch ſchwarz Kupfer geſchmolzen. —* Bey dieſen Werken ſind ungefaͤhr zweyhundert Wohnhaͤuſer, welche auf beyden Seiten des Baches einzeln ſtehen. Man finder bier. auch einen Schreibefand.von Gold farbe, der von. einem fogenannten Goldtalke gemacht iſt. Er bricht vier Werfte unter Wuiskoi⸗ Sawod auf dem linfen Ufer des Tagil ‚und ift mie einigen füylechten Gra⸗ naten vermifcht, | a Am Ufer des Tagil gegen Morgen ift ein febr fleiler. Berg, der. Medwſedka oder Medweſchei⸗KRamen heißt. Kamen beißen im Ruffifchen alle Berge, die von dei Weogulen, Hoba⸗Jalping, oder Jalpingkue genannt werden. Diefe Haben derglel- chen Berge chedem angebether und ihnen Opfer gebracht. Vielleicht thun fie es noch heim⸗ .. lich; dem oͤffentlich befennen fie ſich zum hriftlichen Glauben, und müffen alfo die ab goͤttiſchen Handlungen aͤußerlich unterfaffen, J Den Hten gieng Herr Gmelin nach Kuſchwinskoi⸗Sawod oder Blagodat⸗ Ruſchwinskoi⸗Sawod, ein Eifenwerf, das im Fahre 1735 auf Koften der Krone zu bauen angefangen, und im Jahre 1739 dem gewefenen Generalbergdirector, Frey⸗ herrn von Schönberg, iſt gefchenfe, im Sabre 1742 aber wieder von der Krone ift in Beſitz genommen worden.‘ Blagodat heiße der Berg, welcher den Eifenfkein zu der Hutte liefert. Er uͤbertrifft an Höhe und Umfange alle andere in diefer Gegend, auch A ; en | durch Sibirien. 445 fenftein ‚ woraus er faft gang allein beſteht, von fo reichem Gehalte, daß man ihm den Namen Blagodat (gute Gabe) mit Rechte beygelegt hat. Man findet: auch an erlichen ten Magnete, die ziemlich gut find, Es waren bier ſchon über hundert Häufer aufge: führer, auch der Grund zu einer Kirche geleget, die der Prophetinn Hanna gewiedmet werden foll, Der Herr Profeffor brachte den ganzen ten Sept. zu, die Hütten und den Berg zubeſehen. Es mar fehr garftiges Werter, und er hatte einenftarfen Schnupfen. Wegen des heftigen Windes, der ihn genug durchtehere, mußte er fich oben auf dem Berge nicht feiten an einen Felfen halten, um nicht umgefchmiffen zu werden, welches ihn zwar fehr ermüdere, aber auch den Vortheil hatte, daß er feinen Schnupfen los ward. Den zten befah er die Kupfergruben von Polowinnoi⸗Rudnik, die dem Bache Polowinnaſa gegen Mitternacht liegen, in gemiffer Herr Voigt, ehedem Seeretaͤr bey dein Heren von Schoͤnberg, der feine Werfe in Aufficht gehabt hatte, begleitete ihn Gmelins Reife, _ 1 * 4 2. Neue Art, den Schnu⸗ pfen zu ver⸗ treiben. dahin. Dieſe Grube hatte ein ſaͤchfiſcher Berghauer ungefähr entdeckt, und fie ward erſt im Jahre 1741 zu bauen angefangen, Es brach hier ein ſchoͤnes rothes Kupferglas Und auch gediegenes Kupfer. Die turinskiſchen Hütten liegen vier bis fünf Werſte unter der Mündung des Bas bes Rufchwa am Tura, wo man das kuswinſchkiſche Eifen zu Stangen ſchlaͤgt. Alle Werke treibt der Tura, den man durch einen Damm aufgefchweller hat. Auf dem Gipfel eines Berges, der von dem Kuſchwa, gegen Abend liege, und der hoͤchſte in dieſer Gegend ift, und auf einem nicht weit davon gelegenen Berge, bat _ Man Eleines Eupfernes Geräth mit einigen Figuren darauf gefunden, Im Maye dieſes Jahres fand man auch einen woguliſchen Goͤßen von Eifen. Er hatte von weitem die Ges. ſtalt eines großen Jagdſpießes, welche die woguliſchen Jaͤger ehedem an einer hoben fiche tkenen Sfange auf dem Gipfel eines hohen Berges zum Grgenftande ihres Gößendienftes ſollen aufgeftecker haben. Vor demfelben erfchienen fie jaͤhrlich im Monare Eoptember, wenn die Jagd angeht, mit einem ihrer Priefter, und richteten ihr Geberh an ihn. Sie Ko fich oft vor dent Spieße, und wiederholten oft die Worte: Gott gebe Glück zur agd 57). Den ıoten begab ſich Herr Gmelin nach dem Asbeſtberge, der insgemein Bun⸗ aſchnaſa oder SchelfowajssBera (Papier- oder Geidenberg) genannr wird. Er liege vom Tagil gegen Morgen, und ift ungefähr vor dreyßig Jahren erft entdeckt wor- den, Man fchickre Leute von Ratharinenburg hbieher, ihn auszufördern; es find aud) lerpon die Gruben noch übrig, aber die Leinwand und andere aus Asbeft verfertigte Ar⸗ Ber bringe eben nicht viel ein, deswegen hat man fie wieder liegen gelaffen. - Das Ges Ein des Berges ift weich und brüchig, von mancherley Farbe, blau, grim, ſchwarz, doch mehrentheils grau. Seine Richtung iſt meiſtens von Oſten gegen Weſten, und ehnahe ſenkrecht. Die Asbeſtadern liegen nach allen Gegenden, und ſind zuweilen nur einen Meſſerruͤcken, ſelten einen Zoll did. So lange man nicht daran fafert, haben fie ne grüne glänzende Ölasfarbe, Reibet man aber nur ein wenig, fo ſondert fich eine hr. SE REG Ten zarte 5) Torom Schotware. Dieſer Gebrauch hat auch vieleicht den Verdacht erregt, daß ſie die Berge anbetheten. — Asbeſtberg. 446 Reife nach Kamtſchatta Gmelins zarte weiche Wolle ab, die der feinſten Seide gleich koͤmmt. Zuweilen finden ſich Adern, die Reiſe. 1742. noch nicht reif zu ſeyn ſcheinen, und auch ſolche, die ſchon zu alt find, Zwiſchen dem rechten Asbefte bricht ein anderer grüner Stein, der fih auch in Faſern zertheilen läßt, die aber allezeit fteinicht und fpröde bleiben, Vielleicht ift er nichts anders, alg ein une reifer Asbeſt, der mit der Zeit grün und fafericht, endlich weich und wahrer Asbeft wird- Er ließ auf dem Berge nicht graben, fondern fand auf den Sturzplägen unter dem wil⸗ „ben Gefteine noch manches merfwürdiges Stuͤck. Die größte Grube, die auf dem Gi⸗ pfel des Berges ift, hat ein paar Klaftern in die Tiefe. Weil fie aber voll Waſſer ift, fo kann ein Siebhaber wenig darinnen finden. Dieß Waffer koͤmmt vermurblich aus einer Quelle, weil es zu Feiner Zeit des Jahres austrocknet, Herr Gmelin, der alles, was er geſehen hat, mit einer Genauigkeit befchreibt, die bis auf die geringften Kleinigfeicen geht, und die man ihm zum Vorwurſe machen Fann, ſchenket feinen Leſern von allen diefen Hütten nicht einen einzigen Ofen. Den raten fah er die zu Byngovskoi oder Bynkovskoi⸗Sawoda, die feit 1718 an dem Nei⸗ wa angelegt äft. Hier wird Stahl, verzinntes Blech und Meffing gemacht. Der Meiwa ift bier durch einen Damm aufgefchwellet, und mache einen großen Teich, über den man auf einer fehr Tangen Brücke seht. a diefen Teich fälle‘ über dem Damme der Dad) Bynga, von dem die Hütte. den Namen bat. Diefer Bad) giebt mit dem Neiwa eine folhe Menge Waffer, daß die Werfe nicht nur das ganze Jahr Hindurch im Gange feyn Eönnen, fondern noch febr vieles ungebrauche vorbey läufle An dem Bynga ift eine gedergerberey und ein Dorf. Die zur Öerberey gehörige Stampfr mühle wird durch den Bach getrieben, deffen Waſſer gleichfalls durch einen Damm auf gehalten wird. Nah Byngovskoi⸗Sawod dringe man das rohe Eifen von Niſchno⸗ Tagilskoi⸗Sawod, um es zu verarbeiten. Das Kupfer zum Meffingwerfe Eimme meiſtentheils von den fockfurifchen Kupferwerken im Gebierhe Kungur, und ift geſchmei⸗ diger, als das Kolywaniſche. Die Galmey wird aus Deutfchland verfchrieben, das Pub derjelben Fomme mie der Fracht auf einen Rubel und fünf Kopecken. Der Seimen abet muß aus Rußland verfchrieben werden; denn der fibirifche Fann überall ein fo ftarfed euer nicht aushalten, und tauger zu Probier- und Schmelztiegein gar nicht, Ben den Eiſenhuͤtten ſieht man ungefähr hundert und fiebenzig Häufer, die meift am Neiwa ge gen Abend Tiegen. E Man erzählet, daß ein Bauer in einer Fleinen Feſtung einen großen durchſichtigen Stein, von Farbe wie ein Beryll, funfzig Pfund ſchwer, in der Erde gefunden habt Der Stein ward nad) Ratharinenburg geliefert, und man ſchickte von da gleich Arbeitet hieher, um mehr Berylle zu ſuchen. Sie durchſuchten alles, fanden aber nichts. DI Gruben find gegenwärtig noch zu ſehen. | Den ı6ten befuchte Here Gmelin die Ufer des Baches Alapaſch, woſelbſt ſeht ſchoͤne harte und gelbe Topaſen gefunden werden ſollen. Er traf eine Kluft mieten im delde an, wo ehemals war gegraben worden. Das Erdreich beſteht dort aus einem eöthlichen Leimen, worinnen man unveine ſchwarze Kryſtallen und quarzichte Steine mil häufig eingemiſchtem Mavienglafe antrifft, zumeilen auch Topaſen, welche an Geftalt den fogenannten Bleykryſtallen gleichen. Er war nicht fo glücklich, einen einzigen zu finden, fah aber gefchnittene , welche ein viel reineres Waſſer arten, als die fächfifchen. —* haup durch Sibirien. ' 447 haupt kommen die fibirifchen Topafen den orientaliſchen fo nahe, daß ein großer Kenner Gmelins erfordert wird, fie zu unterfcheiden. Keife. Denfelbigen Tag begab er ſich aud) nach Alapserstoi-Sawod, einer der Krone 174% zuſtaͤndigen Hürte, im Fatharinenburgifchen Gebiethe. Das Eifenerzt, welches man hier —" durchſetzet, ift bis auf die Entdeckung des Fusmwinsfifchen und Famensfifchen nicht weit dom Iſet, für das befte von allen Kronwerken gehalten worden. Man hatte im vorigen Jahre in dem Dorfe Liaga ein Erze gefunden, welches Man für Silbererze hielt, deswegen begab fich Herr Gmelin den zaften felbft dahin. Die Aubruͤche finden fich am weftlichen Ufer des Fluſſes Tagil, eine Werfte über dem Dorfe obailowa. In dieſer ganzen Entfernung bejteht das Ufer aus einem Eiefichten ſchwaͤrzlichen Schiefer, der aud) nicht felten das Anfehen eines Kiefes hat, und meiftens Wafferreche liege. Darzwifchen find Gänge von einer Hand bis auf einen Schub breit, die theils Hängend, theils liegend ftreichen. Einige beftehen aus weißem drufichten Duarze, Andere aus weißem Spare. Sjener ift bin und wieder mit goldgelbem Kieße und Kupfer- bluhmen angeflogen. Man ſieht auch meiſtens eine ſchwaͤrzliche Materie, die dem Bley⸗ ganze fehr ähnlich iſt, öfters auch für eine Blende erfannt werden kann. Was dem Vleyganze gleiche, ift fehe fpröde. Der Kieß ift felten in Stücken, welche eine Dicke haben und wird von der Witterung ockerfarbicht, und ganz muͤrbe, welches auch mit den Kupferbluhmen geſchieht. Der Bleyglanz verwittert in ein bruͤchlich ſchwaͤrzliches eug, woraus man ſchließen kann, daß er weder Bley noch Silber haͤlt. Den ꝛaſten gieng die Reife durch ein tatariſches Dorf, deſſen Einwohner der Krone Tribut zahlen. Sie find zu einer Zeit mit den Wogulen von einem Erzbiſchofe in Tobolsf ekehrt und getauft worden, der fich hierinnen mehr Mühe, als irgend jemand, gegeben dar. Die Blindheit diefer Leute ließ zwar feinen Eifer nicht immer gehörig Statt fins den; aber wenn fie fich der Taufe weigerten, fo wurden fie von Soldaten in den Fluß ge» jagt, und alsdann galten fie für ordentlich geraufte Ehriften. Die Alten, welche die chrift- liche Religion durchaus nicht annehmen wollten, wurden auf feinen Befehl nach Tobolsk gefuͤhret, und daſelbſt mit Gewalt getauft. Sie hatten vorher ihre hölzerne, eiferne, filberne, auch von alten Lumpen zufammengeflickte Goͤtzen; und noch jetzt ift ihr Anfer ben wilder, als der übrigen Tatarn. Diefes wilde Wefen foll ſich am meiften in der Trunkenheit äußern, daf fie alsdann um geringer Urfachen willen einen mit dem Meffer falten. Sie haben in ihren Jurten gemeiniglich nach griechifcher Weife das Bild eines ligen: aber die alten Leute unter ihnen follen noch nicht völlig vom heidniſchen Aber: auben frey feyn. Den asften des Herbfimonates Fam Herr Gmelin nach Turinsk, von welcher Stade er folgendes anmerfet, An $ebensmitteln ift bier fo wenig, als an gutem Ackerlande und Viehzucht, Mangel. br Preis ift fehr leidlih, und das Pud Kindfleifch koſtete damals nie über zwanzig bis dreyßig Kopeken. Das Fleiſch war fo ſchmackhaft, daß man es in ganz Sibirien Nche beſſer finden Fann. An Handwerksleuten fehler es bier fehr, die Schmiede aus: Rnommen, welche aber, wie faft alle ihres Handwerkes in Sibirien, ſich Damit nicht Gnügen, fondern auch Zahnärzte abgeben. Man bat bier den Glauben, es werde ein Marker Mann und ein gutes ftarfes Inſtrument erfordert, Zähne auszunehmen; beydes finder man bey den Schmieden am erften. Da muß denn der Schmidt, wie ER \ . iere, 448 ea Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins liere, ein Arzt wider feinen Willen ſeyn. Sie bedienen ſich zu ihren Euren ſolcher Reife. 174% — Zangen, die ungefähr den ſchwerſten Tiegelsangen unferer Goldfchmiede gleichen: aber es gefchicht auch nicht felten, daß fie ſtatt eines Zahnes ein halbes Dußend, und etwan noch ein Stück vom Kiefer darzu, auf einen einzigen Zug herausreißen. .. Bon Schuftern und Schneidern iſt kaum einer in Turinsk zu erfragen; und wenn ſich auch noch einer finder, ſo haͤlt es fehmer, ein Stuͤck Arbeit von ihm zu bekommen. Man lebet bier nad) dem allgemeinen fibirifchen Grundfage, daß man nicht eher, als in - großer Noth, arbeiten, und feine Gelegenheit zu einem Glafe Branntewein verſaͤumen muͤſſe. Der iſte Dctober iſt ein Feyertag, der Marien Schus und Fürbitte gewiedmet, und bier war noch) darzu Kirmes (Kirchweihe). An diefem Tage hat jeder von Alters her Bier und Branntewein in feinem Haufe, und muß jedermann, der zu ibm koͤmmt / ‚aufnehmen und bewirthen. Diefe $uftbarkeie waͤhret acht Tage hinter einander, Bald Darauf ward die Kirche eines Dorfes, das zwölf Werfte von der Stade lag, eingeweh. bet; dahin zogen faft alle Einwohner der Stadt, um nicht zu verfrocnen. Hiermit gieng der October zu Ende, den man bier billig den Bier- und Brannteweinmonat nen⸗ nen ſollte. Der iſte Nov. gab Gelegenheit zu einem neuen Auftritte. Von dieſem Tage ‘an, der dem Gedächtniffe des heiligen Rusma und Damian gewidmer ift, kamen Die unverheuratheten Mägdehen bald in einem, bald in dem andern Haufe, fechs Tage lang zuſammen, und hatten mit Singen und Tanzen ‚, Bier: und Brannteweintrinfen untel fi) allerley Luſtbarkeiten. Die Kebhaber, um feine gute Stunde zu verfäumen, fat: den fich mie Bewilligung des fehönen Geſchlechtes auch) ein. Diefe Zufammenfünftt nennee man hier Bratſchini. Solange fie währen, hoͤret man ein beftändiges Laͤrmen auf der Straße: und weil: die Fleine Faſten, die mie dem izten Nov. angeht , nicht weit war, ſo hielt man es fuͤr deſto unbilliger, die wenigen Tage bis dahin, fraurig vorbeh geben zu laffen, und fuhr in den Luſtbarkeiten fort. ’ Den ızten des Weinmonates kam Herr Gmelin mit dem Herrn Profeffor Muͤllet in WDerchoturje wieder zuſammen, und fand hier die Zollbedienren niche fo be ſchwerlich, weil feine Gerächfchaft Feine Kaufmannsgäier enthielt. Er glaubet von bir fen Leuten, fie möchten das Blut lieber faugen, wo es gu faugen wäre. ‚ Die Stadt Werchoturje liege am linken Ufer des Tura, der hier von Morde gegen Süden läuft. Ihr Name koͤmmt daher, meil fie mit ihrem Gebierhe die ober! Gegenden des Fluſſes einnimmt, Ein jäher abgebrochener Felſen, welcher das Ufer auf macht, und fechs Faden über das Waffer in die Höhe geht, bat Gelegenheit gegeben den Ort zu erwaͤhlen. Man nenner ihn TroiskoizKamen (Drenfaltigkeitsfelfen) na dem Namen ‚der Hauptficche diefer Stade. Ein anderer Felſen, niche weit unter dei vorigen, beißt Pokrovskoi⸗Ramen, (Rofenkranzfelfen 59). Ueberdieß ift die ganze Gegend der Stadt felfihe, daher man die mwenigften Keller bey den Haͤuſern, ſondern in einiger Entfernung davon angeleger, wo das Erdreich weich iſt. Drey Eleine Bäcr Derin, Siejöge und Kolatſchit fließen durch die Stadt und fallen in den Tue · Man finder in Werchoturſe alles, was man in einer großen Stade ſuchen kann, Bu 58) Ich habe es, ſaget Here Gmelin, nicht an: dem ruſſiſchdeutſchen Kalender Marien — ders uͤberſetzen koͤnnem. Pokrow, das Feſt der und Shrbitte. Weil nun das Roſenkranfeſt ee) griechtſchen Kirche auf den iſten Octob. heißt im romiſchen Kirche auf eben diefen Tag fäle, fo def, durch Sibirien. 449 ten, öfter, Märkte, Kramlaͤden, Niederlagen für die Waaren, Bier- und Brannte- Gmelins Weinfchenfen ꝛc. Hier iſt auch eine Feſtung, Kanzley, Wohnung für den Woiwoden, eug- und Provianrhäufer, die der Krone gehören, wovon wir die genaue Befchreibung weglaſſen, die dem. $efer nur beſchwerlich fallen würde. Die Zahl der Wohnhaͤuſer, ſowohl dießſeits, als jenfeirs des Fluſſes beläuft ſich ge- genwaͤrtig auf zweyhundert ſieben und vierzig, die meiſtens von Kaufleuten bewohnt werden. In einem Brande 1738, der doch die Haͤuſer jenſeits des Fluſſes und die Slo⸗ bode der Fuhrleute nicht traf, giengen zweyhundert und: neun und vierzig Höfe dar- Auf ‚und alfo mehrere, als.jege noch ſtehen, weswegen man auch viele leere Brandftel« en ſieht. er Her Yale : 7 Eine große Straße, welche, längft durch Die Stadt geht, iſt wegen der moraftigen Gegend mit Balken bebrüget, u: - —* SE Weil nach dem Befehle des Hofes, bier alles, mas in Sibirien ein» oder ausgeht, genau befichtiget werden foll, ſo hat man auf beyden Seiten der Stadt, an der Straße ſowohl aus Rußland, als aus Sibirien nach Werchoturje, eine Werfte von der in- nern Feſtung, zwo Zollwachen:verordner. Die eine ift jenfeits des pofrovsfifchen Klos ſters, und beißt, weil fie gegen den Fluß ſteht, Pleſovskaja, bie andere aber, jen⸗ ſeits der Fuͤhrleute Slobode, weil man von derfelben in einen Wald koͤmmt, Borovs« kaja. ‚Bey: beyden find Wachthäufer und eine Reihe von Pallifaden, und bey dem Thore wird beftändig von dem Zollamte Wache gehalten. Die erfte Straße geht an dem Tu⸗ ra hin, und wird nur im Winter gebraucht, Im Sommer, da der Weg in einiger Entfernung vom Tura angelegt iſt, befindet fich die Zollwache an diefem Wege in glei« em Abftande von der Feftung, wiewohl dafelbft weder Wachhaus noch Pallifaden find, Und bie Zollbedienten fich auf freyer Straße, aufhalten müffen. . 5. Die Sage.der Stadt iſt ganz angenehm, und. die Luft feheine geſund zu ſeyn. Korn waͤchſt in der Naͤhe nicht viel: die Doͤrfer am Tagil aber fuͤhren genug Vorrath davon herbey, wiewohl es dadurch etwas theurer wird. Man iſt hier ſchon gewohnt, ſich nicht ſonderlich Um den Ackerbau zu bekuͤmmern, und wenn man auch geſaͤet haͤtte, fo koͤnnte es leicht geſchehen, daß man Die Aernde auf dem Felde über, einer reichern in den Waͤl⸗ verfäumete, Die in Sibirien, fogenannten Zedern 59) wachfen in ber Gegend von Verchoturſe ſehr haufig, und wenn fie viel fragen, fo.läßt man alles ſtehen, um fie 3 ſammlen. Man ißt ihre Früchte roh, und das ift der vornehmfte Nußen von ihnen; man preſſet auch ein angenehmes Oel daraus, deſſen ſich die Vornehmen in der Faſten Wut Zurichtung des Gebackenen und der Fiſche bedienen, Deswegen wird es auch durch ganz Rußland verführet, und man macher felbft in Petersburg viel daraus. Wercho⸗ urſe har alfo großen Nutzen von dieſem Handel ‚weil es der erfte Ort ift, von dem man es Nach Rußland bringt Wenn man alfo ans Sibirien nach Rußland reifer, fo verfieht man ich damit, und an manchen Orten werden fie gar in Vorrach für die Reifegefellfchaften aufgeſchuͤttet. Dazumal Fonnte man das Pud für zehen Kopefen haben, welcher Preis re Menge anzeiger, desivegen man auch diefe Aernde den Früchten vorzieht. * — —— | | ag ich bey digger Verwechslung deutlicher zu wer⸗ 39) Pinus foliis quinis, cono ere&to, nucleg den, eduli. Hall, Stirp. Helvet. 150. 1.4. Allgem, Reifebefehr. XIX Band. — Reife, 174% — wi 0 Reife nach Kamtſchatka Smelins Das Hornvieh kommt hier, mie die Pferde gut fort, ind das Rindfleiſch iſt al⸗ Reife. ſo nicht cheuer. Der Tura bar ſehr wenig Fiſche, aber dleſer Mangel wird durch die 1742 fiſchreichen Seen erſetzet, welche in diefer Gegend in großer Menge find. Die Einwohner find Hier, wegen des häufigen Umganges mir den Kuffen , die fie aud) al Fremde anfehen , verträglich und gegen die Fremden überhaupt umgänglich- Es geſchieht oft, daß ruſſiſche Kaufleute, die einige Jahre in Sibirien gehandelt hr ben, mit Ende des Winrers hier anfommen, und mit dem Fruͤhjahre nach Solikamsk gehen, um ihre Reiſe nach Ruͤßland zu Waſſer auf der Kama und Wolga fortzuſetzen · Noch öfters geſchieht es, daß fie zu Ende des Winters aus Rußland hieher kommen, und im Fruͤhjahre bey offenem Waffer nach Tobolsk reifen. In benden Fällen hal⸗ ‚zen fie fich hier eine. Zeitlang auf, und die Werchoturier ſehen bey der Gelegenheit aus ihrem Umgange, daß binter den Bergen auch Leute wohnen. Gie haben dadurch um bermerft ein leurfeligeres Betragen angenommen , fo daß es fcheine, wenn man in St birien eine Afademie der Sitten anlegen wollte, fo wäre diefe Stadt der bequemite Orf dazu. Vielleicht Fönnte dieſe Anſtalt manchem ſibiriſchen Kopfe ſehr heilſam ſeyn⸗ Wenigſtens kann ich, ſpricht Herr Gmelin, bey meinem Abſchiede aus dieſem entlege⸗ ‚nen Sande nicht umbin;, einigen harten Köpfen in demfelben, die glauben‘, daß auf fer ihtem, Begirfe nich wohl Menfchen find, und auch alle dahin fommende kaum für Menfchen anfehen, etwas milder Sitten und weniger Raubigfeir für das Künfrige anzumünfchen. Ich thue es aus Danffagung für das Gute, welches ich hier auch wi⸗ der ihren Willen genoffen habe. a; Die Beobachtungen , welche behde Profefforen mie dem Baromerer angefteffer ha⸗ ‚ben, um die Höhe der Werchorurjifchen Gebirge, welches die Riphäifchen Berge ber Alten find, zu beſtimmen, lehren uns weiter nichts, als daf in dem Dorfe Kyria / welches ſehr hoch liegt, die Hoͤhe des Barometers 26 Pariſerſchuhe und 235, und. zu eben der Zeit in Werchoturje 2753 und 2753 betrug. Wir wollen diefe Nachricht auß der angeführten Befchreibung des Herrn Abt Chappe de Auteroche ergänzen. „Ich „reifete, ſaget ev 60), den zten April von Solitumks ‚ und fam fögleich an die Wer » Hoturjifchen Gebirge. Sie machen eine Kerte aus, Die man als ‚einen Arm von de »Eaucafus anfehen Fann, der von Mittage ausläuft, und bis an das Eismeer ‚, Euro „pa von Afien ſcheidet. Diefe Berge find fehr niedrig, haben niche mehr als funßzig „bis achtzig Toifen in der Höhe, find aber fehr ſteil zu befteigen. Sie ftehen voller »Sichien, Tannen und Birken ‚und die Wege dadurd) find abfejeulich., „Defondere Dierauf befchreibt Herr Gmelin eine Sufterfcheinung,, die er den Nen des Ehrift — monates zu Werchoturſe angeſchen, und erzaͤhlet hie Cache auf dieſe Weife. Am fünf = Uhr des Abends fah man auf jeder Seite des Mondes einen Nebenmond. Derjenige, m her dem Zufchauer zur Rechten war, ſah weit heller aus, als der andere, und fpiel ‚mit zierlichen Regenbogenfarben , ließ aud) von der äußern Seite einen ſehr hellen Steel fen, der mit dem Horizonte parallel war, von ſich gehen. Der. linke war weit blaͤſſer/ und hatte auch einen Streifen, der aber ſo undeutlich war, daß man ihn kaum unter⸗ ſcheiden konnte. Zu gleicher Zeit entſtimd in einer Entfernung von ungefähr Funfaeh, 6°) Memoires de PAcademie des Sciences pour 1781. p. 341. durch Sibirien. 41 bis ſechzehn Durchmeſſern des Mondes ein Hof um denſelben, und etwan zwanzig Di- Gmelins ameter des Mondes, uͤber dieſem Ringe war ein heller Bogen, deſſen Spitzen aufs Reiſe. waͤrts giengen. Endlich wurden beyde Rebenmonde ungemein belle, doch ſo, daß der 1742 rechte immer ſtaͤrker leuchtete, wie er denn auch ſeine Regenbogenfaroͤen dem von ihm ausge⸗ den Streifen mittheilete. Darauf erſchien oben an dem Hofe, gerade zwiſchen dem nde und dem oberſten Bogen ein neuer Bogen (e) eines ziemlich großen Zitkels, der mit feinem erhabenen Theile ven Hof beruͤhrete, aber ſeht blaß war, Die hellen Stra⸗ len der Nebenmonde fiengen ſich nun an, immer weiter auszubreiten‘,' fo daß ſie endlich einen neuen Hof bildeten, in welchem der rechte Mond eingeſchloſſen war, Der letzte Bo» gen (e) fihien ein Wiederfchein von dieſem Hofe, wie der oberfte Bogen (d) von dem Ringe (cccc), In dem größten Hofe fab man noch zweene Nebenmonde (bby, welche n erſten (as) gegen über ſtunden, und nur ein Wiederfchein von ihren zu feyn fehienen; denn and) von diefen waren die zur Rechten, und dieſe Seite des Hofes viel heller, als die gegen über ftehenden. Diefes daurete ungefähr eine Stunde, worauf ein Stück nach- dem andern verfchwand, fo daß um elf Uhr nichts mehr, als ein blaffer Hof (eccc), iu fehen war. / Herr Gmelin, den ein ftarfes Verlangen nach Perersburg antrieb, reifere den Sen des Chriſtmonates von Werchoturje, ohne die damals ſchon ftrenge Kälte zu ach- ten, oder. die rauhen Wege zu ſcheuen, welche bey diefer Jahreszeit über die Gebirge Noch befchwerlicher find. » Denfelbigen Tag noch befah er Ljalinstoi-Pogoft und Sa: wod. Es ift eine Hütte, die am Bache Ljala liege, und’ in der Hoffnung ift anges Angen worden, daß das gefundene wirklich ſehr reichhaltige Kupfererze immerfort funf⸗ sehen Pfund im Zentner halten wuͤrde: aber man hat den Irrthum bald eingefehen, Und die Hütte iſt eingegangen. Ein einziger Ofen gehe feir einigen Fahren nieder, da Man gefunden hat, daß der hiefige Kieß jo viel Kupfer enthielte, daß man ihn zu Ku⸗ ‚Pfervitriole gebrauchen Fönne. 4 * Man bat auch im Jahre 1735 und 1736, noch zwo andere Stellen in dieſen Ge. biegen entdecket, die nahe bey einander liegen, und zwar nicht fonderlich ergiebig, aber doch fo befchaffen find, daß fie eine Hirte im Gange erhalten Einnen. Nach und nach find zwo Gruben entftanden, die unter den Namen Rundſchakovsk und Bilevst bes ne find, die nur hundert Faden aus einander liegen, und ihr Erzt nach biefer uͤtte liefern. —* kann zwar des Winters in dieſen Gruben nicht arbeiten, aber doch Erzt dar. Son herfuͤhren, aus dem, einen Zentner in den andern gerechnet, anderthalb bis zweh fund Kupfer Fommen. Es fieht einem ſchoͤnen gelben Kupferfiche gleich, welcher in ganz unordenelichen Adern mit einem fehwärzlichen Quarz vermiſchet ift, der das be- dere an fich hat, daß er nad) und nach. grau wird, wie Letten, und: hernach ein durch⸗ chtiges Weiß mie Wafler, und die Art einer Blende annimmt Wenn man das Erze durchfeger, fo finder fich unter dem Kupferfönige noch eine andere Materie, die m Wolfram gleicht, aber viel ſchwerer ift, und wohl verdiente, daß man ihre Eigen | haften unterfuchte. | „Den nten des Chriftmonates ließ Herr Gmelin das Barometer auf einen der Nerchoturjifchen Berge bringen, welches von neunbis eilf Uhr unverändert 2532 anzeigte. | n ganzen Tag merfete man im der Luft nicht die geringfte Aenderung; es gieng fein | : re TE Wind, t 452 | \ Reiſe nach Kamtſchatfa Gmelins Wind, und war ſehr kalt. In dieſen Umſtaͤnden wies das Thermometer oben auf dem Reiſe. Berge Pavda 201, oder nad), Fahrenheitiſcher Eintheilung ungefaͤhr 26 Grad unter os 1742. Den ı2ten ſtund das Thermometer 214, ober 4ı Grad unter o, nach Fahrenheits — — Eintheilung. Die Fuhrleute klageten ſehr über Naſen und Ohren. Die Leute im Dorfe Keſt⸗ ſoph, mo Herr Gmelin noch dieſen Tag anlangete, beſchwerten ſich auch uͤber die große Kälte, und ſageten, daß das Korn ſelten zur Reife kaͤme. Ihre meiſte Nahrung beſteht alſo im Wilde, das hier ziemlich häufig fällt, ſonderlich die Elendthiere, von denen fie ihm in einer Stunde zwölf Stuͤcke zu kaufen anbothen. Das Maul und die Zunge werben von ihnen für Leckerbiſſen ‚gehalten, und man muß geftehen, daß fie nicht übel Den ızten mar, eine außerordentliche Kälte. Das Queckſilber des Thermometers hatte ſich ganz in den untern groͤßern Cylinder gezogen, da doch an der engen Röhre die Eintheilungen bis auf 260, nach der Fahrenheitiſchen Arc 952, unter o giengen. Die Stadt Solitamskajs, wo Herr Gmelin den ızten wieder zum Heren Prof: * Müller ſtieß, liege an den Ufern des Fluffes Ufolfa, und enthält ungefähr. 600 Wohn⸗ haͤuſer, alle von Holze, doch einige ſehr bequem gebauet. Von öffentlichen Gebäuden find hier zwo fteinerne Haupfficchen , eine für den Sommer, zur: heil. Dreyeinigkeit, mit zwoen Sommernebenfirchen , zum heil, Johannes dem Vorläufer, und Nikolaus: dem Wunderthaͤter. Die andere Hauptkirche, zu eben diefem Beil: Nifolaus , wird, weil fie geheizet werden Fan, des Winters gebraucht. Beyde Kirchen ftehen einander fo nahe, daß. fie einen gemeinfchaftlichen fteinernen Glockenthurm haben, unter wel ‚chem die Kanzley ift. Daſelbſt ift auch das Zollhaus, die Wohnung des Woimoden, die Gefängniffe, nad) Art der in Rußland gewöhnlichen, mic einem Ditrog von ſtehenden Balken umgeben, und acht Schenken, Zwiſchen der Sommerhauprfirche und der Kanziey ift noch eine fleinerne Winterficche zur Geburt, und eine Nebenfirche zur Auf erftehung Ehrifti. Man fieht auf diefer Seite drey Hauptftraßen, eine zur Er ſcheinung Ehrifti, (Bogojswienskafs) die fih längft an dem Uſſolka erftrecker, und auf der noch eine Winrerfirche zur Erſcheinung Chrifti mit einer Mebenfirche zu. Ele mens, dem römifchen Papſte, ſteht. Beym Ende der Straße ift ein Nonnenftofter Spaßkoi, worinnen fi) eine ſteinerne Winterfirche, zu Marien Schutz und Fuͤrbitte, und eine Sommerkirche zur Verklaͤrung Chriſti befindet. Beyde ſind unter einem Da⸗ che, und nur durch eine ſteinerne Wand unterſchieden. Zehen hölzerne Zellen dienen der Aebtiſſinn und den Nonnen zur Wohnung, und eine hölzerne Ringmauer fchließt alle Gebäude des Kloſters ein. | * Die andere Hauptſtraße iſt Spaßkaja in der untern Gegend des Uſſolka. Sie Bat eine Winterfirche zum Erzengel Michael, und dabey eine Sommernebenfitch® zum nicht mie Händen gemachten Bilde unfers Heilandes. In dieſer Straße ift a das Rathhaus, und am Ende derfelben ein Mönchsflofter zur Himmelfahre Ehriffl, mit zwoen ſteinernen Kirchen, eine für den Sommer unfer eben diefem Namen, mir einer Eleinen Winternebenkirche zur Verfündigung Mariä, die andere auch für den Sommer zu den Apofteln Perro und Paulo, mit einer Winrernebenfirche, zivoen ſteinernen Zellen und einer hölzernen von zwoen Stuben. Die dritte Hauptſtraße heiße bie Werchofurs Nifche und geht von der Uſſolka abwärts. In diefer find niche weis von der — ——— durch Sibirien. 4563 che drey Und achtzig Kramladen, zwey Armenhaͤuſer, eines fuͤr Maͤnner, das andere Sehne r aber für Weiber , und vier einem Einwohner zuftehende Salzkothen. Hechter Hand des Uſſolka iſt noch eine Hauptſtraße, Die moſcowitiſche genannt. Auf Berfelben find dier Schenken, eine öffentliche Badftube, und vier und vierzig Salzkothen, theils der Krone, theils Privarperfonen gehörig, die aber nicht alle im Gange find. Faſt bey den oberſten Kothen fließt der Bach Ufinka, der zwo Werſte weiter oben entſpringt, Und in den Uſſolka fälle. Kaum zehen Faden unterhalb der Mündung deſſelben iſt ein, Canal zwo Werfte lang ausgegraben, um das Waſſer aus den Moräften abzufübren, und die Gegend um die Salzforhen auszutrocknen. Sieben Werfte von der Stadt falle. der Uſſolka in den Rama. | Wir wollen hier den Herrn Omelin eine Weile felbft reden laffen, weil die folgenden. Befchreibungen ihm angehen, und zugleich die Sitten diefer Gegend Eenntlic) machen. Wir lebeten in der Faften, die fehon mit, dem ısten November ihren Anfang »timme, und fich erft mie Weihnachten endiget. Es war ſchwer, Fleiſch zu bekom⸗ »Men: doch Fam uns der Aufenthalt eines gewiſſen vornehmen Deutſchen zu Statten, welcher hieher ing Elend verſchickt war, und feine Einrichfung ſchon ſo gemacht hatte, ndaß es ihm nicht daran mangelte. Er ſchickete uns von Zeit zu. Zeit etwas von feinem Vorrathe, welches uns gut aushalf. Der Umgang mit den hiefigen Einwohnern, als Welche zu mehrerer Geſelligkeit gewoͤhnt find, war. ung auch nicht zuwider. Beſon⸗ nders. erwies ung der Sohn des Herrn Staatsrathes Demidow viele Höflichfeiten. » Seine Frau befigt eben fo viel Artiges. Die Kinderzucht in diefem Haufe war etwas »löbliches, wie man es. hier zu Sande felten. fieht. Kinder von fünf bis acht Jahren, „ſehen fo manierlich und gefittet aus, als wenn fie weit Alter wären, find auch in den » Sprachen und nüßlichen Wiffenfhaften nicht verfäumet. Der Herr Demidow befißt »eine vortreffliche Apotheke, worinnen er jede Arzney kennet. Er ift auch ein großer „Liebhaber der natürlichen Geſchichte, ſonderlich der Botanik. Er bat eine große Menge » Kräuter in Papier getrocknet, und unterhält einen fchönen Garten, in dem fih eine „für dieſe Gegend recht Fönigliche Orangerie befindet, Vor dem mag wohl dergleichen in Feines hiefigen Einmwohners Herz gefommen feyn, Er hat fi) aber beynahe aus „allen Vorurtbeilen herausgeriffen, und. befümmert ſich nicht darum, wenn Leute fra⸗ gen: Zu was nuͤtzet dieſer Unrath? was hat man für Einkommen davon? Wir er⸗ euerten auch bier die Bekanntſchaft mit einem andern artigen Manne, dem Herrn »Furtſchenninnow/ deffen Munrerfeit wir fehon im Fahre 1735, zn Bjachta, an »den Gränzen von China bewundert haften, Er ftund damals bey dem Zollanite, bat nfich aber feit der Zeit durch eine gute Heyrath in beffere Umflände verfegt. Er hat nallerhand Kupferhütten, fo wohl bier, als in Permien, verſchiedene Salzkothen, und „ein fir Solikamskaja zierliches und prächtiges Haus. Seit furzem war er von Pe- »tersburg zurück gefommen, wofelbft ev von dem Faiferfichen Bergeollegio die Freyhelt »ethaften haste, ein gelbliches Metall, das ſich wohl fehlagen und unter dem Hammer »Biehen laͤßt, zu machen und zu verarbeiten. Er Hatte dazu fehon einige Haufer außer „der Stade angelegt, und ließ, in unferer Gegenwart, den Anfang damit machen. Es ward nicht nur das Metall ſelbſt verfertiget, fordern auch ein Spuͤhlkumpen date aus gefchlagen, Der trefflich wohl ausfiel, und den ich forgfältig aufnebe. Er wollte mic) verſichern, daß zu dieſem Metalle nichts als Kupfer und Zinf fomme, und daß = u 3 £ I „die > ( 1742. nd Gmelins Reiſe. 1742 454 Reiſe nach Kamtſchatka | „die Geſchmeidigkeit bloß auf einem Handgriffe im Schmelzen beruhe. Ich habe viele „Urſache, dieſes zu glauben, weil auch das Kupfer feine Farbe von dem Zinfe bar, ins» „dem der Gallmey nichts anders, als cin Zinferze iſt. Dieſen Handgriff aber ſo zu „lernen, daß es von dem Willen des Kuͤnſtlers abhängt, durch Bermifchung des Zinkes „mie dem Kupfer ein hochgelbes gefchmeidiges Metall hervorzubringen, halte ich nach „den damit gemachten Proben Für ſchwer. Es iſt mir wohl einige male gelungen, aber „ohne daß ich den Vortheil abgemerkt hätte, { „Beil bier eine große Menge Salzkothen iſt, und das biefige, wie überhaupt al⸗ „les vermifche Salz in Rußland für das befte gehalten, und bäufig dahin verführet ‘ „wird, fo habe ich mir viele Mühe gegeben, von allen dieſen Kothen genaue Kennts „niß zu erhalten; AIch habe fie alle befuche, und" mir überall das Noͤthigſte davon „aufgezeichne ü nes — Aber diefe Bemerkungen find fo meitläuftig, daß wir, bey unferer Abfichr, dem Herrn Gmelin hierinn niche von Worte zu Worre folgen Fönnen. ’ Die große Kothe iſt Nikitskaſa und dem Herrn Demidom zuftändig. Sie liegt am rechten Ufer des Baches Ufinka. Die Salzpfanne iſt eilf Arſchin lang, faft eben ſo viel breit und_ acht Werſchok tief. "Sie wird von einem Salzbrunnen unterhalten, der im Durchſchnitte bey jehen Werfchof breit ift. "Ron der Einfaffing des Bruns‘ nens big an das Waſſer rechnet man zehen Faden. "Meil aber diefer Brunnen nicht zureicher, die Kothe völlig zu unterhalten, fo nimme man die Soole eines andern Bruns nen, der Orel (Adler) heißt, zu Hilfe, deſſen Durchmeffer acht Werſchok beträgt, feine Tiefe aber bis zum Salzwaſſer ift acht und ein halber Faden. Ein Salz wird in vier und zwanzig Stunden gefocht, und diefes beftehr aus acht und zwanzig Säcfen-‘ Hierzu brauche man fieben Klafter lang Holz, d.i. fieben Cubikklaftern. Auf eine Salz⸗ woche, wie man es bier nennt, gehen achtzehen Tage, in denen vierzehen Salze ger fodye werden. Bey dem Brunnen werden ſechs Waffergießer gehalten, welche mit eins ander, zween und zween alle drey Stunden, abwechfeln. Eine jede Partey aber liefert, in en Zeit, zwey hundert ruffifche Eimer (Wedro) Salzwaffer zu den Kotben. Here Gmelin zähfete hier noch fieben und vierzig andere Kothen, die theils dem Hrn⸗ Demidow, theils andern Privatperſonen zugehoͤrten. Die Beſchreibung der erſten kann einem Leſer von Einſicht genug ſeyn, tum ſich ei⸗ nen Begriff von allen Salzkochen zu Solikamskaja zu machen. Der Unterfchied bes ſteht bloß in der verfchiedenen Größe der Keffel, in der Menge des Salzes, nachdem die Quelle ftarf läuft und fehr ſalzicht ift, oder nicht. Der Herr Profeffor aber, der fer nen Sefern nicht den Fleinften Umftand ſchenket, dat fiebenzehn ganze Seiten darauf ge⸗ wandte, die Namen diefer Kochen und das Man ihrer Keffel anzuführen. Wer et wan nod) diefe Kleinigfeiten zu wiſſen verlanget, kann fie in feinem eigenen Werfe finden. Mit gleicher Weitlaͤuftigkeit beſchreibt er die Bergwerke um diefe Stade, und die dazu gehörigen Hütten, woraus überhaupt fo viel folget , daß die Gruben fehr arm finds und man von vielerley Orten Erze berfchaffen muß, um eine Hütte im. Gange zu-er- halten. Desmegen läßt auch Die Regierung einem jeben Die Freyheit, Gruben anzule⸗ gen und auf feine Koften zu bauen. | — — ar Aus durch Sibirien. 455 Aus eben der Urfache giebt es auch hier fein Monopolium damit, und ein jeder Gmelins derfaufer die Frucht feiner Arbeit fo cheuer, als er will, Bisweilen treten etliche Bau, Reiſe. ten zufammen, um gemeinfchaftlich eine Grube zu bauen, die -fie entdeckt haben, und "74% Wovon fie. das Erzt ohne die geringfie Widerrede verfaufen. So kann auch ein jeder Huͤtten · und Eifenwerfe anlegen, mo er will, wenn nur an dem Orte nicht ſchon ein Anderer das Necht des Eigenthums hat. Die Erlaubniß dazu erlanget man ohne die mindeſte Schwierigkeit. | Selbſt in den zur Krone gehörigen Werfen Faufet man dergleichen Erste, welche die Bauren liefern, wenn einiger Nuhen dabey ift, Diefe Gelegenheit verbeffert die Um⸗ fände des hieſigen Landvolkes, ohne daß fie viel Mühe haben, Denn fie dürfen die Erzte nicht tief füchen, auch machet das Födern weniger Mühe, als an andern Orten. | Die meiften Erzte find Schiefer: ober Sanderjte, und allemal fehr weich. An Erjtgebirgen aber, zumal an Kupfer, iſt in diefen Gegenden ein Ueberfluß. Here Gmelin harte feinen Aufenthalt in dem Kiofter Pyſchora genommen, zwo Meilen. don Solikamsk gelegen, um alle diefe Gruben mit Muße zu befichtigen. Hier ift Die Be— ſcheeibung von dieſem Kloſter, in dem er eine genaue Zucht und einfaͤltige Lebensartbewun⸗ derte, von der man in den reichen Kloͤſtern dieſes Welttheiles ſehr wenig Exempel antrifft. Wir wurden zwar in dieſem Haufe nicht koſtbar und prächtig bewirthet, ſahen „aber doch allen guren Willen, Es fiheint ‚"die Lebensart diefer Kloſterleute noch eben „ſo zu feyn, mie fie bey ihrer erſten Stiftung war. Ihre Speifen und Getränfe find noch fo einfach und ungefünftelt, daß es uns ſchwer gefalten feyn würde, mit ihnen zu „effen. Das Kiofter befindet ſich aber wegen ber vortrefflichen Kothen, die es in diefen »Öegenden hat, ſehr wohl, wovon auch feine weirläuftigen Gebäude zeigen, daß die Maͤßigkeit, oder vielmehr die ganze Lebensart diefer- $eute, veftomehr Bewunderung » verdienet. » ’ ! * IE Die Befchreibungen, welche Herr Gmelin von der Beſchaffenheit des Bodens giebt, mo fi diefe Salzquellen finden, imgleichen von dem Vortheile oder Verluſte, der dabey iſt, koͤnnen denenjenigen nügtich ſeyn, welche dergleichen Entdeckungen ma⸗ chen wollen. Man hält es an allen Orten, mo man Brunnen graben will, für ein * Zeichen, wenn man auf einen grauen Thon koͤmmt. Diefer enthält bey den füs kamskiſchen Brunnen fleine würflichte Markafiten von Coldfarbe, Bey den Stro- ganomifchen und Pyßkoriſchen ift der Thon ganz rein, und ohne Zuſatz, ungeachtet hier der Schwefelgeruch noch ftärfer ift, als bey jenen. Die graue Erde iſt zwar ein gewiſ⸗ ſes Zeichen, daß die Salzquelle nahe ſey: doch haͤlt man auch die ſchon für eine ziem⸗ lich ſichere Anzeige, die in der Wärme wie Milch anlaͤuft, fie mag übrigens ſchwarz ‚Wer grau fepn. Dierorhe Erde,dingegen verfündiget, daß man das noch nicht fo bald Miden werde, mas man ſuch et. Bisweilen find die Brünnen fehr leicht zu graben, da- ey ift aber die Unbequemlichkeit, daß von dem umliegenden Erdreiche nach und nach etwas abgefpület, und die Quelle dadurc) verftopfet wird, fo daß man die Brunnen Üterg mit nicht geringen Koften reinigen muß. Andere hingegen find wegen des harten | Erdreiches ſchwer zu graben, und erfordern wohl drey bis fechs Fahre Zeit, dauren aber, wenn jie einmal im Stande find, defto länger. Das wilde Flußwaffer dringt nicht fo Leiche ein, verſpuͤlet auch den Brunnen nicht, daB er dadurch verſtopfet wuͤrde. Ueber, ee ‚ "Gmelins, Ueberhaupt je fiefer bie Brunnen find, defto länger dauren ſie und deſto mehr geben Beife. fe Waſſer. ans} 1743. Nach feiner Abreife von Solikamsk, das iſt vom zen bis zum raten San: 1743 v7 giebt Herr Gmelin eine trockene Befchreibung von den Dörfern und Fluͤſſen, über die er nad) Uſtjug Welikoi gieng, die wir hier billig bey Seite laffen, —J uſtjug⸗ Wels Uſtſug · Welikot/ im Gebiethe von Archangel gelegen, ſteht auf dem linken koi. Ufer des Fluſſes Suchona, ungefähr eine Werſte oberhalb feiner Vereinigung mit dem Zluffe Zug. Von dem legten hat die Stade den Namen, da fie in den alten Zeiten an der Muͤndung deſſelben gelegen hat, aber eben megen diefer unbequemen Lage an die gegenwärtige Stelle ift gefegt worden. Sie erſtrecket ſich fängft denn Suchona anf viertehalb Werfte ‚und bar faft eine halbe Werfte in die Breite, Eine queerlau⸗ fende Kluft theilet fie faſt in zweene Theile, wovon der untere im gemeinen Leben jen⸗ ſeits des Thales (fa logom) genannt wird? In dem obern Theile, nicht weit von der Kluft, iſt ein Ueberbleibſel von einem Erdwalle, mit einem Graben von außen, von deſſen tiefſtem Theile bis an die oberſte Höhe des Walles ungefähr vier Faden find. Der Wall har bey nahe eine Werfte im Umfange ‚ und-muß wohl in alten Zeiten der Platz det Feſtung geweſen ſeyn. Die Stadt enthaͤlt eine große Menge Kirchen, 1) Eine fiel nerne Winferficche, dem niche mit Händen gemachten Bilde unfers Heilandes gewidmet, mit zweenen Mebenaltären, zum Andenfen des heil. Barlaam und der heil, Katharina 2) Eine geboppelte fteinerne Kirche von zwehen Stockwerken, die untere für den Som⸗ mer, zur Himmelfahre Chrifti, Die obere für den Winter mie zwoeen Sommernebenfit«- chen, deren eine Demetrio, dem prilugfifhen Wunderthaͤter, die andere allen Heiligen gewidmet iſt. Nahe bey diefer Kirche ift auch die bogostovsfifche Pfarre, für welche jego allhier eine fteinerne Kirche gebauer wird. Für die vorhergehende doppelte, und für die bogoslovskiſche Kirche, ſteht ſchon ein gemeinſchaftlicher Glockenthurm d4r 3) Eine ſteinerne Winterkirche zur Maͤrtyrerinn Warwara, zunaͤchſt welcher 4) eine ſteinerne Sommerkirche zur heil. Dreyfaltigkeit iſt. Beyde zufammen haben wieder einen gemeinſchaftlichen Glockenthurm. 5) Eine ſteinerne Sommerkirche zum heil⸗ Nicolao, und dabey eine Winterficche zu Ehren Demetrius Mirororfehimoi zůbe⸗ namet. 6) Eine fleinerne Winterfiche zur Geburt Marid, mit einem obern od werke, welche die Kirche zur Geburt Chriſti einfchließe. Der Glockenthurm ift vor Holze. Diefer folgee 7) die Hauptficche von Stein für den Sommer, jur Himmel fahre Mariä, mit einer Nebenkirche für den, Winter zum Altvater Simeon und der Propbetinn Hanna, Nicht weit davon ift der erzbifchöfliche Pallaft mir noch vier Pfarr⸗ kirchen, naͤmlich 8) cine Winterkirche des Wunderthaͤters Wiaſſü, 9) Johannis Juro⸗ diwoi, in welcher auch ſein unverweslicher Koͤrper ruhet. 10) Eine Sommerkirche 34 Prokopi dem Gerechten, wo auch. fein unverweslicher Körper iſt. 1) ——— zu Johannes dem Vorläufer, oben darüber mit einer Kirche zur Geburt Maria. DI erfte bat ihren Zirmamen von ihrem Stifter, einem biefigen Kaufmanne, welcher fi, wik er ſagete 3u feiner Seelen Seile erbauet hat. Diefe vier Pfarrficchen haben mit der Haupfficche nur einen Glockenthurm. Der erzbifchäfliche Pallaft beſteht aus vier „großen fteinernen. Öchäuden, wobey zween Keller, und zwiſchen diefen eine ſteinerne Kirche iſt. Gegen über iſt die geiſtliche Kanzley von Holze. Ueber der u x durch Sibirin. 9457 find noch folgende Pfarrfirchen: 72) eine fteinerre Winterfirche zu Elias dem Propbe- " Gnielins ten, worüber ſich noch eine in dem obern Stockwerke befindet, die aber noch nicht ein- Neife- geweihet iſtz -13) eine feinerne Winterkirche des heil. Leo, wobey eine alte Hölgerne 1743- ſteht, die eben diefem Papfte gewidmet war. 14) Eine fteinerne Kirche, Zur Auferfle- Eu dung Jeſu Chriſti. Die Einwohner füllen chedem gu Petzeicen ein Geluͤbde gerhan haben, an diefem Orte eine Hölzerne Kirche in einem Tage zu bauen, welches fie Der. heſtalt glücklich ins Werk gerichtet Hätten, daß an einem Tage das Holz dazu gefällt, Und auch die Kirche ſey eingemeiher worden. Weil fie aber vor Alter ganz verfallen war, fo ift fie durch die erwähnten zwoen fteinernen wieder erfeßer worden, und hat zum Andenken ihren alten Beynamen, Obidennaja, behalten. Unterhalb der Kluft (fa logom)befinden fich: 15) eine fleinerne Winterkirche zum Andenken der heiligen Frau And darneben eine Sommerkirche zur Begegnung Bes Herrn Ehrifti mit Simon, mit zweenen Mebenaltären , einen für den Winter zum Heiligen Nicelao, den andern -für den Sommer zu Ehren des Altvaters Simeon und der Propetinn Hanna. Hierbey ift in fleinerner Glockenthurm. 16) Eine fteinerne Kirche zum Heil. Georg, woncben ine Sommerkirche nebft einem hölzernen Glockenthurme ſteht. a7) Eine hölzerne Kirche Petri und Pauli, neben welcher · jetzo zine ſteinerne gebauet wird. 18) Eine alte verfallene Hölgerne-Kirche:gu Ehren Simeons mit dem Zunamen Stolpnik, an deren Statt jego eine neue auf eben diefen Namengebauet wird; 19) Eine Wintetkirche, mie einem Mebenaltare inn Sommer, zum Heil. Stephan, Hierüber iſt im: zweyten Stockwerke eine große noch nicht eingeweihte Kirche, 4 Won andern öffentlichen Gebäuden find Hier eine Kanzley von Holze gebauer, die auf dem Markte ftehr, dabey ein Gefängniß ift, des Woiwoden Haus, das Rath⸗ Er ein Haus, wo die apa ann gen ‚ein — ———— — einkeller, ſieben Schenken, ungefähr vierzig Kramlaͤden, ein Hoſpital mit zwoen theilungen, Nie eine für Männer, y: — Weiber, wobey nd eine — Kirche zum heil. Alerander Nefskoi ſteht. | * — Man rechnet auch noch zur Stadt Dymovskaſa⸗Sloboda, die auf der rechten eite des Suchona der Hauptkirche gegen über liege, und zwo ſteinerne nebſt einer hoͤlzernen Kirche hat. — | In und um die Stadt find fünf Kiöfter, tworunter- eines für Monnen if. Es waͤre überflüßig, bier anzumerfen, daß jebes feine Sommer. und Winterkirche Het, Und welchen Heiligen fie gewidmet find. Aber ein Wunder, das der heil. Johan⸗ nes Juridowoi, nach dem Zeugniffe aller Einwohner verrichtet hat, dürfen wir nicht mit Stillſchweigen übergehen. Sollten die $efer nicht von der Wahrheit deffelben über- Ruge werden, fo Fönnen fie doch daraus fehen, daß niches geſchickter if, Wunder zu er⸗ deugen, als Unmiffenbeit, die Mutter der Lichtglaͤubigkeit und des Aberglaubens, "Der Heilige gab einmal den Einwohnern der Stade zu erfennen, daß ihnen we⸗ Ben ihrer Sünden der völlige Untergang drohete, wo fie nicht eiligſt Buße hun und ihr Lben ernſtlich beſſern wuͤrden. Kaum hatte der neue Jonas ſeine Ermahnung geen⸗ diger, als jeder mit Schrecken und gerührtem Herzen zur Kirche eilete, um fie ohne Berzug ing Werk zu richten. Es ftund damals eine große ſchwarze Wolfe über der Allgem. Reifebefchr. XIX Band. Nmm ; Stadt. - ' x “458 Reiſe nach Kamtſchatka Gmelins Stadt. Das Geber der Bußfertigen brachte einen unerhoͤrten Wind gu wege, der Reiſe. 1743- fie wegtrieb. Sie oͤffnete ſich aber ungefähr dreyßig Werfte über der Stadt, und li mehr als hundert Zentner ſchwere Steine fallen, die noch jetzt zum Andenken dieſer ſchrecklichen Begebenheit dort liegen ſollen. Die Stadt liegt ſehr bequem zum Handel, der zwiſchen Archangel und Wo⸗ logda zu Waſſer getrieben wird; deswegen find die Einwohner meiſtens Kaufleute, amd einige darunter ſehr reich. Die Dwina, welche aus der Vereinigung der gluͤſſe, Juch und Suchong, entſteht, und dreyßig Werfte unter Archangel ing weiße Meet falle, ift allenrhalben tief genug, große Fahrzeuge zu fragen. Wer aus Rußland nach Sibirien reifer, gehe gemeiniglich durch Uſtſug Die Kaufleute nehmen auch gemeiniglich dieſen Weg, und gerade nach Peters⸗ Burg iſt er unſtreitig der naͤchſte. Wollen fie aber nach Mofcau, fo: iſt der Um⸗ weg nicht weiter, als über Wjatka, welches etwas gegen Suͤden liege, Sie ‚nehmen aber den Weg über Uſtjug aus zwoen Urſachen; er ifk ficherer ‚ und wird ſelten von denen, die auf Befehl der Krone reifen, gebraucht, weswegen die Bauern ihre Pferde beffer vermiethen. Vermuthlich find die Einwohner durch den Handel, den fl treiben, und die vielen dabey angeftelkten Reifen etwas gefitterer gemacht worden, haben datinnen vor andern Städten diefes Landes einen merflichen Borzug: "Man ſieht auch Bin und wieder Käufer; die nad) einem ziemlichen Geſchmacke gebauet ſind. Aus Kebe zur Neuigkeit Haben manche gar die Baͤnke aus ihren Stuben weggewor fen, worau doch anderswo, weit ihre Vorfahren ſich wohl dabey befunden haben, ſehr fteif gehalten wird. Man bat bier ſchoͤne Braſſeme und Sachsforellen , außer vielen andern gemeine Fiſchen. «Und was man bier nicht fängt, das koͤmmt bäufig aus Archangel, als Sak men, Stockfiſche, Saberdan, Fleine und große Schoflen, Heringe. Die Dwing und Suchona führen auch Krebfe. at rnit re ; Die Frucht koͤmmt in den biefigen Gegenden nicht alle Sabre zum beften ſort; wie denn verrwichenes Jahr ein großer Miswachs gemefen war , daß man darüber auf allen Dörfern klagte. Unterdeſſen, da die Polhöhe bier 61 ©, 15 M. ift, fo muß man ſich wundern , daß es noch zuweilen geraͤth. In Sibirien würde es bey diefer Polhoͤhe nicht zum Beſten ausſehen. Den zoften Fam Herr Gmelin nach Totma, einer Stadt, die am linken Ufer des Suchona liegt, und zur Provinz Wologda gehöre, Sie ward anfange gehen Werfte weiter unter dem jegigen Plage, nicht weit von der Mündung des Totma / gebauet, aber diefe Sage hatte ihre Unbequemlichfeiren. So bald- man alfo die Salf ‚quellen in der Nähe entdecket harte, fo ward fie an die gegenwärtige Stelle gefeßer. Man hat darinnen zwo Hauptfirchen, bie beyde von Holze gebauet find, eine. im Winter, zur Erfcheinung Chriſti, die andere im Sommer zur Geburt Mariä. i haben einen Glockenthurm, und darauf eine Schlaguhr. ‚Die Pfarrkirchen, die etwas vom Fluſſe abliegen, find eine Winterkirche zum heil. Demerriug, dem wologozki⸗ Shen Wunderthäter; eine Sommerfirche zur Auferftesung Chriſti, mir zweenen Me benalrären, die von Maris Himmelfahrt, und den uſt jus ſchkiſchen Wunderthaͤtern/ Prokopi und Johann, den Namen fuͤhren. Nahe bey der letzten wird eine dritte zum heil. Andreas Jurodnvot, dem Wunderrhäter von Totina, über feinen — BO SE | I HR 05 4 durch Sibirien. 459 Gen Körper gebauet. Außer dem find Gier noch zehen anbre Eirchen zu verſchiedenen Gmetins eiligen, wovdn man viele nur in Rußland Fenne, FT Bei. - An öffentlichen Gebäuden, befindet fich bier die Kanzley, ein Haus für den Woi⸗ 1743 voden, ein Gefängniß, zwey Zollhaͤuſer, eins für Fleine Zollabgaben, das andere für — den Braunteweinderkauf, ein Rathhaus, eine Schenke, ungefähr ſechs Kramlaͤden, bengehen Fleiſch· und Fiſchbuden; und mitten auf dem Marfte eine Kapelle zur Ber. klaͤrung Chriſti. Die, Wohnhäufer der Stadt nehmen fait anderchatbe Werſte in der Unge ein, und belaufen ſich ungefähr auf hundert und funfzig, davon etwan dreyßig in Selena Sloboda ſtehen. Der meiſte Theil der Einwohner, ſowohl in der Stadt, als in der Sloboda, ſind Kaufleute, deren Reichthuͤmer aber nicht groß ſeyn mögen, wenn man nad) ihren fehlechten und armfelig gebaueten Käufern urtheilen darf. — An dem ſuͤdlichen Ufer der Suchona, der Sloboda gegen uͤber, iſt ein Jung⸗ fernkloſter, mit zwoen Kirchen, einer für den Sommer, der andern für den Winter, - Und zehen Zellen. Rund herum iftes umzaͤunet, und außen find Wohnungen für Die Kicchenbedienten des Klofters und ein Viehſtall. Ä u Ungefähr eine Werfte von der Stadt, wo der Bach Kavda in den Peßja⸗ Den⸗ Ga fälle, ſteht auf einer Erdzunge zwifchen zweenen Baͤchen das Mönchsflofter Su⸗ morin, von zehen Zellen. Es hat eine Verſchanzung von ſtehenden Balken, und außerhalb deſſen ſind noch Wohnungen. Am rechten Ufer des Kavda ſieht man vierzehen gangbare Salzkothen, wovon die eine Hälfte dem Kloſter Spaſſa⸗Prilutzki, die andere dem Kloſter Spaſſa⸗Ka⸗ menski gehoͤret, die beyde an der Wologda liegen. Sie haben zweene Salzbrun« nen, deren jeder neunzig Faden tief ift, Doch ſteht das Waſſer nicht vier Faben unter dem oberften Nande. Es bat feinen Geruch, der Geſchmack ift ſcharf, und Hinter ber mn ein wenig bitterlich. Die Schöpfeimer find von der Geftalt derer in Solikamsk, aber größer. Weil die Soole ſehr ſchwach ift, ſo braucher es dreymal vier und zwan⸗ zig Stunden, ehe ein Salz gar wird. Aus eben diefer Urfache Darf man es auch nicht mit zu flarfeın Feuer fieden; es läuft fonft leicht über: denn das geſchieht deſto «her, je ſchwaͤcher es ift. Das Salz if fehr weiß, Froftaltinifch, nicht ſonderlich ſcharf, und Unterlaͤßt auf der Zunge ein wenig bittern Geſchmack. In währendem Kochen ſetzet fi vieles in kurzer Zeit in der Pfanne an, weswegen fie eher verbrennen, und öfterer Ausgebeffert werden müffen. Den Sand, der fid) auch beym Kochen feger, aberin Gefäße darneben abgeleitet wird, gebrauchen Die Einwohner ftatt des Kalfes, die tubenöfen damit zu weißen, Die Brunnen find fo reich, daß fo viel auch Daraus ge⸗ ſchoͤpft wird, ſich kein Mangel zeiget; ja, es hat den Arbeitern gar geſchienen, als wenn bey lang anhaltendem Schoͤpfen ſich das Salz vermehre. Dem ungeachtet ſte⸗ hen die Kothen, aus Mangel des Holzes, den ganzen Winter über müßig. Eine jede Ko⸗ ihe hat acht Bediente, einen Salzfieder, einen Unterfalzfieder, fünf Waffergießer und Einen Kerl zum bin und ber ſchicken. Bey diefen Salzkothen find drey Höfgerne Kir⸗ ben , eine Winterfirche zum heil. Nicolao, eine Sommerfirche zur Auferftehung Jeſu tiffi,- und noch eine Sommerfirche zum Gedächmiß der Pjotnizo Drestofio, rinnen der unverwesliche Körper des tatariſchen Heiligen Maxim Jurodiwoi ruhet. MAmme2 2 Den Bmelins Reife, 174% 0. Reife nach Kamtſchatta Den zsften fam Here Gmelin nach verfihiedenen Umwegen, die er be⸗ ſchreibt, nach Wologda. Dieſe Stadt, welche vor Alters Raſon 61) hieß, liegt auf beyden Ufern des Woſogda, doch mehr auf dem rechten. Was ihr noch einiges Anfeben giebt, find die Ueberbleibſel einer ſteinernen Feſtung, welche noch der Zaar Iwan Wa⸗ ſilowitſch, als er hier die Reſidenz anlegen wollte, foll gebauer haben. Gegen das Wafler, gegen Mittag und Mitternacht find ihre Seiten von Stein, die ‚bierfe gegen Abend iſt von Holze. Die Sänge und Breite find einander faſt gleich, ungefaͤhr andert⸗ halbe Werſte. Rund um die Mauren war ein Erdwall ‚ und außerhalb demjelben ein Öraben, durch den zum Theil ein Bach fließe, der in den Wologda faͤllt. Inner⸗ halb dieſer ganz verfallenen Feſtung iſt eine ſteinerne Hauptkirche, mit einem Gottes⸗ acker, und der erzbiſchoͤfliche Pallaſt von Steinen gebauet und mit einer hohen Mauer um⸗ geben. Außer dem find in der Feſtung noch einige Pfarrkirchen. Die andern öffentlichen Gebäude in Wologda find die Kanzley, das Hans des Woimoden, das Rarhhaus, Zoll: und Regimentshaus, ein Gefängniß‘ und ein ſtehen⸗ der Oſtrog darum, ein Kaufhaus mit hoͤlzernen Rramläden und drey öffentliche Schenfen. Ueber und unter der Feſtung am rechten Ufer des Fluſſes find viele Wohnhäufer: Der obere Theit derfelben wird durch den Bad) Kaiſarow⸗Rutſchei, der bier in die Wologda fällt „ in zwo faſt gleiche Hälften getheilet. Man ſieht aus der weitlaͤuftigen Beſchreibung des Herrn Gmelins, daß in: der’ ‚Stadt fünf und fechzig Pfarrkirchen, und zween anſehnliche Kloͤſter find, eines für Dön che, das andere für Nonnen, Nach einer unlängft gemachten Nechnung find in Wologda und in der Feſtung eintaufend fechshundert und vier und ftebenzig Wohnhaͤuſer welche ſich auf ſechs Berfte laͤngſt dem Fluſſe erſtrecken. Sie find faſt alle von Kaufleuten bewohnt, wie denn die Stadt ehedem großen Handel trieb. Jehzo handele fie bloß nach Xrchangel, wohin man auf fehr großen Barken fährt, die in dem Fluſſe bey der Stade bäufig zu fehen find. Ihre vornehmften Waaren find Hanf, Theer, Talk, Porafche, und Ragoſchen oder Matten von Lindenrinde. Dafür bringt man von Archangel allerhand ausländifche Waa⸗ ven, die man bier ziemlich wohlfeil Eaufen kann; nur find fie niche im Ueberfluffe zu har ben, weil felten jemand mehr fommen läßt, als er für ſich und fein Haus gebrauchen kann. ‚Die deutfche Sloboda rar ſonſt viel anfehnlicher, als jetzo; es hatten füch cher dem viele Deutſche und Holländer bierher begeben; und die erften haften fich feit Erobe⸗ rung der Stadt Narva in Siefland ſehr vermehres. Faſt alle Einwohner diefer Stadt wurden als Gefangene hieher gefeljicker, die nach und nach mehr Freyheit befamen, daß fie fich bier häuslich niederließen, auch endlich einen lutheriſchen Priefter und die freye Religionsübung erhielten. Als bernach Peter der Große Narva wieder beväffern wol⸗ te, fo.gab er den Einwohnern in Wologda Erlaubniß, dahin zuruͤck zu kehren. Sie hatten ſich aber hier ſo gut eingerichtet, und fo. an den Ort gewoͤhnet, daß die meiſten ihn nicht verlaſſen wollten, und man ſie durch ausdruͤcklichen Befehl vom Kaifer fort? ſchicken mußte. Einige wenige erhielten Erlaubniß, Hier zu bleiben, die ungefähr dreyßig deutſche Käufer ausmachten, big ein Brand, der in ber obern Stade aufgieng, no : ; vielen: 6) Wenn ein Sarmate hiervon der Stifterwäre, ſo wůrde ein Gelehrter von des Glaus Xud beck Gat⸗ tung nicht ermangeln, diefe Ehre dem Brio zuzuſchre ihen, und die ſen Namen fuͤr feinen Zumamen aus zugeben. durch Sibirien. 461 vielen ruſſiſchen Wohnungen auch die ganze deutſche Slobode in die Aſche legte. Wie Gwelinse Nun die meiſten dadurch alles Das Ihrige verlohren hatten, fo jogen fie bis.auf erliche Far, Zeife. Milien weg, die jego ſechs Häufer ausmachen. Seit einigen Jahren hat ein Wundarzt, 17 43. der Hof als Stadtwundarzt hierher geſchickt hat, ihre Zahl vermehret: aber die !efigen —— koͤnnen ſich nicht an ihn gewoͤhnen, und ſehen dieſe Einrichtung mehr Ur eine Saft an. * —— Zwo Fuhrleute· Sloboden, beyde am rechten Ufer des Fluſſes, gehören auch noch zur Stadt. Die obere liegt zwo Werſte davon, die unsere aber iſt näher, Beyde ha⸗ ben eine hoͤlzerne Kirche. — Eimn wenig über der erſten Slobode linker Hand des Fluſſes iſt noch ein Moͤnchs⸗ kloſter Prilutʒkoi⸗Monaſtir genannt, in welchem vier ſteinerne Kirchen ſind. Ueber dem Kioſterthore ift die Kirche des Soldaten Feodor, mit einem Glodenthurme und tiner Schlagubr, Die Zellen, das Kranfenhaus, das Backhaus, die Küche und Kek . ſind alle von Steinen, desgleichen auch‘ die Ningmauer, melche das Klofter umgiebt, die auch auf jeder Ede einen Thurm hat. Außer diefer Mauer ift ein anderes fteinernes aus, worinnen bie weltlichen Bedienten des Klofters wohnen. Dabey if auch eine Slobode, in welcher ſich eine fleinerne Winterfirche und eine hölzerne Sommerfirche nebſt einer Kapelle zum prilutziſchen Heiligen befjndlich iſt. Hier wohnen Bauern, bie zum Klofter gehören. . 1% Die archangelifche Poſt gebt uͤber Mologda, und koͤmmt ordentlich Mittewochs aus Mofcau und Donnerftages aus Archangel, Won Archangel bis nad) Wologda rech⸗ Net man nach geradem Wege achthundert Werfte. Der Weg ift aber ſehr bergicht, und an einigen Orten fo teil, daß man die Schlitten an Seilen Hinunterlaffen muß. Da die beyden Profefjoren Willens waren, ihre Reife nach Petersburg fortzufeßen, Ohne fich untermegens zu verweilen, ſo ruheten fie bier erwas ans. Man hatte ihnen aber ſehr finftere Wohnungen angemiefen, indem faſt alle Häufer bier von alter Bauart find. ie Einwohner waren auch von dem Wohlfeben, welches man in Uſtjug bemerkete, weit entfernet. Ehedem, da die Stadt noch in beſſerm Wohlſtande war, brachte der Statthalter don Archangel hier gemeiniglich ven Winter zu, um Sachen von Wichtigkeit auszuma⸗ den. Jektzo aber war der Woimode des Ortes allein im Stande, alle Vorfälle zu ent- Rheiden, deswegen koͤmmt der Statthalter nur in vier oder fünf Jahren einmal bin. Die Reifenden giengen den zıflen Jan. um fünf Uhr des Abends mit ber Poft ab. Sie hatten unter zweenen Wegen die Wahl; der eine war bergicht und fehr wuͤſte, der Andere, der durch Bieloſero gieng, war zwar viel länger, aber ebener und mehr be= Bohne, Sie folgeten alſo dem Iegtern ,. als dem. bequemften: Erſt Famen fie durch Jams kaſa⸗Sloboda oberhalb der Stadt, und durch das Dorf Prilutzkoje, welches dm Klofter Prilutzk gehöre. Es beſteht aus ungefaͤhr hundert Häufern und liege U linfen Ufer des Wologda, über,den fie bier zum letztenmale feßten. Ducdy die oͤrfer Triphanowa und Tetingina, und über den Fluß Jatka, der in den See Aubinskoje fälle ‚ kamen fie. des Nachts um zeben Uhr nach Fliinskofe oder Kubens- eSelo, Dieſer Ort liegt an dem See, der ſich von. Südoften nach Nordweſten auf fünfzig Werſte in die Laͤnge erſtrecket, und fünfe bis, vierzehen breit iſt, und gehörte f Nmmz damals I Bimelins Reife. 174% m € 46 geeiſe nach Kamtſchatka damals den Herren Perer Michailowitſch Soltikow und Alexei Michailowitſch Puſchkin. Man zähfer bis neunzig Bauerhoͤfe, die dazu gehören, und alle Freytage wird hier ein Marft gehalten. Er hat eine Hölgerne Winterfirche zum beiligen Demes trius von SelunsE, und an einer fteinernen Sommerkirche zum Propheten Elias ward noch gebauet. Der See ift fiſchreich, und haͤlt Hechte, Barfihe, Kaulbarſche, Roth⸗ augen und einige befondere Fiſche diefer Gegenden. Es fallen viele Baͤche hinein, und andere faufen dafür Heraus. Unter den legten it der Fluß Suchona der ver⸗ nehmfte, der gegen Mordoft nur zehen Werfte weit von dem Dorfe feinen Lauf Fat Hier mußte fih die Geſellſchaft wegen der ermüdeten Pferde aufhalten , und kounte erſt den ıften Febr. um drey Uhr des Morgens, wieder abreifen. Eine Werfte davon trafen: fie ein Mönchsklofter an, Peſoſchnoi⸗Monaſtir genannt, das dem Bade Stipins⸗ Faja oder Bogorodskaſa gegen Moxdweſten, und eine halbe Werfte von dem Set lag. Es hat eine hölzerne Ringmauer, drey Zellen nebft einer Backſtube, zwo hoͤlzer⸗ ne Kicchen, eine für den Sommer, die andere zum Winter, Hierauf folgeten die Doͤr⸗ fer: Motweewoskaja von zeben Höfen, am Ufer des Baches Motweevka gegn Abend; Obroſſowa mie fünf Wohnungen, an der Oftfeite des Baches Schnja; Jewleſchewa von gehen Haufen; Sdwydſchenskoje von funfzehen Häufern am Ufer‘ des Baches Wodlo, der eine Halbe Werſte unrerhalb in den Rubenskoje⸗Oſevo fällt. (Die Dörfer und Flecken find bier fehr häufig, und ftoßen fat aneinander.)‘ Starago⸗Selo am weſtlichen Ufer des Wodlo von zehen Bauerhäufern; Boriſſewa⸗ Seliſchtſche neben einem Teiche, iſt nur ein einziger Hof; Nowoſa von fünf Haͤu⸗ fern; Kalziewa von-eben fo vielen; Pheodotoma von acht Häufern; Podoſernaja am Ufer des Baches Putſchka von fieben Häufern; Schillowa mit vier, Kotlowa mit fechs Häufern; Mikulinskaja am Ufer des Bades Mikulina gegen Morgen, von funfzeben Höfen, Diefem Dorfe gegen über liegt auf einer Sinfel des Sees Aus benstoi, die faſt zwo Werfte im Umfange bat, das Kiofter Kammenoi. Es hat eine hölzerne Ringmauer, zehen Zellen, eine Kranfenftube, Bacftube, drey fteinerne Kirchen, und wird von einem Archlmandriten regieret. \ Dis zum folgenden Flecken waren noch fechs Dörfer, Pawſchino, an der weſt⸗ lichen Seite des Baches Serpiza, von fünf Höfen; Knjaͤſchewo hat zehen Höfer. Wladiſchna ift von aht Höfen; Kurtſumowa von funfzehen Höfen; Sibilowa an der Oſtſeite des Baches Jelma, der ungefähr zwo Werfte davon in den See Kubens⸗ oje fälle, von drey Höfen, dem Spitale zu Mofcau gehörig; Perchnewa von zehen Höfen. Um nenn Uhr Abends erreichten fie den Flecken LTowlinskoje, welcher am oftlichen Ufer des Fluſſes Bolſchaſa⸗Jelma liegt, der ungefähr" zwo Werfte davon in den See Kubenskoſe faͤllt. Er Hat dreyßig Bauerhöfe, und gehörer zum Theile dem Hofpitale zu Moſcau. Gegen Mittag reifeten fie wieder ab, und Famen durch An⸗ dreevskaja⸗ geodora von gehenHöfen; Kargaſſewa von zwanzig Bauerhöfen ; Biſcht⸗ ſchowa von funfzehen Höfen; Schukowa am äfttichen Ufer des Baches Schukovf# von funfzehen Käufern; Alexina von fechs Höfen; Robele, Iwana und Borifir Semenowitſcha von gehen Höfen; Monaſtirſowa und Waſilia⸗Jepiphanowa von fünf Höfen; (diefem Dorfe gegen über, rechter Hand des Weges ijt eine Kirche zu Marien Schus und Fürbitte. Nicht weit davon liege Bemskoi-WMonaftir, an Der oͤſtlchen Seite des Baches Krutes, mit fechs Zellen, einer Backſtube, zwoen — irchen/ durch Sibirien 1463 Kirchen, welches allıs mit einer. hölzernen Mauer umgeben iſt. "Ein: Igumen ſteht Gmelins dem Kloſter vor); Beresnikowa von zehen Hoͤfenʒ Witinskaja von acht Höfen, rech⸗ Reiſe. ter Hand des Weges; Wlodisneja von zwanzig Höfen, dem vorigen gegen über zur 1743- linken; Dilelevva von fünf Höfen; Schtſchetino bat nur zweon Höfe; Stepanowa — bat eben fo viel; Seliſchtſche iſt von zehen, Roslowska von fünf, Kolyſchkina von fehs, Nephedowa von zehen Höfen, und drey verfhiedenen Herren gehörig. Die ‚ganze Gegend längft dem See Kubensfoje ift ziemlich ſteppenhaftig und wenig mie Schnee belegt, welches die Pferde fehr ermüdete, Die andern Dörfer auf diefer Reife waren, Myſchakwa von einem einzigen Hofe; Matwiewskaja von dreyen Höfen; Subkowa von fechfen. Ferner zehen andere Dörfer und ein Flecken, die alle dem Kloſter Kyrilow gehören, nämlich: Oſtanina von fünf Höfen; Rudrewefchewo an einem Bache gelegen, von eben fo vielen; Wagrino von fehfen; Golowkina von dreyen; Kotugnia, an einem Brunnen, bloß von einem Hofe; Gora von fünf Höfen; Joltuchowa von zweenen; Arganowa, ameinem Bache, von zweenen; Djunowa an einem Bache; Ronurnia von vier Höfen: und Nikolskoi⸗Pogoſt, am See Ni— kolskoi,, der ungefähr fieben Werfte lang iſt. Er iſt ſehr Afchreich, und har einen Ausfluß nachdem Schoctieng. Der Flecken befieht aus einer Kirche und gmeenen H6- fen für die Kirchenbedienten. Won diefer Station kam man nach dem Dorfe Bula⸗ nowa, das fieben Höfe von Fuhrleuten und eine Poft hat, die ſunfzehen Pferde halten muß Man rechnet non der Stadt Wologda bis bieher achtzig Werfle, Es war Mitternacht, als die Gefellfihaft anfam. Dem Dorfe Budrevtſchewo gegen uͤber iſt ein Ende des Sees Aubenstofe. Zwiſchen dem See und dem Dorfe Wagrino iſt der Bach Krutez, welcher von dieſer Seite das Gebierh von Wologda und Diele» ſerska ſcheidet. Den zten des Hornungs um ſechs Uhr des Morgens gieng die Reiſe mie friſchen Pferden weiter durch folgende Dörfer: Safoffiz, von fohs Höfen, deffen Einwohner außer den gemöhnlichen Abgaben jährlich eine gewiffe Anzapt Falken an den Hof liefern: müffen, weswegen man fie Falkenierer, (Sokolniki) nennt; Krutez, das dem Klo— fter Kyrilovskoi gehoͤret, und aus-einem einzigen Hofe beſteht; Ditjerowa, von jehen Höfen; Rifchimskajeund Derchina, eines von fünf, das andere von dreyen Höfen, dem Kloſter Paraphont gehörig; Amelſanka, am See Peschinskoje oder Salumskoi, don dreyen Höfen; Briwoſcheino, ein einziger Hof, welcher, wie das vorige Dorf dem hur zwey Werfte davon gelegenen Klofter Kirilovokoi gehoͤren. Dieſes Kloſter liegt Kioffer wiſchen den beyden Seen Dolgoi und Siawernoi, wovon der erſte ungefähr zwo Kirilovskoß Werfte lang und eine viertel Werſte breit iſt, der andere in der Laͤnge und Breite uuge⸗ führe eine Werſte hat. Es iſt eigentlich ein großes und em kleines Kloker; In dem erſten find alle Zellen ſteinern, ins Gevierte, mie eine Feſtung gebauet, wo in: jeder Ecke ein ſteinerner Thurm ſteht. In dem Bezinfe diefer Gebäude: find fieben fleinerne Kiechen: u BieHauprfirdze zur Himmelfahrt Chriſti mit drehen Altaͤren, der erſte zum Ger daͤchtniſſe Kyriſow (heil. Cyrillus) des Stifters dieſes Kloſters, der zum Unterſchiede tineg andern Heiligen Bieloſerskoi heißt, und deſſen Körper hier ruhet. Der andere Itar iſt zum Andenken des: Großfürften Mladimir, dev dritte zum Gedaͤchtniſſe Epi⸗ Phanii.von. Cypern. 2» Eine Kirche zur Darftellung: Chrifti im Tempel ( Froe denijg⸗ Bogorodi für den. Sommer, wobey ein Speiſeſaal für die Kloſterbruͤder iſt Er Eine MWinter⸗ :464 | Reife nach Kaintſchatka Gmelins Binterfirche zur Verklärung Chriſti. 4. Eine Kirche der Maͤrtyrerinn Irma (rend) Reife. 5. Eine zum Erzengel Gabriel, mit einem Mebenaltare des Kaifers Conftantin und det 1743 Kaiferian Helene. 6. Eine Krankenkirche Jephim des Großen, und endlich 7tens eine über dem Kloſterthore zum Gedächtniffe Johann Spifsteljs. An die Miorgenfeite des Klofters ſtoͤßt eine fteinerne Ringmauer, welche das kleine Kloſter einſchließt. Dieſes hat eine Sommerkirche zur Geburt Johannis des Taͤufers, und eine Winterkirche Ser? gel von Radon, mit einem Altare des Dionyſius von Gluſchizk. Dobey finder ſich eine hölzerne Kapelle, und eine ziemlich große Vorrathskammer. Die zwey letzten Gt baͤude ruͤhren noch von dem erſten Stifter her, der ſie vor dreyhundert Jahren mit eige⸗ nen Händen ſoll aufgeführee Haben. Man giebt vor, fie wären wegen der Heiligkeit ihres Erbauers noch in ihrem erften Zuftande, und ſetzet fo gar hinzu, fie würden fo, wie fein Körper, unvergänglich feyn. So viel ift gewiß, daß fie ſchon ziemlich veraltet find- Unterhalb diefer Klöfter iſt ein hoͤlzernes Gaſthaus für Reiſende, worinnen fich noch zwey hölzerne Gebäude befinden. Um die zen Kloͤſter und das Gaſthaus ift eine viereckichte fleinerne Mauer, mit einem Thurme an jedweder Ede. In dem Eleinen Kiofter iſt noch eine Kornmuͤhle an einem Tanale, der aus dem Dolgoi nad) dem Ser Siewer⸗ noje geführet if. Außer dem Kiofter findet man noch) drey hölzerne Kirchen, des An⸗ dreas Perwaswannot, Johannis des Kriegers, und Merhodius des Patriarchen zu Jeruſalem. Nahe an dem Kiofter ift noch eine dazu gehörige Slobode, von unge faͤhr vierhundert Höfen. Das Klofter ſieht fehr prächtig aus, und ift faft tings herum mit Waffer eingefchloffen. Ein Arhimandrie fteht dem Klofter vor, und man rechnet - auf fechzigtaufend Bauern, die dazu gehören. - Man verließ diefen Dre den zten Febr. und gieng durch) die Dörfer: Dobrilows, am See Jegorovskoje, von ficben Wohnungen; Wlaſſewa, ein Edelmannslehen mit ſechſen; Ztepanovskaja von zweenen; Patſchewa, von dreyen Höfen; Wognem⸗ koi⸗Prichod am linken Ufer des Fluſſes Schocksna, der in den Molaga, wie die fer bey Rybinskoi⸗Pogoſt in die Wolga faͤllt. Der geradeſte Weg nach Bieloſersk iſt, wenn man bey einer Kirche zur Geburt Chriſti uͤber den Schockena ſetzet. Da nun dieſer Fluß ſeit dem heiligen drey Koͤnigstage ſchon offen war, fo ward hier zum Ueber⸗ fegen eine Fähre (Ziehfloß) gehalten, um den geradeften Weg nehmen zu Finnen, Dit Geſellſchaft begab fich zu dem Ende hierher: aber wenig Tage vor ihrer Anfunfe hatte das Treibeis,die Fähre fortgeriffen und zerfcheitert. Sie mußten alfo einen Umweg vor, zehen Werften nehmen, und längft an dem oͤſtlichen Ufer des Schockena bis an fe nen Ausfluß aus dem Bieloſero, wo er frey vom Eife ift, hinfahren. "Auf diefem Wege fahen fie das Dorf Keffino von fünf Höfen; Paraphontovskoje, das dem Klofter diefes Namens gehöret, und eine Kapelle zu den heil. Peter und Paul, ein Paar Ställe und ein Haus hat, worinnen ein Mönch des Klofters zur Aufficht wohner; Pid⸗ ma, am rechten oder nordlichen Ufer eines Baches gleiches Namens, der etwan ein? Werſte davon in den Schocksna fällt, Won da gieng es immer am öftfichen Uſer de Schocksna durd) die Dörfer Popkowa von zweenen Höfen; Welikofeli-Ryrilowf” kago⸗Monaſtir, von zweenen Höfen; Krochino, dasdem Kloſter Paraphontovsko gehörer, und etwas unter dem Einfluffe des Schocksna an eben diefem Ufer liegt · Bey Krochino ſahen fie eine Menge großer Fahrzeuge, Strugi genannt, weil * nigen, die nach der Wolga gehen, Bier ihre Labung verwechfein. Der Schon ſe durch Sibirien. 465 dem Borgeben nach das ganze Jahr einerley Tiefe behalten, weswegen er zur Schiff: fahre ſehr bequem ift. Sein Ufer iſt niedrig und eben, und der Grund ſteinicht. Un— Gmelins Reiſe. Efaͤhr zwanzig Werſte unter ſeiner Muͤndung iſt ein großer Waſſerfall, der ſich zwölf 1743- erſte lang erſtrecken foll, auf dem bisweilen die Schiffe verlohren geben, Sonſt ift dieſer Fluß den biefigen Gegenden fehr bequem, da nicht viel Rornlarıd und öfterer Miss Wachs ift, weil man dadurch alle Arten von Getraide mit wenig Koften von der Wolga ekommen fonn. Dem Krachino-Selo gegen über, auf der Abendfeire des Schockss Ns, fiebt man Troiz⸗Schocksninskoi⸗Monaſtir. Es hat drey Zellen, ein Bad: us und zwo hölzerne Kicchen, eine für den Sommer zum Demetrius von Salunsk, und eine Winterfirche zur Verfündigung Mariaͤ. Das Kiofter ift mie einer hölzernen Mauer umgeben, und außer derſelben ift noch eine Slobode von feche Höfen, die dem Kloſter gehoͤret. Von da hat man zwo Werfte nach) dem See Bielojer®fero, der da: Mals noch zugefroren war. Man mußte auf demfelben längft feinem füdlichen Ufer uns gefähr neun Werfte lang fahren, um die Stade zu erreichen, die von ihm den Namen dar, Er haͤlt ungefähr funfzig Werfte in die Sänge von Oſten nach Weſten, oder von dem Stuffe Schocksna bis an ven Fluß KRorfcha, und feine Breite ift zwifchen zwan⸗ dig und dreyßig Werften. In denfelben fallen viele Bäche, der einzige Schocksna fließt aus demſelben. Das Waffer it bey lang anhaltender Stille fo rein, daß man, Ungeachtet feiner großen Tiefe, die Steine auf dem Grunde fehen kann: wenn ſich aber der Wind ein wenig erhebt, fo wird e8 von einem feinen Letten, der in die Höhe ſteigt, weißlich, fo daß man in der Wolga, deren Waffer ganz ſchwarz ift, einen langen weis Ben Strich von dem Schocksna fehen kann. Der See ift fehr filchreich. Die Fein ften Fiſche find die Snetki 62), welche durch ganz Rußland im Winter verführee wer⸗ den, und fehr angenehm zu effen find. Er führer auch Barfche, Kaulbarfche, Sans date, (Lucio-perca) Braffeme, eine Art Schmerten, Rothaugen, Sterleden, und viele ‚Krebfe , die Denen aus der Wolga gleich find, aber etwas nach Morafte ſchmecken. Bieloſero ift eine Stadt im Gebierhe Weliko⸗Novogrod, liegt in gerader “ Sinie hundert und dreyßig Werfte von der Stadt Wologda, dreyßig von Kyrilovs⸗ toi, Monsftir, am ſuͤdlichen Ufer des Sees Bieloſe⸗Gſero. Am Ende derfelben ges gen Abend ift eine Feſtung von einem ing Gevierte aufgeworfenen Erdwalle, mie Thürs men und einem Graben verfehen. Sn derfelben find zwo fteinerne Kirchen, eine des. ommers zur Berflärung Chrifti, eine für den Winter, zum heil, Befilius. Ferner der erzbifchöfliche Palaft, die Kanzley, das Haus des Woiwoden, alle von Holz, und tin Gefängniß. Um diefe Gebäude gehr ein Dftrog von ftehenden Balken, nebft noch nem andern Oſtroge, in welchem man ehebem bie türfifchen Gefangenen aufbewabtte , dier Fifchteiche für den Hof, und funfzehen Wohnungen für die Kanzlepbedienten und Oldaten. Oſtwaͤrts von der Feftung find in der Stadt noch achtzehen Kirchen und Kapellen ſowohl hölzerne als fteinerne, für den Winter und Sommer. ‚Die Stadt erſtrecket ſich laͤngſt dem See, und enthaͤlt ungefähr fünfhundere Haͤu⸗ Re, die meiftens von Kaufleuten bewohnt werden. Auf dem Marfte ſieht man etwan d vierzig 62) ©. Strahlenbergs nord» und oͤſtlichen Theil von Europa und Ale, ©. 420. unter dem Worte Snetof. ; ? Algen. Reifebefchr. XIXx Band. Nun Gmelins Reife. 1743 466 — Reiſe nach Kamtſchatka vierzig Kramläden , worinnen allerley Waaren, auch Fiſche und Fleiſch verkaufet werden. Das Rathhaus und vier Schenken gehoͤren auch noch zu den oͤffentlichen Gebaͤuden. Ungefaͤhr anderthalbe Werſte von der Stadt iſt eine Slobode Samskaja, die nicht groß iſt, weil die Station nur funfzehen Pferde zu halten brauchet. Hier iſt eine ſteinerne Kirche, der Maͤrtyrerinn Proskowia⸗Piatinza gewidmet. Gegen Mittag von der Feſtung iſt ein Moͤnchskloſter, Spaſſo⸗ Govskoi⸗ Monaſtir, worinnen ſich eine ſteinerne Sommerkirche und noch eine verfallene hoͤlzerne Kirche befindet. Es ma ren nicht mehr als zween Moͤnche hier, und die aͤußere Befeſtigung des Kloſters beſteht aus einem bloßen Zaune. Die Stadt Bieloſero ſoll vor dieſen Soßnowez geheißen haben, und ſchon auf dem dritten Orte ſtehen. Die erſte Stadt, wo Sineus reſidiret hat, war auf dem nordlichen Afer des Sees, der jeßigen Stadt gerade gegen über, in einer Entfernung von dreyßig Werften. Wladimer der Große hat fie darauf an der Mündung des Schocksna, nicht weit unter dem Klofter Troizkoi anlegen laffen, von da fie endlich vor dreyhundert Jahren an den gegenwärtigen Ort ift verfeget worden. Man ift mit diefer Sage ganz wohl zufrieden; nur wird fie jetzo ein wenig von der Einguartierung der Donifchen Kofafen und Kalmuken beläftiget, weil diefer ihre Lebensart fich mie der Auf⸗ führung gefitterer Völker nicht recht verträgt. | Unſere Reifenden Famen in diefer Stadt den zten Febr. um ein Uhr Mittags an, und ob fie ihnen gleich einer längern Betrachtung windig zu feyn fhien, fo wollten fie fich doch nicht aufbalten , fomohl wegen des fehlechten Wetters, das fie bisher gehabe hatten, ald auch aus Furcht, fie möchten binführo fchlechte Pferde befommen., Sie fuchten alfo, die friſche Borfpannung aufs gefehwindefte zufammen zu bringen, und reiften noch denſelbi⸗ gen Abend ab. In der Stunde, da fie aufbrachen, es war Abends um acht Uhr, ſahen fie ein Nordlicht, unter der Geftalr eines Bogens mit einem hellen Fichte daruͤber und darunter, ohne die geringfte Bewegung. Sie giengen durch Maixo⸗Selo, das zwanzig Bauerhöfe hat, und zu dem Dorfe Troig-Schockskoi gehöre. Der Ort liege an dem Bache Maixa, der in den See Bieloje⸗Oſero fälle. In gleicher Ente fernung davon war ber Sieden Kunus, von ungefähr vierzig Häufern, dem kyriliſchen Kiofter zuftändig, auf der Abendfeite des Baches gleiches Namens. Weiter hin lag Priſelok⸗Salmaſſa, oder Antufchowa-Selo, gehöret eben diefem Klofter. Sie for men bier um Mitternacht an, und mußten wegen der müden Pferbe hier ftill liegen daß fie fich erft den gten um acht Uhr des Morgens, theils mic den alten, theils mie fr ſchen Pferden wieder auf den Weg machten. J Sie kamen über den Bach Mondoma, der in den See Bieloje-Oſero fälle, nach Piatintzkoi, einem Kirchſpiele, das nur zwey Haͤuſer für die Kirchenbedienten Hat, une an einemSee gleiches Namens liegt; ferner nach Scanowaja, einem Dorfe von fe Höfen, an einem Bache; Rutſchkina oder Nowoſerskaſa von vier Höfen, dag dem Kloſter Nowoſersk gehoͤret. An dem Ausgange deffelben war ein Eleiner Wald mit _ engen, fleinichten Wegen, voller tiefen Gleiſe, und folglich befchmerlich zu reifen. bat den Namen Wolkorskoi⸗Pereleſok, weil man dadurch zu dem Dorfe Wolko⸗ wa koͤmmt, das am Nowoje⸗Oſero liegt, und aus fünf-Höfen beſteht· Der LI woje⸗Oſero (neue See) iſt ungefähr fünf Werfte fang und drey breit, Man fuhr * durch Sibiriieien. 66 über denſelben bis nach Nowoſerskoi⸗Monaſtir, welches Kloſter auf einer Inſel dar ⸗ Gmelins innen erbauet iſt. Es bat zwo ſteinerne Kirchen, und man giebt vor, daß der unver- Reiſe. wesliche Körper des heil. Wunderthaͤters Kyrilo (Cyrillus) bier ruhen ſoll. Die Woh- 1743, nung der Mönche und des Igumen, das iſt des Abtes, der dem Kloſter vorſteht, find zwanzig hölzerne und zwo feinerne Zellen, “ein fteinern Backhaus und ein hoͤlzernes Kran⸗ kenhaus, an deffen Stelle man auch ein fteinernes auffuͤhrete. Das Klofter iſt mit einee Bölzernen Mauer umgeben, vor. welcher noch eine hölzerne Kiofterfirche zum heiligen Nicolao ift, die man feit Furzem erbauet bat, Man verficherre den Herrn Gmelin, daß der See Nowoje⸗Oſero, fo wie die Seen Dolgoi und Siewernot, bisweilen dergeftalt anſchwelleten, daß das Waſſer den Dächern des Haufes gleich ftehe, gleich- wohl aber nicht über die fehr niedrigen Ufer trete, oder die geringfte Ueberſchwemmung verurſache. Diefe Begebenheit, die ein Wunder feyn würde, wird den in Diefen Kid- Kern verwahrten Heiligen zugefchrieben, deswegen ruft man fie auch an, wenn das Waſ fer fteige, damit fie es nicht über die vorgefihriebenen Grängen fehreiten laſſen. Wollte jemand die Sache natürlich erklären, fo müßte man annehmen, daß in diefen Ufern eine Außerordentliche zuruͤckſtoßende Kraft ſey. In dem nowofersfifchen Klofter wird alle Jahre am Tage St. Eprillus ein Jahrmarkt gehalten, auf den allerhand Hausrath, als Schlitten, Toͤpferzeug ze. von den naͤchſten Dörfern gebracht wird; Die Geſell⸗ ſchaft machte ſich dieſen Umſtand zu Nutze; ſie fanden auf die Art mehr friſche Pferde beyfammen, als fie brauchten, ihre ermuͤdeten abzuloͤſen. Mit dieſen giengen fie erft- lich nach Kobulino, einem Dorfe von funfzehen Hoͤſen, eine gute Werſte vom Kloſter am Nowaja gelegen, der aus dem Nowoſe⸗Oſero in den See Wand fließt, Von da kamen fie durch das Dorf Uſtſe, von funfzehen Höfen, das.dem Kloſter Nowo⸗ ſerskoi gehörer, und an der Mündung des Nowaſa liegt; ferner durch Kalinina, ein Dorf von funfzehen Höfen nach dem See Wand. Bis bicher war der Weg vor« trefflich, und die Pferde hatten faft gar Feine Arbeit; gleichwohl wurden fie fo müde, daß man um zehen Uhr des Abends ftilfe halten mußte, und nicht eher, als den sten um ein Uhr nach Mitternacht abreifen konnte. Das Erdreich machet bey dem legten Dorfe eine ftarfe Krümmung in den See, über den fie fuhren, um alle Ummege zu vermeiden. Der See beträgt in der Breite zwo bis vier, und in der $änge ungefähr acht Werſte. Bon diefem Ser gieng der Weg durdy Wälder und führete fie nach Pritjows), Einem Dorfe von fechs Höfen; ferner nach Poſadinkowa, von fünf Höfen, und nach Okyſchewa, an einer Quelle gelegen, wo man wegen der ermüderen Pferde wieder anhalten mußte, Hier waren außer funfzehen Höfen zwo Kirchen , eine für ben Som— mer, die andere für den Winter, Herr Gmelin führee weiter folgende Dörfer anz Tſchukſin, ein adliches Gut, das aus zweyen Doͤrfern beſteht; Rakunowa von fuͤnf Hoͤ⸗ fen; Jephtina, ein Dorf von zweyen Haͤuſern, bey dem fie über den Schokta fuhren, ein Bach, der in den Fluß Suda fällt; Sadnoi⸗Dwor⸗ Kuliginskoi⸗Wolaſti von weenen Höfen; Kuliga, an einem Bache gleiches Namens, der in eben den Fluß fälle, von zehen Höfen; dem General Wolkov gehörig; Sunſchina von fünf Höfen; Ignatowa von zweenen; Warnokuſchka von vieren, am öftlichen Ufer des Suda, der Hier durch in den Schocksna läuft; Boriſſowa, an eben diefem Ufer, von fechs Höfen, Hier hatten fie alle Mühe, feifche Pferde zufammen zu bringen. Die Einwoh⸗ Ner flohen damit in bie Wälder, und fie Fonnten nur eine Fleine Anzahl erlangen, Hier- Be Anna — — 468 Reife nach Kamtſchatba auf fahen fie Puſtoſchka, ein Dorf von vier Höfen, am oͤſtlichen Ufer Tſchuſchbacka gelegen, welcher. Bach aud) noch in den Suda fällt; Poßnistows, von vier Höfen, auf eben der Seite; Serchliowa, am Bache Kolp ‚ der hundert Werfte davon In den Suda fällt. Won diefem Dorfe fängt ſich das Gebierd Nowogrod an. Ko⸗ nezkaja, von dreyen Höfen, auf eben der Seite des Kolp, den fie längft herunter ger fahren waren; Plioffe, an eben demſelben Ufer, von dreyen Höfen: Sajetnitſchja von zweyen Käufern und dem Hofe des Befigers; Ploskoſe⸗Selo⸗Korobiſchtſchensko⸗ go⸗Prichodu, auch noch am Rolp gelegen, harte fechs Höfe und eine Kapelle zum Propheten Elias, Hier fanden fie weder Pferde, noch Haber, faum etwas Heu , weil das vorige Jahr Miswachs gemefen war. Pergina⸗ Grigorſa⸗ Maximowitſcha⸗ Putilowa von vier Hoͤfen; —————————— ein Dorf mit zwoen Kirchen, wo fie auch einige Pferde wechſeln konnten; LiffisinasSelo, wo eine Kapelle zu Marid Geburt ift; Liſtwenka⸗Selo, ein Kirchſpiel von vier Bauerhoͤfen, dem Hofe des Ber fisers,, einer Kicche zur Jungfrau Maria ‚, Und einem Haufe für die Kirchenbedienten; Serebrinskaſa, von acht Bauerhoͤfen. Hier rubere die Gefellichaft aus, meil die Wege von Borobitſchtſche an faft durch lauter Tannen , und Fichtenwälder gegangen waren, in denen die vielen Stöce von Bäumen und im Wege liegenden Steine große Beſchwerlichkeit machten, Die Pferde waren auch fo ermüdet, daß fie erft ſpaͤt in der Nacht hier anfamen. \ / Den gten Febr. fuhren fie über den Lie, der in den Tſchagoda, wie diefer in den Mologa fällt, und famen nad) und nad) zu den Dörfern Saborjſa, von dreyen Höfen; Stechnowe von fieben Höfen, wo die Bauern feifche Pferde fchafften; Wa— gaitſchowa von zweenen; Piss von dreyen; Gorka von zweenen; Plutna von fuͤnf Höfen. Zwo Werſte von diefem Dorfe gehe man uͤber den Oblomna der in den Lit fälle. Welikago⸗Sela, von dreyen Höfen, nahe bey einer Quelle, die in den Somi na fließt, und diefer in den Tſchagoda; Podberefchie, von jeben Höfen und dem Herinhaufe, liegt auch an einer Quelle, und an der Morgenfeite des See Somina, der eine Werfte lang, und ungefähr hundert und funfjig Faden. breie iſt. Alsdann folgten SuderewsRurfchei und Dolgomudo;Rurfchei, zween Bäche, die fich noch in eben den See ergießen; Maſchewo ein Dorf von acht Höfen, auch an dem: See; Jephimowa von zwölf Höfen, an dem See Kraſſovskoſe und dem weſtlichen Ufet des Rutſchei⸗ Kraßnokovskoi, der durch den See läuft, | Hier kamen die Profefforen um zehen Uhr Abends an, und hofferen, frifche Pferde zu finden, weil das Dorf, mie das vorhergehende, der Krone gehöret, und man auf det Kammerguͤtern gemeiniglich vor den Faiferlichen Befehlen mehr Ehrfurcht har, als unter den Edelleuten, durch deren Gebierhe fie von Nowoſers koi⸗Monaſtir an gereiſet wa⸗ ren. Aber Jophima liegt bey Podberefchje, und diefes Dorf Fann als die Pforte zu dem lüderlichen Neſte in diefer Gegend angefehen werden. Wirflich Fam der Edel⸗ mann des Dorfes an ihren Schlieten geritten, und ſtellte ſich ſehr erzürner, daß man von ſeinen Bauern ſo viele unter die Fuhrleute genommen haͤtte. Man wies ihn aber Furd ab, und zeigte ihm, daß feine Bauern vor denen auf den Krongütern feinen Vorzug bätten, und es billig wäre, daß fie gleiche Laſten trügen. Er fehien, fich darauf zu geben. As aber die Packwagen in das Dorf Famen, liefen zehen Bauern aus den Sal durch Sibirien. 469 Mit brennenden Stöcden und Meffern auf fie zu, und" wollten die Pferde ausfpannen. Es blieb aber bey dem Wortwechſel, und fie erbeuteten nur ein Pferd. Den yten Fam bie Öefellfchaft in das Darf Sucha⸗Naba, und befrat alfo bas Gebieth Howogrod. Sie giengen durh Nuhglawa, Staroftina, Ignatie⸗ wa, Charlawa, und über den Fluß Typbing oder Tichwina, der in den Sjaß faͤllt. eil der Urfprung des Tichwina und des Suda nur durch einen Moraft von einans der getrennet ift, fo wollte Kaiſer Peter der erfte einen Canal darzwifchen araben laffen, Und auf diefe Weife wäre die Molga mit dem Canale Ladoga noch leichter verbuns den worden, als e8 durch den Twerza und Mſta geſchieht: aber der frühzeitige Tod diefes Prinzen har diefen Anfchlag, wie viele andere, zernichter, i Die übrige Reife bis Petersburg ift bfoß eine fange Erzählung der Dörfer, Klö- fter „Kirchen, Bäche und Flüffe, die nichts befonders hat. Der Typhina, über den fie vielmals giengen, fällt in den See ©ferkoje, an welchem Koßkowa liegt, ein orf von funfjeben Höfen, Den ıoten Febr, erreichten fie die große Straße nad) Mofkau, die vor Anfegung des Perfpectivmeges die einzige war, und auch noch jego viel gebrauchet wird. Bon Gmelins Reiſe. 1743. — ⸗ bier bis Perersburg waren die einzigen betraͤchtlichen Oerter Cichwina, ein Ort der diel Handlung treibt, an dem Fluſſe gleiches Namens, und aus taufend funfjehenhuns dert Häufern beftehr. Imgleichen die Stadt Alt⸗Ladoga, wo fie auf dem Eife des Wolchow um eilf Uhr aufamen. “Herr Prof. Müller, der feit Nowoſerskoi beftändig vorausgegangen war, war auch jetzt ſchon abgereiſet; deswegen ward es dem Herrn Gmelin ſchwer, friſche Pferde du finden. Er mußte darnach bis nach Neu⸗Ladoga ſchicken, wo der Woiwode ſei⸗ nen Sig hatte, weil in Alt-Ladoga Fein Menfch vorhanden war, der aud) nur den Schein des gerfinaften Befehlshabers harte. Auf fein Anhalten ſchickete alſo die Woi— wodenkanzeley zwar Befehl nach den Dörfern umher, daß, fie Pofipferde dahin brin» gen follten: die Bauren aber waren fo halsftarrig, daß fie nicht anders, als nach ges deauchter Gewalt und vielen vorher ausgeübeten Feindfeligkeiten, gehorcheren; und die Dferde, welche fie den folgenden Tag brachten, waren fehr elend. Indeſſen machere Ih Here Gmelin derer Umftände, die ihn wider feinen Willen aufbielten, zu Nuße, dieſe Eleine Stade zu beſehen, die er auf folgende Art befchreibr, - Gorod Staraga Ladoga liegt an dem linken ‚Ufer des‘ Wolchow, fuͤnf Und zwanzig Werfte von dem Dorfe Ufadifchtfehe und eine halbe Werfte unterhalb dem Nicotaifchen Kloſter oberhalb an den Wohnhäufern der Stadt dicht unterhalb der Mün- dung eines Baches Ladoſchka, der dafelbft in den Wolchow fälle, ſieht man noch die Ue— ghleibfe einer Feſtung, die von der untern oder ber weftlichen und von ber füblichen eite , ungefähr fünf Klafter Hoch und eine Klafter tief, von Feld» und Kalkſteinen, don der Waſſerſeite und von der oftlichen aber nur von Erde erbauet war, und an bey» den Enden gegen den Fluß hin ein Rondel von Feldfteinen harte. Man fieht auch in der Mitte der Wafferfeire noch die Ueberbfeibfel eines Thorweges zu diefer verfallenen Rung, welche rund herum mit Waffer umgeben ift, das durch einen aus dem Wol⸗ PR | Run z dom Alt» Ladoga. N — Reife nach Kamtſchatka Emelins how in den Bach Ladoſchka gegrabenen Canal dahin geleitet worden. - Innerhalb der Reife. Mauern diefer Feftung find zwo Kirchen ‚ eine fleinerne Sommerfirche zum heil. Georg 1743. und eine hölzerne Winterfirche des felunskifchen Demetrii. Man zaͤhlete Damals gegen fünfzig Wohnhäufer, worunter zwo Schenfen waren. Vor diefem iſt die Stade größe fer geweſen: feit der Anlegung des Iadogaifchen Canales aber find einige Leute nach Neu⸗ adoga gezogen, und man har auch die Woiwodſchaft dahin verleger, weil fie da nd“ - tbiger und bequemer ift, Den raten begab ſich Here Gmelin mit feinen elenden Pferden wieder auf den Weg . Er konnte durch Neu Ladoga und über den Canal gehen: er zog aber den für zeften Weg vor, Als er nach Tſchaplina, einem an verfhiedenen gegrabenen Brunnen gelegenen Dorfe von dreyßig Bauerhoͤfen, die zu den Kammergütern gehoͤren, Fam, fo hoffele er, daſelbſt Pferde zu finden. Allein, fo bald man ihn anfichtig wurde, fo flohen die Bauren mit ihren Pferden in den Wald ‚ die Soldaten aber , welche ihn begleiteten, ſetzeten denfelben nach, jedoch wurben fie von ihnen mit Prügeln bald zurück getrieben Da er alfo ſah, daß er ihnen nicht gewachfen war, fo hiele er es niche für rathſam, Ge⸗ waltthaͤtigkeiten auszuüben, ſondern fuhr geduldig bis an dag Dorf Luſcha, an eine Bache gleiches Namens, der ſich in einem Sumpfe verliere, aus welchem er aber bald ‚wieder herauskoͤmmt und in einen Bach fälle, der ihn mit in einen andern führe, ‚welcher fih) in den ladogaiſchen Canal ergießt. Sie famen des Abends um fünf Uhr daſelbſt an, „Unfere Pferde, fager Het „„Ömelin, waren fo fehleche und elend, daß es bald nörhig geweſen wäre ſie in die „Schlitten zu legen und uns vorzufpannen. „ Der Herr des Dorfes, den er um Pferde erfuchen ließ , fehlug fie ihm rund ab, Er ſchickete alfo zween Soldaten in die nah gelegenen Dörfer, um dafelbft einige Pferde zu erhafchen. Es verfammleten fich abe auf fünfzig Mann Bauern und bewaffneten fich mie guten Prügeln. Darauf ferrigeet fie einen von ihrer Gefellfchaft zu denen Soldaten ab ‚, welche ausgeſchicket waren / Pferde zu ſuchen. Diefer mußte ſich anſtellen, als wenn er ihnen ungefaͤhr in die Haͤnde geriethe. Die Soldaten frageten ihn nach dem Staroſten des Ortes. Der Bauer ſe gete, er wollte fie ſogleich zu demſelden führen: er brachte fie aber an ben Dre, mo [il die Bauern verſteckt harten, rief ſolche und fagete zu gleicher Zeit zu den Soldaten? Da ift der Staroft. Die Bauern fielen fo gleich mit ihren Prügeln über fie Her ſchlugen tüchtig auf fie zu und verfchoneten auch des Fuhrmannes nicht, der fie fü vere. Sie fpanneten ihm aus ihrem Schlitten das Pferd aus, und zwangen fie, ſich mit der Flucht zu retten. Sie kamen alſo in der Nacht mie dicken Köpfen wieder zu ihm; und an ſtatt das ſie ihm Pferde mitbringen ſollten, hatte er noch eines verloren Es liefen ihm auch vier Fuhrleute weg, an denen aber nicht viel gelegen war, weil ihre Pferde im Stiche gelaffen , und feine Bedienten und Soldaten jur Noch Fuhrleute abgeben konnten. Nur das Pferd war nicht wohl anders, als mit einem Dferde wie⸗ derum zu erfegen,, welches das Glück auch bald verfchaffere. Einer von den rebelliſchen Bauren, der ſich vollgeſoffen und vermuthlich geglaubet hatte, daß er ſchon weg waͤte, kam nach Mitternacht in einem Schlitten nach dem Dorfe. Er wurde fogleich * 7 J — durch Sibirieee 47 halten, ihm das Pferd ausgeſpannet und fo fuhr Herr Gmelin mit den bisher ausgeru- Gmelins v heten Pferden fo gleich aus dem Dorfe ab. Reife, r. 1 ⸗ Den izten des Morgens um neun Uhr Fam er nach Woipola, einem Dorfe — don zwoͤlf Höfen an der weſtlichen Seite eines Baches, der in den Laws faͤllt, wel⸗ ber fich in den Canal ergiät. Die Fuhren aber mit der Gerärhfchaft waren auf ſechs erſte zurück geblieben, weil die Pferde fo ermuͤdet waren, daß fie nicht weirer aus. der Stelle Fonnten. Indeſſen Famen fie doch, nachdem fie ein wenig ausgeruhet hat- ten, des Abends um drey Uhr mir vieler Mühe an. Sie mußten gleichfam fort geſchoben berden; daher die Soldaten aus Erbarmen gegen diefe armen Thiere in dem Dorfe Si- glg, zwo Werfte von dem letzten, ‚ein frifches Pferd erhafcher harten, welches fie ſtatt tines ermuͤdeten vorfpannen wollten. Kaum aber waren fie mie den Fuhren aus dem Dorfe, fo Fam eine große Menge Bauren hinter ihnen hergelaufen, und Überfielen fie Mie großem Ungeftüme. Die Soldaten wehreren ſich, fo gut fie Eonnten und die Fuhrleute waren aufihrer Seite. Das Ende aber war, daß die Bauren ihr Pferd Wieder eroberten, die meiften von den Soldaten jammerlich zerprügelt und einem ber Fuhrleute bie Hüfte entzwen gefchlagen wurde, Kine blindgeladene Flinte, die ein Sole dat unter die Böfewichter losſchoß, wurde demfelben entriffen und vor der Soldaten Angefichte entzwey gefchlagen. „Sch hoffete, faget Herr Gmelin, wir fämen der „Mitte der Feftung immer näher, und man müßte es nicht achten , wenn man zumei« nlen von dem Feinde durch einen Ausfall zurück gefehlagen würde. Wir waren zufrie⸗ nden,, daß wir bey allen diefen Begegniffen dem Zwecke unferer Bemuͤhungen, näms nlich Petersburg, immer näher famen. Anſtatt alfo, daß ich mich über diefe Wider »loärtigfeiten hätte ärgern follen, war ich voller Hoffnung, ich würde doch endlich das » Ende der Reife reichen. „ u Er brachte in dem Dorfe Woipola, 180 er abgerreten war, auch endlich neun Pferde dufammen, mit welchen er die allerelendeften von feinen verwechfelte. So gieng er dann noch an eben dem Tage des Abends um fieben Uhr ab, und Fam bald aus: bem novogros bifchen Gebiethe in das Petersburgifche, i Den iaten trafen unfere Keifenden "zu Wagriſelka, einem Dorfe von ungefähr dehen Höfen eine große Menge Stocfifchfuhren für den Hof an, die ſchon dreymal vier und zwanzig Stunden auf Poftpferde warteren. Diefes benahm ibnen denn alle Hoffe Nung, auch ihre Pferde allhier abzumechfein. Sie fürterten daher folche nur und liegen ie etwas ausruhen, . Den ı5ten erreicheren fie bey · guter Zeit die Mündung des Moika und den Fluß Newa, womit ſie denn in den gebruͤckten Weg kamen, welcher von Schluͤſſelburg laͤngſt em Newa bis Petersburg geht. Gegen Mittag gelangeten ſie zu Toßna, einem Orfe von ſechs Höfen an, die von Fiſchern und Paſtetenbeckern bewohnet werden, 8 iſt mie Anböben umgeben, worüber die Pferde nicht anders, als mit der größten Nuͤhe, kommen konnten. Weil fie ungemein langſam fuhren, fo nahmen fie jedes Dauchbares Pferd mit, welches fie antrafen und befommen Fonnten, Bey dem Aus ren aus dem Dorfe wies man ihnen einen Graben, der noch von einer ſchwediſchen erſchanzung übrig feyn fol. Nach . (Bmelins Reife. 1743. — 472 Reiſe nach Kamtſchatka durch Sibirien. Nach einer ſehr langſamen Fuhre von zehn bis zwölf Werften, kam man endlich bey den Ziegelhuͤtten an, in welchen auf funfzig Meifter wohnen, und faft alle Ziegel fteine gemacht werden, die man in Petersburg zum Bauen brauchen. Es ift da eine Kirche zur Verklärung Chrifti. Den ı6ten des Morgens um zwey Uhr kam man nad) Smolenstaja-Jamsksja, einem Dorfe von dreyßig Häufern, die von Fuhrleuten ber wohnet werden. Man fuchete dafelbft einige feifche Pferde und erhielt fie auch durch gufe Worte. Darauf erreichere Herr Gmelin Nevskoi⸗Monaſtir , welches die Nacht ihm wiche erlaubete zu fehen und er deswegen auch nicht befchreiben Eonnte, Bon hier an war der Weg bis nach Petersburg fehr befchwerlich, meil man bald in den Perſpectivweg Fam, wo anfänglich Sand, hernach Steine waren. „Des Mor „gens um fuͤnf Uhr, ſaget Herr Gmelin, war ich endlich in der Stadt Sr. Petersburg, und „pries mit einer frohen und dankvollen Bewegung meines Gemürbes den Alferböchften, „der mich gefund hieher gebracht, und mi, auf einer fo langwierigen und mir alters „band Beſchwerlichkeiten verfnüpfeten Reife, fo vieler Proben feiner wunderbaren Güte „und wachenden Borfehung über mich, und des Anblickes mannidyfaltiger herrlicher „Denkmaale feiner ſich allenthalben gleichenden Allmacht und Weisheit in Sibirien, „gewuͤrdiget barre, „ Ä , Ende des Tagebuches. * 7 8: NK. | 473 EEE BE ca Reifen, — welche von den Ruſſen verſuchet worden, Durch die Lena in das Eis⸗ meer und durch Nordoften nach Kamtſchatka zu gehen. Aus des Herrn n | Gmelins Keiferegifter, Il Th. ie s G . = — amit man das Tagebuch des Herrn Gmelins nicht unterbraͤche, noch dieſen Rei⸗ D ſenden gar zu lange aus dem Geſichte verlieren ließe, ſo hat man geglaubet, "> man muſſe dieſe beyden Reiſen von feiner abſondern, da fie eigentlich zu dem Unternehmen auf Kamtſchatka gehören, In Brachmonate des 1735 Jahres ernannte man zu Jakutzk ein Commando von zwey und funfjig Mann, welches beftimmet wurde, einen Weg in Nordoften nad) dem Famefcharfifchen Meere zu ſuchen. Cs wurde von dem Lieutenante Lafjenius, ei» hem Dänen von Geburt, einem erfahrnen und guten Seemanne, geführet, ber ſich (ber zu der Reife angebothen, und dem man den Unterfteuermann, Waſili Rtiſcht⸗ ew, zugegeben —— Fahrzeug, worauf die Reiſe geſchah, war in Geſtalt Eines Bootes zu Jakutzk gebauet, und bekam bey feiner Ablaſſung ins Waſſer den Nas ihen Grfuse. Das ganze Commando gieng den 2öften Jun. von Jakutzk ab, Weil über das Boot, wegen nicht genugfamer Tiefe des Fluſſes, nicht allen Proviant, auch niche alle Materialien einnehmen konnte, fo wurde das, was nicht hinein gieng, auf zwey gemeine Schiffe oder Doſchtſchenniki, geladen, die ein Paar Tage nach) dem oote abgiengen/ und es den idten Jul. einholeten. Sie: kamen zufammen den Isten Sl: bey Schigani an; und weil der Fuß dafelbft um ein merkliches tiefer ift, ſo wurde aller Proviant von dem einen gemeinen Schiffe: in das Boot geladen und das Schiff leer nach Jakutzk zurück geſchicket. Das Boot aber fegere mit dem zweyten "Schiffe feine Reife die Lena hinunter fort. Wegen des vielen widrigen Windes gieng es langfam, und mußte zuweilen drey bis vier Tage flill liegen. Erſt den gten Aug. des Abends ſpaͤt erreicheten fie den Buſen, den der Fluß. Lena unmeie feiner Mündung machet, und den zten Aug. des Morgens Famen fie bey Buͤkovskoi⸗Muis zu der Mündung felbft: Auf diefem Vorgebirge errichteten fie noch an eben dem Tage eine Säule von fechs und dreyßig Fuß bach, damit man felbiges von weitem erfennen Fönnte. Zu gleicher Zeit Tuben ſie alles, was nod) in dem andern Schiffe an Proviante und Materialien war, in das Boot, welches nad) feiner eingenommenen völligen Ladung ſechs Fuß tief gieng. \ Den sten Aug. des ‘Abends um vier Uhr, Tiefen fie in die See aus und tichteten ihren Lauf nach Oſtnordoſten, mußten aber nad) Werlaufe zwoer Stun den wegen des widrigen Windes Anfer werfen. Sie verfücheten , von Zeit zu it bis zum gfen weiter zu kommen. Der Wind mar aber ſehr unbeſtaͤndig, und Denn er ja günftig war, viel zu ſchwach. Sie hielten ihren $auf immer zwifchen Süd» oſt und Süden, kamen aber nicht weit, Außerdem mußten fie zumeilen ftille liegen, ſich des Fahrwaffers zu erfundigen. Zu diefem Ende ſchicketen fie den gten des Mad). Allgem, Reifebefchr. XIX Band. Oo - mit⸗ Ruſſiſche Reiſen. 1735. —— Kuflifche Reifen. 1735 N ne \ 474 Reiſen der Rufen mittages die Schaluppe aus, welche aber erfk den sören des Morgens iwieder fam, Ele errichteten auch den gten auf der Inſel Buͤkovskoi wiederum eine Säule, welche ſechs und dreyßig Fuß hoch war, Den gten nach Mitternacht verfucheren fie, weiter zu fegeln: allein, etliche Stun⸗ den darnach entflund eine Windftilfe mit einem Nebel, Außerdem mußten fie. auf die Schaluppe warten, weswegen fie denn Anfer warfen. Endlich kam die Schw luppe an, und ein Paar Stunden darnad) lief der Wind oſtſuͤdoͤſtlich. Hierauf giene gen fie unter Segel, und richteten ihren Lauf nach Süden, wurden aber nach Suͤdwe⸗ ften getrieben. Als fih nun der Wind bald darauf nach Dften zum Norden wandfe, fo hielten fie ihren fauf nach Süden zum Oſten, wurden aber nach Suͤdweſt zum Wer ften getrieben. _Gfeich darauf fief der Wind gerade nach Dften und. das Schiff 309 Wafler, weswegen fie wieder anferten. Der Wind war bis zum uten Aug. fehr unbe⸗ ſtaͤndig. Sie giengen des Morgens um fieben Uhr mit einem fühlen Winde aus Suͤd⸗ weiten unter Segel, und richteten den Lauf fübfüboft- und oſtſuͤdoſtwaͤrts, wurden abet, nah Suͤdoſten zum Often und Oſten gerieben. In einem Paar Stunden lief der Wind völlig nach Welten, fie aber richteten den Lauf nach Oft sum Morden und Oſt⸗ füdoften, und in weniger als zwoen Stunden hatten fie gegen Oſten Eis im Geſichte, weswegen ſie gegen Mittag Anker werfen mußten; und „fie wurden auch in Furzer zeit mit. Eife umringet. Jedoch in ‚einem Paar Stunden verlor ſich das Eis wiederum et⸗ was, und fie giengen von. neuem ‚unter Segel, ‚bekamen, aber bald Darauf einen fehr ſtarken Wind, der. gegen fünf Uhr des Abends zu einem heftigen Sfurme mard wo⸗ von um acht Uhr das große Tau des Hauptſegels abgeriffen wurde. Endlich mußten fie um. halb eilfe wegen des noch immer anhaltenden Sturmes anfern. N Er dar j 14 Den ı2ten bes Morgens um drey Uhr wirde-der Wind gelinder ‚und ſie giengen wieder mit einem Winde aus Norden zum Weften unter Segel ,imoben fie ven Lauf nach Oftnordoften: Ienferen, aber nach Oſten zum Süden 'gefrieben wurden, Der Wind wandte: fich in kurzer Zeit nach Oſten zum Norden und Dften; und fie, giengen Suͤdweſt zum Welten und Suͤdweſt und Suͤdoſt. Nachmittages nad) dreyen wurden fie mie fo vielem Eife umringet, und die Luft von dem Schneegeftöber fo finfter ‚daß fie wieder anfern mußten; daher fie ſchon den ızten bedacht waren ;>eihen Winterha⸗ den zu ſuchen. Da fie nun zu Mittage einen Oſtwind bekamen, foııfegelten fie dem Ufer zu, kamen auch demfelben des: Abends um vier Uhr ganz nahe und fuchten eine faugliche Stelle in der Naͤhe, konnten aber feine finden. Sie giengen alſo den iaten des Abends um fuͤnf Uhr wieder unter Segel mit einem Nordweſtwinde ‚mußten abet bald darauf wegen einer seingefaflenen Windſtille wiederum Anker werſen. Inzwiſchen ließen ſie die Tiefen der Fluͤſſe meſſen um vielleicht einen zu finden, in den fie einlaufen koͤnnten. Weil aber bis zum ısten des Mittages Fein tauglicher Ort gefunden wurde, ſo ſegelten ſie wieder nach Nordweſten und Nordweſt am MWeften. Gegen Mitternacht war eine Windſtille und die Schaluppe wurde ausgefchickt, kam aber: ohne die — n 1) Es finder fih an dern Eismeere auf zwey von aufgethürmet liegen, Dieſes wird anderswo hundert Werſte weit von dem Ufer keine Waldung, hergeſchwemmet und befteht meiftentheils aus ger? und doch ſind die Ufer mit vielen Holze bedecket, chenbaͤumen und Tannen; re? | P daß an vielen Orten gleichlam hohe Berge da» 2) Diefer Leimen heißt im Ruſſiſchen Il, und in das Eismeer. Be 475 Entdeckung gemächt zu Haben , wiederum zuriick Man beſchloß alfo den ı6ten einmů⸗ thig, nad) Karaulach zurüc zu gehen, und brauchere von ſolcher Zeit an alle Mittel, diefes ins Werk zu richten. Sie liefen auch den ıgten zu Mittage wirklich in denfelben ein und landeten eine Werſie oberhalb deffen Mündung. Der Dre fehlen befonders für ein Seefahrzeug bes quem zu feyn, weil der Fluß von acht bis funfgehn Fuß tief war. Gleichwehl foll er Weiter hinauf ſehr untief feyn, und im Herbfte meiftens austrocknen. Es ſcheint in der har, daß feine Tiefe, die man nahe bey der See fo ſtark befunden hat, von ihr als lein herruͤhret, wie denn.auch fein Waffer dafelbft nichts anders, als Seewaffer und folglich zum Teinfen ganz untüchtig wars, Sonft heiße dieſer Bach in der jakutiſchen Sprahe Kara Urach, ſchwarzer Bach, wovon vermuthlich durch eine verderbere Ausfprache Baraulach geworden if. Die Breite des Ortes, wo das Commande fund, war ungefähr ein und fiebenzig Grade. - Die erfte Sorge des Lieutenants war, ein Winterquartiee zu bauen. Denn ob⸗ gleich fünf alte Jurten der Jukagiri, einer Are Jakuten, die meiftens in Gebirgen wohnen, dafelbft gefunden wurden, morinnen der größte Theil der Mannfhaft Raum hatte, fo wollte doch der Lieutenant lieber das ganze Commando beyfammen haben, weit er ſchon allerhand Mutren unter dem Volke rider fich merfete, Er ließ deswegen don dem Holze, welches durch die See an das Ufer angeſchwemmet worden, ı) eine Caſerne bauen, die fechs und fiebenzig Fuß lang, fünf und zwanzig und einen halben Fuß breit und fiebenzehn Fuß hoch war, Diefe fieß er mie Mooße in den Nigen auf das befte ausfchlagen, um fie fo viel, als möglich wäre, vor der Kälte zu verwahren, Und fie durch drey Scheiderände in vier Theile abfondern. Einen behielt er für fi, den andern gab er dem Priefter, den dritten den Unterofficieren und den vierten den Gemeinen zu beziehen. Diefe vier Rammern hatten zufammen drey Defen, bie von $eimen 2) gefhlagen waren, wie die ruſſiſchen Defen in den Dörfern zu feyn pflegen. Man kann fie nicht beffer, als mit den DBacöfen vergleichen, nur daß fie viel Dicker amd höher find: der innere Bau’ aber ift einerley, Man brenner fie auch ein, wie die Backoͤfen, und leget fehr viel Holz hinein, deffen Flamme meiften Theiles in die Stube ſchlaͤgt. Man baͤckt Brodt und Fochet alle Speifen darinnen. Einige haben Rauch⸗ fänge, andere Feine, fondern anftatt derfelben wird nur ein Loch in die Wand gemacht, das man mit einem Schieber verfehließen und aufmachen kann, den Rauch Binauszu- laſſen und die Wärme in der Stube zu behalten. An der Caferne wurde noch nebft eis ner Küche und einem Abtritte eine Badftube gebauer, deren Mangel einem gemeinen Ruſſen unerträglich iſt. Den Sten Sept. wurde die Caſerne bezogen und das ganze Commando befand ſich damals, bis auf einen Soldaten, gefund und wohl. Den 1aten Detober ſchickete man ſechs Leute mit einem Berichte von dem bisherigen Verlaufe der Reife und den im Bin terlager gemachten Anftalten ab, Gegen —— dieſes Monates nahm die ae o o 2 ſchon er iſt wie der Bodenſatz von den meiſten Waſſern. geht. Die Jukagiri ſagen, dieſe ganze Gegend Das ganze Erdreich an der See hier haͤlt dieſe ſey ehemals mit Waſſer bedeckt gewefen, wovon Art yon Letten, welcher deflen oberfien Theil aus: dieſes vermuthlich noch die Meberbleibfel find. Macher, aber etwan nur eine Viertel Elle tief Ruſſiſche Reifen. 1735 Ruſſiſche Reiſen. ‚1735. Zufälfe bey dem Schar; bocke. 476 Reiſen der Ruſſen ſchon ungemein zu, und der Scharbock ſieng zugleich an, ſich zu aͤnfzern. Die Son⸗ ne, die ſich bisher noch aufrecht zu erhalten ſchien, nahm den sten Rovember Abfchied, und viele fahen fie zum legten Male. Der Befehlshaber empfand nunmehr auch die Wirs fungen des Murrens, welches ſich gleich vom Anfange der. Reife wider ihn ‚erhoben hatte, Man befchuldigte ihn des Hochverrarhesz welche Beſchuldigung um ſo viel we⸗ niger Statt haben konnte, weil er in ſolchen Umſtaͤnden war, daß er bey den allerſchlimm⸗ ften Gefinnungen doc) nicht das geringfte Boͤſe hätte ausführen Eönnen, Indeſſen nahm man ihm doc) auf dieſes ungegrundete Borgeben fogleich das Commando, und vertrauete folches einmürhig dem Unterfteuermanne Rtiſchtſchew. Der Scharbock Harte gegen die Mitte des Wintermonates fih ſchon ftarf unter dem Commando merken laffen ‚ und eben der unglücfliche $ieutenane Laffenius mar der erſte, welcher den ıgten des Chrifimonates davon Bingeriffen wurde; und wenig Tage darnach ftarb noch ein anderer daran. Der Sieutenant war fonft von einer Jeibesbe ſchaffenheit, welche bey gleichen Umftänden den allerftärkften Trog. bierhen konnte. Den ıgten Januar wurde die Sonne zum erften Male wieder gefehen. Man hatte Hoffe - nung, daß diefeg die Leute, die nun meiftens heftig am Scharbocke Frank lagen, nad) und nad) wieder erquicken würde. - Allein, eben in diefem Monate ſtarben ihrer fieben, in denen darauf folgenden Monaten Februar und März, in jedem zwölf und im April drey. Der Unterwundarzt Ährener , der fic) lange ftandhaft gehalten und der einzige war, welcher den Leuten nech mit einigem Rathe an die Hand geben Fonnte, ftarb gegen die Mitte des Märges, und der Feldmeſſer Peter Baskakowo, folgere ihm in weni» en Tagen. : Die Zufälle diefes Scharbockes waren anfänclich Schmerzen, die man an denjeni⸗ gen Orten bekam, wo man ehemals Schaͤden, Geſchwuͤre und dergleichen gehabt hatte Man verlor die Luft zu effen und nach und nach fand fid) eine große Mattigkeit mir eie ner außerordentlichen Schlaffucht ein. Die Füße fiengen an zu ſchwellen, auf w-fchen ſich Bin und wieder blaue Flecken zeigeren. Die Kranken befamen ein ftarfes Nießen und bey dem Nießen empfanden fie ungemein große ftechende Schmerzen im Kreuze. Die Zähne wurden wanfend; der Mund hatte einen übeln Geruch und endlich ſchwall auch der Leib auf, wozu ein faſt unausloͤſchlicher Durſt nebſt einem trockenen Huſten, und harter Verſtopfung des Leibes Fam, fo daß viele in zwoen bis dreyen Wochen nicht zu Stuhle gewefen waren. Die ftärfften Purgiermirtel wirketen babey nichts: doch befamen einige, ‚vor ihrem Ende, einen Trieb, zu Stuhle zu geben, und andere ftarben auf dem Stuhle. Diejenigen, welche einmal offenen Leib befommen batıen, behielten ſolchen beftändig: dabey aber gieng Blut von ihnen und in wenigen Tagen endigten fie eben« falls ihr Leben 3). Was die Kranfheit des Lieutenant Laffenius anbetraf, fo hat davon der Unter: wundarzt noch berichtet, es fey zuletzt ein Fieber” und eine Engbrüftigkeit mic einer Une - empfindlichfeit des ganzen $eibes und einem Schluchfen dazu gefommen, unter welchem Schluchſen er auch verfhieden. Man öffnete feinen Leichnam, an deſſen rechter Seite äußerlich viele blaue Flecken waren, und fand in der DBlafe außer dem Harne a di \ 2 Es fheint, die Mannfchaft des dänifhen buſen über drey und fechzig Grad zwanzig Min Sanptmannes Munk, welche in Hudfons Meer: ten nordlicher Breite überwintert, fey vr wi ’ glei in dag Eimer. 477 dickes Blut und vielen Unrath, der fich dafelbft geſetzet hatte. Die Lunge der rechten ite war fehr mie Schleime überzogen und fat von hinten angewachſen, die Luftroͤhre und der Schlund entzündet, das Herz nebft der großen Hohlader mit dickem ſchwarzen Blute angefüllet , und die Nieren wie mit dem Falten Brande angefteft; der Magen ingegen ganz rein und ohne Fehler. Uebrigens feheinen bey diefer ganzen Krankheit folgende Umftände fehr in Be— fachtung zu kommen. Erftlich war das Winterlager fehr nahe an der See. Zwey— tens war in der Caferne beftändig eine ungemeine Kälte, und fo viel Holz man auch berbrannte, fo konnten doch die Defen nicht durchgewaͤrmet werden; man fpürete an feinem eine Wärme, als wenn man vor dem Dfenloche ftund; wie denn der Lieute⸗ dant außer dem Ofen, den er ben fich einheizen ließ, noch beftändig einen großen Keſ⸗ fel mir gluͤhenden Kolen in der Stube foll gehabt und ſich gleihmohl nicht haben erwärs _ Men koͤnnen. Drittens mar ber Boden der Caferne beftändig naß, und die Wände immer Die gefroren, Viertens mußten die $eichen zumeilen vier bis fechs Tage in der Caferne liegen , ehe man fie fortbringen Fonnte, weil die ganz abfcheulichen Stürme in daſiger Gegend einen Menfchen, der ſich unterſtanden hätte, zu der Zeit ihres Tobens in die eye Luft zu geben, fo gleich in den Schnee würden vergraben haben. - An Proviante befam jeber Mann bes Monates dreyßig Pfund Roggenmehl, fünf Pfund Habergrüge und ein Pfund Salz. Man faget, der Sieutenant habe deswe⸗ Rn die Theile fo Flein gemacht, damit man kuͤnftig feinen Mangel daran habe: bie annfchaft aber habe fehr dawider gemurret und geglaubet, diefe Sparfamfeit fey auch eine Arfache der zunehmenden Krankheit gewefen; auch daher gleich nach feinem Tode reich. lichere Portionen genommen, allein, nicht die geringfte-&inderung in der Krankheit das don gehabt. Der Branntewein fen fo wohl bey Lebzeiten, als nach, dem Tode des Lieu— fenants nach den Geegefegen ausgerbeilet worden, zum Kochen der Speifen aber und zu Arzenepränfen, wie auch zum gewöhnlichen Tranke habe man fich des zerſchmolze⸗ nen Schnees bedienet, Man wird nicht leicht die Urfache angeben Finnen, woher die acht Perſonen, die das Glück hatten, diefes harte Schickſal auszuftehen, ihr Leben erhalten haben. Sie datten einerley Luft, Wohnung, Speife und Trank mit den Verftorbenen. Weil fie aber die einzigen Gefunden unter der ganzen Mannfchaft geweſen, fo baben fie fich in uns aufhoͤrlicher Arbeit mit Holzhacken und Verpflegung der Kranken befunden; nur den tuffifchen Priefter ausgenommen, welcher ohne die geringfte Arbeit gleichwohl durchge- kommen. Er fihrieb folhes einem Camine zu, den er fich in feiner Kammer hatte auen faffen. Denn feiner Meynung nad) wären die vielen Dünfte, die rheils von dem Naffen Holze, theils von dem Leimen der Defen beftändig in der Gaferne entftanden, hoͤchſt ſchaͤdlich; deswegen er ſich denn den Camin gemacht, ſolche abzufuͤhren und ſtets friſche Luft zu haben. Gleichwohl hatten dieſe acht Perfonen doch alle bey ihrer Ges ndheit immer einen harten $eib und nur alle drey bis acht Tage eine Deffnung. 8003 m Lichen Art von Scharbode befallen worden, nur T. I. und-La Peyrere Relation du Groenland, 8 man den Anfang deffelben nicht befchrieben p. 180, dat, Man fehe Recueil des Voyages du Nord, Ruffifebe Reifen, 1735 Lu. il Ruſſiſche Reiſen. 1735. Reiſe des an- dern Com⸗ mando. m Reiſen der Ruſſen Im Anfange des Hornungs, da die Sonne ſchon wieder anfieng, zu ſcheinen, und man auch das Zunehmen des Tages merken konnte, fiengen ſie auch an, etwas zu kraͤnkeln: doch waren ihre Zufaͤlle weit gelinder, als der andern ihre. Weil ſie nun ihrer Wach⸗ ſamkeit und ihrem arbeitſamen Leben ihre Erhaltung zuſchrieben, ſo nahmen ſie unter ſich Abrede, es ſollte Feiner des Nachts länger, als vier. Stunden, fehlafen, und wenn eine außer der Zeit einſchliefe, fo follte er mit: Faltem Waſſer begoflen werden, ihn mieber munter zu machen: in waͤhrendem Wachen aber nahmen fie ſich vor, niemals ohne Arbeit zu ſeyn. Aller dieſer Worficht ungeachter Fonnte füch der Unterſteuermann jedoch nicht der Geſchwulſt der Füße erwehren. Cr fing aber mie den übrigen im Märje an, det gefochten Trank von den Gipfeln der Fichten zu trinken, und auf Einrathen eines juka⸗ girifchen Heyden, af er viergehen Tage nichts anders, als rohe gefrorene Fiſche, welches ihn fat zu gleicher Zeit mit den andern geſund machete. Es ſcheint indeflen. doch, daß die Sonne vieles zu ihrer Geneſung beygetragen; denn fo Falt auch das Werter geweſen, fo wollen fie doc) ihre Wirfung in ihrem Leibe merklich empfunden haben. Der Priefter war ſchon in dem April fo gut wieder bergeftellet, daß er mit Schrittſchuhen Aber das Eis auf hundert Werfte weit bis Buͤkovskoi⸗ Muis und von da wieder zuruͤck gehen Fonnte, und ſolche Reife vierzehen Tage darnach noch einmal that. | Das andere Commando, weldyes in eben dem 1735flen Jahre von Jakutzk auf der $ena hinunter gegangen war, den Weg durch Nordweſten nach der Mündung des Jeni⸗ fei zu ſuchen, Hatte zu feinem Befehlshaber ebenfalls einen gefchickteri und erfahrenen Seelieutenant, Prontſchiſchtſchew. Das Fahrzeug, worauf er die Reife unternahm, war eine doppelte Schaluppe, welche den Ruhm hatte, daß fie ungemein Leicht fegelfe, und zu wenden wäre. Er gieng mit feiner Mannfchafe einen Tag fpäter von Fakußk ab, als das Boot, holete folhes aber den ı6ten ul, bey Schigani ein und fegere mit ihm die Reiſe nach der Ienifchen Mündung fort, Den zoften Zul. Fam er zu dem in die $ena fallenden Bache Agus⸗Ajeyos, der in den neuern Karten Agiß⸗Jego beiße, it beffen Gegend, ungefähr in ber Mitte der Lena, eine fteinerne Sinfel, die Stolb oder Säule, genannt, in der nordlichen Breite von zwey und fiebenzig Graden ſechs Mint £en liege. Bon da theilet ſich die Lena, in vier Haupfarme, deren jeder mic einer befonder# Mündung in das Eismeer fälle, Der wefklichfte davon heiße Schegalazkaſa protoka und auf den Karten Naſtiſtazkaja protoka; ber nächte daran Tumaskaja, und in den Karten Kreſtjazkaſa; der dritte Kulazkaja und der vierte Moſtotſchnaſa, De öftliche, oder Buͤkovskaſa. Der driste fälle gerade oſtwaͤrts in das Eismeer u koͤnnte daher mit Rechte dev öftliche genannt werden. Buͤkovskaſa aber fälle ſuͤdoſt⸗ wärts in den Bufen Sawaftjanowa. Der Kieutenant Prontfchifchtfchew unter fuchete in allen diefen Armen das Fahrwaſſer, und ungeachter er durch die weſtlichen den nächiten Weg gehabt hätte, fo waren fie doch alle fo verfchlämmer, daß er ducch den Buͤkovskaja gehen mußte. Diefe Unterfuchungen hielten ihn fo lange auf, daf er um zween Tage jpäter, als das vorerwaͤhnte Commando bey der Mündung ankam, woſelbſt er Die nordliche Breite von ein und ſiebenzig Grad vierzig Minuten fand, Gegen Not den und Often hatte er bejtändig viel Eis vor den Augen, und die Eisfehoflen waren von vier bis zehen Fäden Hoc). Er gieng auch dergeſtalt zwifchen dem Eife hindurch, da er nirgend mehr, als funfzig bis hundert Klaftern, freyes Fahrwaſſer Harte; und er Br in das Eismeer. .479 von gedachten Breite feinen Lauf auf Hundert italieniſche Meilen beftändig zwiſchen Suͤ Ruflifebe den und Werten. Den asften Auguft kam er zu der Mündung des Oleneks, wo er die Sonnenhöhe nehmen ließ und die Breite von zwey und fiebenzig Grad dreyßig Minuten fand. Die Kaͤlte Hatte fehon ſehr überhand genommen. Alle Taue an dem Fahrzeuge waren gefro- ten; das Fahrzeug felbft harte folchen Schaden gelitten, daß es innerhalb einer Stunde Auf zween Zoll Waffer zog. Wenn man es auch gleich härte wagen wollen, noch weiter weſtwaͤrts zu gehen ,'fo fehlete es an Leuten, welche diefe Gegenden Fannten. Man ent ſchloß ſich alfo, in die Mündung des Oleneks einzulaufen, welches den ıften des Herbfts Monates wirklich geſchah. Dreyßig Werfte ungefähr davon fand man zwölf rufjifche Prompfdylenie, die fih mie Weib und Kindern an dieſem Fluſſe niedergelaffen und Häufer gebauet hatten. Der Lieutenant quartierere ſich bey ihnen ein, fieß noch ein Paar. Stuben dazu bauen und mohnere unfer ihnen, Den zen Movember ſchickte er einen Umftändlichen Bericht von allen feinen Umftänden an das Haupfcommando ; und es bes fanden fich damals aile, die bey ihm waren, friſch und gefund, | Als der commandirende Hauptmann die Berichte von dem Erfolge beyder Seereifen —— ſo glaubete er, Kraft der von der Admiralitaͤt erhaltenen Anweiſung befugt zu n, in der Unternehmung fort zu fahren. Bu dieſem Ende wurde dem lieutenante tontfehichtfehew im Sommer des 173Öften Jahres. der Befehl geſchickt, aus der Mündung des Oleneks wieder auszulaufen, und die ihm anbefohlene Reife fortzufegen. Ehen fo wurde auch zur Fortſetzung der Reife des verftorbenen Lieutenants Laffenius der Schifflieutenant Demerri Laptiew abgefertiget und ihm der Lieutenant Plautin, ein ie Seemann, als Steuermann zugegeben. Es fand fich niemand, welcher des vers orberen Feldmeffers Stelle erfegen konnte; daher verbanden fich jege gedachte Officier, die zur Erdbefchreibung gehörige Arbeit felbft zu übernehmen. | Das neue. Commando gieng ben guter Zeit ab und Fam an die Mündung der Lena, da die See nod) voller Eis war, Der Kieutenant Laptiew aber gieng theifs in Eleinen Kähnen längft der Kuͤſte des Eismeeres, theils zu Zuße bis an den Fluß Karaulach, da das Boot mit den $euten ſtund, die verwichenen gten un. dafelbft angefommen was ven. Er konnte aber mit dem Boote nur erft den sten Auguſt auslaufen, und mußte dorher nech damit, zu der Mündung der fena geben, Proviant einzunehmen, fo daß er don da erſt den ısten Auguſt wieder. in die See gieng. | Man erwartete den Bericht von dem Erfolge feiner Keife mit großer Ungeduld, erhielt ihn aber nicht eher, als in ber Mitte des Märzes 1737, woraus denn folgendes zu erſehen war. So wohl der commandirende, als ber andere Sieufenant, waren Lieb⸗ haber guter Bücher und mochten irgendwo geleſen haben, daß manche von denen, die dieſen Meeren gewefen waren, gerathen hatten, man ſollte ſich nicht ſowohl in ber Nähe der Küften, als vielmehr in der offenbaren See, aufzuhalten ſuchen, wenn man Einen Durchgang in das oͤſtliche Weltmeer finden ‚wollte, Sie waren daher beyde ges neigt, eine folche Zabrt zu verfuchen, wodurch ſie nicht nur den Weg kuͤrzer macheten, ndern auch hoffeten, das meiften Theiles an den Küften befindliche Eis zu vermeiden, as Glück erzeigte ſich auch ihrem Vorhaben bey dem Auslaufen in die See fo günftig, daß fie mic dem allervortbeilbafteften Winde, den fie nur wünfchen konnten, zweymal vier Reifen. 1735 ‘ Ruffifche Reifen, . 1735 —⸗ 480 | Reiſen der Ruſſen vier und zwanzig Stunden lang in einem fort nach Nordoſten ſegelten. Dieſes munterte ſie auf und ſie glaubeten ſchon ihrem Ziele nahe zu ſeyn. Allein, den dritten Tag, da ſie an nichts weniger dachten, trafen ſie eine See an, die ſteinhart gefroren war, und weder gegen Oſten noch Norden einen Ausgang hatte. Sie wollen ſich deſſen, durch ber fonders deswegen ausgeſchickete Schaluppen , gewiß verfichert haben, und es follen au $eute, welche diefe Gegenden kenneten, fchriftliche Zeugniffe von ſich geftellee haben, daß die See dafelbft ſchon ſeit langer Zeit Jahr aus Jahr ein gefroren geweſen wär Hätten fie nun dafelbft warten wollen, bis die See etwan unvermuthet aufgienge, wären fie vielleicht mie eingefroren und fo bald nicht wieder Iosgefommen, Man berat ſchlagete ſich daher dieſerwegen und es wurde einmüchig befchloffen, fie wollten wieder zu ruͤck nad) der Mündung der Lena gehen. Sie gelangeren auch den 23ſten Auguſt glüc- tich dafelbft an, liefen in diefelbe ein und kamen bis an den Bad) Chotuͤſchtach, wel cher von ber linfen Seite hinein fiel, Es war dafelbft ſchon ſo viel Eis, daß das Boot fein Winterlager allda halten mußte. \. 1 a Gegen den November fieng der Scharbod an, ſich zu dußern: Weil aber auf den Gebirgen in der Nähe die Eleine Ceder 4), Slanez in dem Sande genannt, fehr häufig war, fo fehien es dem Lieutenante, wegen ihrer Gleichheit mit den Fichten und Tannen, fie Fönnte auch wohl wider den Scharbod gute Dienfte thun. Er machef einen Verſuch damit und ließ gefochte Arzeneytränfe daraus bereiten, welche eine fo gu Wirfung thaten, daß die Leute in kurzer Zeit von. ihren BefchwerlichFeiten wieder her⸗ geftellet wurden. | wu Er gieng im Anfange des Augufts 1736 aus dem Olenek wieder in die See, Seine rau, welche aus Liebe gegen ihn die Reiſe mit that, war damals ſowohl, als er, far! “entweder weil er heffete, ſich auf der Reiſe zu erhohlen, oder weil. er feiner Pflicht au yon dem Scharboce angegriffen: Dieß hielt ihn aber nicht ab, zu Schiffe zu A das Befte nachkommen wollte. Sie gelangeten den zen Auguſt zu der Mündung De Fluſſes Anabara, welche fie unter der Breite von drey und fiebenzig Graden einer Mi⸗ nute fanden. Sie liefen dafelbft ein, weil ihm befohlen war, einige Unterſuchungen wegen eines Erztes anzuftellen, das ſich an dieſem Fluffe befinden fol. Es wurde daher der Feldmeſſer Tſchekin mit einigen feuten den Fluß hinaufwaͤrts geſchickt, welcher er den soten Auguſt wieder zurück Fam, worauf die Keife nach, dem Chatanga fo gleich fortgefeger wurde, Che fie denfelben aber noch erreicheten , waren fie fehon mir fo vielem Eife umringet, daß fie fich mit großer Gefahr durcharbeiten mußten. Bon dem Che tanga an lief ein großer Strich Eis in die See hinein; daher fie längft dem Ufer in der Fluß einliefen. Die nerdliche Breite war vier und fiebenzig Grad neun Minuten. dem weftlichen Ufer fanden fie einige leere Hütten, vernahmen aber, daß hundert und fünfzig Werfte weiter hinauf Leute wohneten, die zuweilen herunter Fämen., Sie gie gen längft dem Ufer der See weiter meiftens nad) Norden bis zw der Mündung d Fluſſes Tamur oder Taimur, wofelbft fie den ıgten ankamen. Die Gegend ſchien ſehr unfruchebar zu feyn; man fah weit und breit fein Holz, auch fo gar Fein angeſchwemm⸗ tes; und der Fluß war fo unfief, daß er des Winters nothwendig bis auf den Grund j - au 4) Pinus foliis quinis, cono eredto, nucleo oduli. Hall. Helv. p.150.j. Pumila conis mit‘ ribus. Hor. Sibir. 179. Tab. XXAIX, in dag Eismeer. asi zusfrieren mußte . Weil ſie alſo bier nicht bleiben konnten, fo giengen fie weiter vor dem aimur an der Seekuͤſte hin gegen den Pjafida zu. Nahe an dem Ufer waren viele gro— Re Inſeln, zwiſchen welchen und dem Ufer fich unbewegliches Eis befand , wovon fie vermutheten, daß es den ganzen vorigen Sommer da geftanden hätte, Sie richteten AU ihren Lauf nach der See zu, in der Abſicht, nordiwärts dieſe Inſeln zu umſegeln. An- fänglich fehien es gut zu gehen, und fie hatten nordwaͤrts von denfelben ziemlich reines ahrwaſſer, nur daß fie zwiſchen demſelben vieles Eis fahen. Sie famen bis zu der legten Inſei in der nordlichen Breite von fieben und fiebenzig Graden fünf und zwanzig inuten, verloren hier aber alle Hoffnung, weiter zu gehen. Die Kälte Harte heftig zu- genommen, und zwiſchen der legten Inſel und dem Ufer und von derfelben weiter gegen Nor- den in die See hinein war feftes unbemegliches Eis. Sie verfucheren dem ungeachtet, Noch weiter nach Morden zu gehen, und waren ſchon auf fechs italienifche Meilen, als Ünen zumeilen-ein ftarfer- Nebel das Geſicht völlig benahm , fo daß fie nicht wiſſen konn⸗ ten, was um fie herum war. "Wenn nun folcher wieder verſchwunden, fo ſahen fie zu beyden Seiten und vor fich nichts, als Eis, wovon ſich das gegen die See befindliche zwar bewegete, aber doch fo Dichte war, daß auch nicht ein Schifferfahn Pag genug gebabe haͤtte; hindurch zu Eommen. ! Weber diefes wurden fie beftändig von dem Eife nach Norde Offen getrieben, fo febr fierauch den Lauf des Schiffes nach Norden richten mochten. 7 Bey diefen Umftänden war-ihnen fehr bange, fie möchten endlich zwifchen dem Eife fißen bleiben. Der Sieutenant, deffen Krankheit von Tage zu Tage zunahm, bielt alfo eine Berarhfehlagung, mworinnen man befchloß , wieder zurück zu gehen. Sobald fie nun in die Gegend des Taimurs kamen, fo wurde es auf einmal windſtill; die See fieng an, zu frieren, und dabey gieng viel Triebeis. Weil fie die Beſchaffenheit des Ortes bereite kannten, fo waren fie in der größten Furcht, fie möchten dafelbft einfrieren. Sie. Wurden aber bald davon befreyet, Denn faum waren fie vier und zwanzig Stunden da geweſen, fo verjagere der Wind nicht nur das Triebeis, fondern die See brach auch mies der auf, und fie Famen mit vieler Gefahr den ayften Auguft nach der Mündung des Ole⸗ neks zuruͤck. Wenige Stunden nach ihrer Anfunfe endigte der wackere Lieutenant auch fein geben, welcher alles gethan hatte, was von einem rechtfchaffenen Officier zu fordern war. Seine muthige Witwe folgete ihm bald nach, vielleicht mehr aus Berrübniß über feinen Berluft, als von der Heftigkeie der Krankheit. Außer diefem würdigen Paare und dem Unterwundarzte ift von dem ganzen Commando fonft niemand verloren gegangen, ſondern fie find insgeſammt gefund und beym geben geblieben 5). Auf der andern. Seite fam der Steuermann Plautin im Sommer des 1737 Jahres auf einem in Sibirien gebräuchlichen Schiffe, Doſchtſchonik genannt, bey Jar kutgk am. Er brachte in demfelben allerhand Geraͤthſchaft, und auch etwas Proviant, welches aus dem Boote Irkutzk zu deffen Erleichterung war ausgeladen worden. Zween Tage darauf Fam auch das Boot felbſt mit allen Leuten an, die es auf der Reife mit ſich führer harte, einen einzigen ausgenommen. Der commandirende Hauptmann —* i 5) &o weit geht der Bericht des Steuermanns Semen Cſcheluſchkin vom 24ffen Sept, 1736. Allgem, Beiſebeſchr. XIX Band. Ppp Ruſſiſche Reiſen. 1736. — — 482 | Reiſen der Ruffen Rufifche fich noch) an eben dem Tage auf die Keife nach Ochotzk, weil er noch diefen Sommer Keifen, allerhand Anftalten zu der Hauprreife machen wollte. Der Steuermann Dlautin wur 173% de wieder in feine vorige Lieutenantswürde eingefeger, und folgere dem Seecommando nad) Ochogf. Der tieutenant Laptiew blieb in Jakutzk, reifere aber im Winter zwi⸗ fehen 1737 und 1738 nach Petersburg, vermuthlich auf Befehl vom Hofe, mündlichen Bericht dafelbft abzuſtatten. Er kam im 1739 Jahre wieder nach Gibirien; und ſo bald das Wafler nur offen war, trat er feine Reife nach Jakutzk an. Er gieng mit dem vorigen Boote Irkutzk die Lena hinunter: und zu gleicher Zeie Fam fein Better, Char riton Laptiew, ebenfalls ein Schiffstieutenant, der für einen geſchickten Seeofficier gehalten wurde, mie ihm nach Jakutzk. Diefer wurde ſtatt des verftorbenen fieutenants Prontſchiſchtſchew auf die in dem Olenek befindliche Doppelfchaluppe geſchickt, und befam einen, Namens Tſcheljuſch⸗ kin, zu feinem Steuermanne, welcher ſchon auf den beyden Reiſen feines Vorgaͤngers gedienet hatte. Beyde Lieutenante hatten Befehl, das Aeußerſte zu verſuchen, und wo- fern es nicht moͤglich waͤre, den ganzen Weg zu verrichten, zum wenigſten ſo weit, als es ſich thun ließe, zur See zu gehen, die übrige Reiſe aber zu Fuße laͤngſt der Kuͤfte zu fun, Damit man eine genaue Befchreibung derfelben befäme.- Und da man aus den Berichten von der vorigen Keife des Prontfchifchtfchew ſchon angefangen etwas zu zweifeln, ob diefelbige Keife auch wohl möglich wäre, fo, wurde zu: gleicher Zeit von Mangaſea, aus dem Fluſſe Jeniſei eine Reife nad) Nordoften veranftalcer ‚Damit man von der Möglichfeit oder Unmoͤglichkeit defto gewiſſer überzeuger würde, Man hat oben aus dem Tagebuche des Herrn Gmelins gefehen, daß bey feiner Ans weſenheit in Tobolsf ein Keutenant von der ruffifchen Flotte, Namens Owzin, von dort mit einer doppelten Schaluppe im 1734 Sabre abgegangen, von. der Mündung. des Obi nad) der Mündung des Jeniſei zu gehen. Er verfüchere folches zweymal und lief aus der Mündung des Hbi aus, Fonnte aber niemals feinen Zweck erreichen. Hierau wurde ein Meifter der Flotte, oder ein Steuermann, Namens Rofchelow ‚nad Sk, birien gefchieft, welcher in Tobolsf ein Boot bauere, womit er zu dem Commando des, Sieutenants Owzin gieng, das in Bereſow ftund, und mie ihm gluͤcklich durchzukom⸗ men und in den Jeniſei einzulaufen fuchere, As er zu ihm gefommen war, fo wurde das Boot mit einem Fleinen Commando bey Mangaſea gelaſſen. Der Leutenant Owzin und obgedachter Meiſter Koſchelow giengen auf der Doppelſchaluppe bis nach der Stadt Jeniſeisk, wo dieſer blieb, der Keute⸗ nant aber eine Reiſe nach Petersburg that. Das in Mangaſea zuruͤck gelaſſene Boot ſollte den Weg nach der Muͤndung des Lena verſuchen. Die doppelte Schaluppe Ja⸗ En sie zween Tage nach dem Boote von Jakutzk ab: das Boot aber ftach den zgjten ul, in See, Aus den neueften Nachrichten, die Herr Prof. Müller aus bem jafugfifchen Archive bekam, ift überhaupt wohl befannt, daß zu Ende des vorigen Jahrhunderts fait alle Jahre Seereifen von der Mündung der Lena nach Kolhma ‚ und zwar. in den gewoͤhnli⸗ hen Dofchtfeheniken, von gemeinen Leuten geſchehen find, die der Schifffahrt F und! =” x end ED Eismeer. 483 Eundig geweſen. Doch findet man auch in eben dieſem Archive Nachrichten von vielen Xuſſiſche in.den legten Jahren diefer Schifffahreen gefchehenen Unglücksfällen, weiche vermuthlich Reifen. bernach Urfache gewefen find, daß fie in den neuern Zeiten gänzlich unterblieben. Es find fo gar Spuren vorhanden, daß ein Kerl mit einem Schiflein, das nicht viel grö« Ber gewefen, als ein Schifferfahn „von Kolyma das Tſchuketſchoinoß vorbey und bis nach Kamtſchatka gekommen fey. Dieſe Nachrichten melden'einftimmig, Daß man im⸗ mer längftdem Sande gegangen, allwo ein wicht gar breiter Canal von den Eife freg geblieben wäre, ben man meiftentheils haͤtte befahren koͤnnen. Man weis fonft aus neuen zuverläßigen Nachrichten, ‚daß. nicht nur die füdliche Küfte immer eine größere Dreite befümmt, indem das Sand gegen die See hin zunehmen foll, fondern, daß fie auch da, wo Waffer iſt, immer feichter wird, Sie Fönnte daher vielleicht jego auch an⸗ derg gefkaltee ſeyn, als fie vor diefem geweſen; es koͤnnten vielleicht jeso Erdftriche weit in die See hinein laufen, Die man vor diefem nicht gefehen hatte, weil fie mit der See be- decket waren; es Finnen auch wohl-die Doſchtſchenniken, weil fie nicht fo tief geben, leichter. durchgefommen ſeyn, als. Fahrzeuge, die für die See gemacht find, und Pie ftets um ein merkliches tiefer-geben. So früb.das Boot Sreuge auch nur immer die Lena hinunter gieng, ſo Eonnte es doch nur erſt den 2often Jul. in Die. See auslaufen. Den ısfen Auguft fam es um ein: ſchmales Worgebirge , das ziemlich weit in die See läuft, und von dem Sieutenante für Swiatoi noß gehalten wurde, welchen Namen fonft ein anderes Vorgebirge geführer, dag nicht, dießfeits, fondern jenfeits des Indigirka liege, Er hatte aber von Swistoi noß bis an. den Indigirka noch ziemlich weit, und erreichere ihn unter zwey und fies benzig Graben zwo Minuten: unter, beftändigem Triebeiſe. Dieſer Fluß bat vier ündungen, wodurch er fi) in die See ergieße: fie find aber alle fo feiht, daß er nicht in eine einzige einlaufen Fonnfe, Er mußte alfo in der See bleiben, und zwi⸗ fehen dem Triebeife gleichfam ſchweben, bis er endlich den ıften des Herbfimonares ein« fror. Bald darauf entftund ein Sturm, der das Eis wieder brach und das Boot nach der See trieb, fo, daß es noch den gten deffelben Monates zwiſchen lauter Eife auf gut Gluͤck herum ſchwamm. Den Tag darauf aber ftund es wieder fill; und Die See fror To Bart zu, daf man ſchon den ıofen- und ııten Die Geraͤthſchaft aus dem Schiffe nach und nach auf dem Eife an das Sand bringen konnte. Das Schiff lag auf ſechzig Werfte von den indigirfifchen Mündungen und wurde völlig ausgeladen, Der Keutenant uͤberwinterte nebft feinen Seuten am Sande und hatte das Gluͤck, daß ihnen Feine fenderliche Krankheit zuftieß, und nur wenig Leute verloren giengen. Auf dem Schiffe aber blieb eine Wache, welche von Zeit zu Zeit abgelöfet wurde. An Lbensmitteln Eonnten fie Feine Noch leiden, weil nicht. leicht ein nordlicher Fluß ftärfer mie $euten befeget ift. Auch die See Fonnte ihnen reichlichen Unterhalt geben. Denn Außer den Seehunden und weißen Bären, die fich Häufig zwiſchen dem Eife befinden, gab es auch Fifche von funfjig bis fechzig Fuß lang, welche das Waſſer, wie die Wall: e von ſich fprügen. Sie ſchwammen haufenweife und ihr Fleiſch war weiß und fehr ſchmackhaft. Sie ſchienen die von den Deutſchen ſogenannten Seekuͤhe, oder Manati zu ſeyn. 5 PrP% Sonſt er 1739- — Ruffifche Keifen, 1740. 484 Reiſen der Rufen in das Eismeer. Sonſt bat man wahrgenommen, daß die See von Swiatoi noß an, Tängft den Ufern, fehr niedrig und das fand daran ſehr pfart war, Man hat auch bisher und das folgende Jahr angemerfer, daß von Swiatoi noß an bis Kolyma fein Fluß in die See fällt, der an feiner Mündung fo tief wäre, daß ein etwas großes Fahrzeug darein einlaufen koͤnnte. Den folgenden Fruͤhling gab man fich alle Mühe, das Boor zu ret⸗ ten. Man brachte es auch, wiewohl fehr befchäbiger, bis an das Ufer, und es ſcheint, daß man es nicht weiter habe brauchen fönnen. Denn ber Lieutenant that noch eine Reiſe bis an den Kolyma in fleinen Fahrzeugen, und gieng fo gar bis Amadyrskoi⸗ Oſtrog theils zu Lande, theils zu Waſſer. Er hat auch die ganze Küfte bis dahin befchrieben und feine Schifffahrt 1740 geendiget. Zur Belohnung für fein ausgeftan- denes Ungemach wurde er zum Haupfmanne der Flotte erhoben und Fam ſchon in dem 1741 0der 1742 Jahre nach Eronftade zurück, > ER Was die andere nach Nordmeften unfernommene Reiſe anberriffe, fo weis mar nichts weiter davon zu fagen, alg daß die doppelte Schaluppe unter der Anführung des Lieu⸗ tenants Chariton Laptiew im 1739 Jahre nicht bis an die Mündung des Jeniſei gekommen ſey, ſondern am Chatanga uͤberwintert habe; daß es auch das folgende Jahr ſowohl durch dieſe Reiſe, als durch die, welche man von Mangaſea aus angeſtellet hat, beſtaͤtiget worden, daß zwiſchen den Fluͤſſen Pfaſiga, oder wie ihn die meiſten Leute daſiger Gegend nennen Pjaſida, und Tamur, oder Taimur, ein foldyer Strich Sandes nach Norden in die See laufe, daß man diefelbe gefroren anträfe ehe man noch das Ende dieſes Landes erreichet hätte; und daß weder das Schiff von Mangafea noch das vom Lena folchen Strich hätten umfegeln Fönnen; und daß entweder eines oder alle bende zuletzt zwifchen dem Eife zerfheitere wären, jedoch fo, daß Eein Menfch dabey zu Grunde gegangen, CHR — Deut X) Auf der io7ten Seite | — 2) Memoire für les Samojedes et les Lappons, mit diefem Sinnſpruche: Hos Natura mo- eh TREE UAUTE 485 HH Neue Nachricht Ko: Samojedien und den Samojeden. an bat von diefem Sande und denen Völfern, die es bewohnen, bereits in bem Yon Samos fiebenzebenten Bande diefes Werkes geredet 1): indeffen find doch die Beobach⸗ jedien. tungen, welche wir bier von eben der Materie geben, Feine Wiederholung . deffen, was man bereits geſehen hat, fondern fie Haben vielmehr noch den doppelten Vor— theil, daß fie ganz neu und beynahe noch unbefanne find. Was den ungenannten Beobachter, dem man fie zu danfen hat, und den Grud der Glaubwuͤrdigkeit, den fie derdienen, anbetrifft, fo wollen wir in den eigenen Worten des Herausgebers diefer —* 2) einen Begriff von feiner Perfon, feinen Kenntniſſen und feiner Genauigkeit en. Pe „Die Nachricht, heißt es, welche man jet heraus giebt, verdienet von der Men, Vorrede des »ge derer Schriften, melche fo haufig unter diefem Titel erfcheinen, durch das Neue, Herausge⸗ »das Sonderbare und das Wahre, unterfchieden zu werden, welches ſich darinnen ver⸗ bers. »einiger befindet., DDerjenige, welchem wir fie zu danken haben, kennet das weitlaͤuftige ruſſiſche »Neich ſehr wohl, ob er gleich ein Fremder if. Er ift ein verfländiger Mann, ber feit »langer Zeit in diefem Sande, anfänglich in Kriegesdienften, und gegenwärtig in bürgers „lichen Bedienungen, gebraucher worden. „ au „Er verbindet mit einem Worrathe erworbener Kenntniffe alle die Eigenfchaften, „telche einen guten Beobachter ausmadyen, eine brennende Meugierde nad) allem , was „die Nafur hervor bringe, viel. Aufmerkſamkeit und eine weit fich erſtreckende Scharfe »finnigfeit. Man wird fich leicht überzeugen, daß ein folcher Lobſpruch nicht übertries „ben ift, wenn man feine Machrithe lieft: man wird aber eine noch viel größere Anzahl „Beweiſe davon in dem Supplemente finden, welches eben diefer Schriftfteller zu des Savary Woͤrterbuche von folhen Artikeln gemacht hat, welche Rußland angehen, „wenn er fich entfchließt, wie es zu wünfchen ift, der Welt ein Geſchenk damit zu mas » hen. Die Wahrheit und Genauigkeit, welche alle die Werke kenntlich machen, die »aus feiner Feder gehen, machen fie unftreitig allem demjenigen überlegen, was bisher »in eben der Art erfchienen ift., ' Dieſe Sammlung von Beobachtungen bat einen Theil derer Nachrichten ausge » Macher, die dem Heren_von Voltaire zu feiner Geſchichte des ruffifchen Reiches unter »Petern dem Großen gefchickt worden: dieſer berühmte Verfaſſer aber hat ſolche nur „oben hin gebrauchet, fo mie auch alle die Urkunden, welche ihm S. Excellenz, der Kam r | Pppz „merherr dos primum dedit: 8. A Koenigsberg. 1762. Man jehe das Journal eneyclopedique des Mo⸗ hates Novemb. 1762. 5 int | 46 Neue Nachricht von Samojedien Don Samo- jedien. „merberr Iwan Iwanowitſch vonSchuwalow, mit Erlaubniß feines Hoſes, ver⸗ „ſchaffet hatte. Dieſen Vorwurf machet ihm wenigſtens der Doct. Buͤſching, der durch „die wichtigen Dienfte fo bekannt iſt, welche er. «der Eröbefchreibung geleiftee hat, in „der Vorrede, die er einer deutſchen Ueberſetzung der Geſchichte Peters des Großen „vorgeſetzet hat., om Die Vorzüglichfeit der befageren Nachricht würde ‚uns ‚gern bewegen, fie fo bloß und einfach mitzufdeilen ‚ wie ſie iſt heraus gegeben worden. "Wir haben aber geglaue bet, wir müßten auf der einen Seite einige Beobachtungen binzufigen, die nicht ſo fremd dabey feyn werden, und auf der andern dasjenige wegnehmen, was ſich auf die - gappem beziehe, damit win eg in „der, Folge brauchen Eönnen, ‚wenn wir von diefen Voͤ kern nach einer.vortzefflichen Beſchre dung reden werden, „welche, der gelebree Profeſſo Hoegſtroom vor einigen Jahren herausgegeben Bat im ans, un a Unter der großen Anzahl Neifebefchreibungen,, womit die Welt uͤberſchwemmet if, finden fich fehr wenige, worinnen die Gemüchsart und Siften vieler wilden Bolker, welche in verſchiedenen Theilen der befannten Welt zerftreuer find, auf eine genugthu⸗ ende, Art entwickelt worden; ober wenn diejenigen, weiche man von. einem und eben demfelben Volke Wilden Hat, umftänblich genug find, fo,fimmen fie doch fo wenig mit einander überein, daß ein Leſer, der begierig iſt, fich zu unfetrichten , nichts weitet weis, wenn er fie gelefen bat, als zu zweifeln und ſein Urtheil aufzufchieben. ‚Einige ſtellen uns diefe Wilden als Arten von menfchenäßnlichen Thieren vor , wel⸗ chen man. viele Gunft erweift, wenn man ihnen einige Gleichfoͤrmigkeit mie dem übrie gen menfchlichen Geſchlechte in Anfehung der Geſtalt zugeſteht. Sie find noch) glücklich, wenn man äbuen.niche Die allen Menfhen angeborene- gefunde Vernunft ftreitig. machet, weil man einen Unterſchied unter ihren und unfern Gebräuchen findet, und weil-man bie Fremden nur durch den Schleyer der Vorurtheile beurtheilet, die man gemeiniglich füt feine Nation und ihre befondern Gebräuche bar. Andere Nachrichten laffen ung diefe Wilden als fehr wenig von ung unterfchieben anſehen, und. fo, als wenn fie nur bloß unter einer mwunderlichen und für uns neuer Maffe verftellee wären. . Weil man. dem’ beliebten und durchgängig angenommenen Grundſatze, daß die Menfchen überall einerley find), auf eine fonderbare Art ergeben ifk, fo leihet man ihnen hier Die Ideen, die Laſter und Tugenden, welche man in den geſit⸗ teten Geſellſchaften geſehen hat, und man bildet ſich ein, fie Elebeten dem menfchlichen Geſchlechte an, fo wie die Gabe zu reden. - [Sie find gar zu eingefchränkete Beobach⸗ fer, als daß fie den ganzen Abftand wahrnehmen koͤnnen, der fih unter einem ungefitteten und wilden Menſchen, ber noch in dem utfprünglichen Stande der Natur üft,, und dem wohlgezogenen Menfchen. befindet, der vermöge der Polirung oder der Er⸗ ziehung, die er erhalten hat, ſich davon entfernet. Sie vermengen dieſe beyden „fd verfchiedenen Weſen mit einander, und zeigen ung an dem aͤußerſten Ende der Eibku⸗ gel, mitten unfer den gränlichiten Wüften, nur ihres Gfeichen allen feidenfchaften zum Raube, wovon fie verzehret werden. e', Es würde gleichwohl für die Naturgeſchichte des Menfchen ſehr wichtig feyn, ment man genauere Begriffe von allen einzelnen Perfonen hätte, welche hoch einige urfprüng® liche Züge des Menfchen behalten, wie er aus den Händen der Natur gekommen ifk Man würde Durch die Unserfuchung im Stande feyn, zu erfenhen, was ee in den * * — und den Samojeden, 487 ſellſchaften und durch die Erziehung gewonnen oder verloren hal, Wie will man aber Yon Samos doffen,, dergleichen Beobachtungen zu befommen, fo lange man diefe Wölfer nur nad) jedien. dem Berichte der Schifffahrer oder der Kaufleute Fennen wird, die mit ganz andern Abfichten oder bloß mit ihrem Nugen beſchaͤfftiget find? Das Beſte, was man alfo thun kann, diefen Mangel zu erfeßen, ift, da mar, wenn fich die Gelegenheit dazu zeiget, die Wahrheit derer Berichte ergründet, die man don dieſen entfernten Völkern hat, daß man bie Irrthuͤmer derfelben berichtiget und dadurch die Gelehrten in den Stand ſetzet, richtige und gegründete Begriffe zu faflen, welche, ihnen wenigſtens die UnannehmlichFeiten erfparen Fönnen, ihr ganzes Lehrgebaͤude über einen Hau⸗ fen fallen zu fehen, wenn fie den Grund deſſelben auf Hirngefpinnfte und falſche Dinge gebauer haben, die aus nicht gar fichern und ganz ungetrenen Berichten gezogen worden, Was man von den unvollkommenen Kenntniffen, die man won den wilden Voͤl⸗ Perfchaften bat, uͤberhaupt gefaget hat, das finder fich vornehmlich in Anfehung der Sa Mojeden und Sappländer wahr, welche Unterchanen des ruffifchen Neiches find... Es iſt nicht viel über hundert Fahre, da felbft der Namen der Samojeden in Eus topa, noch fait unbekannt war. Geitdem Haben fi viele Reiſende; und, befonders learius, Nsbrand Ndes, der berühmte Witzen und Corneille te Bruyn, bes, iffen ;. die Sitten, und die Eigenfchaft dieſer Voͤlker kennen zu lernen und fie haben ; der Welt dasjenige mitgetheilet, mas ſie davon haben vernehmen koͤnnen. Ihre Er⸗ zaͤhlungen aber find ſehr fehlerhaft und ſehr irrig; und ihre Irrthuͤmer find aus Man⸗ gel eines genauern Unterrichtes durch die Beobachtungen über die. Samojeden beftätie ger worden, welche man im 1732 Fahre zu Petersburg herausgegeben hat. Cs ift alfo nicht zu verwundern, wenn alles das, was in der Folge von, eben der Materie erſchie⸗ nen iſt/ ebenfalls mir dem Siegel der Unwiſſenheit und Laͤgen bemerfer iſt, weil man. | Nur Reifebefihreiber abgefchrieben Hat, die feibft ſehr fehlecht unterrichtet gemefen.. Weoeil mein Schickſal gewollt har, daß ich mich ziemlich lange zu Archangel, in der Nachbarſchaft der Samojeden , habe aufhalten müffen: fo babe ich geglaubet, ich Fönne einen Theil meiner Muße nicht beffer anwenden, als wenn ich ihre Gebräuche und ihre Sitten in der Naͤhe unterfuchete. Nachdem ich alles zu Rathe gezogen habe, was des“ wegen ift herausgegeben worden, fo babe ich eine kurzgefaßte Sammlung von den wich« tigſten befondern Umftänden gemachet, welcye ich darinnen gefunden habe, mobey ich mich befonders befliffen, das Wahre von dem Falſchen forgfälrig zu unterſcheiden, und wobey ich auch die befondern Begriffe hinzu gethan, die ich mir von der Gemuͤthsart und dem Naturelle diefer wilden Nationen gemacht habe, nachdem ich fie mit einem aufmerkſamen und unparteyifchen Auge ftubierer habe, Sch mache auf den Titel eines genauen Beobachters 'feinen Anfpruch, fonbern werde mich ſchon glücklich fchägen, wenn ich die Abfiche erfüllee habe, die ich mir vor- geſetzet, und es mir gelingt, die Welt aufrichtig wegen alles desjenigen aus dem Irrthu⸗ Me zu bringen, was man ihr bis hieher Ungewiſſes und Falſches von diefen Völkern Mitgerheifer hat; und ich werde eine fehr fehmeichelhafte Belohnung in ber Zufriedenheit Nden , die mir bleiben wird, daß ich nach allem meinem Vermögen etwas zur Ent⸗ derung einiger hiſtoriſchen Wahrheiten beygetragen babe, Wenn 8488 Neue Nachricht von Samojedien von Samo⸗Wenn ich von der Stadt Archangel als einem nahe bey dieſen Voͤlkern gelegenen jedien. Orte rede, ſo will ich dasjenige dadurch nicht beglaubigen, was in den meiſten Beſchrei⸗ bungen der nach Rußland gethanen Reiſen angefuͤhret wird, naͤmlich daß man die er⸗ ſten Niederlaſſungen ſamojediſcher Colonien in den Gegenden um dieſe Stade herum fine de. Es iſt ganz gewiß, daß man folche nur in einer Entfernung. von drey bis vierhuns dere Werften 3) antrifft. Wenn man von Zeit zu Zeit einige Sampojeden zu Ark, changel gefehen hat, fo ift es im Winter, und fie kommen nur dahin, mit. ihren Renn⸗ ehieren Fiſchthran und andere Waaren, auf die Rechnung einiger Kaufleute oder Bau⸗ ven zu bringen, welche bedacht find, fie und ihre Rennthiere zu unterhalten. Was zu diefem, Irrthume Anlaß-gegeben hat, ift nichts anders, als daß vor dem und auch noch im Anfange dieſes Jahrhundertes, einige famojedifche Familien im dem Solde. der Einwohner zu Archangel geweſen, welche nad Gewohnheit diefer Wöl- fer ſich in_ den Gegenden um die Stadt herum gelagert hatten, Futter für ihre Renn⸗ ehiere zu ſuchen. Da nun einige Reifende, befonders Cornelius le Bruyn, der fich in, eine umftändliche Nachricht deswegen eingelaffen har, fie an diefem Orte: gefehen, fo haben fie ausdrücklich verfihere, Samojedien fange bey der Stadt Archangel an. Yes oͤrigens ift egüber dreyßig Jahre , daß fich Feine famojedifihe Familie mehr. — gel herum nieder gelaſſen har. Es iſt über dieſes ausgemachet/ daß dieſe Voͤlker niemal die Kuͤſten des weißen Meeres bewohnet haben und auch niemals von den Ruſſen zu dem Fangen der Seehunde, Seekuͤhe und anderer Thiere, woraus man Thran brennet/ ſind gebrauchet worden, wie viele Reifebefchreibungen enthalten. Der wahre Anfang der famojedifchen Wohnungen, menn man dergleichen bey, Völkern annehmen kann, die feinen felten Sig haben, finder fich in dem Gebierhe, Mezene, jenfeits des Fluffes dieſes Namens, drey bis vier hundert Werften weis von, Archangel. * an Ver Die Colonie, die fich jest wirflich da befinder und nad) Art diefer Völker zerſtreuet wohnet, jede Familie für ſich, ohne daß fie Dörfer oder Gemeinen von irgend einer Art machen, beftehe nur ungefähr aus drey hundert Familien, welche insgefamme von, zweenen verfchiedenen Stämmen berfommen, deren der eine Laghe und der andere Wanoute beißt; melche Unterfchiede genau unter ihnen beobachtet werden. Diefe Colonie führet den Namen Öbjondire; eine andere, welche derſelben Nachbar, aber naͤher bey Petzora iſt, wird Tihijondire genannt; die in ben Gegenden von Puftozer, der Straße Weigats gegen über, welche insgemein Bugorskoi ge nannt wird, giebt fih den Namen Bustigi. | Diefe wilde Voͤlkerſchaft befige die Strecke von mehr als dreyßig Graben laͤngſt den Küften des nordlichen Dceanes und des Eigmeeres zwiſchen dem ſechs und fechzig- ften und fiebenzigften Grade der nordlichen Breite ‚ von ‚dem Fluffe Mezene an zu rech⸗ nen, wenn man gegen Morgen jenfeits des Obi geht, bis zu dem Jeniſeifluſſe und vielleicht noch weiter, weil man, noch nicht recht weis, weiches die genauen Graͤnzen ihrer Woh⸗ nungen find, ü i ‚Ale 3) Ueber ſechzig geographiſche Meilen . RUSS ER x Sy ” - x U Im nn, bewohnen 2 Zur allgemeener Milorie der Recfer . Mack/tal son 300 . Werjke = VIII —D U] Bann = — — —— 4 und den Samojeden. 489 Alle dieſe ih den Wuͤſten einer fo: weitlaͤuftigen Strecke zerſtreueten Samojeden Yon Samos haben ohne Widerſpruch einen gemeinſchaftlichen Urſprung; wie es die Gleichfoͤrmigkeit edien. Ihrer Geſichtsbildung, ihrer Sitten, ihrer Lebensart, und fo gar ihrer Sprache augen: ſcheinlich zeiget, wiewohl ſie in verſchiedene Staͤmme oder Familien getheilet werden, die mehr oder weniger von den ruſſiſchen Wohnungen entfernet find. Ich bin gar nicht geneigt, die Meynung derjenigen anzunehmen, welche vermu— fen, die Lappen und Samojeden ſeyn nur ein einziges und einerley Volk. Der Herr don Buͤffon, welcher fich mit Rechte den größten Namen in der Republik der Gelehrten ers worben har, betriegt fich augenfcheinlich, wenn er auf eine fo ausdrückliche Art vors Siebe, als er es in feiner Naturgeſchichte thut, daß die fappen, die Semler, die Bo⸗ randier, "die Samojeden und affe.nordifche Tatarn Völker find, Die von einerlep Stamme herkommen. Man muß anfänglich im Vorbeygehen anmerfen,. daß er von einem Wolfe redet, welches nur in der Idee beſteht, wenn er der Zemler Erwähnung thut; weil es gewiß ift, Daß das Sand, welches man Neu Zembla oder Zenla, oder richtige Novaja Semla, das ift Neuland, im Ruffifchen nennet, Feine Einwohner dat, Er feheint wegen deflen, was er von den Borandiern faget, nicht beffer ge- gruͤndet zu ſeyn, deren Namen fo gar man in dem ganzen Norden nicht Fennet;, und Welche man außerdem an der Befehreibung, die er davon giebt, nur fehr ſchwer würde erkennen Finnen. Er vermuthet auch noch eine ganz durchaus ungeriffe Sache, wenn er die Sappen, die Samojeden und alle tatarifche Völker in Norden für einerley Na- tion nimmt; weil man nur auf die Verſchiedenheit der Gefihrsbildungen, der Sitten Und der Sprache Diefer Völker Acht haben darf, um ſich zu überzeugen, daß fie von !inem verfchiedenen Stamme find, wie man in der Folge beweifen wird. Man erlaube mir eine Fleine Ausfchweifung wegen Neufemla, wovon ich eben ge» Ausſchwei⸗ tedee babe; man wird darinnen einige wichtige befondere Umftände anfreffen, die ich fung wegen bon Perfonen babe, die davon unterrichtet find. Cie werden uns in den Stand ſe— Neuſemla. tzen, dasjenige zu entdecken, was einen auf die Vermuthung hat bringen koͤnnen, daß dieſe Inſel Einwohner haͤtte. [Beil die Ruſſen, die zu Mezene und um Archangel herum wohnen, ſeit vielen Jahren in dem Befige find, auf den Fang der Walruſen oder Seekuͤhe an den Kuͤ— Ren von Neuſemla zu gehen, und fo gar den Winter über da zu bleiben, fo find ihnen Auch alle die Küften fehr wohl befannt, Es ift alfo durch den einmürhigen Bericht al» ler derjenigen ausgemacht und beftätiger, welche in diefer Inſel gelaͤndet find, daß fie durch die Strafe Weigag von dem feften Sande abgefondere ift; daß fie unter dem ein Ind fiebenzigften Grade anfaͤngt, daß fie ſich in gerader Linie gegen Norden bis auf den, fünf und fiebenzigiten Grad vier Minuten Morderbreite erſtrecket, und daß fie auf der dern Seite eine Strede von fieben Graden von Welten gegen Often begreift. Gerade Ih der Mitte diefer Inſel oder mit mehr Genauigkeit zu veden, unter dem drey und fie« hengigſten Grade der Breite der Oſtſeite findet ſich eine Art von Canale oder Meerenge, hefche durch die ganze Inſel queer durchgeht; und indem fie ſich gegen Nordweſt wens bet, in das Mordmeer auf der Weftfeite unter dem drey und fiebenzigften Grade drey Ninuten der Breite fälle, wo fie diefe Inſel faſt in zween gleiche Theile zerſchneidet. Allgem. Reifebefchr, XIX Band. Qag Man ‚490 Neue Nachricht von Samojedien Yon Samo⸗ Man weis nicht, 06 dieſe Meerenge zuweilen ſchiffbar iſt. So viel iſt gewiß, daß jedien. man fie ſtets mit Eiſe bedeckt gefunden hat; und aus dieſer Urfache bat man fie niemals recht erfennen koͤnnen. Die Ueberfahrt von Archangel oder den Kuͤſten von Mezene nah Meufenla , ge fhieht ohne viele Gefahr, indem man bey Aandanoves und der Inſel Kolgnew dorben fährt, So unerfahren Diejenigen Leute auch in der Schifffahrt find, welche diefe Reife chun, fo wiſſen fie. doch genug davon ‚daß fie die Bayen ‚nicht: verfehlen, welche ſich an den Küften diefes Sandes finden und. die ihnen ſchon befannt find. Es giebt auch) ſtets eine fehe große Anzahl Leute, melche diefen Fiſchfang unternehmen, obgleich der Gewinnft, der davon heraus koͤmmt, ſehr mäßig-ift. i Diefe Reifen gefchehen in Fleinen Fahrzeugen ‚die nad) der alten Sandesart gebauet, und ordenelicher Weiſe mit gehn oder zwölf Mann befeger find, die feinen andern Ge halt haben, als den ‚Antheil, den man ihnen an demjenigen giebt, was der Fiſchfang einbringt, nachdem man zuvor die Unkoſten wegen der Ausruͤſtung und den Hauptan⸗ theil abgezogen, welcher dem Eigenthuͤmer des Schiffes vorbehalten iſt. | Diefes Sand, wenigftens in ſo weit man es gegenwärtig kennet, iſt ganz wuͤſt und unfruchtbar. Es bringe nur ſehr wenig Kraͤuter hervor man findef darinnen we⸗ der Bäume noch Gefträuche, fo daß diejenigen, welche ſich auf den Fiſchfang dahin ber geben, verbunden find, ſich mit Holze zur Feuerung zu verſehen. Es iſt wahr, daß von allen denjenigen, welche in dieſer Inſel an das Land gefti® gen ſind, keiner uͤber funfzig oder ſechzig Werſte weit in das Innere gedrungen iſt. Die koͤnnte einen glauben laffen, daß ſich vielleicht mitten in ber Inſel einiges fruchtbares Erdreich und fo gar Wohnungen faͤnden. Weil indeffen doc) die Geftade in dem gans zen Umfange durch eine große Anzahl Leute befuchet worden welche der Fifchfang das Din gezogen, ohne daß man jemals die geringfte Spur von Menfchen entdecket hat weil man auch außer dem Feine andere Thiere dafelbft finder, als. ſolche, die fich von Bifchen oder von Mooße nähren, dergleichen die weißen Wäre, die weißen Züchfe und die Rennthiere find, und fein einziges von denjenigen antrifft, die von Beeren, Kräß tern, Wurzeln oder Knoſpen der Gefträuche leben: fo ift es fehr wahrſcheinlich, da biefe Inſel Feine Einwohner enthaͤlt, und daß ihr Inneres eben fo entblößer von Holf iſt, als es ihre Küften find. Es Bat zu gleicher Zeit ſehr das Anfcheinen, daß diejenigen, die man fiir natürl® he Einwohner diefes Sandes gehalten bat, Leute gewefen, die zu dem Schiffsvolke iM gend eines ruffifchen Fahrzeuges gehörer haben; und dag um fo vielmehr, weil die Fi⸗ feher die Gewohnheit haben, fich zu Diefer Reife der famsjedifchen Kleidung zu bedienen Indeſſen ift die Kälte nicht fo heftig, als man fie fi mohl einbilden Eönnte. Scifr fer , welche vielmal ſowohl in Meufemla, als in Spisbergen, ven Winter zugebracht, DM. ben mich verfichere, daß fie die Kälte in Neuſemla fehr mäßig, in Vergleichung mit Be — gefunden haben, welches auch um einige Grade näher an dem ole iſt. In dieſer letzten Inſel genieße man in den Wintermonaten keiner Demmerung Man Fann nur bloß nad) der Stellung der Sterne, welche beftändig ſichtbar find, DM Tag von der Macht unrerfheiden; da Dingegen in Nova Semla die Tage ftets ap“ wohin man große Stangen davon geſch und den Samojeden. 498 ein ſchwaches Sicht bemerket werben, welches in den Mittagesftunden auch fo gar zu Von l derjenigen Zeit erfcheine, wo fih die Sonne nicht zeiget. ‚ Die Perfon, welche mir diefe befondern Umftände berichtet Bat, verlor vor acht bis neun Jahren vier und zwanzig Mann von dem Schiffsvolfe auf einigen Fahrzeu⸗ gen, die fie nach Neufemla geſchickt hatte, ben Winter daſelbſt zuzubringen. Man fand fie alfe an dem Orte todt, mo fie fich niedergelaffen hatten. Diefes Unglück begeg« net denjenigen fehr oft, die ſich gar zu (ange dafelöft aufhalten. Man muß aber nicht hartnaͤckig glauben, daß fie von ber übermäßigen Kälte umfommen. Ihr Tod ift viel- Mehr den dicken ungefunden Nebeln zuzuſchreiben, welche ordentlicher Weiſe von der Fäulnif der, Kräuter und des Moofes am Ufer des Meeres verurfacher werben. Wenn der Froſt lange außen bleibt, ſo vergiften und erſticken dieſe unreinen Duͤnſte die⸗ jenigen, welche fie einhauchen. Dieſes wird dadurch beftärfer, weil ſich zu eben ber Zeit eine Colonie von Mezene da befand, die aus zwanzig Mann beftund, welche ihre Hücten hundert Werfte weit von der andern ihren gebauet hatten, und wovon fein einzi⸗ ger ftard. Sie famen alle das folgende Jahr in gufer Geſundheit zurück: fie verfi« Herten aber, fie hätten viel von den Nebeln erlitten, und fie wären insgeſammt Eranf geweſen. — Geſtank dieſer Nebel iſt, nach dem Berichte derjenigen, welche Neuſemla be⸗ ſuchet haben, etwas ſo unerfrägliches, daß man keinen Begriff davon geben Fan. Die irfungen deffelben find vornehmlich fehr ſchaͤdlich, wenn die Winde aus der See fie bey einem Thaumerter nach bem Drte treiben, wo die Fiſcher überwintern. = Man weis aus einer alten Sage, daß unter ber Regierung des Czaares Iwan Wafilewig,. zur. Zeit der Zerftsrung Nowogrods, einige ruffifche Familien nach Neu⸗ femla flüchteren und fich daſelbſt niederließen. Ein Bauer, welcher fich der Herrfchaft der Stroganom entzogen hatte, war mit feiner Frau und feinen Kindern auch dahin geflos ben. Diele Ruflen Fennen die Derter noch), welche von diefen Flüchtlingen bewohner worden und bezeichnen fie fo gar mit ihren Namen: die Nachfommen diefer ungluͤck⸗ fichen Leute aber find alle zu einerley Zeit, vermuthlich durch bie Eindruͤcke diefer peſti⸗ lenzialiſchen Duͤnſte, umgekommen. Man giebt vor, man haͤtte ehemals in Neuſemla ein Silberbergwerk entdecket, und aus dieſer Urſache wurde der Ort Serebronka genannt, welchen Namen er noch fuͤhret. Derjenige, welcher mir das von dem Bergwerke und die andern Dinge be— richtet hat, hat mir zu gleicher Zeit geſaget, er haͤtte nicht dahinter kommen koͤnnen, ob dieſe Sagen ganz gewiß wären, ob er gleich ftets fehr aufmerkfam gemefen, ſich von der Wahrheit in dergleichen Unterſuchungen zu verſichern. Das Daſeyn dieſes Silberbergwerkes, wenn man es auch fuͤr wahr annaͤhme, wuͤrde nichts außerordentliches haben, weil es in Rußland fuͤr ausgemacht gehalten wird, daß man unter der Regierung der Kaiſerinn Anna in einer kleinen wuͤſten Inſel des weißen eeres, einige faſt überall mit dem reichſten Silbererzte uͤberzogene Felſen gefun⸗ en habe, das man nur jemals geſehen hat; welches zu Petersburg erkannt wurde, hickt hatte. Man verſprach ſich ſchon unermeß⸗ liche Reichthuͤmer von dieſer gluͤcklichen Entdeckung. Als man aber in den Felſen grub, O wurde man gewahr, daß er inwendig nicht die geringſte Spur von einem Erzte ent⸗ 2442 : hielt; Sam dien. 2 Neue Nachricht von Samojedien Von Samo, hielt; daß es ein bloßer Ueberzug war, der vielleicht ſo alt ‚als die Welt ſeyn "mochte, jedten. Geſtalt der Samojeden. und welchen man vermuthlich noch der Suͤndfluth zufchreiden muß, welche heutiges Tages fo viele Aufgaben auflöfer], Wieder auf die Samojeden zu kommen, von denen wir uns ein wenig enrfernef haben, fo find dieſe Leute meiftens von einer Geſtalt, die unter der mitkelmaͤßigen iſt. Ich Habe Feinen gefehen, der nicht über vier Fuß hatte, obgleich diefes die an fehnlichfte Größe ift, die man ihnen überhaupt durch eine Folge von der mündlichen Eage von den Pigmäen zugeftehr, deren Babel man durch fie wirklich machen mil. Es gab fo gar einige, melche über der mirtlern Geftalt und bis auf ſechs Fuß bach war ren. Sie haben einen harten und nervichten Körper, von einem breiten und vierfchrör tigen Baue, kurze Beine und Heine Füße, einen fehr Furzen Hals, und nach Verhaͤlt⸗ niß ihres geibes dicken Kopf, ein plattes Geficht, ſchwarze und mittelmäßig offene Aus gen, eine dergeftalt eingedrückte Naſe, daß der Zipfel derfelben beynabe mie vem Kno⸗ hen des obern Kinnbackens gleich ſteht ‚ den fie ſehr ſtark und erhaben , fo wie einen großen Mund und fleine $ippen, baben. Ihre Haare, die fo ſchwarz wie Achar, abet überaus hart und ftarf find, hängen ihnen über die Schultern und find fehe glatt; ihre Geſichtsfarbe ift fehe gelbbraun; ihre Ohren find groß und aufgeftülper, Die Mannsperfonen haben wenig oder gar Feinen Bart; und ihr Kopfift fo, wie bey den Srauensperfonen, der einzige Theil ihreg $eibes, wo fie Haare haben. Es ſteht noch zu unterfuchen, ob es ein nafürlicher Fehler, eine befondere Eigenfchaft ihres Stammes, oder die Wirkung eines bloßen Vorurtheiles ift, welches fie eine Vorftels lung von Haͤßlichkeit mit dem Haare verbinden laͤßt, und fie antreibt, fich folches übers all auszureißen, wo es zum Vorſcheine fömmt. Dem fey wie ihm wolle, ſo iſt doch den Weibsperfonen fehr daran gelegen, daß fie Fein Haar an ihrem Leibe faffen, wenn es ihnen auch die Natur gäbe, weil nach dem Gebrauche diefer Völker ein Mann bes rechtiget feyn würde, den Xeltern das Mägdchen, welches er zur Frau genommen hätte, wiedet zurück zu ſchicken und fich dasjenige wieder geben zu laffen, was er ihnen geſchenket har, wenn er anderswo, als auf dem Kopfe, Haare bey ihr fände, Es if wahr, daß ein dergleichen Fall ſehr felten feyn muß, wenn fie auch natürlicher Weife dieſem natürlichen Wuchfe unterworfen fenn wären, welchen fie vermuthlich als eine große Uns vollkommenheit anfehen, weil eine Mannsperfon gemeiniglich ein Maͤgdchen von zehn Jah⸗ ren heurathet. Es iſt auch unter diefen Wölkern fehr gemein, Kinder von eilf oder zwoͤlf Jahren hoͤchſtens als Mütter zu ſehen: dafür aber hören auch diefe frühzeirigen Mütter nach dreyßig Fahren auf, folches zu ſeyn. Sollte man nicht in diefer Ge wohnheit, die Mägdchen vor dem ordentlichen mannbaren Alter zu verheurarben, ſo wie in der Freyheit, welche die Mannsperfonen haben, fo. viele Weiber zu kaufen, al ‚fie bezahlen Fönnen, die phyſikaliſchen Urfachen von der wenigen Fruchtbarkeit der Sa⸗ mojeden und vielleicht von ihrer Fleinen Geſtalt ſuchen? i Die Gefichtsbildung der Frauensperfonen ift der Mannsperfonen ihrer vollkom⸗ men gleich, ausgenommen, daß fie etwas zärtere Züge, einen noch duͤnnern Leib, Für zere "Beine und Fleinere Füße haben. Ueber diefes iff es ſehr ſchwer, die beyden Ge ſchlechter an dem Aeußerlichen und durch die Kleidung zu unterfeheiden, die faft nicht unterfchieden ift, Die By —— Pet Masfsflad von 3 Zollen fer alle Lfeue. Meile: dei Samojeden ; \ 2.2. Samen 493 , ‚ Die Manns» und Weibesperfonen fragen, wie bey alfen wilden Völkern in den Von Samos nordlichen Sändern , Pelzwerf von Rennthieren, wovon das Kauche heraus gefehret ift. jedien. Alte Stüce find zufammen genehet, welches denn eine Kleidung ganz aus einem gIhre Klei⸗ Stuͤcke machet, die den Leib ſehr wohl einſchließt und bedecket. Dieſe Kleidung iſt zu dungen. ihren Bedürfniffen in der rauhen Himmelsgegend, die ſie bewohnen, fo bequem, daß ſich die Ruſſen und die andern Mationen, welche fich in der Nothwendigkeit befinden, in ihr Sand zu reifen, auf eben die Art kleiden. Der einzige Unterfchied, den man an den Weibeskleidern erkennet, beftehe in einigen Stüden Zeuges von verſchiedenen Farben, womit fie ihr Pelzwerf befegen; und Die jüngften unter ihnen nehmen fich zumeilen die Mühe, ihre Haare in zween oder drey Zöpfe zu flechten, "die ihnen hinten vom Kopfe herunter hängen. Diejenigen, welche vorgegeben haben, daß bie famojedifchen Weibesperſonen nicht den periodifchen, Ausleerungen unterworfen find, haben fich geirret. Dieß iſt ein befonderer Umſtand, nach welchem ich. mich genau erfundiget habe: es ift aber wahr, daß ihre Reinigungen febr ſchwach find. Ein anderer befonderer phyſikaliſcher Umſtand bey den Samojedinnen, der mir ſehr Natuͤrlicher merfwürdig vorgefommen ift, und wovon mic). meine Unterfuchungen auf gleiche Weiſe Fehler der verfichert haben, if, daß fie insgefammt platte, Fleine und zu allen Zeiten, auch wenn fie noch Samojedin⸗ Sungfern find, weiche Zigen haben, und daß das Wärzchen derfelben fo ſchwarz, wie" eine. Kohle ift. Man Fönnte glauben, diefer Zufall fey die Wirfung der frühzeitigen Heurathen bey den Mägdchen; wenn es nicht ausgemacht wäre, daß fie Diefe zufällige Eigenſchaft mit den Sappländerinnen gemein haben, ob gleich, diefe letztern ſich niemals vor dem funfzehnten Jahre verheurathen, Man muß alfo eine andere Urfache davon, entweder in der phufikalifchen Beſchaffenheit, oder in der Natur diefer Völker, fuchen, Ihre Zelte, die aus zufammen geneheten Baumrinden befteden, und mit einigen Ihre Woh⸗ Rennthierfellen bedecket find, merden pyramidenförmig auf Stöcde von mittelmaͤßiger nungen. Dice aufgerichtet. Dben auf diefem Zelte bringen fie eine Deffnung an, den Rauch hin aus zu laffen und Die Wärme zu vermehren, wenn fie folche zumachen. Man ſieht daraus, daß alles, was man von ihren unterirdifchen Wohnungen erzaͤhlet, nichts wer niger, als gegründet ift, Weil es ihnen fehr leicht fällt, diefe Zelte zufammen zu legen und fie von einem Orte zum andern vermittelft der Rennthiere zu führen, fo ift diefe Are zu wohnen: ohne Widerfpruch die bequemfte zu dem berumfchweifenden geben, wel⸗ ches fie zu führen verbunden find. Denn Da das Erdreich durchaus nichts hervorbringt, was zu ihrer Nahrung dienet, fo finden fie fih in der Nothwendigfeit, oftmals die Wohnung zu verändern, um Das Holz zu ſuchen, mas fie braudyen, und das Mooß, welches ihren Rennthieren zur Fuͤtterung dienet, Diet iſt auch doch eine von denen Urſachen, welche nebſt den Angelegenbeiten ihrer Jagd ſie abhaͤlt, in großer Anzahl: beyfammen zu wohnen; denn ſelten findet man über zwey oder drey Zelte, welche eines an das andere floßenz und wie ihre Wuͤ⸗ ften von einem unermeflichen Umfange find, fo Fönnen fie den Ort fo oft verändern, als es ihre Beduͤrfniſſe erfordern, ohne daß fie einander Schaden zufügen. Im Sommer ziehen fie die Gegenden um den Fluͤſſen vor, damit fie ſich des Fiſchfanges defto leichter zu Nutze machen: fie halten ſich aber ftets in einiger Entfer⸗ -Rung von einander, ohne jemals Geſellſchaft zu machen. 29a: Nach⸗ Don Same: jedien. —t ⸗— Ihre Be: ſchaͤfftigun⸗ gen. Ihr Unter⸗ halt. D Urſprung des Namens Sa: mojede. 494 : Neue Nachricht von Samojedien Nachdem fie für ihre Nahrung geforger haben, welches den Mannsperfonen in jeder Familie obliegt, unterdeffen daß die Weibesperfonen befchäfftiger find, die Kleider zu neben, Das Feuer zu unterhalten, und für die Kinder Sorge zu.tragen, fo befümmern fie ſich weiter um nichts; und fie wachen ruhig fort, indem fie ſich nach ihrer Arc die Zeit vertreiben und auf den Rennthierhaͤuten um das Feuer herum in ihren Hütten aus⸗ geſtrecket liegen. Die Suͤßigkeit des Müßigganges Diener diefen Leuten ſtatt aller Leiden⸗ fhaften, und die Nothwendigkeit allein Fann fie aus diefem unthätigen Leben ziehen. Diefe Siebe zum Müßiggange ift einer von den Haupfzügen, woran man den wilden Menfchen kennet, welcher der Natur überiaffen ift. Die Jagd im Winter und der Fifchfang im Sommer’ geben ihnen den nochmendis gen Unterhalt reichlich. Sie find zu diefen beyden Uebungen auf gleiche Weife geſchickt: und da die Rennthiere allen ihren Reichthum ausmachen, fo bemühen fie fich, deren eine fo große Anzahl zu befommen und zu unterhalten, als ſie nur koͤnnen. Diefe Thiere ſchi⸗ Een ſich zu der natürlichen Traͤgheit biefer Leute um fo viel beſſer, weil ihr Unterhalt feine Sorge erfordert und fie felbft unter dem Schnee das Mooß ſuchen, womit fie ſich ernähren. Leber diefes fo halten fie alle Arsen von Thieren, die fie auf der Jagd fan— gen, zu ihrer Nahrung: dienlich und verfchmähen es fo gar nicht, die Aefer derjenigen Thiere zu diefem Gebrauche anzuwenden, welche fie verrecket finden. " So efelhaft ung auch diefer Gefchmad der Samojeden vorkommen mag, fo find fie darinnen doch nicht wilder, als die Chinefen, welche fo gefitter, fo wohlgezogen fie immer find, fich dennoch auch die umgefallenen Thiere ſchmecken laffen. i 1 Gleichwohl nehmen die Samojeben von der Anzahl derer Thiere, die fie effen, die Hunde, die Rasen, das Hermelin und das Eichhörnchen aus, ohne daß ich die Urfache davon habe entdecken Fönnen. Was das Fleiſch der Nennthiere anbelanger, fo effen’fie es ftets roh. Es iſt etwas Leckerhaftes für fie, wenn fie das Blur diefer Thiere ganz _ warm trinken Fönnen. ie geben fo gar vor , diefes Getränk diene ihnen zum Verwah⸗ rungsmittel wider den Scharbock: ſie wiſſen aber den Gebrauch nicht, Milch von ihnen zu bekommen, wie viele Schriftſteller ohne Grund geſaget haben. Sie eſſen ſo gar die Fiſche ganz roh, von welcher Gattung ſie ſeyn moͤgen: was die andern Arten von Lebensmitteln aber anbetrifft, ſo laſſen ſie ſolche lieber Fochen ; und weil fie Feine gefegere Stunde zu ihren Mahlzeiten haben, fo ſteht ftets ein Keffel mit einigen Speifen angefüllet auf dem Feuer, melches fie mitten in ihren Zelten unterhalten, damit ein jeder von denen, welche die Familie ausmachen, effen Fönne, wenn es ihn gut duͤnket. Was den Namen Samojede anbetrifft, fo ift man gemeiniglich wegen feiner Herleitung nicht einig. Einige glauben, diefer Namen fomme mit dem Namen Mens ſchenfreſſer überein, welcher diefen Völkern vor Alters gegeben worden, weil man fie rohes Fleiſch Hatte effen fehen, welches man für Menfchenfleifch hielt; woraus man ge ſchloſſen, fie äßen die todten Seichen ihrer eigenen Art, fo wie auch ihrer Feinde ihre, nach ber Weife der Cannibalen. Man ift aber von diefem ungerechten Irrthume ihrent- toegen ſchon lange wieder zurück gefommen; und man weis aus der mündlichen Sage diefer Völker, daß dieſer barbarifche Gebrauch niemals unter ihnen getvefen. Andere geben vor, das Wort Samojede bedeute in der Sprache diefer Völker einen Einwohner des Landes und bloß daher Fomme ihre Benennung. —* Urſprung und den Samojeden. 495 Ueſprung wuͤrde ſehr natuͤrlich zu ſeyn feinen, wenn die Vermutung, bie ihr zum Yon Samor Grunde diener, nicht von dem Beweiſe entblößet wäre, Wie es aber gewiß ift, daß Nedten- ſich in ihrer Sprache Fein Wort finder, welches dem Worte Samoje nahe koͤmmt, und fie fich in ihrer Mundart ſelbſt die Namen Minez und Chaſowo geben, fo ſieht man, daß diefe Iegre Herleitung bloß chimaͤriſch iſt, wie fo viele andere, die man ohne Unters ſuchung angenommen bat. Meinem Bedinfen nach muß man alfo eine ſuchen, welche fid auf die Sprache der benachbarten Völker bezieht, Wie es nun gewiß ift, daß die Finnen vor Alters den größten Theil der nordifchen Länder bewohner haben, fo Fan das Wort Sooma, wel⸗ ches in der finnifchen Sprache einen Moraft bedeuter, wohl dem Namen Samojeden zum Urfprunge gedienet-haben. Dieß iſt auch wahrfcheinlich die Herleitung des Na⸗ mens Samalantfch, welchen ſich die $appen in ihrer eigenen Sprache beylegen, und des Namens Somaemejes, welchen die Carelier ihren Voͤlkerſchaften zu geben fi) bes eißigen. : Me den euffifchen Kanzelleyen werben die Samojeden durch ben Namen Sirog⸗ neſſi, Robfleifchfreffer, bezeichnet: "Das ift alles, was ich wegen des Namens diefer Völker am wenigften ungeroiffes habe entdecken koͤnnen. Was die Zeit anbetrifft, da die Samojeden unter die ruſſiſche Herrſchaft gekommen, Zeit ihrer Un⸗ ſo ſtimmen faſt alle Geſchichtſchreiber darinnen uͤberein, daß ſie dieſe Denkzeit unter die — Regierung des Czaares Fedor Iwanowitz ſetzen. Unter dieſer Regierung ſollen von ei⸗ fen. nem gewiffen Onecko, der einen vortheilhaften Handel in diefem Lande getrieben hat, folche Berichte ſeyn abgefkattet worden, welche den Vorſatz erreget haben, fie unter das Soc) zu bringen. Man feget hinzu, die Eroberung des Landes ſey nur erjt unter der Regierung feines Nachfolgers, des Ezares Borris, vollendet worden, und man fey das durch damit zu Stande gefommen, daß man Schanzen und fo gar einige Städte dat innen babe erbauen laffen. Indeſſen habe ic, Urfache, zu glauben, daß man fidy wegen diefes Punktes noch betriegt. Denn ich babe Verordnungen gefeben, welche in den er⸗ fien Jahren der Regierung des Kaifers Peters des I herausgegeben worden und die Vera fügungen angehen, die man zur Hebung des Tributes von den Nuffen treffen ſoll. Dar⸗ innen wird ausdruͤcklich der offenen Briefe gedacht, welche diefen Völkern vor mehr als fechzig Jahren vor der Regierung des Czaares Fedor Iwanowitz zugeftanden worden, und wodurd) man ihnen die Erlaubniß ertheilee, den Tribut für fich felbft einzufammlen den fie an Pelzwerken bezahlen ſollen. Ueber dieſes iſt es gewiß, daß niemals die Rede davon geweſen, irgend eine Stade ober eine Feflung zur Unterwerfung der Samojeden zu bauen; wie denn auch wirklich Eeine in dem Sande ift, das fie bewohnen. Man nimmt ihren Tribut, welcher Tief lock beißt, in Eleinen Städten an, die in den Gegenden ihres Landes liegen und bon ruſſi⸗ fihen Colonien bewohnet werden. Der Tribut beſteht aus einem Pelzmerfe von fünf und Zwanzig Kopefen am Werthe, welches jeder Menfch, der fähig iſt, ſich des Bogens zu bedienen, alle Jahre liefern muß; und eine jede Art des Pelzwerkes ift ſchon nach einem gewiſſen Werthe geſchaͤtzet. Weil es hier aber auf eine Sache ankoͤnmt, die von aller denjenigen mideriprochen wird, melche von diefer Materie gefehrieben haben; und weil die Neugierigen doch mit Vergnügen ein Originalſtuͤck in der Schreibart diefer Zeit wer⸗ der ſehen koͤnnen: fo babe ich geglaubet, ich müffe hier die Ueberſetzung einer von — er⸗ 496 Neue Nachricht von Samejedien von Samo: Verordnungen beyfiigen, wovon ich geredet habe, "Das Driginal wird in den Archiven jedien. der Kanzelley zu Puſtoſer aufbewahrer: vs . Alte Verord⸗ „Bon Seiten der Czaaren und Großfürften Johann Alexeiwitz und Deter Alexei⸗ nung zum Be» wis, Oberherren aller Reußen, des großen , kleinen und Weißreußen an unfern Stols fien der Sa- „nid und Statthalter zu Puftofer, Johann Matweowitʒ Kaſtire. Es iſt uns mojeden. „Großherren von den Gugorski und Petſcherski Samojeden eine Bittſchrift einge⸗ „reichet, worinnen uns dieſe Voͤlker vortragen, daß fie ſich in dem Beſitze einiger of » fenen Briefe befinden, die ihnen von unfern Vorfahren in verfloffenen Zeiten find bei „williget worden, als dieſe Voͤlker im‘ 7033 Jahre der Welt (welches: auf das 1525 Jahr der gewöhnlichen Zeitrechnung fälle ,) verlangeten, unter die Herrfihaft des Groß⸗ „deren Ezaar und Großfürften KYafili Jwwanowiz, Oberhauptes aller Reußen, gluͤck⸗ »feligen Andenfens, aufgenommen zu werden, wodurch verordnet worden y daß’ fie. als » Untertdanen unter unfere mächtige Hand follten aufgenommen: und wider allen fremden „Angriff beſchuͤtzet werden, wenn fie nur ihren Tribut an Pelzwerfen zu Derfchora und »Puftofer bezahleten. In der Folge der Zeit und namentlich im 7105 Sabre, (mel „ches auf unfer 1597 Jahr koͤmmt,) ift eben diefen famojedifchen Voͤlkern von unferm „Urgroßvater, dem Großherrn Czaar und Großfürften Fedor Iwanowitzʒ/ Oberhaupte „aller, Reußen, gluͤckſeligen Andenkens, bewilliget worden, daß fie ihren Tribut nur, „den alten Regiftern zu Puftofer gemäß, bezahlen und die Erlaubniß haben ſollten ‚bier, „fen Tribut unter ſich durch fich felbft zu.heben. Weil man nun gegenwärtig nad) denen „Klagen, die fie anbringen, diefen Tribut von ihnen zu Berefowa und in Mefeen fürs „bert, obne daß man ihnen Quittungen über die Bezahlung giebt, die fie deswegen thun, „und man fie anhält, eben diefen Tribue noch einmal zu Puftofer zu bezahlen ; fo fleben „fie uns, nach denen vorhandenen Briefen, an, daß den Einnehmern doch aufgeleger „werde, auf eine den vorhergehenden Verordnungen: gemäße Art zu verfahren; daß fie „die Erlaubniß haben, ihren Tribue an Pelzwerken unter fich ſelbſt an einem einzigen „Orte, und namentlich zu Puftofer, zuſammen zu bringen, und daf es verbothen werde, „ihnen folchen zum zweyten Male zu Berefowa und in Mefeen abzufordern und ihnen „Gewalt an zu thun, damit fie nicht gezwungen werden; ſich zu verlaufen und das Sand „zu derlaffen , welches den Oberherrn um den Tribut bringen würde, Gleichfalls iſt „uns von den Karatſchiskoi-Samojeden und den dazu gehörigen Familien in einer mit „denen unter dieſen Völkern gebräuchlichen Zeichen unterzeichneten Bittſchrift vorge „ftellet worden, daß fie jedes Jahr eine große Anzahl Pelzwerfe zum Tribute an unfern » Einnehmer zu Berefowa liefern: und da fie nicht wiffen, ob befagerer Tribut ganz zu „uns Großherren nad) Mofcau komme, fo haben fie ein mit ihren gerwöhnlichen Zeichen „unferzeichneres Berzeichniß von dem Leberfchuffe deffen gegeben, was fie jährlich uns „ferm Einnehmer zu Puſtoſer, dem Soldaten Stainka Woluquenin, bezahlen. Auf „diefe Bieefchriften alfo verordnen wir, daß du unmittelbar ‚nach Erhaltung dieſes ge⸗ „genwaͤrtigen Briefes, Verfügungen treffeſt, daß die beſageten Gongorski und Petſchers⸗ „Fi Samojeden nicht mehr, gezwungen werden, andern Tribut zu bezahlen‘, als denjeni- „gen, der ihnen durch die offenen Briefe unferer Vorfahren und durch gegenwärtigen „Brief auferleget worden; daß fie die Erlaubniß Haben , diefen Tribut durd) fich ſelbſt, „ihrem Anfuchen gemäß, und nad) den alten Kegiftern, einzufammlen; und daß man ih „nen zum Einnehmer des befageten Tributes denjenigen unter den Leuten in unfern Dien⸗ „ften and den Samojeden. ‚497 »ften zugeftehe, welchen fie ſelbſt erwählen werden; daß du außer dem Sorge trageft, Yon Samo- „daß befagete Einnehmer des Tributes diefen famojedifchen Wölfern Feine Gewalt da» _Nedten- . „durch anthun, daß fie zu ihrem eigenen Vortheile mehr von ihnen fordern und erpref- Due »fen, als ihnen auferleget worden, und daß alles, wenn es eingefammler ift, fo wie »fonft vorher, mach Puftofer gebracht werde. Und wenn dieſe Voͤlker werden gewohnt »feyn, ihren Tribur zu Puftofer zu bezahlen, fo follft du ung diefen Tribut jedes Jahr „ordentlich zufchichen, ohne zu erlauben, daß Ruͤckſtaͤnde bleiben, und das durch den, . »Einnehmer, der von einem Samojeden begleitet feyn foll, den fie unter fich felbft dazu „erwaͤhlen wollen ; und du follft ihn gerades Weges zu uns Großherren nach Moſcau in die. n Ranzelley oder Privafie von Nowogorod bringen laſſen. Man foll feinen Tribut von dieſen Gongorsfi und Perfchersfi Samojeden zum andern Male zu Berefowa oder in »Mefeen fordern; fie follen wider allen fremden Angriff geſchuͤet werden, und du ſollſt »befonders Acht haben, daß man ihnen Feine Gewalt anchue. Und wenn du diefen Brief „wirſt gelefen und mit deiner eigenen Hand eine Abfchrift davon genommen haben, das »mit fie in den Archiven deiner Kanzelley aufbewahret werde, fo follft du das Original »diefes offenen Brieſes diefen Samojeden wieder zuftellen, damit fie ſich deffen auch bey »den andern Wonmoden oder Beamten bedienen koͤnnen, welche dir in dem Amte, das „du befleibeft, folgen werben, Gegeben zu Mofcau im Jahre 7192, (welches auf das » Jahr 1684 trifft, ) den geen „Sul. i Das Driginal diefer Schrift ift von der Hand des Diacks 5) Procophei WPof nizin unterfehrieben und von dem Unterdiack, Alexei Serfanow, verglichen worden. Bey Gelegenheit des Ortes Puftofer, deflen in diefer Verordnung Erwähnung ges - ſchieht muß man anmerken, daß denen Nachrichten gemäß, die aus ben Archiven ber Kanzelley diefer Stadt gezogen worden, bie Voͤlkerſchaft, deren Nachkommen beufe zu Tage diefes Sand bewohnen , vorber, ebe fie, nach der mündlichen Sage, vor efwan zweh bis dreyhundert Jahren, das Chriſtenthum angenommen bat, ven Namen Tfehudi geführer harte, welcher einen Finnen in ber ruffifchen Sprache bedeuter. Da die Samojeden, welche in ven Moräften oder benachbarten Wüften lebeten, den euffifchen Colonien Unruhen macheten,, fo bauere man die kleine Stade Puftofer, damit man ſich wider die Fremden in Vertheidigungsſtand ſetzete, welche zur See an diefer Küfte anländen Fönnten, wie ihre alten mündlichen Sagen enthalten. Eben deswegen beitelfete man auch im Jahre 7156 (d. i. nach der gewöhnlichen Zeitrechnung 1648) funfe zig Soldaten mit ihren Weibern und Kindern, die fich nach Cholmogor in der Gegend von Archangel begaben, Es iſt jegt noch wirklich eine Eompagnie Soldaten da, welche aus der Befagung von Archangel felbft genommen wird, Ungeachtet der Unfruchtbarkeit deg Sandes, der Eleinen Anzahl und der Armſeligkeit ihrer Einwohner, machet doc) bie Arbeitſamkeit und der Fleiß diefer Leute den Poften eines Woywoden zu Puftofer ſehr Einträglich für den Beamten, der damit befleidet iſt. Puſtoſer, der einzige Ort in dem Sande der Samojeden, melchem man ben Na⸗ men einer Stadt giebt, ob er gleich eigentlich nur ein Dorf iſt, liegt hundert Werſte oder ungefähr fo viel von den Ufern des Eismeeres, nicht weit von der Straße —— ie 5) Eine Wuͤrde, welche nach der Gewohnheit der damaligen Zeit mit der Wuͤrde eines Kanzlers oder Staatsfecreräres überein koͤmmt. in Rrr * Allgem. Reifebefchr. IX Band. Von Samoa: jedien. Die Religion der Samoje; ben, Begriff, den fie von der Deele haben, Namen Puftofer. 498 Neue Nachricht von Samojedien Die Luft ift dafelbft fo Fale und das Erdreich fo undanfbar, daß «8 Feine Arten von Ge fraide ober Früchte hervorbringt. Der Ser aber, welcher ihm feinen Namen giebt 6) ift ſehr fifchreich. Das ift es auch alles, mas in diefem der übrigen Erde unbekannten Sande merkwürdig iſt. Die Religion der Samojeden ift fehr einfältig. Diejenigen, welche vorgeben, daß das bloße Licht der menfhlichen Vernunft zureiche, eine Neligionsverfaffung zu machen, find verbunden, zu geftehen, daß eine folche Verfaſſung, die von Menfchen entworfen und eingerichtet ifE, nicht anders, als fehr dunfel und unvollfommen feyn Fönne, Ihr ganzer Glauben koͤmmt alfo auch nur auf die Fleine Anzahl der folgenden Artifel an. Sie laffen das Dafeyn eines höchften Wefens zu, welches alles erſchaffen bat, hoͤchſtgut und wohlchärig ift, welche Eigenfchaft fie nach ihrer Art zu denfen, überhebt, ihm einigen Dienft zu ermeifen und ihr Gebeth an daffelbe zu richten; weil fie vermurben, diefes Wefen nehme an den Dingen bier unten feinen Ancheil; es fordere folglich feinen Dienft von den Menfchen,, und es habe deffen auch nicht nörhig. Diefem Begriffe für gen fie noch den Begriff von einem ewigen und unfichtbaren, ſehr mächtigen, wiewohl dem erftern unferworfenen und zum Böles thun geneigten Wefen bey. Diefem Wefen fihreiben fie alles Böfe zu, was ihnen in diefem Leben begegnet. Indeſſen erzeigen fie ihm auch eben fo wenig eine Are von Dienfte, wiewohl fie ſich fehr vor ihm fürchten. Wenn fie ſich aus den Karbfchlägen ihrer Koedesnicken oder Tadeben etwas machen, fo gefchiehe es nur wegen der Gemeinſchaft, welche diefe Leute, wie fie glauben, mit dies fem boshaften Wefen haben, da fie fich fonft mit einer Arc von Unempfindlichfeit allen Uebeln unterwerfen, die ihnen begegnen Eönnen, weil fie nicht die Mittel wiffen, fie ab⸗ jumenben. Die Sonne und der Mond dienen ihnen auch noch anſtatt der Untergortheiten. Durch ihre Vermittelung theilet ihnen das höchfte Weſen, wie fie glauben, feine Ger mogenheiten mit: fie erweifen ihnen aber eben fo wenig einen Dienft, als den Goͤtzen oder Fetiſchen, die fie nach dem Rathe ihrer Koedesnicken bey ſich tragen. Sie fehel- nen fic) fo gar wenig aus diefen Gößen zumachen: und wenn fie ſich damit befaden, fo gefhieht es nur aus Ergebenheit, welche fie für die mündlichen Sagen ihrer Vorfahren zu haben feheinen, deren Bewahrer und Ausleger die Roedesnicken find. Man findet auch bey ihnen einige Begriffe von der Unfterblichkeit der Seele und einem Zuftande der Wiedervergeltung in einem andern Leben: alles das aber läuft nur auf eine Art von Seelenwanderung hinaus. Diefe Empfindung, fo dunkel fie auch feyn mag, fiheint dennoch anzuzeigen, daß dieſe Völker von irgend einer afiarifchen Nation herſtammen, welche ehemals in der Nachbarfchaft von Indien wohneten. Zu Folge ihrer Mennung von der Wanderung der Seelen pflegen fie in die Gräber. derjenigen, die fie zur Erde beftarten, die Kleider des Werftorbenen , feinen Bogen, feine Pfeite und alles, mas ihm zugehoͤret, zu legen; weil es wohl fern Eönnre, wie. fie fagen, daß der Verſtorbene ſolches in einer andern Welt brauchete und es niemanden zukoͤmmt, fid) dasjenige zuzueignen, was nem andern gehöre. Man fieht daraus daß, 6) Das ruffiihe Wort Oſero bedeutet einen 7) Ale Völker der Erde ohne Ausnahme für See und Pufto eine Wuͤſte; daher koͤmmt der wahrſcheinlicher Weiſe einerfey geweſen und fo, wie Suftin im U Buche 2 Cap. die Seythen vorſtellet: Tanto-in illis plus profecit vitiorum ignoratioy ; quam and den Samojeden. 499 Fear die Lehre Dar —— or Seele einen Theil ihrer Religion ausma- Yon Samos 2, folche nur als eine bloße Möglichkeit angefehen wird, in Anfehung deren ihnen no jedien. Zweifel übrig bleiben. { — Endlich ſo findet man unter ihnen keine von denen gottesdienſtlichen Ceremonien, bie Keine Relts unter andern Völkern der Erde bey gewiſſen Umftänden des Lebens gebräuchlich find, sionsceremos Sie befümmern fich weber bey Gelegenheit ihrer Verheurathungen, noch bey der ©e- nien bey ih⸗ burt ihrer Kinder, noch bey ihren Begräbniffen um ihre Koedesnicken. Das ganze". Ame diefer Art Priefter ſchraͤnket ſich bloß darauf ein, daß fie ihnen Rath und Goͤtzen don ihrer Art geben, wenn es fich trifft, daß fie unglücklicher auf ihren Jagden find, als gewöhnlich ift, ober ihnen eine Krankheit zuftöße. Es würde fehr ſchwer ſeyn, dieſe Leute zum Chriſtenthume zu bringen , weil ihr Verſtand gar zu eingefchränfe ift, als daß er Dinge begreifen Fönnte, welche außer der Faffung der Sinne find, und welche Schickſal für viel zu glücklich halten, als daß fie einige Veränderung darinnen wuͤn⸗ en möchten. Mi Die Samojeden find eben fo einfältig in ihrer Sittenlehre, als in ihrer Glaubens: Einfalt ihrer lehre. Sie kennen fein Geſetz, und ihnen find fogar die Namen der Safter und Tugenden’ Sittenlehre. unbefannt 7). Wenn fie fich enthalten, Böfes zu thun, fo geſchieht es aus einem bloßen Triebe der Natur 8). Es ift wahr, es ift bey ihnen gebräuchlich, daß ein jeder feine eigene Frau hat, und daß fie bey ihren Heurathen die Grade der Blutsfreundfchaft oder Anverwandtfchaft forgfältig vermeiden, fo daß eine Mannsperfon niemals ein Maͤgd⸗ chen heurathen wird, welches mit ihm von einerley Familie herkoͤmmt, in welchem Gra⸗ de der Entfernung ſolches auch ſeyn mag. Obgleich einige Schriftſteller das Gegentheil vorgegeben haben, fo iſt die Sache doc) gewiß. Sie.forgen für ihre Kinder fo lange, bis fie zu dem Alter kommen, wo fie für ihren Unterhalt felbft forgen koͤnnen. Alle die Gebräuche, welche fie gewiſſenhaft unter fid) beobachten, find nur die Kein Gefeh Frucht einer mündlichen Sage, die fie von ihren Vorfahren empfangen haben, und man wider bie Fönnre diefe Sage mit Rechte, als ein Gefes anfehen. Man finder aber nicht, daß es Miſſethateu. ihnen verbeut, zu morden, zu ſtehlen oder ſich mit Gewalt in den Beſitz der Maͤgdchen und Weiber eines andern zu ſetzen. Wenn man indeffen diefen guten deuten glauben darf, welche viel zu einfältig zu ſeyn ſcheinen, als daß fie ſich verſtellen Fönnen , ſo giebt es wenig Beyſpiele, daß dergleichen Verbrechen unter ihnen begangen worden, Wenn man fie um die Urſache einer folchen Zuruͤckhaltnng fraget, weil fie felbft geſtehen, fie ; Fennen einen Grund, der fie von diefen Tharen abhalten follte, fo antworten fie ganz ſchlecht, es falle einem jeden ſehr leicht, fich das Nothwendige zu verfihaffen, und es fey niche gut, daß man fic) das jueigne, was einem andern gehoͤret. Was den Todrfchlag anbetriffe, fo begreifen fie nicht, wie ein Menfeh fich Fönne einfommen laſſen, einen feis nes Gfeichen zu rödten. In Anfehung der Srauensperfonen denken fie, es koͤnne dieje⸗ nige, welche fie für fehr wenig Koften zu Faufen die Bequemlichkeit haben, ihre natuͤr⸗ lichen Begierden eben fo gut ſtillen, als eine andere, die ſie vielleicht mehr nach ihrer Neigung finden möchten, die fie aber nicht anders, zo durch Gewalt, bejigen —— Rrr2 an Die Tugend iſt das Ge⸗ gewiſſe Art nur ein Fehler der Organiſirung, eine Kälte , eine natuͤrliche Unleidenheit ſeyn. ) Jufitia ingeniis gentis culta, non legibus. bid. quam cognitio virtutis. gentheildes Laſters und ſetzet es nothwendiger Weiſe voraus. Die Keuſchheit, welche weder Begierde noch Leidenfihaft zu bereiten hätte, wuͤrde auf 500 Neue Rachricht von Samojedien von Samo⸗Man ſieht aus allem, was geſaget worden, daß fie Feine andere Beduͤrfniſſe, als der jedien. bloßen Natur ihre, dasift, die Nahrung, den Gebrauch der Weiber und die Ruhe, Fennen. — Ju) Weil ſie von einem groben Gefchmade find, der leicht zu vergnügen ift, fo dienet ihnen die große Gleichguͤltigkeit, welche fie-fich in Anfehung der Wahl ihrer Weiber zur ziehen, anftatt eines Örundfages und läßt fie darnach handeln, ohnedaß fie es einmal wiflen. Ihre Sinne und ihre Gemuͤthskraͤfte find in einer richtigen Verbindung mit ihrer Art des Daſeyns. Gie haben ein fcharfes Geficht, ein feines Gehör , und eine fichere Hand. Sie fpannen den Bogen mit einer bemundernswürdigen Nichtigkeit und find überaus leicht zu Fuße. Alle diefe Eigenfchaften, die ihnen angebohren und unumgäng» lich nördig find, ihnen ihre Bedürfniffe zu verfehaffen, find- durch eine beftändige Uebung zur Bollfommenheit gebracht worden. Dagegen haben fie einen groben Geſchmack, einen ſchwachen Geruch, ein ftumpfes Gefühl; welches daher Fümmt, daß die Grgenftände, welche fie umgeben, von der Natur find, daß fie Feine zarte Empfindung hervor brin, gen Fönnen. Man begreift leicht, daß der Ehrgeiz und der Eigennuß, diefe beyden großen Trieb⸗ federn, welche das ganze menfchliche Gefchlecht in Bewegung feßen, und welche in der Gofellichaft die Triebwerfe aller guten oder böfen Handlungen, fo wie auch aller Laſter find, die ihnen folgen, als des Neides, der Verftellung, der Raͤnke, des Unrechtes, der Kachgier, des Afterredens, der Verleumdung, der fügen, in der Sittenlehre diefer Bölfer nicht vorkommen; menigftens ift es gewiß, daß es ihrer Sprache an Wörtern fehlet, diefe verfchiedenen Safter auszudrücken, welche fo viele Verheerungen in den ger ſittetſten Gefellfchaften machen. Gleichheit e Man wird ohne Mühe glauben, daß die Lebensart diefer Wölker der Einfalt ihrer Samojeven. Begriffe, und der Unfruchtbarfeie des Sandes, welches fie bewohnen, gemäß feyn muß. 5 Obgleich viele Schriftfteller verfichern, daß die Samojeden Fürften, Richter oder Her ven haben, denen fie. mit Unterthaͤnigkeit gehorchen, fo iſt doch gewiß, daß fie derglei⸗ hen niemals gefannt-haben; und daß wirklich Feine unter ihnen find. Sie bezahlen ohne Widerwillen den Tribut, der ihnen auferleget ift, an Pelzwerken, ohne eive andere Uns terwerfung , gegen ihren Oberberen zu fennen; fie unterwerfen fich Diefer Bezahlung mit gutem Willen weil fie ihre Wärer eben das haben thun fehen, und weil fie wiflen, daß man fie wohl dazu zwingen koͤnnte, im Falle fie ſich deffen mweigerten. Uebrigens find fie vollfommen unabhängig von einander; und wenn einige Zwiſtig⸗ feit unter ihnen vorfällt, fo bringen fie folche nur vor die älteften einer jeden Familie und vor die Koedesnicken, deren Rath fie zuweilen annehmen, obne daß ſolches fie verbindet, fic) ihnen zu unterwerfen. | Gebrauch, der Wenn man faget, daß die Rennthiere der einzige Reichthum der Samojeden find, Rennthiere fo muß man vorausfeßen, da fie den Gebrauch der Münze und den Unterfchied unter zum Tauſche. dem Preife und dem Werthe der Meralle nicht wiffen, einige ausgenommen, welche in der Nachbarſchaft der Ruſſen wohnen, von denen fie diefen Unterſchied Fönnen gelernet haben. Sie bedienen fich ihrer Rennthiere, zu Erfaufung der Mägdchen, aus denen fie ihre Weiber machen. Allein, ob es ihnen gleich, da fie ſich mit deren Vätern wegen des Preifes vergleichen, erlaubet ift, fo viel Weiber zu nehmen, als fie wollen, fo ift es boch felten, daß fie deren über fünfe haben und die meiften laffen es bey zweyen bewenden. Es giebe Maͤgdchen, für die man hundert und bis auf Hundert und funfjig ——— ezahlet: und den Samojeden. 501 bezahlet: fie haben aber das Necht, ſolche ihren Aeltern wieder zu fehiefen und dasjenige Yon Samos zuruͤck zu nehmen, mas fie dafür gegeben haben, wenn fie Urfache finden, mit ihnen nicht jedien. Zufrieden zu ſeyn. Weil ihre Weiber gewohnet find, faft ohne Schmerzen zu gebären, fo halten fie folche für untreu und glauben, fie habe mit einem Fremden zu thun gehabt, wenn ; dag Gegentheil geſchieht. Dieß it vornehmlich der Fall, wo fie ſolche [hlagen und ihnen übel begegnen, damit fie ihren Fehler geſtehen. Bekennet fie die That, fo ſchicken fie fol- che fo gleich ihren Aeltern wieder und laffen ſich den Werth derfelben wieder geben. Ob man gleich jezo das Gegentheil fo gar bey neuern Schriftſtellern fager, fo find diefe Sa— hen dennoch wahr. Buͤffon verfichert, als eine ausgemachte Sache, die Eiferfucht wäre ihnen nicht allein unbekannt, fondern fie böthen auch ihre Töchter und Weiber den erften an, die zu ihnen Fämen. Diefer geſchickte Maturfündiger hat fehr fehlechte Nachrichten gehabt. Die famsjedifchen Weibesperfonen haben fo viel Schambaftigkeit, daß man Sift gebrauchen muß, fie zu vermögen, einen Theil ihres $eibes zu enrblößen; ob es gleich Ziemlich ſchwer iſt, zu begreifen, warum fie einen Begriff von Schande damit verbinden, wenn fie einige Blöße ſehen laſſen. Beyde Geſchlechter wiſſen nichts von dem Gebrau⸗ he der Bäder und waſchen ſich den Leib niemals, welches fie ſehr ſchmutzig und übel- riechend macher. | Diefe fo elende Sebensart macher ohne Zweifel einem jeden, der in der Gefellfchaft erzogen und geboren ift, einen Abfchen. Indeſſen find doch diefe Leute ftets fröhlich, frey von Kummer und fehr zufrieden mit ihrem Schickſale. Ich babe einige Samojeden gekannt, welche die Städte Moſcau und Petersburg gefehen, und melche folglich die Vor⸗ heile und Bequemfichkeiten hatten bemerfen Fönnen, beren die gefitteten Völker genier Ben, die aber nicht fehr gerührer davon zu ſeyn fhienen. Sie haben beftändig ihre Le⸗ bensart allem demjenigen vorgezogen, was ſie nur anziehendes und wolluͤſtiges mitten Unter den Ruſſen geſehen haben; fo viel Abneigung haben fie vor der Knechtſchaft, der Abhängigkeit und vor allem, mas ihre Ruhe, oder ibre ausgemachre Neigung zur Träg- beit unrerbrechen Fann. Sie mögen gern Toback rauchen und ſtarke Getränke trinfen, wenn fie folche bey Sonderbares den Fremden finden: fie verlaffen aber den Gebrauch derfelben ohne das geringfte Merk Beyſpiel von maal einiges Bedaurens. Diefe dämifche Unempfindlichkeit ift ihnen fo natürlich, daß —— jeder Gegenſtand, fo neu er ihnen auch iſt, ſie nur ſehr wenig ruͤhret. Er kann wohl ihre pfindn Aufmerkfamkeit auf einen Augenblick erwecken: er erreget aber ihre Begierden gemiß richt. Sch habe die Erfahrung von ihrer Unempfindlichfeit gemacht. Ich fick eines Ta- ges viele Samojeden beyderley Gefchlechtes in einem Zimmer zufammen fommen, fie in der Nähe zu unterſuchen. - Ob ic) aber gleich Geld, Früchte, und ftarfes Ges traͤnk, welches ich fie hatte Foften laſſen, und alles, was ich mir nur einbilden fonnte, daß es am fähigften märe, ihre Begierden zu verfuchen, auf dem Tifche fies - ben ließ; ob ich fie gleich gang allein in dem Zimmer ließ, da ich meine Bedienten weggeſchicket, und mich ſelbſt in einen Winfel’begeben hatte, mo ic) fie fehen Fonnte, Ohne daß fie mid) ſahen, fo giengen fie doch nicht aus ihrer Gleichguͤltigkeit. ‚Sie blier en rubig mit kreuzweiſe gelegten Beinen auf der Erde figen und ruͤhreten nichts an. ur die Spiegel macheten ihnen anfänglid; eine Art von Erſtaunen: einen Augenblick darnach aber, fihienen fie Feine Acht mehr darauf zu haben. is Su Beſon 502 | EITHER Beſondere Nachricht den Oſtiaken einem andern | 0 fibieifihen ‚Wolfe, e- Don den 8 ie Oſtiaken, der Samojeden Nachbarn, verdienen wegen ihres Sonderbaren Oſtiaken D nicht weniger bekannt zu werden. Kein Reiſender hat uns von dieſem Volke eine etwas umſtaͤndliche Beſchreibung gegeben, als Herr Muͤller, ein deutſcher Officier, der nach, Sibirien verwiefen wat 1)» Weil aber feine Nachricht nur ein fehr unvollfonnmenes Gemälde von ihnen entwirft, ſo glaubeten wir, mir müßten noch verfchiedene Züge dazu von den beften Schrifeftellern entlehnen , die von Sibirien geredet haben, ſonderlich von dem Baron von Strahlen. berg 2), einem fchmedifchen Dfficier, den wir in diefer Sammlung fehon an mehrern Orten angefuͤhret haben. Die gegenwaͤrtige Nachricht ſoll alſo die genaueſten Nachrich⸗ ten, die man bisher von den Oſtiaken gehabt hat, zuſammen faſſen. Lage des Es iſt nicht leicht, die Lage und den Umfang des Landes, welches die Oſtiaken Landes 3 bewohnen, genau zu beſtimmen, weil-fie ihre Wohnungen beftändig verändern, wie air, es die Mothwendigkeit, durch die Jagd oder den Sifchfang ihre Nahrung zu finden, ers" dungic, fordert. Unſere Karten von Europa ſetzen diefes Wolf ‚gemeiniglic vom Obi gegen Abend, ohne doch die Grängen der Gegend, die fie einnehmen, anzugeben. Die Karte ‚von den ruffiihen Entdeckungen, welche im Jahre 1758 zu Petersburg berausgefommen ift 3), feßet die Oſtiaken an zweene verfchiedene Orte in Sibirien, erftlich zwifchen den: 59 und 6oflen Grad der Breite und den 174 und ıgoften der Sänge, auf einer Inſel, welche der Fluß Tſchulim mie dem Ket machet, der durch Jeniſeisk gehe, und wie der erſte in den Obi fällt. Das anderemal'zwifchen den 61 und 6aſten Grad der Breiten, und den ıgr und 185ſten Grad der Sänge, am Ufer des Öbi gegen Morgen, nicht weil von Surgut. IhrUrſprung. Sie ſcheinen der Ueberreſt einer alten und ehedem weit zahlreichern Nation zu ſeyn; denn man verſichert uns, der Namen Oſtiak, den ihnen die Ruſſen gegeben haben, bedeute einen Hebriggebliebenen. In ihrer Sprache nennen fie fih Chutiski, und ihr Vaterland Gandimick. — | Diefe V Recueil des Voyages au Nord, par Bern- feiner Reife nach China; die Flora Sibirica. des ard, Vol. IH. Kern Gmelin; Geſchichte Peters des Großen, 2) Beſchreibung des ruſſiſchen Neiches vom von Herrn Voltaire. Strahlenberg; NsbrandNdes Nachricht von 3) Manwird in einem andern Bande vs * Befondere Nachricht von den Oſtiaken | 503 n den Diefe Völker fommen, wie alle andere, die unter einem ſtrengen Himmelsftriche Yon de wohnen, der Die Natur gleichfam erftickt, oder ihr Wachsthum verhindert, gemeinige GRAN, lich nur zu einer mittlern Größe. Doch ift ihr Wuchs nicht ohne Verhaͤltniſſe, und Ihre Geſtalt. ihre Bildung der Ruſſen ihrer nicht unaͤhnlich. Sie haben allemal falbes oder zorbes Haar. Häute von Bären, Kennthieren u. degl. dienen ihnen im Winter zur Verferti- Ihre Klei⸗ gung ihrer Kleider, Im Sommer haben fie andere von den Häuten gewiſſer Fiſche, bung. zumal der Stoͤhre. Schuhe und Strümpfe, die bey ihnen aus einem Stuͤcke find, mas chen fie zu allen Jahreszeiten aus Fiſchhaͤuten. Weber diefe Kleider ziehen fie im Winter ' ein kurzes aber weites Wamms, an welchem eine Art von Kappe oder Müge hängt, die fie nu im Regen auf den Kopf bringen. Iſt die Kälte außerordentlich; fo ziehen fie zweh Wämfer über einander; und diefer Umftand koͤmmt mit in ihre Zeitrechnung; denn um einen firengen Winter zu befehreiben, fagen fie, fie hätten zwey Waͤmſer getragen, . Yebrigens ift nichts ungefünftelter, als die Geftalt ihrer Kleider. Sie nehmen die Hänte der Thiere, ohne fie glatt zu machen, oder ihnen die geringfle Zurichtung zu ge- ben, Wenn ein Dftiafe eine Muͤtze brauchet, fo geht er auf die Jagd, erleget eine wilde Gans, einen Schwan oder fonft einen Wogel, zieht ihm die Haut mit ben Federn ab, und macht ſich daraus eine Müge, - Die Kleidung der Weiber ift bey den Dftiafen, wie bey allen wilden Bölfern, von der Männer ihrer nicht weiter unterfchieden, als durd) einige Zierrathen , die fie aus Begierde zu gefallen erfinden, und die ihrem Vermögen gemäß find. Die reichften Meibesperfonen tragen Kleider von rothem Tuche, welches bey den fibirifchen Nationen der größte Staat if. Ihr Kopfpug befteht aus Streifen Leinwand von verfihiedenen Farben, die fie dergeftale um den Kopf winden, daß das Gefiht faft ganz Davon bes decket wird. Diejenigen, welche rothes ‚Tuch tragen, haben auch eine Art Schleyer von Damafte oder anderm feidenen{chinefifchen Zeuge. ; Die Wohnung diefer Voͤlker befteht, mie bey den Samojeden, aus kleinen viers eckichten Hütten, deren Wände und Boden mit zuſammen genäbten Birfenrinden bes deckt find, Inwendig iſt eine Art von Priefche, in Geftalt eines Kaftens, mit Holz ſpaͤnen angefüllt, der ihnen ſtatt des Bettes dienet. Der Heerd ift mitten in ber Hütte, die oben eine Deffnung bat, fo groß als fie feyn muß, um den Rauch hinauszulaflen. Ihr ganzer Hausrath befteht in einem fteinernen oder eifernen Topfe, in Bogen, Pfeifen, Megen und andern Geſchirre, das aus Birkenrinde gemacht iſt, und woraus fie effen und trinken. | Einige haben auch ein Paar Meffer, und esift ein großer Reich⸗ thum, wenn einer eine eiferne Hacke oder ein ander dergleichen Werkzeug befißt. Ein angefehener Oſtiake, der unter feiner Nation den Titel eines Kneeſen führete, Fam an das Schiff Nsbrand Modes, welchen Czaar Peter der erſte nach China ſchickte 4% Er barh den Geſandten, ihn zu beſuchen, und führte ihn felbft nad) feiner | Wohnung. atka, einen Abdruck das erfangt hat. —9— BEN: don geben, aber nad) dem Verbefferungen,, de 4) Seine Nachricht, ‚fo viel davon’ Ehina bes Herr de Pigfe darinnen gemachr bar, und mac beit eriffe, iſt im-sten Bande diefes Werkes. angefüh: neuen Kenntniſſen, die man vol diejon Gegenden vet worden, | 1 ſchrelbung von Kamtſch Bon den Oſtiaken. * 504 ARE N} Befondere Nachricht Wohnung. Sie beſtund, ſaget Pobrand Ndes, wie bey dem uͤbrigen Volke, aus „ſchlecht zuſammen genaͤhten Birkenrinden. Vier Weiber, die ich bier antraf, mach⸗ „ten den Haram dieſes vermeynten Prinzen aus. Die juͤngſte hatte einen Rock von „rothem Tuche an; um den Hals, an.dem Gürtel und in den Haaren; die ibr in Zöpfen „auf die Schulter hiengen, trug ſie Zierrathen von Glafe und Korallen, Sie harte „auch große Ohrgehaͤnge, von denen Schnuren Korallen herab giengen Der ganze Haus: „rath des Prinzen beftund in einigen Wiegen und Kaͤſten aus Birfeneinde gemacht, „in welchen ſtatt der Berten Holzfpäne lagen, die fo weich als Federn waren. In den „Wiegen, die am Ende der Hütte ſtunden ‚lagen nadende Rinder, Zu Rüchengerärhen „hatte er nichts weiter, als einen einzigen Topf; Schüffeln ‚, Teller, Keffel und andere „dergleichen Gefäße, waren alle von Baumrinden gemacht, doch dem Anfehen nach „brauchte man fie nicht über dem Feuer, wenn diefes in Flammen brannte. „ Da der Ackerbau den Oftiacken unbekannt ift, fo bringe ihr Land nichts, als einige toilde Wurzeln, hervor , und ihre gewöhnliche Nahrung ift, was fie auf der Jagd oder an Fiſchen fangen. Sie effen das Fleiſch halb gefocht mir Wurzeln, aber die Fiſche, ‚fie mögen grün oder getrocknet ſeyn, eſſen fie roh, und trinken nichts als Waſſer. Einige halten Rennthiere, ihre Schlitten zu ziehen; die meiſten aber richten Hunde zu dieſem Gebrauche ab. Sie ſpannen ſechs bis zwölf Hunde vor einen Schlit⸗ ten vier bis fuͤnf Ellen lang und eine halbe Elfe breit, „Wer es nicht gefehen hat, ſaget Herr Müller, der kann ſchwerlich glauben, wie „behend und geſchwind dieſe Hunde die Schlitten ziehen. So bald fie auf dem Wege „find, hoͤren fie mit Bellen und Heulen nicht auf, bis fie an den Ort kommen wo fie „ausgefpannt werben, Iſt der Weg; weiter, als gewöhnlich, fo legen fie fich „von feldften vor den Schlitten nieder, und ruhen einen Augenblick aus. Man giebt „ihnen getrockneten Fiſch, und auf diefe fehlechte Erquickung machen fie fich wieder auf, „bis zur nächiten Station. Vier ſolche Hunde ziehen einen Schlitten mit drey hundert » Pfund Fracht in einem Tage zwölf bis funfzehen Werfte, In dem mitternächtlichen „Theile von Sibirien bedienet man fich gemeiniglich der Schlitten ‚ die von diefen Thies „ren gezogen werden, fo wohl zum Reifen, als zur Fortſchaffung der Waaren. Man „bat von ihnen ordentliche Poften, mie inEuropa, angelegt, auf denen fie von einem „Drte zum andern ordentlich abgewechfele werden, Je eilfertiger ein Reiſender iſt, des „ſto mehr Hunde ſpannet man vor feinen Schlitten. „ Obgleich die Töchter der Oftiafen durchgängig haͤßlich find, und ihre natuͤrliche Misgeftale durch die unreinen $umpen, die ihnen zu Kleidern dienen, nod) efelhafter wird, fo geben fie fich doch mit Bulerey ab, und die Begierde zu gefallen iſt bey ihnen fo lebhaft, als bey den Europäerinnen. Die Mannsperfonen empfinden ihrer Seits gleichfalls die Macht des weiblichen Geſchlechtes, und. unterlaſſen Feine von den Fleinen Bewerbungen um Ihre Gunft, durch die fie ihren Zweck zu erreichen gedenfen. Da fie mit einer einzigen Frau nicht hinlaͤng⸗ lich verforger find, fo nehmen fie ſo viele, als fie ernähren Fönnen. So bald eine Frau vierzig Jahre erreicht hat, iſt fie in ihren Augen mehr als zu alt, und fie berübren fie wicht weiter. Sie ſchicken fie aber nicht wieder nach Haufe, fondern behalten fie Fe i 3 u B fi il 1 N NIT mE — F N — RT ul Harte zum Rejen — 7 — N —— * —— — De — INTER IEE Hl Eee — — — —— — —— — — — — ScCHIAVTEM, DER VON HUNDEN GEZOGEN WIRD. Avar. ie an — ee —— —— —— Be —— ZI Fee —— — —— —— — —— —— — —⸗ J——— = —— — — ——— m —— — — — ——z = m —— mn mem —— —F —— —— —— = ent =z=eN => EZ ee Zu: == u —— —E ==—Z zu =. Sm ZI un SI en ’ von den Oſtiaken. sog ſich, und-übergeben ihnen die Sorge für die Haushaltung, dabey ntüffen fie auch die junge Yon 5— Frau bedienen, die jetzo die Geſellſchaft und Gattinn des Herrn iſt. Wenn ein Oſtiake Oftinken. , verliebt wird, ſo geſchleht die Werbung zur Heurath auf ſolgende Weiſe. Is Ein Freund des Verlieben handelt mit dem Vater des Mägbehens, der fie ſel- Heurathen ten unter hundert Rubel fehäser. Diefes Geboth wird zurück gebracht, und dargegen ein der Oſtialen. Gebot) gerban. Wenn der Kebhaber den Kauf eingeht, fo fehlägt er vor, die Bezah- lung in gewiffen Stuͤcken Hausrath zu thun, 3. E feinen Kahn für dreyßig Rubel, feinen Hund für zwanzig, feine Nee eben fo hoch gerechner; bis er nad) diefer Tare, die allemal fehr hoch und zu feinem Worrbeile ift, Die geforderte Summe "ungefähr er» reicher. Iſt er nun mit dem Schwiegervater einig geworden, fo feßet diefer einen Tag feft, an dem er ihm feine Tochter zu liefern verfpricht. Bis dahin bat der. Siebhaber. von feiner Schöne nichts zu erwarten, als füße Blicke; denn es iſt ihm nicht erlaubt, fie zu befuchen, oder mit ihr zu reden. | Io HB Wenn er feine Schmwiegerälfern befucher, fo geht er ruͤcklings in ihre Hütte, damit er ihnen nicht ins Geſicht ſehe. Wenn er mit ihnen veder, fo wendet er. fters den Kopf auf die Seite, damit er feine Ehrfurcht und Unterthänigfeit bezeuge, 4 Zur angefesten Zeit Fommt endlich der Bräutigam, ‚feine Braut aus der Hand ihres Warers zu empfangen, bet fie ihm im Beyſehn der Anverwandfen und Freunde übers giebt. Hernach empfiehlt er den neuen Eheleuten, einig mit. einander zu leben, und das find die Heurarhsgebräuche alle. Die, welche es im Vermögen haben, bewirthen die Anmefenden mit einem Glaſe Branntewein, und das ift das Siegel einer. vollfommee nen Verbindung, | | Gemeiniglich giebt der. Water feine Tochter. mit dem, achten oder neunten Sabre. weg, damit fie fich deſto beffer in ihren Mann ſchicken lerne. Dieſer vollzieht hernach die Ehe, wenn es die Natur erlaube. GE rede AanaE Die Grade der Anverwandeſchaft find Fein Hinderniß ber Ehe. Ein Sohn beus rather zwar feine Mutter nicht, weil diefe ſchon zu ale ift, wenn er das mannbare Alter erreiche hat: ‚aber man ſieht Väter ihre eigenen Töchter, und Brüder ihre Schweftern eurathen. tal a ‚Wenn einem Manne feine Fran nich mehr gefällt, ſo iſt es ihm erlaubt, fie nad) Haufe zu ſchicken, und, eine andere zu nehmen. Man ſieht aber in dieſem Falle ges meiniglih, daß bie natürliche Billigkeit über. unordentliche Begierden die Ober band. behält, nl a Sie haben auch die loͤbliche Gewohnheit, ihre Weiber, nicht nur ihre ganzen Wochen hindurch, fondern auch ſo oft fie ihre monatlichen Zufälle haben , in einer bes fondern Hütte wohnen zu laſſen. Diefe Weiber feheinen gegen die Zeit ihrer. Niederkunft niche im geringften beforgt zu ſeyn; fie gebrauchen folglich nicht die geringfie Vorſicht, bie bey der Zaͤrtlichkeit des europäifchen Frauenzimmers unentbehrlich ift. Es geſchieht oft, wohl gar im Winter, daß, wenn fie wegen der Veränderung ihrer Wohnung auf der Reiſe find, die Geburts kunde koͤmmt, und fie ftille zu halten noͤthiget. Da fie nun alsdenn feine Zelte bey der Hand haben, fo fegen fie ſich mit den übrigen verheuratheten Weibern auf dem ers Allgem, Reifebefehr. XIX Dand. Ess ſten 506 Bocoeſondere Nachricht don den, ften dem beften Orte nieder, wenn er auch mit Schnee bedecket wäre‘, und werben ent⸗ Oſtiaken bunden, ohne daß fie einige Schmerzen zu empfinden ſcheinen, oder den geringften Ver⸗ druß und Unwillen merfen laffen. Die erfte Sorge der Weiber, die ihr bey der Ente bindung benftehen, ift, daß fie das neugeborene Rind ganz mit Schnee bededfen, damit es die Kälte abhärte. Hier läßt man es fo lange, bis es ſchreyt. Darnad) nimme die Mutter das Kind auf die Arme, und fegee ihren Weg mit den andern Weibern fort. So bald man an den zur Wohnung ausgefuchten Ort koͤmmt, fo wird die Woͤch— nerinn in eine befondere Hüfte gethan, und es darf ihr niemand, auch nicht einmal ihr Mann, zu nahe fommen. Eine alte Frau ift vier bis fünf Wochen lang ihre Wärte- rinn und einige Geſelſchaft. Iſt diefe Zeit zu Ende, fo wird ein großes Feuer mits ten in der Hütte angezündet, über welches die Wöchnerinn wegfpringe. Wenn diefe Art von Reinigung gefchehen ift, fo geht fie mie dem Kinde zu ihrem Manne, der fie annimme, oder wieder ſortſchicket, wie ers für gut befindet. , Die Befchäfftigungen der Männer find, wie bey allen wilden Völkern, die Jagd und ber Fifchfang. Im Sommer trodnen fie einen. Theil der gefangenen Fifche, um Vorrath auf den Winter zu haben, und die Jagd läßt fie den übrigen Unterhalt finden. So bald Schnee und Eis den Winter anfündigen, fo laufen die Oftiafen mit ihe ren Hunden in die Wälder und Wüfteneyen, um Marder, Zobel, Füchfe, Baͤre u. ſ. w. zu jagen. Wenn fie einen Bär gefangen haben, ſo ziehen fie ihm die Hauf herunter, hauen den Kopf ab, und hängen beydes auf einen Baum, um den fie etliche mal feyerlich herum gehen , als wenn fie diefe Leberrefte ehren wollten. Alsdenn fangen fie um den Körper an Klagen zu erheben, allerhand traurige Gebärden zu machen ‚ und fich zu entſchuldigen, daß fie ihn getöörer haben. Wer bat dir das Leben genommen ? frager der ganze Haufen. Die Ruſſen; beißt die Antwort, Wer bar dir den Kopf abgehackt? Kin ruffifches Beil... Wer bat dir den Bauch aufges rer Ein ruſſiſches Meſſer. Wir bitten dich in feinem Namen um ergebung. ie ausfchmeifende Gebrauch bezieht fich auf eine Einbildung diefer Voͤlker. Eie glauben naͤmlich, die Seele des Bären, die in dem Walde herum irrere, Fönnte fich bey erfter Gelegenheit an ihnen rächen, wenn fie ihn nicht zu befänftigen fucheren, und gleichfam dafür eine Abbitte thaͤten, daß fie folche genöthiger Haben, den Körper zu verlaſſen, in dem fie ihre Wohnung aufgefchlagen hatte. Außer der Sorge für die Küche und Hausbaltung , die ganz aufden Weibern beruber, befchäfftigen fie ficy auch auf eine befondere Weiſe, von gewiſſen Neffen Garn zu fpinnen, woraus fie Leinwand und Vorhänge machen, um ſich des Machts vor den Mücken zu ſchuͤtzen, mit denen fie des Sommers allemal, zumal in den Wäldern und anden Seen, fehr beſchweret find, Obgleich diefe Leinwand etwas grob ift, fo bedienen fie fid) ihrer doch noch zu Tüchern um den Kopf, und färben fie mic verfcyiedenen Farben. An niches fcheinen beyde Sefchlechre mehr Vergnügen zu finden, als Taback zu rauchen, aber ihre Art ift von andern Nationen fehr unterſchieden. Erftlich nehmen fie_ ein wenig Waffer in den Mund, und thun einen ftarfen Zug von dem Rauche, um ihn mit dem Waffer hinter zu fhlingen. Kaum baben fie drey oder vier Züge — ſo allen f von den Oſtiaten · er fallen fie ohne Verſtand zur Erde nieder, &o Liegen fie oft eine Stunde larıg ausge- Yon den ſtreckt, mit ftarren Yugen, offenem Munde, das Geſicht mit Schaume u. d. gl. be⸗ Oſtiaken. deckt, der zum Munde, zur Naſe und zu den Augen herausdringt. Man ſollte denken, es — ra waͤre ein epileptiſcher Menſch, der eben den Anfall von der Krankheit haͤtte. Blisweilen werden dieſe Ungluͤcklichen das Opfer von dieſer wunderlichen Art zu dauchen. Einige erfticfen oder fallen in Ohnmacht, andere, die ſich am Ufer eines Flufa fes oder Sees, oder nahe bey einem Feuer, finden, ertrinken ober verbrennen! ſich darinnen. Die Weiber gewöhnen ihre Kinder bey guter Zeit zu rauchen, und es ſcheint, daß dieſe Gewohnheit, wenn ſie darinnen Maaße hielten, ihnen allerdings nuͤtzlich ſey, und ſo gut, als eine Arzney, die bofen Säfte ausführe, welche ſich durch die rohen Fiſche, und andere [chlechre gewöhnliche Rahrungsmittel haufig bey ihnen erzeugen. Obgleich), überhaupt zu reden, bie Keinlichkeit den Oftiafen unbefanne zu ſeyn feheine, und Das ganze Auſehen ihrer Weiber Ekel erwecket, fo fragen dieſe doch eine beſondere Sorgfalt, fich am Leibe rein zu halten. Sie tragen ſtets einen Guͤrtel, von eben der Geſtalt, als diejenigen ſind, welche die Eiferſucht der Maͤnner in gewiſſen Gegenden in Europa er⸗ funden hat, nebſt einem kleinen Paͤckchen Netze, aus dem feinſten Weidenbaſte 5) Das zieht alle Feuchtigfeit und alle Xusbünftungen an fich So oft als fie die Noth⸗ durfe treibt, den Gürtel abzulegen, thun fie ein frifches Bündel an die Stelle, von de hen fie immer einen Vorrach Haben, zumal in befondern Umftanden. Wenn fic) bie Siebe in diefem Falten Sande mächtig fpüren läße, fo folget ihr die Eiferfucht fo geſchwind, als bey uns, nach; nur find ihre Wirkungen nicht fo klaͤglich. Sie laufen nur auf einige abergläubifche Gebräuche hinaus, und find vielleicht die einzi⸗ gen in der Welt , die einen wirklichen Nußen baben. Denn da fie dienen follen, ein eins gebildetes Uebel zu beben oder zu verhuͤten, fo fragen fie in beyden Fallen etwas zur Beruhigung des Eiferfüchtigen bey. Ein Hftiafe, den diefe Seidenfchaft quaͤlet, fehneidet einige Haare von einer Bärenbaut, und bringe fie demjenigen, weichen er an der Untreue feiner Frau fehuld zu ſeyn glaube. Iſt diefer unſchuldig, fo nimmt er Die Haare an; iſt er aber ſchuldig, fo geſteht er die That, und vergleiche fih mit dem Manne in der Guͤte um den Preis für die Ungerreue, welche jener verftößt, und diefer heurathet. Sie gehen bey diefen Umftänden ſehr ehrlich mit einander um, und der Eiferſuͤchtige wird auf alle Fälle von feiner Unruhe befreyet. Sie find feſt überzeugt, daß, wenn ein Mann des Ehebruchs wirklich ſchuldig, und dabey fo verwaͤgen wäre, das ihm angebofbene Haar anzunehmen, fo würde bie Seele desjenigen Baͤtes, von Sem es herkoͤmmt, ihn innerhalb drey Tagen unfeblbar ums Leben bringen. Wenn er nun ſortfaͤhrt; ſich wohl zu befinden, ſo verſchwindet als - ler Argwohn des Eiferſuͤchtigen; er glaubet unrecht zu haben, und giebt fich die aͤußer⸗ ſte Mühe, daß es feine Frau wieder vergeſſen moͤge. Dieſe unterlaͤßt bey der Gelegen⸗ nicht, auf ihrer Seite ein ſtolzes Zutrauen, oder eine zaͤrtliche Empfindlichkeit zu zeigen, die oft ein bloßes Kunſtſtuͤck iſt, ihre Untreue deſto beſſer zu verbergen. 8:82 Eine 5) Salix foliis elliptico lanceolatis, ferratis, fubtus fericeis, vimine fragill, fragilis, alba, hirfuta, Flora Sibirica T. I.P.159. Salix maxima Von den Oſtiaken. Fake 58 Boceſondere Nachricht Eine) außerordentliche Faulheit, dies allen herumſchweifenden Wölkeen- eigen if) erhält die Oſtiaken in einer beftändigen Unthärigfeie, aus der fie nur allein die Noch⸗ wendigkeit, für ihren Unterhalt zu forgen, ziehen Fann. "Arbeiten, um ju fammien, das ift ihnen ein wunderlicher Gedanken, der nie in ihren Sinn koͤmmt. f Die Kunſt, die Zeit su berechnen und die Fahre zu zählen, ift diefen Voͤlkern vol fig unbekannt; das Schnehen Diener ihnen ftatt,des Calenders. Da es hier jeden Wins ter unfehlbar fhneyet, und der Schnee im Sommer ganz wegfehmiljt, fo fagen fie; Ich bin ſo viele Schnee alt. Wie wir fprechen: ch bin fo viele Jahre alt, Und das iſt der Gebrauch) aller fibirifchen Völker in den nordlichen Gegenden. Die größte Vorſicht, ‚welche die Dftiafen zu brauchen feheinen , it im Sommer ei⸗ nige Lebensmittel auf den Winter einzutragen. Dabey iſt es noch ſehr wahrſcheinlich, daß ſie dieſes aus keiner klugen Ueberlegung oder in Abſicht Auf die Zukunft thun, ſon⸗ dern weil ſie bey ihren Vorfahren eben die Vorſorge geſehen haben. Wenn ihnen Die ſchwediſchen Dfficiere vorftelleten, ſaget Herr Müller, dafs fie mehr wie das Vieh, als wie Menfchen, lebeten: fo war die Antwort, ihre Vorfahren bäften zu aller Zeit fo gelebet, und fie wollten es nicht anders machen. Was das Ge- genwärtige anlanget, fagten fie, fo fehen wir viele Kuffen, die, ungeachtet der Mühe, die fie fich geben, ob fie fich gleich bald zu Tode arbeiten, und eine Religion haben, welche ganz göttlich feynfoll, Dennoch eben fo unglücklich find, alswir, Das Zufünftige ift fo uns gewiß, daß wir unsin dem Stücke aufdie Vorſorge deffen verlaffen, der ung geſchaffen hat. Da die Oſtiaken wenig Dinge bedürfen, fo treiben fie auch einen ſehr geringen Handel. Er beftehe bloß darinnen, daß fie Pelzwerf gegen Brod, Tabak, gläferne Waa- ren, Hausgeräthe und eiferne Werkzeuge, als Beile, Nägel, Meffer u. d. gl. vertauſchen. Weil fie weder leſen noch fehreiben Eönnen, und doch gleichwohl fich bisweilen Waa⸗ ren verfchaffen mollen, die fie noͤthig haben und für die fie dem Kaufmanne feine Berficherung geben Fönnen: fo machen fie ſich in Gegenwart ihrer Gläubiger gewiſſe Zeichen auf die Hände, damit man fie von andern ihrer Sandesleufe unterfcheiden Fönne, und verfprechen zur gefeßten Zeie das, was man fordert, gegen die erhaltenen Sachen umzutauſchen. Niemals ſſeht man einen Dftiafen fein Wort nicht halten, Sie bringen, fo bald der Zahltag koͤnmt, mit der genaueften, Sorgfalt ihre trockenen Fiſche, ide Pelzwerk, oder was ſonſt bey dem Handel iſt ausgemacht worden. Zus gleich weifen fte die Zeichen auf, die fie auf den Händen fragen, laffen fie auswifchen, und fo hat alles feine Richtigkeit. Die Faulheit der Dftiafen wird durch den vorfrefflichen Gemüthscharaeter den man durchgängig bey ihnen antrifft, reichlich erfeßet. Bey ihnen muß man die menfchliche Natur in ihrer Einfalt und ganz unverfälfche füchen. ngeachtee fie in der tiefiten Ums miffenheit ftecfen, fo haben fie doch fehr dumfle und unvollfommene "Begriffe von Gore, fie find von Natur gutherzig, freundlich, liebreich. Man fieht bey den Oftiafen, fager Herr Strablenberg, Fein lüderliches Leben, feinen Diebftahl, Meyneid, Feine Trunkenheit, noch andere von den groben Laſtern, die felbft unter geſitteten Völkern fo gemein find. Kaum wird man einen einzigen unter ihnen von dergleichen angeſteckt finden, er müßte denn von den ausgearfeten Oſtiaken ſeyn, die unter den weit ſchlimmern Ruſſen leben, und unvermerkt ihre böfen Gewohnhei⸗ fen an fich nehmen. Pr e \ von den Ofiafen. ee Der ſchwebdiſche Offieier, deſſen Zeugniß mir anführen, giebt davon folgendes Yon den ‚Erempel 6). „Als ich im Jahre 1722 die Machricht erhielt, daß der Frieden im Nor- Oſtiaken. den zwiſchen Schweden und Rußland geſchloſſen wäre, fo reiſete ich von Rırofnojarst „am TenifeisE ab, ohne eine andere Begleitung als einen jungen fehwedifchen Bedien⸗ nten von vierzehn oder funfzehn Jahren bey mir zu haben. Der Befehlshaber von Kraſnojarsk hatte mir zwar einen ruſſiſchen Wegweifer mit gegeben, aber er war »bald davon gelaufen, und ich mußte ganz allein mit meinem Jungen weitläuftige Ges » genden durchrsifen, die von lauter Heyden bewohnt waren, „Ich batre ein böfzernes Floß bauen faffen , auf welchem ich den Fluß Czulim bis »in den Ody hinunter fuhr. ch hatte fhriftlichen Befehl von dem Befehlshaber zu „Kraſnojarsk bey mir, dem zu Folge ich von Dre zu Ort fünf heydniſche Tatarn zum „Rudern nehmen durfte. Da ich allein, und von meinem ruffifchen Führer verlaffen »war, der mir zugleich zum Dolmetfcher dienen ſollte, fo zeigte ich nur meinen Befehl „den Tatarn, die mir Darauf augenblicklich allen Beyftand leiſteten, der in ihrem Vers »mögen ftund, und mic) rubig von einem Wohnplage zum andern führeten. Sch muß „es zu ihrem lobe fagen, daß ich nichts unter ihnen verlohr, ob es gleich ſehr leicht geweſen »wäre, mich zu beſtehlen, denn ich ſchlief des Nachts in meinem Floſſe, und fie waren » oft drey oder viermal aufgeſtanden, ehe ich erwachte. Sch geſtehe, daß ich es nicht »hätte wagen wollen, zwiſchen Tobofsf und Mofeau fo einfam zu reifen, wo bie resbos »hicfifchen Ruſſen, ob fie gleich getauft und Chriſten find, gewiß nicht würden unter nlaffen haben, mich des beften Theiles meiner Sachen zu berauben. „Gewiffe Urfachen nörhigten mich, vierzehn Tage bey den Hftiafen am Obi zu verweilen. Ich wohnte in ihren Kürten; das wenige Pelzwerf, welches ich bey mir »batte, blieb die ganze Zeit über in einem offenen Zelte, in dem fid) eine zahlreiche Fa⸗ „milie befand, und ich verlohr nicht das geringſte Stuͤck. „Hier ift noch ein Erempel von der Redlichkeit diefer Voͤlker, das mir ein ruf „fifcher Kaufmann erzäblet bat. „ Diefer gieng von TobolsE nad) Bereſow, melde Stadt zwölf Tagereifen von „der erſten weiter gegen Norden liegt, und brachte die Nacht in einer Oſtiakenhuͤtte zu. „Den andern Morgen verlohr er einige Werfte Davon feinen Beutel, in dem etwan hun⸗ „dert Rubel waren, Es gehen zwar in diefer Gegend nicht viel Leute auf den Straßen: „aber der Sohn eben desjenigen Oftiafen, der dem Kuffen Herberge gegeben batte, koͤmmt einmal auf feinem Wege nach ber Jagd von ungefähr an den Ort, wo der - Beutel lag, und fieht ihn an, ohne ihn aufzuheben, fondern erzähle nur, da er nach „Haufe koͤmmt, er habe untermegens einen Beurel voll Geld angetroffen und ihn liegen »geiaffen. Der Vater fhickte ihn fo gleich wieder Bin, und befichlt ihm, den Beutel „mit Baumzweigen zuzudecken, damit ihn die Vorbeygehenden nicht ſaͤhen, und wenn derjenige, dem er gehoͤrte, einmal wieder kaͤme, er ihn an eben dem Orte finden „moͤchte. Der Beutel hlieb alfo drey Monate lang auf diefer Stelle. Wie der Kuffe, »der ihn verforen hatte, von Bereſow zuruͤck koͤnmt, kehret er wieder bey dieſem Oſtia⸗ „ken ein, und erzaͤhlet ihm, mas er an dem Tage, da er jenesmal von ihm abgereifet »ware, für ein Ungluͤck gehabt habe. Bift du es alfo, fagere der Oſtiak, voller Freus { ©5353 „den, 6) 1. TH, a1. ©. Bon ven Oſtiaken. — Religion der⸗ felben. 510 Bcoreſondere Nachricht „ben, daß er ihm twieber zu feinem Gelde verhelfen Fonnte, biff du es, dar den „Beutel verlohren bat?! Sep nurohne Sorgen. Ich will dir. meinen Sohn „mit geben, der ſoll dich an den Plag führen, wo er liege, da magft du ihr „felbft aufheben, Und in der That fand der Kaufmann feinen Beutel an eben der Stelle, wo er ihm entfallen war: : | Die Woimoden ausgenommen, welche der ruffifche Hof feßer, die Dftiafen zu'rer gieren und Die Abgaben zu heben, finder fich unter dem ganzen Volke fein Oberhaupt, und man machet unter Geburt, Stand und Würde Feinen Unterfchied. Es nehmen zwar einige unfer ihnen den Titel Kneeſen an, und wollen gewiffe Slüffe, als ihre Rammer- güter angefehen haben: aber ungeachtet diefer Anfprüche haben fie bey den übrigen wenig Ehrfurcht, und üben in feinem Stücke eine Gerichtsbarkeit aus. ; Jeder Hausvater hat die Sorge auf fich, fein Haus in Drdnung zu erhalten, er allein leget die Fleinen Streitigfeiten, die unter den Seinigen entftehen Fönnen, in der Güte bey. Fu wichtigen Fällen wenden fie fich an den Woiwoden, oder nehmen ihre Gösenpriefter zu Schiedesrichtern. Der Streit endiger fich gemeiniglich mir dem Urs theile, das der Priefter ausfpricht, als wenn es ihm von Gott eingegeben wäre: aber ber Göge, deffen Werkzeug er ift, vergiße feinen Vortheil nicht; es wird eine Strafe an Pelzwerke aufgelegt, und der Priefter nimme fie natürlicher Weife für den Goͤtzen ein. Die Religion diefer Völker befteht in der Verehrung einiger Goͤtzen, deren fie zwo Arten haben, folche, die das ganze Wolf anbethet, und Hausgoͤtzen, die ſich jeder Hausherr felbft verfertiger, und deren Dienft bloß auf feine Familie eingefchränker ift, Diefe zweyerleyen Gößen find gemeiniglich bloße Stämme von Bäumen, ober Scheite Holz, oben abgeründet, um einen Kopf vorzuftellen, an denen zwey $öcher die Augen, ein anderes Loch den Mund, eine fchlechte Erhöhung die Naſe bedeutet, und . alles fo fehlecht gearbeitet ift, daß nur die Augen eines Oſtiaken eine Gottheit darinnen fine den koͤnnen. As im Jahre 1714 der Erzbifchof von Tobolsk Philoteus fih zu den Dftiafen begab, um fie zum chriftlichen Glauben zu befebren, fo fand man bey ihnen einige öffent: liche Gößen, von Metalle, fehr gut gegoffen, die aus China gefommen zu ſeyn fehienen. Sie berheten auch große Füpferne Platten an, auf welchen in erhabener Arbeit verfehier dene Figuren der Thiere, Hirfche, Hunde, Bären ıc, vorgeftellet waren, Die Privargösen find mit feidenen oder andern Zeugen bedecket, nach dem Vermoͤ⸗ gen einer jeden Familie. Wenn fie für das Glück ihrer Verehrer nicht Sorge genug zu tragen fcheinen, fo zieht man fie aus, mishandele fie, bisweilen werden fie gar ins Waſſer oder ins Feuer geworfen, und andere an ihre Stelle verfertiget. Wenn fie aber glücklich find, und ihren Gedanken nach den Schuß ihres Gottes zu ruͤhmen haben, ſo iſt Feine Ehrenbezeugung nad) ihrer Art, die fie ihnen nicht anthun follen. Sie liebfofen ihnen aufs zärtlichfte, bedecken fie mit dem Föftlichften Pelzwerke, von ſchwarzen Züchfen und Zobeln, ftellen fie in ihren Hütten an den oberften Platz, und bringen ihnen Opfer von Thieren und Fiſchen, deren Fett fie ihnen, als ein für fie angenehmes Gericht in den Mund ſtreichen. ! Gemei⸗ von den Oſtiaken. | 51 Gemeiniglich iſt der Hausvater zugleich Prieſter, Zauberer und Bildfehniger der Goͤ⸗ Von den ben, die er austheilet, wer fienur verlanget. Er allein hat das Recht, ihnen Opfer zu brin⸗ Oſtiaken. gen, fie um Rath zu fragen, und bie von ihnen erhaltenen Orakel bekannt zu machen. Ehe er auf die Jagd oder den Fiſchfang gebt, zieht er den Bögen zu Rathe, und man verhaͤlt fich darnach, was feine Antwort für einen glücklichen oder unglüclichen Fortgang verſpricht. Einige Oſtiaken haben auch, wie die Lappen, Zaubertrommeln, deren ſie ſich bedienen zu erfahren, ob der und jener von einer Krankheit auffommen oder daran ſterben wird, ob der Fiſchfang reichlich feyn, ob man etwas verlorenes wieder finden werde; und übers haupt bey allen denen Wahrfagungen, an bie man felbft bey den erleuchteften und gefittes fen Voͤlkern fo viel Einfältige glauben ſieht. Wecnn eine Frau, faget Herr Müller, ihren Mann verloren bat, fo Täße fie zur Bezeugung ihres Schmerzens geſchwind ein Bild ſchnitzen, dem fie die Kleider des Vers forbenen anzieht. Diefes hat fie des Nachts bey fich im Bette, und am Tage ſetzet ſie es ſich gegen uͤber, um den Verſtorbenen ſiets im Andenken zu haben, und ihre Thraͤnen Über feinen Verluſt deſto häufiger zu erregen. Diefe Eeremonie dauret ein ganzes Jahr, und jeden Tag muß fie aufs neue weinen. Das ift vollkommen die Gefchichte der aodamia. Wenn das Trauerjahr verfloſſen iſt, ſo wird das Bild ausgezogen, und in einen Winkel geſteckt, bis man es bey einem ähnlichen Falle wieder nörhig hat. Eine Frau, bie dieſen Gebrauch unterließe, hätte alle Ehre verloren. Man würde glauben , fie hätte ihren Mann nicht geliebet, und ihre Treue würde großen Zweifeln unterworfen ſeyn. Die Lehren ihrer Religion find nicht fo zahlreich, als die äußerlichen Gebräuche, Strablenberg erzäbfet, daß er fie auf feinen Reifen unter ihnen gefraget habe, wo fie glaubeten, daß ih „jenigen, welche eines gemaltfamen Todes oder auf der Bärenjagd ftürben, giengen ges „rade in ben Himmel; bie aber auf dem Bette oder eines natürlichen Todes ſtuͤrben, „müßten lange Zeit unter der Erde bey einem harten und frengen orte dienen. „ Diefes, fährt er fort, Eönnte einen auf die Gedanken bringen, daß die Oſtiaken von den alten Cimbern abſtammeten, die Rußland ehedem bewohnet haben. Denn dies ſen ſchreibt Valerius Maximus eine gleiche Denkungsart zu, wenn er ſaget, ſie liefen mit Freuden ins Treffen, als zu einem ruͤhmlichen Tode, hingegen in Krankheit waͤren ſie ganz untroͤſtlich, weil ihnen ein ſchim pflicher Tod bevorſtuͤnde. In der Sprache ſind die Oſtiaken von den Samojeden ſehr unterſchieden, ob ſie gleich neben ihnen wohnen. Berde Völker Fönnen fid) ohne einen Dolmetſcher nicht verſtehen. Die oſtiakiſche Sprache hat nach Strahlenbergen viel aͤhnliches wit der, die in Permien geredet wird, aus welchem Lande ‚das an Seppland ſtoͤßt, ſie wie man Laubet, weggezogen find, da das Chriſtenthum in demfelben ift eingeführet morden. Dies er Urfprung wird dadurch noch wahrfcheinlicher, meil die tappen mit den Oſtiaken in nſehung der Sitten und Religion mehr Aehnlichkeit haben, als mit irgend einem an— dern fibirifchen Volke. a re Seelen nach dem Tode hinfämen, und fie hätten geantwortet: „Dies . Bon den Oſtiaken. 512 Beſondere Nachricht Da die Oſtiaken unter der ruſſiſchen Herrſchaft ftehen, fo müffen fie bey jeder Ver- änderung des Thrones den Eid der Treue aufs neue ablegen. Der über fie gefegte Woi⸗ wode nimmt ihnen denſelben ab, und die Art und Weiſe nebſt der Formel iſt folgende: Man laͤßt die Oſtiaken in einem Hofe zuſammen kommen, wo eine ausgebreitete Baͤrenhaut, ein Beil und ein Stuͤck Brod liegen, von dem einem jeden ein kleines Stückchen gegeben wird. Che fie es effen, fprechen fie dieſe Worte: Wenn ich nicht mein gan? zes Leben hindurch meinem Oberherrn treu bleiben werde, wenn ich mid) wider ihn freywillig und mit Wiffen auflehne, wenn ich untertaffe, ihm die ſchuldigen Dienfte zu leiften, oder wenn ich ihn. beleidige, es gefchehe auf welche Art es wolle: fo foll mid) diefer Bär im Walde zerreißen, diefes Brod, das ich effen werde, auf der Stelle erfticken , diefes Meſſer mid) 150 ten, und diefes Beil mir den Kopf abbauen. Man hat fein Erempel, daß fie ihren Eid gebrochen haͤtten, ungeachtet man fie der Religion wegen oft beunruhiget hat. So oft man e8 auch verſuchet hat, fie zum chriftlichen Glauben zu bringen, fo hat man doch nur eine Eleine Anzahl unter ihnen zu wahren Chriften machen Finnen, - Ihr berumfihteifendes geben in den Wäldern, bey welchem es nichts hilfe, wenn man ihnen Priefter und Kirchen geben wollte; die alten Gemwohnbeiten von ihren Vorfahren , ſo⸗ wohl in Anſehung des Gottesdienſtes, als der Heurathen, ſind ſo viele Hinderniſſe des Chriſtenthumes bey einem Volke, das ſich unaufhoͤrlich erinnert, ihre Vorfahren haͤtten a ihrer Keligion glücklich gefebet, und welchem die Ruffen nod) elender ſcheinen, als fie el ft ä N Ä Der große Heidenbefehrer Philotheus, dem der größte Theil der fibirifchen Ab⸗ göfter die Taufe verdanket, (wo man das eine Taufe beißen kann, mern Heyden, die feft an ihren Irrthuͤmern bangen, von Soldaten mit Gewalt ins Waſſer getrieben wer⸗ den,) dieſer Erzbiſchof von Tobolsk beſuchete die Oſtiaken in den Jahren ızı2, 1713 und _ 1714, um fie zu bekehren. Einige tauchten ſich freywillig in das Taufwaffer: aber der größte Theil weigerte fic), das Sacrament anzunehmen. Zum Ölüce nahm man die rufe fifchen Soldaten zu Hülfe, und fo wurden halb mit Gewalt, halb aus Furcht, vier bis fünftaufend getauft. ! Der ganze Nutzen, welchen die Oftiafen von der Sendung des Erzbifchofes ge habt haben, ift, daß fie ſich feit der Zeit für Chriften ausgeben. Ob fie eg aber wirkuch find, davon fann man nad) ihrem Aberglauben, gottesdienftlichen Gebräuchen, und na dem Begriffe urtheilen, den fie von den zufünftigen Belohnungen haben, da fie no acht bis gehen Jahre nach ihrer Bekehrung dem Herrn Strablenberg Die oben angefuͤhrte Antwort geben konnten. Man wird ſchwerlich auf Erden, ſaget eben derſelbe, unempfindlichere und uner⸗ | fehrocfenere Leute antreffen, als die Oftiafen find. Die Annäherung des Todes verut facher ihnen fo wenig Schrecken und Unrube, daß fie fich weder um die Mittel, ihn abzu⸗ halten, noch einer Krankheit zuvor zu kommen, die geringfte Mühe geben, k | Die * von den Oftiaken. eu: Die erftaunende Unreinlichfeit, in der fie leben, das rohe und verborberg Sleifh, Yon den _ welches fie genießen, verurfachen ihnen feorbutifche Krankheiten, oder Ausfchläge der Haut, Oſtiaken. welche dem Ausfage ähnlich, und fo erfehreeklich find, daß man fagen Fann, fie verfau- num len bey Iebendigem Leibe. Die Liebe zum eben, welche die Natur fo tief in aller Men⸗ fihen Herz gepräger bat, um fie auf ihre Erhaltung aufmerffam zu machen ; das Schre« Een, womit ſich alle lebendige Gefchöpfe vor demjenigen entfegen, was ihnen Die Zerftö« rung drobet, Feines von beyden rühret die Seele eines Oſtiaken. Wenn fie im Geſichte, ‘an Armen oder Beinen, oder an einem andern Theile des Leibes ein Geſchwuͤr befom» men, fo: geben fie darauf gar nicht Acht. Sie fehen es rubig um ſich greifen, größer Werden, und nach und nad) andere Theile des Leibes anſtecken; fie ſehen ihre Glieder ganz verfauler, eines nach dem andern vom $eibe wegfallen, ‚ohne einen Schmerz zu ver⸗ rathen, oder eine Klage hören zu faffen. Endlich in dem Fläglichen Augenblicke, mo die Seele unter der Gewalt derer Mebel, die ihre Hülle angreifen, erliegen will, unb mit Ab⸗ ſcheue diefer Zerftörung entgegen ſieht, bemeifen die Oftiafen eine folche Härte, eine folche Unempfindliche Ergebung in ihr Schickſal, daß man kaum an den duͤmmſten Thieren der⸗ gleichen finder. Und mas bie Verwunderung daruͤber noch vermehren muß, fo ift das Feinesweges die Wirfung fanatifcher Grundfäge, dergleichen etwan diejenigen waren, mit welchen fich die ftoifchen Philoſophen fo viel mußten. Das Begraͤbniß der Oftiafen gefchieht ohne goftesbienftliche Gebraͤuche. Die Freunde des Todten kommen zuſammen, man kleidet ihn an und leget ihn in die Erde, neben ihm aber fein Meſſer, feinen Bogen, einen Pfeil, und das Geſchirr, das ihm zu- gehörere. Iſt es im Winter, fo vergräbt man ihn in Schnee; und wenn der Sommer Eomme, fo wird ein Grab gemacht und er in Gegenwart aller feiner Anverwandten Dineingeleger. Allgem. Reiſebeſchr. XIX Band. ‚ Tee Auszug 314 | Auszug einer Reiſe De Aigle, 1740, ER Auszug einer Reiſe des Herrn De Kiste, Aelteſten der königlichen Akademie der Wiſſenſchaften zu Paris, damaligen Profeffors der Eaiferfichen Akademie zu Petersburg, die er im Jahre 1740 nach Bereſow in Sibirien auf Eaiferliche Koſten gethan, den Durchgang des Mercurius durch die Sonne zu beobachten; imgleichen des Tageregifters vom Herrn Königsfeld, der ihn auf derſelben 2 begleitete N). Voraus gieng ein Dfficier von der Faiferlichen Seibwache, um an jedem Orte, durch Hinterlaffene fchriftliche Nachricht den Weg zu zeigen, den man weiter neh“ men follte, und für frifche Pferde zu forgen. Er gelangere ohne fonderliche Mühe über das Gebirge Valdai⸗Gori. Man hatte ibm die Befchwerlichfeit des Weges und die Umwege, die man nehmen müßte, fehr vergrößert; er fand nichts von dem allen. Der einzige Zufall, der ihm vor der Ankunft nach Mofcau zuſtieß, war die Unru⸗ be über den Schlitten, auf dem fich die Faiferliche Caſſe befand, die zu den Reiſekoſten beſtimmt mar. Er blieb eine Zeitlang zuruͤck, und man fürchtete, er möchte fih in eis nem Fleinen Walde bey Nowogrod verivret haben, Machdem man aber eine Stunde lang gewartet hatte, fo kam er glücklich wieder zum Worfcheine. Der Soldat, der ihn ber decken follte, entſchuldigte ſich, die elenden Pferde wären Schuld, daß er nicht haͤtte nachkommen koͤnnen. Er hätte etlichemal gerufen, ohne daß man ihn gehöre hätte. Man Fam alfo mit ber Zurcht, und der Soldat mit einigen Stodfchlägen davon, die dem Major 2), welcher die Reifenden begleitete, nicht mehr koſteten, fie ibm geben zu laffen, als ihm, fie zu leiden. Den Gelegenheit der ruflifchen Pferde bewunderte Herr de Lisle ſonderlich den Much diefer Thiere, und ihre Unermuͤdlichkeit, wenn man mir, fager er, dieß unge wöhnliche Wort erlauben will, Man erfiaunet, wenn man die armen Thiere, die das elendeſte Anſehen haben, vor Schlitten gefpannt fieht, die fie, wie es ſcheint, Faum follten von der Stelle ziehen Fönnen, und mit denen fie doch ganze Stunden lang in vol lem Galoppe ſortgehen. Und wenn man glaubet, fie müßten nicht mehr fortkoͤnnen, ſo muß man ſich aufs neue verwundern, daß eben dieſe Pferde, ohne auszuruhen, ohne zu freſſen oder zu ſaufen, wieder Kräfte finden, den übrigen Theil des Weges mie gleicht! Geſchwindigkeit zurück zu legen, ungeachtet er noch funfzehen bis zwanzig Werfte berrägf Das Geſchrey ihrer Führer, welches nicht einen Augenblick aufhöret, und bis zu Ende ber Reife immer zunimmt, dienet vermurblich, fie zu ermuntern. Denn alle — Fuhr⸗ 9: de Sisfe reifete mie feiner Gefellfchafe den agten Febr. 1740 von Petersburg ab- MHandſchriſt des Herrn de Liste, welche itzo beym Seeweſen aufgehoben iſt. 2) Herr Soltanow. \ \ nach Berefow in Sibirien, | 515 oder fie fachte, gehen laſſen, unterhal- De Aisle, Fohrleute, ſie moͤgen nun die Pferde antreiben, bald mit heftigen Stock- oder Peit- 1740-- ten ſich beftändig mir ihnen, bald mit guten Worten, ſchenſchlaͤgen. “Den zten kam Herr de Lisle nach Moſcau, wo man gleich wegen des mit Schwes den gefchloflenen Friedens ein Feſt feyerte. Hier hielt er ſich Furze Zeit auf, nicht länger als er zu den nothwendigſten Beſuchen brauchte. Er fand in dieſer alten Hauptſtadt eine katholiſche Kirche, deren Dienft von einem Paar Capucinern verfehen ward, die in Aller Strenge einer ſeraphiſchen Armuth lebten. Die wenigen Katholiken, die man in Mofcau finder, Finnen fie nicht ſehr bereichern, Das Gebäude ſteht unter dem Schutze des Kaiferg, und man fiehe fein Wapen über dem Eingange. Weil Here de Lisle im Winter, und was noch ſchlimmer war, in ber ruſſiſchen Saften veifte, fo hielt es. etwas ſchwer, sebengmittel zu finden, wie fie feiner Geſundheit jufräglich waren. Zu Wolodimir, wo er den ten anlangte, Fonnte er nicht einmal Mitch und Eyer befommen. Die Leute des Ortes glaubten, fich der Sünde tbeilhaftig zu a welche die Reifenden ihrer Meynung nad) begangen haben würden, wenn fie fo hlechte Gerichte gegeſſen bätten. Da Bee ea wurden fie aber dafür ſchadlos gehalten. Hier, wo fie den iten ankamen , nachdem fie über den hohen Berg Belozerkoi, der fehr ſteil und gefährlich ift, gegangen waren, fanden fie beſſere Bewirthung. Man brachte ihnen weiß Brod, Salz und Zucker, und es koſtete ihnen nicht mehr, als etliche Glaͤſer Franz⸗ ranntewein. F — ha: Wie fie zur Stadt hinaus waren, fo giengen fie über die Wolga, und kamen in einen Wald, hundert und zwanzig Werfte fang, wo man einen einzigen Wohnplaß an⸗ fraf, Kuma oder Bumja genannt, der aus zwehen oder dreyen Häufern beftund. Das ſoll der erfte Dre der Ezeremiffen feyn. Sie fahen bier gleichwohl niemanden, als eine - Frau, bie ein großes Feuer für fie gemacht harte. Joͤre Kleidung gieng nur bis auf die Knie; e8 war eine weite Jacke von geobem grauen Tue, das ins Weiße fiel; fie erug euffifche Stiefeln von ſchwarzem $eder, und eine weite ruſſiſche Müge mit ſchwarzem Ham» melfelle gefüttert, Man faget, daß in dieſem Walde Bäre, Elend- und Rennthiere, Hirfche, Wölfe und Marder zu finden find. Die ganze Gegend ift faft ein bejtändiger Walb. Man findet auch Feine ruſſiſchen Fuhrleute mehr, ſondern wird von Czeremiſſen oder Tſchuwachi gefahren, die Fein ruffifch verſtehen, und mit denen man folglich ohne Dolmerfcher, den man mit fich nehmen muß, nicht veden kann. Derjenige, welcher den Herrn de Lisle fuhr, hatte feinen kleinen Czeremiſſen bey ſich, einen Knaben von ewan ſieben Jahren, Er fieß ihn auf eines von den vorderften Pferden figen: denn In den engen und Frummen Wegen, Die durch diefes Holz geben, muß man die Pferde alle hinter einander fpannen, und die Schlitten dürfen über dieſes nicht breit ſeyn, wenn man Überall durchkommen will. Dieſe Czeremiſſen haben kein Feſt, als den erſten Tag im Fahre, Diefen fehern fie mit ben Kuffen, aber die Faſten halten fie nicht. Sie effen Pfer- de, und fo gar Hunde, Die Sprache biefes Volkes hat mit dem Finniſchen viele Aehn⸗ lichkeit; ſie ſcheiat auch etwas vom atein und * —— geborgt zu haben 3). — 3) Er Hat in ſeinem Tageregiſter ein Eleines Woͤrterbuch davon gegeben. ⸗ De Kisle, 1740. — — 516 Auszug einer Reife Zu Santfehurskoi, mo unfere Keifenden den 1aten durchgiengen, bemerferen fie fehr fhöne Weibesperfonen. | Den iaten kamen fie nah Chlinow oder Wiarsfa, der Hauptſtadt der Provind, durch die fie reifeten. Es ift ein großer und fehöner Ort, und man ſieht hier viele ſtei⸗ nerne Häufer; eine große Kirche, die zu einem Klofter gehöret, und ing Gevierte gebauet ift, und deren vergpldere Kuppel der Stadt ein herrliches Anfeben giebt; fieben und Zwanzig fleinerne und eine hölzerne Kirche, und ein fehr geraumes Rathhaus. Man geht durch einen achteckichten Thurm, deffen Thor durch ein bölzernes Gatter verfchloffen wird, in die Stadt und aud) wieder heraus. Sie liegt an dem Wetka ‚ an deffen Ufer noch zwey Klöfter ftehen, eines für Mönche, das andere für Nonnen. Denfelbigen Tag fam man aud) nad) Äaranoa, einem Orte, von Tatarn bewohnet, die auch davon Faranoaifche Tatarn genannt werden. Sie find von Natur gefprächig, und üben die Gaftfreyheit fehr wohl aus. Man muß, in ihr Gebierh zu kommen, durch einen Wald reifen. Bey Ankunft der Neifenden waren fie gleich in der Mofchee, und diefe, aus Neugier ihren Gotresdienft zu fehen, giengen auch binein. Sie bemerfeten bey allen Tatarn eine große Andacht, die der Ehrfurcht, welche fie für dieß Bethhaus har ben, gemäß war. Sie fnieren alle auf Deden. Die Mauern des Haufes waren mit Zeugen von verfchiedenen Farben behangen. Es brennen in den fatarifchen Mofcheen bes ftändig Lampen, und ihre Weiber dürfen nicht hinein. Sie wollten, die Reifenden folls ten, wie fie, beym Eintritte ihre Schuhe ablegen: aber diefe wollten ſich nicht dazu beque men, und ein jeder nahm die Gefahr der Sünde auf fich. Fünf und dreyßig Werfte davon, bey Wolſchoi⸗Pogoſt, fangen fich die rechten Woraifen an, ein grobes, dummes, abgörtifches Wolf deſſen Sand fich in einen Wald hineinzieht. Sie bethen in ihren Tempeln ‚ die Dua beißen , einen Ochſen an, unter dem fie fih, man weiß nicht, was für eine Gottheit vorfteflen: und wenn fie feinen Ochfen haben, fo vertrirt eine Gans feine Stelle. Sie baben von der Zeit, von Tagen und Stunden, feine Kenneniß; fie feyern auch Feine Feſte, ungeachtet fie einen eben fo verftändigen Priefter haben, als fie felbft find. Vom Schreiben wiffen fie nichts; alles wird durch mündliche Erzählung fortgepflanzt, und die Vernunft if bier noch in ihrer Kindheit. Won der Schöpfung des Menfchen haben fie einen dunkeln Begriff, und erzählen fie folgender Geftalt. in Gott ‚den fie Alees nennen, habe den Menfchen gefchaffen , auf welchen ver Schaitan gefpien hätte, und daher kaͤme das Verderben der menfchlichen Natur. Ihre Heurathen gefchehen ohne alle Umftände Wenn cine Mannsperfon ein Weibesbild nach feinem Geſchmacke finder, fo über er erſt die Rechte eines Mannes mit ihr aus; hernach erkennt er fie für feine Frau, und fänge feine Haushaltung bey dem Water an, bey welchen: er bis an feinen Tod bleibe. Der Schmuck der Weiber beftehe in einer zween Fuß hohen dreyfachen Müse, die mit klei⸗ nen — oder zinnernen Blechen, oder mit Glaskuͤgelchen von allerhand Farben ge⸗ zieret iſt. Ehe ſie auf die weitlaͤuftigen Guͤter 4) des Baron Stroganow kamen, von de⸗ nen ihnen dieſer Herr in Moſcau eine gezeichnete Karte gegeben hatte, trafen jr — err 4) Here de Aigle ſaget ausdruͤcklich, fie hätten nicht viel toeniger im Umfange, als eine der groß⸗ ten franzoöſiſchen Provinzen, * nach Bereſow in Sibirien. sı7 Heren Sifcher mit Weib und Kindern an, der zu dem Herrn Gmelin gieng. Sie De Liste, lagen in einem Fuhrwerke, das fo breit, als ein großes Bette war. . 174% Den ıgten erreichete Herr de Lisle mit feiner Geſellſchaft zu Ilginskoi⸗Selo re einem großen Flecken auf eben diefen Gütern, den Herrn Lange, Unrerftatthalter zu Tobolsk, der gleich vor ihnen abgegangen war. Gie tranfen Eaffee mit ibm, verlies Ben ihn aber bald, ihre Keife fortzufegen. | Auf allen Gütern des Baron Stroganow wurden fie fehr wohl aufgenommen. Die Prikatſchi, oder Bedienten diefes Herrn, gaben fic) viel Mühe, ihnen überall zuvor u fommen. So bald fie an einem Orte anfamen, der anfehnlich genug war, daß ſich ein Prikarfchi da fand, wurden fie gleich in das Haus des Herrn geführer, worüber diefe Bedienten gemeiniglich die Aufſicht haben. Alle diefe Häufer, faget Herr de Kisle, waren in gutem Stande; man fand. warme Zimmer, und alle Arten von Erfriſchungen, die ihnen ohne Bezahlung angebotben wurden. Zu Sludowa befihenfre man fie mit lebendigen Gänfen, Enten, und indifchen Hühnern, desgleichen mit weißem Brode und anderm Vorrathe. Diefe nügliche Sorgfalt ward bloß durch böfliche Worte vergolten. Wir verfprachen ihnen, faget Herr de Kiste, bey unferer Ruͤckkunft ihrem Herrn alles zu melden , und.ich ließ ihre Namen genau aufichreiben, Da fie den ıgten bey Tumen vorbey fuhren, fahen ſie die Schmelzhütten, und erreichten den ıgten Nowoſail oder Solikamskoi, einen großen Flecken, der von den Salzkothen feinen Namen bat, die am Fluſſe Rama 5) angelegt find, und in denen man einige artige und reiche Leute antrifft. Man follte vielleicht fagen reiche und ar⸗ tige; denn die Artigkeit folger leicht auf den Wohlftand, wenn man fie nur darüber nicht vergißt. Here de Lisle war neugierig, das Salz zubereiten zu fehen. Wenn man in diefer Gegend in die Erde gräbt, als wenn man einen Brunnen machen wollte, fo fin« det man falzichtes Waffer, Man bringt es aus diefem Brunnen durch fehr einfache umpen in. die Höhe, die von Pferden getrieben werden. Diefes wird durd) Ninnen in ein großes Behältniß geleitet, das funfig bis fechzig Fuß ins Gevierre har, aber nur einen Fuß tief ift. Dieſes Behältniß ift eigentlich ein großer Keſſel, aus eifernen Plata ten, die von eifernen Stangen, wie von einem Roſte getragen werden. Darunter wird ein beftändiges Feuer, vom Holze unterhalten, um das Waſſer fieden zu laffen: und wenn diefes ausgedünftet ift, fo leget fich das Salz zu Boden, welches ganz nacfende $eute, die längft dem Keffel auf “Brettern ſtehen, mit einer hölzernen Harfe an einer langen Stange heraus ziehen, und in Stücken ſchlagen. Es find mehr als hundert Häufer zu dieſer Arbeit angelegt, aber diefes Salz iſt nicht fo gut, als das See— oder Steinfalz. Bon Solitamskoi giengen unfere Keifenden gegen Morgen, und kamen ben eiſten hach Molzau, dem fhlimmften Orte in dem Gebirge Werchoturſe, wo ſich Eu⸗ ropa endiget und Aſien anfängt Der merkwuͤrdigſte Berg darunter iſt der KRapat, durch welchen mai einen. Weg nad) Tobolsk gehauen bat, Bey Hirga fahen fie linfer Und rechter Hand hehe Berge, die fich über die Wälder erheben, und gleichfam eine lange Mauer bilden, und. zwanzig Werſte F eben dieſem Dorfe ein Holz, hr 23 chen 5) Man fehe die gmelinifche Neife Ca. d. 88 S. im Originale.) 518 Auszug einer Reife, De Lisle, zehen Jahre vorher durch den Bliß ganz abgebranne war, Alſo befanden fie fich drey 1740. u Wichen nad) ihrer Abreife von Petersburg in Afien, Sie giengen noch denfelbigen Tag über Pandinskoi⸗Ramen, eine lange Neihe von Zelfen, die ungefähr ſiebenzig Fuß hoch find, und von denen einige Spigen wie Fleine Thürme mie Moofe bedeckt ausfehen. Bey Selo⸗Spatio oder Wogulska, fünf und vierzig Werſte davon gelegen, schen die Wogulzen an, ein Volk, das einen Wald bewohnet, wo der Daum, Picta genannt, im Ueberfluſſe waͤchſt. Sie haben viel ähnliches mie den Kalmucken, und (das ven zwei Ind zwanzig Jahre vorher durch die Vorſorge bes Statthalters Petrowitz Bas garin zur Annehmung der griechifehen Religion bewogen worden. Den aaften Fam die Gefeilfchaft nach Werchoture. Beym Eingange in die Stadt iſt ein von Natur enger Weg, woraus Die Nuffen einen Paß gemacht haben, zu verhindern, daß nichts aus Afien nad) Europa oder aus Europa nad) Aſien geht, ohne den Zoll zu erlegen. Unfere Neifenden waren davon ausgenommen. Weil man ihre Kuffer nicht durchfuchen konnte, ohne fie zu lange aufzuhalten, fo glaubte man ihnen aufs Wort. Wie man aus Werchoture heraus Fam, fo fanden fich auf beyden Seiten Berge, die man mit Paliffaden, durch die ein Thor ift, zufammen verbunden bat, um die Strafe zu befihligen. Hier ift es eigentlich, wo man in Sibirien koͤmmt. Da ſie denzzften durch Turinsk giengen, fo befuchte fie der Befehlshaber, ein preufs fifcher oder ſchwediſcher Officer, Namens Wedinger , der ihnen alle Höflichkeit erwies, und fie aufs befte bewirthete. Cr fprach deutſch, fafeinifeh und ein wenig franzöfifch Den 25ften empfanden fie eine fehr heftige Kälte. Das Aueckfilber ftund um vier Uhr des Morgens auf hundert und achtzig Grad. Denfelben Tag kamen fie durch die Stadt Tumen, und die Dörfer Safonowa, Pokrovska⸗Selo, Iska, Nerdinskoi, Liporska⸗Sardawa, welches an dem Tobol liegt, und wo die ſibiriſchen Kaufleute durchſucht werden, und Sertakowa, nad Turinskaſa, wo man bie erſte tatariſche Jurte von denen ſieht, bie in ganz Sibis rien die gefitteteften find, und Die Jasdiſchiſchen oder Krasnoſartiſchen Tatarn heißen. Diefe Tatarn find reinlich, faget Here Rönigsfeld, und leben auf die Weife, nie die Völker im Oriente. In ihren Wohnungen, die Jurten beißen, welchen Namen fie ihren Hütten oder Zelten geben, haben fie auf einem zween Fuß von der Erde erhös heten Boden Teppiche, tie die Türfen und Perfianer, davon einige von grauer $eind wand find, Man fieht hier Heine Defen, auf welchen ein großer Keffel ſteht, und in diefem kochet beftändig eine Art von Breye, ben fie dem Roggenbrode vorziehen, ob es ihnen gleich daran nicht fehlet. Lu Bon Turbinsfajs gieng Herr de Lisle gerade nah Tobolsk. Der Statthalter hatte ihnen einen Soldaten von ber Befagung entgegen geſchicket, fie nach der Stade zu fuͤhren. Die Soldaten mußten fich auf der großen Straße in Reihen ftellen, fie zu em» pfangen, und die Officiere ſalutirten ihnen. So bald Herr de Ligle in feiner angewie⸗ fenen Wohnung abgetreten war, machre ihm ein Officier im Namen des Starthalters 6) das Compfiment, und both ihn alles an, was nur in feinem Vermoͤgen ftünde, erhielt noch ſelbigen Tag viele andere Beſuche, und der Statthalter ſchickte ihm bie —— gewoͤhn⸗ 6) Es war Herr Peter Iwanowitz Buturlin. neſiſche Waaren Im nach Bereſow in Sibirien. 519 gewöhnlichen Erfriſchungen. das andere mit Biere. Den folgenden Morgen gieng Herr de Lisle mit allen feinen Leuten dem Statchalter aufzuwarten. Er fieß ihnen Taffee, Tobad und trockenen Fiſch vorfegen, der wie Zuckerbrod zubereitet warz er wollte fie auch zum Effen behalten, aber das fihlug Here de Lisle aus. Es war eben ein Faftrag, und er brauchte gefündere Speifen, als Fiſche. Uebrigens Eornre man an den Ehrenbezeugungen, die ihm ertviefen Er hatte eine Wache vor fein Zimmer gefest, und wurden, nichts weiter verlangen. , N ; ihm etliche Soldaten zugegeben „ bie er und feine Leute zum Verſchicken gebrauchen konnten. Beym Weggehen von dem Statthalter beſuchte Herr de Lisle mie dem Herrn Boͤ⸗ nigsfeld den Stabswundarzt, Herrn Holz, und dieſer führte fie zur Gräftun Prosko⸗ wie Derrowna, gebohrnen Catarinow, Gemahlinn des Grafen Senti, Faiferlichen Ceremonienmeifters, ber unter der Kaiferinn Catharina Alexiewna nad Itginskoi⸗ Oſtrog verwieſen worden wat, Ser Graf Santi harte ſich kurz nad) feiner Ankunft in Meofcan daſelbſt verheurathet, obne zu wiſſen, daß er noch weiter ſollte weggeſchicket werden. Es war ſeiner Gemahlinn nicht erlaubet, ihm nachzufolgen; ſie hatte nicht ein⸗ mal die Freyheit, nach Moſcau zu ihrer Familie zuruͤck zu kehren, und lebte in Tobolsk ſehr eingezogen. Sie hatte eine Schweſter bey ſich deren Maun in dieſer Stadt den zoften Sul, 1739 war enthauptet worden. Da diefe Dame, welche mit der liebenswuͤr⸗ digften Geftalt viel Gefhmad an den fehönften Kenntniffen verband, von Aftronomen hatte reden hören, welche nad) Berefowo giengen, fo war fie begierig gewefen, fie zu fehen und zu fprechen, das war die Gelegenheit diefes Beſuches. Den andern Tag fam ein Bes dienter von ihr zum Herrn de Lisle, und brachte zwo große Schüffeln in weißen Sers vietten eingefihlagen, die eine mit Eleinen neugebadenen Brödchen, die andere mit einges machten chineſiſchen Pomeranzen. Herr de Lisle ſchickte ihr dagegen ſechs Flaſchen Sranzwein, und ließ fie verſichern, er wuͤrde nicht weggehen, ohne von ihr Abſchied zu nehmen, welches er auch nachgehends nicht unterließ, Zween Tage nach Ankunft der afteonomifchen Geſellſchaft zu Tobolsk waren uns fere Keifenden einmal ſehr verwundert, des Morgens mit allen Glocken in Der Stadt läuten zu hören, welches dem Metropolitan zu Ehren gefihab, der in feinem fechs und fiebenzigften Jahre geftorben mar Das war der legte Metropolican in ganz Ruß⸗ land. is Peter der erfte es für gut befand, diefe Würde aufzuheben, hatte er fie dieſem bloß in Betrachtung feiner Dienfte und feines hohen Alters bis an feinen Tod befigen laffen. Er hieß Anton. Herr de Lisle gieng, ihn zu ſehen in Die Kirche in der Feſtung⸗ Er lag im Sarge mit unbedecktem Gefichte in feiner priefterlichen Kleidung, hatte die Hände auf der Bruſt gefalten und in derfelben ein Buch, Auf den Kopfe hatte er eine weiße Rappe auf, die nur die Metropolitanen fragen durften, und welche Tracht mit ihm aufgeböret hat. Ä Die Stadt Tobolsk iſt an einem Berge gebaner, mit Mauren und Thuͤrmen nach der alten Art zu befeftigen umgeben. Sie hat zwo Worftädte, eine obere, wo der Staͤtthalter wohner, und eine unten am Berge, wo alle Haͤuſer von Holze auf ruſſiſche tt gebauet, und fehr mit Bildern verzieret find. ‘Die Kramläden, wo man alle hie Ueberfluffe finder, find in der Stadt von Steinen aufgeführet, und gewoͤlbet. Es waren zwey große Füpferne Gefäße, das eine mit Meth, De Lisle, 174% 520 an Auszug einer Keife De Liste, gewoͤlbet. Die Hauprficche unterſcheidet fih durch eine Kuppel, bie ganz mie vergoldes 174% tem Kupfer bedeckt iſt. — ⸗ Den aöften berathſchlagten ſich Herr de Lisle, Herr Boͤnigsfeld, der Major Soltanow und der Faͤhndrich Gregoriew, über den Weg, den ſie nehmen wollten, . und befchloffen, Tobolsk den 2gften zu verlaffen. Deswegen traf Herr de Lisle mit dem Statthalter die noͤthigen Anftalten zur Forrfeßung ihrer Reife. Sie befamen von ihm funfzehen Soldaten, wovon einige Tifcher, andere Schlöffer, alle aber Zimmerleute waren. Dieſes legte Handwerk ift das nüglichfte.in dDiefen Gegenden, und wird am ſtaͤrk⸗ ften getrieben, Alfo war der Aufenthalt unferer Reifenden in Tobolsk fehr Furz. Die drey Nächte, welche Herr de Lisle hier zubrachte, fehlief er in einem Bette und hatte fich ausgezogen, welche Bequemlichkeit er feit feiner Abreife aus Mofcau hatte entbehren müffen, Es begegnete ihm aber alle Nächte ein außerordentlicher Zufall. Au— Fer daß fein Schlaf ‚nicht feft war, fühlte er ein Fleines Zittern durch) den ganzen Leib. Er gab anfangs nicht fonderlich Achtung darauf: weil es fich aber die folgende Nacht wie- ber einfand, fo Fam er auf die Gedanfen, daß die Gurte, welche den Boden des Bettes ausmachen, wankten. Er unterfuchte die Sache am Tage, aber es war fein Gurtbette, - fondern fein Boden beftund aus feften Brettern. Da er endlich die dritte Nacht eben dies fes merkte, und ſich bemuͤhte, Hinter die Urfache zu kommen, fo fand er, daß es eine Bewegung fey, die durch die beftändige Erfhütterung auf dem Wege von Mofcau an, allen Theilen feines $eibes fen mitgerheilee worden , da er. die Zeit über nicht anders als untertwegens im Wagen gefchlafen hatte, Den 27ften giengen Herr Königsfeld und der Stabschirurgus von Tobolsk zu der Witwe eines tatarifchen Prinzen, Thee bey ibr zu krinfen, Ihr Gemahl, der vor vier Fahren geftorben war, hieß Suberakowitſch, und war aus dem alten Haufe Kusma, welches Ezaare in Sibirien hervor gebracht hat. Sie hatte zwo ganz artige Töchter, die nach ihrer Art prächtig gefleider gingen. Sie trugen lange damajtene Klei— der, von denen überall Perlen und Silberiherab hiengen. Den Abend vor ihrer Abreife wurden fie von ihr mit Baiter befchenft, einer Are Kuchen oder von weißem Brode, Der erfte Dre feit Tobolsf, wo man den often März, Nachmittages anhielt, um frifche Pferde zu nehmen, war Murſinskoi⸗Jurta, zwölf Werfte von Demiamskoi⸗ Jam. Hier trafen unfere Reiſenden die.erften gerauften Oſtiaken griechifcher Nele ligion an. Den folgenden Tag bielten fie wieder zu PhilinskoisPowos bey einem Oſtiaken ftill, der ihnen fein Gewehr zeigte, Es war ein Bogen, fieben Fuß lang, und Pfeile mit Eifen befihlagen, aber fehr grob gearbeitet. Einer von diefen Pfeilen , deffen er fich zur Jagd der grauen Eichhörner bediente, hatte ftatt der Spige einen um« gekehrten Kegel von Holz, der das Thier toͤdtet, ohne feine Haut zu befchädigen. Dies fes Volk lebet faft von nichts als von Fiſchen, deswegen auch alles bey ihnen nach Fifchen riecht. Zwo Werfte davon frafen fie einen Oftiafen an, der auf die Jagd gieng. Er hatte einen Hund bey ſich, der ihm diente, fich über dem Schnee zu erhalten. Sein Ge: wehr war ein Bogen von Cedernholze, und ein Stab, der die Geſtalt eines Spaten hatte. Das Ende diefes Stockes war mit einem fpigigen Knochen, wie ein Zahn, und mit eis nem auf Holz gefpannten Netze verſehen, welches verhinderte, daß der Stock nicht zu tief in den Schnee ftach, fo wie der Spaten an der Seite zum Graben diente, um 1 ; ' de 7 * Erklaerung der Buchflaber de Y demsSchlosfe 2o obolsk. A. Ziranzhammee B „Hauer uroe — J3 Klapter” hoch . j ı = 3 ER . : : C. Real Zhurme nach alkr. det. * 5 u "a: wi ; Sa h — D, Z%urın eerzes Kofler treove. an dem Irtısch . — nn x . FAR; — — * E Augo el. der Domkirche . IA.Orbwo eine Sternwarte | f N 35 EEE " ng ; fanden. _—__ me il er ——— H .2as Gebirge } = L.>%%. eg ‚der ‚nichalr-Stultgehe ÄAUssIcHT voN SAMAROSSKOY-IAM |} r n r HT — ILVVVII IIDIDVV T— — NEUEN IIBVVVVVV oo ſI— TTS Süunwest-AussSICHT DES SCHLOssns Tonorsk | == —— === == == —— za === —— = Er SE —— SEE Be Fern ze —— SEE —— === —— === —— = —— —— — Ba == == === Er BR er Ware === === —— zZ == m KESE === === === — Fe zum men === —— === = Ser == —— = —— —— === EIER === —— —— ——— Fa en SEEZ Sa SE —— Sm = E33 Ser = mus —— Eee Se —— —— —E— SZ > mn Sn —— —E BE SE S== me — zz Kos —— mm Be = == FI EI FE —— —— en Be m —— Be = En en Fr mer Ft 2 === a == za SEE = ee we === zZ az zu ee Par —— a SE= za Sa Sn Be Ber Be —— —— SEE za: == Tess == == === wa LITT | = al * * — — — I nach Berefom in Sibirien. | 521 des Nachts im Schnee ein Sager zu machen, wenn der Jäger im Holge bleibt... Un feir, De Kisle ner rechten Schulter hieng,ein Köcher aus Rennthierfellen gemacht, und mit Pfeilen an-. — gefuͤllt. Sie trafen auch auf: dieſem Wege verſchiedene Narten, oder oſtiakiſche Schlit⸗ ten an, die von Hunden gezogen’ werden. Dieſe Hunde find einander meiſtens gleich, von mittler Größe, mit fpigigen Naſen, langen Ohren, die gerade indie Höhe ſtehen, fafk wie bey den Wolfen; der Rücken iſt ſchwarz, der Bauch, die Beine, die Bruſt und der Schwanz find weiß. Sie haben einen (edernen Riemen um den Bauch, und, find mit Stricten an den Schlitten gefpannf. Diefe Schlirten find, fehr leicht, bloß von, Weidenreifern gemacht, aber doc) fo guf mit einander verbunden, daß fie einen Mann und fein Geraͤch tragen Fönnen. In diefem Fuhrwerke thun die Oſtiaken alle ihre Rei⸗ fen, bald ſitzen fie oder liegen in dem Schlitten, in dent fie fo gar fhlafen; bald folgen fie ihren Hunden zu Fuße nach, mit Raketten oder dünnen Brettchen an den Füfe fen, damit fie nicht in den Schnee finfen, und ihre Kleidung ift meiftens die Haut der Elendsthiere. So ausgerüftee waren. fie unfern Neifenden fehr nüglich, und dieneten ihnen oft zu Wegweiſern. Man ſchickte fie oft fünfzig bis fechzig Werſte voraus, um Dferde zu beftellen, die, man unferwegens anzutreffen verlangefe, und fie fegren ‚einen folchen Weg fehr geſchwind zuälte u. 02 ——— "Zu Bemaue koi⸗Jam und an einigen andern Dertern, wo Ruffen und Oftiafen ſich die lehtern Mühe, Geſchenke von Eleinen gemeinen unter einander wohnen, ‚gaben ; } j Fuchsfellen, oder. Biberhaͤuten zu bringen, dafür fie nichts annehmen wollten, und man ließ ſich einiger ihr Anerbiethen gefallen. ee 2.0 Den after April froh Morgens: kamen fie nad), Samorovstoi- Jam, am Fuße eines hohen Berges am Irtiſch gelegen. Hier verließ man dieſen Fluß gegen den Obi, der noch mit Schnee und Eiſe bedecket war. Herr Koͤnigsfeld hatte an dieſem Orte die Nachricht erhalten, die ſo wahr ſeyn ſoll, als ſie fonderbar.ift, daß am Fluſſe Kon⸗ da , der in den Irtiſch faͤllt, Die Baͤre unter den Kuͤhen und Schafen liegen, ohne ihnen Schaden zu thun, da hingegen zu Samorovskoi dieſe Thiere fo gar die Tod- ten ausfcaren,. und ſie freffen, Es fand fi) bier ein fehwedifcher Sieutenant, Nas mens Der, der zu Miburg gefangen worden war, und die euffifche Religion ange: nommen hatte, Rach der Erjählung biefes Hficiers ‚haben die Dftiafen einen Gott, Maſtriko genannr, deffen Bild ehedem von Narim an dem Obi bis nah Samoa rovskoi⸗Jam angebethet wurde, aber man bat ihrer mehr als funfzehenhunderr zer» ſtoͤret und verbrannt, _ , N | | Zue inſch/ wo ſie den tenlpril um gehn Uhr Abends ankamen, fanden fie einen Oſtia⸗ ken und feine Frau ganz trunken von Tabacke, den ſie wie gewoͤhnlich fo rauchten, daß fie den Rauch mie verſchlungen. Das iſt ihr ordentliches Brechmittel, womit fie ſich den Magen von dem Schleimme oder von Den Fiſchen reinigen, die fie aus Mangel des Salzes nicht aben verbauen Finnen, Sie nehmen Wa ſſer in den Mund und ziehen hernach den Rauch an ſich, welches fie gleich zum Brechen bringt. Ihre Pfeife iſt ein kleiner vier⸗ dichter Stein, an dan fie ein hoͤlzernes Rohr ftefen, mie Seder umwunden, ungefaͤhr finen Fuß lang. — — .. ne Er Lusm Alle Oftiafen, die fie auf dieſem ‚Wege antrafen „ Hatten etwas befonderes an ſich. Si. ſahen einige, die, fo wohl Männer als Weiber, eine abgefengte Fiſchhaut trugen, Nun von Allgem, Beiſebeſchr. XIX Band. 522 Auszug einer Reife De Kisle yon gelber oder andern Farben, die nicht übel ließ. Dieſe Kleidung ift meiftens aus 1740 den Haͤuten der Fiſchottern gemacht, die bey ihnen ſehr gemein, und oft fo groß find, — zzaß fie bis drey Fuß in der Sänge haben. Sollte man wohl glauben, daß hier eine Art von Eitelfeit und Siebe zum Puge mit ins Spiel kaͤme? Die Weiber willen diefe Häute mit dem Safte gemiffer Pflanzen roth zu färben, und alfo ihre und ihrer Mäns ner Kleidung auf allerhand Arten zu verſchoͤnern. Ihre Betten und Küffen find auch mit Stuͤcken folcher Häute befegr, die nach den Farben mit einander abwechfeln, und nicht unangenehm ausſehen. An den Huͤtten der Oſtiaken, Jurten genannt, iſt das beſonders, daß man in denſelben nicht, wie bey den Tatarn und ſelbſt bey den Ruſſen, vom Rauche beſchwert wird, ungeachtet es darinnen am Feuer nicht mangelt. Dieſe Jurten haben oben an der Spitze ein laͤnglich rundes Loch, ungefaͤhr zween Fuß im Durchſchnitte, wo das Sicht hineinfaͤllt, und welches man des Nachts mit Binſen zuftopfer. Die Dochte in ihren Lampen find aus einer Art Garne, das man von dem Talmick macht, einem Baume, der mit den europäifchen Weiden viel ähnliches hat. Darinnen brennen fie Fiſchthran. Um die Hürte herum ift ein von Erde aufgemorfener Boden, ungefähr einen Fuß hoc), und fünfe bis fechfe breit. Hier fchlagen fie ihre Betten auf, fie be⸗ ſtehen bloß aus Mateen von Binfen und einem Küffen aus Fiſchhaut, mit Federn aus⸗ geftopft. Der Grund diefes erhöheten Bodens iſt mit eben dergleichen Matten belegt, die felderteife mir dunfeln Farben bemahler find. In diefen dunfeln Schlafzimmern ſahen wir faſt beſtaͤndig, ſaget Herr de Lisle, die Weiber auf den Ferſen ſitzen, die der Geſellſchaft ven Rücken und das Geſicht nach der Wand kehreten. War das Blör digfeie, natürliche Schambaftigfeie, oder die Furcht, bey den Reifenden , die neugierig find, fie zu fehen, fträfltiche Begierden zu erwecken? Ihre Haͤßlichkeit ift übrigens der ficherfte Schuß ihrer Tugend, So häßlich aber auch diefe Voͤlker find, fo haben fie doch ganz huͤbſche Kinder, mit runden, vollen und fehr weißen Gefichtern, da die Alten, fo wohl Männer als Weiber, faft durchgängig eingefallene Backen und eine ſchwarzgelbe oder oͤhlichte Farbe haben, welche von dem Fette der Fiſche herruͤhret, worinnen ihre meifte Nahrung beftehf- In diefen Hütten fieht man weder Fenſter noch) Tiſche; fondern wenn etliche Familien in einer Jurte wohnen, fo ift fie in fo viele Zellen abgetheifer, und jede Familie verzeh⸗ ret allein ihren erworbenen Vorrath ganz ruhig. Die mancherley Auftritte halten ‚einen Reifenden , in diefen ungebaueren und wuͤ⸗ ſten Gegenden, fuͤr ſeine ausgeſtandene Muͤhe und Beſchwerlichkeit ſchadlos. Der of ficier , der vor der Gefellichaft voraus gieng, hatte ihnen nur etwan alle hundert Wer⸗ fe feifche Pferde verſchaffen Eönnen. Unterdeſſen war die Gefellfhaft durch die von Tobolsk mitgenommenen Soldaten, und das Gepaͤck durch die auf zwey bis drey Monate unentdehrlich nothwendigen Lebensmittel vermehrt worden, Die Wege waren abſcheulich, und die ſchlecht gefuͤtterten Pferde zogen ſehr langſam. Dieſe Thiere lernen dort keinen Haber kennen; ſie haben nur ſchlechtes Heu, und oft ſchlechte trockene Kraͤu⸗ ter, die nicht beſſer als Stroh find. Das Zuchtvieh bar Fein befleres Futter. Ma giebt den Kühen nichts. als Weidenrinden zu freffen, Daraus man ſich vorftellen kann / wie gut ihre Milch ſeyn mag. ou nach Bereſow in Sibirien. 523 Den aten erreichte man um zehn Uhr Abends Troitstois Monaſtir. Der De Kiste Vorſteher deffelben nahm die Reifenden ſehr wohl auf, und gab ihnen ein Brod von bierzig Pfunden, nebft zwoen großen Kannen, eine mit Biere, die andere mit Quas. Den sten, als am heil. Abende vor Oſtern, bielten fie in einem Orte, den Herrn de Lisle ChumgorstoisPogoft, Herr Koͤnigsfeld aber Zamoſofska · Jurta nennt. Hier fanden ſie eine Kirche und einen ruſſiſchen Prieſter, bey dem fie abftiegen. Er war ein freundlicher Mann, aus der Ufraine gebürrig, und verwaltete fein Amt unter den Oſtia⸗ fen in diefer Gegend ſeit zwölf Jahren. Ale dafige Dftiafen kommen bey dem Gottesdien⸗ fte zuſammen, ohne daß Männer und Weiber einander fehen. Die Weiber hielten ſich hin⸗ ter einem großen Vorhange von Leinwande auf, und hatten große Tücher über den Köpfen, wie die Schleyer der Nonnen. Man giebt bier, nach griechifchem Gebrauche, den neuge- borenen Kindern das heil, Abendmahl unter beyderley Geftalt. Nach dem Gottesdien- ſte bath fie der ruffifche Priefter, mit ihm zu effen, und ungeachtet fie fih ſelbſt hatten eine Mahlzeit zurichten (affen, fo nahmen fie doch die Seinige an, Sie wollten ihm er wies auf feine Bilder, und fagete: er bielte fich für feinen Aufwand bezahlen : aber ſchuldig, dasjenige umfonft megzugeben, mas er von ber goͤttlichen Worfehung befäme: - Unter diefen Bildern war eines miedrey Gefichtern, an einem einzigen Kopfe, welches Gott ‚in drey Perfonen vorftellen folfee. Diefe drey Gefichter waren einander vollfommen ähn- lich, und fo wie die Ruſſen gemeiniglich Jeſum Chriſtum abbilden, mit einem ſchwar⸗ zen Knebelbarte, und einem zweyſpitzigen Barte von eben der Farbe. Nachdem Herr de Lisle und ſeine Geſellſchaft von dem ehrlichen Prieſter mit dem Verſprechen Abſchied genommen hatten, daß fie. bey ihrer Ruͤckreiſe das wieder mit ihm theilen wollten, was ihm die göttliche Vorſehung unterbeffen würde geſchickt haben, fo fegten fie ihre beſchwerliche Reife auf dem Schnee und Eife des Obi fort. Se wei⸗ ter fie fort rückten „ deſto mehr. fhienen die Befchwerlichfeiten des "Weges zuzunehmen. Die Jurten, nach denen ſich Menfchen und Thiere ſehnten, waren immer dünner gefäer umd weiter von einander entfernt. Die meiften waren noch darzu verlaffen ; weil fie im - Sommer nur, wenn e8 Fifchens Zeie iſt, bewohnet werden; und in einigen, wo fie noch Leute antrafen ‚ fahen fie das größte Elend. Das fehlechte Werter nörbigte den Herrn Koͤnigsfeld, den Sten zu Nurumowo bey einem neugetauften Oftiafen-anzubalten, der Conftanrin bieß. Diefer Mann , von ungefähr funfjig „Jahren verficherte, er erinnere fich nicht ein fo fhlechtes Jahr, als die- es, erlebt zu haben; es gäbe weder Wild noch Fiſche. Viele von ihnen wären Hungers geftorben: aber der kaiſerliche Hof habe fo wohl nad) Berefow als Troitskoi⸗Mona⸗ ftir Befehle geſchickt, einer jeden Familie nad) der Anzahl ihrer Perfonen Mehl austheie len zu laſſen, doch unter ber Bedingung, daß fie es in beffern Jahren wieder bezah⸗ den ſollten. Er einer andern Jurte zwey hundert Werſte von Bereſow traf man eben ſo aus⸗ dehungerte Leute an, bie, um ſich Nahrung zu verſchaffen, damit ſie nur nicht Hungers rben; die Rinde von Fichten gekocht hatten, die unmittelbar das Holz des Baumes berihret. Die armen Leute bathen ihn um ein wenig Brod und Taback. Cr lieh ihnen hwarz Brod. und zwey Fleine Packete Tabak in Blättern geben, den man Liber nennt. Sie nahmen es mit unendlichen Freude auf, und fageten, dadurch würden fie: wieder zu la — Yuuz Kraͤf⸗ 174% ne Aus zug einer Reife De Lisle Kraͤften bommen, und fie wollten Gore bitten); ihn der Luft gleich zu machen / 1740. das heißt, unfoͤhig zu leiden. Denn in der oſtiakiſchen Sprache werden die suft, — 0 Himmel md Gore ſelbſt mit einem Worte genannt, welches hart,undurchdring⸗ lich, ‚bedeutete, he a ee cs Ankunft der... Den;gten April endfich „ungefähr um, fechs Uhr Abends, langte die aſtronomiſche Aſtronomen Geſellſchaft zu Bereſow an, nachdem ſie von einer heftigen Kalte außerordentlich viel ger zu Vereſow. (irten hatten ‚indem ein ſtarker Rordoſtwind gieng und- einen (ehr klaren aber. defto beiſ⸗ fendeen Schnee mit ‚brachte, „, Devefow nennt Herr de Lisle das. Non.plus ultra der ‚Pferde. Die Schlitten mit dem. Keifegerärde konnten nicht zu gleicher Zeit da ſeyn, weildie Pfade, die gleichfam durch ‚den Schnee ſchwimmen mußten , ba fie bis an DIE Bruſt higein fielen aufs Außerfte abgemattet waren. Kine Werte vor der Stadt Hatte Herr Königsfeld das Ungluͤck, in ben, luß Soswa zu fallen, an welchen Der ſowa gebauet iſt, und eines von feinen, Pferden ertrank datinnen. Er mußte ib ‚eitn ander- Pferd ausfpannen, und aus, der Stadt Lute holen Laffen , die den feinigen de Schlutten heraus ziehen huͤlfen, der mit dem Eife eingebrochen war. Das Wafler war hinein gelaufen, ‚fein Kuffer war aber ſehr feſt an den Schlitten angebunden, da Davon-einige Buͤcher naß geworden, waren. ; Uebrigens. Cam man mit der Furcht und dem Berlufte ‚eines, Pferdes davvooo. 4 Der Woiwode oder Bef. hlehaber zu Bereſow, Foͤdor Iwanoff Schulgi⸗ noff, ehemaliger Lieutenant von dem Preobroginskiſchen Regimente der Leibwache, wel⸗ her ſchon ‚den. Abend vorher, fo wohl durch Briefe des Statthalters zu Tobolst, "als durch einen von den legten Jurten porausgefchickten Soldaten, die Ankunft der Ger fellſchaft erfahren Hatte, ließ ihnen fo gleich ihre Wohnungen anmeifen. Herr de Lisk "bezog das vornehmfte Haus in der Stadt, das dem —— Koſaken gehoͤrete Der Hetmann, ein junger Menſch, mat, eben damals nicht zu Haufe. Seine Mutter zog mit den Kindern in ein kleines Zimmer, um dem Herrn de Lisle das Haus frey zu laffen, Herr Koͤnigsfeld ward bey rinem Koſakenofficier eingeleget, und fager feinem Wirthe alles Gure nach. Bey der Ankunft der Reifenden wollte fie jedermann mit Milch, Kalbfleiſche, Enten, Gänfen x. befchenfen. Es mußte in der Geſchwindigkeit Vorrach für fie angeſchafft werden, fo" ie als nan es in einer fihlechten Und übel ver⸗ ſorgten Stadt haben Fonnte, wo manches ſehr theuer w. nt Es waren hoc zwölf Tage bis auf die anzuſtellende Beobachtung, auf welche die Hauptabſicht der Reife gieng. Man meldete aber der Geſellſchaft, es wuͤrde nicht möglich ſeyn, ihre Werfzeuge zu Sande kommen zu laſſen, fo: wohl wegen des tiefen Schnees, als weil die Rennchiere ihre Stärke im Winter verlieren ‚ıund weil dieſes die Zeir ift, wo ihre Weibchen traͤchtig find, Wie alſo die firenge Wirterung und die Beßhwerlichkeit des. Weges meirer zu geben nicht erfaubere‘, ſo beſchloſſen fie, in Bere⸗ ſow zu bleiben, und die Fahrzeuge, die von Tobolsk nachkommen ſollten, zu erwarten · Die Stadt iſt auf einem Berge gebauet alſo war des Herrn de Lisle erſte Sorge ei⸗ "nen bequemen Dre auszuſuchen, wo man ein Obſervatorium anfegen koͤnnte. Glüel# eher Weife fand er zwey hundert Schritte von feiner Wohnung’ ein altes verlaſſeres Haus, das am Ufer des Fluſſes Soſwa lag, und den Horizont gegen Morgen ‚völlig frey hatte, welches der Ort des Himmels war, den man beobachten mußte. Dieſes Haut ward zu der Abſicht eingerichtet "die Inſtrumente aufgeſtellet ¶ und ua MO GREEN BL Sstenr VoN BenES ad . er La der — 9 —— —— — use —— „ill —— — — — — — — = == — — — == — — — — == — ee ı) e= Y — — — —— = — == — — = == >= == == — — == == — — — == — — — — — — = == == == == — — == == == 7 — Sons ze — — 8 — —— * tra⸗ errerV * ee Menke | Sy —— von der S udleite , ‚gezeichnet ider dem Plasje Sos rer 2.2.Cnote.dieyon Ollaaker er gefütvet werden = ef I lanöte der — 4. ALETSe. NVeso, nach Bereſow in Sibirien. 325 Ordnung gebracht. Ehe der Tag kam, befuchten fie den Major Andreas Iwano⸗ Y witſch Karpoff, der kuͤrzlich von Tobolsk mit. fünfzig Mann — *— bie = * Fr Staatsgefangenen zu bewachen. Er -zeigete ihnen von einem Glockenthurme den Oſtrog er wo diefe Gefangenen unter einer ftarken Wache, gehalten werden, die man. alle ahre abmechfelt, Diefe-Feftung liegt jenfeits eines Eleinen Zluffes, über den eine Bruͤcke ges ſchlagen ift, die an bie Feſtung anſtoͤßt. Sie ſahen auch, das Haus des Majers, der beftändig an dieſem Orte zu bleiben; verbunden iſt, und die Kirche, welche der. berühmte Fuͤrſt Menzikoff hat bauen laſſen, in der er auch unter dem Altare begraben liegt. Sie waren Heugierig,.die Narten oder Schlitten des Landes zu verfuchen, und hießen fich von Rennthieren zwo Werſte lang an dem Fluſſe hinfahren. Es geht ſehr ‘he zum Saufen ‚find > aber fie erhißen fich zu ſehr gefchtwind, weil die Rennthiere fehr lei na und werden bald ‚müde. : Man, treibe fie mit einer langen Ruthe an,, die am Ende ei⸗ nen: Knopf hat, und wegieret fie durch einen ledernen Riemen, der an ihr Geweih befes fliger, und minder linken Hand gehalten wirds. Cam ED en Es giebt. in diefer Gegend Gimpel, deren Rücken. etwas ſchwaͤrzlich und im Som⸗ mer-gräulich iſt · Sie haben einen angenehmen Gefang, an dem fie die europaͤiſchen weit übertreffen. Fr. derr de Liste und Herr Königsfeld machten von Zeit zu Zeit auf dem Obſer · vatoris Beobachtungen · Sie nahmen die Polhoͤhe und ‚fanden fie 64° 3.39 „. folgs lich’ beträge der Unterſchied zwifchen dem Mittagsziekel zu Bologna und Bereſow drey Stunden dreyßig Minuten, * Man ſieht es hier bisweilen noch zu Ende des Junius ſchneyen, und die Ufer des Obi werden erft im Auguſt völlig trocken. Wenn eg im Sommer viel regnet, fo tritt diefer Fluß bisweilen auf fünfzig Werfte zu den Seiten aus, und machet große Sümpfe und Moräfte, über die zumal im Winter ſehr ſchwer zu Fommen iſt; Denn man trifft an diefen-Orten- feine, Surfen an, und fiebe auf allen Seiten nichts, als Himmel md Schnee. . Hält fi) das Waffer zu lange. auf dem Boden auf, fo, verdirbt bas Gras gänzlich. Die Halme find inwerdig mit Schlamme angefüllet, und Davon geht das Vieh drauf, deren Eingerveide man voller Sand und Leimen finder, Den aaften April, an, welchem Tage, der Mereur durch die Sorme gehen ſollte, Unguͤcklicher waren alle Anftalten gemacht, dieſe merfwürdige Erfeheinung zu beobachten: aber zum Fortgang der Unglücde war der Himmel die ganze Zeit über, mie Wolfen bedecket, und die Sonne — — kam erſt eine Stunde darnach zum Vorſcheine. Dafuͤr machte Herr de Lisle verſchiedene ee andere Beobachtungen, von der er der faiferfichen Akademie Rechenſchaft gab- Geh. Den ınten May als das Eis geſchmolzen war, ſah man auf dem Soſwa viele Oſtiaken in Canoten vorbey fahren. Gemeiniglich ſitzen ihrer zween in jedem Nachen, die nicht mehr als ſieben Fuß in der, Laͤnge und. zween in der Breite bat; fie find fo klein, daß zween Menfchen fie von einem Orte zum andern fragen koͤnnen. Auf dem Lande haben ſie beſtaͤndig zween Hunde bey ſich, welche die Nachen ziehen muͤſſen, bis fie eine Jurte oder einen Fluß erreichet haben, über den fie fegen wollen. Die Hunde find ihnen alſo zu allen Zeiten eine große Hülfe; fie find gleichſam ihre Sclaven, Man Hat ſchon angemerfer, daß Diele Hunde, fo wohl an Haaren und Farbe, als an Geſtalt, un« fern Wölfen in Europa fehr gleich kommen. Doch ‚giebt es fehwarge unter ihnen, die nicht fü viel ausſtehen, als die grauen; und deren erh iſt, des Nachts vieles Geheul zu Me - uu3 ine De Hisle 1740 2 Aus zug einer Reife Eine von den vornehmften Merkwürdigkeiten zu Bereſow iſt das Pelzmagazin, welches dem Hofe gehöret. Hier bringe man das Pelzwerk aus ſechs Wolot zuſam⸗ — men, und jeder Wolot iſt eine Gegend von ſechs bis fieben, oft auch von mehrern Biber in Si- birien. Jurten. Die vornehmſte Jurte eines jeden Wolot ift bes. Aneefens oder Hauptes der Oftiafen feine, der gleichwohl Feinen andern Vorzug genieße, als daß er diefen Tis tel fuͤhret, und einen ftärfern Tribur zahlen muß. Den ızten May Fam Nachmittages, da eben die Aſtronomen mit Beobachtungen befchäfftigee waren, ein fo heftiges Gewitter, daß fie geftehen mußten, dergleichen‘ in Europa nicht gehöret zu haben. Der Nachflang daurere bey jedem Schlage dreyfig bis vierzig Minuten. Und doch follen fie, nach der Einwohner Erzählung, im Auguft noch viel flärfer, aber nicht häufig feyn. Sie thun auch um die Stadt herum wenig Scha⸗ den, da es hier fo wenig Häufer giebt, und ſchlagen meiftens nur in die Wälder. Es giebt in diefer Gegend fehr viele Biber , die an den Ufern der Fluͤſſe ihre bes quemen Wohnungen haben, und die nicht weniger ſinnreich und Fünftlich im Bauen find, als die canadifchen, doch will man unter ihren eine Verſchiedenheit bemerker has ben. Ihre Wohnungen haben verfchiedene rheils offene, theils unter der Erde verbor⸗ gene Ausgänge, die in ziemlicher Weite von einander angebracht find, Und das find die Fünftlichen Biber, die unter den andern ftehen, und welche diefe Ark von Arbeie verrichten müffen. Sie haben auch, wie man faget, ihre Poften weiter von ihrem Baue, und ftellen verlorene Schildwachen aus, die won Zeit zu Zeit, abgelöfer werden. Kurz fie geben an Lift und Geſchicklichkeit den americanifchen nichts nach. Herr KRönigsfeld befah einen folchen Bau fünf und zwanzig Werfte von Bereſowa am Sofiva, und ents decfete vier Wege, die davon ausgiengen. Die Hunde der Dftiafen wiffen ihnen den Weg gut zu verlegen , aber die Biber find noch liffiger, und fpringen bey ihrer Annas herung ins Waffer, daß fie ihnen doch enfgehen. | In der Nacht vom ı$ten zum igten war ein heftiges Gewitter , das von Morgen Fam, von deffen Negen der Soſwa austrat, und das fand beynahe fieben Werfte weit unter Wafler fegte, ſo da Bereſow in der Mitte eines großen Sees zu ftehen fehien. Darauf folgete eine fo große Kälte, daß man den folgenden Morgen auf dem Schlamme und über das ausgerretene Waffer geben konnte, ohne einzurreten. Weil aber unfere Aftronomen ihre Thermometer zu Tobolsk gelaffen baten, um fie _ Durchs Forefehafen nicht mehr zu befchdbigen, als bisher fon gefchefen mar, fo Font man den eigentlichen Grad der Kälte nicht beftimmen. Weil Herr de Siste fo viel Beobachtungen gemacht hatte, als ihm die Umftände zu Bereſow, erlaubten, ungeachtet die hauptfächlichfte fehl gefchlagen war, fo machte man ſich fertig, diefe Stade zu verlaffen und zu Wafler wieder nad Tobolsk zu geben. Wie die Fahrzeuge, welche man zu diefer Reife erwartete, ' angefoms men und in gutem Stande waren, fo ward der 2ofte May zur Abreife angefeßer. Zween Tage vorher hatte Her de Lisle Gelegenheit, fo genannte Mammontshoͤrner zu Faufen, die zufammen fieben Pfund wogen, und die er mit ſich nahm. Da endlich der zum Aufbruche gefeßte Tag anfam, fotrat Herr de Lisle und feine Geſellſchaft um halb fechs Uhr des Abends in die Dorfehernif, die fie nach Tobolsk füh- ren ſollte. Es fund ein Haufen Volfes an dem Ufer, von dem fie abſtießen, zugleich brannten die Rofafen ihnen zu Ehren das Gewehr los, und der Woiwobe, Der ker | er Ve. SO NER ef AUSSICHT DER ÖTERNWARTE UND DER KIRCHE SPASKAIA zz BERESow von DER NORDSEITE | = A. Die SterrawarteB „Die Kerrohe. C.o2»o der Rees Dolgoroutikoi _Gegraben begE. III —IIlIl a: 23 2 TE hu: * Ay gt Sp. " ’ % 2 'T} 3 Far 25 —* en E nV 27 —— — —— SZ ——— —— = —— m = —— —— —— Zn = Be = = —— —— eg —— em PB Bi mm: mm m m m m == m —— ——— — —— nach Berefow in Sibirien. 7. der die Wache der Gefangenen hatte , nebſt noch einem Officiere gaben ihnen das Geleite, Sie famen des Nachts bey zwoen Inſeln vorbey, worauf einige Eofafen von ihrer Begleitung einerr orientalifchen Falken fanden, der große feurige Augen und. blaue Fänge. hatte. Den andern Morgen brachten einige von eben diefen Koſaken Enten und Bänfeeyer. Apends kam man bey der Mündung des Fleinen Obi vorbey. Sie hatten den Wind hinter fich ‚und das ſchoͤnſte daß die Wellen ſehr ſchaͤumten. Bey den Schildwachen waren angezündete Jampen, welche die ganze Nacht Durch brannten. Diefe Nacht mußte man drey Stunden lang anhalten, weil der heftige Strom eine von den Schaluppen losgeriſſen harte, und die Kofaken nachgiengen , fie zu ſuchen fpannere man die Segel auf, und fegte die Neife bey einem günftigen Winde fort. Den ꝛaſten gegen Mittag, wurden zweene Oftiafen in einem Fleinen Machen, der aus einem einzigen Stuͤcke Holze gemacht war, von dem Winde gegen das Fahrzeug unferer Keifenden getrieben. Sie faßen auf ihren Knien, jeder hielt ein fpigiges Rus - der in der Hand, mit dem fie in den Wellen das Gleichgewicht hielten. Die Kofafen warfen ihnen ein Seil zu, damit fie in die Dotſchetnike Eommen Fonnten. Sie brach» ten frifche Enten, und Drey febendige Hechte mit, für die fie Fein Geld nahmen , weil fie fi) daraus nichts machen. Man gab ihnen alfo die. Bezahlung in Taback und Branntemein. Denfelbigen Tag, Abends gegen acht Uhr, fing man an, in einer Entfernung von ungefähr zwanzig Werften die Ufer des großen Obi zu erfennen, oder vielmehr die Berge gegen Morgen, und das hohe Ufer, welches ſich in der Ferne nie eine lange Reihe blauer Pyramiden. zeigete. Bald darauf verließ man den Fleinen Obi und fief in die Mündung des großen ein. Diefer Strich des Waffers ift wie ein Eleines Meer. Man fab bier eine große Menge Enten von verfchiedenen Gattungen, und Schmäne, bie fich fehr hoch in die Luft erhoben, um ſich auf die Berge zu begeben. Da bie Nacht warm und heil war, fo fanden fich bie Mücken nach und nach ein, die wenigſtens bier dreymal fo groß find, als in Europa, und wurden fo beſchwerlich, daß ein jeder feine fuchen und auffegen mußte. Das Fahrzeug hatte alte Mühe, Kappe von Haarfiebe hervor um das fleine Worgebirge, oder um die Sandfpige zu kommen, die der Obi bier machet, weil der Rordwind ihnen ſehr entgegen gieng. Ungefäße um Mitternacht begegneten ihnen noch zwey große oftiafifche Fahrzeuge, die man dort Cechaap nennt. Sie brachten ihnen viele erft kuͤrzlich geſchoſſene Enten, die wiederum mit Taback bezahlet wurden. und wilde Gaͤnſeeyer, Den az5ften May wurden die Kofafen der Geſellſchaft zwo Dorfchernifen gemadr, die auf dem Fluſſe bey einem Nordwinde favierten. Ihr Dffieier urtheilte gleich, daß diefe Fahrzeuge von Tobolsk fämen, und wirklich, fo bald fie fich des Deren de Lisle Schiffe auf zwey hundert Schritte genähert hatten, erfannte man robolsfifche Soldaten darauf, und ſchickte ihnen Koſaken entgegen, fie zu fragen, woher fie kaͤmen, und wo fie Hin wollten. Diefe beyden Schiffe, von denen eines Salz, das andere Korn gela⸗ den hatte, waren für die Aftronomen von Tobolsk nad Bereſow geſchickt worden, und brachten dem Herrn de Lisle drey große Thermometer nebft einem kleinen Br ie De Lisle 1740 * Wetter: aber es war kalt, und der Wind gieng ſo ſtark, So bald ſie mit ihr zuruͤck gekommen waren, 528 | Auszug einer Reifen De Kisle bie er auf feiner Reife zu Sande nicht bey fich führen, fondern fie Fieber zu Waſſer nach 1740. kommen laffen wolle, weil fie da niche fo viel Gefahr liefen, Schaden au nehmen; m Man nahm von beyden Fahrzeugen ein Seegel, etliche Taue und-einen Anker, die man gegen anderes dergleichen Geraͤth, das aber nicht fo gut mar, austauſchte. Indem dies fer Taufch geſchah, der einige Zeit aufbiele, und die Dorfchernif:vor Anfer lag, wolls ten Here Königsfeld und Here Soltanow bey dem fchönen Werter auf die Berge, die an der Morgenfeite des Obi liegen, fteigen, welches nicht ohne Mühe und. Befchwers lichkeit geſchah. Sie famen in einen dicken Wald, wo fie einige Cederaͤpfel abbrachen. Doc) wagten fie fich nicht gar zu weit hinein, aus Furcht, fie möchten ſich verirren oder eis nige wilde Thiere, Baͤre oder Peſtzis antreffen ‚ welche letztern eine Art Fuͤchſe find, bie ſich Bier fehr Häufig finden, alfo nahmen fie bald den Weg wieder nach ihrem Schiffe.) Denfelbigen Nachmittag, da ſich der Wind gelegt hatte, feßten fich Herr Rss nigsfeld, Herr Soltanow und der Faͤhndrich in eine Schaluppe mit vier Rudern und ſchiffeten etwan funfzehen Werfte an dem oftlichen Ufer des bi bis nad Schorkas⸗ koi⸗Pogoſt. Sie fahen unferwegeng aus dem Schilfe eine große Menge Enten und wilde Gaͤnſe hervor kommen, die fehr nahe bey ihnen vorben flogen. Weil fie aber. Fein Gewehr mit fich genommen hatten, indem «8 ihnen gar nicht eingefallen mar ,. eine. hl che Menge Wild anzutreffen, fo ließen fie es bey dem bloßen Anſehen bewenden. Außer, dem waͤre es auch nicht der Muͤhe werth geweſen, nach ihnen zu ſchießen, wenn er nicht um bes Vergnügens willen gethan hätten. Denn jeder Schuß würde ihnen zehen⸗ mal mehr gefoftet haben, ‚als bier eine Ente oder ‚wilde Gans-Foftet, die man von den. Dftiafen um eine Pfeife Taback haben kann, und die Oſtiaken auch. den Reiſenden beftändig zu halben und, ganzen Dutzenden davon. bringen, Eie, fangen fie mit wenig Mühe und Unkoſten in Netzen, die fie zwiſchen den Gefträuchen, und. Elei- nen Fluͤſſen aufftellen, und oft auf einen Zug achtzig, hundert, und hundert und funf⸗ zig auf einmal bekommen. Der Prieſter des Pogoft, Namens Waſili (Bafılius) Lewin war nicht zu Haufe. ſondern auf ein vierzehen Tage verreifet, um die Som. merjurten zu beſuchen, die vom Obi gegen Abend. liegen, Gleichwohl feyerte man das Pfingſtfeſt, und die Frau des Priefters nahm die Keifenden fo gut auf, als fie, Fonnte, Sie feste ihnen Eyer von Huͤhnern und Gaͤnfſen, gefottene Milch, und Schangis, ein ruſſiſches Effen, vor: Sie vertrieb ihnen auch die Zeit nicht unangenehm, da fie von einer luſtigen Gemütbsart war. Unter der Zeit, ba fie das Effen zurichtete, thaten fie einen Spaßiergang auf einen hohen Berg, und pfluͤckten da afarifche Kofen von einer dunfelrothen Farbe, Nach dem Effen giengen fie wieder bey dem bi unten am Ber: ge fpagieren. Die neuen Erdbefchreiber,, faget Herr Koͤnigsfeld, machen gemeinigfich diefen Fluß zur Gränze von Europa und Afien, Er aber glauber, daß Tobölse, amt Irtiſch gelegen, deffen meifte Einwohner Tatarn find mehr fuͤr eine aftatifche, als eu⸗ ropäifche Stade anzufehen fey, und die Erdbefhreiber hier die Gränzen von Europa au ſehr erweiterten, wenn fie diefelben bis an den Obi hinaus feßten., ‚Sie erreichten die Dotſchetnik beynabe um Mitternacht, tvo es faft fo helle, als am Tage war, da die Sonnenſtrahlen einen großen Theil der Mache hindurch in. der Dem⸗ merung zu fehen waren. Hi on ba a or Den zöften Day früh Morgens trafen fie auf dem Obi ein Kaufmannsſchiff von Tobolsk an, Es gieng gegen Norden und führere die Frau des Feldmeflers Kaſi⸗ mirow =ZI2= m = —— m —— —— == == = Fe m Pt N — Se u —— a Be m —— ao ——— —— nn ren m —— zme —— === rn mm EI —— am —— Zee | Pe = ee —— —— —— m —— es m —— = —— —— er —— m —— = 2 ——— —— == —— nn FB —— ee ———_ ———— ——— m Eee m u Fe m => I > a —— ee m m en SI Pr rm ee mo — ee EEE en m —— ee ai] x nach Berefow in Sibirien. 529 mirow nach Berefow. Gegen Mittag fahen fie etwan fünfzehn: Werfte davon Pe Ketstoi⸗Monaſtir, und um drey Uhr fiengen fie an, ſich Apr an — 5 des Be F Obi gegen Morgen zu halten. Da der Wind ſehr ſchwach wurde, ſo nahm Herr Koͤ⸗ nigsfeld nochmals mit einigen andern die Schaluppe, um ans Land zu gehen, und das Kloſter zu beſehen· Sie wurden von dem Vorſteher deffelben fehr wohl aufgenommen, und einige Fauften hier Zobel und anderes Pelzwerk. Nach einer Stunde famen, fie wieder om Bord , wohin der Vorſteher mit ihnen gieng, und. fie einige Werſte beglei- tete, Endlich mußte man fic) trennen, weil der Wind fehr ſchwach wurde, und man an ein Mys , ober fleines Worgebirge Fam, welches die Krümmung des: Obi machte, und bey welchem nicht anders vorbey zu fommen war, als wenn man das Fahrzeug an Stricken fort zog. Hier waren fie völlig Hundert und fiebenzig Werſte von Bereſow enrfeint. Sie ſahen um zehen Ubr Abends Kurumſuganski, eine Winterjurte, wo einige von der Gefellfchaft bey ber Hineeife im Monate März Schlittſchuhe, Bogen und. anderes oftiafifehes Geraͤth gefauft hatten. Diefe Jurte war bis auf die Ruͤckkunft ihrer Bewohner im folgenden Winter verlaffen. Sie hatten ſich in ihre Sommerjurte am weſtlichen Ufer des Obi begeben, um die Jagd und den Sifchfang. abzuwarten. Gegen Mitternacht Famen zwey oftiafifche Canote an bas Fahrzeug und brachten leben⸗ dige Fiſche von allerhand Arten mit, die man nahm, um Bakun zu machen. daß von der Mitte des Obi an diefer Fluß voller Herr Koͤnigsfeld bemerfet, Inſeln if, wovon unter andern eine drey Werfte von Ketskoi⸗Monaſtir gelegen, eine runde Figur und ungefähr fünf Werfte im Umfange hat. Diefe Inſeln waren, wie er fager, auf der Karte von dem Fluſſe, die man ihm zu Tobolsk gegeben hatte, nicht bemerfet, Er feget hinzu, er habe eine mit dem Baume Talnik ganz bedecket ge- ſehen, deffen Grün ſehr ſchoͤn ins Auge fiel. Es machte ihm aud) viel Vergnügen, einen fchönen Grafeplaß, faft drey Werfte lang zu betrachten, der. einen vortrefflichen Anblick gab. So weis die Natur, um mit ihren Schildereyen abzuwechſeln, felbft in den wil⸗ deften Gegenden, und an denen Orten, welche bloß ihren Verfall vorzuftellen ſchei⸗ nen , manchen reigenden Anblick anzubringen, daß man oft in den anmuthigſten Gefil: den nichts dergleichen antrifft. Den 2gften ftieß das Fahrzeug des Nachts an eine Eleine Klippe, der große Jar genannt, darüber bie Keifenden nicht wenig erſchracken. Aber Die Kofafen, welche lange Stangen, mit Hafen verſehen, führeren, brachten es bald außer Gefahr. Den eoſten giengen fie bey einem breiten Fluſſe, Wahlim vorbey, der nordwaͤrts aus dem Sande ber Oftiafen koͤmmt, und ſich in den Obi ſtuͤrzet. Vorher hatten ſie eine Inſel mit einigen Wohnungen der Oſtiaken angetroffen, die ſich hier im Sommer des Fiſchfanges wegen aufhalten. Herr Königsfeld ſchickte einen Oftiafen mit der Scha- füppe dahin, um Kleidungen oder einige Fiſchhaͤute zu kaufen. Nachmittags erhob ſich ein nicht ſonderlich ſtarker, aber ſo kalter Nordwind, daß jedermann feine Pelze her⸗ vorſuchen mußte. Die folgende Nacht war wieder fehr falt, ob man gleich ven Wind wenig fpürete. Man fchiffere nad) Often, fam aber, ungeachtet des ftarfen Stromes, nicht weit fort, Allgem. Reiſebeſchr. XIX end. Fr Den De Lisle. 1740. 530 Auszug einer Reife Den zoften, früh um acht Uhr befand man fich in der Gegend von Kalpatzki. Diefe Erdzunge hat in der Länge fieben Werfte gegen Often , und ift ganz mic großen hohen Bäumen bedecket. Man fah von weiten am Horizonte etwas, wie eine Fleine blaue Wolfe, nach der Rechnung der Kofafen war es-fünf und dreyßig Werfte entfernet. Ders gleichen fah man auch da, wo der Irtiſch und Oby zufammen fließen, aber nad) Nord» oſt, und fünf Werfte gegen Süden, Sa Das ſchoͤne Wetter bewog die aſtronomiſche Geſellſchaft, die große Schaluppe mit vier Soldaten zu nehmen, und damit gegen Weſten nach den trojetskiſchen Jurten zu gehen, von denen man fünf und zwanzig Werſte entfernet war. Die Dotſchetsnik ſetzte ihren eg gegen Oſten fort. Bey diefen Jurten liege anseinem Bache ‚ der von einem Arme des Dbi gemacht wird ‚eine Kirche. Der Priefter des Drtes nahm die Geſellſchaft fehr freundlich auf, und fegte ihnen frifche Sterleden und Milch vor. Die einfallende Nacht binderte fie, den Geſang der Vögel lange zu genießen, der. in diefer Gegend vortrefflich und ſehr mannichfatiig if. Herr Rönitsfeld Karte feine Flinte mitgenommen, und ſchoß einige, welche die fchönften Federn von der Welt harten, Die Spigen ihrer Flügel waren von einem hellen Grasgrüne, die Flügel felbft himmelblau mit dunflem Rothe ver- menge. Er ſchoß auch eine Art wilder Gänfe, bey den Oſtiaken Loohe genannt: , Ihre Fluͤgel und Rücken find von einem dunfeln Blaue, wie Email, der Bauch ift roͤthlich, und oben auf dem Kopfe haben fie einen länglichtrunden blauen Flecken, und einen rorhen Flecken auf jeder Seite des Halfes. Won dem Halfe bis auf den Kropf geht noch ein filberfarbener Streif, fo breit als ein Federkiel, der fich auch gut ausnimmt. Das Ufer des Obi gegen Morgen ift bier nicht fehr hoch, aber mit großen Bäumen dicht beſeht, unter denen fich die Cedern wegen ihrer Höhe befonders ausnehmen. Man Eam den zuften früh um drey Uhr wieder an das große Fahrzeug, und feßte die Reife, fort, weil aber ber Wind entgegen gieng, fo fonnte man den Morgen nicht weit kommen. Weil man fich gleich an dem Orte befand, wo der Obi fehr reißend iſt; denn es war nur fünf und zwanzig Werfte vor feiner Bereinigung mit dem Irtiſch, die mit erftaunficher Gefchwindigfeit geſchieht; zugleich aber der Wind ftärfer geworden war: fo warf man bier Anker, um nicht wieder zurück getrieben zu werden, und verzog auf acht bis neun Srunden. Wie fich der Wind endlich gelegt harte, fo jog man die Anfer auf, und griff zu den Rudern, Es waren ihrer auf dem Schiffe fiebenzehen, und zu jedem zween Leute. Die Soorfen befürdhteten, die Mündung des Irtiſch zu verfehlen, und hatten um vier Uhr des Mor- gens drey Oſtiaken mit ihren Canoten von Trojerski kommen laffen, die den Fluß genau Fannten , und die Einfahrt des Schiffes regieren follten. Denn man hat bemerker ‚daß der Fluß: jährlich, wenn das Eis aufgeht, feine Tiefe verändert, Die größte Tiefe feines Bertes ift bald Nordoft, bald Nordweit, bald gerade nach Norden; - Der Fluß reißt eines von feinen Ufern weg, und vergrößert Damit das andere, Er breitet fich auf einer Seite aus, und läßt auf der andern eine freye Ebene. Wegen diefer. jährlichen Veränderung, find die, welche auf dem Obi fhiffen, allemal verlegen, wenn. fie au diefe Mündung kommen. ı Denfelbigen Tag brachte ein Soldat dem Heren Königsfeld drey Cedernblumen mit ihren Fruͤchten. Er war in einiger Gefahr gemefen, weil er fehr hoch auf den Baum hatte fteigen müffen, um fie abzupflücen; dafür bekam er au ein Maaß Branntewein, womit er fehr zufrieden war, Die Cedernäpfel haben in der Sänge zehen bis zwölf Linien, und bisweilen noch mehr. _ Die Seuche in denfelben ift den kleinen &e34. BLUHME UND FRUCHT EINER MORGENLIENDISCHEN (EDER . nach Berefom in Sibirien, | 351 fleinen Caffeebohnen ſehr ahnlich, und hat einen noch angenehmen Geſchmack, Als di Sie Mandeln. Gegen Abend erhob ſich ein folder Schwarm — daß as ganz * —— von verſinſtert ward, und man, um fie los zu werden, Schießpulver anzuͤnden mußte, Des Nachts landete man an einer fehr angenehmen Inſel, won ungefähr vierhundert Schritten im Umfange , deren Ufer mit dem Waffer von gleicher Höhe ‚'und ſehr feuchte waren. Sie war ganz mit fhönen großen Bäumen bedeckt, die fih in dem Waſſer fpiegelten, und ein vorfreffliches Gemälde machten. =) Den ıften Zunius Nachmittags lief man in einen Fuß, dee mir dem Irtiſch zu- fanımen hänge, und ließ die Vereinigung diefes Fluſſes mit dem Obi linker Hand. Der Ort, wo diefe beyden großen Waſſerſtriche zufammen treffen, ſcheint ein Fleines Meer "zu fepn, und doch Fonnte man mie dem Seherohre noch das oͤſtliche Ufer des Obi und die Mündung des Irtiſch wahrnehmen. Die linke Seite des Fluſſes war mie einer gro- Ben Menge Talnik'befeget, bie durch ihr ſchoͤnes Grün die Gegend ſehr angenehm mach⸗ ten. Zur Rechten war eine lange Wieſe von fehr hohem Grafe, mit Bäumen untermengt, fo daß man auf diefem Fluſſe, der nicht breiter iſt, als die kleine Newa, in der ſchoͤn⸗ ſten Allee zu fahren glaubtt. Man verließ ihn den aten Jun. und Fam in den Irtiſch. Um acht Uhr des Mote gens ward man Die famarowifchen Berge gewahr, bie etwan fünf Werfte entferne waren. Aber den Fuß derfelben Fonnte man vor einem Tangen Borgebirge nicht fehen, das hier in den Srrifch laͤuft, und die Ausficht verhindert, Zu Mittage Fam man nad) Samsrovskis Jam, wo die Geſellſchaft wiederum den Herrn Fliſcher anfraf, der nad) dem Obi zu den Herren Gmelin und Möller reifete, Here deisle und Here Rönigsfeld brachten ben Nachmittag zu, ihre Inſtrumente ans Sand zu fehaffen. Sie fuchten einen bequemen Ort auf einem Berge aus, und ers richteten bier ein Hbfervatorium in fo Furzer Zeit, Daß Herr de Lisle noch benfelbigen Abend die Höhe der Sonne nehmen Fonnte, Den folgenden Tag fuhren beyde Aflroncmen in ben nıif einander übereinftinsmenden Beobachtungen fort, und beftimmten zugleich ben eigentlichen Punct von Mitternacht, Den zten bemerften fie die Höhe der Sonne noch einmal, und fanden fie 37°. 25', 30”. und. die Polböße war nach ber Musrechnung 60°. 56. 15, Morber Breite. Sie moilten auch des Nachts mit dem engländifchen Inſtrumente die Höhe des Arkturus und ſeine Culmination meſſen. Weil ſich aber der Himmel mit Wolken umzog, und das Wetter fich in Regen ſchien verwandeln zu wollen, fo ließen fie das Unternehmen fahren, und befchloffen, wieder abzureifen. fo den 4ten mit Einpasfen der Inſtrumente und einigen Man beſchaͤfftigte ſich al apacke oͤbonomiſchen Angelegenheiten, um gegen Abend wieder in das große Fahrzeug zu gehen. Die Aftronomen nahmen von Deren Sifcher Abſchied, der fich gleichfalls fertig machte, in der Macht wieder abzureifen. j "Den 6ten war ein erſtaunendes Wetter mie Regen, Schloffen, Blitzen und Donnern, welches den ganzen Tag und die ganze Nacht anhielt. Der ſchwarze Himmel, der ganz mit großen braunen Wolfen bedeckt war, ſchien das Waſſer eben ſo zu faͤrben. Bis⸗ weilen ſchien es, als ob man auf einem — Meere ſchiffete; die Blitze, deren Schein SE I — das ee — | Auszug einer Reife De Liste. das Waffer zurück warf, gaben einen fürchkerlichern Anblick, als bey Feinem Gewitter zu 1740. Sande geichieht. Doch traf man gegen Abend ein fibirifches Schiff an, welches nach Toms gieng, und deffen Lauf Nordnordoſt war. Es führete eine kleine weiße, rothe und blaue Flagge, bie den fibirifchen Kaufleuten eigen ift. Den sten, Abends um fechs Uhr, kam man die Kalpatski-Jurti vorbey; und weil man nahe am Sande war, fo ftieg die Gefellfchaftaus, um auf dem Grünen einen Spaziergang von ungefähr vier Werften zu thun. Man mußte über einen Bach, che man zu den Jurten fam, Diefes geſchah von allen einzeln, in einem von den kleinen oſtia⸗ kiſchen Canoten, bie ein einziger Mann ohne Mühe viele Werfte weit trägt. Einer, von der Gefellfchaft ließ den Fleinen Machen umfchlagen, und fiel ins, Waſſer, doch ohne Schaden ‚da. es nahe am Ufer war. Die Oſtiaken, die ſich bey der Hand fanden, zo⸗ gen ihn heraus. Weil aber der Strom wegen des Zufanmenfluffes einiger. Bäche ſehr reißend war, fo wurde er funfzehen Schritte von dem Orte, wo er hinein fiel, weggeführet. Die ganze Gefellfhaft begab ſich in die Jurten, und wurde von den Dftiafen fehr wohl aufgenommen, da fie hier noch gefitteter find, als die an dem Obi wohnen. Hier fa- ben fie, etwan einen Büchfenfihuß weit, gegen Abend zu, einen großen. morgenländifchen Adler, ganz grau, der auf eine junge,wilde Ente, ftieß, fie mit, feinen Klauen faflere, die fo geib als Gold waren, und fich in Die Luft ſchwang. Man fing an zu fehreyen, in die Hände zu Elatfchen, um zu machen, daß er feinen Raub fahren ließe: aber es er- ſchreckte ihn nichts, fondern er nahm feinen Flug gegen Oſten über den Irtiſch, wo man ihn bald aus dem Gefichre verlor. Diefe jungen Enten find fo zahm, daß ein Bedien- rer von der Gefellfchaft fie an fich lockte, da er das Gefchrey der alten nachmachte, fo daß er fie mie den Händen fieng. eh * — 3 dat Den ıoten Nachmittages Fam man bey Semeikowi⸗Jurti vorben, bey welchen man an dem niedrigen Ufer des Irtiſch zween Bäume ſah, die bis auf fünf Fuß hoch abgehauen waren. Darauf las man die Namen verfchiedener Perſonen, die theils im May, theils im Julio 1739 hier ertrunfen waren. Der Irtiſch iſt in dieſer ganzen Ge- gend foreißend, daß man glauben follte, er ftürze fich von der Hoͤhe eines Felfen herunter. Die folgende Nacht ward in dem Fluffe Staroi zugebracht, der dreyßig Werſte von dem Ufer des Itiſch aus dem Sande der Oſtiaken koͤmmt. Andere ſagen, er ſon⸗ dere fich von dem Irtiſch felbft ab, und falle nachgehends wieder in denfelben; durch feinen Ummeg bilde er eine Inſel von dreyßig Werften, feine beyden Mündungen aber feyn nur fünf Werfte von einander entferne, Auf dem Ufer deffelben fieht man ein eingefalfenes Dorf, das feine Einwohner verlaffen Haben, entweder, weil fie zu fehr von wilden Thieren beunruhiger wurden , die beftändig ihr Vieh wegfraßen, oder weil die Dftiafen aufhörten, fie mit Weidwerfe und Fifchen zu verforgen. Hier fanden fie die Polhöhe mit der zu Petersburg einerley, nämlich, ſechzig Grade. Sie fahen die Sonne um neun Uhr funfjehen Minuten untergehen. DieDemmerung daurete die ganzeNacht, war aber fo helle, daß man, mie am vollen Tage, dabey fehreiben und vechnen Fonnte. Den ı2ten Yun. da fie zu Pbilinskoi-Pogoft unter einerley Polböhe mit Peters- burg waren, erwarteten fie, daß die Sonne früh Morgens zu eben ber Zeit, naͤmlich um zwey Uhr fünf und vierzig Minuten aufgehen ſollte. Aber es zeigete fich, daß ihre Uhren, die fie den 4ten zu Samarovskoi⸗Jam geftellee hatten, neun Minuten zu ſpaͤt giengen. | Man nach Berefom in Sibirien. 533 Man fah hier verfehiedene Reiten Talnike, die nad) dem Trrifch zu giengen und ordentliche Gänge machten: Die Schönheit der Bäume und dieſer Ausficht reizte des Herrn KRönigsfelds und noch einiger andern Neugier, - Sienahmen die Scyaluppe, und ließen fich nad) diefen Bäumen an den Fuß des Pogoft Hin führen, die auf einer Inſel des Itriſch nahe am Ufer llegt. Diefer Berg, der aus Setten und Kiefeln beftehr, ift fo fteit „daß er ganz ſenkrecht in die Höhe zu gehen feheint. Sie befahen auch eine Jurte Hftiafen, die fie, menigftens mas bie Kleidung betrifft, ganz in Kuffen verwandelt fanden. Einer derfelben machte dem Herrn Königsfeld ein Geſchenk mit dren lebendigen Sterleden, und mit einer Miüge von wilden Entenfebern, die fehr fauber zufammen genähet waren. Nachdem fie ben ihnen einige Bogen und anderes Geräch eingekauft hatten, ſo gieng man wieder zu Schiffe, um die Reife fortzufegen. , Damals gieng ein. Fleines Fahrzeug von Tobolsk bey ihnen vorbey, in dem nahe beym Steuerruder ein ruſſiſcher Priefter mit einem grauen Barte faß: Er hatte ein großes Buch unter dem Arme, und richtete das Geſicht nach der Kirche des Pogoft, von der man noch die Spise fah. Er war eifrig im Gebethe begriffen, ungeachfet ein fo ftarfer Regen fiel, daß das Waffer von feinem Ko⸗ pfe, Kleidern und Buche ferommeife herab fief. Das Fahrzeug, welches feinen Sauf nach Surgut nahıh, füßete einen ruffiihen Edelmann und jiveen Soldaten von Tobolsk. Man kam in der Nacht vom 1zterr mit den Segeln fo weit, daß man fid) den fol» genden Tag um acht Uhr des Morgens: dem Flecken Zorna⸗ Jarka gegen über befand. Das ift ein ſehr angenehmer Ort, der auf einem Berge liegt, wie alle am Ufer des Ir⸗ tiſch, den der Talnik wieder mit feinem angenehmen Grüne zieret. Hier fänge man an, Getraide zw ſaͤen. Das Brod wird aus.bloßer Gerfte gebacken, iſt aber von einem ‚ganz guten Geſchmacke. Abends um acht Uhr landete das Fahrzeug Demianskoi · Jam gegen uͤber, das wieder auf einer ziemlichen Anhoͤhe liegt, auf die man durch einen ſeht engen Weg koͤmmt. Der Prieſter Anton, der ſich bey der Geſellſchaft befand , verrich⸗ tete des Abends oder zur Veſper Den Gortesdienft: in einer von den beyden Kirchen. Er hielt das Gebeth für die Kaiſerinn und das Faiferliche Haus, und danfte Gott für die fückliche Zurückfunft der Geſellſchaft. Alle Reifende, fo wohl Ausländer, als Kuflen, wohnten ihm mit fo viel geößerer Andacht bey, weil fie feit ihrer Abreiſe von Bereſow in keine Kirche gekommen waren. Der Det hat Ueberfluß an $ebensmitteln. Man fin» der hier Brod, Milchwerf, Hühner, Eyer, Schoͤpſenſieiſch, Fiſche u. d- gl. den Tag ab, und gieng um zwey Uhr Nachmittags zu Schiffe. Man reiſte den folgen | 1 en anska in den Irtiſch. Die Mündung des ine halbe Werfte davon fälle die Demi —— "und er Läuft Oftfüdoft von Demianskot bey {uffes ſt ungefähr achtzig Faden breit, ——— = 5*— der ſich auch in den Fluß ergießt. Das Waffer der Demians⸗ ka iſt ſchwaͤrzer und Elärer, als des Irtiſch, welches trübe und weißlich ausficht, des- wegen Fann man ben Unterfehied des Waſſers beym Zufammenflu fe an einem ſchwarzen Striche bemerfen , der fid) nach und nad) in dem Irtiſch verliert. Um vier Uhr ver- for man Demianstoiz Jam ganz aus dent Öefichte, welches man funfgehen Werfte weit ſieht. Man ſchiffte in einer Kruͤmmung Nordnordweſt, und kam vor Karui, einem Dorfe an einem Bache gelegen, vorbey. Herr Königsfeld bemerkte an dem linken Ufer dieſes Fiuffes, ungefähr in einem Umfange von funfjeben Sachtern, eine Menge Eleiner für her nahe beyfammen, eines etwan fo geoß als ein Kubel, in welche, wie man fager, De Lisle, 1740. ut 534 Auszug einer Reife : Deäsle, gewiſſe Fleine Voͤgel, Streſchy genannt, ihre Zuflucht nehmen. Sie find graulich, 174% und um’die. Hälfte Fleiner, als die Schwalben. Man fah ihrer faft fünf- bis ſechshundert unter einander um diefe $öcher fliegen, Heraus und herein Eommen, und allemal in gro« Ber Bewegung, wie bie Muͤcken. Den ızten um gehen Uhr Abends ſah man eine ſchwimmende Juſel, ungefähr fechs Faden im Umfange, die aus dem Irtiſch herkam. Die Feldmeſſer der Gefellfchaft woll- ten fie gern in der Nähe befehen, und ſchifften dahin, Sie fhägten fie ungefähr anderthalb Faden dicke. Diefe Inſeln find nichts anders, als Spisen der Erdzungen , die det Irtiſch durch feine Krümmungen macht. Da das Waffer in diefen Gegenden mit gros Ber Heftigkeir fließt, fo untergräbt es nach und nad) die Erde, und reißt diefe Stücken mit Gewalt los , die mah nachgehends ſchwimmen fiehe, Seine Geſchwindigkeit ift bier fo groß, als bey der Mündung des Obi, und Fönimt von der Bereinigung des Tabol, Die zwo Werte von Tobolsk mit mehr Gewalt geſchieht, als der Irtiſch hat. ) Man fah den ıgten Jul. noch zwo fhwimmende Inſeln, wovon die eine nahe an Ufer ſtocken blieb. Es waren darauf vier bis fünf Fleine Bäume und ein Pfeiler. Die andere hafte auch. einige fleine Baͤumchen, und viel Geſtraͤuche. Sie mochten etwan zwanzig bis dreyßig Perſonen halten und fie wohl cauſend Werfte weit tragen Eönnen, ohne zu befürchten‘, daß fie von einander giengen. * Ihr Grund ifteine Art von Tofftein, Ctuf) fie find mit einem Dicken Moofe bedeckt, welches mit unzaͤhlig Eleinen Xeften der» geftalt durchflochren ift, daß man Faum mit einem Beile durchhacen kann, und unter diefem Mooße ift eine ſchwarze, zaͤhe und ſchwere Erde. Die ſchwimmenden Inſeln ent ſtehen noch auf. eine andere Art. Es find bisweilen. Stücen von einem fchlammichten Far. Ein Jar ift eine Küfte oder ein Kleiner Berg am Ufer eines Fluſſes. "Man fager, diefe Stůcken Erde mit Bäumen befegt, fielen bisweilen ins Waſſer das unterfie zu oberft, nämlich die Spigen der Bäume nad) unten gekehret. Die Schwere der Erde macht, daß fie fich umfehren, und die Bäume wieder aufgerichter in ihre natürliche Sage fommen. Alsdenn führer fie der Wind und Strom fort, und fie ſchwimmen, bis fie eine hervorragende Spige antreffen, wo fie fih anhängen. Deswegen wundern fich Die Reis fenden vielmals bey gewiſſen Dörfern und andern befanneen Dertern Inſeln anzutreffen, die vorher nicht da waren, oder fie an andern Orten nicht mebr zu finden, wo man fie ehedem gefehen hatte, Den andern Tag kam man fehr frühe die jefaulsfifchen Jurten vorbey , wo man bie erften Tatarn antraf. Den Nachmittag, da man längft der Küfte hinfuhr, bemerkte Here Königsfeld auf einigen Zweigen von Talnik eine Art von gelben und rothen Scho⸗ sen. Er pflüdte einige ab, und fand, wie er fie eröffnete, in jeder einen Wurm, an Far be von einem ſchoͤnen dunklen Blaue, und ungefähr drey bis vier Sinien lang. Den 2often fah man das legte ruffifche Dorf, Slenkina, und betrat nun das tatarifche Gebieth. Weil man fehr nahe bey dem Dorfe vorbey fuhr, fo wollten Herr Rönigsfeld und einige andere Reiſende ans Land gehen. - Es war eine unmaͤßige Hitze; und zu-den Mücken, die ſchon ſehr beſchwerlich waren, fand ſich noch eine andere Art von Inſeeten, fo dick, wie eine gemeine Spinne, aber länger, bie abfcheufic) ftachen. Einige Serunden nah dem Stiche lief eine Gewulſt auf, etwan fo groß als ein Ducaten, die einen empfindlichen Schmerz verurfachte. Den andern Tag ward, ber Fleck violer, un * endli nach Bereſow in Sibirien. 335 endlich gelb. Die Kuffen nennen diefe Inſecten Obidy. Eine Werfte meiter hin, fraf De Liste, man einen Fleinen Bad) an, beynahe zehen bis zwölf Klaftern breit, über den man auf 1740 einem Fleinen ‚oftiafifchen Chap fahren mußte, das aus einem einzigen Stüde gemacht war, und nur zwo Perfonen auf einmal einnehmen Eonnte, Der Schiffer, der nach: folgte, trug es auf. dem Rüden Man kam in das Dorf, und verfab fich mit friſchem Vorrathe, und hernach nahm man den. Weg gegen Dften durch) ein Gebölz, um bie Bäche zu vermeiden. Da die Geſellſchaft etwas aus einander gefommen war, fo hoͤrete man jähling einige-davon ein heftiges Gefchren erheben, - Zn der Meynung, daß fie ein wildes Thier angetroffen hätten, ſchickte Herr Königsfeld einen Soldaten hin, dem man zurief, es. gäbe da eine ungeheure Schlange. Er näherte ſich dem Orte, und ſah das Thier im Graſe mit abſcheuůchem Ziſchen und erſtaunlicher Geſchwindigkeit fortkriechen. Sein Růcken war. blau,emaillivt, der Bauch dunkles goldgelb, mit ſchwarzen Flocken bes füet. Sie war ungefähr ſechs Fuß lang, und zwiſchen zween und dritthalb Zoll dicke. Weil man fein Gewehr bey ſich batte, fo lief man fie entwifchen. Wie alle wieder in das Fahrzeug geftiegen waren, fo ruderte man noch drey Werſte weiter, und kam Abends ge⸗ ‚gen fieben Uhr an die Sommerjurten ber Farinsfifchen Tatarn, Es war gerade Frey⸗ tag, welches ihr Sonntag ift, folglich war man im Stande, die Gebräuche ihres Gottes⸗ dienſtes mit anzufehen. en | 7 Re unſere Reiſenden ans Sand gefreten waren, fo fahen fie erft ein Feſt bey einem reichen Tatarn. Es waren in dem Vorgemache feines Hauſes fünf tatariſche Baͤber, iin derſchiedene Arten von blauer geblühmter $einwand gefleidet, und mit Muͤtzen von ale Techand Farben. Diefes Borhaus hatte faft die Geftalt von einem halben Theater, Die Weiber kamen heraus, und betrachteten die Neifenden ſehr neugierig, die fie Dagegen mit "eben fo vieler Aufmerkſamkeit anfahen. "Sie trugen unter ihren fangen Kleidern große Hofen, die ihnen bis auf die Rnöchel der Füße herab giengen. Die Männer haben un: ‘ter ihren Mügen grüne oder siolertene Halsfragen, und entbloͤßen das Haupt vor feinen Menfchen. Die, melde fih in dem Haufe befanden, feßen ganz ruhig, und fo wohl Männer, als Weiber) tauchten aus Eleinen füpfernen Pfeifen, und nahmen darzu ein Ge⸗ fränk von Gerfte gemacht, worunter man etwas Branntewein gegoſſen hatte, welches ſchon eine kleine Suͤnde wider das muhammedaniſche Geſetz tar, zu dem fie ſich beken⸗ nen, Mit Untergange der Sonne fieng fich das Gebeth an. Ein tatarifcher Priefter Eniiete am Ufer des Irtiſch nieber, das Geficht gegen Mittag gewandt, flund hernach wieder auf und fagete im Stehen einige Formeln her; kniete wieder bin, legte fich mit Ham Gefichte auf die Erde und blieb in diefer Stellung eine Zeit fang. Darauf Fam ein anderer Zatar zu ihm , der flieg am Ufer ins MWaffer hinunter, machfe feine weiten Ho⸗ fen auf, mußch ſich den Hintern , bie Hände, und das Geficht, und Fniete hernach ne ben dem Priefter nieder, um mit ihm zu bethen. Sie warfen ihre Schuhe einige _ Schritte weit von ſich, und blieben mit bedecktem Kopfe und ihren Strümpfen oder le⸗ {n auf den Knien liegen. Ihre Stellung war einander gegen uͤber, der dernen Siefe r eine ſah nach Norden, der andereinah Suͤden; der eine harte die Hände ausgeflveckt, der andere aufgehoben. Ihr Gebeth, das beynabe eine halbe Stunde dauerte, geſchah mie vieler Andacht, ohne daß die Gegenwart ber Fremden, die fie umgaben, ihnen die geringfte Zerftreuung verurfachte: Der Priefter wiederholte oft Jeſchowa Ellai, welche Fomel mit dem griechiſchen Kyrie eleiſon überein koͤmmt, und der andere ant⸗ HB 3 wortete DSe Lisle. 174% —et 536 Auszug einer Reife wortete Uſnir, oder Aınen, Die Weiber, welche nie in die Moſchee Oder an einen oͤf⸗ fentlichen Bethort kommen, verrichteten zu gleicher Zeit ihr Geberh in dem’ Haufe beſon⸗ ders. Wie das Geberh zu Ende war, fo gaben die Tatarn den Keifenden Thee zu trins fen, und nahmen fehr böflich von ihnen Abfchied. / Die tatariſchen Weiber verheurathen ſich mit dreyzehen Jahren. So bald ein Mägdchen gebohren wird, giebt man ihr einen Namen: aber die Befchneidung wird ‚bisweilen bis aufs fimfzehente Jahr verſchoben. Stirbt das Kind vor diefem Alter, obne Ankunft zu Tobolsk. beſchnitten zu ſeyn, fo halten fie es fürfelig. Iſt es aber uͤber dieſes Jahr und nicht befchnit- ten worden, fo ift es im Stande der Simde, und hat an dem Paradiefe des Mubam« meds feinen Theil, Die Tararn find überhaupt fehr gaſtfrey und leurfelig : aber Die ges ſittetſten und hoͤflichſten unter allen ſind die Tobolskifchen. Bde 2 „Den zıften bes Morgens hatte man die Farimsfifchen Winterjurten im Geſichte. Der Irtiſch mache hier eine von feinen größten Krümmungen, Die fich in dem ganzen Laufe diefes Fluffes befinder, und auch auf der euffifchen Karte wohl angemerfer war. Um zehen Uhr Fam man nach Natſinskaja⸗Saſtaroa, ‚bey welchem Orte die Nat⸗ ſinska fließt, ein Fleiner Fluß, der in den Irtiſch fälle, und deffen Mündung ungefäht vierzig bis fumfzig Klaftern breit if, Ihre Vereinigung ift an einer fleinen Sandfpiße kenntlich, die zwifchen dem Irtiſch liegt, der Suͤdſuͤdoſt geht, und dem gedachten Fluſſe, deſſen Lauf Suͤdſuͤdweſt iſt. Hier wohnen Ruſſen und Tara. Den 22ften war ein ſehr heißer Tag, ob es gleich die vorhergehende Nacht gerege- net hatte, und die Ruderer hatten viel auszuftehen.. Gegen Mittag Fam man bey einem Bache vorbey, der mit dem Irtiſch Morgen eine Inſel von zwo Werften im Um⸗ fange macht, auf der einige fatarifche Sommerjurten waren. Herr Koͤnigsfeld that mit der Schaluppe eine Spazierfahrt nach der Inſel und ſtieg bey den Jurten ans Land. Er traf einen Tatarn an, der ihn bath, bey ihm einzutreten, Hier waren viel Weiber und Mägdchen, Unter den leßtern hatte eine langes ſchwarzes Haar, das ihr in Zöpfe geflochten, bis auf den halben Schenkel hinunter gieng, und außerdem war fie ganz artig. Er ſah aud) einen Knaben von ungefähr einem Sabre, der ein ſchoͤnes Kind war. Man hatte ihn. vor drey Wochen befihnieten, und die Wunde mie einem Stuͤcke Eattun ver⸗ bunden. * Endlich ſah man den azften Nachmittags das Schloß von Tobolsk, twelches auf einem hoben Berge gebauet ift, und gleich zwo Stunden: bernad) kam das Fahrzeug un« er dafjelbe, und warf den Anker aus. „Die ganze Geſellſchaft ftieg ans fand, nachdem fie von Devefow aus einen Monat und zwanzig Stunden zu Schiffe.gefahren waren. ..., Wir giengen, faget Herr Königsfeld, auf einer Treppe von zweyhundert und fie- benzig Stufen, die aber Ruheplaͤtze und Bänke hat, auf das Schloß. Sie if ein Werk des Eabinetsminifters Zerkaski, ehemaligen Statthalters zu Tobolsk. Hier beſuch⸗ ten wir ben damaligen Statthafter, Herrn Buturlin, weil wir feinem Haufe fehr nahe . waren. Wir giengen auch) in dem weitlaͤuftigen Schloffe herum , befahen das Grab des Metropolitan Antons, welches ſeit unſerer Abreife war errichtet worden, imgleichen eis nen in den Felfen gegrabenen Brunnen, funfzig Klaftern tief ‚welche Arbeie die ſchwe⸗ diſchen Gefangenen angegeben und: ausgeführet harten, Hier findet man im heißeften Sommer Eis. Einer von den Eimern war dergeftalt eingefroren, daß man Mühe hatte, ihn | nach Bereſow in Sibirien. | | 537 ihn loszumachen und herauszuziehen · Dieigange Maſchine beſtund in einem ccumlau⸗ Dei fenden Rade, einer Rolle, und noch zweyen Raͤdern, weiche Eimer uk —* die Hoͤhe brachten... Der Metropolitan lich „mie man ſagete, das Hauptrad von Bären — umtreiben, Von da giengen wir zu der großen Glocke, welche eben dieſer Praͤlat auf ſeine Koſten hatte verfertigen laſſen und die in den Schmieden zu Demidow gegoſſen war, Rach der Aufihrift, die mit ſilbernen Buchſtaben in ruſſiſcher Sprache darauf ſteht ‚hatte fie achttauſend Rubel gekoſtet. Bey den hölzernen Schoppen, wo fie auf⸗ gehoben ward, ſah man den Grund zu dem neuen Glockenthurme, auf den fie follte zu hängen Eonmmens... Hierauf verließen wir das Schloß und fliegen den Berg hinunfer. ie wir-irt. das. tataeriſche Quartier kamen, fo ſahen wir einen Meeſin, der die feute feiner Religion von dem Thurme einer Mofchee zum Abendgeberhe rief. N ' = Dei Sutei gehen Mittag bebbachteten wir die Entfernung der Sonne von Zenith, und fanden Hi — Hierauf berechneten wir Die Polhoͤhe auf 58°. @ 1% welches mit’ denen Ausrechnungen, des Heren de Lisle de lg Croyere im Jahre 1733 und 1734 geriau überein fam, Her auch, den Unterſchied des Mittagszirkels zwiſchen bier und Prterebiung 37 4 0% ’gefunben hate . 1. > Den.asften bezogen wir bie Wohnungen, die ung von dem Polizeyrichter angewie⸗ fen worden waren. Das wat damals Herr Iwan Iwanowitſch Steagow;, ebemar figer Hofſchenk, der nad) Tobolsf vertiefen worden, und bernach zu dieſem Amte er⸗ nennet worden war, Denſelbigen Tag fiengen wir aud) an, die Stadt zu befehen. Herr Holzer. er ſter Wundarzt, te uns anfangs in die Kriegesſchule, welche die ſchwedi⸗ ſchea Gefangenen hier angelegt haben. _ Die Jugend lerne hier leſen fhreiben, rechnen, die Anfangsgründe der Geometrie und erereiven, Wir fahen ein Piquet von diefen june gen Seuten, und eine Wache mit ihrem Trommelſchlaͤger, aber ihre Flinten und ‚Helles barben:waren nie von Helge, Bey diefer Schule ift eine Brüde über den Fluß Kur dumka gefchlagen, deſſen Waffer, nach dem Berichte der Einwohner, Die Eigenfihaft Bat, denen, die davon trinfen, das fibirifhe Nafurel benzubringen. Des Abenes bör- Eon wirin der Feſtung mit allen Glocken laͤuten. Es geſchah zum Gedaͤchtniſſe der Schlacht Bey Pultawa, deren Feyer, die alle Jahre gefchieht , den folgenden Tag. einfiel. Den⸗ ſelbigen Tag, es war der a7fte, wurden wir von dem Statthalter zur Tafel gebethen, ber üns mit unbefehreiblicher Höflichkeit aufnahm. Den 2gften gieng Ich in einige fatarifche Häufer , und under andern zu ber Prinzef- finn Suberatowoirfch; die id) ſchon bey meiner Durchreife im Monate März gefpro« der auch von diefer Nation war. en hatte, Hier fand ich den Seeretär der Tatarn, —* ers welches. er ohne Umftände annahm. Zu Mittage fah Ich both ihm ein Stuͤck Geld an, | ich fünf a dreyßig Tatarn, mit Bogen und Pfeilen wohl gerüfter, zu Pferde vorbeye ziehen. Sie wurben wider die Baskiren ausgeſchickt, welche einen Einfall gethan hat. "ten. Jede Stadt oder jeder andere Ort dieſer Gegend gab dazu feinen Antheil, ſowohl an Tatarn, als Soldaten. Man hatte von hier einen Brigabier und zwey Regimenter, eines von Dragonern, abgeſchickt. g | "in zoften, am Peter und Paulfefte, wurden wir wiederum zu dem Heren Al⸗ n der Kanzley, zu Tifehe geberhen, wo wir eine feriowirfch Zelifhow, einem Herrn vor Ichöne Gefellfchaft von ſibiriſchem Srauenzimmer fanden, Allgem, Beiſebeſchr. XIX Bond. Yyy Den 2 Auszug einer Reiſe De Kisle. Den folgenden Tag beſuchten wir den Praͤlaten, der nach des Metropolitan Anton 2740. Tode, Vorſteher des Kloſters zu Tobolsk war, und Oniky hieß. Er nahm uns ſehr — gefaͤllig auf; und ließ uns feine Bibliothek ſehen. Sie beſtund aus ungefähr Hundert gefhriebenen Bänden in ruffifcher Sprache von der. Hiftorie und Theologie, aus einigen felavonifchen gedruckten und geſchriebenen Büchern, welche von: dem Leben einiger from- men Perfonen handelten. Wir giengen in den Kloſtergarten, wo ich eine Fleine hölzerne Kapelle bemerfete, die in einen langen Gang führte. Hier zeigte man ung ein beynahe gan- 368 Mammontshorn, wie man e8 dafür ausgab, und noch andere Knochen von eben biefem Thiere und außerordenelicher Größe, Wir fahen noch einen ganzen Kopf mit den untern Kinnebacken, und zween Backzaͤhne, die noch in ihrem Knochen ſteckten. Herr de Lisle hielt es für. den. Kopf eines Hippopotamus, weil er ihm fuͤr einen Elephan⸗ een zu klein fehiene, An der Wand dieſes Ganges, die mit Gyph überzogen mar, war eine Charte von dem gelobten Sande angebracht. Es: war groß vorgeftelle und illumi⸗ niret. Das vertritt in Sibirien. die Stelle der Seefcomalerey, und nimmt fich nicht übel aus. Dieſer Geiftliche, der in dergleichen Sachen. fonderlich neugierig war, ver⸗ ſicherte ung, ein fibirifcher Kaufmann, Namens Fugia, ‚habe im Jahre 1739 bey. Je⸗ nifeisE einen ganzen Mammontskopf von erffaunender Größe angert fen. Die Entde- dung hatte etwas bepgefragen , den Mann noch berühmter zu machen, der fchon vorher wegen feiner außerordentlichen Stärfe in Toboisk ſehr berufen war. Er hatte mit ei- nem weißen Bäre gerungen, der ihn, da er Waffer ‚geboler , angefallen hatte. Diefes Thier hatte er gerödter, ohne einige Waffen bey ſich zu haben, ihm hernach die Haut abgezogen und dem ie Statthalter damit ein Gefchenf gemacht. Ehe er fich aber vecht zur Wehre ftellen Fonnte, hatte ihm der Bär das Gefäß weggeriffen, und der Sieg war ihm alfo theuer zu ftehen gekommen . eraen uid Let Sieg Mit dem iſten Julius fieng die Hige an, ſehr ftarf zu werben... . Diefen ganzen Mo⸗ nat durch bis in die Mitte des Auguſt brennte die Sonne zu Tobolsf dermaßen, daß cs faft nicht möglich ift, das geringfte Gefchäffte zu verrichten. Die Rramläden werden alsdenn auch erft des Nachmittags geöffnet. Die vornehmften Einwohner haben im Gebrauche, von Mittags um eilf bis Nachmittags um drey Uhr Ruhe zu halten, und man fieht in diefer Zeie niemanden, als Sclaven und Dediente, etwas zu thun ‚haben, So Tange die große Hige dauerte, aß ic) nichts, aus Mangel des Apperites, fondern erhielt mich bloß von chineſiſchem Thee, der bier vortrefflich ift. Wir hatten Suft, einige Kramlaͤden zu befehen, und giengen unfer andern zu einem Kaufmmanne, der zu Kjoͤchta, an den fibirifchen ‚Gränzen vielen Verkehr mit den Chi- nefern trieb, Er hatte ein ftarfes Lager Porcellain von allen Arten. Er zeigte uns ein ſchoͤnes Stück chinefifche Materey, auf Papier , das fo fein als der zartefte Flor war, und vorfiellte, wie der Kaifer von China den kalmuckiſchen Chans Gehör gab. Die Chans knien mit niedergeſchlagenen Augen vor dem kaiſerlichen Throne. Der Kaiſer ift mit feiner Hofftade und den Mandarinen umgeben; und die Faiferliche Muſik ſteht bey den Stufen des Thrones. Ich beſuchte auch verſchiedene male den Erʒbiſchof Oniky. Ich ſchenkte ihm ein⸗ mal die Charte vom Schauplatze des türkifchen Krieges und die Befchreibung einer allges meinen Uhr, die Iſaak Bruhner in ruſſiſcher Sprache herausgegeben. Er — KIRCHE MIT FUNF KUPPELEN ZU ABALACK. E = mm! INN mE nach Bereſow in Sißirien. 539 Geſchenk mit Vergnügen an, und gab mir chineſiſchen Thee dafuͤr· Ein andermal bath De Ziste, er mich, ihn den Mond durch das neutoniſche Teleſcopium beobachten zu laſſen. Ich 174% borgte eines vom Herrn de Lisle, aber der Himmel war bewölfet, und der Mond nicht — zu fehen. Einige Tage hernach ließ ich ein gregorianifches Telefcopium auf ben hoͤchſten Kirchehurm bringen ‚wohin wir uns in Geſellſchaft einiger Liebhaber neuer Entdeckun⸗ gen begaben. Ich richtete es gegen eine tatariſche Moſchee, die wenigftens zwanzlg Werſte davon in einem angenehmen Gehölze lag, Wir wurden dadurch ſehr deutlich einen Tatarn zu Pferde gemahr, worüber der Erzbifchof viel Vergnügen hatte. Here nach bettachteten wir Abalak, das fünf und zwanzig Werfte von Tobolsk liegt, und entdeckten feine fteinerne Kirche mit dreyen Thürmen, wie auch verſchiedene Dörfer Über dem Irtiſch. —* Den 6ten begab ich mich des Nachmittages zu Pferde mit einigen von der Geſell⸗ ſchaft nach Jabalak oder Abalak, wo ehedem ein berühmter Tatar, Abala genannt, feinen Sig, und Truppen in feinem Solde hatte. Diefer Ort liegt gegen Nordweſt auf Anhöhen, die ſich won da an bis nach Tobolsk erſtrecken. Man fiehr hier eine große fteinerne Kirche ing Viereck gebauet, mit vier Thuͤrmen, und miteen auf einem Plage, der nur-wie die Oftroge mit Paliffaden umgeben ift, ein Oefängniß, mo erliche Ges fangene von Soldaten bewacht werden. Der Irtiſch läuft am Fuße des Berges hin, und bier betrachteten wir die großen Krümmungen, welche der Fluß machet. Es ſtehen hier noch einige alte Mauern von einer tatarifchen Stadt, die von den Chans aus dem Haufe Kuzumg erbauet worden, imgleichen verfehiedene Gräber. Wir befahen aud) Starajas Sibirka, von einem Fluſſe gleiches Namens fo genannt, der in den Irtiſch fälle, und deffen Ufer , fo Elein als er ift, doch dreyßig bis vierzig Klaftern in der Höhe haben. Den gten war das Feſt des heiligen Procopius, bey welcher Gelegenheit wir die Hauptkirche beſuchten. Sie iſt inwendig fehr ſauber und mie Gemälden gezieret; es ſind alte griechiſche Kirchenvaͤter, die mit allerhand Kennzeichen an der Wand auf naſ— fem Kalfe gemalet find. Der Altar iſt von gut vergoldetem Schnigwerfe. Die vor- nehmſte Ceremonie diefes Tages beſtund in einer Procefion, bey ber man das Bild der Murter Gottes und einiger andern Heiligen unter. vielen brennenden Kerzen herum frug. Das war dag drittemal, daß man bie heil. Jungfrau fo herum führete. ‘Den ren Jul. wurde fie früßmergeng mit einem großen Yufzuge nach PreobragonstoisSelo ge bracht, das drey Werfte von Abalak liegt. Hier blieb fie die Macht über in der Kirche und dabey wurde Meffe gelefen. Diele taufend Perfonen beyderley Gefchlechts machten ihre Begleitung aus; vornehmlich. farben ſich Dabey fo viel Weiber und Jungfern, alle in Seide gefleiber und gut geſchminket, daß man, ohne bie Sachen zu übertreiben, taufend Meibesperfonen auf hundert Männer rechnen Fann. Diefer Haufe folgte auch den zen Jul. dem Bilde in das Klofter Iwanovokoi nad), das fieben Werfte von Tobolsk liegt, Hier brachte es gleichfalls die Nacht zu, und das war für die andächtige Gefellfchaft wie- der eine [chöne Gelegenheit zu allerhand ohne Zweifel erlaubten Vergnuͤgungen. End⸗ lich, wurde es den sten in die Haupfficche zurüc gebracht. Und wie diefe Proceßion den gänzlihen Befchluß machte, ſo giengen des Nachmittags die Weiber und unge - fern auf. die. Wiefe vor den Seftungswerfen ber Stadt, und machten fih da ein neues Vergnügen. Yyya Diefe 540 Auzug einer Reiſe De Lisle. Dieſe Feſtungswerke beſtehen in einem Walle von Erbe, det mit ſpaniſchen Reu⸗ 17460. tern, einem guten Graben und etlichen Batterien vertheidiget wird, Er erſtrecket fi) Sy von dem Ufer des Fluſſes gegen Oſtnordoſt bis an das andere Ufer nach Oſtſuͤdoſt. Das vor liegt eine große Ebene, wo hundert tauſend Mann Plag hätten, bequem ein Lager aufzuſchlagen. Sie ftößr an ein Eleines Gehoͤlz, in welchem verfehiedene Einwohner der Stadt Luſthaͤuſer haben, die aber ganz fehleche nach ruffifcher Ark gebauet find. Mir wurden dann und wann dahin gebethen 2 und die aftatifchen Schönen, die wir bier fanden, machten uns das meifte Vergnügen; denn alles andere, womit uns die Ruſſen die Zeit zu vertreiben ſuchten, fand. bey uns wemg Eindruck. Ich hatte einmal des Morgens Beſuch von einem tatariſchen Herrn, aus der Fa⸗ milie Kuzum, und von dem alten Geſchlechte der Chans, der wegen ver Aſtronomie und Geographie viele Fragen an mich that. Unter andern wollte er wiſſen, warum damals die Sonne zu Obdorskoi oder Naſimskoi nicht untergienge, wie er von einigen Samo⸗ jeden erfahren hatte? Wie ich ihm zeigte, daß dieſe Oerter über den Nordpol hinaus liegen, fo begriff. er ſo gleich, warum der Tag in diefen Gegenden fo lange daure. Bey Erblickung einer Erdfugel, durch die ich ihm von der Fugelförmigen Geftalt der Erde überführen wollte, fragte er mich, ob es auf diefer ganzen Fläche Menfchen gäbe? Und wie ich ihm verficherte , daß unter ung Menfchen wären, die uns die Füße zufehrten, fo lachte er darüber herzlich, und that den Findifchen Einwurfs Wenn es Wienfchen unter uns gäbe, fo müßten fie norhwendig herunter fallen, „Was heißen fie „fallen? antwortete ich. Micht wahr, wenn wegen des verlornen Öleichgewichtes, oder „weil unfere Füße anetwas geftoßen haben, unſer Koͤrper auf die Grundfläche binftürzet, „die ihn trägt ?, Ja, obne Zweifel. „Fallen ift alfo nichts anders, als gegen die „Erde gezogen werden. Wenn nun die Menfchen unter uns. fielen; fo müßte es nach „ber Erde zu geſchehen, und auf eben die Art, wie wir fallen, denn follte es auf eine „andere Weife gefcheben, fo müßten fie fliegen Fönnen, wie die Wögel, daß fie den Bo» „den verließen, und fih in die Luft erhüben, Aber. unfere Gegenfüßler, die ſo ſchwer „find, als wir, druͤcken die Erde auf gleihe Weile, und fie ift der Mittelpunct „der Schwere, wornach mir alle mit gleicher Neigung finfen.„ Darnach wollte et wiffen, warum esin Irkutzk, Pecking, Jamiſchowa ꝛc. wärmer fen, als zu To⸗ bolsk, Bereſowo, Naſimskoi? Ich zeigte ihm, daß die erften Städte dem Ae— quator und der, Ekliptik, Durch welche die Sonne ihren Weg nimmt, (und deren größte Entfernung vom Xequator nur drey und zwanzig und.einen halben Grad berräge), viel naͤher lägen, und folglich die Kraft ihrer Strahlen mehr empfänden, da diefe mehr fenf» techt darauf fielen. Mit Hülfe-eines Spiegels konnte ih ihm begreiflich machen, daß die Strahlen defto flärfer zurüc geworfen werden, je größer-der Winfel ift, unter dem fie auffallen, ‚weil fie alsdenn faft nach eben der Nichtung zurück-prallen, welches ihre Hitze ungemein -vermehret., Auf dieſe Weiſe befriedigte ich ihn wegen feiner Fragen fo gue ich konnte, denn ich war, nur darüber verlegen, wie ic) ibm verftändlich wer⸗ den wollfe, doch fehlen er mit mir zufrieden zu feyn. Er trunk Thee auf tatariſche Weile, das ift ohne Zucker, und tauchte einige Pfeifen Schar aus ftählernen, Pfeifen, die ic) mir zu dergleichen Befuchen zugelegt harte; darauf nahm er in ruſſiſcher era En aber \ nach Bereſow in Sibirien. 54 aber mit ſehr hochtrabenden Redensarten, wie die Morgenlaͤnder in Gewohnheit ha⸗ ben, Abſchied. = Seit der Ankunft zu Tobolsk gab Herr de Lisle den Feldmeſſern, welche die Admiralitaͤt ihm geſchickt hatte, faft täglich in der Aftronomie Unterricht, und ich ver⸗ frat die Stelle eines Dolmetſchers. Doc) gegen die Mitte des Julius ſah er ſich genoͤ⸗ chiget, fie einige Tage auszuſetzen, weil er an ber linken Hand eine Geſchwulſt befam, die ihm viele Schmerzen verurfachte, > em n Sn diefen Fleinen Feyertagen zeigefe man mir einen Mann ungefäht dreyßig Jahre alt, der die gewoͤhnliche Groͤße, aber einen etwas dicken Kopf hatte, An den Seitens beinen des Hirnfchädels waren zwo Erhöhungen, faft einen Zoll lang, die gleichſam aus einer hornichten Haut beftunden. Er war einfältig'von Verſtande, aber von einer ſtar⸗ fen Natur. Im Winter gieng er nicht mehr befleider, als im Sommer, und die Farbe feines Körpers war über und über ein dunfles Braun. Den ıöten des Abends erfuhr man, daß bie Fuͤrſtinn Dolgorowki, geborene Gräfinn. von Scheremetof, zu Waſſer in Sargum angefommen wäre, welches nur fieben Werfte von Tobolsk liegt, Alle Damen von Stande fuhren ihr darauf entge⸗ gen, um fie in die Stadt zu bigleiten. Wie fie aber ihre Complimente angenommen harte, wollte fie lieber in dem Dotſchetnick bleiben, und die Neife vollmds auf dem Fluſſe thun. Hier langete fie den folgenden Morgen um zwey Uhr an, und em⸗ pfieng diefen Tag aus der ganzen Stadt Beſuche. Die Afiater find von vielem Gepränge eben fo. große Freunde, als die Europäer, und verftehen die Höflichfeit.vielmals fo gut, als mir, Unter vornehmen und unter unverheuratheten Perfonen ift in Tobolsf der Ge brauch , daß, wenn eine Mannsperfon dem Frauenzimmer die Hand gekuͤſſet bat, fo giebt ſie ihm einen Kuß auf den Schlaf am Kopfe. Sch bekam den ıoten Sul, von einem. unter den Tatarn fehr angefehenen Manne Beſuch, Namens Habus Alm. Der Zuname Alim bedeutet bey den Tatarn einen Panſophen, ober ber alle Wiſſenſchaften inne hat. Viele Tararn führen, wig bie Morgenländer, dergleichen prächtige Namen, Dieſer unterhielt mich von der tatarifchen Sprache, und ihren befondern Eigenfihaften, Wie er den Thee bey mir getrunken hatte, war die Sonne ſchon untergangen, und alſo die Zeit, in die Mofchee zu geben, fehon vorbey. Um aber fein Geberh nicht zu unterfaffen, legte er in dem Vorhauſe meis nes Quartiers feine Schuhe ab, flieg ruͤckwaͤrts eine Ireppe hinauf, fniete auf den Etufen nieder , daß das Geſicht gegen Mittag gerichtet war, und bethete fehr andaͤch⸗ tig, ohne.fich. durch die Zufchauer ftören zu laſſen. Den andern Tag befuchte er mich wicder „und machte mir nach morgenländifcher Gewohnheit, um ſich für bie geftrigen Höflichkeiten zu bedanfen, ein Geſchenk mit einem arabifchen gefehriebenen Buche in Quart, welches die Gefchichte Jeſu Chrifti enthielt. Ich that wegen des Buches eini- ge Fragen an ihn, und er fagete,, die Welt habe nad) der Tatarn Rechnung 620960 Sahre vor Adam geftanden,, von Adam aber bis auf unfere Zeit wären faft 7000 Jahre derfloſſen. Die letzte Rechnung weicht von der Ruſſen oder vielmehr der Griechen ihrer nicht weit. ad, die damals ſeit Erſchaffung der Welt 7248 Jahre zaͤhleten. Was bie er⸗ ſte betrifft, ſo ließ ſichs darüber nicht gut mit einem Manne ſtreiten, der von bemjeni« gen, was vor Adam vorgefallen war, fo. genaue Nachricht hatte, Dyyz Den De Kisle, I sn 40 De Risle, 1740 — Auszug einer Reiſe Den zoften, als am Tage des Propheten Elias, war ein Feſt, welches mit an⸗ bächtigen Gebräuchen und Gaſtereyen gefeyert wurde. Das Bild der beit, Jungfrau von Abalak ward wieder in Proceſſion nach dem Kloſter Iwanovskoi getragen, Dieſes Abreiſe von Tobolsk. Kloſter hat eine fehr angenehme Lage. Hinter dem Gebäude iſt ein kleines Gehoͤlz, und vor demſelben, etwan einen Buͤchſenſchuß weit, ein kleiner Fluß, die beyde, je nes durch feinen Schatten, dieſer durch fein helles Waſſer, den Ort ſehr verfchönern. Wir thaten gegen Abend einen Spazierritt dabin,. und. Eamen noch. denfelben Tag wieder. Wie Herr de Lisle feine geographiſchen und Bifforifchen Entdeckungen, die ſich in Tobolsk machen ließen, zu Ende gebracht harte, fo befchloß man den zıften in zwee⸗ nen Tagen abzureifen, und den Weg nach Cafan zu nehmen. Jedermann befam alſo denſelben Tag Nachricht, ſich auf den 23ften fertig zu halten. Der Tag vorher ward mit Abfchiedsbefuchen bey dem Statthalter , oder andern vornehmen Leuten, die man. bier hatte kennen lernen, zugebracht. Die ganze Gefellfchaft verfammlete fich den azften bey dem Herrn de Lisle ‚und um halb vier Uhr brachen wir in Begleitung einiger Freunde von Tobolsf auf. Nach einer Stunde Famen wir zur Ueberfahrt an dem Irtiſch, die ung viele Zeit wegnahm, weil die Barken nicht mehr als vier Wagen und einige Pferde tragen Fonnten. De&s wegen ließen wir uns, Herrn de Lisle und ich, zuerft überfegen, und befablen den Soldaten, für unfere Wagen zu ſorgen. . In währender Ueberfahrt Fam ein Gewitter mit ftarfem Regen, und wir mußten unfere Zuflucht unter die Bäume nehmen, An dieſem nicht fehr bequemen Orte ber fuchte uns ein fatarifher Achun, in Begleitung dreyer Priefter aus eben der Jurte, die einige Werſte davon in der Nachbarſchaft lag. Ein Achun, welches eine geiftliche Würde unter den mubammedanifchen Tatarn ift, wird gemeiniglich zu Mekka oder in der Bukarey dazu ernenner, Diefer trug feine Kleidung aus einem violetten ſei⸗ denen Zeuge, und fein Bund war mit einem Streifen von weißem Cattune eingefaßt. Er mar zwifchen fünf und fiebenzig und achtzig Jahren, und fprach gut Ruſſiſch ‚daß wir uns mir ihm, da unfer Geräch übergefchiffet wurde, unterreden Foriuten. fprach mit uns vom Muhammed, vom Koran, und von Jeſu Chriſto, den fie für ek nen großen Propheten erkennen. Er behauptete: „Der mächtigfte Fürbirter bey Gore „fey Muhammed, und weder Adam, noch Noah, noch felbft Jeſus Chriftus könmen „uns dazu dienen; Adam nicht, weil er die Gebothe Gottes übertreren babe; Noa „wegen feiner Trunkenheit, und Jeſus Ehriftus, weil er fir einen Gott in menfchlicher „Geſtalt gehalten würde, ein Gore aber koͤnne nicht einen andern Gott bitten, Wie es Zeit zu berhen war, giengen die vier Tatarn von uns, ſich in dem Irtiſch zu wa ſchen. Wir fegeten unfere Reife fore, und um neun Uhr des Abends fegeten wir auf einer Fähre über den Fluß Mediance,- bey einem Dorfe gleiches Namens, acht Werfte von Tobolsf gelegen, wo wir die Nacht zubrachten, 2 Nachdem wir den agften 25ſten und 26ften über verfehiedene Ftüffe gegangen waren, als Plaska, Opoluka, Enging, die ſehr hohe Ufer Haben, den See Batkals den Tobal zweymal, die Beroſuka, Jsku, Uſſalka, und die Tura, an meldet Tumen oder Tjumen liege: fo kamen wir den 26ftenum neun Uhr Abends in diefer letz⸗ sen Stadt an, mo wir fo gleich die von dem Woiwoden angewieſenen Wohnungen ber zogen. nach Bereſow in Sibirien. 543 gogen. Tumen ift, wie wir ſchon gefager Haben, ganz von Holze gebauet, die Kirche De Lisle. und das Kloſter ausgenommen , welches durch eine hölzerne Brücke, die zwölf Klaftern 1740. hoch iſt, mit der Stadt verbunden iſt. Die Stadt hat eine angenehme Lage, und zu ib- u ver Befeftigung Pallifaden und Thuͤrme, an einigen Orten auch fpanifche Reuter. Sie treibt mie Sibirien, China und Cafan Handlung. Man machet bier wollene Des cken, die ſehr gefucher werden. Die Einwohner haben Feine fo gute Lebensart, wie die in Tobolst, und feheinen fehr geldgierig zu fern. Man findet bier gute Pferde, und $ebensmittel im Ueberfluſſe. Weil Herr Saltanow einen Anfall vom _ Fieber befam,, fo mußten wir den 27ften hier ftille liegen. Wie wir uns den 28ſten um zehn Uhr des Morgens mieber auf den Weg gemacht harten, fo fahen wir einen zugemach⸗ ten Reiſewagen fommen, den etliche andere Wagen begleiteten, und darinnen ein Staatsgefangener nach Sibirien gebraht wurde. Er wurde durch einen Sieutenant vom aftrafanifchen Regimente und dreyen Soldaten geführet, und zu Cobolsk erwar⸗ tere ihn ein Major mit verfiegeltem Befehle. i Den zoften langeten wir Abends zu Japanzin an, einem Städtchen, das in einer fruchtbaren Gegend. liegt, mo es viel Getraide und andere Fruͤchte giebt, aber wenig Handel getrieben wird, ber bloß auf Sibirien eingefchränferift. Es hatte Fürzlic) eis nen Brand gelitten, worinnen eine Kirche nebft zwey und fieberzig Käufern darauf ge gangen war, ı Wir wurden von dem Woiwoden (dem Herrn Veding) fehr wohl aufe genommen. Weil uns das ſchlimme Wetter die Macht bier zuzubringen nöthigte, fo bath er uns den andern Tag zu Tiſche, und ich habe nirgends fo große und fchöne Erd⸗ beeren gefeben, als uns bey ihm vorgeſetzet wurden. Wir verließen diefen Ort deu zoften um ſechs Uhr bes Abends, Den z1,&ul. hatten mir ſehr boͤſe Weg Ehe wir nach Vominow Famen, in welchem Doife wir die Nacht über blieben, fuhren wir auf einer fehlechten Brücke über den Fluß Kirtimkowa. Das geſchah bey einem Dorfe gleiches Namens , welches von neubefehrten Ehriften aus der wogulsifchen Nation bewohnet wird, Die Brücke war. fo fhmal ;ı daß nicht zwey Pferde neben einander ‘gehen fonnten, und die Räder den Rand hart beruͤhrten. Man mußte alfo die Pferde ausfpannen, und fich in der finftern Nacht fo gut fortziehen laſſen, als es angehen wollte, Es war zwar fehr gefaͤhr⸗ lich, aber einige von ber Gefellfchaft lagen im feften Schlafe, und erfuhren nichts davon. Wir Famen den ften Aug. über den Tagit, der in bie Tura fällt; durch Das Dorf Siderowa, wo wir unfere Pferde ausruhen ließen; durch Soltinskoi⸗Po— goſt, mo man eine fhöne fteinerne Kirche ſieht, welche der Fürft Gargarin, kurz wor feiner Ungnade, auf eigene Koften hatte bauen laffen, und endlich den 2ten um eilf Uhr des Morgens nad) Werchoturia die aͤußerſte Stadt Sibiriens an der Graͤnze von Europa, Hier ſahen wir den Herrn Rorfitow, der mit feiner Frau, einer ar tigen Polinn, wegen. der Händel des Knees Czerkaſſen hieher verwiefen war, Abends um acht Uhr fuhren wir hier wieder ab. - Den zen ſahen wir die Kupfergruben zu Celi, und feßeren mit Wagen und Pferden ducch eine Furth der Tura. Darauf kamen wir an die beſchwerlichen Wege in dem werchoturiſchen Gebirge, die man Des Nachts nicht ohne Gefahr, bey Tage aber ganz glücklich zurück leget, und erreichten endlich fpät und fehr ermuͤdet Mogutz⸗ £oi-Selo, wo wir bey einem neugetauften Wogutzen abtraten. Den. De Lisle. 1740. 344 Aus zug einer Reiſe | | . Den aten Yug. kamen wir endlich über ben hohen und beſchwerlichen Berg Po⸗ dinskoi⸗ Ramen. . Man muß zwölf Werfte lang befländig Berg an ſteigen, und her« unter bat man eben fo weit. Der Weg ift fo voller rauhen Felfen, daß man von eis nem Steine auf die. andern fälle ‚und erftaunlich zerſtoßen wird. Vorher muß man über verfchiedene Fluͤſſe, von denen einige fo tief find, daß das Waſſer in die Wagen geht, und fie in bie Höhe hebt. Mit Untergange der Sonne‘ kamen wir nad) Kit: ga, einem Dorfe in dem cofanifchen Diftricte, dasdem Baron Stroganow gehoͤret. Weil der Himmel fehr heiter war, fo beobachtete ich die Ausſicht dieſer Berge, die gleichfam hohe Mauern zu bilden feheinen, und fi von Norden ryıch Weſten in gera⸗ der Linie erſtrecken, fo weit als man! nur fehen Fan Diefe Berge geben nach’ dem Berichte der ruflifchen Feldmeſſer hinter Odorskoi weg, und erſtrecken fich immer weiter nach Norden, wo fie zufammen ftoßen: An der Suͤdſeite vereinigen fie ſich mit dem Caucafus, und gehen bis ans ſchwarze Meer, Durch diefe Kette von Bergen; die man in einer Weite von achtzig bis Hundert und zwanzig Werften über die Wälder hervor ragen ſieht, und die an einigen Orten wie blaue Wolfen ausfehen, hat die Na— tur Afien von Europa unterfchieden; deswegen Fann ich nicht begreifen, wie einige Erdbefchreiber die Graͤnzen von: Europa bis: an dem Obi haben binausfegen koͤnnen, ober warum fie andere bis an den Kama eingefehränfe haben Ich meines Ortes halte es mit denjenigen, welche Europa mit den werchoturiſchen Gebirgen endigen, und ich halte die riphäifchen Berge, (das iſt ihr alter Name) für hohe Mauern oder für . Grängen, melde die Natur ſelbſt gefeger bat, den Europaͤern den Uebergang nah Salzwerfe zu Soli: kamskoi. Aſien zu verwehreeenn. 122 ml a — wer Den zten trafen wir zu Uſſaka verfihiedene Reiſende an, die von Petersburg ka⸗ men. Wir frageren fie ſehr begierig nach Neuigkeiten, als $eute, die bey einem halb⸗ jährigen Herumgiehen, unter den Oftiafen und andern fibirifchen Völkern gleichfam außer der bewohnten Welt, und an den dußerften Gränzen von Norden verwieſen ges wefen waren, Denfelbigen Tag famen mir noch nach Solikamskoi, wo wir uns bis zu dem folgenden Morgen verweileten. Bey waͤhrendem Furzen Aufenthalte an dieſem Orte beſahen wir die Faiferlichen Salzkothen, "und ich imterfuchte fie genauer, als auf der Hinreiſe. Alte Arbeie wird hier durch Menfchen verrichtet. Man fiehe fie Tag und Nacht beſchaͤfftiget, aus ein und dreyßig Salzquellen Waffer zu fchöpfenz an jedem Bruns nen. find zween Leute, bie won Zeit zu Zeit abgelöfee werden. "Sie befommen nicht mehr als drey Kopecken für zwen hundert Eymer Waller: Die Brunnen find dreyßig bis vierzig Klaftern tief. Die Pfannen, ‚in denen man das Salz kochet, find fehr groß, und fie zu heizen brauchet man zwölf bis dreyzehn Klaftern Holz. Das Waffer muß dar: innen zween Tage ohne Aufhören kochen, bis fich das Salz gefege hat. a "Den andern Tag befam Herr de Lisle einen Befuch von dem Woimoden, welches damals der Knees Kuropatkin war. Den Nachmittag wurden frifche Pferde berzus gefchaffer, und wir kamen Abends um act Uhr nach Nowaja⸗Uſool. Der Pris | | kaſch/ *) Das Wort: Geodeſiſt, Feldmeffer: be: rung finde ich jetzt von ungefähr In Kraſchinnini⸗ deutet in Rußland einen, der fich der Erdbefchrei: kows Befchreibung von Kamtfchatka, deutſcher Aus: bung und Schifffahrt befleißiger, daher man derglei: gabe, 44. ©. Vorher befremdere es mic) ſelbſt, Sen Leute auch Navigators nennet. Diele Erkläs was Feldmeffer der Admiralitaͤt jagen wollten, und R i warum nach Berefom in Sibirien. 545 kaſch, oder Aufſeher des Ortes kam uns mit einer Schaluppe entgegen, und feßete uns De Kisle, über den Fluß Rama, worauf wir fehr gute Quartiere angewieſen befamen. Wir war 1749. ven auf den Gütern des Baron Stroganow, und überall war Befehl gegeben, uns aufs beite zu bewirthen. Da unfere Reife bis nach Caſan zu Waſſer geſchehen ſollte, fo mußte bier ein Schiff zurechte gemacht werden, welches unſern Aufenthaͤlt in diefer Stade auf einige Wochen verlängerte. Herr de Lisle wollte diefe Zeit nicht vergeblich zubringen, und wir fuchten den gfen einen Ort aus, wo fih bequem Beobachtungen anftellen ließen. Wir fanden zwanzig Schritte von dem Fluſſe einen Dre, wo die Oft- und Süpfeite frey waren, nur gegen Norden funden einige Gebäude im Wege, So bald unfere Inſtru— mente angefommen waren , befchäfftigten wir ung, die, welche Schaden gelitten hatten, auszubeffern. Diefes war faft bey allen nötbig, und man Fonnte es auch auf einem ſolchen Wege nicht anders erwarten, zumal da wir etwas geeilet hatten, um die Beob⸗ achtung des Mercur , die wir zu Nowoi Uſool anftelleten, nicht zu ‚verfäumen. Doc) die Inſtrumente waren bald wieder in guten Stand gefeßt, und wir fiengen den ıten mie den Beobachtungen an. Denfelbigen Tag fahen wir une eilf Uhr des Abends am Himmel gegen Norden einen langen rothen und feurigen Strich. Einige Einwohner irreten ſich auch nicht mie dieſer Erſcheinung Sie fageren, es ſey Feuer in Solikamskot, wovon wir neun und zwanzig Werſte enfferner waren: und den an⸗ dern Tag erfuhr man wirklich, es waren dafelbft zwey Pulvermagazine in Brand ges rathen , und zween Menfchen dabey ums $eben gefommen. Die beyden folgenden Tage Fonnten wir wegen des Negens , Der Wolfen und eis nes heftigen Nordwindes feine Beobachtungen machen, Wie aber den 2aſten Das Metter fich aufgefläret Hatte, fo nahm man nicht nur einige Höhen der Sonne, fondern auch ihren Abftand von dem Zenith, die wir 48°. 34. 0", fanden, und wie man dar= nach die Polhohe von Nowoi⸗llſool berechnete, fo war fie 59°. 32° 0”, Wir harten An- ſtalten gemacht, diefelbige Nacht die Jupiterstrabanten zu beobachten. Der Himmel war gegen Often ‚belle und klar; man fab um halb zwölf Uhr den Jupiter fehr deutlich am Horizonte: um Mitternacht aber, wie die Beobachtung geſchehen follte, Famen Wolken, die den Himmel wieder bedeckten. Unter der Zeit, als man das Fahrzeug zuruͤſtete, mit dem wir nach Caſan gehen ſollten, wurden dann und wann einige Beobachtungen angeſtellet, und Herr de Lisle gab auch den Feldmeſſern *) der Admiralitaͤt Unterricht in der Aftronomie, bey denen ich mich ebenfalls gegenwärtig befand, um feinen Vortrag auf Ruſſiſch zu verdolmerfihen. Den ıgten gieng Ybends die Prinzeffinn Dolgorucki, die zu Waffer nad) Niſch⸗ noi reiſete, durch Rowo⸗lUſool, und hielt ſich bis zum 2oſten hier auf. Wie ic) an einem Abende mit einem von unfern Dolmerfchern nad) Haufe und bey einem Holzplatze vorbey gieng, erblickte ich einen Kerl, der ſehr ſchlimm ausſah und eine Art einer ee ' ug. warum Feldmeſſer fich eben im der Aſtronomie Feldmeſſern geredet wird, die vermuthlich mit dies unterrichten ließen. Ich habe unterdeffen die fen Geodefiften einerley find, und dem ungeachtet deutfche Benennung, ungeachtet fie nicht ‚bequem den deutſchen Namen führen. Anm. des Ve: it, behalten, weil auch in Gmelins Reifen von berfetzers. Allgem. Beifebefchr. XIX Band. 343 ! 546 Auszug einer Reife De Risle. trug. inige Schritte davon flunden noch vier oder fünf ſolche Gaͤſte, von. gleis 174% cher Gattung, Wir zogen fogleich unfere Degen, und der Soldat, welcher ung be- my gleitete, wollte fehon mie dem Säbel auf fie los gehen: aber fie ergriffen die Flucht. Wir verfolgeten fie eine Weile. Da fie uns aber aus dem Gefichte kamen, fo fanden wir nicht für vatbfam, unszu weit in den Holzplatz, wohin fie geflohen waren, hinein zu wagen; es war in ber Nähe eine Schenke, mo ſich vielleicht mehr folche Schelme finden Fonn« sen. Ueberhaupt iſt es an diefen Orten fehr gefährlich, ohne Gewehr auszugehen. Man bat von einem rohen Pobel, der noch darzu faft beftändig trunfen.äft, alles zu fürchten, vornehmlich aber von denen, bie in den Salzwerken arbeiten; und es vergeht felten ein Abend ohne Schlägeren. ; Den azften des Morgens beobachtete Kerr de Lisle das Austreten des erften Zur piterstrabanten aus dem Schatten, 1 Gegen das Ende des Auguftes war unfer Fahrzeug fertig, und mir fehickten ung en, Novoi⸗Uſool zu verlaffen. Weil es Sänge genug hatte, fo hatten wir einen bes fondern Dre für unfere Werkzeuge, und für jeden von uns eine eigene Kammer anlegen laffen. Es hatte auf jeder Seite vier große Fenfter , und zwölf Ruder, wo zu jedem zweene Seufe gehöreten, welche ohne Aufhoͤren ruderten. Es hatte ein gutes Segel, und eine blaue Flagge mit dem Andreaskreuze. Eine große weiße Fahne, die bey dem Steuerruber gepflanzet war, trug eben diefes Kreuz. Wir hatten dreyßig Leuto, die an allen denen Orten, die auf unferm Werzeichniffe angefeget waren, abgelöfer wurden, und zween $oorfen, die uns bis nad) Cafan führen ſollten. Alle Soldaten und Rude⸗ rer ſtunden unter den 5 des Faͤhndrichs, uns begleitete, und jedem war über feinen gewöhnlichen Dienſt, noch eine andere I, un wieſen. Weil ma gr } dah ich been —B ſo wur —— — — Aufftecken der Flaggen und über andere Geraͤthſchaften gegeben. Unſere Leute waren den aten Septemb. Abends um halb acht Uhr alle am Fahrzeuge beyfammenz wir fpanneren alfo unfere Segel auf, und reifeten ab, Des Nachts Famen wir die Stade Or- low vorbey. ; Den andern Tag waren, wir um 9 Uhr des Morgens den Schmieden zu Tama gegen über, und einige Unterthanen des Herrn Baron von Stroganow machten ung ein Gefchenf von dreyßig Nebhühnern. Der Auffeder Ziphilin, bey dem wir den Tag vor unferer Abreife zu Mittage gegeffen arten, holte uns hier ein, Unfere Schildwa⸗ he rief ihn an, und er Fam in unſer Fahrzeug. Den gten zerbrach ein Windftoß unfern Flaggenſtock, der fo gleich wieder ausge: beffert wurde, Wir giengen bey Ulkotſwo⸗ Selo vorbey, und der Auffeber des Ortes kam in einem Kahne zu uns, und befchenfete den Herrn de Lisle mir einigen Fifchen und andern Lebensmitteln. | Wir fangeren den sten des Morgens zu Slutka an, und begaben uns um zehn Uhr mie dem Aufſeher Stpbilin an die andere Seite des Rama, um den Ort zu fehen, wofelbft man den Entwurf zu einem Canale gemacht hatte, Man mollte fich dazu zweener kleinen Flüffe bedienen, des Lonwa und Lacwa, die, wie wir fahen ‚nicht weit von einander entfernt waren. Sie. haben ihre Quellen in den nächften Bergen, und erfirecen ſich auf funfzehn bis zwanzig Werfte. An dem Orte, mo wir abftiegen, fanden wir zehen geſattelte Pferde, auf die wir ums feßeren, um die Gegend —* — AG ‘ pa eſich⸗ —— re I N — m NINA all nach Bereſow in Sibirien. 547 befichtigen Wir haften unfere Inſtrumente mitgenommen , um bie Gegend abzuzeiche Me Liste: nen: aber die Menge der Bäume und dicken Waldungen waren unfern Verrichtungen bin: 1740. derfich. Wie wir alfo in Wind und Regen ungefähre. zwanzig Werſte geritten waren, ſo kehreten wir. wieder nad) dem Fahrzeuge um, und feßeten unfern Weg fort, Den 6ten Famen wir früh Morgens nad) Palsfnoi-Selo, wo ſich das zufols⸗ riſche Gebieth anfaͤngt, deſſen Auffeher vierzehentauſend Menſchen unter ſich bat, fo e wie zu Dem orlowifchen Gebiethe acht und zwanzig tauſend gehören, Diefe Menge Volkes zeiget, wie viel das Land der Krone einfräge: denn wenn man die Kopfiteuer nur auf einen Nubel für jeden Mann anfeger, fo betraͤgt fie in den ʒweenen Bezirken auf 42000. Rubel, ohne das Salz zu rechnen, welches jährlich nach Niſchnoi gebracht wird, oder was die Krone von andern Sändereyen des Haufes Stroganom zieht. Den 7ten hielt ein heftiger Suͤdweſtwind, der den ganzen Tag daurete, unfere Keife fehr auf, und wir Famen erft des Abends nach Niſchny⸗Muly, wo wir um leid» lichen Preis einige lakirte Gefäße fauften, bie durch Hülfe gemiffer Baummurzeln ver- fertiget werden, und den Lack ausgenommen, an Sauberkeit den cHinefifchen nichts nachgeben. Der Auffeher des Ortes verſah uns, feinen erhaltenen Befehlen gemäß, mit allen Arten von Lebensmitteln. ! Sich flieg den gen Abends um halb zehn Uhr auf das Verdeck des Fahrzeuges; und weil der Himmel fehr heiter war, indem fich der Weftwind gelegt hatte, fo wollte ich mich an demfelben umfehen. Ich gab auf die Venus Achtung, und fand, daß ihr Wieder fein auf dem ftillen Waſſer des Rama eben fo flarf war, als er bey dem Monde im erjten Viertel zu ſeyn pflegt. Man muß wiſſen, daß die Venus nad) dem petersbur⸗ giſchen Meridian hätte follen um drey Uhr des Morgens in Mordoften aufgehen, Sie war aber fehon zu Tabar aufgegangen, wo ich fie um neun Uhr fünf und vierzig Minus sen ſah, und ſtund jeßt ungefähr ein und dreyßig Secunden über dem Horizonte. Den gten wurben bie Unterweifungen, welche Herr de Lisle den Feldmeffern der Admiralieäe gab, auf dem Schiffe. wieder forrgefeßer, und ich befand mich dabep, wie gewoͤhnlich, als Dolmetfcher. Wie wir des Nachts nah Tabarady,Selo Famen, fo licß uns der dafige Aufſeher febendige Schöpfe, Hühner, Enten und andern Vorrath bringen, Er gab uns aud) einen Mann mit, der auf die Ruderer Ache haben follte. Den andern Tag, es war der gfe, erreichten wir zu Mitrage Belaſowoka⸗Selo, den legten Ort, welcher unter den Baron Stroganow gebörete, wo uns der Aufſeher ebenfalls fein Compliment machte, und uns allerhand Mundvorrath bringen ließ. Eine Stunde hernach fegeren wir unfern Weg nach Oſſa fort, welches eine bafchfirifche Stadt iſt; und ehe wir dahin Eanıen , fahen wir auf der Seite der Ebene, wo der Kame vorbey fließt, Pokrows- Eoi, eine Stadt, weiche die Baſchkiren bey ihrem Aufruhre 1735 gerflöret und vers branne hatten. ‚Den Nachmittag kamen wir nah Oſſa, welches auf einer Höhe liegt. Sin fleiner Fluß, der aus dem Kama fömmt, und fih nad) anderchalb Werſte wieder damit vereinäger, Läuft an ihren Mauern vorbey. Sie ift mit einer Ebene, von ungefähr zwo Werften im Umfange, und einem Eleinen Gehölze umgeben, aus dem die Baſchkiren 1737 einen Ausfall thaten, und bis an die fpanifchen Reuter ſtreif⸗ ten, Sie hatten auch noch neuerlich einen Er auf die Stadt gethan, aber die Befas 52 : gung, 548 Auszug einer rReiſe De Kisle. tung, die aus fuͤnf hundert Mann ordentlichen Soldaten, und lauter Koſaken beſteht, 1740. hatte fie abgetrieben. Dieſe Truppen empfiengen fie herzhaft mir Canonen und kleinem — Gewehre, daß fie ſich nach einem zweyftündigen Gefechte zurück ziehen mußten; man ſetzete ihnen aber nicht nach, weil fie niche nur auf zwey taufend Mann ftark waren, fondern auch noch hinter dem Gehölze noch eben fo viel zu Pferde in Hinterhalt gelege hatten, die von. den Fofafifchen Spionen entdecket wurden. Wir bielten ung in Diefer Stadt bis zum 1oten auf, wo wir zu Mittage unter Bedeckung von Koſaken abreifeten, die mit Bogen und Pfeilen, Partifanen und Spießen beivaffner waren. Zwo Stun- den darnach, Famen wir an ein wüftes Dorf, das vor drey Jahren von zufammen ges rotteten Räubern, welche diefe Gegend. unſicher machen, war. verheerer worden. Die vielen Gehölze an dem Ufer des Fluſſes, und die Inſeln, welche man bier herum haus fig ſieht, thun diefen Näubereyen großen Vorſchub. Um ung vor allem Ueberfalle in Sicherheit zu feßen, beſchloſſen wir, alle Nächte eine Schildwache auszuftellen, bie drey Stunden lang fehen mußte. ie war mit Gewehre und zwanzig Schuͤſſen in der Patrontafihe verfehen, und harte Befehl, Fein Fahrzeug unter Eeinerley Vorwande uns näber, als fünf Faden lang, kommen zu laffen, | Den ıaten hatten wir bey einem heitern Himmel und hellen Sonnenfcheine Seigais ka⸗Selo im Gefichte, ‚Weil das Ablöfen der Ruderer immer einige Zeit wegnahm, ſo ließ Herr de Lisle den großen Quadranten an das Ufer bringen, um den Abſtand der Sonne vom Scheitelpunkte zu beobachten. Er fand fie 56°, 46°. 0”, daraus ich nach der Rechnung die Polhöhe auf 56% 43/31". beſtimmte. Wie ich in der folgenden Nacht die Wache hatte, fo ſah ich zwey große mir Salz beladene Fahrzeuge, melche der Sturm mit ihrer Ladung, die von Novoi Uſool nach Niſchnoi geſchaffet wurde, an eine Inſel des Kama geworfen harte. Sie wurden von des Baron Stroganow Leuten geführer. Dieſe Salzſchiffe, Lodjes genannt, haben ungefähr fünf und dreyßig Klaftern in der Sänge, und neun oder etwas darüber, in.der Breite. Sie tragen vier hundert und achtzig, bis fünf hundert Ruderer, haben ſechzig bis fiebenzig Ruder, und drey oder vier Canonen. Wir betraten den folgenden Tag das Gebierh von Ufa, und der Baſchkiren ihres, die beftändig herum ftreifen; deswegen waren auch unfere Schildwachen wohl. auf ihrer Hut. Selo⸗Sarapul, wohin wir des Morgens um fechs Uhr kamen, ift gegen Ahre Steeifereyen ander Abendfeite, mit einer Wand von viereckichten Balken und fpanifchen Reutern verfehen. Sie iſt am rechten Arme des Rama in einer Ebene erbauet, die von Süden nad) Morden läuft, und eine fehöne Ausfiche giebt. Die Ufer find mit Fahrzeugen bedecket, die beftändig auf und nieder fahren, fo daß man es für einen Haven halten follte. Wir verließen den Ort nach einer Stunde, Das Zeichen ward mit einem Canonenfchuffe gegeben, und unfere Fahne ward aufgeſtecket. Aber wir waren Faum eine Werfte weit gefahren, als der Wind uns mie verdoppelter Ge: walt entgegen blies, daß wir die Anker ausmwerfen, und vier Stunden liegen bleiben mußten. Unſer Küchendach wurde von einem Windftoße fortgefuͤhret, und ins Wafler geworfen. Wie der Himmel ſich gegen Mittag aufflärere, machte man fich die gute . Witterung zu Nuge, und brachte den Quadranten ans Ufer, um die Polhoͤhe zu neh: men, Abends ward das Werter wieder fchleche, und hielt auch den folgenden Tag bey *1 einem nach Bereſow in Sibirien. 549 einem fo Falten Nordwinde an, daß man an dem Schiffsrande Eis fah. Des Nachts De Kisle. kamen wir an das Städtchen Rarſacula, welches am Ufer des Rama gerade nad) Norden liegt. Karga heiße im Tatarifchen fehwarz, und der Ort bat feinen Namen — daher befommen, weil die Einwohner ſchwarze Mügen, und ſchwarz gefärbere Schuhe von Baumrinden tragen. Den ısten hielt man zu. Pianoibor an, um die Nuderer abzulöfen. Hier endiget fih, das Gebierh Ufa gegen Morgen; gegen Mittag erſtrecket es fih bis an den; Fluß TE, der in den Rama fällt, und in der Steppe Jaitska, an den Graͤn⸗ zen der Kalmuckey entfpringt. - Zwifchen Pianoibor und dem. Dorfe Ufinstoi, mo der Ik durch eine Mündung von ungefähr zwölf Klaftern breit in den Kama fälle, und die wir den s6ten vorbey fuhren, fahen wir verfehiedene Inſeln, Lodjekini genannt. Sie find wegen der Mordthaten berühmt, die bier in den Herbfinächten von gewiſſen Näubern verübet werden, welche diefen ganzen Weg unficher machen, und die fehlechteften Na« chen anhalten. Die erfte von diefen Inſeln heißt Lodjeka, weil fie die Geftalt eines Kabnes hat, mit hohen Ufern und einem Fleinen Hügel in der Mitten , der-mit großen Bäumen bedecket ift, daß man daher alles, was an. den Ufern vorgeht, fehen kann, ohne felbft gefehen zu werden, Es find Gänge und Höhlen unter der Exde gegraben, in denen fic) die Räuber verbergen; wir waren aber nicht fo neugierig, deswegen an der Inſel auszufteigen, und fie zu befichtigen. In der Nachbarfchaft diefer Inſeln, am rechten Ufer des Kama, wohnen die Ufinsfifchen Tatarn, die ein fehr voheg Volk find. Den ızten, nachdem wir Bogatoslog vorbey gefahren waren, fahen wir noch einen dicken Wald, in welchem gutes Bauholz ftund, und eine kleine Bay; in beyden biel- ten ſich ehedem Räuber auf. Denſelbigen Morgen nahmen wir die Schaluppe mit ei- nigen Soldaten, und begaben uns nad) dem Kloſter Troitstoi, das fonft aud) Zorto— wo,Borodisk heißt. Man fieht bier das Mauerwerk von fünf ſteinernen Thürmen, und einer alten Mauer, die dreyßig bis vierzig Klaftern im Umfange gehabt hat. Es foll vor Alters ein tatarifcher Gögentempel geweſen feyn, den der Czaar Iwan Wa⸗ filowoisz zerfiören ließ. Der Kama macht hier zwo große Inſeln. Zur Rechten des Fluſ⸗ fes, dem Kloſter gegen uͤber, liegt Alabuga, ein ziemlich großes Dorf, welches feiner Fifchereyen wegen anfehnlich iſt. Bir fahen an dem Ufer, mehr als fünf hundert Fi— ſcherkaͤhne, in denen viele, aber wie man uns fagete, meiſtens verdaͤchtige Leute waren. Des Abends famen wir nah Rofcherfivensfoi, und. fanden einen Archimandriten, der gern die Befehle der Kanzeley wegen unferer Reife fehen wollte. Er wartete Bier auf den Erzbifhof zu Caſan, Lucas, der ehedem Prediger bey den Cadetten in Petersburg geweſen war, und vor zweyen Jahren diefe Stelle erhalten hatte. Er hielt jetzo in feinem Sprengel Bifitation, und reifere mit einem Gefolge von fieben- zig Pferden. mug Den ıgren mußten wir des Nachts durch einen Fluß fahren, der fünf und zwanzig Klaftern breit, und an dem Ufer mit dicken Bäumen befeger war, Wir hatten alle unfer Gewehr fertig, bis man aus den engen Wegen heraus Fam, welches erft um Mit: ternacht geſchah. Zur Lnken des Fluſſes fanden wir viele Leute um ein großes Feuer herum verſammlet. Unſere Schildwache fragete, wer ſie waͤren. Weil ſie uns auf unſerer 3333 Hu 1740. — N 174% 550 Auszug einer Reiſe De Lisle. Hut ſahen, ſageten fie: fie wären Fiſcher, und ſie ſahen wirklich wie Menſchenſiſcher aus. Man ſagete ung, dieſer Ort wäre ein rechtes Mordloch und Raͤuberneſt. Sie hatten vorigen Frühling einen ruffifchen Priefter erfchlagen, etliche Einwohner eines be nachbarten Dorfes abgebrannt und viele Diebftähle begangen. Den igten hielten wir bey Prigorodoc-Laifcowo an, um bie Ruderer zu wech⸗ ſeln, welches bey nahe fechs Stunden wegnahm. Dieſer Ort liegt am rechten Ufer des Kama, der bier.eine große Krümmung macher, und gegen über ift eine ziemlich große Jrt ſel. Zwo Seiten der Feftung find gegen den Fluß gekehret, mit fpanifchen Keutern, hölzernen Thürmen und einer Wand von ftarfen Balken. Darbinter ift eine ebene Fläche, und zur Sinfen ein ‚großer dicker Wald. ı Es wird hier alle Jahre ein Marfe gehalten, auf dem ſich auch viele Straßenräuber einfinden, um Pulver und was fie fonft nöthig haben, zu kaufen. Unterdeſſen fucher man fie feharf auf, und die man antrifft, werden nach Cafan gefchaffer, wo fie ihren verdienten John erhalten. Man muß übrigens gut mit Gewehre verfehen feyn, wern man durch diefe Gegend reiferz denn die Einwohner felbft find grob bis zur Grauſamkeit, und fehonen feinen Menfchen, Wir Famen des Morgens um drey Uhr die Mündung des Kama vorbey. iR Zu Selo⸗ Bajoroditskoſo, mo wir den zoften des Morgens anlangefen, nah» men wir ein anderes Steuerruder, weil das bisherige auf der Wolga, der wir uns nd berten, nicht mehr konnte gebrauchet werden. Das Dorf war das Jahr vorber im Fruͤhlinge abgebrannt worden; die Kirche und das daran ſtoßende Gebäude, welches dem Erzbifchofe von Caſan gehörte, mar mit vierzig andern Häufern Darauf gegangen, und nicht.mehr als zehen übrig geblieben. Wir nahmen hier vierzig Nuderer, wovon die Hälfte unfer Schiff längft dem Ufer an einem Seile forrziehen follte. Der gefährlichfte Ort diefer Gegend in Anfehung der Raͤuber ift Saltitskoi-Kabak, zwifhen Caſan und dem Rama. Wir fuhren ihn des Machts mie aller möglichen Vorſicht vorbey. Alles geladene Gewehr war losgefchoffen und wieder frifch geladen worden. Zum Glüce war die Mache belle und der Mond that uns gute Dienfte, da wir ung wegen des Fort- ziehens mie Dem Seile dem rechten Ufer der Wolga fo nahe halten mußten, daß wir nut einen Piftofenfchuß weit davon enffernet waren. Das Ufer war an manchen Orten funf- zig Fuß hoch und ganz mit Bäumen bedecket; an andern Orten betrug die Höhe nur fünf Fuß, aber es ftunden auch Bäume darauf, bis an den Rand des Waſſers. Hier und da findet ſich fehöner und fehr weißer Mabafter, von dem ich einige Proben mit nahm, Diefe Macht wurden alle unfere Poften Doppelt befeger, weil man einigen Ver: dacht harte, von Näubern angegriffen zu werben, der nicht ohne Grund war. Am legten Drfe, wo wir mit ben Ruderern gemwechfelt hatten, erfundigte fich ei⸗ ner davon bey unfern Soorfen, welcher den Kama und die Wolga fehr genau Fannte, weil er zum neun und vierzigften male darauf fihiffete, wie viel wir Flinten hätten. Der Lootsmann fagere ihm ganz treuberzig, daß, Diejenigen ausgenommen, welche etwan die Kuderer hätten, bey der Gefellfchaft nicht mehr als zwanzig wären; fünfe hätten die Soldaten, welches in allem fünf und zwanzig Schüffe ausmachere. Den Abend aber Fam ihm diefe Frage wieder in den Sinn; der Sootsmann alſo, der ein ehr⸗ . ticher Mann war, und dem das Schiff vornehmlich anvertrauet worden, gab mir davon Nachricht, worauf wir unfere Maaßregeln nahmen, Die Laterne brannte bie ganze Nacht, jeder nach Berefow in Sibirien. 551 jeder hatte auch in feiner Kajuͤte &icht; man legte fich in Kleidern aufs Bette und haffe De Kiste, das Gewehr in Bereitfchaft. Die Ruderer waren mit Partifanen, Bogen und Pfeiln 174% verfehen, welches ihr gemöhnliches Gewehr auf den Faiferlichen Schiffen ift. — ⸗ Den ꝛiſten erreicheten wir um ſieben Uhr des Morgens, Selo⸗Zalanga, wo wir mit den Ruderern zum letztenmale abwechfelten, und weil es Sonntag war, fo hatten wir Mühe, fo viel Leute zufammen zu bringen. Herr de Lisle fehickte den Faͤhndrich und Dolmetſcher zu Pferde nach Caſan voraus, um dem Unterſtatthalter von unſerer Ankunft Nachricht zu geben, und ihm die von ihrer Faiferlichen Majeftär unterzeichneten Befehle zu weiſen. | Den aaften früh um acht Uhr famen wir die Mündung der Kaſanka vorbey. Zur linken des Fluffes fahen wir einen Damm, der fich in den Canal erſtreckete, und et— was weiter bin das Klofter Silsntoff, welches drey Werfte von Cafan liege, Wie wir an die Stadt Famen, fo war das Waſſer zu niedrig, als daß das Schiff ganz hätte binanfahren koͤnnen; wir warfen alfo faft eine Meile vor der Admiralitär Anker. Mach- Ankunft der mitrage ward eine Schaluppe gefchickt, die uns in Die Stadt führte; und wie wir darin- Aftronomen nen etliche Gänge gerhan batten, fo famen wir an unfer Fahrzeug zurück, die Nacht da- 3 Caſan. ſelbſt zuzubringen. Den folgenden Tag aber verließen wir es ganz, und bezogen unſere angemwiefenen Wohnungen. So fuhren wir den azften mit einigen Beobachtungen und Herr de Lisle mi feinem Unterrichte fort, welchen er den Feldmeſſern der Admiralitaͤt zu geben pflegte, Den zöften rechneten wir die Polhöhe von Cafan aus, und fanden fie 55°. 43° 192° Wir befahen den’zoften das Archiv der Kanzley, um zu fehen, ob man etwas für die Geographie oder Hiftorie entdecken Fönnte: wir fanden aber nichts fonderlich merk⸗ wuͤrdiges, als eine Karte, die ungefähr hundert und funfzig Jahre alt war, und etliche alte Ehronifen. Hingegen bey der Admiralirätsfanzley, wohin wir diefen Tag auch giengen, fanden wir eine Menge geographifcher Zeichnungen, davon man dem Herrn de Lisle ein Verzeichniß zugeben verfprach. Wir wollten" auch die Kanzley des Erzbifchofes beſe⸗ ben: aber er ließ uns fagen, bey ihm wäre nicht das geringfte für die Geographie oder Hifforie anzutreffen. Doch wollte er ung die von ihm angelegte Schule weifen; das war aber nicht, was wir fuchten, Den aten October fenerte man das Feſt wegen der Eroberung Cafan, welches den Ruſſen ſeit hundert und acht und achtzig Fahren gehörer, und durch den Czaar war Waſilowitz im Jahre 1552 einem tatarifchen Fürften ift abgenommen worden. Das Feſt des erften cafanifchen Metropolitans, Namens Guria, ward den aten gefeyert. Dieſer Praͤlat ward von eben dem Czaare zu dieſer Wuͤrde erhoben, und beſaß ſie zwanzig Jahre lang, bey einem ſehr loͤblichen Verhalten. Sein Körper foll unvermweslich feyn. Er liege in der Hauptkirche in einem Sarge, wo man ihn in feiner Kleidung von cars moifin Sammet mit Golde beſetzt und mit der Bifchofsmüge aufdem Kopfe ſieht. Das Geſicht ift bedeckt, aber die rechte Hand ift zum Anblicke und zur Verehrung der Andaͤch⸗ tigen frey; wie fie denn von dem vielen Küffen ganz ſchwarz geworden iſt. Der Sarg iſt mit einem wohlgearbeiteten Gitterwerfe von Kupfer umgeben. Denfelbigen Tag fpeife- £en wir ben dem Erzbiſchofe „und nach Tiſche machte ihm Herr de sle vieles Vergnuͤ⸗ gen, da er ihm mit einem gregorianiſchen Seherohre verſchiedene Gegenſtaͤnde zeigte, bie | zwanzig De Lisle. 1740 . 552 Auszug einer Reiſe zwanzig bis fünf und zwanzig Werſte entfernt waren. Nachdem feine Neugier befries diget war, ſo bath er uns, den uͤbrigen Theil des Tages auf ſeinem Luſthauſe zuzubrin⸗ gen, das Jeruſalem hieß, und eine kleine Meile von der Stadt lar, Bey unferer An-⸗ Abreiſe von Caſan. Von den Tſchuwaſchi. kunft wurden wir mit neun Canonſchuͤſſen begrüße, Wir ſahen bier eine ganz artige fteinerne Kirche mit andern Gebäuden, und einem geraumen Garten. Don da giengen wir in eine Öalerie, mo wir ein Gingconcert von Czerkeſſen aufführen höreten, „Wels ches ziemlich lange in die Nacht daurere. Den öfen fingen wir an, Anftalten zu unferer Abreife zu machen, und der Zürft Gagarin gab wegen unferer Fuhren Befehl. Den gten bejuchte ich mit dem Herrn de Lisle den Zürften Raket, der- gleich. in Caſan angefommen war. Er nahm ung fehr höflich auf, und war fo gütig, ung nach der Slobode der Tatarn zu begleiten, deren Sprache er verſtund. Wir giengen erſt in die Moſchee, wo der Gottesdieſt nach den Gebraͤuchen des Alt verrichtet wurde, wie es bey den Perſern 7) geſchieht. Mac Endi— gung des Geberhes ließen wir uns: mit dem Abss in ein Gefpräch ein, der ung aud) zu Tifche bach. Herr de Lisle zeigte ihm die Handfchrift, die er von einem Tararn ges Fauft hatte , erhielt aber die Nachricht , daß fie niche in tatariſcher, ſondern ufarcinig feher oder perfifcher Sprache gefchrieben ſey, die. der Abas nicht verftund. Den ııten, wie alle noͤthige Pferde beyſammen waren, verließen wir Caſan um fünf Uhr des Abends, und den andern Tag gegen Mittag giengen wir uͤber die Molga. Den ızten reifeten wir durch das letzte ruffifche Dorf in-diefer Gegend, und befanden uns nun unter den Tſchuwaſchi. Hier folge, was ich. von diefem Volke angemerket habe. Die Lfchuwefchi find,überhaupe wohlgeſtaltet; ſie haben ſchwarzes Haar, das fie abfcheeren. Ihre Kleidung ift faſt der Engländer ihrer ähnlich, mit einem votheinges faßten Kragen, der ihnen auf den Rücken hinunter hänge. Der Weiber. gewöhnliche Kleidung iſt eine Art leinwandener Kittel, die wie ein großes weites Hemd gemacht find. Auf dem Kopfe tragen fie eine Müge mit Kopeken befegt, und einen Schleyer, der oben ganz fpißig, wie eine Düre zugeht: Um den Leib legen fie einen Gürtel, deſſen beyde Enden eine Quafte haben, die mit Glasfugeln von allerhand, Farben geputzt iſt, und hinten ‚hinunter hänge. , Wir fahen verfchiedene, mit denen man hätte Bekanntfchaft baben Fönnen. Sie waren gar nicht ſcheu; einige darunter ſchienen verliebter Natur zu fenn, und wären wohl fo wenig grauſem gewefen, daß man, dem Anſehen nach, mit einigen Mäfchereyen ben ihnen hätte zum Zwecke fommen fünnen. Man finder un fer ihnen ganz artige Bilder, die feine Gefichtszüge haben und fihlanf vom $eibe find. Sie haben meiftens ſchwarzes Haar, und find fehr reinlich. Sie effen Brod und Salz, und nichts rohes. Ihr gemöhnliches Getraͤnk, Auroen genannt, befteht aus Waſſer und faurer Milch zu gleichen Theilen vermifche. Das ift auch das Getränk der Tatarn und Kalmufen. Sie haben auch eine Art Weißbier, das fie mit Honige Eochen laſſen, und darinnen fie fich.beraufchen. In ihren erften Wohnungen, die fie Burken nennen, fanden wir einen Pla& für die Gögen beftimmt. Er war mit Brettern umgeben, und darauf ſtunden etliche Eichen, an denen die Haufe und andere Ueberbleibfel —— hiere Herr Koͤnigsfeld hatte aus Verſehen geſetzt; bey den Türken, Dieſe folgen der Ausle⸗ gung Omars. nach Berefom in Sibirien. — 553 Thiere hiengen. Ich bemerkete eine große lange Tafel mit einem Heerde, oder Altare, De Aigle, dabey fie die Thiere, die fie den Göttern opfern, fehlachten, fie braten und ſich berrine 174% fen. Sie haben zwey große Feſte. Eines fälle um unfere Oftern, und das ans — dere nach der Aernde, um Gott fuͤr die geſchenkten Gaben zu danken. In ihren Doͤr⸗ fern, die bey ihnen Jaal heißen, und allemal tief in dem Walde liegen, ſtehen die Haͤu⸗ ſer auf funfzig Schritte weit aus einander. Den iaten erreicheten wir um zwey Uhr Nachmittags Zabakſaar. Dieſe Stadt liegt nicht weit vom rechten Ufer der Wolga, und iſt folglich den Ueberſchwemmungen dieſes Fluſſes ausgeſetzt, wenn er im Fruͤhlinge aus feinen Ufern tritt. Aber die Häufer- find bier, wie in der ganzen Gegend an der Wolga, auf diefe Unbequemlichkeit einge richtet. Man fteigt auf hohen Treppen in die Zimmer. Es find in der Stade zwo ſtei⸗ nerne Kirchen, und auch zwey Häufer von Steinen; die legtern gehören ein Paar Kauf⸗ leuten, die hier gut zu ftehen fheinen. Sie handeln mit Aftracan und Mofcau, wohin man rothes seder, (vermuthlich ift es das fogenannte ruffifche Leder) Inſelt und Getraide fchicker, an welchen Waaren die Stadt Ueberfluß hat. Um die Stadt find Wobnpläge der Tſchu⸗ waſchken, die aber nicht fo geſittet find, als die Kafanifhen. Die Tſchuwaſchki von Zabakfaar find ohne Xeligion und Priefter. Doch den Ruffen zu gefallen, oder ihre üble Begegnung zu vermeiven, ftellen fie fi), als ob fiedie heil. Jungfrau und den heil, Nifo- laus verehrten, indem fie ihnen Wachsferzen opfern und zu Ehren anzünden. "Sie feyern, wie die Tatarn, den Freytag. N Wenn ein Tſchuwaſchki eſſen will, fo Fehret er fich gegen Morgen, und berber erſt mit entbloͤßtem Haupte. Alsdenn beißt er ein Stuͤck Brod ab, wirft es nad) eben der Seite, und ißt das übrige. Ich fragere einen, ob er wüßte, daß ein Gott ſey, ber Himmel und Erde erfchaffen babe? „Wie follte ich das nicht wiffen ? antwortete er; es „muß ja nothwendig ein Weſen feyn, das viel größer ift, als wir alfe, und welches alle „ Dinge hervorgebracht hat. Warum aber, verfegere ich darauf, laſſet ihr euch nicht faufen, und nehmer nicht die hriftliche Religion an ? Er fieng darüber an zu lachen, und gab Eeine andere Antwort, als daß diefes bey ihnen nicht der Gebrauch ſey. Ihre Art zu begraben iſt ohne große Umſtaͤnde. Sie wickeln bloß den todten Koͤr⸗ per in Leinwand und legen ihn in die Erde, darnach errichten ſie an der Morgenſeite einen hohlen Pfeiler, und gehen davon. Ihre Grabeplaͤtze ſtehen voller ſolchen Pfeiler, dar⸗ uͤnter einige von Steinen ſind, und eine Aufſchrift in ihrer Sprache haben. Die meiſten, welche ſich von ihnen verheurathen, muͤſſen ihre Weiber kaufen, mo- Ihre Hen- bey es folgender Geſtalt zugeht. Der Vater des jungen Menſchen geht zu dem Vater rathen. des Maͤgdchens, welcher Bier bereit haͤlt, ihn zu empfangen. Er thut den Antrag fuͤr ſeinen Sohn: und wie ſie aus hölzernen Naͤpfen mit Henkeln trinken, fo ſtecket derjenige, welcher um die Tochter handelt, ehe er trinkt, einige Rubeln in den Napf des andern, und ict alsdenn den ſeinigen auf fein Wohlſeyn aus. Wenn ber Vater des Mägdchens feinen Napf ausgeleeret hat, fo findet er das Geld. Steht ihm nun der Preis an, fo bes dauket ex fih, und der Kauf ift geſchloſſen. Iſt das niche, fo ſchenket er wieder ein, und keine eg dem Water des Liebhabers nochmals zu, der noch mehr Rubel zuleger, bis der andere zufrieden iſt. Die beyden Vaͤter betrinken fich bey dieſem Handel gemeiniglich Allgem. Reifebefehr. XIX Band. Aaa a ſo 554 Auszug einer Reiſe De Lisle. fo ſehr, daß fie nicht mehr wiſſen, was fie hun, Einige entfuͤhren ihre Braͤute, und 1740. verbinden ſich mit ihnen ohne andere Umftände: auf dieſe Weiſe aber laufen fie oft Ge— fahr, erfchlagen zu werden. Die Tſchuwaſchki haften fich in ihren Wohnungen fehr reinlich. Ihre Weiber find gefhafftig, und von guter Natur, daß fie ein hohes Alter erlangen. Ihre Käufer find weit fauberer, als bey den rufjifchen Bauern. Es finden fich in denfelben erhöhte Däge darauf zu liegen, wie bey den Tatarn, und Defen, wie bey den Ruſſen, aber die Seuereffen find auf tatarifche Art aufgeführer. Den ısten October verließen wir Zabakſaar. Als aber der Faͤhndrich und ich bey des Woywoden Haufe vorbey Famen, fo nöthigte er uns, abzufteigen, und bey ihm ein« äufreten. Er behielt uns aud) zu Tiſche; und meil es ein Faſttag war, fo feßere er ung viele Fifche vor. Hierauf gab er ung einen Soldaten zum Wegweifer, mit dem Befehle uns bis zu unfeen Packwagen zu begleiten, Wie wir fie eingeholet hatten, kam die Nacht heran, dazu ſchneyete es auch ſtark, deswegen befchloffen wir, in die erfte Burke oder ichumafchkifhe Wohnung einzufehren,, die wir anfreffen würden, fomohl um einen Schlitten zu nehmen, als auch ein wenig auszuruben, da wir von. Cafan bis hieher be— ftändig zu Pferde gemefen waren, Wir hielten ung bey diefen guten Leuten einige Stun den auf, und die Wirthinn, eine junge verftändige Frau, machte uns ein Abendeflen, welches wir gut fanden, Weil fie Spaß verftund, fo hatten mir durch Hülfe unfers Dof- metfchers, der ihre Sprache gut redete, allerhand Scherz mit ihr. Sie hatte fihöne ſchwarze Haare, war wohl gewachfen, von guter Gefichtsbildung, in der fie etwas ähn- liches von einer Jralienerinn harte, Cie war des Staroften Schwiegertochter, und hatte ihren Mann zehen Thaler gekoſtet. Ich fagete ihr, um eine Galanterie zu machen, fie wäre wohl doppelt und dreymal fo viel werth: darüber lachte der Mann, und das Eom⸗ pliment gefiel ifpm. In diefem Dorfe trafen wir einen Sergeanten von den Preobra⸗ ginski an, welcher Staatsgefangene führete. Sie hatten ſchon Schlitten genommen: und weit vieler Schnee war, fo folgeten wir ihrem Epempel , und nahmen dergleichen zu Kusmodemianskoi, wo wir den folgenden Tag anlangeten, Diefe Stadt liege am vechten Ufer der Wolga. ie hat einige fteinerne Kirchen, aber fehr fchlechte Käufer, greibt einigen Handel auf dem Fluſſe, und das Brod ift bier fehr wohlfeil. Den ızten famen wir des Nachts zu einem Dorfe ber Tfcheremiffen fünf Werfte davon, das Jamangeſek heiße, und hielten uns da bis zum Abende auf. Den ıgten kamen wir nach Selolisty, und hielten wieder Furze Zeit ans Einige aus ber Sefellfchaft Fauferen bier Leinwand, von der jährlich aus dieſem Flecken eine große Menge auf der Wolga auf ven Marke zu Makario geführer wird, Der Dre liegt zwo Werfte davon, und der Marfe wird zu Peter und Paul gehalten. Syn der Nacht giengen wir über einige etwas Falte Gebirge; und weil auf der Sandfteaße der Schnee nicht hoc) genug für unfere Schlitten lag, durch ungebahnte Wege, nach Selo-Rar botnoi. Diefes Dorf, welches der Prinzeßinn Eliſabeth (nachberigen ruffifchen Kaifer rinn) gehörte, hat feinen Namen, der im Ruffifchen Arbeit bedeutet, daher, weil bier der Czaar Iwan Waſilowitz in einigen Tagen mit eigener Hand eine ruffifche Kirche aufführee, Sie ſteht nahe am Fluffe, auf welchem das Holz berbey gefahren —* ey nach Berefom in Sibirien. 555 Bey Selo- Ratnise, wo wir auf einer Schiffbruͤcke über den Kudma fuhren, De Kiste, der in die Wolga fällt, brach einer von unfern Fuhrleuten ein Bein, und mußte in dem 1740 Dorfe bleiben. Wir Famen den Tag noch nah Nisknoi, und des Abends war die ganze „Stadt erleuchtet, weil der Prinz Iwan von Braunfchweig - Bevern den Thron beftie« gen hatte. Den folgenden Tag ward unter Trommelſchlage ein Befehl wegen der Mord» brenner bekannt gemacht, die den ı7fen Juli 1737 zu Petersburg waren abgethan worden, Herr de Lisle harte befchloffen fich in diefer Stade aufzuhalten, bis Schnee genug Des Herrn gefallen wäre, um unfere Reife bequem fortzufegen. Wir machten alfo Anftalt zu vers de Liste Auf⸗ ſchiedenen aftronomifchen Beobachtungen, zumal wegen des Jupiters und des Mondes Mont zu der den agften werfinftere werden follte, Nisknel. Den ꝛaſten beobachteten wir den Eintritt des erften Jupiterstrabanten in ben Schat« ten, und fanden, daß die Mittagszirkel von Nisknoi und Caſan um vier Grad untere - fehieden waren. Den Abend gaben wir dem Herrn Oberftlieutenant Stephan Seba⸗ ftisnowits Krukow einen Befuch, der die Dragoner commandirte, welche das Land von den Straßenräubern reinigen ſollten, und deswegen die Ufer der Wolga beftändig durchzogen. Er fegere uns Waffermelonen und in Sirop eingemachte Rofinen von Aftra- Ean vor, die aus den Weinbergen eines Franzoſen, Namens Hofer, Famen. Herr Krukow lieh uns den a5ften feinen Wagen, mit dem wir dem Generalmajor Naumoco unfere Aufwartung machten, der damals die Stelle des Unterſtatthalters Velinski verfad. Dieſer Officier Hatte nach vierzigjährigen Dienſten feinen Abſchied erhalten, und der Fuͤrſt Gargarin ſollte an feine Stelle fonimen. Er nahm uns mit vieler Höflichkeit auf, und erzaͤhlete uns manchen Umftand von der Sebensart der Kalmu⸗ Een. Zu Mittage nahmen wir die Höhe der Sonne, und fanden daraus die Polhoͤhe zu Nisknoi 56°. ı6. 5#”. — Die Mondfinſterniß geſchah den 2bſten des Morgens um ſieben Uhr 39, 4”. aber die Wolfen , mit denen der Himmel bedeckt war, hinderten uns, fie zu beobachten. Den zoften dauerte das Negen- und Schneewetter fort. Herr de Lisle nahm fei- nen aftronomifchen Unterricht wieder vor, welcher bis zu unferer Abreife anbielt. Die Sonne war in zehen Tagen, bie wir bier blieben, nur ein einzigesmal zu feben, und der Himmel Tag und Macht mit Wolfen bedeckt. Den ıften November befuchten wir den Erzbifhof von Frowigorod, ber feit dem März bier war und Frank lag. Er hatte ungefähr funfzig Jahre und fprach Latein. Er fehiefte dem Herrn de Lisle ein Weißbrod, faft vier Fuß lang, und zween Krüge, einen voll Meth, den andern mit Dünnem Biere, wie man es in den Klöftern trinkt. Den „ten warb der Tod der Kaiferinn Anna und bie Öelangung des Prinzen Iwan zum Throne unter Trommelfchlage befannt gemacht. Die Einwohner huldigten auch dem neuen Kaifer noch denfelbigen Tag. Auch wir, fo viel unferer nur auf ber aftronomifchen Reife waren, begaben uns den gten in die Hauptfirche und legeten ihn gleichfalls den Eid der Treue ab, Der Eid ward erftlich in Gegenwart einiger Geiftlichen ruſſiſch vorgelefen, daranf füffete ein jeder das Evangelium und das Kreuz, und fehrieb Aaaa2 feinen BR Auszug einer Reife | De Lisle, feinen Namen unter die Schrift, die den Eid enthielt. Ein Officier von dem aſtraca⸗ 1749. niſchen Regimente hatte davon tauſend Stuͤck, und funfzehen von dem Manifefte mits re gebracht. ‚ Den oten ward Johann der dritte, öffentlich als Kaifer und Selbfthalter aller Reußen, und der. Herzog von Curland als Regent des Reiches ausgerufen. Des Abends _ waren durch die ganze Stade Erfeuchtungen. | Den ızten fieng es an, zu gefrieren, und wir giengen um drey Uhr Nachmittags von Nisknoi ab, Fonnten aber bis in die Mache, wegen der fehlechten Wege, nicht mehr als funfzehen Werfte zurücklegen. Der große Schlitten bes Herrn de Lisle zerbrach,, und wir mußten die Nacht in dem Dorfe KTowinty. bleiben. | Den ısten des Morgens Famen wir nach Selo⸗Morsmaha, vo wir ſtill hielten, ſowohl um des Herrn de Ksle Schlieren auszubeffern, und noch mebr Schnee zu erwarten, als auch des erften Jupiterstrabanten Eintritt in den Schatten zu bemerken, welche den folgenden Morgen erwartet wurde, Es fehickte fich auch des Nachts alles dazu auf das vortheilhaftefte an. Es fror fehr ſtark, und der Himmel war fo hell, als ein Cryſtall. us piter und feine Trabanten fehimmerten in einem Glanze, wie man fie felten gefehen hat. Der Eintritt, den wir mit einem neutonifchen Seherohre beobachteten, gefchab um ein Uhr 14, 50”, Den ıgten nahmen wir den Weg nach Murom, und kamen des Abends um fünf Uhr an das Ufer des Okka. Mir fehickten unfere Soldaten voraus, wegen ber Ueber- fahre Anftale zu machen: und da wir bis um acht Uhr gewartet hatten, fo ließen fie ung fagen, es wäre nicht möglich, darüber zu Eommen, weil er fehr ſchnell liefe, und fchon häufiges Eis triebe. Gleichwohl wagten wir es, uns bey Mondenfcheine in dreyen Zügen darüber fegen zu laffen, wobey aber große Schwierigkeiten waren. Wir famen erft um Mitternacht an das andere Ufer des Okka, und um ein Uhr nach Murom. Diefer Dre ift auf ruffifche Arc gebauet, und treibt einen Fleinen Handel auf der Wolga bis nad) Aſtrakan mit Stricken, Tauen, doppelten Decken und böljernem Geräthe. Die Kaufleute bringen dafür Fifche und allerhand Lebensmittel zurüd. Das weiße Brod von Murom wird in ganz Rußland hochgefchägt, ſowohl feiner Güte, als feiner Größe, wegen. Wie mir den ıgten Nachmittags bey dem Dorfe Bulatow vorbey giengen, fo fab ich ein Mägdchen von ungefähr zeben Fahren unferm Schlitten nachlaufen, die ungeachter der erfchrecklichen Kälte, nichts als ein bloßes Hemde auf dem Seibe hatte. So lief fie ung wohl fünfzig Schritte nach und bertelte,, aber die Pferde waren im vollen Saufe, und fie konnte ung nicht einholen. Aus Micleiden ließ ich meinen Schlitten anhalten, um ihr etwas zu geben. Wie fie fah, daß mich wegen der ftrengen Kälte ihre Bloͤße jam- merte, fo beugte fie fich bis zur Erde, mir zu danfen, und ſagte aus der Kälte mache fie ſich nichts, aber fie habe heute noch nichts gegeffen, und würde ſich fehr glücklich fehd- Sen, wenn fie alle Tage ihren Hunger ftillen Fönne. (Es giebt alfo menfchliche Geſchoͤ— pfe, die fo weit gebracht find, daß ihnen aller Unterhalt fehler, da man doch fein Thier fiehe, welches bloß aus Hunger ftürbe, und nicht alle ihre Nahrung von der Hand der Vor⸗ ſicht zubereitet finde, Und zu eben der Zeit wiffen andere nicht, wo fie mic ihrem Ueber- fluſſe / nach Bereſow in Sibirien > un? 6587 fluffe hin follen, der oft für fie und für die wahren Bedürfniffe verloren ift. -Unbegreif- De Kisle. liche Wege Gortes! über die ich feine Weisheit mich nicht zu fragen getraue.) Das if 17409, eine Anmerkung des Verfaffers, die nicht durfte ausgelaffen werben. N ae —— Den zoften befanden wir uns an dem Ufer des Klesma, der durch Wolodimir fließe, und ungefähr halb fo breie ift, als der Okka, in den er fällt. Wir gingen in fünf Zügen darüber, weil wir fechs und vierzig Pferde bey ung hatten, und traten in der Stadt ab, um fie ausruhen zu Taffen. Sie ift von dem Großfürften Wolodimir ers Bauet, der ihr feinen Namen gegeben hat, mit einem Walle von zulänglicer Höhe und Breite, aber von alter rufjifcher Bauart, und einem Fleinen Graben umgeben. Den azften Famen wir um fünf Uhr des Morgens nad) Moſcau. Hier erfuhren Ankunſt in wir die Veränderung, welche kuͤrzlich das Glück des Herzoges von Curland und die'ganze Moſcan. Einrihtung der Regierung umgeftoßen hatte. Den andern Tag giengen Herr de Lisle und ich, dem Herrn Baron von Stroganow unfere Aufwarfung zu machen, der mit vieler Pracht in Mofcau lebete. Wir befucheren auch den z6ten noch den Fürften Uſo— pow, damaligen Gouverneur in der Stadt. Er empfieng ben Heren de Siste ſehr güti,_ melchen er feft in feine Arme ſchloß. Da die Fürftinn, feine Gemahlinn, eine ſehr lie- Benswürdige und geiftreiche Dame, fein franzoͤſiſch verftund, fo unterhielt ich fie in ihrer Sprache von den befondern Umftänden unferer Reife, und vornehmlich von den Dftiafen, von Berefom , dem Oby, den werchoturiſchen Gebirgen u. ſ. w. Man ſchnitt den Mor« gen einem Menfchen von unfern $euren den Stein, welcher gleich den drirten Tag im Stande war, wieder auszugeben und ben achten faft ganz geheilet war. | Herr de Lisle gieng den 27ften zu dem Unterfönige, weicher der Herr von Soltis kow war, und ich dienete ihm zum Dolmerfcher. Wir bathen uns feinen Befehl aus, da⸗ mit uns die Sandfarten und andere Grumdriffe des Neiches mitgerpeilet würben, twelche in den Archiven des Senates waren; und vier Tage darnach gab mir der Archivſecretaͤr ein Verzeichniß von allen dieſen Stuͤcken, welches ich dem Herrn de Lisle zuſtellete. Man kuͤndigte den zoſten in der neuen Kirche den Befehl wegen des dritten Eides an, welchen die wirfliche Regierung von allen Unterthanen des Reiches forderte; und ten folgenden aten des Chriſtmonates legeten alle Diejenigen von unſerm Gefolge, welche von der proteſtantiſchen Religion waren, den neuen Eid der Einf Siporsfa. Sardawa, Df, 2 tiffizina-Selo, Df. 468 Siftwenfa-Sels, Df. 468 &ffwinifchnoje-Simomwie 183 it, Fl. 468 Sodjeifi, Df. ım Sobjefa, J. 549 $odjefini, J. 549 Lonwa, Fl. 549 Loß, Wf. 86 Loupmarin, Fl. 333 Lubani, Df. gi £ubei 409 Lugowskaja, Df. ‚zu Lukaſſa, Sch. 353 Sufina-Dererona 209 gupanowa, Ft. 264 m. Madera, J. 36 Maelſtrom, oder Maskoe⸗ ſtrom 70 Magnetberg, der 434 Magnit⸗Kamen 318 Maixa⸗Selo, Df. 466 Makan, Df. 103 Makan⸗Pilga 104 Makarewa⸗Der. 210 Makari 232 Mafariem-Monaftir 90 Makario 554 Makaͤwa⸗Saimka 221 Makorski, $. 347 Malaja⸗Jerawna, S. 198 Malaja⸗Katſcha 391 Malaja-Kosmodnaja 230 Malafesfa, En. 166 Maloi⸗Kemtſchuk 391 Maloja» Yafowaja - * Maloliebnich⸗Der. x Malta, J. 36 Mama, St. 264 Mamskin⸗Oſtrowa, J. 264 Mamulſchkna, Fl. 267 Mamuͤſchowa, Df. 157 Mana 175.379 Mangafea 170.226, *339 Mansjurfa 314 Mardomwsfa, Df. 166 Marche, Fl. 292 Marie- | Geographiſches Verzeichniß. Marie-Gari 300 Marka 314 Markowo⸗Gerodiſchtſche, Fn. 170 Maſa, En. 90 Maſchewo, Df. 468 Masjufana Der. 209 Masfowa, In, 313 -Maslensktoi = Kamen, Gb. | ’ 380 Matwiewskaja, Dfe 463 Mara, Bch. 466 Marimilla, Sch. 264 Medwediskoi, In. 86 Medweſchei Kamen, Bg. 444 Medwjeka, Bg. 444 Meleda, Fr. 87 Meleskoi⸗Oſtrog, F. 164 Mergen 213 Merinowo, Fin. 88 Mezene, Bz. 488 Michailewa-Saimfa 230 -Miedna, En. 85 Mielnifhnaja-Rierfha,Bch. . ; 167 Miera, Sn. 88 Mjias, Fl. 433 Mifitina, Bch. 239 Mikolsko, Fu 87 -Mikulnia, Bd. 462 Mikulinsfaja-Der, 462 Mikulsfa, In. 87 Mirna , oder Mirimobi- Surti- . 113 Misnaja: Mirinsfaja » Der. 1 Moifa, Fk 471 ’Mofjewa-Saimfa 327 Mokro⸗ Slobodskaja⸗ Der. 171 Molodowa⸗Simowie 183 Mologo 86, 464 517 Moizau Momotowa-Der, 270 Monaftirjowa, Di 462 Monaftirfa, Bch. 121 Monaftirsfoi-Oftrom, J. 255 Mondoma, Bch. 466 Monguley, . 150 Moskau, & 318 Moſtowaja, Bch. 392 Motweevka, Bch. 462 Motweewskaja, Df. 462 Mrſa, Fl. 154 Mſta, Fl. 82 Muchalawa 469 Mugantskoi⸗Oſtrog158 Muka, Sl. 242 Mungaley, & 166 Mungat, Dfe 19.174 Murguzädi, Bg- 217 Murom 556 Murſina, Df. 126 Mur ſinskoi⸗Jurta 520 Musfowsfi-Molof, Fl. 237 NMufurantowa aıl Mufchan-Kailatfihakom 393 Myſchawka, Df: 453 Myſchkina, Fu. 86 Myvatne, S. 36 ET. NarangNor, ©. 196 Narim 521 Narins 399 Narsfaja, Sn. 87 Narim, St. 385 Narva, St 460 Naſan, St. 460 Naſarowa, Df. 252. 313 Naſtiſtazkaja⸗Protoka 478 Naun, St. 213 Natſinska, Sl. 536 Natſinska. Saſtawva 536 Nawalki, Fn. 88 Nedoſtrielowa⸗Saimka, Df. 268 Bbbb 3 Neiwa, Fl. 442 Neiwjanskoi 443 Nephedowa, Df. — Nerdinskoi, Df. 518 Nerſchinsk76. 182. *200 Nerskoi⸗Monaſtir 472 Nertſcha, Fl. 203 Neu⸗Semlia 489 Neva, Fl. 80 Newa, Fl. 468 Newianski, Bg. 442 Nicola, En. 88 Ne En, 86 tieißkoi, Wf. 86 Nikolskoi, S. 463 Nikolskoi-Pogoft, Df. 463 Nifolsfoja-Saftawa 183 Nikolskoja.Slob. 86 Nikolskoje, In. 86 Nikolskoje⸗Sielo 398 Nikolskoiſchar 339 Ninja, Fl. 268 NiſchnajaBorſa 214 Niſchnaja⸗Kotſchoma 296 Niſchnaja Mama · Rieka, 264 Niſchnaja⸗Tunguska 296,310 Niſchnei⸗Novogrod 89 f. 90 Niſchneje-Uſtie 227 Niſchnoi 547 Niſchnoja⸗ Pradina ⸗Simo⸗ wie 269 Niſchny⸗Muly 547 ‚Nisfoi, St. 555 Niukſa, Fl. 275 Nochoi⸗Gorochon, Bch. 195 Norderſuͤſſel, Pr, 36 Norki, S. 217- Nortu, Bd. 210 Noſchkina, Df. 262 Noͤtſchkina, Fn. 106 Nova-Semlia *66. 283 Novogrod 80, 81 Nowaja⸗ Geographiſches Vergeichniß. Noweja Priſtan * Nowaja⸗ Uſool 544 Nowa⸗Mangaſea 88: Nowinki, Df. 536 Nowlensko, Fn. 88. St. 341 Nowoja, Df. 462 Nowoje 86 ‚Nowoje-Dfero, © 466 Rowoſail, Fr 517 Nowoſerskaja 466 Rowoferskoi 469 Nowo⸗Udinsk20 Nur-Saiſſan, S z21 ‚Nurumowo 523 sie -Ofteog 341 Shi, Fl. 76, 119, 150 Bhlommne, Fl. 468 Obroſſowa Df. 462 Obſtrom 382 Obuchowa⸗Oſtrog, J. 253 Ochota, Bd. 301 Ochotzk 231,281. H. 298 Ocka, Fl. 236 Oeggio, Bch. 204 Ogriſchkowo⸗Saimka, Df. O 125 Ohkota 99 Diefeh, SI. 403 Ojeʒkaja⸗ Slob. 314 Oka, Il. 49. 556 Okyſchewa, Df. 467 Olekma, St. 273: 382 Olekmiask — Olekminskoi⸗ Oſtrog 305 #273 Olema, Fl. 273 Hlengui, Sl. 210 ‚Dienguisfaja-Stob. 210 Olenk, Fl.29. 479 Olenki 234 Olonki, Sr. 182 Olonskaja, In. "234 Olotſchinskaja, De au Om, 1: 128. 407 Omolaewa 313 Omsk 129 Omskaja⸗Krepoſt 128 Omurtha, Fl. 404 On, Fl. 170 Ongonskaja, Bg. 357 Oniſima, Df. 151 Onochonskaja, DE zu Onon, Fl. 200 Opoluka, Fl. "342 Dranzi, OD, _ 264 Hr-Aul, DR 402 Drcadifche * 52 Orda, Bd. 314 Orkija, Bch.— 205 Orlenga, Fl. "244,249 . Orlenskaja⸗Slob. 244.249 Orlow, Di 547 Orlowa, Fn. “087 Orongoi, Bd 185 Orskie Furti, Dfe "402 Oſch, Df. 419 Oſerko, Fl. 242 ae SS. 469 105, 547 rot; Di "107 Opsjanskaja, Df. 385 Owſianka· Derew. 172 pP. Padun, Wf. 324 Padunskaja, Df. 324 Padunskoi · Byk 324 Padunskoi⸗Muis 324 Pagadajewa, Df. 338 Pakulicha, Fl. 344 Palasnoi⸗Selo 547 Paluda, Fl. 2857 Pandinskoi⸗Kamen, Fe 518 Papey, L | 53 Papkowa, Df. 464 Parapbonf, Df. 463 Paraphontovskoje, Df. 464 Parichema, Di, 464 Pavta, Bg. 452 Pawlowa⸗Der. 235 Pawlowskaja⸗Der. X Pawſchino, Df. 462 Pechter 114 Pedun, Wf. 236 Peking 213 Peledinskaja⸗Slob. 268 Pelſchaja, Bch. 264 Pelym 426 Perchinskoje, 6; 463 Perchma, Df. 463 Derchnewa,.Df. - 462 Perejemnaja, It. 269 Pergina:Grigoria- Maximo⸗ witfcha-Purilowa, Df. 468 Peſoſchnoi⸗Mona 426 Peſſ ia⸗Denga, Fl. 459 Detersburg, St. 77. 297 Petra⸗ Pawloskaja⸗· Krepoft, 55 193.19 "Petrai-Parvla, Su. * Petſchanni⸗Gudi 228 Petſchora, Fl. 226. 341 Phelipeaux, J. 334 Pheodotoma, Df. 462 Philinsfoi-Pogoft 532 Philinsfoi-Powos 520 Philippsburg 387 Phomino IT Pianoibor 549 Pianoiporos, Wf. 328 Piafida, FI. 328.481 . Piatinskoi, ©, 466 Pichtowa 147 Pichtowa⸗Gorra 147 Pidma 464 Pilga, Df. 103 Piligrimka, Bch. 122 Piſanoi⸗Kamen, Bg. *159 Piſannaja· Bereja 404 Pitſchulina, Df. 86 laska, Geographiſches Verzeichniß. Phaska, 31, 542 Puchlino, Fn. 86 pᷣlioſſa, In. 88. Df. 468 Puſtinka 90 Piosfaje - Selo- Korobiſch⸗ Puſtoſchka, Df. 468 tſchenskogo⸗Prichoda, Df. uſtoſer, St. 497 468 Puft-Dfersf 341 Ploskaja⸗Gora, Bg. 146 Puftofersfoi-Oftrog 226 Plotbiſchtſcha 200 Putſcheſchk, Fn. 88 Plutna, Df. 468 Putſchka, Bch. 462 Pochmonoi Porog, Wf. 323 Pyſchma, Fl. 428 Pockrowskoje⸗Sielo um Pofchore, Kl. “455 Podinskoi-Ramen, Bch. 544 = R. Podglinoi⸗Gori 109 Podimachynskaja 313 Rabanowo, Sn. 86 Podnowia, In. go Rabotki, Sn 90 Dodofernaja, Df. 462 Radilnoje-Simorie 228 ÿᷣodſchelawoſcha⸗ Rietſchka, Radnitzi, Fn. 90 Br 264 Rakunowa, Df. 467 Podwolaſchnaja 236 Raphailovskoi, Kl. 422 Dofrovsfa-Selo, Df. 58 Nbrg 196 Pokrowskoi, St 547 Retfchiihnoje-Simomwie 328 Pokrowsky-Monaſtir 278 Ribatzkaſa 86 Polament, Fl. 83 Ribna, Fn. 87 Polevskoi 438 Rieſchma, Fn. 88 Polema, Fl. 10 Riga, Df. 242 Polowinnaja 445 Riſchtſchowa, Df 462 Polowinnoja⸗ Rietſchka 252 Rogwina 83 Holowinnoje-Simowie 185. Romanow, St. 87 25 Romanzowo, Fn. 86 Polowinnoi⸗Muis, Df. 200 Roſchdeſtwenskoiĩ⸗Sielo, Df. Polujechtowo, Fr. 88 370 PYonomarewa⸗Simowie 295 Roſchetſchwenskoiĩ 549 Porywey⸗Porog, Wf. 158 Roslowska, Df. 463 Poſadinkowa, Df. 467 Roſſochi, Bch. 351 Poſniakowa, Df. 468 Roſtoozow Df. 348 Poſolskoi⸗Monaſtir 184 Rouxilla, Gb. 70 Breobragensfei-Selo 539 Rußland f 160 Hᷣresnaja⸗Retſchka, Fl. 136 Rutſchei ⸗Kraßnokovskoi, Prigorodoe⸗aiſcowo, J. 550 Dh. 468 Priluki, In, 86 Rutfchfina, Df. 466 Prilutzkoja, Di 461 Rybinsfoi-Pogoft 464 PrilugfoiMonafkie 461 &. Priſſelot⸗ Sa maſſa 466 Pritjowa, Df. 467 St. Aulon 8 Proſſek, Fn. go St. Georg 82 114 Sabanafa, DE - Sabateewa · Der. 210 Sabarfıhia-Dira 230 Sablini, Sn, g1 Saborja, Df. 468 Saborskaja⸗Der. 252 Sacharowskaja 306 Sadnoi- Dwor⸗Kuliginskoi⸗ Wolaſti, Df. 467 Sagaldfur, Bch. 221 Sagan, Gb. ER; Sagansfoi-Oftrog - 353 Saiansf 172 Saigarfi, Df. 106 Eaiza,Df _ , 83 Safobenina, Df. 249 Safoflia, Df. 463 Sa⸗Logom 282 Saltitsfoi-Rabaf zo Salumsfoi, Df. Samara 1 433 Samarovskoi⸗Jam 121.521 Samsfaja-Stob, "466 Sannoi-Muis, Bg. 196 Santſchurskoi *516 Saraibor, G. 418 Saraibov 419 Sarapul 105 Sarpatſchakowuůͤ⸗ Jurti 164 Saſanowa, Df. 518 Sauſſolie, Fn. 89 Sawaſtianowa 478 Sawatjewa· Der. 200 Sawinska, Fn. 87 Scandinavia 56 Schalabelina, Df. 355 Schalagina 259 Schalaginskoi, Sp. 334 Schadfa-Hfero, S. 198 Schackſchinskaja⸗ Der. 199 Schamanowan · Der. 249 Schamansfoi, Wf. 237 Schangina⸗Simowie 313 Schachenskoje- Uſtie, In, 87 Scha⸗ 3 Geographiſches Verzeichniß. Schaſchina, Dfe 125 Schelesnia 109 Scheleſinsk, F. 136 Scelefinsfaja-Krepoft 129 Scheleſinska-Retſchka 129 Scelfowaja-Gera 445 Schelopugina, De 209 Scheſch, Be. 377 Schiberu:Chadda 224 Schiftinskaja-Der. 209 Schigan 278.295 Schigani, Fl. — Schicktaskoje-Simowie 329 Schicktſchi 101 Schilka, Fl. 200 Schilkina-Der. 318 Schillowa, Df. 437 Schiloſchni⸗Uluß 377 Schiſchni, Bch. 109 Schiwera2230. 326 Schiwersfaja _ 180.235 —— J. > Schnja, Sb. 4 Sheet, 463 Schokta, Bch. 467 Schtſchino, Df. 463 Schtſchki, G. 259 Schtſcheki, Bg.306 — 230 chtſchnewa, Df. 410 ae Bch. 4 Schukowa, Df. 462 Schulba, Bch. 140 Schulba⸗Retſchka 140-147 Schumarowo, Fr. 86 Schuſch, Fl. 355 Schwanenſee 421 Sdwydſchenskoje, Df. 462 Sega, Fl. 267 Segalatzkaja-Protoka 478 Selena⸗Slob. 459 Selenja, Fl. 184. 194 Selinginsk, St. 76. *194 Selitſchtſche, Sn. 87. f. 46 Selle, Bch. * Selo⸗Bagoroditskojo 550 Selo⸗Katniza 555 Selo⸗Rabotnoi, Df. 554 Selo-Sarapul 548 Selo⸗Spatio 518 Selo⸗Worsmaha 556 Sololisky 354 Selunsk, S. 462 Semeifowi. Jurti 532 Semenovska, In, 87 Semenovsfo 86 Semiluſchki, Df. 164 Seminichnia 235 Sempalat, F. 136. *139 Sempalatnaja-Krepoft - 135 Sempalatni 128 Serebrenka, Sch. 205 Serebrinskaja, Df. 468 Serednaja⸗Kotſchama, Fl. 296 Serednija⸗Borſa 214 Serednoi⸗Burſa, Bch. 210 Seredni· Schuͤn 101 Serednije-Uftie 227 Serentinsfaja-Der. 209 Serentni, Df. '205 Sergujew, F. 239 Serfowa, Df. 200 Serodfina, Df. 235 Sertafowa, Df. sıg Sjaß, Fl. 469 Siawernoi, S. 463 Sibala, Df. 471 Sibilowa, Df. 462 Sibir, Ft. 79 Sibirien, $. ru #79 Sibirka, FI. 120 Siderowa, Df. 543 Sideromwsfoje, Fn. 87 Siegäga, Dh. 448 Silandowa, Kl. 97 Sitantoff, Kl 5 2) 557 Simagow: fam 84 Simomwie 168 Sinaja-Sopba, Be Sinufchfina, Der, 244 Siokjul, Bch. 381 Sirenskol Rudnik, Gb. 350 Sirijes, Df. 103 Sirilsgorod, Bz. 92 Sitkat 283 Skala, Fl. 403 Skalenskaja, Df. 403 Skalholt 51 Sknietin, In. 68 Sfobelsfa-Der. 252 Sfobolsfa, Df. 313 Sfofnina 313. 244 Sienfina, Df. 534 Studoba 517 Sluſchie⸗Slob. Sn. 86 Stutfa » Sollinsfoi- Pogoft — — Smolenskaja-Janeskaja, 472 Smolnich- am 141 Snamonskoi, Kl. 121 Snaminsfei » Pogoft, Df. 126 Sobolew⸗Otſtoi 228 Solba, Fl. 355 Solijanka, Bch. 121 Solijanfa-Nierfhfa *262 Solifamskaja, St. *452 Sofomifchnaja —X SolonsnojeSimowie 228 Solonowska⸗-Retſchka, Fl. 128 Solstorußfa, Fu. 86 Solpuga, Fr. 88 Somina, Fl. 468 Sonowka, Fr 90 Sor, 166. Hb. 227 Simowie⸗-Simowſchtſchiki Geographiſches Verzeichniß Sor, S. 226 Sorogina, Df. 235 Soßnowez, St. 466 Sosnowskoi⸗Oſtrog 159 Soswa, Fl. 254 Spaskoi er Spasfoi-Monaftir 282 Spasfoje, En. 87 SpasfojeSielo 398 Spasnafusfa, Fu. 86° Spaſſa⸗ Govskoi Monaſtir 466 Spaſſa⸗Prilutzki 459 Spaſſa⸗Kamenzki 459 Spirowa, In. 86 Spologenskaja⸗ Slob.259 ee - Spofofchensfaja, Sn, 257 Stannowoi » Chrebet, Gb. Sui, Df. 185 Taffeevsfoi-Oftrog * 370 Sundir, In, 93 Taffeewo, ©. 199 Sungurowo, Fn. 87 Tatarey, 8. 89 Sunfa, Sn. 90 Tatta, Bch. 300 Sunſchnia, Df. 467 Telma, Bch. 234 Suͤranskoje⸗Sielo 164. Tera, Bch. 252 Surowa, Bd. . em Terafonowa, Df. 258 Surowaja-Saimfa, Df. zıı Tetingina 461 214 Tetſcha, Fl. 430 Süftanofowi-Zurei 158 Tetſchinskaja-Slob. 43° Sutſchki, In. . 86 Tialbdjarüch-Ari, J. 302 Swiatoinoß, Vg. 483. Tichwina, Fl. 469 Swietlotobich 2355 Tierka, Bch. 388 Siwiolsf-Gorod, St. 94 Tio, Bch. 351 Siwiotoje-More, ©, 184 Tira, 12 252 al, Spfagkaja-Stob. 421 Tirsfaja-Der. 252 T. Tjuma, St. — + Tiumenfa, Bch. 422 Tabar 547 Tit⸗Aru, J. 278 202. Tabuͤchuͤnda, ©. 275 Tobachten, Bg. 398 Stanowaja 466 Tabüffinda, S. 275 Tobol, Fl. 13.120. Starago-Selo, Dfe 462 Tacharach⸗Selo 547° Tobolsk, St. * 519 Staraja-Sibirfa 539 Tagil, Fl. 441 Tojon⸗Aruͤ, J. 7 Staroi, Fl. 532 Tagit, Sl. 543 Tofino, In. 90 Staroftina 469 Tagunsfaja 315 Tokwack, Bg. 377 Stechnoja, Df. 468 Taina-Saimfa 204 Tolobka 171 Stepanowa, Df. 463 Tajura, Df. 252 Tom, Sl. 152. 153 Stepanovskaja, Df. 464 Tajurskaja-Der. 252 Tomsf, Bj. 156. St,” 160 Stipinsfaja, Bch. 462 Tafineg, än. 90° Tomſchtſchinich 244 Stolb, J. 478 Taktemiſch, ©. 404 Tontora, Fl. 267 Stolbi, Fe. 313. O.277 Talma, Fl. 317 Torſchock, Sr. "34 Stolbifcha, Sn. go Tamentiklutſchi, Fl. 12 Tofna, Fn. gt. Df. 471 Strielka, F. uo3 Tamur, oder Taimur 480 Totma, St. *458 Strielfi 190, 193° — 328 Treuftan, ©, 431 Subarowa-Der. 236 Tanga, Fl. 279 Trjaskowskaja 227 Subarowa-Saimfa 200 Tapitan-Taryn, Bch. 300 Triphanowa 461 Subkowa 463 Tara, St. 125* 126, 408 Troitzkaja-Krepoſt, F. *192 Sucharino, Sn: 86 Taraſſowa 313 Troitzkoje, Fn. 86 Sucha-⸗Naba, Df. 469 Tartamak, Df. 127 Trojetzki 530 Suchona, Fl. = Tarfasfoi-Paß 408 Troitsfoi-Ramen, Fe. 448 Suda, Il. Suderem Rudſchei, 6 Suknewkaja⸗Der. Taſata, oder Taasinſel 68 Taſchermskoi⸗Stanez 403 Taſchluͤkowa⸗Der. 235 Taß, Fl. 226,341 Allgem. Neipbefbr XIX —— Troitsfoi:Monaftir 466, 523 Troits-Schofskoi, Df, 466 Troiz : Schofsmingfoi - Mo; naſtir 465 Ceec— Tſcha⸗ Geographifches Verzeichniß. Tſchadobskaja- Der.326 Tſchaadala, Bch. 300 Tſchagoda, Fl. 468 Tſchaja, Fl. 258 Tſcharuͤſch, Fl. 147 Tſchaſtie, Fn, 106 Tſchaſtie⸗Oſera 210 TIſchaſto⸗Oſtrowskaja-Der. 171 Tſchaus 402 Tſchauskoi⸗Oſtrog 403 Tſchebarkutskajan⸗ Krepoſt 432. 436 - chebarar, St, 90 Tſchebbuͤſchewa⸗Pogoſt 166 Tſchelitſchewa⸗Slob. 86 Tſcheredowa, Df. 126 Tſcherendei, Bch. 270 Tſchereſch, Bch. 348 Tſcherkaſſien 157 Tſcherneskoi, Wf. 86 Tſchertowskaja- Der. 233 Tſchetkazinskoi⸗Oſtrog 299 Tſchetſchinskoi ·Oſtros 251 Tſchetſchui, Fl. 28 Tfeherfchui-Offrog 258 Tſchetſchuisk, Bz. 259 Tſchibirkui 225 Tſchikoi, Ft. 185. 190 Tſchiptſchugi, In, 106 Tſchirdat⸗ Aul 164 Tſchirim, Bch. 355 Tſchita, Bch. 200 Tſchitinsk 210. 216 Tſchitine koi· Oſtrog 200 Tſchiukloſt, Bch. 221 Tſchornaja, Fl. 239 Tſchudinowa Saimka 249 Tſchudowa, Fn. 81 Tſchuja, Fl. 262 Tſchukatſchoino 483 Tſchukſin =. .467 Tchuktſchi, Vg. 315 Tſchulun, Fl. 502 Tſchun, Fl. 170 Tſchumuͤſch, Fl. 150 Tubanowuͤ⸗Jurti 164 Tumanſchet, Fl. 178 Tumen 79 Tumozkaja 478 Tunda, Fl. 396 Tungusfa, Fl. 76. 170,296 Tungusfa - Podfammenaja, J Tunkinsk Eng Tunfinskoi-Oftrog 233. Tunofchna, Df. 61 Tura "99. 112 Turbinsfaja 5 18 Tuͤrbuͤr⸗Rietſchka 178 Turga, Fl. 210 Turinsk, St. * 427 Turochanski, St. 66 Turow, Fl. 204 Turpan⸗ Oſero 189 Turuchansfoi » Trosfoi, Kt, IO Turufinsfoje-Der, * Tuſatſchi, Beh. 205 Tuſchowa⸗Saimka, Df. 338 Tuſtack, 27 5 Tutchaltu⸗Chadda, Bg. 196 Tutelsfajo - Kijasza- Zurti = 164 Tuturskaja⸗Slob. 313 Typhina, Fl. 469 Twaragowa, Df. 227 Twer, St 848 Twerza, Fl. 459° BE Uba, Oh. 141,146 Ubinsfoi-Paf 405 ud, Fl. 274 Uda, Fl. 195, 224 Udinsf 180 Udinsfie-Werfhini. 199 Udinskoi⸗Chrebet 204 339. Ubinsfoi-Deremmg #179 Ydinsfoi-Oftrog * 179 Ufa, Bz. 549 Ufinfa, Sch. 453 Ugliz, St. *86 Ugui, S. 409 Ujen, Fl. 402 Ujuß, Bch. 348 Ulga 101 Ulibert, Df. 151 Ulfan, So 252 Ulfansfaja-Der, 252 Ulkolſiro. Selo 546 Ulu⸗Syr, Bch. 350 Ulybat 357 Umrewinskoi⸗Oſtrog * 403 Unda, 31. 204 Undinskaja, En, 204 Unmufoi-Nor, ©. 196 Urak, oder Uram, Fl. 300 Ural, ©b. 109. Uralenguisfoi-Chrebet 210 if, Fl. 182 Urikowskaja, Sn, 234 Uriu-Mana 32 Urulengui, Bch. 210 Urulenguir, Fl. 217 Urungai-Ralınufey 149 Uſchaika, Sch. 160 Uſchakowka, W, 233 Uſſinskoi, Df. 549 Usfameno-Gorsf, F, 136 Uslon, Fn. 94 Uſpenskoi, Kl. 199 Uſſaka 544 Uffolie, SL 259 Uſſolka, Fl. 170,370 Uffoisfaja-Der, 243 Uftie, Sn, 86 Uſt· Ilga 244 Uſtilginskaja 313 Uſt⸗ Ilginskaja-Der. 244 Uſt⸗Kamenogorskaja⸗ Kre⸗ poſt 76. F Uſt *144 ⁊ Geographiſches Verzeichniß. Uſt⸗Keintſchuck 165 Uſtkut 243. 305 Uft - Ordinsfoje - — Uftfursfoi-Ofteog - 243; 20 Uſt Tſchaiskaja, Df, 258 Uſt⸗Tſchumuͤſch 149 Uſt⸗Tunguskoi-Pogoſt, In. 170 Uſt⸗Wecharewkaja⸗Der. 325 Uſtiug⸗Weliki, St. *456 Uſutuewna-⸗Der. 221 Utaſſa, Bg. 435 Utſchiur, © 349 Uttus⸗Aul, Df. 125 dv, Baldai-Gori, Gb. 514 Verchoterie, Pr. 78 Verchoturien, Bj. 78 Bominow, Df. 543 W. Wagriſolka, Df. 471 Waldey, In. 93 Wagaitſchewa 468 Wagai, Df. 419 Wagrino, Df. 463 Wahlin, Fl. 529 Wand, ©. 467 Warnokutſchka, Df, 467 Wafılewa, Fn. 88 Waſiliewskoje, En. 87 Wafıli-Gorod, In. 90 Waſilia⸗ Zepiobanowa * Waſiſnia, Fn. Weigatz 334 Welikago-⸗Sela 468 Weliki⸗Novogrod 81.156 Welikla⸗Wrak, Su 90 Weltfofeli Kyrilowskago⸗ Monaſtir Werblinſchia, Bch. 300 Werch⸗Angarskaja-Der. 230 ıWerchnaja-Angara 226 MWerchnoi-Borfa 210 Werchnoi⸗Iſetzkoi 438 Werchnoi⸗Pobju, Df. 104 Werchnoja⸗Der. 170 Werchnoja⸗Plotnia 441 Werchnoje⸗Uſtia 227 Werchno-⸗Tanskoi⸗ oſc 15 Wercholensk hi Werchofensfoi-Oftrog 314 Wercho- Wiluisfoi- Oftrog 330 Werchoture, St, *518 Werchoturien 109, 448. 517 Werfchnaja-Borfa 214 Wetka, Fl. 516 Wias 46 Wiaſowie 94 Wiatska, St. 516 Widin, Bch. 239 Wieska, Fn. 87 Wietrennoi⸗Kamen, Fe. 300 Wilaui 295 Willmanſtrand, 422 Wilui, Fl. 330 Winshemi 78 Witim, Fl. 276 Witinskaja, Df. 463 Witinskaja⸗Slob. * 262306 Witſen 250 Wladiſchna 462 Wlaſſewa, Df. 464 Wlaſſiewo, Fn. 86 Wlodisnaja, Df. 463 Wodlo, Bch. 462 Eccea Wognembloi⸗ Prichod, Dr. 454 MWogulsfa, D, 518 Wogußfoi- Sn 548 Woipsla, DE 471 Wolchow, Fl. 89.94 Wolga, Fl. 80. 282 Wolkowa, Df. 466 Wolodomir 515, 557 Wologda, ZI. 458. St. 460 Wolſchoi⸗Pogoſi 516 Worobjewa 314 Woregowa-Siob, 338.345 MWoronnig-Der, 254 Woromsfaja-Pad-Der, 200 Woromwsfaja-Prodofa 358 MWosdwifchensfo, Fun, 88 Wosdwyſcheine, Zn, 87 Wosfrefensfoje 86 Wosneſensk 234 Woſtotſchnaja 478 Wuja, Bch. 444 Wuiskoi⸗Sawod 444 Wuͤſchnaja⸗Gora 101 Wuͤſchney⸗Wolotſchok 84 Wuͤſokuͤch, DE 244 X, Etowa, In. 986 Z‘. Zaar⸗Gurban, SL. ar Zabakſaar, St. — Zagan-Mor, ©. 210 Zamofofsfa-Yurta, O. 523 Zorna-Syarfa, Sn. 533 Zortomo-Gorodisk, Kl. 549 Zufolst, Bz . 547 Zurachaitu 204. 213 Zuͤrkutzu, Bg. 195 Regiſter Meg — - = er. Az | der in dieſen Bande vorfommenden Sachen. — — — A. balak, ein Ort, mo ein beruͤhmtes Ma: rlenbild iſt. 25 Abdall, fo wird der Befchneider bey den Tas tarn zu Tobolsk genannt, 123 Aberglaube bey den Jakuten. 271 Abgötterey, der Tſchuwaſchen ihre, ‚90 Abiß, der Namen der Prieſter bey den Ta: tarn, d8. wie er ben Gottesdienft halt. 98 Abreiſe der ruffifch - afademifchen Neifegefell: fehaft von Petersburg nach Kamtſchatka, go der erfte Berg, den ſie auf der Reife fer ben, 83. Fommen nach Twer, 84. Ug— fig, 86. nach Kafan, 95. nach Kun: gur, 107. reifen von Katharinenburg ab, ur kommen nach Tobolsk, 113. Tara, 126. Sa: muͤſchewa, 134. Kusnetzk, 152. Abreiſe von Tomsk, 164. Abreiſe von Krasnojarsk, 177 Ankunft zu Irkutzk, 192. Abreiſe von Ja— Eugf, 302. Ankunft zu Jeniſeisk, 326. An: kunft zu Tomsk. $ 399 Achun, bedeutet bey den Tatarn einen Bi- ſchof, zıs. «wie er geffeider. 542 Ackerbau in Island, feine Befihaffenheit, 17. Ackerland, um Kusnetzk, wie e8 befchuffen, 157 Aederfugl, iſt die vornehmſte Art Enten in Island, ſonſt Eyderente genannt 22, die Pflaumenfedern von ihnen heißen Eiderdu: nen 23 Yerste, find nicht bey den Islaͤndern, 6 Agath, ſchwarzer in Island, iſt eine Art Flin⸗ tenſtein. 38 Alaunſchiefer, wo er gegraben wird, 380 Alcion, iſt der Eisvogel. 368 Alees, ein Gott, den bie Wotaiken anbe— then. 516 Alga marina faccharifora, iſt eine Seepflange in Island. 18 Alitpayans, feine Bemerkung von dem Baͤ— venberge 65 Altäre, mie fie bey den Islaͤndern geweſen. 53 Altertbümer, wo die bey Kraſnojarsk her— sefommen. 172 Ambra, ſchwarzer in Island, eine Art Erds pech. 38 America, die Wilden dafelbjF rigen In die Rei- ber Figuren. 100 Ammonsbörner, verffeinerte. 250 Amtmann und Stiftsamtmann in Island. 61 Amulette, tragen die fatariichen Kinder, es ſtehen darauf Sprüche aug dem Koran. 114. Anacampferos purpurea, ein Wundfraut, daraus ein Lebenswaſſer gemacht wird. 169 Anderfon, Joh. feine Nachrichten von Js⸗ land. 2 Anna Iwanowna, Herzoginn von Curland, laßt eineReife nach Kamtſchatka thun. 73 Ansgarius, der erſte Apoſtel der Nordlän- ber. 56 Anton, der letzte Metropolitan in Ruß⸗ land, 519. es wurde ihm zu Ehren bey ſei⸗ nem Tode mit allen Glocken geläutet. 19 Anwerbung, tie die Tatarn und Wotlaken dabey ſchwoͤren. 100 Aprarin, Graf Fedor Matfrewitſch, fol Kamt⸗ ſchatka unterſuchen. 73 Arbeitsleute, eine gute Art, ſie vom Saufen abzuhalten. "110 Argali, eine Art wilder. Ziegen, 145: wilder Schafe, Beſchreibung derfelben. 370 Argalis, Figuren von Goͤtzenbildern. 172 Aringi, ein Volk. 175 193 Arſenik, ſoll wider das Fieber helfen. Artikel, Regiſter. Artikel, die Unterſuchung natürlicher Dinge an dem Lena betreffend. 303 Arzneybuch, des Juſuphi, Nachricht da- von, 414. der Verfaſſer iſt Abül, ein Weltweiſer und Juſiph, 414. Beſondere Abtheilungen dieſes Buchs, 414. 415. Arz⸗ neyen wider Krankheiten, 415. noch andere Abtheilungen, 416 Aszneybuch der Tatarn, Nachricht davon, 414 Asbeftberg, Nachricht davon, 445 Aſſanen, ein Volk, 370, ihre Unterredung von dem Wachtelkönig. 370 Aſtronomi, ihre Ankunft zu Berefow, 524. zu Caſan. 551 Aul, bedeutet bey den Tatarn ein Dorf. 125 Auroen, iſt ein gewöhnliched Getranf der Tſchuwaſchen. a ee Auſſatz, herrſchet bey den Islaͤndern. 61 Außerordentlicher Ausbruch des Joͤckols Koͤt⸗ lejan. 10 Bäder, warme, bey den Tunguſen, Beſchrei⸗ bung davon. 222 Baklan, eine Art Waffewraben, 199 Bantogeld, der Islaͤnder befteht In danifchen Kronen. sı Baͤre, grönlandifche, wie fie nach Joͤland Font men, 19. bie Sorgfalt der Islaͤnder für fie 20. liegen bey Konda unter den Kür ‚hen, 521. zu Samorovsloi fehr grau: fan, ; 521 Bärenberg, warum er fo heiße, 64 Baſchkiren, ein Volk, 105. 432. Ihre Wider fpenitigfeit, 433. Ihre Lebensart 436 Baſchlaki, bedeutet einen Tribufeinnehmer. 310 Baskakow, Peter, der Feldmeffer bey dem ruf fifchen Commando. e 476 Bauart ber Haufer bey den Islaͤndern, 42 Bauer, Nachricht von einem bargufinifchen, der einen andern erſchlagen, 194. ander fe na, wie fie ihr Mehl nach Jakutzk und auch ihre Floͤße verfaufen, 248 Beering, Virus, relſet nach Kamtſchatka, 73 Belugen, eine Art Fifibe. 383 Beobachtungen, angeitelite, mit Wettergla⸗ fern, 20: mit dem Barometer in Werchotu⸗ rien, 451. mit dem Thermometer, 308. 451. Er cc3 affrenomifche zu Bereſow, 524. zu Sama⸗ rovskoi⸗-Jam, 551. zu Nowo⸗Uſolk, 545. des Eintrittd des Trabanten des Jupiter» , 555 Bereſower, ein Volk, follen Eichhörner ef fen. ’ 167 Berg, feuerſpeyender, bey Chatanga, 295. fuͤh⸗ vet Salmiaf, 255 Serg- Hammer: und Hüttenmwefen zu Katbart: nenburg, mie es befchaffen, ıı2. zu Nerts ſchinsk, 206. wird verbeffert. 207 Bergwerk, zu Polewa, mie es befchaffen, 110 am Fluſſe Kora, 357. zu Scillowa : Jfeßs koi, 437. in Kolywanka: Gora, 149. zu Bi: timskaja, halt Marienglas, 26, bey dem Bache Ulu⸗Syr, 350. zu Baſinskol, 351. er⸗ ſtes inSibivien, 392. zu Solikamskaja, 454 Bergwerkshuͤtten, Beſchreibung der argunskl⸗ ſchen. ig Berkhan, Joh. Chriſt. Maler bey der ruſſi— ſchen Reiſegeſellſchaft. 74 Bergweſen zu Nertſchinsk, 206,207. Bezoar, von Goa, ſeine Kraft. 388 Biber, in Sibirlen, Beſchreibung davon 526 ihre Jagd, 382. werben zu Bobrowie ausge⸗ rottet, 382. Nachricht von einem zahmge⸗ machten, 106, ihr Fang. 433 Bielaja Rübsis, eine Art weißer Fifche, Nach» richt davon. 282 Bielkojedi, ein Beynamen der Bereſower. 167 Bielot: Jar, eine Art Reim, 200 Bild, vonder Dreyeinigkeit zu Jenlſeisk, Bes fihrelbung davon, 170. von Ehriffug zu To= bolöf, 170. der Maria, ein beruͤhmtes. 125 Bilder der Heiligen oder Gögen aus Ablai- feit, werben befchrieben. 144 Birke, eine, darein der Donner gefchlagen, 372 Biſchoͤfe In Jsland, 57. worinnen ihre Einnah⸗ me beſteht, 57. . Ihre bifchöflihe Woh- nung. 58 Blefkenius hat verkleinerlich in feiner Schrift von den Flandern geurtheilet, 4. Jonas bat ihn widerlegt. 4 Blumen, kuͤnſtliche, wie fie die Chinefer vers fertigen. 319 6, mas es bedeutet. 179 Bontowfehiti, ein Beynamen der Einwohner zu Rrafnojardf, 167 Boo-fin-fchi, eine Art Bezoar, 388 Borodon, Regiſter. Borodon, ein Abgott der Tſchuwaſchen. 91 Brand, ungluͤcklicher, da Herr Gmelin ſeine Shriften eingebuͤßet bat. 285. 286 Branntewein, wie und woraus er bey den the⸗ feutifihen Tatarn gemacht wird 132. wie bey den Ehinefern, 320, mie es damit und bey den Einwohner zu Uſt⸗Ilga gehalten wird, 246 wird aus Milch gemacht, 255 Brannteweinbrauerey, Nachricht von dreyen. 233 Brannteweinbrennerey, Beſchreibung derſelbi⸗ gen bey Kuta, 251. zu Tajunskaja. 351 Brannteweintrinken, iſt ſehr gewoͤhnlich zu Kraſnojarsk, 362. iſt In Newjanskoi verbo⸗ then, 443. in Jakutzk trinken ihn Frauenzim⸗ mer. 288 Bratſchini, ſo heißt eine Zuſammenkunft der Einwohner zu Turinẽk zum Feſte des Kusma und Damiarı. 448 Bratski, ihre Beſchaffenheit, 235. ihre Abgoͤt⸗ terey, 235. Ihre Opfer, 235. wollen ihren Tribut an einem befondern Orte entrich- ten, 236. verfolgen und erfihlagen die Sluſchi⸗ wie, 236 Bratskoi Oſtrog, Befchreibung davon 237. ih⸗ re Einwohner 237. feyern ein Feſt 316, ihre befondere Art dag Thier in feinem Felle zu braten, 322. haben fich wider einige Dörfer verſchworen. 323 Braͤute, in Island, ihre Kleidung, 41. wie die Tatarn ihre Braͤute beſchenken. 102 Bräutigam, bey denZatarn, wie er ſich kleidet 115 Brunm ein in din Felſen gegrabener, 536. ein tiefer bey Tobolsk wird beſchrieben. 556 Buchsren, finden fich bey dem Jahrmarkte zu Irbit ein, an, womit fie handeln, ıı2. die Einwohner gu Irim berufen fich auf die Pri⸗ vilegia der Bucharen, ı13. werden von dem Buftachan zu Gefangenen gemacht. 141 Buchftaben ‚mongalifhe, Formen davon. 144 Buchweizen, eine Art wilder. 214 Buligi, ein Beyname der Tomsker. 167 Buraͤten, werden Befchrieben 179. verſtehen die Kunſt, Elfen mit Zinn und Silber gut aus: zufegen, gr. find mohlbabend, 185. unrein⸗ lich, 185. ziehen von einem Drte zum an— dern, 186. getaufte Buraͤten, mie fie heil: fe. ? : 86 “ Burchan, ein Bild, foll bey ben Mongolen den Sohn Gottes voritellen. 187° Burchanen, find Gögenbilder, fie ſtehen in el⸗ ner befondern Jurte. 198 Burken, fo heißen die Wohnungen der Tſchu⸗ waſchen. 552 Butterſeife, wird zu Kamonskoi-Sielo ges macht. 427 Butterwoche zu Tobolsk, was ſie ſey und wie fie begangen werde, us, zu Kraſnojarsk, 175 da werden den Woywoden Gefibenfe ges macht. 178 €. Eanoten, was ed bedeutet. 524 Earawane, aus der Kalmukey koͤmmt zu Tomsf an. 0163 Carawanoi Aug, was es bebeuter, 186 Carim, bedeutet einen Bratski. 225 Carimmi⸗Jaſaſchnia, ein Karim, welcher Tri but an bie Krone zahlet. 225 Eseneval, ein großes zu Tomsk. 401 —— Ankunft der ruſſiſchen Geſellſchaft da⸗ ſelbſt. 5 95 Caſatſchia⸗Horda, iſt eine Horde der Cofafen, 127 Caſernen, wie fie bey Kara-Uraf gebauet wor⸗ den. 475 Catbarinenburg, fiche Katharinenburg. Cechaap, eine Art oftiafifcher Fahrzeuge, 527 Erdernäpfel, kurze Befchreibung berfelben. 531 Eelten, von ihnen rühren vermutblich die Js⸗ länder ber. - 53 Eeremonien, andachtige zu Tobolsk, 114. bey den Leichen der gewaltſam Verfforbenen. us Proceſſion des Erzbifchofed nach dem Tobten- baufe und die Losfprecbung der Todten. us bey Befchneidung der Tatarn in Tobolsk. 123 Bey ihrem Gebethe. 134. bey den theleutifchen Tatarn. 153. bey den Heurathen und Trau—⸗ ungen in Bogorodskaja-Gielo. 162, bey dem außerlichen Goftegdienffe der Mongolen, 188. bey Einweihung eines Pferdes der Brats⸗ fi, 218. eine ruſſiſche, Sluſchit genannt, wird bejchrieben. 363 Ceremonienmablseit der Tatarn, Nachricht davon. 132 Chineſer, ihre Gewohnheiten, 193. Handel, 192 Coufect Regiſter. Derewna, bedeutet bey den Ruſſen ein Dorf, - Eonfect, 319. Nudeln, 318. Rechentafeln, 319 ragen, 319 Chirurgiſche Verfuche mit einem Heilmittel angeſtellet. 168 Chofoinkifeb, ein Bruſtſtuͤck vom Stein bey den Tatarn, 349 Chutiski, ein Beyname der Oſtiaken. 502 Colonie, bey den Samojeden, woraus ſie be⸗ ſtehe. 488 Comet, Erſcheinung eines. 427 Compaß, eine Beſchrelbung von einem ſibirl⸗ ſchen. 335 Commando, ein von zwey und funfzig Dann, miuß den Weg in Nordoften nach dem kamt⸗ ſchatkiſchen Meere fuchen, 473. dad andere Commando reifet ab. 478 Coſacken, ihre Einfälle und Sraufamfeit 127 wenn fie die meiſten Streifereyen vorneh- men. 150, Nachricht von einem gefthickten. 164 Coſatſchi⸗ Galowa, ſchicket Marktſchreyer in Sibirien aus— „168 Croyere, de la, zeiget an feinem Leibe Figuren yon biaw'ichter Farbe, die Ihn die america- niſchen Wilden eingerißet haben, 100. Nach⸗ richt von ihm, 75. ſchicket Lucas Iwanonow und den Amtmann zu Schigan ab, die Kuͤſte des Lena zu unterſuchen, 329. klaget über ſel⸗ ne Widerwaͤrtigkeiten. 330 Cryſtall, islaͤndiſcher, feine Eigenſchaften. 37 Euren, ſeltſame mit Kranken, 212. bey Verkaͤl⸗ tung, 287. wie erfrorene Glieder bey den Ja⸗ kuten gebeilet werben. 287 Ezerkuffen führen ein Gingeoncert auf, 552 Ezereiniffen, bey Kumja, Nachricht von Ihe nen, 515. ihr Gottesdienſt. 517 D. Dalai⸗ama, iſt bey den Mongolen ber größte Geiſtliche. 0288 Dalmar, ein Mönch, bauet ein Koffer. 429 Dames, Perer, ein Schwede, unterſuchet auf Knlaͤs Gagarin Verordnung die Kupfererzte am Geſimur, 206 Demiedow, läßt den erſten Berg zu Koligwan⸗ fa: Bora graben, 148. erhält vom Dber: Hergeollegio Erlaubniß, Hätten anzulegen. 149 125 Dergatſch, ift der fo genannte Wachtelfönig, “ 379 Diak, bedeutet einen Kanzler. 497 Diatfchok, ein Kirchendiener unter dem Prien er, 247 Diebe, ihhen feßet ein Lieutenant nach und ver» übt eine Heldenthar. Br Dijetie-Bojarstie, ein Volk. — Dolobi, eine Arc der Befeſtigung. 145 Dong, eine Art Priefker, oder Zauberer, wels che den Wotiafen wahrſagen. 103 Donnerkeile, die Meynung des Poͤſels in Gi: birien davon. 373 Doppelſchaluppe, tie fie erbauet wird. 119 Dorf, was in Island fo heiße, 45. wie es bey den Ruffen und Tatarn heiße, 125. Unter⸗ fehied unter Sommer: und Winterdörfern, 125 werden nach ihrem Erbauer genannt,} ı5ı Befchreibung eines bey den theleutifchen Ta- tar, 152. haben um Biolskoi-⸗Oſtrog ver: fihiedene Namen. 235 Dotſchtſchenniken, eine Art in Tobolsk ge: braͤuchlicher Fahrzeuge, 119. 124 Dreyeinigkeitsinfel, 64. am Fuße des Bären: bergs wacht Loͤffelkraut, 65. ein fonderba= - ver Brand daſelbſt. 65 Deuderey in Island. so Druſchka, iſt fo viel als Einlader zur Hochzeit, , 162 Dshelandyk, ein Beyname des Frauenglaſes, 433 Dsberon, eine Art Ziegen. 218 Dubrowot- Lies, was dieß Wort bebeufe. 106 Dworetz, ein Gaſthaus zu Bronnig, wo fich der Faiferliche Hof auf feinen Reifen ordent- lich aufhaͤlt. 82 Dworjänini, ein Volk. 225 fr mus Edda, die Sammlung der Mythologie bey den Islaͤndern, 54. woher das Wort ffamme. 55 Eichhoͤrner, wie fie gefangen werden, 245, ei- ne Art fliegender, 245 id der Treue, wird abgelegt, 557. wie ihn die Oſtiaken leiften. 512 Kiderdunen, Regiſter Eiderdunen, find die Pflaumenfedern ber Ei⸗— derente in Island, 23. welche die beſten find. 23 Einſchiffung der kaiſerlichen Reiſegeſellſchaft auf Die Wolchow. gi Eis, wird anſtatt der Fenſter gebraucht. 281 Eiſen, gutes bey Bura, 190. wie es bey * wa verarbeitet wird. Seifen: und Tuchfabriken, bey dem Fluſſe Set, ma. 317 Seifengenben, zu Katharinenburg, ihre Be: ſchaffenheit. 438 Eiſenhuͤtte, bey Bogorodsloja⸗ Sielo, 162. bey Bumaſchkina, 234. bey Tara, 292. bey Po⸗ lorsfoi, 438. bey Tagil, 444. bey Wuga, 444 zu Alapaerskoi⸗Sawod, 447. zu Worchna: ja⸗Plotina. 277 Eiſenmulm, gelber und weißer, wo er gebro⸗ chen wird. 441 Eiſenſchmelzhuͤtte zu Kamanskie, zur. das be: ſte Eifen aus Sibirien wird da verarbeitet, iI in dem Dorfe Gadoͤwa, 154. die Art, das Eiſen zur ſchmelzen, 154. bey Lukaſa, 353. bey Irba. 354 Eiſenwerk, bey Kaſchinskoi, 326. zu Nowians⸗ ki, 442. zu Kuſchinskoi⸗Sawod. 444 Emuͤchai, ein Beynamen Der Pimpernell. 289 Enten, davon haben die Islaͤnder zehnerley Arten. 22 Erdbeben, bey Argun find alle Frühfahre.ge: wöhnlich, 213. Nachricht von einem ſchreckli⸗ chen in dem Lande der Kurilen. 387 Erdbeeren, fchöne, mo fie zu finden, ‚436 Ergoͤtzlichkeiten der Islaͤnder 60 der Einmoh- ner zu Kraſnojarsk in der Buttermoche, 175 Erſcheinung, eine befondere am Monde 558 befondere am Himmel, 308. In Geſtalt feu: riger Balken. 47 Erziehung der Rinder bey den Islaͤndern. 60 Erzt, wie und wenn cd auf dem Berge Pag: kaja Bora gegraben wird, 146. zu Pichtowa⸗ Bora, 147. bey Bumaſchkina im Weber: fluffe, 234. bey Lena, 244. 249. bey Gtal- bi, 277. bey Balaganskoi-Oſtrog, 322. Ber ſchrelbung eines ſehr reichen Eifenerjted, 344 verſchledene Arten bey dem weſtlichen Arme des Jeniſei, 352. von vorzuͤglicher Güte bey Koſchtak, 394. bey dem Miagnetberge. 435 Eyer der — in Jsland, 23. find gruͤnlich mit ſchwarzen oder braunen Fle⸗ cken. 24 F. Faͤhigkeit der Islaͤnder zu den Kuͤnſten. 48 Fahne, eine rothe beſchrieben. 187 2 Faſten, Philippi, was dabey vorgeht. 162% Falken, islandifche, zumellen kommen groͤnlaͤn⸗ diſche dahin, 24. Falkenfang in Island, 24 die Belohnung der Falkenfaͤnger, 25. ira die Falken zu verführen, Selfen, ein großer, bey Irkutzk, Eisen davon, 233. in Island. Seft, zu Cafan, zu Ehren der Mutter Gottes, | wie es gefepert wird, 96. Feſte haben die . Wotiaken nicht, 104. Befihreibung eines das zu Jenlſeisk begangen wird, 169. Feſt, ein tatarifches, Nachricht davon, 336. des hei⸗ ligen Procopius. 539. Feuer, brennendes bey Kaltirasd, Irfachen das . von, 132, bey dem Berge Tutchaltu⸗Gadda. 196) Seuersbeunft, Nachricht von einer großen, in der Wuͤſteney bey Jamuͤſchewa, 134. Urſa⸗ chen bavon,.ı35. im Walde bey Uba, 146. find in Tomsk nicht felten, 400. ruͤhren von dem Branntweinbrennen her, 400. eine zu Katharinenburg, 41 Feuerſpeyende Berge, unrichtige Nachricht davon, 135, in Island werden ihrer zwanzig gezaͤhlet. 10 Siallageas, Felfengras, brauchen die Islaͤn⸗ der an ſtatt des Brodtes. 16 Siguren, verfehicdene in der umtern Höhle bey Jeniſei, 174. wie fich die Zungufen folche in die Gefichter machen. 312 Sifche, damit bezahlen die Islaͤnder die ans ren, 51. gefrorene find zu Jakutzk dag —— Confect. Flockfiſch in Island, ein getrockeneter Sin, 33. feine Zubereitung. 34 Sliegen auf dem Irtiſch in großer Menge, 18 Bermahrungsmittel darwider, 133. um Ja⸗ muͤſchewa. ——— Flocko, ein Seeraͤuber in Norwegen, koͤmmt auf eine ſinnreiche Art nach Island. 52 Fluͤſſe, ihre Befchaffenheit in Island. 13 Slußvögel in Island. 21 Foringen, Reiten Seringen, ober Führung, ein islaͤndiſches Ger wicht. 51 Frau, eine, die ihren Mann umgebracht, wird geſtraft. 362 Seauenzimmer, in Island, wird, befthrieben. 40 Fruͤhlingsfeſt, bey den Tatarn, wie es gefeyert wird, 377, Dpfer dabey ‚377 Sächfe, in Island Morroth genennt, ‚die ger meinften find weiß, die ſchwarzen und grau⸗ blauen find rarer. Kahn 20 Fuhrleute, verſchiedene Arten,. 221 FZutter, für die Kühe in Island. — Te EEE | Gagarin, der Gtatthalter zu Tobolsf hat ei- ‚nen Weg auf die Feſtung angelegt. ı2t Balatage, wie fie in Tobolsk begangen wer⸗ den. Pu Bar une Gans, damit wird. bey den Wotiaken den Rei- fenden ein Geſchenk gemacht, 104 Garfebi, eine Art ſalziges Waſſer. 198 Gardar, ein Schwede, koͤmmt nach Island 2 im Jahre 664. Segend, anmuthige, bey Uſt-Kameno-Gors— kaja⸗Krepoſt. Geiſtliche, in Island, ihre Sitten. 59 Bold, iſt in Island nicht ſehr gange St Belän, fo heißen die mongoliſchen Prtefter. 187 Gänfe, wilde bey Schorkasfoi-Pogoft, 528 Gafterey, darzu werden Die Akademiſten gebe | > 95 then. . Gelehrte, unter ben Isländerit. >» 4 _1.,47 Beläsde, thin die Arbeiter auf dem Schiffe. ehr ve bedeutet einen Priefter. 187 — Gebe Islaͤnder damit umgehen. Gerben, wie bie fen, 62. geiſtliche. Geſetze in Island. 62 Setroͤnke der Islaͤnder. — Gewohnheiten bey Gaſtereyen in Caſan. 97 Blode, geoße auf der mit Kupfer gebeten Hauptkirche in Mofa 5 3588 Glubnik, bedeutet den Nordweſtwind. 335 Gmelin, Auszug aus feinem Tagebuche, 72 kurze Lebensbeſchrelbung von ibn, 75. ders Allgem, Reifebefehr. XIX Band. 142 liert bey einer Feuersbrunſt feine auf ber Keife gemachte Sammlung, 75. beſchreibt die Art feiner Reife, 77. feine Reife, 80 koͤmmt mit Herr Mühern zu Cafan an, 93 Abreiſe von. Tobolsk. 124. beſieht einen feus erſpeyenden Berg, 153. trennt ſich von Herr Müllern bey, Rrafnojarskoje-Sielo „157. ‚bes fiebt den Berg Pifanoi- Kamen 139. koͤmmt nad Tomsk, wo er Herr Muͤllern trifft, 100 faͤhrt mit ihm auf dem Fluſſe Ob, 161. ſieht dem Fange dev Muxum, einer Art Forellen zu, 162. koͤmmt nach Simowie, 166. beſie⸗ bet unterirdiſche Hoͤhlen, 173. reiſet von Kraſnojarsk ab, ı77, koͤmmt mit feiner Ges ſellſchaft zu Poſolskoi-Monaſtir an, 194. uns terredet fich mit einem Gelün, 197. ifE auf Die Reife nach China bedacht,! ıyo. beficht die Graͤnzſaͤulen der Chineſer, 213. beſucht eine Brannteweinbrauerey 233. beſieht die Salzquellen du Uſtkut, 251. laͤßt die Wege ts den Gegenden des Wilim meffen , 263. fehickt Heren Eroyere einige Puncte zu, die Untere fuchung des Rena und Eismeeres betreffend, 303 haͤlt fich zu Irkutzk auf, 315. unterſuchet die Naturgeſchichte bey Jeniſei, 327, betrachte bey Mangaſea verſchiedene Voͤgel, 341, feine Beobachtungen, 342. 343. bey ibm koͤmmt ‚Herr Muͤller in Mangaſea an, 344. Ver— zeichniß von figurirten Stelnen, die Herr Gmelin gefunden, 344. 345. erfährt vieles zu Abakansk, 359. beſchreibt die Zauberer bey den Fatfihinsklichen Tatarn, 361. feine Keife an den Ufern des Senifei, 369, beſieht die Kupfergrube zu Keſchuk, 397. ſeine An—⸗ kunft zu Tomsk, 399. koͤmmt nach Zus rinsk 427. koͤmmt nach Katharinenburg und beſchreibt Die Eiſenhuͤtte, 434. befchreibe die EN. 48. Stadt Solitkamskajq, 452. und Uftiug-Wo⸗ Gerichtsbarkeit In Island, wie, fie ge S Utal, 456. koͤmmt endlich zu Petersburg ar. 472 Gorlanow, Alexis, ein. Mitglied der ruſſi⸗ ſchen Reiſegeſellſchaft. 74 Goͤtzen, haben ihre beſondern Jurten, 198. wie ſie ausſehen, 198, ein woguliſcher. Goͤtzenbilder, wie fie aus Woelok gemacht werden. 167 Goͤtzendienſt der Islaͤnder 53 Golenock, ein Weinmaaß in Kafan. „9 Od dd Gottheit, Pe Regiſter. Gottheit, Nachrlcht von einer vierfuͤßigen. 350 Gräber, wie fie bey den Tatarn ausfehen. 125. 356. wie es in einem eröffneten bey Uſt-Ka⸗— meno⸗Gorsk ausgeſehen habe, 145. dariunen findet man Koſtbarkeiten, 172. Unterſu⸗ “ung derſelben bey Schibetu⸗Chadda, 224 werden von einem Kerl, Salanga, unterfucht, der fich da aufhält, 355 Gränsfäulen bey Argun. 213 Griwije, ein Bepname der Surgutier. 167 Guaritzi, iſt der Name der Eolonie bey se jer. Guobrander, ein islaͤndiſcher Biſchof, ofen. dete den Bau der bifchöflichen Wohnung. 58 Falmufifche, ihre Beſchaffenheit. 340 Guli, ein’ muſikaliſches Inſtrument bey den Tatarn, 102. wie es geſpielt wird. 103 Gurian, der erſte Metropolitan zu Caſan, fein Feſt wird gefeyert 551 9 »ängfif In Island, iſt ein getrockneter Fifch, den wir Stoctfih nennen, 33. wie er zube⸗ reitet wird. 34 Aayenzäbne, verſteinerte. 250 Handel bey den Islaͤndern, so. mit Tabak und Pferden bey Kuſnezk, 157. bey den Ruffen und Ehinejern. 198 Gurten, »Handlungsgefellfchaft, dänifche, in Island. 50 Sarfn⸗ Tinna, eine Art ſchwar zer Ben in Island. Saͤuſer der Islaͤnder, ihre Bauart, 42. en rath bey ihnen. 43 Sausthiere in Filand, ihre Arten. 20 Saſelnuͤſſe, wie fie bey Argum wachſen. 211 Savamaal, ein übriggeblichenes Gedicht von der Edda, Hebammenfeſt zu Krafnojarsf, Nachricht da: von. 362 Heels, ein feuerſpeyender Berg In Island. 1ı Beimweh ber Jölänber, 48. Duelle davon. eb. daf. Zemden, ihr Gebrauch iſt bey den Jslaͤndern nicht allgemein. 42 Bempe, ber Ueberrock der Islaͤnder 4 »emim, liegt Frank zu Tobolst 14 Heringe, in Island, 27. ihre Wanderung, 27 ihr Fang, eb.dafı f. Netze dazu, 30. die Seit des Fanges, 3ı. ihre Zubereitung. eb. daf. Heurathen der Islaͤnder befchrieben. 59 Sialeye, was eg bedeutet. 44 Hialeyemaͤnner, bedeuten Pachtinhaber. 44 »torleif hilfe Seland mit anbauen. 52 Hiſtorie, natürliche, mie fie in Kamtſchatka iſt unterficht worden, 76. 77. wird von Herrn Gmelin unterſucht. 327. 344 Hochzeit, mie fie bey den Tatarn begangen wird. 114 Hoͤhlen, zwoer am Jeniſei, Befchreibung, 173 zwoer, bey Don. 219. unterirdifche, bey Baſinska, 351. bey Ongonkaja, 357. bey Siokjul. 381 Hoolum, ein Bisthum in Island. 57 Horrebow, N. ein Däne, feine Nachrichtett he Island, 2. werden gelobt, Buloigung, der Kaiſerinn Eliſabeth zu Sol — bey den Oſtiaken, ihre Sefthaffen: beit, 525, ziehen Schlitten. 521 —— die Wurzel davon kochen die Tatarn unter ihren Brey. es »unnen, wo fie bergefommen. Hvern, heiße Waffer in Island. 13. ihre @hr- fingen, 14. ihr Gebrauch. 15 I. Saal, fo heißen die Dörfer bey den Tſuwa⸗ ſchen. * Jabloki, ſind große Steine. SGachontow, JIlla, Dolmetſcher bey der ai ſchen Reifegefellfchaft. Jagd, der Rennthiere und Füchfe, 335. der di ber, 55 Jahrmarkt, anfehnlicher zu Irbit, zur, * nach Willkuͤhr des Woiwoden von Wercho⸗ turien eröffnet, xı2, wird durch die ‚Jagd ver⸗ anlaſſet, 341, zu Jeniſei, 316. in Nowo⸗ ſersk, 457. zu Prigorodoe - Laiſcaw. 550 Jakuten, Nachricht von ihnen, 99, Ihre Relis gion, 271. Aberglanbe, 271. füttern die Goͤt⸗ ter, 272. laſſen fih aus der Hand von den Schamanen wahrfagen, 272. werben von den Bauern Regifker. — Bauern zur Arbeit gebraucht, 273. laſſen ihr Vieh den Winter über weiden, 280 ihre Lebensart 289. eſſen Maͤuſe, 290 jagen, 290. 291. ihre Goͤtzeu, 291. Begraͤbniß der Todten, 291, Eiſenhuͤtten. 292. Kohlenmi⸗ nen, 292. ‚opfern einigen Felſen, 293. lieben Zauberey, 293. haben Feine, eigene- Schrift. 294. halten die Freundſchaft hoch, 294. brau⸗ chen viel Pferdemilch, 294. find aberglaͤu⸗ biſch, 295. nennen die Kameele Pockenteu— fel, 392 Jakutzk, da wird eine Wohnung jfür die ruſſi⸗ ſche Reiſegeſellſchaft, und ein Gewaͤchskeller angelegt, 78. daſelbſt ſind Salzquellen, 258 Beſchreibung davon, 282. iſt reich an Fi⸗ ſchen Holje und Vögeln, 283. bat wenig Quellen, 284. viel Murmelthiere, 285. das Brannteweintrinten iſt da nothwendig, 289. allerhand Confect, 289. Entdeckung der Ge⸗ gend. 296 Jami, find Gruben, darinnen man wilde Thie⸗ re fangt. 145 ar, bedeutet ein erhabenes Ufer. 326.534 Jaſpis, ſchoͤner, wo er gefunden wird. 214 Zaſſi eine Art Fiſche, die ſonſt Rottelen ‚heil: ſen. 131 N ein Beyname der Tobolsfer. 167 Jaswa⸗Moremaja, fo nennen die Ruffen Die Peſtbeulen. 2 des, Isbrand, deſſen Urtheil von Kamtſchat⸗ ka. ‚Yu Jean⸗Mayen, ihre Entdeckung, 64. ihre 2a: ge, 65. Merkwürdigkeiten. „65 enifeist, ihre age, 167. Benbaffenbeit ihrer Einwohner, 167. führen unterſchiedene Bey: namen, eb. daſ. Nachricht. von einem Mens fehen, der Geheimniſſe beſitzt, 169. da iſt die Voͤllerey verboten. — Jeruſalem, ein Luſthaus des Erzbiſchofes bey Caſan. ‚552 Jeſaſchnie⸗Tatari, find Tatarn, welche Tribut an die Krone zahlen. 2 Sefafchnoi, Erklärung dieſes Worts. 105 Jevraſcha, eine Art Murmeltbiere, 283 Zlimsk, Beſchreibung davon, 239. Nahrung der Einwohner, 239. Ihre Gitten und Sur: tem. 249 wie fie Keffel fehmieden, - 169. NinehjenhtenE ein. Beyname ber Ilims⸗ er, 168 Ingolf, ein dänifiher Graf, foll der Gtifter der Islaͤnder ſeyn. 52 Inſecten, ſind nicht viel in Island. 36 Inſeln, ſchwimmende, Nachricht davon. 534 Infteumentmacher,, einer wird von einem Soldaten erſchoſſen 74 Joketen oder Jockuls find Felſen in Island, 8 die meiſten ſind feuerſpeyende Berge. 9 Jonas, Arngrim, bat Island befihrieben. z Jeginifche Sewoden, Nachricht davon, 198 Irkutzk, Beſchreibung dieſer Stadt, 230. 231 bat einen Bifchof, 232. gute Policey und ans genehme Gegend, 232. ihre Einwohner find Zungufen, 253. Zobelfang daſelbſt, 254. Aber⸗ glaube der Jaͤger 254. öffentliche Gebäude, 254 Isbuste, was es iſt. 131 Island, bat beftändig unter einer europaifchen Macht geftandenyn. Lage, 6. Umfang, 6 Witterung, 7. Lange der Winternächte das felöft, 7. Dauer der Tage im Sommer, 8 Nebenſonnen und Nordlichter werben da oft gefeben, 8. Orcane richten viel Schaden ang Gebirge. auf-der Inſel und Felfen Jockelen, 8 außerordentlicher Ausbruch des Kötlegan, 1o des Hekla und Krafla,un.ı2. Ebene und Thaͤ⸗ ler, ı3. Flüffe und füße Waſſer, i3. Brunnen und heiße Quellen, ı3. Wirkungen derfel- „ben, 14. Ihr Gebrauch, 15. Planen, 16 Ackerhau, fein Zuſtand⸗ v7. wild Korn, 18 Seepflanzen, 18. Wälder, 19, eine Art Holz, ſchwarzer Brand genannt, 19. verfhiedene Thiere,ı9. Butter für die Kühe, 2o. Handel mit Butter, 20. mit Schafen, 21. zahmes Federvieh ift felten ‚21. ‚wildes. Geflügel, 2ı Falkenfang, 24. Fiſche, 26. Heringe, ihre Wanderung und Fang, 27. Picklinge, 32 . Sarbellen, 33. der Kabeliau , fein Fang, 33 der Flack⸗ und Haͤngfiſch, 33. verſchiedene Arten ihn zuzubereiten, 34. Steinbeißer werden getrocknet, 34. Seehunde, ihr Fang, 35 Gewuͤrme und kriechende Thie— re, 36. Gtein: und Erdarten, Silber, Kupfer⸗ und Eiſenminen, 37. Schwefel, z8. Erdpech, Torf, Ambra, Bimsſtein, 38. Salz, 39. die Bevoͤlkerung JIslands, 46. Verwuͤſtung durch Peſt, 46. ihre Entdeckung. Mi Dd dd 2 Isländer, Regiſter. Islaͤnder, werden gelobt, weil fie mie Fleiß ihre Geſchichte beſchrieben, 3. getadelt, weil ſie nicht eine richtige Beſchreibung des Landes geliefert, 3. Ihre Bandbefchafftigungen, 16. wie fie die groͤnlaͤndiſchen Baͤre vertreiben, "19 warum fie nicht mit Schwefel handeln, 39 Ihre Geſtalt, Kleider und Wohnung, 40, —* Fähigkeiten zu Kuͤnſten und ehe . SJeländifeher EryRall, 37. alte islaͤndiſche 8% ſchicht ſchreiber. Jugtuͤſch, ein vornehmer Mann bey sen Sthe remiſſen, ſorget fie die Opfer * Jukarigi, eine Art Jakuten. Jumaſſen, heißen die Prieſter der Srhune- ſchen, or. ihr Anfehen. 91 Jumar, ein Abgott der Wotiaken. 103 Jungferſchaft, wie fie bey den Tatarn beweinet wird. v6 Sungfernklofter bey Moslau/ Nachricht * von. Junner, ein Rleſe, ſoll va der Syikoföste der Islaͤnder das ewige Principium ſeyn. 54 Zurta eine Beſchreibung davon, 187. ſind Haͤu⸗ ſer des Taiſcha Prinzen, was da merkwuͤr⸗ diges iſt. 486. 152. and) Alex. Feldmeffer guy der Reiſegeſell⸗ ſchaft, 74. ſtirbt. 329 JIwanowitʒ Feodor, legt den Sure sur Stadt Tomsk. "I. "60 Iwanewow Lucas, ein Mitglied der Buff ſchen Reiſegeſellſchaft. ER N a rar tee Kuba, werden in Uſt⸗ gms ‚Sorost die “ wilden Schweine‘ genannt. "145 Babelian, ein Fifch in Island, fein dang und geſchwinde Verdauung. — = Kali, ein Kraut. Ralmucken, 76. ihre Ueberfälle, 138. Habt gut Schoͤpfenfleiſch, 140. womit fie fich nahren, 241. kalmuckiſche Bauren, machen Anfpruch an eine Kupferhuͤtte. eg Bälte, ſtrenge in Gibivien, ı69. Nachricht von einer heftigen. 286 Bam, bedeutet einen Zauberer. 155 Ramatſchinzi, ein Volk. ‚275 Ramlatmachen heiße Zauberey treiben "155 Kammfiſche, verfteinerte. 250 RKamtſchadalen, ein Volk. ; 299 Kamtſchatka, Beſchreibung davon, Tu. ihre Entdeckung/ 72. was Fürft Waſiloi Iwano⸗ witſch Gagarin für Reifen dahin veranſtal⸗ tet, 72. ihr Zuſtand unter Peter dem Groß fen, 72. 06 es mie Amerika zufammen hängt, 73. erſte Erpedition dahin, 73. andere Reiſe, 73. was fich mit einigen Reiſegefaͤhrken zu: getragen, 7 4. Abſicht Diefer Reife: 74 Banst, ein Volk, “175 Ranskoi⸗ GOſtrog, die Lebensart der Einwoh- ner daſelbſt 178 Karl der Kahle, waget mit den Sachſen einen Einfall in Eisland. 53 Karmakulnik, ber Namen eines fkeinichten Ufers. 344 Kaſatſchie Orda, eine Art Rauber. 403 Raſchtack, bedeutet eine Branntweinbrauerey. 233 Katbarinenburg, wer dieſe Stadt erbauet. 109 Nachricht von ihr, 109. fie ift der Mittel punkt aller ſibiriſchen Schmelz⸗ und Hütten * werke, roy. mit einem Kauf: und Zollhauſe erſthen 209. durch fie ziehen die Kaufleute nach ben irbitiſchen Jahrmaͤrkten, 110. dag Berg⸗Hammer⸗ nnd Huͤttenweſen iſt da im guten Zuſtande, no, Loͤbliche Verordnung wegen des Brannteweind, 110. eine wun⸗ derliche Gaufeley, die da vorgenommen worden, ıro, das Dberbergamt daſelbſt 207 iſt wegen? der Eifengruben angelegt worden, ‚438. Befagung darinnen, 440. fol ach einer Prophezeyung Nergehen 441. der Prophet bekoͤmmt die Knute. 441 Kaufhaus/ zu Caſan, ein ſchoͤnes. 20r Aaufleute, müffen zu Irbit alle Waaren, die "don Golde und Silber ausgenommen, ver⸗ zolſlen, 112. ein enffifcher zieht fich den Tod au, 193. ruflifche thun weite Seifen. 232% Kata, 1093 es bey den Matroſen bedente. 113 ARaranots, find geheiligte Derter der Wotie- fen und Tſcheremiſſen. 105 Khroner, der Unterwundarzt bey dem Com— mando nach dem kamtſchatkiſchen Br. Biarwana, von Urungei-Ralmusten, ſind Hal muckiſche Reiſter. muckiſche Bauren, 147. Ihre Kleldung und Gewohnheiten. 148 Kirchen, ihre Bauart in Island, 58. bey den Tatarn. 98 Birchenbann, wenn er zu Tobolsk ausgeſpro⸗ chen wird. 414 Kirgifen,'ein altes Volk, 358. uͤberfallen Die Bergleute in Sibirien. 393 Kirim, was es find. 214 Rirpitſchnoitſchei, der koͤſtlichſte Trank bey den Tatarn in Tobolsk. 124 Rleidung, der Islaͤnder, at. reicher Leute da⸗ ſelbſt. 42 Rloſter zu St. Georgen, Beſchreibung davon. 82 bey Kirilobskoi, Nachricht davon. 463 Bniefer, bedeutet einen Eleinen Fürften. 127 Knochen, in der Erbe gefundene, giebt man für Riefengebeine auf, as: RT %oedesniten, find die Ausleger der mündlichen Sagen bey den Somofden. 6 Kojengep, eine Pflanze, Gänferich genannt. 289 Rolesnitow, was das Wort bedeute, 158 RKomu⸗Tunguſi, ihre Befchreibung, 222. ihre Beamte werden in Gefihlechter abgerheiler. | 223 Roͤnigsfeld, Herr, begleitet Herrn de bisle tatariſchen Prinzen. 520 Roͤnigsfiſcher, iſt fo viel als der Eisvogel. 368 Ropfgeld in Island wird Gieflold genannt. 62 Kopfpurz der Islaͤnderinnen has die Geſtalt eines Zuckerhuts. 4E Korjaden, ein Volk. 299 %Korkojedi, ein Beynamen der Jakuten. 178 * Rosli, eine Art wilder Ziegen. Kormowifchtfebe , bedeuten Zutterpläge. 136 Korn, wildes, in Island. 28 Korfoki, eine Art Kleiner Fuͤchſe. 163 Korum, eine Art Lilien. 289 Koß, ein unbeſtimmtes Maaß. 276 Kofaken, in Jakutzk, legen ſich ſonderlich auf die Aufſuchung der Mammontshoͤrner. 331 Koskoltſchiſchiki, eine Art Separatiſten. 149 ein Beynamen der Einwohner zu Tara. 167 145 KMomock , bedeutet einen Vielfraß, 238. Art ihn zu fangen. 238 Koftbarkeiten, findet man: in Den tatarifipen Gräbern 242 Koffer, eine Art Flſche. 283 Roͤtlegau, "ein Zöfel, fein außerorbentlicher Ausbruch, 10 Kotowski, ein Volk. 175 Krafle, ein feuerſpeyender Berg in Island. rz Krankheiten dey Islaͤnder, „su. verſchiedene zu Oſtrog. 212 Krafcheninnitow, Steph. ein Mitglled dev ruf ſiſchen Reiſegefellſchaft, 74, reiſet nach Pe— tersburg. ERS: Kraſſilnikow, Andre. Feldmeſſer bey ber ruſſi⸗ ſchen Relſegeſellſchaft. 74 Brafnoierst, Beſchteibung davon, uzı. bie La⸗ bensart und Religion der Tatarn daſelbſt. 175 Krasnoje⸗ Derebi, eine Art Birken. au Kreide, ſchwarze, bricht bey Niſchnaja-Tun⸗ guska. 312 Kreuze, bey Ladaika, was fie bedeuten. 177 Kroͤpfe, find bey den Einwohnern um ben Le⸗ na ſehr gewöhnlich. 255 Rüchenkeäuter, was für welche in Island find. 17 Kudaiſchtſchik, fo werden bey den Kalmucken die Erztſchuͤrfer genannt. 150 Rudraßsow, Nefet, Miquititz, Obercommiſſar mac Berefony sı9. befuchet eine Witive_eineg 1, Befet, Diquitiß, der Admlralitaͤt in Caſan, 96, bittet die ruſſi⸗ ſche Retfegefelfebaft zu Gaſte. 96 Rudrauzow, der Namen des Erztfchinfers am Fluſſe Tarüfch, 150. feine Liſt. 150 , Ruldem, bedeutet Fahles Feld, 29% Rumöß, bedeutet, Molfen von Pferdemilch. 175 Kunduruͤck, eine Art Grafes. 38 Rungur, eine Höhle daſelbſt. 107 Rupfer: und Eifenininen in Island. 37 Rupfergeube, bey Koſchuk, 397. zu Polowin⸗ noi Rudnik. 445 Kupfer huͤtte zu Schurala und Nanva, 442. amt Bache Ljala. 450 Kupferkies zu Kundſchakors und Gilerst. 45E Kurtujak, eine Art weiß gebildeter Gipsſtein. 350 Rutachta, bedenses den Amtsgenoſſen bed Der lai⸗Lama. zu Kybuluſchit, eine beſondere Art des Fiſchfan⸗ Be — ‚26% Do dds3 Caab, — | Regiſter. C. Zaab, Joh. Jac. bemerket einen ſonderbareen Brand auf der Dreyeinigkeitsinſel. 65 Camas, bedeuten fromme Leute, 188. 217. eis ner wird fuͤr einen Arzt und Wundarzt ge⸗ balten, 220. wie er curirt. h 220 Candbeſchaͤfftigungen der Islaͤnder 16 Aandesverwiefene in Norwegen heben. Ihre Hausthuͤren aus und nehmen fie mit. 52 Landfarſock ein gewoͤhnliches Landfieber bey den Islaͤndern. 61 Landſeuche, Nachricht von einer beſondern an Menſchen und Vieh, au. ihre Belchaffen- beit, 412, Eur. 412 Baptiew, Demetrt, wird an bie Stelle ded Laſſenlus Schiffälteutenant, 470 Laptiew, Chariton, geht nach Jakutzk, 482 übermwintert am Chatange. 484 Saffenius, ein Däne, wird Lieutenant über ein Commando, das einen Weg in Nordoften nach dem kamtſchatkiſchen Meere firchet, 473 bauet ein Winterquartier, 475. wird des Hochverrathes befchuldiget, 476. verliert das Commando, 476. flirbt am Scharbocke. 476 Bebensmittel zu Selenginsf find theuer. 194 Feichenbegängniß bey den Tatarn. 425 Lenki, eine Art Forellen. 194 Liber, eine Art Tabak. 523 Liefchis find wilde Menſchen, ihre Beſchrei⸗ bung, 85. follen die ‚Leute ivre führen oder bafchen. 177 Lieto, fo heißt der Eidmwind. 335 Liſchi, iſt eine Art Schlitefchube. 239 Liste, de laCroyere, entwirft eine Landcharte von Kamtſchatka, 73. feine Keife dahin, 74 Aisle, de, Aelteſter der Föniglichen Akademie der Wiſſenſchaften zu Paris, reiſet nach Be— reform, sı4. beobachtet den Durchgang des Mercurs durch die Gonne, 514. befischt die Graͤfinn Proskowia Petrowna, 519. leget ein Obſervatorium an, 524.531. ungluͤcklicher - Kortgang feiner Beobachtungen, 325. fernere Beobachtungen, 531, koͤmmt nach Tobolsk, 536. reiſet von da ab, 542. beſieht die Salz⸗ werke zu Solikamskoi, 544. fermere Beob- achtungen, 545. 548: 555. hält ſich zu Nist- noi auf, 555. Ankunft in Mofan. 557 Lispfund, darnach rechnen bie Jslaͤnder nicht = CLodie bedeuten GSalzfchiffe. Cooha, eine Art wilder Gänfe bey den Oi fen. 530 Cotki, eine Art Fiſcherkaͤhne. 150 Aufterfcheinung, eine in Geffalt einer Pyra⸗ mide, 305. eine andere, 306. Erfcheinungen am Himmel von Gmelin beobachtet, 308, bey Tomsk zwo, die Beobachtung davon, — beſondere bey Werchoturie. Cuſt der Islaͤnder zum Schachſpiele. ex Luſtbarkeit zu Targuſchina. 176 Zuftgefechte, der Sluſchiwie. 176 Adırfenius, Joh. Wild. Zeichenmeiffer bey der ruſſiſchen Reifegefellfchaft. 74 m. Maaſin, oder Minaret, der Namen ded Man⸗ nes, der. die Tatarn aufdem Thurme * Gottesdienſte ruft, Magnet, Beſchreibung eines, 435. — berg, ein Gebirge, Nachricht davon. 434 Majoka, bedeutet aufgerichtete Steine. 190 Mabklew, Iwan Afanaſewitz, ——— * ne Tuchfabrike an. Malereyen, ſeltſame, in den uUeberbleibſeln * Gebaͤude zu Ablaikit. 143 Malta, eine Art Bergtheer. 388 Mammontsböener, werden auf Eaiferlichen Befehl aufgefucher, 331. ihre Befchreibung. 332. 526. ein faſt games zu Tomsk gefun⸗ den. 538 Manati, eine Art Seekuͤhe. 483 Mandeln, eine befondere Urt Feine, 146 Mangaſea, Befchreibung diefer Stadt, 539.da> ſelbſt find viel Vögel, 341, Handel daſelbſt. 7342 Mannsharniſch, eine Pflanze. 367 Marali, eine Art Hirſche bey den Jakuten, 100 ‚bey den Tatarn. 145 Marienbild zu Cafan bat ein Geifllicher gema⸗ let, 96. Nachricht von einen wunderthaͤti⸗ gen, 161. in Terra ſiglllata abgedruckt, 188 wie ed zu Tomsk verehret wird, 401 Marienglas, mie und mo es gefunden twird, 265. woran feine Güte zu erfennen. 267 Marke: = - — —— Regiſter. Marktſchreyer in Sibirien, ihre Gewohnhei⸗ ten. 168 Martiniere, ein Schifschirurgus, Nachricht von Semlaja. 69 Martinius, Aler. Wil. wird Adjunctus der Reiſegeſellſchaft. 77 Maſareth, fo nennen die Tatarn den Kirch: bof. 492 Mauleſel, wilde, 218. 219. May, Joh. Jac. entdecket die Dreyeinigkeitsin- fe. r 64 Meeſin, ein Mann, der die Leute zum Abend⸗ gebethe ruft. 537 Menſchenopfer, waren hey den Islaͤndern ger wöhnlich. * Mertuſchki, bedeuten Felle von ungebornen raͤmmern. 163 Metall, hochgelbes, wird aus Zink und Ku: pfererzt gemacht 45 Meteorologiſche Beobachtung, Nachricht von einer, die zu Tomsk angeſtellet worden. 104 Metſched, was fo heißt, 98. Beſchreibung von einer. 9 Wiiäta-Nefebin, iſt die Fleine Natterwurz. 289 wiikefeban, eine Art Hermelin, Rennthiere und fo welter. 239 Mineralreich in Island, davon find noch nicht alfe Arten befannt. 37 Mittel, finnreiches, den Compaß zu finden. 52 Mongolen, ihre Gewohnheit und Tracht, 187 288. ihr Gottesdienſt. 217 Morewaja Powetrie, wird bey den Ruſſen die Peſt genennet, " 412 Morosko, thut mit fechzehn jakutzkiſchen Ko⸗ faten den erffen Zug nach Kamtfchatfa. 71 heißen die Füchfe in Island. 20 Morroth, fo Morſch, bedeutet ein Wallroß. Moſchki, eine Art Fliegen. 134 266 Maka, eine Art Wurzeln von Bifferta. 205 Muͤcken in Island, halten fich vornehmlich im Rorderfuſſel um den See Myvatna auf, 36 tuider fie verwahren fich die Reiſenden mit ei⸗ nem Flore, 36. find auf dem Irtiſch in großer Menge, 133- Berwahrungsmittel dar: wider. 133 Muͤllers, ©. F. Nachricht von Kamtſchat⸗ fa, zu. kurze Abbildung von feiner Perfon, 75. befindet fich in ſchlechten Geſundheits⸗ 333 umſtaͤnden, 76, zieht ſich Verdrießlichkeiten zu, 79. ſieht eine feyerliche Handlung mit an,ıız. läßt einige Graͤber öffnen, 145. thut eine Spagierfahrt zu dem Tatarn, #74. fie- bet die Gaufeleyen eines jakutifchen Schar manng,27r. wird wieder von feiner zweyten Krankheit gefund. 310 Mufcus cathar&ticus Islandie, eine Pflanze fonft Fiallagras genannt, der fich die I8- länder as ſtatt des Brodtes bedienen. 16 Muſcheln, wo ſie zu finden. 328 Muſchin⸗Puſchkin, Platon Iwanowitſch, Statthalter in Caſan. Muſchon, oder Muſchangeth, der Namen der Prieſter bey den Tſcheremiſſen. 105 Muſik und Poeſie bey den Tatarn, Nachricht davon, 365, bey einer tatariſchen Hochzeit. 115 Muxun, eine Art Forellen. 161 Mys, bedeutet ein kleines Vorgebirge. 529 Mythologie der Islaͤnder. 54 N. Naddok, entdeckt Jsland zuerſt. 52 Nahrung der Islaͤnder, worinnen fie beſtehe. 45 orten, eine Art Schlitten in Berefow. 525 Narwall, eine Art Wallfiſche, 333. Horn von ihm ift heilſam. 333 Nebenſonnen und Nordlichter werden in SE: land oft gefeben, 8. Nachricht von zwoen Ne⸗ benſonnen. 400. 170 Nerſchinsk, eine Feſtung, Beſchreibung da⸗ von, 200. Laſter der Einwohner. Neuſemlia, Beſchreibung davon. 489. hieß fonft Serebronka, wegen eines Gilberberg- werkes. 491 Kricolaus von Semtlufchnoia, das Bild eines Heiligen zu Tomsk, mit was für Feyerlich⸗ feiten man e8 verehret. 401 Niſchnoi⸗Novagrod, darinnen find wohl ans gelegte Kauflaͤden. so Nitika⸗Nitikikitz⸗ Demidow, befiget eine Ku⸗ pferhuͤtte. 106 Nitſchnaia⸗ Petſchtſchowa, iſt der Namen der untern Hoͤhle am Jeniſei. 174 Nordcaper, eine Ars Wallſiſche, die ſich von deun 201 Regiſter. pen Heringen naͤhret, 28. ſeine Geſchicklich⸗ keit, die Heringe zu fangen. 29 Nordlichter, von zweyerley Gattung werden bey Chatanga oft geſehen, 329. Nachricht von einem, 391. in Geſtalt feuriger Saulen. 420 Nova⸗ Semlia Beſchreibung davon, 66. man hat wenig Nachricht 66. verfchiedene Mey: nungen von dem Zuffande dieſes Landes, 66 haͤngt nicht an dem feſten Lande, 67. feine ‚Strecke, 67. if} den Alten bekannt gewefen, 67 Hefchaffenheit des * 53, iſt unbewohnt. 68 G. Gbidy, eine Urt Inſekten. 535 Gbiadnik, bedeutet den Suͤdoſtwind. 335 Obſondire, iſt der Namen einer Colonle in dem Gebiethe Mezene. 488 Gdeiitria echt Beynamen eines Marienbildes, “161, wie man es zu Tomsk verehret. 401 Odin, war ein Abgott bey den Islaͤndern, ſtel⸗ lete den Mercur vor, daher die Mittewoche Odinsdag heißt, 53. „feine ausfuͤhrliche * ſchichte. ——— um Jamuſchewa ſind in enge, 136 aus Magnus, Erzbiſchof zu ipfal, feine Bes fehreibung von Jeland wird beurtheilet. 2 Gljonitſchi, ein Beynamen der Tomsker. 167 Ombe, fo nennen die kalmuckiſchen Bauren ” ven Kleinen Fuͤrſten. 147 Omuli, eine Gattung Weißfiſche, 194. reicher. Bang derfeiden. 225 ‚Ombon, ein Gögenbild. 186 Opfer bey ben Iſchuwaſchen/ wie ſie 58 werden. 7 richten in Island großen Sparen Doninen, zu ihnen wird Philophaus gefühlet, 151 Ofterwoche, wie fie zu Tobolsk zugebracht wird. 118 Oſtrog, bedeutet einen ſpanlſchen Reuter bey den Tatarn. 126 Gttern, gegen fie beweiſt man Achtung 433 Oſtiaken, zweyerley Arten, 170. Befondere Nachricht von ihnen, 502. die Lage ihres Landes, 5o2. Ihr Urſprung, z02. ihre Ge⸗ ſtalt, zoz, Ihre Kleidung, 504. ihre Speiſe, 504. Heurathen, 505. Sagen und Fiſchfan⸗ gen iſt ihre Beſchaͤfftigung, 506. Gebräuche der Woͤchnerinnen, 566 mie fie mit gefan⸗ genen Bären umgehen, 508, ſpinnen von ges wiſſen Neſſeln Garn, 505 rauchen gern Ta⸗ bak, 506. find eiferfüchtig, 507. zaͤhlen ihre Sabre nach dem Schnee, 508. Ihre Handlung iſt nicht ſtark, 508. find faul, 508. redlich, 509 ihre Religion, sıo. der Hausvater iſt zugleich Prieſter, Zauberer und Bildſchnitzer der Goͤ⸗ tzen, zuz. Trauerceremonien, sır. ı wie. fie den Ruſſen den Eid der Treue ablegen, 512. find ſchwer zu befehren, sı2. Philocheus hat fie zu befehren geſucht, sta. find unerſchrocken, 512. feorbutifche Krankheiten unter ihnen. sı3 Art zu begraben, sı3."getaufte Oſtiaken, 520 ibr Sewehr, 520. Nachricht von beſondern Dingen bey ihnen, 522. ihre Zuſammenkuͤnf⸗ te bey dem Gottesdienſte. 523 Owsjannitow, Steph. Juſtrumentmacher bey der ruffifchen Reifegefellfihaft. 74 p. > 219 i palon ſo werben ſteinerne Gebaͤnde seem Papey, fo nennten die Islaͤnder ehemals Fi and. 53 ein Woywode, nimmt ee Paſchkow, Oſtrog ein. Paſtinackwurzeln/ haben eine Aehnlichkeit en einer andern giftigen Wurzel, 388 Pelzwerk, vörtreffliches zur Ndingfoi- nk, Penda, ein ruffifcher Avanturier entdeckt J Sa fußf, 296. feine Gefehichte, 296 Pereyre, fein Brief von der Inſel Island. 2 Pergel, find lange dünne Späne von Fichten; holz, welche die Tfeheremiffen ſtatt der Lich⸗ ter gebrauchen. 159.105, Peſoſchniki, ein Beynamen der Selenkinsker. 168 Pessi, eine Art weißer Füchfe. 342 Philotheus, Erzbiſchof zu Tobolsk, har Tatarn getauft, izi. wie er ſolches verrichtet, 105. fücher die Oſtiaken zu bekehren 512 Pferde, Recgiſter. Pferde, wilde, wie fie In Island gefangen wer⸗ den, 20. Pferderennen, ein Schauſpiel bey den tatariphen Hochzeiten, u4. Milch, dar⸗ aus kann Brannteweln gezogen werden, 378. ruſſiſche, ihre Geſchwiudigkeit. 514 Pflanse, bey dem Jeniſeisk, ihre Wirkung, 323 iſt der Hyofeyamus. 324. bey Tſchereſch. 348 Pflanzen, melche in Island machfen. 16 Pichts, eine Art weißer Tannen. 147. Picte, ein Baum , mo er mächft. 528 Picklinge, ihre Zubereitung in Island. 32 Piſarew, eine Nachricht von ihm, 283 Plewilnoi = Sarrai, bebeuter eine Schmelz⸗ hütte. 244 Plautin wird Steuermann bey dem Laptiew, 479. koͤmmt nach Jakutzk, 481. Ochotzk. 482 Plioͤß, was es bedeutet. 128 Poppow, Feod, ein Nebenbegleiter der Reiſege⸗ ſellſchaft. 74 Pochmieli, Bedeutung dieſes Wortes. 127 Poluloſchnik, bedeutet den Nordoſtwind. 335 pocken unter den Tatarn, wie lange ſie dauren. 166 Pritatfehi, ein Namen der Bedlenten in Gibi- rien. 317 Porfowiti, ein Beynamen der Mangaſeer. 157 Powetrie, beißt bey den Hufen jedwede an⸗ ſteckende Krankheit. 412 Prewodinki, wer fie find. 16 Preife, welche die Braut und ber Bräutigam bey dem Pferderennen auf dev Hochzeit in To: bolsk ausſetzen. us Prikas, fo heiße die ſibiriſche Kanzeley. 122 Prikaſchtſchik ‚bedeutet einen Unterſchulzen, 177 Befehlshaber. R 259 Priefter, bey den alten Jslaͤndern batten einen doppelten Lehrvortrag, 54 Ihr Zuſtand ges genmwärtig, sg. bey den Rufen Eönnen ma⸗ len, 96. heißen bey den teleutifihen Tatarn Kam, und können zaubern. 153 Propbezeyung von dem Untergange Kathari⸗ nenburgs. 441 Promiſchlenie, find Leute zu Zara, bie fich vom | Fiſchfange nähren, 130. ſie trocknen verſchie⸗ dene und verkaufen fie, ı3r. fie verurſachen Feuersbruͤnſte, 135. födern Marienglas, 265 wie fie die Berge gewinnen. 266 Allgem, Reifebefchr. XIX. Band. Prontfchifchtfchew, Befehlshaber bey dem aut: dern Commando unch dem Kamſchatklſchen Meere, : 478.* 481 Pud, ein Gewicht vom vierzig Pfunden. u Punſch, iſt in Rußland gewöhnlich, 288. wie er verfertiget wird. | 288 Putz der Islaͤnderinnen. 4. ©. Quellen, brey heiße, fonderbare In Jsland, 14 ihre Wirkungen, 14. andere Quellen daſelbſt. ! } 15 Ouellwaffer, eined von befondern Seenſca ten. 21 Quwas, ein Getränk, Beſchreibung davon. 94 Qua, ſo heißen die Tempel bey den Wotaiken. 516 ueckſilber, wie ed mit dem Frieren deſſelben zugegangen, 286. einige Anmerkungen und Muthmaßungen über das Queckſilber, 309 8. \ Rachettenſtock, töbtet einen Studenten, 74 Rafnaflocko, iſt eben fo viel als Rabenflocko, oder Flocko, er kam nach Jsland. 52 Ragatten, find Schlagbaͤume, oder Balken, 9 Kagufinsti, der Graf Sana Wladislawitz, ruffifcher Gefandter, hat den Buräten eine Bahne geſchenket, 187. Beſchreibung davon, 137 . Raubvögel in Island, viererley Arten. 24 Rechnen, das, der Weiten der Derter bey den Tatarn, Wotlafen und Tzeremiſſen. 106 Recht, peinliches in Island, 63. rechtliches Berfahren. 63 Regiment, Verwaltung des buͤrgerlichen bey den Islaͤndern. 61 Reiſen der Jslaͤnder, Luſt dazu, 47. nach Kamtſchatka, 71. der Ruſſen durch Die Lena in das Eismeer und von Nordoſten nach Kamtſchatka, 473. des andern Commando _ feine, 476 Religion, chriſtliche, wenn fie in Jsland einge führer worden; 56, Die Lutheriſche, ss. der Jakuten, 271, der Samojeden, 498. der Oſtlaken, sıo. der teleutiſchen Tatarn. 152 Ee ee Rennes, Regiſter. Rennes, eine Art Voͤgel, Ihre Beſchaffenheit. 430 Rennthiere, werden bey ben, Samojeden zu dem Tauſchen gebraucher. „, 500 Roſtdeſtwenskoi⸗Monaſtir, ein berühmtes Klofter in Tobolsf. 170 Reifchtfehbew, Wafıli, war Unterſteuermann bey dem Commando nach dem kamtſchatkiſchen Meere, 473. bekoͤmmt das Commando. 476 Runifches Capitel, iſt ein uͤbriggebliebenes Gedicht von der Edda. 55 Ruͤſchka, mad es bedeutet. 129 | ©. Saͤmund, Sigfuſſon, ein islaͤndiſcher Gelehr⸗ ter, der Sammler der Edda, 54 Sagai, ein Beynamen ber kusnetzkiſchen Ta: tarn. 350 Saiga, ein Thier, einer Gemſe nicht unähn: lich. 137. 239 Saikal, ob es ein See oder ein Meer zu nen- nen, 183. deſſen Groͤße. 183 Saiſſan, bedeutet einen Eden, aber auch einen Dberauffeher über ein Gefchlecht. 214 Saiſſanka, ein Fleined Fahrzeug. 139 Sakaſchtſchik, bedeutet Schuß. 177 Sakoß, ein ffeinichter Strich vom feſten Lande, der den Fluß feichte macht. 264 - Salz, gemeines in Island, wird von Felfen, ‚woran das Meer gefihlagen hat, geſammlet, 40. bittered aus dem Irtiſch, feine Wir: kungen, 128. gefottenes bey Wasnofengt, 322 aus Mangafes und Jenſſtisk. 326 Salsbeunnen, bey Spaaffa-Priluki, Nachricht davon. 459 Salzgruben, ſind vermurhlich in Island gewe⸗ fen, 40 Salzkothen, bey Bumaſchkina, 232. zu Uſtkut. 251. zu Uſſolka, 376. zu Solikamskaja, 453 zu Nikitskaja, 454. zu Pythſchora, 455, zu So— likamskol. 517. zu Tomsk. 459 Salzquellen, an dem Kuta, 242. bey Itſchora, 259. bey Kaptendei. 275 Salzſee, Beſchreibung von einem, 218. bey Sa: muͤſchewa. 125 Salzwerk, ein beruͤhmtes bey Balachna, 89 zu Solikamskoi. 544 Samojeden, Nachricht von ihnen. 383 ihr Urſprung. 489. Geſtalt 492. Fehler, 493, Ber ſchaͤfftigungen, 494. Unterhalt, 494. Ur— ſprung ihred Namens, 494. die Zeit ihrer Unterwerfung unter die Ruffen , 495. Ber: ordnungen zu ihrem Bellen, 496. Religion, 498. Begriffe von Gott, 498. Art zu begra⸗ ben, 498. haben Feine Religiondceremonien, 499. eine einfältige Gittentehre, 499. Fein Gefeg wider dieMiffethaten, 499. fie beobach- fen unter einander eine Gleichheit, 500. brau⸗ chen die Rennthiere zum Taufche, seo. beſon⸗ deres Beyfpiel ihrer Umempfindlichkeit. 501 Santal, eine Art Birken. 2ıt Sapod, bedeutet den Weſtwind. 335 Sardellen, find viel in Island. 33 Saſtawa, ein Dirt, wo Zoll eingenommen wird, 183 Saturan, fo nennen die Mongolen ihren Thee. 189 Säulen, zwo hölzerne mit Ueberfchriften, 191 Sawoden, bedeuten Bergwerkshuͤtten, 205, 106 bedeuten Derter, mo die Fahrzeuge auf dem Waſſer hinauf getrieben werden, 258. Schafe, in Island unterfcheiden fih von den unfrigen durch größere Hörner, 2ı. kalmuki— ſche, wie fie beſchaffen find, 370. wilde. 371 Schachfpiel bey den Islaͤndern, Befchreibung deffelben. 6o Schamanen bedeuten Zauberer, 179. Beſchrei⸗ bung von ihnen, 130. ihre Gaufeleyen. 203 278 Schangis, ein ruſſiſches Effen. 528 Scharbock, eine Krankheit, 475. Zufalle dabey, 476 Schaſta, eine Art Hopfen, hat große Aehnlich- keit mit dem Leberkraute. 376 Schaufpiele, wie fie in Tobolsk angeſtellet wer- den. 117 Schelaſch, eine Hütte, damit die Tatarn fortzie- ben können. 396 Schewuͤki, ein Goͤtze der Tunguſen. 223 Schiefer, ſchwaͤrzlicher, Nachricht davon 447 Schivera, eine von Steinen ſeichte Gegend des Fluſſes. 264 Schiwaja⸗ Woda, ein lebendiges Waſſer, 168 wie es zubereitet wird. 169 Schlange, eine ungeheure, 535. werden erichlas gen, r Regiſter. gen, 433. eine ſoll einen Soldaten in den Leib gekrochen ſeyn. 434 Schmergel, wird bey Taſſeewo gefunden. 325 Schnupfen, eine neue Art, Ihn zu vertreiben. 445 Scholonnik, bedeutet Suͤdweſtwiud. 335 Shret, iſt der ſo genannte Wachtelkoͤnig. 370 Schriften, tunguſiſche und kalmuckiſche, 144 Schuhe der Islander, wer fie verfertige. 42 Schuttfehi, machen aus Wallroßzaͤhnen ver- ſchiedene Dinge, 334 Schwaha, bedeutet eine Anwerberinn. 16% Schwarzer Brand, eine Art Holz in land. 1 9 Schwefel findet ſich in Island, ſowohl in Huswich als Krygswich. 38 Schweine, wilde, eine befondere Art in Ja? muͤſchewa⸗Krepoſt. mer: Seepflanzen In Island, 13. das Zuckergras 8 iſt das vornehmſte darunter. Seehunde, verſchiedene in Island, 35. ihr Fang. 35 Seelenwanderung, wird von den Mongolen geglaubt. 188 Seevsgel in Island. 22 Selinginst, Beſchreibung biefer Stadt, 194 Beſchaffenheit der Einwohner. 195 Sempalar, wird befchrieben. 140 Sewrjags, eine Art Fiſche. 283 Sibirien, Reiſe dadurch, 71. Beſchreibung des Landes, 79. wenn es entdecket worden. 80 Siewer, bedeutet den Nordwind. 335 Silandowo, ein Kloſter, wo eine Schule iſt. 97 Silber, wird in Island angetroffen. 37 Siebojarsti, ein Beynamen der Beifllichen. 402 Skaltzolt, ein Bisthum in Island. 57 —— ein Beynamen der Einwohner von Jenlſeisk. 167 480 Slanes, eine Art Cedern. Studniki, find Leute, Die Marienglas Tuer 265 Sloboda, bedeutet einen befeffigten lecken, 87 ruſſiſche und chineſiſche, wie ſie gebauet ſind. 191 Sluſchiwie, ſind irregulaͤre Kriegesleute. 126 laufen viele fort, 256. nehmen Erde aus ihrem Vaterlande mit, ingleichen bie Rufe fen, 257. warum fie dieſes thun, 257. Ihre Lebensart in Olenskoi. 274 Smoſowitſch, eine Krankheit. 226 Snamenskoi, ein Kloſter in Tobolsk. 120 Snetki, eine Art Fiſche. 365 Snorro, Sturleſon, ein beruͤhmter Jslaͤnder, machte die andere Sammlung der Edda. 54 Sobor, oder Sobornaja-Zerkow, die Haupt: firche in Caſan. 101 Sochatt, darunter werden Elendöthiere ver: fanden, 145 Solikamskaja, Beſchrelbung der Stadt, 452. bat drey Hauptflraßen, 452. Sommer und Win- terfirchen daſelbſt, 452. Salzkothen, 453 Sitten der Einwohner. 453 Solonka, eine Art Dinefifcher Zeuge, 186 Solonnaja⸗Doroja, beißt fo viel ald Salzweg. 209 Sornit, hat bey den Wotiaken dag Comman- do über hundert Bauren. 100 Speer, Stabswundarzt in Caſan, bewirthet die ruſſiſche Reiſegeſellſchaft. 95 Spinnen, Eleine in Island. 36 Sprache der Is laͤnder, ift runiſch. 56 Stachelbeerſtraͤuche, in Island, ihre Be— ſchaffenheit. 17 Städte und Flecken find nicht in Island. 44 vier Häufer mit einigen Vorrathsgebaͤuden machen eine Stadt aus. 44 Starowiersi und Roskolſchtſchickt, eine Art Gonderlinge unter den Ruffen. 149. 161.443 Statuͤe, wird zu einem Betruge gebraucht, 157 _ Nachricht von einigen bey den faganifchen Ge⸗ bivgen und zu Ochanskaja. 357- Stein, grauer und weicher, Daraus werben Ges ſchirre gemachet. 436 Steinbeißer, werden in Island getrocknet. 34 Steinbutter, mo fie anzutreffen. 328 Steinſchnitt, ein glüclicher. 557 Steller, eine Abbildung von ihm, 78.336. wird Adjunctus der Reiſegeſellſchaft, 77. fein Tod, Stepni⸗Liſitzi, bedeuten Füchfe in der Bike ney. 163 Stepni-Mediriedie, bedeuten Bäre in der Mit: fteney. 163 Ee ee 2 Stepni⸗ Due: - 0... Stepni⸗ Wolki bedeuten Wölfe in der Wuͤſte⸗ ney. 163 Steppe, bedeutet eine duͤrre Heide. 185 Sterleden, eine Gattung Eleiner Fifche oder Störe, 88. ihr Fang. 238. 255, Störe, eine Are Fifehe. 194 Strafe einer Frau, die Ihren Mann umge— bracht. 362 Strahlenberg, ſeine Meynung von Nova⸗Sem⸗ lia,66. ihm widerſpricht Muͤller. 67 Streſchy, eine Are Kleiner Vögel, 534 Strielta, bedeutet eine Spitze. 193 Strudel des Nifchnaja-Tunguste. 343 Strugi, eine Art großer Fahrzeuge, 464 Sturm, erfihrestlicher bey Taffersfot-Hfkeog. 373 Sukatowa⸗Boſchna, der Thurm zu Moſkau, Nachricht davon, 557 Surad, eine Art Durmelthlere, 285 Surki, eim Beynamen der Kußneker. 167 Syra, bedeuten bey ben Islaͤndern bie-Mol- fen, 20. ihr vornehmffed Getraͤnk. 20 Syfelmänner, die Pachter des Kopfgeldes in Island. 62 Swadba, bedeutet bey den Ruſſen Hochzeit. 123 Swieltlolobi, ein Beynamen der Mangafeer. 167 T. Tadeben, die Ausleger der muͤndlichen Sagen bey den Samojeden. 498 Taffki, ein Volk. 344 Taiſcha, bebeutet einen Goͤtzen, 187. einen Prinzen mongoliſcher Religion. 185 Talmik, eine Art Dochte in den Lampen bey den Oſtiaken. —— 522 Talnik, eine Pflanze, 531 Tara, Befthreibung diefer Stadt, 126. IF die Reſidenz ber Woywoden, 126. und ſehr arm. ‚ 126 Tarakanen, eine Art Käfer, i gr Taraſun, eine Art chinefifches Bieres. 319, 588, Tatarn, ihre Kirchen und Ceremonien dabey, 98. wie fie nebft den Wotiafen ihren Eyd ſchwoͤren, 100 Kleidung, 102. Schmuck der Weiber, 202. Religion, 102, Gtuben und Gemuͤthsart / ror. Muſik key nen, 102, Un⸗ terſchied der burmaiſchen von den kunguri— ſchen, 107. Streitigkeiten zwiſchen den mir mo⸗ viſchen und turbiniſchen, iu3. Unterſchied der tobolskiſchen und caſaniſchen, 114. Charak⸗ ter der tatariſchen Schiffleute, 131. ihre gro⸗ Be Eßbegierde und Unreinigkeit, 132 jetzinski⸗ ſche, ihre Taufe, 105. aſſaniſche, 170. bey Uſſolka, 378. ihr Begriff von Gott,378. To— desurtheil an einer getanften Tatarinn, 378 Ergöglichkeiten, wenn fie ihren Tribut geben, 378. barabinskiſche, wie fie befchaffen, 410 geichenbegängniß bey den Tatarn, 425. theleu⸗ fifihe, 130. ihre Kleidung,ızı, Religion, 152 abnigifihe, ihre Kleider und Gewohnheiten, 154. zerſtoͤren die Hütten der Verfkorbenen, 154. Ihre Werkzeuge, womit fie dag Feld beftellen, und dag Erzt bearbeiten, 154. tu⸗ libertiſche, 157. kiſtimmiſche, ısg. opfern Gott jährlich. einen Haſenbalg, ag. dem Teufel Dier, 158. zu Tobolsk wie fie beſchaffen, ız2. verändern nicht leicht ihre Religion, 124. zu Kusnetzk, 350, beftivifche muͤſſen an bie Kal⸗ mucken Tribut bezahlen, 351. bey Krasnojarsk, ihre Befchaffenheit 359. Lieder der fagniz ben, 389. am Tagil, 447, jasdiſchiſche und krasnojartiſche. 518 Taſata, Beſchreibung dieſer Inſel. 6s Tafjerstoi-Öffeog, Nachricht davon, 373 bie Einwohner find eigene Leute, 375 Taufe, in dem Jordan, wird von ben Grie— chen feyerlich begangen. 363 Taulga, cin geheiligeer Ort, wo die Tatarn ihre Pferde fehlachten. 153 Teufel, ihm bringen die Tatarn Opfer. 154 Thiere in Feland, wilde und zahme, 19. giftige find nicht da. al 36 Thor, ein Abgott der Jslaͤnder, fo viel als Ju⸗ piter, 53. von ihm bat der Donnerſtag ſei⸗ nen Namen, "33 Thora, ein Abgott der Tſchuwaſchen. 91 Thorlacius, Theodor, hat Island beſchrie⸗ ben. 2 Tihijondira, ein Namen der Kolonie bey Me: gene. 488 Tiger und Panterhunde, werden aus der Kal⸗ muckey nach Tomsk gebvacht, 163 Tjumen Regiſter. Tjumen, von dalſt ed gewoͤhnlich, daß man auf der Reiſe bis Tomsk mit Pferden abwech⸗ ſelt. 112 Tiuta, bedeutet ein Wallroß. 334 Tobolst, Schule daſelbſt, 537. Bibliothek des Vorſtehers über das Klofter, 537. die Stadt wird alle zehn Jahre uͤberſchwemmet, ızı bat viel Kühe, 121. iſt volkreich, 121. faule Einwohner, ızı. Regierung dafelbff. 122 Tollnit, ein Baum, träge rorhe und gelbe Schoten. 534 Tomst, Befchreibung davon, 160. iſt zur Hand: fung beauem, 160. Religion dev Einwoh⸗ ner, ı6r. übrige Lebensart, 161 Topafen, harte und gelbe bey Alapaſch. 446 Totma, eine Stadt wird befchrieben, 458. bat zwo Hauptkirchen, 458. Öffentliche Gebaͤu⸗ de 459. ein Jungfernkloſter, 459. vlerzehn Salzkothen. 459 Teauungsceremonien, verſchiedene. 163 Tretiakow, Alexis, Mitglied der ruſſiſchen Reiſe— geſellſchaft. 74 Tribut, wird mit Pelzen bezahlet. 172. 225 179 Trippel, wird bey Taſſeewo geſunden. 326 Teipper, eine Krankheit, wird zu Tobolsk mit Vitriole curirt. 119 Troitzkaja⸗Jama, eine Grube, mo reiche An⸗ Brüche find. 20 Tſchakin, Nikaſar, Feldmeſſer bey der Reiſe⸗ geſellſchaft. 74 ae, eine Art gemeined weißes baum: wollened Zeug. 163 Tſchaſſewna, heißt eine Kapelle. 160 Tſchobaki, eine Art Fiſche. 404 Nachricht von ihnen. 104 eremiſſen, ehe 5 einer Hochzeit, 104. find rein⸗ tich, nos. _ Ihre Lichter und Speiſen. 105 Tſchernoslyw, ſind ruſſiſche Zwetſchen. 212 Tſchudi, war ehemals ein Beynamen der Fin⸗ u 497 Tſchutſchi, ein Volk, wohnet an den nordoftlichen "Gegenden bed Eismeeres. a Tſchunkas, eine Art des Weitenmaaßes bey den Rufen. 106, 107 Tſchuwaſchen, treiben Abgötterey, 90. Ge: Bräuche bey dem Gottesdienſte, ar. legen ſich auf das Stehlen, gr. ihre Bekehrung HE ſchwer, 92. fie find zahlreich, 92. feyern jährlich ein großes Zeit, 93. ihre Kleidung, 552, Gewohnheiten, 553. Tſchuwaſchen von Zabakſaar find ohne Religion und Pries fter, 533. wie fie effen, beurathen und bes graben, 553. find veinlich. - Tuchfabrike,. zu Cafan zor. bey Telma. 317 Tulps, fo heißt der Donnerſtag vor Pfingſten, ug fonft Sodnik. Tumgki, ein Beyname der Nertſchinsker, 168 Tungufen, bemalen fich, 100. 170.311, wohnen zu Ilimsk, 239. führen verſchledene Namen, 222. ſpannen Nennthiere vor die Schlitten, 240, wie fie Barken bauen, 241 find arm. 241, ihre Religion und Art, Todte zu begras ben, 241. bey Mangaſea, Ihre Gewohnhei⸗ ten und Tributeinnehmer, zu bey dem Klo⸗ ſter One, ihre Gewohnheiten und Tracht, 377 wie fie die Rebe und Biſamthiere fangen, 245. Klagen wegen des Sobelfanged, 233 254. an der Lena, Ihre Befihaffenheit, 260 ihre Heimath und Jagd, 261. ihre Eyd⸗ ſchwuͤre, 261. patomifche fFreiten mit den Ja⸗ kuten. 270 Turinsk, Beſchreibung dieſer Stadt und ihrer Einwohner. 448 Turki, bedeuten ruſſiſche Buͤchſen. 138. 419 6 Turpan, eine Art Enten. 186 Twer, daſelbſt ſchiffen die Afademiffen ein, 45. 84. Twerza, iſt mit der Mſta durch einen Kanal vereiniget. 84 2. Udinskaja· Saſcha, ein Beynamen der Udins⸗ fer. 168 Ugar, oder Schad, eine Art des Schwefel: dunſtes. 170 Uhren, haben die Islaͤnder nicht. 50 Ulus, bedeutet ein Dorf, 174. ſeine Bauart. 174 Unter ſtatthalter zu Irkutzk, wer ihm unter⸗ worfen iſt. 231 Uprawitel, wer fie find. 176 Uroſchiſchtſcha, heißen folche Dexter, die etwas kenntliches an ſich haben, 130 Er ee 3 Ufchakom, 554° Regiſter. Uſchakow, Moſes, Feldmeſſer bey der ruſſi⸗ ſchen Reiſegeſellſchaft. 74 Uſt⸗Welikoi, Beſchreibung dieſer Stadt, 456 hat neunzehn Kirchen und fuͤnf Kloͤſter, 457 man erzaͤhlet daſelbſt ein Wunder des heili⸗ gen Johannis Juridowoi, 457. Handlung daſelbſt. 458 V. Venusſeuche, iſt zu Tobolsk ſehr gemein. rı9 zu Nerſchinsk, zor. zu Oſtrog. 212 Vetten, das größte Gewicht der Islaͤnder. 51 vielfraß, Nachricht davon, 383 Vogelnefter, davon Baume verborren follen, 199 volofps, ein altes von der Edda — benes Gedicht. Voͤllerey, wird in Jeniſeisk nicht "gender 159 Vorſchlaͤge, verfchlebene bey Unterſuchung der Bergwerke. 207 m. Masten, verfchiedene, welche aus Island ge: rͤhret, so. und dahin gebracht werden, sı womit man fie bezahlt, 5x. welche die Cara⸗ wane nach Tomsk bringet, 163. Verzeichniß berfelben, die in dem Handel zwifchen China und Rußland vorkommen. 319 Waͤlder, ihre Befchaffenheit in Island. a9 Wahrnebhmungen des Wetters zu Mangafen. 343 Walken, verfehledene Arten in Island, 49 Walkmuͤhle iſt nach Island gebracht ex den. Wallfiſch, verfchiedene Arten in Island. * er wurde ehemals mit einer Harpune ge⸗ fangen. 35 Wallroß, wo es ſich aufhalte, 334. aus ſel⸗ nen Knochen und Zaͤhnen werden verſchiedene Dinge verfertiget, 334. find Seekuͤhe. 489 Waſchen der Wafche bey den Flandern, 50 Mafili-Turuchenskoi, ein Heiliger in — Kloſter. Waſelowitz, Ivan, der Stifter der Kirche zu Caſan. 108 Waſſer, Beſchaffenheit deffelben im dem Fluffe Irtiſch und Tobol. 121 Waſſerfall, was in Sibirlen alſo heiße. 86 Waſſervoͤgel, find überflüffig in Island, 2x die Gefahr, wenn man fie mit ihren Eyern ausnehnien will, 23 Weber, werden von dem Königein Daͤnnemark nach Island geſchickt. 49 Weiber, ihre Tracht zu Jaluͤm, 108. erfuffigen ſich in der Butterwoche zu Tobolsk mit Schlittenfahren, 113. eine wird nackend aus⸗ gezogen, und mit der Katze zerpruͤgelt, 103 der teleutiſchen Tatarn rauchen Tabaf, 153 feyren allein das Felt Maris Dpferung. 300 Merchorurje, wird befihrieben, 448. daſelbſt find zwo Zollwachen, 449. ihre Lage, 449 handelt mit Zedern, 449. ihre Einwohner befchrieben. 450 Werſchock, der Namen eines kr 246 Weſtock, bedeutet den Oſtwind. 333 Meynachtsfeyertage, ihre Geyer zu — Wiedros, ein Maaß, ungefaͤhr ſechs * zwanzig Pfund Waſſer. Wild, iſt ehemals viel um Kusnetzk — ** 2 157 milde, unterfchiedene Meynungen von ihnen, 86 Mintovfa, eine Art Büchfen. wi Wodenoi⸗ Morobrie, ein Waſſerſperling. 368 Woelock, eine Art eines Gitters, 185. ſtarken Zeuge, 197 Wogulen, ein Bolf. 444 ge ein Volk. 518 Wolle, wie ſie bey den Islaͤndern es nen und Zeug daraus gemacht wird, 49 ———— bedeutet ein Land zwiſchen zweenen Flůͤf en 239 Mologda, Beſchreibung, 460. handelt nach Archangel, 451. brannte ab, 461. ihre Dur fichen Gebäude. - Wolot, eine Gegend von ſechs bls ficben re ten. 526 Woods, eines Englaͤnders, Seokäthtitigen von Nova-Gemlia. 68 Morofebei, oder Woroſchela, ſo nennen bie Ruffen die Priefter der ke 9 \ 154 Motaiken, Regiſter. Wotaiken, ein Volk, wo es wohnet, sıs. Ihr Gottesdienſt, sı6. ihre Heurathen. 516 Wotiaken, wie fie ihren Eid ſchwoͤren, 100. ih⸗ ve Beſchaͤfftigung iſt Sagen, 104. ihre Klei— dung, 103. ihrer Weider Putz, 103. haben faft gar feine Neligion, xo3. find arm, 104. ihnen Fehler e8 nicht am Verſtande. Wrechnaja Petſchera, iſt der Ramen der obern Höhle am Jeniſei. 173 104 3. Zauberer, Nachricht von einem, 351. and der Baraba, mie er feine Zauberey verrichtet, 405. feine Zaubertrommel, 405. einer hat drey Hauntteufel, 406. feine Gaufeleyen, 406. noch ein anderer, 408. ein Jakuterxaͤter oder eim folcher, der mit dem Bogen zau⸗ bert. 409 Zauberey, iſt in der Tatarey gewoͤhnlich, 153 Zaubererinn, ſpielet einen Betrug, 197. ein Kind hoͤret einer aufmerfiam zu. 361 Zaubertrommel, wird bey den Tatarn den Prieſtern mit in das Grab gelegt, 154. Ge: 155 ſtalt diefer Trommel. Zedern, wachfen um Werchoturje. 449 Zeit, mie fie die Islaͤnder abtheilen. so 52 Zeitpunkt, der Bevölkerung in Seland. Zeuge, bunt geftreifte, wie fie in Island ger macht werben p 50 Zobel, eine Art kurzhaarichter. 149 Zobelfang in Kanskoi, 178. in Nortſchinsk. 202 bey Irkutzk, 253. bey Bogatel- Notveton, 27 Zoll, wird nicht zu Tomsk entrichtet, 163. durch Zobel und andere elle. 254 Follbäufer, in Podglinoi⸗Gori und Werchotu⸗ rien, 109. zu Saſtawa. 183 Zollwachen, deren find zwo zu Katharinenburg angelegt. 449 Zufall, ein fonderbarer, der fich mit Herrn de Lisle, da er zu Tobolsk in einem Bette ge: fchlafen , eraͤuget hat. 320 Zuckerhuͤte, werden den gefrauten Eheleuten bey den Tatarn zum Hochzeitgefchenfe gege⸗ ben. 116 Surucheitu, bedeutet einen Hecht. Zwitter, Unterſuchung zweener. 216 422 Ken 13